Jomnm
ilBRARY
■üiMi^ybi^idMid
DER ISLAM
ZEITSCHRIFT
FÜR GESCHICHTE UND KULTUR
DES ISLAMISCHEN ORIENTS
HERAUSGEGEBEN
VON
C. H. BECKER
MIT UNTERSTÜTZUNG DER
HAMBURGISCHEN WISSEN-
SCHAFTLICHEN STIFTUNG
VIERTER BAND
MIT 11 ABBILDUNGEN UND 1 TAFEL -y
STRASSBURG 1913
VERLAG VON KARL J. TRÜBNER
HAMBURG: C. BOYSEN
^^s
17
Inhalt des vierten Bandes.
I. Aufsätze und Berichte:
Seite
Becicer, C. H., Prinzipielles zu Lammens' Sirastudien 263
Bell, H. I., Translations of the Greek Aphrodito Papyri in the British Museum. V 87
Flury, Samuel, Samarra und die Ornamentik der Moschee des Ibn Tulun 421
Hofmeier, Kari. W., Beiträge zur arabischen Papyrusforschung 97
Horten, M., Religion und Philosophie im Islam i
Jacob, Georg, 'Agib ed-din al-wä'iz bei Ibn Danijäl 67
Kahle, Paul, Die Auläd-'Ali-Beduinen der Libyschen Wü-te 355
RusKA, Julius, Kazwinistudien 14 236
Strothmann, R., Analecta haeretica 72
Wensinck. A. J., Animismus und Dämonenglaube im Untergrunde des jüdischen
und islamischen rituellen Gebets 219
Wiedemann, Eilhard, Ein Instrument, das die Bewegung von Sonne und Mond
darstellt, nach al Biruni. Mit 3 Abbildungen 5
Wiener, Alfred, Die Fai-ag ha'd ns-Sidda-hiitralux I II -70/3S7
IL Kleine Mitteilungen und Anzeigen:
Bauer, H., Zum Titel und zur Abfassung von Ghazäli's Ihjä 159
Becicer, C. H., Islamisches und modernes Recht in der kolonialen Praxis 169
— Hugo Winckler 301
— Neue Literatur zur Geschichte Afrikas: I. Leo Frobenius und die Brille des
Islam 303
— Zu Hofmeier's Papyrusstudien Bd. IV 97 tT • 313
Geyer. R., David Heinrich v. Müller 122
GoLDZiHER, J., Al-Husejn b. Mansür al-Halläg 165
Graefe, E., Gemä'at Abu Gerid löo
— • Sagarat al-'Abbäs > ^ '
Hartmann, R., Hans von Mzik's Übersetzung von Ibn Battüta 433
Heepe, M., Zwemer, Samuel M., The Moslem Christ 44i
Hess, J. J„ Bemerkungen zu Euting's Darstellungen des . arabischen Kamelsattels
und des arabischen Brunnens in »Orient. Studien . . . Th. Nöldeke . . .
gewidmet« 3938". und seinem »Tagebuch einer Reise in Inner.arabiens« 89 314
IV Inhalt.
Seile
HoRüViTZ, JoSEi', Friedländer, Dr. J., Die Chadirlegende und der Alexanderroman.
Eine sagengeschichtliche und literaturhistorische Untersuchung 438
— L. Bouvat, Les Barmeeides d'apres les historiens arabes et persans 440
Horten, M., Eugen Prym 299
HuART, Cl., \V. Mart;ais. Textes arabes de Tanger, transcription, traduction annotee,
glossaire 148
Littmann, Enno, Friedrich V^eit f 300
— Schech Madbüli 154
Das Schicksal des Schech el Madbüli 44:
Massignon, Louis, Sur la date de la composition des »Rasäil Ikhwän al safä . . . 324
Menzel, Th., Russische Arbeiten über türkische Literatur und Folkloristik 123
— K. I. Basmadjian, Essai sur Thistoire de la litterature Ottomane 142
— Druckfehlerberichtigung 443
NÖLDEKE, Th., Julius Euting 121
Reckendorf, H., Zur Hutbe 'Agib addlns 324
Rescher, O., Einige Bemerkungen und Notizen über die Krymtataren 155
— Einige nachträgliche Bemerkungen zur Zahl 40 im Arabischen, Türkischen
und Persischen 157
Ritter, Gerhard, Ernst Jäckh, »Deutschland im Orient nach dem Balkankrieg«. 325
Rusica, Julius, Ein neuer Beitrag zur Geschichte des Alkohols 320
— Wem verdankt man die erste Darstellung des Weingeists? 162
— Noch einmal al-Chutvvw 163
ScH.MiDT, F. F., Mir Islama (Mipi. IIc.iaMa) Bd. I, Heft 2 172
Seybold, L, Ostädina. IL Arwäd 151
Snouck-Hurgronie, C, Martin Hartmann, Fünf Vorträge über den Islam 145
III. Kritische Bibliographie: 177, 329, 444
IV. Autorenverzeichnis: 464
/-
Religion und Philosophie im Islam.
Von
M. Horten.
Man hat sich gewöhnt, Religion und Philosophie in den Darstellun-
gen der islamischen Religion zu trennen. Gilt doch die Philosophie
als der Inbegriff des Heidentums. Auch wegen der Fülle des Stoffes
mag dieses praktisch gerechtfertigt erscheinen; innerlich, g e -
d a n k 1 i c h gehören beide jedoch auf das engste zusammen, denn
erstens die Philosophie ist teilweise eine Erscheinungsform der Re-
ligion i), und zweitens die Religion hat in ihrer spekulativen Ausge-'
staltung die Philosophie auf das eigentlich religiöse Gebiet übertragen.
Beide Kulturfaktoren durchdringen sich also gegenseitig.
I. Für den Philosophen ist «die Philosophie seine Religion;
denn sein philosophisches System ist die Form, in der er sich Gott und
das Weltall denkt und zugleich die Grundsätze, nach denen er sein
sittliches Leben einrichtet. Die Religion des Islam will aber nichts
anderes sein als eine Lehre über Gott und die Welt und eine Direktion
des sittlichen Handelns — Philosophia theoretica et practica. Für
Farabi 950 y ist dies ganz offenbar. Sein mystisch-philosophisches
System ist di"e Form, die in seinem Geiste der Islam angenom-
men hatte. Sogar manche mythologischen Bestandteile (Schick-
salsgriffel, Schicksalstafel, Engel) hat er nicht ausgeschieden, sondern
in sein Weltbild aufgenommen. So sehr hatte er das Bewußtsein, in
seiner Weltanschauung eine Form des Islam zur Darstellung
zu bringen. Seine Philosophie ist also kein Gedankenbau, der neben
') Beide Gebiete bilden keine Kreise, die völlig kongruent sind, denn die Philo-
sophie umfaßt nach der antiken Auffassung alles natürliche Wissen einschließlich der
Naturwissenschaft und Mathematik, während zu der Religion auch der äußere Kultus
gehört. Beide Gebiete decken sich also in ihren Kernpunkten, in den Weltanschau-
ungsfragen, während sie in sekundären Momenten auseinandergehen. Zudem will der
Islam sich auch in der Art der Erkenntnis von der Philosophie unterscheiden, indem
er ein übernatürliches Wissen zu haben beansprucht, wogegen die Philosophie ein
rein natürliches Wissen darstellt. In der Sache sind beide jedoch natürlich ent-
standene Weltanschauungen.
Islam. IV. I
2 M. Horten,
der Religion besteht, sondern ist eben diese Religion selbst,
wie sie sich in seinem Geiste ausgestaltet hat. Ein Gleiches gilt von
Avicenna. In seinem Werke »Der Beweis für die Offenbarung« {ji
itbät enniibüwa; Konstantinopel 1298 d. H.) berichtet Avicenna, ein
Schüler habe ihm religiöse Schwierigkeiten vorgelegt, auf die er nun
antworten wolle. Diese Antwort ist nichts anderes als die Darstellung
seines philosophischen Systeme s. Dieses bildet also
kein Gebiet neben und abgesondert von der Religion, sondern ist eben
seine religiöse Weltanschauung, die Formel, auf
die Avicenna seine Religion gebracht hat. Für Averroes ist es die-
selbe eine Wahrheit, die Aristoteles in begrifflicher Form, und die
Propheten in heiliger Inspiration erschauten und dem Volke in Bildern
deutlich machten. In beiden wird ein und dasselbe Wirkliche
erkannt. Die Philosophie ist also für Averroes eine Form der Re-
ligion (vgl. Horten: Die Hauptlehren des Averroes; Bonn 1913,
S. 334f.).
Zu den Philosophen gehören die Mystiker (Süfis). Ihr System
ist eine ganz bestimmte Form neuplatonisch-indischer Philosophie und
aus ihr abgeleitet eine eigenartig gerichtete Lebensführung, also eine
Philosophia theoretica et practica. Diese Philosophie ist nun ihre Re-
ligion, d. h. nach ihren eigenen Aussagen die Form, die der Islam
in ihnen annimmt, der »eigentliche und wahre Gehalt« des Islam.
Die populären Formen der Religion sind im Vergleiche dazu tiefer-
stehende Arten des islamischen Glaubens. Die einzelnen Kulthandlun-
gen werden wie die Korantexte von den Süfis in ihrem philoso-
phischen Sinne umgedeutet, und dies ist zugleich ihre r e -
1 i g i ö s e Auffassung. Religion und Philosophie identifizieren
sich also für diese Kreise.
Die popularphilosophische Schule um 950 in Basra, die Getreuen
genannt, will in ihrer philosophischen Geheimlehre eine N e u b i 1 -
düng des Islam erreichen, ein Beweis dafür, daß sie Philosophie
und Religion identifiziert. Ihre Philosophie ist berufen, an
die Stelle des Islam zu treten. Sie will also eine veredelte Form
der Religion sein. Verwandt mit dieser Richtung sind manche
islamische Sekten, die ebenso von bestimmten philosophischen wie
politischen Lehren ausgehen, z. B. die Karmaten, Ismailiten, Drusen,
Nosairier bis zu den Babis, Hurufis, Sikhis (Indien, Pantheismus),
Bektaschis, Hodjas (Chodschas) usw. Ihre philosophische Lehre soll
eine Weiterbildung des Islam, also eine Religion sein. Eine
Gesamtdarstellung der Religion des Islam, d. h. aller Erscheinungs-
formen, die der religiöse Gedanke im Islam angenommen hat, würde
Religion und Philosophie im Islam. ^
also in alle Bereiche und Schichten der islamischen Kultur hinein-
greifen und in einer gewissen Hinsicht eine Darstellung der islamischen
Kultur %ein. Dieses würde zugleich auch der Tatsache Ausdruck geben,
daß für den Islam (wie für das Christentum) die Religion den ganzen
Menschen, sein ganzes Leben, alle seine Betätigungen, erfaßt und daher
auch alle Gebiete seiner Kultur durchdringt und ihr den eigenarticren
Stempel einer religiösen und im besonderen islamischen Kultur
aufdrückt.
II. Auf der andern Seite ist es zweifellos, daß die Theologen, die
berufenen Vertreter der Religion, die Philosophie in ihre Weltanschau-
ung aufnehmen. Dadurch vereinigen sie beide Gebiete, und
dieses ist ganz natürlich, da sie innerlich und wesentlich zu-
sammen gehören. Diese Vereinigung geht in den späteren
Zeiten des Islam sehr weit. Nach Gazali dringt die griechische
Philosophie vollständig in die islamische Theologie e i n. Sogar
die großen Gegner Avicennas, Schahristani 1153 t, Razi 1209 f und
Taftazani 1389 f, bekämpfen nur einzelne Thesen der Grie-
chen. Deren Denkmethode und Grundanschauungen werden immer
mehr Gemeingut der Theologen, wie Schirazi 1640 f und sein Schüler
Lahigi 1670 f (»Der Islam« III, 91 ff.) zeigen.
Eine ältere philosophische Strömung, die sich später zur Gegen-
strömung gegen die griechische auswächst, ist die indische. Sie
amalgamiert sich mit der Theologie der älteren Zeit und erzeugt dort
spezifisch indische Systeme, z. B. Mu*ammar etwa 850 f (Lehre der
Vaischesika von der Inhärenz), vielleicht abu Haschim 933 f (die Lehre
von den Modi), die Schule von Bagdad durch Ka'bi 929 f vertreten
(Lehre von der Diversität der Dinge), Basra, besonders durch abu
Raschid dargestellt (Lehre von der Homogenität der Dinge) usw. Die
persisch und griechisch beeinflußten Systeme dieser Denkrichtung
nehmen denselben Standpunkt zur Religion ein. Alle diese Systeme
werden von ihren Urhebern, die Theologen sind, als spekulative
Theologie bezeichnet, also als eine Form der intellektuell aus-
gestalteten Religion. Theologie und Philosophie fallen hier in eins
zusammen. Man ist durchaus berechtigt, diese Theologen als Philo-
sophen zu bezeichnen. Es handelt sich dabei nur um eine ver-
schiedene Bezeichnung. Der Sache nach sind diese Theo-
logen Philosophen, und ihre Philosophie ist ihre Religion.
Durch den Verlauf der weiteren Entwicklung wurden die indischen
Systeme durch die eindringende griechische Gedankenwelt zersprengt.
Einzelne abgesprengte Stücke dieser Denkmethoden linden sich noch
in späteren Schriftstellern, aber nicht mehr als festgefügte Systeme.
A M. Horten, Religion und Philosophie im Islam.
Murtada 1437 f ist als Historiker der theologischen Spekulationen noch
sehr unterrichtet über indische Lehren.
Was man geneigt ist, als verschiedene Gebiete der Kultur zu
betrachten, d. h. als für sich abgeschlossene Bereiche, stellt
sich bei näherem Zusehen als eine Verschiedenheit der Betrach-
tungsweisen der gesamten Geisteskultur dar. Es ist ja doch
die Eigenart einer jeden Geisteskultur, daß ihre Teile sich gegenseitig
durchdringen. Die Theologie ist kein Gebiet für sich, abge-
trennt von der Philosophie. Ebensowenig bilden diese beiden einen
besonderen Bereich gegenüber der Mystik. Sogar die einzelnen Natur-
und Geisteswissenschaften haben Fühlung mit der Philosophie. Sie
entwickeln in ihren Einleitungen und allgemeinen Übersichten vielfach
philosophische Begriffe. Dadurch wird deutlich, daß der begriffliche
Hintergrund und die gedankliche Basis, die die Einzeluntersuchungen
trägt oder wenigstens in sie h i n e i n s p i e 1 t , ein philoso-
phischer war. Ibn Haldün ist ein deutliches Beispiel dafür, daß
bei einem Historiker philosophische Prinzipien die leitenden Grund-
gedanken bilden können.
Die islamische Geisteskultur, die Erbin des Hellenismus, hat die
Eigentümlichkeit, daß sie trotz ihrer großen Buntheit in gewissem
Sinne einheitlich ist. Kein Gebiet ist absolut von den
andern getrennt. Man ist bestrebt, mit der Philosophie, d. h. der
Wissenschaft von den Prinzipien, dem Allgemeinsten, in Zusammen-
hang zu bleiben. Auf diese Eigenart der Geisteskultur hat die histori-
sche Darstellung einzugehen, wenn sie die Kultur der \^ergangenheit
in der Weise unserem Geiste wieder lebendig machen will, wie sie
einst lebendig war. Man war eben bestrebt, das Einzelne im Zusammen-
hange des Ganzen zu betrachten (daher ist die Lehre von deni
Systeme der Wissenschaften sorgfältig ausgebildet), also deduktiv und
analytisch zu verfahren, während wir heute gewohnt sind, die induk-
tive und synthetische Methode vorzuziehen. So unterscheidet sich
eine philosophisch orientierte Geisteskultur von einer empirisch sam-
melnden und aufbauenden.
Ein Instrument, das die Bewegung von Sonne
und Mond darstellt, nach al Birüni.
Von
Eilhard Wiedemann.
Mit 3 Abbildungen.
Wie wir in neuerer Zeit eine ganze Reihe von mechanischen Vor-
richtunf^en haben, die dazu dienen, rechnerische Operationen ohne
Rechnung durchzuführen, ich erinnere an die verschiedenen Rechen-
maschinen, den Rechenschieber usw., so haben auch die arabischen
Gelehrten solche konstruiert. Sie waren vor allem dazu bestimmt
astronomische Daten zu ermitteln. Hier wurde das Astrolab und der
Sinusquadrant verwendet. Liniensysteme, die auf der Vorderfiäche
der Instrumente, an der die Alhidade sich entlang bewegt, parallel
zur Vertikalen und Horizontalen verlaufen, dienen zur Ermittlung der
Sinus und Kosinus; ein in den einen Quadranten eingezeichnetes
Quadrat, dessen Seiten entsprechend geteilt sind, dient zur Ermitt-
lung der Tangenten von 0° bis 45° und der Kotangenten von 45° bis
90°. Bei den Sinusquadranten haben die Liniensysteme auch zur
Ausführung von Multiplikationen, Divisionen usw. Verwendung ge-
funden; d.h. zur Lösung rechnerischer Aufgaben werden geometrische
Konstruktionen verwendet, bei denen sowohl die bekannten, wie die
aufgesuchten unbekannten Größen durch Strecken dargestellt sind ^).
Zu astronomischen Bestimmungen aus graphischen Konstruk-
tionen dient der Rücken des Astrolabs; in diesen können Scheiben
eingelegt werden, auf denen die für astronomische Bestimmungen
wichtigsten Kreise, die Höhenkreise, der Äquator usw. in mannig-
fachster Projektion verzeichnet sind, darüber dreht sich die sogenannte
Spinne, die in entsprechender Projektion die Ekliptik usw. enthält.
An den relativen Lagen der Spinne und der Scheibe können die ge-
wünschten astronomischen Daten abgelesen werden -).
') Vgl. E, Wiedemann, Beiträge XVIII.
0 Ich hoffe gemeinsam mit Herrn Dr. WüRSCHMIDT eine Reihe der betreffenden
Konstruktionen publizieren zu können; möchte aber schon hier bemerken, daß die be-
treffenden Abschnitte in dem von J. S. Sedillot übersetzten und von L. A. Sedillot
herausgegebenen Werke von A b ü « A I i al -Hasan a 1 - M a r r ä k u s c h i {Tratte
5 E i 1 h a r d W i e d e m a n n .
In dem in der Anmerkung erwähnten Werke von a 1 - B i r ü n i ^)
befindet sich ferner eine Beschreibung einer Vorrichtung, bei der
durch Zahnräder Scheiben in Umlauf versetzt werden, aus deren
Stellung man die Lage der Sonne und des Mondes bestimmen kann.
Ich gebe im folgenden wesentlich im Anschluß an a 1 - B i r ü n i
eine Beschreibung des Instrumentes.
Konstruktion der Büchse {Huqq) für den
Mond -).
Mit diesem Instrument will man nicht eine sich auf einen Beweis
stützende Prüfung (der Verhältnisse) vornehmen, sondern die Zu-
nahme und Abnahme des Mondes, den abgelaufenen Teil des Monats
und die ungefähre Lage der beiden Leuchten (nämlich Sonne und
Mond) festlegen.
Die dazu dienende Vorrichtung wird auf dem Rücken des Astro-
labs (d. h. auf einer kreisförmigen Metallplatte, durch deren Mitte
eine Achse geht) angebracht. An dem Rand des Astrolabs bringt man
einen nicht zu niedrigen Ring aus mäßig dickem Blech an. Den inneren
halben Durchmesser (d. h. den Radius) des Ringes teilt man in QO
gleiche Teile (die Länge eines Teiles sei 1).
des instruments astronomiques des Arahes) aus einem Werke von Abu Sa'idal-Si<jz!
(vgl. SuTER Nr. 185 S. 80) entnommen sind, der nach H. Haifa ein Werk über das
Astrolab geschrieben hat. Ob das direkt geschehen ist oder durch Vermittking eines
anderen Werkes, et«'a des gleich zu erwähnenden von al-Birüni mag dahingestellt
bleiben. Al-Birüni sagt nämlich: »Im folgenden habe ich die Abbildung von 6 Arten
der verschiedenen Spinnen und von 3 Scheiben, auf denen sich Abbildungen verschiedener
Muqantara befinden, mitgeteilt. Ich habe sie aus dem Werk von Abu S a *id hierher
übernommen« (an einer anderen Stelle ist noch al-Sigzi beigefügt). — Die Astrolabien sind:
i.al-nargisiäni (ähnlich einer Vase für Narzissen), 2. al sadfi (ähnlich der Perl- oder Ohr-
muschel), 3. al-häii (das krugförmige), 4. al-taur^ (das Stier-(Kopf-) ähnliche), 5. al-gamüsi
(das BüfEel-(Kopf-) ähnliche, 6. al-sula/ifi (das Schildkröten-ähnliche).
Die Namen kommen nicht daher, wie man vermuten könnte, daß die ganzen Astro-
labien entsprechende Formen besitzen, sondern von den durch besondere Arten der Pro-
jektion gewonnenen Formen des Tierkreises. Damit die erwünschten Figuren besonders
deutlich hervortreten, sind in den Zeichnungen einzelne Linien stärker, andere schwächer
ausgezogen.
') al-Birüni, Kiidb fi Isti^db al-Wugüh al-mumkina fi San'atal-Istarldh., Werk
über die detaillierte Behandlung aller möglichen Methoden für die Herstellung des Astro-
labs, von dem mir zwei Handschriften zugänglich waren (Leyden Nr. 591 Katalog Bd. 3
S. 94 und Berlin Nr. 5796). Die erstere ist sehr gut und mit sorgfältig ausgeführten
Figuren ausgestattet. Herrn Dr. Juvnboll in Leyden und Herrn Direktor Professor
Dr. FtEMMiNG in Berlin sage ich tür deren Überlassung verb-ndlichsten Dank
^) Häggi Haifa führt Bd. i S. 397 »die Büchse für den Mond« unter den Be-
obachtungsinstrumenten auf; sie gehört aber eigentlich nicht zu diesen.
Ein Instrument, das die Bewegung von Sonne und Mond darstellt, nach al Birüni.
7
Man macht ferner 8 Scheiben, die aber dicker sind als diejenigen,
die man bei den Astrolabien zu den Ortsbestimmungen verwendet.
(Ihre öicke sei d.) (Vgl. Figur 2 und 3.)
Die Durchmesser der verschiedenen Scheiben sind:
Scheibe I : 7 1 II : 10 1 III : 19 1 IV : 24 1
V : 40 1 VI : 48 1 VII : 59 1 VIII : 59 1.
Entsprechend diesen Zahlen teilen wir die Umfange der einzelnen
Scheiben und feilen dann an den Teilungspunkten gleiche dreieckige
Zähne ^) mit spitzen Enden, die nach Gestalt und Größe ähnlich sind.
Fig. I.
Scheibe I und II durchbohren wir dann in der Mitte entsprechend
der Dicke der Achse des Astrolabs. An der Achse bringen wir aber
nicht, wie beim [gewöhnlichen] Astrolab eine Platte (Fals) an, um
die Alhidade festzuhalten, sondern wir verlängern die Achse als einen
glatten Zylinder. Über ihn schieben wir erst Scheibe II, dann Scheibe I;
zwischen II und der Grundplatte soll ein Zwischenraum von 2 d bleiben.
Die Scheiben I und II werden miteinander und mit der Achse ver-
lötet, so daß, wenn die Achse sich dreht, sich I und II mit ihr drehen.
Ebenso lötet man III und VII, sowie IV und VIII aufeinander.
Wir beschäftigen uns nun mit der Oberfläche der 7. Platte, d. h.
dem Kreise abgd (Fig. i). Um dessen Mittelpunkt e zeichnen wir
I) Die Zähne hatten also die einfachste Form.
8
Eilhard Wiedemann,
einen etwas kleineren Kreis htkl. In den Zwischenraum zwischen
beiden kann man die Zahlen in Buchstaben ^) schreiben. Der Zwischen-
Fig. 2.
Die hier mitgeteilte Figur 2 ist der Leydener Handschrift entnommen; ihr entspricht
diejenige in der Berliner Handschrift, beide sind nicht ganz korrekt.
Oben steht an der Figur: Das was an Bögen und Zähnen schwarz gezeichnet ist
das ist sichtbar; was rot gezeichnet ist, das liegt unterhalb der Scheibe; es erscheint gleich-
sam unterhalb des Bildes. (Die schwarzen und roten Linien finden sich in beiden Hand-
schriften; aus der Figur 2 ist ohne weiteres zu ersehen, um welche es sich handelt.
Die roten Linien der arabischen Figuren sind punktiert wiedergegeben.)
In I steht [Scheibe] mit 7 [Zähnen]; in II: mit 10; in III: mit 19, innerhalb [d.h.
die Scheibe liegt unter VII] ; in IV: mit 14, innerhalb; in V: mit 40 für den Mond; in VI:
mit 48 für die Sonne; in VII: mit 59; in VIII: mit 59.
Zu beachten ist, daß man sich die Scheibe V so weit nach links unten verschoben
denken muß, daß ihre Zähne in diejenigen von II eingreifen, während II natürlich nicht
in VI eingreift.
I) Mit den die einzelnen Zahlen bedeutenden Buchstaben und Buchstabenver-
bindungen.
Ein Instrument, das die Bewegung von Sonne und Mond darstellt, nach al Birüni. g
räum zwischen den beiden Kreisen ist in 59 Teile geteilt, denen ent-
sprechend die Zähne auf dem Umfang abgeteilt sind. Wir ziehen nun
die Teiitetriche und schreiben von a über b die Zahlen i bis 30 und
dann von l bis 29, so daß der ganze Kreis ausgenützt ist. In dem
Kreis htkl ziehen wir die Durchmesser h k und 1 1 und auf ihnen
vier sich berührende und den Kreis htkl berührende Kreise, nämhch
m, s, a. f. Der Mittelpunkt des Kreises m liegt auf dem Durchmesser
a h m.
Die beiden Kreise s und / löschen wir aus, schwärzen die beiden
Kreise m und a mit ^äjs^'.^.*.-^ i) und versilbern den Rest des
Kreises htkl.
Auf die Grundplatte (vgl. Fig. 2 und 3) a) löten wir einen Ring, der
diesen Mittelpunkt umgibt; sein Umfang ist gleich oder etwas kleiner als
der der Scheibe I, seine Höhe ist 2 d, damit sich die Scheibe II auf ihn
aufstützt und nicht infolge des leeren Zwischenraumes zwischen ihr und
der Grundplatte hin und her schwankt. Auf der Mitte von Scheibe III
0 Das Wort ist das persische Wort o.S=^^ ^^ Sim-i-Sücht und bedeutet
nach VuLLERS etwas »schwarzes«.
») Um die gegenseitige Lage der einzelnen Scheiben leichter verständlich zu machen,
war Herr Dr. ing. und phil. F. Hauser so freundlich, nach den Angaben von al - Birüni
die Figur 3 zu zeichnen; dabei sind alle Scheiben nebeneinander gelagert und durch
6 ^
Fig.
senkrechte Schattierung hervorgehoben. Die Nummern 1 bis VIH tür die Scheiben ent-
sprechen den Nummern in der Beschreibung. Ferner wurde in schematischer Weise ein
Schnitt durch die Giundplatte gezeichnet und die verschiedenen auf ihr festgelöteten,
die Scheiben in ihrer gegenseitigen Lage haltenden Hülsen ebenfalls im Schnitt darge-
stellt. Von einer Darstellung der weiter zur Stützung der Scheiben dienenden »Bögen«
wurde abgesehen, da über ihre Gestalt und Lage nichts näheres erwähnt ist. Von dem
Deckel wurde ebenfalls ein schematischer Schnitt gezeiclmet. Die nichtschraffierten Stellen
sind die Durchbohrungen. Wir haben solche für die Achse des Astrolabs (die zugleich
die Achse von 1 und II ist), sowie für die Achsen von V und VI. Diese beiden Achsen
tragen an ihren Enden »Bögen« (d. h. jedenfalls Zeiger), welche den Stand des Mondes
(V) und der Sonne (VI) angeben. Ferner hat der Deckel noch zwei Durchbohrungen, und
zwar: die mit a bezeichnete für die Ablesung der Tage und die mit b bezeichnete für die
beiden Kreise m und o: der Scheibe VIT, also für die Ablesung der synodischen Umläufe.
10 Eilliard Wiedcmann,
bringen wir eine zylindrische Achse an von der Dicke von 1/2 Finger^)
und von der Länge 2 d. Auf Scheibe IV bringen wir eine Achse von
derselben Dicke und der Länge d an. Ebenso verfahren wir bei den
Scheiben Y und VI, nur ist die Länge der Achse von V 2 d und von
VI I öf. Diese beiden Achsen verlängern wir auf der anderen Seite
(d. h. der oberen) der Scheiben um eine gewisse Strecke, denn wir
wollen auf ihnen zwei Zeiger anbringen. Für jede Achse machen
wir eine Hülse [Tauq], die sie umfaßt und nicht größer als sie ist.
Lötet man diese Hülse auf eine Stelle der Grundplatte fest, so dreht
sich die Achse in ihr mit Leichtigkeit und bleibt auf der Grundplatte.
Die Hülse für die Achse der Scheibe III löten wir entsprechend 60
Teilen der Erhebung -) fest an eine solche Stelle, daß in die Zähne
der Scheibe VII die an der Scheibe I eingreifen und der äußerste
Ring sie nicht an der Drehung hindert 3). Die Hülse für die Achse
von IV löten war an einer tieferen Stelle nach deni Anfang der Höhen -
t eilung zu an, so daß die Zähne von III in diejenigen von VIII ein-
greifen, dann werden keine der Zähne von VIII durch diejenigen von
11 festgehalten; auch hindert der äußerste Ring sie nicht an der
Drehung 4). Die Hülse für die Achse von VI löten wir unterhalb von
VIII an eine solche Stelle, daß ihre Zähne und die von IV ineinander-
greifen. Die Hülse von V löten wir an einer Stelle an, die höher als
VII liegt, so daß die Zähne von II und V ineinandergreifen.
Auf die Grundplatte löten wir von den Hülsen aus Bögen, auf
die sich die Platten, die gestützt werden müssen, stützen, damit sie
keinen Erschütterungen unterworfen sind. Hiermit sind die Hülsen
auf der Grundplatte festgelötet und die Achsen bewegen sich in ihnen.
Versetzt man nun die Hauptachse des Astrolabs in Umdrehung,
so dreht sich dadurch I und II; II dreht V und I dreht \"II. Mit VII
dreht sich III; III setzt VIII und IV in Umdrehung. Endlich dreht
IV VI.
Hierauf wird ein Deckel hergestellt , der auf den äußersten Ring
paßt, auf ihm festsitzt und beinahe die Scheibe VII berührt. Deshalb
muß der äußerste Ring etwas größer als die vierfache 5) Plattendicke sein.
I) Hierunter ist die Fingerdicke, nicht die Fingerlänge verstanden.
-) d. h. wohl auf dem Radius, der mit der Horizontalen einen Winkel von Oo''
bildet; die Figur ist nicht genau gezeichnet.
3) Das ist deshalb nicht der Fall, da I einen Radius 3' 2 hat und VII einen Durch-
messer 59, es ist yU + 59 < 9o.
.4) II und VIII liegen ja in einer Ebene.
5) Der Text hat dreifache, das kann aber, wie der Text und die Figur zeigt, nicht
richtig sein.
Ein Instrument, das die Bewegung von Sonne und Mond darstellt, nach al Birüni. i i
Den Deckel durchbohrt man zunächst an drei Stellen:
1. in der Mitte in der Umgebung der Hauptachse des Astroiabs;
2. Tn der Umgebung der Achse der Scheibe Y, die dem Mond
zugeteilt ist;
3. in der Umgebung der Achse der Scheibe \'I, die der Sonne
zugeteilt ist.
4. Wir machen noch in der Nähe des äußersten Randes ein ru ndes
Loch (b), das gleich dem Kreise m auf der Scheibe VII ist, und zwar
so, daß bei der Umdrehung die Kreise m und a zu diesem Loche ge-
langen und ihre Ränder mit denen des Loches zusammenfallen.
5. Wir machen weiter zwischen dem runden Loch und dem
äußeren Ring ein viereckiges Loch (a) in einer solchen Lage, daß es
der mit Buchstaben geschriebenen Zahl 29 entspricht (s. oben),
wenn der Kreis m sich unter das kreisförmige Loch (Nr. 4) lagert.
Hierauf beschreiben wir um die einzelnen Achsen, nämhch die
des Astrolabs und die der beiden Leuchten mit behebigem Radius
Kreise. Den Kreis in der Mitte teilen wir in sieben gleiche Teile; an
sie schreiben wir die Namen der Wochentage, die von rechts nach
oben und nach hnks sich aneinander reihen. Die der Sonne und dem
Mond entsprechenden Kreise teilen wir in 12 gleiche Tierkreiszeichen
und deren jedes in 30 Grade. Letztere trägt man entweder einzeln
auf oder faßt sie zusammen, wie dies beim Astrolab geschieht, indem
man nur jeden zweiten, dritten, sechsten Grad bezeichnet; es richtet
sich dies danach, welche Teilung der Kreis [infolge seiner Größe] zuläßt.
An die einzelnen Tierkreiszeichen schreibt man deren Nam.en, die
sich von links nach oben nach rechts aneinander reihen. Auf den
Achsen [der Scheiben] für die beiden Leuchten bringen wir zwei Zeiger
an, deren spitze Enden über die Grade des Tierkreises hingehen, und
sie bei ihrer Umdrehung berühren.
Dann bringen wir noch die Alhidade des Astrolabs oberhalb des
Deckels an ihrer Achse an und halten sie durch den hineingesteckten
Fars (Stift) fest und zwar so, daß ihre scharfe Kante über den nach
den Wochentagen eingeteilten Kreis geht.
Damit ist die Herstellung der Büchse für den Mond vollendet
und das ist ihr Bild nach der Zusamn^ensteUung ^). —
I) Sind die Radien der einzelnene Scheiben I ]I III... mit I 11 111... bezeichnet,
so ist die Zahl der Umdrehungen von I für ein Umdrehung von VI gegeben durch
_ VII VIII ^ VI
^""T III 'iv
Hat l a Zähne, so gehen während dieser z Umläufe vorbei:
vii viii vi
12 E i 1 li a r d W i e d e m a n n ,
Verschiedene Künstler wählen für die Zahl der Zähne [und damit
für den Durchmesser der Platten] verschiedene Werte; alle liegen um
den wahren Wert, sind aber nicht ganz richtig.
Man hndet angegeben, daß die Scheibe IV auf die Scheibe VIII
gelötet ist, und daß die Scheibe VI sich über die Scheibe VIII dreht.
Dann gibt man III : 26 Zähne und IV: 19 Zähne; dann ist die
Scheibe IV weiter von der Scheibe VII fortgerückt, so daß sie sie
nicht hindert und die Achse der Scheibe VIII ist weiter von der
Scheibe III entfernt [als im vorigen Fall]; ferner erhält VI : 49 und
VIII: 56 Zähne I).
Einige nahmen folgende Zahl der Zähne -l: III: 19, IV: 23, VT:
46, VII: 59, VIII: 57.
Hier erhält man bessere Resultate, da der Umlauf der Sonne
ii^ 354 3) Tagen erfolgt, während er im ersten Fall in 399 Tagen 4)
vor sich geht; die Wahrheit liegt in der Mitte.
Man kann die Anordnung dadurch vereinfachen, daß man auf
eine Scheibe mit 40 Zähnen eine solche mit 4 Zähnen lötet und auf
einer solchen mit 52 Zähnen die Achse anbringt, die in einer Führung
geht. Es greift dann die Scheibe II (mit 10 Zähnen) in die mit 40
Zähnen, und die mit dieser verbundene mit 4 Zähnen in die mit
52 Zähnen ein 5).
Zähne, d. h. Tage von I vorbei, da nun a = 7 und 1=7 ist, so ist a z, d. h. die Zahl z,
der Tage, die einem Umlauf von VI der Sonne entspricht
VIII VI
z, = VII •
III IV
Für den Mond gilt ebenso
V
In unserem Fall berechnet sich die Umlaufszeit der Sonne zu 366^ , Tagen, also
recht genau, diejenige des Mondes zu 28 Tagen.
^) Wir haben also in diesem Fall, da für die Scheibe VII stets 59 Zähne beibehalten
weiden
III : 26, IV : 19, VI : 49, VII : 59, VIII : 56.
Damit die Scheiben IV und VII sich nicht berühren, muß die Summe der Radien
VIII und III größer sein als die derRadienVII undIVt~,.es ist in derTat26 + 56 größer
als 19 + 59.
*) Die Wahl dieser Zahl der Zähne liegt wohl darin, daß man III : VIII =1:3
und IV : VI = x : 2 hat.
3) Die Zahl ist richtig berechnet.
4) Der Berliner Text hat 359 Tage: beide Angaben sind falsch, es berechnet sich
die Umlaufszeit zu ca. 327'/ aTagen
5) Die Scheibe mit 40 Zähnen entspricht dem Mond: dreht sie sich einmal, so
Ein Instrument, das die Bewegung von Sonne und Mond darstellt, nach al Birüni. i^
Zu bemerken ist, daß die Scheibe mit 59 Zähnen in 59 Tagen
einen ganzen Umlauf, in 291/2 Tagen einen halben Umlauf macht.
Nach 2^1/2 Tagen tritt also je einer der Kreise m und 7. unter das im
Deckel gelassene Loch. Diese Zeit entspricht der synodischen Um-
laufszeit (genau 29 Tage 12'' 44' 2.9"), d. h. der Zeit zwischen zwei
aufeinanderfolgenden Konjunktionen usw.
An die Beschreibung der »Mondbüchse« schließt sich eine solche
einer Vorrichtung zur Darstellung der Finsternisse an, die als Finster-
nisscheibe bezeichnet wird [al-Sajiha al-kusüjija). — Hier sei nur
erwähnt, daß nach a 1 - B i r ü n i sich mit ihr beschäftigt hat ein Mann
namens N a s t ü 1 u s ») {^jx^^'i) der Astrolabverfertiger, oder,
wie in der Berliner Handschrift geschrieben wird, B a s t ü 1 u s (^wJjio^^o),
ferner al-Has.an ben Muhammed al-Adami-), dessen
Werk dann /Utärid Ibn Muhammed al-Häsib^) vollendet
hat. — Vielleicht ist dieser Nastülus identisch mit einem der im
Fihrist 3) aufgeführten Verfertiger von Astrolabien.
In dem Werk von a 1 - B i r ü n i selbst ist noch an einer anderen
Stelle Nastülus erwähnt. Bei der Besprechung des Astrolabs al
musarfin (des Erstaunen erregenden) heißt es: Es ist aus diesen beiden
Arten, dem trommelähnlichen und dem myrthenähnlichen {niu/abbal
und dsi) zusammengesetzt und ist unter den anderen Arten berühm.t.
Seine Erfindung wird auf Nastülus zurückgeführt.
Von einem Instrument aus der Antike, das zu dem unserigen
mannigfache Beziehungen hat, sind auf dem Meeresboden von Anti-
kythera Reste gefunden worden. Man hat es ursprüngHch als Astro-
labium von Antikythera bezeichnet. A. Rehm faßt es aber sicher
richtig als eine Art von Planetarium auf. Hoffentlich veröffenthcht
er bald seine Untersuchungen über die Rekonstruktion des Instrumentes,
in die er mir eine Einsichtnahme gütigst gestattete (vgl. hierzu A.
Rehm in seiner Besprechung einer Arbeit von P. Rediadis, Berliner
Philolog. Wochenschrift Bd. 27 S. 467, 1907).
Über solche Planetarien und Uhren finden sich eine Reihe von
Angaben in meinen Beiträgen III S. 255, V S. 408, X S. 348.
gehen 28 Zähne der Scheibe I an einer bestimmten Stelle vorbei. Die Scheibe mit
52 Zähnen entspricht der Sonne, dreht sie sich einmal, so gehen 364 Zähne von I an
einer Stelle vorbei.
1) Vielleicht A 1 - H u s a i n b e n M u h a m m c d a 1 - A d a m i vgl. Suter, Mathe-
matiker usw. Nr. 50 S. 27.
2) Vgl. H. Suter, Nr. 150 S. 67.
3) Vgl. H. Suter. Abhandlungen zur Geschichte der Maihetnalik Bd. 6. S. 41.
Kazwinistudien.
Von
Julius Ruska.
Sachliche und sprachliche Anstöße, die sich bei der Lektüre ver-
schiedener Abschnitte von K a z \v I n I ' s Kitäb ''agä'ibi Hma/ilüköt
ergeben hatten, veranlaßten mich, den WüsTENFELDschen Text mit
dem am Rande von D a m i r I ' s Hajät al-hajawän alkiibrä abge-
druckten Texte zu vergleichen. Die auffallenden Differenzen zwischen
beiden Fassungen haben mich dann zu den nachfolgenden Unter-
suchungen geführt, die sich in erster Linie auf die von Wüstenfeld
benutzten Gothaer Handschriften, sodann auf vier Berliner Hand-
schriften und den Text am Rande des D a m i r I stützen, zu denen
aber auch die persischen Übersetzungen beigezogen wurden.
Nach Wüstenfeld I) hat Kazwlni von seinem Buch drei
verschiedene Ausgaben besorgt. Die von Wüstenfeld mit a, b, d, g
bezeichneten Handschriften vertreten die erste Ausgabe; die Go-
thaer Handschriften c und e entsprechen der zweiten Ausgabe;
von der dritten Ausgabe ist die Gothaer Handschrift f »bis jetzt
die einzige bekannte«.
Die zweite Ausgabe ist nicht nur gegen die erste »durch-
gehends vermehrt, sondern auch in einzelnen Wendungen und Redens-
arten vielfach umgearbeitet«. Aus der nähen Übereinstimmung der
Handschriften c und e muß geschlossen werden, »es habe beiden eine
gemeinschaftliche dritte Handschrift zugrunde gelegen«. Auffallend
ist, daß in dieser Ausgabe das Kapitel über die Dämonen fehlt, das
doch notwendig zum Plan des ganzen Werkes gehört und überall in
den Indices angeführt wird.
In der dritten Ausgabe sind > — abgesehen von gewissen
ganz neuen Abschnitten — die Zusätze »nicht sehr zahlreich; auf-
fallend ist aber, daß sie in den oben bem.erkten einzelnen Ausdrücken
und Wendungen häufig zu der ersten Rezension zurückkehrt«. Wenn
in der Handschrift /die Einleitung mit Einschluß des Index fehlt und
') ^gl- die Vorrede zum i. Teil des Kazwini, S. \'II.
Kazwinistudien
15
auch der Abschnitt über die Dämonen samt der Tiergeschichte ver-
mißt wird, so ist das die Schuld des mangelhaften Exemplares, aus
dem di» Handschrift kopiert wurde. Wichtiger ist. daf3 diese dritte
Ausgabe in dem Kapitel von dem Menschen durch zwei ganz neue
Abschnitte bereichert ist, durch eine siebente Betrachtung über
die Menschenrassen und eine achte über die verschiedenen Künste.
Die beiden letzten Seiten der Handschrift sind von anderer Hand,
und zwar von einem gewissen Ahmed el-Takruri, der sich
durch eine von Wüstenfeld Seite V der Vorrede mitgeteilte Nach-
schrift als den Verfasser des Buches ausgibt.
Bei der Herausgabe des Werkes schien es Wüstenfeld das Pas-
sendste zu sein, diese letzte Bearbeitung zugrunde zu legen und die
darin fehlenden Abschnitte aus den früheren Ausgaben zu ergänzen.
Daher folgt der gedruckte Text in der Einleitung dem Codex c, i n
dem größten Teile von S. 15 bis 368 dem Codex /
der Abschnitt über die Dämonen ist aus a, ö und d genommen und
die Naturgeschichte der Tiere S. 374 bis zum Schluß vorzugsweise
aus c und e; was über das Verhältnis der Rezensionen zueinander von
Wüstenfeld gesagt ist, soll zugleich die Beschränkung in der Angabe
von Varianten begründen.
Lassen wir einstweilen die Frage der Echtheit des Textes von
/ und die Gründe, die Wüstenfeld dafür geltend macht, ganz
beiseite, so muß es jedenfalls als bedenklich bezeichnet werden, bei
der Ausgabe eines Schriftstellers im wesentlichen einem Texte zu
folgen, der nur von einer einzigen jungen ^) Handschrift vertreten wird,
dazu noch von einer Handschrift, die nach Wüstenfelds eigenen
Feststellungen von einem »gedankenlosen Abschreiber« aus einem
»mangelhaften Exemplar« abgeschrieben wurde. Diese abfällige Kritik
richtet sich bei Wüstenfeld gegen die Tatsache, daß an verschiedenen
Stellen völlig aus dem Zusammenhang gerissene Stücke von dem Ab-
schreiber zwischeneingeschoben sind-). Sie hätte sich mit gleichem
Recht gegen die Verständnislosigkeit des Abschreibers überhaupt und
die Leichtfertigkeit der Abschrift richten können, wie wir sehen werden,
und hätte damit zu der Alternative führen müssen, entweder auf den
1) Die »Abfassung« wurde vollendet am 7. Rebi' I 1154 = "• Mai 1741; doch ist
zu beachten, daß diese Notiz von anderer Hand stamm,t als der des Schreibers der Hand-
schrift. Vgl. WÜSTENFELD, Vorrede S. V und X.
-) Die Beschreibung des ^J.i ^,:<Vj wird fnl. 40 r Z. 2 v. n. bei der Stelle ^^0>.xa
^Ö-IJL / ä.>.ÄxJl (ed. WÜSTENFELD S. 1 10 Z. 4 V.O.; die Hs. hat das Wort , »pljS-^xJU
weggelassen und liest ^o .L^i!^) von einem Stücke der siebenten Betrachtung über den
Menschen unterbrochen, das mit den Worten |J,j.J.,*jij '-ij.^^ l5 ^-^* ^^^/«'waJ) ^J.
l6 JuliusRiiska,
Abdruck der Handschrift f zu verzichten oder sie nur unter ständiger
Beiziehung der übrigen Texte der Ausgabe zugrunde zu legen.
Nachdem sich mir aber Zweifel an der Authentizität der dritten
Textfassung bei der Vergleichung mit dem Text am Rande des D a -
m i r i aufgedrängt hatten, konnte die Frage nur durch erneute Unter- .
suchung der Textlage auf Grund der Handschriften der Lösung näher-
geführt werden. Ich erhielt mit dankenswerter Liberalität auf meinen
Wunsch von der Herzoglichen Bibliothek in Gotha die von Wüsten -
FELD benutzten Handschriften 6, c, / und von der Königlichen Biblio-
thek zu Berlin außer der Handschrift a zwei andere Kazwinihand-
schriften, später auch mit dem gleichen Entgegenkommen die beiden
persischen Codices der Bibliothek sowie die lithographische Aus-
gabe von Teheran 1283, so daß für die Vergleichung die nachfol-
genden arabischen Texte zur Verfügung standen:
A = / = Pertsch 1508
B = e = Pertsch 1506
C = c = Pertsch 1507
D = Text am Rande des D a m i r 1 ,
E = rt = Ahlwardt 6162- = ML 81,
F = Ahlwardt 61 621 = I WE. 170,
G = Ahlwardt 61 61 = Spr. 11.
Da sich ergab, daß D und die Handschriften FG derselben Text-
klasse wie a angehören, schien es überflüssig, auch h d g beizuziehen,
zumal der Dresdner Codex d als stark verstümmelt bezeichnet ist
und die Wiener Handschrift g von Wüstenfeld kaum benutzt
wurde (Vorrede S. VI). Auf die Heranziehung des alten Münchener
Codex 464, der ebenfalls zur ersten Klasse gehört, glaubte ich für die
vorliegenden Untersuchungen verzichten zu können. Einen Parallel -
text zu BC konnte ich nicht beibringen^); über die persischen Ver-
sionen wird weiter unten die Rede sein.
Meine Vergleichungen beschränken sich auf die zweite Hälfte der
WüSTENFELDschen Textausgabe, auf den OwAjwXJ^ Ji .lü. Ich habe
beginnt; fol. 41^ Z. 12 schließt sich au die Worte SjJ.Xs %^s ry'^ wieder unmittel-
bar die Fortsetzung des Textes (dieDoppeking erklärt sich aus der Abschrift des Kustos):
o^xsU^il cU-J' i-r.* »•% ^ö;L4.ii|». Fol. iby hört Zeile 7 mitten im Satz auf mit
c^-jLs, läßt eine Seite frei und schiebt dann nach Aufnahme des s^JUCs von fol. 4 p'
und Abschluß des Völkerkapitels ein medizinisches Bruchstück ein. Weiteres hierüber
im letzten Abschnitt dieser Studie.
') Die einzige von Wüsten feld noch erwähnte Handschrift ist ein mir nicht
erreichbarer Codex der Bibliotheque Nationale.
Kazwinistudien.
17
zunächst an dem Kapitel .,L.«ö^! aLp ^% durch Vergleichung der
genannten Handschriften das Verhältnis der Texte festzustellen ver-
sucht, daiün eine Kollation von A und D für den die Metalle, Steine
und ölartigen Körper behandelnden Abschnitt (Wüstexfeld S. 202
bis 245) durchgeführt, und endlich die großen Abweichungen der
Handschriften in dem Abschnitt über den Menschen weiter verfolgt.
Ich beginne mit der Zusammenstellung einiger Ergebnisse der Kol-
lation des mineralogischen Textes, um dann das Kapitel ^^Lvvö^)! Js.i^j J,
in Verbindung mit dem Abschnitt, zu dem es gehört, zu behandeln.
Eine erste Orientierung über das Verhältnis der Texte gewährt
schon die Übersicht der in den verschiedenen Ausgaben behandelten
Mineralien. Die sieben Metalle sind allen Texten gemeinsam. Von
den rund 150 Steinen und ölartigen Körpern, die sich bei A — in der
dritten Textform — vorfinden, fehlen bei D noch 20, bei B C nur
vier, und zwar sind es die mit kaum einer Zeile erledigten ^^ und
^ß ^^^ der ^s^j^ii \^>.ui (4 Zeilen) und der n^, der mit dem
o.pLj identisch ist.
Die persische Übersetzung der Berliner Handschrift Peter -
MAXx I 394, Katalog Pertsch Nr. 346, künftig mit P bezeichnet,
hat 13 von den in D fehlenden Steinen; umgekehrt fehlen ihr 8, die
in D vorhanden sind; daraus würde folgen, daß sie im wesentlichen
auf der zweiten Bearbeitung des arabischen Textes ruht. Die Hand-
schrift Or. Fol. 318, Katalog Pertsch 345, künftig 0, geht meistens
mit P, hat aber doch weniger Auslassungen. Der Stein Sämür wird
s. V. '\.=^j\ beschrieben, das dem Ls=-J^ des gedruckten Textes und
_i> von P entspricht; statt ^__,w^s.5 liest 0 . »^.s; statt ^wjj;j wohl
richtig ^J^JjJ (D ^j^^'i,, C ^^j^j] bei ^j. fehlt das Stichwort; der
,a2ÄJLä ist s. v. js.;jiJLä mitbeschrieben. Statt des merkwürdig verall-
gemeinerten Namens (^,uLc in P hat O wie die andern Hss. ^^Xs^.
Die lithographierte Ausgabe von Teheran, künftig T, ist die
lückenhafteste; so fehlen z. B. sämtliche magnetischen Steine, und
zahlreiche Artikel sind stark gekürzt.
Von dem Übeln Zustande der Mineralnamen und ihrer Anordnung
erhält man schon aus der Vergleichung dieser wenigen Handschriften
einen Begriff; um die Namen richtigzustellen, wären ausgedehnte
Studien erforderlich, die sich nicht auf die Kazwinihandschriften be-
schränken dürften, da es sich dabei zum Teil um alte Entstellungen
ursprünglich griechischer, persischer u. a. Steinnamen handelt.
Einen vollständigen Bericht über die zahlreichen Zusätze, Um-
stellungen und stilistischen Änderungen der jüngeren gegen die ältere
Islam. IV.
1 3 J u 1 i 11 s R u s k a ,
Textform zu geben, ist hier nicht möglich; die Wiedergabe aller Va-
rianten würde so ziemlich einem Neudruck des Steinkapitels gleich-
kommen. Von längeren Zusätzen, die in der ersten Ausgabe fehlen,
erwähne ich besonders das Einleitungsstück. Wüstenfeld S. 202 von
*^JI lJs.42.i J'J\.J. bis zum Schluß S. 203. Zeile 5 v. u.; beim
Golde das Stück von S. 205, Zeile 4 v. u. ,iUu\.i; bis S. 206,
Zeile 6 v. o. y^LJ! ».As. und den Schluß von s-xi ^l'i, an; auch in
der speziellen Einleitung über die Steine fehlt in der ersten Ausgabe
etwa die Hälfte des Textes. Bei den einzelnen Steinen aber finden
wir von wörtlicher Übereinstimmung bis zu vollständiger Erneuerung
alle Stufen der Bearbeitung vertreten. Wie weit diese Umarbeitung
geht, und wie ihre Untersuchung für die Textkritik verwertet werden
kann, soll an dem Beispiel des Regenstei nes erläutert werden.
In der ältesten Fassung (D) lautet der Text wie folgt: Jo^J! ^
Also: »Der Regenstei n wird aus den Ländern der Türken
gebracht, und es gibt Arten verschieden an Farben. \\'enn etwas von
ihnen ins Wasser gelegt wird, bewölkt sich der Himmel und es regnet,
und bisweilen fällt Hagel und Schnee. Das ist eine berühmte Sache,
und ich habe einen gesehen, der davon Zeuge war.<(
Diese Textform bezeugt auch eine zwischen 1318 und 1372 ge-
schriebene Kosmographie, die mir in dem Berliner Cod. We 1197
(Katalog Ahlwardt 6163) und im Auszuge in Cod. We 1088
(Katalog Ahlwardt 6164) vorlag; der Verfasser hat die Mineralogie
des K a z w i n i ausgeschrieben und bemerkt speziell zum Regenstein:
Die Codd. B C wiederholen die Beschreibung bis auf den letzten
Satz, der nunmehr durch eine Geschichte ersetzt wird, die der Augen-
zeuge selbst erzählt:
"öj- 0.XJ1 ►! ^,ü-l «.ftj ^.«.j,. ^suJLz^ LI2X -li^j, i.\,^\ *.*i;ö t-.*Jt JL ^^>^
(j^iial .j;Ji (A.ft5 .-j^uj<vj^ ,oxJ .jCi.i .:S^i^ CVP J 3 , c.;> ...JoluJi
JjL>- L^w,^ -£:A5 3c>^ w;J J.4>c( ^'Jü5 L\iL x! -,3wÄS ^.J V.,>, .AÜii'-j Ü^S
Kazwinistudien.
19
" ' ■■
Die kleinen Änderungen des Eingangs gegen die erste Textform
sind nicht weiter gekennzeichnet. In B fehlt infolge Versehens des
Abschreibers die eingeklammerte Stelle; die weiteren Varianten sind
iL^ -'dl'i 3wO LJ 4L;.jr, ^5 !-s^j ^Li^. Der Ausdruck ^^j Ui J^d
hat offenbar auch dem Schreiber von B Kopfzerbrechen gemacht;
C hat die diakritischen Punkte zugefügt, die Wüstenfeld akzeptiert.
Die Geschichte lautet : »Es erzählt einer, der davon
Zeuge war, wie folgt: Wir befanden uns in einer Versamm-
lung bei 'Imäd al-mulk al-SalwT, dem Wezir des Sultans, und es kam
die Rede auf diesen Stein. Einer der Anwesenden zog die Sache in
Zweifel; da sagte der Wezir: Holt den und den! Es erschien ein Türke,
und der Wezir sagte zu ihm in türkischer Sprache: Mache uns Butl
Hierauf bat er um eine Tasse, tat Wasser in dieselbe und warf einen
Stein hinein; da verging nur kurze Zeit, bis wir eine zerfetzte Wolke
sahen, aus der Regen herabkam. «
Wir erwarten nun bei A, in der dritten Rezension, keine wesent-
liche Änderung mehr, finden aber dort zu unserer Überraschung
einen ganz andern Regenstein beschrieben:
'^ 0~«Jl_5 ^>JLij) ^ÄJ U«Jj_» ^slkx.A3 )-li/« -■^■♦•H? ^19^' i*""*^" ^^*-'^ ij. LiÄ/o
iwJS.LXiS -sL5> As. uXäH 'wäL L.£J .a .--a \i }i,^^^A Kaäc ^.Äj! O^xJ,
!^5 Lii/! OLS^v»*i>.j! .la^j . ^\^iJ\ ^AXilj '^»mO -Jj! Lj.Ä/« r.^.«<^j k,i>^^o
^" ^ ■ > ■•"' -^^ i •• ■• --' i^jr - , . •• ...
Mit Weglassung des Eingangs: »In den Ländern der Türken ist
ein berühmter Bergpaß. Jeder, der ihn überschreitet, wickelt Wolle
um die Hufe der Tiere, damit das Geräusch seiner Steine nicht gehört
wird. Denn wenn einer dieser Steine auf den andern fiele, so daß dabei
nur der geringste Laut von ihnen gehört würde, so würde sich die Luft
bewölken und die Wolke reichlichen Regen ergießen, bis die Leute
schließlich umkommen. «
Die nahe Übereinstimmung des Eingangs mit B C beweist, daß
dem Bearbeiter der dritten Textform die zweite vorlag ^). Um so
I) Das LftxjUs kann aus Lä>^>- oder umgekehrt entstanden sein; es kehrt in den
persischen Hss. wieder.
20 Julius Ruska,
weniger begreift man, warum Kazwini, falls er wirklich auch als
Autor der dritten Fassung gelten muß, die Geschichte der zweiten Aus-
gabe, auf die er schon in der ersten angespielt hatte, aufgibt und durch
eine andere ersetzt, der jener persönliche Charakter fehlt. Auch
Wüstenfeld hat es offenbar befremdet, in der Handschrift A einen
andern Text als in B C zu finden. Er kombiniert daher in
seiner Ausgabe beide Berichte, indem er die Ge-
schichte aus B C an die von A anhängt — ein Verfahren, gegen das
weniger einzuwenden wäre, wenn wenigstens ein Hinweis auf diese
Verschmelzung der Texte gegeben würde, durch die ein charakteristi-
sches Merkmal der Handschrift vernichtet wird.
Wir müßten mit einem non liquet schließen, wenn uns nicht die
persischen Übersetzungen zu Gebote stünden, durch die
die Frage in ein neues Licht gerückt wird.
Die Wiener Handschrift, Katalog Flügel 1438, aus der ich
mir durch das Entgegenkommen der k. u. k. Direktion der Hofbiblio-
thek eine Weiß-schwarz-Photographie der betreffenden Stelle ver-
schaffen konnte — es ist die von Wüstenfeld in der Vorrede S. XI
erwähnte Handschrift, die zufolge des Inhaltsverzeichnisses, das
V. Hammer-Purgstall in dem Verzeichnis seiner Handschriften unter
Nr. 155 gegeben hat, mit dem Codex A vollkommen übereinstimmen
soll — enthält auch nicht einmal eine Andeutung der Anekdote,
sondern beschränkt sich auf die Worte:
»Diesen Stein bringt man aus dem Land der Türken, und es gibt
ihn in Arten mit verschiedenen Farben; von seinen spezifischen Eigen-
schaften ist eine die, daß wenn man ihn ins Wasser legt, sofort eine
Wolke erscheint und Regen regnet, und es geschieht, daß sie auch
Schnee regnet. «
Absolut denselben Text, nur mit Umstellung der Worte ;aj o,j,
bietet die Ausgabe von Teheran (1866).
Um so merkwürdiger ist es, daß wir in den beiden Berliner persi-
schen Handschriften einer neuen Geschichte begegnen, und zwar, von
einigen bemerkenswerten Stellen abgesehen, in fast wortgetreuer Über-
einstimmung. Ich teile den Text des 1816 geschriebenen Codex
P (Katalog Pertsch 346) mit und füge die Varianten der älte-
ren, im Jahre 1695 vollendeten Handschrift O (Katalog Pertsch
Kazwinistudien. 2 1
345), die mir erst im September zugänglich wurde, da sie anderweit
verliehen war, in Anmerkungen bei.
^\ jC> \Ji J>\ vi>^.-^5 oiJ^^ '^O^"'^' ^O^* '^^'^ ^"^ O^ V*-^'^J ^J=^ -^
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i> J,IJb Jüo! CT"^^^ Q"^ o^ -ijw>.x*^! Jv-Äsl j»U^i jC^' ^j "^y^j^
_/r_5 ^^i^! ^-3yC^3 22 j^ O^ j^^ ^_^,^ O^ yuj ^.,L: ^J^' ^b
j^ ^±J\ S.i;*l u.i.^j ^J/^-l i^y ^yi "V?^ J^ tAiJ^;Cv.! ,^3^ b ^,j
0Us5 Ai> ^_J -7iAjJu j^.j5 e)->^ -' Jr'j**'*' '-^'*^ '-^J^t! [V?^ oj^-=* o' j'
(Ajuw. 3" ,LftJ jC/ixi -9(j*<)_<i o..*.AwJ_5 c>"^i-Xi ,J pjLw.) jA/iJ -9^x.jJ)
') Varianten von Q: ^ .lajl ^-^ ^ JjJ y5bj J^ ^J> ^_:f^ ^jt 3 om.
9 om. '° j.b! ,0 " add. xAc \L'l Ä»f.>-, ^- ► «A/ii q5^-*J '^ ^^
'+ i)wküU*.L '5 Jul\xi5 i6 om. '7 (,:;„^1 i^'.j ^.X>i:.J jJ> Olxäj! LL«; in
P ist natürlich ^.jL-ya jJ V_jIavJ! zu lesen '^ 5^U '9 jL -° Q^jb^ jb
=' J.xcL*.«\ " Oj.j ^3^^xi.J '^u--^3^ ^-;jwci^.j '^^jL} -^3l^j|
» JsJT O.b ww*l \\ JulX.J -8 Hier schaltet Q ein von P vollständig verschiede-
nes Gebet ein: ;;i5^i JsVjO.ÄJi ^^,! v_5j:t bl^ ^^_j.ftXAÖJ v^l3'.>^ ^;>5bb 'l-Uil ^^^i
LP->to LJLc O-asL ,.-.jj"-Xi^JLi (so; lies -s^Iza«») _bj.JaA*.3 |^x4A.«*^^J >S.X.s ciou
«yÜi^ A^^ tö Lj ü5b>i3 .^^:S^ '9 ^)^ ^^ 3o ^.äi-
22 JiiliusRuska,
.. ^ ^^ ^ j- ^ V — ^> ^— ^^y • ^ ^ ^ ■ > •• • •• V — ^-i^-
Ich beschränke mich, da die Einleitung die gleiche ist. auf die
Übersetzung der Anekdote:
»Man sagt, daß zur Zeit Ismä'il b. Nasr des Sämäniden ein großes
Türkenheer erschien und die Richtung nach Alä warä al-nahr nahm.
Ismä*il nahm sich vor, gegen sie ins Feld zu ziehen. Als eine Schar
von Mamlüken kam, sagten sie: ,Wir haben \'erwandte im Türken-
heer, und sie berichten uns, daß die Türken Steine haben, die Regen
hervorbringen. Am Tage der Schlacht werden sie dieselben ins Wasser
werfen, damit Regen und Hagel auf das Heer des Glaubens fällt-*
Ismä'il erwiderte: .Dieses Gerede hat keinen Grund; außer Gott d. E.
ist niemand solcher Dinge mächtig.' Als nun der Tag des Kampfes
kam, und das Heer des Glaubens und des Unglaubens sich gegenüber-
standen, kam hinter dem Berg, der sich im Rücken des Glaubensheeres
befand, eine schwarze Wolke zum Vorschein, mit Donner und starkem
Regen und schrecklichem Getöse. Das Heer des Glaubens ergriff darob
große Furcht. Als Ismä'il dies sah, (Q stieg er vom Pferd ab,) warf
sich zu Boden, legte das Gesicht auf die Erde und sagte: .Siehe, es
ist fertig! Dies gereicht zum Sieg den Gläubigen und zum Schaden
den Ungläubigen. Wir erkennen Deine Güte und Großmut!'^) Zu-
gleich sprach er ein Gebet, daß die Wolke vom Scheitel des Heeres
2 om.
3 add. »
AJOLJisl ^ *:> J>
4 j^^
i S add.
6 \J^J,^
7 JyJws«, 8 So P; Q
unleserlich
9 ^Li>
'° vX:Jc>
»1, c»;u
" so Q; P >üjio.
'^ ^Sjy*-"*^
3-^ '5 ^\
■6 ^-^
-Pi?
'7 \J>\^S.
*
') Nach Q lautet die Rede: »O Gott, hilf uns; siehe. Deine Knechte sind schwach,
und ich weiß, daß Dir die Macht zukommt. Nicht waltet über Schaden und Nutzen
einer außer Dir. 0 Gott, wenn Du diese Wolke über uns regnen lassest, wird sie zur
Prüfung für die Gläubigen und (ein Zeichen) zum Angriff für die Götzendiener. So
wende ihren Schaden von uns ab, nach Deiner Macht und Kraft, o Besitzer der Maje-
stät und der Kraft!«
Kazwinistudien. 2 7
des Glaubens wegziehe und über den Scheitel des Heeres des Un-
glaubens komme. Dort begann nun Hagel zu fallen, so daß Menschen
Und Pferde, die er traf, umkamen. Man benachrichtigte Ismä*il da-
von: ,Gott d. E. hat die Feinde von uns abgewehrt und (der Hagel)
ist auf den Gegner gekommen.' Ismä'il Zwei Leute ergriffen
seinen Arm, so lange er betete, und er sah, (Q daß) Hagel und Regen
den Ungläubigen Verderben brachte. Man sagte: ,Gib (Q Erlaubnis),
daß wir auf sie losschlagen!' Isma*il sagte: ,Nein; Gottes Strafe
ist vollständiger (.^) und bitterer.'«
Diese ganz und gar theologisch -erbauliche Geschichte ist gewiß
nicht auf dem Boden von KazwInT's Naturkunde gewachsen. Wir
finden sie aber — und das hat bereits v. Hammer bei seinen Studien
über den Regenstein bemerkt i) — , in jenem Zusatzkapitel
des Abschnitts vomfMen sehen, das über Religionen,
Sitten und Gebräuche der Völker handelt. Da ich nicht
in dfer Lage war, mir v. Hammer's Text aus der oben erwähnten
Handschrift zu verschaffen, will ich den Inhalt mit seinen eigenen
Worten (a. a. 0. S. 438) hier wiedergeben:
»Das Wesentlichste davon ist die Kunde, daß die Türken diesen
Stein auch But, d. i. Götze, nannten, daß Chuaresmschah Dschelal-
eddin diesen Stein besaß, und eine Erzählung Hasan B. Mohammed's
aus Kaswin, eines angesehenen Einwohners dieser Stadt, welcher be-
richtet, daß er sich beim Chodscha Amadol-rnülk Sari befunden, wo das
Gespräch auf den Regenstein kam, und als einige daran zweifelten,
er einen Türken rufen ließ und ihm befahl. Regen zu machen, indem
er sagte: Esherei in kaum but bikün, d. i. Mache für diese Leute Götzen-
wunder. Der Türke brachte den Stein, warf denselben in ein Gefäß
mit Wasser und machte mitten im schönsten Wetter Regen. Endlich
noch eine andere Erzählung aus dem Munde Ismail B. Ahmed's, eines
Feldherrn, der zwanzigtausend Reiter wider Türken befehligte, und
Zeuge von gleichem Regenwunder war.«
I) VON Hammer-Purgstall, Geschichte der goldenen Horde in Kiptschak, S. 15,
Anm. I, S. 42 und besonders S. 206, 207 nebst Anmerkungen. Nach v. Hammer ist der
Regenstein mit dem Jadeit identisch. Die älteste arabische Nachricht dürfte in dem
Reisebericht des Abu D o 1 a f M i s ' a r b e n a 1 - M u h a 1 h a I enthalten sein,
der angibt, daß die Karmäk einen Stein besäßen, den Regenmagnet, mit dem sie Regen
herbeiziehen, wann sie wollen: ,..^-i:i4.Ä.M*.j .Ia».ii ^jm^jIs^Xxa gS>* 'i^^'^ ^?l\Ä£.^
1^1^ -Ä/a u.g,J. Nach M i r c h o n d bestimmte Noah den Japhet zur Besiedelung der
östlichen Länder und gab ihm den Regenstein mit, den die Türken Dschede nennen, auf
dem der Name Gottes eingegraben war, und mit dem Japhet, so oft er wollte, Regen machte
(von Hammer, a. a. O. S. 438; vorher Belege über das Auftauchen der Sage in den
Romanen des Mittelalters).
24 Julius Ru > ka ,
Da die Handschrift P das betreffende Kapitel nicht enthält, fällt
sie für den \'ergleich weg. Dagegen ist der ganze Bericht, durch den
wir zugleich eine neue Variante der in B C mitgeteilten Geschichte
kennen lernen, anscheinend wörtlich so im Teheraner Text, und mit
leichten Veränderungen in O enthalten ^). Charakteristisch für die
Einführung der Geschichte ist, daß sie in T und O dem Isma*il selbst
in den Mund gelegt wird. Beide Texte stimmen ziemlich vollkommen
überein bis zur Gebetsszene. Während Q das Gebet fast genau so wie
s. V. ii«.ii _:^ bringt-), beschränkt sich Tauf den Satz . .j ->lü^ . ?t'<
^J^*i2.c. ^c ^^Ji^:,J^J ^''o-ac; dann heißt es
C)
") Der Anfang von T lautet: -S cl>.jiA:>- .-vH^^ lXoU..?* >i>-i LXx.woU . . .
(cU ;l ,i>Äi ',.' iAj-o oV-Lj[j->. ^<^jj' (^M^s uX..^Xfti f I) qLöw>- JoJ-4^
Nach Q wird der Stein c>-J^ genannt, was offenbar Übersetzung von '^^^j sein soll;
oww^ .«jL^i^vy« ,.,^-ii^^ vi .i^jJ«.^- i-tJ^ fehlt, ebenso die Worte xJ^ lAÄJ^^ rr'^*^ "od
,.«j,ii ^,.*/* ;(. Das J>j»jil\ ist in ^j,^i entstellt; dagegen steht hier {^J'->m
statt ^>^^*«. Weiter hat Q s:>.i-J o-? y ^t-^'**^' ""^ ^"i" ^^^ falsche ^L>toL5>
JÜJCii richtig vi>»Äi uNJUÜ Ow.*^. Der Befehl wird mit den Worten ^ii ^JS j-ÄJ y
0,»i A-^-c ,0 l,si>0 gegeben, und statt ...'ü1,m,o'wJ ist wÄ>uO gesagt.
-) Vgl. den Text in der Fußnote 28 S. 21 und die Übersetzung S. 22, Note i.
Wichtigere Varianten sind S^'JS^\A ^-^s. als Ergänzung zu ^^lxj:^^. Jks^ statt
^-tl, CJfcla^. (so) statt _b».li^.. -P_^ statt \S'J£),
K^azwinlstudien. 2 1;
Bei 0: i,— j!lXx^ JlxäjIj iAäxö», iAjiAa»! ui5^-JL*^ ,->ww.j c .*i2j -,! Joi
lAJtJ
0».J 8*A^ J*^'; U*^j c>-*"W' Ji ^1 ^ä^iuXj vi)^3» j! ^^^^ O-^"^ ^"^ ^"^^ '"'' 3^
Die Gegenüberstellung zeigt die Unabhängigkeit der beiden Über-
setzungen; sie war aber vor allem nötig zur Vergleichung mit dem
Text von A. Hier nämlich finden wir an der gleichen Stelle, und
zwar als alleinigen Inhalt des Kapitels von den wunder-
baren Gebräuchen der Türken, den folgenden, im ersten Teil von
T und Q völlig abweichenden, im zweiten im wesent-
lichen übereinstimmenden, wenn auch deutlich überarbeiteten Text:
^ ^ ^\,.. -^ ^ -^ \^ LJ-o •■ i - .... [ \, ^ ^
•,-*«J) isPi ^V.Äc I v^AÄil.*vws .^1 ijXJO» i»0) ,) ->jfi ^^y^sJO »..i»"») 0->.wi» ^sXiji»
gM*.*^ Ö'wxi5 jj-^^iÄ./« qJ '■^3^^^ i^""^^^ (Ms. ii^j^^g^i) \j_^/iJ fH*^ A;>i »j^j ^_»
xJlil l\-Lc ^ö!. -Ä^i ^.xi5 ^3^-ÄS liNÜ Jl ^aLus-w oixiCs LtL.^ , -X/1 ^^)J:iU
I )*Läj1 Xs. .axj oblxJ! ,'•■, -ii «->'-J *..>».j» \Ju4.iLc-» io.itfc/a ,-•/« LjLj^Vxat Xw,«.äÄJ
»tl.» -^^Ä/i bS ,.J xlLPi Jö lAb Jl ->s.-«M.if ».J _*!.ÄiwS xi --2-läj L/s lAxxiJ»
»La2> ^SV^'^^i J^ Ä^>LX5 L.g;cs.x/3 (so) o^.2.i5 J^i üS'L-oö LAi5> JaüL' LaJLs
LZÄ.-0 w^^.^" iwcL.*Xi ^J5^JÖ ^AÄi: L.gJLkX5 £L.*.-w.il ((^-'O ''■T**''j ^^3 ^"T^
iwa ijJU..:-^ ^1 üNJÖ [j.5.ii ^;Cs> ^jL.5^Afl5_5 ^5*-^^ Aaoäs ols (j/^*^l Q^-
[^^.> ^.UJ! S^oy fJLJ ^31 ^^i^ r»^*'«^^' '-J— ^^ ur-^' *^^ '^)^ ^b]
(Ms. Lp) iOCj^.^' ^t Lot; ^>jlijt Uoy ^,!» ^.J^J5 J-Uj^ ^i^\
26 Julius K u s k a ,
xxÄ ^PJ^c XJL-^5>- ^ai iJ>^jö i«»->r-'_5 .li«Jl ^tv^'^ '*^r^ ^-^-^'^ -i^AÄ-l ^v~x5l_^>>s
[jJws^ yiLj":^! ^xJu*^ ^^A ^yi (Ms. \>J!) ^1 iiL> 35 ^'LXi J. 'l*»-J ^\,
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x^xjäc Kjl.:5^^*w CJiL/io ;>-p"ii ;^ÄJ\5_» lXxÜ ,.,li -*J.5 .^>.J1 ^-^/s iA=>! \i\fi
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_*.g-U OL^S ^-Xll_5 ^r-^^' *^' o!u\.£: .,uS bS O-JIäS (-i:*^ J-*-^' ^>.^^5
»Von ihren wunderbaren G e w o h n h e i t e n. Sie
bringen Regen zustande, zu welcher Zeit immer sie wollen, und es
kommt der Regen und Schnee und Hagel und dergleichen zu ihnen.
Kazwinistudicn. o ^
wann sie wünschen; das ist eine bei den Völkern des Ostens allgemein
bekannte Sache, und es leugnet sie niemand ab wegen ihrer Berühmt-
heit. Es Erzählt Däwüd ben Mansür al Bäd'isi, ein zuverlässiger Mann,
wie folgt: Ich kam zusammen mit Ibn Malik al'Azz, und es war (dort?)
ein Mann von \'erstand und Scharfsinn namens Lakik b. Gatwija
(Gatwaihi?). Zu dem sagte ich: Wir haben erfahren, daß die Türken
Regen und Schnee herbeiziehen, wann sie wollen; welches ist denn ihr
X'erfahren dabei? Da sagte er: die Türken sind verächtlich und gemein
vor Gott, daß sie diese Sache vermögen; doch was du erfahren hast,
ist richtig. Es gibt aber eine Geschichte, die ich dir erzählen will. Ich
hörte nämlich, daß einer von meinen Ahnen seinen Vater nicht leiden
konnte — sein Vater war der König der Zeit — •; da nahm er Genossen
von seinen Freigelassenen und Sklaven mit sich und wandte sich gegen
den Osten der Länder, indem er die Leute überfiel und auf alles Jagd
machte, was ihm zu Gesicht kam. So führte ihn die Reise nach einem
Land, dessen Leute berichteten, daß man nicht weiter kommen könne.
Bei ihnen befand sich ein Berg, hinter dem die Sonne aufging und alles
verbrannte, was auf ihm war; ihre Wohnungen befanden sich in Löchern
unter der Erde, und die Mäuse waren tagsüber in den Bergen. Was
aber die wilden Tiere anlangt, so lasen sie hier Kiesel auf, deren Kennt-
nis sie erlangt hatten, und jedes Tier nahm seinen Kiesel mit seinem
Maul auf und hob seinen Kopf (gegen) den Himmel; darauf be-
schattete es eine Wolke, die zwischen es und die Sonne trat. Da be-
mühten sich mein Ahn und seine Gefährten, bis sie diesen Stein erkannten,
sie nahmen davon, soviel sie konnten, in unser Land mit, und so haben
sie ihn bis heute. Wenn sie also Regen haben wollen, bewegen sie etwas
davon hin und her, worauf die Wolke erscheint und der Regen kommt,
und wenn sie Schnee haben wollen, schütteln sie (den Stein) noch mehr,
und es kommt Schnee und Hagel zu ihnen. Das ist die Sache von dem
Regen, und es gehört das nicht zu den Zaubereien bei ihnen, sondern
kommt von Gottes d. E. Allmacht.«
»Weiter erzählt Ismä*il b. Ahmed der Sämänide — Gott sei ihm
barmherzig; er war ein siegreicher, guter König — wie folgt: Ich zog
einmal wider die Türken ins Feld mit etwa zwanzigtausend Reitern
von den Muslimen, und es rückten gegen mich von ihnen 6o 000 in
voller Rüstung an. Ich kämpfte einige Tage mit ihnen, und eines Tags
war ich dabei, mich mit ihnen zu schlagen; da kamen Leute von meinen
türkischen Sklaven und sagten: ,Wir haben im Heer der Ungläubigen
Verwandte, und sie haben uns vor der Ankunft des So und So gewarnt,
das ist der, welcher die Wolken erscheinen läßt und den Schnee und
Hagel; er hat Zauberformeln hergesagt, daß es morgen über unser
28 JuliusRuska,
Heer gewaltigen Hagel regnet, der den Menschen tödlich trifft.' Da
rief ich sie zu Zeugen an und sagte: ,\^ermag dies einer der Menschen ? '
Als es aber Morgen ward und der Tag sich erhob, erschien eine große
schreckliche Wolke von dem Berge her, an den ich mich mit meinem
Heere lehnte, und hörte nicht auf, sich auszubreiten, bis sie mein Heer
beschattete. Da erschreckte mich ihre Schwärze und was ich in ihr
sah und was ich von schrecklichem Getöse hörte, und ich wußte, daß
es eine Prüfung war. Da stieg ich von meinem Reittier ab und betete
die zwei Rak'a, während das Heer unter sich Gott pries. Hierauf
betete ich zu Gott, indem sich mein Gesicht im Staub gelb färbte
und sprach: »O Gott, hilf uns; siehe, Deine Knechte sind schwach
gegenüber Deiner Heimsuchung. Siehe, ich weiß, daß Du die Macht
hast. Nicht waltet über Schaden und Nutzen einer außer Dir.
O Gott, wenn Du diese Wolke über uns regnen lassest, so ist sie eine
Prüfung für die Gläubigen und ein (Zeichen zum) Angriff für die Götzen-
diener. So wende von uns ab ihr Übel nach Deiner Macht und Kraft,
o Besitzer der Macht und der Kraft!« Und ich vermehrte mein Ge-
bet und mein demütiges Flehen in Furcht und Eifer gegen Gott d. E.,
indem mein Gesicht auf der Erde lag. Und während ich so verharrte,
da kamen die Sklaven zu mir heraus, um mir die Rettung zu melden,
und sie ergriffen mich am Arm, um mich aufzurichten aus meiner Lage;
da erhob ich mein Haupt, und siehe, die Wolke war von meinem Heer
gewichen und hatte sich auf das Heer der Türken verzogen und regnete
schweren Hagel, und siehe da, sie wogten durcheinander und rannten
auseinander, und nicht fiel ein Hagelkorn auf einen Mann, ohne ihn
zu verwunden oder zu töten. Da sagten meine Genossen: ,Wir wollen
auf sie einen Angriff machen!' Da sagte ich: ,Nein, denn Gottes
Strafe ist schlimmer und bitterer.' Und es kam von ihnen viel Volk
um, und es entkamen nur wenige. Und als es Morgen war, gingen
wir zu ihrem Heer(lager) und fanden Beutestücke, soviel Gott wollte
und führten sie weg und priesen Gott d. E. für die Rettung; und
Gott leitet zum Rechten. «
Auf Grund dieses Materials müssen wir nun versuchen, die Text-
geschichte zu rekonstruieren. Den sicheren Ausgangspunkt bildet die
Fassung der ersten Ausgabe mit der bloßen Andeutung der Wunder-
geschichte. Sie wird der zweiten Ausgabe beigefügt, 'aber ohne daß
Kazwini den Zeugen mit Namen nennt. Die Unbestimmtheit wird
störend empfunden und was fehlt, durch spätere Bearbeiter der Anek-
dote ergänzt. Der Mann muß selbstverständlich aus Kazwin gewesen
sein; er muß — wie hätte er sonst Verkehr mit dem Wezir des Sultans
haben können — einer angesehenen Familie angehört haben; und
Kazwinistudien.
29
kann er nicht yasan ben Muhammed geheißen haben, wie er bei uns
in ähnlichen Fällen Hans Petersen heißen würde? Ähnlich wird
aus dem ♦vuaj LäJ J.4x:i die Bemerkung herausdestilliert — ob mit
Recht? — daß die Türken den Stein But nannten. Denn ,c>.j —
oder c>.jT wie Q übersetzt, wxnn nicht etwa ein Schreibfehler vor-
liegt — heißt eben »Idol«, und allenfalls »Zauber« oder »Wunder-
zeichen«, und ist nicht der Name des Steines; auch das von v. Ham-
mer angezogene i§^^^ oder (^i-Lb ^<^S\.^ heißt nichts als »Zauber«
bzw. »Zauberstein«.
In dieser durch die größere Bestimmtheit uns nicht glaubhafter
gemachten Gestalt erscheint die Anekdote in dem völkerkundlichen
Kapitel der spätesten Textform, wobei dahingestellt bleiben muß,
ob sie in dieser Form anderswoher übernommen oder von dem Ver-
fasser des Kapitels selbst zurechtgemacht worden ist; die Namen
Särl, Salügi, Säwagl, Salwi sind natürlich identisch.
Dem Verfasser des Völkerkapitels verdanken wir auch die Über-
lieferung der Ismä'il-Anekdote. Es ist klar, daß die dort
in der Ichform erzählte Geschichte erst nach-
träglich aus dem Völker kapitel in das Stein-
buch hinübergewandert ist. Zunächst aus äußeren
Gründen: nur ein Teil der persischen Handschriften bringt die Legende
zum zweitenmal in dem Kapitel vom Regenstein; ein anderer Teil
hat sie dort nicht, ja tilgt sogar jede Andeutung einer Anekdote. Aber
vor allem aus inneren Gründen. Die bei dem Wezir *Imäd al-Mulk
spielende Begebenheit ist der Ausdruck des naiven Glaubens an die
Kraft des Wundersteins; der Zauberer wird herbeigeholt und macht
zur Unterhaltung der Herrschaften sein Kunststück ^). Die dem
I) J. V. Hammer teilt aus dem Edelsteinbuch Mohammed B. M a n s s u r ' s ,
das leider noch immer nicht herausgegeben ist, a. a. O. S. 435 folgende ausführliche Be-
schreibung des Regensteins und seines Gebrauchs mit:
Der Regenstein ist leicht zu zerreiben, in der Größe eines großen Vogeleyes, von
dreyerley Art: der weiße staubfarbe, mit roten Punkten gesprenkelte, der weiße reine
und der dunkelrothe oder vielfarbige. Über die Mine desselben herrscht verschiedene
Meinung. Einige glauben, derselbe sey ein Erzeugniss von Minen, die sich an der äußersten
Gränze Chinas befinden; Einige glauben, er sey ein thierischer Stein aus dem Bauche einer
Art von Schwein; andere sagen, daß an der Gränze China's ein großer Wasservogel mit
rothen Flügeln gefunden werde, Surchab, d. i. Rothwasser, genannt, dass dieser im Frühling
an Orten, wo das Wasser häufig, niste, und dass im Sommer, wo das Wasser unter das
Nest gesunken, der Regenstein aus demselben herausgezogen werde. Alle Türken konmien
darin überein, dass zu jeder Jahreszeit und wo immer der Regenstein angewendet wird,
derselbe Regen hervorbringt. Einige haben darüber gestritten, ob der Schnee- und Hagel-
stein derselbe sey mit dem Regenstein oder nicht; Einige glauben, dass es zwey ver-
OQ Julius Ruska.
Sämäniden Ismä'Il b. Ahmed in den Mund gelegte Geschichte stammt
aus einem ganz andern Kreise. Man nimmt daran Anstoß, daß einem
Stein eine so wunderbare Kraft innewohnen soll. Sie kann ja von
Gott als seine xxxa'^ in ihn hineingelegt sein; aber dann braucht
man doch keine Zauberer und Beschwörer! Daß nur die Türken, diese
Ungläubigen, die Kraft des Steins kennen und benutzen sollten, ist
höchst befremdlich. Wir brauchen ein Ereignis, an dem in wirksamer
Weise demonstriert werden kann, daß alle Zauberei gegen
den Willen Gottes nicht aufkommt. Wie könnte das
aber eindringlicher einem Muslim zu Gemüte geführt werden, als
wenn er hört, wie bei einem Kriegszug gegen die Ungläubigen, gegen
überlegene türkische Reiterscharen, der Regenzauber noch im letzten
Augenblick von Gott gegen die Ungläubigen selbst gewendet wurde,
und wenn er sieht, wie der Glaubenseifer und das Gebet des frommen
Fürsten eine wirksamere Waffe gegen die feindlichen Zauberkünste
war als alle Tapferkeit und Kampflust der Gläubigen !
Diese Gedanken bilden den Schlüssel zu unserer Legende; die
Antwort Ismä'il's an die Mamlüken und sein Gebet um Abwendung
schiedene Steine seyen; Andere meinen, es sey ein und derselbe Stein, der aber, an ver-
schiedenen Orten gebraucht, mehr oder minder wirksam Frost, Schnee, Hagel oder Regen
hervorbringe, dass, wenn derselbe nur einmahl gebraucht wird, es regne, bey wiederhohltem
Gebrauche aber schneye und hagle. Auch über die Art des Gebrauches ist man uneins;
Einige meinen, daß man den Regenstein in ein Wasser legen müsse, das von hohem Orte
herunterströmt, und Andere glauben, dass nur die Türken den Gebrauch desselben kennen,
und keinen Anderen darin unterrichten. Teifaschi erzählt ( ? jedenfalls nicht in der »kleinen«
Ausgabe!) aus dem Munde eines Bewohners von Ghasna. dass im Lager Sultan Mohammed
Chuaresmschah's im Sommer ein alter Mann diesen Stein wirksam gemacht, indem er eine
Tasse voll Wassers in die Mitte des Zeltes setzte, und zur Rechten und Linken zwey Röhre
aufpflanzte und ein drittes in der Höhe befestigte, von welchem eine Schlange, von derselben
Farbe wie der Regenstein, niederhing, so dass von dem Kopfe der Schlange bis zur Ober-
fläche des Wassers in der Tasse zwey Ellen Abstand war. Dann legte er zwey Stücke
Regenstein in die Tasse und nahm sie nach einem Augenbhcke wieder heraus, rieb sie an-
einander, und warf dann jedes an einen andern Ort; dann legte er sie wieder ins Wasser und
zog sie wieder heraus, und wiederholte diess zu siebenmahlen: dann nahm er Wasser aus
der Tasse und sprengte es nach allen Seiten. Während dieses Verfahrens war der Alte
baarkopf und baarfuss, erzürnt und Worte murmelnd; binnen zwey Stunden war das Werk
vollendet. Es zogen starke Wolken auf und es begann zu regnen. Nach einem anderen
Überlieferer derselben Begebenheit sagte der Alte, welcher den Regenstein anwendete:
»Jedesmahl, als ich dieses Werk unternehme, wird mein Gut oder mein Odem (Nefsi) minder,
und ich bleibe in beständiger Armuth und Mühseligkeit«.
Wir haben hier ein Stück »naturwissenschaftlicher« Kritik und dann die Weiter-
bildung unserer Anekdote durch Hinzufügung neuer Details. Wenn der Regenstein »leicht
zu zerreiben« ist, dann ist er auf keinen Fall Jadeit. Doch ist hier nicht der Ort, diese
Fragen weiter zu verfolgen.
J^azwinistudien. •> j
der Wolke ist der Kern des Ganzen. Die Geschichte hat ihren richtigen
Platz in einem Werke, das sich mit den Religionen, Sitten und Ge-
bräuchen dter Völker der Erde beschäftigt; sie fällt aber ihrer Tendenz
nach, als Produkt theologischer Reflexion, aus dem Rahmen einer
Naturgeschichte heraus. Daß sie in manchen Handschriften an die
Stelle der andern Anekdote getreten ist, nachdem einmal das Yölker-
kapitel Aufnahme gefunden hatte, braucht uns nicht weiter zu
wundern.
Die Gegenüberstellung der Texte von T, 0 im Völkerkapitel
führt zu der Annahme einer arabischen Vorlage, die im
wesentlichen mit der in A überlieferten Form der Legende überein-
stimmte. Dies geht mit Sicherheit aus dem Umstände hervor, daß
am Ende der Geschichte der vollständige Text von A erhalten wird,
wenn man T und 0 kombiniert: Es kam von ihnen viel Volk um
(,iJL> A, T, Q), und es entkamen nur wenige (A, T); und als es
Morgen war, gingen wir zu ihrem Lagerplatz und machten viel Beute
(A, T, Q) und priesen Gott d. E. für den Sieg (A, 0). Natürlich muß
mit Änderungen von A gegen die ^'orlage gerechnet werden. Diese
können als erwiesen gelten, wo T und O gegen A zusammenstimmen,
wie in dem Fehlen des ^\.xl\ , ^JLc , c-F^"? J^-*^ ^^ J' '^^i^,. x^,
ü50t\i' Lil L-yjAS nach p ,>c:äjI oder m dem Zusatz des Jlxj j^,b \i
öS «.50 L^ \\ »wilÄc nach .^3- .j d. i. i>lx>^L*JLJ. Aber ebenso erweckt
die in A sehr in die Breite gezogene Darstellung der Begebenheit
den Verdacht nachträglicher Ausmalung.
Als ursprüngliche Form des Gebets hat selbstverständlich die
von A und 0 überlieferte zu gelten; es ist interessant, zu beobachten,
daß das Gebet im Völkerkapitel bei 0 bis aufs Wort mit A über-
einstimmt, im Steinbuch aber die oben angemerkten Varianten und
Fehler aufweist. Auf den Umstand, daß T das Gebet auf die beiden
ersten Sätze reduziert, ist schon hingewiesen worden. In noch freie-
rer Weise ist in P beim Regenstein die Gebetsszene behandelt. Das
originale Gebet ist unterdrückt bzw. durch die Worte ;.'Jl öSj^ , _,!;
angedeutet, und die felsenfeste Überzeugung vom Sieg der Gläubigen
vorangestellt: eine offenbar jüngere, weil forciertere Form des Textes.
Gleichwohl scheint auch hier eine gemeinsame Quelle vorzuliegen,
denn P und Q stimmen in allen übrigen Punkten im wesentlichen
überein (vgl. die Varianten der Übersetzung S. 22 ), insbesondere auch
in dem mir unklar gebliebenen, vor «^i' ,j eingeschobenen Satz und
dem Abbrechen der Erzählung mit der Weigerung Ismä'irs, die \'er-
folgung zu gestatten, da man dem Strafgericht Gottes nicht nach-
helfen dürfe. Wenn zwei Leute Ismä^il's Arme halten, so lange (lj)
•J2 JuliiisRuska,
er betet, möchte man fast daran denken, daß Moses und die Amalekiter
(Ex. II, 17) für die Szene Modell gestanden hätten. Man müßte aber
dann annehmen, daß nur P und O im Steinkapitel das richtige Ver-
ständnis der Stelle bewahrt hätten, da in T und A die Sätze ganz
anders verknüpft sind, und A das Ergreifen der Arme mit dem Auf-
richten Ismä'irs aus der Prostration in Zusammenhang bringt.
So bleibt nur noch die Erklärung der Abweichungen von A gegen
die Masse der Überlieferung. Die Handschrift steht darin ganz allein
da, daß sie die ältere Anekdote sowohl im Völker-
kapitel als im Steinbuch ausmerzt und durch
zwei, wie es scheint, sonst nirgends in KazwTnT-
texten überlieferte Geschichten ersetzt. Das ist
nun ebensowenig ein Zufall wie die Einfügung der Ismä^il - Legende,
und wir haben aus dem Inhalt der neuen Stücke die Motive zu er-
schließen. Sie sind kaum anderswo zu suchen als in dem Fortwirken
der Tendenz, theologisch anstößige Geschichten durch einwandfreie
zu ersetzen. Darum wird der Regenstein des Steinbuches durch
einen anderen ersetzt, obgleich dessen Beschreibung nicht zu dem ste-
reotypen Eingang paßt. Darum heißen die Türken von vornherein
\iUi JJ<s. Jö!^ Jis>\, weil sie den Regenzauber verstehen — die Tat-
sache selbst wird nicht im geringsten bezweifelt. Und darum wird
am Schluß der Geschichte, die die Auffindung des Steins auf eine
Beobachtung am unvernünftigen Vieh zurückführt, das sicher nicht
durch einen Bund mit dem Teufel, sondern nur durch göttliche Gnade
und Vorsehung die iüyoL3> des Steins zum Schutze gegen die aus-
dörrende Sonne entdeckte, in groteskem Widerspruch mit der morali -
sehen Verurteilung der Türken im Eingang versichert: »es gehört das
nicht zu den Zaubereien bei ihnen, sondern kommt von Gottes d E.
Allmacht. «
Die Beschreibung der Gegend, wo der Regenstein gefunden wird
— im äußersten Osten, Wohnungen in Erdlöchern, alles von der Sonne
verbrannt — könnte auf die Lößgebiete Chinas gedeutet werden; ein
Anklang an die oben zitierte Noah-Japhet- Legende ist jedenfalls nicht
zu verkennen.
Was wir hervorgehoben haben, charakterisiert den Text von A
a 1 s d i e ,a m ^^- e i t e s t e n V o m LT r s p r u n g g" i c h entfer-
nende, noch jenseits der persischen Übersetzun-
gen und des zugehörigen arabischen Originals
stehende Textfor m. Es ist also ausgeschlossen,
daß dieser Text von KazwinI herrührt. Auch der
unsäglich in die Breite gezogene Eingang des Stückes mit seinen Wieder-
Kazwinlstudien. 5 ^
holungen ist ein unverkennbares Zeichen der Kommentatorenweisheit.
Es muß aber an dieser Stelle noch eine offene Frage bleiben, ob nicht
dennoch eme dritte, erweiterte Fassung der Kosmographie existiert
hat, die von Kazwini selbst herstammt.
Als ich das »Steinbuch des KazwInl« übersetzte, war mir die
Stelle ,i>..j LJ J.^cl unverständlich geblieben; ich wählte daher den
Regenstein als Beispiel für die Vergleichung der Texte, weil ich hoffte
über den Ausdruck in einer Handschrift Aufklärung zu finden. Daß
der Regenstein zum Prüfstein für die ganze Textgeschichte werden
und die aus ganz andern Indizien gewonnene Überzeugung von der
Unechtheit des Textes von A besiegeln sollte, konnte ich nicht ahnen.
Ich verzichte daher auf die Ausführung einer größeren Anzahl von
Vergleichen und behandle nur noch das Salz als ein weiteres, für
das Verhältnis der verschiedenen Bearbeitungen lehrreiches minera-
logisches Beispiel. Der Text von D (erste Fassung) lautet:
(D l^jj^) '^^jj-i^ O-?^" '"'' '^■^'*^3' ^'^^^^ y^^ jrf^^"^ ».:>\;>^3 ^siliiLy
^^^ J^-^ r.^^^^' ujaJ! ^JLxa.J L/i!^s |^JL*j xL'! l.flx=>- 'ii.^^^l\ (jc^,^! ^i,
^^^^3 o^^ a-'*^^- ^^*-''--? ^J^-^^b ^J.l3 e^> ^,_jjü! K>..jy j^jjj^
o'*-^-^' j_ij ^•^/i io j^*^j_5 uj.:^iU ^jüjI ^äÄj3 i;:cjLÄJ! sl>J5^J1 it^-^^^
_.xfuiJ53 ^xx^^l_5 iUJ^^!5 (j^3 Kxc^.i.J J.^ii_5 J..^^i! ,«.». y.Äxi! ,^.w.JÜ
^-^-^J L5^' j-^ ^r,Jo^L (j-^-äJI^ iC>w«jtJuJ! iüC.<^JL y.:s:vi5 Q^ 5.Ä^j_5
»Der Stein Salz. Aristoteles sagt: Salz gibt es (mehrere)
Arten; dazu gehört das wie Bergkristall zu Stein gewordene, und dazu,
was wie Schnee ist und wie die übrigen Steine zu Stein wird, und dazu,
was im Salzland Salzsteppe ist; (Arten) die Gott d. E. geschaffen als
Grundlage für das Wohl der Welt, so daß es jedem Ding heilsam ist,
dem es beigemischt wird, selbst dem Gold; denn es verschönert seine
Farbe und vermehrt es in seiner Gelbheit. — Und vom Propheten
Wird berichtet, daß er sagte: ,0 'AH, beginne mit dem Salz und
schließe mit ihm; denn in ihm liegt Heilung von 70 Krankheiten.' —
Zu seinen besonderen Wirkungen gehört die Beseitigung aller Arten
Islam. IV.
^A Julius Ruska,
Fäulnis. Das gebrannte Salz reinigt die Zähne von Zahnfäule und be-
seitigt die grauschwarze Farbe, wo es eingerieben wird, und seine An-
wendung mit Honig verschönert die Farbe, und es frißt das überflüssige
hervorwachsende Fleisch weg und nützt gegen trockene Flechte und
Krätze; es wird auch mit Baumwollsamen zusammen gegen Skorpions-
stich zu Umschlägen benützt, und mit Honig und Essig gegen den Biß
des Skolopenders und der Wespen, und nützt gegen Krätze und schlei-
mige Krätze und Gicht; das Enderänl-Salz, d. i. das, was dem Berg-
kristall ähnlich ist, schärft den Verstand und festigt das erschlaffte
Zahnfleisch. «
In der zweiten (und dritten) Fassung wird zunächst eine Art Theorie
der Salzbildung vorausgeschickt, wonach zwei Arten, Bergsalz und
Wassersalz, unterschieden werden (ed. Wüstenfeld S. 240). Dann
folgt der Satz Lzb oJ^il ^ ^>U.j sj\ x>oLi> ^» und daran an-
schließend in B und A der \'ers:
und der Ausspruch des Propheten. In C ist Vers und Spruch unter die
Anwendungen an die falsche Stelle geraten, zwischen den Satz -^JUiU
Jj<:^l\ ^/» ,.jL>Lw^i if*'^ L*)^^^ ^^^^ C)-^^' O"***^- -*-^^ .vJ-4JÜ^i»,
wobei C »_ou für i^jixj liest und das Satzglied vi>x=> ,j,_jJL'l \^ d^.jA3
JLb vor \iu*x.«.U wegläßt. Die Lesung ^AxJu gegen D j^..^^ wird
von A, B, C und von den persischen Übersetzungen (P ^^<:^ ^i^jüo«!^
j^.;j) ^jCaj L-,y >^>^->>-> j^^i ähnlich T) bestätigt. Wo D ^j^>"Jül
ioöUJI sJuiJ! hat, liest B ^oJJU C iü'^U A xü.xi!», also die Tütiiä.
Erst nach der Aufzählung der medizinischen Eigenschaften, mit der
D abschließt, folgt dann in B, C und Adas Aristoteleszitat, doch nicht
ohne eine Anzahl interessanter Abweichungen zwischen A, P und B, C.
Statt ,_JLJI (j:l ^{.4.il !>J>'S in A lesen noch B C wie I) .jXj^\S ; die
Beschreibung der zweiten Art reduziert sich in P auf die Worte ^ä^Lo^
^Jm .\j (statt ^Xi); die der dritten enthält das persisch-arabische Wort
_ ,5-i;, das in allen Handschriften verschrieben ist (B 'ls>.^*«, C Ls»-»-«,
A i:^jy^; in P: o^j _p-^j^ yv.jO») und zu dem iLi^U^f u^"^' j- """"'^^
eine Glosse erscheint. Das 'u^t^ ist von C ausgelassen; hinter L-ojJl
ist in B, C und A der Satz ^u^^t^ vl^yt^L ^L:>\^^1 j. Vu^^^» einge-
schoben, hinter \j.äA3 ^5, der Satz J, lAjij^, L-oa_j^ xaiiäjI ^^ ^.M<.:sr»
LiJöLo; dagegen nur i n B C die w e i t e r e n S ä t z e : J-^^xj^
Kazwinistudien. t-
.(C öiA^-!^) 8A>[jJ (*-J'-'45 0:V^^ ^-^'-'^^ Ä.i^ÜJ (jJLs^Uj
Das *sind aber Sätze, die genau mit dem Pariser Steinbuch des
Aristoteles zusammenstimmen, während der Satz über das
Vorkommen des Salzes in Bäumen, Wasser und Steinen sich in einer
lateinischen Übersetzung desselben Burhes findet, die einen stark über-
arbeiteten Text vertritt^). P weicht zwar am Schluß wie im ganzen
von den arabischen Fassungen ab: jL*^i x^^, ü^jS ».<-o <*-y*5 ,; ., J.
JJS ü>o ^, .5 ;1, setzt aber gleichwohl die erweiterte Form des
Textes als Vorlage voraus.
Wir wenden uns nun dem zweiten Teile unserer Untersuchungen
zu, der sich mit dem anthropologischen Kapitel in
K a z w i n r s Kosmographie beschäftigen soll.
Am zweckmäßigsten geht man wohl für eine erste Übersicht von
dem Index der ersten Fassung aus, der das Programm
des Buches enthält, um dann die Änderungen in der Ausführung des
Programms und in den Indices der späteren Ausgaben damit zu ver-
gleichen. Die Handschrift F scheidet als bloßes Bruchstück des
Werkes aus. Als Ersatz für D, der keinen Index hat, konnte die
Gothaer Handschrift 1503 (künftig H) eintreten, die der gleichen Klasse
angehört. Mit dem Index von E, G und H stimmt auch der der Ber-
liner persischen Handschrift P. Dagegen weicht der Index von C an
einer charakteristischen Stelle stark ab, und in B fehlt der Index,
weil die Handschrift am Anfang verstümmelt ist. Weder \'orreden
noch Index hat A. Es war mir daher eine große Überraschung, in der
Handschrift Q, die nach dem Katalog keinen Index haben sollte, diesen
nicht nur an seinem richtigen Ort nach den Vorreden zu finden, sondern
auch daraus sofort entnehmen zu können, daß die Handschrift e i n
vollständiges Exemplar der dritten Textklasse
darstellt. Auch die Teheraner Ausgabe gehört zur dritten Klasse und
besitzt einen vollständigen Index.
Es zeigt sich sofort, daß die in dem großen Index vorgeseheiie
Gliederung des Stoffes bei den Mineralien und Pflanzen nicht strikte
durchgeführt ist. Der oLoüül J. Jü sollte offenbar vier Haupt-
teile enthalten: einen allgemeinen Abschnitt als Einleitung,
einen zweiten über die Mineralien, einen dritten über die
Pflanzen, einen vierten über die beseelten Wesen (den
Menschen, die Ginnen, die Tiere). Klar begrenzt ist nur der dritte i:nd
0 Vgl. J. RusK.-^, Das Steinbuch des Aristoteles^ Heidelberg 1912, S. 172.
t *
-?5 J ulius Ruska,
der vierte Abschnitt; beim zweiten sind die Unterabteilungen falsch
durchgezählt, so daß schon am Anfang Verwirrung entsteht. Denn
alle verglichenen arabischen Codices haben die folgende Zählung:
jjjj J, (!)«.jLJi Ä-oAx^il j,LA^>bSi OJj-'S 's^sljS j (!)^^LiJ! dy^i Xt^3,
Richtig fand ich die Einteilung nur in dem arabisch abgefaßten
Index der Berliner Handschrift P. Vergleicht man mit dieser durch-
sichtigen Gliederung des Stoffes die Ausführung, so sieht man sofort,
daß nur die Hauptabteilungen geblieben sind: auf eine kurze Ein-
leitung (in D usw.) die Abschnitte I. Über die MineraHen, i. Art: Me-
talle, 2. Art: Steine, 3. Art*: ölige Körper; II. Über die Pflanzen,
I. Art*: Bäume, 2. Art*: Kräuter; III. Über die beseelten Wesen, I.Art:
der Mensch usw. Seltsamer Weise hat nicht nur der Text von
Wüstenfeld, sondern auch D (und danach vermutlich alle Hand-
schriften) an den mit * bezeichneten Stellen j,j^j\ statt cj-Jl.
Dieser tatsächlichen Einteilung des Stoffes entspricht nun
der Index von C, der aber von Wüstenfeld mehrfach (nach dem
Text?) umgeändert worden ist, wie die nachfolgende Vergleichung
der Handschrift und des gedruckten Textes zeigt, dessen Zusätze mit
( ) und Weglassungen mit [ ] bezeichnet sind. ^ _^'t ((jruX.A^ ^i)
Es folgen hierauf die sieben Arten von ^^^ytp^'- der Mensch, die'
Ginnen, die Dawäbb, die Na'am, die Raubtiere, die Vögel, die übrigen
Tiere. Aber innerhalb des vom Menschen handelnden Abschnitts
finden sich die tiefgreifendsten Differenzen zwi-
schen den Indices und den Texten.
Kazwinistudien.
37
Zunächst ist festzustellen, daß hier auch der Index der persischen
Handschrift P die Fehler der andern in der Einteilung des Stoffs über-
nimmt. Ith. setze die richtige Einteilung voran und verzeichne daneben
die Varianten:
[ ^i^i iUx^ ^», '^-e^l^j' J- J^Liil Jw^5 .... ^JJ^ S ^iUl JäX}\ ]
v3^*2.S ^^.S^ (jL^J'^iJ PJ.J J, i3»^i (Hr:j^i)
^.,'L.^i^l iüuä> ^5 0.'3\ J.x2ÄJi) 5 EG ^_^iLiJ5 HP
^Jf pLAi2Ä^5 -^.-^ tS- ^-i^J'»-iJ^ J^AJÄJI
o
z-
Man sieht, daß in diesem Programm, das eine Naturgeschichte des
Menschen entwickelt, die physische Seite, Embryologie, Anatomie,
Physiologie durchaus im Vordergrunde steht, und daß an eine Be-
handlung von Volksstämmen oder von Handwerken, Künsten und
Wissenschaften hier noch nicht gedacht wird. Dies gilt auch noch von
qg Julius Ruska.
dem Index von C, der die sieben Arten der ^^y^p- nicht hervor-
hebt, sondern folgendermaßen einteilt:
XjL>oacl -;o,^j j J (W: ..jL^i^! >Aiö' ^t) näIoJI qX ö^i^j
c
.l^:i
- J. ^j*,o.^i Ja>oS <3y^^ <3 ^^^v^^-^-i-J
>i^l
->
^i ^^.Ü! .liJS ^.,.^^i eL^l U^^^i=- J- «Jw^i
-Jl ^^! ^wül ^ ^^\ ^.jL^^i
Ü^j^'-^
Die acht Joi entstehen einmal durch Vereinfachung der Zählung
am Anfang, und dann durch Einschaltung der Kapitel VI und VIII,
die aber wieder nur medizinisch sind.
All diesen Einteilungen gegenüber ist nun festzustellen, daß die
Handschriften die größten Abweichungen von dem Programm zeigen.
Um mit der persischen Handschrift P zu beginnen, so fehlt in ihr
der ganze Text von den xj.*:! J^i u^j-^- ^i"^"" Unterabteilung des
Kapitels Ä.jyiJl [j^jÄxl^ o^^ j^^ ^' ^^'^ ^" l^^^ j^^^ (^" '" t^"*^'
5.jLJi) e5j^' ^' ^^^° nicht weniger als 33 Seiten der Wüsten-
FELDschen Textausgabe (S. 322 — 355). In den arabischen Hand-
schriften der e r s t e n Klasse D, E, F, G fehlt der ganze Abschnitt
•.•■Sli>^i ^, eine Auslassung, die auch für andere Codices festgestellt
ist. I) Sehr zahlreich sind die Auslassungen von A; aber, was weniger
zu erwarten war — der Herausgeber hat selbst wieder zahl-
reiche Stücke aus A weggelassen^) und Stücke aus andern
Codices aufgenommen 3), ohne anzugeben, wo und aus
welchen Gründen dies geschehen ist.
Als Beispiel für den Zustand des Textes soll im folgenden der
Abschnitt »Über die Entstehung des Menschen« be-
handelt werden. Von seinen im Index (S. 37) vorgesehenen neun
Kapiteln enthalten die Texte der ersten Klasse, die ich verglichen
habe, nur die Kapitel I, VI, VII, IX. In den Texten der zwei-
ten Klasse, d. h. wenigstens in den Handschriften B C, ist der
ganze Abschnitt anscheinend absichtlich un-
") Vgl. z. B. RiEu, Cat. Mus. Brit. zu Nr. 69S, 699.
*) So z. B. fol. 107 r Z. 4 V. o. bis Z. 10 v. u.; fol. io8 r Z. 5—22; fol. 108 v Z. 13 bis
109 vZ. 3; fol. 109 V Z. 1 1—20, dann fol. 109 ' Z. 23— fol. iiorZ. 12; fol. iio^usw.
■3) So z. B. das Stück von .ju^\ L.gJL<>» S. 310 bis ^y^J^] qI-^ J. S. 314, Z. 11.
Kazwinistudien. 39
ter drückt, denn die Zählung springt hier vom zweiten auf den
vierten Nazr. Von der einzigen Handschrift A aber, die den Text
gemäß^dem Index der ersten Ausgabe vollstän-
dio- enthält, hat Wüstenfeld längere Abschnitte, darunter
das ganze Kapitel VIII, weggelassen.
Leider versagen hier auch die persischen Übersetzungen. Denn
bei P, wo das Kapitel nach dem Index zu erwarten wäre, fällt es in
die große oben festgestellte Lücke, und in Q und T ist sowohl dieses
embryologische wie das nachfolgende anatomische Kapitel auf wenige
Seiten zusammengedrängt. Der Abschnitt ^.^L^^l ^.,j.Xj ^ beginnt
in 0 mit j^^ »/ J.x^ y ^j^ ;b ^^jj^ ^^J O-"^' ^^'^^ ^^^ '^-^
;iJS >J1 ^ Ä.äIiJi 'c^X^p* der ersten Fassung entspricht, die
Wüstenfeld hier ohne ersichtlichen Grund an die btelle von A
gesetzt hat; er umfaßt nur 25 Zeilen, die ganze Anatomie 4^2 Seiten,
von denen 2 auf die einfachen Organe, 2^2 auf die zusammengesetzten
entfallen. — Ganz ähnlich beginnt T mit ,Li ^*=>;^ ^^-^ j^ ^äLoi <;,>?-
J.Ä «Ol^,. JöJli ^=>j o^L^o ^^ J^L^ (!)^^^y' d^^^j^ ^-^'^ und absol-
viert den Abschnitt über die Entstehung des Menschen auf 20 Zeilen,
obgleich der Index ausführlich die neun Kapitel nennt. Und ebenso
widerspricht der detaillierte Index über die Anatomie den späteren
summarischen Ausführungen. Wir werden uns nach Erledigung der
textkritischen Arbeit zu fragen haben, wie dieses Verhalten der späteren
Texte zu erklären ist.
Um die Abweichungen des WüsTENFELDschen Textes von der
Handschrift, seien sie Verbesserungen oder Verlesungen, Druckfehler
und Auslassungen, herauszuheben, sind sie im folgenden mit Buch-
staben vermerkt, während die Varianten der ersten Textklasse
beziffert sind. Es ist also der WüSTENFELDsche Text der Kapitel
I, VI, VII, IX kopiert und mit den Varianten von A bzw. DEF G ver-
sehen, VIII nach A ergänzt. Die hierauf folgende Übersetzung gibt
die Handschrift A vollständig wieder, und die notwendig erscheinenden
Korrekturen sind in Fußnoten begründet. Nicht vermerkt wurden im
allgemeinen Varianten von E, die durch das Fehlen der diakritischen
Punkte veranlaßt sind und entweder nur eine, oder verschiedene
richtige Lesungen zulassen. Zugleich habe ich, soweit es mir möglich
war, in den Anmerkungen Ouellenbelege gegeben, die zeigen sollen,
woher der Stoff in letzter Linie stammt und wie er vom Verfasser
oder seinen nächsten Quellen verarbeitet wurde.
. j-j Julius Ruska,
Arabischer Text des Cod. Goth. 1508 fol. 116^ ff.
Die eckigen Klammern fassen die Worte zusammen, auf die sich die Ziffern
und Buchstaben beziehen. Mit geschweiften Klammern sind die von
Wüstenfeld aus der ersten Fassung in den Text von A eingesetzten
Stücke bezeichnet.
J..^-^.J nzj'l^j 'w« l^ _^^ jLr "ii^ L.^_^ ävl*4jt] [io^L.:^bSL iy^.^Si
^i ^L^oJi ^..1 r^^-^^ ^.^'^ '^^^] .-^^' r^^ r-^ -'-^^ er»
'^ -vi^
a:Cä! Ujb Jb J^>l^! ^va^wiJ j_,Ji^>J ^3'l-:^^l ^y9 q'w5' w»J ,»:i äulirs-
Oi^.-«j , -^ U 'i-P - -^ 3>s . . . J-^ ^- o^-i ^.,5 K^jJ^M iUX^ (so)
3^. söo« u5oJJ öJLi>3 ^UJi ^_t^ y^3 ^J"^^ "^^ '"^ ^y^y^ l5^'
1
I G ^jj am Rand l)J^j ^ G om. D ^^,1 J^\ 3 E »^1 iv-^5 OJii^
iU/isL^I D L^ FG 'u^ ^-iU ■* DEFG om. 5 D i^^^Ju^ ^ D '.^js^^
G oÄjSt. eF ujÄ:>v>o^ 7 D «w^s 'w^ F Li>i La EG Lg-^s-A^ * DEFG om.
9 D x*.w^äj c.V<i.s EG u^Ailj F Iz^-^^JiH " DF ^JoJ! ^♦.^ ^J^ E ^^
^AJI ^uC^cI <..>,.^ (G ^\) " DEFG om. ''- G J^^^Oi^J» '3 FG '..t^ö
M D j.Jüi:i F 5.j.ÄJi G pyiit '5 D ^siäij >6 D ÄÄlii n G ä,L> '« G 8_iuJ
Kazwinistudien. ^j
j^^^3 u_>JäL^ MolcXü! Ja-^JI i^i! Ä-kÄ:> La;-« [^Äi>Us i^äLJ!] ^xx-L^J «^'
5 8«w.il 4/i^L5:i.ÄJ ^ ^LxlXÜ Xka5> s^fil j^a!» iAaXJLJ Xi^s* ^-Vi-H rr^
xx^3, qL:iaLi>ü1 JiLcj^^xs Oj.JLä«J! w^xA:aÄJLs' ^^ (JtÄJ! *.5-J1 / ^äc ,3^^^
Oi-«.-w.Äj Uy i^A/iiJC/i _LjJ1 i_^>uw_j ä(A^ ä<Lä J^tXil X-rL?.} ,?,» ücJcaA/i
ij>.iö w^.äxxs ij-fiil i^JUoj ^j. i^Lxi-iJ! iJ>ÜJ J^?J ^j^. /*^' »-J-^^ L?^"^^
I F c>.x^iiJo G OA.i>-CCo^ = G a^iAüJf am Rand ä^l 3 DG iüJS
^L*i* 4 DEFG (J-jL^' ((^^) 5 D ^.wJ! 6 DE ^■)'^J^^, G (JjLj.-^^,
7 DEFG om. 8 DEFG om. 9 DEFG om. ^° D L\i>Lj «■ DEFG ^j.
j3xLi.<\:df " DEFG *.i L/95.J ^-Aü Kawi.«^ Ji u5oo ^^
12 Julius Ruska,
7*^ .j5 (j*i-i5 i3'~*^'*-J (»'^j' 6x.x.,.vjö %uX*j» rj^^'' (__w>,Lw*J -itf^3) pL^^5 H?^^
iot*i;/c KäJütj! ^wiJiJL^ KäJIc XäLäJ! l^JjJlp- -».i ^:^>^ jIj'5 o *"^ä12J s'wä]ji:>-
*.JL]I Ld>,LAX5 .i>i wäJL3- 'wi^XicJ' ♦.i L♦:^' *Lli*J5 lJ«-**^X5 Lx'wlix: iot*:^^! wÄäii^
y-v!. _*^^J \-w.!.» Ä^wlJ ...LxJLe-s* s!iA-^ ^ 5 \£."iL/:3'u ...ÜixJLs »IiAaüc^ ^^^i .
|.lt\>L^il ^A) ^7 .^>s««.j Lx: xj.i JLc i-LvCsc^l ''(j;?k>Jw ^^'^n.JL^j ^"^J *-^^^5 f^^
2-'L^;ji ^i^ä^^s |^.^lX>.Idj (^.^-Xä-ot>C; ,-..xO JI3 -o^xXaJ JwJ tA^-«LS "' xL*.:>r. -/>
\JLsr. " die 5 Worte ...iJv^Jl ,•, ...V- -*^J'» j^*=^ «j- ^'^r wiederholt
I DEF siA*J. G äJ^5>!» am Rand buVjtJ» = DEFG ^>olj 3 G add. am
Rand 4 DEFG om. 5 DEFG sJs.'t 6 d xsu^^^i 7 DEFG ^s-
8 DEFG oii:'":^!^ 9 DEFG om. '^ D Kx-li^ EFG is^.ks. " DEF
^a«.Xj. G L.*Oo» >i DFG JUj *JÜi -3 DEFG om.' '4 EFG -bljül
>5 D ^.c^L/i^'L? G l>Juc:i£^Li '6 DEFG LiJL:>-, '7 EF qj-Xj '^ E i*^!
VW W •"r
>9 D J^>» iii xJUI (G add. ^xi) iijL>oiJ F ^*Lxj \L'l q/« ^^ G JJC^U
,.,LXa5'JI ^' DFG ^Mi> E Uiäji- - F 'u^
Kazwinistudien. a ->
015"^!! Oj-AÄ ^i^ l\äj1 .\>1o ^.,^i LiiL/S iCjJS- ^! i^Jl>0, v_;^LJi 4^ÖJU
[7*^1, ^.,Ly löl i^i^] ÜO^\.J! ^N^H^-w J. ^L\:>- (^^=1*-'' .'^'^5 5Ä^ \-,53
r^^"^' O'* '■'^■^^i) J"^*'^ P[*^_;-^^ r' ->^' ^"^^J ^-^^-J-^l] ^:^J^^ .^^ -^J^-i
la:2j!_5 iS'^iCc^.^j "J^ä>^' ^_5-^ ";J=>r;^^ ^^^^ ^° n-^I, ^,^S x^f^ ^Jic t'u>
0^5 -Q^ js^ji ^jvA;cas^4.j!» -.-Lj^'sä^j) ^jiAXaw-*.]! Jl ^3^x^^S! v^j.'il ...Ls
io^y ^.,^i►] wbwÄ^vx o-^" äL-^js^iii py-i-ÄJ ^5(J^Äj! >_^JLäJ! ''"^3 140.5^1
^-♦^ (t^ ^r^"* '^ iy-f:^^'^^ o^ pj-'tf'^^ <Sj3y^ [^^J^jCAiS IlXP ^JLü
/ i^Ai:]) ^.>i3j.4.Jl uLxi3 ^^^ ^-^r^-* ^>j^''-J \lx:>-_» i(.jL>ä2£l Jwav is»^^l ^Tä-^XiFU^
' DEFG om. - D k:>-j^\ 3 G ,«.äil 4 Q «.jj^j^ 5 DE " ^,5 F ^L
G ^^bS^ 6 DEFG xij.^^J 7 DEFG ^^15' !öt x*.t^ ^^^^^ s DEFG om.
9 DEFG J^'u-il 1° D (j*Lil " DEFG ^y^. '- G om. '3 E Kü.a^j
J^iwt ^\ 14 DF add. qjXJ »^ß^ 5ÄP ^ilc Q-^-L>l.Jt J^-<.;i Jot::^- '^xJÄJ.5
oi.»::^! t^^is ^ J^xjI 15 DEFG _j^ e?'^-^' '^ DEFG sÄP ^-Lfi iJL<.Ü ^^\^
^^^^ '7 D x^jCi^'b ^fr*^ '* DEFG öOLJLj '9 E jJLjS^ -o D /4-i.^
" G om. 23 EG liSÜAl^, =3 G >wJ.xxJ -4 EG ^ä^ =5 G „ j>*.
26 EF ijöjü
. . Julius Ruska,
\.^\ ^l^i-XJU^] 4^ii^'u>i:,3 3^l^Xl\ d^i\ 2^t,^l3^ [^iJ.*Ji i^^^;:^]
ö^j^\ ')jt:>^ \SJä^\ öJyJU Ä-xJ^-i [«üi'.?- U^;^ Ji^dlj- ^i u5^-üCot
[I6^,_^^)i «ÄP j!jud!] J '^ ^^oV^t o--^ Vj^' gV:.-^3 ['4j'^ .V^^b
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x..j-./= .^ ^su ü^ ^J1-JI «ÄP (G \ÖL5) 9 DEFG .,yy,J '° DEFG om.
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Kazwinistudien. ^c
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Q.4J vH:?3 V'^ü^ -''-*^J rY*J V*-t^ ^iuxJ' *JÜ! Ä'j'wLc ^P KxJ'l^JJ isLUJ!^^
ä,jL^! ^^! u>Jö >-^>.AV5 s.-'.ii' 5l\j1_»i LsLs>j! LaJ i äJli> c^i-äj" ^^5 ,-i^»
L^piLs-.l L>A*J '^JiAj -yo^ Ä.Ä>1 L^g-^s ...^/LJ LxiL^i L^' / äJi.^^ »-t^-^
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^J^^
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Lp-V^j 5 DFG s^j.5"u\.]l j,uj (F add. l/i1.j) 5y'3 cXi^it ^L/ E &.j^ j.S'lX]! . . .
6 EFG ^A ^^ ^^ D 0.:s> 7 F om. E L^L-w.j » D ^1 cNwi^Ji ^.,li"
i;-jybi! j,Lj FG KSy^S KxLj ^5 ci^'J' E ^w!^^ii ... 9 D o^.:?- >° EFG
L^^L^j ^^xi G erste Hand ä;^mJ " G ^iioLXi ■' G om. "3 DEFG ^
'4 EFG xJLxil Xa^j ,..,/« D \xXiö' '5 DEFG om. »6 d 0>> '7 G zweite
Hand LS>,Lm^.) •» DEFG ö J"lXx '9 DE Xaa^j ,.*/i F iwu*o G &ju*o ^o DEFG om.
Aß Julius R u s k a ,
...Jlu») *5>Ji ry^^^ J-XjtJ xÄ^";^! ,.,i iC^*^. cy^ if^ J»X^5 i JsP qLs
■■Si L^^^Si JlXc ^ic ^^Ji
ii^jLc -v^x^i ^.♦;>> .^-Xj^ xJU^'o i^LtjJI ^. xXjLäXj *^! ii^Xi ''i^Äj ^li]
ioyC^o'i » ,i _J^3] *^ iSv-Ä-Jo^Jl i:'^<iJLJi [''-_^3 ^iLwJl] II /ii:*^ X>Jb>-,»
i..^i;jtii ^^t .^;^ ;^-x;xiJ üuVju ^•j'äJI ^^.,l:twXijLl! (^-,1*^^ (4^' '^^J
i3w*2J'^5 '' b^"^ «IiÄJ^ !3'_. ,»r> Jo qÜ' (^lXJI xIüLij! «.liiüi !Ä>> / j^j^\ IöLs
I G Qt^-oi-1 D J^J^i ^J, * DEFG om. 3 D S^l 4 DEFG om.
5 EFG s.AXi ~^' D ».aXJ ^.^ 6 DEFG i:.L=JL s-^xJ \:>..i> A^^j bS»
xU^o ^ 7 DEFG J;J^! }.^ s dEF om. 9 DEFG jß>^
yX^JÖ LA:aj! 1° DEFG om. " DEF / i^ii-LÖ G (J-iXj» " DEFG om.
•3 G /ixlij! .L*j! '4 DEFG om. -5 G ^'t*il ^,_^-^ '^ ^ ^^^^ ^^^
F ^.£. ^x) G om. '7 DEFG (ji^^ä^ u5ü3 uVJjtS •« dG (^lXXxj^
EjjtA;^» F ^JSJUjJ '9 DEFG io.-ixi^l J. "-" DF tf^-^
Kazwinistudien. 47
^Jl^! ^,^ U^UwJ ^JOLo llx^ \-;^ 5öl i--^i ,*i" -3,-^^ J-r-t^»
1 •• v> V • ■ ■ I >
■ DEFG .-J-i» ^ D S 3 DEFG .jAä;ö 4 F add. *jXI! Äilii^
(Übersetzung des vollständigen Textes von A).
Dritter Abschnitt: Über die Erzeugung des Menschen.^)
(Er stes Kapitel: Über die Entstehung der
Leibesfrucht.) Nachdem die Nahrung in den Magen gelangt
ist, ist das erste, was von Kräften auf sie ^) einwirkt, die Wirkung der
verdauenden, indem diese sie^) mittels der natürlichen Wärme reinigt,
dann ihr 3) Reines zur Leber hinzieht, es in der Leber zum zweitenmal
gar macht und es dann über die Gefäße und die Organe verteilt, die
bereit sind, es zu empfangen, so daß jedem Organ davon dargeboten
wird, was ihm ähnlich ist, damit sich daraus das Wachstum ergibt,
d. i. die Zunahme in allen Richtungen nach Länge, Breite und Tiefe 3),
[und von dieser Nahrung ein Teil 4) zurückbleibt. Da es nun unmöglich
ist, daß ein einzelner ewig lebt 5), hat die göttliche Weisheit beschlossen,
in jedes (Wesen ^)) eine Kraft einzupflanzen, durch die das Nicht-
>) Zu dem ganzen Kapitel sind die hippokratischen Schriften über den Samen (zspt
•[O^'ffi) und über die Entstehung des Kindes (Trspt cpucJio; -atoto-j) zu vergleichen. Ich
zitiere nach der Ausgabe von Kühn.
2) Statt LjjjS ist äjÖ zu lesen, ebenso &-^x2.j, X>jsL/o, »^ksIj^ »^.>*JLi^
aJ».AÄi, ».^. Die Beziehung des 'ui-ö usw. auf ävA*^ gibt keinen Sinn, und
j;! js.i ist wie i^L^i, s-lLs:-. ^'Jü, i^wC^ als masc. zu behandeln. Im Cod. A finden
sich i^liÄi und i^L/iXi als masc. und fem: konstruiert.
3) Ohne auf die vorausgehenden inhaltlosen Erweiterungen des Textes von A ein-
zugehen, die sich aus der Vergleichung mit dem älteren Texte ergeben, möchte ich wenig-
stens auf die gänzlich bedeutungslose Scholiastenweisheit dieser Zeile hinweisen. Den
folgenden, in eckige Klammern gesetzten Abschnitt hat Wüstenfeld unterdrückt und
durch die Worte der ersten Ausgabe: »und was von der Nahrung überschießt bei der
letzten Verdauung« ersetzt.
5) ;?J! (j^^./iXjl .e^S^, A ^j^^<l^ JL*ojJ.
6) Man erwartet nach J^i' (J. etwa qU
48 Julius Ruska,
existierende zur Existenz gelangt behufs Erhaltung dieser Art, und
das ist die (Zeugungskraft^)); und (Gott) hat hiezu einen Stoff
geschaffen, und das ist der Überschuß der Nahrung -j, der sich aus
der letzten Verdauung im Rückenmark ergibt; wenn er dann vom
Rückenmark zu den Gefäßen des Samens gelangt, das sind die beiden
Hoden 3),] so wird er in beiden in die Natur des Samens umgewandelt,
der 4) dann Kitzel verursacht und die Aufregung des Kamelhengstes
bewirkt, so daß er nicht zur Ruhe kommt außer durch Verlust dieses
Stoffes 5). Es ist ein feuchter, klebriger, heißer Stoff, mit dem sich
viel Pncuma mischt, in Kanälen eingepreßt, stark an Empfindung ^).
Wenn nun dieser Stoff in die beiden Hoden gelangt, so wird er darin
durch ihr Schütteln und Rütteln l) weiß, wie die Milch in der Brust
weiß wird*'). Dann erhebt sich 9) daraus beim Bedürfnis ein Pneuma,
das die Hohlräume des Gliedes anfüllt, so daß es sich vergrößert ^°),
und der Samentropfen tritt gegen das Glied hin aus und gelangt zu
den weiblichen Geschlechtsteilen, wo ihn der Mund der Gebärmutter
aufnimmt ") durch Öffnung und Anziehung, die von dem Samen des
Weibes ausgeht, der sich von ihrem Testikel ^^) in das Innere der
Scheide ergießt '3), die wie ein verkehrtes Glied beschaffen ist.
') ;;U.:fJ! 'iü, A p'JuJ! V ^-»»o (so).
3) j^Laü"^!, a ^.^UobSi.
4) A ^\j^^ ciAitXxs; Wüsten FELD ,^^^iJ» cJs-cJo.
5) Die'Anklänge an H i p p. TEpi -(O^rfi sind bis hierher nur spärlich. Alles Fol-
gende bis »Hilfe zu leisten« hat Wüstenfeld durch den Text der ersten Ausgabe ersetzt:
»und das ist der Grund der Vereinigung von Mann und Weib. Wenn nun der Tropfen in
die Gebärmutter gelangt, wird der männliche und weibliche Tropfen gemischt in Gestalt
eines Kreises, und es verdichtet sich darüber durch die Wärme der Gebärmutter eine feine
Rinde, wie Du es beim Teig siehst, wenn er in etwas Heißes gelegt wird, und es heften
sich die Öffnungen der Adern daran, von denen das Menstrualblut in die Gebärmutter
herabkommt«. Hipp. zEf>t cpüaio? -aio. I 385: otSiiep i~' äpzvi 67:t(U(X£v«u.
7) Das Hin- und Herschütteln bewirkt nach Hipp, zepi yo^^rfi I 371 Aufschäumen:
-/XOV££-0!1 . . . y.Ott ä'-ppEEt.
9) A JUj ^-o, l^ iC-^^ Übers. ^Uö ^_j L^ L-^^.
'°) ,JjLxJu^, A if^lhx.^.
") Oder »empfängt« (XÄlaJüi) 'l^wäLo, A släLo.
") Lp:>ö-o .yA gemeinsamer Ausdruck für Testikel und Ovarium.
13) Unter *.=>Jt / y^ »Mutterhals« ist hier, wie das Folgende zeigt, nicht der
Kazwinistudien.
49
Sodann mischen sich die beiden Tropfen. Der Tropfen des Mannes
verhält sich zu dem des Weibes ähnlich wie das Lab zur Milch; denn
im Lab ist die gerinnenmachende Kraft und in der Milch ist die Kraft
des Gerinnens. In jedem i) der beiden Samentropfen ist eine erhitzende,
kitzelnde ^) Kraft, und im Samentropfen des Mannes ist wegen der
Pneumata eine scharf machende 3) Kraft, die sich einbohrt 4), wie sich
die Krallen eines Raubtiers in seine Beute einbohren, so daß sich in der
Gebärmutter 5) die Mündungen der Adern, von denen das Menstrual-
blut in den Mutterleib herabfließt ^) in den Tropfen einbohren, indem
sie sich einbohren in das, was über dem Tropfen von der Hülle ist,
die wir erwähnt haben. Hierauf erzeugt sich innerhalb dieser Hülle ein
Pneuma, das sich zu befreien?) sucht, und es wird diese Hülle entspre-
chend den Mündungen der von der Gebärmutter ausgehenden Adern
durchbohrt, und letztere öffnet sich nach dieser Hülle hin; so nimmt
der Keim als Nahrung auf, was gesund ist in bezug auf die Ernährung,
und was nicht gesund ist, das bleibt um die Eihaut ^), um beim Aus-
treten (der Frucht) während der Geburt Hilfe zu leisten9). Hierauf
vereinigt die bildende Kraft mit Gottes Willen das Ölige ^°) des Tropfens,
das ist das gemischte Pneuma"), und nimmt davon einen Teil nach
der Mitte zu, bereit für das Herz, und von seiner Rechten einen Teil
für die Leber, und von seinem Obersten einen Teil für das Gehirn.
Dann wird der Nabel geschaffen, verbunden durch eine Vene und eine
Arterie mit der Eihaut, d. h. der Hülle, die ^^) ihn (den Tropfen) von
cervix uteri, sondern die vagina zu verstehen. Vgl. auch Wüstenfeld I, S. 352:
*.5».j! / cLXc ,«.ä3«.a) J.-^Jls>^SU. — Der Umstand, daß im 8. Kapitel wiederholt » ,•
für ;; , •• steht, leitet auf die Emendation <z. , iÄ.4~;t für A , V ; ^1.
-) xiiAcO^/s, A iCciAciA/i.
3) 550J^, A SJ>.J<\/0.
6) |.o Lg^/j c>.j ^;J5j A J.JI 0.J exj'3 L^;-^ i_5-^-^^-
7) öJil\ ?, A OJiJ!.
9) Hi r schließt das von Wüstenfeld ausgelassene Stück.
10) A xjvAj- für *.^3. WÜSTENFELD Setzt nach der ersten Ausgabe *.^^.
•-) Zusatz in A xliiLjS^! „3JI ^ von Wüstenfeld getilgt.
"^ A ■jil\ i-UCoüi fem! Di' Stelle von der Eihaut fehlt in der ersten Ausgabe.
[Slam. IV. ■* ■
CO Julius Ruska,
Beginn der Erschaffung wie ein Beutel umgibt. Diese Veränderung ist
fertig in sechs Tagen; dann, nach den sechs, beginnt er feste Umrisse zu
bekommen ^) und (das) ist fertig am 'neunten und zehnten; und am
fünfzehnten fließt das Blutartige im ganzen ... ^j, so daß er 3) ein Blut-
gerinnsel wird; und hierauf, in zwölf 4) Tagen, wird die Flüssigkeit
zu Fleisch, unterscheidbar nach Teilen und Gliedern in klarer Unter-
scheidung, und es dehnt sich die Flüssigkeit des Rückenmarks — das
ist die Grundlage des Körpers — , und hierauf sondert sich in neun Tagen
der Kopf von den beiden Schultern und die Glieder 5) von den Rippen
und dem Bauch; (das alles geschieht) in etwa vierzig Tagen, und
sein Maximum (geht) bis zu fünfundvierzig, sein ^Minimum bis zu
fünfunddreißig Tage, denn die Zeit (der Ausbildung) der weiblichen
(Früchte) dauert länger als die der männlichen 6). Dann erscheinen
seine 7) Knochen, dann umkleiden sich die Knochen mit Fleisch,
das sich aus dem Menstrualblut erzeugt, wie der Erhabene spricht
(Sure 23, 12 ff.): »Wir haben den Menschen aus reinstem Ton
geschaffen ^), dann haben wir ihn als Samentropfen in eine sichere
Stätte gebracht, dann haben wir den Tropfen zum Blutgerinnsel
geschaffen, und das Blutgerinnsel zu einem Fleischstück, und das
Fleischstück zu Knochen, und die Knochen umhüllten wir mit Fleisch;
dann haben wir ihn als eine zweite Schöpfung hervorgebracht.
Gesegnet sei Gott, der beste der Erschaffenden.«
(Zweites)Kapitel. Über die Zustände des Sa-
m e n t r o p f e n s in jedem der neun M o n a t e 9j. Man
sagt, daß wenn sich der (männliche) Samentropfen im Mutterleib ^°)
-) Unverständlich; klarer ist die von Wüstenfeld eingesetzte Fassung jO ^-^^^
äAiji *.>-*.i>- ^ ^jL2-0='^-S »fließt das Menstrualblut im ganzen Kreise«.
3) -v^S paßt nur zu ^cij^l ^.j; hier ist JsÄLiJ Subjekt, also -v:i>ls zu lesen.
4) Die falsche Lesart ^jo für ^"j'wJ nur bei A und Wüstenfeld.
5) ^_;LjbSI», A und Wüstenfeld ■;!J^^S!.
6) Der Schlußsatz fehlt in der ersten Ausgabe. Vgl. Hipp. I 392 y.ai yeyovcv
■|f^r^ -otioiov xoti ii; toüto ct'jf/.vEcTat, tö \).vi Of^X-j TT/y -rm-■f^•^ Trr^itv, ^v Tiaaapa'/.ovTa
7) Hier lesen die verglichenen Codd. der ersten Ausgabe ioawJic, ergänzen also zum
ersten Mal ^x>L:s-l statt »..ö.IaÄJi.
*) Dieser überflüssige Vers fehlt in der ersten Ausgabe.
9) Dieses Kapitel ist nur in A enthalten. Ausführlicher erörtern das Thema die
Ihwän al-safä in der Abhandlung *Äli<oi Jail«*«« J- C^^- Bombay H, 271 fE.), die
mit unserm Kapitel auf die gleiche Quelle zurückgeht, wenn nicht dieses unmittelbar
aus den Ihwän geschöpft ist. In den folgenden Noten bedeutet W den Wüsten-
FELDSchen Text, A die Lesarten der Handschrift.
•>") W *>.i! j, A ^>Ji ^yfl.
Kazwinistudien. c t
festgeheftet hat, Gott d. E. in ihm eine Kraft erschafft, die den (weib-
lichen) Samentropfen anzieht ^). Wenn dann der Samentropfen sich
im Mutteiieib festgeheftet hat, zieht er das Menstrualblut an sich,
welches vom Körper in den Tagen der Menstruation ausgestoßen zu
werden pflegt, wie die Flamme der Lampe das Öl anzieht, das im Docht
ist, und es umhüllt ^) das Blut den Tropfen wie das Eiweiß 3) den
Dotter umhüllt 4). Dann gerinnt 5) der Tropfen, wenn die Wärme
auf ihn wirkt, wie die frische Milch vom Lab gerinnt^); er wird zu
einem Blutgerinnsel und bleibt 7) dreißig Tage und zweiundsiebzig
Stunden 8) ein Blutgerinnsel, und die Astrologen sagen, daß er in
dieser Zeit 9) unter der Herrschaft des S a t u r n steht ^°j. Dann läßt
Gott d. E. in diesem Blutgerinnsel Wärme erscheinen, seine Mischung
kommt ins Gleichgewicht, und es tritt in ihm etwas wie Zucken
und Zittern auf; dieser Zustand hört nicht auf bis zur Vollendung
zweier Monate, und die Astrologen sagen, daß er in dieser Zeit unter
der Herrschaft des Jupiter steht "). Dann läßt Gott d. E. in
I) W v_JA:>Vj, Aom.
*) WA v_ä->^>3 und nachher ■^Ju>\,j; lies ^Ji^^xS bzw. ou^o.
3) W A C'^L^J, lies ;jiijyJl (jCaL-o.
4) Ihwän II 273: iö:Äi>l tiSUP J,i jOoi »jJL'i ajoP o>oje>. !ÖS ...
Lj^ Cj^^ ;jii-iyy! O^i.-o ,3wXj Uy L^Jl^ ÄJ'.ioU 'xftli^! i3y> (lies 2C>lä:>!)
4?0l. Die Stelle bestätigt zugleich die in 4 und 5 vorgeschlagenen Verbesserungen.
5) ^^' jjixÄj, A jüixyu.
6) Ihwfin: ..-JlJi J^Ä*;_) L*^ iüiJLc -juctJCs ^J^JI i^JLj ^äxJj. . . .
7) W j_yix^5 . . . ^-ry-^J, A j^Ä>J3 • . • jrty^-
8) Diese sinnlose Stelle klärt sich durch den Paralleltext der Ihwän auf: Juj",
L*J x.£.Lw« -^j-^ixc» xj^ ^>^w ^«.j ,-»>^i i>x:>l» !-2-ü . . . L-LjL>ojsj" j.
i3o_j_a ^ J^_ »y^\jj\ AJ\.:>-\ ^_./Jo ^5 (j>.j^ S ^ Jv3. Also »er bleibt unter ihrem
Einfluß einen Monat (d. i.) 30 Tage (oder) 720 Stunden, wie dies in den Büchern der
Astrologen ausführlich erläutert wird«. Die zweite Zahl war in der Vorlage von A
offenbar mit Ziffern vf. geschrieben.
9) A yjvli bei W verdruckt 0J0I.
10) Ihwän: iJ>->S CjL^JLs-^ , ^_^ isJU:s~i eXilj J^ä v^^jÖ «A-Lc J^^JO^o..
") Ihwän II 274: ^.^:u^o• ä,i.:> xüJUJ! eXij o S^'->^ ->^^ -^J^ • • •
^»gJt^, ijiLxj."!iS5_j „^Ui>^S! JJi/s K5'^.=s- xU:^! (i5^L;J o^^-*:^3 . • • '-r^'j* ^-^^^5
4*
£2 Julius Ruska,
ihm eine Zunahme der Wärme erscheinen, so daß er zu rotem Fleisch
wird; das ist seine Natur bis zur Vollendung dreier Monate, und die
Astrologen sagen, daß er in dieser Zeit unter der Herrschaft des Mars
steht ^). Wenn er in den vierten Monat eingetreten ist, vollendet
sich 2) die Mischung der Teile zur Zusammensetzung seines Baus; die
Figur entwickelt sich, die Gestalt zeigt sich, die Formen der Glieder
erscheinen, die Gelenke bilden sich, die Sehnen trennen sich ab, und
die Adern strecken sich in den Zwischenräumen des Fleisches 3). Um
diese Zeit bläst der Engel in ihn 4) den Geist ein und es fließt in ihn 4)
die animalische Seele5). Dieser^) Zustand hört nicht auf bis zur Voll-
endung des vierten Monats, und die Astrologen sagen, daß er in dieser
Zeit unter der Herrschaft der Sonne steht. Wenn er in den fünften
Monat eingetreten ist, wird die Gestalt vollendet und der Bau wird
vollkommen; die Gestalt der Glieder offenbart sich, die Anlage 7)
der beiden Augen erscheint, die beiden Nasenlöcher spalten sich,
der Mund öffnet sich und die Ohren spalten sich, und anderes der-
gleichen von den Ausgängen ^). Dieser Zustand hört nicht auf
.iJ;.\ KiJLi *>-*.j C-' -v^-^ u^'i^x-i ^_jLw ol>jl>3^ l5-?^*
0 A j«:i, W ^i; lies ^.
3) Über den Einfluß der Sonne haben die I h w ä n II 274/5 einen besonderen,
nahezu eine Seite umfassenden Abschnitt, von dem unser Text nur die letzten Sätze
wiedergibt: j '>^ji\ ^^ ^^ C^ ^ulii! _liUi>! jö ^^•,_*Xj ti>Jö J^-ic^
\,S. V_JU2X.^H v^,>vÄXJI» v_^>j'jJi ♦J^^LiJ» 3-A3wiil \i^^ j^ (»LilÄ-l (Jj^l
CJ
:^.
Von den Varianten ist besonders JsjoLäii ^J^ ^j^JlLjS gegen v^>JLXoi zu beachten.
4) A KjZ mit Ergänzung von ^TtV*-*' ^^^'^ nicht korrekt, da nachher mit dem
Fem. fortgefahren wird.
5) Ihwän ohne Beiziehung des Engels am Anfang des Abschnitts: ^^^-j_X-^«U
7) A f^\ W *.*v Loch, I h w a n richtig ^^ Anlage
^\ gJCäii^ ,.,1-^^-^^ (^^3 o^^^ r^) C>^^'^ ^L*:2£^^i '"'^^^ ^^-t^3
Kazwinistudien
53
bis zum Ende des fünften Monats, und die Astrologen sagen, daß er
in dieser Zeit unter der Herrschaft der Venus steht ^). Und wenn
er in den «echsten Monat eingetreten ist, bewegt er sich mehr, hüpft
mit seinen Füßen '), streckt seine Hände aus, öffnet seinen Mund,
bewegt seine Lippen, dreht seine Zunge, schläft ein und wacht auf,
und dieser Zustand hört nicht auf bis zur Vollendung des sechsten
Monats 3); die Astrologen sagen, daß er in dieser Zeit unter der Herr-
schaft des Merkur steht. Und wenn er in den siebenten Monat
eingetreten ist, nimmt sein Fleisch zu 4) und wird sein Körper
fett, seine Glieder verstärken sich, seine Gelenke werden fest, seine
Bewegung wird kräftiger, und er nimmt die Enge seines Aufenthaltes
wahr und sucht herauszukommen 5). Und wenn Gott d. E. dies be-
stimmt hat, so kommt er als vollständige, vollkommene Frucht heraus
und lebt; wenn Gott d. E. es aber nicht bestimmt hat, so bleibt er
hier bis nach dem siebenten (Monat) ^); die Astrologen sagen, daß er
J^joLä^S CJ;>-«.j» .^^JLxAww.i5 ^^,JS^^. .yj^S^\ > \'ä.'^^. Man vergleiche hierzu wie
zum Schluß des ersten Kapitels Hipp. I 391: -/ai xd öaxc'ct a-/Xr|püv£Tai üzo ttj?
ftspjj-rjs 7:rjYv\a£va. Kai oy) v.cd oioCoÜTai tu; osvopov, xat ip&poÖTai izi d([j.£ivov xal x-i
Ei'au) Toü aw,aaTO? xctl xd £^(o, v.a\ 7] ts x£cpaXY] yivETai äcpsaxrjx'jta «irö t<üv wfxüjv -/at oi
ßpayfov£; y.at rA 7rrf/tt^ aKO tcüv 7rX£up£(uv, xott ra cx^Xsa SitaxaToti äz' äXX'i^Xwv, xai xä
veüpoc Izat'acJcxat äfxcpi xä; cp'iaia; xtöv i'p^p'"'^ '^*'' auxo(3xo[^.oüxat, xctl 7) pls xai xd oyaxo:
dcpisxaxai £v xr^ai aap;l xal x£xpTjV£xat, -aolI ol öm !}aÄ[j.ol i[j.7rt-XotvTO(t •jypo'i xa9apo5 xoci xö
cttSoIov orjXov Yiv£xat 67.ox£pov £axt, xat xd öTrXdy^va oiaplJpoüxai.
') Von diesem Monat an bezeichnet A die Frucht mit dem Maskulinsuffix; aus der
xftüJ ist ein Embryo .•yjJ>S>- geworden. Die Ihwän handeln hier noch von der Lage
der Frucht in der Gebärmutter.
-) *.jJL>.-J, A W *Jb*-j.
3) Ihwän II 276: i^-JL>0 (jüä^j^ *>Ji J. (^^^y^i ü>.JÖ vX-lc '^j^^'^jS
fci^-S^H^ sLs *?^/lftJ3 *JljC*J y*/.:5-\j^ «^JivOaj», \s>.I^J>- Ja-«.^^ *^.'-\j ^•^^-♦^5
*.;ö ,.,i Ji a^jio (jnJÖ ^35jJ ^1-5 Jää-yO^j ä^Ls^ J.L.U ä^Lj» (j^^-*H ^^i
4) A \.*.::&- i^-j W_^-j; weiterhin A JOLw-j, <^Aj^iXj, ^j;_^j,
5) Ihwän: IsJLaIs wAjtiX/Oj is-Xi^ ^yt~>*^») iAX-L«J>- ,jj:V^' ^*->' _?-?;**
v.^JLLiJ3 NJÜCs / i^M^J y/'^.^J^ \X5y> (jjyuj idAaU/i ._Ai>^3 ajiLcicl JCC-io^
6) Ihwän: 4?^ VL^-^l-^ (y^-*^' r^^^ V^^rt?^ ^ '^^ ^ J"^ C»^'
r^ JuliusRuska,
um diese Zeit unter der Herrschaft des Mondes steht. Und wenn
er in den achten Monat eingetreten ist, so beherrscht ihn in diesem
Monat Schwere und Müdigkeit wegen der Häufigkeit des Umsich-
schlaeens im siebenten bei dem Versuch, herauszukommen. Wir
haben bereits erwähnt, daß er vollständig und vollkommen heraus-
kommt, wenn er die Hüllen zu zerreißen imstande ist; wenn er aber dazu
nicht imstande ist, so trifft ihn wegen der Häufigkeit der Bewegung
und der Stärke des Umsichschlagens im achten Monat eine Betäu-
bung ^), und er bleibt vierzig Tage krank 2). Kommt noch die Er-
müdung von der Geburt hinzu, so fällt seine Kraft ganz allgemein, so
daß er kaum am Leben bleibt, und wenn er am Leben gebheben ist,
ist er schwerfällig in seiner Bewegung und gering an Lebenskraft 3);
die Astrologen sagen, daß er im achten Monat unter der Herrschaft
des Saturn steht, und nun haben sie den Kreislauf wieder ange-
fangen. Und wenn er in den neunten Monat eingetreten ist, ist seine
Mischung ebenmäßig und sein Geist erstarkt darin, und es zeigen sich
die Tätigkeiten der animalischen Seele 4). Die Astrologen sagen, daß
er in dieser Zeit unter der Herrschaft des Jupiter steht, und
Gott leitet zum Rechten 5).
j jV, Die Umbiegung des Textes aus der astrologischen in die theologische
Form des .jjj ist hier besonders kennzeichnend. Am Schlüsse hat A j4£- (3,) ijiLc^,
') A x^, W Kkm..
») In der hippokratischcn Schrift 7:epi e-Ta|jL^vo'J ist wiederholt von diesen 40 Tagen
die Rede, so am Anfang (I 445): xat tt)v Te3aapaxov!}T^(x£pov xaxora»£trjV dva-pcdCovrai
-/.axo7:ai}eTv ; die Ihwän haben, an dieser Stelle wenigstens, keine Zeitangabe.
3) Ausführlicher hierüber ist die hippokratische Schrift TTcpt <5xTafi.i^vo'j; der Verf.
folgt den I h w ä n : J^i>Jo3 ^\X.\ ji^^ ^^. ^-5' i-^ «^^ ^ \:^i)
Uj^3 ^,^\ J^ :<S^^\ J.XÜ >i^'i ^ ^.,b' jJ^\ iÄP j ^i ^.,'i
4) I h w ä n : ,j,JüS\ dlxi\ ^ji^^ äL^I ^»j ^jli» J>jl\ «^«Xilti^ . . .
5) Der Text eilt hier zum Schluß; die Abhandlung der Ihwän behandelt noch
den Einfluß der Gestirne auf das ganze Leben der Menschen und schließt erst S. 296
der Bombayer Ausgabe.
Kazwinistudien.
55
fD ritte s) Kapitel über die Entstehung der
Hüllen und ihre Vorteile. Man sagt, daß (die erste
Hülle ^)) ai> der Anheftungsfläche der Frucht 2) entsteht, und diese
Hülle ist die Fruchthaut 3). Wenn dann die sieben Tage vorüber sind,
entsteht im Innern dieser Hülle, der Fruchthaut, eine andere feine
Hülle 4). Sie entsteht wie die erste durch die Kraft 5) der Wärme
und heißt^) die bindenähnliche Hülle 7) (AUantois): es ist die, Avorin
sich der Harn der Frucht sammelt [und ihre Abgänge?] ^j. Weiter
eine andere Hülle, die die Schafhaut 9) genannt wird; es ist die, worin
sich der Schweiß der Frucht sammelt; sie umgibt die Frucht wie ein
Hemd, indem sie ihren Schweiß aufnimmt, so daß der Schweiß in
der Schafhaut bleibt ^°) und der Harn in der AUantois bis zur Zeit
der Geburt; die AUantois umschließt die Schafhaut"), und die Frucht-
') Hier fehlt das Subjekt, das durch xii aufgenommen wird, etwa c^'^\ tLXl;^!
oder hJi'6 ^^^1 i^L.4ijül Ui.
-) .yw-L^i, A W ^^ji^vxii unmöglich.
3) x^A^K in A und W häufig falsch iU.>yis^l (so z. B. W S. 244 s. v. _Liä.iJ|:
'x^w^^i ■x*..>k.iC^^i» £-Jj-^5 iüLÄS-bS! ^ .^.•), das Chorion samt der Placenta. Vgl.
M.\x Simon, Sieben Bücher Anatomie des Galen, I 146, II 107 und 304 Note 361.
4) pLi^, A W IXj.
5) A s^s, W 3*ÄJ.
6) A -«««.j^. W ^♦.*Mj^.
7) A W _ftjlftJÜ! tLwÄli. Nach Simon a. a. 0. II 352 wäre der analoge Terminus
v_^LäJÜLi ».ju<^\ iLcijJ! bei DE KoNiNG, Trois Traites d' Anatomie arabes eine falsche
Lesart und durch / äjLiuJL) = / äiLäJÜlj »lucanica« d. i. Wurst zu ersetzen. Die beiden
Mss. Simon's haben an verschiedenen Stellen oüLaaJu, ÄJjLääJLi, ÄiLftAjü, iÜJLäijlj,
• LÄiJLi, ÄÄJlJLÜlj; es bleibt abzuwarten, ob nicht auch die »bindenähnliche« Hülle als
ein Ausdruck für die AUantois noch Bestätigung findet. A liest übrigens an zwei
weiter unten folgenden Stellen ^jLäJLI.
*) A W ^JLÜJ^ ist wohl zu tilgen, da nachher stets nur vom Harn die Rede ist;
iüLäJ^ »ihr Speichel« ist sachlich unmöglich. xJläi^ »ihr Bodensatz« unwahrscheinlich.
9) Die Galenübersetzung kennt den Ausdruck Xi*Ji nicht, sondern transkribiert
das griechische ä'[jivio;: (j*^-yL*i äU»«.^! iLäJoil, Simon I 147. Sonst bezeichnet ^^
oder tiLw die Nachgeburt bei größeren Tieren wie Ziegen, Kamelen und Pferden;
vgl. Lane IV 1418.
'o) A JJ-Lö, W -Äx>i.
") So der Text. Man kann höchstens sagen, daß AUantois und Schafhaut ge-
meinsam von der Eihaut umschlossen sind. Doch vgl. Galen (ed. Simon I 148, 3):
»:iSS jjrÄi! ^^ji\ 3- (j«^x>Lc! iC*"^"*' i^L^äJÜ! y^:^^:'.^ L5-^^^:^ J-^^'
t(5 Julius Ruska,
haut umschließt die AUantois, und sie (die Fruchthaut) ist es, die
der Gebärmutter anhaftet.
Was nun den Nutzen dieser Hüllen anlangt, so besteht er darin,
daß nachdem in der Frucht Abgänge entstanden sind und es nötig
wird, daß sie sich derselben ^j entledigt, die Schafhaut sie instand
setzt, ihren Schweiß aufzunehmen; wäre das nicht, so würde sich
ihr Harn mit ihrem Schweiß mischen und der Harn würde mit der
Haut in Berührung kommen, so daß er sie durch seine Umspülung
brennen und kratzen würde. Und wäre die AUantois nicht, so würden
sich die Abgänge in der Fruchthaut sammeln, während sie doch mit
den Gefäßen zusammenhängt, aus denen das Blut in die Frucht strömt,
und es würde dieses Blut durch Vermischung mit den Abgängen ver-
derben. Und der Nutzen der Fruchthaut besteht darin, daß sie das
Blut und das Pneuma der Frucht zuführt. Und was den Nutzen des
Verbleibens dieser Abgänge in diesen Hüllen -) betrifft, (so geschieht
das,) damit 3) die Frucht inmitten derselben getragen wird, so daß die
Schafhaut durch deren Entleerung nicht zerreißt 4), und es unterstützt
die Flüssigkeit, die in der AUantois ist, die Frucht beim Austreten, läßt
sie herabgleiten und erleichtert ihr Austreten.
[V iertes)Kapitel, über die Ernährung?) der
Frucht aus dem Menstrualblut. Das Menstrualblut
kommt vom ganzen Körper in Kreisläufen zur Gebärmutter herab ^),
und zwar ist der Grund dafür der, daß das Blut in jedem Monat auf-
wallt und schäumt 7) wie die Gewässer der Meere, denn diese schäumen zu
gewissen Zeiten. Wenn das Blut sich nun bewegt und schäumt, strömt
es gegen die Gebärmutter, und sobald es die Gebärmutter erreicht hat,
öffnet es. falls es die Öffnungen der Adern verschlossen findet, diese
plötzlich, und so trifft die Weiber wegen ihres Öffnens ein Schmerz. Was
aber die Schwangeren anlangt, so trifft sie ^) dieser Schmerz nicht,
weil die Öffnungen ihrer Adern offen sind, und es nicht plötzlich herab-
») A x>^.i:..i.'iM, W falsch x*c."SSI.
4) /i) .^aj, A \v ^.^vXj.
5) A ijsJtlcl. Nachlässige Schreibungen von i-SAc u. dgl. sind weiterhin nicht
mehr vermerkt. S. 37 ist im Index ^ vor ^ zu ergänzen.
6) H i p p. I 387 : iyirx xaxiöv tö alij.ct oirö Trav-ro; toü s«u(j.a-o; ■zf^^ yjvaixöi
x'Jx)^oa£ -jpiiaTaToti — ept tov üiAsva s'^oj.
7) Ich möchte ^c- dem otcfpsstv entsprechen lassen.
8) A ,.,^S, w ^^•.
Kazwinistudien,
57
kommt und nicht in Menge ^), wegen des Hindernisses des Samens und
des Dazwischentretens -) der Hüllen und der Scheidewände . . . und
verdirbt die Leibesfrucht 3). Die göttliche Vorsehung verhindert, daß
es plötzlich durchfließt und bildet es in den Adern so um 4), daß aus ihnen
nichts austritt, außer was die anziehende Kraft zur Frucht hinzieht 5)
nach Maßgabe des Bedürfnisses, so daß aus ihnen ^) immer nur ein
wenig in jedem Augenblick herauskommt. Und wenn es herabkommt,
steht die Fruchthaut 7) im Innern rings herum, damit die Frucht von
allen Seiten Nahrung erhält, und dies geschieht nach bestimmtem
Verhältnis. Weil der Lebensgeist schwach ^) ist in der Ernährung,
muß diese gering sein; dann kräftigt sich der Lebensgeist, und so
oft seine Kraft zunimmt 9), wird seine Nahrung reichlicher, weil er
die Kraft erlangt, die Nahrung aus den Öffnungen der mit der Frucht-
haut verbundenen Adern anzuziehen; es gelangt in die Frucht vom
Menstrualblut nur, was gesund ist, weil die anziehende Kraft nichts
anzieht, außer was dem Ernährten bekömmlich ist von dem, was die
assimilierende Kraft assimiliert '^°), und das ist das Beste des Blutes.
Wenn sich nun die Frucht bewegt, nachdem ihre Form und ihre Glieder
vollendet sind, so vermehrt sich das Menstrualblut nach Maßgabe ihres
Vgl. zur Stelle und weiterhin Hipp. I 388: vj oe y'jvVj oxoTotv £v yocSTpl £/tj, Ütio täv
7.aTa[j.r|Viiov ;j.rj •/lupeovTuiv, öia Tooc o'j rovESTai ort to räxtsj. O'j TapctaaExat, ßüCrjV aTiiov
'irxxa [s-T^tn. 'i7.%nTrs'r aÜA ■/ta^izi ''/S'J"/'^ "/-«i v-ax' ö^a'yov d'veu ~6vo\i -/ai}' Y](j.£pTjv iz xa;
(x-^xpa;. -mi 10 k'voov ev t-^ci [r/^TprjSiv evsov au^exat. xa&' TjP-sp'^j'^ ^£ exdaxTjV xo'jxou
£V£-<ca y_u)p£ci, akV vxa. e; fea; -/.axi (j.fjva, oxt £v x-^ai [ATjxprjaiv rj yovr) ivEoüaa eXxei
^) A W lJ.=>»; doch wohl ^^..^.^^ oder ;:^» »Dazwischentreten«.
3) A W J-*^i J'w-öi3. Es ist anscheinend ein Satz ausgefallen wie »würde das
Blut aber plötzlich herabkommen, so würde es die Hüllen zerreißen« und die L. verd.
4) Es müßte ^J.>yo heißen. A W »«yo mit Ergänzung von \)JL?
5) A xjöL^i . . . NjÄ^Ö, \\' ioiljs-t xj jcf o.
6) A ^^. w U>;^.
7) A W iU-yim v^l^=-, richtig i^jp-. Nach Lane ist ^^j^ oder .t'^j.s*
the membrane that encloses the she-camels foetus in the womb, like the i»U.>-^ to the
woman . . . sometimes used in relation to a woman . . . it comes forth after the foetus,
in the first ^J-w (s. o. S. 55 N. 9.).
*) ÄÄ>jtÄi, A W v^JloUs.
9) OOij, A W 00,5.
10) A s„Ju, W •&.JJC1.
eg JuliusRuska.
Bedarfs und steigt zur Brust hinauf ^). Es hat aber die göttliche Weis-
heit die Zubereitung der für die Frucht passenden Nahrung vorgesehen,
bevor das Bedürfnis nach ihr eintritt, wie der umsichtige Mann, was
er für ein Gastmahl 2) braucht, vor Ankunft der Gäste besorgt. Denn
die Frucht ist bei der Geburt schwach an Gliedern und Kräften (und)
von zartem Körper, und vermag sich nicht von kräftigen Nahrungs-
mitteln zu ernähren, da ihre Kräfte nicht hinreichen, sie umzuwandeln.
Nachdem 3) sie sich im Mutterleib vom Menstrualblut ernährt hat 4),
hat ihr der erhabene Schöpfer eine passende Nahrung zubereitet,
ver^vandt mit der Nahrung, von der sie sich vorher ernährt hatte,
und ferner, nachdem die Bildung der Milch aus dem zur Brust auf-
steigenden Blut stattgefunden hat 5) und das Aufsteigen des Bluts
und die Erweiterung der Milchgänge ^), hat die göttliche Weisheit
bestimmt, daß die Milch der Geburt vorausgeht, damit die Nahrung
bei Ankunft des Gastes bereit und zugegen sei, ohne des Kochens und
Herbeischaffens oder irgend einer Art Zubereitung zu bedürfen. Preis
ihm, wie groß ist seine Macht und wie zahlreich sind seine Gnaden!
(Fünftes) Kapitel über die Einwirkungen der
Kräfte auf den Körper der Frucht. Alle Kräfte finden
sich im Samentropfen selbst vor. Wenn sie also ganz am Anfang zu
wirken beginnen, gehen sie eifrig ans Werk und verwandeln ihn in
Fleisch, dann gehen sie ans Werk und es bilden sich die Hüllen und
die Gefäße, in denen er sich befindet mit dem Auftreten des Pneumas,
hierauf rührt sich die Gesamtheit der Kräfte in ihm, nämlich die Kraft,
welche assimiliert, und die Kraft, welche fest macht, und die Kraft,
welche die Figur hervorbringt, und die Kraft, welche die Gestalt
schafft, und welche die Organe bildet und welche die Ausgänge bildet
und welche vereinigt und welche trennt, und es rührt sich die Gesamt-
heit der Kräfte und übt jede ihre spezielle 7) Wirkung auf ihn aus.
Und alle diese Kräfte wirken zusammen in derselben Zeit, d. h. sie
beginnen alle ihr Wirken zusammen und es fängt nicht eine von ihnen
") Umschreibung von Hipp. I 401 : iv.'koL'/ oe 7.^\^fif^ tö epLßfvjov, Tcixe ot] lT:iar|fAat'vEi
3) ..L5 U.i» wie nachher; A W ..^iS*,
4) A hieT und nachher icJsJCäj.
5) A W hLjI (jrJsÜI ^1 J^Laji [OJi ^■, was soll hier »Li?
6) ^.L>;ii die Ausgänge der Brustwarze oder die Milchgänge? Hipp. I 402:
£Öpou)T£po( yivcxai xa cpXtßia h xobc [JLaCo'j;.
7) A uoL^i, W uoL^i.
Kazwinistudien. -q
au ^) und hört nicht eine andere nach ihr auf ^), sondern alle bewegen
sich von einem Anfang 3) nach einem Ziele hin, nämlich der Vollendung
der Gestalt ;^denn das Wirken der göttlichen Kräfte in der Leibesfrucht
ist nicht wie das Wirken des Handwerkers, der beispielsweise mit dem
Fundament beginnt, dann mit den Mauern, dann mit dem Dach, son-
dern alle Glieder entstehen zugleich, wenn es uns auch nicht deutlich
ist. Dann beeilen sie sich4), die Glieder zu sondern, und sondern den
Kopf von den beiden Schultern und setzen ihn auf den Hals, und
sondern die Arme 5) von den Rippen und sondern ^) das eine Bein vom
andern und trennen die Finger voneinander; dann wird einem jeden
von den Gliedern die passende Form gegeben, und wenn sie fertig sind
in dreißig oder vierzig Tagen, so nimmt ein jedes der Glieder die allge-
meine Nahrung auf, die zur Frucht herabsteigt 7). Dann bewegt sie
sich ^) im dritten oder vierten Monat, und zwar weil die Glieder der
Frucht zart und' weich sind; denn würde sie sich vor 9) dieser Zeit be-
wegen, so wären ihre Glieder nicht fest, ihre Glieder würden sich ver-
drehen, ihre Knochen würden sich krümmen und von ihren Plätzen
weichen, an die sie gesetzt sind. Die göttliche Kraft hat daher (die
Frucht ^°)) bewahrt bis zu der Zeit, diefür sie in diesen Dingen bestimmt
ist, das ist die Zeit ihres Stärkerwerdens") und Festwerdens. Um diese
Zeit nun ist sie klein und schwach an Gliedern, sehr empfänglich ^'^)
für Schäden; sie bedarf daher der Kraft der Ernährung, um an Körper
und Kraft zuzunehmen; darum hat die göttliche Weisheit bestimmt,
daß sie sich von ihrer Mutter nährt, wie sich die Pflanze von der Erde
nährt, bis zu ihrer Vollendung '3).
3) Joi^ tijs^ ^^, A W iiijy^.
i . f
6) A *.:>Xlis, W si^XdS^
7) A 0-i' (jrJJi (s-\jJ6\), W J-J.
9) A JvJ«, W j^.
10) Das Objekt fehlt; erg. ^^yfS^.
") A W »oIJCCa«!; lies sJ>|jOLii5 wie oben (S. 53 Note 4) »-^Lo^! :>^JJ^*.
«) Ji JOLÜ"^ i Jo J^. Vgl. 1 1 .
•3) Es erübrigt sich, diesem nur Wiederholungen oder allgemeine Betrachtungen
enthaltenden Kapitel BelegsteUen aus H i p p 0 k r a t e s beizusetzen. Nur für den
^Q Julius Ruska
(Sechstes) Kapitel: Über die Lage der Frucht
in der Gebärmutter I). Es sagt Hippokrates -) : Sie hält sich
sitzend, und ihr Kopf (stützt sich) auf ihre beiden Knie, und ihre
beiden Oberarme liegen ihren Rippen an, und ihre beiden Hände tragen
den Kopf, und ihr Kopf ist dem Kopf der Mutter zugewandt und ihre
beiden Füße gegen deren Füße 3), zusammengepreßt an Gliedern aufs
äußerste Maß, was möglich ist; und ihr Gesicht ist gegen den Rücken
der Schwangeren (gewendet) und ihr Rücken gegen deren Weichteile,
und ihr Verharren in dieser Lage erfolgt auf Grund der Vorsehung
Gottes. Da nämlich der Kopf schwerer ist als die übrigen Glieder,
so ist notwendig, daß ihn etwas trägt, darum stützt er sich auf die
beiden Knie; die beiden Knie aber sind schwach und zart, und es
wird ihnen (die Sache) dadurch erleichtert, daß die beiden Hände ihnen
beim Tragen zu Hilfe kommen. Und auch, da die beiden Hände
(Arme) ihr anliegen, bis sie herauskommt oder sich auf den Kopf um-
stürzt, so kommen die beiden Hände (Arme) und Knie mit dem Kopf
heraus, so daß die Geburt erleichtert wird 4). Und sie wendet ihr Ge-
sicht nach der Seite ihres (der Mutter) Rückgrats, um sicher vor Stößen
zu sein durch den Schutz des Rückgrats, und ihr Rückgrat gegen die
Seite ihrer Weichteile, weil das Rückgrat am wenigsten dem Erleiden
von Schädigungen ausgesetzt ist. Und diese Lage ist sehr geeignet,
die Geburt zu erleichtern, weil (die Frucht), wenn ihr Kopf ihren Füßen
nahe ist, und ihre Füße dem Muttermund zugewendet sind 5), und ihre
letzten Satz sei die Parallelstelle angeführt; sie gibt dem Verf. Anlaß zu einem langen
Exkurs über das Wachstum der Pflanzen und die Beschaffenheit der Erde in den ver-
schiedenen Jahreszeiten, bis zu der Stelle, für die im folgenden Kapitel ausdrücklich
Hippokrates zitiert wird. Der Vergleich mit den Pflanzen lautet (I 403): AaTtep
■All TOt £v TTj yfj cj'j'jiAevz TOscpETai d-ö TTj? yT,;, /.OLi 07.U); 'Jv 7; yfj v/r^, o-jTtu Y.'xi -zi
I) Dieses Kapitel ist auch in der ersten Ausgabe enthalten.
^) H i p p. I 414: 'ö o£ raioiov dv TTJai fjLTjTp-/;aiv ^ov tiu "/eTpe i'/ti -pö; toisi
YEVuat (var. yo'jvjat !) -/.aX ttjv y.e'f ot/.Tjv -Xr^siov toTv -oooIv. Eine eingehendere Behand-
lung dieses Gegenstandes findet sich in der Schrift repi cpiaio; zotiotou nicht; dagegen
haben wir bei den I h w ä n , und zwar schon bei der Schilderung des fünften Monats,
eine ausführlichere Beschreibung der Lage: U.»aÄ^ Lcj-»^ C'-?^ O^*^"*^ CT"^*
3) W äJl>j jr^^- A D etc. L.Ä-Jb^.
4) Der Satz fehlt in der ersten Ausgabe.
5) Auch dieser Satz fehlt in der ersten Ausgabe.
Kazwinistudien. 6l
Verbindung mit der Gebärmutter gelöst wird, auf den Kopf kommt,
da ihr Kopf schwer ist, so daß sie schnell nach unten fällt. Und ferner,
weil die der runden Form nächste die gebogene ist, und die runde am
wenigsten dem Erleiden von Schäden ausgesetzt ist; und weil das
Herz, der Quell des Lebens, (durch diese Lage) geschützt ist. Und weil
ihr Befinden in dieser Haltung eine Zwangslage ist, da sich die Frucht
in einem engen Raum befindet, so hat die göttliche Weisheit ihre
übrigen Glieder zusammengezogen und die Frucht wie eine Kugel
gebildet, damit sie in diesem engen Raum Platz finde, wie wir selbst,
wenn wir in einem engen Räume sind, unsere Glieder zusammen-
ziehen, so daß unsere Haltung der Haltung der Frucht im Mutterleib
nahe kommt.
(Siebentes) Kapitel: Über die Ursache der
Männlichkeit und W e i b 1 i c h k e i 1 1). Manche behaupten,
daß der Grund dafür der Überschuß an Wärme ist, die Gott d. E. in
dem Stoff geschaffen hat, aus dem der Mann geschaffen wird, und ihr
Mangel in dem Stoff, aus dem das Weib geschaffen wird, und darum
treten die Zeugungsglieder von jenem hervor und verbergen sich von
diesem. Wenn nun die natürliche Wärme im Augenblick der Zeugung
vollkommen ist, so kommt der Mann vollkommen an Gliedern und von
kräftiger Männlichkeit heraus, und wenn sie mangelhaft ist, ist die
Kraft seiner Männlichkeit mangelhaft, und seine Handlungen und
seine Charaktereigenschaften gleichenden Handlungen der Weiber und
ihren Charaktereigenschaften; und für die Weiblichkeit gibt es eben-
falls (verschiedene) Grade, weil es unter den Weibern solche gibt,
deren Handeln dem Handeln der Männer gleicht und andere, die von
ausgeprägter Weiblichkeit sind. Und wenn nun diese Grade in einem
jeden der beiden Teile (Eltern) ausgeprägt sind, so kann es vorkommen,
daß du zwischen beiden einen seltsamen Zustand beobachtest, fern von
einem harmonischen Verhältnis, indem das Geborene nicht männlich und
nicht weiblich wird, sondern ein Zwitter; dieses Verhältnis von den
Zuständen der Gebärmutter wird abgebildet in der Anatomie, und
seine Beschreibung wird noch folgen, so Gott d. E. will ^).
Und andere sagen, daß im Samens) des Mannes ein formgebendes
Prinzip 4) ist und im Samen des Weibes ein formgebendes Prinzip 4);
daß die formende Kraft, die im Samen des Mannes ist, sich ergießt zur
I) Das Kapitel ist in der ersten Ausgabe enthalten.
-) In dem Kapitel über die Anatomie der J^J^Ü O^M ist nicht davon die Rede.
3) Die Anwendung von p ,; statt .ÄiLi weist auf die andere Quelle.
4) \j^A, A L\.A^.
02 Julius Ruska,
Bewirkung der Form von etwas Ähnlichem wie das ^), wovon er sich
getrennt hat, es sei denn, daß sie daran etwas hindert; und (daß) die
formende Kraft, die im Samen des Weibes ist, sich ergießt ^j zum Em-
pfangen der Form, um es zu empfangen ähnlich wie das, wovon sie sich
getrennt hat; und daß, w^enn3) einer der beiden Samen Überlegenheit
besitzt, das Kind dem (Erzeuger) ähnlich wird, von dem sich der Stoff
des (stärkeren) Samens getrennt hat 4).
Und sie behaupten, daß das Wirksamste bei der Zeugung der
männlichen Kinder (der Umstand) ist, daß der Samentropfen 5) [auf
die rechte Seite der Gebärmutter gelangt, und bei der Zeugung des
weiblichen Kindes, daß er ^)] auf die linke Seite gelangt; und häufig
unterstützt die (Bildung der) weiblichen Kinder das heiße Land, die
heiße Jahreszeit, der Südwind und das I^ebensalter der vollen Reife,
w'ie das Gegenteil dieser Dinge die (Bildung der) männlichen Kinder
unterstützt. Und es sagen treffliche Gelehrte, daß der Grund der
Männlichkeit der Zustand des Samens des Mannes und seine Wärme
ist, und daß der Beischlaf in die Zeit ihrer Reinigung fällt und daß der
Same in die rechte (Seite) 7) gelangt, denn diese ist heißer und dicker,
[und daß er in die rechte (Seite) der Gebärnmtter fällt]. Und oft unter-
stützt dies das kalte Land, die kalte Jahreszeit, der Nordwind und das
Lebensalter der Jugend, und manche behaupten, daß wenn der Same
des Mannes von seiner rechten (Seite) zu ihrer rechten geht, es männlich
wird, und von seiner linken zu ihrer linken, weiblich; und daß es, wenn
er von seiner rechten zu ihrer linken geht, ein weibischer Mann wird,
wie du es bei Männern siehst, deren Mandlungen die Handlungen von
Weibern (sind ^)) und ebenso ihre Charaktereigenschaften, und wenn
er von seiner linken zu ihrer rechten geht, ein Mannweib 9) wird, wie
3) Statt •s^i X.JLiJ! muß wohl äjü) Lv-Jliil .^Li .,L gelesen werden.
4) Der ganze Absatz ist von Wüstenfeld weggelassen. Die erste Ausgabe hat
ihn nicht und bietet statt des folgenden \^^\ • das von Wüstenfeld aufgenommene
5) Wegen Liüj.A2.>- zu ergänzen iN.Ä*i-o).
6) Das in eckige Klammern gesetzte Stück ist in A ^ausgefallen und von
Wüstenfeld nach der ersten Ausgabe ergänzt.
7) A Q^oi. Q.^-^5 ^«i ^^;v' CT-' ^^*" richtiger jjj^J^'i q^ mit Er-
gänzung von i^^L:^! oder rj*-^^ (*• "■) oder ^-^jS^i-
8) Die erste Ausgabe hat die bessere Lesart Xyio".
9) Nicht wie A .j.S'^Xa oder W Sj_^JK/>, sondern äJ Jw«.
Kazwinistudien. ^-^
du es bei den Weibern siehst, deren Handlungen die Handlungen von
Männern (sind ^)) und ebenso ihre Charaktereigenschaften.
(Achtes) Kapitel: Über die Ursache der Zw il-
linge^). Man sagt, daß die Ursache (der Zwillinge 3)) Ungleich-
artigkeit der Ergüsse 4) des Samens ist ; wenn er gereift 5) ist gemäß ^)
der männlichen Mischung, so entsteht daraus die männliche (Frucht),
und wenn er unreif 7) ist gemäß der weiblichen Mischung, so entsteht
daraus die weibliche, und was in die rechte Höhle der Gebärmutter
fällt -), wird männlich, und was in die linke fällt ^), wird weiblich;
und wenn die beiden Ergüsse 9) einander gleich sind, so entstehen aus
ihnen entweder zwei männliche oder zwei weibliche Früchte ^°). Und
das ist, was man den natürlichen stofflichen Grund nennt. Der meta-
physische ") Grund aber ist der Gnadenerweis Gottes d. E. (Sure 42,
48, 49): »er gibt, wem er will, Mädchen, und gibt, wem er will, die
Knaben, oder gibt ihnen paarweise Knaben und Mädchen, und macht,
wen er will, kinderlos; siehe er ist wissend und mächtig.« —
Und was andere (Wesen) als den Menschen anlangt, so gibt
es unter den Tieren solche, die viele Junge werfen, wie die Schweine
und andere; ihnen hat Gott d. E. viele Gebärmutterabteikingen^-) und
Zitzen geschaffen ^3), und der Grund davon ist, daß die göttliche Gnade
besorgt ist um die Erhaltung der Arten der Tiere, damit nicht der Stamm
einer der Arten aufhöre; und darum hat (Gott) der Art, die leicht
>) Die erste Ausgabe hat die bessere Lesart *„yii.j.
-) Von Wüstenfeld weggelassen.
3) Statt.. . <^,^»<^ xi! lies . . . ^\y^'A ■-r^■^** ri' °'^*^'^ • • • ^^-^^ ^j'.
4) Lies CjIc,; statt A oIj.j; zu vergleichen Hipp. TTSpi cp'iato; -aiow'j I 423: -/od
C)|j.oicu; zWxi ~A^ {s^updv, to ~£ -poiÜEv ^;iöv -/.al tö uo-epov.
5) L>l-ywaj, A LjS^>yciJ.
6) (js\y>, A l^-^[^.
7) ^\Ai2J -xi, A ^\/:al «^
8) ^äj, A «^.ftj.
(_ •• —
10) H i p p. I 424: i; &-/OT£pov 5v ouv tAv -/.oXtiov tj/Tj t) yov/j za/yTspr^ xotl tr/u-
pOTEpTj iaioüaoi, 'Atl\h ot'paev yivEtar £; öxoTipov fj au üypoTsp-/) xai äaifsvEGTipri, OfjXu '((•jz-
xai. y]v 0 U a|J.mtu h/yp-q ti^3ikh^ d'fj.(pw i'pGEva ytvexai- r^v oi dsr^ev)]; k ot'p-'fw, ä,j/^oi
HtjX£C( yiVcT^l.
") A K.-JL^Js.J! KJLxjI^.; es ist Kj^^!^j! zu lesen.
") Den f»L5* ,i entsprechen bei H i p p 0 k r a t e s die xo>.-C/i des Uterus.
13) Statt A Sj^-jS^ ist pjjo!^ zu lesen; die Zitzen sind in der Parallelstelle Hipp.
I 423 nicht erwähnt: Bti y.'Jwv v.oti u? --cat dX/sx Cw7. oaa d^- £v6; Xo(YV£6ij.aTo; tixtei
xctl o'Jo 7.0(1 -).£fcvo;, y.'/t £-/.a3TC)V -rwv Ci'Hov iv Tv^at |j.7JTpT,:;iv £v ■/.'JÄTtw y.otl ü,u£vi EOTt.
^A Julius Rusk.1,
verendet infolge der Schwäche ihres Baues ^) und der Kürze ihrer
(Lebens)zeit, zahlreiche Junge gegeben, und hat ihr mehrere Gebär-
muttern gegeben, damit in ihnen Früchte erzeugt werden, und hat
ihre Zitzen entsprechend der Zahl ihrer Gebärmuttern gemacht, damit
die Nahrung für die darin erzeugten Früchte reichlich vorhanden sei-).
Und es wird nach A s - s ä f i * i überliefert, daß zu seiner Zeit eine
Frau zwölf Früchte (gleichzeitig) abortierte; doch Gott weiß am
besten um die Weise, wie seine Werke geschaffen sind, denn das sind
Streitfragen für den, der geltend macht, daß die Früchte der Anzahl 3)
der Höhlungen der Gebärmutter entsprechen, und die Höhlungen
der Gebärmutter der Zahl der Brüste 4).
(Neuntes) Kapitel: Über dieAustreibungderLeibes-
fruchtS). Nachdem die göttliche Kraft das Kind vollendet hat,
[so daß es soweit ist, daß die äußere Luft ihm nichts mehr schaden
kann,] bringt sie es zur Welt durch die [Bewegung der] Kräfte, die
in der Gebärmutter [für seine Ausstoßung] vorhanden sind. Denn
bliebe es in der Gebärmutter nach seiner Vollendung, so hätte es viel
Nahrung nötig, [so daß die Nahrung der Mutter nicht in ihm genügen-
der Menge vorhanden wäre, und nicht das Behältnis, es zu tragen,
und es würde sein Umfang groß werden und das Austreten würde ihm
schwierig sein ^)] so daß es zu seinem Tod und dem Tod seiner Mutter
käme. Wenn daher [die Zeit der Geburt herangekommen ist 7)], läßt
die festhaltende Kraft ab vom Festhalten, und setzt sich die ausstoßende
Kraft zum Ausstoßen in Bewegung, und es bewegt sich auch [selbst,
weil ihm die von seiner Mutter gebotene Nahrung nicht genügt, wie
wir gesagt haben; darum schlägt es um sich und bewegt sich heftig
und streckt sich, und infolge der Kraft seiner Bewegung] mit Händen
und Füßen zerreißt [die Schafhaut, das ist] die Hülle, die es umgibt ^);
') sX.<Xj
3) JJotJ. A J'-XJtJ.
5) Dies ist das vierte der in der älteren Fassung enthaltenen Kapitel. Die Zusätze
der Handschrift A sind in eckige Klammern gesetzt.
6) Ältere Fassung: »und sein Herauskommen wäre nicht leicht wegen seiner Größe,
und das Behältnis würde es nicht tragen«.
7) Ältere Fassung: »das Kind vollkommen ist«.
8) Vgl. hierzu und zum folgenden Hipp. I 420: o-jtoj oe "/al to -cc.ot'ov, ö/A-fx^
a'Jlr^^, O'jy. sTi r:6vaT0(i i^ |J.r,TT(P Tpo-j;rjv -apr/£iv d[i7.£0U3av. ^t^teov ouv -/.eicu Tpocpr^v
-zffi -ctpcoöar,; nb saßpj'jv ctr/.ctpiCov ö/jyvjSi tov>s üiASva?, und I 416: öxotav 0£ t^
Yuvai-/.i 6 To/.o? rapO!y£v/,tc«i, ;ü[xßG(tvE'. tote tw rccoiio 7.ivE0[i.Evo) y.ctt cJoxapt'CovTi /Epst te
Kazwinistudien.
[und es ist die feinste der Hüllen. Und wenn die beiden Hüllen zer-
reißen, die nach ihr kommen, so zerreißt von ihnen zuerst die Allantois,
weil sie schjvächer ist als die Fruchthaut, und weil die Bewegung der
Frucht sie früher trifft als die Fruchthaut; und wenn diese (Allantois)
zerrissen ist, so ist ihre Verbindung, die sie mit der Gebärmutter hatte,
abgeschnitten, und wenn diese Verbindung abgeschnitten ist, ist die
Verbindung der mit den Mündungen der Adern verbundenen Frucht-
haut geschwächt, und wenn diese Verbindung geschwächt ist, zerreißt
die Fruchthaut] und es löst sich das Band der Frucht i), so daß es
wie ein fallender Gegenstand von oben nach unten fällt; und die Höhle
der Gebärmutter zieht sich zusammen und es öffnet sich ihr Hals,
nachdem er durch die Flüssigkeiten benetzt ist, die in den Frucht-
häuten, sind vor dem Niedergehen der Frucht, damit der Ausgang
schlüpfrig wird und das Austreten erleichtert ist. Wenn sodann das
Austreten naturgemäß ist, so beginnt es mit dem Kopf, weil seine
oberen Teile schwerer sind als seine unteren; denn vom Nabel nach
dem Kopf zu ist es schwerer als was vom Nabel zu den Füßen (sich
erstreckt) -), und es kommt das Schwere zuerst herab, dann folgt ihm
das Leichte, nach der Bestimmung des Mächtigen und Allweisen.
Die Vergleichung der Handschriften E F G und des Druckes D
mit A beweist unzweifelhaft die Existenz einer älte-
sten, kürzeren Redaktion d e s W e r k e s , die zugleich
die weitaus verbreitetste zu sein scheint. Daß in den Handschriften
B C die Embryologie fehlt, b-stätigt Wüstenfeld's Annahme,
daß beide nach derselben Vorlage kopiert sind. Wir können natür-
lich nicht wissen, ob das Kapitel vollständig war oder in verkürzter
Fassung vorlag; die Pariser Handschrift, die der zweiten Klasse an-
gehören soll, würde die Frage vielleicht entscheiden. Auffällig bleibt
die gleichzeitige Kürzung des Index. Daß die von Anfang an geplante
Kapitelreihe sich bis jetzt nur in einer jungen Handschrift gefunden
hat, ist jedenfalls eine sehr merkwürdige Tatsache: merkwürdig
besonders noch dadurch, daß in der Handschrift 0, die das einzige
vollständige Exemplar des dritten Typus darstellt, das mir zurzeit
zugänglich ist, und ebenso in der Teheraner Ausgabe die ana-
tomischen Kapitel auf dürftige Reste reduziert sind.
Sehen wir von den zahlreichen Interpolationen ab, die der Text
in der Fassung der Handschrift A erlitten hat, so bleibt für das Ganze
■/.ai ro3t pf^'^m Tiva tcöv Ji^eviov twv i'voov paysvTo; 'A Y>^ '^''''- ''■'^'- ''^ '^'■>'''- '-«v-iSvoT^f.TjV
o'jvafJMv r/rrj3i. 7.71 prjYV'JVTCc. -ptöTov \)k'i oi y.etvoj £y_o|J.£voi • vrz^zi. <> •j-T'y.TC-;.
') Hipp. 1 42n: /sA /,'ji)jv toö Oc:;ao=J /cop^si ö-J.ovi £;io (und 1 4"' ;>hnlich).
^) Hipp. I 416: /Wf,£c'. uz £-1 7-£'f '//.-/;/, £-: 7.C(T7. 'i'JCJtV ' iV,. V/.rr>T7.T'y. '-io ijTlV
(7.'JTI'"i ~'J. O.'Ha ZV. TOÜ ''j\>.'^l)/j'i ST7.1)[J.£0[A£V7.
Iskm. IV. 5
66 Julius Ruska, Kazwinistudien.
doch der Eindruck der Echtheit. Wir müssen annehmen, daß dem
Bearbeiter noch ein vollständiges Exemplar vielleicht der ersten,
wahrscheinlicher der zweiten Ausgabe der Kosmographie zu Gebote
stand, und müssen es ihm danken, daß uns durch seine Arbeit jene
neun Kapitel erhalten geblieben sind. Wir haben aber auch aufs neue
festzustellen, daß die Handschrift A sich von der durch die persischen
Übersetzungen repräsentierten Textstufe durchaus entfernt und einen
eigenen Typus darstellt.
Die starke Kürzung der physiologisch-ana-
tomischen Kapitel steht im Zusammenhang mit
der Erweiterung des Textes durch die Kapitel
über die Völker und über die Künste. Es ist ganz
deutlich, daß bei dem Bearbeiter der dritten Textstufe, die den persi-
schen Übersetzungen zugrunde liegt, das rein naturwissenschaftliche
und medizinische Interesse gegen das ethnologische und kulturgeschicht-
liche zurückstand. Er hat die ihm und vermutlich vielen der Leser
des Buches langweiligen, wo nicht anstößigen Kapitel durch in seinem
Sinne interessantere und wichtigere ersetzt. W^ i r d ü r f e n danach
als wahrscheinlich hinstellen, daß auch diese
dritte Fassung nicht von Kazwlnl selbst her-
rührt. Dem Bearbeiter des Textes von A aber lag zweifellos die
dritte Fassung vor, und er ist, wie nun weiter nachgewiesen werden soll,
damit sehr frei umgegangen. Er hat nicht nur die Anatomie und
Embryologie wieder in ihre Rechte eingesetzt, sondern auch die neuen
Kapitel sehr stark umgearbeitet und erweitert.
^'Fortsetzung folgt.)
'Agib ed-din al-wälz bei Ibn Dänijäl.
Von
Georg Jacob.
Vor kurzem habe ich eine vorläufige Textpublikation aus Ibn
Dänijäl mit dem 3. Hefte zum Abschluß gebracht. Von verschiedenen
Seiten wurde der Wunsch nach einer Übersetzung geäußert, weil die
Stücke selbst den besten Kennern des Arabischen erhebliche Schwierig-
keiten bereiten. Da ich eine vollständige Übersetzung angefertigt habe,
gebe ich hier als Spezimen wenigstens die des zuletzt publizierten,
in sich abgerundeten Abschnittes (Heft 3, S. 25 — 31). Es handelt sich
im wesentlichen um eine humoristische Hutba, wie sie in der arabischen
Literatur nicht selten sind, ohne daß ich ein direktes Vorbild zu nennen
wüßte. So hat diese Predigt nichts mit derHutba der 29. Hariri-Maqäme
zu schaffen, welche, ein ernstgemeintes Muster philologischer Geschmack-
losigkeit, nur auf uns komisch wirkt, während hier eine bewußte Parodie
auf den Kanzelstil vorliegt. Vgl. auch E. Doutte, La Khotha bur-
lesque de la feie des Tolhas au Maroc: Recueil de Memoires et de Textes
public en l'honneur du XlVe Congres des Orientalistes par les Pro-
fesseurs de l'Ecole superieure des Lettres et des Medersas, Alger 1905,
p. 197 ff. Beachtenswert ist die indirekte Rechtfertigung des Schatten-
spiels durch Gott und den Propheten und daß im Ägypten des
13. Jahrhunderts Qorän und Hadith auf der Schattenbühne zitiert
wurden. Ich lasse nunmehr die Übersetzung mit einigen erläuternden
Fußnoten folgen:
»Der Prediger 'Agibeddin (d. h. von seltsamer Religion) tritt auf
und sagt: »0 *Amber i), ich wünsche die Betpulte und die Kanzel.«
Da wird die Kanzel gebracht, er besteigt sie und hebt nach dem
»Im Namen Gottes« an, mit dem, was er rezitiert 2) und sagt:
Predigt [hutba) :
') Name, wahrscheinlich eines Negersklaven.
-) jaqräh (für jaqra>iihit) im Reim auf jarqäh. mit diesem ein Wortspiel bildend.
68 Georgjacob,
Lob sei Allah, welcher den Scherz ^) zum Trost der Sorge und zur
Erholung gemacht hat, so daß er die Erquickung -) der Lebensgeister
und der Schlüssel der Freuden ist. Ich preise ihn ob der Schönheit
seiner ihm innewohnenden Eigenschaften und weil er Gesellen und Ge-
nossen Liebe erw'eist. Gebet über den Verkünder in Wahrhaftigkeit,
Muhammed, »welcher zu scherzen pflegte, aber nur Wahres redete« 3j, dem
die Offenbarung zuteil ward wegen seiner majestätischen Größe und um
ihn zu ehren. »Du besitzst fürwahr eine hohe Anlage «4). Auch über seine
Familie eine Anzahl seiner Wohltaten und des Übermaßes seiner Güte!
Meine Brüder, sucht Zuflucht bei Gott vor der Bosheit der Ver-
leumdung. »Wisset, daß das, was zuerst auf die Wage gelegt wird,
der schöne Charakter ist« 5). Die irdische Welt ist ein Haus der Trübsal.
des Entstehens und Vergehens, der Gesundheit und Krankheit, des
Genusses und Schmerzes.
Und er rezitiert:
Tragt euch nicht mit Sorge, da ja das Urteil des himmlischen
Schreibrohrs nicht vergewaltigt werden kann.
Denn die Sorge, in ihr ist eine Bürde und von ihr stannnt die
Wurzel der Krankheit^),
Vermag ein Geschwächter etwa eine halbe Pyramide zu tragen!
Wo ist der Erbauer der Pyramide, und wo ist *Ad und Iram?
Zerstört haben sie die Mände der Trennung und sie gingen dorthin,
wo es kein Wo mehr gibt. Darum erbarme sich Gott dessen, der
seine Kümmernisse durch die Schönheit des Naturells, das ihn ziert,
zu heilen sucht und er wandele seine Schwermut durch etwas, womit
er ihn erquickt. So oft die Kurzweil ') stattfindet, verscheucht sie die
') Die Lesarten von A (den Wein) und C (das Mischen) sind zu verwerfen, haupt-
sächlich wegen des folgenden jai>iza//u (Textausg. S. 25, Z. 7) und viizä/i (.S. 27, Z. z). Der
Humor ist das Lebenselcmcnt der Schattenbühne und wird offenbar aus diesem Grunde
hier betont.
-) Ich lese: rau/i. Obwohl es sonst am nächsten liegt, Singular und Plural desselben
Wortes zu verbinden, ist hier doch gerade mit einem Wortspiel: raii/i und rü/i zu rechnen,
wofür die Bedeutung des parallelen Gliedes spricht.
3) Reckendorf verdanke ich den Hinweis, daß hier Ibn Qutaibas Adab
al-hätib benutzt ist, vgl. die Ausgabe von Grünert S. 13: »Der Prophet pflegte zu scherzen
uud wir haben daran ein schönes Vorbild, aber er sprach nur die Wahrheit; er scherzte
mit einer alten Frau und sagte: »Alte Weiber kommen nicht ins.Paradies«.«
4) Sürc 68, 4, an den Propheten gerichtet.
5) Angeblicher Ausspruch des Propheten: Qazwini, Kosmographie, hrsg. von
Wüstenfeld, 1, S. 306, Z. 7/8: Man überliefert vom Propheten: »Das Schwerste, was
auf die Wage [des jüngsten Gerichts] gelegt wird, ist der schöne Charakter.«
6) Krankheit für Übel überhaupt, wie Hat im Tej ed. Schulthess Nr. 42, 23.
7) Offenbar ist das Schattenspiel gemeint.
'Agib ed-din al-wä'iz bei Ihn Danijäl. Öq
Schwermut und ersetzt in der Ergötzung den Wein. Die Verachtung
ist bei der Tochter der Weinkrüge, ganz besonders heute ^). Der Wein
ist das Gelteimste, was gedacht werden kann und wirkungsvoller als
roter Schwefel (Realgar; ^). Er richtet den Bruch wieder her 3), während
sein Saft im Glase ist 4). Die Erquickung kommt durch das Schöne
ohne Übermaß. So gebt der Freudigkeit Raum und seid tätig in
dieser Tätigkeit, während ihr Trupps von fahrenden Leuten und alle
gebildeten Landstreicher seid. Bittet bescheiden, und fleht um reich-
liche Milchspende 5). Nehmt als Beute die Vereinigung, denn die
Trennung tritt ein. Verseht euch als Reisezehrung mit Geselligkeit
vor dem jüngsten Tage und beruhigt euch ^). Begehret regnenden
Dauerregen, und nehmt von Spaß so viel, als von Salz in die Speise
getan wird. Reist in den Ortschaften umher und stellt für die Leute
Netze auf. Der Fahrende findet ja Mitleid, und der Mann strebt,
während der Lebensunterhalt (vom Schicksal) bestimmt ist. Wisset
ihr — Gott stehe euch bei 7) — -, daß der Heller das Goldstück zusammen-
bringt, und Almosen mit Wenigem^) ist leicht9) für die Reichen i°),
und die Brocken des Sauren") ist die Tochter des Brodfladens. Der
Flickerrock ist das Kennzeichen der Frommen, und das Umherziehn
in der Fremde gehört zu den Gewohnheiten der Wanderderwische.
Reitet die Vorderseite der Kamelbuckel des ungestümen Belästigens
und kleidet euch in die Panzer der unverschämten ^^^ Gesichter. Stellt
■) Anspielung auf die Erneuerung des Weinverbots unter Baibars, von der in der
Einleitung des ersten Stückes die Rede ist, vgl. meine Geschichte des Schattentheaters S. 36 ff.
-) Der Stein der Weisen heilt alle Krankheiten.
3) Häufige Phrase, deren Wortsinn verblaßt ist, vgl. H a r i r i 29. Maqäme ed.
DE Sacy- S. 357 -jy*JÜ5 _«->.
4) Falls die beiden letzten Sätze kein Einschub sind, ist der Gedankengang: Die
Kurzweil des Schattenspiels ersetzt in ihrer Wirkung den Wein und hat solche Kräfte!
5) u,JLil \^jJJjJi*,, vgl. die umgekehrte Phrase ^AÜ V_jt^?*t Hariri 29.
Maqäme S. 359.
6) Der Gegensatz von ^» . ist J^, vgl. Hariri 29. Maqäme S. 354 ^Ää^J!
_,»^! nach einer Reihe von Gegensätzen, vom Feuerstein.
7) Häufig steht eine Segensformel als Ersatz für den Namen, vgl. Sa.^äis Büstän
ed. Gr.\f S. 142 Vers 43b und den Gebrauch von JLäj.
8) Nach dem Zusammenhang habbe und nicht hubbe Liebe, woran Manuskript B
(Konstantinopel) gedacht zu haben scheint.
9) B Würde.
'°) B besonders ohne Anschnauzen.
") Der Sinn ist allerdings schief; doch beseitigt B mit diesem Wort nicht nur die
Schwierigkeit, sondern zugleich den Reim, was nicht angeht.
•^) Manuskript A (Escorial): häßlichen.
70 Georg Jacob,
euch sehend bhnd und hörend taub, und stellt euch hinkend, denn der
Hinkende überholt ^). Und stellt euch stumm, denn das Verstummen
ist die Sprache der Freude. Legt über eure Häute abgezogene Häute
und trinkt den Aufguß von Häcksel -), damit eure Gesichter gelb 3)
und eure Bäuche aufgeblasen werden. Drängelt euch durch die Reihen
der Betenden in den Moscheen und belästigt die Einfaltspinsel mit An-
betteln auf den Straßen. Eure kostbarste Tracht seien abgetragene
Kleider und die größte eurer Sorgen das Zusammenbringen von Habe.
Reiset mit diesen beiden: verlaßt euch auf Bankrott und Schulden-
machen. Die Gesundheit des Auges beruht ja auf der des Menschen
und die Gesundheit des Menschen auf der des Auges 4).
Dann rezitiert er:
So habe ich euch denn Rat erteilt in jeder Zunge und euch diese
Angelegenheit von SasanS) her überliefert.
Wenn ihr annehmt, was ich gespendet habe, so seid ihr die, welche
am fernsten von der Heimat der Enttäuschungen.
Sei sicher vor dem, was die Besitzer des Reichtums fürchten und
heische eine Gabe und knüpfe den Knoten der Geldbörse.
Mache für dein Versprechen^) »später einmal« (saufa) zu einer wohl -
verschanzten Festung und fordere mit »her damit« das Geld in der Wage.
Nimm das, was Kurs hat, bares Geld, denn das Versprechen ist
gebunden 7) an die Wechselfälle der Ereignisse.
Dann sagt er: Wer mich gegen die Winterkälte mit einer Jacke
kleidet, den lasse Gott in seinem geräumigen und goldprunkenden
Paradiese wohnen *^), und wer mich mit einem Überwurf bewirft, den
») Sieht wie ein Zitat aus. Vgl. chi va piano va sano.
*) Manuskript C (Kairo): Feigen. Yahuda hält diese Lesart für die richtige und
bemerkt: »Es ist Feigcnbter, dessen übermäßiger Genuß den Leib aufljläht und nach
orientalischer Ansicht Gelbsucht verursacht.«
3) Die Anschauung ist meines Erachtens, daß das Gelbe das Gelbe hervorbringt,
wie es dieses auch vertreibt, so der Bernstein die Gelbsucht: ZDMG. 43. Bd., 1889, S. 373.
4) Vgl. Lukas XI 34.
5) Herr cand. Thorning macht mich bezüglich des Schch Säsän noch auf die
wichtigen Ausführungen der Gothaer arabischen Handschrift Nr. 903 ^Li>jJI L-jLü
0«.^>^5» Bl. 37bff., 93bfi. aufmerksam.
6) J»x.» ebenso im Gegensatz zu ,>Jü: Hamadhäni 23. Maqämc zweimal.
7) Vgl. NÖLDEKE, 5 Mo^allaqät l. Wien 1899, S. 34.
8) Seybold macht mich darauf aufmerksam, daß in A offenbar äJL>-) zu lesen ist,
ferner Xa:5^. Allerdings wird der Reim dadurch gestört; doch handelt es sich wohl um
ein Tedschyiis-i-batt, vgl. Rückert, Grammatik, Poetik und Rhetorik der Perser, S. 99.
B hat den besten Text, der sowohl das reimlose Wortspiel als den Reim enthält.
'Agib ed-din al-wä'iz bei Ibn Dänijäl. 7 i
versammele Gott bei schönen Huris, und wer mich mit einer Mirta ^)
beschenkt, der hat den Heilspfad mit seinen Bedingungen vollendet -j.«
Als er»(der Prediger) erlangt hat, was er begehrte und mit den
Gaben seine Rechte gefüllt hat, steigt er 3) vom Reittier seiner Predigt 4)
herab und steckt das Schwert seines Wortes in die Scheide.
Ab.
1) Kleidungsstück, nach Imruulqais Mu'allaqa 28 lang herabhängend.
2) Es ist mir bei dieser Stelle nicht sicher, ob ich den richtigen Sinn getroffen habe.
Man spricht auch von Bedingungen des Islam, etc.
3) Die Lesart von A gehört, worauf ich von verschiedenen Seiten aufmerksam gemacht
werde, in den Text.
4) der Kanzel.
Analecta haeretica
Von
R. Strothmann.
I. Die JczTdcn bei den islamischen Symbolikern.
Die reichhaltige Literatur über die Jeziden ist noch neuestens durch
\vertvolle Monographien vermehrt worden. Th. Menzel's Beitrag zur
Kenntnis der 'Jeziden ') liefert eine kritische Untersuchung an der Hand
des im Jahre 1 323/1905 verfaßten türkischen Traktates ^abede-i-ibl'is
»Die Teufelsanbeter« von Mustafa NürT Pascha, dem für einen Orien-
talen nicht unkritischen Wali von Mosul. Nicht zum wenigsten wertvoll
ist Menzel's gesunde Skepsis gegenüber den jezTdischen Quellen und
ihre Herkunft, sowie sein Hinweis auf die Notwendigkeit der einst-
weilen so wichtigen vorbereitenden Aufräumungsarbeiten. Scheich
''AdT. der große Heilige der jfeztdfs, auf den besonders N. Siouffi das
Augenmerk gerichtet hatte, gewinnt jetzt durch R. Frank's ^) treffliche
Sammlung und Sichtung des zerstreuten Materials eine greifbarere
Gestalt. Damit ist ein guter Schritt näher zum Verständnis der Ge-
schichte der Sekte getan. Aus dem Gewonnenen erwachsen neue
fördernde Fragestellungen. Man hat, wie Frank (besonders S. 103
no. i) andeutet, zu unterscheiden zwischen der Jezidija vor und nach
der Beeinflussung durch *Adi und den 'Adawlja-Orden; und bei der
ganzen Art, in der religiöse Persönlichkeiten, zumal solche mit mysti-
schem Einschlag, sich selber predigen, auch unbewußt, ist es durch-
aus nicht abgemacht, daß für die Konzeption der Person und der
Gedanken des großen sunnitischen Süfl in die Jezidija eine starke
Prädisposition der Aufnehmenden für den Geist des Aufzunehmen-
den vorauszusetzen sei. Ist aber durch *AdI eine neue Kraft in der
Sekte wirksam geworden, so bedeutet sie nicht -nur eine zeitliche
Trennung in eine frühere und eine spätere Jezidija, sondern für die
letztere zugleich eine örtlich bedingte Sonderung. Wenigstens ist es
') Bei Hugo Grothe, Meine Vorderasienexpedition igo6 u. igoy. Leipzig 191 1
LXXXVIII fE.
-) Türkische Bibliothek, Nr. 14; vgl. zu no. i u. 2 E. Graefe hier oben III, 190 d.
Analecta haeretica. 7^
bei der weiten Zerstreuung der jezidischen Gemeinden nicht nachweis-
bar, daß alle gleichmäßig von dem neuen Geiste berührt sind. Es ist
demnach nicht sicher, wenn bei den späteren Muslimen sich eine Notiz
zum Namen JezidTja findet, ob etwa die kurdischen ^Adianhänger
CTemeint sind oder die Restgruppen in Persien und Transkaukasien.
Hinzu kommt die leidige Art der jüngeren islamischen Religions-
historiker, die Mitteilungen der früheren ziemlich unbesehen zu über-
nehmen, so daß also ein Urteil aus dem 8. Jahrhundert einen Tatbestand
etwa aus dem 3. zum Vorwurf haben mag. Nach dem Gesagten kann
eine Zusammensetllung solcher Notizen nur ein schlichtes negatives
Resultat ergeben: die Bestätigung der Schwierigkeit der Jezidenfrage,
und nur als ein Zeichen des Dankes für die aus der einschlägigen Litera-
tur erhaltene Anregung möchte der Versuch einer Aufzählung betrach-
tet werden.
An Alter und Inhalt voran steht der Abschnitt über die JezTden
bei Abu Mansür 'Abdalqähir b. Jähir al Bagdädl (gest. 429/1038) ^).
Er bietet wenigstens einen geringen Anhalt für die Persönlichkeit des
Stifters: Jezid b. abi Unaisa war ein Ibädit zu Basra. Damit ist wenig-
stens ein terminus a quo gegeben, da 'Abdallah b. Ibäd in den Wirren
unter dem letzten Omaijaden Merwän II. al Himär (seit 127/744) auf-
trat 2): JezTd, so heißt es bei Bagdad! weiter, siedelte nach Tun in
Persien über. Das Sektiererische seines Standpunktes liegt darin, daß
er den universellen Charakter der Mission Muhammed's leugnet und
einen persischen Propheten mit einer neuen Offenbarung unter Auf-
hebung des qoränischen Gesetzes erwartet. Mit dem nationalpersischen
verband er einen synkretistischen Gedanken 3) : daß jeder, der den
Muhammed als einen (nicht als den Einen vollendenden) Propheten
gelten lasse, ohne förmlich Muslim zu werden, ein »Gläubiger« sei.
Die als erst zukünftig gedachte jezTdische Religion, deren einzelne
') farq baina '/ firaq. Cairo 1328 s. v.; Berl. 2800 fol. 106 a.
=) So nach Sahristäni s. v. Ibädija; nach Angabe von Ibäditen selbst aber wäre ihr
Stifter älter: unter Mu'äwija I. aufgetreten und unter 'Abdelmelik, also spätestens 86/705,
gestorben; kasf al gitmnm (Brockelmann II 409 Nr. 5) Ms. des Orientalischen Seminars
fol. 291 b ^J Kj^LäX ^.j'lxj ^ IxiJ . . . L>^'.ji qJ ^^ ^^^ ^^xJ-«^Ji ^Loi_
^^\^y. ^. ^Uii ^^ eH J^ U^^3 O^^ ^^ - "''■■■ ^'''- """'• ^''"^■
Dr.^'sACHAU gestattete mir in gütiger Zuvorkommenheit die Benutzung der Handschrift.
3) Das ist so, wie es dasteht, ein Widerspruch. Doch haben beide Gedanken eine ge-
meinsame Wurzel: den Kampf gegen den national-arabischen Einschlag in der Religion.
Begreiflich wird der Synkretismus vielleicht unter dem Gesichtspunkt einer missionari-
schen Tendenz, die auch wieder dem Islam zugute käme. Es wäre also im ganzen nicht
so sehr an eine völlige Aufhebung als vielmehr an eine iräniische Weiterbildung der
Religion gedacht.
74 R. Strothmann,
Lehren al Bagdad! also gar nicht angeben kann, sei von Jezid mit
der der qoränischen (Sure 2, 59; 5, 73; 22, 17) Säbier identifiziert
worden. Dem sunnitischen Symboliker kommt es vor allem darauf an,
darzulegen, daß die Jeziden aus der Reihe der noch islamischen Re-
ligionsgemeinschaften auszuscheiden seien. Er behandelt sie unter
den »Gruppen, die eine islamische Herkunft behaupten, aber in Wirk-
lichkeit nicht zum Islam gehören«. Ihre Betrachtung der Mission
Muhammed's als einer religionsgeschichtlich aufzufassenden Erscheinung
und der dadurch bedingte Synkretismus schließe sie folgerichtig aus;
denn »bei solcher Auffassung müßten auch die Juden von der Ob-
servanz der *IsawTja') und der 'Anänlja (?)=) Gläubige sein, weil sie
die Prophetenschaft Muhammed's bekannten, ohne zu seiner Religion
überzutreten. Aber es kann unmöglich der zu einer islamischen Re-
ligionsgemeinschaft gerechnet werden, der die Juden zu den Muslimen
rechnet, und wie kann jemand zu einer der islamischen Religionsgemein-
schaften gezählt werden, welcher von einer Abschaffung des Gesetzes
des Islam redet!«
Bei Ibn Hazm (gest. 456/1064) IV, 188 f. ist die völlige Aus-
scheidung der Jeziden aus dem Bereich des Islam dadurch gegeben,
daß die Ibäditen selbst sie abschütteln und sie als »Ungläubige« be-
trachten mit allen staatsrechtlichen Konsequenzen.
Ahnlich wie bei al Bagdädl sind die Notizen bei al Isfarä*ini (gest.
471/1078) im jarq haina */ f,raq. Er erwähnt erstmalig den Namen der
Jeziden in dem einleitenden Gesamtüberblick unter den Teilgruppen
der Ibäditen, betont aber sofort ihr Herausfallen aus dem Konsensus
aller Muslime: Berl. 2801 fol. 7 b :\.*.>j.g^ v, ^ %jS ^.z-ix i;>.A2.j"ii!.
ioL\ji-J! i_\jtJ bS» «.j hM\ Lp jl-j ^ 'i^Cj LjL^^Uai^ ioAj-J5. '^JoJw;?.!.
QjyJL>«*M~ll pL^.^^ <S^i> d^JÖ» [•^iLw.'b'l ioLj-^ :.w*ö ^*\y>- (^"3 |»^i^"ii v^ ^^
Demzufolge behandelt er sie definitiv unter einer ähnlichen Über-
schrift wie Bagdad! mit der besonderen Betonung, daß sie nicht zu den
72 gerechnet werden dürften. Unter den mehr als 20 Gruppen der
ausscheidenden Rubrik heißt es an 15. Stelle: ^^^J^ jjji^ '>..^.:->\ '>,'iJu\
,3yij n^^ii /**JLo tX.«^ **J-** ^ ■^J^»**^ '-jlxi' »^c- oy-A^ *->^^^' o''
') Sahr. 1 168.
-) Ibid. I 167, falls diese gemeint sein sollen.
3) Fehlt ein sehr unsicheres Wort.
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Analecta haeretica.
75
^LäJI 1% ö^j.5"LX-».i5 najLlJI qa ^.^_^yi^j -ii'LAJ*!. Es ist vielleicht be-
achtenswert, daß er vom Stifter sagt: »Er war Härigit von Basra, dann
kehrteernaehPersienzurück. « Wenn «.s». gepreßt werden darf, so würde
sein basrisches Ibäditentum nur eine Episode seines Lebens und seiner
Entwicklung bedeuten. Statt der Anhänger des erwarteten Propheten be-
zeichnete nach Isfarä*ini Jezid bereits seine Anhänger als dieqoränischen
Säbier, ein Anspruch, der ja schon aus staatsrechtlichen Gründen ver-
ständlich erscheint : umden Jeziden neben den Juden und Christen denRang
einer religio licita zu sichern. Der Unterschied zwischen den beiden
Notizen wird aber sofort wieder dadurch ausgeglichen, daß der Aus-
spruch bei Isfarä'inl in futurischer Form erscheint: »Meine Anhänger
werden Säbier sein.« Anscheinend sind die beiden Sätze in-
haltlichvöllig gleich, liegt bei Isf. nur eine Breviloquenz vor, und eine
Verbindung mit dem voraufgehenden Satz über den zukünftigen Pro-
pheten ergibt den Sinn: JezTd verhieß den Seinen einen kommenden
Lehrer, der ihnen die Religion der Säbier bringen werde. Auf jeden
Fall schweigt sich Isf. ebenfalls aus über den Lehrgehalt der ursprüng-
lichen Jezidija.
Die bestimmte Art, in der Bagdädl und Isfarä*inT die Jeziden vom
gesamten Islam ausschließen, ist um so wichtiger, als der bekannteste
und meist zitierte Symboliker Sahristänl (I loi f.) gar nicht klar ist.
Die Tatsache, daß Jezid einmal Ibädit gewesen ist, hat bei dem leidigen
Schematismus des §ahr. die ganze Sekte, die erst, nachdem er mit
seiner Vergangenheit gebrochen hatte, Trägerin seines Namens wurde,
bei den Ibäditen festgehalten. Und mit diesen verhältnismäßig zahmen
Härigiten hat sie auch abgesehen von den messianisch-nationalistischen
und den synkretistischen Ideen am wenigsten gemein. Man beachte
nur ihre auch von Sahr. mitgeteilte schroffe Stellung in der Verketze-
rungsfrage. Bei solcher religionsgeschichtlichen Betrachtungsweise
müßte man die paulinischen Christen dahin gruppieren, wo ihr geistiger
Vater früher einmal in ehrlichster Überzeugung und tätigem Eifer
gestanden hat: zu den Pharisäern; und die Lutheraner würden etwa
die Tertianer des Augustinerordens darstellen. • — Sahristäni ist im
Jahre 548/1153 gestorben, also etwa ein Jahrzehnt vor Scheich *AdT.
So war man vielleicht nicht berechtigt, von ihm etwas über den Einfluß
des großen Heiligen auf die Sekte zu vernehmen. Auf diese Ent-
schuldigung haben aber die Späteren keinen Anspruch. Die Erwäh-
nung der Jeziden hört nämlich, wie Frank (S. 103) anzunehmen
scheint, mit Sahr. nicht auf. Auch vor dem Reisewerk des Türken
Evlija Tschelebi (gest. um IO90/1680) findet sich der Name. Freilich
der Name! Mit der Sache ist es etwas anderes, und man wird Frank
76 K. S t r o t h m a n n ,
zustimmen müssen, daß wir über die Entwickelung so wenig unter-
richtet sind.
Der jemenische säfi'itische Mystiker 'Abdallah b. As'ad al Jäfi*i
(gest. etwa 768/1367) nennt die Jeziden in seinem marham al Hlal al
mu'-aUüa fz V radd ^alä a'immat al muHa^ila (bei Brockelmann II 177,
I, 3). Er zählt sie zunächst in dem nach sachlichen Gesichtspunkten
geordneten Sektenregister — Bari. 2806 fol. 48 b — an 15. Stelle unter
den 18 Härigitengruppen auf. Im zweiten Teile, wo sämtliche Sekten
nach alphabetischer Reihenfolge ein kurzes Charakteristikum erhalten,
beschränkt sich dieses für die Jeziden auf die bekannte Erwartung
des persischen Propheten mit dem neuen hl. Buch und Gesetz: fol. 67 b
l»J.äi! -;>-,^i>! x^ÄwJS _j! .,j lAjij '>-jLr>>jol — •»^•-^5 '• -S 1 C'J^Z>'\ ÄJtAjixji
^<ii '^~o L.;-:<>.^^ -».£. >X^s^ ^ ■^L'> l5^' |»^-w^! '^juJ^ .:_\-m/Jo LJüJ ...'u
Daß nur von dem erwarteten Zukünftigen gesprochen wird, tritt
noch mehr hervor bei (jurgäni (gest. 816/1413), z. B. in den ta^rzfät ed.
G. Flügel S. 279 f. Er gebraucht das ausgesprochene Futurum, das
Imperfekt mit /larf at tanfis, und verstärkt damit den Eindruck, daß
bei der kritiklosen Entlehnung den Jeziden für immer als festliegende
Marke angehängt wurde, was vielleicht früher einmal ihr Kennzeichen
war. Gewiß erfüllen sich Erwartungen nicht so, wie man im voraus
konstruiert. Wenn man aber auch trotzdem sich nicht zu einer leicht-
fertigen Identifizierung des *AdI mit dem erwarteten persischen Mes-
sias verleiten läßt, so kann doch nicht mehr bestritten werden, daß
viele Jeziden in ihm einen Propheten erlebt haben, kann bei aller
Skepsis gegenüber den Yezidi Texts ^) die Überlieferung über ein
mit ihm in Verbindung gebrachtes hl. Buch gnostischer Observanz
durch das Schweigen der Jäh*! und Gurgänl nicht abgelehnt werden.
Wendet man sich zu nichtsunnitischen Symbolikern, so kommen
in erster Linie die härigitischen, vor allem die ibäditischen, als die Zu-
ständigen in Betracht. Hier ist nur zu konstatieren, daß das durch
E. Sachau -) näher bekannt gewordene kasf al gumma die Jeziden
ignoriert. Es muß Absicht in der Nichterwähnung liegen. Denn seine
16 härigitischen Untergruppen 3) korrespondieren sonst ziemlich mit den
geläufigen Registern, fehlen doch auch solche Leute nicht, wie die
schon recht exzentrischen Maimüniden, die in den Verzeichnissen ge-
0 I. Joseph in Am. Journ. Sem. Lang. 1909 p. 1454 fE., 239 ff.
-) M. S. O. Spr. W.-As. I i ff.; II 47 ff.
'^) In dem erwähnten Ms. fol. 279 a. ff.
Analecta haeretica. nn
wohnlich die Nachbarn der Jeziden bilden. Bei dieser Absage der
Ibäditen muß der Satz des Sahristäni (1. c), daß Jezid mit ihnen
Freundschaft gehalten habe, korrigiert werden, kann jedenfalls nicht
zeitlich mit dem über seine Lehreigentümlichkeiten gleichgestellt
werden.
Auch in den religionsgeschichtlichen Büchern der Enzyklopädie
des Zaiditen Ahmed b. Jahjä b. al Murtadä (gest. 840/1437), dem
k. al milal wan nihal und dem Kommentar dazu, dem k. al niunja wal
amal fehlen die Jeziden.
Dem dürftigen Zuwenig der hier zusammengestellten Notizen steht
ein verdächtiges Zuviel der neueren Kundschaften entgegen. Es ist
ein eigenes Ding um die Berichterstattung über Leute nach Art der
Jeziden, Selbst bei besserem Zutrauen zur subjektiven Treue der
Gewährsmänner, als man es z. B. dem Lehrer von L Joseph ent-
gegenbringen kann, würde man stark skeptisch bleiben. Denn Dinge
wie Emanationslehren haben noch immer die Phantasie der Erzähler
erregt, die folkloristischen Kosmogonien zu »ypaojosic [xuöoi« entstellt,
und hinter exklusiven Kreisen hat man immer wieder ethische Per-
versitäten quoad Cererem ac Venerem geargwöhnt. Dafür sind drüben
Qarmaten und Drusen, hier die jungen Christen, Templer und Freien
Maurer beredte Zeugen. Von allen Absonderlichkeiten habe ich einen
Niederschlag nur einmal gefunden in einer Notiz, die darin eigenartig
ist, daß ihr etwas von einer Beziehung der Sekte zum Chalifen
Jezid L b. Mu'äwija vorschwebt. Der Zaidit Ahmed b. Muhammed
b. al Hasan ar Rassäs, der 655/1257 starb, verfaßte einen Katechismus
mishäh al '■ulüm ß ma'-rifat al haij al qaijuni (Brockelmann I 403, 8, i).
Die ersten beiden Abschnitte, at taukld und al "adl, behandeln in je zehn
Fragen das übliche mu'tazilitische kaläm, der dritte, soteriologisch-
eschatologische Teil, al wa'^d wal waHd, bringt die Lehre vom Paradies
und der Hölle, von der Sünde und der Pflicht, von der Fürsprache des
Propheten und dann in den letzten vier von den ebenfalls zehn Fragen
die Lehre vom Imämat. Der kurze Katechismus ist vom Verfasser
in dem »Kommentar zu den 30 Fragen« weiter ausgeführt, indem
jeder These eine Erläuterung, Begründung und vor allem die Re-
jektorie beigefügt wird, so daß also der nicht umfangreiche Kommentar
einen vollständigen syllabus errorum vom zaiditischen Standpunkt
aus darstellt. Im Grundtext — Berl. 2360 fol. 121 b f.; 2361 fol. 9 b;
2362 fol. 17 b — bekennt sich die 28. Frage zum Imämat des Hasan
und die 29. zu dem des Husain, »und daß sie beide zur Regierung be-
rechtigter gewesen sind als die, welche sie ihnen entrissen haben, wie
Mu*äwija und Jezid, die Allah verfluchen möge!« Der Konmientar
78 R. S t r o t h m a n n ,
gibt in Berl. 2364 fol. 29 b (mit unwesentlichen Varianten in Berl. 2363
fol. 108 a u. b; 2365 fol. 165 b f.) die Rejektorie in folgender Gestalt:
. . . . ^>.ww^i^i_5 ^^;^! iväux^ ^ j^j»JiotJU Xa-wUJL ^3-i:s*il_5 Ä-ixliJ! äJl/amJI
^*Ju-.Äj ZI ^^^\ Wiki ^J_^^ '^5 iij^j^^ii^ ^Jj-^^ ^^ ^ o^i^
La iiV.JJ ^U j4.£ xU=^ l5^'3 r*^*^ ^j^j:^5 *^ U^ '^^ ÄJ^I-*^ y"^'
Die Härigiten und JezTden fallen völlig auseinander. Jene er-
scheinen als die konsequentesten 'Alidenanhänger — übrigens ja nicht
ganz ohne einen Anflug von Recht, wenn man auf das staatsrechtliche
Motiv ihrer Genesis sieht. Von diesen heißt es als konsequentesten
'Alidengegnern: »Sie erklären den Husain für einen Ungläubigen, weil
er in den Kampf zog gegen JezTd b. Mu*äwija, der für sie Imäm war.
da ihm nach ihrer Ansicht Mu'äwija die Herrschaft übertragen hatte. «
Die Stelle ist nicht gerade vielsagend. Bei der rein staatsrechtlichen
Fragestellung steht nur die Würdigung des Husain und seines Gegners
zur Debatte. Man darf dem Verfasser somit nicht imputieren, daß
er den Ursprung der JezTden mit Jezid I. in Verbindung gebracht
habe. Und das einzelne Kennzeichen, die Verdammung des Husain,
ist als Definition zu weit. Es würde auch auf jeden schroffen Näsib
und Härigiten passen. So ist der Passus wieder ein guter Beleg für die
Relativität in den Symboliken. Es kommt auf den jeweiligen Stand-
punkt des Verfassers an, nicht nur welche Besonderheiten er hervor-
hebt, sondern auch wie er den vorgefundenen Namen — man darf
vielleicht nicht sagen: erklärt, aber erläutert, oder gar, welchen Namen
er wählt, um einer bestimmten Ansicht ein Gruppenschild beizulegen.
So findet sich z. B. in der mMw/öizc'a/ama/ des obengenannten zaiditischen
Enzyklopädisten im Nachtrag unter den »wenig bekannten Sekten«
eine *Otmänija. Sie ist gedacht als eine bestimmt umgrenzte, auch
Nawäsib (im engeren Sinne) genannte Gruppe in Sigistän von stark
anti*alidischer Tendenz: »Ihr vergleicht mit dem 'Otmän den *Ali in
[eurer] Torheit, aber *Otmän ist lauterer als *AIT und besser. « Berl.
4908 fol. 53 b; 4909 fol. 82 b j,^i ^P» o'^^ u^^' O-^J — ^ ■^uöxJi
[tawü) ^^-c'-ii
Analecta haeretica.
79
O-C-
Denselben Namen 'OtmänTja gebraucht nun aber das kasj al
gumma (fol. 261 b f. und) fol. 270 a ff. a^s Sammelbegriff für die Ortho-
doxen, oder wie es dort heißt: die Ha§wija und SifätTja, unter deren
15 Teilgruppen neben den dogmatischen Observanzen wie Karrämiten
und As'ariten auch alle orthodoxen juristischen Schulen erscheinen.
. . . Ä.5.J »-.^i^ ij''-*-^^ J^- ■^'-"' beide 'Otmänlja ist der Namen -
gebende nicht ein Stifter, der eine neue Lehre lehrt, sondern eine
Persönlichkeit, deren Anerkennung ein innerislämisches Bekenntnis
bedeutet. Der Zufall will es nun, daß in dem Beispiel der Jeziden
beide, der Stifter und die historische programmatische Persönlichkeit,
denselben Namen tragen. Man ist daran erinnert, daß in der zaiditi-
schen Enzyklopädie einmal die auf Bekr b. 'Abdalwähid zurückgehende
Bekrija charakterisiert wird durch die Annahme einer Übertragung
des Chalifates von Muhammed auf Abu Bekr ^). Inwieweit in unserem
Falle dem Rassäs eine JezTdTja mit bestimmten Konturen vorschwebt,
ob er etwas von einer kultischen Jezidverehrung weiß, ob er den Jezid
b. abi Unaisa gar kennt, ist nicht auszumachen. Man muß sich damit
begnügen, daß er überhaupt den Chalifen Jezid I. irgendwie mit der
Jezldija in Verbindung bringt.
Für die interessante Frage, wie Jezid I. der Heilige einer religiösen
Gemeinschaft werden konnte, bleibt man noch auf Vermutungen an-
gewiesen. Einen Häkim und die Drusen kann man als Parallele nicht
heranziehen. Denn dieser Fätimidenchalif bot des Suggestiven und
des Unbegreiflichen so viel, daß er seinen Missionar finden mußte.
Dem Omaijaden, einem schneidigen Regenten und einer lebensfrohen
Natur, haftet von Haus aus nichts von religiöser Propagandakraft an.
Pontius Pilatus im Glaubensbekenntnis ! Verwechselung, eine Art
Volksetymologie, half ihm mit bei seinem Aufstieg zum rjptoc £~wvu[xci?.
Freilich ist die Vertauschung von Jezid b. abi Unaisa und von JezTd I.,
zweier Persönlichkeiten, zwischen denen außer dem bloßen Namen
keinerlei tertium comparationis besteht, nicht so einfach wie etwa
die Verdrängung des Hohenstaufen Friedrich II. durch den Hohen-
staufen Friedrich I. in der Kyffhäusersage. Eher läßt sich vergleichen,
daß man im Heiligen Böhmens, Johann von Nepomuk, die Züge eines
böhmischen Vorläufers der Reformation, Johann Milic von Kremsier,
und des Erzketzers von Böhmen, Johann Hus, wiederzuerkennen
') Vgl. »Der Islam«, Beiheft i S. 29 rio 2.
8o R- S t r o t h m a n n ,
meint ^). An der Hineinschiebung des Chalifen Jezid in die JezTdija
haben beide, die Sekte selbst und die Gegner, gearbeitet. Letzteren
genügte es nicht, die Verantwortung für diesen »Abhub der Religionen« 2)
auf die Schulter irgendeines fast unbekannten Jezid b. abi Unaisa zu
werfen. Mehr konnte jener JezTd tragen, dessen Name zum Fluch
geworden war, und dessen Grab bis zum heutigen Tage vor den Steinen
von Sunniten wie Schi'iten keine Ruhe findet 3). Und solcher gegneri-
schen Unterschiebung kam eine Autosuggestion der Jezlden entgegen.
je mehr sie über ihren Stifter nach dessen eigener Weissagung, freilich
auf ihre Art, durch Aufnahme gnostischer und volksphantastischer
Elemente hinauswuchsen. Nach der psychologischen Seite entsteht
dieses Bekenntnis zu dem von aller Welt Verfluchten auf dem schwer
kontrollierbaren Pfad jener ausgleichenden ewigen Unterströmung,
die nur hie und da erkennbar wie bei Ophiten, Kainiten, Peraten
die Lucifer-Prometheus-Linie des Menschengeschlechtes als Heilande
mit sich führt. Da man freilich keine festen Daten dafür bieten kann,
wie JezTd als Heiliger bei unseren ausgestoßenen Muslimen an die Ober-
fläche taucht, so sind diese Erwägungen in aller bescheidenen Vorsicht
zur Debatte zu stellen. Nur die Tatsache, daß der berüchtigte Chalif
die unterirdische Volkstheologie auf das lebhafteste beschäftigt, ist zu
illustrieren an einem kleinen Beitrag:
2. Jezid I. in der islamischen Folklore.
Neben der Tatsache, daß Husain im Namen Jezid's I. fallen mußte,
ist das einzig Suggestive an diesem Omaijaden sein plötzlicher Tod in
jungen Jahren. Er stand noch in den Dreißigern. In Z. D. M. G.
LX\T 139 ff. hat I. GoLDZiHER an einer Erzählung aus den jawäqit
as sijar des obengenannten zaiditischen Enzyklopädisten al Mahd! lidln
Allah Ahmed b. Jahjä b. Murtadä gezeigt, wie man Husain's und
Jezid's Tod in einen ursächlichen Zusammenhang gebracht hat: man
läßt den Chalifen zur Strafe den Feuertod sterben. In gesteigerter
Form, ausgeschmückt mit den Zügen internationaler Wanderlegenden,
findet sich diese Erzählung vom Feuertod in einer jüngeren zaiditischen
Sammlung. Badr addln Muhammed b. Ahmed b. Jahjä b. Muzaffar
(um 900 H.) gibt in at targuniän al vmfattih U lamarät kama'im al hiistän 4)
') Vgl. zur Frage O. Abel, Die Legende vom hl. Johannes von Nepomuk 1855; und
auch E. Reim.\nn in Sybels Hist. Zeitschrift. XXVII (1872) 225 ff.
-) Mustafa Nüri bei Tu. Menzel 1. c. CXXXXIII, CLVII.
3) H. Lammens, Le califai de Yasld I^r in Mclanges Be>Touth IV (1910) p. 259 f,
4) Eine Handschrift findet sich in Brit. Mus. 907. Mir war nur eine Wiener Hand-
schrift, Nr. 28 der GL.\SER'schen Sammlung = Xr. 173 im GRÜNERX'schen Verzeichnis,
Analecta haeietica. 3l
(Brockelmann II l86 zu 5. i) nach zumeist ungenannten früheren
Quellen einen Abriß der Juristen- und Theologenklassen und bio-
graphische Skizzen der namhaften *Aliden, zumal der 'alidischen Mär-
tyrer, und der omaijadischen und *abbäsidischen Chalifen. Der Ab-
schnitt über die *Aliden trägt sehr stark die Züge christlicher Martyro-
logien. Wie es um die Objektivität gegenüber den Feinden steht, mag
die Bemerkung am Schluß des folgenden Textauszuges zeigen, wonach
Mu^äwija IL wegen 'alidischer Gesinnung von den Merwäniden umge-
bracht sein soll. Das Ende des JezTd I. wird folgendermaßen erzählt:
LaJL^ ^J^*•^■^ ^^■>5\ U>->;-=> ^J" !^^^ ^^»-^ '-^HjJ ^'-^'^ J^^ C- d^^^ Q''^ ^-»"^
J.jLä Lj c^i^ ^. 'J5 ^ 'O-J'^ÄJ ^i)Lpj L/a i3i.Ä5 cy-ÄJls '».g-i^-J »^^KSiiji *jü
<.;>.5 LPiAj^J i*./JiÄii.5 *.0 LiJ-/i3xi xXXavUS uJi-»-«^J> , ^Ji u-^iiV' /*-*J-o J^,».^ c>-ÄJ
; -^ ••■ . \.-^ •• •• Kjr ■ -' \
j^i-S / ä./ii./aJ> i\.^\h3 ^3. [Cod, . . . ^2.J»U.Lw . . . ] J'-^iA^ u ^L*^-iJ ^ .^ (M-^^
«.^5 ^^^PtXiS -bLsl 'uj-xiöl J. wi>L^ ,.^Aw.s>l ^ i;L,*iiAj rCod. *.xxi3l Isxxlb»
• •• r V -^ ^ l5^ ^ v_j > ^ ^^ ^
i — / -^ L )^-v^ • • ■• J LJ- (^ > •• i^ ' ^
0^.^! U^LLaXavIs u^äJl lXäc LaSfcS ji^^iJ LCsi^ti i^pj> xi! ttAÄ;C£:Ls LL^jj^
l_»Ji3Li ,l..g.Äi! ,.j'l5' iJLs i^aJ-LP Lä]._iJ'i.5 ^-y^s:* LJ e^ij J lXI »Lij.c Lj ^.L'5
lAJiJ ,••»■5 XJ»!.*/« /».'.i .,t..>>ÄjS L,liij ,\»Äi.J) ,.,.5^ öl» ,LiJ) .•Y'« — ..^o ,.,Li>>\j5
zugänglich. Sie scheint in Einzelheiten abzuweichen. Der Verfasser wird 'Izz addln M.
b. A. b. Muzaftar genannt, im Titel fehlt /ama/Y?;. Der folgende Text steht, ii Vorblättcr
abgerechnet, auf fol. 29 b. — Herr Hofrat Prof. Dr. v. Karab.\cek hatte die Güte, mir
die Handschrift zur Benutzung zu überlassen. Herrn Prof. Dr. Brockelmann durfte ich
um Rat bei Lesung einiger unsicheren Stellen angehn.
Islam. IV. 6
32 R. Strothmann,
^>.^^, cy^i ''^H [Cod: ^^„ixc] ^^^j^s- Jyji^ ^^ O^^J *~^^^^ ^"-^
...1^-« j.>o x«-w liVio i3>^^5 '*:^;^' j>-^'
»Die letzte Lebensnacht des Jezid — AUäh der Erhabene verfluche
ihn! — war herangebrochen. Seine Gattin hatte das Schlafgemach
verlassen, um etwas zu besorgen. Da standen plötzlich Männer vor
ihr mit feurigen Schwertern in den Händen. Die sprachen: ,Der Herr
des Himmels ist ergrimmt über den, der da wohnt in diesem Hause.'
Da kehrte sie zurück. Fast hätte sie den Verstand verloren. Jezid
aber — AUäh verfluche ihn ! — lag im Schlaf. Sie stieß ihn mit dem Fuße
an, so daß er erwachte. Da sagte er: , Was ist dir (zugestoßen)?' Sie
sprach: ,Ichunddu, wir passen nicht zusammen, du Mörder des Nach-
kommen des Gottgesandten ■ — • Allah bete über ihn und gebe ihm
Heil!' Er entgegnete : ,Du lebst nur der Liebe des Geschlechtes Muham-
med's. Ich nähre dich doch und sammle Geld für dich, und dabei
nennst du mich einen Ungläubigen.' Sie erwiderte: .Wer ist denn
ein schlimmerer Ungläubiger als du, hast du doch den Enkel Muham-
meds — Allah bete über ihn und gebe ihm Heil! — getötet!' Da sprang
er nach seinem Schwert ' und zog blank, um sie zu schlagen. Sie
aber wehrte ihn mit der Hand ab, so daß das Schwert auf ihn selbst
zurückfiel und ihn zwischen den Augen verwundete. Am andern
Morgen begab sie sich zu ihrer Sippe. Da nun eine große Trauer über
ihn kam, ging er, um sich zu zerstreuen, aus auf die Jagd in der Ebene
von Damaskus. Da erblickte er eine weiße Jungfrau, wie es keine
schönere geben kann. In den Ohren hatte sie goldenes Gehänge. Da
verlockte es ihn nach ihr, und er verfolgte sie immer weiter, wobei sie
ihn selbst anlockte, bis sie mit ihm an den Fuß eines Berges kam und
in eine Höhle eintrat. Da stieg er von seinem Pferde, band es an
einen Felsen (so!) und trat in die Höhle, fand sie aber nicht, und als er
herausgehen wollte, schloß sich die Höhle vor ihm. Da er nun lange
ausblieb, folgten ihm zwei seiner Wezire. Die fanden das Pferd ange-
bunden und glaubten, er sei ausgetreten, um das Wasser abzuschlagen,
und sie warteten bei dem Pferde. Als die beiden aber dem Gefolge zu
lange ausblieben, kam es heran und sprach: ,Wo ist der Herrscher?'
Sie sprachen: , Wissen wir nicht.' Man erwiderte: ,Ihr beide habt
ihn getötet.' Sie sagten: ,Neinl' Und während sie so im Streit waren,
horch! da hörten sie einen Aufschrei in der Höhle, und sie sahen Feuer-
zungen und hörten ihn — Allah verfluche ihn! — sagen: , Zu Hilfe!
Was habe ich mit dir zu schaffen, o Husain?' Da flohen sie eilends
davon. Und wenn's Tag war, sah man Rauch, war's aber Nacht ge-
worden, Feuerflammen aus der Höhle aufsteigen.«
Analecta haeretica. g:^
Der Ritter auf der Jagd, der von einem seltenen edlen Wild ver-
lockt in den verzauberten Berg gerät! So haben Muslime im Chalifen
Jezid I. eilten Träger gefunden für das frei neben der offiziellen Re-
ligion herlaufende Singen und Sagen, mit dem die Volksphantasie das
Reich der Geister aufzuritzen sucht, um sich einen Blick aus Fegefeuer
und Hölle zu stehlen. Die einzelnen Züge sind allvertraut: die bretoni-
sche Fee und ihre grotte-es-chiens, der weißer Rauch entsteigt ^).
Statt »weiße Jungfrau« wäre oben an sich auch die Übersetzung »weiße
Gazellenkuh« möglich. Vielleicht deutet das im Text gewählte Wort
::abja darauf hin, daß eine frühere Form an wirkliches Wild dachte
Dadurch ist man noch mehr an den weißen Eber im Lai de Guingamor ^j
oder an die weiße Hindin im Lai de Graalent und an den weißen Zehn-
ender im Dolopathos erinnert. Man denkt auch an König Artus und
Twrch Trwyth 3). Dem Deutschen ist hierfür am geläufigsten die Sage
vom Freiherrn Albrecht von Simmxrn 4), der auf der Verfolgung eines
großen schönen Hirsches in das unheimliche Geisterschloß gerät,
welches zu Feuer, Pech und Schwefel wird unter jammervollem Schreien
und Klagen der Geister. Diese Erzählung hat mit der JezTdsage
auch das vermeintliche historische Detail gemeint. Es werden wirk-
liche Personen genannt: neben dem Helden z. B. der Herzog Friedrich
von Schwaben, und die Erzählung schließt: »Die Geschichte hat sich
im Jahre 1 134 unter Lothar H. begeben. « Aus der iüdisch-talmudischen
Folklore ist man an Elisa' b. Abaja erinnert, den großen Gelehrten,
aber sündigen Menschen, der sich den bösen Namen Rabbi Aher, »der
Ausgeartete«, verdiente, und aus dessen Grab gleichfalls Rauch auf-
stieg 5). Aus dem jezidisch-'aditischen Legendenkreis hat FRA^K^)
eine gleiche Vorstellung bekannt gegeben. Ganz kann man hier auch
') W. Hertz, Spielmannsbuch 'i, Stuttgart- Berlin 1905. S. 67.
*) Ibid. S. 122 ff. und no. 6 auf S. 3S6.
3) Vgl. F. Lot in Romania XXV (1896) p. 590 f.
4) J. u. W. Grimm, Deutsche Sagen Nr. 528 in derAusgabe von 1816/18; vgl. auch
Hertz a. a. 0. 367.
5) T. Babli, Chag. 15 b, bei L. Goldschmidt HI 836; vgl. W. Bacher, Die Tan-
naiten 1890 I 433 no. 4. — NB. Die talmudische Würdigung des Rabbi Aber, nämlich die
Annahme seiner Lehren und Anerkennung seiner Wirksamkeit unter Verwerfung seiner
sittlichen Persönlichkeit, zeigt den antisektiererischen Katholizitätsbegriff im Judentum.
A. a. 0. wird der Grundsatz aufgestellt: »Die Gelehrsamkeit eines Schriftgelehrten ist
nicht verwerflich, auch wenn er gesündigt hat.« Und von Aher's großem Schüler, Rabbi
Meir, pflegte man zu sagen: »Er aß die Dattel und warf den Kern fort«, oder ». . . die
Frucht des Granatapfels und warf die Schale fort.« — Diese Stellen, freilich nur Gemara,
mögen als positive Ergänzung zu meinem Kultus der Zaiditen S. 72 no. 8 f, nachgetragen
werden.
6) A. a. 0. S. 66 u. no. i aus manäqib aS saih 'AdJ b. Miisäfir.
6*
84
R. Strothmann,
die Erinnerung an die althebräische Schekhinavorstellung nicht los-
werden: »des Tages eine Wolken-, des Nachts eine Feuersäule« ^j.
Die vorstehende Jezidlegende stammt in dieser Form von den
Feinden, ist also eine Version in malam partem, kann somit keinen
positiven Beitrag zur Frage: Jeziden und Jezid I. liefern. Immerhin
zeigt sie, wieviel Wunderbares der Name des Chalifen tragen konnte,
und illustriert durch eine argumentatio e contrario die Möglichkeit
jener sonderbaren Erzählungen von seiner wunderbaren Geburt, seiner
Ilypostasierung der Gottheit (Yezidi Texts) und der Verehrung des
Sandschak-Hahnes Jezid b. Mu'äwija, der durch 'Ömer Vehbi Pascha
konfisziert wurde -).
Ist es bei dem Omaijaden Jezid der Opfertod des einen vielver-
götterten Prophetenenkels, der seinem Namen den Fluch weitester
Muslimenkreise angehängt hat, so ist es bei dem *Abbäsiden Mansür
das Martyrium der vielen 'Allden, die sich zu regen gewagt oder auch
nur verdächtig gemacht hatten. Zugleich jedoch können auch seine
erbittertsten Gegner sich der Anerkennung seiner staatsmännischen
Fähigkeit nicht verschließen. Denn er konnte auch unnötiges Blut-
vergießen vermeiden, den nicht Unversöhnlichen Brücken zu sich
herüber bauen und wurde so unter den zerrissensten Verhältnissen
der Befestiger des Chalifates von Bagdad. Eine solche gegnerische
Würdigung, gemischt aus fürchtendem Haß gegen seine Tatkraft und
widerwilliger Achtung vor seiner Klugheit, hat ihren Ausdruck gefunden
in einer Erzählung, deren literarische Form ebenfalls altes Wandergut
ist. Es handelt sich um
3. E i n a p o k r y p h e s T e s t a m e n t des M a n .s ü r.
Nach Aufzählung vieler Opfer des Mansür führt unser selbe Badr
addin Muhammed b. Ahmed b. Jahjä b. Muzaffar in seinem oben
genannten at targiimän al ninjattih fort :
1. c. fol. 32 a *U<il ^.iiS *PJJ\3 J. cvlxs *.-.£ -^
- > }
(__t ^ (__t. ... ^ «^ . • (_t. ^
>^w.^vAoi *.P. X-t>..J-j ^.*j '.\sS .V.J , v-.-«^ -P, ^.^^S! sÄP J. eVÄJL^^^
o
.N.S-S /»-~Ä/«^ S-^2-* i,JÜ^ ^LoLe v*->Jl5 «i)->.iJ --a! ^zJ i^J^^Ji :^\^
') Exodus 13, 21. 22.
^) -Mustafa Nüri bei .Menzel a. a. 0. CLXXX\"I.
u
Analecta haeretica. gs
^Ai w l^JLiÄ^i LX3 f*-^^-i d^^^^* j.jiKi-j \jXiX^^ (As .nJ^Ä*.»]-; »wJjij
i;^^! .-:.>Lx ^-^.J ^_^IlX/> *J. - ;^».i-.J -^-*J '•>-i-5 *-^ •s-*:^ ^•-:-^ ^^^^
t^ ^»-g-Jlc wO^_. '.äjO liVj^i r)3^^^'^:^3 /T^'^^'^*"'"^ O^ (*"* C* '^ '^^
Jii ^^i ,;-o*4^!» ^vOfc^il üwiJl Q.*> tJ^-J' '-•♦^ •V;^ »wXiS i.i:^~o j*^;^' vS
lX.5 1 ^Ä> *w-2xii iL^j^!. *1-C! c>.>^'^ J^-J i^^i^J «A'i '1-^ i<\2\ N-Oi- <.-i.äj
ou3w;-J! . j'uiJ! JjoJ! ^<i^l c^i^ ZiJi i^^^i ^\v^^«--'-? ^^'>3 [Cod. J^^]
»Wie viele und aber viele Menschen hat al Mansür umgebrachtl
Der Bericht würde zu lang, wollten wir sie aufzählen. Drum wehe ihm
vor der Strafe Gottes; ja dreimal Weh! — Es ist überliefert worden:
Als sein Ende — • Allah verfluche ihn! — nahekam, gab er seinem
Sohne Mahdi ein Testament und sprach zu ihm: ,Du siehst, es geht
mit mir zu Ende. Ich baute dir diese Stadt, wie ihresgleichen weder
im Heidentum noch im Islam gebaut worden ist — er meinte Bagdad —
und ich sammelte dir Gelder und Heere, wie sie kein Chalif vor mir
gesammelt hat. Nun hinterlasse ich dich als Chalifen dieser Gemeinde.
Sie zerfällt in fünf Parteien. Die eine heißt Murgi'iten. Es sind Leute
der Rechtsprechung und der Zeugnisse ^). So gib ihnen etwas von
deinen Dingen dieser Welt, dann droht dir von ihnen kein Verderben.
Eine andere Partei sind die Mu'taziliten. Sie beschäftigen sich mit
dogmatischer Dialektik. Laß ihnen ihre Beschäftigungen, dann droht
dir von ihnen kein Verderben. Und eine andere Gruppe sind die
Härigiten. Sie vertreten Richtungen, die die Islämgemeinde verab-
scheut, drum kümmere dich nicht um sie! Eine andere Gruppe sind
die Imämiten. Sie erwarten einen Imäm, bei dem soll der Wunder-
mann (?) sein, und das Schwert in dessen Hand soll reden 3). Das
aber wird nicht eintreten. Und die fünfte Partei sind die Zaiditen.
Ihr Grundsatz ist: Empörung mit jedem sich Empörenden aus dem
Geschlecht der Fätime. Das halten sie für eine Glaubenssache und
I) Ist an die Anerkennung des bestehenden Rechtsstaates und seiner Rechtsein-
richtungen gedacht ? Vielleicht liegt auch eine Erinnerung daran vor, daß nach der Sage
der Murgi'it Abu Hanifa die Annahme eines Richteramtes abgelehnt haben soll, während
seine juristischen Schüler, schon ein Abu Jüsuf und Saibäni, solche Ämter bekleideten.
2) mu'-iiz ist mir unklar. (Sollten imäm und mu^giz dem näiiq und xämit entsprechen ?)
86 R. Strothmann, Analecta haeretica.
für eine ihnen auferlegte Pflicht. Drum richte dein Denken und
Trachten nur gegen sie, gibt es doch kein Verderben für deine Herr-
schaft außer ihnen.' Verwende deine Gelder und deine Heere gegen
sie!' — Siehe solch ein Testament! Allah verfluche den, der das
Testament machte, und den, der es empfing! Nicht hat Mansür —
AUäh verfluche ihn! — sich begnügt mit dem, was er getan hatte an
den edlen Gliedern des hl. Hauses und den hohen Imämen. Er be-
kräftigte dies noch durch das gemeine Testament. Herr Gott! Du
bist der gerechte, scharf untersuchende Richter, der den Knechten
austeilet nach Billigkeit!«
Politische Vermächtnisse sind eine beliebte Literaturform. Man
legt, über eine rein pragmatische Geschichtsdarstellung hinwegschrei-
tend, markanten Persönlichkeiten selbst als Forderung an die Zukunft
in den Mund, was sie noch unvollendet gelassen haben. In der Anlage
erinnert das Vorliegende stark an das Testament Davids in I. Kön. 2.
Der Standpunkt ist ausgesprochen der der Zaiditen, die stolz sind,
die einzige wirklich gefährliche innerstaatliche ecclesia militans zu sein.
Auffällig geringschätzig ist das Urteil über die Härigitengefahr. Ent-
weder beruht die Bemerkung, daß sie im Islam keine Sympathien
genössen, auf bequemem Neid, oder der Satz stammt aus einer Zeit,
da die Härigiten, oder was unter ihrem Namen ging, sich durch Ex-
zesse um allen Kredit gebracht hatten und in die entlegenen Reichs-
teile abgedrängt waren. Die Bemerkung über die Murgi'iten ist. falls
wir sie recht verstehen, ein Protest gegen jeden Kompromiß; die über
die Mu'taziliten, die doch den Zaiditen befreundet sind, eine energische
Betonung des staatsrechtlichen Motivs in der zaiditisch-schi'itischen
Frage; und zwar, wie der halb mitleidige Satz über die Imämiten zeigt,
im Sinne eines handfesten politischen Realismus.
Translations of the Greek Aphrodito Papyri
in the British Museum.
By
H. I. Bell.
(Continued.)^)
1434, 11. 17—26.
Phamenoth II, I3th ind., written Mecheir 2, same ind., by the — th
Warrant, brought -) by Ma'bad b. 'Abd al-Rahmän the Cou-
rier, for sailors for the acatia and dromonaria of the raiding
fleet of Egypt in the I4th ind., year 96, for 5 months without
supplies, giving to each for wages for the said 5 months, with
1/2 s. for provisions (on the journey) as far as the mouths (of
the Nile), yjz s.: —
Five Fields, 2^/2 sailors and provisions 1^4 s.
Two Fields, 1V2 sailor, provisions 3/4 s.
Total, 4 sailors at 2 s.
Same day, written Mecheir 2, I3th Ind., by the ist Warrant, brought
by Ma'bad, for sailors for the acatia and dromonaria of the
coastguard fieet at the mouths (of the Nile), in the present
I3th ind. and the raid of the I4th ind., year 96, 5 sailors for
7 months without supplies; giving to each for wages for the
Said 7 months, with 1/2 s. for provisions (on the- journey) as
far as the mouths, 4 s.: —
Village of Aphrodito, 5 sailors, provisions, 2^2 s.
Phamenoth 20, by letter of the Governor, by 'Ubaid b. Shu'aib
the Courier concerning a labourer 3) at Ainu '1-Jar who re-
turned to Babylon.
0 Vgl. Bd. II, 269 ff.; 372 ff.; HI, 132 ff.; 369 ff.
2) The proper extension of £>/-, here and elsewhere, is no doubt sve^^D^vto;, not Iv/w-
pi5&£vT0;, as stated in the note on 1. 17; cf. 1. 48, etc., v^ty^. The whole entry EyyiüpiCw
in the index should be deleted.
3) Or "labourers".
83 H. 1. Bell,
LI. 33—41-
. . . by the first do. (i. e. probably "warrant", iziSTaXjxa),
written Tybi 6, I3th ind., for the wages and supplies of one
labourer for a blacksmith employed on the orchard of the
Amir al-Mu 'minm . . . at Babylon for 6 months from Hathyr
6, I3th ind., 5 s.
By the — th Warrant, broughtPharmouthi2, I3th ind., and written
Phamenoth 3, same ind., for sailors for the castellated carabi
and two-banked galleys of the raiding fieet of Egypt in the
I4th ind., year 96, 29 sailors for 5 months without supplies,
eiving to each for wages for the said 5 months, with 1/2 s. for
provisions (on the journey) as far as the mouths, 3V2S.: —
[specification of the itcms, 11. 38 — 41.]
LI. 48—60.
Same day, by another brought by for sailors for the raiding
fleet of the Orient, 7 sailors for 6 months for 2 months
I s. to each sailor for provisions on the journey
Village of Aphrodite, 2^/2 sailors.
Five Fields, 2 sailors.
Pakaunis, l sailor.
Three Fields, 1V2 sailor.
Pachon 3, I3th ind., by the requisition of 2000 artabas of wheat
for the embola of the I4th ind. from the administrative district
of the village of Aphrodito, (assessed) by Apa Cyrus son of
Andrew, Victor son of Theodosius, and John son of Theodore
from [Aphrodito?], Menas son of Colluthus from Five Fields,
Andrew the priest from Two Fields, Theodore from Psyrus,
John the oil manufacturer on behalf of the monasteries, and
Pat and Panisneu from Poimen: —
[specification, 11. 54 — 56.]
Pachon 5. I3th ind., brought to Abutlg (or "to the magazine") in
accordance with the letter of the Governor for the post-horses
of the posting Station at the village of Mounachthe: —
Men of St. Mary, salary of the chief stableman, l person, 2 s.
Emphyteutae, wages of a groom, l person, 1V2 s.
Bounoi, I saddle, , I s.
. Keramion, i saddle, l s.
Pakaunis, I s., viz.: — 2 bits, Va s. 2 , V2 s.
Total, 6V3S.
LI. 71—79-
Payni, I4th ind., by letter of Käsim b. [ ], deputy (?) of *Usä-
Translations of the Grcek Aphrodito Papyri in the British Museum. 89
mah, written Pachon 20, I4th incl., for the dykes and canals
of your village, 50 men, and 13 cables, 13 chisels.
» [specification, 11. 73 — y6.]
Epeiph 4, by letter, 70 shirts of coarse quality for the subsidy of
the Government: —
[specification, 11. 78, 79.]
LI. 92—99.
By the Governor's Warrant brought Thoth 6, I4th ind., and written
Epeiph 28, I4th ind., for the cleaning of the barges {>) con-
veying wheat and other articles from Touo to Clysma, by
Muhammad b. Abi Habibah the Superintendent, for 4 months,
in the present I4th ind., 2 caulkers at 1V2 s. per month, 12 s.
One carpenter at 1V4S. per month, 5 s.
[specification, 11. 96 — 99. ]
LI. 107 — 118.
Total, lump iron, dirty, 3 quintals, when cleaned, 2 quintals.
scrap iron, dirty, 1^2 quintal, when cleaned, i quintal, 121/3
litrae.
By another brought Thoth 23, I4th ind., written Tybi l, I3th ind.,
price of — xestae of milk for butter, at l s. each, for making
butter for Government service, by Thaubän (?) and 'Umair
the commissioners of Stores, for 4 months, in the present I4th
ind.: —
Village of Aphrodito, 14 xestae, 14 s.
Emphyteutae, V2 ^- V2 s.
Pakaunis, wages and supplies of one labourer, 3 s.
St. Pinoution, 24 jars, 5/« s.
Psyrus, V2 X- V2 s.
Bounoi, Va^- V2 s.
Poimen, V^ ^- Va s.
Same day, written Mesore 24, I4th ind., for the requirements of
the carahi and acatia and other (ships) in thelsland of Babylon,
by Al-Käsim b. Ka'b the Superintendent, in the present I4th
ind., and (for) the raid of the I5th ind., 2 quintals of copper
chains, and if they make a money composition, 8V3 s. per
quintal: —
Village of Aphrodito, 2 quintals of copper chains, 16V3 s.
Same day, written Mesore 24, I4th ind., for the fitting up of the
carabi and other (ships) in thelsland of Babylon, by Al-Käsim
b. Ka'b the Superintendent, in the present I4th ind., and
90 H. I. B e 1 1 ,
(for) the raid of the I5th ind., — pads, and if they make a
money composition, l s. for 4V2 pads.
( [specification, 11. 117, 118.]
LI. 127 — 140.
.... which were requisitioned by Kurrah b. Sharik: —
Village of Aphrodito, 150 artabas of wheat at I s. per 10 ar-
tabas, 15 s.; 50 artabas of barley at l s. per 20 artabas, 2^2 s. ;
total, l7Va s. •
[etc. 11. 128—134.]
Phaophi 19, I4th ind., by another written Pachon 5, I3th ind., in
place of the sum advanced from the Treasury for part of
the wages of sailors and skilled workmen for the acatia in-
tended for the coastguard fleet at the mouths in the I3th
ind., year 95, who returned in the I4th ind., year 96.
[specification, 11. 137 — 140.]
LI. 148 — 160.
Hathyr 30, I4th ind., written Ilathyr 6, same ind., for blacksmiths
engaged in work on the carabi .... in the present I4th ind.,
3 labourers for 6 months: —
Aphrodito, 2 labourers.
Five Fields, l labourer.
By another brought Hathyr 7, I4th ind., written Epeiph 2, same
ind., for the building, cleaning, and fitting up of the ships of
Clysma by Muhammad b. Abi Habibah the Superintendent,
in the present I4th ind., year 96, 10 acacias, 55/6 s., 8 cables
of palm-fibre, 4-/3 s., 50 pads, 10 s. ; total, 2073 s.
[specification, 11. 153 — 160. ]
LI. 172 — 179.
Hathyr 18, I4th ind., by an order brought by Menas son of Kerker
the soldier from Apollonopolis: —
Paid for seed corn ^), 42^/3 s. •
For part of the carriage by camel, 20 s.
For money-composition for w^heat for the embola of the I2th
ind., 20-/3 s.
For the maintenance of the horses at Mounachthe, 9V2 s.
Hathyr 20, I4th ind., written Phaophi ii, I4th ind., for the com-
plement (of the requisition) for the cleaning of the carabi
and acatia and other (ships) in the Island of Babylon, by
Al-Käsim b. Ka*b the Superintendent, in the present I4th
^) Or possibly for expenses connected with the Operation of sowing; but it seems
likely that the word, properly "sowing", is here used of the corn sown.
Translations of the Greek Aphrodite Papyri in the British Museum. gi
ind., and (for) the raid of the I5th ind., year 97, copper chains,
3 quintals, their price being 62/3 s. per quintal; total, 20 s.: —
Vilkge of Aphrodite, 2 quintals of copper chains, 13V3 s-
Five Fields, V2 quintal, 3V3 s-, in arrear, requiring to be col-
lected by Victor the supercargo (?).
Pakaunis, V2 quintal, 3V3 s-, in arrear, requiring to be col-
lected by Victor the supercargo (?).
LI. 189 — 196.
By another brought Tybi 2, I4th ind., written Pachon 6, I4th
ind., for part of the supplies for the servants of the Amzr al-
Mu'minfn in Egypt, for 12 months, in the present I4th ind.,
year 96, 60 s.
[specification, 11. 191 — 196.]
L. 207.
By another brought — , written the same month, concerning pro-
visions (on the journey) for 15 sailors, at 1V2 s. per sailor,
for the raiding fleet of Egypt.
LI. 224 — 231.
By another brought Mecheir 17, written Tybi 7, same ind., for the
complement of copper chains, 2 quintals, at 62/3 s. each, for
the raiding fleet of the Sea, by Al-Käsim b. Ka'b and Yazid
b. Abi YazId, I5th ind., year 97: —
Village of Aphrodito, I quintal of copper chains, 6^/3 s.
Two Fields 50 litrae 3V3 s.
Emphyteutae 25 litrae i^J-^ s.
Poimen 25 litrae 1-/3 s.
Total, 2 quintals, 13V3 s-
By another brought Mecheir 13, I4th ind., written Hathyr 6, I4th
ind., furnished for the price of the underwritten articles for
supplies and maintenance of the horses of an Arab notary
in the suite of the most illustrious pagarch, for 2 months,
in the present I4th ind., 23/4 s. : —
In money, 2^/3 s., viz. : —
Sheep, 4 at V2 s. each, 2 s.
[?Oil], I measure, 6x., ^/^ s.
And from the embola, V2 artaba of wheat
5 quintals, V" s-
LI. 241 — 252.
By another brought , written Pachon 5, I3th ind., for the
complement of the wages of the underwritten sailors, 4 per-
sons, of your village sent to the Orient for the sailors of the
92 H.I.Beil,
acatia and dromonaria for the raid of the I2th ind., who set
out from Laodicea and returned in the present I3th ind.: —
Village of Aphrodito, John son of Apa Ter V2 s.
Phoebammonson of Gamoul. . Vz s.
Phoebammon son of Dionysius ^2 s.
George son of Bartholomew ... ^/z s.
.... the complement of the wages of Musaeus son of Pson
from Aphrodito, sent to the Orient, V2 s.
.... 4 arourasof fodder at I s. eachandpart of themaintenance
of 14 horses at the posting Station of Mounachthe ....
Kais b. 'Ayyar the Superintendent, for 4months in the present
I4th ind.: —
Five Fields, l aroura of fodder.
Three Fields, i aroura of fodder.
2 bits at V4 s. each, Va s.
wages of the chief stableman 2 s.
. . . . , 2 . . . . , V2 s.
wages of a groom, i person i^/zs.
.... 4 quintals of . . . . , 40 raw hides.
.... [by.^] Psoius the dioecetes, 5 raw hides, by the leather-
workcrs, 16 raw hides.
.... Apollos the prior, l quintal of , . . .
1435, I— 126^).
In God's name. Account of various taxes collected and spent by
Jeremias and Athanasius the collectors for the village of Aphro-
dito, in the I4th {}) ind
By w'arrants of the Governor.
-) Choiach — , I3th ind., for the cleaning of the carabi and acatia
and dromonaria which are in the Island of Babylon, by Al-
Käsim b. Ka'b, 25V3S. : —
I sailor at I-/3 s. per month, 6^/3 s.
1 blacksmith at 1-/3 s. per month 62/3 s.
2 caulkers at 1V2 s. each (.?), 12 s.
Tybi 6, I3th ind., for the wages and supplies of i labourer ....
for a blacksmith employed on the . . . . , lO s.
Mecheir 2, same ind., for part of the wages of Onnophrius ....
the pagarch of Latonpolis ....
1) After each requisition are specified the respective quotas of the village itself and
öf Babylon. These it seems unnecessary to translate, and I have therefore omitted them.
2) Before this line and several others is the word CTOtysI, "correct", "es stimmt".
Translations of the Greek Aphrodito Papyri in tlie British Museum. 03
Pachon 5, same ind., in place of the sum advanced from the
Treasury for part of the wages of sailors and skilled workmen
for^the acatia intended for the coastguard fieet at the mouths,
13V2 s.
Epeiph 2, 14 th ind., for the building, cleaning, and fitting up of
the ships of Clysma by Muhammad b. Abi Habibah the
Superintendent, Il5/6S.
(Acacias) of 8 palms and upwards, 5, at 7/12 s 2"/« s.
Cables of palm fibre, 5, at 7/12 s., 2"/i2 s.
Pads, 30 at IS. for 5, 6s.
Epeiph - — , same ind., for work at the mosque of Jerusalem ....
b. Yazid, l labourer for 6 months, with ^2 s. for provisions
,on the journey, 4^2 s.
Epeiph 28, same ind., for the cleaning of the barges (.?), conveying
wheat änd other articles from Touo to Clysma, for 4 months,
IIS.: — ■
I caulker, at 1^2 s. per month, 6 s.
1 carpenter, at 1^4 s. per month, 5 s.
Mesore 20, I4th ind. for the price of iron required for the carahi
and other Government orders (or "other ships by order of
the Government") for the raid of the I5th ind., year 97,
162/3 s.
3 quintals of dirty iron, to be reduced the third part for
waste. Remainder, clean, 2 quintals.
Thoth [ — ], same ind., for the cleaning of the ships of Clysma,
1 caulker for 6 months, for wages and supplies, with 1/2 s.
for provisions (on the journey), 9^2 s.
same ind., for the hauling, building, and cleaning of
acatia and other (ships) in the island of Babylon and the
allowance to the [Muhäjirfm}] serving on them, for five
months, 41-/3 s. : —
2 labourers at 3/4 s. per month, 7V2 s.
per month, 16-/3 s.
2 blacksmiths at 13/4 s. per (month), 17V2 s.
, same ind., for part of the wages and allowance of
Tolus {}).... with 8 artabas of wheat . . . ., SVs s-
For the price of 2 quintals of copper chains for . . . . at
8V3S., 16V3S.
Hathyr 6, same ind., for blacksmiths engaged on the carahi ....
and for wages and supplies at 3/4 s. per man per month, 6 s.
Mesore 24, I4th ind., for the requirements of the carahi, acatia,
94 H.I.Beil,
and other (ships) which are in the Island of Babylon, by
Al-Käsim b. Ka'b the Superintendent, in the present I4th ind.
and (for) the raid of the I5th ind., 2 quintals of copper chains
at 8^/3 s. per quintal, 16^/3 s.
Mecheir 15, I4th ind., for the price of 18 yokes for the conveyance
of Government slaves, 9^3 s.
Phamenoth 29, for the money composition for i milier (?) for the
carahi as an extraordinary requisition {}), 3 s.
, for the money composition for 22 labourcrs at . . . . your
village, II s.
Pharmouthi 18, for the price of l aroura of Standing fodder for
the post-horses of Mounachthe, by Phoebammon the chief
stableman, i s.
26, for the supplics of 2^/2 sailors at 1V2S. each, by Phoeb-
ammon son of Dionysodorus the supcrcargo (.''), for the
raiding fieet of the Orient, 33/4 s.
^) Same day, for the wagcs of ^2 sailor from Three Fields, by
letter of the Govcrnor, 1^2 s.
, for the wages of Pisynthius son of Ananias and .... Cosmas
the letter-carrier, 1V4S.
Pachon 20, same ind., for part of the carriage by 168 cameis which
carried .... and other articles, by Victor thesupercargo(?),4s.
Pachon 24, I4th ind., for the supplies of a Greek notary, by Victor
son of Theodosius the supercargo {}), 4s.
Mesore 8, same ind., for the money composition for l labourer
who fled from the carahi, viz, Pisynthius son of Ananias from
Keramion, for 4 months, 13/24 [sie).
Phamenoth ii, I4th ind., for the complement of copper chains,
2 quintals, for the cleaning of the carabi and acatia in the
Island of Babylon; 2 quintals of chains at 6^/3 s., 13V3S.
Hathyr 24, I4th ind., for the requirements of . . . . being made
.... 3/4 s., 3s.
Pachon 5, I3th ind., for the complement of the wages of the under-
written sailors, 4 persons, from your village sent to the Orient
for the sailors of the acatia and dromonaria of the raid of the
I2th ind., who set out from Laodicea and returned in the
• present I3th ind., 2 s.
[Names, 11. 66, 67.]
Pachon 6, I4th ind., for part of the supplies of the servants of the
') In the margin, "not entercd (?), look it up". The first word occurs in front of
two subsequcnt cntries.
Translations of the Greek' Aphrodito Papyri in the British Museum. g^
Aifiir al-Mu'minm in Egypt, for 12 months in the present
I4th ind., year 96, 15 s.
Thoth *5, I4th ind., for supplies and the keep of horses .... in
the present I4th ind., the sum which was requisitioned by
Kurrah b. Sharik from the emhola, 150 artabas of wheat at
I s. per 10 artabas, 50 artabas of barley at I s. per 20 artabas,
total 17V2 s.
Tybi 20, I3th ind., for the sailors of the acatia and dromonaria ....
5 sailors for 6 months with supplies for 2 months . . . . I s.
with V2 s. from the . . . ., 7V2 s.
Hathyr 20, I4th ind., for a shift {}) for the construction of the
mosque of Jerusalem . . . . b. Yazid the Superintendent, in
• the present I4th ind., year 97, 3 labourers with suppHes in
money for 12 months, viz. y^jzs. each including V2 s. each
for provisions (on the journey), 22^2 s.
Tybi 15, I4th ind., for supplies for the raiding fieet of the sea in
the I — th ind., from the embola, 136 artabas of loaves at I s.
per 8 artabas, with and carriage, 17 s., 34 , with
and carriage, 4"/i2 s., 24 measures of oil at V3 s- per measure,
8 s., 60 measures of sour wine at l s. per 15 measures, 4 s.,
144 collatha of salt, 4 s. Total, 37"/iz s.
Tybi 15, I4th ind., for the price of green Arabian fodder keep
of 14 horses at the posting Station of Mounachthe in the pagarchy
of Antaeopolis and Apollonopolis the Superintendent,
for 4 months, 2 s.
Tybi 30, I4th ind., for supphes for the fighting men of the coast-
guard fleet at the mouths, 15 artabas of wheat, 6 at
I s. per' 7,29/24 s.
By the village itself, 2I2"/24S.
Whereof: —
Borrowed for requisitions by Athanasius the notary (.?),
i99"/24 s.
Remainder requiring tobe collected by the village itself, 13s.:-
For the complement of the • • s.
For supplies and the keep of horses s.
Mecheir 2, I4th ind., for the sailors of the acatia and dromonaria
of the coastguard fleet at the mouths, in the present I3th ind.,
and (for) the raid of the I4th ind., year 96, 5 sailors without
supplies; giving to each for wages for the said ^) 7 months,
with 1/2 s. for provisions (on the journey) tothe mouths, 2V2 s.
I) The scribe apparently thought he had alrcady stated the tcrm of scrvice.
g5 H. I. Bell, Translations of the Greek Aphrodito Papyri in the British Museum.
Phamenoth 3, I3th ind., for the sailors of the castellated carahi
and two-banked galleys in the present I4th ind., year 96,
1 6 sailors for 5 months, with 1/2 s. for provisions (on the journey )
to the mouths, 8 s.
Account of Apa Cyrus son of Andre\v: —
Tybi 7, I4th ind., for the complement of (rcquisitions for) the
raiding fieet of the Sea, by Al-Käsim b. Ka'b and Yazid b.
Abi Yazid in the I5th ind., i quintal of copper chains, 6-/3 s.
24, for sailors of the castellated carabi and two-banked galleys
of the raiding fieet of . . . . , . . sailors and 2 caulkers, for
wages, 6 s. for each sailor and 9 s. for cach caulker, and for
their provisions (on the journey), l s. cach.
27, for the complement of the supplies for the raiding fieet
of the Sea in the I5th ind., 126 collatha of salt at I s. per
36 collatha, 3V2 s.
23, for sailors for the acatia and dromonaria of the raiding
fieet of the Orient in the I5th ind., year 97, 2 sailors, with
P/z s. each for provisions (on the journey), 3 s.
Excluding {}) the sums requisitioned by Apa Cyrus: —
For the moncy composition for 2 labourers for Jerusalem, for the
hamlet of P Joseph the soldier, and conveyance on
the ships of the .... sailors of the raiding fieet of Egypt, 35/34 s.
For the proceeds (? — or exchange.') of money repaid(.^) on the 13 s.
.... papyrisenttoPsine(moun), with 1/4 s.by the collectors,7/i2S.
Expendcd by Cosmas from Lycopolis, 5/6 s.
.... given to Muhammad concerning the cilicia, and with 3 ( .'^ ) of
Victor the supercargo (.''), 1^6 s.
Expended by Paul the . , . . , ^J^s.
.... wine for the letter-carriers and soldiers of the pagarch, 1^/3 s.
For the price of wine for the attendants at Abutig (?)... .oil, ^6 s.
Total, expended by Apa Cyrus, 795/24.
Whereof, collected by the same for the Ist and 2nd asscss-
ments, 69V3 s.
Remaindcr, 10^24 s.
Choiach 15, I4th ind., for the price of 124 artabas of wheat ....
for the rizk of the Muhäjirün, persons ('.?) on the registcr
' {} — thahat}) of the Al-Hamrawät {}) quarters at [Fustät t ]
for 3 months, in the — th ind from the arrears of the
emhola of your village, 33/24 s.
Pachon 5, I3th ind., for the encampment of Müsä b. Nusair ....
in the present I3th ind., ii s.
(T o b e c o n t i n II c d.)
\
Beiträge zur arabischen Papyrusforschung').
Von
Karl W. Hofmeier.
I.
Das System arabischer Steuerverrechnung im
9. Jahrhundert n. Chr.
In dem die amtlichen Urkunden enthaltenden Teile meiner im
Druck befindlichen Papyruspublikation ist meines Erachtens eine große
Steuerrolle, welche auf der einen Seite die auf fast vierzig Steuer-
pflichtige entfallenden Steuern und Taxen, auf der andern Seite die
Ausweise über die fiskalischen Einkünfte eines ägyptischen Landstriches
enthält, das interessanteste Dokument. Ich will mich diesmal darauf
beschränken, über die erste Seite dieser Urkunde einen eingehenderen
Bericht zu erstatten, der um so erwünschter kommen dürfte, als damit
ein vollständig neues Gebiet arabischer Papyrusforschung im allge-
meinen und altarabischer Besteuerungsmethode im speziellen zur Dis-
kussion gestellt wird.
Zunächst sei erwähnt, daß die Beträge dieser, auf zehn verschiedene
Rubriken aufgeteilten Steuern und Taxen in griechischen Zahlbuch-
staben ausgedrückt sind; diese sowie das System der griechischen
Bruchschreibung dürfen als bekannt vorausgesetzt werden. Ferner
ist bekannt, daß in griechischen Urkunden das Wort zervaTiov
durch ein vor die Zahl gesetztes Strichelchen abgekürzt wird ^j. Ebensa
') Unter diesem Titel gedenke ich in dieser Zeitschrift eine Reihe von Untersuchun-
gen und Studien zu veröffentlichen, die teils auf die Publikation der arabischen Urkunden
aus der Sammlung Papyrus Erzherzog Rainer, deren erster von mir herausgegebener Band
in der nächsten Zeit erscheinen wird, vorbereiten, teils dieselben begleiten sollen. Nachdem
ich die Absicht habe, erst nach Herausgabe einer größeren Anzahl von Urkunden (vielleicht
drei bis vier Bände) dieselben einer eingehenden kulturhistorischen Würdigung zu unter-
ziehen, wofür ein eigener Band vorbereitet wird, so werden diese Beiträge keineswegs eine
abgeschlossene Erörterung des Urkundenmaterials, sondern lediglich, in Verbindung mit
gelegentlichen Editionen kleinerer Urkunden, das für vorläufiges Verständnis der Editionen
unbedingt Notwendige enthalten.
*) Wie mir Prof. Wilken mitteilt, ist diese Abkürzung aus 7.' = ^ = / entstanden-
Ulain. IV. 7
gg Karl VV. Hofmeier,
wird dies auch in den arabischen Urkunden gehandhabt, nur mit dem
Unterschiede, daß ganze Karate sowie dessen Halb- und Viertelteil
durch Teilung des Binäres gebildet werden und daß das Karatstrichel-
chen nur dann vor die Zahl tritt, wenn es sich um weitere Bruchteile
des Karates handelt.
Während also in griechischen Urkunden, selbst in den aus arabi-
scher Zeit stammenden i), Beträge wie i Karat, 2 Karate, 3 Karate
usw. durch (^n, ^ß, ^y usw. dargestellt werden, läßt sich eine solche
Methode in arabischen Texten bis heute nicht nachweisen.
Der Dinar, die arabische Goldmünze, wurde bekanntlich in 24 Ka-
rate 2) geteilt, und da — wie gesagt — ganze Karate durch Teilung
des Dinars ausgedrückt werden, lassen sich beispielsweise folgende
Formen urkundlich belegen: i Karat: x8' = ^V (sc. Dinar), 2 Karate:
iß' = JL (sc- Dinar), 5 Karate: ^'xo' oder r/tß' = (i+ oV) oder (l + yV)
(sc. Dinar), 12 Karate: j = \ (sc. Dinar), 16 Karate: y. = | (sc. Dinar)
usw. Nach demselben System wurden auch die Beträge von \ Karat
und \ Karat dargestellt, und zwar \ Karat durch !xr/= ^jL (sc. Dinar)
oder die hierfür übliche Verkürzung ^ und J- Karat durch !! = ^rV (sc-
Dinar). Das Zeichen ^ war bekannt 3), dagegen glaube ich, daß das
Zeichen für -^ hier zum ersten Male nachgewiesen wird. Ich selbst
wußte, als ich es in der zu besprechenden Urkunde mehrmals fand,
nichts damit anzufangen, errechnete dasselbe auf einem weiter unten
erwähnten Wege als -gL und hatte dann die Genugtuung, daß die paläo-
graphische Erklärung, die mir Prof. Wilken gab, indem er mir zeigte,
daß das !! aus ^'^' entstanden sein müsse, mit dem von mir durch
Rechnung gefundenen Resultate übereinstimmte.
Nun bin ich aber in der Lage, noch weitere Unterteilungen des
Karates nachzuweisen, die sämtlich in der zu erörternden Urkunde
vorkommen; allerdings vermag ich mir kein Urteil darüber anzu-
maßen, ob solche Unterteilungen in der großen Literatur der griechi-
schen Paläographie und Papyrusforschung schon irgendwo besprochen
wurden; für die arabische Altertumswissenschaft ist dieser Nachweis
jedoch bestimmt neu. Ich kann nämlich folgende Beträge urkundlich
belegen:
Ich habe in den Transkriptionen, um eine Verwechslung mit andern Strichelchen zu ver-
meiden, das Zeichen ^ beibehalten, obwohl es in den mir vorliegenden arabischen Urkunden
immer nur / geschrieben wird.
1) So sehr häufig in Bell's Edition der griechischen Urkunden des Aphrodito-Fundes.
2) Ich behalte im folgenden den geläufigeren Ausdruck »Karat« auch für das arabische
kirät (_b!.>j5) bei.
3) Zuerst nachgewiesen von Prof. K. Wessely bei Karabacek, Der Papyrusfund
von el-Fayüm.
Beiträge zur arabischen Papyrusforschung. qq
_l_
^y, = |- Karat, also -^^ Dinar = ^l. Dinar.
3"
^Y = l' Karat, also -^^ Dinar = yL Dinar.
j_
^^' = 1 Karat, also -^ Dinar = yti Dinar.
1
^iß' = ^ Karat, also ^^ Dinar = -^^ Dinar.
Das erste Mal tauchte in arabischen Urkunden eine solche Unter-
teilung in einem von Abel publizierten Papyrus der Berliner Sammlung
auf ^). Dort kommt nämlich im Registraturvermerk das Zeichen ^^'
vor 2); Abel wußte hiermit nichts anzufangen; Karabacek, der
Abel's Edition einer eingehenden Besprechung unterzog 3), glaubte
in dem dem ^' vorgesetzten Strichelchen das Dirhamzeichen zu sehen,
und das Resultat gab ihm anscheinend recht. Im Registratur-
vermerk dieser Urkunde heißt es nämlich: «^y'/o'^y', also l + |^ + :^ -j-
^^T + 9^' = ii + ^-^'' ^^ Texte dagegen: ^\^J ^^.ij ^»> ouaj^ ^Luö,
also (i + 1 + 1 + i) Dinar + i Dänik = |f Dinar + i Dänik; den-
noch muß also ^^' = I Danik sein. Unter diesen Umständen lag es
allerdings bei nur oberflächlicher Untersuchung nahe, das Strichel-
chen vor dem ^' als Dirhamzeichen anzunehmen, denn tatsächlich ist
A Dirham = i Dänik. Dennoch hat Karabacek unrecht. Ganz ab-
gesehen davon, daß im arabischen Ägypten Steuern immer in Gold
ausgedrückt, ja selbst, wenn sie in Silber eingezahlt wurden, sofort
in Gold umgerechnet werden mußten, wäre dies das einzige u n -
belegbare Beispiel dafür, daß das fast immer die Karatrechnung
andeutende Strichelchen plötzlich einen ganz andern Sinn haben
sollte, der außerdem paläographisch absolut nicht zu
erklären wäre.
Das ominöse Strichelchen bedeutet auch in dieser Urkunde nichts
anderes als den Hinweis auf die Karatteilung, und ist demnach ^^' = -J-
Karat zu lesen. Hiermit scheint wohl das diesem Betrage entsprechen
müssende / iib (Dä,nik) des Textes nicht übereinzustimmen, aber
auch dies ist nicht der Fall, wie ich zeigen will.
Die von Abel publizierte, aber weder von ihm noch von Kara-
bacek richtig gedeutete Urkunde wächst eben weit über die Be-
deutung einer gewöhnlichen Steuerquittung hinaus und verrät uns den
I) Ägyptische Urkunden aus den königlichen Museen zu Berlin. Arabische Urkunden
I. Bd., I.Heft, S. 9, Nr. 7.
*) Auch hier steht vor dem ^' nur ein Strichelchen.
3) WZKM, XI. Bd., S. 12.
lOO • Karl W. Hofmeier,
ägyptischen Silberkurs des Jahres 260 d. H. = 873/74 n.Chr., wie ihr
Datum lautet, was gewiß für die Geldgeschichte äußerst interessant ist.
Bekanntlich herrschte in Ägypten die Goldwährung, und demnach
war der Silberpreis je nach der wirtschaftlichen Konjunktur schwan-
kend. Für das 3. Jahrhundert d. H. kann beiläufig der Kurs von
22 — 25 Dirham (Silber) pro l Dinar (Gold) angenommen werden.
Die Berliner Urkunde setzt nun nichts anderes voraus, als daß
im Jahre 260 d. H. der amtliche Silberkurs in Ägypten nach dem
Ansätze 24 Dirham = l Dinar galt. Wieso.'' Nach dieser Voraus-
setzung muß I Dirham = ^V Dinar sein ^), also -J Dirham = yi-^ Dinar
= l Karat und da I Dänik = J Dirham ist, so trifft die Gleichung zu:
I Dänik = y|-y Dinar. Aus dem Gesagten geht also hervor, daß unter
der Annahme eines Silberkurses, von 24 Dirham = l Dinar, die von
der Berliner Urkunde verlangte Gleichung ^^' (J Karat = y^J^ Dinar)
= I Dänik tatsächlich zu Recht besteht.
Man sieht also, daß Karabacek's Theorie, die ohnehin ein Unikum
wäre, gar nicht notwendig und, wie ich noch zeigen werde, direkt
falsch ist.
Auf die Unmöglichkeit dieser Theorie hätte Karabacek schon
durch eine von ihm selbst, 1. c. aufgestellte Behauptung kommen müssen.
Er setzt nämlich den Dänik oder den Sechsteldirham = ?, Karat.
Das ist für Ägypten im 3. Jahrhundert d. H. ganz und gar ausge-
schlossen, denn da der Dinar = 24 Karate ist, so käme man nach der
Gleichung Karabacek's zu einem Kurse von 12 Dirham = i Dinar.
Nun wissen wir aber bereits seit langem, daß schon am Ende des 2. Jahr-
hunderts d. H. der Dinar im allgemeinen \'erkehr mit 20, bei den Be-
hörden aber sogar mit 22 Dirham berechnet wurde *), um in der Mitte
des 3. Jahrhunderts bis auf 25 Dirham zu steigen. In der zweiten
Hälfte dieses Jahrhunderts vollzog sich im Silberkurs eine kleine Besse-
rung, die aber im 4. Jahrhundert in Ägypten einer unaufhaltsamen
Goldhausse Platz machte 3). Von einem offiziellen Kurse von 12 Dirham
= I Dinar, der vielleicht in den östlichen Ländern des Chalifenreiches,
in denen die Silberwährung herrschte, vorgekommen sein mag, für das
3. Jahrhundert in Ägypten gewiß nicht nachweisbar ist. kann um so
weniger die Rede sein, als uns ein für das Silber viel schlechterer Preis
I) Der Wert des Silberdirhams trifft hier also mit dem des Goldkarates zusammen.
*) Vgl. Kremer, Über das Einnahmebudget des Abbasiden-Reiches, S. 7 f.; diese
Notizen beziehen sich noch dazu zum größten Teil auf die östlichen Provinzen, in denen
das Silber immer besser stand.
3) Worüber al-Makrizi, al-Chitat, II, zahllose Notizen enthält; einige von
diesen sind bei Sauvaire, Materiaux pour servlr a l'histoire de la Numismaiique et de la
Metrologie Musulmanes, Extrait du Journal Asiatique Nr. 14 (1879), S. 270 ff. zu finden.
Beiträge zur arabischen Papyrusforschung.
lOI
nicht nur durch die erwähnte Berliner Urkunde, sondern auch durch
mehrere Papyrus der Wiener Sammlung ^) verbürgt ist.
Die Entzifferung der Zahlen, die aus mehreren Brüchen zusammen-
gesetzt sind, ist in der zu besprechenden Steuerrolle manchmal nicht
leicht; besonders jene Gruppen, in welchen Karatbruchteile vorkommen,
bieten häufig ziemliche Schwierigkeiten; ich führe folgende Beispiele an:
H^
^
Fig. I. Flg. 2. Fig. 3.
Fig. i: 5^tV^?' = i ^^"^'' + 3 ^^^^^ + -jiö Karat = (i +t¥ + ^ir) Dinar.
Fig.2:^r/^^vVß'=(i+i+4V)I^inär+(i + 3V)Karat = (i+i+Ä+TV+TiT) Dinar
Fig. 3 : y:f^^'w( = (I + 2V + A) Dinar + i Karat = (f + öV + 4V + tV) Dinar.
Um schließlich noch das Schema der Steuerrolle klarzumachen,
gebe ich im folgenden den Kopf und eine Zeile dieser Urkunde:
9<
llllllllll
i^'-i"
tri'
1
ii
^O
•xJL^i
J_iO
xo ^
.^J
Li
c^
.>LiJ
oV-.ß'
5^;^!
jj
f^?'
J-!J>
i^v
<->w«3
^1
JjO
^S^
J
^i
^^':i^TViß'
//////////
J, K.^)
Übersetzung:
Es hat bezahlt . . dr. müra3) ChaeH) für sich persönlich 5)
iK.
') Z. B. PERF. Nr. 771, aus welchem für das 9. Jahrhundert n. Chr. ein Kurs von
25 Dirham = i Dinar zu konstatieren ist.
-) K. = Karat; D. = Dinar.
3) Vielleicht: nö^TePMO^Te.
4) JoJ' = X^H\; der Name ist so häufig, daß kein Wort darüber zu verlieren ist
5) Aus typographischen Gründen wurden die Zeilen gebrochen, im Original läuft
die Zeile vom ^i3' bis zur Rubrik „».^ji-
I02
Karl W. Hofmeier,
Das Silbergeld:
Die
Abzüge :
Das Agio:
Die
Quittierungs-
gebühr :
Es bleibt
übrig :
Die
Grundsteuer:
Die
Kopfsteuer:
Die
Weide-
steuer:
Dinar
Dinar
Dinar
Dinar
Dinar
Dinar
Dinar
Dinar
+ a+TV)K.
|K.
^D. + xK.
■iV K.
iD.+tVK.
(i + tV) d.
(tV + tV)^-
•
Bevor ich nun den ganz merkwürdigen und hochinteressanten
Verrechnungsmodus schildere, seien der Benennung der einzelnen
Rubriken einige Worte gewidmet.
Die erste Zahlenrubrik steht vor der Zeile; ihr Kopf fehlt leider,
und dies ist um so bedauerlicher, als wir keinerlei Anhaltspunkte für
die Benennung dieser Rubrik besitzen, außer daß wir in einzelnen
Fällen, in denen bei der Bemessung der Beträge für die Rubrik »al-
Wadä*i*» Fehler unterlaufen sind, feststellen können, daß in dieser
Kolumne Beträge eingesetzt sind, durch welche jene Fehler ganz oder
teilweise gut gemacht werden. Ich nenne diese uns dem Namen nach
unbekannte Kolumne: »Rubrik X«.
Die nächste Zahlenkolumne ist in der folgenden Rubrik, die die
Namen der Steuerzahler enthält, zu suchen, und zwar stehen die Be-
träge meistens auf dem langen Verbindungsstrich des Wortes » ■*>Äi^),
seltener an andern Stellen, wie z. B. bei dem oben angeführten sche-
matischen Beispiele unter dem ^. Manchmal sind in diese Rubrik
auch zwei Beträge eingestellt, und dies zumeist dann, wenn auch
diese Kolumne zur Korrektur etwaiger, bei der Bemessung von al-
Wcu^dH^ unterlaufener Fehler herangezogen wird. Da wir auch den
Namen dieser Rubrik nicht kennen, so nenne ich sie: »Rubrik Y«.
Was die nun folgenden Kolumnen betrifft, so darf ich wohl an
dieser Stelle von einer Erörterung der Benennungen „t Ji (die Grund-
steuer), -xJLiL (die Kopfsteuer), ^\J,\ (die Weidesteuer), ^yj,\ (die
Wiesensteuer) absehen. Das Allgemeine über diese Abgaben, die
Wiesensteuer vielleicht ausgenommen, ist in C. H. Becker's Arbeiten *)
zu finden, und eine detaillierte Untersuchung müßte den Rahmen
dieses Aufsatzes weit überschreiten. Bemerkt sei nur, daß unter Grund-
■) Über dem » des >uw.ff.'' steht zumeist ein Haken, manchmal auch nur ein einfacher
Strich; d&s ist zweiieUos das im Kitab Mafäti/i-al-'Ulüm, ed. van Vldten, S. oa erwähnte
Zeichen der Vergleichung (iÜbLäXI iL*^), das jüjL^i (al-Dschä *iza) genannt wurde
und das der Steuerkontrolleur zum Zeichen der vollzogenen Revision einsetzte; dieses
Zeichen ist in arabischen Steuerlisten fast immer zu finden.
») So besonders in dessen Beiträgen zur Geschichte Ägyptens unter dem Islam wie auch
in dem grundlegenden Kapitel »Zur Kenntnis der Steuerverwaltung« seiner Edition der
Heidelberger Papyrussammlung.
Beiträge zur arabischen Papyrusforschung. IO3
Steuer nur dreimal, unter Weidesteuer nur zweimal i) und unter Wiesen-
steuer überhaupt keine Beträge eingestellt sind, obwohl die Urkunde
fast vierzig» Steuerzahler ausweist.
Der Titel der unmittelbar auf die Namenskolumne folgenden
Rubrik al-Warak (das Silbergeld) bezieht sich natürlich auf die Wäh-
rung der eingezahlten Steuerbeträge; aber das unmittelbar unter diesem
Worte stehende .Lj (Dinar) beweist uns, daß die Zahlungen wohl
in Silber geleistet, daß aber die Beträge gleich auf Gold umgerechnet
und in Gold ausgedrückt wurden. Nachdem in diese Rubrik jene
Beträge eingestellt sind, die die Endsumme, d. h. die mit Einschluß
aller Steuern und Taxen an den Fiskus zu leistende Abgabe ausweisen,
so nenne ich diese Kolumne »Gesamtsteuerbetrag«.
Die nächste Rubrik ist al-WaddH" (die Abzüge) betitelt; was das
für »Abzüge« waren, weiß ich nicht; hoffentlich wird die Papyrus-
forschung hier noch Klarheit schaffen. Weil im folgenden auch
von andern Abzügen die Rede sein wird, so setze ich dies Wort dort
wo es al-Wadä^i" bedeutet, unter Anführungszeichen (»Abzüge«).
Hierauf folgt nun die Rubrik as-Sarj (das Agio, Aufgeld). Dieser
Ausdruck, den auch unsere Wörterbücher im gegebenen Sinne kennen,
kommt in den alten arabischen Steuerurkunden überaus häufig vor;
so habe ich, um Beispiele zu nennen, folgende Verbindungen gefunden:
»Vier Dinare des Mi/^a/fußes alles in allem, ohne Agio und zu den ihm
bestimmten Terminen«, oder »ein Dinar ohne Agio« oder »acht Dinare
und ein Sechzehntel Dinar des Mii^dliuQes ohne Aufgeld und ohne
Abzug« oder »iV Dinare richtig zugezählter Münze, in vollem Ge-
wichte, ausgenommen das Agio für die Umwechslung« 2).
Diese Rubrik wäre in unserer Urkunde ohnehin mit Bestimmtheit
zu erwarten, da ja die Beträge in Silber eingezahlt wurden und demnach
die Einhebung des Agios in einem Lande, in dem die Goldwährung
herrschte, selbstverständlich ist. Die Höhe des Agios richtete sich
natürlich nach dem Silberkurs, und können wir sie — wie ich zeigen
^-erde — für die vorliegende Urkunde genau feststellen. Der Staat
war eben unter Umständen selbst in jenen Provinzen, in denen sich
noch seit der byzantinischen Herrschaft die Goldwährung erhalten
hatte, gezwungen, bei seinen Kassen Silber in Zahlung zu nehmen, da
ja die ärmere Bevölkerung wohl in den seltensten Fällen über Gold-
') Hiervon aber einmal nur unvollständig erhalten.
2) Sämtliche bezogenen Urkunden, werden im ersten Bande meiner Publikation
Arabische Urkunden aus den Papyrus Erzherzog Rainer publiziert und sind zum Teil schon
gesetzt.
104 Karl W. Hofmeier,
Vorräte verfügte. Tatsächlich sind, einen Einzigen ausgenommen,
sämtliche Steuerzahler unserer Urkunde als idwj'Üi »die Armen«
bezeichnet, ein Terminus, den die Steuerbehörde — wie aus vielen Ur-
kunden hervorgeht — auf die allerärrasten Schichten der Bevölkerung
bezog, die aber nichtsdestoweniger in sehr strenger Weise zur Be-
steuerung herangezogen wurden.
Die nächste Rubrik ist al-Barä^a betitelt. Im amtlichen Verkehr
bedeutet dieser Ausdruck »Steuerquittung« ^). In unserer Urkunde
würde aber dieser Ausdruck nicht ganz zutreffend sein, sondern da
aus den in dieser Kolumne ausgewiesenen Beträgen hervorgeht, daß
für die Quittung eine Taxe eingehoben wurde, kann kein Zweifel
darüber herrschen, daß wir es mit einer »Quittierungsgebühr«, in
welchem Sinne das Wort, soviel ich weiß, noch nicht nachgewiesen
wurde, zu tun haben.
Über die Benennung der nun folgenden Rubrik »Es bleibt übrig«
ist an und für sich nichts zu sagen; der für sie gebrauchte Ausdruck
beweist uns aber, daß in der Steuerrolle selbst eine Substraktion durch-
geführt wurde. Dies bringt uns nun auf die wahre Bedeutung dieser
Urkunde, auf das in ihr durchgeführte System der Steuerverrechnung.
Es geschieht das erste Mal, daß ein solches System zur Diskussion
gestellt wird; deshalb darf man aber auch nicht erwarten, daß das
Thema jetzt schon erschöpfend behandelt werden kann; es wird sicher
auf Grund anderer Urkunden möglich werden, manches prägnanter zu
umgrenzen, anderes wiederum überhaupt erst zu verstehen.
Betonen möchte ich vor allem, daß ich die Zahlenverhältnisse der
einzelnen Rubriken zueinander nicht als das Wichtigste ansehe; diese
Verhältnisse haben sich gewiß im Laufe der Zeit geändert und waren
vielleicht nicht einmal in ganz Ägypten gleich; was das Wichtige ist,
das ist das System, und dessen Grundlagen dürften im folgenden wohl
so ziemlich geschaffen sein.
Im System liegt der Hauptwert dieser Urkunde, deren einfache
Edition und Übersetzung nicht übermäßig schwierig gewesen wäre,
die aber ihre wahre Bedeutung erst durch eine systematische Durch-
arbeitung erhielt, eine Bedeutung, die es hoffentlich mit sich bringen
wird, daß die von mir im folgenden aufgestellten und bewiesenen
Thesen bald einen weiteren Ausbau durch andere ähnliche Urkunden
erhalten werden.
') Mafäli/i-al-'Ulüm, S. cöl: ,^3^ ^-y^i-^ '^ X^\ UI^V^ '^ »^L"^'
Sjj\ ^Jv3^J U al-Barä'a ist eine beweiskräftige Urkunde, welche der Säckel- und Schatz-
meister dem Zahlenden ausstellt über das, was er ihm bezahlt.
Beiträge zur arabischen Papyrusforschung. jqc
I. These.
Wenn wir von dem in der Rubrik al-Warak eingestellten »Gesamt-
steuerbetrage« jene Taxen abziehen, die in den Rubriken X, Y, al-
WaddH'- (»die Abzüge«), as-Sarf (»das Agio«), al-Bara'a (die Quittungs-
gebühr«) eingetragen sind, so bleibt jene Summe übrig, die in der
Rubrik »Es bleibt übrig« ausgewiesen ist.
II. These.
Dieser Rest entspricht unter der Voraussetzung, daß der betreffende
Steuerzahler außer der Kopfsteuer keine andere Abgabe zu zahlen
hatte, genau dieser Steuer; war der Steuerzahler aber auch grund- oder
weidesteuerpflichtig ^), so ist der unter »Es bleibt übrig« ausgewiesene
Betrag gleich der Summe aller jener ordentlichen 2) Steuern, die dem
Steuerpflichtigen vorgeschrieben worden waren.
III. These.
Die »Abzüge« (al-Wa^äH^) sind nach der Formel al-WadäH^
= '- gebildet; demgemäß stellte der Steuerbeamte nach
folgender
unter die »Abzüge« ein.
1
» 2 " " "
1
1
1
i
«8 '' '^ «
" .»12
JL
» 1 2-J
Tabelle
A
7I- Warak)
JL.
12
Dinar
n
2V
n
r
1
36
V I
d. i. 1 Karat
n
is
n
»
72
n 1
, d. i. i Karat
n
sV
«
T»
l
111
n »
d. i. i Karat
VI
288
V )
d i -L
Ferner besaß er, wie aus der Steuerrolle hervorgeht, für die Be-
rechnung noch folgende Durchführungsbestimmungen:
§ I. a) Unter ^/-W^am^ (dem »Gesamtsteuerbetrage«) eingetragene
Brüche, die kleiner sind als -^ Dinar, brauchen für die
Berechnung der »Abzüge« nicht berücksichtigt werden,
b) Für die Berechnung darf nur ein unter al-Warak einge-
tragener -5L Dinar vernachlässigt werden.
§ 2. a) Brüche, die kleiner sind als 2^- Dinar, können auf diesen
Betrag abgerundet werden, worauf dann die »Abzüge«
[al-WadäH"-) nach dem aufgerundeten Betrage bemessen
werden.
I) Für Wiesensteuer ist — wie oben gesagt — in der ganzen Urkunde kein einziger
Betrag eingesetzt.
^) So nenne ich die tatsächlichen Steuern zum Unterschiede von den Taxen.
I06 • Karl W. Hofmeier,
b) Auch ohne daß eine Aufrundung vorgenommen wird, darf
für die Berechnung der »Abzüge« der »Gesamtsteuer-
betrag« um -Jj Dinar erhöht werden ^).
§ 3. In allen jenen Fällen, in welchen unter die »Abzüge« Beträge
eingestellt sind, deren Bildung aus irgendwelchen Gründen 2)
nicht nach Tabelle A und den dazu gehörenden Durchführungs- #
bestimmungen vorgenommen wurde, sondern die um mehr ^
als die zulässige Fehlergrenze (vgl. Note l) niedriger sind, j?
wird der Fehler dadurch ganz oder bis zur zulässigen Fehler-
grenze gut gemacht, daß unter die Rubriken X, Y oder
Agio höhere als die zu erwartenden Beträge eingesetzt werden.
IV. These. -^
T^A/^,- ,,T- , r.,5 al-Warak
Das Agio [as-Sarf) ist nach der rormel: as-Sarf = ^
48 ■;.
gebildet; demgemäß stellte der Steuerbeamte nach folgender ^
Tabelle B
für je I Dinar des »Gesamtsteuerbetrages« {al- II 'arak) {^^ + Jg) Dinar unter das Agio ein.
" •' V24 1^ 9 U/ •' •? '^ " n
t
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»
n
('-J--I — J—")
v:)8 1 144/ •'
,d.
i.CI+J.) Karat
1
,d.
i. 1 Karats)
\Tl 'l"2H») r
,d.
i.Q + ,V Karat
tV
,d.
i. j Karat 4)
Til
,d.
i. i Karats)
288
.d.
i. ,', Karat«)
') Kurz gesagt: die zulässige Fehlergrenze nach oben und unten beträgt .^ Dinar
für die Bemessungsgrundlage, und da von -^ Dinar die »Abzüge« -^^^ D. = J^ K. sind,
eben diesen Betrag für die nach al-Warak bemessenen Taxen. Dabei hatte der Steuer-
beamte vollständig freie Hand für sein Vorgehen, und scheint er sich lediglich dann für
eine der angegebenen Methoden entschlossen zu haben, wenn er glaubte, dadurch die Rech-
nung für sich einfacher und kürzer zu gestalten.
*)DieseGründe können wir jetzt noch nicht eruieren, sondern nur dieTatsache feststellen.
3) Nachdem für ^ Dinar das Agio mit (V^ -]- ^jL) Dinar berechnet ist, sollte man für
•^ Dinar erwarten: (-^ig + x^a) Dinar; den letzteren Bruch j^^ konnte der Araber aber offen-
bar mit dem ihm zur Verfügung stehenden griechischen Zahlzeichen nicht darstellen (er
wäre = i Karat, also ^rp, weshalb der nächsthöhere nämlich j-\j Dinar, gewählt
wurde; für J Dinar ergibt sich hieraus als Agio: (J^ + ^J-j) Dinar = j'*j Dinar = J^
Dinar = -| Karat.
4) Eigentlich wäre zu erwarten: (g\ + 3^-^) Dinar; aus dem in der vorigen Urkunde
erwähnten Grunde wurde jedoch (Jg + 2-|-g) Dinar eingesetzt; dies entspricht dem Betrage
^ Karat, denn (Jg + 2^) Dinar — -^^ Dinar = Jj Dinar = l Karat.
5) Eigentlich wäre nach dem für i Dinar geltenden Agio für J^ Dinar: (jj-j + -jJ^)
Dinar zu erwarten. Nachdem aber derart kleine Beträge für die Berechnung immer
vernachlässigt wurden, nachdem sogar der kleinste Bruch, für den griechische Zahl-
zeichen verwendet wurden, jj-g Dinar — J^ Karat war, so ließen die Steuerbeamten den
zweiten Bruch überhaupt außer Betracht.
6) Ist direkt aus dem für J^ Dinar zu Recht bestehenden Agio abgeleitet.
Beiträge zur arabischen Papyrusforschung. JO?
Die § I und 2 der für die Berechnung der »Abzüge« geltenden
Durchführungsbestimmungen bilden auch die Grundlage für die Be-
messung des*Agios.
Sind jedoch die »Abzüge« (vgl. oben § 3) zu niedrig bemessen,
so wird, um diese Differenz auszugleichen, das Agio höher bemessen
als nach der Tabelle B zu erwarten wäre, so zwar, daß hierdurch und
durch eine gleichzeitige Erhöhung der in der Rubriken X und Y voraus-
zusetzenden Beträge das Manko ganz oder bis zur gesetzlichen Fehler-
grenze (siehe S. 106, Note i) gedeckt wird.
V. These.
Die Quittungsgebühr [al-Barä^a] ist nach der Formel: al-Barä^a =
dS'Sctvf
^-^ gebildet ; demgemäß stellte der Steuerbeamte z. B. für ^ Dinare
Agio Y^-y Dinar unter die Quittungsgebühr ein; wenn aber nun as-Sarf^
trotzdem es bis auf I2tel Karate oder 288stel Dinare gebracht wird,
keinen durch 10 ohne Rest teilbaren Zähler ergibt, so hatte der Steuer-
beamte das Recht, den Agiobetrag nach oben oder unten bis zur näch-
sten durch 10 ohne Rest teilbaren Höhe abzurunden und von dem ab-
gerundeten Betrage die Quittungsgebühr zu bemessen.
Bevor ich nun daran gehe, die aufgestellten Thesen durch einige
spezielle Beispiele zu beweisen, sei noch bemerkt, daß aus den Thesen
III, IV und V hervorgeht, daß die Quittierungsgebühr: den »Abzügen«:
Agio sich verhalten muß wie i : 8 : 10 unter der Voraussetzung, daß
diese Beträge alle vollständig richtig, d. h. ohne Zuhilfenahme des Aus-
nahmeparagraphen (Tabelle A, § 3) gebildet sind, denn:
,. ^ .. ,.., Agio . . ^:i al-Warai^ , ...
die Quittierungsgebühr = ; Agio= ^5 , demnach die
10 4°
^ .^. , , al-Warak
Quittierungsgebühr = -
die »Abzüge« =
96
al- WaraJ^ _ 8 al- VVarak
12 " 96
... 5 al-Wara^ \0 al- VVarak, , , ,. ,
das Agio = = ^ folglich
^48 96 ^
Quittungsgebühr: »Abzüge«: Agio: = i : 8 : 10.
Ich will die Richtigkeit dieser Behauptung an drei Beispielen
beweisen, die sich in der Steuerrolle mehrmals wiederholen und die in
kurzer Form die Thesen III, IV und V beweisen.
a) Zeile 7, 10, 31 und 37:
I08 Karl \V. Hofmeier,
Quittierungsgebühr: ^^' = -J K. ''); »Abzüge«: xo'^7' = J^ D.
+ i K.; Agio: xo^ = ^V D- + 1 K.,
also: Quittierungsgebühr = yi^D.; »Abzüge«: (t|^ + yV) D-
= ,1^0.; Agio: (^^ + ^V) D. = 3^0^ D-
demnach: Quittierungsgebühr: »Abzüge«: Agio: l : 8 : 10.
b) Zeile 8, 9, 19 und 46:
Quittierungsgebühr: /' = 9^0.; »Abzüge«: iß' = jV D-; Agio:
also Quittierungsgebühr = g\D.; »Abzüge« = -g\ D.; Agio
9tj ■^•!
demnach: Quittierungsgebühr: »Abzüge«: Agio = i : 8 : 10.
c) Zeile 5 und 25:
Quittierungsgebühr: ^tß' = yV K-; »Abzüge«: ^^ = |- K. ;
Agio: ^^y' = tVD. +iK.,
also: Quittierungsgebühr = äi^D.; »Abzüge« = ^VD. = 21-8^-1
-'^fa'*-'' V288 ^ 72/ -^^ 288 ■^•'
demnach: Quittierungsgebühr: »Abzüge«: Agio = l : 8 : IG.
Ich lasse nun einige spezielle Beweise für die Thesen folgen.
I. Beispiel, Zeile 8.
In dieser Zeile sind folgende Beträge der Reihe nach eingestellt
(Übersicht):
Rubrik X: ^^ = -J- K.
Rubrik Y: /' = ^L- D.
»Gesamtsteuerbetrag« {a/- Warak) ; ^'r/^ = (J- + J + \ + -^^) D-
»Die Abzüge«: tß' = ^o^-
Das Agio: iß'^ = GV + iV) D-
Die Quittierungsgebühr: f! = -gt- D.
»Es bleibt übrig«: )o'^y' = {\ + \) D. + 1 K.
Beweis für These I: Die Summe der Taxen ist: -^- K. + gV D*
+ tV D. + J3 D. + -h D. + eV D. = Tir D- + oV D- + iV D- + iV D.
+ tV D. + A D- = 2 + 3 + 24 + 24 + 6 + 3 D. = ^«^ D. ^-^D.^ der
»Gesamtsteuerbetrag« = 7_2ji^8jhi_8±3. ][). = i|i D.; subtrahiere ich
hiervon die Summe der Taxen, so bleibt als Rest: ^ *l~^ ^ D. = W^^ D.
= -f4 D. Dieser Betrag soll also nach der These unter der Rubrik
»Es bleibt übrig« eingetragen sein. Tatsächlich ist dort (siehe die
Übersicht!) eingestellt: (i + \) D. + i K. = (| + \ + JL-) 'D.=^a±ia±x
D. = -|-| D.; quod erat demonstrandum!
Der Beweis für These II kann in dieser Zeile nicht geführt werden,
weil der Papyrus in den vier letzten Kolumnen zerstört ist.
0 Ich kürze im folgenden: K.(arat) und D.(inär). .
Beiträge zur arabischen Papyrusforschung. lOg
Beweis für These III (Bemessung der »Abzüge«). Nach § 2a
hat der Steuerbeamte bei den unter dem »Gesamtsteu erbetrage« ein-
gesetzten Brüchen jy't/^ ( l + 1 + 1 + tV) D. den letzten Bruch auf
-Jj- D. aufgerundet und dadurch als Bemessungsgrundlage: (1- + -3- + -|-
-I- ^) D. = I D. erhalten. Nach Tabelle A. sind die auf i D. ent-
fallenden »Abzüge« = yV D-, wie der Betrag auch tatsächlich in die
Rubrik eingetragen ist: iß' (siehe die Übersicht!).
Beweis für These IV (Bemessung des Agios). Auch hier hat der
Steuerbeamte unter Aufrundung des -^-^ D. auf ^^^ D. als Bemessungs-
grundlage I D. erhalten, von welchem laut Tabelle B das Agio (^V + J-g-)
D. beträgt; so ist der Betrag auch wirklich in der Rubrik Agio aus-
gewiesen: iß'^ (siehe die Übersicht!).
Beweis für These V. (Bemessung der Quittierungsgebühr). Die-
selbe soll nach der These J^ ^^^ Aufgeldes betragen; da dieses in unserem
Falle (^ +-jig-)D. = ^ D. = J-g^D. ist, so muß man unter Quittierungs-
gebühr -g^D. erwarten; wirklich ist in dieser Kolumne (siehe die Über-
sicht) // ^) eingestellt.
2. B e i s p i e 1 , Z e i 1 e 10.
In dieser Zeile sind folgende Beträge der Reihe nach eingetragen
(Übersicht):
Rubrik X: f^' = i K.
Rubrik Y: // = -gV D.
»Gesamtsteuerbetrag« [al-Wat'ak): y, = | D.
»Die Abzüge«: xo'^y' = -^\ D. + i K.
Das Agio: v.o'^y = ^l d". + | K.
Die Quittierungsgebühr: ^^' = | K.
Es bleibt übrig«: jfv'^iß' = | D. + (i + -jV) K.
Kopfsteuer: jf^'f^ß' = i D. + (|+ ^V) K.
Beweis für These I: Die Summe der Taxen ist: \ K. + -^-^ D. +^D.
-4-iK -i-J-D 4-^K +iK = -J— D + J- D + J- D + -4- D.
0 Dem Umstände, daß ich fand, daß die Quittierungsgebühr ^ des Aufgeldes ist
verdankte ich schließlich die Erkenntnis, daß // nichts anderes sein kann als gL, denn dieses
entsprach einerseits in den eben gegebenen Beispielen genau diesem Verhältnis, anderseits
klappte dann auch die unter These I bewiesene Rechnungsmethode. Später fand ich dann
eine glänzende Bestätigung hierfür in einer vom Jahre 304 d. H. datierten Kopfsteuer-
quittung in der Sammlung des Herrn Prof. Karl Wessely, der mir die arabischen Ur-
kunden seiner Papyrussammlung zum Studium übergab. Dort heißt es im Registratur-
vermerk: ^f! = (iV + 9V) ^^- Dinar, im Texte: ^Ujl> ^^^-»Öx^ = ein Viertel von einem
achtel Dinar. Die beiden Beträge sind einander nur dann gleich, wenn /! tatsächlich
= J^, denn ^V + 96 = sV = 32 ""^ *^'^ Viertel von einem achtel Dinar« ist ebenfalls
= J, Dinar, — Nachträglich fand ich nun auch in einei Urkunde der erzherzoglichen
Sammlung ein e i n z i g e s rn a 1 J^ durch ^0' = 1 K. ausgedrückt.
I JO Karl VV. Hofmeier,
_Lir)4.L,r)4-l n— 2 + 3 + 12 + 4 + 12 + 8 + 2 F) == 4 3 T) .
^ TT ^- ^ '36 ^- ^ lii ^- ~ 28 8 288 -^-J
der »Gesamtsteuerbetrag« = |^ D. = 4^|-| D.; subtrahiere ich hiervon
die Summe der Taxen, so bleibt als Rest: ^-^ff^^ ^' ~ iü-D. Dieser
Betrag soll also nach der These unter der Rubrik »Es bleibt übrig«
eingetragen sein. Tatsächlich ist dort (siehe die Übersicht!) einge- M
bLCUL. 2-'-^-^\3'12/-^*\2T^72'288/-^- 288 288-^-» ■
quod erat demonstrandum!
Beweis für These IL Nachdem der Steuerzahler, dessen Abgaben
in dieser Zeile verrechnet sind, nur kopfsteuerpflichtig war, so muß
der unter »Es bleibt übrig« ausgeworfene Betrag auch unter der Kopf-
steuer erwartet werden. Wie die Übersicht zeigt, ist dies auch der Fall.
Beweis für These III (Bemessung der »Abzüge«). Nach Tabelle A
betragen diese von i D. : | K., demnach von -| D. : a K. = f K. + -J- K.
= (i + -J) K. = -Jy D. + -\ K., wie der Betrag auch wirklich in dieser
Rubrik eingestellt ist: xo'^y' (siehe die Übersicht).
Beweis für These IV (Bemessung des Agios). Dasselbe beträgt
voni-D. nach Tabelle B: (f + i) K., demnach vonfD.: (^ + -|) K.
= I K. = (f + I) K. = (i + 1) K. = -jV D + f K. ; die Rubrik weist
auch tatsächlich diesen Betrag als Agio aus: v.o'^^' (siehe die Über-
sicht).
Beweis für These V (Bemessung der Quittierungsgebühr). Nach-
dem das in dieser Zeile ausgewiesene Agio ^ D. + f K. = ^l D. 4-
-gig- D. — yYr D. ist und die Quittierungsgebühr yL des Aufgeldes
sein soll, so müßte man jene mit yiy D. = -i- K. beziffern, wie es in
der Rubrik wirklich enigetragen ist (siehe die Übersicht!).
3. Beispiel, Zeile 13:
In dieser Zeile sind folgende Beträge der Reihe nach eingetragen
(Übersicht):
Rubrik X: ^iß' = j\ K.
Rubrik Y: ^iß' = yV K.
»Gesamtsteuerbretag« [al-Warak): 0'^7'^iß' = | D. + {\ +
tV) k.
»Die Abzüge«: -) — -^^ D.
Das Agio: ^^ = f K.
Die Quittierungsgebühr: ^iß' = jV K.. ^)
»Es bleibt übrig«: ^'xo' = (i + 2V) D. .
• Kopfsteuer: ^'xo' = (i + öt) D-
Beweis für These I: Die Summe der Taxen ist: ^ K. 4- yV K. +
-i-D -I-2.K 4--i-K = 1 D 4- -J— D -i--i-D -+--JL-D4-
y-g- 17. -t- 3- rs.. -^ Yz i^-— 288-'-^* ^ 288 ■^- ' 48-'-'* ~ 36 ■^•'
*) Ich habe diesen Betrag ergänzt, weil in der Urkunde an dieser Stelle ein Loch ist;
daß die Ergänzung zweifellos richtig ist, erhellt aus der Beweisführung für These I und V.
Beiträge zur arabischen Papyrusforschung. III
_.!„ D. = 1 + 1 + 6 + 8 + 1 D. = J«^ D .; der »Gesamtsteuerbetrag« = 4-D. +
2 8 8 ^ 288 288> _ 04
/ij- i \ K — iD4--J-D 4- 1 ■ D = 72 + 4 + 1 n _ 77 n . subtra-
\^ i- -j-g^j rV. — ■4-'-'^72-'-^'^^288^' 288 288 •'-^•> ö^Ul-l«*
hiere ich hiervon die Summe der Taxen, so bleibt als Rest ' ;~ ^ ^ D. =
2^ D. Nach der These soll also dieser Betrag unter der Rubrik »Es
bleibt übrig« eingetragen sein. Tatsächlich ist dort (siehe die Über-
sicht!) eingestellt: (i + ^) D. = ^^^ D. = ^^D.; quod erat de-
monstrandum.
Beweis für These 11: Die Richtigkeit geht schon aus der Über-
sicht hervor, denn die Rubriken »Es bleibt übrig« und Kopfsteuer sind
in gleichen Beträgen ausgedrückt; der Steuerpflichtige hatte außer der
Kopfsteuer keine andere ordentliche Abgabe zu entrichten.
Beweis für These III (Bemessung der »Abzüge«). Nach § la
hat der Steuerbeamte für die Berechnung die unter dem »Gesamt-
steuerbetrage« enthaltenen Karatbrüche vernachlässigtund daher als
Bemessungsgrundlage \ D. erhalten, von welchem laut Tabelle A die
»Abzüge« -/^ D. betragen, wie der Betrag auch tatsächlich in die
Rubrik eingetragen ist. ^ (siehe die Übersicht).
Beweis für These IV (Bemessung des Agios). Auch hier hat der
Steuerbeamte unter Vernachlässigung der Karatbrüche als Bemessungs-
grundlage \ D. erhalten, wovon nach Tabelle B ein Agio von f Karat
zu bemessen war, wie er auch wirklich in der Rubrik Agio ausgewiesen
ist: tyy, (siehe die Übersicht).
Beweis für These V (Bemessung der Quittierungsgebühr). Nach-
dem |- K. = JL D. = -ä^g- D. keinen durch 10 teilbaren Zähler hat,
so wurde dieser Betrag auf die nächste mögliche Bemessungsgrundlage
abgerundet, d. i. ^\ D. und darnach -^^ T). = -^K. = ^iß' als
Quittierungsgebühr eingesetzt. Diese Rubrik ist im Papyrus zerstört,
aber an der Richtigkeit der Ergänzung ist wohl nicht zu zweifeln.
4. B e i s p i e 1 , Z e i 1 e i6.
In dieser Zeile sind folgende Beträge der Reihe nach eingetragen
(Übersicht):
Rubrik X: ^^tV^P' = iV D- + (i + iV) K.
Rubrik Y: —
»Gesamtsteuerbetrag [al-Warak): ajiß'^ = (l +1+ iV+Ä) ■^•
»Die Abzüge«: i^'Ü - (,V + yV) D.
Das Agio: ^' = \ D.
Die Quittierungsgebühr: ^y' = |^ K.
»Es bleibt übrig«: a^'r/ = (i + i + i) D-
Kopfsteuer: a^'r/ = (l + i + i) D-
Beweis für These I: Die Summe der Taxen ist: J^- D. + .^- K. +
^ K. + ,V D. + ^ D. + J D. + ^- K. - ,V D. + ,V D. + -.l^^- +
JJ2 Karl W. Hof m ei er,
1 D + -1- D + -1- D + -J^ D. = 6 + 4 + 1 + 24 + 3 + 48 + 4 D. = ^90 D. =
Y2 ^' ^ TT '' 6 ^ ^^7 2 ^ 2 8 8 2 8 8
-j^j D. ; der Gesammtsteuerbetrag = (i + 4- + y 2 + iV) ^- —
144 + 72 + 12 + 3 Y). = --3J- D.; subtrahiere ich hiervon die Summe der
Taxen,* so bleibt als Rest: a^ll:^ D. = -i^ = ffD.; nach der These
soll dieser Betrag unter »Es bleibt übrig« eingestellt sein. Tat-
sächlich ist dort (siehe die Übersicht!) eingetragen: (i + i + |) D. =
72 + 12 + 9 j) — 9 3 Y) ■ quod erat demonstrandum!
72 I j. > ^
Beweis für These II: Die Richtigkeit geht schon aus der Über-
sicht hervor.
Beweis für These III (Bemessung der »Abzüge«). Nachdem der
»Gesamtsteuerbetrag« mit (l + i + iV + iV) I^- beziffert ist, sollte man
unter den »Abzügen« nach Tabelle A: (tV + 2t) ^- + i ^- erwarten,
vorausgesetzt, daß der Bruch ^ D. nach § l a vernachlässigt wurde.
Dieser Betrag = (J, + ij + tU) D. = -^^4^1^^ D. = -^^ D. ; nun ist
dort (siehe die Übersicht!) aber nur i^'ü = (-^V + ^) D. = ^±^ D. =
D. eingestellt. Die Differenz beträgt also -öVg-D-, um welche
2 8 8
die Abzüge« zu niedrig beziffert wurden! Es trifft hier aber § 3 der
These III zu, nach welchem Fehler, die bei der Berechnung der» Abzüge«
gemacht wurden ^), in den Rubriken X, Y und Agio annähernd ver-
bessert werden. Nun sollte man unter Rubrik X bestenfalls ft}' =
6 K^-= T4T ^- — -^88 ^- erwarten 2); dort ist aber (vgl. die Übersicht!)
j_. D. + (|- + -jiö) K- ausgewiesen = ^t^»^ ^- ^ rw» D. und abzüglich
der ö-S-c-D., die dort vorauszusetzen wären, bliebe noch ein Plus von
^^-^ D. übrig, durch welches eben der bei der Bemessung der »Ab-
Züge« zu konstatierende Fehler auf yf •§- D. vermindert wird. Dieser
Fehler wird ferner dadurch, daß das Agio — wie wir gleich sehen
werden — um -0^ D. zu hoch bemessen wurde, auf die zulässige
Fehlergrenze (vgl. S. 106, Note l) herabgesetzt. — Daß dieser Vorgang
nicht Zufall, sondern System ist, werden noch einige von den
folgenden Beispielen beweisen.
Beweis für These IV (Bemessung des Agios). Als Bemessungs-
grundlage gilt dieselbe wie für die Berechnung der »Abzüge«. Dem-
nach sollte man als Agio nach Tabelle B erwarten: {j\ + 4V + 2V "^
U D + A K. = 24 + 6 + 12 + 3 + 2 D. = 47 j) Tatsächlich ist aber
9 6/ ' 6 ■'^ __ 2 8 8 -88
dort (siehe die Übersicht!) } D. = -^Vg- D-, also um -^^ D. zu viel ein-
gestellt, was schon im vorigen Abschnitte erklärt wurde.
Beweis für These V (Bemessung der Quittierungsgebühr). Der
') Ich betone nochmals, daß sich nicht nachweisen läßt, warn m in manchen
Fällen die »Abzüge« zu niedrig bemessen werden.
-) In allen jenen Fällen, in welchen die Rechnung ganz normal durchgeführt ist,
kommen in der Rubrik X keine größeren Beträge als ' K. = j\^ D. vor.
Beiträge zur arabischen Papyrusforschung. 11^
unter Agio ausgeworfene Betrag: -i- = -^^ D. hat keinen durch lO teil-
baren Zähler; infolgedessen wurde die Bemessungsgrundlage abgerundet,
und zwar, wie daraus hervorgeht, daß unter Quittierungsgebühr (siehe
die Übersicht!) i K. = ^ D. eingesetzt ist, nach unten, auf -jL^ D.
5. Beispiel, Zeile 19.
In dieser Zeile sind folgende Beträge noch eingetragen (Übersicht):
Rubrik X: ^-^' = j-K.
Rubrik Y: // = -^D.
»Gesamtsteuerbetrag« {al-Warak): yirlc/{ = (i + \ + i) D. +
»Die Abzüge«: iß' = 1 2 D-
Das Agio: tß';, = (-j-V + tV) D- .;
Die Quittierungsgebühr: !! = -9V D.
»Es bleibt übrig«: 50'^^' = (| + \) D. + -} K.
Kopfsteuer: )o'^.^'= (^ + \) D. + i K.
Beweis für These I. Die Summe der Taxen ist: J K. + gV D. +
J,D. +tVD. + ^D. + JeD- =rl-TD-+ 9VD- + -iVD. + J^D.+
J3 D. + gV D. = - + ■'' + -^^8'^'^' D- = Ä D- = m D- ; der »Gesamt-
steuerbetrag« = (i + i + i) D. + i K. = i D. + -1- D. + i D. +
_i_ D = iAidi9_6_+3j_+i. D. = 414 D. = 44^ D.; subtrahiere ich davon
die Summe der Taxen, so bleibt als Rest LiJir^ D. = IH D.; dieser
Betrag soll also nach der These unter der Rubrik »Es bleibt übrig«
eingetragen sein. Tatsächlich ist dort (siehe die Übersicht!) eingestellt:
(i + i) D. + i K. = i- D. + \ D. + -j-L D. = ^-^-fti D. = -l-H D.;
quod erat demonstrandum.
Beweis für These II. Derselbe geht schon aus der Übersicht hervor.
Beweis für die Thesen III, IV, V. Da hier als Bemessungsgrund-
lage für die »Abzüge« und das Agio unter Erhöhung des Karatbruches
im »Gesamtsteuerbetrage« auf -jV D. der Betrag: i D. erhalten wurde,
gilt der im ersten Beispiel durchgeführte Beweis.
6. Beispiel, Zeile 22.
In dieser Zeile sind folgende Beträge der Reihe nach eingetragen
(Übersicht) :
Rubrik X: j^7' = JL D. + ^ K.
Rubrik Y: —
»Gesamtsteuerbetrag« {al-Warak): aj'/xo'^-^ = ( i +\ + f, + 2V)
D. + I K.
»Die Abzüge«: r/ = | D.
Das Agio: ^'xo' =\\ + JJ D.
Die Quittierungsgebühr: -) = ^^ D.
»Es bleibt übrig«: ot)^-/' = (i + \) D. + \ K.
Islam. IV. ^
114
Karl W. Hofmeier,
Grundsteuer: ar/^y' == (i + -|) D. + |^ K.
Kopfsteuer: y'xo' = (i + aV) D.
Beweis für These I. Die Summe der Taxen ist: Jg D. + ^ K.
+ i D. + i D. + ,,V D. + ^ D. = ^\ D. + -^D. + iD. + iD. + ^^V
D. + Jg D. = 3 + 2 + 18 + 24 + 6 + 3 Q. = _5_6_ ß. = ff D. ; Der »Gesamt-
steuerbetrag« = (l +1 4-1+2^) D. +f K. = 72 + 36 + 24 + 3 + 2 D. - 1J^7
D.; subtrahiere ich hiervon die Summe der Taxen, so bleibt als Rest
13 7-28 = 109 D . dieser Betrag soll also nach der These unter der
7 2 / 2 ' o
Rubrik »Es bleibt übrig« eingetragen sein. Tatsächlich ist dort (siehe
die Übersicht!) eingestellt: (i + 1) D. + ^ K. = i D. + | D. + ^V D-
— 7 2 +^3 6 + 1 Y) . = La_9 D. ; quod erat demonstrandum!
Beweis für These II. Nachdem aus der Übersicht hervorgeht,
daß der Steuerzahler grund- und kopfsteuerpflichtig war, muß nach
der These die Summe dieser beiden Steuern gleich sein dem unter
»Es bleibt übrig« eingestellten Betrage; (l + i + \+ ^t) ^- + "a K-
= (i + 3+^8 + 1) D. + 1. K. = (i + A) D. + i K., was also stimmt.
Beweis für These III (Bemessung der »Abzüge«). Als Bemes-
sungsgrundlage erhält man durch Abrundung des Karatbruches auf
^^D. (§2a) den Betrag (i + i + i + iV) D.; nach Tabelle A müßten
deshalb die »Abzüge« mit (^ + ^V) D. + (f + i) K. = ( l + 2T + rh
+ ^) D. = i2+_6_t4+_i D. = _2jL. D. beziffert sein, doch ist dort (siehe
die Übersicht!) nur -|-D. = Yt\ D., also uniy^lyD. zu wenig eingestellt.
Wie in Zeile i6 (4. Beispiel) trifft eben auch hier § 3 zu. Demnach
ist die Rubrik X, in welcher ^^' = ^ K. = y|j D. zu erwarten wäre
(vgl. S. 112, Note 2) mit -^\D. + -^ K. (siehe die Übersicht!) ausgefüllt.
Da Jg D. + L K. = f-t2 D. = ^^^ D., so ist Rubrik X um yA_ D. zu
hoch; demnach bleibt noch ein Manko von yJ^D.; dieses ist dadurch
gedeckt, daß das Agio um y|-g-D. zu hoch berechnet ist, wie wir gleich
sehen werden, womit nicht nur die ganze Differenz von y|^D. aus-
geglichen erscheint, sondern sogar ein Plus von ^ig- D. entsteht.
Beweis für These IV (Bemessung des Agios). Die Bemessungs-
grundlage ist dieselbe wie für die »Abzüge«; deshalb sollte man nach
Tabelle B folgendes Agio erwarten: (jL- + iV + 2V + 9V) ^- + (f + i
+i)K. = 3VD.+-3VD-+ 2VD-+ 9VD-+ 3VD-+i4TD. + T^bD- =
24 + 6 + 12 + 3 + 8 + 2 + 2 D ^ -gSgV D. WlrkHch ist das Agio aber mit
288 ^ '' ° ..
(.1- + ^) D. beziffert (vgl. die Übersicht), und da dies gleich ist -^\ D.,
so ist das Agio um ^|-§- D. zu hoch bewertet, was aber zur Beseitigung
des Fehlbetrages bei den »Abzügen« dient. Daß in unserem Falle
durch diese Operation ein Plus von ^^ D. entsteht, spielt ebenso-
wenig eine Rolle wie im 4. Beispiel das Minus von -^^ D. Ganz klar
geht aus den komplizierten Operationen hervor, daß durch sie die
Beiträge zur arabischen Papyrusforschung. 1 1 c^
unrichtige Berechnung der »Abzüge« annähernd gut gemacht werden
soll und der Fehler von ^w -D- — tV ^- muß schon aus dem S. io6,
Note I angeführten Grunde als erlaubte Vernachlässigung gelten.
Beweis für These Y (Bemessung der Quittierungsgebühr).
Nach der These soll die Quittierungsgebühr yL- des Agios sein; da das
letztere in unserem Falle (■g'+^V) ^- ~ 14 -^- ^^^' ^^ muß die Quit-
tierungsgebühr -^ D. betragen, was auch tatsächlich zutrifft, wie die
Übersicht zeigt.
7. Beispiel, Zeile 25.
In dieser Zeile sind folgende Beträge der Reihe nach eingetragen
(Übersicht) :
Rubrik X: ^tß' = J^ K.
Rubrik Y: ^^' = J K.
»Gesamtsteuerbetrag« [al-Warak): ^'r/^^Y'^i,3' = (i + i + 4V)
D. + (i + tV) K.
»Die Abzüge«: ^^ = | K.
Das Agio: ^^y' = ^ D. + \ K.
Die Quittierungsgebühr: ^iß' = yV K.
»Es bleibt übrig«: o'^iß' = i D. + yV K.
Grundsteuer: ^'-j^t3' = (| + yL) D. + yV K.
Kopfsteuer: xo'^ = (^-V + 4V) -'-^•
Beweis für These I. Die Summe der Taxen ist: -^^ K. + ■§- K. +
^D. +ö^D. = i+2+^±.|+4dii D. =^D.; der »Gesamtsteuerbetrag«
= (i+i + 4V)D-+(i+,V)K. =iD. +iD. +-/3-D. +.VD- +
i_D. = 48 + 36 + 6 + 4 + 1, Y) = 93.- subtrahiere ich hiervon die Summe
jöö 288 jöo'
der Taxen, so bleibt als Rest ^l';- D- = 2W D- ; dieser Betrag soll
also nach der These unter der Rubrik »Es bleibt übrig« eingetragen
sein. Tatsächlich ist dort (siehe die Übersicht!) eingestellt: -\ D.
+ yV K. = i D. + ^ D. = ^5^ D. = #^ D.; quod erat demon-
strandum!
Beweis für These II. Nachdem aus der Übersicht hervorgeht,
daß der Steuerzahler grund- und kopfsteuerpfiichtig war, muß nach
der These die Summe dieser beiden Steuern gleich sein dem unter »Es
bleibt übrig« eingestellten Betrage; (i + J-g- + i^ + yV) D- + ^V^- =
^±±±A+±J), +yVK. =^D. +yVK. =iD. +yVK-, was also stimmt.
Beweis für These III (Bemessung der »Abzüge«). Nach § 2 a hat
der Steuerbeamte durch Erhöhung der drei letzten unter dem »Ge-
samtsteuerbetrag« eingestellten Brüche y^- D. + (;^ + ^V) ^- ^"^ tV ^•
auf 2^- D. als Bemessungsgrundlage (-1- + \- + oV) D- = irr D- = 1 D.
S*
Il6 Karl W. Hofmeier,
erhalten. Nach Tabelle A ergibt sich hiervon für die »Abzüge« |K.,
wie der Betrag auch tatsächlich eingestellt ist (vgl. die Übersicht!).
Beweis für These IV (Bemessung des Agios). Die Bemessungs-
grundlage ist dieselbe wie für die »Abzüge«, weshalb man nach Tabelle B
ein Agio von (-|+^) K. erwarten sollte. In der betreffenden Rubrik
(siehe die Übersicht!) ist aber ^^y' = Jg- D. + -i- K. eingetragen, was
richtig ist, denn -^ D + ^^K. = {^ + -^V) D. = -j- j^ D. und (f + -i)
K. ist ebenfalls = (Jg + -^) D. = ^ D.
Beweis für These V (Bemessung der Quittierungsgebühr). Nach-
dem das Agio ^ D. + 1 K. = (Jg- + J^) D. = y|^ D. = ^lQ^ D. beträgt,
sollte man ö-f^D- als Quittierungsgebühr voraussetzen, was auch mit
der Tatsache übereinstimmt, denn, wie die Übersicht zeigt, ist dort
f'ß^xV^- = TTs" D. eingetragen.
8. Beispiel, Zeile 27.
In dieser Zeile sind folgende Beträge der Reihe nach eingetragen
(Übersicht):
Rubrik X: ^^' = }K.
Rubrik Y: .</ = JLD.
»Gesamtsteuerbetrag« {al-Wara^): jy'tß' = (1 + \- +-12) D.
»Die Abzüge«: xö'^ = (^V + iV) ^•
Das Agio: tß'^ = (,V +"^8) D.
Die Quittierungsgebühr: !! = -9V D.
»Es bleibt übrig«: ^xo'^7 = (| + ^^j) D. + | K.
Grundsteuer: j^^T = •> D. + a K.
Kopfsteuer: ^'xo' = (J + J^-) D.
Beweis für These I. Die Summe der Taxen ist: -g- K. + -gL D.
+ ÄD. +tVD-+tVD. +^VD. + J« D. = xi^ D. +^D. +^D.
J-lD _|_J_r) 4. in _1_ IT) — 2 + 3 + 12 + 6 + 24 + 6 + 3 D — 56 F)
' 4 8 ■^- ' 12^- ^ 4 8 ■^- ' "9 6" ^- ^1 ^- ~ TF8 ^•
= -1-1 D.; der »Gesamtsteuerbetrag« = (i + ^ + yV) D. = 3 6+_2^4 + 6 d
= -§4 D. Subtrahiere ich hiervon die Summe der Taxen, so bleibt
als Rest 4| D. ; dieser Betrag soll also nach der These unter der
Rubrik »Es ist übrig« eingetragen sein. Tatsächlich ist dort (vgl.
die Übersicht!) eingestellt: (| + -^) D. + \ K. = (f + 2^4- + -V) D.
= ^8 + 3 + 1 D = A|.D. ; quod erat demonstrandum!
Beweis für These II. Nachdem aus der Übersicht hervorgeht,
daß der Steuerzahler grund- und köpf steuerpflichtig war, muß nach
der These die Summe dieser beiden Steuern gleich sein dem unter
»Es bleibt übrig« eingestellten Betrage; (J + -J- + '.,\) D. + l K.
= (i + i+2V)D. + iK. = (Ä + ,V)D.+ i-K:= (| + i^)D. +-^K.,
was also stimmt.
Beiträge zur arabischen Papyrusforschung. 117
Beweis für These III. (Bemessung der »Abzüge«) Nach Tabelle A
sollte man die »Abzüge« von den unter dem »Gesamtsteuerbetrage«
ausgewiesenen Brüchen: [^ + i + -jV) D. mit g^- D- + (f + i) K..
= 3V D. + 3V D- + TiT d" = H^. D- = iVt = ^^ D- beziffern;
nun sehen wir aber, daß dort (vgl. die Übersicht) : (öV + iV) D. ^-fj^ D.
=:_ig8_.]3,^ also um ö-g-g- D. zu wenig, eingestellt ist. Nach § 3 muß
also dieser Fehler in einer andern Rubrik annähernd gut gemacht
werden; da nun aber die Rubriken X und Y normale Beträge aus-
weisen, kann das Manko nur durch eine Erhöhung des Agios gedeckt
worden sein, und dies ist — wie wir gleich sehen werden — auch tat-
sächlich der Fall.
Beweis für These IV (Bemessung des Agios). Nach Tabelle B
sollte man bei einem Gesamtsteuerbetrag von (|- + -1- + yV) D- ein
Agio von (^ + -gV) D. + (f + i + i) K. = J^ D^ + J^ D. + ^l D-
+ _i_^ D. + .r4-r D. = 12 + 3 + 8 + 2 + 2 j), = 27. j). erwarten. Nun sind
'144'14:4 2 88 288
3 0
in dieser Rubrik (vgl. die Übersicht): (yV + ■^) D. ^ ^^ D- - ts^
D., also um ö-fg-D- zu viel eingetragen; dies geschah aus dem Grunde,
um den Fehlbetrag der »Abzüge« zu decken. Da dieser -g-o" D. be-
trägt, so resultiert hieraus nur ein Manko von ^-g^ D- (hierüber vgl.
das S. 106, Note i und im 6. Beispiel Gesagte).
Beweis für These V (Bemessung der Quittierungsgebühr). Nach-
dem unter Agio (yV + -ft) ^- = ü" ^- eingetragen ist (vgl. die Über-
sicht), müssen wir nach der These unter Quittierungsgebühr ^^T>.
erwarten, welcher Betrag dort auch tatsächlich eingetragen ist (vgl.
die Übersicht).
9. Beispiel, Zeile 31.
In dieser Zeile sind folgende Beträge der Reihe nach eingetragen
(Übersicht) :
Rubrik X: ^^' = i K.
Rubrik Y: ^^' = a K.
»Gesamtsteuerbetrag« (al-Warak): y^^J = -j D. + -J K.
»Die Abzüge«: xo'^7' = -h^ D. -t- \ K.
Das Agio: xrV^^ = -.l D. -f f K.
Die Quittierungsgebühr: ^^' = i K.
»Es bleibt übrig«: j^^ = -i- D. + f K.
Kopfsteuer: xo'^7' = ^ D. + i K.
Weidesteuer: 7'r/^Y' = [\ -f |) D. -f \ K.
Beweis für These I. Die Summe der Taxen ist: \ K. + \ K. +
^ D. 4- ^ K. -f- ^ D. -ff K. + i K. = yiy D. + yiy- D. + 3V D. +
J, D. + i-, D. -f -,V D. + 3-1. D. = 1 + 1 + 6 + 2 + 6 + 4 + 1 D. = ,VV D-;
der »Gesamtsteuerbetrag« = f D. -f- \ K. = | D. + y|y D. = »-^^J D. =
Il8 Karl W. Hofmeier,
vVVD.: subtrahiere ich hiervon die Summe der Taxen, so bleibt als
Rest ^\~l^ D. = -j^ D. = ^4 D. = 1 1 D. ; dieser Betrag soll also
nach der These unter der Rubrik »Es bleibt übrig« eingetragen sein.
Tatsächlich ist dort (vgl. die Übersicht!) eingestellt: J D. + | K. =
(.1. -f -JLg-) D. = if D.; quod erat demonstrandum!
Beweis für These II. Nachdem aus der Übersicht hervorgeht,
daß der Steuerzahler weide- und kopfsteuerpflichtig war, muß nach
der These die Summe dieser beiden Steuern gleich sein dem unter »Es
bleibt übrig« eingestellten Betrage; (2V + i + i) D. + } K. + } K. =
1 + 8 + 3 D. + I K. = 1 D. + I K., was also stimmt.
2 4 o z ' ö '
Beweis für These III (Bemessung der »Abzüge«). Nach § i a hat
der Steuerbeamte den Karatbruch für die Bemessung vernachlässigt;
nach Tabelle A betragen die »Abzüge« von | D. »Gesamtsteuerbetrag«
1^ K. = I K. + \ K. = 2V ■^- + "3 K.., wie der Betrag auch tatsächlich
unter den »Abzügen« eingetragen ist (vgl. die Übersicht!).
Beweis für These IV (Bemessung des Agios). Nach Tabelle B
muß man auf derselben Bemessungsgrundlage, nach der die »Abzüge«
berechnet sind, ein Agio von (1 + |-) K. erwarten, was auch zutrifft,
denn unter Agio ist (vgl. die Übersicht!) v/f D. + f K. eingetragen und
(|+|)K. =:(! +f)K. = ,VD. + |K:
Beweis für These V (Bemessung der Quittierungsgebühr). Bei
dem unter Agio eingestellten Betrage von ^^ D. + | K. wäre nach der
These eine Quittierungsgebühr '' ^ ' = SmJIL^ D. = ^^ D.
^ ^ ^ 10 10 10
1 0
= iAA= i^D. = J- K. zu erwarten, wie diese Taxe auch tatsächlich
IG ^** ^
in der betreffenden Rubrik eingetragen ist (vgl. die Übersicht!).
Die Beweise, die ich hier im ganzen an 14 Beispielen i) durchge-
führt habe, dürften wohl genügen, um meine Theorien zu bestätigen,
dies um so mehr, als die Edition dieser Urkunde zeigen wird, daß auch
die übrigen, hier nicht behandelten Fälle das gleiche Ergebnis liefern.
Auffallend bei dieser Verrechnung ist die merkwürdige Tatsache,
daß die Grundlage der Rechnung nicht irgendeine der uns schon be-
kannten Steuern bildet, sondern daß diese erst aus dem eingezahlten
Betrage errechnet werden. Zu bezweifeln ist dies nicht, denn es ist dort
besonders klar, wo der Steuerzahler nur kopfsteuerpflichtig war, denn
da kommt die Rubrik Kopfsteuer hinter die Rubrik »Es bleibt übrig«,
und die in diesen beiden Rubriken eingesetzten Beträge sind überdies
') Die oben S. 108 f. unter a, b, c angeführten Beispiele inbegriffen.
I
I
Beiträge zur arabischen Papyrusforschung. 1 1 0
noch gleich, woraus doch mit Recht geschlossen werden muß, daß der
für die Kopfsteuer eingestellte Betrag erst aus einer durchgeführten
Subtraktion Resultierte.
Auch wurde das Agio, das in unserer Steuerrolle etwa 10,5 % i)
beträgt, nach dem »Gesamtsteuerbetrage« bemessen. Darin liegt eine,
allerdings konsequent durchgeführte, Brutalität der Steuerbehörde,
denn wenn z. B. von der in Silber eingezahlten Kopfsteuer in einem
die Goldwährung anerkennenden Staate ein Agio eingehoben wird, so
ist dies begreiflich; aber die arabischen Machthaber begnügten sich
nicht hiermit, sondern verlangten auch für die bei der Ablieferung
der Steuer eingeforderten und von der ärmeren Bevölkerung auch in
Silber gezahlten Taxen das Agio, denn wie aus meinen Beweisen hervor-
geht, ist das Aufgeld direkt aus dem »Gesamtsteuerbetrage« berechnet.
Interessant ist ferner, daß die Quittierungsgebühr nicht eine für
die Ausfertigung der Quittung allgemein feststehende Taxe, sondern
daß ihre Höhe direkt vom Agio, indirekt also von der Höhe des Steuer-
betrages abhängig war. Es ist diese Einrichtung wohl mit unseren
Stempelmarken zu vergleichen.
Was die in den Rubriken X und Y eingestellten Taxen betrifft, so
weiß ich heute noch nichts Rechtes mit ihnen anzufangen. Tatsache
ist wohl, daß in jenen Fällen, in welchen die »Abzüge« zu niedrig be-
rechnet erscheinen, das Manko ganz oder zum Teil durch eine Erhöhung
der in diesen Kolumnen zu gewärtigenden Beträge wettgemacht wird.
Ich glaubte zuerst, daß diese beiden Rubriken überhaupt nur den
Zweck haben sollen, etwaige Fehler in den andern Kolumnen zu ver-
bessern. Dem ist jedoch nicht so; anderseits läßt sich zwischen den
hier eingestellten Beträgen und den übrigen Taxen kein bestimmtes
Verhältnis nachweisen.
In bezug auf die ordentlichen Steuern, also z. B. die Kopfsteuer,
sind sämtliche Taxen, demnach auch die »Abzüge«, Zuschläge; in
bezug auf den »Gesamtsteuerbetrag« natürlich Abzüge. Die Höhe
dieser Zuschläge ist exorbitant; sie beträgt im Durchschnitt über
30 % des »Gesamtsteuerbetrages, wohl ein guter Beweis dafür, daß
die arabische Finanzbehörde ihr Metier vortrefflich verstand.
Ich möchte zum Schlüsse nochmals betonen, daß mit der Be-
sprechung der so interessanten Steuerrolle die einschlägigen Fragen
nicht als erledigt angesehen werden können; die arabische Papyrus -
forschung ist eine noch so unausgebaute Disziplin, daß fast jede Urkunde
neue Überraschungen zu bringen vermag. Aus diesem Grunde ist es
') Aus andern Urkunden der erzherzoglichen Sammlung läßt sich für das 9. Jahr-
hundert ein Agio von 8,5 und 9 % nachweisen.
J20 Karl W. Hofmeier, Beiträge zur arabischen Papyrusforschungf.
auch ausgeschlossen, jetzt schon über die Bemessung der Steuern und
Taxen ein definitives Urteil zu fällen. Die von mir besprochene Steuer-
rolle liefert uns bloß das Material für einen bestimmten, auch nur aus
paläographischen Gründen nachweisbaren Zeitraum; die historische
Entwicklung des arabischen Steuerwesens, die C. H. Becker für die
älteste islamische Zeit dargestellt hat, wird mit dem 2. Jahrhundert
d. H. immer komplizierter; die Lösungen der zahllosen unbeantworteten
und noch unbeantwortbaren Fragen werden uns nur die ägyptischen
Urkunden liefern.
Es ist ja zweifellos, daß das den griechischen Zahlzeichen vor-
gesetzte Strichelchen auch in arabischen Urkunden nichts anderes
bedeutet, als das Karatzeichen. Um jedoch noch ein eklatantes Bei-
spiel anzuführen, beziehe ich mich auf eine von mir nachträglich in
der Papyrussammlung des Herrn ProfessorWESSELY gefundene arabische
Steuerquittung vom Jahre 330 d. H. (P. W. Nr. 1252). Dort heißt
es im Registraturvermerk: j-j''xo'^7'= (i + 1 + A) -D- + ^T' i""* Texte:
J?L^ä ^:>.JLi_5 ^.>uj ^^i^ ^j» ouaj = (i + T + i) r>- + ^ K.; nun ist i
(y + ^ + 2t) = f 4 D- und (1 + I + i) D. ebentalls = -|^ D. ; also muß
das ^Y ^^^^ i Karat (-bi-öi ciJLi) entsprechen!
I
Kleine Mitteilungen und Anzeigen,
Julius Euting.
Julius Euting, geboren in Stuttgart den 1 1 . Juli 1 839, machte den üblichen Studien-
gang württembergischer Theologen durch auf dem »niederen Seminar« zu Blaubeuren
und dem Tübinger »Stift«. Er sammelte da reichliches Wissen, aber Herzenssache ist
ihm die Theologie wohl nie gewesen. Er wäre am liebsten Maler geworden. Das Zeug
zu einem tüchtigen Landschafter hatte er jedenfalls, wie er denn auch als Dilettant viele
vortreffliche Skizzen und rasch hingeworfene große Landschaftsbilder gemalt hat. Seine
besondere Gabe war die Sicherheit des Auges; was er einmal angesehen hatte, das hielt
er im Geiste fest und konnte es nachzeichnen. Eben diese Eigenschaft hat ihn besonders
befähigt, sich hohe Verdienste um die semitische Schriftkunde und Epigraphik zu er-
werben. Schon die bloße Wiedergabe des wirklich Charakteristischen einer semitischen
Schriftgattung reizte ihn. Das hat er namentlich in seiner prächtigen Ausgabe eines man-
däischen Werkes gezeigt. So machte es ihm Freude, jungen Orientalisten eine echtarabische
Hand beizubringen.
Der Wunsch, semitische Inschriften zu finden, Liebe zur Natur und ein bischen
Abenteurersinn veranlaßten ihn zu seinen Reisen in die Länder des Islams. Die brachten
ihm zugleich eine wohltuende Abwechselung in seinem Beruf als Bibliotheksbeamter.
Er war schon in Tübingen, zuerst an der Stifts-, dann an der Universitätsbibliothek an-
gestellt gewesen, als er (i 871) nach Straßburg ging, um da neben Barak die neuzugründende
Universitäts- und Landesbibliothek einzurichten. Dabei hat er sich unvergeßliche Ver-
dienste erworben, obgleich er, zum Teil gerade weil er kein Beamter nach dem Schema
war. Auf Vorschlag der philosophischen Fakultät wurde er auch zum Honorarprofessor
an ihr ernannt. Nach Baraks Tod (1900) wurde er dessen Nachfolger als Direktor der
Bibliothek; in dieser Stellung blieb er, bis er sie, 70 Jahr alt geworden, niederlegte (1909).
Von seiner großen Reise ins Innere Arabiens heimgekehrt, machte er sich daran,
sie auf Grund der sorgfältig geführten Tagebücher zu beschreiben. Der erste Teil des
W^erkes erregte berechtigtes Aufsehen. Leider stockte aber dann die Arbeit. Von Zeit
zu Zeit ging Euting immer wieder daran, aber fertig wurde sie nicht. Was er davon nieder-
geschrieben hat, ist druckfertig, und ich darf die Erwartung aussprechen, daß es noch er-
scheinen werde, ergänzt durch die Tagebücher, die wenigstens das Tatsächliche bieten.
Der Reiz, den Euting seinen Berichten zu geben wußte, wird diesen Ergänzungen aller-
dings fehlen.
Seine Liebe zur Natur bewies Euting auch durch seine vielen W'anderungen in den
Vogesen und im Schwarzwald. Er war das Haupt des Vogesenklubs, der dies Gebirge
in mancher Hinsicht erst aufgeschlossen hat.
Euting war in weiten Kreisen außerordentlich beliebt. Namentlich war er, der
Junggeselle, ein Freund der Kinder und der Heranwachsenden. Bei mancherlei Eigen-
heiten und liebenswürdigen Schwächen war er ein wahrhaft guter Mensch.
122 Kleine Mitteilungen und Anzeigen.
Schon seit einigen Jahren nahm Eutings Körperkraft sichtbar ab. Dem Manne,
dem es früher eine Lust gewesen war, auch beim wildesten Wetter die Berge zu erklettern,
wurde das Steigen und bald auch das Gehen schwer. Atemnot stellte sich ein. Der leiden-
schaftliche Raucher gab das Rauchen auf, aber nicht den Humor. Er erwartete noch Heilung
vom Aufenthalte im Schwarzwald, kam aber im Spätherbst kränker zurück. Dann schwan-
den seine Kräfte immer mehr, bis am 2. Januar dieses Jahres das Herz stillstand und
sein langsames Hinsterben zu Ende ging.
In seiner Vaterstadt wurde die Leiche eingeäschert. In der besseren Jahreszeit ■wird
die Urne an einer seit Jahren von ihm bestimmten Stelle hoch oben auf seinem geliebten
Schwarzwald und in seinem geliebten Heimatland bestattet werden.
T h. N ö 1 d e k e.
David Heinrich v. Müller.
Am 21. Dezember v. J. ist der Professor der semitischen Sprachen an der Universität
Wien, Hofrat Dr. D. H. v. Müller, nach längerem Leiden gestorben Mit ihm verliert
die Semitistik einen eigenartigen und erfolgreichen Vertreter, dessen umfang- und inhalts-
reiche Arbeiten auf den Gebieten der südarabischen Altertumskunde, der arabischen
Philologie, der arabischen Dialekt- und Volkskunde, der vergleichenden semitischen
Sprachforschung, der hebräischen Literatur- und Geistesgeschichte, der Bibelforschung
alten und neuen Testaments, der prähistorischen Rechtskunde, der Assyriologie, der
altarmenischen Geschichte und noch mancher anderer Wissenskreise, vielfach bahnbrechend,
vielfach bekämpft, immer aber originell, interessant und fördernd, seiner markanten
Persönlichkeit ein dauerndes und ehrendes Andenken sichern. Auch die Islamkunde
dankt ihm manche bedeutsame Förderung. Schon seine rein arabistischen Arbeiten
sind als solche zu rechnen, so die Ausgabe des Kitäb al-farq von al-'Asma'i, der
wichtigen Jazirah des al-Hamdäni und sein Anteil an der großeu 7rt<^«r/- Ausgabe,
wo er die für die Islamgeschichte so überaus wichtige Periode von dem Chalifat des *ümar
ibn 'Abd-al-*Aziz bis zu jenem des Hisäm redigierte. Sein wichtigster Beitrag zur Islam-
kunde ist aber in einem scheinbar weitabliegenden Werke, Die Propheten in ihrer ur-
sprünglichen Form, enthalten. Hier und in einer langen Reihe anknüpfender kleinerer
und größerer Aufsätze z. T. polemischer Natur, stellte er seine These von der »Strophik«
der altbiblischen Prophetenreden auf, deren Form er auch in dem Aufbau mehrerer
qoranischer Suren wiedererkannte. Obwohl er sich hierbei streng an den rezipierten
Qorantext hielt, was die Anwendung seiner Theorie zunächst allerdings .luf einen ver-
hältnismäßig kleinen Teil des Materials beschränkte, dafür aber seinen Beobachtungen
umso höheren Sicherheitswert verlieh, so ist doch klar, daß hiermit eine wichtige Hand-
habe sowohl für die Kritik des überlieferten Textes, als auch für eine allenfalls einmal
mögliche Wiederherstellung der ursprünglichen Gestalt des Qoräns gegeben ist. Auch
die Quellenfrage des Qoräns wird dadurch wesentlich gefördert, wenn seine poetische
Form als altsemitisch und mit jener der Prophetenpredigten des alten, wie des neuen
Testaments identisch nachweisbar wird. Freilich fehlt uns dazu noch ein Mittelglied,
nämlich sichere Kunde über di e Formen der altarabischen A'ff/«'«sprüche, wozu uns
vielleicht noch einmal die fortschreitende ethnologische Erforschung des heutigen Arabien
verhelfen kann.
Den Feuereifer, mit dem Müller wissenschaftlichen Problemen überhaupt nach-
ging, hat er auch in der Vertretung dieser hier flüchtig umrissenen Anschauungen,
bewährt, und der ließ ihn den mitunter recht lebhaften Widerspruch, den er erregte
manchmal schmerzlicher empfinden und heftiger zurückweisen, als es kühler Sachlichkeit
Kleine Mitteilungen und Anzeigen. 12"^
gemäß gewesen wäre. Aber auch hierin hat er sich stets als das bewährt, was ihm
auch Gegner, wenigstens unbefangene, nicht absprechen konnten : als aufrechter Charakter
und ganzer Ma»n.
R. G e V e r.
Russische Arbeiten über türkische Literatur und Folkloristik.
(Gordlewski, Zavarin, Olesnjicki.)
Im Zusammenhange möchte ich hier eine Anzahl russischer Arbeiten — zum größten
Teil Sonderdrucke — des russischen Orientalisten und Folkloristen Wladimir Gordlevski,
des Professors für Osmanisch am Lazarew - Institut für orientalische Sprachen in Moskau,
besprechen, und zwar ohne Rücksicht auf die Zeit des Erscheinens, nach dem Inhalt grup-
piert. Die Arbeiten bieten, so verschiedenartig sie nach ihrer Form und so verschieden-
artig sie nach ihrem Inhalt auch sind, des Interessanten und Wichtigen genug, zumal für
die Volkskunde. Da sie wohl den meisten Fachgenossen nicht leicht zugänglich sind,
so erlaube ich mir bei manchen, flüchtig auch den sachlichen Inhalt in gedrängter Form
wiederzugeben.
Eine gewisse Unrast und Flüchtigkeit , ein Mangel an gründlicher Verarbeitung
bei einem großen Reichtum von Material ist den meisten Arbeiten Gordlevski's leider
eigen. Der Autor w-ollte ersichtlich möglichst rasch sich des Überflusses seines gesammelten
Materials entledigen, und da ist das Resultat natürlich manchmal nicht ganz befriedigend.
Die Arbeiten erstrecken sich auf ethnographisches, folkloristisches und literarisches Gebiet
und behandeln Aberglauben, Volksgebräuche, den volkstümlichen Kalender, Sprichwörter,
Anekdoten, Fabeln, Legenden, die Volkserzählungskunst und rein literarische Themen
und Besprechungen.
Im Anschluß daran möchte ich auch gleich zwei Arbeiten von Schülern Gordlevski's
bringen, den Inhalt zweier wichtiger nationaler türkischer oder besser osmanischer Zeit-
schriften geben und eine französisch erschienene kurze osmanische Literaturgeschichte
besprechen.
Wladimir Gordlevski: i. Predstavlenija osmancev o njehesnjich tjelach (Die Vor-
stellungen der Osmanen über die Himmelskörper). S. A. aus »Etnograficeskoje Obozrjenije«
Heft 83 (2 S.). Die kurze, nach den Angaben eines Mannes aus Kara Hisär (Sivas) und aus
Kutahia (Brussa) angefertigte Materialiensammlung gibt volkstümliche Erklärungen über
die Sonne wieder, die als schönes, die ihr lästig werdenden Verehrer schließlich durch ihren
blendenden Glanz vertreibendes Mädchen gedacht ist, über den Mond, den schönen Sohn,
dem die ängstliche Mutter zur Bewahrung vor dem bösen Blick einen Spüllumpen ins
Gesicht schlug, so daß er unschön und fleckig ward, über die Sterne, deren inniger Zusammen-
hang mit dem menschlichen Schicksal dem Volke feststeht. Die iMilchstraße (sauiaii
jolu — Strohstraße) findet ihre seltsame Erklärung in gestohlenem, am ganzen Himmel
verstreutem Stroh. Die Kometen spielen wie bei uns eine unglück- und besonders krieg-
verkündende Rolle. Ein Volksetymologeie über den Großen Bären: ürker (statt ülker)
jyldyzy und einige Bemerkungen über den Morgenstern {sary jyldyz, den »gelben Stern«)
und den leicht damit zu verwechselnden, aber unglückbringenden Coban jyldyzy (den
Hirtenstern) machen den Beschluß.
2. Predstavljenija osmancev o zemlje (Vorstellungen der Osmanen über die Erde).
Ebenda. (2 S.) — Die gebotenen Mitteilungen beruhen auf Angaben von Leuten aus
Kara Hisdr und Ajas (Angora). Das Erdbeben findet seine Erklärung als unruhige Be-
wegung des Stieres, auf dessen Hörnern die Erde ruht, wenn eine Mücke ihn auf Befehl
Gottes beunruhigt, so oft Gott über die menschlichen Sünden aufgebracht ist. — Ähnliche
124 Kleine Mitteilungen und Anzeigen.
Vorstellungen scheinen auch heute noch von gewissen theosophischen Kreisen, natürlich
mutatis mutandis, propagiert zu werden. Wenigstens wollte die als Orientalistin nicht
unbekannte Madame Lebedewa (Gülndr Xanum) im letzten Frühjahre, wie sie mir erzählte,
in Konstantinopel Vorträge halten über den ursächlichen Zusammenhang der Erdbeben
und Elementarereignisse der letzten Jahre mit der zunehmenden menschlichen Sünd-
haftigkeit. — Es folgen abergläubische Gebräuche zur Abwendung einer Dürre. Nebel wird
durch bestimmte Verse vertrieben. Der Regenbogen {ehern kusa'y = »Gürtel der Alten«),
den die Kinder mit Versen begrüßen, bedeutet Erntesegen. Interessant ist der jetzt ins
Lächerliche gezogene Aberglaube, daß man durch das — allerdings schwer zu bewerk-
stelligende — Hindurchgehen unter dem Regenbogen sein Geschlecht wechseln könne.
3. Osmanskija sujevjerija 0 pticach (Osmanische abergläubische Ansichten über die
Vögel). S. A. aus »Etnograf. Obozr.« (ohne Bandangabe). (6 S.) — Diese im Jahre 1906
in Konstantinopel größtenteils nach den Mitteilungen eines Mannes aus Kara Hisär auf-
gezeichneten Materialien geben ein gutes Bild über die Ansichten des Volkes von den am
häufigsten vorkommenden Vögeln. Der Ruf des Hahnes wie auch der des Huhnes zur
Unzeit, z. B. nachts, bedeutet Unglück, ebenso wie das Krächzen des Raben über dem
Hause. Glück bedeutet, wie bei uns, die Schwalbe und der Storch, der gläubig Hägi baba
(Vater Pilger) genannt wird, da er im Herbste nach Mekka ziehen soll, und den zu jagen
für eine schwere Sünde gilt. Dem Adler schreibt das Volk eine märchenhafte Stärke zu.
Das Hüpfen des Sperlings findet seine Erklärung. Tauben, die die Kinder gern zu halten
pflegen, bringen dem Hause Unglück, in dem sie nisten. Der Elsterruf bedeutet Neuig-
keiten. Von der Eule erzählt der Volksmund eine ähnHche Geschichte, wie sie Rückert
in seinem »Kloster auf Usedom« von den habgierigen Klosterleuten und den beiden Stören
meldet: Gott sandte ihr jede Nacht zwei Sperlinge, von denen sie immer einen verzehren
durfte, bis die Gier sie verführte, beide zu verschlingen und sie darum ohne Nahrung blieb.
Das Rebhuhn, das beim ersten Schneefall leicht lebendig von den Bauern gefangen und
in der Stadt verkauft wird, dient hauptsächlich zur Betätigung des mitleidvollen, sünden-
lösenden Erbarmens gegen Tiere: man kauft sie gerne und füttert sie den Winter über,
um ihnen im Frühling wieder die Freiheit zu geben, damit sie einstmals bei Gott für diese
Guttat Fürbitte einlegen. Natürlich fehlt auch die unter die Vögel eingereihte Fledermaus
nicht, die schlafende Kinder ersticken soll. Ihr Blut dient zum Schreiben von Beschwör-
ungsformeln. Die Knochen werden als sichere Liebe erweckender Amulettbestandteil
geschätzt. — Auf ethnographisches Gebiet leitet die folgende Materialiensammlung über:
4. Ro^djenije rebjenha t jego vospitanije (Die Geburt des Kindes und seine Erziehung).
S. A. aus »Etnogr. Obozr.« Heft 86 — S7. (4 S.) — Die Aufzeichnungen erfolgten nach den
Angaben eines Mannes aus Kara Hisdr und eines zweiten aus Ajas. Es werden Ver-
haltungsmaßregeln gegeben für die erste Menstruation, für die Unfruchtbarmachung der
Frauen, für den Abortus. Das Volk schließt aus gewissen Anzeichen schon vor der Geburt
auf das Geschlecht des kommenden Kindes. Eine leere Wiege zu schaukeln bringt dem be-
treffenden Hause Kinderlosigkeit. Sympathiemittel zur Erleichterung der Geburt (Ver-
schlucken eines mit einer bestimmten Koran-Sure beschriebenen Papierstückchens) finden
sich angegeben. Der Neugeborene wird zur Kräftigung mit Salz eingerieben. Wichtig
ist es, wer den Nabel abschneidet, da der Neugeborene dem Abschr^idenden bzw. auch dem,
der ihn vom Boden aufhebt, im Charakter nachschlägt. Volkstümlichen Regeln über die
Deutung der künftigen Charaktereigenschaften und die Zukunft des Kindes aus seinen
Körpereigenschaften folgen solche für die Namengebung. Zur Entwöhnung im zweiten
Jahre bedient man sich höchst drastischer Mittel (Igel, roter Pfeffer, Erschrecken des
Kindes). Beim Durchbrechen des ersten Zahnes, das man durch eine Weizenkörnerschnur
bedeutend erleichtert, wird den Nachbarn ein Fest mit einem eigenen Gericht aus Weizen
Kleine Mitteilungen und Anzeigen. 12 5
und Nüssen gegeben. Der erste ausgefallene ]\iilchzahn wird als eine Art Überfluß garan-
tierender Talisman im Hause aufgehängt. An einigen Orten gibt es auch volkstümliche
Mittel zur Feststellung der zweifelhaften Legitimität des Kindes, so in Hajmana (Angora,":
Am 40. Tage nafti der Geburt legt man es auf einen bestimmten Stein: sein Schweigen oder
sein Schreien gibt dann Auskunft. Abergläubische Mittel, um ein Kind rasch zum Laufen
zu bringen, sind ebenso verbreitet wie der Glaube an den »Wechselbalg«, den die Mutter
durch abergläubische Manipulationen wieder in ihr richtiges Kind umzutauschen vermag.
]\lit den Angaben der ländlichen Beschneidungsgebräuche im 6. oder 7. Jahre, unter denen
auch eine Art »Pate« (kivra) figuriert, und den alljährlichen Schulausflügen der Jugend
in den Dörfern mit Hammelschlachten und Picknick schließt die höchst interessante Zu-
sammenstellung.
5. Njekotoryje obycaji i sujevjerija u sariov, svjazannyje s rozdjenijem rebj enka (Einige
im Zusammenhang mit der Geburt eines Kindes stehende Gewohnheiten und abergläubische
Gebräuche bei den Sarten). S. A. aus »Etnograf. Obozr.« Heft 90. (5 S.) — Das Ganze
ist die Übersetzung der auf Gordlevski's Bitte hin ihm übermittelten Beobachtungen
eines ungenannten Molla aus Taschkent aus dem Sartischen ins Russische. Der Traktat, der
gerade durch seinen sartischen Verfasser noch authentischer wird, ist recht interessant. Bei
Kinderlosigkeit wenden die Frauen sich an Molla's, Imame, an Behaucher um Hilfe, sie
besuchen Heiligengräber, so besonders gern das 80 Werst von Taschkent entfernt gelegene
Murdd-ha/s), wo zuerst Opfer gebracht und dann durch eine Art Wahrsagespiel (Heraus-
fischen von vorher hineingeworfenen sinnvollen Gegenständen aus einem Wasserbecken
am Grabe, das einen Knaben oder ein Mädchen, oder wenn die Suchende die Hand leer
herauszieht, Kinderlosigkeit bedeutet,) die Frage an die Zukunft um Kinder beantwortet
wird. Nach der Geburt des Kindes wird im Zimmer mit ysyryk (persisch spald) geräuchert.
Ein im Zimmer der Frau gehaltener Uhu ist das beste Mittel dagegen, daß ihr die Kinder
wieder sterben, wenn sie schon Kinder durch den Tod verloren hat. Der Vater betet über
dem Neugeborenen und haucht ihn an. Der abfallende Nabel wird vergraben oder in
einem irdenen Krug an einen Baum gehängt. Sieben oder neun Tage nach der Geburt
findet die als großes Fest aller Verwandten gefeierte Legung des Neugeborenen in die Wiege
statt. Damit wird die Hebamme, die das Kind oft warm badet, entlassen. Sie kommt
nun nur alle zwei bis drei Tage wieder, bis zum 40. Tage. Bei der Geburt des ersten Kindes
haben die Eltern der Wöchnerin große Aufwendungen mit Geschenken der verschiedensten
Art zu machen und ein Gastmahl zu geben. Die Verwandten müssen ebenfalls dem Brauche
nach bei der Benachrichtigung von der Geburt durch den Boten Geschenke schicken. —
Interessante Daten bieten zum Teil noch die Materialsammlungen für den volkstümlichen
Kalender:
(■. Mat]erialy dlja osmanskago narodnago Kalendarja (Materialien für den osmanischen
Volkskalender). »Zivaja Starina« 191 1. S. 439— 444. — Angeregt durch einige vom Grafen
VON MüLiNEN im 13. Bande der Türkischen Bibliothek über die Frauensprache gegebene
Daten, veröff^entlicht Gordlevski eine Zusammenstellung der von ihm nach Angaben
aus Kara Hisdr, Brussa, Izmid, Trapezunt {Rize) und Ajas (Angora) gemachten Aufzeich-
nungen. Das Sonnenjahr spielt trotz des offiziellen und durch die Religion bedingten
Mondjahres bei der Ackerbau und Viehzucht treibenden Bevölkerung natürlich eine aus-
schlaggebende Rolle. Es zerfällt in zwei durch den Eliastag (Xizr: 23. April) und den
Demetriustag {Qdsim: 26. Oktober) geschiedene Hälften. Der offizielle Jahresanfang für
das Finanzjahr ist der i. März. Das Volk beginnt das Jahr aber, wohl nach persischem
Vorbilde, mit dem 9. März, den es mit Ausflügen feiert. Die volkstümlichen Bezeichnungen
der Monate des Sonnenjahres, die sich natürlich nicht bloß auf die »Frauensprache« allein
beschränken, sind: Marl (März), Abrul (April: die Aprilregen haben ungefähr dieselbe aber-
J26 Kleine Mitteilungen und Anzeigen.
gläubische Bedeutung wie unsere »Mairegen«), Mais (Mai), Kiraz, Kerez (Juni: »Kirschen-
monat»), Orak oder Curuk (Juli: der »Sichelmonat« oder der »Verfaulte»), Harman oder
Austos (August: der »Erntemonat«. Am 15. des Monats sammeln die Kinder manchenorts
»Kerzengeld« mit Versen ähnlich denen, mit welchen sie im Ramazän das »Ölgeld« {jay
pnrasy) erbitten. Vgl. Türk. Bibl. III, S. 21, A. 3), Avara oder Istavrit (September, der
»Untätige« oder »Kreuzmonat«), Hac oder Oktobri (Oktober, ebenfalls »Kreuzmonat«, nach
dem Armenischen genannt. Am Qäsim-Jag findet ein Umzug der Kinder statt.). Kor,
Koskojan oder Koskaiymy (November, der »Hammelmonat», weil am 12. November die
Schafe gedeckt werden), Syyyr kojan (Dezember , der Monat , wo man das »Rindvieh
deckt«. Die ersten zehn Tage heißen ifara kys (der schwarze Winter), auf die die 40 Tage
währende Kälteperiode: arbain oder zemheri (wohl von xamsm) folgt), Jeniil (Januar:
Neujahr), Gügiik oder Kucuk (Februar, »der Kleine«, wegen seiner ^Kürze). Auch die
Wochentage weichen von der gewöhnlichen Benennung etw^as ab: Guma (Freitag) und
Gum?ertesi (Samstag) sind unverändert. Dagegen bieten die anderen Wochentage Neues:
Kire (Sonntag, dem Griechischen entnommen), Ajazman (Montag), Dernek (Dienstag =
Versammlungstag, ganz unserer Bezeichnung entsprechend. Hier findet sich noch das in
Konstantinopel völlig obsolete Wort dernek, das seinerzeit als Bezeichnung für die
nationale wissenschaftliche Gesellschaft gewählt wurde); Bazar (Mittwoch: »Markt«tag),
Gum* asamy (Donnerstag). Einige Regeln über zukunftbedeutende Träume im Mai machen
den Beschluß. Das Mondjahr hat ebenfalls für seine Monate einige abweichende Bezeich-
nungen. Der Mo/iarrem, an dessen erstem Tage man Geld zu leihen sucht, das man nach
der volkstümlichen Auffassung nicht zurückzugeben braucht, heißt beim Volke allgemein
Asura, nach Gordlevski's Erklärung nach der Suppe so genannt, die die Mevlevi verteilen.
Doch ist dieser Brauch nicht bloß für die Mevlevi zutreffend, alle Orden kennen diese Art
der Volksbewirtung. Besonders ist sie auch bei den Bektaii heute noch in hoher Blüte.
In Sejjid-i-rdzi z. B. reichen für diese Gelegenheit die dort vorhandenen riesigen Kupfer-
kessel nicht aus, so daß man gewöhnlich noch einen besonders großen Kessel von ^ügä*-
ed-Din herbeischaffen läßt zur Bewirtung der von weither sich zum oium-Schmaus ein-
findenden zahllosen Menge. Die beiden Monate Rebi' I und II heißen beim Volke Ilk
mevlud und Son mevlud, nach der Geburt des Propheten. Regeb und Sa'bdn führen den
gemeinsamen Namen: hiamaz ajlary (die Gebetsmonate). Der Savväl ist als Bajram ajy
(der Bajram-Yestmonat) bezeichnet, während der Zi-l-hig^e den Namen Kurban ajy
(Opfermonat) führt. — Bescheidener sind die in Damaskus 1906 zusammengetragenen
Materialien :
7. Matjerialy dl/a rarodnago sirijskago Kalendarja (Materialien für den syrischen
Volkskalender). S.A. aus »Etnograf. Obozr.« Heft 81— 82. (3 S.) — Hier werden die
volkstümliche Zeiteinteilung, die christlichen Feste mit ihren nationalen Gerichten, die
Gebräuche an den verschiedenen Jahrestagen der Heiligen notiert. Für die Muhammedaner
kommt nur eine Art Bauernregel in Betracht, daß nämlich die Kälte so lange anhält, als
die christliche Fastenzeit dauert. Die Muhammedaner sollen ebenfalls Maria Geburt
(18. September) und die Kreuzerhöhung (4. September) feiern. — Ins Folkloristische und
LiteVarische leiten die nächsten Arbeiten über.
8. Osmanskija skazki (Osmanische Märchen). S. A. aus »Etnograf. Obozr.«: Heft 90— 91.
(9 S,) _ GoRDLEvsKi hat seit jeher große Neigung zum Folklore gehabt. So gab er m
der Festschrift für W. Th. Miller (Jiibilejnij sbornik v cest V. Th. Millera, Moskau 1900)
unter dem Titel: Obzor tiireckich skazok po sbornjiku Ign. Kunasa (Budapest 1887— 1889)
Überblick über die türkischen Märchen nach der Sammlung von Ig. Kunos) eine Inhalts-
angabe der von Kunos gesammelten, aber Nichtorientalisten, weil nur türkisch veröffent-
licht, nicht zugängUchen türkischen Märchen der zwei Bände Oszmdn-török nepköliesy
Kleine Mitteilungen und Anzeigen, 127
gyütemeny. Da Kunos aber häuptsächlich nur phantastische Altweibermärchen und nur
ganz vereinzelt in seiner großen Sammlung auch moralische Märchen und Fabeln 'gegeben
hat, so publiziert Gordlevski als eine Art notwendiger Ergänzung zehn derartige Märchen,
doch nur russi^h, ohne Beigabe des Originaltextes, von denen er sieben in Konstantinopel
und drei in Konia aufgezeichnet h&t. Es sind höchst anspruchslose Sachen, erzählt von
nicht zünftigen Erzählern, ein Beitrag zur Charakterisierung der List, der Hinterhältigkeit
und Dummheit der Leute. Manche Märchen verraten unstreitig europäischen Einfluß:
durch das Medium des Französischen ist viel europäisches Anschauungsmaterial auch in
breitere Volksschichten gedrungen. Die Titel mögen der Hauptsache nach genügen: Die
sinnlose Klage (wo das Motiv von den Inseln mit verwendet ist, auf der die Katzen noch
unbekannt sind). Der listige Dieb (eine Variante der Geschichte aus looi Nacht von dem
Diebstahl im kaiserlichen Schatzhause), Der Dummkopf, Vom Hirten zum Minister (es ist
das auf den Großvezier Fuad Pascha exemplifizierte Märchen von dem Minister geworde-
nen Hirtenknaben und seiner geheimen Stube, wo statt der von den Neidern vermuteten
Schätze nur die einstigen Hirtenschuhe usf. als Mahnung an seine niedere Herkunft auf-
bewahrt sind), »Allah hat's gegeben« (Dem Kismet läßt sich nicht entgehen). Der osmanische
Orpheus (der stimmbegabte Jüngling findet erst bei den Kurden Frieden, die anscheinend
keinen so ausgeprägten Sinn für Musik haben, wie die Türken), Der Qädi als Verführer
(die Geschichte vom verliebten Qädi in der Tilahe), Der alte Sattel (ebenfalls die Kismei-
fügling illustrierend). Die List des Bartlosen (kose) (die auch von Rückert behandelte
Geschichte \om Betrogenen Teufel, die Mehmed Teviq in Buadeni ebenfalls erzählt (vgl.
Beiträge zur Kenntnis des Orients IX, S. 145 — 146) und Die List der Weiber (wo einem
Prediger seine auffälligen Bemerkungen über die Dummheit der Weiber teuer zu stehen
kommen).
9. Matjerialy po osmanskomii folkloru (Materialien zum osmanischen Folklore). S.-A.
aus »Zivaja Starina« XX, 1911, S. 131 — 157. — Hier gibt Gordlevski einen kurzen Über-
blick über die Bedeutung der volkstümlichen Anekdotenliteratur für die Osmanen. An-
geregt durch die Arbeit Professor I. Th. Sumzow's: Rozyskanija v ohlastji anekdotjiceskoj
litjeratury sammelte er besonders Anekdoten über den Tölpel, den Dummkopf im Volks-
munde. Er veröffentlicht nur einen Teil seiner 1905 — 1907 größtenteils in Konstantinopel
nach den Erzählungen von Leuten aus Kutahia, Kara Hisär, Istnid, Ajas, Erzerum und
zum Teil auch in Konia aufgezeichneten Sammlung, nämlich 41 Stück, ohne Text, nur
in russischer Übertragung. Manche hierher gehörige frivole oder schmutzige Anekdoten
hat er weggelassen. Ein beliebtes Objekt des Volkswitzes ist der für dumm geltende
Laze, der schwerfällige Kastamunier, der Erzinganer. Es wird die Trägheit des Kurden,
die blinde Geldgier des Albanesen verspottet. Interessant ist das Gebet des Bektasi, Nr. 24,
wo ein Bektasi Gott um einen Knaben (zu Liebeszwecken) in der Moschee bittet, nicht
um Glatiben, den er ja so schon hat, worauf er von der empörten Menge als Häretiker
totgeschlagen wird. Einige einschlägige Tierfabeln machen den Beschluß. — Hier schließt
am besten wohl gleich die Arbeit über die Anekdotensatnmlung des Xoga iVasr-scf-Din an:
10. Anekdoty 0 chogje Nasr-ed-Dinje (Letäif-i-xoga N asr-ed-Din). Konstantinopel
1325. Verlag Iqbäl (266 S.). »Zivaja Starina« XX, 1911, S. 152 — 157. — Die Sammliftig
ist von Veled Celebi Behaji redigiert und wähl- und systemlos auf über 400 Anek-
doten gebracht, während die ursprünglichen Sammlungen bedeutend weniger enthalten,
die Leidener Handschrift z.B. nur 76. Weil das Buch aber angeblich pädagogischen Zwecken
dienen soll, so sind die unmoralischen Anekdoten ausgelassen. Da ich demnächst eine
Besprechung von Albert Wesselski's schönem Buche: Der Hodscha Nasreddin geben
werde, möchte ich hier nicht näher auf den Artikel Gordlevski's eingehen, der haupt-
sächlich auf die fremden Entlehnungen und Zusätze Rücksicht nimmt. — Der Volkslite-
ratur gilt auch die Studie:
J28 Kleine Mitteilungen und Anzeigen.
II. Iz nabljiidjenij nad iureckoj pjesnju (Aus den Beobachtungen über das türkische
Lied). Im Anschluß an F, Giese's Erzählungen und Lieder aus dem Vildjet Qonjah (sie!)
Halle 1907. S.-A. aus »Etnograf. Obozr.« Heft 79, 1909. (68 S.) — In der Arbeit, die in
Ausführung eines in der Moskauer Archäologischen Gesellschaft gehaltenen Vortrags
entstanden ist, geht Gordlevski von der feindseligen Stellung des Efenditums gegen das
eigene Volksleben aus, dessen Verständnis einerseits der Islam noch auf lange hinaus un-
möglich gemacht hat, und dem andrerseits auch das moderne Bestreben »europäischer
Kultur« Eingang zu schaffen, argen Abbruch tut. DerGroßvezier A. Geväd Pascha hegte
zwar den großen Plan, die Denkmäler der gesamten Volksliteratur in ihrer ganzen dialekti-
schen Verschiedenheit durch die Schulinspektoren ex officio sammeln zu lassen und dies
Material dann herauszugeben. Doch wurde mit seinem Sturze der ganze Plan vergessen.
Den Europäern allein gebührt auch hier das Verdienst des Sammeins. Einer der aller-
ersten war wohl Viktor Maximow, der in Kleinasien über hundert lyrische T.ieder und
Destan's sammelte, infolge seines Übertritts zur diplomatischen Carriere aber den größten
Teil davon unpubliziert ließ. Ganz gewaltige Mengen sammelte und publizierte I. Kunos.
Auf andere Arbeiten geht Gordlevski nicht ein — er liebt es überhaupt immer, etwas
unstet seine Bemerkungen zu geben. Nach der allgemeinen Einleitung kommt er auf
Giese's Sammlung selbst iu sprechen, der in Konia, vor allem im Gefängnis, interessante
Proben der Volkshteratur, besonders von Angehörigen der Nomadenstämme, aufzeichnete.
Gordlevski untersucht die Sprache der turkmenischen Gedichte, die stark an das Azerbaj-
ganische anklingt, den metrischen Bau der Verse, ihre technische Form: die Dialoge, Hoch-
zeits-, Kriegs- und Räuberlieder und die zahlreichste Klasse: die lyrischen Lieder. Mit
der Übersetzung der Lieder ist er, m. E. wohl nicht mit Unrecht, nicht immer zufrieden. Als
Anhang gibt er noch eine Analyse der Prosaerzählungen und macht Bemerkungen zur Prosa
selbst und zum Vorwort. Für die Jürüken möchte ich auch auf das nicht allzu bekannte
kleine Werk des M. 'J'cazupoyXo-j : IlfQl Fiovqovxwv ii>vo}.oyixfi yfkhr] ("Avot-o/.iy.o!
fxeÄET^IxaTa), Athen 1891, verweisen. Noch heute ist, wie hier anzufügen wohl der Platz
ist, trotz mancher modernisierenden Bestrebungen in Konstantinopel selbst, im breiten
»Efenditum«, zumal in der Provinz, irgendwelcher Fortschritt in der Auffassung über die
Wichtigkeit der volkstümlichen Literatur nicht eingetreten, wie ich mich im Herbst loi i
bei einem länger währenden Aufenthalt im Bekiaii-Klostcx Sejjid-i-rdzi in Kleinasien
gründHch überzeugen mußte. Die volkstümliche und nationale Literatur wird bei den
Ejendi's mit der ausgesprochensten Verachtung aufgenommen, die sich um so stärker
äußert, je ignoranter der betreffende Herr selbst auch auf dem Gebiete der alttürkischen
Disziplinen, im Arabischen und Persischen ist. Ein klassisches Beispiel dafür war der
jetzige Grabhüter — er nennt sich stolz Ä/;^ (pits^Hwn?) und verteilt, höchst aufgeklärt,
Visitenkarten mit seinem eigenen Porträt — des Bcktasi-HtWigiums in Sejjid-i-räzi,
Sükri Efendi, ein verhältnismäßig noch junger Mann, der nicht imstande ist, z. B. die
arabischen, nicht übermäßig schwierigen Bauinschriften seines Klosters befriedigend zu
lesen und kühl Buchstaben, die er nicht unterzubringen vermag, als kalligraphische Schnör-
kel erklärt, der aber, selbst dichtend (ich besitze Verse, die er mir dedizierte) — ebenfalls
wie sein Schwiegervater, ein alter Beamter, in jedem Verse des abgedroschensten Fazels
alter Rithtung hundertmal mehr Poesie stecken sieht als in irgendwelchem volkstümlichen
Liede, das sein ästhetisches Gefühl gröbUch beleidigt. Er hinderte mich auch, so viel er
nur konnte, durch seine Einwirkung und sein Verbot an die Leute, am Sammeln von
Liedern. Nur durch Zufall kam ich, wenigstens teilweise, zum Ziel. Ebenso war es in
Sügä^-ed-Din, wo die Bektasi-Bxüätx, die sich zuerst sehr bereitwillig zum Rezirieren von
.volkstümhchen Weisen angeboten hatten, plötzlich unter dem ersichtlichen Druck des
alten Sejxes Huri, alles Volkstümliche aus dem Gedächtnis verloren hatten (mich aber-
dann großmütig durch einige Fazelen- Kopien zu entschädigen suchten).
I
Kleine Mitteilungen und Anzeigen. jog
12. Osmanskija skazanija ilegendy (Osmanische Sagen und Legenden). »Etnograf.
Obozr.« Heft 86 — 87, 90—91. (76 S.) — Diese umfangreiche Materialiensammlung bietet
ein ganz her\-oiT$gendes ethnographisches Interesse. Es sind im ganzen 163 Heilige, zum
Teil christlicher Herkunft, die aber leider in buntester Anordnung, ohne jedes System, sei
es lokaler oder chronologischer oder auch nur alphabetischer Art, hier aneinandergereiht
sind. Das Material ist hauptsächlich mit Hilfe eines etwas des Schreibens kundigen Kon-
stantinopolitaners Namens Ismd'U zusammengetragen, dem eine eingehende Kenntnis und
Vertrautheit mit allen Heiligengräbern und Wallfahrtsorten und den daran sich knüpfen-
den Legenden, soweit Konstantinopel in Frage kommt, nicht abzusprechen ist. Der Autor
schöpft aber daneben auch noch aus so wenig stichhaltigen Quellen, wie sie der Osmanische
Lloyd für ein derartiges Gebiet darstellt, während er äußerst wichtige und an Ausbeute
überreiche türkische Quellen überhaupt nicht beizieht. Schon Samojlovic macht dem
Autor gelegentlich seiner Besprechung in Mir Islama I, S. 582 — 584 den Vorwurf der L'n-
fertigkeit. Gerade bei dieser Sammlung, wo Gordlevski so reiches ^Material zur Verfügung
hatte, hätte .er der Wissenschaft einen größeren Dienst erwiesen, wenn er mit dem Drucke
weniger geeilt hätte. Ein Glück ist es nur, daß er einen, wenn auch kärglichen Index der
behandelten Heiligen beigibt, während ein ebenso nötiges Sachregister fehlt. Einen nicht
hoch genug anzuschlagenden Fingerzeig und eine unerschöpfliche Ausbeute hätte dem
Autor vor allem Evlij ä Celeb i in seinem Sejd/iatnäme geboten, der eine große Vorliebe
für das Legendäre und Sagenhafte hatte und treulich überall alles Einschlägige notierte
und wiedererzählte. Gordlevski streift ihn aber nur in der Einleitung in einer An-
merkung als eine jedenfalls reiche Ausbeute versprechende Quelle, als ob Evlij ä Öelebi
uns unzugänglich wäre. Es liegen ja doch die ersten sechs Bände im Druck vor (Iqdäm
131 4 — 1318, Konstantinopel). Eine angenehme Arbeit ist es allerdings nicht, wie jeder,
der sich mit E v 1 i j a beschäftigt hat, bestätigen kann, aus ihm all das weithin Verstreute
auszuziehen. Zu benutzen wären ferner noch in mancher Hinsicht gewesen: Xoga-zäde
.■\hmed Hilmi : Zz7a;v/-z-eL'/i/a(Konstantinopel 1325) für Konstantinopel und L'mgebung.
ebenso wie Mehmed Räif: iVfiVai-i-/5te«7^o/ (Konstantinopel 1314); für Brussa: B eli-'- i-
Brüsevi: Güldeste-i-Beliy (ßxnssa. i-^oi); inx Ajdin: Brusaly Mehmed Tähir bin
Rif'at: Ajdinvild jetine mensüb niesdiy^ *i<Z^wß iw^ara (Konstantinopel 1324); auch Amasi-
jaly *Abdi-Zäde Hüsejn Hüsäm -ed-Din' s: Amdsija tdriyi, von der jetzt der erste
Band vorliegt (Konstantinopel 1330 h.) scheint mancherlei Einschlägiges zu geben. Dazu
kommt die Unzahl von Legenden und Heiligengeschichten in den Traktaten der verschiede-
nen muhammedanischen Orden. Die Arbeit ist recht wertvolles Material, aber erst Material.
GcmDLEvsKi hat nach der Vorbemerkung die Absicht, sein Material noch möglichst zu
vervollständigen und dann eine allgemeine osmanische Hagiographie zu schreiben, die
den ganzen byzantinischen Einfluß wiederspiegelt. Bei der großen !Masse der Heiligen ist
es nicht möglich, auf das Einzelne hier einzugehen. Ich will nur einiges zu Heiligen berher-
ken, deren Gräber ich unmittelbar aus eigener Anschauung kenne. Der nach dem Osniani-
schen Lloyd zitierte Ses veren dede (S. 74) ist natürlich der Tez veren, wie Gordlevski etwas
schüchtern vermutet, der »Schnellgebende« unser »Heiliger Expeditus«, über den man Jacob
im Islam II, S. 204, vergleichen möge. Unter Xr. 62 ist wohl das Bektasi-YilosXtx Sügd'-
ed-Din (die vulgäre Aussprache an Ort und Stelle ist Segd'-ed-din und nicht Segd-ed-din,
wie ich mich während eines dreiwöchentlichen Aufenthaltes im benachbarten Sejjid-i-rdzi
zur Genüge überzeugen konnte) und das Grab des Siigd^-ed-Din — neben dem noch in einer
eigenen Türbe Mürüvvet baba ruht ■ — genannt, während das sagenberühmte prächtige BektaSi-
Kloster Sejjid-i-rdzi mit seinen sieben Heiligengräbern und seinen Sagen, so z. B. von
Hdsim baba {Hagim gesprochen), der unversehrt in den brennenden, heute noch gezeigten
Backofen im Furiin evi hineinging, keine En\-ähnung findet. Dort liegen der wackere
Islam. \y. q
I -IQ Kieme Mitteilungen und yVnzeigen.
Glaubensheld Sejjid Battäl-i-räzi in einem 6 m langen Sarge, neben ihm die Kral kyzy;
ferner steht dort der Sarg des Coban baba oder Gizli haha, von dessen erstaunlicher Beiß-
leistung — er biß aus der Steinschwelle des Heiligengrabes in der Ekstase ein mächtiges
Stück heraus — sowohl der Stein wie auch Evlija's Bericht legendenhaft »Zeugnis« gibt.
Schließlich die Särge der Ajni Ana und der Mutter des Sultans 'Alä-ed-Din und der beiden
Miy_äl rdzi hafidlcri: Ahmed Bej und Me/imcd Bej. Auch von den beiden andern Filial-
klöstern 'Urjän baba und Melek Fazi würde man etwas zu hören erwarten, da Gordlevsk i
doch schon die Begleiter Batidrs, die Jediler (die Sieben), die in Eski sehir ruhen, nennt.
Interessant ist, daß unter den »Heiligen« auch der berühmte Sänger Bekri Mustaja
figuriert. — Mit der volkstümlichen Erzählungskunst beschäftigt sich:
13. /z nastojascago i froslago »Meddahov« v Turcii (Aus der Gegenwart und der
Vergangenheit derMeddah's in der Türkei), Erzählungen des Meddd/i *Asqi Efendi. »Mir
Islama« 1912, I, S. 322 — 344. • — Die früher in hoher Blüte stehende volkstümliche Erzähl-
ungskunst des Meddäh ist in der letzten Zeit ziemlich herabgekommen. Das allgemeine
Interesse dafür ist auch in den unteren Schichten des Volkes geschwunden. So scheint
auch dieser Kunstzweig dem Untergang verfallen zu sein. Einer der letzten berühmten
Vertreter ist 'A s q i Efendi, von dem schon Jacob im 1 . Bande der Türkischen Bibliothek
einen Anschlag mitteilte. *Asqi, ein geborener Chiote, hörte als junger Mensch in Kon-
stantinopel den durch seine Kombinationskunst berühmten Meddäh^^ü'krx, wurde sein
Schüler und machte sich dann bald selbst als Meddä/i einen Namen. Der bedeutendste
Schülei 'Asq i' s ist jetzt Aj i Ke mal , der dasPseudonym^Mj-wri führt, ein früherer Gendarm,
dessen Stärke besonders die Imitierung von Straßenhändlern ist. *A ä q i , der nur eine ziem-
lich mangelhafte Bildung genossen hat, trat noch im jetzt verschwundenen Orla ojnii ah
Perser auf. Die unbedingt erforderlichen Embleme des Meddd/i sind, wie schon Kunos
ausführt, der knorrige Stock in der Hand und das um den Hals gelegte Tuch, angeblich
nach der Erklärung der Meddä/ie selbst ein altes Symbol der Unterwürfigkeit unter den
Willen des Sultans, der gegebenenfalls den Erzähler prügeln oder gar erwürgen lassen
konnte. Jedenfalls waltete über den Meddd/i's, zumal unter *Abd-ül-Hamid, eine strenge
Zensur ihres Amtes, die jetzt zwar gemildert ist, wofür der Staat aber die Steuerschraube
bei den geplagten Erzählern stärker angezogen hat. Die mit der Mimik eng verbundene
Meddd/'-Kunst hat als eine ihrer Hauptaufgaben neben der Erzählung selbst die Nach-
ahmung der verschiedenen Volkst>-pen: des Armeniers, des Griechen, Persers (Azerbaj-
ganers), Tataren, Albanesen, Lazen, Zigexiners, Juden und ihrer Dialekteigentümlich-
keiten, ferner die Nachahmung verschiedener Geräusche, des Essens, Trinkens, :a ... der
Seekrankheit usw. Die Quelle für die Meddd/i-KTz'ä.h\ungeTi bilden Volkserzählungen.
Auch Bearbeitungen arabischer vmd europäischer Stoffe sind häufig. 'Ak q i ' s Repertoir
soll nach seiner, allerdings mit Vorsicht aufzunehmenden, Angabe zweihundert große und
noch mehr kleine Erzählungen umfassen. Gordlevskt zitiert davon zwölf von den großen,
die ihm bekannt geworden sind, nämlich: Edrnond (aus dem Französischen), Genovefa
(Koros Kardas, den Jacob Türk. Bibl. Bd. V übersetzt hat); Tdhir und Zehr&\ Ferhdd und
Sirin;LejldundMegnün; Der schöne Helvä- Koch; Der Verschicender^Mirds jedi, ein besonders
beliebtes Thema); Das Tataren- Mädchen (tatar kyzy); Der Deckenmacher (joryangy) Sddyq,
Tajär-zdde oder Die Bif7 bir direk-Zisterne, Kereni und Asly, Die Lißten des Emin Bej. Von den
kleinen nennt er nur drei Geschichten: den Vergolder {ialdyzgy), den tölpelhaften Diener
(von Jacob, Türk. Bibl. I, S. 63, nach dem von H i 1 m i in seinem Gülünglü efsdneler gegebe-
nen Texte übersetzt. Auch Gordlevski gebraucht seltsamerweise, Jacob folgend, die
unrichtige Form giilengli für gülünglü) und den Persischen Schalhändler oder Das Opfer
der Frauenlist. Nach einem kurzen Abriß der Geschichte des Meddd/i -Wesens gibt Gord-
levski zwei Meddd/i-TLTzählungen 'Asqi's in russischer Übertragung: Die Erlangung der
Kleine Mitteilungen und Anzeigen. I^j
Braut oder Der treue Diener, eine Bearbeitung des aus Grimm bekannten Motivs des treuen
Johannes in orientalischer Einkleidung, wobei auch die Wiederbelebung des zu Stein er-
starrten Dieners durch die Opferung des Kindes nicht fehlt. Ferner Der Traum des Türk:
eine launige Gesdiichte, wie der etwas schwerfällige, von selten seiner armenischen Kollegen
viel gequälte Hammäl aus Kastamuni im 1 räum die verschiedensten Erlebnisse hat reich
und vornehm wird, bis ihn, als er sich eben vornehm vermählen will, ein schnöde vom Dach
herabfallender Ziegel, das Werk der verliebten Katzen, wieder zur rauhen Wirklichkeit
enveckt. — Das volkstümliche Gut der Sprichwörter behandelt die Studie:
1.1. /:; istorii osmanskoj poslovicy u pogovorki (Aus der Geschichte des osmanischen
Sprichworts und Sinnspruchs). »Zivaja Starina« 1909, II — III. (19 S.) — ■ Gordlevski
gibt einleitend eine kurze Geschichte der Sprichwörterhteratur in der Türkei. Das Sprich-
wort wußte sich, wenngleich literarisch lange Zeit nicht anerkannt, doch jederzeit • — man
vergleiche z. B. Thabit — einen Platz zu behaupten. Seit dem iS. Jahrhundert betrieb
man sogar mit Vorliebe Sprichwörterstudien, wofür, wie ergänzend nachzutragen wäre,
eine ziemliche Zahl von Handschriften, die auf Sprichwörter Bezug haben, in den Kon-
stantinopler und auch in .den europäischen Bibliotheken Zeugnis geben. Gordlevski
nennt Hyfzy (Druck vom Jahre 1262), der die Sprichwörter noch poetisch behandeln zu
müssen glaubte, um sie literaturfähig zu machen, M. N a z i f , I. S i n a s i , Ahmed
Ve f 1 q (dessen Aialar sözü T288 gedruckt wurden, was Gordlevski unbekannt ist) und
V e f i q 's Plagiator M. S a *i d. Micht aber nennt er die Sammlung Ahmed M i d h a t 's:
Zurtib-i-emsäl-i-iürkije aus den siebziger Jahren, die Davis in seiner schwächlichen, an
Fehlern und Mißverständnissen reichen Übersetzung Osmanli Proverbs, London (1897),
allgemein zugänglich gemacht hat, wobei er allerdings im Gegensatze zu dem sonst üblichen
Brauch auf dem Titel nur seinen Namen nennt, obwohl er nur M i d h a t übersetzt, ohne
irgendwelche andere Sprichwörtersammlung zu nennen, zu kennen und zum Vergleich mit
heranzuziehen. Ebenso läßt Gordlevski auch die seltenere, 1276 erschienene Lithographie
Hiirüf-i-hegd üzre gem^ uierttb olunan suriib-i-emsäl risälesi des VahidEfendi und eine
andere Sammlung, Emsdli (Kaiserl. Druckerei), 1286, ungenannt. Auf die nicht wenigen
europäischen Bearbeitungen von türkischen Sprichwörtern (Decourdemanche, De-
METRiADES, Merx, Osmauische Sprichicörter, W^ien. Akad. usf.) möchte ich außerdem nur
kurz hinweisen. In seiner Arbeit selbst zitiert Gordlevski eine Anzahl ethnologisch
wichtiger und interessanter Sprichwörter (nur in Übersetzung), in denen die Türken
schonungslos ihre eigenen, ihnen nicht unbekannten Fehler verspotten: ihre Zerstörungs-
sucht, ihre Trägheit und Passivität, ihre Gefräßigkeit, ihren Jähzorn. Dann folgen Sprich-
wörter über die bei den Türken nicht sonderHch gut angeschriebenen Araber, über die
hochmütigen Kurden, die leidenschaftlichen Albanesen, die für dumm geltenden Lazen,
die unsteten Zigeuner, die wegen ihrer Feigheit verachteten Juden, über die Christen, bei
denen natürlich den Griechen und Armeniern besondere Aufmerksamkeit von selten der
Osmanen geschenkt wurde. Geschickt sind mancherlei in den Sprichwörtern noch zutage
tretende historische Reminiszenzen und Beziehungen herausgeschält. Es ist ein buntes
und interessantes, wenn auch natürlich nur unvollständiges Bild, das uns G'ordlevski
hier andeutet. ■ — Einen rein registrierenden Zweck verfolgt die Sammlung:
15- Arabskija poslovicy zapisannyja v Damaskje (In Damaskus aufgezeichnete arabi-
sche Sprichwörter). »Drevnostji Vostocnyja« 4. Bd., H. i, 1912. (9 S.) — Die 89 in Tran-
skription und russischer Übersetzung gegebenen aiabischen Sprichwörter zeichnete Gord-
levski 1906 in Damaskus auf, zum Teil nach den Angaben des gebildeten Abü-l-Xeir
Tälu ■ — • worauf zum Teile der literarische Charakter einiger der Sprichwörter beruhen
mag - — , zum Teile nach dem Diktat eines einfachen Arbeiters und seiher Schwester. Die
Umschrift wurde von A. Krymski durchgesehen. — ■ Einem wirklichen Bedürfnis kommt
9*
1^2 Kleine Mitteilungen und Anzeigen.
GoRDLEVSKi mit seiner modernen osmanischen Literaturgeschichte entgegen, so wenig
abgeschlossen sich das Werk uns auch vorstellt!
16. Ocerki po novo] osmanskoj litjeraüirje (Abriß der neuen osmanischen Literatur)
in: »Trudy po vostokovjedjenjiju izdav. Lazar. Instit.« HeftXXXIX. Moskau 1912. (8 -f
146 + 3 S.) • — Dieser Literaturabriß, der eine direkte Fortsetzung der Ocerki istorii
tureckoj litjeratiiry ^^'. D. Smirnow's (Band IV der Vseobscaja isionja litjeratmy von
KORS und KiRPiCNjiKOW, St. Petersburg 1892) zu bilden scheint, wurde 1909 auf litho-
graphischem Wege als Wegweiser für die Studierenden vervielfältigt und umfaßte die
um die Antrittsvorlesung Gordlevski's im Lazarew-Institut (vom 27. September 1907)
sich herumgruppierenden Vorlesungen über osmanische Literatur. 1912 wurde nun in
wenig erweiterter und abgeänderter Form das Werk im Druck veröffentlicht, so wie es
uns jetzt vorliegt. Ausdrücklich ist der nähere Nachweis, in welchem Umfange der fran-
zösische Einfluß sich auf die moderne türkische Literatur geltend macht, einer späteren
Ausarbeitung vorbehalten. Die Episqdenhaftigkeit besonders des ersten Teiles wird im
\'orwort ausdrücklich zugestanden. Auch Samojlovic beanstandet in seiner Besprechung
Mir Islam a I, 191 2, S. 584 — 587, daß Gordlevski keine Übersicht und Aufzählung seiner
Quellen gibt, zumal die Verweise darüber in der Arbeit selbst recht spärlich sind. Im
Vorwort gibt Gordlevski nur eine Aufzählung negativer Art, d. h. er nennt einen Autor,
den er nicht benutzen konnte, nämUch Oestrup. Oestrup's hterarische Arbeit kenne
ich leider ebenfalls nicht. Sollte sie aber im ganzen dem entsprechen, was derselbe Autor
z. B. in der Enzyklopädie des Islam, I, S. 21 1 — 212, über Ahmed Midhat im einzel-
nen geschrieben hat. so könnte ich gerade diesen Mangel nicht als sehr schwerwiegend
betrachten. Seltsam berührt es, daß er Hörn, auf dem er doch gewiß fußt, nicht genannt
hat, nur in Anmerkungen taucht sein Name einige Male auf. Das Material für das Zeitungs-
wesen lieferte ihm der damals noch in Kenia in der Verbannung lebende T e v f I q B e j
Ebu-z-Zijä, der Besitzer und Leiter der Zeitung Ta^wV-w/fe/ßr, der am 27. Januar 1913
unerwartet einem Herzschlag erlag. Dazu kommen noch mündliche Informationen. Gord-
levski sagt keinWort, bis zu welchem Zeitpunkte eigentlich seinAbriß reichen soll. Im ganzen
ist anscheinend der Standpunkt des Jahres 1908 gewahrt. An einigen Stellen sind aber be-
reits, davon abweichend, entsprechende Nachträge eingearbeitet, an andern, wo man es noch
mehr erw'arten sollte, aber nicht. Schade, daß der Abriß nicht bis über die Wiederherstellung
der Konstitution hinübergeführt worden ist. Seit der Zeit hat sich vieles geändert. Ganz neue
Gesichtspunkte tauchten in der Literatur auf. Wir wären Gordlevski, der bei seinen
vielseitigen Beziehungen vor andern vieles voraus hat, sehr dankbar gewesen, wenn er
auf diese neueste Phase näher eingegangen wäre. Dankenswert ist jedenfalls das Ver-
zeichnis der osmanischen Autoren und das, wenn auch nicht umfangreiche, Register der
türkischen Zeitschriften. Ebenso notwendig und wünschenswert wäre aber auch ein Ver-
zeichnis aller behandelten Werke und Realien gewesen. Eine kurze Einleitung behandelt
das Eindringen des europäischen Kultureinflusses in die Türkei überhaupt. Die jüngere
osmanische Literatur wird in folgende fünf Perioden geteilt, eine Einteilung, der man im
allgemeinen nur beistimmen kann : L Die Vertreter der europäischen
Schule: Ibrahim Sinäsi, M. Nämyq Kemäl, die osmanische Wissen-
schaftliche Gesellschaft (Megm2iV-i-/MMMM), die ältesten Zeitungen in der Türkei (Taqvim-
i-vaqä'i, Geride* -i-kavddis, Tasvir-i-efkjdr, Mw/bir, 'Uiärid, Basirei, die humoristischen
und satirischen Blätter) , Tevfiq Bej Ebu-z-Zijä, Ahmed Midhat,
'Abd-ul-Haqq Hamid, Regäi-zäde Mahmud Ekrem, Sems-
ed-Din Sämy, Mu'allim Nagi, die Ergebnisse des europäischen Einflusses.
.Ein Anhang behandelt noch: die Russen in der osmanischen Literatur. Übersetzungen
aus dem Russischen. IL Satire auf die G a 1 1 0 m a n i e : 'Ali 'A 1 e v i (Gord-
Kleine Mitteilungen und Anzeigen. j •? -i
LEVSKr bezeichnet ihn m. E. unrichtig mit Julvi — es müßte wenigstens 'IJlvi
heißen) und Hüsejn Rahmi. III. Religiöse Reaktion; Polemische
Werke; Apologif^des Islam. IV, Nationale Richtung: Streit über die Sprache.
Verhalten zur Volksliteratur. M eh med Tevfiq; Ahmed Räsim, Nabi-
z ä d e Räsim, L a s t y k 1 y S a * i d , M e h m e d E m i n , der »Philosoph« R i z a
Tevfiq; Zunahme des Interesses am Volke. V. Die jüngsten Nachahmer
des Westens: Kreis von Schriftstellerrj, der sich um die Zeitschrift Servet-i-jünun
gruppiert. Geistiges Wachsen der Jugend Samy Pasa-zäde Sezäji (nur nebenbei
werden Nigjärbint' Osmän, Mustafa Resid und 'Abdullah Zühdi
genannt); die Zeitschrift Servei-i-ji'mihi, Tevfiq Fikret, Genäb Sehäb-ed-
Din, Hüsejn Su'äd, Ahmed Hikmet, 'Usaqqi-zäde Xälid
Zijä, Hüsejn Gähid, Mehmed Reüf; Verbot der Literatur; Lage der
Presse. Schluß. — Der Anhang, der eigentlich jetzt, da er die jüngsten Strömungen ein-
leitet, zu einem Hauptkapitel umgearbeitet gehört, behandelt flüchtig die literarische Gesell-
schaft Fegr-i-dti = die »Kommende Morgenröte« und die neue Bewegung in der Literatur.
17 Schriftsteller werden noch kurz registriert und daneben noch, als vielversprechend für
die Zukunft , A. Häzim, Mehmed 'Akif und X ä 1 i d e S ä 1 i h genannt. Die
Schriftstellerin Xälide Sälih, von deren Werken Xaräb Ma'bedler, Sevijje
Tälib und Xanddn ich demnächst einiges in Übersetzung zu geben gedenke, ist
wohl die talentvollste Erscheinung unter der ganzen jüngeren Schriftstellerwelt. Auf
Einzelheiten will ich nicht eingehen, obwohl ich manches beizutragen hätte, so in bezug
auf das Zeitungswesen, wofür ich eine größere, zum Teil recht seltene alte Zeitungen und
Zeitschriften meist in ganzen Jahrgängen umfassende Sammlung habe, und ebenso in
bezug auf das Theater, für das ich ebenfalls schon umfangreiche Vorarbeiten erledigt habe.
Im ganzen ist die Bewertung, die Gordi.evski der modernen osmanischen Literatur an-
gedeihen läßt, recht skeptisch, wie auch nicht anders zu erwarten steht. Denn einen wirklich
bedeutenden Schriftsteller, eine wirkliche Weltgröße hat die Moderne bislang nicht hervor-
gebracht. Andererseits sucht er aber auch gegenüber den maßlosen Angriffen von Jüngeren
und oft nicht ganz Berufenen auch manchen in Schutz zu nehmen, wie Ahmed Mid-
hat, die »Schreibmaschine«, wie man ihn wegen seiner erstaunlichen Fruchtbarkeit
spöttisch genannt hat, der gewiß in der Geschichte der osmanischen Literatur eine kaum
geringere Rolle gespielt hat als K e m ä 1. M i d h a t starb in der Nacht vom 28. zum
29. Dezember 1912, Demnächst wird Midhat's Drama Ejvahl in Übersetzung in
der Türkischen Bibliothek erscheinen. Wenn möglich, gibt Gordlevski biographische
Angaben und Daten. Mit Übersetzungsproben, die zumeist von Gordlevski's Schülern
angefertigt sind, ist das Buch in manchen Teilen ziemlich reichlich ausgestattet. Jedenfalls
ist das Buch ein mit Dank zu begrüßender Beitrag für eine noch zu erhoffende abschließende
Geschichte der modernen osmanischen Literatur. — Ein kurzer Artikel Gordlevski's:
17. To'.sioj V Tiircii (Tohtoj in der Türkei). Bibliographische Notiz. 191 t. (3 S.)
St. Petersburg, Druckerei Wolf, behandelt die Verbreitung der Werke Tolstoj's bei den
Osmanen. Es ist nicht viel, was die Osmanen von Tolstoj kennen: es sind fast aus-
schüeßHch belletristische Sachen. Das meiste davon ist erst durch das Medium des Fran-
zösischen gegangen, was sich besonders in der Verhunzung der Eigennamen bemerkbar
macht. Auch werden, wie nachgewiesen wird, von skrupellosen Übersetzern unbedenklich
auf dem Titelblatt Werke A. Tolstoj's in solche von L. Tolstoj umkorrigiert. Beizu-
tragen hätte ich zu den von Gordlevski zitierten nicht zahlreichen Sachen noch H. H ü s -
ni's Übersetzung: Isviceraly '■dile Robinsony (Konstantinopel 1325), aus den Kinder-
geschichten Tolstoj's, und die allerdings durch Ganijew ins Tatarische übersetzte und
in Baku i S96 erschienene, aber auch in Konstantinopel durch Buchhändler (so den Ar- .
l^Ä. Kleine Mitteilungen und Anzeigen.
menier Mizan) vertriebene Komödie Tolstoj's: Pervyj vinokiir (Evvelgi sarabcv). — Eine
Übersicht über die leider nur kurz bestehende wissenschaftliche osmanische Zeitschrift,
den Türk derneji (auch dement gesprochen), die»Türkenversammlung«, gibt Gordlevski in:
i8. Zamjetka o »Tureckom Sobranjü« v Konstant] inopolje (Bemerkung über die
»Türkische Versammlung, Gesellschaft« in Konstantinopel. »DrevnostjiVostocnyja« Bo. IV,
H. I 1912. (15 S.) ■ — Gordlevski gibt einleitend eine kurze Übersicht über die Emanzi-
pationsbestrebungen der Osmanen. Eine charakteristische Eigenheit und Schwäche des
Türkenvolkes von jeher war die Anlehnung an eine fremde Kultur und die Nichtachtung
der eigenen Nationalität: so standen die Türken der Orchon-Inschriften unter chinesischem,
die Selguken unter persischem, die Osmanen unter byzantinischem und persischem Kultur-
einfluß. Eine Folge davon war die völlige Vernachlässigung und Zurücksetzung der eigenen
Sprache. Erst im 19. Jahrhundert kam es zu einer anfangs unbewußten, dann immer
bewußter betonten Reaktion gegen den Giaurcn-Einfiuß, ein unklares Besinnen auf sich
selbst, unklar noch, denn zu tief ist die Abneigung der Gebildeten oder besser Verbildeten
gegen das gemeine Volk und seine dem Islam zuwiderlaufenden Traditionen. Es fehlt in
der Geschichte der osmanischen Literatur gänzlich an einer romantischen Periode der
Neigung zum Volke. Kein türkischer Herder oder Grimm ist bislang erstanden. Wie in
der politischen Geschichte die Erneuerung des Staatslebens erst eine Folge des Druckes
der europäischen Einwirkung war, so weckten erst ungarische und deutsche Gelehrte das
Interesse für die osmanische Ethnographie bei den Osmanen selbst. Nach der Wieder-
erneuerung der Konstitution zeigte sich anscheinend ein völliger Umschwung in der An-
schauung der osmanischen Intelligenz. Neben andern Gesellschaften wurde auf die Initia-
tive des durch seine alttürkischen Studien bekannten N e g i b *Ä s i m und V e 1 e d
V
C e 1 eb i ' s am 24. Dezember 1908 der Türk derneji gegründet, der sicii die Erforschung
der Türk -Völker in ihrem ganzen Umfange zum Ziele setzte. Unter den 16 Gründungs-
mitgliedern fungierten unter andern A. M i d h a t , der frühere Unterrichtsminister und
Redakteur der osmanischen Enzyklopädie £»jrM//o/j, der Rektor der Universität und frühere
Minister des Innern G e 1 a 1 B e j , der »Philosoph - R i z ä T e v f 1 rj , der Schriftsteller
A. H i k m e t , während das Ehrenpräsidium der Thronfolger Jüsuf 'Izz-ed-Din
übernahm. Das Programm überrascht durch seine Breite und \^ielseitigkeit. Es umfaßt
Archäologie, Geschichte, Sprache , volkstümliche und zünftige Literatur, Ethnographie,
Ethnologie, Kulturgeschichte, historische und politische Geographie usf., kurz alles und
noch etwas dazu. Man wollte alle befriedigen und nahm darum mit der bei der osmani-
schen Intelligenz so arg grassierenden Dilettanterei eine ganz unerträgliche Last leichten
Herzens auf sich, die bei der Armut an geistigen Kräften in der osmanischen Gesellschaft
und bei dem Mangel an den elementarsten Vorstellungen über die wissenschaftliche Methode
und die Erfolge der Turkologie im Auslande bald zum eklatanten Scheitern der ursprüng-
lichen Gesellschaft selbst führte. Eine große Rolle spielte die Sprachfrage, die Schaffung
eines von fremden Bestandteilen möglichst gereinigten nationalen Idioms, und die even-
tuelle Schaffung einer neuen, dem Türkischen mehr entsprechenden Schrift, als die völlig
ungeeignete gegenwärtige arabische. Schon früher wurden hierauf bezügliche Bestrebungen
laut. So besitze ich zwei 1903 in London gedruckte türkische Reformbroschüren von
N. M. X.: Zurüb-i-emsdl und Aqval-i-^Jli, bei denen alle Buchstaben nach Art unserer
Lettern ohne Verbindung nebeneina"nder gesetzt, und, was die Hauptsache für das Türkische
ist, alle Vokale durch eigene Zeichen geschrieben werden. In einer Beilage des Servet-i-
fünün Nr. 1054 entwickelt F e j z - u 1 1 a h bin K j .'> z i m in seinem I/urü j-i-munfasale
ähnliche Gedanken. Zur Betätigung ihrer Aufgaben gründete die Gesellschaft noch zwei
Filialgesellschaften in der Provinz: in Smyrna und in Kastamuni: dazu kam noch eine Art
Schwesterverein in Budapest. Die Sitzungen des Vereins , die infolge des osmanischen
Kleine Mitteilungen und Anzeigen. 1^5
Selbstdünkels und der persönlichen Unduldsamkeit seiner gelehrten Mitglieder viel Hader
und Kleinlichkeit boten und den Haiiptraum Fragen wirtschaftlicher und administra-
tiver Art einräumten, förderten -wissenschaftlich wenig. Das einzige Verdienst war die
Schaffung der gleichnamigen wissenschaftlichen Zeitschrift, die seit Mai 1908 herauskam,
es aber nur auf sieben Nummern brachte. Mit der Versetzung des damaligen Präsidenten
der GeseDschaft, des Obersten R. F ü a d nach Jemen und der Abreise des regsamen
und energischen Tataren AkCura oylujüsuf schlief die Zeitschrift, die immer
an großem Abonnentenmangel gekrankt hatte, völlig ein. Die Gesellschaft veranstaltete
zwar noch eine Anzahl Sitzungen und Vorträge, aber ihre Zeit war abgelaufen. Sie mußte
einer neu sich konstituierenden Gesellschaft, dem Türk jurdu, Platz machen, der, was sich
am Türk derneji gesund und lebensfähig erwiesen hatte, zielgemäß nach vernünftigeren,
t^emäßigteren Grundlagen in die Tat umzusetzen bestrebt ist und so nur eine Fortsetzung
des Türk derneji vorstellt. Ich gebe im Anhang am Schluß eine Inhaltsangabe des Türk
derneji und des ersten Jahrganges des Türk jurdu, aus der man sich deutlich ein Bild über
die verschiedenartigen Tendenzen der beiden Zeitschriften bilden kann.
19. Jz Kommeniarijev k staro-osinanskomu perevodu chroniki malo-azialskich Selgu-
kidov t. n. chroniki Ibn-Bibi (Aus den Kommentaren zu der altoSmanischen Übersetzung
der Chronik der kleinasiatischen Selgukiden, der sog. Chronik Ibn-Bibi). »Drevostnji
Vostocnyja« Bd. IV, H. i, 1912. (17 S.) ■ — Aus Anlaß der Beschäftigung seiner Studenten
mit den von W. D. Smirnow in seinen Obrazcovyja proizvedjenija osmanskoj litjeratury
V izvlecenijach i otryvkach (St. Petersburg 1903) gegebenen Abschnitten des von Houtsma
in seinem Recueil de textes relatifs ä rhisioire des Seldjoiicides (Leiden 1902) Bd. III und IV
herausgegebenen Textes des Ibn Bibi sucht Gordlevski in der vorHegenden Studie
eine Reihe von Schwierigkeiten des Textes zu lösen. Es ist die nach Negib 'Asim's
Tärix-i-türki von dem Defterdnr Ga'fer Celebi-zade unter Sultan Muräd II.
(-i_^2i— 1451) angefertigte türkische Übersetzung der ursprüngHch persisch geschriebenen
Chronik, deren Verständnis ein im 13. Jahrhundert in Kleinasien angefertigter persischer
Auszug zustatten kommt. Die in usum Delphini geschriebene Chronik, die ihre morali-
sierende und rhetorische Absicht nicht verleugnen kann, hat eine große kulturhistorische
Bedeutung, die Gordlevski vor allem herv-orhebt. Er schildert das Hofleben, das noch
Spuren des einstigen Nomadentums zeigt und in kultureller Beziehung völlig unter persi-
schem Einfluß steht, Hochzeit, Jagd, die Bedeutung des Oyuz-näme (des Gesetzbuches).
Dann folgen gramm^-tische Bemerkungen und Vergleiche mit dem heutigen Osmanisch
sowie Textverbesserungen. Den Beschluß macht ein Wörterv-erzeichnis nls eine Ergänzung
zu Vambery's Altosmanischen Sprachstudien.
20. Islam na XVI mezdunarodnom kongressje orientalislov v Afinach (Der Islam auf
dem 16. internationalen Orientalistenkongreß in Athen). »Mir Islama« 1, S. 510 — 515, 1912.
— In seiner kurzen Würdigung konstatiert Gordlevski auch, daß nicht alle Vorträge auf
der wünschenswerten wissenschaftlichen Höhe standen. Das scheint m. E. zu stimmen.
Interessant sind die Bemerkungen über die orientalischen Handschriften in Athen, über
die besonders Professor Jacob und ich sich orientieren wollten. Der Bestand an derlei
Manuskripten ist ein recht dürftiger in Anbetracht dessen, daß alle griechischen Gebiete
so lange unter türkischer Herrschaft standen. Der jetzt noch immer fortwirkende Haß
hat aber alles, was wie eine Erinnerung an die Türkenzeit aussah, in blindem Wüten ver-
nichtet (ähnhch wie die Balkanstaaten, vor allem Bulgarien, auf ihrem Gebiete alle türki-
schen Bauwerke als unhebsame Zeugen einstiger Knechtung zu beseitigen suchen).
21. In Zivaja Starina XX, 1911, S. 157 gibt Gordlevski eine kurze Be-
sprechung von Bd. XII der Türkischen Bibliothek: R. Tschüdi, Das Asaf-näme des Luiji
Pascha. Interessant ist nur die Feststellung, daß sich in der Sprache des Asaj-name keine
Archaismen finden, ganz im Gegensatze zu Lutfi Pascha's: Tevärix-i-äl-i-'Osmdn
I -}f) Kleine Mitteilungen und Anzeigen.
22. In Mir Islama I, S. 232- — 235 findet sich eine Besprechung Gordelvski's von
Adolf Thalasso: l^ie orientalischen Maler der Türkei. Berlin 1910, die nicht viel Neues
bringt. Ich kenne leider dieses deutsche Werk aus der Serie »Kunst der Gegenwart«
nicht, sondern nur die wohl ziemlich identisch damit erscheinende, dem Prinzen 'Abdul-
Megid als Maler gewidmete französische Ausgabe : Adolphe Thalasso: L' Art Ottoman.
Les Peintres (Orienlatistes) de Tiirquie. Paris o. J. Librairie artistique internationale.
23. Ebendort S. 602 — 603 gibt Gordlevski eine kurze motivierte, natürlich durchaus
ablehnende Kritik von A. Wirth's Geschichte der Türken (Stuttgart 1912), dem er außer
historischen, ethnographischen und linguistischen Verstößen auch Chauvinismus vor-
wirft. ■ — Im Anschluß an Gordlevski mögen noch zwei Arbeiten seiner Schüler folgen:
24. \'. Zavarin: Osmanskija Zagadki, sobrannyja v Brusje (In Brussa gesammelte
osmanische Rätsel). S.-A. aus »Drevnostji Vostocnyja« Bd. IV, H. i, 1912. (17 S.) —
Der Autor, der zwei Monate in Brvissa weilte, sammelte dort besonders mit Beihilfe eines
Brussaer Lyzeallehrers, Ihsän Efendi, 47 Rätsel, die er in russischer Umschrift und Über-
setzung gibt. Es ist nicht allzu lange her, daß auch diesem Teile der volkstümlichen Litera-
tur Aufmerksamkeit geschenkt wird. In dem Vorwort der anspruchslosen Arbeit finden
sich einige spärliche Nachrichten über die Rätselliteratur. Eine große Menge Rätsel (27S
Stück) sammelte Kunos in seinem Oszmän-török nepköliesi gyi'ttemeny (Budapest 1889).
Eine Auswahl gibt er auch in seinem Oszmän-török Nyelvkönyv (Budapest 1905) Bd. II
S. 141 — 177. Weiter wird V. Ch. Kondaraki angeführt: Universalnoje opisanije Kryma
XIII (St. Petersburg 1875) S. 35 — 37 (wo die Rätsel nur in Übersetzung gegeben sind),
Letdif-i-elyds (Konstantinopel 1289), 32 S. und Tiirkce kaba lisdn (Sammlung M. Tev-
fiq), doch hat Zavarin das letztere Buch selbst nicht in Händen gehabt; ferner A. I.
Samojlovic: Zagadki zakaspijskich turkmenov v russkom perevodje (Zivaja Starina 1909,
II — III) und GiREj Arslanovv: Biü kysyk iabySmaklar, Kazan 1910 (195 Rätsel). —
Die Liste läßt sich natürlich noch bedeutend erweitern. Schon Balint Gabor hat in
seinem Kasßni-Tatär (Budapest 1875) 46 Rätsel (S. 5— 7), wozu Akjigit oylu Müsa:
Sprichwörter im kasan-tatarischen Dialekt, »Türk. derneji«, Heft IL zu vergleichen wäre.
Ich besitze die im Jahre 1291 in der Druckerei des Hajdar Efendi hergestellte Lithographie:
Mu'-ammä-ndme (102 Rätsel, 31 S.). Radloff hat in seinen Proben der Volksliteratur
der türkischen Stämme auch den Rätseln Aufmerksamkeit geschenkt. Es finden sich
Teil VII (Krim, Karaimen) S. 371 — 390 bzw. 204 — -215 (Text mit hebräischen Lettern)
203 Rätsel; Teil IX (Uriandschi, Abakan-Tataren und Karagassen) in der Sammlung
Katanoff's allenthalben welche verstreut; Teil X (Gagausen) 98 Rätsel, S. 267 —272
(gesammelt von Moschkoff) u. a. m. Die Rätsel sind in der manchmal etwas gezwun-
genen Einteilung: Mensch und Natur in den Augen der Osmanen (27 Rätsel) und Geistige
und materielle Kultur (20 Rätsel) untergebracht. — Einen recht guten Eindruck macht
noch die letzte Arbeit:
25. Alexej Olesnjicki: Pjesnji krymskich turok (Die Lieder der Krim-Türken),
Text, Übersetzung und Musik in »Trudy po vostokovjedjenijn izdav. Lazarevsk.
Instit.« Heft XXXII. Moskau 1910. (XII + 150 + 11 S.), unter der Redaktion
Gordlevski's herausgegeben. Die Arbeit, die von dem Studenten Olesnjicki als eine
Art Dissertation zur Erlangung eines Zeugnisses ersten Grades vorgelegt wurde, ist nur
der kleine zur Ausführung gelangte Teil eines groß angelegten Planes, die ganze Krim auf
Lieder zu durchstöbern. Es gelang Olesnjicki kaum, den vierten Teil des in Betracht
kommenden Gebietes, nämlich nur das Südufer der Krim, zu bereisen, an dem russischer
Einfluß und auch osmanische Einwirkung (infolge der zahlreichen aus dem Viläjet Trapezunt
herüberkommenden osmanischen Wanderarbeiter) sich am ungünstigsten für Zwecke
der Forschung bemerkbar machen, da ereilte ihn das Verbot der Polizeiverwaltung, die
Kleine Mitteilungen und Anzeigen. j o y
ihm in echt russischer Auffassung von wissenschaftliche^ Tätigkeit jedes weitere Sammeln
von Liedern in den Tatarendörfern untersagte. Bei der Eigenart der russischen Ver-
hältnisse, wo selbst von der Regierung entsandte Akademiker zuweilen auf Exkursionen
von der übereifrigen Polizei verhaftet werden, ist es für Privatleute recht prekär, das
Mißtrauen der immer mißtrauischen Polizei auf sich zu ziehen — mir selbst drohte vor ein
paar Jahren in der Krim fast eine Arretierung. In natürlichem Zusammenhange mit dem
schroffen Vorgehen der Polizei steht auch oft das unfreundliche, ablehnende Verhalten der
Tataren selbst — Olesnjicki perhorresziert zwar die Bezeichnung »Tatar«, m. E. aber
mit Unrecht — : die armen Teufel wissen zu gut, daß das Mißfallen der Polizei sich ihnen
gegenüber in arge Schikanen umztisetzen vermag, und so lehnen sie es von vornherein ab,
sich mit Fremden in Beziehungen einzulassen. Bei vielen allerdings wirkt die Aussicht,
ihren Namen als Gewährsmänner gedruckt zu sehen, zungenlösend. Im ganzen sind es
60 Lieder und zwei Beilagen, die Olesnjicki mit genauer Angabe des Ortes und des Ge-
währsmannes bietet, und zwar gibt er sie in folgender Einleitung: I. Lyrische Lieder
(asyJürkyleri)l^T. i — 33, die verbreitetste Gattung, vondenenwieder das Lied vom Schmied
und vom Holzhauer in der Krim die größte Verbreitung besitzt; 2. Scherzlieder
(masxaraiürkyleri)'Nr. 24^37, wie sie besonders das berüchtigte Geschlecht der tatarischen
Krimführer kultiviert; 3. Soldatenlieder (saldat türkyleri) Nr. 38 — 41 ; 4. Kriegs-
lieder über den russisch- japanischen Krieg (Rus-japon genki
türkyleri) Nr. 42 — 46 ; s. Historische Lieder (destanlar) Nr. 47 — 5.1 ; 6. A u s -
Wandererlieder (miiliagir türkyleri) Nr. 55 — 60: Klagelieder aus den drei ver-
schiedenen Perioden, in denen die Tataren aus der Krim auswanderten (zur Okkupations-
zeit durch die Russen, zur Zeit des Krimkrieges und des russisch- türkischen Krieges in
den siebziger Jahren). Als Anhang folgt ein Stück einer Kunstdichtung, die anscheinend
der Erguß eines fanatischen patriotischen MoUa ist (Krym higret desiany: Lied über die
Auswanderung aus der Krim), und ein Stück eines großen, das ganze Südufer der Krim
beschreibenden Liedes (Jaly bojunuü aly). Nach dem Text folgen Bemerkungen, dann die
recht gute Übersetzung, die allerdings anstößige Stellen völlig unterdrückt, und 31 musi-
kalische Beilagen. Die nationale Eigenart der Krimtataren wird immer mehr durch das
Vordringen des Russentums, durch russische Gebräuche, durch das Eindringen der russi-
schen Sprache verdrängt. Auch die nationalen Lieder {cyn und manä) sind am Aussterben.
Nur wenige Leute in jedem Dorfe wissen noch welche zu singen, während früher allwöchent-
lich ganze Wettsängereien zwischen Burschen und Mädchen in Vierzeilern, in der Art unserer
Schnadahüpfl, stattfanden. In die Sprache der Lieder selbst drängt sich, besonders bei
den SoldatenHedern, viel russisches Sprachgut. Gordlevski hat eine Anzahl osmanischer
Varianten zu den Liedern angemerkt, die sich aber sehr beträchtlich erweitern ließen.
Einen Teil der Lieder halte ich direkt für osmanisch. Es fst ein seltsames Widerspiel, daß
Olesnjicki in der Krim bei den Tataren zum Teil anscheinend verschleppte osmanische
Lieder aufzeichnete, während ich in Sejjid - i -Fäzi in Kleinasien von einem Soldaten,
Zekerija aya, aus Cifteler Ciftliji (Qazd Eskisehir), dessen Eltern vordem aus dem Oren-
burgischen ausgewandert waren, eine Reihe von Liedern in orenburgisch-tatarischer Mund-
art mir diktieren lassen konnte. Die Strophe XX, 2, S. 16:
Aj-my sy/i, jyldyz-my sy/'/ ?
Kelin-mi si>t, qyz-my syfi'l
Men hu gege varagayym,
evi/iizde jalynyz-my-syn ?
die nach Kors sich auch bei den Kalmücken mit kleiner Variierung. findet (Drevnjeisij
narodnyij stich tureckich plemen St. Petersburg 1909, S. 10), zeichnete ich unter den ajdini-
schen Liedern auch in Sejjid-i-räzi in folgender Fassung auf:
1^8 Kleine Mitteilungen und Anzeigen.
Ajmysyn jyldyzmysyn
gelinniisin gyzmysyii
ayrsam size varagam
evde jalynyzmysyn ?
Ebenso zeichnete ich dortselbst folgendes türkü auf:
Elif dedim be dedim
gyz ben sana ne dedim
gus ganady galem olsa
jazylmaz gara jazym,
dem Olesnjicki XXXVIII, i, S. 31 entspricht:
»Elif« dedim, »be« dedim;
jarem, satia ne dedim ?
Xara derliz merekeb olsa,
jazylmas menim derdim\
Das Lied vom Müller XXIX, S. 22 findet sich schon von Felix von Luschan in
Einige türkische Volkslieder aus Nordsyrien usf. in Zeitschr. f. Ethnologie Bd. 36, H. 2,
S. 196 — 197, Nr. XVI aufgezeichnet. Eine Variante zu dem Liede hat auch Gordlevskt,
wie er angibt, in Konstantinopel notiert. Der Refrain des Liedes V, S. 5 — 6: Arar isett,
SU Xyrymda biil meni erinnert stark an 'A s y q ' Ö m e r s Fazel, Dtvän S. i (vgl. auch
Jacob: Türkisches Lesebuch, Erlangen 1903, S. 33), »Dilbere var ise qasdyfl, yel Hi^dzda
bul beni«. Da Gordlevski zu der recht kursorischen \'ergleichung in der Hauptsache
anscheinend nur KuNOS und Bittner beigezogen hat, so wäre gerade für die krimtatari-
schen Lieder noch auf einiges handschriftliche Material im Archiv der Kais. Geogr. Gesellsch.
in St. Petersburg zu verweisen, das S. G. Rvhakow in seinem Buche: Musika i pjesnji
uralskich Musidman s o^erkom ich byta (St. Petersburg 1897, Mem. de l'Acad. Imp. d. Scienc.
VIII. ser., t. 2, no. 2) anführt und das doch jedenfalls für offizielle russische Orientalisten
jederzeit zugänglich sein dürfte, so A. C. Kry^n Xovaga Kart. A, V, 13; dann Rybakow selbst
und die bei ihm verzeichneten sonstigen Sammlungen von tatarischen Liedern. —
Türk derneji. Ich halte die Inhaltsangabe der erschienenen sieben Hefte des Türk
derneji für wichtig genug, um sie hier nach der Zeitschrift selbst wiederzugeben (Gord-
levski hat sich bei seiner Inhaltsangabe einige Ungenauigkeiten und Auslassungen zu-
schulden kommen lassen). — • Heft I. Mitteilung der Redaktion; Erklärung des »Türk derneji«;
M e h m e d V e 1 e d (V e 1 e d C e 1 e b i): Die türkischen Gedichte von Mauldnd Sultan
Veled (Fortsetzung in Heft II und IV); Brusaly Mehmed Tahii: ^Asyq Pasa;
Müfti-oylu Ahmed Hikmet: Unsere Sprache (Schluß in Heft II); A (k C u r a):
U' ir viüssen das Türkentum kennen und uns mit ihju bekannt machen; Bai Hasan oylu
X e g i b *A s i m : Die türkischen Zahlen; Räif M. Füad : Frühlingslied für die
Kinder (Gedicht); von demselben: Der Akzent im Osmanisch-Türkischen {Schluß in Heft II);
GlückiL'unschtelegramm an Radloff. Mit eigenem Titelblatt und ab Heft II mit eigener
Paginierung: Ibn Muhanna. El-kitäb ji-l-luyat-et-türkijje (auf dem Titelblatte heil3t
der Titel allerdings: El-kitäb (sic\)-el-luyat-et-türkijje), fortgesetzt Heft 1— VII (56 S.),
unvollendet. — H e f t IL A k J i g i t o y 1 u M ü s a : Sprichwörter im kasan-tatari-
schen Dialekt; Mustafa Zühdi, Die Vokalharmonie; Brusaly ^lehmed
'r ä h i r : Giberi'- Ali E{endi, N e gib 'A s i m:Firdevs-i-iqbäl{'Btsc\\.rt\h\xr^g der also genann-
ten Handschrift der Geschichte des Khanats Khiwa) (Fortsetzung in Heft III); Mehmed
Emin : »Wenn duzurufenbegimist!«(Senferjädabaslaiynga, Gedicht); AntonB.Tyngyr:
Eüiführung in die untersuchende Grammatik der türkischen Sprache {Med/al-i-sarj-i-taxlill-
i-lisdn-i-iürki) in eigener Paginierung, fortgesetzt Heft III — VII (46 Seiten), unvollendet. —
Heft III. Ahmed Hikmet: Gebet (Jakarys: Prosa, Versuch, absolut ohne arabi-
Kleine IMitteilungen und Anzeigen. I ^g
sehe und persische Worte auszukommen, selbst bei einem Gebet, wo man das Arabische
für ganz unentbehrlich hielt); Wladimir Gordlevski: Radioff, der berühmte russische
Orientalist {B\(^xdi^h.\€)\ Mehmed Emin, Im Tiirkinenen-Zelt oder Industrie (Prosa.);
derselbe: 'Johann Gutienberg (Gedicht); Dr. Caracson: Biographie des Pecevi Ibrahim;
Mahmud Mu'in: Beschreibende un d vergleichende Adjektiva ; Räif Füad: Hor-
mazan (aus Piaten übersetzt); Mitgliederverzeichnis des Türk derneji. — Heft IV".
M. R. Füad : Aufruf zur Einigkeit (Sald-i-itti/idd) (Gedicht); Mehmed Emin:
A71 die Henker der Aufklärung (Gedicht) (Me'ärif gellddlerine); Baron Carra de Vaux :
L'Inscription Etrusque de Torre di San Manna (französisch, und daran anschließend die
von T y n g y r verfaßte türkische Übersetzung); Raif Mehmed Füad: Türkische
Prosodie (Türkge 'arüz; ebenso Heft V, VI und VII); S a f v e t : Historische osmanische
Geographie (Fortsetzung in Heft V, VI und VII), unvollendet); Ispartaly Haqqi:
Vereinfachung des Türkischen. — Heft V. Offenes Dankschreiben des »Türk dertieji«
an das Kriegsministerium (für einen Sprachenerlaß); desgleichen an den Staatsrat Besarita
Efendi; R. M. F ü a d : Volksgebet (Millet jakarysy: Gedicht); Kazanly 'Ajäz
(Ishakoff): Abriß der tatarischen Literaturgeschichte; J. Ak Cura oylu: Eine neu
entdeckte Tiirkenstadt (Ausgrabungen P. K. Kozloff's); R. M. Füad: Der Lö'.ce
und die Maus (Arslan ile färe, nach Lafontaine: Gedicht); A. R. Meine Geliebte (Scvgilim:
Gedicht); Die neue Schrift und das neue Alphabet; Ztveigstellen d^s »Türk derneji« (in
Smyrna und in Kastamuni); Brief von Dr. I. Kuxos und Dr. I. Germanus an den Türk
derneji über die Eröffnung einer Zweigstelle in Budapest. — Heft VI. Offener Brief
an den Großvezir; Gelal Sahir: Trennungsseufzer (ajrylyk iniltileri: Gedicht in
Prosa); Negib 'As im: Die Aufd ckitng der Altertümer in Turf an (nach dem Journal
Asiatique: Fortsetzung in Heft VII); Anton Tyngyr: Les regles orthographiques
actuelles de la langiie turque (türkisch trotz des französischen Untertitels); Milasly
Ismn'il Haqqi: Die Zeitung »Tafvir-i-efk]dr« und das neue Alphabet. — An unsere
Zweigstellen (Instruktionen). — Heft VII. Mu'allim (Professor) Anton Tyngyr:
Die Schrift der türkischen Sprache; Mehmed Sälih: Zerstöre ja nichtl (sakyn bozma:
Gedicht); 'ömerXalis: Türkische Dichtung (Türkge nianzüme: Gedicht); R u s i j a -
ly Miser oylu Zarif Besiri: Die Tschuiuaschen; R. M. Füad: Kyzyl
Sahy (Übersetzung des »Erlkönigs« von Goethe) (Gedicht). —
Türk jurdii. Der Türk derneji hatte durch seine "etwas abstrakte »Wissenschaftlich-
keit« keinen Boden im Volke gewinnen können. Der pekuniäre Mißerfolg der Zeitschrift
dokumentiert das schlagend. Auf viel populärerer Grundlage unternahm es nun der ener-
gische Ak Cura oylujüsuf, dem, wie den Tataren überhaupt, ersichtlich mehr Tatkraft
und Unternehmungsgeist innewohnt wie dem Durchschnittsosmanen, eine neue Gesellschaft
und als ihr Organ eine neue nationale Zeitschrift ins Leben zu rufen mit besonderer
Betonung der I>iteratur und des nationalen Lebens, den Türk jurdu. Literarische Beiträge
hatte ja auch der Türk derneji nicht ganz vermeiden können, sie waren aber mehr nur
geduldet, während sie jetzt sozusagen zum Angelpunkte des neuen Unternehmens gemacht
erscheinen. Der Türk jurdu (Die Türkenheimat) floriert — ein Teil seiner Nummern
mußte dreimal aufgelegt werden — und steht jetzt im zweiten Jahre seines Erscheinens.
Der zweite Jahrgang wird nunmehr von Mehmed Emin redigiert, da A k Cura
oylu jetzt bei der Armee steht, wie die Redaktion mir gelegentlich mitteilte. Ich gebe
hier kurz den Inhalt des ersten Jahrganges, dessen erste Nummer vom 8. Dezember 1327
(1911) datiert. Das kurze, in seiner Phrasenlosigkeit äußerst wohltuend berührende
Programm lautet bündig: '>Wir wollen dem Türkenvolke dienen, den Türken Nutzen
bringen. Dies ist unser Ziel. Da der Inhalt unserer Zeitschrift zeigen wird, welche Wege
■wir gehen werden, um das Ziel zu erreichen, so finden wir die Darlegung unseres Programmes
j _^o Kleine Mitteilungen und Anzeigen.
für überflüssig. Gott sei unser Helfer!« In den einzelnen Heften ist der Stoff nach
einzelnen Rubriken in Literatur, Sprache, Politik, Geschichte und Altertümer, Wirtschafts-
lehre, Reisen, Korrespondenzen, Presse geschieden. — Heft I. Ziel und Programm;
Glückwunsch zum Bajram ; Mehmed Em in: Der Schmied {deviirgi: Gedicht); Ahmed
Hikmet: Der Traubenhändler -^ Gan Bej : Große nationale Hojftmngen (Schluß in
Heft 2:) Ahmed Ayajeff: Die Türkenwelt (Türk 'dlemi: ebenso Heft 2, 3, 5, 7,
10, 14 und 18); Ak C u r a o y 1 u J ü s u f : Gingiz Xan (Fortsetzung Heft 2 — 1 1 inkl.);
A. J. : In der Türkenwelt. — Heft 2. Der »Türk jurdu« an seine Leser; 'Izzet
'A 1 e V i : Türkische Legendem: Der verbrannte Brief; Tevfiq Nür-ed-Din: Lage
des türkischen Handwerks (ebenso Heft 12); Ismä'il Gasprinski: Ln beireff der
türkisch-russischen Annäherung. — Heft 3. Dank des »Türk jurdutt; Mehmed
E m i n : Der Schiffer (gemigi: Gedicht); S ä q i M e d i h : Die Tageszeiten (Gedicht in
Prosa); *Abd-ul-Bäqi Fevzi: Dorflebcn (köj dirliji: Gedicht); A j B e g : Er-
innerungen eines Gefangenen. Aus der Literatur der Nordtürken. S a f v e t (von Lecoq):
Uralte türkische Literatur: Ein altes türkisch s Gebet; T. I.: Der Historiker '■Ajn-ed-Din;
N ä f i ' A t ü f : Korrespondenz aus Adrianopel; M i d h a t G e m. ä 1 : Über unsere
Sprache; Eine Buchbesprechung. — Heft 4. Dr. Riza Tevfiq: Emin Bej und
das Türkische Emin Bcjs; A. H i k m e t : Mein Padisah, nehmen Sie mein Veilchen, geben
Sie meine Rose!; 'Osman Oyuz: An die Türkenjünglinge (Gedicht); Rüsül-zäde
Mehmed Emin : Die Türken in Iran (ebenso Heft 14, 18, 21, 22 und 24); Übersetzung
nach VON Lecoq: Eine uralte türkische Kultur. — Heft 5. M. Emin: Waffen-
lärm und Pulvergeruch {siläh sesleri ve barut kokulary); ein Türke aus Xarput: Türkii der
Serdcn gecdi aus Erzerum; F. Sägid : Wohlauf, Bruder! (Hajdi kardas: Gedicht); Ak
Yyld yz : Der Kummer der Hirtenflöte (kavaly/l derdi); T. 1.: Mirza Feth '■Ali A/undof;
N e g i b * Ä s i m : Eine Sprachen-Theorie (ebenso Heft 6); M a n s ü r : Aus Peters-
burg; G e 1 A I Nüri : Übsr unsere Sprache; Ak Cura Oylu : An Midhat Gemal
Bej; Buchbesprechung: H ü s e j n D ä n i s Bej. — H e f t 6. M. E m i n : Der Leucht-
turm (Fener: Gedicht); Gelä.1 Sahir: Die Augen: Die Aufzeichnungen eines Ver-
rückten: 'Izzet 'Alevi: Türkische Sagen 2: In den Nomadenzelten ... ; Dr. 'A q i 1
M u •/_ t ä r : Die Pest (vgl. Heft 10); T. L: Die Turkologen Radioff und Thomsen; T. L:
Turan und die türkischen Gesellschaften. — Heft 7. »Türk j u r d u " : Abicehr (gegen
eine Verunglimpfung des Türkentums in einer englischen Zeitschrift); X ä 1 i d e E d i b :
Das Licht Gottes; F. S a g i d : Gedanken über die Sterne (Gedicht); Hasan Sa*di:
Die schwielige Hand (Gedicht); Ismä'il Gasprinski: An die Anhänger des »Türk
jurdu«: Die nationale Sclnile (milli mekieb, Volksschule (ebenso Heft 8); F. B e j Xan :
Aus Kasan; ** Smyrna und die Türken; Dr. Kjämil: Über Gesundheitspflege; Veri.in
der türkischen Studierenden (Türk talebesi derneji); Die Wiege der türkischen Rasse; Werke
über das Türkentum. — H e f t 8. M. E m i n : Tod ihm! {pfia ölüm: Gedicht); A. H i k -
m e t : Nationale Prosodie (ebenso Heft 9 und 10); XalilEdib: Laßt uns auch an
iinsere Brüder denken! (Gedicht); Safvet : von Lecoq: Eiyi Stück der Geschichte des
Cestany Ili Beg (übersetzt aus dem Journal of the Royal Asiatic SociJy: ebenso Heft 9, 10
und 11); Alp Arslan: Was über die Türken jetzt kommt und in Zukunft kommen
wird; Edhem Nizad: Aus Monastir. Familienltben in Manastir (Fortsetzung in
Heft 9); J ä V u z : Musikalische Abendunterhaltung. — Heft 9. 'Izzet 'Alevi:
Das Blatt; F. S ä g i d : Gedanken beim Mondaufgang (Gedicht); G e 1 ä 1 Nüri: Weiin
ich reich wäre oder wenn ich den Re gier ungs ein fluß besäße; P a r v u s : Die Bau- rn und der
Staat; Ispartaly Haqqi : Die Reform unserer Schrift. — HeftiO. F. Sägid:
Gedanken an die Natur (Gedicht); Ahmed Geväd: I')as Recht auf Glück (Gedicht;
Übersetzung); Sejjäh (\\' anderer) : Auf der Fahrt nach Indien (vgl. Heft 12); Dr.
Kleine Mitteilungen und Anzeigen. i^l
<A q i 1 I\I u ■/ t ä r : Maßregeln gegen die Pest; Kleine' Mitteilungen. — H e f t 1 1 . 'Ali
tJ ä n i b : \V inter-Gebet (Gedicht); 'Abd-ul-Bäqi Fevzi: Rat des Siegers (Ge-
dicht); ' I z z e t *A 1 e V i : Ein alt^ s Gedicht des Mugalla; Ahmed A y a j e f f : Ein
Stück aus der Geschichte (ebensoHeft 13); Mi'mär Kemäl-ed-Din: Eine türkische
Akropolis (Konia); 'Izzet 'Alevi: Nach Kajsarije; J a \- u z : Brief aus Köprülü;
Kleine Mitteilvngen (vom Orientalistenkongreß in Athen u. a.). • — Heft 12. A. Hikmet :
Betrachtungen über die türkische Sprache tmd Literatur (Vortrag, gehalten auf dem Orien-
talistenkongreß in Athen); Ahmed Geväd : März (Gedicht, übersetzt nach Theo-
phile Gautier); Midhat Geväd: Vaterlandsgefühle (Gedicht); 'A b d - ü 1 - H a q <i
Xajri: Klage (fer/dd: Gedicht); Safvet: Geschichte der den Schiffen gegebenen
Namen; A. I.: Ein zu spät kommender Beginn; HalimThäbit: Reisen: In den
Altaj (ebenso Heft 13, 14, 16); Sejjäh: Auf der Rückkehr von Indien; Devlet
G i r a j : Aussetzungeiner Belohming für eine Geschichte der Khane der Krim ; Nekrologe : S ä k i r
E f e n d i und Hiisejn Efendi; Kleine Nachrichten: Thronbesteigungsfest; Parade:
Buchara: Zeitung: Boiikharai-Chirif. — Heft 13. M. Emin: Haß {kin: Gedicht);
F. S ä g i d : Der Boden unseres Vaterlandes (Gedicht); Tahsin-Nihäd: Während
der Austvanderung nach Kars; Ahmed Ferid: Geiüaltsamer und diplomatischer Krieg;
P a r v u s : Ein Blick auf die Finanzverhältnisse des Jahres 1327; R. F.: Korrespondenz
aus Razlyk (bei Seres). — ■ Heft 14. M. Emin : Anatolien (Anadolu: Gedicht); Is-
m ä M 1 H ä m i : Der rote Halbmond {Hildl-i-a/imar- : Sonett); Alexandre M a r k i :
Die Turanier in der Geschichte Asiens (\^ortrag); Vilhelm Thomsen: Über die älteste türki-
sche Schrift; S3.iv et und Sin dnoylu: Über das Gedicht des Mugalla. — Heft 15. Dank
des ))Türk jurdu« an den Sultan; 'Ali R i z a S e j f i : Am Ufer des Kyzyl Yrmak (Ge-
dicht); 'Izzet 'Alevi: Türkische Sagen 3: Die Ähre (basak); Zeki P a s a-
Ak Cura Oylu: Die ersten Aviatiker der Türken (nach der Schrift Zeki Pasa's:
V Aviation chez les Musulmans); Nermi-'Äkif: Über Gi^igiz Xän; Ahmed Ferid:
Das Staatsgrundgesetz für die Vildjet's; A k C u r a O y 1 u : Die Feuersbrunst. — Heft 16.
T i m u c i n : Das loahre Wort (Gedicht); T o r y u d A 1 p : Der Orient den Orientalen!
Parvus : Die Türkei steht unter dem finanziellen Joche Europas (Schluß in Heft 17);
A k Cura Oylu: Das Ideal; ' I z z e t 'A 1 e v i : Ist das Gefühl des Türkentums dem
Gedanken des Osmanentums hinderlich ? — Tevfiq Nür-ed-Din: Das alte Stambul;
Hasan Riza: Tätigkeit für das Türkentum; T. I.: Mahnt ftd Baj Husejnof. —
Hefti7. Ispartaly Haqqi: Die Wäscherin Hava ana; 'Ömr Sejf-ed-Din:
Der lachende Mond (Gedicht); F. Sägid: Die zerbrochene Schale (Gedicht, übersetzt
nach SuLLY Prud'homme); *Izzet 'Alevi: Weißes Ungestüm; Iwan Manoff; Die
Abstammung der Bulgaren von den Türk-Tataren vom Gesichtspunkte der Sprachwissenschaft
02*5 (ebenso Heft 19 und 23); A. I.: In der Türkeniaelt; Kleine Mitteilungen. — Heft 18.
M. Emin : Die Türkenheimat (Türk jurdii); F. Sägid : In den Mitternächten {GtdichM);
'Izzet 'Alevi: Türkische Sagen 4: Der Golf erzählt . . . (körfez dejor ki . . .); A. I. :
Geschichte der Türken und Tataren (ebenso Heft 19); Ak Cura Oylu Jüsuf: An
Xdlide Edib Xanuni Efendi; Parvus : Entgegnung; Kleine Mitteilungen. — Heft 10.
I. B. : Das türkü (Lied) voin Ostwind, Zephyr {sabdnyn türküsü: Gedicht); Ahmed Zeki
V e 1 1 d i : Die letzten Tage des Khanats von Kasan; Ispartaly Haqqi: Wer auf
dem Berg einen Weingarten hat, hat auch in seinem Herzen eine Sorge (kimiiiki dayda bayy
var, jürejinde dayy var: ebenso Heft 21); Parvus: Der Weg, um sich von d- r finanziellen
Knechtschaft zu befreieyi: Ak Cura Oylu : In der Türkemvelt (ebenso Heft 21). - —
H e f t 20. H a m d u 1 1 a h S u b h i : Der Hahnenkampf (xoros düjüsi):, Dr. 'Ä q i 1
Mu^tar : Warum ist es äußerst schwierig, richtig zu denken? — Neglb 'Asim:
Hebet-ul-//aqäiq (ebenso Heft 24); A. I.: Negib 'Asim Bej (mit Bild); Aus dem Tergümdn
j <2 Kleine Mitteilungen und Anzeigen.
{Baycesaraj): Was sagen die Türken außerhalb des (russischen) Kaiserreiches} — Die
Zeitung »Turan«. Kleine Mitteilungen. — Heft 21. 'Ali 'Alevi: Türken-Wasser
(Türk suju: Gedicht); M e h m e d R i f * a t : Bei der Hochzeit des Potuk Hasan; F. S ä •
g i d : Einer Bemerkung entgegen; Dr. 'Abdullah Gevdet: Die Macht der Bul-
garen; P. RisAL (übersetzt von T. I.): Die Türken suchen einen Nationalgeist (ebenso
Heft 22, 23 und 24); *** Über die Aviatiker bei den Türken. — Heft 22. Glückwunsch
des »Türk pirdu«; Sa'id Sevingeli: Der Festtag (Gedicht); Hamd-ullah
S u b h i : Das Nachtgebet in der Fdtih-Moschee; T e v f i q N ü r - e d - D i n : Die türki-
schen Elementarschulbücher; Ak Cura oylu Jüsuf: Ismd^il Bej Gasprinski, der
große Lehrer und Schriftsteller der Türken (mit Bild); Ankündigung von Xälide Edib's
Milli-Erzählung: ))Jeni Türän«; Die nationale Oper; Erinnerung an Napoleons Feldzug
nach Ägypten. — Heft 23. Ispartaly Haqqi: Das befleckte Grab ; I s m ä ' i 1
Gasprinski : Geordnete Auswanderung; Ak Cura Oylu: Schweden und Polen;
Buchbesprechung: A. L, Dr. *A b d u 11 a h G e v d e t ' s : Fenn u felsefe ve felsefe säni-
heleri. — H e f t 24. X a 1 i d e E d i b : Hymne (Gebet); M. E m i n : Zwiespalt (Ge-
dicht: nefäq) und Der junge Türke {geng türk: Kriegslied); Sülejmän Nazif:
Kriegslied; G e 1 ä 1 Sahir: Die Aulzeichnungen des Narren: An das 20. Jahrhundert;
Hamdullah Subhi: Ach, mein Mütterchen! — F. S ä g i d : An die vier Balkan-
staaten (Gedicht); K j ä z i m N ä m i : Der Schöpfer der türkischen Grammatik; M c h m e d
'Abdullah : Die Frauen des Islam; A k Cura O y 1 u Jüsuf: In unserer ge-
schichtlichen Stellung .. .; 'A b d - ü 1 - B ä q i F e v z i : Was wir in unserem Vaterlande
sehen; Übersetzung von Dr. Schr: Besprechung des Gedichtes »Anadolu« von M. Emin.
Als Beilagen zu dem von Heft 3 ab in erweitertem Umfang erscheinenden Türk
■jurdu erschien zu H. 4 M e h m e d E m i n s ' s , H. 1 2 Ahmed H i k m e t s , H. 16
.Mahmud Bai Husejnof's, H. 20 Negib 'Ä s i m ' s und H. 22 Ismä'il
Gasprinski's Bild; H. 8 enthielt eine Karte: Das grüßte R'.rich der Welt (zu Gingiz
Xän) und H. 20 eine farbige Beilage: Das Studentenheim Talebe jurdu. Zum letzten Heft
erschien eine kleine Broschüre Altyn ermayan als Beilage mit Beiträgen von Xälide
E d i b , Z i j a , .M e h m e d Emin, Ahmed H i k m e t , G j ö k Alp und A k
C u r a o T 1 u I ü s u f.
T h. M c n z e 1.
K. I. Basmadjian: Essai sur Vkistoire de la litterature ottoniane. 1910. Paris:
Selbstverlag. Konstantinopel: D. Balentz. (255 S.) — Die Folge der Konstitutions-
restitution in der Türkei' war vorübergehend eine geradezu fieberhafte literarische Tätig-
keit und Produktion: Berufene und Unberufene — jetzt beim kritischen Nachprüfen kann
man nahig konstatieren, daß die Unberufenen weitaus in der Überzahl waren — warfen in
höchster Eile, ohne vieles Besinnen auf den Markt, was sie im ersten Freiheitstaumel zu-
sammengeschmiert hatten. Glücklich noch diejenigen, die in ihren Händen von früher
her noch Manuskripte hatten, die sie zur Zeit der Zensurorgien nicht hatten drucken lassen
können, denn da war immerhin noch an eine ausgereifte Arbeit zu denken. Doch das sind
spärhche Ausnahmen. Die zahllosen, in türkischer Sprache erschienenen Broschüren sind,
wie ein vernichtendes, aber zutreffendes Urteil lautet, zum überragenden Teile nur be-
druckte Makulatur: unerfreulich in ihrer Ausstattung, unerfreulich in ihrem Inhalt. Die
ganze Schriftstellerei leitete im Nu in das mehr journalistische Fahrwasser des Über-
hasteten und Überstürzten ein — jeder will mit der Neuheit der Erste sein, damit ihm
keiner zuvorkomme, eine auch bei uns leider Gottes hie und da entwickelte Tendenz, und
schickt so die Arbeit mit allen ihr anhaftenden Flüchtigkeitsmängeln sorglos in die Welt.
Kleine Mitteilungen und Anzeigen. I^c'
In Konstantinopel herrscht zum Teil auch jetzt noch als unliebsame Folgeerscheinung
eine ganz erschreckliche literarische Skrupellosigkeit. Nichts Seltenes ist z. B. die Über-
nahme fremder, zumeist auch noch nur halb verstandener Erzeugnisse der europäischen
Zeitschriften und Wiedergabe unter eigenem Namen als eigene Arbeiten: ich weise hier nur
zur Dokumentierung auf, die irreführenden »kritischen« Artikel über Leo Tqlstoj anläßlich
seines Todes hin, die alle derselben recht zweifelhaften französischen Quelle entnommen
und wörtlich übersetzt von verschiedenen »Literaten«, die nie irgend etwas von Tolstoj
gelesen hatten, als eigenes literarisches Produkt verzapft wurden, worauf allerdings der
Tatare A k C u r a o y 1 u J ü s u f Veranlassung nahm, energisch einigen auf die Finger
zu klopfen. Diese saloppe Art griff auch auf mehr sich als europäische Literaturerzeugnisse
gebende Schriften über und zeitigte hier natürlich dasselbe unerfreuliche Resultat. Eines
dieser unreifen Traktate ist auch Basmadjian's Buch, das in der Einleitung so viel
verspricht und im Texte so wenig hält. Es steht bei weitem nicht auf der Höhe eines der
zahlreichen altenTezkere's, der dichterbiographischen Sammelwerke, mit denen es äußerlich
manches gemeinsam hat. Streng genommen steht es ungefähr auf der gleichen Stufe
wie der seinerzeit von dem osmanischen Buchhändler A r a k e 1 herausgegebene Buch-
händlerkatalog: Arakcl kütübydnesi esämi-i-kütüb (Konstantinopel 1301), eine nicht sehr
vollständige Zusammenstellung von Namen und Titeln ohne historischen Zusammenhang.
Basmadjian's Essai ist ein höchst flüchtig kompilierter Autorenkatalog. Wo es geht,
d. h. wo es ihm keine sonderliche Mühe macht, setzt er biographische Daten bei, die aber
sehr der Nachprüfung bedürftig zu sein scheinen. Dann folgt eine Aufzählung der Werke —
soweit sie ihm, durch Zufall fast möchte man sagen — bekannt geworden sind. Auf irgend-
welche Vollständigkeit kann er keinen Anspruch erheben. Aus eigener Anschauung kennt
Basmadj ian ersichtlich äußerst wenig, vor allem, was den Inhalt und die Stellung
der einzelnen Werke innerhalb der osmanischen Literatur betrifft. Es sind nur tote Namen.
Zu begrüßen wäre ja sein Gedanke, auch die Prosaschriftsteller mit heranzuziehen, da
sowohl Hammer-Purgstall in seiner Geschichte der osmanischen Dichtkunst als Kompilator
der 'D'ich.ttx-tezkere's, wie auch Gibb in seiner History of Ottoman Poetry sich ausschUeß-
lich mit der Poesie der Osmanen beschäftigten. Gibb geht allerdings auch bei Gelegenheit
auf die Prosa soweit ein, als es das Verständnis der Dichter zu erfordern scheint. Doch die
Ausführung, die Basmadj ian diesem gesunden Gedanken angedeihen läßt, ist etwas
kläglich. Er kennt allem Anschein nach gar nicht die Vorarbeiten, die auf dem Gebiete
der türkischen Literaturgeschichte schon existieren, abgesehen von den biographischen
Artikeln im Journal Asiatique. Nur durch Zufall scheint üim z. B. auch die Ausgabe von
Sultan Mehmed's Dwän durch Jacob bekannt geworden zu sein, während er Jacob's
Arbeit über den Dwän Sülejmän's nicht kennt, wie ihm auch die ganze-Türkische Bibliothek,
die ihm mancherlei Material hätte bieten können, verborgen blieb. Von der Flüchtigkeit
und Rückständigkeit dieses modernsten orientalisch-europäischen Erzeugnisses will ich
nur ein paar charakteristische Proben geben. Von dem wichtigen türkischen Reisenden
Evlijä Celebi erzählt er z. B. nur, was vor acht Dezennien Hammer von ihm no-
tierte, und spricht von »drei Bänden« des Reisewerkes (sejd/iat-ndme) — sü viel besaß
Hammer und besitzt jetzt die Wiener Hofbibliothek davon — und von den zwei Bänden
der HAMMER'schen Übersetzung. Dabei passiert ihm das Mißgeschick, daß er den zweiten
Teil des zweiten Bandes dieser Übersetzung (London 1S50. 244 S.) nicht kennt. Der
erste Teil von Band II erschien 1846 (nicht 1834, wie er angibt). Davon aber, daß das
Reisewerk in WirkHchkeit zehn Bände umfaßt, die in Konstantinopel in der Beslr Aya-
Bibliothek und in der Pertev Pasc/za-BibHothek in Skutari (Konstantinopel) hegen, während
außerdem ein prächtiges Exemplar in der kaiserlichen Bibliothek' vorhanden sein soll
(das ich aber nicht, wie die beiden andern, aus eigener Anschauung kenne), und daß von
jAA Kleine Mitteilungen und Anzeigen.
diesen zehn Bänden die Zeitung Iqdäm die sechs ersten in einem allerdings nicht ganz zu-
verlässigen Drucke herausgegeben hat (131 4— 131 8), weiß er nichts, von der mehrfach heraus-
gegebenen, auf Konstantinopel bezüglichen Auswahl ganz zu schweigen. Doch auch wenn
wir uns nur an die Moderne halten, die dem Autor, als türkischem Armenier, der er zu sein
scheint — er ist Direktor der (in Paris erscheinenden ?) armenischen Revue Banaser und
zugleich Mitglied der Akademie und verschiedener französischer gelehrter Gesellschaften — ,
am nächsten stehen und, wenn irgend etwas in der türkischen Literatur, vertraut sein
müßte, so finden wir hier dasselbe Bild. Wo er keinen Vorarbeiter hat, oder richtiger
gesagt, wo er seine Vorarbeiter nicht zu finden wußte, versagt er. Z. B. schreibt er M e h -
medÖevdet den Roman Dünjaja ikingi gells und die Werke: Kary koga masdly und
Hoqqabdz kitdby zu, obwohl das alles Werke A h m e d M i d h a t ' s sind, der seinen Bruder
als Mitinhaber der Druckerei als Inhaber (sä/iib), aber nicht als Verfasser {mu/tarrir) zeichnen
ließ, während er selbst anscheinend aus zensurpoHtischen Gründen seinen Namen unge-
nannt ließ. Den Roman Dünjaja ikingi gelis bezeichnete mir M i d h a t selbst vor Jahren
ausdrücklich als sein Werk. Von Mehmed Emin und Hüsejn Rahmi, von
denen der erstere als der bekannteste nationale Dichter, der letztere als realistischer Schilde-
rer des Volkslebens sich eines großen Rufes erfreut, hat er nur die Namen, kein einziges
Werk, doch setzt er Rahmi zum Ausgleich dafür gleich zweimal ein. Die Anordnung der
Schriftsteller in dem »Uterarischen Katalog« Basmadjian"s, besonders in dem modernen
Teile — er teilt sein Themen in die alte Schule (1300— 1859) und in die Moderne (seit 1859) —
ist nicht ganz verständlich: Anhänger der alten Schule, des Übergangsstadiums, der Mo-
derne und der jüngsten Moderne stehen in buntester Ordnung nebeneinander. Auch das
chronologische Prinzip ist nicht maßgebend. Einige arge Versehen, Folgen der Flüchtig-
keit, hat der Autor selber noch nachträglich verbessert, so die Verdoppelung einiger Schrift-
steller, wie des Nazifi und H. Rahmi. Reichlich seltsam für einen Kenner des
Türkischen ist auch der rätselhafte Unterschied, den er zwischen Mehmed und Mehemmed
macht und der im Index zu zwei eigenen Rubriken Anlaß gibt. Nach welchen Grundsätzen
er Mehemmed Djevdet, Mehemmed Tevfiq usw. im Gegensatze zu Mehmed Pacha, Mehmed
Ruchdi usw. schreibt, ist schleierhaft. Auffallend ist es noch, daß Basmadjian es
nicht der Mühe wert gefunden hat, die Hiira- Jahre in diesem doch für europäische Leser
bestimmten Buche durch die christliche Zeitrechnung zu ersetzen. Zudem ist bei vielen,
ja den meisten modernen Jahresangaben nicht das ///gra- Jahr, sondern das davon wieder-
um abweichende Finanzjahr gemeint, was für die einwandfreie Feststellung des wirklich
gemeinten Jahres eine weitere Schwierigkeit vorstellt, die der Autor zu lösen gehabt hätte.
Doch trotz des Hinweises im Vorwort, alle Daten nach der Higra geben zu wollen, finden
sich in allerdings hier nicht weiter auffallender Inkonsequenz eine Reihe Daten christlicher
Zeitrechnung mitten darunter. So stellt sich leider die Literaturgeschichte B a s m a d -
i i a n ' s als eine flüchtige journalistische Leistung dar, bar jedes modernen kritischen
Grundsatzes. Hoffentlich wird das künftige große Werk über die türkische Literatur,
das der Autor uns in Aussicht stellt und das ein Gegenstück zu Hammer's Osmanischer
Dichtkunst für die Prosaiker werden soll, auf ganz anderer Grundlage und mit sorgfältiger
Durcharbeitung des Materials geschrieben. — Sonst bleibt es besser ungeschrieben. — Eine
Hervorhebung verdient hier auch die seltsame, auf die kritischen A-nschauungen der heutigen
»Osmanen«, im weiteren Sinne gesprochen, ein höchst seltsames Licht werfende Hoch-
schätzung, die sie Hammer-Purgstall entgegenbringen: Er ist noch immer ihr Ideal,
besonders in der Geschichtschreibung, so daß, so unglaublich es klingt, die türkische Rück-
übersetzung der französischen Ausgabe von Hammer's Geschichte des osmanischen Reiches
. beschlossen worden und ein Band sogar schon herausgegeben sein soll. Ich habe ihn aller-
dings bisher noch nicht erhalten. Die Ironie liegt darin, daß der etwas flüchtige und un-
Kleine Mitteilungen und Anzeigen. ji-
kritische Übersetzer der türkischen Historiker, nachdem sein Werk noch durch das Medium
des Französischen hindurchgegangen ist, wieder ins Türkische mit ziemlichem Kosten-
aufwand zxirückübertragen wird, statt daß man an die so nahe liegende Herausgabe von
Hammer's türkischen Originalquellen geht. • — Die Ausstattung von Basmadjian's
Buch entspricht in Druck und Papier kann dem, was man in Konstantinopel an gewöhnliche
Drucke stellt. Die zahlreichen Druckfehler entsprechen der flüchtigen Bearbeitung. Die
Buchtitel sind mit türkischen Lettern gegeben. Nicht uninteressant ist shließlich noch
der Aufruf des betriebsamen Autors an die türkischen Schriftsteller in der Einleitung,
ihm außer ihren Ratschlägen besonders auch ihre Werke zu senden, damit er die Lücken
ausfüllen und Irrtümer berichtigen könne. Es ist gewiß dann nur mehr die Schuld der
osmanischen Schriftsteller, wenn sich in der künftigen Literaturgeschichte Basmadjian's
Mängel und Lücken zeigen sollten, denen sie durch rechtzeitige Ablieferung der Pflicht-
exemplare an ihn hätten vorbeugen müssen und können.
T h. Menzel.
Martin Hartmann, Fihif l'orträge über den Islam. Leipzig 19 12. Verlag von Otto Wigand,
m. b. H. IV und 150 S. 8°.
Die hier dem »breitesten Publikum« gebotenen Abhandlungen wurden Januar-
Februar 1912 im »Wissenschaftlichen Zentralverein« zu Berlin vom Verfasser vorgetragen.
Das Ziel, welches ihm dabei vorschwebte, war »die Probleme des Gegenwartislam aus
der Vergangenheit zu verstehen«. Die ersten drei Vorträge (I. Vorgeschichte, Mohammed,
Die ersten Kalifen, II. Der Koran und die Lehre Mohammeds, III. Die Glanzzeit des Kali-
fats und der Verfall) sind rein geschichtlich und gehen, wie es im Vorwort heißt, »nicht
über das hinaus, was in den bekannten Handbüchern zu finden ist«. Wäre dieser Teil
der Darstellung für Fachleute bestimmt, so hätte der Verf. wohl den neuesten Forschungen
über die Anfänge des Islam, namentlich den geistreichen LTntersuchungen Lammens'
gegenüber Stellung nehmen müssen. Die ausdrückliche Betonung der populären Art
dieser Aufsätze enthebt zwar einer solchen Verpflichtung, aber es fragt sich doch, ob nicht
auch für eine allgemeine Einführung strengere Beschränkung auf die sichersten Ergebnisse
der Mitteilung einer viele Daten zweifelhafter Art enthaltenden vulgata vorzuziehen wäre.
W'ie dem immer sei. Hartmann hat gegeben, was sein Vorwort verspricht, und die Auswahl
des Mitgeteilten ist, wie- sich das bei ihm von selbst versteht, vernünftig getroffen.
Als einen Lapsus betrachte ich es, wenn er S. 8 die vorislamische Existenz einer
Abrahamlegende in Mekka vorauszusetzen scheint; seit Jahrzehnten kennt man die Ent-
wickelung dieser Legende nach derHidjrahin direktem Zusammenhang mit Muham-
meds Stellungnahme gegen das Judentum. Ein anderer Lapsus ist S. 25 das \^'ort »Flucht-
genossen«, während doch S. 17 die Übersetzung von Hidjrah mit »Flucht« mit Recht
zurückgewiesen wurde. Das Zurückführen des absolutistischen Regierungssystems im
Islam auf die von Omar geschaffene Staatsverwaltung (S. 28) scheint uns auch dann noch
bedenklich, wenn man mit dem Verf. die traditionelle Ansicht über Omars politische
Leistungen als richtig gelten läßt. Zur absolutistischen Monarchie wurde doch das Chalifat
erst seit der Verlegung seines Zentrums auf persisches Gebiet. Bei der Aufzählung der
Länder, wo sich Reste der Charidjiten finden (S. 32), ist Oman vergessen.
Bei der Besprechung des Quräns erfährt der Leser wohl etwas zu wenig von den
zum Teil unüberwindlichen Schwierigkeiten, welche sich dem historischen Verständnis
selbst solcher Stellen in den Weg setzen, wo die Kommentare keine Ahnung von Unsicher-
heit aufkommen lassen. Mit vollem Recht wundert sich Lammens über die Frechheit
von Orientalisten, welche den Inhalt der geschichtlich bedeutendsten Suren zu verstehen
Islam. IV. 10
146 Kleine Mitteilungen und Anzeigen.
behaupten. Einige von den alteren, mehr oder weniger poetischen Offenbarungen zitiert
Hartmann in der bekannten, dem Original auch in der Form nachahmenden Übersetzung
Fr. Rückert's.
Als eine etwas unvorsichtige Abweichung von dem Plane, sich fürs Historische auf
die Mitteilung des als bekannt Geltenden zu beschränken, kommtesunsvor, wenn der Verf.
(S. 37 — 38) nebenbei eine neue Theorie über den Ursprung gewisser erzählender Qurän-
stücke aufstellt, zumal da die Annahme von einer nirgends erwähnten, zwischen Juden-
tum und Christentum stehenden Gruppe angehörenden Wanderpredigern, welche Muham-
med den Text oder doch das Vorbild seiner asäfir al-awwalin geliefert hätten, kaum als
eine begründete Hypothese gelten kann. Die Sendung der andern Propheten vor Muham-
med, die den Hauptinhalt jener Erzählungen bildet, soll nun nach Hartmann (S. 46,
wo Z. 7 statt »Den« »Der« zu lesen) im Qurän als der Beweis seiner eigenen prophetischen
Mission dargestellt sein. Das hat nur dann seine Richtigkeit, wenn man es von der Über-
einstimmung des Inhalts dieser Quräne mit der jüdischen und christlichen Überlieferung
über die Propheten versteht, denn darauf hat sich Muhammed in der ersten Periode seiner
Tätigkeit immerfort als Beweis für die Wahrheit seiner Mission berufen.
Dem Mystizismus hätten wir auch in dieser gedrängten Darstellung etwas mehr
Raum gegönnt als ihm zuteil geworden (S. 54 — 55). Aus den Worten des Verf. könnte der
Leser entnehmen, daß die Kirche und der absolute Staat das Derwischtum eigens dazu
gegründet haben, die Mystik in dessen »seichte Kanäle« zu leiten und so mit dieser gefähr-
lichen Feindin fertig zu werden. Natürlich kennt Hartmann sehr wohl den Einfluß, den
die mystische Geistesrichtung außerhalb des Zari^a/z-Wesens die Jahrhunderte hindurch
in der islamischen Welt ausgeübt hat. Das hätte er aber mit einigen \\'orten andeuten
und dann auch die Frage erörtern sollen, inwiefern von der Mystik für die Muslime Hilfe
zur Lösung der Fesseln zu erwarten ist, in welchen der gesetzlich-dogmatische Islam ihre
Kultur gefangen zu halten sucht. Es wäre doch gar zu einseitig, den Mystizismus auf
muhammedanischem Gebiete bloß als »Handlanger des Absolutismus« hinzustellen.
Als eine Lücke in des Verf. Darstellung empfinden wir es noch, daß er das Hadith,
die sogenannte Überlieferung über die Taten und Worte des Propheten, nicht klar
genug in ihrer historischen Bedeutung als Exponent aller Lehrmeinungen, die in den
ersten Jahrhunderten in bedeutenden Kreisen zur Geltung gekommen sind, hervortreten
läßt und daß mit keinem Worte der so äußerst wichtigen Lehre der Unfehlbarkeit der
Gemeinde Erwähnung geschieht. Wird doch gerade diese Lehre von vielen Muslimen und
Nichtmuslimen als ein mächtiges Mittel betrachtet, wodurch sich der Islam aus dem
mittelalterlichen Sumpf, in den er sich verlaufen hat, befreien könnte.
Der knappen, gelungenen Darstellung der Geschichte des Chalifats im dritten Vortrag
läßt Hart.m.\nn zwei Vorträge folgen, welche »auch dem Historiker, dem Soziologen und
dem Orientalisten etwas bieten«. Die erste von diesen beiden Abhandlungen (IV) ver-
sucht eine Gruppierung der »islamischen Staatensysteme bis zur Neuzeit« nach dem
Schema der fünf Gesellungen, welches dem Verf. als das geeignetste erscheint »die unend-
lich zahlreichen Betätigungen der Gruppen aus einem wüsten Chaos sich zu einem über-
sichtlichen Ganzen gestalten zu lassen«. Gegen die Gliederung des Gesellschaft- und Staats-
lebens nach den fünf Gesellungsmomenten: Blut (Sippe), Volk (Sprache), Vorstellung
(Religion usw.). Wirtschaftliches, Staat, haben wir nichts einzuwenden, und wir leugnen
nicht, daß die Übersichtlichkeit der analytischen Betrachtung des Lebens einer Menschen-
gruppe durch die Beobachtung dieser Einteilung manchmal gefördert werden kann. Wir
müssen aber offenherzig gestehen, daß uns das Schema in Hartmann's viertem Vortrag
wenig zur Klarheit beigetragen zu haben scheint. Daran ist, wie wir glauben, nicht das
Schema schuld; auch nicht der Verf., denn aus der reichen Schatzkammer seiner Wissen-
Kleine Mitteilungen und Anzeigen. r^-
schaft hat er wohl das Wichtigste über die verschiedenen muslimischen Staatengebilde
mitgeteilt, und seine Charakteristik ist manchmal treffend. Es liegt vielmehr am Gegen-
stand, an der großen Kompliziertheit der historischen Erscheinungen, von denen hier
eine Erklärung \fersucht wird und von deren Erklärungsmomenten uns doch nur die aller-
wenigsten genau bekannt sind. Das Chaos ist eben viel zu wüst, um sich, gleichviel durch
welche Mittel, zu einem übersichtlichen Ganzen gestalten zu lassen. In solchen Fällen
wirkt die Aufzwingung eines Systems eher verwirrend als klärend und ordnend.
Der fünfte Vortrag handelt vom »gegenwärtigen Zustand der Islamwelt« und erörtert
dabei selbstverständlich die Möglichkeiten der nächsten Zukunft vom Gesichtspunkt des
Verfassers. Im Mai 1912, als Hartmann sein Vorwort schrieb, konnte man nicht ahnen,
welche schrecklichen Ereignisse sich noch vor dem Ende des Jahres im islamischen Teile
Europas abspielen sollten. Sonst hätte der Verf., der im Eingang seines Vortrags über
die Staatensysteme mit Recht nachWELLHAUSEN's Vorgang den Sturz des arabischen
Reiches als den Wendepunkt der ältesten islamischen Geschichte bezeichnet, am Schluß
seines fünften Vortrags den Sturz des osmanischen Reiches als Wendepunkt der
neuesten Geschichte besprechen können. Zu einer Änderung seiner Anschauungen hätte
ihm allerdings der Ausgang des Balkankrieges keinen Anlaß gegeben, denn große Hoffnung
hatte er, wie man sich leicht denken kann, auf die Osmanen nicht gesetzt.
Mehr ausschließlich als die Überschrift erwarten ließe, beschäftigt sich der Verf.
in diesem Kapitel eben mit der Türkei; nebenbei auch mit Persien, und nur ganz im Vor-
übergehen mit anderen muslimischen Staaten oder mit muslimischen Völkern, die unter
fremder Oberhoheit stehen. Man versteht dies eher, wenn man die seitdem (im Oktober
1912) unter dem Titel »Islam, Mission, Politik« von Hartmann herausgegebenen, früher
anderswo erschienenen kritischen Studien kennt. Darin kommt manches zur eingehenden
Behandlung, an dem der fünfte Vortrag vorbeigeht.
Die Einzelheiten dieses Vortrags geben mir Anlaß, dem Verf. ein paar Anmerkungen
zu unterbreiten. Geburtsadel (S. 116) gibt es, auch abgesehen von der alidischen Sippe,
in manchen muhammedanischen Ländern, nämlich dort, wo die vorislamische Kultur eine
auf der Geburt ruhende Klassengliederung gezeitigt hatte. So haben z. B. die Javanen
eine ganze Stufenreihe von Geburtsadelsprädikaten, welche aber auch auf Grund von
Verdienst Nichtadligen von den Fürsten (der Regierung) verliehen werden können. Natür-
lich hat solcher Adel, im Unterschied von dem der Sajjids und Scharife, keinerlei religiöse
Bedeutung.
Die Mtä'ah-Ehe, wobei die Zeitdauer von vornherein kontraktmäßig festgesetzt
wird, ist ohne allen Zweifel von Muhammed zugelassen worden. Spätere Autoritäten,
nach deren Empfinden solche Form der Heirat der Prostitution allzuähnlich war, leugnen
dies nicht, sondern sie behaupten, der Prophet sei davon zurückgekommen, und die In-
stitution sei also vom nasch (Abrogierung) betroffen worden. Einige legen sich sogar die
traditionellen Daten so zurecht, daß der Gottesbote die Mut'ah zweimal für zulässig er-
klärt und zweimal wieder abgeschafft hat. Wie der letzte, also definitive Spruch gelautet
habe, darüber war man in der ersten Generation sehr uneinig; schließlich haben die Sun-
niten sich für das Verbot, die Schi'iten hingegen sich für die Zulässigkeit entschieden.
Da jedoch die 7iion's in beiden Gruppen ziemhch dieselben waren, so hat sich die lex, oder
wenigstens deren Anwendung auch bei den Orthodoxen der allgemeinen Neigung an-
gepaßt und praktisch eine Eheschließung ermögUcht, die auf dasselbe hinausläuft wie
die Miit'-ah. Die Bestimmung der Zeitdauer der Ehe findet durch vorherige Verabreduno-
außerhalb des Kontrakts statt, und unmittelbar nach dem Kontrakt spricht- der Mann
die »zeitlich bedingte«, d. h. in diesem Falle die nach dem angegebenen Termin in Wirkung
tretende Taläqioxn\Q\ aus. Sollte er dies verweigern, so verweigert die Frau ihm die Aus-
10*
\aS Kleine Mitteilungen und Anzeigen.
Übung der Rechte des Ehemannes. Zur Erhöhung ihrer Sicherheit verlangt sie noch dazu
Barzahlung des 7nahr und in gewissen Fällen auch das Deponieren einer Summe für ihren
Lebensunterhalt während der '■iddah bei einem Vertrauensmann. Aus der Praxis der
heiligen Städte Arabiens sind mir manche Beispiele solcher Eheschließung bekannt. Es
gibt also neben der schi'itischen eine sunnitische Zeitehe; zwischen beiden bleibt ein
Unterschied, aber nicht ein derartiger, daß man die Mut'ah bei der Charakteristik des
sittlichen Lebens der Perser oder anderer Schi'iten in Rechnung bringen könnte.
Hartmann strebt in seinen Schriften nicht nach einer solchen Objektivität, wobei
der Leser den Eindruck gewinnt, als zeigte ihm der Verf. einfach photographische Auf-
nahmen der Wirklichkeit. Nein, er führt uns Gemälde vor, bei deren Betrachtung unsere
Berührung mit dem Temperament des Malers nicht weniger lebhaft wird als die mit seinem
Original. Außerdem steht er immer vor seinem Kunstwerk und beeinflußt in einer hie
und da leidenschaftlichen Weise unsere Eindrücke. Das ist kein Fehler, braucht es wenig-
stens nicht zu sein, namentlich nicht wenn der Schriftsteller dabei so offen und ohne Um-
wege verfährt wie Hartmann. Die bezweckte Wirkung wird jedoch beeinträchtigt, wo
nicht verfehlt, wenn bei der Hineinmischung des Subjektiven nicht eine gewisse Selbst-
beschränkung beobachtet wird. Von der Rolle der Türken in der islamischen Kulturge-
schichte hat Hartmann bekanntlich eine sehr schlechte Meinung; sie sind ihm die schonungs-
losen Verwüster, deren Wege überall durch Feuer und Blut gekennzeichnet sind. An
historischer Begründung dieser Ansicht läßt er es nicht fehlen; aber in seiner Verstimmung
gegen diese Zerstörer der besseren von ihm gedachten historischen Möglichkeiten geht er
doch jedenfalls zu weit, indem er ihnen fast als Frevel anrechnet, was sich nun einmal
auch in der vornehmsten ethischen Gesellschaft zu ereignen pflegt. Aus dem Kleben an
der Idee einer Staatsreligion, welche ja den Glanz des türkischen Reiches mit bedingt
hat, aus dem Versuch, ihre Sprache auch unter den ihnen unterworfenen Völkerschaften
zum Vorrang zu verhelfen, aus der Abneigung gegen die Aufgabe des arabischen Alphabets,
welches sie sich, ebenso wie die Perser, seit ihrer Islaniisierung angeeignet haben, aus allen
solchen ganz natürlichen, wenngleich nicht immer vernünftigen Dingen, denen es in der
Geschichte keiner großen europäischen Nation an Gegenstücken fehlt, macht Hartmann
den armen, erst vor kurzem aus dem mittelalterlichen Traume erwachten Türken die
härtesten Vorwürfe. In solchen Fällen scheint er uns wirklich zu subjektiv, so hoch wir
übrigens den mutigen Ton schätzen, in dem er sich über politische und soziale Fragen
auszusprechen pflegt.
Die Lektüre der Vorträge Hartmann' s hat uns in bczug auf manches vcn ihm be-
rührte Thema zur Äußerung von Bedenken oder gar zum Widerspruch gereizt. Der tempe-
ramentvolle Verf. wird dies nicht anders erwartet haben und unsere Freimütigkeit nicht
als Mangel an Anerkennung deuten. In diesen Vorträgen wie in den zahlreichen andern
Islamforschungen Hartmann' s wird der Fachmann die Resultate mühevoller Arbeit und
liebevoller Hingebung erkennen, und weder er noch der »general reader« wird sie aus der
Hand legen, ohne ein Gefühl des warmen Dankes für manche Belehrung.
Leiden, Januar 1913. C. Snouck Hurgronje.
W. Mar9ais, Textes arabes de Tanger, Iranscription, traduction annotee, glossaire. i vol.
in — 12, XVII — 505 pages. Paris, E. Leroux, 191 1 (Bibliotheque de l'Ecole des
Langues orientales Vivantes, t. IV).
Le dialecte de Tanger est deja connu par les publications de MM. Lüderitz et Meiss-
ner; des contes recueilhs par MM. Blanc et Marchand, un texte releve par M. Kampff-
MEYER sont venus renforcer la matiere soumise ä Petude. M. \\'. ^Iar^ais a voulu faire plus
Kleine Mitteilungen und Anzeigen. j^q
et mieux qua ses devanciers; pour etendre le lexique du dialecte et penetrer les arcanes des
tennes techniques des metiers manuels, il n'a pas hesite a recueillir des recits de la part
des mitrons en ks combinant avec les renseignements sur la f abrication du pain foumispai
le moqaddem des cherifs d'Ouezzan; les parties de toupie des enfants, les details de la
vie des tolba qui viennent de la campagne el-udier dans la ville, les rejouissances de la
^■Angara (fete du solstice d'cte, la St Jean) forment un tableau vraiment anime ou les
particularites dialecticales \-iennent, pour le linguiste, aj outer un attrait de plus.
Dans son avant-propos, M. Mar^ais donne la liste de ses informateurs. En ce qui
concerne le choix des mitrons, on pourrait objecter que ce sont tous des petits Rifains
ou Djebaliens (p. 144) et que par consequent leur dialecte tangerois nsque de ne pas etre tres
pur; niais l'auteur aura probablement aplani les discordances au moyen des cinq etudiants
en medecine envoyes de Tanger ä Alger par la Legation de France (p. IX). On sera frappe
de l'absence presque totale de voyelles que presentent ces textes; la voyelle joue dejä
un role tres efface dans les langues semitiques, oü eile a de tres bonne heure une tendance
marquee ä Tarnuissement; ä Tanger, il ne reste plus, dans des cas tres frequents, qu'une
«syllabe sans element vocalique» marquee, dans la transcription, par le signe de la breve
qui peut passer pour le sokoiin de l'arabe. Aussi Tauteur a-t-il pu, ä juste titre, qualifier
ce dialecte de «langue usee et profondement alteree».
Le phoneme transcrit b est une spirante bilabiale sonore qui parait provenir d'Es-
pagnc, car c'est une articulation defectueuse de ce genre (affaiblissement des muscles
buccaux ?) que l'on peut attribuer les altemances b : d du castillan, du catalan et du langue-
docien. Si exactes que soient ces constatations ä l'oreille, il est clair que la demonstration
n'en sera prouvee experimentalement que par l'emploi des appareils imagines par l'Abbe
Rousselot; il y a donc ä reserver la part de ce qu'on appelle en astronomie l'aberration
personvelle. L'auteur s'en rend bien compte (p. Xj).
Le lexique est fortement infiuence par les apports andalous (une grande partie de la
Population des \älles est d'origine espagnole) et par les emprunts berberes; en ce qui con-
cerne le fonds proprement arabe, le glossaire nous presente d'interessantes constatations.
On peut regretter que l'auteur ait cru devoir adopter un rangement par ordre de racines,
non de racines classiques, mais dialectales; ainsi nous avons une racine — ^^r* parce que
2?7g «deux» se prononce züz ä Tanger, et iA:i- parce qu'on y dit, par metathese, zdäda
«poule»; de meme pour les mots oü (jca se prononce /; par application de ce procede, la
phrase connue viakäs böno devrait etre classee sous ^ciJs^x, tandis qu'on sait bien que cette
maniere de parier courante recouvre ?h« käu sT. C'est ä peu pres comme si, pour certains
parlers de l'Ile-de-France, on classait lieur (dans au lieur de . . .) et Lieursaint (Lieusaint)
sous ligare au lieu de locus.
P. 164. «Ils fönt des fumigations d'aloes, de jäoui ou d'encens.» Le mot jäoid est
reste inexplique, soit dans ce passage. soit dans le glossaire. C'est le benjoin (Kazimirski,
Beaussier), mot d'ailleurs emprunte au portugais benzavi (W. He yd), c'est ädire lubän
gäwi «encens de Java». — P. 17-,. «Le man est sur le point de s'envoler (de colere)»
traduit it^j j-f^. (p- 70, ligne 6, et p. 71, 1. 8); en Syrie, jlh signiüe aussi sursauler,
et CucHE donne «sauter aux nues, s'eniporter, se fächer»; le tangerois me parait l'emplover
avec un sens analogue. — P. 223. 'ümäna, pl. de ^ämtn, est probablement une faute d'im-
pression pour \lmanä; sinon, l'influence de la langue litteraire ne serait plus visible; l'allon-
gement de la voyelle initiale est dejä, par elle-meme, suffisamment dialectale. — P. 226,
Ce n'est pas seulement dans les anciens textes de /ladiQ que la priere de midi est
appelee la premiere -^^jSI; contrairement ä notre maniere de voir, les Musulmans •
comptent les cinq prieres ä partir de celle de midi, consid^ree comme la premiere; de la
150
Kleine Mitteilungen und Anzeigen.
vient la denomination que lui ont reservee les Persans, namäz-i pisiu «la priere d'avant»
opposee ä namaz-i digar «l'autre priere», celle de l'ap", cette demiere s'appelle en turc
ikinti natndzi, oü ikinti est visiblement le nom de nombre ordinal (dialectal pour iking,
ikingi), «la seconde priere», d'ou il decoule que celle de midi est la premiere. Comparer
les discussions rapportees dans les commentaires du Qorän sur l'expression ■•y.jLo.*)
^liAv^ji (eh. II, V. 239), et particulierement Tabari, Tafsir, t. II, p. 321 et suivantes.
P. 256. Le maltais talahaun «\-iens ici» est le ddcalque exact du damasquin tä'lahön
= ia^[äla][i]!a-höu, iX^ ^Ji ^^ixli sur \eque\ onpeutvoirmes Notes sur qitelcpies expressions
du dialecte arahe de Damas, dans le Journal asiatique, 1883, p. 16 du tirage ä part. — P. 257.
cdli «rivage de la mer» rappelle incontinent [c(t]YiaXo[v] ; toutefois le mot grec moderne
a donne turc -jLj, et d'ailleurs Yt> c fait difficulte. sans compter le deplacement de l'accent
d'intensite. — P. 266. /ifä-'aolo «son cerveau est sans force»; plutöt «sa raison». — P. 268.
vji.».>- <'pois chiche» se piononce en damasquin //rtHonof. — P. 288. ^j^ böijöb «crcuscr
en grattant, etc.» parait etre un denominatif de X.j>^3> «poterne, couloir etroit entre deux
murs». • — P. 306. «Son son est tout autre.» 11 cüt falhi ecrire: «Le son en est tout
autre.»- — P. 333- Les differents sens du mot 3,R*» cites ä, propos de son diminutif s/Ira
indiquent que le sens de «nappe» qu'il a en persan doit etre ancien dans cette langue. —
P. 335. Le mot kuskuson «cousscoussou» de l'arabe palestinien est inconnu a Damas. non
le mets qu'il designe, et qu'on appelle viaghrehiyye, ce qui me fait penser que le kuskuson du
palestinien pourrait etre tout simplement un emprunt au maghrcbin, depuis que des emi-
grants appartenant ä cette demiere categorie sont venus coloniser certaines regions de la
Syrie. — P. 343. 11 n'est pas certain ([uc xi^O-Ü. «chiffon» seit du ä un developpement de
la racine • j!^; car nous avons, p. 344, 'xju^,^ «lambeau d'ctoffe», ä cote du tangerois
sarm'la; comparer le Syrien '\:^j.a.J^ et le damasquin 's.^jjoJ^ (Notes, p. 23),
qui sont, eux, un developpement de la racine _0-ii «scarifier», mais aussi, en Syrie,
«dechirer, mettre en pieces» (Cuche, p. 295); il peut y avoir contamination des deux
racines par un procede familier ä l'argot. — P. 354. Les lexicographes indigenes ont dejä.
rapproche saräwil du persan ^^XJX «pantalon» (de sal «cuisse» + suffixe vär); Ips formes
dialectales indiquent bien que nous avons af faire ä un pluriel. - — P. 356. En Algerie, .Lji^^' i ,
dans les parlers ruraux et bedouins, est partout employe dans le sens de «les cours des
cereales au marche». C'est exactement le sens du classiquc jum «taux fixe pour une
marchandise par la mercuriale du marche ou par Tautorite», tandis que -ytl^ est le
prix d'achat paye pour un objet.
P. 368. L'etymologie de tarbils donnee par Dozv, Noms de vetements, p. 253, ne
doit pas etre exacte, car on ne voit pas comment sar- serait devenu tar-\ tarbils doit etre
persan *far-püs «qui couvre l'humide», c'est-a-dire que le mot a designe d' abord la /a^tya,
puis s'est etendu ä la coiffure qui entourait celle-ci. — P. 377. Dans l'expression syrienne
'^abbi 'r-räs «charge la tete (du narguile)», c'est-a-dire «mets-y la quantite necessaire de
tumbeki», le verbe 'abbä est plutöt «charger» que «remplir». — P. 387, M. Mar(;ais ex-
pHque par une dissimilation gz > gz (ou g — s > g — s) les cas ou „ se prononce g, comme
dans.:Äc «etre impuissant (i^)», tj"-^^ «s'asseoir ( ^L>.)», (joLftÄj «poires ((joL>jM)»,
KjLs «retribution {'>,jLz>-)». .^i «rendre familier» („**.>)». -.Li «passer (;L:>-)»; cela rend
Kleine Mitteilungen und Anzeigen. j ir j
evideniment compte du phcnomene dans ces mots, ainsi que dans grs «expedilion mili-
taire» ä cote de gIS, et le nom du ministre Guebbas, qui s'ecrit ij^ijj^ (sauf que la regres-
sion g : g est do*teuse); mais il n'en est plus de meme avec •^JiXi glcf «brüler la viande sans
la cuire» ä cötc du classique ;_äJL=*, est de .fi^lc ^a/'igör «se coiffer de travers», ä
c5te de l'egyptien ,j>^Ä£, oü il n'y a pas trace de dissimilation. 11 faut en revenir
ä l'explication par une survivance du g semitique commun et admettre la coexistence,
dans le dialecte, de g ä cote de g; et il se pounait fort bien que la dissimilation ne füt pour
rien dans las cas cites. Tanger, ville cosmopolite, a pu accueillir dans son dialecte des pro-
nonciations de provenances differentes, phenomene qui n'est pas inconnu dans les grandes
villes ä population melangee. — P. ^oc. Le damasquin 'iimbäz se refere ä une forme -Lxvüs
ä cotp de jLxÄc- Comparer A. von Kremer, Mittelsyrien, und Damascus, p. 99.
— P. 406. yanbo «crocheto est emprunto au turc \.>ÜLi'. — P. 407. Le
turc ijs.>wi «cornemusei> est purement osmanli, et par suite l'emprunt au slave est tres
probable. — P. 469. Js.\x «tendre, mettre en main». 11 fallait comparer le damasquin
J>X/« «faire marcher, faire arriver», au figure, dans Notes, p. 35. — P. 476,. S.J^i «goutte
d'eau», et ensuite «rien», cf. frangais goutte dans «je n'y vois goutte». — P. 479. iLxijtJ!
est un mode de la musique arabe; cest le ton de la mineur avec/a:|^et sol bccarre (ces
deux dernieres notes quelquefois naturelle et dieze par accident;.
Cl. Huart.
I. Ostadina (Kindi iüoLk^S, Jäqüt iüJ>»Li,oO = Konstantinopel.
II. Arwad jS^ ,5 (Belädon, Tabari, Jäqüt) = Artaki, Erdek.
I.
Jäqüt (f 626 = 1229) hat in seinem unschätzbaren, gerade vor dem vernichtenden
Mongolensturm in den reichen Bibliotheken des Ostens zusammengestellten großen geo-
graphischen Wörterbuch Mu'gam al buldän I, 299, 2—3 eine kurze, bis heute ganz unbe-
achtete und unerkannte, für seine Arbeitsweise und geographische Sammeltätigkeit charak-
teristische Notiz über einen dem fleißigen Sammler selbst nicht mehr klaren geographischen
Ort, dessen Namen er gewissenhaft seiner alten, bündigen Quelle entnommen und dann
in seiner Weise geographisch allgemein sich zurechtgelegt und unbestimmt lokalisiert hat.
Der Text lautet a. a. O. so:
"Ä OV Ä.Ä/.V ,}>j^ä]S LJ.>^ii XJ»LxX ,y.>^'S ,--Xl -Ai.^ ..Mi\
» 0 s t ä d i n a 2) ist eine Gegend im Westen (Abendland), wohin 'Abis ibn Sa*id
einen Feldzug machte, wozu ihn Maslama ibn Mohallad, der Statthalter von Äg>T3ten
von Seiten Mo'äwija's (41 — 60 = 661 — 680), kurz vor dem Jahre 57 (beginnt 14. November
^) So schon richtig von Wüstenfeld selbst für kXxm korrigiert V, 33; VI, 488; aus
Kindi's Cadi's und Governors wissen wir jetzt sehr viel über diesen bedeutenden Mann.
,_5*:^äJ' bei Ibn Tagriberdi I 201, 8 1. ^Ä>dixJt Kindi. Govcrn. 1.23, Mo.stabih 430.
-) Die Lesung mit ö Ijci Jäqüt ist wohl sekundär oder verderbt aus O.
f-1 ••• 't
>_\>Jl<v>
o^
^^U
Ä-«.JLv^/!
) -«^
Lf^^ CV
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^ ^,
XC j»»X«;s>
' .^J i_^Lj»*.ii
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.,VW.J.£-
3,5-^
J>
IC2 Kleine Mitteilungen und Anzeigen.
676) ausgesandt hatte. « Der Auszug aus Jäqüts Wörterbuch, Meräsid al Ittilä', hat nur
die drei Worte -in L-JjL*J»j K^^-Li iLiOwLaAs! (mitDäl J, nicht Däl v3). Die Jäqüts geo-
graphischer Notiz zugrunde liegende Quellenstelle ist nun erst neuerdings bekannt geworden
in dem von König flüchtig herausgegebenen ersten Siebentel von Kindi's tasmijat vulät
Misr »The History of the Governors of Egypt«, New York 1908, p. 23, 20 f.'):
»Hierauf [zuletzt war vom Jahre 53 = 673 die Rede] enthob Maslama den 'Abis
ihn Sa'id seines Kommandos über die [Leib- und Polizei-] Wache und übertrug ihm (dafür)
den Oberbefehl zur See, wonach dieser die Expedition gegen Ostädina [mit Sin (j* und
Dal O] machte; den [früher zugunsten des 'Abis abgesetzten] al Säib ihn Hisäm machte
er wieder zum Obersten seiner [Leib- und Polizei-]Wache. und er behielt dies Kommando
bis zum Jahre 57, wo er al Säib ab- und 'Abis wieder einsetzte.« Diese Stelle Kindi's
(welchen Jäqüt an acht Stellen namentlich zitiert, s. VI, 625, gest. 350 = 961 2), den aber
J. Heer, »Die historischen und geographischen Quellen in Jäqüt's geographischem Wörter-
buch«, 1898, nicht kennt) ist, wie man sieht, von Jäqüt gut verwertet, nur ist ihm das
nackte Ostädina nicht mehr klar, und so schließt er nun im allgemeinen, daß es eine Gegend
im Westen sein müsse, nach der 'Abis von Alexandrien aus die Razzia macht. Die nackte
Nennung von Ostädina setzt aber gerade auch voraus, daß es seinerzeit allbekannt war,
und der Synchronismus 53 — 57 = 673 — 677 führt uns in die Periode der alljährlich sich
wiederholenden Feldzüge der Araber zu Wasser und zu Lande gegen die Romäer oi Vwi^Oiloi.
*».;!. Byzantiner in Konstantinopcl, wozu auch Ägypten sein Kontingent zu stellen hatte,
zumal da der energische Statthalter Maslama ibnMohaliad (47 — 62 = 687 — 682, Wüsten-
feld, Statthalter von Ägypten I, 29- — 32) neben dem gewaltigen Chalifen Mo'äwija selbst
die Seele der Expeditionen gegen Bj^zanz war. Ostädina, wenn wir das unvokalisierte
W^ort so aussprechen, ist so nichts anderes als Verderbnis aus der sonstigen arabischen
Form (al) Qostantin(i)a, woneben Jäqüt auch schon Istanbul Oj^ÄiiAa! kennt, I, 300,
IV, 95. S61 (vgl. zur Etymologie stt^v -oXi Krumbacher, Geschichte der byzantin.
Literatur -412; Enzyklopädie des Islam I 904.)
Eine ähnliche Verderbnis findet sich in der recensio vulgata der Patriarchengeschichte
von Alexandrien in meiner Ausgabe I 106, i: Severus ben El Moqaffa*: Historia Patriar-
charum Alexandrinorum, im Leben des Patriarchen Benjamin, wo der Kaiser Heraclius
die Beute vom Perserkrieg bringt ^IdLLiav_5> -Ji. Dies ..yL?Lh.«iv-^ haben die großen Geo-
graphen Evetts, Nau und Genossen 3) in der Patrologia Orientalis I 4, 489 [225] (»History of
the P atriarchs of the Coptic Church of Alexandria«) kurzer Hand in die barbarische Form
iö.A.A.aÄlxwfcS »Constantinople« verwandelt, sachlich zufällig mit einigem Recht, aber gra-
phisch unerlaubt, da das häufige und allbekannte JL<>ÄA.iaÄJa.w«g(^i') sonst in der Patriarchen-
geschichte richtig geschrieben wird und das rätselhafte ^^„«2*«.^ doch anderes voraus-
setzt. In der von mir 1912 herausgegebenen ältesten Rezension^des Hamburger Unikums
(geschrieben 1266 D.) steht nun auch schon verderbt .^IsL-^i* Jü, woraus dann das
') Vgl. meine Besprechung ZDMG 66 (1912), 747 — 751.
-) Wüstenfeld, hier und Geschichtschreiber Nr. 124 richtig, während Brockel-
mann, Gesch. der arab. Lit. I, 149 ihn mit dem nach 360/971 gestorbenen Sohne Kindi
zusammenwirft.
3) Vgl. Revue critique 1905 II 235; ZDMG 63 (1909), 3301)-
(
Kleine Mitteilungen und Anzeigen. j - -^
.IdLLi^-P der Vulgata entstanden ist. Die ältere Form wird wohl nur Verderbnis
aus
^y^h.Xjj.M*.'i .A.2.5 »Schloß Konstantins« sein: also auch etwa Qasr Ostätin für Qostätin,
wie Ostädina =»Qostantin(i)a. Mit dem persischen asitän und äsitäne Schwelle (Tor),
Hof, Palast, welch letzteres im Türkischen oft für die Hauptstadt Konstantinopel ge-
braucht wird, hat Ostädina iüJLii<wi wohl gar nichts zu tun.
IL
Zur gleichen Zeit wie jenes i'-ot; /.iyoixEvov Ostädina aus Kindi spielt eine Kon-
stantinopel naheliegende Insel Arväd oi^.i eine Rolle (welche natürlich nicht mit
Arväd, Ruäd = Aradus an der syrischen Küste zu verwechseln ist) bei Jäqüt I 224, 6 — 10
(noch einmal genannt ebenda 336):
»Arwädu — mit Fath, dann Sukün und Wäw und Elif und unpunktiertem
Däl — ist der Name einer Insel im Meere nahe bei Konstantinopel, welche die Muslime
bei einer Expedition im Jahre 54 unter Gunäda ibn Abi Umejja in den Tagen des Mo'äwija
ihn Abi Sufjän eroberten und welche Mo'äwija [mit Muslimen] besiedelte; unter den Er-
oberern war auch der Qoränlehrer Mugähid ibn Gebr und Tubei', Sohn der Frau Ka'b
alAhbär's [des Rabbiner-Ka'b], und dort lehrte Mugähid denTubei' den Qorän lesen; man
sagt aber auch: nein, er lehrte ihn den Qorän vielmehr inRhodus.« Jäqüt hat diese Stelle
ganz dem Eroberungsbuch (kitäb futüh al buldän) Belädori's 236 entnommen (das ..^>>.*.Jl,w^j!
nach is.j»Lx/i \.^k1s.M}\*^ ist bei Jäqüt ausgefallen): Gunäda (b'J>lx.> Tag 2, 326,6 v. u.
^A:a.wJ, nicht &OLÄ:>., wie de Goeje noch bei Belädori hat) ibn Abi Umejja al Azdi war
der kühne Seeheld und Admiral, der das Ägäische Meer samt Hellespont und Propontis
beherrschte, im Jahre 52 Rhodus (»,0»,, 54 (Tabarl 53) Arväd und auch Kreta (ji;.iaj.s!
vorübergehend eroberte. Die Ereignisse von Rhodus und Arväd sind dann nur in Einzel-
heiten durcheinandergeworfen, indem Belädori von einem siebenjährigen Aufenthalt
der Muslime auf Rhodus spricht, während Tabari II 163 (vgl. 157) von siebenjähriger
Besetzung von Arväd redet und die Qoränlehrertätigkeit des Mugähid hierher, nicht nach
Rhodus, verlegt, wie jener. Mit der Konstantinopel so naheliegenden, durch die arabische
Besetzung so gefährlichen Insel oder Halbinsel (gezira ö-Ji:>-) kannnur Artake 'ApTci(xr|, heute
griechisch Artaki, türkisch Erdek ^CiS gemeint sein, westlich von Kyzikos auf der Halb-
insel Arktonnesos mit dem Dindymus Mons, heute Kapu Daghi -iLia j.>jä, gegenüber der
nordwestlichen Insel Prokonnesos = Marmara in der Propontis, heute Marmarameer, tür-
kisch Marmara-Denizi tc:jSC> üs-aJ-Xj Kyzikos-Artake war ja auch nach sonstigen Zeug-
nissen gerade in diesen Jahren das feste Standlager (arabisch ribät, räbita, -blJ,, iüaj!,)
und zugleich Flottenstützpunkt gegen Konstantinopel, vgl. Aug. Müller," Islam 351;
Krumbacher a. a. O. 954. Die Form oL,! Arwäd ist daher nur graphisches Ver-
derbnis aus u5^So j Ardäk = Artaki. C. F. S c y b o I d.
I ^4 Kleine Mitteilungen und Anzeigen.
Schech Madbüir.
In Kairo, nahe beim Hauptbahnhofe, am Platz Bdb el-Hadid, steht ein kleines ver-
fallenes Heiligengrab, in dem der Schech el-MadbülI begraben ist. Durch die Anlage der
elektrischen Straßenbahn hat dies Gebäude sehr gelitten, seine Mauern sind geborsten, und
man hat es durch Holzbalken stützen müssen, um den Einsturz zu verhindern. Der Schech
liebte den Lärm der von den Ungläubigen gebauten Bahnen durchaus nicht und war
auch über die Beschädigung seines Grabes sehr erzürnt. So entschloß er sich seine bisherige
Ruhestätte zu verlassen und nach der griechischen St. Konstantinskirche in Bulak über-
zusiedeln, die in der Nähe des deutschen Konsulats erbaut wird. Sein Geist flog vor kurzem
durch die Luft nach Stambul, um dem dort weilenden Khediven von seinem Entschluß
Kenntnis zu geben. Er forderte *Abbäs II. Hilmi auf, die Kirche den ungläubigen Griechen
zu nehmen und sie ihm, dem frommen Schech Madbüli, zu geben. Der Khedive antwortete,
das sei leider nach den jetzt in Ägypten geltenden Gesetzen unmöglich. Darauf flog der
Geist des Schechs nach Kairo zurück, entschlossen seinen Plan mit Hilfe der Gläubigen
auszuführen. Am 30. Oktober 1912 siedelte er in die Kirche über. Sein Schatten erschien
des Abends an den Fenstern der Kirche. Ein Arbeiter rief : yä Madbült ! Da kam die Antwort
aus der Kirche 'ädtnl g^t »siehe, ich bin gekommen!«
Diese Kunde verbreitete sich wie ein Lauffeuer in Bulak, und bald waren Hunderte
von Muslimen bei der Kirche versammelt, um sie für den frommen Schech in Besitz zu
nehmen. Volksprediger schürten die Begeisterung. Der griechische Konsul wurde be-
nachrichtigt; er erschien bei der Kirche und suchte die Menge zu beruhigen. Als seine
Worte nichts fruchteten, benachrichtigte er die Polizei. Harvey Pasha kam mit einer
Abteilung Polizei und stellte vorläufige Ruhe her.
Aber am Morgen des 31. Oktober versammelte sich eine noch größere Volksmenge.
Zwischen zehn und zwanzigtausend Menschen drängten sich in der Nähe der St. Kon-
stantinskirche zusammen. Da kam Harvey Pasha mit einer noch größeren Polizeiabteilung
und ließ'auch Captain Blake mit der Feuerwehr und einer Spritze anrücken. Die Polizei
war gegen die Menge machtlos. Die Feuerspritze versagte zuerst ihren Dienst und einige
Defekte mußten ausgebessert werden. Darauf entstand eine große Begeisterung unter
der Menge und aus vielen Kehlen erscholl der Ruf: »Dank, Dank, o Schech Madbüli, daß
du deine Verehrer schützest und die Maschinen der Ungläubigen zu Schanden werden
lassest !<< Als dann die Spritze in Tätigkeit trat, kühlte sich die Begeisterung merklich
ab, und bald stoben die Gläubigen auseinander. Aber der Heilige hatte doch das Kreuz
von der Kirche heruntergeholt.
Von anderer Seite wird berichtet, daß ani Abend des 30. Oktober ein Arbeiter bei
der Kirche sich eine Zigarette anzündete, daß dabei sein Schattenbild auf das Kirchen-
fenster fiel, daß er dann einenanderen in der Kirche beschäftigten Arbeiter, der Madbüli
hieß, rief, und daß dieser ihm antwortete 'ädinl get; außerdem kann, da die Kirche noch
im Bau ist, auch bis jetzt kein Kreuz auf ihr gewesen sein. Einige betrunkene /lassäsin
sahen den Schatten und hörten den Ruf und die Antwort. Da kam ihre religiöse Phantasie
ilmen zu Hilfe: bald war ihnen die ganze Legende klar und sie sorgten für die Verbreitung,
wie wir gesehen haben, mit Erfolg. Auch an den folgenden Tagen pilgerten viele Gläubige
zu dem Schech, teils in seiner alten, teils in seiner neuen Wohnung.
Obige Darstellung gründet sich auf Berichte in den Ägyptischen Nachrichten vom
I. und 2. November 1912, die mir mein Freund Dr. Meyerhof zusandte. Ein weiterer
Kommentar ist überflüssig. Aber das Ganze ist außerordentlich typisch und instruktiv:
es lehrt uns, i. daß die ältesten Sagenmotive, wie das Fliegen durch die Luft, das Auftreten
•vor dem Herrscher und das Erscheinen im Schatten, sich bis auf den heutigen Tag im
Volksbewußtsein erhalten haben; 2. daß auch heute noch im Islam neue Heiligenlegenden
entstehen, und 3. wie sie entstehen können. E. L i 1 1 m a n n.
Kleine Mitteilungen und Anzeigen. j - -
Einige Bemerkungen und Notizen über die Krymtataren.
Die in Rußland gelegenen Gebiete des Islams pflegen im allgemeinen bei weitem
weniger beachte'^ zu werden, als z. B. die (im weitern Sinn) dem Mittelmeerkreise zu-
gehörenden islamischen Länder. Diese Tatsache erklärt sich einesteils freilich ungezwungen
aus dem kulturell inferioren Kulturniveau der nördlichen Islambekenner, andererseits
aber auch dadurch, daß die Forschung für diese Gebiete sich vorwiegend des Russischen
als Medium bedienet, so daß tatsächlich die Resultate der wissenschaftlichen Arbeit doch
wieder dem westeuropäischen Leserkreis im wesentlichen vorenthalten bleiben. Ledig-
lich aus diesem Grunde — aber nicht um kompetenteren russischen Forschern vorzu-
greifen — möchte ich einige kurze Bemerkungen und Feststellungen in ungezwungener
Weise zusammenstellen, um sie zur Kenntnis unserer deutschen Islamforschung zu bringen.
Leider kann ich natürlich, ohne über die Hilfsmittel einer wissenschaftlichen Biblio-
thek zu verfügen, zunächst nicht feststellen, in wieweit die vorhandenen Monographien
der Krym auch für die Islamforschung speziell von Wert sind; auf jeden Fall wird man
aber gut tun, Sodoffskys Streifzüge durch die Krym (Leipzig-St. Petersburg 191 1) ge-
legentlich zu Rate zu ziehen, da in diesem Werkchen die gesamte Literatur über die taurische
Halbinsel in erschöpfender Weise zusammengestellt ist. Natürlich sind aber, wie schon
bemerkt, die meisten Angaben der Statistik (Bevölkerung, Grundbesitz, Handel usw.)
zunächst ohne eine spezielle Scheidung, nur in den Mitteilungen über das religiöse Be-
kenntnis wird der islamischen Bevölkerung von der Gesamtbevölkerung gesondert Rech-
nung getragen. — Nach den Angaben des Autors soll die Zahl der Islambekenner rund
200000 betragen; sie wäre also, relativ betrachtet, die stärkste der einzelnen millet's der
krymschen Halbinsel; doch ist bei diesem Zensus natürlich auch dem Umstand Rechnung
zu tragen, daß das Verhältnis durch Auswanderung der Moslems, ungleiche (d. h. schwä-
chere) Bevölkerungsvermehrung (gegenüber dem fruchtbaren Russentum) sich leicht in
kurzem zuungunsten des islamischen Elements verschieben kann; ferner besitzt das
Russentum auch in seiner stärkeren Assimilationsfähigkeit (besonders der religionsver-
wandten Griechen, Bulgaren) eine Werbekraft, die das mohammedanische Element für
die Zukunft in Nachteil setzen kann. Freilich ist demgegenüber trotz des doppelten Vor-
teils, über den das Russentum verfügt: Höhere Zivilisation und stärkere (z. T. auch durch
Kolonisation begünstigte) Bevölkerungszunahme an eine Aufsaugung des moslemischen
Elements weder im Augenblick noch überhaupt in absehbarer Zeit zu denken; wird es
auch in den Städten (besonders den neu aufblühenden Badeorten) allmählich in den
Hintergrund bzw. in der sozialen Schichtung nach abwärts gedrängt, so wurzelt es doch
zu stark auf dem' Lande, um so leicht eine Beute des Russentums zu werden; die »kom-
pakte Majorität«, die das Tatarentum auf dem Dorfe und im Gebirge bildet, sowie der Islam
schützen es aufsnachdrücklichste gegen den in den Städten unleugbar vorhandene äußer-
liche Russifizierung. Eine solche tritt zunächst dadurch in Erscheinung, daß der Krymtatare
anfängt, doppelsprachig zu werden; daneben hat er aber auch angefangen, die russische
Kultur — und nicht zum wenigsten ihre Schattenseiten, wie das »Wodkatrinken« — sich
zu eigen zu machen. Andererseits wird die Lage der Tataren dem Russentum gegenüber
außerdem noch dadurch in ungünstigem Sinne beeinflußt, daß die Krymtataren (im Gegen-
satze zu ihren Stammgenossen im Kaukasus) keine Alilitärtreiheit genießen; ihre Stellung
würde also natürlich in einem (ja stets möglichen) Krieg zwischen Rußland und der Türkei
zweifellos schwierig und zweideutig, da sie sich den aus ihrer Stellung als russische Staats-
bürger resultierenden Pflichten doch in keiner Weise entziehen können ').
') Freilich mögen sie wohl in einem solchen Falle statt vor die Front zum Garnison-
dienst im Innern des Landes abkommandiert werden, wodurch das Peinliche ihrer Stellung
j c5 Kleine Mitteilungen und Anzeigen.
Als ihren geistigen Mittelpunkt, wie Sodoffskv sich ausdrückt, betrachten die
Tataren Bachschi- Saraj, ein sehr romantisch und pittoresk gelegenes, im Innern jedoch
recht orientalisch-schmutziges Türkennest von etwa 10—15 000 Einwohnern. Der historisch
berühmte Ort ist dadurch ganz unbedeutend geworden, daß die Regierung das nahe Sim-
feropol (tat. Ak-mecet) heute zum Regierungssitz gewählt hat; doch befinden sich in
Bachschi-Seraj verschiedene M e d r e s e n , die in erster Linie für den Unterricht
der krymschen Tataren in Betracht kommen; für eine weitere Ausbildung würde aller-
dings schließlich doch ein Aufenthalt in Stambul vonnöten sein. Außerdem besteht eine
Druckerei '), die eine Tageszeitung {Tergümän) als Orga;i der Interessen der moslemischen
Bevölkerung erscheinen läßt. Die außerdem in ihrer Druckerei erscheinenden tatarischen
Drucke sind an Qualität, Quantität und äußerer Ausstattung höchst unbedeu-
tend; außer einigen wenigen speziell für Schulzwecke hergestellten Elementarwerkchen
ist buchstäblich nichts zu finden; für weitere literarische Bedürfnisse (soweit und wenn
solche überhaupt vorhanden sind !) muß Stambul und Cairo aushelfen. Auch das hand-
schriftlich vorhandene Material scheint über alle Maßen dürftig und unbedeutend zu sein.
Leider hatte ich den Bibliothekar der Chan-Sera) Moschee nicht antreffen können; eine
jedoch mir vorgelegte (in Bleistift ausgeführte !) Liste erweckte den Eindruck, daß außer
einigen ganz und gar belanglosen \Yerkchen über fiqh, tafsir usw. überhaupt absolut gar
nichts anzufinden ist. Daneben scheinen noch einige historische Bände vorhanden zu
sein, von denen ich mir einige Notizen in Eile zusammenstellte: [v^:^./«^ V-jLcXj! \0\^
^.,L:> ^\/ ^ lÜX ^ ^.,lr> ^\/ - auf dem Vorsatzblatt: ^\ill o^_^^
^) xLJU" ^ii ^ -^ ,-^ J^^ — Unterschrift: \\Kf.]\ die eigentliche Biblio-
thek scheint im Laufe der Zeit offenbar verschleudert worden zu sein; vielleicht ist auch
ein Teil ihres Bestandes durch die Russen nach Petersburg verschleppt worden 3).
Nach alledem erhellt, daß die Bedeutung Bachschi Seraj's als »Zentrum der neueren
Kulturbestrebungen der Krymtataren« (Sodoffsky) für unsere Begriffe doch eine recht
bescheidene ist. Sollte überhaupt je eine ernsthafte Kulturbewegung unter den Tataren
zu erwarten sein, so dürfte eine solche auch sicher eher vom Kaukasus (Tiflis) oder den
Wolgagebieten (Kasan) aus zu erwarten sein; aber auch in diesen Gebieten würde eme
literarische oder wissenschaftliche Bewegung sehr schwer neben und gegen das über-
mächtige Russentum sieb durchsetzen können; ja, es dürfte schon viel sein, wenn das
Tatarentum oder, allgemeiner gesprochen das moslemische Element überhaupt, d. h. rein
defensiv, seine wirtschaftlich-soziale Stellung ungeschmälert behaupten kann. — Im
übrigen aber möchte ich die Hoffnung aussprechen, daß nach diesen nur flüchtig hin-
geworfenen Notizen und Bemerkungen einmal von kompetenter Seite in nichtrussischer
Sprache eine Zusammenfassung all der Elemente, die den Islam in Rußland ausmachen,
versucht würde, um ihn, in Ergänzung der älteren Arbeiten V.\mbery's u. a., nach dem
etwas gemildert würde. Im übrigen ist freilich zu bemerken, daß die Mohammedaner
trotz Scheriat auch aus freiem Willen sich doch immer gegenseitig befehdet haben, und
daß andererseits auch wieder die Stellung der Tataren nicht ungünstiger ist als z. B. die
der russischen (Ostseeprovinz) Deutschen in einem eventuellen Zusammenstoß Rußland-
Deutschlands.
0 Eine zweite soll in Karasubasar (Schwarzwasser-Markt) existieren.
"-) Was allerdings mit dem Vorhergehenden in keiner Weise zusammenzupassen
scheint.
3) Wahrscheinlich werden russische Gelehrte, z. B. Smirnow, darüber Bescheid zu
geben v\?issen.
Kleine Mitteilungen und Anzeigen. ^ jzy
heutigen Stand der Dinge darzustellen und daraus did Prognose seiner Zukunft aufzu-
stellen; freilich würde die Lösung dieses Problems sich im wesentlichen um die eine, aber
desto wichtigere Frage drehen, inwieweit der russische Islam fähig ist, einen Anschluß
oder doch einen Kompromiß mit der europäischen Kultur einzugehen; denn in einem
Kampf gegen sie dürfte ein negatives Resultat kaum zweifelhaft sein.
0. R e s c h e r.
Einige nachträgliche Bemerkungen zur Zahl 40 im Arabischen,
Türkischen und Persischen.
Leider hatte ich seinerzeit, als ich in der ZDMG. 65/517 meine Notizen zusammen-
stellte, von den türldschen Sprichwörtern nur die (\Vien 1865 gedruckten) Osmanischen
Sprichwörter im Originaltext vergleichen können, da S i n ä s i im Buchhandel fast ver-
griffen und die (Stambul 128S anonym gedruckten '^) atalär sözü wohl überhaupt gar nicht
mehr erhältlich sind. Von diesen beiden Sammlungen möchte ich nun noch einiges als
Ergänzung und Öeleg zu Decourdemanche's iooi proverbes hircs (die nicht immer ganz
richtig wiedergegeben sind) im Originaltext zitieren : I. S i n ä s i (2865) • .is
(Vs^t -J Xj3»0 (»Auf 40 Kamele ein Esel«); 2866: tD, «J j ,.,i^*-^^-aw ■•^ J5 (»Aus
40 Spatzen eme Pastete« — vgl. dazu Weissbach: Irak-Arabisch 11172 und mein Zitat
ZDMG. 65/520); 2867 ^.jJO_b , JöJ^^ .J.^^:i^ -J , ^JLä£ ^^.s. :i, .ä (»Der Ver-
stand von 40 Negern füllt noch nicht einmal einen Feigenkern« — vgl. ZDMG. ibd.
pag. 519 Note 2 und Isla})! III-179 Note 4; vgl. dazu auch atalär sözü, wo man pag. 130
paen. ein d e u ti g liest: ^Jl , JLäc -#L>uw ,'», -i); 2868: \i ,.,X«,! .J »O, ^j ► .ä
(J,_j.aw.jLj (»Was soll ein Löwe gegen 40 Wölfe machen ?« — im Sinne von: Viele Hunde
sind des Hasen Tod); 2869 jL.^'S tJiX.h }>^^kj^^jS' j_j.i • .ä (zitiert ZDMG. pag. 519
aus Merx Nr. 231); 2870: ;.^j^ ^j^ »S\^\ ^Jkkz j^.,J^ä.'j (»Wer mit 40 Jahren
nicht vernünftig geworden ist, dem ist nicht mehr zu helfen« - — vgl. unser »Schwaben-
alter «und den Vers Suhaim s^) in Ibn Ja'i s pag. 613: _^ iljt-iXjl i5,Jsj!3Lo»^
•6^ j.^-otjAM Cs.^^ O: »L^ Jö • . . . und ähnlich bemerkt auch ez-Zamahsari
in seinen Maqdmät (Cairo 1325 pag. 31):^ J<wÜ^^ '^i>.iJb JvJis J^i Jo>S \JsS> Lj
^i ^AXi.^M iLfJ^ \L>'Jds> (d. h. nun heißt es, nachdem man ins gesetzte Alter ge-
kommen ist (i. e. die Vierzig überschritten hat), vernünftig und verständig sein); 3) 2871 :
jjSLij- 8jsJ»L^L>jä ..Lj^LüLj »:L<w 8.XÄi-S (»Wer mit 40 Jahren musizieren lernt,
spielt am jüngsten Tage auf« — vgl. dagegen Osm. Sprchiu. Nr. 257: »Wer mit 80 Jahren«
usw.); 2872: jj.J^ O^ ^yl.X.iii eNÄj.Iaj ,0j-o 'ij .5 (»40 Jahre ist's schon her,
daß er des Patriarchen Esel füttert« [eigentlich: weiden läßt] — sc. ohne noch bis
jetzt etwas dafür zum Entgelt bekommen zu haben); 2873: .,^S! ^^^>-»! sjJLu ,V, -S
(»Jemand, der nach 40 Jahren Rache nimmt« vgl. 519; von Mohammed b. Cheneb zur
Charakeristik der Beduinen zitiert — vgl. auch alalär sözü (pag. 231) ^LäJoi sjJLu V J£
' ' ■■■■ <^'^
') Autor ist W e f i q P a § ä.
*) Cfr. Bacher, Nizämi p. 13 Note i.
3) Ähnlich ibd. 139/2.
I cg ^ Kleine Mitteilungen und Anzeigen.
^ci.«».jO *>Jt yAJ xi ,.,'^i »Jemand, der nach 40 Jahren Rache nimmt und sagt: Wie
habe ich mich (dabei) beeilt«); 2874: .JyJxJb'^^ ^J:•,_^^ kS}^ — -^ '**-^'*^ r*)-^
(pag. 520 — ein Ausspruch Nasr ed-din liogäs); 2875:^ ^.jJüÜJ^l i*)*^ »-^ f^J'*
JOs.j , ^i^,! (j*5-i> ,M_ji^ (»Besser ein Tag als Hahn, denn 40 Jahre als Henne«);
2876: ,^^^;^3i .yU ^Jviä-! ,i;.4J^i i) .,1,5 Jyjj , • ,» (ein fatalistischer Spruch: »40
Jahre hauste die Seuche und (oder: doch nur ?) wem's bestimmt war (wörtlich : dessen
letzte Stunde kommen sollte) mußte ihr crUegen«); 2877: ,J »>>wwiiLj / iii-o V .'s
^.y>£.jh ,.jv^;^L/ii.5>i ^^i »JsJsJi /iJo^i , ^»Ji>J>- silij^ji' *~>^^ (Auf
jemand, der keine »Chancen« hat: »Nachdem wir einmal in 40 Jahren eine Spitz-
büberei zur Nacht aushecken wollten, mußte gerade in ihr der (Voll-)Mond aufgehen«);
287S: .U| iMj.^ -J ( ^J^-l^ '•, -* (»In 40 Jahren kommt schon einmal ein Tag« [wo du
mich nötig hast oder ich es dir heimzahlen kann]); 2879: .J .LX-?LÄi , ^Ji-o 'i .1
JSüJ^ i^^jS' (»Nach 40 Jahren Sünde ein Tag Reue«) »); 2880: /^|^^ ^J*
S ^Lj ^jj-^^i (jH*"^ (»Kann man nach 40 Jahren Kam (ein türkischer Name — d. h.
Moslem) zum Janni (d. h. Griechen, Christen) werden r) — Vgl. dazu noch aus ataldr sözii
(pag. 130-131): ^JJ^J l5^l5^^ O^J^"^ 'J^ 'y ^^''^ Wortspiel: »Indem er
q{yyq, q(yyq [anscheinend also qyrq (=40), es nandelt sich hier um das Gurgeln des Er-
trinkenden] sagte, hat er auch noch elli [d. h. 50 — in diesem Falle wohl, anklingend an
ölüm = Tod] gefunden«); . «.x^J. «J (C^X^ii.L'J ^^ s.JLä.s (»Er hat sich wohl den
»Vierzigern« [einer mit Unsichtbarkeit begnadeten Heiligengruppe] angeschlossen, daß
man ihn (gar) nicht (mehr) zu Gesicht bekommt« ■ — im Gespräch von jemand, der
längere Zeit einem aus den Augen gekommen ist); i*..> J »w«,x *»*«.iLj ._j-«>e.Lj ^}~^j • J
(vgl. ZDMG. pag. 519; zitiert in Merx Nr. 233; dem Sinn nach gegen unser: gutta
cavat lapidem); ^i^JlXj aJ^i (j;JiJLj^ ■.j^ _j »wXJLo 'i^.s (»In 40 Jahren hat
er nur ein Wort geäußert und auch das war ein Irrtum«). —
Soweit die Sprichwörter; nebenbei findet sich die Zahl überaus häufig in den türki-
schen Volksmärchen, Abenteurerromanen usw. Es genügt das Sachregister zu KuNOS
Türkischen Volksmärchen aus Stambul nachzuschlagen oder den türkischen Volksroman
Sajjid Batthal (übersetzt von Ethe) durchzublättern, wo uns die Zahl 40 (nebst ihren
Ableitungen) auf Schritt und Tritt begegnet; so die einfache Zahl im Teil I auf pag. 61, 64.
66, 74, 86/87, 90, 95, 100 und III, sowie II/9S usw.; die verzehnfachte Zahl in Teil I auf
pag. 84, 127 usw., die verhundert- und vertausendfachte auf pag. 31, 34 (Teil I) und 11/88
usw usw.. — Außerdem kann man auch in der Türk. Bibl. weitere Parallelen dazu auf-
finden; so V/33 (jOva-j/j^^^O ^jJ 1»^^ if^^ ( "t^^ i*)J^ Cf^)' V/95 (40 Mädchen
im Zaubergarten), V/99 (4° Maultiere mit ebensovielen Goldlasten); V/107 (der im Bade
verwandelte Padischah, der 40 Oka Kehricht auf seinen Rücken nehmen muß); V-5 ff.
(in der einleitenden Räubergeschichte); IV/42 Anm. 6 (die 40 [strengsten] Wintertagc
[als Gegenstück zu den 40 Hundstagen — vgl. ZDMG. 65/519). 3)
Fürs Persische vgl. man die Skizze Horns: Zahlen im Sdhiäme, wo diese Zahl
auf pag. 100 besprochen wird.
Fürs Arabische möchte ich noch auf folgende Stelleri verweisen: A. Bel (La
Population miisulmane de Tlemcen S.-A. pag. 22 Mitte: C'est le quarantieme jour apres
1) Samy Bej schreibt .-^-f^ (epidemie etc.).
2) Ich weiß nicht, soll der Sinn positiv oder negativ sein; wahrscheinUch das erstcre.
3) Vergl. auch noch Nasreddin (übers, von MÜLi.ENDORF-Reclam 2735) im Anhang
(Anekdoten von Buadem) Ni'o 47 und 77.
Kleine Mitteilungen und Anzeigen. I rg
l'enterrement qua l'on place sur la tombe les deux pierres funeraires. .... woraus die Be-
deutung der Zahl bei Totenbräuchen erhellt; weiter sei für das Vorkommnis der
Zahl in religiösen Anschauungen auf die Beschreibung des muselmanischen
Antichrist, des Daggäl verwiesen, der auf einem Maultier, dessen Schultern und Ohren
40 Ellen Abstand haben, in 40 Tagen die Erde durchziehen soll (vgl. Rüling, Beiträge
zur Eschatolegie des Islam pag. 45) und ebenso wird die Zahl auch (vgl. ZDMG. 65/51 8
Note 4) mit dem Mahdi-Glauben in Verbindung gebracht (Rüling pag. 49). i)
Für die Überlieferung der Sendung des Propheten im 40. Jahre vgl. man außer der
aus Ibn Hisäm (vgl. ZDMG. 65/518 Note 2) zitierten Stelle auch die Hamäsa (Bülaq)
II/50/3 und Bokhäri (Houdas) III/25 Mitte und 45 oben; ferner sei die Stelle aus Ibn
Hisäm noch erwähnt (Weil 11/203), wo f"'" einen nicht absichtlichen Totschlag 100 Kamele,
wovon 40 trächtige, (als Sühne) fixiert werden. Für die Tradition vgl. man auch den
Mostatraf (7. Tradition des letzten Kapitels — ■ vgl. Rat II/802), wo es heißt: Wer morgens
10 Gebete für mich spricht, dem werden die Sünden von 40 Jahren getilgt (d. h. ver-
geben) und die Trad. Variante in SojGti's Maqämen (Stambul 1298) pag. S4/13.
Außer den ZDMG. 65/519 Z. 16 und 18 — 25 zitierten Sprichwörtern, die sich auch
Freytag, proverbia III/1114 bzw. 1039 finden, vgl. man auch Freytag Nr. 270: Wer
seinen Freund um 40 (von ihm begangener Fehler) willen verkauft (d. h. aufgibt), ver-
kauft ihn billig; auch in Na'fnn Soqair (Cairo 1324) finden sich Belege zur Zahl 40; vgl.
(3iL3Jl O.S> Nr. 4 pag. 24 und ,-yAJiii v_5.;> Nr. 5 pag. 31. — Dazu mag man noch zur
Zahl 44 die Bemerkung und den Vers bei Burkhardt (Arab. Sprchw. deutsch Weimar
1834) von Nr. 274 heranziehen.
Selbstverständlich sind die angeführten Stellen »cum grano salis« zu verstehen.
Mag aber die Zahl 40 auch nicht gerade in jedem einzelnen Fall in ihrer Bedeutung be-
wußt gefühlt werden, so kann es andererseits doch nach all den angeführten Beispielen
kaum mehr bezweifelt werden, daß die Zahl in der Psychologie der Orientalen einen typi-
schen Wert repräsentiert; so erklärte sie mir auch ein Türke, sie habe einfach die allgemein-
typische Bedeutung einer ungewissen zeitlichen Frist und sei andererseits als Ausdruck
einer nicht näher bestimmbaren Masse, Anzahl usw. zu verstehen: äJjü) ^-^ KjLo . —
Und ähnliche Stellen ließen sich als Parallelen ja schließlich auch aus der europäischen
Literatur zitieren: »Auf günstigerem Terrain schlug' ich gar leicht — wohl ihrer vierzig..
(Coriolan im 3. Akt); sodann die Stelle in der 4. Novelle des 8. Tages im Decamerone, wo
es (in einer alten französischen Übersetzung vom Jahre 1801 — Paris) am Schlüsse heißt:
Le prelat lui fit pleurer (d. ih. dem sündigen Abbe) sa faute pendant 40 jours; oder die
Stelle in dem kleinrussischen Phantasiestück Gogol's, der Zauberer, wo dieser sein Gut
den Mönchen zu hinterlassen verspricht, damit diese 40 Tage und 40 Nächte für ihn
Totenmesse lesen sollen . . . usw. — Zitate, die sich leicht um ein Vielfaches vermehren
ließen; doch mag es damit billig mit der »Zahl 40« sein Bewenden haben.
0. R c s c h e r.
Zum Titel und zur Abfassung von Ghazäli's Ihja.
Daß Ghazäli bei der Abfassung seines Hauptwerkes an einen höheren Beruf glaubte,
läßt sich mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit schon aus der Einleitung zur ///ja so-
wie aus etlichen anderen von geradezu prophetischem Pathos getragenen Stellen dieses
Werkes entnehmen. Nahezu zur Gewißheit erhoben wird m. E. diese Annahme durch
eine Stelle im Munqid, die, soviel ich sehe, noch nicht in diesem Zusammenhange
verwertet worden ist. Über die Aufforderung des Sultans, einen Lehrstuhl in Nisäbür
') Vergl. ferner af.ch es-SiblVs Dschinncnbuch pag. 9,10; 10/4 etc.
j^Q Kleine Mitteilungen und Anzeigen.
anzunehmen, sagt er nämlich daselbst (ed. Kairo 1309, S. 31): »Ich ging darüber eine
Reihe von innerlichen und erleuchteten Männern um ihren Rat an. Sie rieten mir ein-
stimmig, das zurückgezogene Leben aufzugeben und aus meiner Klause herauszugehen.
Dazu kam, daß fromme Leute mehrmals nacheinander Träume hatten, worin ihnen ge-
offenbart wurde, daß dies eine von Gott beschlossene Sache sei, die den verheißungs-
vollen Anfang des folgenden Jahrhunderts bedeute. Hat doch Gott versprochen, bei
Beginn eines jeden Jahrhunderts seine Religion neu zu beleben {»J.J^ i^.>J>l).«
Man kann doch wohl kaum den Gedanken von der Hand weisen, daß zwischen
der so formulierten Aufgabe des »Erneuerers« und dem Titel seines Hauptwerkes ein
innerer Zusammenhang besteht, um so weniger, als der verheißene Erneuerer sonst nicht
als mn/ijT, sondern als vmgaddid bezeichnet wird'). Darnach wäre also Ghazäli nicht
nur der von der Gemeinde nachträglich einstimmig anerkannte fünfte Mugaddid,
sondern er selbst schon hätte sein Werk aus dem Bewußtsein heraus ge-
schrieben, dieser von Gott verheißene und gesandte Erneuerer tat-
sächlich zu sein. Auch ein Ghazäli durfte so etwas nicht offen auszusprechen wagen,
aber an jener Stelle hat er doch wohl sein Inneres verraten.
Müssen wir, wenn diese Erwägung richtig ist, daraus die Folgerung ziehen, daß
die Ihjä erst um 500 abgefaßt sei? Ich glaube nicht. Die Biographen Gh azäl i ' s kommen
darin überein, daß er das Werk während seines Einsiedler- und Wanderlebens (4S8— 499)
geschrieben habe, wenn auch dereine, Ibn'Asäkir (bei Subki, Tabaqrä al-SäfiHjja
IV, 105) Bagdad, 'Ab d al - Ghäf ir hingegen (ebenda IV, 108) Syrien bzw. Damaskus
als Ort der Abfassung nennt. Diese würde mithin auch so in das letzte Jahrzehnt des
fünften Jahrhunderts fallen, wo man recht wohl bereits nach dem fünften Erneuerer aus-
schauen und der geeignete Mann sich als solcher berufen fühlen konnte. Übrigens
brauchen wir vielleicht gar nicht anzunehmen, daß er die Vorrede der Ihjä, wenn sie
auch den Plan des ganzen Werkes enthält, wirklich zuerst geschrieben hat. Es ist recht
wohl möglich, daß er einzelne Abschnitte schon früher ausgearbeitet (vielleicht kommen
Damaskus und Bagdad dafür in Betracht) und sie in das erst nachträglich von ihm
aufgestellte Schema von vierTeilen mit je zehn Unterabteilungen eingefügt habe. Von
der in Jerusalem geschriebenen al-risäla al-qudsijja sagt er ja ausdrücklich, daß sie in
sein Werk aufgenommen wurde, wo sie jetzt den dritten Abschnitt des zweiten
Buches bildet. H. Bauer.
Gema'at Abu Gerid.
Durch die Güte Herrn Geh. Rat Stuhlmann's ist es möglich, aus den Tagebüchern
Emin Pascha's, deren Veröffentlichung vorbereitet wird, an dieser Stelle folgende
interessante Notiz mitzuteilen. Unter dem 4. Oktober 1881 2) heißt es unter anderm:
»Schon vor ziemlich langer Zeit hatte ich von ganz eigenen Gebräuchen, einer
eigenen Religionssekte (Djemaat Abu Djerid) und ganz sonderbaren arabischen Ausdrücken,
von den Arabern am blauen Nil gebraucht, gehört: heut gelang es mir die Namen der
Monate zu eruieren, die ich hier mit den currenten arabischen Äquivalenten genau
transkribiert gebe :
I) Das betreffende Hadlt lautet bei Murtadä, It/iäf al-säda al-muttaqin 1, 26
nach Abu Dä'üd und anderen von Abu Huraira:
-) Geschrieben während des Aufenthaltes in Biti ; vgl. Pct. Mitt. 29. Band VII (1883).
Kleine Mitteilungen und Anzeigen. j5i
Schevval: El-fitr el-evvel.
Zilkaade: El-fitr et-täni.
Zilhidje: Edt'^ahie^) el-evvele.
Muharrem: Ed-dahie et-tänie.
Ssefer: el-Vahld. '
Rebbi evvel : 4 , , , ,
I et-telate
Rebbi ul achir ■ '
D j u m a d achir: ssaik e
keramat.
Redjeb: Redjeb
Schaaban: El-Kussair.
Ramadan: El maalüm .«
T-, . j , ■, \ keramat
Djumad e vv ei: J
— Ich möchte fragen, ob über die genannte »Sekte« sonst irgend etwas bekannt
ist. Was die Namen der Monate anlangt, so sind es in der Hauptsache die von
den Tschadseearabern gebrauchten (Rev. Afr. LVI, 370). Merkwürdig scheinen
»el-Wahid« and »el-Kussair«. Mit ersterem wurde der Safar vielleicht als ein-
zelner zwischen größeren Gruppen stehender Monat bezeichnet; der andere Ausdruck
ist wohl = .-oi^äi! und könnte sich möglicherweise darauf beziehen, daß der Sa'bän
mit seinen nur 29 Tagen zwischen dem Ragab und dem Ramadan mit je 30 steht.
»Ssaik el-keramat«] ließe sich als »haftend an den Kerämät-Monaten« (von 1^5 L^a)
erklären, doch ist dies eine ziemlich seltene Wurzel; Prof. Beck£r liest scViq el-ke7-ä-
mät von ]/ '• ««w (der die K.-Monate vor sich hertreibt). Derselbe verweist auch zum
Sauwäl als dem Monat, der hier das Jahr beginnt, auf die Benennungen der ersten 10
Monate bei den Suaheli, die ebenfalls von jenem ausgehen. Dort sagt man »Mfunguo
mosi, Mf. pili, Mf. tatu« usw. = erster Fastenbrecher (Sauwäl), zweiter Y. (Dü'1-Qa'da),
dritter F. (Dü'I-Higga) etc. Sonst ließe sich noch zu einigen Bezeichnungen vergleichen:
Snouck-Hurgronje, The Achehnesc I, 194 f.; Türk. Bibliothek XIII, S. 106 (Anhang);
Raquette, Eastern Turki Grammar MSOS XV, IVestasiaf. Sind. S. 179, sowie die
Ausführungen Th. Menzels auf S. 126 dieses Heftes.
E. Graefe.
Sagarat al-'Abbäs.
Bei Bearbeitung des Artikels »Dendera« für die En:.yklopädic des Islai/t stieß ich
in der Literatur an zwei Stellen auf den Vermerk, daß an dem genannten Orte das
Wunder des /wLAxit Js.ii*' zu sehen gewesen sei. So heißt es bei Maqrizi, Ililat
I, S. 233: »Dort befand sich auch der unter dem Namen sagarat al-'-abbäs bekannte
Baum. Er war von mittlerer Größe und seine Blätter grün und rund. Sprach man bei
ihm die Worte aus: Yä sagarata ''l-'-Abhäs gä^aka''l-fäs (O'Abbäs-Baum, zu dir ist die
Axt gekommen), so schlössen sich seine Blätter zusammen, und er war traurig diese
Zeit. Danach nahm er wieder sein früheres Aussehen an.« Eine ganz ähnliche Ge-
schichte findet sich bei Ibn Duqmäq, Kitäb al-ifttisär V, 31 f. Als ich mich nun
an Herrn Prof. Schweinfurtii deshalb um Auskunft wandte, erhielt ich von ihm in lie-
benswürdigster Weise die folgenden Mitteilungen: »Der von Makrisi erwähnte Strauch
(Baum, Strauch und Gestrüpp, ja sogar auch Kraut sind ja im Arab. alle mit dem Aus-
druck .i^ bezeichnet) ist höchst wahrscheinlich nicht schegeret-erAbbäs, sondern
schegeret-el-Habbäss ! ! Habbäss ist der im arabisierten Sudan und in Oberägypten (heute
wächst die Pfl. nur noch bei Kom-Ombo, bei Assuan etc.) gebräuchliche Name
für Mimosa asperata W. ( = M. Habbas Del.), ein am Flußufer wachsender, stark be-
dornter Strauch, der in hohem Grade an seinen Blättern die Sensibilität der Mimosa
pudica verrät, die wir in den botanischen Gärten bewundern können Heute
ist die Mimosa asperata bei Dendera nicht mehr zu finden, jedenfalls auch nicht weiter
0 '^
Islam. IV. ' '
j^2 Kleine Mitteilungen und Anzeigen.
stromabwärts, aber im nubischen Niltal und im Ost-Sudan sehr verbreitet.« — Diese
Deutung (j*l->c- = , wwL.=> ') trifft gewiß das Richtige; hinsichtlich der Verschiedenheit
der Anfangskonsonanten bei beiden Wörtern ist vielleicht die Annahme erlaubt, daß
der ursprüngliche Name {habbäs) von dem bekannteren {^abbäs) volksetymologisch oder
durch schlechte Überlieferung verdrängt worden ist. In der Literatur und in den
Wörterbüchern habe ich sonst nichts zur Aufklärung finden können, auch Herrn Prof.
RuSKA sind, wie er mir gütigst mitteilte, sonstige Erwähnungen des Strauches nicht be-
kannt. Erwähnt möge noch werden, daß einige Araber von der ägyptischen Truppe,
die sich im Sommer 1912 hier aufhielt, mir sofort, als ich mit ihnen über die Sache
sprach, erklärten: »Das ist cs-sitt el-viibtisiye (die sich schämende Frau).« Nach den
Angaben des hiesigen Lektors, Zed Efendi, bezeichnet man so aber den libläb (Dolichos
Lablab L. hortensis Sf.)»); r\achzuweisen ist der Ausdruck sonst nicht. — Jedenfalls ist
oben wiedergegebene Erzählung auch ein ganz interessanter Beleg für die volkstümliche
Ausschmückung einer merkwürdigen Erscheinung in der Pflanzenwelt.
E. Gr aefe.
Wem verdankt man die erste Darstellung des Weingeists?
Der Umstand, daß wir den »Weingeist« mit dem arabischen Wort »Alkohol« be-
zeichnen, hat sicherlich mehr als irgendeine andere Tatsache zur Verbreitung der Ansicht
beigetragen, daß die Destillation des Weingeists eine arabische Erfindung sei. Das Wort
erscheint so untrennbar von dem Begriff, daß man selbst bei Historikern der Chemie einem
komischen Erstaunen begegnet, wenn sie feststellen müssen, daß es »früher« eine ganz
andere Bedeutung hatte, sofern man damit (Berthelot nach der Apotheker-Zeitung 1892
Nr. 43, zitiert in Kobert's Hist. Studien III S. 366) »nicht nur unsern Alkohol, sondern
auch pul verförmiges Schwefelantimon, welches man zum Schwärzen
der Augenlider verwandte«, bezeichnete, oder (E. v. Meyer, Gesch. d. Chemie, 1905 S. 89)
die Bezeichnung Alkohol »seltsamerweise« für einen fein zerteilten Körper sowie für
verschiedene Substanzen, z. B. Schwefelantimon, Essig usw., gebrauchte. Tatsächlich
hat das Wort Jo^jCJi im Arabischen nie etwas anderes bedeutet als die schwarze Augen-
schminke aus fein zerteiltem Schwefelantimon bzw. Bleiglanz. Die Übertragung des
Worts auf den Weingeist ist eine gelehrte Schöpfung des 16. Jahrhunderts (Paracelsus,
LiBAVius), die nicht anders zu beurteilen ist, als wenn wir heute chemischen oder phar-
mazeutischen Produkten griechische Namen beilegen; und es ist eine Irreführung, wenn
es in dem eben angeführten Aufsatz von Berthelot heißt, daß Arnaud de Ville-
n e u V e der erste dem Namen nach bekannte Autor gewesen sei, der von »Alkohol« (im
Sinne von Weingeist) sprach.
Eine ganz andere Frage ist aber die, wann und von wem die Destillation des Wein-
geists wirklich zuerst ausgeführt wurde. Die Kenntnis des Weingeists läßt sich bis ins
13. Jahrhundert, so bei dem bereits genannten Arnaldus de Villanova und
bei Albertus Magnus mit Bestimmtheit nachweisen. Haben aber diese Autoren
ihr Wissen aus arabischen oder aus andern Quellen ? Ist die Destillation des Weingeists
eine Erfindung islamischer oder christlicher Alchemisten ? Dies ist der strittige Punkt
der Frage. Sie ist neuerdings durch zwei auf dem Gebiet der Geschichte der Naturwissen-
') S. jetzt auch G. Schvveinfurth, Algerische Pßanzennameti aus Ägypten, Algerien
und Jemen. (Berlin 19 12) S. 63=1 (unten).
*) vgl. Schweinfurth, a. a. O. S. 69*.
Kleine Mitteilungen und Anzeigen. j^-.
Schäften hochverdiente Gelehrte wieder in Fluß gebrächt worden; Herrn Privatdozent
Dr. Elze in Heidelberg verdanken wir den Hinweis auf die Literatur. H. Schelenz ver-
tritt in der Schrift Zur Geschichte der pharmazeutisch-chemischen Destilliergeräte (191 1) die An-
sicht, daß schon Abu MüsäDschäbir im S.Jahrhundert mittels besonderer Destillierappa-
rate ein von ihm zuerst Lebenswasser genanntes, belebend auf den Organismus des Trinkers
wirkendes Destillat aus Weißwein dargestellt habe. Ebenso habe R h a z e s zweifellos
'Araq al-khamr as-sakar, Arrak »durch Gährung aus Zucker«, gekannt, der »nur in schon
recht vollendeten Geräten destilliert werden konnte«. Ihm tritt in einem Vortrag Zur
Geschichte des Alkohols und seines Namens (Z. /. angeu: Chemie 1912, Heft 40, S. 2061 ff.)
E. O. V. Lippmann entgegen, indem er zeigt, daß in der älteren chemisch-pharmazeutischen
Literatur der Perser und Araber nirgends mit Sicherheit die Kenntnis des Weingeists
nachzuweisen ist, die Entdeckung des Alkohols vielmehr aller Wahrscheinhchkeit nach
italienischen Ärzten und Alchemisten verdankt wird. Jedenfalls ist sicher, daß
al-Räzi in seiner Abhandlung »über die Weine« zwar alle möglichen gegorenen und
berauschenden Getränke anführt, aber nichts von destilliertem Weingeist weiß. Noch
Ibnal-Baitär, der den Rhazes bei ^£> und (A>^ zitiert, hat um i2;o seinen
Angaben nichts Wesentliches hinzuzufügen. Sehr einleuchtend ist auch der Hinweis auf
die Tabelle der spezifischen Gewichte bei A 1 - K h ä z i n i (um 11 20). Hätte dieser sorg-
fältige Beobachter den Weingeist gekannt, so hätte er nicht Olivenöl mit 0,915 als die
spezifisch leichteste Flüssigkeit anführen können (E. v. Lippmann, Zur Gesch. des Sac-
charometers und der Senkspindel, Chemikerztg. 1912, Nr. 68, S. 629 ff.). So lange also nicht
beweiskräftigere Belege für das Gegenteil beigebracht werden können, värä man sich
E. V. Lippmann's Ansicht anschUeßen müssen, daß der arabischen Wissen-
schaft der Weingeist nicht bekannt war. Richtigzustellen wäre in dem
Vortrag die Bezeichnung der Kosmographien von D i m i s k i und K a z w i n i als »viel-
bändiger Enzyklopädien« und die Auflösung von Arrak in AI Rak, da »Schweiß« ^arak
also »d e r Schweiß« al-'-arak heißt.
Ist nun aber die Destillation des Weingeists erst eine Erfindung des ausgehenden
Mittelalters, und war sie dem klassischen Altertum fremd, so gehören Schilderungen,
wie wir sie bei Fr. Delitzsch (Handel und Wandel in Altbabylonien, 1910) lesen, in das
Reich der Phantasie. Wenn es a. a. 0. S. 48 in einer Note zu dem Wort »Dattelschnaps«
heißt: »Neben dem Traubenwein hatten die Babylonier eine ganze Reihe berauschender
Getränke, die aus Bergobst oder Honig bereitet und mit Hilfe von allerlei anderen In-
gredienzien, z. B. Sesam, nach Wohlgeruch oder Wohlgeschmack gesteigert wurden. Alle
diese gewöhnlichen Schnäpse und feineren Liköre dienten auch
... als Opfergaben«, oder wenn von dem »Haus einer Schnapshändlerin« die Rede ist,
so hat bei solchen Vorstellungen offenbar das berühmte Lied vom »schwarzen Walfisch
zu Askalon« mit seinem »Baktrerschnaps« Pate gestanden; wobei nicht ohne Interesse
ist, daß dies Wort nach Ausweis des Lahrer Kommersbuchs eine »neuere Lesung« ist, da
V. v. Scheffel ursprünglich »Dattelsaft« geschrieben hat.
Heidelberg. Julius R u s k a.
Noch einmal al-Chutww.
Durch die Untersuchungen E. Wiedemann's, G. Jacob's und W. FvEINhart's in
Band II u. III des »Islam« ist sichergestellt, daß al-Chutww oder Hulii das Rhinozeros-
horn bedeutet. Das Wort selbst scheint nichts anderes zu sein als das von G. J.a.cob an-
geführte gu-du-si (a. a. 0. III, 185) bzw. gu-du. Die Bestätigung der Vermutung wäre
aus einer naheliegenden Quelle, aus K a z w i n i , unmittelbar zu entnehmen gewesen.
n*
164 Kleine Mitteilungen und Anzeigen.
Dieser bemerkt nämlich s. v. Karkaddan, daß, wenn dem Hörn des Nashorns Speisen oder
Getränke genähert werden, in denen sich Gift befindet, dieses die Kraft des Giftes bricht
(Wüstenfeld I, 103).
Ich möchte noch auf eine andere Quelle hinweisen, in der interessante Nachrichten
über das Hörn und seine Verwendung bei den Chinesen erhalten sind, auf M a s ' ü d i.
Im ersten Bande der Murüg al-dahab findet sich S. 3S5 fT. folgende Ausführung über das
Nashorn: »Es hat vorn auf der Stirn ein einziges Hörn. Es ist kleiner als der Elefant, aber
größer als der Büffel und von schwärzlicher Farbe; es käut wieder wie das Rind und andere
Wiederkäuer. Der Elefant flieht vor ihm, und es gibt wohl kein stärkeres Tier als es. Weil
die meisten seiner Knochen ver^'achsen sind, ohne Gelenke an den Beinen, kann es nicht
knien und (liegend) schlafen, sondern lehnt sich zwischen Bäumen und Dickicht beim
Schlafe an. Die Inder essen sein Fleisch, ebenso die Muslime, die im Lande sind, weil es
eine Art der Rinder und Büffel ist im Lande Sind und Hind. Diese Tierart findet sich
in den meisten Waldgegenden Indiens, am zahlreichsten aber im Reiche Rahmä; dort
sind seine Hörner am glänzendsten und schönsten. Sein Hörn ist nämlich weiß, und in
der Mitte ist eine schwarze Figur, entweder die eines Menschen oder die eines Pfaus, mit
der ihm eigentümlichen Zeichnung und Form, oder die des Nashorns selbst oder eines
der Tiere, die in dem Lande vorkommen. Das Hörn wird verkauft; man bringt es als
Schmuck auf Ledergürteln an wie Gold und Silber, und die Könige und Vornehmen Chinas
tragen es; sie legen hohen Wert auf das Tragen und zahlen die höchsten Preise, so daß
der Preis eines Gürtels 2 — 41000 Dinare erreicht. Die Gürtel haben goldene Gürtelschlösser
von größter Schönheit und Vollendung, und bisweilen werden sie mit Hilfe goldener Stifte
(Zwingen? ,-.■ '"':*■) niit allerlei Edelsteinen besetzt. Die erwähnten Figuren sind schwarz
auf weiß, bisweilen wird in den Hörnern aber auch weiße Zeichnung auf schwarzem Grund
gefunden, im übrigen findet man keineswegs in allen Ländern diese Zeichnungen.«
Das weitere — eine Kritik an dem, was a 1 - G ä h i z im Kiläb al-hajawän über das
Tier berichtet — mag auf sich benihen. Dreihundert Jahre später schreibt K a z w I n i :
»Man sagt, daß sich in seinem Hörn eine Verzweigung (Faserung ? i\.*JL.ii) befindet, deren
Krümmung der des Horns entgegengesetzt ist; sie besitzt besondere Kräfte, und das
Zeichen ihrer Güte ist, daß darin die Gestalt eines Reiters sichtbar wird. Diese Verzwei-
gung wird indessen nur im Besitz der Könige von Indien angetroflen. Zu den Kräften
des Horns gehört, daß es jeden Knoten löst; nimmt es jemand, der an Kolik leidet, in die
Hand, so hat er sofort Öffnung; ebenso hilft es, wenn es eine Frau nimmt, die in Wehen
liegt. Gepulvert und getrunken hilft es gegen Epilepsie, als Amulet gegen halbseitige
Lähmung und steifen Hals.« Es fehlt also die ausdrückliche Erwähnung der Anwendung
des Horns zu Räucherungen gegen Hämorrhoidal-Knoten.
Damiri endlich berichtet, daß das Nashorn eine Länge von 100 Ellen und mehr
erreicht und drei Hörncr hat, eins zwischen den Augen und zwei über den Ohren — also
der reine Triceratops. Vom Hörn wird gesagt: »Wenn es der Länge nach zersägt
wird, so ergeben sich allerhand Figuren, weiß auf schwarz, Pfauen, Gazellen, allerhand
Vögel und Bäume und Figuren von Menschen u. dgl. Man benutzt Tafeln davon zum
Bekleiden der Königsthrone und zu Gürteln, die teuer bezahlt werden.« Später bringt
Damiri ohne Nennung der Quelle auch den Bericht des K a z w i n i fast wörtlich, nur
daß er die iöouii auf die Spitze des Horns versetzt (ioJs (wl . g\x-). Als Amulet hilft
das Hörn gegen den bösen Blick und gegen das Straucheln der Pferde, in heißes Wasser
geworfen, macht es dies wieder kalt.
Bei Dimiski (ed. Mehren S. 157) findet sich nur eine Beschreibung des zwei-
hörnigen Nashorns und seiner Feindschaft mit dem Elefanten, aber nichts von den Heil-
kräften des Hornes. Julius Ruska.
Kleine Mitteilungen und Anzeigen. jg--
Al-Husejn b. Mansür al-Halläg.
Unter den Momenten des erfreulichen Fortschrittes, den unsere Islamwissenschaft
aus den jüngsten Jahren verzeichnen kann, darf aii hervorragender Stelle die geschärfte
Einsicht erwähnt werden, die uns in das Wesen und in die Entwicklung des S ü f i s m u s
immer mehr ermöglicht wird. Während wir vor noch nicht langer Zeit auf die » T h e o -
Sophia Persarum pantheistica«, wie sie 1831 Tholuck, der erste wissen-
schaftliche Erforscher dieses historischen Elementes des Islam, bezeichnete, nicht viel mehr
als gleichsam aus der Vogelperspektive blickten und uns auf Grund ihrer Hterarischen Er-
zeugnisse und ihrer praktischen Betätigung eine allerdings nicht unzutreffende Vorstellung
von ihrem Durchschnitt, von den allen ihren Kundgebungen gemeinsamen Motiven
und Tendezen bildeten, wird uns jetzt die Differenzierung des Süfismus, nach seinen ver-
schiedenen Entwicklungsschichten, nach den Wirkungen der Bestrebungen und Lehren
seiner hervorragendsten Meister, die in entscheidenden Zügen der süfischen Begriffswelt
zuweilen untereinander wesentliche Varietäten aufweisen, immer näher gebracht. Auch
auf dem Gebiete des Süfismus können wir jetzt tiefer in die den Anfängen nahe stehende
Literatur blicken, als uns dies der bisher zugängliche Apparat möglich machte.
Namentlich sind es zwei unserer Fachgenossen, denen wir in der Förderung dieses
Fortschritts viel verdanken: der Cambridger Professor Reynold A. Nicholson und der
französische Gelehrte Louis Massignon. Die jüngste Veröffentlichung des letzteren ')
ist die Veranlassung gegenwärtiger Anzeige.
M. hat sich zur Aufgabe gesetzt, die Lehre und Wirkung des zu Bagdad 309/922
unter der Beschuldigung der Blasphemie grausam hingerichteten H a 1 1 ä g auf Grund
der authentischen Daten seiner Selbstbezeugung darzustellen. Während der letzten vier
Jahre hat er in wertvollen Vorstudien einige spezielle Punkte seines umfassenden For-
schungsgegenstandes behandelt. In den Melanges Derenhourg (1909) untersucht er die
nach der Passion des Halläg hervorgerufenen Richtungsverschiedenheiten unter seinen
Anhängern; in Revue de IHistoire des Religions 1911. LXIII 195 — 207 legt er die doketisti-
schen Gesichtspunkte der //allägijja dar und erforscht fernere Anknüpfungen für dieselbe;
die Leser dieser Zeitschrift (III 24S— 257) konnten hier seinen Athener Kongreßvortrag
über Sinn, Tragweite und verschiedene Deutungen des dem Halläg zugeeigneten und so
übel vermerkten Dictum Ana al-hakk kennen lernen. Auch das vorliegende Werk wird
als Vorarbeit für eine demnächst erscheinende Halläg-Monographie vorgelegt. Uns freilich
erscheint sie auch an sich als selbständig abgeschlossene Studie über die Lehren dieses wunder-
baren (die Schüler selbst nannten ihn al-sejkh al-garib) Mannes. Was wir bisher über ihn
wußten, ist außer den betreffenden, nicht eben erschöpfenden Artikeln in den Süfi- Biogra-
phien und den apologetischen Exkursen über sein von der Orthodoxie verfehmtes Ana al-
Iiakk zumeist auf die Nachrichten der Historiker gegründet, die in mehr oder minder ausführ-
licher Weise bei Gelegenheit der Jahresnotierung seiner Hinrichtung einige Allgemeinheiten
über seine Selbstglorifizierung mitteilen und dieselbe im besten Falle mit einigen ihm zu-
geschriebenen mystischen Versen belegen. Solche Gedichtchen scheinen auch in weiten
Kreisen Popularität eriangt zu haben. Als Zeichen dafür können wir die Tatsache erkennen,
daß eins dieser poetischen Stücke, dasselbe, das auch im ArTb ed. de Goeje 106 — 107 von
ihm angeführt wird, in einer GenJzah-Yiznäschnit in hebräischer Transskription
anonym vorhanden ist (JQR. XV 180, vgl. ibid. 52S).
0 Kitdb al- Tawäsin par a 1 - H a 1 1 a j . . . . Texte arabe public pour la premiere
fois d'apres les Manuscrits de Stamboul et de Londres avec la Version 'persane d'al-Baqli,
l'analyse de son commentaire persan, une introduction critique, des notes et trois indices,
par Louis M.\ssignon (Paris, P. Geuthner, 1913) XXIV -f 223 SS. gr. 8».
2^5 Kleine Mitteilungen und Anzeigen.
Zu allererst erhalten wir durch Massignon die Möglichkeit, in ein zusammenhängendes
schriftstellerisches Produkt des Halläg Einblick zu nehmen und daraus einen unmittelbaren
Eindruck von seiner mystischen Lehre zu gewinnen. M. hat mit eiserner Ausdauer alle
Reste aufgesucht, die an Reden, Briefen, mystischen Dichtungen und sonstigen Kund-
gebungen des Halläg in arabischem Original oder in persischer Übersetzung Bakli's
(st. 606/1 209), in dessen Werken sie erst entdeckt werden mußten, mühsam aufzustöbern waren.
Die Mitteilung dieser ReHquien des Corpus Hallägianum hat M. für seine spätere Mono-
graphie zurückgelegt. Den Kern des vorliegenden Bandes bildet die Ausgabe und Erklärung
eines der merkwürdigsten Produkte des H., des Kiiäb al-TawäsTn. (so genannt
nach den an der Spitze dreier Koransuren stehenden, als mystisch betrachteten Buch-
staben Tä-STn), in welchen sich H. in 11 Abschnitten über die zentralen Lehrstücke seiner
mystischen Weltanschauung ausspricht. Außer einer Hschr. des arabischen Originals im Bri-
tish Museum, in der M. das J^awäsln-Buch erkannte, ist es ihm geglückt, in einer Stam-
buler Hschr. der Sathiijät des BaklT ein Kapitel zu entdecken, das eine im Verhältnis zum
arab. Original nicht ganz lückenlose persische Übersetzung und Interpretation dieses
Werkes des Halläg enthält. Um die Ediüon dieser beiden Texte (9 — 79) gruppieren sich
die gründlichen und scharfsinnigen Erörterungen des Verf. Nach seinem Nachweis von
17 Zitaten aus diesem Werke seit dem 4. Jahrh. <1. H., die sich in den von M. bearbeiteten
Texten wiederfinden, kann an der Authentie der auch durch B a k 1 1 kontrollierbaren
Tawästn-Zchnit nicht gezweifelt werden, wenn auch die Annahme gelegenthch durch An-
hänger des H. geschehener kleinerer Einschübe nicht vollends ausgeschlossen ist.
Wir glauben uns keiner Überschätzung schuldig zu machen, wenn wir unserer
Bewunderung dafür Ausdruck geben, was M. in der Erklärung dieses von Rätseln über-
strömendenBuches (»das Zend und Päzend der mit Gnade erfüllten Seele« nennt es Bakli,
S. 107) geleistet, das er durch seine Vertiefung in dieses uferlose Gedankenmeer dem Verständ-
nis näher gebracht hat (125 — 199). Er hatte wohl am persischen Kommentare Bakli's,
den er zur Erklärung benutzt (79 — 108), einige Hilfe; jedoch die verschlungene Exposition
dieses mystischen Erklärers hat nicht weniger Schwierigkeiten zu überwinden gegeben
als che exaltierte Sprache seiner Vorlage selbst, die — wie mir scheint — zuweilen auch
die Grenzen des arabischen Wortvorrats überschreitet, um in jene Ausdrucksart zu ver-
fallen (die Süfis selbst bezeichnen sie als iLo'wj-*«) ')> ^^ jenseits der lexikalischen Iber-
Heferung Hegt. Die Süfl-Tabakät enthalten 'manche Beispiele solcher mysüschen l'n-
sprache (vgl. ZDMG. XXVI 771—775; Nöldeke-Feslschrift 319); auch Halläg, Tawäshi
VI, 32, XI 22 läßt sich zu solcher Glossolalie hinreißen.
Man erwart? nicht, daß wir nach Anleitung M.s hier einen Abriß auch nur
der Grundlehren, zu denen die Schwärmerei Halläg's führte, folgen lassen. Dafür
I) I b n ' A r a b i , Tag aUrasffil (in Maginu'at al-rasä'il, ed. S a b r i a 1 - K u r d i , Kairo
1328) 556, 7 i\uMJ> ÄmoLj.>w v.;>JLä wZJl,L.ii! i5 O^-JJ ^•,^; 564, I X.-0 'wJ^ iy^
i:L^-i>; 626, 5 v.u. 'i^.M*l\ ■^^\ ^^*^Ji. \'g\. K e 1 1 ä n i , Salwat al-anjäs
(Fesi3i6) II 198 s. V. 'Abdal-'Aziz al-Dabbäg; dieser verkehrte mit einem Ahmed b.'Ubejd
\lläh al-Misri Nj N£;.4^.>' Js.jO 1\.>J . j ..«i^J 5 Kxi.^! ^.♦.Xc , c^Xl\ ».$, J'St^ ,.,J
Kleine Mitteilungen und Anzeigen. j57
muß ich auf das Buch selbst verweisen, das jedem, der an der islamischen Mystik
interessiert ist, reichen Ertrag bringt. Halläg leistet die anschaulichste Vergegen-
wärtigung der Synthese zweier scharf gegensätzhcher Anschauungen; einerseits der von
der schroffsten Transzendenz, ja sogar der intellektuellen Unerreichbarkeit der Gottheit
(S. i88. 192), andererseits der von der Infusion ihres Geistes in den menschlichen Geist,
wodurch der Träger des letzteren dazu gelangt, eine Vergegenwärtigung des ersteren zu
werden. Nicht, wie bei gewöhnlichen Süfis, wird durch die Abstreifung der Persönlichkeit
das Aufgehen in die Gottesidee angestrebt; oder wie in der Conjunctio (ittisät) des Ibn
R 0 s d von der Möglichkeit des Eingehens des individuellen Geistes in den \Veltintellekt
gesprochen. Der Fall des Halläg zeigt eben einen umgekehrten Vorgang. Der auf die
höchste Stufe emporgestiegene menschliche Geist nimmt den göttlichen Geist in sich
ein: ein erhöhter Seelenzustand, der den, der ihn erlebt (und Halläg hatte die Sicherlieit
davon in seinem Bewußtsein), zum Ausruf ana al-hakk befähigt. Letzteres; hakk ist
nicht im Sinne des Gottessynonyms (es ist sonst einer der 99 asmä Iiusyiä) gemeint ; M. hat die
Evolution dieses Begriffes S. 174 (und öfters, vgl. Index s. v.) dargestellt. Die Süfis lehnen
ihre verschiedenartigen Theorien über diesen Begriff zumeist an ihre Exegese zu Sure 24
V. 25 an. Daran möctite ich die Xotiz anknüpfen, daß auch in einem ganz trocken gramma-
tischen Texte aus dem 6. Jahrh. d. H. die Bezeichnung Gottes als V «.Ä^^ -i->- anzu-
treffen ist ( A n b ä r i , Kitäb al-insäf fl masä 'il al-chiläf, ed. Gotthold Weil 199, 10).
Dies Einströmen des göttlichen Geistes in den menschlichen, wodurch der begnadete
Mensch »zum Zeugen wird, den Gott erwählt um ihn gegenüber aller übrigen Kreatur zu
vergegenwärtigen« (S. 175), ein Hochgefühl, dem Halläg in den aufs höchste gestimmten
Tönen jubelnder Exaltation in dem am Vorabend seiner Hinrichtung gesprochenen Gebet
(M. teilt es in fünf Versionen mit, S. 201 — 208, mit Übersetzung) Ausdruck gibt, steht für
ihn nicht im Widerspruch mit den äußersten Forderungen des tanzJh. Es wird uns Pro-
fanen schwer, zu begreifen, wie die Ausgleichung dieses Widerspruches, der in verschiedenen
Formeln durch den gesamten SOfismus zieht (vgl. hier III 251), von den Lehrern desselben
verstanden \\ird. Ihr tan2th-'Btgx\ü ist im allgemeinen ein anderer als der der philosophi-
schen Spiritualisten. Wie die Süfis überhaupt stets darauf Gewicht legen, daß ihre Wahr-
heiten nicht Ergebnisse spekulativer Arbeit, sondern intuitiver Selbstvertiefung sind
(vgl. meine Vorlesungen 172 f. und besonders noch die Rubä 'ijjäi des Abu Sa'Td ibn abi-l-
Chejr nr. 291. 36^. Journal of the Asiat. Soc. of Bengal VII 65.;. 663), so ist auch ihr
/aüsJ/i- Begriff von dem der Rationalisten grundsätzlich verschieden. Ich möchte den
Spruch beiM. 187, unten, in diesem Sinne anders deuten als ihn M. versteht: !».PiJ ä,J;X
y
.^X^j)
•• LJ ^ j •• ^ > -^ - •• <j ,
)».J>.a3>.5 *.JLsiJt; nicht »Les mo'tazilah ont pousse le t. jusqu'a retirer ä Dieu
l'intellect — et ils ont peche en cela; les soüfiyah ont pousse le t. jusqu'a retirer ä Dieu la
Science et en cela ils ont vu juste«, sondern: »DieMu'taziliten haben da& ianzTh Gottes aus
Vernunftgründen erschlossen und sind dadurch in die Irre geraten; die .Süfis haben das
tamJh Gottes aus (intuitivem) Wissen ('//;» die höchste Wissenschaft, höher als ma'rifa,
S. 194) erkannt und haben dadurch das Richtige getroffen«. Die Stufen im Vordringen
zur höchsten Erkenntnis sowie andere mystische Vorgänge hat Halläg in den 'fawäsJn
durch geheimnisvolle geometrische Figuren veranschaulicht; M. gibt hierfür östliche und
westliche Parallelen (S. 166), wozu noch die. Darstellung des neuplatonischerv Emanations-
prozesses in den dazvä'ir luahDii/ja des I b n S i d a 1 - B a t a 1 j ü s i (st. 521/1 127) (hebr.
Übersetzung ed. Kaufmann) hinzugefügt werden könnte.
j 53 Kleine Mitteilungen und Anzeigen.
In den dem Texte und der Erklärung der TaiväsJn beigegebenen Exkursen hat M. eine
Fülle von wichtigen Gesichtspunkten für das Verständnis der Formeln des Halläg {huwa
huwa u. a.) und der islamischen Mystik im allgemeinen eröffnet. Überraschend ist der
Nachweis des Zusammenhanges der mystischen Midakallim-Schule der Sälimijja, über
die erst in jüngster Zeit wiederholt, freilich in tastender Weise, gehandelt wurde (ZDMG.
LXI 73 IT. LXV 365, JRAS. 1912, 573 ff.) mit den Lehren des Halläg, sowie die Zuweisung
des Verfassers des Küt al-kulüb zu jener Schule (s. die Stellen im Index s. vv.), wodurch
ganz neues Licht für das Verständnis des Standpunktes des A b ü T ä 1 i b a 1 - M e k k i
gewonnen ist. Überaus wichtig ist der Nachweis christlicher Anknüpfungen des Halläg
{lähüt und näsüt, zwei Naturen, S. 131), sowie die Erklärung der in den T<iK<äsTn wiederholt
vorkommenden Rechtfertigung des IhlTs in seiner Weigerung, dem Adam die Prostration
zu leisten, und des Pharao in seiner Selbstvergötterung; eine auch späteren süfischen Schulen
eigentümliche Anschauung (die Nachweise S. 173^-). <^ie ihnen von der Orthodoxie als
eine ihrer ketzerischen Verirrungen vorgeworfen vird. In einer Streitschrift des I b n
T e j m i j j a {al-Furkän bejna-l-liakk wal-bä/il, in der größeren Magmü'ai al-rasä'il,
Kairo 1324, I 146) wird eine Episode über die Pharaoverehrung der Süfileute erzählt (vgl.
ZDMG. LH 548).
Ein hervorragender Vorzug der Arbeitsmethode Massignon's besteht in der staunens-
werten Fülle des Qucllenapparates, den er für die Darstellung seines Untersuchungsgegen-
standes sammelt und mit kritischem Blick verwertet. Abgesehen von den europäischen
Bibliotheken hat er z. B. die Handschriften der entlegensten Stambuler Bücherschätze
durchforscht, um aus der Hailägtragödie zeitlich nahestehenden Werken Daten über Leben
und Lehren des Märtyrers zu erreichen, die Rätsel seiner Lehre aufzuklären und die aus
derselben hervorgegangenen süfischen Richtungen (Hallägijja) nach ihren Varietäten
zu kennzeichnen. Der Reichtum dieses Apparates wird erst in der noch ausstehenden Mono-
graphie voll zur Geltung kommen; er kommt jedoch selbstverständlich bereits voriiegender
Schrift zugute, und von seiner Fülle kann uns beispielsweise der auf S. 178 angedeutete
Quellenschatz eine Ahnung geben. M. hat im Laufe dieser Studien \%ichtige süfische Quellen-
werke zu allererst verwertet. Wir nennen außer den Werken des Kaläbädi,al-Hakim
al-Tirmidi, Ibn Bäküjah, Bakli u. a. vorzugsweise den nur noch in einer
einzigen Stambuler Hschr. vorhandenen Korankommentar des S u 1 a m i aus Nisäbür
(st. 41 2/1 021), vielleicht das älteste umfassende süfische Ta/sfrwerk, das für die Kenntnis
der süfischen Lehren und ihrer Anpassung von großer Wichtigkeit ist und von M. in
fruchtbarer Weise verwertet wurde. Es sollte doch trotz des üblen Leumundes, mit dem
es von der Orthodoxie behaftet wurde (S. iio, n..l., vgl. JRAS. 191 2, 584, Anm. 5 v. u.),
durch eine orientalische Druckerei zugänglich gemacht werden. Wie wir aus den vor-
läufigen Aerweisungen M.s ersehen, wird seine Halläg-Monographie eine Bibliographie
von mehr als tausend Nummern umfassen.
Wir gestatten uns zum Schluß noch einige wohl nur geringfügige Additamenta zu
dem reichhaltigen Material des Verf. hinzuzutun:
S. 12S. Über die Streitfrage: Präexistenz (ö^ ^ ,»0^) oder Erschaffensein
der Buchstaben und die dogmatische Motivierung der verschiedenen Stellungnahme in dieser
Frage, s. REJ, L 1S8 ff. und meine Anmerkung zu Kitäb ma'äni al-nafs S. 26*; vgl. noch
J ä f i ' i , Rand al-rajä/nn (Kairo 1297) 328 unten.
S. 129, Anm. 2. Gazäli führt die Tradition mit dem Text i^jj^^ A^- an
{Miskät al-anwär, Kairo 1322, 7, 8); im selben Traktat 34—35 setzt er jedoch als einzig
richrige Lesart . 'l*:>-JI 5,.>o ^Jlc voraus und knüpft mystische Erwägungen an
dieselbe an.
Kleine Mitteilungen und Anzeigen. " i5q
S. 136, Anm. 2. Die Frage über Präexistenz oder Erschaffensein des rü/i wird von
Ibn Kajjim al-Gauzija, in seinen Kitäb al-rüh (ed. Haidarabad) 249 ff. mit
Angabe der einai^der entgegenstehenden Meinungen eingehend behandelt. Unter den Be-
kennern der ersteren Ansicht (j.iAs) wird Ibn H a z m erwähnt. Dahabi, Mlzän
al-iHidäl (ed. Lucknow 1S84) I 36 s. v. A h m e d b. T ä b i t a 1 - T a r k i : i3yij ,-\.^
Ä.JbL>L=?. OLa:>- (c!^ ^-Le is..*.JiAi — ».Jl. Eine interessante Nachricht darüber bei Täfi'i
1. c. 329 unten.
Das Verzeichnis S. 222 könnte noch um einige Kleinigkeiten vermehrt werden;
doch dies kann getrost jedem Leser überlassen bleiben. Das der Behandlung der Texte
beigegebene Glossar der termini technici und der selteneren \Yürter (iio — 123) ist ein nütz-
licher Beitrag zur Kenntnis der Süfisprache, die ja in den Lexicis nur mangelhaft in Be-
tracht gezogen ist.
Die in diesem Buche in so origineller Weise aufgezeigten neuen Gesichtspunkte lassen
uns ahnen, welche erfreuliche Bereicherung die Geschichte des Süfismus auf Grund der von
Massignon erschlossenen Materialien von ihm zu erwarten hat.
I. G 0 1 d z i h e r.
Islamisches und modernes Recht in der kolonialen Praxis.
Im folgenden veröffentliche ich ein Gutachten, das ich für ein ostafrikanisches Ge-
richt erstattet habe, da es sich mit allgemein interessierenden Fragen beschäftigt. Dem
Fachmann wird zwar sachlich nichts Neues geboten, doch dürfte der Versuch, die Stellung
des islamischen Rechtes im modernen Rechte zu präzisieren, manche Theoretiker wie
Praktiker interessieren.
Gutachten
in Sachen N. N. gegen X. Y. über die strittige Behauptung der Parteien,
1. daß nach dem Rechte der Sultane von Zanzibar dem regierenden Sultan die Verfügung
über das Krongut oder Staatsgut durch Verkauf oder Schenkung usw. entzogen war
oder nicht zustand; ,
2. daß alles Vermögen, welches die regierenden Sultane mit den Einnahmen aus Zoll-
oder sonstigen Steuererträgnissen durch Kauf usw. erwarben, Krön- oder Staatsgut
wurde.
Die Beurteilung dieser Behauptungen hängt ab von der Vorfrage: »Welches Recht
Avar für di " Sultane von Zanzibar maßgebend?« Diese Frage ist nicht einfach mit der
Antwort: »das islamische bzw. ibaditische Recht« gelöst; denn das Sultanat Zanzibar
war kein Rechtsstaat, in dem das islamische Recht als autoritative Rechtsnorm der Ge-
setzeskodifikation irgendeines europäischen Staates entsprach. Die Lage war viel primi-
tiver und erscheint gerade deshalb für unser an europäische Rechtsverhältnisse gewöhntes
Urteil nicht ohne weiteres durchsichtig. Vor allem wird man sich hüten müssen durch
Übertragung europäischer Staats- und privatrechtlicher Begriffe und Termini, w'ie Kron-
gut, Vor- und Nacherben usw. auf orientalische Verhältnisse den wahren Sachverhalt
zu verschleiern und zu verwirren.
Grundlegend für die Beurteilung der Rechtslage ist die richtige Stellung zum islami-
schen Recht, der Sckeri'a. Durch die unglückliche Verdeutschung »islamisches Recht«
bekommt die ScherPa, die richtiger als »Pflichtenlehre« zu übersetzen ist, den Charakter
einer normativen Gesetzsammlung wie Deutsches oder Römisches Recht, die aus dem
1 70 Kleine Mitteilungen und Anzeigen.
Rechtsbewußtsein und der Rechtspraxis der betreffenden Völker erwachsen sind und
staatliche Anerkennung oder gar Kodifizierungen erlebt haben. Das sogenannte islamische
Recht ist etwas völlig a n d e r e s. Es ist das Produkt der freien Spekulation der Studier-
stube. Aus Sätzen des römischen Rechts und aus talmudischen Forderungen, aus korani-
schen Vorschriften und altarabischem Gewohnheitsrecht ist die Schert'a in einem das wirk-
liche Leben völlig ignorierenden schulmäßigen Ausbildungsprozeß als reine Idealpflichten-
lehre theologischer Eiferer entstanden. Seit Jahrhunderten wird sie von den religiösen
Lehrern als ideales Lebensregulativ dem Volke gepredigt, aber die staatlichen Instanzen
wie die praktische Rechtsübung des Volkes haben sich diesen in der Praxis in extenso
völjig undurchführbaren religiösen Postulaten gegenüber stets ablehnend verhalten, wenn
sie auch ihre theoretische Gültigkeit nie zu bestreiten gewagt haben. Das sogenannte
islamische Recht hat also nicht die Bedeutung eines kodifizierten Rechtes, ja nicht einmal
die eines Gewohnheitsrechtes, sondern nur die eines religiösen Lebensideals.
Das islamische Recht darf nun aber trotz dieser Sachlage nicht völlig außer acht
gelassen werden ; denn gewisse Teile der Schcri'a sind von dem
Gewohnheitsrecht der islamischen Völker rezipiert worden.
Da/.u gehört in weitestem Umfange das Ehe- und Erbrecht, das als Teil des im engeren
Sinne religiösen Rechtes fast überall die alte Volkssitte verdrängt hat. Aber selbst hier
hat sich gelegentlich das alte Gewohnheitsrecht {'äda, desluri) als stärker erwiesen. So
ist z. B. nach der Scherl'a die Testierfähigkeit des Erblassers auf ein Drittel seines Ver-
mögens beschränkt, nach der gültigen Suahelipraxis aber darf der Erblasser über die
Hälfte seines Vermögens testamentarisch verfügen, ol.ne dadurch sein Testament rechts-
ungültig zu machen. Hier durchbricht also das Gewohnheitsrecht die Rechtsgültigkeit
der Schert'a selbst auf einem im übrigen vom Gewohnheitsrecht rezipierten Teilgebiet.
Also darf man nirgends, ohne die lokale Praxis zu berücksichtigen, schematisch die Regeln
der Scherl'a in Anwendung bringen, selbst wenn, wie beim Erbrecht, dieser Teil der reli-
giösen Forderung im allgemeinen in die Volkspraxis übergegangen ist.
Noch viel weniger darf man aber diejenigen Teile der Schert'a der Rechtsprechung
zugrundelcgen, die nie und nirgends in der Praxis durcl geführt worden sind, und die zum
Teil direkt dem Rechtsempfinden des Volkes widersprechen. Zu diesen rechtlich völlig
u n w i r k s a m c n Gebieten der Schert'a gehört aber in erster Linie das Staats-
recht.
Das islamische Staatsrecht — darin stimmen alle Schulen mit der ibaditischen über-
ein — kennt einen Staatsschatz {bau el-mäl), dessen Einnahmen und AusgaDen genau
geregelt sind. Es kennt auch eine scharfe Trennung zwischen Staatsbesitz und Privat-
besitz des Herrschers. Die Einnahmen aus den Zöllen fließen nach seiner idealen Forderung!
in den Fiskus, und das Staatsoberhaupt hat kein Recht, den Staatsbesitz in privatem
Interesse zu veräußern. Aber alle diese sc honen Bestimmungen sind
rein ideelle Forderungen, die für die wirkliche Handhabung!
der Geschäfte nie und nirgend maßgebend gewesen sind. Die
Forderungen des islamischen Staatsrechts sind selbst in der Kalifenzeit niemals wirkliche!
Rechtsnorm gewesen, ja sie sind in ihrer Mehrzahl ein Protest gegen die Wirklichkeit und
gegen das Gewohnheitsrecht. Das staatsrechtliche Gewohnheitsrecht war aber in allen
mohammedanischen Ländern der Absolutismus, der vom Rechtsempfinden des Volkes i
anerkannt war. Es gab, ebenso wie im deutschen Fürstenrecht bis an die Schwelle der
Neuzeit, keinen Unterschied zwischen Staatseigentum und Privateigentum des Herr-
schers. Nur die Theologen haben in ihren theoretischen Spekulationen dagegen geeifert,
aber selbst sie haben die tatsächlichen Verhältnisse in soweit anerkannt, als sie den Ge-
horsam selbst dem ungerechten Herrscher gegenüber, sofern er nur Muslim war, als einj
Gebot der SchcrT'a hinstellten.
Kleine Mitteilungen und Anzeigen. 17 1
Soll man unter diesen Umständen als europäischer Beurteiler islamischer sein, als
die Muslime und theoretische, in der Wirklichkeit nie durchgeführte Ansprüche der isla-
mischen Religio*slehre als bindende Rechtsnorm anerkennen ? Oder soll man die fakti-
schen Verhältnisse nehmen und aus der Handhabung der Geschäfte und ihrer öffentlichen
Anerkennung eine Art von Gewohnheitsrecht ableiten, das man der eigenen Beurteilung
zugrunde legt ? Ich möchte mich unbedenklich für diese letztere Behandlung entscheiden.
Wie lagen nun die Verhältnisse in Zanzibar ? Soweit die Schetl'-a als Gewohnheits-
recht rezipiert war, galt das ibaditische Recht. Die staatsrechtlichen Bestimmungen der
ScherPa wurden aber hier ebensowenig wie sonstwo durchgeführt, da sie dem Gew'ohn-
heitsrecht widersprachen, vielmehr hat jeder Sultan von Zanzibar wie die Herren aller
anderen islamischen Staaten die Staatseinnahmen als Privateigentum behandelt und frei
über den aus Staatsmitteln erworbenen Grund und Boden verfügt. Entsprechend ver-
erbten sich die von ihm erworbenen Schätze und Besitzungen nach dem gültigen Privat-
erbrecht des ibaditische-n. Ritus. Gewiß mag es vorgekommen sein, daß der neue Sultan
seinen Miterben ihre Erbschaftsanrechte erheblich beschnitt. Auch mag es üblich ge-
wesen sein, daß Kanonen, Gewehre und ähnliches auf den neuen Herrscher übergingen.
Keinenfalls darf man aber aus einer solchen Praxis die Existenz einer Art von Krongut
ableiten; denn bei Lebzeiten hätte keine Macht der Welt den Sultan verhindern könnep,
Waffen oder den Sultanspalast oder die Zolleinnahmen oder irgendwelche Schamben zu
veräußern, und im Todesfalle fiel nach dem Gewohnheitsrecht der ganze Besitz des Fürsten,
ja selbst die Kriegszwecken dienenden Schiffe, unter das ibaditische Privaterbrecht.
Literarische Belege für diese Praxis sind allerdings schwer beizubringen, doch kann
ich eine autoritative Zeugin nennen, nämlich Frau Emily Ruete, geb. Prinzessin von
Oman und Zanzibar, die Tochter des Sultans Sa'id, die Schwester der Sultane Bar-
gasch und ]\I a d i i d. In ihren 1886 erschienenen Memoiren einer arabischen Prinzessin
(Berlin W., Rosenberg. 3. Aufl.) Bd. I, 142 spricht sie sich anläßlich des Todes ihres Vaters
ausführlich über diese Verhältnisse aus. Sie sagt:
»Einen Staat nach europäischen Begriffen gibt es bei uns nicht; es fehlt also auch
alles, was hier aus diesem Begrift'e, aus dieser Auffassung sich ergibt; vor allem weiß
man nichts von Staatseinnahmen und Staatsausgaben. Alles, was die Zölle einbrachten,
war einfach reines Privateigentum des Herrschers, unseres Vaters. Aus diesen und aus
den Erträgen seiner Plantagen besonders, indem er zugleich der größte Grundbesitzer
auf der Insel war, besti-itt er alle Ausgaben und füllte seinen Schatz. Dafür gab es aber
auch zu meiner Zeit wenigstens weder Einkom.men-, noch Grund-, noch Gewerbe- und
andere Steuern, wie man sie hier in Fülle hat. Dieses ganze Privateigentum wurde unter
uns Geschwister verteilt; selbst die Kriegsschiffe wurden als solches behandelt und Tueny
und Madjid, welche dieselben übernahmen, nach einer gewissen Taxe auf ihren Anteil
angerechnet.«
Diese Darlegung stimmt zu allen anderen Nachrichten, die sonst über die Verhält-
nisse in Zanzibar bekannt sind, und sie entspricht durchaus der Praxis, die- in anderen
derartigen muhammedanischen Staatswesen geübt wurde.
Auf Grund des entwickelten Gedankenganges glaube ich die eingangs aufgestellten
Fragen so beantworten zu sollen:
1. daß nach dem absolutistischen Gewohnheitsrecht der Sultane von Zanzibar keinerlei
Hinderung bestand, daß der regierende Fürst über Einnahmen und Liegenschaften,
die wir als Staats- oder Krongüter bezeichnen würden, frei verfügte und
2. daß alles Vermögen, welches die regierenden Sultane mit den Einnahmen aus Zoll-
oder sonstigen Steuererträgnissen durch Kauf usw. erwarben, zweifellos nicht als
Krön- oder Staatsgut im europäischen Sinne des Wortes galt, sondern als Privat-
eigentum der Fürsten behandelt wurde.
J72 Kleine Mitteilungen und Anzeigen.
Ein Urteil darüber, ob diese Rechtslage durch die Tatsache der deutschen resp.
englischen Besitzergreifung Ostafrikas modifiziert wird, liegt außerhalb meiner Kom-
Peten^- C. H. Becker.
Mir Islama (^IipT> IIcjiaMa) Bd. I, Heft 2.
Die neue Nummer des Mir Islama bietet ein weil reichhaltigeres Programm noch als
das erste Heft und erfüllt in ihrer Zusammensetzung durchaus die im vorigen Hefte
dieser Zeitschrift ausgesprochenen Wünsche und Erwartungen.
E. W. I\Ioi,osTwo\vA widmet die einleitende Arbeit der vor nicht gar zu langer Zeit
in Rußland in und bei Kasan aufgetretenen tatarischen Sekte der Waissiten oder, wie
sie sich selber nennen : BancOBl. oO'Aiiil llO.lK'h, das GoUesheer des Waiss, &;0>-'ü ä.S-5 {firka-i-
vägia). — Die Legende berichtet: Noch als Zeitgenosse Muhammeds lebte ein heiliger
Mann mit Namen Waiss, der Begründer der Lehre des »Gotlcsheeres«. Nach Rußland
drang diese Lehre im 9. Jahrhundert, als an der Wolga noch die Bulgaren residierten,
und ihr Prophet v.ar Sjubjager Binidshegeda (ävA*:>- ^J -u ;), der die Tochter des
Bulgarenchans heiratete. Von den Bulgaren übernahmen den Islam die Tataren unter
Berkaj; die reinste Ausbildung der waissitischen Lehre aber blieb den Nachkommen der
Bulgarenchanc vorbehalten, unter denen immer wieder neue Lehrer aufstanden. Einer
von diesen war — und damit beginnt die Geschichte — Derdemcnd Derwisch Bagaatdin
f^juXiiJ i:L^) Waissoff, der Vater des jetzigen sartfa^-s, Ginanutdin (qJiA^! ,.,LÄc)Wai3sorf,
geboren 1804 in Malwina, Guv. Kasan. Seine Ausbildung erhielt er auf Reisen, die ihn weit
in das Innere Asiens führten. Als er nach Kasan zurückkehrte, gründete er im Jahre
1S62 das »Kaiserliche Gebetshaus«, wo er die »wahre Lehre« gleichsam mit Wissen und
Billigung Alexanders II. verkündete. In seinen Predigten griff er die orthodoxe tatarische
Geistlichkeit heftig an, die wiederum Gleiches mit Gleichem vergalt, so daß Bagautdin
genötigt war, sich von der Orthodoxie endgültig loszusagen. Mit der russischen Regierung
kam er in Konflikt auf Grund seiner Lehre, daß er zwar dem Zaren, nicht aber der
Zivilverwallung zu gehorchen habe. Diese Lehre führte kcnsequenterweise zur Steuer-
verweigerung, die von ihm und seinen Anhängern bis zum Äußersten durchgehalten wurde.
Nach einer heftigen Schießerei zwischen der Polizei und den Sektierern wurden die über-
lebenden Waissiten verhaftet und im Jahre 1884 nach Sibirien gesandt; das kaiserliche
Gebetshaus aber wurde von den Tataren geplündert, Bagautdin starb in der Verbannung
im Jahre 1S93. Seine Lehre aber wurde von seinen Anhängern, die in jenen Pogrom nicht
verwickelt waren, im geheimen weiter gepflegt und trat wieder stärker hervor, als sein Sohn
Ginanutdin im Jahre 1905 in das geplünderte Haus zurückkehrte und sich als Nachfolger
seines Vaters bekannte. Das Haus hieß jetzt »Kaiserliches Gebetshaus der ganzen Welt,
unabhängige geistliche \'erwaltung und Kanzlei des sardars des Waissschen Gottesheeres
und muhammedanische Akademie«. Den sardar nennen seine Anhänger: ->0 jI J>^Li^,i
...Lac lA^.^ ü^:>-i».j> »L>r,A./ww \_5.^ji v.^jJiÄ,l \>.;>-wi iö.5 ,iJ-^ -jLwJ) v_^j..c
k. ) • -^ y •• ^ ■ ■• •• ■ ^ j ^ \ • "^
,.-jiAJ), den mächtigen Kämpfer, den Sprachgewaltigendes Islams, den sardar der rettenden
Abteilung(des Gottesheeres), den erhabenenFührer, kraftgeborenen Meister Muhammed'Inän
addin. Aber auch diese Herrlichkeit dauerte nur kurze Zeit, da auch der Sohn getreu
den Fußstapfen des Vaters folgte; er redete gegen die Duma, weigerte sich, sich Pässe
ausstellen zu lassen, fertigte vielmehr solche selber aus, erbat sich vom Zaren 100 000
Rubel, um mit seiner Gemeinde sich im alten bulgarischen Reiche an der Wolga nieder-
lassen zu können, verweigerte Militärdienste und Ab."abcn.
Kleine Mitteilungen und Anzeigen. j-:?
Die Verfasserin erzählt noch von einer sehr fessehiden Episode, einer Begegnung
zwischen dem sardar und Tolstoj, die dieser, enthusiasmiert durch so viel Negativismus,
herbeitreführt hatte, und die ihn reichlich enttäuschte.
Zum Aufruhr kam es auch dieses Mal, als man der Sekte wegen Militärdienstver\vei<^e-
rung den Prozeß machte. Ihre Führer wurden wegen Zugehörigkeit zu einer verbotenen
Gesellschaft zu Gefängnisstrafe verurteilt, die sie zurzeit verbüßen. Damit wurde dieser
Sekte, die immerhin einige tausend Mitglieder zählte, der Mittelpunkt genommen.
Die Lehre der Waissiten unterscheidet sich nach dem Gutachten des im Strafprozeß
vernommenen gerichtlichen Sachverständigen kaum von der des hanefitischen Sunnismus,
wie ihn die Tataren der Krim in Orenburg, Astrachan und Kasan bekennen. Auf mancherlei
kleine, fast möchte man sagen, individuelle Abweichungen einzugehen, die die Verfasserin
aufzählt, verbietet hier der Raum.
Der zweite, in seiner Kürze und GHederung vorzüglich geschriebene Aufsatz von
Chaschtschab behandelt die »udrischafilicke Lage des neuzeitlichen Persiens und seinen
Handel mit den übrigen Ländern«.
In der Einleitung weist der Verfasser darauf hin, wie wichtig und bedeutsam für eine
richtige Erkenntnis des Orients nicht nur die Erforschung der Geschichte und Bevölkerung
in ihren Entstehungsbedingungen, sondern auch im Zusammenhange damit die Kenntnis
der wirtschaftlichen Lage und Möglichkeiten sei, da die geographische Lage eines Landes
immer einen bedeutenden Einfluß auf die erstgenannten Faktoren ausübe.
Nach einem kurzen Überblick über die geographische Lage Persiens, seine Grenzen
und ihre ZugängHchkeit geht der Verfasser dazu über, die Hauptverkehrsstraßen und die
Verkehrsmöglichkeiten auf ihnen zu behandeln; wobei der Schiffahrtsunternehmung
der früheren Firma »Companie Aleman« auf dem Urmiasee und ihrer Straßenbauten ins-
besondere gedacht wird. An der Hand der von der persischen Zollbehörde unter Leitung
belgischer Instrukteure herausgegebenen Statistique commerciale de la Perse, commerce
avec les pays etrangers, bespricht dann Chaschtschab den persischen Außenhandel und
seine Entwicklung bis in das Jahr 191 1, das letzte, für das die Statistiken vorliegen.
Bei den engen politischen Beziehungen und der geographischen Lage Persiens zu Ruß-
land kann es nicht wundernehmen, daß Rußland sowohl der größte Abnehmer wie auch der
größte Importeur für Persien ist. 70 % der persischen Ausfuhr gehen nach Rußland,
und 45 % des gesamten Imports kommen dorther. Die zweite Stelle nimmt naturgemäß
England ein, vor allem auch wegen der nachbarlichen Beziehungen zwischen Persien
und Indien; ihm gehört insbesondere die Einfuhr der Südküste. Schon an dritter Stelle
erscheint nach den Ausführungen des Verfassers Deutschland als ein um so ernster zu
nehmender Konkurrent, als es diese Position erst in den letzten fünf Jahren sich erobert
hat und zu ihr von zehnter und elfter Stelle aufgerückt ist. Aus den Angaben der Statistik
ist dies nicht ohne weiteres ersichtlich; dort figuriert nämlich an dritter Stelle die Türkei.
Bei einer näheren Betrachtung der von der Türkei eingeführten Waren erweist sich indes,
daß es sich meist um fertige Fabrikate und Gebrauchsgegenstände handelt, die in der
Türkei, die in ähnlicher wirtschaftlicher Lage sich befindet wie Persien, nicht hergestellt
werden und die zumeist deutscher und österreichischer Provenienz sind. Die kleinste
Verschiebung der ImportzifEern bedeutet in diesem Falle (Türkei 2748,3, Deutschland
2516 tausend Rubel) für Deutschland ein Aufrücken in den dritten Platz. Alle übrigen
Länderspielen sowohl bei der Einfuhr wie bei der Ausfuhr den genannten gegenüber keine
Rolle.
Es ist bezeichnend für den verhältnismäßig unentwickelten Handelsverkehr Persiens,
daß die Einführung der Paketpost — nach deutschem Muster — in Rußland im Jahre
1897 und das dadurch bedingte Fallen von mancherlei Ausfuhrschranken zwischen beiden
j«. Kleine Mitteilungen und Anzeigen.
Ländern bereits genügt hat, um eine erhebliche Verschiebung der Zahlen zugunsten Ruß-
lands, insbesondere als Transitland, aber auch Deutschlands zu bewirken.
Der Verfasser bespricht dann die einzelnen Waren nach ihren Ursprungsländern und
schließt mit einer allgemeinen Betrachtung über die persische Zahlungsbilanz, die seit
langem dauernd einen stark passiven Charakter aufweist und unweigerlich eine steigende
Verschuldung mit sich bringt und so immer den Kei]n zu einer Krisis birgt.
Es fo'gt die Fortsetzung der auf pg. 309 Bd. III der Ztschr. besprochenen Arbeit
von A. E. Schmidt Abriß der Geschichte des Islams als Religion, über die im Anschluß
an den ersten Teil eine Notiz erscheinen wird, wenn die ganze Arbeit vorHegm wird.
Im Schlußaufsatz endlich hefert Barthold eine staatsrechtliche Untersuchung von
großem Interesse. Er behandelt unter dem Titel Xa.llKj)-!! II Cy.lTaii'l., Chalif iir.dSullau,
anknüpfend an eine frühere Arbeit: Die theokratische Idee und die weltliche Macht im
miihammedanischen Reiche (St. Petersburg 1903) die geschichtliche Entwicklung der
genannten Begrifle, insbesondere seit den Abbassiden, als der per.sische Titel sah-in-Sah
seine neue Bedeutung erhielt und die welthche Macht von den arabischen Chalifen
überging auf Herrscher persischen und türkischen Ursprungs.
Die Nachfolger Muhammeds waren, wie er, nicht nur E m i r (d. h. Kriegsführer),
sondern auch I m a m (Führer des Gottesdienstes). Ihr Titel war meist nicht »Chahf <-,
sondern »Emir der Gläubigen«, so auch z. B. bei Theophanes (i^xr^rAi), die Regierungszeit
aber hieß schon in früher Zeit Chalifat. Die Spaltung des Islams in Sunniten, Schi'iten
und Charidjiten änderte zunächst an diesen Auffassungen nichts; sie bereitete aber den
Boden für die spätere Spaltung der Gewalten in weltliche und geistliche insofern vor, als
unterschieden wurde zwischen rechtmäßigen Chahfen und Usurpatoren. Diese Unter-
schiede wurden weiter verstärkt durch die ständigen Bemühungen der Abbassiden, ihre
Vorgänger, die Omejjaden, zu verkleinern.
Mit der steigenden Machtenlfaltung der Chalifen wuchs auch das in Titeln und staats-
rechthchen Theorien sich ausdrückende Selbstbewußtsein. Bereits unter den Omejjaden
wurde wohl durch byzantinischen Einfluß aus dem Chalifen als Stellvertreter Muhammeds
der Chalif als Stellvertreter Allahs. Auf den Münzen erscheint dieser Titel zuerst unter
den Abbasiden, als sich bereits der Westen des Reiches losgerissen hatte. Die Omejjaden
in Spanien und die schi'itischen Idrisiden in Marokko nannten sich anfangs zwar nicht
Emire der Gläubigen oder Chahfen, — denn sie besaßen ja nicht die heiligen Stätten, —
sondern nur »Söhne der Chalifen« und »Söhne des Gesandten Gottes«, erkannten
freilich auch den Abbasiden den Chalifentitel nicht zu. Die charidjitischen Rustemiden
in Alger dagegen hatten von vornherein keine Bedenken, sich den Titel Chalif beizulegen.
Immerhin bildete das Abbasidenreich bis zum' Beginn der zweiten Hälfte des 9. Jahr-
hunderts noch insofern eine Einheit, als der Name der abbasidischen Chalifen auf den
Münzen erschien und in der Chutba genannt wurde, so unabhängig auch die einzelnen
Emire in den Provinzen sein mochten. Erst in der zweiten Hälfte des Jahrhunderts trat
eine Scheidung ein. Das Münzrecht und Recht der Chutba ging auf die Provinzemire über,
zuerst bei denTuluniden in Ägypten und Syrien und den Saffariden im östlichen Persien.
Welthche Macht und geisthche Macht trennten sich. Zu gleicher Zeit erhielt das Wort
»Sultan«, das bis dahin nur die Bedeutung »Macht« gehabt hatte, eine neue Bedeutung,
die allmählich sich fortentwickelte zu der des weltlichen Herrschers im Gegensatze zum
Chahfen, dem Vertreter der geisthchen Macht, dessen tatsächhcher Einfluß immer
mehr abnahm. Ende des 10. Jahrhunderts nannten sich die Abbasiden, die Fatimiden
und die Omejjaden gleichzeitig »Emire der Gläubigen«. Im Jahre 946 verlor der
Abbaside in Bagdad seine weltliche Machtstellung an die aus Persien gekomme-
nen Bujiden. Die Fatimiden vereinigten noch eine Zeitlang die Stellung als Sultan und
Kleine Mitteilungen und Anzeijjen.
175
Imam, und ihr Name wurde seit 9S1 in der Chutba in Mekka genannt. Als aber später die
Eroberer aus dem Osten selber den Islam annahmen und der kulturelle Schwerpunkt der
islamitischen Welt nach Persien verlegt wurde, erbhckten die islamitischen Völker in den
fremden Herrschern das Ideal der Vereinigung von Staat und Kirche, und im 1 1 . Jahrhundert
wurde in Mekka neben dem Namen des 'Abbasiden ah Chalifen Alp-Arslan als Sultan
genannt. Damit ist die Entwicklung des Begriffs Sultan für diese Periode abgeschlossen.
Sehr interessant sind die Parallelen, die man damals im Orient wie im Abendlande
zwischen der Stellung des Papstes und des Imams einerseits und des Kaisers und Sultans
andererseits zog, und die von Barthold wiederholt zur Erläuterung angeführt werden.
Hier wie dort findet sich der Kampf um die Vorherrschaft. Die Trennung selbst aber
bleibt bestehen. Dabei ändert sich die Einflußsphäre der Chalifen nach Osten wie nach
Westen, je nach den politischen Ereignissen, in die sie selber indes kaum eingreifen.
In Spanien folgten auf die Almorawiden im 12. Jahrhundert die Almohaden, die von
neuem Emirat und Imamat in sich vereinigten. Nur die Herrscher von Murcia prägten
Münzen auf den Namen des abbasidischen Chalifen. Im Jahre 1171 fand das Chalifat
der Fatimiden sein Ende; Sultan Saladin riß die weltliche Macht ihres Reiches an sich und
führte die Chutba mit dem Namen des Abbasiden ein. Der letzte Abbaside Musta'sim
wurde im Jahre 1258 von den Mongolen getötet, sein Sohn in die Gefangenschaft geführt.
Damit war ihre Rolle zu Ende, obgleich später die Mongolen zum Islam übertraten.
In einem weiteren Teile beabsichtigt Barthold, die letzten Versuche, die Idee des
Chalifats als des geistlichen Oberhauptes der muhammedanischen ^^'elt zu verwirklichen, und
die weitere Entwicklung: den Übergang des Imamats auf den Sultan, d. h. die Bindung
der geistlichen Gewalt an die weltliche Macht, darzustellen.
Die sehr ausführliche Kritik und Bibliographie, deren Darstellung im einzelnen hier
zu weit führen würde, enthält: eine Besprechung von Goldzihers Vorlesungen über den
Islam von A. E. Schmidt; Adolf Thalasso: Die orientalischen Maler der Türkei von
W. Gordlewskij; D.wis Trietsch: Deutschland und der Islam, Orientalischer Verlag,
Berlin; N. Seignette: Code Miisulman par Khalil. Rite Malekite. Statut reel. Texte
arabe et traduction frangaise. Paris 191 1; A. G. Tumanskij: Die arabische Sprache und die
Kaukasusforschung (KaBKaaOBBABHie), Tiflis 191 1, von I. Kratschkowskij El
Machriq: Revue CathoUque Orientale Mensuelle 19 11, Jahrg. XIV von dem. gleichen
Kritiker; The Moslem World vol. II, 19 12 von A. Sch.(midt); Revue du Monde Miisulman
191 1, vol. XIII, XV, XVI, von demselben.
Daran schließt sich eine außerordentlich wertvolle und interessante Übersicht
vom Samojlowitsch über die «muhammedanische, periodische Presse«. In dieser Über-
sicht sind, wie eine kurze Einleitung besagt, nur solche Artikel' berücksichtigt, die
sich auf die allgemeine muhammedanische Kultur beziehen unter Ausschluß aller
Fragen der äußeren und inneren Politik, die nicht die muhammdeanische Allgemein-
heit berühren. Im einzelnen soll sich die Auswahl der Aufsätze und die Art ihrer Be-
sprechung erst durch die Praxis ergeben. Berücksichtigt werden in erster Linie die russische
und die türkische Presse; für die folgende Nummer der Zeitschrift ist auch eine Besprechung
der ägyptischen Presse in Aussicht genommen. Es sind im ganzen fünf russische und eine
türkische Zeitung besprochen, und zwar die Nummern vom Januar und Februar des laufen-
den Jahres. Im einzelnen sind wieder sachhche Unterabteilungen gemacht, wie in der
Folge angegeben:
Besprochen sind i. Wakt, c^-'s^ erscheint viermal die Woche in Orenburg, seit 1006,
Abonnement 5 Rbl. Herausgeber M. S a k i r und M. S a k i r R a m ä j e f f , in
literarischem Kasantatarisch mit osmanischen und russischen Einschlägen. Die Einfluß-
sphäre des Wa/ct erstreckt sich bis weit nach Sibirien, es ist die leitende Zeitung für alle
T76 Kleine Mitteilungen und Anzeigen.
Muhammedaner türkischen Stammes. Im Kaukasus und in der Krim ist die Zeitung
weniger gelesen, weil dort eigene Organe existieren. Von den vier Seiten ist etwa eine
Annoncen gewidmet. Einen breiten Raum nehmen Telegramme der Petersburger Tele-
graphenagentur ein. Der Inhalt der Januar- und Februarnummern ist zusammengefaßt
unter den Überschritten: Volksbildung; Literatur, Wissenschaft und Kunst; Religion,
Sitten, Gebräuche; ökonomische Fragen, gesellschaftliche Tätigkeit, Wohltätigkeit, Volks-
gesundheit; Nachrichten über das Leben verschiedener muhammedanischer Völker in
Rußland und außerhalb.
2. Siirä Ij »..vi (Gewissen), erscheint zweimal monatlich in Orenburg als literarische
wissenschaftliche und politische Beilage zu Zeitschrift i, Herausgeber wie i, Redaktion
Rizä-ed-din ben Fahr-ed-din, Sprache ebenfalls wie i. Dies Blatt bringt
neben Übersetzungen aus den türkischen, persischen, arabischen und europäischen Sprachen
auch zahlreiche Originalaufsätze.
3. DTn wema^isal ^^y^j-xA», ,.-.jl> (Glaube und Leben): geistliches, wissenschaftliches,
literarisches und politisches Journal, einmal wöchentlich in Orenburg erscheinend; Jahres-
preis .}. Rbl. ; Herausgeber M 0 h a m m e d W a 1 i H u s e i n o f f , Redaktion F a i z h a n
D a u t o f f , Sprache wie i. Jede Nummer enthält eine Reihe von Rechtsfällen aus dem
russisch-muhammedanischen Recht.
4. Bajän al hakk , ii>- c.waJ (Die Erklärung der Wahrheit), erscheint täglich in,
Kasan, Jahrespreis 5 Rbl., Herausgeber A. I. S a i d a s c h e f f , Redaktion M. A. S a i d a -
s c h e f f , Sprache wie i ; vier Seiten, davon zwei mit Anzeigen, weiter Telegramme,
äußere und innere Nachrichten und Nachrichten aus Kasan. Der Inhalt wird unter fast
den gleichen Überschriften besprochen wie in Zeitschrift i.
5. Nagät Cj'l.>Ü (Rettung): politische, literarische und gesellschaftliche mu-
hammedanische Zeitung, erscheint wöchentlich einmal in Baku, Jahrespreis 3 Rbl. in
Baku, sonst 4 Rbl., Organ der gleichnamigen muhammedanischen Gesellschaft, Redaktion:
Isa-beg Asur-bekoff; Sprache literarisch-osmanisch mit aserbeidjanischcm
Einschlag, hin und wieder auch russische Aufsätze.
Türkische Presse, Sirät-i-miisiakTm j^sü.MMi _b!->.3 (Der wahre Weg).
Die Zeitung ist gewidmet »der Religion, der Philosophie, den Wissenschaften, der Juris-
prudenz, der Literatur, der Geschichte, der Politik und besonders Vorgängen der islami-
schen Welt<'. Sie erscheint täglich in Konstantinopel, Redaktion Abü-l-Ali Zein-
ul-abidin und H. Asraf Adlb, Sprache osmanisch-türkisch, auch arabische
Artikel. Seit der Februarnummer 183 heißt die Zeitung sabtl urreSäd >3L.ii.-5 J»^««
(Der Pfad der wahren Richtung). Seit eben der Zeit umfaßt das Blatt 3 Abteilungen:
I. Wissenschaften (Auslegung des Koran, Hadite, Philosophie, Sozialwissenschaft, reli-
giöses Recht und Fetwas, Literatur, Geschichte, Erziehung und Bildung, Chutben und
Predigten, Kritiken. 2. PoHtik und Leben des Islam (Kritiken, PoUtik, das Leben der
islamischen Völker, wissenschaftliche und ideelle Bewegungen, Schulen, Presse, Chronik).
3. Kritik, Handelszentren des Islam, Kunst.
Über die Sprache, in der diese türkische Presse erscheint, macht der Kritiker
(Samojlovvitsch) einige interessante Angaben. Er unterscheidef folgende fünf Literatur-
sprachen: I. Osmanisch-Türkisch, 2. Aserbeidschanisch-Türkisch (in Persien und Trans-
kaukasien), 3. Kasan-Tatarisch, 4. Dschagataisch in Mittelasien. 2 und 3 sind stark vom
Türkischen, 3 auch vom Russischen beeinflußt. 5. Neuerdings erst entstehend Kasak-
kirgisisch. Die Krimtataren sprechen zwar einen eigenen Dialekt, schreiben aber
' Osmanisch-Türkisch.
Das Heft schheßt mit Nachrichten der Gesellschaft. F. F. Schmidt.
Kritische Bibliographie.
E. G.
= E.
Graefe
E. H.
= E.
Herzfeld
E. L.
= E.
Lüders
E. S.
= E.
Seidel
F. F. S.
= F.
F. Schmidt
H. R.
= H.
Ritter
Vorbemerkung: Hier sollen, wenn möglich, alle für Geschichte und Kultur
der islamischen Länder wichtigen Neuerscheinungen kurz charakterisiert und kritisiert
werden. Ist das vorerst nicht möglich, so werden sie wenigstens genannt. Man möge
entschuldigen, wenn die Darstellung im ersten Jahrgang noch nicht erschöpfend ist.
Alle Kollegen werden freundlich gebeten, durch Einsendung von möglichst zwei Separaten
dies gemeinnützige Unternehmen zu unterstützen. Neben dieser kritischen Bibliographie
sollen umfangreichere Anzeigen nach wie vor ihren Platz unter den kleinen Mitteilungen
und Anzeigen finden. Die ständigen Mitarbeiter zeichnen mit Siglen, die gelegentlichen
mit vollem Namen. Die Siglen sind:
C. H. B. = C. H. Becker J. P. = J. Pedersen
J. R. = J. Ruska
M. H. = M. Heepe
R. M. = R. Mielck
Th. W. J. = Th. W. Juynboll
VV. B. =-. VV. Barthold
W.W. = Walther Windfuhr
Die Erklärung der gebrauchten Abkürzungen findet man auf der dritten Seite des Um-
schlags. Die Eingliederung der Arbeiten unter bestimmte Überschriften ließ sich nicht
ohne Inkonsequenzen .durchführen. Mich leitete der Grundsatz : Lieber praktisch und
inkonsequent, als unpraktisch, aber konsequent. C. H. B.
I. Allgemeines
(Zeitschriften S Sammelwerke).
1. Die Welt des Islams. Zeitschrift der Deutschen Gesellschaft für Islamkunde, heraus-
gegeben von Prof. Dr. Georg Kampffmeyer. Bd. i, Heft i, BerHn 1913. Dietrich
Reimer (Ernst Vohsen) XVI, 84 S.
Auf die vor kurzem von Martin Hartmann in Berlin begründete »Deutsche Gesell-
schaft für Islamkunde« wurde schon Bd. III, 317 hingewiesen. Sie hat inzwischen ver-
schiedene Vorträge in Berlin veranstaltet und veröffentlicht jetzt eine eigene Islamzeit-
schrift, die in vier Jahresheften mit einem Gesamtumfang von 20 Bogen erscheinen soll.
Den vorgedruckten »Nachrichten über Angelegenheiten der Gesellschaft« folgt der ein-
0 Sofern nicht die einzelnen Aufsätze gesondert besprochen sind.
Islam. IV. 12
173 Kritische Bibliographie.
leitende Aufsatz des Herausgebers unter dem Titel Plane perspicere. Es ist eine vorsichtige
Abgrenzung gegen die älteren Islamzeitschriften. Die Welt des Islams stellt »die lebendige
Gegenwart« in den Mittelpunkt, will das Philologische ausscheiden und nur allgemein-
verständliche Abhandlungen und Mitteilungen bringen. Sie will dem Islam ^ dem freund-
liche Worte gewidmet werden, keine Konkurrenz machen. Daran schließt sich das Pro-
gramm der Gesellschaft und ihrer Zeitschrift. Das Gesellschaftsmoment soll besonders
betont werden durch Schaffung einer Bibhothek; weiter soll die Gesellschaft »die Zen-
tralstelle sein, an der alle für ein Studium des Islams w^ünschenswerten Informa-
tionen in erster Linie gewonnen werden können«. Lebendige Beziehungen zu den Ländern
des Islams sollen unterhalten werden und allerlei Beobachtungen auch von Laien zur
Darstellung kommen. Besondere Aufmerksamkeit wird den deutschen Kolonien und
den speziell für Deutschland wichtigen Islamländern gewidmet, Politik aber nicht getrieben
werden. Die Beiträge werden sachlich sein und sollen nicht durch religiöse Abneigung
entstellt werden. Zur Behandlung von Fragen des islamischen Rechts sollen auch Ein-
geborene als Mitarbeiter herangezogen werden. Der leitende Gedanke ist das Erkennen
der islamischen Zustände, wie sie wirklich sind. Darum: Plane perspicere.
Dem Vorwort folgen die ersten Originalbeiträge: i. Ernst Feder, Islamisches Schei-
dimgsrecht, ein hübscher Versuch, die bekannten Tatsachen des islamischen Rechts nach
modern logischen Gesichtspunkten zu systematisieren. 2. Ein Abdruck des österreichischen
Reichsgesetzes vom 15. Juli 1912 über die staatliche Anerkennung des Islams. 3. Missions-
superintendent Klamroth, Der literarische Charakter des ostafrikanischen Islams, eine
ärgerliche Antwort auf eine ärgerliche Kritik des Referenten. In Wirklichkeit differieren
unsere Ansichten gar nicht so stark. Diesen Originalartikeln folgen Mitteilungen, die
meist aus anderen Zeitschriften übernommen sind. Das \\'ichtigste sind die Fragebogen
über den afrikanischen Islam, deren Resultate in der Welt des Islams veröffentlicht werden
sollen. Den Schluß bilden umfangreiche und wichtige Referate, darunter ein eingehendes
und wohlwollendes über Islam Bd. III aus der Feder M. Hartmann's und eine
Bibliographie.
Man wird zum Schluß mit Recht wissen wollen, was der Herausgeber des /s/a»t
über die neue Gründung denkt. Ich sage ganz offen, daß ich mir von der fort-
gesetzten Zersplitterung der Kräfte keinen Segen für die Islamkunde versprechen kann.
Wenn einst die 3. und 4. Islamzeitschrift noch als Bedürfnis empfunden werden konnten,
so ist das gleiche Urteil der 6., nach ihrer eigenen Zählung sogar 8. oder 9. gegenüber
nicht mehr am Platze. Daß einige deutsche Laien mehr für den Islam interessiert
•werden, wiegt den dadurch bedingten Kräfteverbrauch und die Gefährdung bestehender
Forschungsstätten nicht auf. Der mit Dank anerkannte gute Wille des Herausgebers
wird daran kaum etwas ändern können. C. H. B.
2. Basset, R., Bulletin des Periodiques de l Islam (1911). RHR LXVI C1912) 1 — 55.
Unentbehrlich, da uns viele der hier behandelten Zeitschriften kaum je zu Gesicht
kommen. C. H. B.
3. Geist des Ostens. Monatsschrift für Asiatenkimde, mit Bildern, i. Jahrgang 19 13.
Heft I, herausgeg. von Dr. phil. Hermann von Staden.
Diese hübsch ausgestattete Monatsschrift will mit ihren durchaus populär gehaltenen
Artikeln weiteren Kreisen Kenntnis und Verständnis orientalischer Eigenart vermitteln und
möchte zu diesem Zwecke Leute aller Berufe, die im Orient Erfahrungen und Eindrücke ge-
sammelt haben, zur Mitarbeit heranziehen. Auf diese Weise will sie als »Zeitschrift für asi-
atische Völker-Psychologie die Erforschung und Kenntnis der Denkart, des Empfindungs-
lebens und des Strebens der Völker Asiens in Vergangenheit und Gegenwart fördern helfen.«
I
Kritische Bibliographie jjg
Aus dem Inhalt sei als für uns in Betracht kommend hervorgehoben die Skizze von Prof.
D^ E. DÜRiNG. Die rassebildende Kraft des Islam, sowie die beiden anschaulichen Augen-
■qlicksbilder: Fritz Köhler, Cairo: Arabische Bräuche, i.Teil Hochzeiten, und Ella Jansen,
Zürich: Im arabischen Frauenbad. H. R.
4. Hartmann, Martin, Das Seminar für orientalische Sprachen in Berlin, Internat. Monats-
schrift VII Nr. 5 (Februar 1913) 4 S.
5. Lammens, Henri, Bulletin Oriental, Etudes, Revue fondee par des peres de la Compagnie
de Jesus, 49^ annee (191 2) t. 133, 253 — 273.
Wir heben hervor die Besprechung von Huart, Histoire des Arabes, und Casanova,
Mohammed et la ßn du monde. C. H. B.
6. Mecheroutiette, Constitutionel Ottoman. Organe du Parti Radical Ottoman sous le
patronage du General Cherif-Pacha. Nr. 39, 40, Fevrier, Mars 1913.
7. Revue Historique publiee par l'Institut d'histoire Ottomane Nr. 18 1./14. Febr. 1913.
Efdal-ud-Din Bey, Alemdar Moustafa Pacha (suite). — Abdur-Rahman
E f f., Ahmed Midhat Effendi. — Ahmed Refik Bey, Ambassade de Morali Ali
Effendi a Paris. — ^ S a f v e t Bey, Un evenement aiix iles »Bahrein«. — Ahmed
Tevhid Bey, Inscriptions sur les Etablissements de bienfaisance d' Ahmed Ghazi-
Bey, des Princes de Menteche. — Aarif Bey, Coumbaradji-Bachi Ahmed Pacha
(Bonneval). — SafvetBey, Dona Gracia Mendes. — AarifBey,L£' deuxihne
des anciens Codes Ottomans.
II. Religion
(Anfänge des Islam, Dogma, Recht, Mystik, Zauberwesen, Kultus,
Philosophie, Beziehungen zu anderen Religionen).
8. Abdul Majid, Syed H. R., A Historical Study of Mohammedan Laie, 1 (The Law Quarterly
Review XXVII, 28—42), II (XXVIII, 355—371).
Die erste der beiden Studien, denen weitere folgen sollen, behandelt in gemein-
verständlicher Darstellung die Anfänge des islamischen Rechts, indem einmal — unter
dem Gesichtspunkt einer Apologie der durch den Islam herbeigeführten Umgestaltung
— das heidnisch-arabische Recht (besonders Eheschließung und Ehescheidung,
Adoption, Intestat- und Testamentserbfolge, Sachen- und ObUgationenrecht, Strafrecht,
Strafprozeß und Strafvollstreckung) und ferner die Quellen des mohammedani-
schen Rechts: Qoran, Hadith, Idjmä' und Qijäs geschildert werden.
Der zweite Aufsatz betrachtet nach einem geschichtlichen Überblick über die Vor-
gänge beiden ersten Chalifenwahlen die hieraus abgeleiteten gesetzhchenBestimmungenüber
das Chahfat. Nicht ohne Originalität ist der Gedanke, das Verhältnis des ChaUfen zum
Volke als Verwirklichung der Lehren Hobbes', Locke's und Rousseau's vom contrat social
zu betrachten, gewagt und auch nicht im einzelnen durchgeführt der Versuch, lediglich
aus der zeithchen Priorität des Chahfats und dem Eindringen arabischer Philosophie in
die abendländische Gedankenwelt einen, wenn auch nur unbewußten Einfluß des islami-
schen Staatsgedankens auf die Magna Charta von 1215 und Locke's Staatsideen zu kon-
struieren. E. L.
9. Abdul Majid, Syed H. R., The Moslem International Law, The Law Quarterly Review,
vol. XXVIII, 89—93.
Im Vergleich mit den gleichzeitigen Kriegsgebräuchen des mittelalterHchen Abend-
landes sichert nach Ansicht des Verfassers das Verhalten der Moslems gegenüber ihren
Feinden (Schonung der Frauen, Kinder und Greise, menschliche Behandlung der Ge-
12*
jgQ Kritische Bibliographie.
fangenen und der unterworfenen christlichen Bevölkerung, strikte Wahrung freien
Geleits, gewissenhafte Einhaltung der Verträge) dem Islam einen hohen Rang in der
Geschichte des Völkerrechts. Die apologetische Tendenz des Aufsatzes spricht aus
jeder Zeile. ^- ^•
10. Amedroz, H. F., Notes on some Süfi Lives. JRAS Oktober 1912, 1087—1089.
Nachträge und Verbesserungen zu seinem Artikel JRAS Juh 19 12, 551. H. R.
11. Andrä, Tor, DieLegenden von der Berufung Mu/iammeds, MO VI, fasc. 1, 1912, 5 — 18.
Der Verfasser analysiert die Berichte über die Berufung des Propheten, die aus
vier Legenden bestehen: i. ta//aiiniii, 2. iqra', 3. ufiiq, 4. waraqa; diese werden alle von
«U r w a überhef ert. Bei B. H i s ä m , B u h ä r i und T a b a r i sind sie in verschiedener Weise
verknüpft. Bei 'Urwa sind sie also nicht verknüpft, sondern einzeln überhefert gewesen.
Das wird dadurch bestätigt, daß die i'^ra'-Legende in zwei Sondertraditionen bei B. S a 'd,
die M/»i7-Legende in einer Tradition bei B u h ä r i und einer bei T a b a r i fehlt. Der
Verfasser meint, die Legenden seien von Z u h r i (in der Überlieferungskette Z u h r i -
'U r w a - 'Ä' i s a ) zusammengeknüpft. Diese beiden Legenden betrachtet der Verf.
als historisch gleichwertig, oder vielmehr gleich wertlos. Die «/«^-Legende ist von Sur. 53,
6_io, wenn nicht geschaffen, dann jedenfalls stark beeinflußt. Objekt der Vision sei
hier Allah selbst. Gegen die Historizität der i^a'-Legende führt der Verf. verschiedene
Argumente an, und um die Unsicherheit in der Tradition klarzumachen, gibt er eine Über-
sicht über die (7) Qoranstücke, für welche in der Tradition die Ehre beansprucht wird,
daß sie die erste Offenbarung enthalten. Als erste Offenbarung wäre am nächsten eine
Gerichtsschilderung zu erwarten. J- P-
12. Bauer, Hans, Dr., Die Dogmatik al-Ghazält's, nach dem II. Buche seines Hauptwerkes.
Halle, Habilitationsschrift, 191 2.
Vielversprechender Anfang einer zu erhoffenden Übersetzung von G h a z ä H ' s
Ihjä. Nach einer allgemeinen Würdigung der Bedeutung des Meisters für Vergangenheit
und Gegenwart wird die handschriftliche Überlieferung untersucht. Die zahlreichen
Cairoer Drucke scheinen auf eine Handschrift zurückzugehen. Besser als diese erscheint
die dem Kommentar des Murtadä (Cairoer Ausgabe; die Fezer konnte nicht benutzt
werden) zugrunde liegende Version, die mit der Berliner Handschrift in den wichtigsten
Punkten übereinstimmt. Die Übersetzung — ich habe sie nicht im einzelnen nachgeprüft
— macht einen sehr soliden Eindruck. Schwierige Ausdrücke der Terminologie sind mit
den Entsprechungen der lateinischen Scholastik sehr glücklich wiedergegeben (z. B.
tanzth = remotid). Nach den Anmerkungen erscheint der Verf. für seine schwierige Aufgabe
wohl vorbereitet. Möge es ihm vergönnt sein, das große Werk zu vollenden. C. H. B.
13. Betz, P. Paul, Die wichtigeren sogenannten »Orden« im Islam. »Gott will es*, Ztschr.
d. Afrika-Vereins deutscher Katholiken. XXIV, Heft 8/9.
* Eine oberflächliche Kompilation aus Riva, Petit u. ä., reich an Fehlern im einzelnen.
Als einen Hauptpunkt im Tugendideal der Orden bezeichnet der Verf. von seinem ganz
einseitigen Standpunkte aus den Haß gegen die Christen; ein Verständnis für das Wesen
und den Gehalt der islamischen Mystik geht ihm völlig ab. E. G.
14. Buhl, Fr., ^/«^«rn« Stilling til de shiHtiske Bevcegelser under Umajjaderne, Oversigt over
det kgl. danske Videnskabernes Selskabs Forhandlinger 19JO, Nr. 5; p. 355—94-
Die Abhandlung »Die Stellung der 'Aliden zu den siHtischen Bewegungen unter den
Umajjaden« gibt zuerst (p. 355 — 66) eine Darstellung von den si'itischen Ideen, von denen
der gemäßigten Si'iten und denen der gulät. Die gemäßigten bilden keine scharf abge-
sonderte Partei, sie wie andere sehnen sich nach einem gottgefälligen Herrscher; die Aus-
drücke dafür, z. B. bei Kumait, erinnern an die Psalmen des Alt. Test.; in dieselbe
Richtung deutet die Bezeichnung der Umajjaden als »böse Hirten«, sowie die Schilderung
Kritische Bibliographie. rgj
von der Wirkung des gerechten Herrschers. Man sucht den Erwarteten in »der heiUgen
Famiüe«, während die Ümajjaden es wiederholt vergebens versuchen, die Erwartungen
auf sich selbst tu übertragen. Bald glaubt man den Erwarteten (al-Mahdi, al-Wali usw.)
zu haben, bald ist man auf die HofTnung hingewiesen. Außer jüdischen Messiasvorstellungen
(vgl. K u t a j j i r ^g. VIII 33) bilden christliche eschatologische Erwartungen die Wurzeln.
Im Anschluß an friedländer wird die mehr radikale sT'a von 'Abdallah b. Sabä
und die EntWickelung des Begriffes al-rag'a bis zur Lehre vom versteckten Imäm ge-
schildert. Diese Richtung, in welcher persischer Einfluß nachgewiesen wird, wird durch
Gedichte von a 1 - K u t a j j i r und S a j j i d a 1 - H i m j ä r i beleuchtet. Die Stellung
der 'Ahden (p. 368—94) ist allerdings nicht, wie B. S a 'd es tendenziös darstellt, ablehnend.
Doch stehen sie im ganzen den phantastischen Anschauungen fern, ihre Ansprüche, be-
rechtigte Herren des Islam zu sein, vereinigen sich mit der Tendenz der gemäßigten sT'a.
Durch eine Charakteristik der »heiligen Familie« wird ausgeführt, warum sie nicht fähig
waren, diese Ansprüche durchzusetzen; ihre Kämpfe und die Mißerfolge der verschiedenen
Prätendenten, bis es den 'Abbäsiden gelang, durch Verbindung mit A b ü H ä s i m den
Sieg für sich zu gewinnen, werden dargestellt. j p
15. Casanova, P., Mohammed ei la fin du Monde, Etüde critique siir l' Islam primiiif, ler fasc
Paris, Geuthner, 1911; 8». ,
Besprechung von R. Dussaud RHR LXVII (1913) 79-
Besprechung von H. Lammens siehe Nr. 5.
Der »Islam« wird eine ausführliche Kritik bringen.
16. Christensen, Arthur, En moderne onentalsk Religion, Nordisk Tidskrif t, 191 1 p. 343—60.
Der Verfasser schildert in seinem Aufsatz (»eine moderne orientalische Religion«)
die Geschichte des Babismus, die äußere wie die innere. Das Schicksal des B a b M i r z a
'AllMuhammed, sein Verhältnis zum Seikhismus und die Fortsetzung der Bewegung
unter SubhiEzelundBehä-ulläh werden dargestellt. Die Hauptideen im Bejän
werden beschrieben und als »eine Mischung von Islam, neuplatonisch - süfischen Vor-
stellungen, zarathustrischen Ideen, altorientalischer Zahlenmagie und modernen europä-
ischen Humanitätsideen« charakterisiert. »Den Gott manifestieren will« ist der Saoschyans
der Zarathustrier und der Mahdl des Islam. Der Bejän ist nach dem Verf. »eine ganz
ärmliche Nachahmung des Qorän«. , r p
17. Christensen, Arthur, Et Besag hos de »hylende Dervischer«, Berlingske Tidende, Aben"d-
ausgabe 18. Mai 19 12.
Dr. C. beschreibt »einen Besuch bei den , heulenden Derwischen'«, d. h. den Der-
wischen aus dem Rufai-Orden in Skutari, teilt ihren Ritus und einige Gebete in Über-
setzung mit. Interessant ist die Schilderung von der Wirkung, die die Extase der Derwische
auf die Zuschauer ausübte. Nach der Seance heilte der Scheich kranke Kinder dadurch,
daß er auf sie hintrat. j p
18. deFontenay,Fr., Buddhisme og Islam, Östasiens Kultur IV, 673—77 (aus »Verdens-
kulturen«). Köbenhavn, Gyldendalske Boghandel. 1912.
Der Einfluß der beiden Religionen »Buddhismus und Islam« auf die chinesische
Kultur wird dargestellt. Der frühzeitige Eingang des Islam in China, seewärts und land-
wärts, sowie die Verbreitung in den Provinzen wird in aller Kürze beschrieben. Der Verf.
fuhrt aus, daß der islamische Geist den Chinesen zu fern liegt, um einen stärkeren Einfluß
auf die Kultur ausüben zu können. T p
19. Forte, A., De l'influence de l'abolition de l'esclavage siir le droit successoral du patron ou
afjranchisseur en droit musulman. EC 1913 März Nr. 14, 201—206.
20. Friedländer, I., Jewish-Arabic Studies, JQR NS. II, 4S1— 516; III, 235—300, Phila-
delphia 19 12.
jg2 Kritische Bibliographie.
Fortsetzung der Studie Shiitic Elements in Jewish Sectarianism (i. Stück ib. I, 183 ff.).
1. The Raj'a Doctrine. 2. Docetism. Beide gehören aufs engste zusammen. Die schiitischen
Einflüsse auf jüdische Häretiker zeigen sich nicht nur in Persien, sondern bis hinein in
den noch heute lebendigen Glauben gewisser Dönmehsekten in Saloniki. 3. The one true
Prophet: Die Unendhchkeit der prophetischen Manifestationen von den Pseudo-Clemen-
tinen bis zu den Babis, ihre Bedeutung bei den Schiiten und Einflüsse auf jüdische Sektierer.
Nach Friedländer hat der Islam diese Lehre durch die Manichäer. Damit hängt zu-
sammen 4. Siiccessive Incarnation. 5. Tafivid. Die neuplatonische Lehre des Demiurgen und
ihr Fortleben in Islam und Judentum. Die weiteren Abschnitte lauten: 6. Prophet and
Messiah, 7. The Dä^T S. Succession, 9. Anointment, 10. Inspiration, 11. Social Position,
12. Jihäd, 13. TabdJl, 14. Prohibition of Meat, 15. Number of Prayers. Der Inhalt ist zu
reich, um im einzelnen skizziert zu werden. Der Gedankengang ist klar. Der Verf. sieht
deuthch, daß nicht immer Entlehnungen, sondern häufig Parallelen auf Grund gemein-
samen historischen Gedankengutes vorliegen. Die erfolgreiche, gelehrte Arbeit des mit
seinen Interessen in Amerika ziemlich isolierten Forschers verdient uneingeschränkte Be-
wunderung. C. H. B.
21. Friedländer, F., The Jews of Arabia and the Gaonate. JQR NS I, 249 — 257.
Im Anschluß an Caetani wird besprochen, daß die Juden unter Omar nicht völlig
aus Arabien vertrieben wurden, sondern sich nach Belädhorl in Wadi'l-Qurä und Taimä
hielten. Aus gaonitischen Responsen wird dann nachgewiesen, daß Beziehungen zu den
jüdischen Kulturzentren noch lange bestehen bleiben. Eine letzte Erinnerung hat Benjamin
von Tudela. Diese Juden werden als Rechabiten bezeichnet (Jeremias 35). C. H. B.
22. Friedländer, Israel, Ein Gratulationsbrief an Maimonides. Festschrift Cohen: Judaica,
Berlin 191 2, S. 257 ff.
Friedländer veröffentlicht hier ein Schriftstück aus der Sonderkollektion maimo-
nidischer Genisahtexte in Cambridge, das eine Beglückwünschung des Maimonides
zu seiner Ernennung zum Oberhaupt (hebr. NägTd, arab. Ra'Ts) der ägj-ptischen Judenheit
enthält, vermutlich von einem seiner Schüler (Joseph Ihn *Aqnim) verfaßt. In den ein-
leitenden Bemerkungen Friedländer's finden wir einiges über die inneren Angelegen-
heiten der damaligen jüdischen Gemeinde in Ägypten und über die Lebensgeschichte des
Maimonides, »den die philosophische Welt und die jüdische Gemeinschaft mit gleichem
Stolze den ihrigen nennt«, der aber auch wegen seiner einflußreichen Stellung am Hofe
des Sultans und seiner Beziehungen zum Vezir al-Qädi al-Fädil das Interesse des Histo-
rilfers beanspruchen darf. R. M.
23. Goldziher, S., Die Zurechtweistmg der Seele, Studies in Jewish Literature issued in
Honor of Professor Kaufmann Kohler, Cincinnati, Ohio; Sep. i — 7.
Es wird nachgewiesen, daß die in der neuhebräischen Literatur häufige »Zurecht-
weisung der Seele« in dem mu'ätabat al-nafs der arabischen Literatur ihr Vorbild hat.
Diese schon im ältesten Islam nachgewiesene literarische Form wird beim Eindringen
neuplatonischer Gedanken befruchtet und vertieft. Eine große Rolle spielt dabei die Ein-
leitung zu Kaiila wa Dimna, ein Werk, das ja z. B. bei den Ichwän al-safä hohe Wert-
schätzung fand. Eine Steigerung der mii'ätaba war die mnhäsaba, die Rechenschafts-
forderung von der Seele, der man täglich eine Stunde widmen soll. C. H. B.
24. Gardner, W. R. W., Jihad. MW Oktober 1912, II 4, 347—357-
Zwei moderne Muslime, Scheich Muh. Resid Ridä und Dr. Muh. B a d r
möchten gerne den Begriff des djihäd für die moderne Zeit etwas passender gestalten.
. ersterer, indem er ihn spiritualisiert, letzterer, indem er einen Unterschied macht zwischen
Verteidigung des Glaubens und Verteidigung des Landes des Sultans, und jedem Mushm
das Recht zugesteht, bei jedem Aufruf des Sultans oder Chalifen zum djihäd selbst zu
Kritische Bibliographie. jg^
entscheiden, ob gemäß dem angegebenen Unterschied der Aufruf berechtigt und ver-
bindhch ist oder nicht. Daß der djihäd nicht nur die Verteidigung des Glaubens, sondern
auch den Angrifi auf die Ungläubigen in sich schlösse, wird von beiden Autoren in Abrede
gestellt. Der Verf. hebt hervor, daß man bei aller Sympathie für die neue Anschauung
nicht vergessen dürfe, daß der ursprüngliche und überlieferte Begriff des djihäd eben
doch ein anderer ist. H. R.
25. Grimme, Hubert, Strömungen im neueren Islam, Hochland X, (191 2 — 13), 189 — 204.
Sachverständiger populärer Aufsatz: i. Panislamismus inkl. Mahdismus u. Senus-
sismus, 2. Konstitutionelle Bewegung in der Türkei und in Persien (Babismus), 3. Indischer
Modernismus (Kaiser Akbar, Ahmadijja, Sajjid Ameer Ali und Khuda Bakhsh).
C. H. B.
26. Grisworld, H. D., The Ahmadiya Movement, MW 1912, 373 — 379.
Ein B lick in die eigentümlichen Gedankengänge, mit denen Mirzä Ghuläm AJinied
seinen Anspruch auf seine Mahdi-Messias-Avatarwürde begründet. Die gegenwärtige
Zahl seiner Anhänger wird auf 50 000 geschätzt. H. R.
27. Güterbock, Dr. Carl, Professor der Rechte, Der Islam im Lichte der byzantinischen Polemik,
Berlin 191 2, J. Guttentag, 72 S.
Der durch sein Buch Byzanz und Persien in ihren diplomatisch-völkerrechtlichen
Beziehungen im Zeitalter Justinians auch den Orientalisten bekannte Königsberger
Rechtslehrer hat hier die Hauptpolemiken des byzantinischen Kulturkreises zusammen-
gestellt und gewürdigt. Er beginnt mit Johannes Damascenus und Theodor Abu'l-Qurra.
Es folgt Bartholomaeus von Edessa, den er wohl mit Recht erst in der Kreuzzugszeit
ansetzt. Ihm folgen die höfischen Polemiken aus der Zeit der makedonischen Dynastie
und der Normannen (Niketas von Byzanz, Euthymios Zingabenos, Niketas Akominatos
dann der ItaHener Ricoldus de Monte Cruzis (Mitte des 14. Jahrhts.), dessen Hauptwerk
nur in Übersetzungen vorhegt. Weiter werden die Schriften der beiden Kaiser Kanta-
kuzenos und Manuel IL Palaeologos und schließlich die spärlichen Nachrichten der Histo-
riker über den Islam besprochen. Daß das große Kulturproblem Islam und Christentum
seit MiGNE, Kremer und Sprenger doch noch von manchen Orientahsten gefördert ist,
daß speziell über Johannes Damascenus und Theodor Abu'l-Qurra ziemlich viel gearbeitet
worden ist (vgl. Z. Ass. XXVI, 175 ff. und die dort zitierte Literatur) scheint dem Verf.
unbekannt zu sein, doch ist das Büchlein eine nützliche Anregung für Islamkenner, die
angeschnittenen Fragen einmal wirklich zu studieren. (Bespr. v. Goldziher ThLZ 38,5.)
C. H. B.
28. Hirschfeld, H,, Besprechung von: i. Duncan Black Macdonald, Aspects of Islam,
New York, Macmillan, 191 1. 2. Arthur Glyn Leonard, Islam, her Moral and
Spiritual Value. A rational and psychological study with a Foreword by Syed Ameer
Ali. London, Luzac & Co. 1909. 3. Claud Field, Mystics and Saints of Islam.
London, Griffiths, 1910. JRAS Oktober 1912, 1132 — 1136.
ad I. Rez. hält im Gegensatz zum Verf. des Buches die sog. ältesten Suren nicht
für die Äußerung visionärer Verzückung, sondern vielmehr für das Produkt wohlüber-
legter Berechnung, weist die Theorie, daß Muhammeds Predigt schon ein mystistisches
Element enthalten habe, zurück, will endlich die rabbinischen Quellen zum Qoran und
Tradition mehr berücksichtigt wissen.
ad 2. Eine liebenswürdige aber dilettantische Apologie des Islam,
ad 3. Im wesentlichen auf fremde Quellen beruhende, doch gut geschriebene Dar-
stellung. H. R.
29. Hartmann, Richard, Al-Kadam bei Damaskus. OL 1913 Nr. 3 115 — 116.
Daten zur Geschichte des Masdjid al-Qadam südlich von Damaskus, wo die an-
j34 Kritische Bibliographie.
geblichen Fußspuren des Propheten verehrt werden. Interessant ist der Nachweis, daß
die Deutung der Reliquie etwa um 1400 gewechselt hat; aus den Fußstapfen Moses sind
die des Propheten geworden. H. R.
30. Horten, Dr. M., Die spekulative und positive Theologie des Islam nach Razi (j 1209)
und ihre Kritik durch Tiisi (f 1273), nach Originalquellen übersetzt und erläutert. Mit
einem Anhang: Verzeichnis philosophischer Termini im Arabischen. Leipzig, Harrasso-
witz, 191 2, V, 384 S. 8°.
Besprechung vergeben.
31. Kahle, P., Gebräuche bei den moslemischen Heiligtümern in Palästina. PJB VIII,
139—178.
Dr. Kahle setzt hier seine früheren, für die Kenntnis des volkstümlichen Islam in
Palästina so ungemein wichtigen Studien über die moslemischen Heiligtümer des Landes
fort und behandelt diesmal zuerst die Gaben beim Heiligtum, die teils als Zeugnis für
den abgestatteten Besuch aufzufassen sind, teils auch der Erlangung der baraka dienen
sollen, vor allem also auf Gelübde zurückgehen; diesen ist ein besonderer Abschnitt gewid-
met. Weiterhin werden Tieropfer und Regenprozessionen behandelt, und den Abschluß
bildet eine sehr lebendige Schilderung des NebT Müsä-¥tstts. Besondere Beachtung
verdienen, inhaltlich und sprachlich, die zahlreichen eingestreuten Proben volkstüm-
licher Lieder. E. G.
32. Kazem Zadeh, H., i?Wa/iO); d'un Pelerinage a la Mecque en i()io — 191 1. Paris, Ernest
Leroux, 1912. 84 S. mit 16 Tafeln außer dem Texte. (S.-A. aus RMM.).
Der Verf., der als Finanzbeamter des persischen Generalkonsulates in Dschedda
Gelegenheit zum gründlichen Studium der Verhältnisse hatte, teilt seinen Bericht in drei
Abschnitte: i. Die wirtschaftliche Organisation der persischen Pilgerfahrt, 2. Die Be-
hörden und die Städte (Dschedda und Mekka), 3. Die Pilger und die Zeremonien der
Wallfahrt. Interessant ist an dem Aufsatz besonders zweierlei: einmal, daß ihn ein Mann
geschrieben hat, der zwar durchaus als Muhammedaner fühlt, aber doch, im Besitze euro-
päischer Bildung, — er ist »Licencie en sciences politiques et sociales« — vieles mit dem
kritischen Blicke des Modernen betrachtet; und dann haben wir hier einmal eine Schilde-
rung, die speziell den /^agg schiitischer Pilger berücksichtigt. E. G.
33. Kohler, Die Islamlehre von Rechtsmißbrauch. Z. f. vergl. Rechtsw. 29 Bd. 432 — ^444.
Erörterungen anschließend an das Buch von Mahmoud Fathy (Nr. 36).
34. Lamtnens, Henri, Fätima et les filles de Mahomet, notes critiques pour l'etude de la
Stra. Scripta Pontificii Instituti Biblici, Romae 191 2.
Grundlegende Studie, zu der in der nächsten Nummer ausführlich Stellung genommen
werden soll. C. H. B.
35. Macdonald, Duncan Black, God a Unit or a Unity. The Ansii'er of Islamic Theology
and its Lesson. MW. vol. III i, 11 — 20.
Enthält einen Überblick über die Entwicklung des abstrakt-monotheistischen Gottes-
begriffes in der islamischen Theologie. H. R..
36. Mahmoud Fathy, La doctrine musulmane de l'abus des droits. Paris, Geuthner, 1913.
37. Margoliouth, D. S., Pan-Islamism. (Proceedings of the Central Asian Society 12. Jan.
1912. London, S. i — 24.)
In diesem Vortrage vor der Central Asian Society gibt Margoliouth einen Überblick
über die bisherige Entwicklung des sogenannten Panislamismus. Er bespricht eingehender
die Tätigkeit der vermeintlichen Führer, besonders des geistigen Urhebers der panislami-
tischen Ideen, des Gamäl-ad-din al-Afghäni (1S39 — 1896). Auf Grund historischer Tat-
sachen kommt er zu dem Ergebnis, daß es eine panislamitische Bewegung in dem bei uns
üblichen Sinne nie gegeben hat, nicht gibt und auch in Zukunft nicht geben wird. So-
Kritische Bibliographie. 185
genannte »panislamische« I deen sind allerdings vorhanden, aber, mögen sie auch weiter
um sich greifen, eine politische Bedeutung wird ihnen nie zukommen. Kurz, der Pan-
islamismus ist?in abendländisches Phantasiegebilde. — Margoliouth's Vortrag wird all-
gemein interessieren, ebenso auch der angeschlossene Diskussionsbericht. R. M.
38. NiasslgnOTlfL., L' histoire des doctrines philosophiques a FUniversite du Caire. RMM 1912,
XXI, 149—157.
Stenogramm einer am 23. 11. 12 an der »Universite Egyptienne« gehaltenen Antritts-
vorlesung über die Geschichte der philosophischen Lehren der Araber: Methode der Dar-
stellung, Programm der Vorlesung. H. R.
39. Massignon, Louis, Kitdb al Tawdsin par al Halläj. Paris, Geathner, 1913.
Vgl. das Referat von Goldziher, S. 165.
40. Meyer, Eduard, Ursprung und Geschichte der Mormonen mit Exkursen über die Anfänge
des Islams und des Christentums, mit 5 Abb. Halle a. S., Max Niemeyer, 1912, \'I,
310 S.; 8°.
Ein Referat in Vorbereitung.
41. Mittwoch, Eugen, Abergläubische Vorstellungen und Bräuche der alten Araber. Nach
Hamza al-Isbahäm. MSOS As. XVI (1913) Sep. i — 14.
In dieser Arbeit veröffentlicht Mittwoch den Anhang taläßn huräfät min huräfät
al-'Arab zu dem Werke Kitäb al-'amtäl des Hamzaal-Isbahänl (Münchner Codex
Aumer Nr. 642). In den einleitenden Bemerkungen wird das Verhältnis anderer Sprich-
wörtersammlungen ( M a i d ä n i , N u w a i r i ) zum Buche des I s b a h ä n i und die
Quellen des letzteren besprochen. Es folgt eine kurze Inhaltsangabe der taläßn huräfät
und schließlich der arabische Text. Die ersten Abschnitte (i — 9) enthalten Tiergeschichten
zur Erklärung sprichwörtlicher Redensarten, die anderen (10 — 30) handeln »über aber-
gläubische Vorstellungen und Bräuche der alten Araber, besonders über Schutzmittel gegen
den bösen Blick, über Krankheiten der verschiedensten Art und ihre Bannung durch
Amulette und Zauber«. R- M-
42. Mittwoch, Eugen, Prof. Dr., Zur Entstehungsgeschichte des islamischen Gebets und
Kultus. Abh. Pr. Ak. W. 1913, Phil.-hist. Kl. Nr. 2, Berlin 1913, 42 S.
Geistvoller Versuch, die Salät aus der jüdischen Praxis abzuleiten. Der Abschnitt
über die Salät al-Djunni^a in vornehmer und freundschaftlicher Auseinandersetzung mit
meiner These in Bd. III, 374 ff. Es scheint mir einwandsfrei nachgewiesen, daß viel engere
Beziehungen zwischen Scheri'a und Judentum bestehen, als man bisher annahm. Das
ist ein eminent wichtiges Resultat. Trotzdem ist für den Aufbau des Freitagsgottesdienstes
die christhche Hypothese die historisch wahrscheinUchere. Eine ausführliche Auseinander-
setzung mit Mittwoch's grundlegenden Darlegungen behalte ich mir für später \or.
C. H. B.
43. Nicholson, Reynold A., The goal of Muhammedan Mysticism. JRAS 1913, Januar,
55— 6S.
Lehrreiche Untersuchung über den Begriff des fanü bei A b ii N a s r a 1 - S a r r ä d j
(Kitäb el-luma% einem der ältesten Vertreter der orthodoxen Richtung des Sufismus mit
Ausblick auf die spätere Entwicklung, in der aus dem fanä = »Aufgehen des mensch-
lichen W i 1 1 e n s in Gottes W i 1 1 e n « ( H u j w i r i ) ein fanä = »Aufgehen des mensch-
lichen Seins in Gottes Sein« (Hallädj) wird. Die relativ große Toleranz des
Islam pantheistischen Sektierern gegenüber erklärt sich zum Teil daraus, daß die Idee
des Gottesmenschen dem religiösen Gefühl gerade der persischen Muslime seit langem
vertraut war und daher ihnen der Anspruch eines Hallädj lange nicht so unerträglich
erscheinen konnte, wie es dessen Hinrichtung, die mehr aus politischen Gründen zu er-
klären ist, auf den ersten Blick vermuten ließe. H. R.
l86 Kritische Bibliographie.
44. Pedersen, Jobs., Den semitiske Ed ogieslägtede Begreher samt Edens Stillingi Islam.
Köbenhavn, V. Pio, 191 2. 195 S.
Der Verf. sucht in seinem Buche Der semitische Eid und verwandte Begriffe samt
der Stellung des Eides im Islam die Wurzeln des Eides der Semiten in ihrem Geistesleben.
Er findet sie vor allem im Bund und im Fluch. Aus dem Begriff des Bundes, in welchem
Menschen durch besondere Riten zusammengebunden werden, geht der Begi'ifE des Eides
hervor, was der Verf. an /«'//, ^ahd und b^rtt nachzuweisen versucht. Der Fluch ist
dreierlei: Verstoßung aus der Gesellschaft (so bes. "l"nN)' Beraubung des Glückes
und der Ehre und Besessenheit. In der hypothetischen Verfluchung haben wir den Über-
gang zum Flucheid. Bei diesem wird man bedroht, im Bundeseid gebunden. Ferner ent-
wickeln sich aus dem Gelübde gewisse Eidesformen, was aus dem Charakter des Gelübdes
zu verstehen ist. Zu dem genannten kommt noch die Vorstellung, daß man im Eide ein
starkes Wort spricht, was auf einer anderen Auffassung des Wahrheitsbegrifies als der
unsrigen beruht. Das Wort wird dadurch stark, daß man bei dem, wovon das Leben des
Betreffenden abhängig ist, schwört. Durch Lüge würde man das verlieren (barä'a-Eid).
Im Islam verliert der Eid seine Kraft, was mit dem islamischen Geiste zusammen stimmt:
Man kann nicht durch sein Wort Allah zum eventuellen Strafen zwingen. Von Qoran
und Sunna an läßt sich ein Fortschreiten in dieser Spur nachweisen. Autoreferat.
45. Roloff, Max, Der Panislamismus. Nord und Süd. XXXVII. Februarheft 1900.
46. Schaefer, H. E., Pastor, Der Rosenkranz im Islam. Der Sudan-Pionier, März 1913,
17 — 2('.
Herkunft des Rosenkranzes aus Indien, seine Wanderung über Persien zu den ost-
römischen Christen und Übernahme durch den Islam; im Katholizismus seit den Kreuz-
zügen. Einbürgerung des R. im Islam vermutlich als Ersatz für die vorher benutzten
kleinen Kieselsteine. Verbreitung besonders in den unteren Volksschichten und bei den
Asketen. Ablehnung und Bekämpfung aber seit alters und noch heute bei den theologischen
Führern und Gebildeten (vgl. den jüngsten Aufsatz im El-Manär Nov. 191 2). M. H.
47. Schäfers, Jos., Olivers, des Bischofs von Paderborn und Kardinalbischofs von S. Sabiiia
(j 1227), Kenntnis des Mohammedanismus. (Theologie und Glaube, Zeitschr. f. d.
kathol. Klerus, herausgeg. von den Professoren der philos. -theolog. Fakultät in
Paderborn, Jahrg. IV, 1912, Heft 7 S. 535 tl.)
Im schroffen Gegensatz zu all den fürchterlichen Geschichten und Fabeleien über
den Götzen Mahom, die im Mittelalter die Gemüter der abendländisch-christlichen Welt
verwirrten, stehen die Äußerungen des Bischofs Oliver von Paderborn über
Mohammed und seine Religion, mit denen uns Verf. in vorliegender Arbeit bekannt macht
und die uns die größte Hochachtung vor diesem geistlichen Würdenträger abnötigen
müssen. Bischof Oliver ist selbst als Kreuzfahrer in den Orient gezogen (er hat dort
12 19 die Eroberung von Damiette mitgemacht) und hat sich dort mit den religiösen An-
schauungen der Mohammedaner vertraut gemacht. Seine Beobachtungen hat er dann
mit einer für jene Zeit geradezu erstaunlichen Objektivität in seinen Schriften niedergelegt.
Natürlich ist er als Kind seiner Zeit nicht frei von allerlei falschen Vorstellungen. So glaubt
auch er noch an das Märchen vom abtrünnigen Mönch Sergius, aus dem dann später ein
Bischof, ja sogar ein abtrünniger Kardinal wird — die Geschichte dieser Legende wird
ausführlich behandelt — , der Mohammed bei der Abfassung des Qorans behülflich gewesen
sei. Aber im großen und ganzen gibt er ein richtiges Bild des Mohammedanismus. Die
Geschichte Mohammeds und seine Lehre, die Dogmatik des Islams und das islamische
Recht, auch die Geschichte des Islam nach Mohammed ist im wesentlichen richtig dar-
gestellt. Seine Auslassungen über den Islam sind dabei ruhig und sachlich, ohne jede
1
Kritische Bibliographie. jgy
Voreingenommenheit. Kein Wort des Hasses oder schimpflicher Verleumdung. Und das
im Kreuzzugszeitalter ! — Wir dürfen dem Verf. für diese Arbeit aufrichtig dankbar spin.
R. -M.
48. Snouck-Hurgronje, C, De Islam (Groote Godsdiensten II, Nr. 6). Baarn, Hollandia
Drukkerij, 1912. 43 S.
Populäre Gesamtdarstellung der islamischen Religion: Verbreitung, Anfänge, Sekten-
gliederung, rechtliche Entwicklung, Inhalt des Rechts, dogmatische Entwicklung, Inhalt des
Katechismus, Mystik und Heiligenkult. Wir können die holländische Öffentlichkeit zu
dieser vorbildhchen Einführung nur beglückwünschen. C. H. B.
49. Snouck-Hurgronje, C, Over Panislamisme (Voordracht, gehonden op 21. Dez. i9io\
Archives du Musee Teyler, ser. III, vol. I Sep. i — 19.
50. Swan, George, The dhikr. MW Okt. 1912, 380 — 386.
51. Swan, George, The Matbuli Incident. MW April 1913, 175 — iSo.
Zur Sache vgL Prof. Littmann, dieses Heft S. 154. Angehängt ist die Übersetzung
des Kapitels »Matbüli« aus S a 'r ä n i 's Tabaqät el-kubi'ä. H. R.
52. Swan, George, Monogamy in Islam. MW Jan. 1912, 75 — 77.
Übersetzung eines im Mo'ayyad abgedruckten Vortrags des Scheichs M o h a m m e d
Farag -elMinyawi vom April 19 12, in dem er die Monogamie empfiehlt. H. R;
53. Ulrich, F., öj'e V orherhestimmungslehre im Islam und Christentum. Eine religionsgeschicht-
liche Parallele. Inaug.-Dissert. zur Erlangg. der Lizentiatenwürde, Heidelberg. Druck
von C. Bertelsmann in Gütersloh 191 2, 133 S. 8^ (S.-A. aus Beitr. z. Förderung
Christi. Theol. XVI, 321 ff.)
Die Arbeit muß als theologische, nicht als philologische Dissertation eines im prak-
tischen Amte stehenden Geisthchen, der mehrere Jahre im Orient gelebt hat, gewürdigt
werden. Der Verf. ist unparteiisch genug, anzuerkennen (S. 131 resp. 445), daß die Be-
deutung der Vorherbestimmungslehre und ihre verschiedene praktische Wirksamkeit im
Orient und in Europa auch — ich sage hauptsächlich — volkspsychologisch
beurteilt werden muß. Die Verschiedenheit ihres Chrakters im Islam und Christentum
kommt richtig zur Darstellung. Die historische Durchdringung der Quellen (Moderner
Katechismus, Ghazäli, Murdjiten und Mu'tazihten, Asch'ari, spätere Dogmatik und
Philosophie, Tradition, Qorän, nota bene in dieser Reihenfolge) steht nicht ganz im Ver-
hältnis zu den Erwartungen, welche die reichliche Anwendung arabischer Typen en\'eckt.
Der natürliche Ausgangspunkt wäre die christlich islamische Polemik gewesen. Meinen
diese Frage behandelnden Aufsatz in ZA XXVI konnte der Verfasser offenbar nicht
mehr benutzen. C. H. B.
54. Upson, Arthur T., A Chinese Apologetic, DalTl al Islam. MW Jan. 1913, 67 — 70.
Übersetzung eines in China geschriebenen kleinen Abrisses mohammedanischer
Glaubenslehre. H. K.
55. Zwemer, Samuel M., The Moslem Christ. An Essay on the Life, Character, and
Teachings of Jesus Christ according to the Koran and Orthodox Tradition. Edinburgh
and London, Oliphant, Anderson & Ferrier, 191 2, 198 S.
Besprechung folgt im nächsten Heft.
III. Geschichte und Kulturgeschichte.
56. Barthold, W., Chalij und Sultan (Xajiii^Jt n CyjiiaH'b). MI I 345 — 400. Kap. 4 — 7.
Fortsetzung und Schluß der bedeutsamen Arbeit, deren Anfang bereits oben S. 174 f.
besprochen wurde.
Kap. 4. Rolle der Abbasiden im Osten (Turfan, Karakorum); die Pseudoabbasiden
in Aleppo und Damaskus, Übersiedelung des Pseudoabbsiden von Aleppo nach Kairo
jgg Kritische Bibliographie.
nach dem Tode Baibars 1261 — Versuche der Mameluken, Sultanat und Chalifat wieder
zu vereinigen; Bedeutung des ägyptischen Chalifats weit über die Grenzen Ägyptens
hinaus, nicht nur poUtisch, sondern auch in der Theologie. Kap. 5. Die Mongolen (Timur,
Schachruch, Turkmenen) erkennen die ägyptischen Abbasiden nicht an, wohl aber ihre
Gegner, darunter vielleicht auch die Türken. — Mongolische vergebliche Versuche, sich
in Mekka durchzusetzen. — Entwicklung der Derwischorden. Kap. 6. Aufkommen der
Osmänen, Eroberung Ägyptens und der heiligen Stätten. — Unzulänglichkeit aller bis-
herigen historischen Darstellungen über diese bedeutsamen Vorgänge. Nach dem Tode
des Sultans Tuman-Bai wird der Chalif Mutawakkil als Gefangener nach Konstantinopel
gebracht; wo er ein Scheindasein führt; nach seinem Tode endgültige Vereinigung von
Sultanat und Chalifat unter den Osmanen. Kap. 7. Entstehung der Sage von der Über-
tragung des Chalifats auf die Osmanen (Muraga d'Ohsson) spätere Fiktion. Am Schlüsse
Zusammenfassung der Resultate der Arbeit.
Es wäre zu wünschen, daß diese hochbedeutsame und längst erwünschte Arbeil
baldmöglichst durch Übersetzung in eine einem größeren Gelehrtenkreise geläufige Sprache
das verdiente Aufsehen erregte. F. F. S.
57. Bouvat, L., Les Barmccides d' apres les historicns arabes et persans. RMM XX 1912,.
In der Einleitung umfassende Übersicht über das gesamte in Betracht kommende
Quellenmaterial. Von den wichtigsten Handschriften Proben in Faksimile. Dazu eine
Tafel mit Abbildungen barmekidischer Münzen. Kap. I — VIII Darstellung der Geschichte
der Barmekiden zumeist in der Form von fortlaufenden Auszügen aus den Quellen: ihr
Ursprung, der Noubehar, ihre Rolle am Omajjadenhofe, am Abbasidenhofe, ihr Fall^
Gründe und Folgen ihres Falls, spätere Träger ihres Namens, die Barmekiden in der Volks-
sage. Anhang I: Ursprung und Ableitungen des Namens Barmek. Anhang II: Biblio-
graphie. Index.
Die Arbeit erscheint durch die ausführlichen Quellcnbclege wertvoll. H. R.
58. Butler, A. J., The Treaty ot Misr in Tahari. Oxford, Clarendon Press 1913; S7 S. 8°.
Nachtrag zu seinem vortrefflichen Werke The Arab Conqiiest oj Egypt. Besprechung
der dort vernachlässigten Version T a b a r i 's und Auseinandersetzung mit einer Kritik
Lane Poole's. Abermalige Erörterung des Muqauqisproblems. Berechtigte Verteidigung
des historischen Wertes der Patriarchengeschichte des S e v e r u s. C. H. B.
59. Leone Caetani, principe di Teano, Chro>wgmphia Islamica, Paris, Paul Geuthner.
Periodo primo, Fase. I u. II — anno 45 H.
60. Lammens, Henri, Le Calijat de Jazid ler (i,t fasc). MFOB V, 590—724 (191 2).
Fortsetzung der grundlegenden Studien des Verf. zur Geschichte der frühen Omaj-
jaden. Wir werden im Zusammenhang darauf zurückkommen. C. H. B.
61. Nemeth, Julius, Die türkirch-nwngoliscke Hypothese. ZDMG 66, 4, 549 ff.
Der junge Budapester Gelehrte, der bereits früher in ungarischen Zeitschriften
einige Arbeiten auf diesem wichtigen Gebiete veröffentlicht hat, bemüht sich hier, eine
größere Zahl von Beweisgründen gegen die Annahme einer sprachgeschichtlichen Ver-
wandtschaft zwischen Türkisch und Mongolisch zusammenzubringen. Nur auf Entlehnung
beruhen nach ihm die zahlreichen Ähnlichkeiten in beiden Gruppen. Das letzte \\ox\.
ist mit dieser scharfsinnigen, aber nicht durchweg überzeugenden Studie wohl noch nicht
gesprochen, wie ja der Verf. selbst bemerkt, daß noch eine Reihe von Einzeluntersuchungen
dringend erforderlich sind. E. G.
62. Osztem, S. P., Volkssouveränität, Araber und Kalifat. Eine staatsrechtliche Skizze.
Ungarische Rundschau für histor. u. soz. Wissenschaften I, i, S. 123 ff.
63. Sobernheim, Moritz, Das Zuckermonopol unter Sultan Barsbät. ZA XXVII, i — 3.
(Goldziher-Festschr.)
Kritische Bibliographie. jüq
Monopole und Zwangskäufe waren unter den mamlukischen Herrschern zur Be-
schaffung neuer Geldmittel sehr beliebt. S. behandelt hier die wiederholte Einführung
eines Zuckermonopols unter Sultan Barsbäi, der sich dieses Ausweges besonders häufig
bediente. Im i^ischluß daran wird ein die Abschaffung des Monopols in Damaskus be-
treffender Erlaß aus dem Jahre 836, der auf einer Säule in der Vorhalle der Omaijaden-
moschee eingemeißelt war, und dessen Abschrift Dr. v. Berchem besorgt hat, im Wort-
laut und Übersetzung mitgeteilt. Im Anhang finden sich die Belegstellen aus Maqrizi
(Ms. Gotha) und b. Hagar al-Asqaläni (Ms. Berhn). E. G.
64. Della Vida, G. Levi, Bespr. von Leone Caetani, Principe di Teano, Annali dell'
Islam, vol. V, RSO. IV 1057.
IV. Naturwissenschaften (inkl. Medizin).
65. Bergsträsser, Dr. Gotthelf, Hunain ihn Is/iak und seine Schule. Leiden, vorm. E. J. Brill.
1913-
Die Schrift bezweckt für die im Titel bezeichnete Übersetzergruppe aus dem 9. und
Anfang des 10. Jahrhunderts n. Chr. auf Grund der Texte ihrer selbständigen und der
von ihr aus Hippokrates und Galen übertragenen Werke nach dem Vorbilde Klamroth's
über die SxEiNscHNEiDERsche Quellenforschung hinausgehende Ergebnisse in Form van
Charakteristiken der einzelnen, von der einheimischen Überlieferung nur rein biobiblio-
graphisch behandelten MitgHeder aus deren individuellen Ausdruckseigentümhchkeiten zu
gewinnen. So heben sich als besonders scharf umrissene literarische Persönlichkeiten in
erster Linie der gewandte und elegante Meister selbst, von seinen Schülern aber Hobais,
und zwar dieser infolge einer zur Manieriertheit ausgearteten Sucht, mit synonymen Sub-
stantiven, Partikeln und adverbialen Redensarten bunt abzuwechseln, und seiner wohl
durch mangelhafte Kenntnis des Griechischen und Unsicherheit in der Beherrschung der
Fachterminologie bedingten Vorhebe für das Ev oia o'jofv vor den übrigen heraus.
Auch wird auf demselben Wege ein schärferer Einblick in die Arbeitsweise und Arbeits-
teilung der Schule gewährt. Im einzelnen ist B.s hypothetische Entwicklung des Anteiles
eines jeden der eben angeführten beiden Übersetzer an der arabischen Anatomie G a 1 e n s
(S. 45) eine ebenso scharfsinnige, wie überzeugende. Einen breiten Raum nimmt die Be-
kämpfung Max Simon' s, seiner linguistischen Untersuchungen und seiner Auffassung von
Sprachcharakter und Autortyp der von ihm edierten »Sieben Bücher Anatomie des Galen«
ein. — Dem Herausgeber standen Quellentexte von recht geringem Umfange zur Ver-
fügung. Um so anerkennenswerter ist der Erfolg seiner Methode, und man darf seine
schöne Arbeit mit Recht eine Vollreife Frucht der strengen FiscHERschen Richtung nennen.
E. S.
66. Gabrleli, G., Nota biobibUografica su Qustä ihn Lüqä. RRAL., Serie V, vol. XXI (1912),
341— 3 S2.
Der Verf. gibt zunächst ein vollständiges Verzeichnis der eigenen Schriften und
Übersetzungen Qostäb. Lüqä 's nach dem Fihnst, al- Q i f t i s Ta'rT/i al-/iukamä
und Ibn abi Useibi'a's Tabaqät al-aiibbä, den bekannten Quellen für Gelehrten-
geschichte. Aus den gleichen Quellen werden die Daten für sein Leben mitgeteilt, dann
aber mit Hilfe einer Zusammenstellung aller bei den Titeln erwähnten Personen der Kreis
der Freunde und Gönner Q o s t ä b. Lüqä's gekennzeichnet. Es gelingt dem Verf.
dadurch, die spärlichen Nachrichten der genannten Quellen in überraschender Weise zu
beleben und insbesondere auf die Übersiedelung Q o s t ä ' s nach Armenien, die in vor-
gerücktem Alter stattfand, Licht zu werfen. Gabriel: unterscheidet drei Hauptperioden
seines Lebens: die erste mit Reisen im byzantinischen Reich, die zweite, das Mannesalter,
am Hof der Abbasidenchalifen im Kreise arabischer Gelehrter und Mäcene, die dritte
jQQ Kritische Bibliographie.
bei den christlichen Herren in Armenien; dementsprechend auch drei Perioden seiner
schriftstellerischen Tätigkeit: die Zeit der philologischen, naturwissenschaftlichen, medi-
zinischen, philosophischen Studien und ersten Übersetzungen, die seinen Ruf begründen,
die ausgedehnte wissenschaftliche und Übersetzertätigkeit in Baghdäd, den Abschluß
seiner literarischen Laufbahn in Armenien.
Auffallenderweise erwähnt Gabrieli unter den handschriftlich erhaltenen, aber von
seinen drei Quellen nicht genannten Schriften nicht das Kitäb al-falähat ar-rümijja, die
Übersetzung der »Griechischen Landwirtschaft« (vgl. Baumstark, Lucubrationes Syro-
Graecae, Leipzig 1894), ein Werk, das um so wichtiger ist, als davon ja auch eine syrische,
persische und armenische Version existiert, und das Verhältnis dieser Ausgaben zueinander
noch immer der vollen Aufklärung harrt. Der Leidener Codex stammt aus der Mitte
des 15. Jahrhunderts (Cod. bibl. Lugd. Bat. 192). J. R.
67. Hosseus, Dr. CarlCurt, Die Beziehungen zwischen Tabaschir, Bambus-Manna oder Bayyünis-
Zucker lind dem Xfi/yctpov der Griechen. S.-A. aus »Beihefte z. Botan. Zentral-
blatt« Bd. XXX (1912) Abt. IL
Der Verf. zeigt u. a., daß das sctxyapov der Alten mit dem sog. Tabaschir, einer
Kieselsäureabscheidung im Innern der Bambuseen, das, wie an der Hand zahlreicher
Belege aus der Literatur ausgeführt wird, im Orient eine große Rolle als Arzneimittel
gespielt hat und noch spielt, nichts zu tun hat, sondern nichts anderes als Rohrzucker
war. E. G.
68. Karpinski, L. C, The algebra of Abu Kämil Shoja^ ben Aslam. BMath. 3. Folge 12.
Bd. (191^)- 40—55-
Der Aufsatz kann als Fortsetzung von Sacerdote's und H. Suter's Studien über Abu
Kämil (zw. 850 — 930 in Ägypten) bezeichnet werden. Wie Suter (BMath. 3. Folge
10. Bd. (1910) S. 15 fT.) den Nachweis führt, daß Leonardo von Pisa nur Abu
K ä m i 1 s Abhandlung über das Fünfeck und Zehneck überarbeitet hat, so führt Kar-
pinski den Nachweis der Benützung durch AI K a r h i und Leonardo für die Alge-
bra, die lateinisch in der Pariser Hs. 7377 A erhalten ist. J. R.
69. Mittwoch, Eugen, Die älteste Influenza-Epidemie in Persien und Mesopotamien (im
Jahre 855 n. Chr.). Berl. klin. Wochenschr. 1913, Nr. 10.)
Kurze Besprechung einer Nachricht des Hamza al-Isbahäni über eine von
Persien der Handelsstraße entlang nach Mesopotamien wandernde epidemische Krank-
heit. Ursprung und Verlauf dieser Krankheit lassen Mittwoch's Annahme, daß es sich
hier um eine Influenza-Epidemie handelt, berechtigt erscheinen. R. M.
70. Schweinfurth, G., Arabische Pflanzennamen aus Ägypten, Algerien und Jemen. Berlin
1912. D. Reimer. XXIV. 232 S.
Der erfolgreiche Reisende und hervorragende Botaniker hat mit dem vorliegenden
Werk der arabischen Wissenschaft einen ganz außerordentlichen Dienst geleistet und
eine Aufgabe gelöst, der nur jemand gewachsen war, der die Botanik vollkommen beherrscht
und jahrelang im Orient gewesen ist. Für eine große Anzahl von arabischen Pflanzennamen
ist durch Schweinfurth's Werk authentisch der botanische Name festgestellt und dadurch
eine richtige Übersetzung arabischer Texte in dieser Richtung gesichert. Da ein Teil des
Werkes sich besonders mit der Flora von Jemen und Südarabien befaßt, so dürfte sich hier
eine wichtige Ausbeute für die Dichter ergeben. Die Namen sind sehr genau nach ihrem
Laut transkribiert, was für die Dialektforschung wichtig sein wird, außerdem ist auch
in einer Reihe von Fällen das arabische Wort mit arabischen Schriftzeichen wiedergegeben.
In den ersten fünf Abteilungen des Werkes sind lateinisch-arabisch und arabisch-lateinisch
zusammengestellt: i. arabische Pflanzennamen aus der Flora von Ägypten, die Kultur-
pflanzen und die im Handel vorkommenden inbegriffen, 2. arabische Pflanzennamen aus
Kritische Bibliographie. jqI
der Flora von Jemen, zusammengestellt nach den von Peter Forskal in seiner Flora ägyp-
tiaca-arabica (Havniae 1775) gemachten Angaben, 3. arabische Pflanzennamen aus der
Flora von Jemen und Südarabien, zusammengestellt nach den auf seinen Reisen 1 88 1,
1889 von G. ScHWEiNFURTH gemachten Aufzeichnungen, 4. arabische Pflanzennamen aus
der Flora von Biskra im nördlichen Saharägebiet von Algerien, zusammengestellt nach
Aufzeichnungen in den Jahren 1901 und 1908, 5. arabische Pflanzennamen aus
dem Küstenland und dem Teil- Bergland von Nordost-Algerien (Bona, La Calle und
Hammäni Meskutin) zusammengestellt nach Aufzeichnungen in den Jahren 1908 und
1910, Abschnitt 6. enthält die in Ägypten und Algerien gebräuchhche Nomenklatur der
Dattelpalme (Phoenix dactylifera L.) von Prot. Moritz.
In der Einleitung finden sich zum Teil wichtige Betrachtungen über die Herkunft
der Pflanzennamen sowie Hinweise auf die Literatur. Das vorliegende Werk Schweinfurth's
enthält, da es nur ein beschränktes geographisches Gebiet behandelt, naturgemäß nur
einen Teil der sämtlichen in arabischen Werken vorkommenden Pflanzen. Wenn der
Verf., wenigstens soweit seine Sammlungen reichten, auch noch für andere eine entsprechende
Zusammenstellung gäbe, so wäre das ein gar nicht hoch genug einzuschätzendes Verdienst.
E. Wiedemann.
71. Seidel, Ernst, Ein neues Exemplar des alten Ayt'ark^ und Allgemeines zu seinem medizini-
schen Abschnitte. Huschardean, Wien 191 1, 225 — 232.
Ein in Konstantinopel erworbener armenischer Frühdruck entpuppte sich als zweifel-
los das vierl^e zu den bisher bekannten drei Exemplaren des Ayt'ark' (Astrologie) von 15 13/14,
wahrscheinHch aus der Feder des trotz seines Signetes bis auf seinen Namen noch immer
geheimnisvollen Venediger Druckers J^cob St.\mmend. Der letzte der zehn Abschnitte
trägt den Titel Galinos Hakim, jedoch mit Ausnahme eines geringen Teiles zu Unrecht,
da der größere Rest einmal eine nach dem Vorbild der spätgriechischen Jatrosophien,
angelegte Sammlung volkstümlicher Rezepte, von denen die kulturhistorisch wichtigsten
in extenso mitgeteilt werden, sodann aber eine ebensolche von Verordnungen mehr wissen-
schaftlichen Charakters darstellt, deren Ursprung aus dem persischen Tibb-i-Sifd'T des
Muzäffär al-Husäini (fiSSö), bzw. aus dem W'erke eines von diesem ausge-
schriebenen Vorgängers an zahlreichen Konkordanzen nachgewiesen wird. Die Sprache
ist mittelarmenisch. Als Quellen werden nur Kalianos(Galenos) und A h a r o n
(7. Jahrh.) ausdrückUch genannt. (Autoreferat.)
72. Seidel, Ernst, Die Lehre von der Kontagion bei den Arabern. Arch. f. d. Geschichte der
Medizin, Bd. VI, Heft 2. Leipzig 1912. 13 S.
Die Art und Weise der Seuchenübertragung von einer infizierten Person oder Sache
auf Gesunde war von den ältesten Kulturepochen an bis tief in das Mittelalter hinein
unerkannt gebheben. Auch die hochintelligenten Griechen, ebenso wie die in deren Kiel-
wasser segelnden Araber der ersten sieben Jahrhunderte des Islam hatten e^ nur für den
Aussatz und einige Haut- und Brustkrankheiten zu einer der Wahrheit sich nähernden
Hypothese gebracht, sonst aber die Auswahl der Opfer auf primitiver Stufe den Dämonen,
später dem rächenden Gott überlassen. An der Hand der jeweiligen Schicksale der moham-
medanischen theologisch-philosophischen Sekten, wobei namentlich das zeitliche Zusammen-
treffen des Sieges reaktionärer Kirchen und Staatsmächte mit der erwachenden Neigung
der Medizin zum Loskommen von der G a 1 e n i sehen Schablone und zu selbständiger
Naturbeobachtung ein verhängnisvolles Moment bildete, wird nun dargetan, daß ein end-
gültiger Umschwung erst durch die sich mit unwiderstehlicher Gewalt aufdrängenden
bitteren Lehren der furchtbaren Pandemie in der Mitte des 14. Jahrhunderts im Verein
mit dem im Geheimen fortlebenden Einflüsse der freidenkerischen maurischen Ärzte-
Philosophen herbeigeführt werden konnte. Da erst erstand der Retter in Gestalt des
I g2 Kritische Bibliographie.
grol3en Staatsmannes und ärztlichen Schriftstellers Ibnu'l-Hatib, der mit allen
Waffen des Geistes und Gemütes dem Ansturm der das Dogma der unveränderlichen Prä-
destination buchstabengläubig festhaltenden Orthodoxie entgegentrat. Bald sollte die
Saat seiner von allen Schrecken der Passivität befreienden Lehre auch im Abendlande
aufgehen. (Autoreferat.)
73. Semjonoff, A. Aus dem Anschauungskreise der Muhamme daner des mittleren und süd-
lichen Asiens über die Eigenschaften und Bedeutung einiger kostbarer Steine und Mine-
ralien. (Ila-b oöaacTn BOäsp-üHin MycyaLMaH'b Cpe^Hefi ii IO>KHOfi risui na
KanecTBO h BHaHenie H-BKOTopwx-b öaaropoAiiH.xi. KaMHCft n MiiHepajioub )
MI I 293—321.
Kurze Besprechung der Anschauungen des Volkes und der in der Literatur auf-
gezeichneten Angaben über Entstehung, Fundort, Gewinnung und Bearbeitung und die
wunderbaren Eigenschaften edler Steine, insbesondere ihre Verwendung als Heilmittel
unter der Bevölkerung von Persien, Afghanistan und Indien. In den Ebenen der mittel-
asiatischen Steppe sind die Edelsteine weniger bekannt. Im einzelnen werden besprochen
(in der Reihenfolge des russischen Alphabets): Diamant, Granat und edler Spinell, Perle,
Smaragd, Koralle, Lapislazuli, Carneol, Bernstein, Corima, Jaspis. F. F. S.
74. Suter, Heinrich, Die Abhandlung über die Ausmessung des Paraboloides von el-IJasan b.
el-Hasan b. el-Haitham übersetzt und mit Kommentar versehen. BMath. 3. Folge
12. Bd. (1912) 289 — 332.
Der arabische Text dieser Abhandlung, die Suter »zu den ausgezeichneten Erzeug-
nissen des mathematischen Schaffens der Araber« rechnet, ist bis jetzt nur aus einem
Sammelband des India Office (Nr. 1270) bekannt. Die Abschrift scheint aus dem 16. Jahrh.
zu stammen, die Übersetzung ist auf Grund der im Besitz von Prof. E. Wiedemann be-
findlichen Photographien gemacht. Während Archimedes nur die Berechnung des
Paraboloides, das durch Rotation der Parabel um die Achse entsteht, und den Inhalt
eines schief abgeschnittenen Segments dieses einfachsten Paraboloides kennt, berechnet
Ibn al-Haitham nicht nur die Paraboloide, die durch Rotation der Parabel um
einen behebigen Durchmesser entstehen, sondern auch diejenigen, die durch Rotation
eines Parabelstücks um eine Ordinate erzeugt werden. Er benützt dazu die Exhaustions-
methode und eine Reihe von Hilfssätzen über die Summen der vier ersten Potenzen der
natürlichen Zahlen. Damit rückt die Kenntnis dieser Summen um 400 Jahre weiter
hinauf als bisher bekannt war. Das Verhältnis zu der von Ibn al-Haitham erwähn-
ten Abhandlung von Thäbitb. Qurra, die als weitläufig und schwierig bezeichnet
wird, und zu der von Abu Sahl al-Kühi, die sich nur auf die leichteren Fälle er-
streckt, ist noch zu untersuchen; die betreffenden Abhandlungen sind (in Paris und
Cairo) handschriftlich vorhanden. J. R.
75. Taeschner, Franz, Die Psychologie Qazwinis. Inaug.-Diss. Kiel. Tübingen 1912, 67 S.
Die Arbeit enthält die Übersetzung und Erläuterung der Seiten 301 bis 322 der
WüsTENFELDSchen Ausgabe, zu der eine Handschrift von Prof. Sarre, der Münchener cod.
ar. 464, der Berliner cod. pers. 345, die türkische Übersetzung der Wiener Hofbibliothek
cod. er. 1440, der als Häsija zur großen D a m i r i ausgäbe gedruckte Text und vor allem
Fleischer's Bemerkungen in seinem Handexemplar beigezogen wurden. Unverständlich
ist, welche Hilfe die türkische Übersetzung zur Herstellung des ursprünglichen
Textes bieten konnte, wenn der Codex schon S. 218 der WüsTENFELDschen Ausgabe
mitten in dem Artikel ^*-A*.i! «:^ abbricht; das gleiche gilt von der persischen Über-
setzung, von der der Verf. ganz richtig bemerkt, daß sie sehr frei sei und viele Zusätze
und Auslassungen enthalte. Der ursprüngliche Text wird eben nur von S und M und der
Häsija repräsentiert — abgesehen von vielen anderen Codd., die ebenfalls die »Erste
Kritische Bibliogfraphie. jq-,
Ausgabe« Wüstenfeld's enthalten — und der WüSTENFELDsche Text selbst ist, was dem
Verf. nicht bekannt sein konnte, eine späte Bearbeitung. Eine neue Q a z w i n i-Ausgabe
hätte nur danntauf die Übersetzungen einzugehen, wenn sie zugleich die späteren Schick-
sale des Textes aufzuklären versuchte; eine Aufgabe, die erst nach der Herstellung des
authentischen ältesten Wortlauts in Angriff genommen werden könnte. J. R.
76. Wiedemann, Eilhard, Beiträge zur Geschichte der Naturwissenschaften XXIV XXV
XXVI. (SBPMSErl. 43. Bd. 191 1. Erlangen 1912. 72 — 131, 206 — 232.)
Den Kern des XXIV. Beitrags: fiZur Chemie hei den Arabern« bildet die
Übersetzung des von der Chemie handelnden Kapitels aus den Mafätih al 'nlüm. Er
handelt im ersten Abschnitt über die chemischen Apparate, im zweiten über die in der
Chemie gebrauchten Reagentien und Stoffe, im dritten über die chemischen Operationen.
In zwischeneingefügten Exkursen und Anmerkungen stellt der Verf. mit einer erstaun-
Hchen Belesenheit zahlreiche Mitteilungen über die einzelnen Gegenstände aus der chemi-
schen und naturhistorischen Literatur des islamischen Kulturkreises zusammen. Sollte
einmal eine Zeit kommen, wo ein neuer Versuch gewagt wird, die Geschichte der Chemie
oder Mineralogie im Mittelalter zu schreiben, so wird man aus dieser reichen Stoffsamm-
ung die vielseitigste Anregung schöpfen können, wenn auch die Entscheidung über gewisse
jetzt noch strittige Fragen — so über die Notwendigkeit, zwei verschiedene Richtungen
in der Chemie zu unterscheiden, eine spekulative und eine praktische — auch aus dem
vorgelegten Material noch nicht gewonnen werden kann. E. Wiedemann will die beiden
Richtungen scharf auseinanderhalten, aber der Verf. der Majätih selbst weiß nichts von
einer solchen Trennung und führt bei den Metallen (S. 80) die alchimistischen Geheim-
namen, unter den Operationen die Darstellung des Steins und des Elixirs an, ohne sich
im geringsten bewußt zu sein, damit aus dem wissenschaftHchen in das okkultistische
Gebiet hinüberzugleiten.
Ebenso reichhaltig sind die im XXV. Beitrag: ))ijher Stahl und Eisen bei den mus-
limischen Völkern« zusammengestellten Nachrichten, die sich an eine in Übersetzung mit-
geteilte Schrift a 1 - K i n d i 's, die Risäla ft gawähir al-sujüf anschließen.
Der XXVI. Beitrag beschäftigt sich wie der im Islam Bd. III S. 412 besprochene
mital-Djaubari's Kitäb al-mnkhtär fJ kasf al-asrär, und zwar sind hier die Kapitel
über Betrügereien der Ärzte, Augenärzte und Zahnärzte zusammengefaßt, Charlatanerien
aller Art erzählt und auch bedenkhche Praktiken, wie Anwendung von Einschläferungs-
mitteln, Giftkuchen usw. mitgeteilt: ein medizin- und sittengeschichtlich gleich inter-
essanter Stoff, dessen Übersetzung und Erläuterung besonders dankenswert ist. J. R.
77. Wiedemann, Eilhard, Über die Gestalt, Lage und Bewegung der Erde, sowie philosophisch-
astronomische Betrachtungen von Qiäb al Din al Schirdzu Archiv f. d. Gesch. d. Natw
u. d. Technik, 3. Bd. (1912), 395 — 422.
Eine Fortsetzung früherer, an gleicher Stelle veröffentlichter Studien über die Schriften
QutbalDins (geb. 1 236 zu Schlräz). Es handelt sich um den Anfang der zweiten
Ma.qäle des i. Kapitels des Werkes Nihäjat al idräk fJ diräjat al afläk, eine zusammen-
fassende Darstellung der Lehre von der Erde, die den Kapiteln II bis VI des ersten Buches
von Ptolemaeus' Abnagest entspricht. J. R.
78. Wiedemann, Eilhard, Ibn Sinä's Anschauung vom Sehvorgang. Archiv f. d. Gesch. d.
Natw. u. d. Technik, 4. Bd. (191 2) 239 — ^241.
Übersetzung einer Stelle aus Ibn Sinä's Schrift Tabrijät min 'ujün al /likma,
die u. a. den Beweis erbringt, daß der entferntere Gegenstand kleiner erscheinen muß
als der nähere. ■ J. R.
79. Wiedemann, Eilhard, Die Schrift über den Qarastün. B. Math. 3. Folge 12. Bd.
(1912), 21—40.
Islam. JV. 13
IQA Kritische Bibliographie.
Zu den im lateinischen Okzident verbreitetsten Schriften aus dem Gebiet der Mechanik
gehört das »liber Carastonis«, d. h. T h ä b i t b. Q u r r a ' s Buch von der Schnellwage. (Eine
gleiche Schrift wird auch Qostä b.^^Lüqä zugeschrieben.) Die erhaltenen Übersetzungen
weichen stark voneinander ab; E. Wiedemann gibt hier eine deutsche Übersetzung nach
arabischen Handschriften von Berlin, aus dem India Office und aus Beirut. Weitere
Literatur ist in den Anmerkungen mitgeteilt. J. R.
80. Wiedemann, E., und Hell, J., Über al Berfmi. Mitteilungen zur Geschichte der Me-
dizin u. Naturw. XI. Bd. (191 2), 313 — 321.
Enthält die Übersetzung der Biographie al Berünis in dem biographischen
Wörterbuch von Jäqüt nach Photographien der Oxforder Handschrift. J. R.
V. Literaturgeschichte
(Handschriftenkataloge und neue Quellen)^).
81. Beveridge, H., Nizämls Haft Paikar. AQR 1913 vol. I Xr. i, 70 — 80.
82. Boll, Franz, Eine arabisch-byzantinische Quelle des Dialogs Hcrmippos. Mit einem
Beitrag von Carl Bezold. (SB. Ak. Heid., 1912, 18. Abb.)
Die Abhandlung enthält den höchst interessanten Nachweis einer der Quellen des
von Joh. Katrarios um 1322 verfaßten Dialogs "Epi/i-ro; r^ ~zrA äaTrvoÄoyiot;. Als
Kroll und Viereck den Dialog 1895 ß^" herausgaben, hielten sie ihn noch für ein
Werk des 5. oder 6. Jahrh. und den Katrarios lediglich für den Abschreiber. Die
Entdeckung zweier Turiner Handschriften, in denen der Dialog mit zwei andern ver-
wandten Charakters dem Katrarios als Autor zugeschrieben war, durch A. Elter
(ediert als Bonner Univ.-Progr. 1898), ließ die Wahrscheinlichkeit einer späten Ab-
fassung größer werden, aber solange der Nachweis spätgriechischer Quellen fehlte,
mußten doch noch Zweifel bleiben.
Nun hatte Ch. E. Ruelle 19 10 entdeckt, daß die einzige Hs. des Vettius Valens
(Cod. gr. Vat. 191) auch den griechischen Urtext eines 1559 von H. Wölk veröffentlich-
ten Buches Hermctis pliilosophi de revoltitio7iibus nativitatum enthält, und wenn auch
das I.Kapitel keinen Autor nennt, so ergab sich doch aus der Überschrift des 4. Buches
und dem Zusammenhang, daß der dort genannte 'AzoiAocsap d. i. AbüMa'sar (f 886)
der eigentliche Autor des Werkes sein müsse. Die Vergleichung der in Oxford befind-
lichen arabischen Handschrift (Digby, Cr. 5), die den Titel führt » Über den Umlauf
der Gebitrlsjahrevi, bestätigte vollkommen die \'ermutung. F. BoLL hat nun durch
Nebeneinanderstellung des Kapitels I 15 des Hc7-inippos und des entsprechenden Kapitels
I 7 der griechischen Übersetzung des Abu Ma*sar den Beweis geliefert, daß der
Dialog die Übersetzung in beträchtlichem Umfang wörtlich ausschreibt, und C. Bezold
hat den arabischen Urtext mit einer deutschen Übersetzung des genannten Kapitels —
es ist dort der 8. Abschnitt — beigesteuert. Aus den genaueren Nachweisen über die
Abhängigkeit sei wenigstens die falsche Wiedergabe von > » ,•»" iJÜJ, Mangel an Ver-
stand, durch »Wenigkeit der Nahrung«, (jAtyotpo'ftot, cibi paucitas, wie es ja heißen könnte
hier aber nicht heißen kann, erwähnt. Auch der lateinische Text des Kapitels ist als
Anhang beigegeben. J. R.
83. Christensen, Arthur, Remarques criliques sur le Kiiäb bayäni-l-adyän d' Abu 'l-Ma^äli.
MO V, 191 1 205 — 16.
') Sofern deselben nicht aus besonderen Gründen in den anderen Rubriken
untergebracht sind.
Kritische Bibliographie. jg-
Kritische Bemerkungen zu diesem von Chr. S chefer in seiner Chrestomathie per-
sane I herausgegebenen »ersten persischen Buch über die Religionen, ersten uns be-
kannten islamischen Buch über alle Religionen der Welt*. A b ö - 1 - M. wird als weniger
genau und weniger objektiv als Sahrastäni dargestellt, er hat aber betreffend die
si'a und die 126'' Imämlehre einige Details, die man nicht bei S. findet. Der Verf. gibt Argu-
mente dafür, daß Ab ü - 1 - M., äußerlich Sunnite, im Herzen der 12^^ Imämsekte ange-
hörte. Er weist nach, daß die vor bismilläh gestellte Liste über die 72 Sekten unecht ist,
und gibt verschiedene Erläuterungen und Anderungsvorschläge zum Text. J. P.
84. Destaing, Ed., Notes sur des maniiscyits arabes de V Afriqne Occidentale (suite). RA.
LVI (1912), 447 — 469.
85. Friedländer, Dr. L, Die Chadhirlegende und der Alexanderroman, eine sagengeschicht-
liche und literar-historische Untersuchung. Teubner, Leipzig- Berlin 1913, XXIH,
338 S. S°. Besprechung in Vorbereitung.
86. Griffini, E., Lista dei mss. arabi, nuovo fondo, della Bibliotheca Ambrosiana di Milano.
RSO Anno IV Vol. IV Fase. IV 1021— 104S.
Fortsetzung von vol. III 253 — 278, 571 — 594, 901 — 921, IV' 87 — 106.
87. G[uest], A. R., Besprechung von Abü'lMahäsin ibnTaghrt BirdTs Antials. Edited by
William Popper. University of Californias publications in Semitic Philology vol. II
Part. II 539 I. JRAS Oktober 1912, 1120 — 1125.
Günstige Besprechung mit Bemerkungen über die Art der Komposition des Annalen-
werkes, Zusätzen und Verbesserungsvorschlägen für den Text. H. R.
88. Haussleiter, Hermann, Register zum Qorankommentar des Jabari (Kairo 1321). Straß-
burg, Trübner, 191 2, 47 S.
Durch diese vortreffliche Arbeit wird der große Cairo' er TafsTr des Tabari überhaupt
erst benutzbar. Die Flügeische Verseinteilung ist zugrunde gelegt. Bei den ersten 9 Suren
ist jeder Vers verzeichnet, später, da der Kommentar kürzer wird, immer nur der die
Seite beginnende. Der Verf. hat sich den aufrichtigen Dank aller Arabisten verdient. Sein
Register ist ein unentbehrliches Seitenstück zur Konkordanz. C. H. B.
89. Jacob, Georg, Stücke ans Ibn Dänijäls Taif al-hajal. 3. Heft. Die Eröffnungsrede
aus 'Agib wa-Garib Berlin, Mayer u. Müller, 191 2, 31 S. 8°.
Eminent schwieriger Text mit größter Akribie herausgegeben. Edition soll in Cairo
geplant sein. Was dabei herauskommen wird ? Ob Abhängigkeiten von der Literatur,
die sich anXaisäbüri's Weise Narren anschließt, bestehen (vgl. Loosen in ZA XXVII) ?
C. H. B.
90. El-Kindi, The Govemors and Jiidges of Egypt or Kitäb el-'umard (el Wiilah) wa Kitäb
al quddh together with an Appendix derived mostly frorn Raf al Isr by Ibn Hajar ed.
by Rhuvon Guest (Gibb Mem. Ser. XIX). Leyden (Brill), London (Luzac) 19 12.
Mit 2 Karten u. 6 Tafeln, 72, VI S. 8».
Ausgezeichnete Ausgabe dieser wichtigen Quelle zur Geschichte Ag\-ptens. Neben
J ä q ü t 's Dictionnary und Ibn Djubair's Ri/ila die wichtigste und nützlichste
Publikation, die wir bisher den Trustees des Gibb Fund verdanken. Wir werden die Arbeit
Guest's ausführlich im »Islam« würdigen. C. H. B.
91. Leander, P., Al-BasJr bin Rustän: Al-'agab ft lugat al-'Arab (übersetzt), Xenia Lide-
niana, Festskrift tillägnad Professor Evald Liden pä hans femtioärsdag den 3 Oktober
1912. Stockholm, Norstedt & Söner, 66 — 73.
Der Verf. bietet in dieser Festschrift, Professor E. L. zu seinem fünfzigjährigen
(Jeburtstag . . . gewidmet, eine schwedische Übersetzung von einem Vortrag, der am
Orientahstenkongreß 18S9 in Kristiania gehalten wurde. Das Ms. (11 Bl.), am 9 Muharram
1307 in Stockholm vollendet, ist der Universitätsbibliothek zu Uppsala vom König Oskar II.
13*
jq5 Kritische Bibliographie.
übergeben. Der Vortragende, Qädi in Tlemsen, fängt an mit den gewöhnlichen Lobprei-
sungen und einer Lobrede über König Oscar; darnach beweist er in üblicher Weise aus
Qorän und Sunna, daß Arabisch die trefflichste, reichhaltigste, deutHchste usw. von allen
Sprachen der Welt ist. Die größten Philologen von A 1 - H a 1 i 1 an werden aufgezählt,
mit Segensprüchen über den Propheten wird abgeschlossen. J. P.
92. Macdonald, Duncan Black, D. D., The Arabic and Turkish Mamiscripts in ihe Newberry
Library. The Newberry Library, Chicago Illinois (19 12).
22 wenig bedeutende Manuskripte: 4 Qorane, 3 JJalä'il al-chairät, Teile von Kom-
mentaren zu C h a 1 i 1 's Muchtasar (Charaschi, Tatä 'i), a 1 - K a 1 ä ' i 's Propheten-
biographie K.al-ikiifä, G h a z ä 1 i 's K.al-chätam /?/ badnh mit Kommentar, S u b k i 's
djam* al-djawämi* fi'l-usül, Tüsi's tai!ir7r a/-.l//£j/z5/J(Ptolemäusbearbeitung), eine Sprich-
wörtersammlung mit franz. Übersetzung, einige kl. Traktate von S o j ü t i : iJ asbäb al-
/tadiih (nicht nachweisbar), Kifäb al-budür (eschatol.), Risäla ft 'l-ahädith al-miisalsalät,
D j u r d j ä n i s 'amämil (Gramm.) u. Sarf-i-mlr (persisch), M u t a r r i z i , Misbäh
fi^l-na/m; ein türkischer medizin. Traktat Manäfi' al-näs und eine türk. Beschreibung der
Eroberung Amerikas, falsch dem Hadjdji Chalifa zugeschrieben. Die arab. Hand-
schriften meist in maghribinischem oder halbmaghribinischem Duktus. Ein wesentlicher
Beitrag zu dem künftigen Katalog der orient. Handschriften in Amerika. C. H. B.
93. Macdonald. B. Duncan, Ftirther Notes on ihe »Ali Baba and the forty Thieves«.
Anmerkungen zu dem vom Verf. entdeckten und JRAS 1910, 317 — 386 heraus-
gegebenen Text (MSBodl. Orient 633) vgl. Torrey JRAS 191 1, 222). Galland's Über-
setzung wird aus dessen Tagebuch mitgeteilt und festgestellt, daß die fragHche Hand-
schrift von einem Schüler de Sacy's namens Jean Varcv geschrieben ist. H. R.
94. Margoliouth, D. S., Same recent Arabic Literatiire JRAS 191 2, Jan., 214 — 219.
Besprechung von 1. Ignace Kratchkovsky, Abu Hanlfa al-Dlnawart, Kitab al
akbär al-tiwäl, prejace, variants, et index. Leiden, Brill, 191 2. Dankenswerte Ergänzung zu
der Ausgabe von Gi;irg.\ss 1888.
2. Paul Brönnle, Monuments of Arabic Philology vol. 1—2: Comtneniary on Ihn
Hisams Biography of Muhammed. Cairo, Diemer 191 1. Wird als wertlos bezeichnet.
3. Dr. Hans von Mzik. Reise des Arabers Ibn Batüta durch Indien und China.
Hamburg, Gutenberg -Verlag, 1911. Einige Verbesserungen zu der nicht ganz zuver-
lässigen Übersetzung.
4. Die Presse des Saläm in Buenos Aires hat zum Gebrauch für die syrischen Aus-
wanderer in Argentinien eine Statistik über die syrisch-arabische Auswanderung nach
Argentinien seit 1S90: DalTl es-Saläm (enthält S. 17 — 24 sehr interessante Einzelheiten
über die Wirkung der Proklamation der osmanischen Verfassung im Libanon), ein Ta^rtfi
al-Ardjentln und ein spanisch-arabisches Wörterbuch herausgegeben. H. R.
95. Salemann, Zur Handschrifteyikunde. I.: Al-Birünt's al-Ätär al-bäqiyah. Bulletin
de l'Academie Imperiale des Sciences de St. Petersbourg. VI. Serie (19 12. Nr. 14).
S. fand in einem ihm aus Teheran gesandten Verzeichnis zum Verkauf angebotener
Handschriften ein Werk, das als ,«»:^A/i ^^X^,yi\ ^i^JjLj UJlä5^ bezeichnet war. Es war,
wie sich herausstellte, eine Kopie der »Chronologie« al-Birüni's, datiert vom i. Gumädä
II 616= i<^. 8. 12 19, also älter als die von Sachau bei seiner Ausgabe benutzten Abschriften.
Fast ein Drittel der ursprünglichen Blätterzahl ist verloren gegangen, doch stehen dem
22 Blätter mit bisher nicht bekanntem Text gegenüber. Dabei werden auch verschiedene
Lücken bei Sachau ausgefüllt. Es folgen einige Proben bes. für Iranisten interessanter
Abschnitte. Am Schluß wird noch auf eine andere (Stambuler) Handschrift verwiesen,
die Rescher MFOB V, 2 S. 539 erwähnt. E. G.
Kritische Bibliographie. jq-t
96. Wiet, G., El-Maqrizi, al-MawdHz wa^l-i'tibär ti dhikr el-khifai wa*l-äihdr, tome i",
fasc. 2e, chap. XIII— XXX, MIFAO au Caire. t. 3oe.
Dem in Bd. II, 405 f. besprochenen i. Faszikel ist inzwischen das 2., den i. Bd.
abschließende gefolgt. Der veröffentlichte Text entspricht der i. Cairoer Ausgäbe Bd. I,
I — 81. Die Benutzbarkeit dieses ersten Teiles des gewaltigen Unternehmens wird durch
einen guten Index erhöht. Die Anmerkungen auch dieses zweiten Faszikels sind alles
andere als ein trockener kritischer Apparat, es sind oft kleine Realienabhandlungen voll
wertvoller Informationen. Meine früher geäußerte kritische Stellung zu diesem Verfahren
hindert mich nicht, diese gelehrte und nützliche Arbeit dankbar anzuerkennen. Ich hoffe
später auf die Edition selber zurückzukommen. C. H. B.
97. Wortabet, Dr. (Late), Aphorisms of the ßrst four caliphs or successors of Muhammed
compüed and iranslated (to be continued). AQR 1913 vol. I Nr. i, 64 — 69.
Kritiklos. H. R.
98. Zettersteen, K. V., Some chapters of the Koran in Spanish transliteration. MO V,
191 1, p. 39—41-
Ein mit lateinischen Lettern transkribierter Text der Suren 97, 99, 109, 113, 114
aus einer Handschrift (17. Jahrhdt., Tunis) von der Bibliotheca Nacional zu Madrid.
Die Umschrift zeigt eine stark vulgäre Aussprache des Arabischen (ä in Endung oft fort-
gelassen, sonst meistens durch e wiedergegeben, c. im Silbenende g, Gutturalen sonst
fortgelassen usw.). J. P.
■99. Zettersteen, K. V., Herrn D. W. Myhrman's Ausgabe des Kiiäb Mu'Td an-ni'am
wa-mubTd an-niqam. Uppsala u. Stockholm, Almqvist u. Wicksells Boktryckeri,
(in Kommission) 19 13; 64 S.
Eine vernichtende Kritik und sorgfältige Nachprüfung der MYHRMAN'schen Edition
des wichtigen S u b k I 'sehen Buches. Jeder, der es benutzt hat, hat wohl verwundert
den Kopf geschüttelt, und man kann es den schwedischen Arabisten nicht verdenken, daß
sie energisch dagegen protestieren. Zettersteen weist in der nicht umfangreichen Edition
etwa 2500 Fehler nach. Die unbarmherzige Kritik und die auf sie verwandte Mühe haben
eine Verbitterung zur Voraussetzung, deren Gründe dem Fernerstehenden nicht durch-
sichtig sind.
Besprechung der MvHRMAN'schen Edition von Seybold ZMDG 67, 168.
C. H. B#
100. N, N., Wie die arabische Bibel entstand. Barmer Missionsblatt 88. Jahrg. März 1913.
VI. Archäologie
(Kunstgeschichte, Epigraphik, historische Geographie und ähnliches).
101. Ahmed Zeki Pascha, Le passe et l'avenir de l' Art musulman en Egypte. EC 1913,
Jan. Nr. 13, 1—32.
102. Casanova, Paul, Essai de Reconstitution topographique de la ville d'al Foustät ou Misr.
T. ler, fasc. I MIFAO XXXV, Le Caire 19 13, no S. 4°-
Casanova, der schon so viel für die Topographie Cairos getan hat, beginnt mit vor-
liegendem Hefte eine detaillierte topographisch-archäologische Studie von Fustät, indem
er jede Straße, jeden Platz, jedes Gebäude einzeln durchspricht und auf beigegebenen
Kartenskizzen festlegt. Wird das breit angelegte Unternehmen wirklich vollendet, so
ist es eine ungemein wertvolle Arbeit; denn im alten Fustät war es nicht leicht, sich zurecht-
zufinden, und bei der Lektüre der Schriftsteller stößt man immerfort auf unverständUche
topographische Voraussetzungen. Eine Beurteilung wird erst möglich sein, wenn die
jgg Kritische Bibliographie,
Arbeit etwas weiter publiziert ist; für heute können wir nur beste Wünsche für ihren Fort-
gang äußern. C. H. B.
103. Flury, S., Die Ornamente der Hakim- und Ashar-Moschee, Materialien zur Geschichte
der älteren Kunst des Islam, mit 34 Tafeln und ^Abbildungen im Text. Heidelberg,
Carl Winters Universitätsbuchhandlung, 1912, 52 S. 4°.
Der erste, der auf die Fatimidenkunst aufmerksam gemacht hat, war Max van
Berchem, dem dies Buch mit Recht gewidmet ist. Später hat Strzygowski sich ein-
gehender mit ihr beschäftigt. Eine wirklich kunsthistorische Eingliederung dieser Phase
der islamischen Kunstentwicklung war aber bisher unmöghch, weil es an einwandsfreien
Aufnahmen des authentischen Materials fehlte. Zu Ausfüllung dieser Lücke ist vorliegendes
Werk ein ungemein wertvoller Beitrag, da hier erstmalig die Ornamente der Häkim-
moschee mit großer Sorgfalt wissenschaftlich aufgenommen und mit den alten Ornamenten
der Azharmoschee verglichen werden, die auch noch nie so gründlich studiert worden
sind. Durch sorgfältigen Vergleich der Ornamentik verschiedener fatimidischer Bauten
gelingt es, eine gewisse Stilentwicklung aufzuweisen und undatierte Bauteile chronologisch
einzuordnen. Dabei wird naturgemäß stets die Tulunidenornamentik zum Vergleich heran-
gezogen und Herzfeld's in seiner Genesis (Bd. I) ausgesprochene These von dem Ver-
hältnis der Tulunidenkunst zur Fatimidenkunst nachgeprüft. Unter Ablehnung der Herz-
FELD'schen Annahme und unter starker Anlehnung an Strzygowski wird der Tuluniden-
ornamentik nur ein ganz sekundärer Einfluß auf die Fatimidenkunst eingeräumt. Auch
der Export der Tulunidenkunst wird bestritten. Dagegen lehnt der Verf. vorsichtig und
mit Recht eine Herkunftsdefmierung der Fatimidenkunst ab. Er will erst eine gründ-
hchere Durchforschung der östlichen, d. h. mesopotamischen Kunst abwarten, obwohl
ihm die östliche Heimat der Cairoer Fatimidenkunst schon jetzt wahrscheinlich erscheint.
Den Schluß bildet eine Untersuchung der Steinornamente der Häkimmoschee, deren große
kunstgeschichtliche Bedeutung mit Recht hervorgehoben wird. Die Tafeln und Zeich-
nungen sind erstklassig.
Solche Detailuntersuchungen sind von großem Werte, und alle Interessenten werden
S. Flury Dank wissen, wenn er auch gelegentlich etwas zuweit geht in seiner Skepsis
gegenüber inschriftlich gesicherten Baudatierungen Herzfeld's (Maqäm 'Ali). Darin
hat er gewiß recht: Erst Denkmäleraufnahme und dann Kunsttheorie. Das ist aber nur
dann durchführbar, wenn alle Kunsthistoriker diesen richtigen Grundsatz befolgen.
C. H. B.
104. Guest, A. R., The Delta in the Middle Ages, a Note on the Brauches oj Ihe NiU and Ihe
kurahs of Lower Egypt, with Map. JRAS 1912, 941—980.
Eine sorgfältige, ergebnisreiche Studie zur historischen Geographie des Deltas von
berufenster Seite. Eine starke Änderung der hydrographischen Basis ist eingetreten,
trotzdem gelingt im wesentlichen die Identifikation mittelalterlicher Orte mit modernen.
In Tabellenform erhalten wir einen guten Überbhck über die Itinerarien, die aus dem 10.
bis 12. Jahrh. erhalten sind und Listen der verschieden überlieferten Kuränamen. Die
Karte ist äußerst nützlich. Möge uns der verdiente Herausgeber a 1 - K i n d i 's noch
manche derartige Studie schenken. C. H. B.
105. Guyer, S., Surp Hagop(Djinndeirmene), eine Klosterruine der- Kommagene. Ein Beitrag
zur Bewertung und Datierung der nordmesopotamischen Kunst. Repertorium f. Kunst-
wissenschaft XXXV, 483— 50S.
Diese Besprechung einer nordmesopotamischen Kirche gehört deshalb hierher, weil
sie zu wichtigen Vorfragen der islamischen Kunstgeschichte Stellung nimmt. StrzygowsivI
. und Miss Bell hatten in Amida diese Kirchen sehr hoch hinaufdatiert und daran weit-
gehende Schlüsse geknüpft. Hier wird nun der Beweis erbracht, daß Surp Hagop erst dem
Kritische Bibliographie. (qq
9. Jahrh. entstammt, daß also der in ihm vorliegende konservativ klassische Stil bei den
syrischen Christen bis tief in die islamische Zeit hinein gepflegt worden sein muß. Guyer
bestreitet gegen Strzygowski, »daß Mesopotamien auf dem Gebiete des Gewöjbebaues
Führer gewesen wäre«. Das orientalische Moment in diesen Bauten liegt für ihn im Grund-
riß und entspringt praktischen Bedürfnissen, »alles das aber, was einen Bau zum Kunst-
werk macht, wurzelt in hellenistischen Bautraditionen«. So ist diese ausgezeichnete Arbeit
ein wichtiger Beitrag zur Frage »Orient oder Hellas«, eine Frage, von deren Beantwortung
auch das Urteil über das Wesen der islamischen Kunst abhängt. C. H. B.
106. Herzfeld, E., Erster vorläufiger Bericht über die Ausgrabungen von Samarra, mit einem
Vorwort von Friedrich Sarre. Herausgeg. von der General-Verwaltung der Kgl.
Museen. Dieterich Reimer (Ernst Vohsen), Berlin 191 2; IX, 49 S., 15 Tafeln und
10 Textabbildungen, 4°.
Über die von Friedrich Sarre großzügig ins Leben gerufene und von Ernst Herz-
feld mit ungewöhnlichem Talent und ungewöhnUchem Erfolg durchgeführte Ausgrabung
der alten Kahfenresidenz Samarra haben wir öfters berichtet (II, 294; 314). Hier wird
nun ein kurzer Vorbericht vorgelegt. Nach einer kurzen Skizze der Geschichte von Samarra
behandelt Herzfeld die große Moschee des Mutawakkil. Es war ein flachgedeckter Bau
mit gemauerten Stützen, in deren Ecken Säulen eingebaut waren. Zu dieser Moschee
gehört das berühmte Spiralenminaret der Malwijja. Große Überraschungen brachten dann
weiter die Privathäuser mit ihrem reichen Stuckschrauck der Wände. Drei ganz ver-
schiedene Stile sind hier nachweisbar, die unvermittelt nebeneinander stehen. Vermutlich
repräsentieren sie lokal verschiedene Kunstschulen, die dank dem Leiturgiebetrieb in
Samarra gleichzeitig vorkommen. Die unvergleichliche Denkmälerkenntnis Herzfeld's
gestattet ihm eine vorläufige kunstgeschichtliche Eingliederung, die uns mit Spannung
der definitiven Publikation entgegenblicken läßt. Das folgende Kapitel behandelt die
Bauten des Westufers, die Burg al-'Äschiq und das hochinteressante Mausoleum dreier
Kalifen, die Qubbat al-Sulaibijja. Die historische Identifikation ist unbestreitbar. Das
großartigste Resultat der ganzen Grabung ist aber zweifellos die Feststellung des Planes
des Schlosses Balkuwara, das von Mn'tazz erbaut wurde. Man mache sich nur einmal
klar, was es bedeutet, eine etwa i qkm große Ruinenflsche als einheitlich gedachten Plan
zu erkennen ! Damit nicht genug, hat H. auch den Namen dieser Bauform als »al-Hirl«
bei M a s ' ü d I entdeckt und damit literarisch und archäologisch das Prinzip der Kalifen-
paläste jener Zeit — über das wir vorher gar nichts wußten — einwandfrei festgestellt.
Die ständige Arbeit mit den Meßinstrumenten hat ihm dabei nahegelegt, über das Normal-
maß, das all diesen Bauten zugrunde lag, nachzudenken. Auf Grund unzähliger Messungen
steht es jetzt fest, daß die mansürische Elle 51,8 cm lang war, daß sich also die Doppelelle
ungefähr mit unserem Meter deckte. Ein Bericht über die schi'itischen Heiligtümer Samarras
und ihre Inschriften schließt den inhaltsreichen Vorbericht. Inzwischen hat in Samarra
die zweite Kampagne begonnen und neue erfreuliche Resultate ergeben. Mit freudigem
Stolze können wir konstatieren, daß die erste große islamische Ausgrabung Deutschlands
einem Manne anvertraut worden ist, der dieser vielseitigen und schwierigen Aufgabe voll
und ganz gewachsen war. C. H. B.
107. Herzfeld, E., Die deutschen Atisgrabungen in Samarra. Illustriete Ztg. Nr. 360S vom
22. Aug. 1912. S. 335—339.
Populärer Aufsatz über die große Unternehmung mit vorzüglichen Abbildungen.
C. H. B.
108. Hopf, Carl, Die altorientalischen Teppiche, eine Studie über ihre Schönheitswerte. 20 S.
(8 Tafeln, 28 Abb. und eine »Erläuterung« derselben 4 S.) Privatdruck (Stuttgart
1912).
200 Kritische Bibliographie.
Ein sympathischer Hymnus auf den orientalischen Teppich mit prachtvollen bunten
Reproduktionen. Obwohl keine wissenschaftliche Arbeit, doch voll von Anregungen,
so die Anschauung, daß alle erhaltenen Teppichmuster nur Degenerationsformen sind.
Nur wenige seltene Exemplare sind Zeugen der einstigen Größe dieser Industrie. Auch
über die Farbe ist manches hübsche \^'ort gesagt (Naturfarben im Gegensatz zu den Teer-
farben). Hoffentlich schenkt uns Hopf einmal ein großes wissenschaftliches Handbuch
der Teppichkunde. C. H. B.
109. Jacob, Georg, Säulen vomTheater in Athen alsSpolien im Vorhof der Selimja zu Adria-
nopel. Hermes 48. Bd. Berlin 1913, S. 160.
Kurzer Hinweis auf eine Mitteilung des türkischen Geographen E v 1 i j a , daß zum
Bau der Selimja in Adrianopel Säulen vom Theater in Athen verwandt worden seien.
R. M.
110. Le Strange, G., Descriptwn of the Province of Fürs, in Persia, at the beginning of
the Twelfth Century A. D. Translated froin the MS of Ihn al BalkhT in the British
Museum. (Concluded.) JRAS 191 2, Oktober, 865—890.
Fortsetzung von Jan. 19 12 i und April 191 2 339.
111. Lichtwark, Alfred, Der Pabnettenfries. Lehrbuch der Gesellschaft Hamburgischer
Kunstfreunde XVIII (1912), S. 83—93.
Technisch-künstlerische Entwicklung dieser auch für die islamische Kunst wichtigen
Figur unter Verzicht auf die historische Methode. Die einzelnen Elemente werden
zeichnerisch entwickelt. Schlußabschnitt: Das islamitische Ornament. »Der Islam dürfte
die Grundformen seiner Ornamentik aus Byzanz übernommen haben. Die Urformen und
Übergangsformen nachzuweisen ist Sache der Geschäfte. Sind die Bildungsgrundsätze
erkannt, lassen sich schematisch alle oder fast alle Formen der Antike in islamische über-
setzen«. Beispiel die Tulunidenornamentik. Es wird die Historiker interessieren, wie
hier ein Künstler und Ästhetiker dies vielumstrittene Problem behandelt. C. H. B.
112. Massignon, Louis, Mission en Mesopotamie (1907 — 1908), tome second: ^pigraphie
et Topographie historique. MIFAO t. 31, Le Caire 1912; VIII, 144 S. (mit 28 Tafeln).
Dem ersten Bande seiner Mission, in dem das vom Verf. zuerst der Wissenschaft
erschlossene, viel umstrittene Schloß Ukhaidir behandelt ist, hat Massignon nach zwei
Jahren den vorhegenden Schlußband folgen lassen. Er gliedert sich in einen epigraphi-
schen und einen topographischen Teil. Die wichtigsten Inschriften stammen von der
auch schon von M. v.-\n Berchem in Sarre-Hekzfeld's Reisewerk behandelten Madrasa
Mirdjanijja in Bagdad (8. Jahrh. H.), doch scheint mir das letzte Wort über sie noch nicht
gesprochen. Es fragt sich aber, ob ihre inhaltreiche Bedeutung die große schon auf sie
verwandte Mühe rechtfertigt. Massignon bringt 15 Inschriften resp. geordnete Inschriften-
teile der Mirdjanijja und eine Reihe anderer Bagdader Inschriften. Tritt schon bei ihrer
Behandlung das Talent des Verf. für topographische Fragen und seine Freude daran be-
sonders hervor, so wird man den zweiten und Hauptteil des Buches mit großem Genuß
lesen. Im Gegensatz zu der rein literarischen Behandlung der Topographie von Bagdad,
wie sie Le Str.^nge und Streck in ihren Büchern befolgt haben, geht Massignon von
den archäologischen Resten und von der Gegenwart aus und schreitet rückwärts zur lite-
rarischen Überlieferung. Natürlich kann ein einzelner immer nur, Beiträge liefern; denn
die topographische Erforschung einer historischen Weltstadt wie Bagdad ist eine Aufgabe
allergrößten Stiles, deren Lösung einen gewaltigen Apparat erfordert. Aber Massignon
tritt an seine Aufgaben mit eigenen Gedanken und mit neuen Methoden, und darin scheint
mir der Hauptwert seiner Leistung zu liegen. So hat er zuerst konsequent die alten Gau-
und Flurnamen gesammelt und dann vor allem ein Grundgesetz orientalischer Stadtent-
wicklung aufgestellt, nämlich das von der Stabilität der Märkte. Durch Jahrhunderte
Kritische Bibliographie. 201
bleibt die gleiche Gegend im Besitz der gleichen Zunft. Dieser Gedanke ist von ihm in
seiner Erstlingsschrift zuerst ausgesprochen und an Fez, später an Cairo nachgewiesen
worden. Jetzt findet er ihn in Bagdad bestätigt, und dadurch gewinnt er einen sicheren
Ausgangspunkt. Einzelne Punkte des alten Stadtbildes werden ausführlich behandelt,
mit besonderer Liebe das Grabmal des Hallädj, auf den sich Massignon's gelehrte Arbeit
während der letzten Jahre konzentriert hat. Sein schönes Buch ist oben S. 165 von Gold-
ziHER besprochen.
Möge das große von M.\ssignok begonnene \\'erk de. topographischen Untersuchung
Bagdads an Ort und Stelle bald von anderen fortgesetzt werden; möge es ihnen gelingen,
was M. versagt blieb, die zahlreichen noch erhaltenen Waqfurkunden für diese Zwecke
auszunutzen. Niemand wird sich mehr als Massignon freuen, wenn sie über ihn hinaus-
kommen, immer aber bleibt ihm das Verdienst, hier mit ernster Arbeit begonnen und
künftiger Forschung durch geistreiche Fragestellung Ziele gesetzt zu haben. C. H. B.
113. Mittwoch, Eugen, Eine hebräische Grabinschrift ans dem Orient vom Jahre 121 7. Mit
2 Abb. MGWJ 19 12, 716 ff.
Beschreibung und Erklärung der Grabinschrift VA 2949 der vorderasiatischen Ab-
teilung der Kgl. Museen zu Berlin. R. M.
114. Reitemeyer, Dr. Else, Die Städtegründimgen der Araber im Islam nach den arabischen
Historikern und Geographen. Leipzig, Harrassowitz, 191 2; IV, 170 S. 8".
Ein hübsches specimen eruditionis der durch ihr anmutiges populäres Buch Ägypten
im Mittelalter bekannten \'erf. Es ist immer erfreulich, wenn orientalistische Disser-
tationen über die engen Schranken des rein Philologischen hinausstreben. Etwas Ab-
schließendes wird dabei natürlich kaum je geboten werden können. Auch diese Arbeit
ist im wesentlichen eine Sammlung von Bausteinen, fleißig zusammengetragen, aber es
ist unmöglich, als Doktorand die ganze historische Geographie vom Persischen Golf bis
zum Altantischen Ozean zu beherrschen. Die Verf. kennt nicht überall ihre Vorgänger,
wohl bei Basra, Bagdad und Samarra, nicht aber bei Fez (Massignon) und merkwürdiger-
weise nicht bei Fustät (Casanova, Butler, Salmon). Überall stellt sie die Original-
quellen sorgfältig zusammen und setzt sich kritisch selbst mit anerkannten Autoritäten
auseinander. So erhalten wir die Gründungsgeschichten fast sämtlicher bedeutender Städte
des Kalifenreichs. Aber sind das alles »Gründungen«? Cairo gewiß, aber z. B. Fustät
gewiß nicht (vgl. meinen Artikel »Cairo« in der Enzyklopädie des Islam). Mir fehlt weiter
die Herausarbeitung der Prinzipiendes Städtebau es im orientalischen Mittel-
alter. Was ist der L^nterschied zwischen khitta und hära? Welche Rolle spielen die
Süq's oder die Zentralmoschee ? Wie weit ist der Hiratypus überwiegend ? Worin lag
die Bedeutung der Qatä'i' ? Die Verf. konnte allerdings noch nicht wissen, daß hierüber
die Ausgrabungen in Samarra überraschende Auskünfte geben würden. Auch wäre viel-
leicht die Lokaltradition herauszuarbeiten gewesen; denn die runde Stadt Mansür's hing
gewiß von sassanidischen Vorbildern ab. Stammte die Anlage Cairos etwa aus dem Westen
und zeigt sich in ihr nicht schließlich auch noch der alte römische Lagertypus ? Ich deute
nur einiges an. Vielleicht entschließt sich die gelehrte Verf. auch noch einmal, aus ihrem
reichen Material die Synthese zu ziehen. Für heute begnügen wir uns, das uns Geschenkte
mit herzlichem Danke willkommen zu heißen. C. H. B.
115. Richmond, Ernest, The signipcance of Cairo. JRAS, January 1913, 23 — 40.
Der Artikel will nachdrücklich den Charakter Kairos als Fremdenstadt betonen.
Es wird an der Hand einer Betrachtung der hauptsächlichsten Bauwerke Kairos dar-
gelegt, daß die Stadt seit ihrer Gründung bis zum heutigen Tage ein Fremdkörper,
ein Brennpunkt des ausländischen Elements in Ägypten gewesen ist und in ihrem Wachs-
tum und Gedeihen durchaus von diesem abhängig, von dem Einfluß einheimisch-ägypr
202 Kritische Bibliographie.
tischer Traditionen freigeblieben ist. Diese Erscheinung wird auf die Eigenart Ägyptens
zurückgeführt, mit einer gewissen Selbstgenügsamkeit nie mit fremden Elementen eine
wirkliche Verschmelzung einzugehen, sie vielmehr abzustoßen und so zu nötigen, sich
einen vom einheimischen Element getrennten Sammelpunkt zu schaffen. Zur Kritik
dieser These vgl. C. H. Becker's Artikel »Egjpten« in der Enzyklopädie des Islam.
H. R.
116. Sarre, F., Neuerwerbungen der islamischen Kimsiabteilung. Amtl. Berichte aus den
Königl. Kunstsammlungen XXXIV Nr. 4, Jan. 1913.
I. Koranfragment auf Pergament mit Schmuckleisten. 2. Bronzelöwe mit Inschrift,
vielleicht aus dem 12. Jahrh. 7,. Zwei syrische Fliesen mit Tierdarstellungen. 4. Ein
Bronzespiegel aus dem 12. oder 13. Jahrh., in Ägypten gefunden. 5. Eine getriebene Silber-
schale etwa der gleichen Zeit. ':. Ein Anhänger aus Bronze. Sämtliche Stücke sind ab-
gebildet. C. H. B.
117. Sixtus, Prinz von Bourbon von Parma, u. Musil, Alois, In Nordostarahien und Süd-
mesopotamien. Vorbericht über die Forschungsreise 191 2. Mit einer Kartenskizze
Anz. Wien 1913, Nr. i.
In diesem Vorbericht geben die Forscher in knappen Umrissen eine Beschreibung
ihrer nicht gefahrlosen Reise zu Beginn des Jahres 191 2, deren Route eine beigefügte
Kartenskizze veranschaulicht. Eine ausführlichere wissenschaftliche Bearbeitung des
gesammelten Materials soll später folgen. Wir dürfen auf die Ergebnisse gespannt sem,
da verschiedene Ruinenstätten besucht, frühere Aufnahmen nachgeprüft und ergänzt
!=ind. R. M.
118. Schoenfeld, Hagohtvi, Die Mongolen und ihre Paläste und Gärten im mittleren Ganges-
tale. ZDMG 60, 577 iL
Anschauliche, etwas populär gehaltene, zuweilen stark poetisch gefärbte Schilderung
der Paläste von Agra und Fatehpur, letzteres nach den Darlegungen des Verf. Winter-
residenz Akbar's, sowie des Parkes von Labore, — in Einzelheiten nicht immer genau.
E. G.
119. Stube, R., Zur Geschichte des Hafens von Hormuz. Xenia Nicolaitana, Festschrift
zur Feier des vierhundertjährigen Bestehens der Nikolaischule zu Leipzig. Leipzig,
Teubncr, 191 2. 177 — 196.
Inhalt: i. Hormuz im Altertum. 2. Das festländische Hormuz und die Verlegung
der Stadt auf die Insel (um 1300). 3. Die Inselstadt Hormuz. Vom 13. — 16. Jahrh. war
Hormuz »ein Welthafen ersten Ranges*, der besonders als Umschlagsplatz für den Handel
zwischen Indien, China und dem vorderen Orient Bedeutung hatte. Mustergültige historisch-
geographische Studie mit sorgfältiger Verwertung orientahscher und abendländischer
Quellen. C. H. B.
VII. Länder und Völker des Islam 0-
a) Rußland.
120. A, L. C, M. Pavlovitch, R. Majereczak, Notes sur les musulmanes du Caucase. —
Zelim Khan. — Le Mouridisme. RMM XX 191 2, 133.
P.\yLOviTCH berichtet über das Leben und Treiben des kaukasischen Räuberhaupt-
manns Zelim-Khan. F. sieht den Hauptgrund für die Machtlosigkeit der Regierung diesem
Räuberunwesen gegenüber in der Unzweckmäßigkeit der russischen Verwaltung. Ob
und wieweit die Erfolge Z.-Kh.s auf seinem Zusammenhang mit der gewöhnlich als Muri-
dismus bezeichneten religiösen Bewegung im Kaukasus beruhen, untersucht Majerecz.\k,
') Vgl. auch das Referat von Menzel S. 123 dieses Heftes!
Kritische Bibliographie. 203
))Le Mouridisnie au Caucaseo. i. L'islamisation au Caucase. 2. Les debuts du Mouridisme.
3. Chaniil, 4. La Tariqat. 5. Apres Chamil. — Wenn auch der Ertrag der Untersuchung
für die aufgew^fene spezielle Frage wegen des Mangels an zureichendem Material nicht
sehr groß ist, so gewährt sie doch einen guten historischen Überblick über die religiösen
und nationalen Bewegungen, deren Schauplatz der Kaukasus seit der Islamisierung seiner
Bewohner gewesen ist. H. R.
121. Andreas, Bischof, Die ■wichtigsten statistischen Nachrichten über die Fremdvölker Ost-
riißlands und Westsibiriens, welche dem Einßuß des Islam ausgesetzt sind (Naibolie
vaznyja statisticeskija swiedienija ob inorodcach vostocnoi Rossii i zapadnoi Sibiri,
podverzennych vlijaniju islama). Unter der Redaktion des Bischofs Andreas
(früher in Mamadysch, jetzt in Suchum) und des Lehrers für Ethnographie
N. W. Nikol'skij Kazan 1912. LXXX, 320 S.
Das Buch zerfällt in vier Teile: i. Kurze ethnographische Skizze über die betreffen-
den Völkerschaften, vorzüghch über die Baschkiren, Besermenen, Wotjaken, Mordwinen,
Tataren, Ceremissen und Cuwaschen; darin auch statistische Tabellen; 2. (Hauptteil)
ausführlichere Zusammenstellung des von den Landgemeinden (Wolost) der betreffenden
Gebiete im Jahre 191 1 der Redaktion zugegangenen statistischen Materials; 3. bibUo-
graphische Übersicht der auf die genannten Völker bezügHchen Literatur, vorzüglich
der von der russischen Geistlichkeit veröffentlichten Schriften; 4. Betrachtungen (von
demselben Standpunkt) über die Ursachen der Erfolge des Islam und die Mittel zu deren
Bekämpfung. Die Baschkiren sind vollständig islamisiert, auch hat die muhammedanische
Kultur bei diesem Volke weit größere Erfolge aufzuweisen als man bei dessen trauriger
wirtschaftlicher Lage erwarten könnte. Von den Tataren hat ein Teil (die »altgetauften«)
schon im 16. Jahrhundert, ein anderer (die »neugetauften«) später das Christentum an-
genommen; letztere sind jetzt fast sämtlich zum Islam zurückgekehrt. Unter den übrigen
Völkerschaften hat der Islam erst unter russischer Herrschaft Verbreitung gefunden.
Leider ist das hier mitgeteilte statistische Material offenbar lückenhaft und wenig zu-
verlässig; die im ersten Teil angegebenen Zahlen befinden sich häufig mit den Zahlen der
Haupttabellen in Widerspruch, obgleich die Redaktion sich in beiden Teilen auf dieselbe
Quelle (die Mitteilungen der Landgemeinden) beruft. Die Gesamtzahl der vom Christentum
zum Islam abgefallenen Tataren beträgt nach dem ersten Teil 43 073, nach dem zweiten
34 431. ^^'- B-
122. Larson, E, J., Tiflis as a Moslem centre. MW Oct. 191 2 II, 4, 405 — 407.
b) Türkei.
123. Ali Vahbi Bey. SuUaji Abdul Hamid II. Gedanken und Erinnerungen. Tage-
buchbläiter herausgeg. von A. V. B., Nord und Süd XXXVI, Februarheft 1913.
Durchsichtige Mystifikation. C. H. B.
124. Bourdarie, Paul, Les Affaires de Tiirquie: Paix et revolution. La paix qui venait. Les
suites possibles de la revolution. Les hommes du coup d' Etat. Le role de l'Alle-
magne. Le probleme de la Turquie d'Asie. RI Nr. 81, 8° annee, Jan. 161 3.
125. Bouvat, L., La guerrc balcanique dans la presse Ottomane. RMM 1912 XXI, 222 — 237.
Fortlaufende Exzerpte aus den Leitartikeln des TenJn und des Iqdäm vom i. Oktober
bis 30. November 1912. H. R.
126. Bouvat, L., Quelques Reviies Ottomanes. RMM 1912 XX, 2S2— 304.
Besprechung von fünf wichtigen türkischen Zeitschriften: i. Sebil-ür-reSäd, religiös-
wissenschaftliche Zeitschrift, Fortsetzung des Serät-i-MustekIm. 2. Turk Yurdu, politisch-
literarische, 3. Sa'y u Teiebbii\ literarisch-politische und soziale Rundschau. 4. TedrTsät-
204 Kritische Bibliographie.
i-Uniümiye Medjmü'asi, offizielles Organ des Ministeriums des öffentlichen Unterrichts,
herausgeg. von den Professoren der »Ecole normale«, in einem theoretischen: Nazariyät
u Ma'lümät Kismi, und einem praktischen Teile: ^Amaliyät u Tatbikät Kismi. 5. Djeride-
i-Felsejiye, philosophische Rundschau.
127. Coijic, Prof. Dr. Joven, Der Zugang zur Adria. Petermanns Mittlgn. Beilage MiUtär-
geographie J912, 361 — 4.
128. de Contenson, Ludovic, En Turquie d'Asie. La question armenienne. As. Fr. B. 19 13
Xr. 142, S — 16.
129. Duggan, The Balkan Problem, PoHtical Science Quarterly vol. XXVIII, 34 — 48.
130. V. d. Goltz, Frhr., Die politische Natur der heutigen Türkei. Asiatisches Jahrbuch
1912, II ff.
Der Verf. zeichnet knapp und scharf die Verhältnisse unter Abdulhanüd und legt
die Ursachen dar, die zu dessen Sturz und zum Anbruch der neuen Ära führten. Sodann
erörtert er die Aufgaben und die Ziele der jungtürkischen Regierung, nicht ohne Vertrauen
auf die Schaffung eines neuen, starken Staatswesens. Allerdings ist der Aufsatz noch vor
den großen Wandlungen der letzten 3/^ Jahre entstanden. E. G.
131. G[uyer], H., Aus einer mesopolamischen Reise. Sep. aus der Neuen Züricher Zeitung,
32 S. 12« (1913)-
Feinsinnig und stimmungsvoll geschriebener Bericht der Schwester und Begleiterin
Dr. S. Guyer's über eine Reise von Takrit nach Hatra. Die Schilderungen über das Ein-
greifen der türkischen Regierung in die Verhältnisse der um Hatra hausenden Schammar-
beduinen sind von großem Interesse. Hier scheint die junge Türkei dank dem Geschick
eines einzelnen Offiziers wirklich einmal segensreich gewirkt zu haben. Wir sind für diesen
lehrreichen Bericht aufrichtig dankbar. C. H. B.
132. Hippeau, Edtnond, Le commerce frangais dans la Turquie asiatique. As. Fr. B. 1913
Nr. 142, 22 — 27.
133. Jaeckh, Ernst Dr., Deutschland im Orient nach dem Balkankrieg. Berlin, Mörikes
Verlag, München. 2. Aufl. (4. Tausend.) 1913; 160 S. 8°; i Karte.
Besprechung erfolgt später.
134. Jensen, Alfred: Kors och Halfmane. Reiseskisser frän den europeiska Otienten. Med
38 Bilder. Stockholm, Alb. Bonnier, 19 11. 208 S.
Das Buch »Kreuz und Halbmond, Reiseskizzen aus dem europäischen Orient<i bean-
sprucht nicht von wissenschaftlichen Forschungen zu berichten, sondern erzählt in hübscher
Weise die Beobachtungen »eines historisch und literarisch gebildeten Touristen«. Er hat
besonders mit Bulgaren, deren Sprache er kennt, verkehrt, und erzählt von ihren Fort-
schritten, vor allem durch geordnetes Schulwesen, in Makedonien. Die Jungtürken werden
als Emporkömmlinge, die ihre Herrschaft in diesen Provinzen nicht behaupten können,
dargestellt. Über albanesische Sitten wird verschiedenes Interessante mitgeteilt.
J- P-
135. Imhoff, Generalmajor z. D., Die Ereignisse in Arabien im Jahre 191 1 und Personal-
angaben über Sejd Jdris. Nach türkischen Quellen mitgeteilt. Deutsche Tagesztg.
Nr. 511, 8. Okt. 1912.
Nützliche, wenn auch bei weitem nicht erschöpfende Mitteilungen über diesen wenig
beachteten Kriegsschauplatz. Die Türken mußten hier ständig gegen zwei Fronten kämpfen:
während die Italiener die Küstenplätze beschossen, hatten sie sich auf der Landseite der
Angriffe des Saijid Jdris zu erw'ehren. Über die Abstammung und den Lebensgang des
letzteren werden einige interessante Daten gebracht. E. G.
136. Massignon, Louis, Notes sur le Dialecte Arabe de Bagdad BIFAO XI, i — 24
(19 12) mit 2 Tafeln.
1
Kritische Bibliographie. 20 "^
Überblick über die sprachlichen Resultate der Mission cn Mesopotamie (vgl. Nr. 112).
I. Interessanter Versuch einer Differenzierung des Bagdader Dialektes nach Stadtquartieren.
Massignon unterscheidet 7 sprachlich verschiedene Bezirke. Über die Gliederung gibt
er nur Andeutungen. Unterschiede in der Sprache der Juden, Christen, Städter und
Beduinen liegen auf der Hand, aber ob die darüber hinausgehende Dialektspaltung aus
mehr als Individualismen besteht, muß nachgeprüft werden. 2. Aufzählung der literari-
schen Quellen in Bagdader Mundart. 3. Dialektproben: Straßenrufe, Sammlung von
Melodien mit ihrer Bennenung (sehr interessant, aber für Unmusikalische nicht zu würdigen),
Sprichwörter und ähnliches. 4. Versuch einer allgemeinen Charakterisierung des Dialekts.
— Wie alles, was Massignon schreibt, etwas zu kurz gefaßt und philologisch im einzelnen
anfechtbar, aber sehr gedankenreich und originell. C. H. B.
137. V. Massow, W., Das werdende Albanien. Die Grenzboten, 72. Jahrg. (1913), Nr. 15.
138. Mohamed Farid Bey, Eiude sur la crise ottomane actuelle. Genf 1913, 60 S.
Der erste Eindruck, als ob der Verf. sich wirklich einmal bemühen wolle, objektiv
zu urteilen, ist gar bald dahin. In seinem weiteren Teile entpuppt sich dies Büchlein als
eine Hetzschrift gefährlichster Art. Die ganze Schuld an dem Zusammenbruche der Türkei
wird dem bösen christlichen Europa in die Schuhe geschoben, das natürlich systematisch
vorgeht, um die Religion des Islams auszurotten. Wie es im Kopfe des Verf.s, Advokaten
am Appellgerichtshof in Cairo und am Internat. Gerichtshof in Alexandria, aussieht, dafür
möge als einziges Beispiel seine Beurteilung wissenschaftlicher Islamzeitschriften (Revue
du Monde Musulman, The Muhaynmedan World und dieser Zeitschrift, die er
in Berlin erscheinen läßt, also wohl noch nie gesehen hat) genügen (S. 31): »tout ces
publications ont pour but de faire connaitre ITslam pour le mieux conquerir«.
(Vgl. Le Chatelier's Conquete du monde Musulman !) Daß das Büchlein mit einem
warmen Appell an alle Moslims zum Zusammenschluß gegen die böse Christenheit schließt,
ist wohl selbstverständlich. R. M.
139. von MÜHneu, Dr. E. Graf, Der Zusammenbruch des jungtürkischen Staates. Deutsche
Revue Dez. 1912.
Knappe und gut orientierte Darstellung der Gründe des Zusammenbruches der
Türkei. C. H. B.
140. Nord, Erich, Das türkische Strafgesetzbuch vom 28. Zilhije 12"]^ (9. August 1858) mit
Novelle vom 6. Djemazi-Ül-achyr 1329 (4. April 191 1) und den wichtigsten türkischen
Straf nebengesetze'n. Deutsche Übersetzung nebst Einleitung und Anmerkungen.
Berlin, Guttenberg, 1912. (Sammlung außerdeutscher Strafgesetzbücher in deut-
scher Übersetzung Nr. 34) 107 S.
141. Oestrup, J., Verdens oeldste Kulturland, GeografLs]i Tidsskrift 1911, IV, 132 — 44.
In dem Aufsatz »Das älteste Kulturland der Welt« gibt der Verf. Mitteilungen über
einige seiner Beobachtungen auf einer Forschungsreise, die er Anfang 191 1 in Mesopo-
tamien unternommen hat. Er beschreibt besonders die sozialen Verhältnisse in dieser
türkischen Provinz. Während die Türken zwischen Eufrat und Tigris ordentliche Zu-
stände geschaffen haben, sind die Verhältnisse südlich vom Eufrat unsicher und armselig.
Die Beduinen dieser Gegend, Bnl Lam und Muntefiq, leben primitiver als die syrischen,
für Poesie 2. B. haben sie keinen Sinn. Der Islam spielt gar keine Rolle. Durch schlaue
Politik hat 'Abdul Hamid die meisten Grundstücke erworben; seit 1909 sind sie staatlich.
Die türkischen Beamten sind wohlwollend und tolerant (dies im Gegensatz zu den sehr
fanatischen Si'iten). Die Regierung hat eingesehen, daß das alte Kanalisations- und
Bewässerungssystem wiederhergestellt werden muß. Die Beduinen, sind nicht abgeneigt,
feste Ansiedler zu werden. Eine Übersicht über die Arbeiten, die bis jetzt von Will-
cocKs (bes. mit dem Damm bei Musajjib) gemacht worden sind, wird angefügt. J. P.
2o6 Kritische Bibliographie.
142. Poignant, Georges, Les interels frangais en Syrie. QDC 17° annee Nr. 385, 263 — 274,
Nr. 386, 321—334.
143. Raunkiar, Barclay, Det kongelige danske geografiske Selskabs Ekspedition til Arabien.
Forelöbig Oversigt, Geogr. Tidsskrift 191 2, VI, 215 — 16.
In diesem Vorbericht über »die Expedition der Königl. dänischen geographischen
Gesellschaft nach Arabien« gibt Herr R. eine vorläufige kurze Übersicht über seine Reise
in Nordostarabien. Am 16. Jan. 19 12 verließ er Bagdad, von Quweit aus folgte er einer
Kaufmannskarawane gegen Negd. Sein Plan war nach Oneize zu gehen; dieser Plan wurde
vereitelt, er mußte Palgraves Rute nach Riad über Zilfe und Megma'a einschlagen; von
dort kam er gegen Mitte April nach Bahrain. Seine Expedition wurde von Beduinen
sehr gefährdet, der Gebrauch von komplizierten Instrumenten war unmöglich. Aus-
führliche Publizierung über die Ergebnisse wird versprochen. J. P.
144. Scheltema, N., Determination of the geographical Latitude and Longitude of Mecca
and Jidda, executed in 1910 — lOU, K. Akad. v. Wetenschappen te Amsterdam X\^
1912, 527—572.
Auf Veranlassung von C. Snoltk-Hurgronje hat der Verf. als holländischer Konsul
in Djidda in Zusammenarbeit mit dem muhammedanischen Konsulatsangestellten Salim
und bei astronomischer Leitung von Prof. Bakhuyzen unter unendlichen Schwierig-
keiten die genaue geographische Lage der Ka'ba auf 21° 25' 18" NB u. 39° 50' 59" östl.
Greenwich bestimmt. Die Sekundenbruchteile sind von mir außer acht gelassen. Damit
ist zugleich ein wichtiger Ausgangspunkt für die weitere Vermessung Arabiens gegeben.
C. H. B.
145. Schouboe, C. F., Nutidetts Mesopotamien. Geogr. Tidsskrift 1912, VI, 219 — 28;
VII, 264—72.
Der Verf., Teilnehmer an der Xr. 1 43 erwähnten Expedition, gibt eine geographische
Beschreibung vom »Mesopotamien der Gegenwart« auf Grund vonWiLLCOCK's und seinen
eigenen Beobachtungen und Messungen. Höhenlage, landschaftliche Eigenart, Klima,
Flora und Fauna werden untersucht, besonders auf der Strecke Diwanie-Samawa-Nasrle-
Satra-Qut el-Hai. Von der Gegend wird eine Karte gegeben. J. P.
146. Turkey, Report for the year 191 1 on the trade of Baghdad. Edited at the Foreign Office
and the Board of Trade. — Diplomatie & Consular Reports. Nr. 4999. Annual
Series.
147. Uebersberger, Hans, L'niversitätsprofessor Dr., Wien, Die Orientkrisis. Die Neti-
belfbiiui: der Türkei. Handbuch der PoHtik Bd. II (191 2/13) 763 — 767.
148. Wirth, Albrecht, Das Erwachen der asiatischen Völker. Handbuch der Politik Bd. II
(1912/13), 767—778.
Die '>panislamische Gefahr« wird S. 774 ff., die Türkei S. 777 f. besprochen. E. L.
149. Wirth, Albrecht, Ursprung der Albaner. OA III, 10 — 12.
Vom Hindukusch bis an den Atlas wohnten als Urbevölkerung die Kas, zu denen
die Tscherkessen, Berber, Basken gehören, die überall lokale Differenzierungen durch
Blutmischung erfuhren. Zu ihnen gehören auch die Albanier, an deren vorarische Zeit
Sprachreste, kulturelle und physische Momente gemahnen. Sie sind indogermanisierte
Kas. Dieser .\rbeit gegenüber empfiehlt sich die größte Vorsich't. C. H. B.
150. Eine deutsche Hochschule in der Türkei. Akadem. Rundschau I, i, 35 ff.
Über die bekannte Anregung des »deutschen Vorderasienskomitees« zur Gründung
einer deutschen Hochschule in der Türkei äußern sich nach einleitenden Ausführungen
Wilhelm Baum's die Orientalisten C. Brockelm.ann, A. Fischer, G. Steindorff und
P. ScHROEDER. Die beiden ersteren stimmen dem Plane durchaus zu, während sich Stein-
dorff ablehnend verhält und rät, lieber deutsche Volksschulen zu gründen, die, wenn
Kritische Bibliographie. 207
sie gedeihen, zu Realschulen erweitert werden mögen. Schroeder empfiehlt gleichfalls
die Einrichtung einer Hochschule, doch wird der von ihm gegebene Rückblick auf die
Schicksale des»)>Lycee Imperial de Galata Sarai« manchen etwas pessimistisch stimmen.
E. G.
c) Persien.
151. Ghilan, Abdoul-Beha et la Situation. RMM XXI, 261 — 267.
Übersetzung eines Artikels aus dem Fikr (Tebris), der sich über das z\vischen Regierung
und Volk mißtrauensäende Treiben der Behäis entrüstet. Zum Beweise ihrer Verlogenheit
wird ein Brief Abdul B e h ä 's an seinen Schüler Mirza G h a f f a r , und einer Mirza
Ghaffar's an seinen Meister, letzterer mit einer phantastischen Bekehrungsgeschichte,
veröflentlicht. Der ganze Haß der Nationalisten gegen die Behäis hallt aus dem Artikel
wieder. H. R.
152. von Hahn, Bazare und Wohnhaus r in Persien. Asien 1913 Nr. 4, 71 — 72.
153. von Hahn, Feier des Kurban-Bairam in Teheran. Nach einem Bericht der Kawkas.
Ib. 73—75-
154. Nicolas, A. AI., Controverses persanes. Le livrc »In Cha Allah!« refuie par Seyyed Borhan
ed-Din Balkhi.' RMM XXI 23S— 260.
Ein modern gerichteter Perser, guter Muslim, aber voll Haß gegen die unw-ssende
Anmaßung der Ulemäs, die in der Geographie des Himmels besser Bescheid wissen als
auf der Erde, richtet sich in scharfen Worten gegen den trägen persischen Fatalismus.
Anlaß zu seiner Schrift gibt ihm eine Disputation über ein in dem unklaren Stil der Scheichis
verfaßtes Buch: In schä Allah, der er bei der Soiree eines sunnitischen Paschas beiwohnte.
Das Büchlein gewährt einen interessanten Einblick in die Denkungsweise und Eigenart
des »modernen« Persers. Man kann für die von A. L. M. Nicolas gebotene Übersetzung
nur dankbar sein. . H. R.
155. Persia, Nr. 3 (1912), Further Correspondence respeciing the affairs of Persia. Presented
to both Houses of Parliament by Command of His Majesty. March 19 12. London.
Published by His Majesty's Stationery Office. XX und 177 S.
156. Persia. Report for thc year igii — 12 on theTrade of Persia. Diplomatie and consular.
reports Nr. 5037. Series. London 1913.
157 Persia. Report for the year ended March 20, 1912, on the Trade of the Consular District
of Kermanshah. Diplom, and Consul. Rep. Nr. 4994.
158. Woodman Stocking, Annie. The new woman in Persia. MW Okt. 1912, 367—372.
Die Verf. gibt einen interessanten Einblick in die Emanzipitationsbewegung der
persischen Frauen, speziell in Teheran. Man sieht, wie doch nach und nach auch in den
Enderüns sich ein neuer Geist zu regen beginnt. Das beweist auch die große Zahl neu
entstandener Mädchen- und Frauenschulen, mögen sie einstweilen auch noch mit marigel-
haften Lehrkräften und Methoden arbeiten. Bei Gelegenheit des russischen Ultimatums
ist es sogar zu einer politischen Demonstration durch die Teheraner Frauen gekommen.
H. R.
d) Indien.
1 59. Cabaton, A., Pays Malais. (Indes Neerlandaises, Malaisie Britannique. lies Philippines.)
RMM XXI, 330-365-
Inhalt: i. Die einheimische Presse in Niederländisch-Indien. Überblick über die
stattliche Anzahl der in einheimischen Sprachen erschienenen Zeitungen und Zeitschriften
ihren Charakter, ihre Schicksale.
2. Die »Sarekat Islam«. — Ein Bund muhammedanischer Kaufleute mit der Tendenz,
der Ausbeutung des Landes durch die ohnehin von der Regierung begünstigten Chinesen
planmäßig entgegenzuarbeiten.
208 Kritische Bibliographie.
3. Besprechung einiger wichtiger die »malaiischen Länder« betreffenden Publikationen,
OssENBRÜGGEN, De versprcide geschriften van Prof. Dr. G. A. Wilken\ Adaire chtbundel . . .
besorgt door de commissle voor het adatrecht. Uitgegeben door het Koninklijk Institut voor
de taal-, land-, en volkenkunde von Nederlandsch-Indie; — Repertoire oiiTable systimatiqiie
de tont ce qui a parii sur les colonies situees a l'est du Cap de Bonne-esperance dans lesmelanges
ou revues piibliees de 1595 a 1S65 en Hollande et ses possesions d'ontre-Mer. Huykaes,
Du RiEu, Hart MANN. H. R.
160. Froidevaux, Henri, I^es Fonctionnaires administratifs des Indes nierlandaises. As. Fr.
B. 191 3 Xr. 143, 61—67.
161. Menant, A propos de V universite musulmane d'Aligarh. RMM XXI, 26S — 289.
Die indischen Muslime glaubten sich vergangenen Sommer der Erfüllung ihres seit
30 Jahren gehegten Wunsches nahe, der Gründung einer muslimischen Universität in
Aligarh. Das Gründungskapital war durch freiwillige Spenden zusammengebracht, und
die anfangs nicht ganz zweckmäßigen Satzungen einer endgültigen Revision unterzogen.
Die Regierung hat jedoch den Punkt, auf den es den Muslimen wesentlich ankam, die
Angliederung auswärtiger »Colleges« an die neue Universität, nicht genehmigt. Jetzt sind
die Meinungen geteilt, ob man der Regierung nachgeben oder auf die Universität ver-
zichten solle. So der Stand der Sache im August 191 2. (Fortsetzung folgt.) II. R.
162. Mylrea, C. G., Lucknow as a Moslem Centrc. MW Jan. 1913, 31 — 36.
Gut orientierender Überblick über die Entwicklung Lucknow-s aus einer unbedeuten-
den Landstadt im iS. Jahrb. zu seiner jetzigen Bedeutung als einer der wichtigsten Mittel-
punkte des indischen Islam. H. R.
163. Thurston, Edgar, Omens and Superstitions of Southern India, London 1912. 320 S.
Der auf dem Gebiete der Ethnographie bereits vorteilhaft bekannt gewordene Ver-
fasser hat im vorliegenden Buche auf der Grundlage früherer Veröffentlichungen all da
Material zusammengefaßt, welches er auf ausgedehnten Wanderungen, durch münd-
lichen und schrifthchen Bericht vertrauenswerter Gewährsmänner, aus den Schriften
von Fachkollegen, amtlichen und nicht amtlichen Kundgebungen der Presse im Laufe
vieler Jahre gesammelt hatte. Ein überraschend großer Anteil des Inhalts kommt auf
Rechnung der populären Medizin, in erster Linie natürlich der Hindus, doch fallen von
dem reichbesetzten Tische auch einige gewichtige Brosamen für die Kenntnis der moham-
medanisch-indischen Volksarzneikunde ab. Wir wollen die interessantesten davon hier
kurz anführen: i. (p. 29) Blick und Atem der vom Gebet kommenden Mohammedaner
gilt als heilsam für leidende Kinder, was von Hindus und Eurasiern vor den Moscheen
weidlich ausgenützt wird. 2. (p. 119) Rotfarbige Abdrücke von Händen mit gespreizten
Fingern sieht man an den Wänden von Moscheen und Wohnhäusern als Schutz gegen
den bösen Blick, ebensolche aus Santalpaste an den Türen beim Ausbruch von Cholera
u. dgl. 3. (p. 163 f.) Leidet ein Mohammedaner starke Schmerzen an Hand oder Fuß,
so stiftet er zuweilen ein silbernes Abbild des leidenden Gliedes an das Grab eines Heiligen;
ein solches Grab liegt in Timmancheria, Distr. Anantapur, nämlich das des Masthan 'Ali,
dem zu Ehren im April ein von Mohammedanern und Hindus gleicherweise stark besuchtes
Fest abgehalten, und besonders zur Bannung von Kinderlosigkeit manche Votivgabe
gespendet wird. 4. (p. 187) Am Freitage schreibt man die Xamen heiliger Personen und
ihre Aussprüche auf Mango- oder Palmyrablätter mit Reiskohlentinte, nach deren Ein-
trocknen das Blatt gewaschen und das Wasser gegen hartnäckige Krankheiten getrunken
wird. 5.(p. 188) Dasvonlbn Batüta(ed. Defremery et Sanguinetti IV 85) erwähnte
»Blatt vom Baume des Glaubensbekenntnisses« findet wegen seiner Heilkraft heute noch
Gläubige, die den Baum auf dem Berge DeH, Malabar, lokalisieren. 6. (ibid.) Metallschalen,
denen innen und außen Qorantexte eingraviert sind, wurden nach Mekka mitgenommen,.
Kritische Bibliographie. 200
zu Häuplen des Prophetengrabes (sie !) geweiht und zur Darreichung von Arznei oder
Nahrung an Kranke benutzt. • — Man wird aus dem Vorstehenden einerseits Anklänge
an anderweit rflehr oder weniger verbreitete Aberglauben, dann aber auch das Bestehen
eines gewissen religiös-kulturellen Synkretismus entnehmen, für welchen auch sonst noch
(pp. 30. 64. 99. 128. 143. 161. 170. 274) Belege vorhanden sind. — Das Buch ist trotz
seiner Fülle an Stoff sehr übersichtlich geschrieben und mit 16 vortrefflichen Illustrationen
geschmückt. E. S.
164. Moquette, P. J., De grafsteenen tePase en Grissee vergeleken inet dergelijke moniimenten
uit Hindoestan (Tijdschrift van het Bataviaasch Genootschap van Künsten enWeten-
schappen LIV, 19 12, 536 — 54<S).
Die in Pasc (N.-Sumatra) und Grissee (O.-Jav?.) befindlichen Grabsteine mit arabi-
schen Inschriften vom Anfang des 15. Jahrh. sollen — wie vom Verf. ausführlich nach-
gewiesen wird — aus der Umgegend von Cambay (Gudjrat) herrühren. Die Meinung,
daß die muslimische Kultur letzterer Gegend den Islam in Niederländisch-Indien damals
stark beeinflußt habe, wird dadurch wieder bestätigt. Th. J.
e) Ostasien.
165. Huart, Q., et Vissiere, A., Eludes Sino-Mahomkanes. Deuxieme Serie VI. ^tele
sine-mahoniHane de Tienisin. RMM XX 269 — 281.
Fortsetzung der früheren an gleicher Stelle veröffentlichten Studien. Behandelt
Xr. 5 der BERTHOLET'schen arabisch-chinesischen Inschriften (T'oung pao VI, Serie II. s.)
Die Tientsiner Inschrift, datiert vom 7. April 1732, bezieht sich auf die genaue Festsetzung
des Anfangs der Fastenzeit und bericht-et von einer Streitigkeit, die damals über diesen
Punkt unter den chinesischen Muslimen herrschte. Der arabische Teil enthält Auszüge
aus theologischen Autoritäten. H. R.
f) Ägypten.
166. Choukri Tambay, Examen critique de la loi modifianl Vari. 692 dti Code civil mixte.
EC 19 13 März Nr. 14, 161 — 199.
167. Cohen, Marcel, Le parier Arahe des Juifs d' Alger. (Collection linguistique publice par
la societe linguistique de Paris 4.) Paris 1912.
168. Craig, J. I., The distribution of landed property inEgypt. EC 19 13 Jan. Nr. 13, 33 — 39.
169. Davidsen, M., Fra Nilen til det rode Hav. Politiken 23. Mai 191 2.
Mit dem Direktor des geologischen Museums zu Kairo, Dr. W. F. Hume, hat der
Verf. eine Expedition durch die Wüste »vom Nil bis zum Roten Meer« im Zeitraum vom
20. Februar bis 9. April 19 12 unternommen. Die Expedition bewegte sich von As-siüt
I. durch die Wüste zwischen dem Niltal und Wädi Qene, 2. von Wädi Qene durch die
östlichen Berge, ihnen entlang gegen Norden bis Gareb und zurück an der Küste entlang.
U. a. wurde festgestellt, daß Wädi Habib und die anderen Wädis zwischen dem Niltal
und Wädi Qene sämtlich auf der östlichen Seite des Kalksteinplateaus bei Bir Umm
'Abbäs entspringen. J- P-
170. Forgeur, A., Chroniqae judiciaire de l'Egypte (annee 191 1 — 1912). EC 1913 März
Nr. 14, 272—295.
171. Goadby, P. M., Asportalion and delivery in the offence of theft and other criminal
niisappropriations. EC 19 12 Nov. Nr. 12, 531 — 549.
172. Legrand, F., Note sur l'appUcation de, l'article 692 du Code civil mixte- et les theories^
relatives a la retroactivite. EC 1913 März Nr. 14, 225 — 255.
173. Lambert, E.-Amos, M. S., et Maunier, R., Notes sur un pretendu conflict entre les prin-
cipes du Statut personnel et le Systeme de la transcriplion. EC 1913 Mars Nr. 14, 207 — 224.
Islam, IV. 14
2IO Kritische Bibliographie,
174. Levy, Edwin, Les evenemenis de 1907 ei la Situation acliwlle de VEgypte. EC 1912
Nov. Nr. 12, 503—530.
175. Maunier, R., Chronique fmanciere de l'Egyple {afinee 1912) {avec cinq graphiques hors
texte). EC 1913 März Nr. 14, 257 — 271.
176. Muhamed Hilmi Issa Bey, Les demüres rejormes introduites dans la procediire en vue
d'accelerer la »larche de la justice devant les juridiclions indigenes. EC 19 13 Jan. Nr. 13,
91- — 112.
177. Sage, Henry, VEgypte dans l' Orient nouveau. QDC 17° annee Nr. 384, 209 — 220.
178. Schwally, Friedrich, Beiträge zur Kennttiis des Lebens der mohammedanischen Städter,
Feilachen und Beduinen im heutigen Ägypten. SB. Ak. Heid. 191 2, 17. 44 S.
Der Verf. hat Frühjahr 191 2 einige Wochen als Gast im Hause eines Angehörigen
des wohlhabenden Mittelstandes in Cairo, danach die gleiche Zeit bei einem Beduinen-
scheich im SW des Fajjüm und schließlich noch 14 Tage bei Fellachen zugebracht und
schildert seine Eindrücke. Dabei hatte der Verf. Gelegenheit zu manch neuer Beobachtung,
aber diese Resultate waren doch bitter erkauft. Auszüge aus der orientalischen Presse
ergänzen gelegentlich das Selbstgesehene. Inhült: Leben im Hause, Eheschluß, Defloration,
Stellung der Frau, Polygamie, Ehe mit einer Europäerin wird von den Orientalinnen
ungern gesehen, Gebräuche bei Geburten, Mülid Hosin, verschiedene Zikrartcn, die i)r()-
jektierte Reform der Derwischorden [Auszug aus Muajjad Nr. 6641 (7. IV. 1912)]. Bei
den Beduinen: Kleidung, Verbreitung der Zwcichc, großer Einfluß des seh Kabile, der auch
als Richter fungiert. Dichter, Nahrung, Lugnat al-*urbän, Gliederung der Stämme (vor-
läufige Mitteilungen), alle Beduinen sind Senüsi, Beteiligung am Krieg gegen die Italiener,
Nachrichten über die Organisation Enver Beys im Hinterland von Tripolis. Der ganze
Aufsatz liest sich sehr glatt und bringt mancherlei Neues. C. H. B.
179. Arnos, Maurice Slieldon, Directcur de Tccolc Khcdiviaic de droit, Essai sur la proce-
dure cii'ile. EC 1913 Jan. Nr. 13, 75 — 90.
g) Nordafrika.
180. Amar, Emile, L' Organisation de la propriete jonciere au Maroc, rapport au Comiti du
Maroc. Afr. Fr. RC 1912, 381 — 393; 452 — 462.
181. Armatte, La Situation actuelle du protectorat marocain. (^DC 17" annce Nr. 3S5, 279
bis 2S7.
182. Armatte, La prise de Dar Anfious et la liaison du I\hiroc avec la Mauritairie. Ibd.
Nr. 3S4, 228 — 236.
183. Arning, Wilhelm, Marokko — Kongo. Leipzig, Wigand, 191 2. 1S7 S.
184. De Caix, Robert, V Oeuvre jrangaise au Maroc. Afr. Fr. RC 1912, 249 — 69.
185. Esquer, E., Les debuts de l' ädministration civile a Alger (le personnel). RA LVI (191 2),
301—338.
186. Ismael Harnet, Sur les affmites entre Frangais et Araho-Berberes. RI Nr. 8, 8" annee
Jan. 1913-
187. Kampffmeyer, G., Marokkanische W irlschajlsjragen. KR 1913, Heft 3, 129—133.
188. De Lacharriere, J. Ladreit, Les termes marocains usuels. Afr. Fr. RC 1912, 376 bis
379-
189. De Lacharriere, J. Ladreit, Le developpemeni et les ressources du Maroc occidenlal
en 1912. Afr. Fr. RC 1913, 26 — 37.
190. Van Loo, Rodolphe, La renovation du Maroc (Suite). Bulletin de la Soci6te Beige
d':£tudes Coloniales. 20" annee Nr. i Jan. 1913, 52 — 69.
191. Mangin, Charles, Colone!, La delivrance de Marrakech et les Operations de pacification.
I. Operations aux environs de Souk-el-Arba. II. Combat de Bcn-Gucrir. III. Opera-
Kritische Bibliographie. 2 1 T
tions de ];i colonnc du Sud, combat de Sidi-bou-Othman et cnlrcc a Marrakcch.
IV. La tournee de Marrakech-Mogador. V. Colonne de Deuniat. Afr. Fr. RC 1913,
49—72. *
192. Marocco. 7'^''"' Report for ihe years 1910— 11 on the Trade of the Consular District
of Casablatica. Ib. Nr. 5003.
193. Michaux-Bellaire, Ed., Notes sur le Gharb. RMM XXI 1912, I ff.
Es wird dargestellt, welche Veränderungen die europäische Herrschaft in der marok-
kanischen Provinz Gharb und der wirtschaftlichen Lage ihrer Bewohner bis jetzt her-
vorgerufen hat, wieweit der europäische Einfluß unter der Bevölkerung des Landes tat-
sächlich reicht, und welches die Stellung und Stimmung der Eingeborenen der europäi-
schen Herrschaft gegenüber ist. Die Entwicklung der Dinge in Tanger und El-Qsar el-
Kcbir ist besondex-s behandelt. H. R.
194. Michaux-Bellaire, Ed., Consultations Marocaines. I. Terrains vendiqnis par les
Clior/a Alaoujin de Rabat. RMM XXI, 1912 41 — 73.
»Viele marokkanische Eingeborene, zumal der besseren Stände, versuchen die Locke-
rung der festen Aufsicht, die der Übergang der Macht von einer alten Herrschaft in die
Hände einer neuen unvermeidlich mit sich bringt, dadurch auszunutzen, daß sie Besitz-
tümer, die ihnen gar nicht gehören, auf Grund von Urkunden, deren Größe und Alter
in keinem Verhältnis zu ihrem wirklichen Wert steht, an die Europäer zu verkaufen
suchen.« M.-B. geht einem dieser Fälle nach und weist nach, daß die Kaufvertragsurkunden,
auf Grund deren die Familie Schorfa Filala in Rabat weitläufige Ländereien in Marokko
als ihr Eigentum beansprucht, um sie dann an Europäer verkaufen zu können, keinerlei
Wert haben.
2. Les proieclorats et les reveniis Marocains. Ibd., 74 — 99.
Übersicht über die Haupteinnahmequellen des Landes mit Vorschlägen für die Ab-
schaffung von Mißständen und für eine Revision der gesamten Finanzverwaltung. Im
Anhang Übersichtstafel über die Steuerreglements {Tertibs) von 18S1 und 1903.
3. Notes siir le domaine public au Maroc. Ibd., 100 ff.
Um dem marokkanischen Staat den Ertrag des Strandgutes und des Alluviallandes
zu sichern, will Verf. den gesamten marokkanischen Strand zur Staatsdomäne mit ge-
nauer Verwaltung und Überwachung gemacht wissen. Eine solche Einrichtung würde
dem muslimischen Gesetz, das ja das Meer mit dem, was es ans Land schwemmt, als Fai'
betrachtet, durchaus entsprechen. Zum Muster könnte der entsprechende Artikel im
tunisischen Staatsgesetz dienen. PI. R.
195. Moreau, Les terres agricoles de la Chaouia. Afr. Fr. RC 310 — 313.
196. Noray, F., Les officiers indigenes algeriens (suite). RI Nr. 81, 8" annce Jan. 1913.
197. Seroka, Commandant, Le Sud Constaniinois de 1830 a 1855. RA LVI (1912), 375—446.
198. Stuhlmann, Franz, Dr., Ein kulturgeschichtlicher Auflug in den Aures {Atlas von Süd-
Algerien) nebst Betrachtungen über die Berber-Völker, mit 2 Karten, 32 Abb. auf
17 Tafeln und 40 Textfiguren. Hamburg, L. Friederichsen u. Co., 1912. (Abhdlgn.
des Hamburg. Kolonialinstituts Bd. X) XII, 205 S.
Dies schön ausgestattete enzyklopädische Werk ist von hoher kulturgeschichtlicher
Warte aus konzipiert. Es wird im Rahmen der neueren Literatur zur Geschichte Afrikas
noch in diesem Bande ausführlich gewürdigt werden. C. H. B.
199. N. N., Les Tribus dii Maroc Oriental. Notice dressee par les officiers de renseignements
du cercle de Fez (suitc). Afr. Fr. RC 1912, 209 — 217, 289 — 94.
h) Das übrige Afrika und die Inseln.
200. Abyssinia, Report for the year 1911 on the Trade of Gambela. Diplom, and Consul.
Report Nr. 5000.
2 I 2 Kritische Bibliographie.
201. Ardaillon, T-ieviteii;int, L'oasis de Djamt. Afr. Fr. RC. i<ji2, 321 — 336.
202. Beiträge zur Geschichte der Niedersächsischen Familie Röscher, i. Lebenslauf
des Dr. Albrecht Röscher von Heinrich Röscher. 2. Albrecht Röscher, Die Er-
forschung des Niger Stromes. Als Manuskript gedruckt. Hamburg, L. Friederichsen
& Co., 1912. 132 S. (Mit I Bildnis von A. Röscher, 3 Karlen und 19 Textfiguren.)
Dies Buch ist ein Werk der Pietät. Albrecht Röscher ist der berühmte Entdecker
des Nyassa, der am 20. März 1 860 im Alter von 24 Jahren ermordet wurde. Sein Bruder
zeichnet hier liebevoll sein Streben und seine Erfolge. In seinem Nachlaß fand sich eine
Studie über den Niger, die sich gibt als »Versuch einer Kritik sämtlicher Schriftsteller,
welche als Quellen für die Kunde dieses Stromes zu betrachten sind«. Auch die arabischen
Quellen, Ihn Batüta, Ibn Hauqal, El-Bekri, Edrisl, Abul Fidä,
werden verwertet, weshalb das Buch hier genannt wird. In der Kritik dieser Quellen
findet sich mancherlei, das noch heute wertvoll ist, wie überhaupt aie ganze Schrift als
bequeme Orientierung über die Entwicklung des Nigerproblems bis 1854 den Druck wohl
verdient hat. Dies Werk eines iS jährigen läßt uns den frühen Tod dieses Forschers
doppelt bedauern. C. H. B.
203. Carbou, Henri, Methode praliqne fyour l'Etude de l'Arabe f>arle an Ouaday ei a l'Est du
Tchad. Paris, Geuthner, 1913, 251 S.
Über die Araber des Tschadseegebietes hat man seit Barth und Nachtigal eigent-
hch nur von Kampffmeyer (MSOS As. II, 143 ff.) und von Decose et Gaudefrov-
Demombynes, Rabah ei les Arabes du Charit erfahren. Henri Carbou hat nun das Problem
von der ethnographischen und von der linguistischen Seite her angefaßt. Sein zweibändiges
ethnographisches Werk wird hier ausführlich gewürdigt werden. Sein sprachliches Hand-
buch erfüllt ein dringendes Bedürfnis und wird auch in deutschen Kolonialkreiscn mit
Freuden begrüßt werden. Es ist nicht wissenschaftlichen Dialektstudien gewidmet; denn
es kommt nicht die Sprechweise eines bestimmten Stammes zur Darstellung, sondern
vielmehr die arabische xoivtj des Tschadseegebietes, wie sie dort von Arabern und Nicht-
arabern gesprochen wird. So dient das Büchlein in erster Linie der Praxis, aber auch
die Wissenschaft kann sich hier zum erstenmal ein ungefähres Bild von diesem neuen
Zweige des arabischen Sprachstammes machen. Eins ist auf den ersten Blick deutlich:
Diese Araber kommen nicht aus dem Maghrib. Ihre Sprache steht der Ägyptens viel näher
als der Nordafrikas. Die alte Tradition einer Einwanderung von Osten, die bei allen diesen
Stämmen lebt, ist also richtig. Natürlich ist die Sprache kein reines Ägyptisch; sie enlhült
mancherlei Eignes und Altertümliches, aber auch fremde Worte und Bildungen. Eine
sprachliche Studie kann hier nicht gegeben werden. Der Zufall hat gewollt, daß gleich-
zeitig ein anderer Franzose, Leutnant R. Derendinger (s. Nr. 207) etwas weiter südlich
an die gleiche Aufgabe ging; so erhalten wir eine gewisse Kontrolle. Carbou gibt eine
Grammatik in der üblichen Einteilung, dann einige wenige poetische Texte mit Umschrift
und Übersetzung und schließlich ein sachlich geordnetes sehr nützliches Vokabular. Praxis
und Wissenschaft werden ihm aufrichtig Dank wissen. C. H. B.
204. Carbou, Henri, La Region du. Tchad et du Ouadai. Etudes ethnographiques, Dialeclc
toubou. Paris, Leroux, 191 2, 2 Bd. II, 380 S., 279 S.
Diese sehr wichtige Publikation wird ausführlich gewürdigt werden.
205. Clozel, Letlres de Korbous. Politique musulmane au Soudan. Pacification du Sahara
soudanais (ä suivre). Afr. Fr. B. 32 (1913) 60 — 61.
206. Delafosse, Maurice, Tradiiions musulmanes relatives a l'origine des Penis RMM
XX, 242 — 267.
Erschöpfende Zusammenstellung von Legenden nach Art der oben Bd. III, 352 ff.
mitgeteilten. Vortreffliche Arbeit. C. H. B.
Kritische Bibliographie. o j ->
207. Derendinger, R., LcuUuuit, Nülcs^sur le dialecte arabe JiiTchad. RA LVl (1912),
339—370.
Gleichzeitig mit Carbou's Handbuch erscheinen diese Studien, die man ebenso wie
die Carbou's um so höher bewerten muß, als die Franzosen meist mit maghribinisch-
arabischcn Kenntnissen in den Sudan kommen und sich erst in den »caractere nettement
bedouin et oricntal du vocabulaire« eingewöhnen müssen. Derendinger's Studien sind
an den Daqäqira- und Salamätarabern Baghirmis also zwischen dem 10 und ii« N. B.
gemacht. Die Rassenmischung wird als Grund der Barbarisierung des Arabisch dieser
Stämme dargestellt. Der Aufbau seiner Arbeit erfolgt nach linguistischen Gesetzen. Das
dominierende Negerarabisch führt zu zahllosen phonetischen und grammatikalischen Ver-
einfachungen. Die wichtige Studie wird durch einige Textproben beschlossen. Dabei
sind von größtem Interesse — sprachHch wie sachlich — die drei Prosatextproben S. 363 ff.
Hier berichten nacheinander einer der besten arabischen Gelehrten des Landes, ein Ver-
treter der eingewanderten arabischen Herrenschicht und ein Mitglied der autochthonen
Bevölkerung über die Anfänge des Reiches Baghirmi. Ein sehr kurzes nach Sachen ge-
ordnetes Vokubular beschließt diese lehrreiche Arbeit. C. H. B.
208. Ferrandl, Leutnant, Abeche, capüale du Ouadai. Afr. Fr. RC 191 2, 349 — 369.
209. Frobenius, Leo, Und Afrika sprach II, An dt,r Schwelle des verchrungswürdigcn
Byzanz. Mit 51 lllustr. u. Tafelbildern, i mehrfarb. Tafel, 2 Kupferdr. u. 4 Plänen.
Vita, Deutsches Verlagshaus, Berlin-Ch. (19 13).
Eine ausführliche Rezension ist in Vorbereitung.
210. Gassita, R. N., L'islam ä l'tle Maurice. RMM 1912 XXI, 290—329.
Umfassendes statistisches Material über die islamische Bevölkerung der Insel Mau-
ritius. Religion, Sekten, Sprache, Kultur, Bildungsanstalten, Vereine, Zeitungen, Handels-
firmen usw. Zahlreiche Photographien und Karten. Anhang über die Zeitschrift L'islamisme.
H. R.
211. Goulven, J., L- developpement des possessions anglaisesde l'Ouest africain en 1911 — 12.
Afr. Fr. B. 32 (19 13) 26 — 34.
212. Griffini, Dr. Eugenio, L' Arabo parlato dclla Libia, Ccnni grammaticalie repertorio di
oltre 10 000 vocaboli, frasi c viodi di dire raccoüi in Tripolitania, con appendicc: Primo
saggio di un elenco alfabetico di tribii della Libia italiana. Milano, Ulrico Hoepli, 19 13.
213. Haut-Senegal-Niger, (Soudan Framjais), Series d'etudes publiees sous la direclion de
M. le Gouverneur Clozel. 7^« serie, Delafosse, Maurice, Le Pays, les Peuples, les
Langues, l'Hisloire, les Civilisations. 3 Bde. Paris, Emile Larose, 1912, 428, 42S,
316 S.
Dies ungemein wichtige Werk wird ausführhch gewürdigt werden.
214. Humblot, P., Une ville-champignon au Foutadjallon: Manion. Afr. Fr. RC 1912,
-97—3'"».
215. Largeau, Colone!, La Situation du lerritoire niilitaire du Tchad audebut de 1912. Afr.
Fr. RC 1913, 3—19, 73—91.
216. Mac Michael, The Tribes of Northern and Central Kordofän, Cambridge, University
Press, 1912; XV, 259 S. 8°. (Cambridge archaeological and ethnological Series.)
Ein ganz ausgezeichnetes Werk voll einzigartiger Informationen. Die historischen
Überheferungen der arabischen und halbarabischen Stämme Kordofans, die das Mittel-
glied bilden zwischen den Arabern Ägyptens und denen des östlichen Sudan, sind mit
Sorgfalt und Kritik gesammelt. Alle einschlägige Literatur, arabische wie europäische,
ist benutzt, auch lokale historische Handschriften sind verwertet. Einem kurzen Abriß
der allgemeinen Geschichte Kordofans folgt die Detailbehandlung der einzelnen Stamm-
gruppen. Seit Nachtigal neben Carbou die erste völlig originelle und autoritative
2 i A Kritische Bibliographie.
Behandlung der arabischen Stämme des östlichen Sudan. Möchte dies vortreffliche Buch
Schule machen ! Nur mit solchen Vorarbeiten kommen wir zu einer wirklichen Geschichte
Afrikas und der arabischen Wanderungen. C. H. B.
217. Merlin, M., Gouverneur general de la colonie, La Situation generale de l' Ajrique cqua-
toriale frangaise: Discours au Conscil de gouvcrnement. Afr. Fr. RC 1912, 337 bis
345-
218. Modat, Capitaine, Une iournee en pays Fertil (suite et fin). Afr. Fr. RC 1912, 218
bis 236; 270 — 289.
\\'ichtige Studie, besonders Abschn. llf L'histoire. C. H. B.
219. Terrier, Auguste, La poUce frangaise au Sahara. Afr. Fr. B. 23 (1913) 1 — 3.
220. Ponty, Discours du gouverneur general, La Situation generale de V Ajriqiie occidentalc
Fraiifaise. Afr. Fr. RC 1912, 417 — 28.
221. Tremearne, A. J. N., Major, Hausa Superstitions and Custonis, anintroduction to Ihc
Folk-lore and ihe Folk, with 41 Illustr., over 200 fig. in thc tcxt and a Map. London,
John Bale, Sons & Danielsson Ltd. 191 3, XV, 548 S.
Der Hauptinhalt dieses umfangreichen Bandes sind Hausaerzählungen in Über-
setzung (Bd. II soll die Originale enthalten). Ihnen voran geht eine im wesentlichen diesen
Erzählungen entnommene, aber aus anderen Quellen und durch eigene Beobachtung er-
gänzte Darstellung der Sitten und Gebräuche der Hausa (S. i — 182). Fast alle Hausa
sind Muhammedaner; trotzdem lebt bei ihnen noch das ganze vorislamische Heidentum;
nur diesem gilt das Interesse des Verf. Vom Islam weiß er wenig, und doch wäre es wichtig
festzustellen, was z. B. im Eherecht islamischer Import, was alte Volkssitte ist. Das Verbot
zwei Schwestern gleichzeitig zu heiraten, ist gewiß islamisch, erscheint aber auf einer
Stufe mit altheidnischen Familiensitten. Auch im Zauberwesen gehen die alten Bräuche
und der höhere Zauber des Islams bunt durcheinander. Jedenfalls wird eine künftige
Darstellung des Islams der Hausa mit dem hier aufgespeicherten Rohmaterial zu rechnen
haben. Auch bei den Erzählungen \\ird man kritisch scheiden müssen, allerdings ist das
sehr schwer. C. H. B.
VIII. Islam und Mission.
222. Awetaratlian, P. Joh., Die nndiammedanischen Weissagungen vom Fall Konstantinopels,
vom Mahdi und vom Antichrist. »Der christl. Orient u. d. Muhammedaner-Mission«
XIV, 2.
A. teilt nach einer kurzen Einleitung aus den türkischen Volksbüchern Ahmedtye
und I\Io//ammedTye, die sich mit den bekannten Vorstellungen von den letzten Dingen
befassen, zwei Abschnitte, »Die Vorzeichen des jüngsten Tages« und »Das Auftreten der
Beni Asfer und der Fall Konstantinopels«, in Übersetzung mit. E. G.
223. Bury, Wyman, Capt. (Abdullah Mansur), Islam and Civilizatiou. MW April 19 13,
140, 14S.
Allerhand in Südarabien gesammelte Erfahrungen veranlassen den \'erf. zu der etwas
allgemeinen These: Zivilisation und Islam können keine Verbindung eingehen ohne Nach-
teil für beide. H. R.
224. Carr D. W., Evaugclization oj the Bakhtiaris. MW Jan 1913, 47 — 51.
225. Clair-Tisdali, W. St., An english apologist for Islam. MW April 1913, 128 — 139.
Ablehnende Besprechung von Leeder's Islamapologetik: Veiled Mysteries 0) Egypt
and the Religion of Islam. »Was richtig ist, ist niciit neu, und was neu ist, ist nicht richtig.«
H. R.
226. Descriptive Guide lo thc Nile Mission Press Publications suitable jor Workers among
Kritische Bibliographie. 21'^
Moslems, Jews and Christians. 31 S. New York (1913). The Nile Mission Press,
Cairo, Egypt.
Dieser Kaftilog, der jedem Interessenten gratis und franko zugesandt wird, gibt
einen kleinen Begriff von den immerhin beachtenswerten Versuchen, außer durcli die
Bibel auch sonst auf literarischem Wege die Leute arabischer Zunge, und zwar Anhänger
aller drei Religionen gleicherweise, missionarisch zu beeinflussen. S. 26/7 sind auch einige
enghsche Bücher, S. 28/9 einige Khutben in asiatischen Sprachen, eine auch in Suaheli
zu gleichen Zwecken angezeigt. S. 31 verzeichnet die Mitarbeiter an dem Werk.
M. H.
227—230, Gairdner, Rev. W. H. T., The vital forces oj Christianity and Islam. IRM I.
[ Jan. 1912, 44—61-
Shedd, Rev. W. A., D. D., Dasselbe II. IRM I. 2 April 1912, 279 — 293.
Simon, Gottfried, Pastor, Dasselbe III. IRM. I. 3 Juh 1912, 452 — 473.
Crawford, Professor J, Stewart, Dasselbe IV. IRM 1. 4 Oktober 1912, 6oi- — 617.
Unter dem wohl an J. W'arneck's »Die Lebenskräfte des Evangeliitms<< anknüpfenden
Titel bringt das neue Organ des Continuation Committee der Edinburger Weltmissions-
konferenz, ihe International Reviiiv of Missions, in den vier Heften des ersten Jahrgangs
je einen Aufsatz über den Islam aus der Feder von berufenen Missionsarbeitern_ Während
Simon im einzelnen nachzuweisen sucht, wie die evangelische Botschaft der islamischen
überlegen ist, und Shedd im ganzen nur Eindrücke wiedergeben will, bemühen sichG.MRDNiiR
und Crawford um eine möglichst objektive, theoretische Wertung der islamischen Gedanken
und Institutionen. Crawford's Ausführungen besonders sind ein glänzendes Zeugnis meister-
haften Einfühlens in die religiösen Empfindungen anderer, wie es wohl nur bei so langem
Aufenthalt im Lande möglich ist. Auf dem Missionsfelde geboren und aufgewachsen,
war er 15 Jahre Missionar und wirkt seit 10 Jahren als teacher of the Bible and ethics
am Syrian Protestant College in Beirut.
Die Unterschiede in der Beurteilung erklären sich z. T. aus der Verschiedenheit
des Beobachtungskreises: Simon war in Sumatra, Shedd ist in Persien, Gairdner in Ägypten,
Crawford in Syrien tätig. Doch weichen die Verf. auch in ihrer Auffassung des Begriffes
»Lebenskräfte« voneinander ab. Nach Simon, dem Verf. von »Islam und Christentum <'
(vgl. Islam I. 104) besitzt der Islam zwar noch propagandistische Kraft gegenüber dem
Heidentum in seinern Gottesglauben, aber keine Lebenskräfte im Sinne des Evangeliums.
Shedd betont für die Shi'a die besondere Bedeutung des Imamglaubens und des Autoritäts-
verhältnisses zwischen mudjtahid und murid. Übereinstimmend bewerten Gaird^jer und
Crawford (z. T. auch Shedd) neben dem Gottesglauben die Persönlichkeit des Muhammed
der Tradition, das Einheitsbewußtsein der Gläubigen und die dhikr- Übungen als religiös
wirksam. Crawford allein aber reiht dem noch adhän, salät, qibla und säum an, die als
»Channel for religious activity« wirkliche, nur zu oft unterschätzte religiöse Bedeutung
besitzen. Er erkennt auch die pohtische Ungefährlichkeit des Panislamismus und wünscht
ein Zusammenarbeiten mit den ernstgesinnten Muslimen auf moralischem Gebiet. Die
Überzeugung, daß gegenüber dem Islam der Tatbeweis zu führen und alle Lehrkontro-
versen möglichst zurückzustellen sind, ist Gemeingut aller Beurteiler. M. H.
231. Gardner, W. R. W., Ajter the war. MW April 1913, 120^—127.
232. Hartmann, Martin, Islam, Mission, Politik. Leipzig, Otto Wigand, 19 12, XVII,
162 S. 12°.
Wiederabdruck der Aufsätze: Mission und Kolonialpolitik (KR 191 1), Dj,e Mission
und die Kulturvölker Vorderasiens (ib. 191 2) und Die Eroberung der Islamwelt, eine fran-
zösische Beleuchtung der angelsächsischen und germanischen protestantischen Missionen
(Internat. Monatsschr. 1912, Heft 10). Das Vorwort enthält eine ausführliche Auseinander-
2i6 Kritische Bibliographie.
setz.ung mit meiner Kritik Hartmann's in ARW XV. Da wir nun beide zu Wort gekommen,
sind und keiner seinen Standpunkt ändern wird, erübrigt sich eine weitere Erörterung.
Das ganze Buch trägt von dem ersten bis zum letzten Wort den charakteristischen
Stempel einer eigenartigen Persönhchkeit. (Bespr. von L. Bouvat RMM XXI 366 — 370.)
C. H. B.
233. Kittlaus, Ed., Die Mission des Islam, Mittlgn. Geogr. Ges. zu Jena. Bd. 30 (1912)
1S7 — 194. Mit 3 Karten auf einer Tafel.
Es handelt sich hauptsächlich um Islamgeogr.aphie auf Grund ausschheßlich missio-
narischer Quellen. Studiert sind besonders die malaischen Inseln (nach Simon) und Afrika
(nach Klamroth, Würz und Kumm). Der Text wird durch zwei Karten dieser Gebiete
und eine dritte Gesamtkarte illustriert. Darauf sind Zentralasien und einzelne Gebiete
Afrikas wohl nicht ganz richtig, doch sind die Karten im allgemeinen brauchbar. Einige
allgemeine Fragen (Warum und wie treibt der Islam Mission?) gehen voran. Einseitiger
Missionsstandpunkt. Vom Islam fehlt dem \'crf. jede selbständige Kenntnis.
C. H. B.
234. Klamroth, M., Islam. Korrespondenzblatt für die evangelischen Missionen Deutsch-
ostafrikas. Nr. 3, Nov. 1912.
Missionssuperintendent Klamroth berichtet über zwei arabische Drucke, die er bei
einem Scheich in Daressalam fand, mit dem er häufiger disputiert. Es sind dies: i. Niigüm
al-miihtadin wa riigüm al-mit'ladin von Yüsuf b. Ismä'ii an-Nabhäni (vgl. »Der
Islam« II, 25). 2. I^här al-haqq, das Werk des indischen Eiferers Rahmal Allah (Snouck
IIuRGRONjE Mekka II, 233; Brockei.mann II, 504). Titel und Verfassernamen sind sehr
fehlerhaft wiedergegeben. — Weiter wird mitgeteilt, daß einige walimu in Udjidji für das
laufende Jahr den Weltuntergang vorausgesagt haben; auch ist im Süden der Kolonie ein
»Tunis-Brief« aufgetaucht, in dem die Ilerabkunft Jesu und die muhammedanischc ^^'clt-
herrschaft noch vor Ablauf der nächsten 15 Jahre angekündigt werden. Die Ereignisse auf
dem Balkan werden von Arabern und Indern mit unruhiger Spannung (wohl etwas zu
stark ausgedrückt) verfolgt; dabei sei übrigens bemerkt, daß hier die in Sansibar erschei-
nende Zeitung »el Nadja« (= aii-nagäh) eine gewisse Rolle zu spielen scheint, die die Ver-
breitung lügenluiflcr Berichte über türkische Erfolge betreibt. E. G.
235. Mitchell, Loretta A., The sorroic oj Egypl. MW Jan. 1Q13, 64—66.
Allerlei Material zur Beleuchtung der durch die häufigen Ehescheidungen bedingten
traurigen sozialen Stellung der muslimischen Frauen in l'>gypten. H. R.
236. Nielsen, Alfred, Skolemission i Syrien og Palceslina. Nordisk Missionstidsskrift 15.
Oktober 1912, Heft V p. 215 — 26.
Der \'erf. berichtet über zwei Konferenzen der \-crschiedencn (18) protestantischen
Missionsgesellschaften in Syrien und Palästina. Auf der einen Konferenz haben die Ge-
sellschaften (darunter eine schwedische und eine dänische) einen Verband »The Missionary
Educational Union of Syria and Palestine« gebildet. Man wirkt durch ärztliche Tätigkeit
und geordnetes Schulwesen. Die Schulen, hauptsächlich mit Englisch als Unterrichts-
sprache, haben ca. 20 000 Schüler. Wie viele von den Kindern muhammedanische Eltern
haben, wird nicht angegeben. Übrigens bekommt man aus den dänischen Berichten \on
der Muhammedanermission (»Fra Arabien«, Berichte aus der dänischen Kirchenmission
in Südarabien; »Fra Österlandsmissionen« aus Syrien) den Eindruck, daß die Bevölke-
rung die kulturelle Tätigkeit der Missionare ziemlich freundlich aufnimmt; aber von Er-
folgen auf religiösem Gebiet hört man sehr wenig. J. P.
237. Nuesch, Valentin, Missionssekretär, Der Islam ein Konkurrent des Christentums.
Illustrierte Flugschrift des allgemeinen evang.-protestant. Missionsvereins, herausg.
vom Schweizerischen Landesverein. Zweisimmen, E. Blessing, 32 S.
Kritische Bibliographie.
217
Kurze Darstellung von Muhammeds Leben und Lehre i^S. i — 17) und der Art und
Weise der Ausbreitung des Islams einst und jetzt (S. 17 — 27). »Er ist kein Wegweiser
auf das Christentum« (S. 28). Darum intensivere Heidenmission geboten, um seiner Kon-
kurrenz zu begegnen. Irrtümlich ist die Schreibung des Namens I b n T ü 1 ü n (S. 7).
Die Anstandssitte, nicht von der Frau zu reden, ist doch noch kein Beweis für ihre tiefe
Stellung! (S. 1-;.) Den Islam fast in einem Atem »eine Kloake« und Konkurrent des
Christentums zu nennen (S. 19) sollte man vermeiden. M. H.
238. Potter, J. L., Relis.ions Liberty in Persia. MW Jan. 19 13, 41 — 4'"-.
239. Shedd, W. A. 0. D., The in-fliiencc oi a Mohammedan euviroiinient on the Mis<-ionary
MW 1913 Jan. III, I, 5 — 10.
240. Simon, G., Missionar, Der islamische Gottesbegriff und die christliche Trinilät. AMZ
XXXIX, Heft lo/ii, Okt./Xov. 1912, S. 433—440, 481—489.
Simons .Ausführungen berühren den Leser, auch wo er vielleicht noch anders ur-
teilen würde, darum so angenehm, weil sie sich durchweg auf gründlicher Sachkenntnis
aufbauen. Er sieht im Gottesglauben »die eigentlichen Elemente der religiösen Kraft
des Islams« (S. 438), findet aber, daß er gerade seiner Transzendenz wegen das Weiter-
bestehen des Animfsmus (bei jungbekehrten Völkern), Polytheismus (Propheten- und Hei-
ligenverehrung) und Pantheismus (in der Mystik) ermöghcht und befördert, zudem eines
sittlichen Prinzipes entbehrt, an dessen Stelle einzelne religiöse Vorschriften betreten
sind. Diese Mängel zu decken und dem vom Islam erstrebten Ideal gerecht zu werden,
vermag nur die trinitarische Anschauung. So bildet der zweite Teil eine Apoloo-ie der
Trinität gegenüber dem Unitarismus, als dessen typischer Vertreter der Islam erscheint.
M. H.
241. Simon, Missionar, Wieivirkt der Islam in religiös-kultureller Beziehung auf die kultur-
armen Völker? Rhein. Missionsschriften Nr. 146. 15 S.
Ein knappes, aber anschauHches Bild des »Heidenmohammedaners« auf Sumatra,
wie es sich dem Verf. während seiner elfjährigen Wirksamkeit dort eingeprägt und wie
er es in seinem Buche »Islam und Christentum« eingehender begründet hat. Für weiteste
Missionskreise bestimmt. Tendenz: »Nicht einmal Anregungen oder Ansätze zur kultu-
rellen Erziehung, geschweige denn zur religiösen Vertiefung gehen von dem^ Islam aus;
er erweist sich überall als ein hemmendes, störendes Element« (S. 3). M. H.
242. Simon, Gottfried, The religions and civilizing influence of Islam upon the backward
races translated from the German by Miss. E. J. .M. Boyd, MA., MW Okt. 1912
II 4, 387—404.
243. Simon, Missionar und Pastor, Die gegenwärtige Krisis in der Mohammedanermission,
Rhein. Missionsschriften Nr. 146. Barmen, Verlag des Missionshauses. 31 S.
An den gleichen Leserkreis gerichtet wie das vorige und wie dieses mit einigen Bildern
versehen, von denen aber das auf S. 22 »Mädchenschule in Persien« mit seinen fünf Neger-
köpfen in Wirklichkeit »Girls sewing School at Doleib Hill« am weißen Nil darstellt (vgl.
D. Westermann, The Shilliik people p. XLVIII/XLIX).
Kurzer Überblick über den gegenwärtigen Zustand und die neuerliche Ausbreitung
des Islam in England, Rußland, der Türkei, Persien, Nordafrika (teilweise Wiedergabe
von SidiAhmed's Aufruf nach Graefe Islam III. 146), China, Japan, Englisch- und
Niederländisch-Indien, Ägypten, West- und Ostafrika. Aufruf zu emsiger Gegenarbeit
m Wortverkündigung und ärztlicher Hilfeleistung und zu rechtzeitiger Erziehung ge-
festigter heiden-christlicher Volkskirchen wie in Uganda und Sumatra. M. H.
244. Simon, G., Missionar, Die Lebenskraft des Islam im Lichte des Evangeliums. Rheinische
Missionsschriften Nr. 161. Barmen 1913. 23 S.
Ein weiteres Heftchen des unermüdlich auf Verbreitung einer anschauhcheren Kennt-
Islam. IV.
2i3 Kritische Bibliographie.
nis des Islam bedachten Verf.: Deutsche Übersetzung bzw. Vorlage des obigen Artikels
aus »The Internat. Rev. of Miss.« M. H.
245. Schultze, Erich, 5o// Deutsch-Ostalrika christlich oder mohammedanisch werden} Eine
Frage an das deutsche Volk, zugleich ein Wort der Aufklärung über die Gefahr der
Islamisieriing unserer größten Kolonie und den einzigen Weg zu ihrer Rettung. Berlin,
Berliner ev. Missionsgesellschaft 191 3, 66 S.
Temperamentvoll geschriebene, gut orientierte Einführung in das schwierige Problem
der Islampolitik. Nach einem kurzen Überblick über die Geschichte des Islams in Ost-
afrika werden die einzelnen Bezirke auf die Rolle hin, die der Islam in ihnen spielt, durch-
gesprochen. Dann wird die Frage der Gefahr für Staat und europäische Zivilisation er-
örtert und bejaht. Die zweite Hälfte der Schrift behandelt die Wege zur Rettung. Die
\'orschläge des Referenten auf dem Kolonialkongreß werden im wesenthchen rezipiert
und die Schaffung christlicher Negerkirchen als realisierbares Ziel hingestellt. Nach einem
Überblick über die vorhandenen Missionskräfte wird die rehgiöse Bekämpfung des Islam
als eine rein missionarische, nicht staatliche Aufgabe hingestellt und die Aufgaben der
Mission im einzelnen erörtert. Trotz Abweichungen im einzelnen kann ich Schultze's
Schrift nur aufs wärmste empfehlen. Sie ist wirklich gut. C. H. B.
246. Stern, Missionssuperintendent, Der Kampf mit dem Islam im Innern von Deutsch-
Ostafrika. Missionspädagogische Bl.itter i. Nr. 2, 25 — 32. Bethel b. Bielefeld.
Verf. hat 10 Jahre in l'nyamwezi geweilt und versichert uns »aus dem Vergleichen
der alten Zeit« der Araberherrschaft »mit der neuen«, d. h. der deutschen Herrschaft,
manches für den Kampf mit dem Islam gelernt zu haben. Doch berichtet er uns hier leider
nicht von neuen wertvollen Einzelbeobachtungen, sondern gibt eine im Stile pragmati-
scher Geschichtsbetrachtung gehaltene, erbauliche Schilderung von dem Eindringen des
Islams und der Art seines Auftretens, hält sich auch nicht ganz frei von Widersprüchen.
Sehr störend sind die immer wiederkehrenden Druckfehler: »Kisuaheh« (als Bezeichnung
der Küstenleute) und »Wanzema«. M. H.
247. Watson, Charles R., Themoslem of Sumatra as a Type. MW April IQ13, 159 — 169.
Lobende Besprechung und ausführliche Inhaltsangabe von G. Simon's Buch: The
Progress and Arrest of Islam in Sumatra.
248. Wellejus, H,, Fra Kampen mod Islam, Billeder fra Batak-Missionen, Missionsbiblio -
thekets i — 2 Hefte, Köbenhavn 1912. 61 S.
»Aus dem Kampfe gegen den Islam« bietet eine geschichtliche Übersicht über die
christliche Mission unter dem Batakvolke, wie sie durch die englisch-amerikanische, die
holländische und die rheinische Missionsgesellschaft getrieben ist. Demgegenüber wird
das Vordringen des Islam und die Lage in den gemischten Gebieten beschrieben. Die
Aussichten für diesen Kampf werden in einem besonderen Kapitel erwogen, und der Verf.
kommt zu einem für die christliche Mission sehr optimistischen Resultat. Eine objektive
Darstellung darf man hier nicht suchen, aber auch keine selbständige. Besonders ist die
Kenntnis des Verf. vom Islam sehr oberflächlich und ungenau. J. P.
249. Westermann, Prof., Islam in the West and Central Sudan. IRM I Nr. 4, Oktober
1912, 618 — 653. Mit Karte »Islam in Afrika« von Bernhard Struck.
Historischer Überblick (die drei islamischen Völker Mandingo, Hausa und Fula
als Träger der weiteren Propaganda des Islam) und Versuch einer Statistik des heutigen
Standes der Islamisierung. Anschauliche Darstellung der politischen und sozialen Mo-
mente, welche bisher die Ausbreitung des Islam bedingten, und Angabe der Hauptgründe,
die noch heute zur Annahme des Islam führen. Weiteste Anerkennung der pohtischen,
sozialen und kulturellen Bedeutung des Islam, aber entschiedene Betonung seiner morali-
schen Unzulänglichkeit und Unfähigkeit zu religiöser Entwicklung aus eigener Kraft.
M. H.
V(\'
Animismus und Dämonenglaube im Unter-
grunde des jüdischen und islamischen ritu-
ellen Gebets.
Von
A. J. Wensinck.
Die Bestimmungen über das rituelle Gebet bei Juden und Mu-
hammedanern haben fast alle ihren Grund in Dämonenfurcht, die
ihrerseits in den meisten Fällen auf animistische Anschauungen zu-
rückgeht.
Der Dämonenglaube ist uns aus den Literaturen der semitischen
Völker bekannt; dennoch glaube ich, daß er noch wirksamer gewesen
ist, als bisher angenommen wurde. Die animistische Sphäre aber,
die hinter der dämonischen schwebt, ist von den Forschern auf semi-
tischem Gebiet noch sehr wenig beachtet worden. Wichtig ist hier
Eerdmans' Rektoratsrede, welche in Theologisch Tydschrift, 1913,
S. 112 ff, abgedruckt worden ist.
Der Übergang vom Animismus zum Dämonenglauben ist ein
allmählicher und sehr naheliegender, wie ich versuchen werde im nach-
stehenden mit Beispielen zu beleuchten. Der Übergang vom Ani-
mismus zum Geisterglauben ist denn auch in anderen Religionen
schon nachgewiesen worden ^).
Im folgenden wird bei den verschiedenen Bestimmungen, die
beim Gebet gelten, deren dämonologischer Untergrund nachzuweisen
versucht. Dann wird dieser auf animistische Anschauungen hin ge-
prüft.
I.
Die Vorbereitungen zum rituellen Gebet.
Eine Vorbedingung zur Verrichtung eines gültigen Gottesdienstes
ist, daß man kultisch rein sei. Bei der Besprechung der kultischen
0 Kruyt, Het Aniviisme in den indischen Archipel (Haag 1906), S. 78, 246. Vor
allem sind zu vergleichen De verspreide geschriften van G. A.Wilken (ed. van Ossenbruggen)»'
III, 231 ff.
Isbm. IV. 16
2 20 A. J. W e n s i n c k ,
Reinheit findet man in den einschlägigen Werken auf semitistischem
Gebiet noch immer die Freude an Sauberkeit als Urgrund der be-
treffenden gesetzlichen Bestimmungen angegeben. Schon Schwally
hat in seinem Buche: Das Leben nach dem Tode gegen diese Auf-
fassung mehrfach Einspruch erhoben. Sie ist denn auch wissen-
schaftlich unhaltbar; auf zahlreiche Fälle läßt sie sich überhaupt gar
nicht anwenden. Oder wird man durch den Schlaf oder den Verlust
des Bewußtseins etwa schmutzig.? Und doch verursachen, diese Zu-
stände kultische Unreinheit. Vielleicht kann man die kultische Unrein-
heit so definieren: Alles, was und jeder, der in Ver-
bindung s t c h t m i t \V i r k u n g e n , K r ä f t e n u n d K u 1 -
ten, \\' eiche als mit dem Monotheismus unver-
einbar erachtet werden, ist kultisch unrein.
Diese Unreinheit kann in einigen Fällen aufgehoben werden. Das Mit-
tel dazu ist Waschung mit Wasser. Goldziher hat ein reiches Mate-
rial zusammengebracht, aus welchem hervorgeht, daß nach semiti-
scher Anschauung Wasser Dämonen abwehrt ^). Auf diesem Glau-
ben beruht m. E. auch die Verwendung des Wassers zur Entfernung
der kultischen Unreinheit, denn letztere steht mit Kräften in Verbin-
dung, welche für dämonisch gehalten werden. Hier folgen die Bei-
spiele insofern sie sich auf das rituelle Gebet beziehen.
I. Das Geschlechtsleben. Die Wirkung des Ge-
schlechtslebens verursacht im Judentum sowie im Islam kultische
Unreinheit.
Für das A. T.-hche Zeitalter ist z. B. Lev. 15 zu vergleichen.
Für die spätere Zeit z. B. Mischna, Berakot, III, 4: »Wer eine Pol-
lution gehabt hat, denkt [das Glaubensbekenntnis] in seinem Herzen.
Er darf die Beraka*s, welche vorhergehen und folgen, nicht rezitieren 2). «
Daß dieses Verbot sich auf das Gebet erstreckt, geht aus Ber.
III, 5 und aus der bab. Gemara zu beiden Mischnastellen hervor.
Diese Bestimmungen finden sich auch im Islam 3).
Wie sind nun diese Bestimmungen zu erklären? Daß hier ur-
sprünglich der Gedanke an »Schmutz« oder dergleichen wirksam ge-
wesen sein sollte, das wäre sogar für uns kaum zu verstehen, die wir
doch mehr auf Sauberkeit halten als die Orientalen. Man hat viel-
mehr .das Geschlechtsleben als zu fremdem Kult gehörig aufgefaßt
und somit für dämonisch, kultisch unrein gehalten. Das kann nicht
1) Archiv f. Religionswissenschaft 191 o, S. 20 ff.
3) Nawawi, Minhädj, ed. v. d. Berg, I, 32. Juynboll, Handbuch, S. 71 ff.
Animismus und Dämonenglaube usw. 221
wundernehmen; sind doch Daten für diese Auffassung in Menge
vorhanden. Das Geschlechtsleben stand im semitischen Heidentum
unter dem*Schutze gewisser Götter und war ihnen somit geweiht.
Die männlichen und weiblichen Prostituierten bei den palästinischen
und babylonischen Heiligtümern sind ja bekannt genug. Ich brauche
darüber kein Wort zu verlieren. Weil nun der betreffende Gott für
den Monotheismus Dämon geworden ist, so ist auch sein Kult, das
Geschlechtsleben, dem Monotheismus dämonisch.
Die sakrale Auffassung des Geschlechtslebens liegt aber tiefer als
das Heidentum; sie wurzelt im Animismus. Schon G. A. Wilken ^)
hat sie mit dem Ahnenkult in Zusammenhang gebracht. Ich kann
noch Kruyt anführen, der gezeigt hat, daß die geschlechtliche Be-
tätigung im Animismus als unerläßliche Pflicht gilt. Die Ent-
haltung gilt als tadelnswert und verursacht im Jenseits für die
betreifende Person allerhand Unannehmlichkeiten ^). Es ist hier
nicht der Ort, auf diese Anschauungen näher einzugehen: es genügt
für meinen Zweck, sie nachgewiesen zu haben.
2. D e r S c h 1 a f . Wer geschlafen hat, ist zur Beteiligung am
Gottesdienste unfähig; er ist »unrein«; nur eine Waschung mit Wasser
kann ihn kultfähig machen.
a) Im späteren Judentum ist es Vorschrift, nach dem Er-
wachen und vor dem Morgengebet sich zu waschen 3).
Schon in talmudischer Zeit war das so, wie aus folgender Stelle
hervorgeht : »Du sollst dein Untergewand morgens nicht aus der Hand
des [ungewaschenen] Dieners annehmen und anziehen, noch dir die
Hände waschen durch Vermittelung dessen, der seine Hände nicht
gewaschen hat... .weil Taksephit, man sagt auch Istalganit, Engel
des Verderbens, auf den Menschen lauern und sagen: Sobald sich
ein Mensch eins dieser Dinge zu schulden kommen läßt, wird er ge-
fangen 4).« Daß hier der ungewaschene Diener gemeint ist, ist klar,
wird aber in einer Handschrift noch hinzugefügt.
b) Im Islam ist jeder der geschlafen oder das Bewußtsein ver-
') De verspreide geschriften van G. A. Wilken, ed. v. Ossenbruggen (1912) III,
313 ff-
-) Kruyt, Animisme^ S. 351, 353, vgl. auch De verspreide geschriften van G. A.Wilken,
III, 223 f. Man vergle che auch Doutte, Magie, S. 558 ff.
3) Orach Chajim, § 4.
4) Berakot 51 b: -|i-;i ^li^H 'PvXI ü'^'pm l^QlJ'n "i^C n^^nLJ'2- fpi^H bllDD bü
"•DN^D bu' n^::'7nD\x nb n?2Ni n^^DrniJ' ''JDd t"!^ b'^: ix'pii' ^rzD
"iDb^i )bbr\ Dn2^c -nN ^i^b diwS vSZ^ \"i?2\x ünoxsi Dixb nb p^yc rh2n
16*
222 A. J. VVensinck,
loren hat; kultisch unrein und verpflichtet, sich vor dem Gebet zu
waschen ^).
Daß diese Vorschriften auf Dämonenfurcht zurückgehen, er-
hellt schon aus der Erwähnung des Taksephit und seines Genossen in
der Talmudstelle. Es gibt aber Traditionen, welche deutlicher sprechen.
Bodenschatz =) zitiert aus dem Zohar folgende Stelle: »Jeder, der
nachts in seinem Bette schläft, kostet den Geschmack des Todes.
Denn seine Seele verläßt ihn, und wenn der Körper ohne heilige Seele
zurück geblieben ist, ist der unreine Geist zur Hand und wohnt auf
dem Körper, und dieser wird verunreinigt. Ja, ich bestätige auch
das, daß es dem Menschen nicht freisteht morgens [bevor er sich ge-
waschen hat] mit seinen Händen die Augen zu berühren, denn der
unreine Geist sitzt auf ihnen.«
Derartige Traditionen hat auch der Islam bewahrt. »Der Prophet
sagte: Wenn einer von euch aus dem Schlaf erwacht, so soll er drei-
mal [Wasser] aufschnauben, denn der Satan übernachtet in seinen
Nasenflügeln 3).«
Und nach einer Tradition bei Bukhärl soll Mohammed den Gläu-
bigen empfohlen haben, vor dem Schlafengehen die rituellen Waschun-
gen zu verrichten 4).
Schon Wellhausen hat bemerkt, daß auch nach den heidnischen
Arabern der Schlaf mit den Djinnen in Verbindung steht 5).
Interessant ist, daß in der zitierten jüdischen Tradition animistische
und dämonologische Anschauungen vermischt sind.
Die Parallelen bei den Völkern, welche noch auf animistischer
Stufe stehen, sind schlagend. Es ist der allgemeine Glaube im indi-
schen Archipel, daß im Schlaf die Seele den Körper verläßt; darum
soll man einen Schlafenden vorsichtig wecken, damit die Seele recht-
zeitig in den Körper zurückkehren könne ^). Auch in diesem Kreise
findet man den Übergang zum dämonologischen Standpunkt: bei den
Javanen ist die heraustretende Seele zum Geist geworden 7).
') Minhädj, I, 15.
2) Kirchliche Verfassung (1748), II, S. 40.
3) M u s 1 i m apud N a w a w i I, 316. Nasä'i apud Sujüti I, 27. 13?
L) •• o ^ ^ ■• _LJ r
4) K. al \Vu4U', bäb 75: ö^^Aali ^s-yis», L/i^^s eW^^Ai=X! c>^j5 5öi
5) Reste'^, 163 f.
6) Verspr. geschrifien van G. A. Wilken, III, 17. Adriani en Kruyt, De Bare'e-
sprekende Toradja's van Midden-Celebes (Batavia 1912) I 252. Wellhausen, ]. c.
7) Kruyt, Aniviisme, S. 78.
Animismus und Dämonenglaube usw. 22^
Nicht nur im Schlaf, sondern auch bei Krankheit verläßt die
Seele den Körper, und ein böser Dämon nimmt ihren Platz ein ^).
Daß diese' Anschauung^ auch bei den Israeliten geherrscht hat, ist
daraus ersichtlich, daß gewisse Krankheiten kultisch unrein machen^).
Und in Ägypten glaubt man, daß eine kultisch unreine Person nicht
zu einem Augenleidenden hereintreten darf, weil sonst die Krank-
heit schlimmer wird. (Lane, Manners, [Ausg. 1899], S. 266.)
3. Der Stoffwechsel. Nachdem man sein Bedürfnis
verrichtet hat, kann man ohne Waschung kein gültiges Gebet ver-
richten. Der Kürze wegen verweise ich für die genaueren Bestim-
mungen auf diese Zeitschrift, Bd. I, S. loi f.; aus einigen dieser Ver-
ordnungen geht schon hervor, daß menschliche Exkremente für
dämonisch gehalten werden.
Diese Anschauung geht auch auf den Animismus zurück; Kruyt
hat in seinem oben zitierten Werke 3) nachgewiesen, daß im Animismus
Urin und Fäzes als Sitz der psychischen Materie betrachtet werden.
Daran knüpfen sich viele abergläubische Bräuche, welche beweisen,
daß sich auch hier wieder der Übergang zum Dämonenglauben bereits
vollzogen hat.
Wie Urin und Fäzes werden auch andere Exkremente des mensch-
lichen Körpers betrachtet, in erster Linie das Blut. Ich brauche hier
keine Einzelbestimmungen anzuführen; jeder weiß, daß im Judentum
und im Islam die Wöchnerin und die Menstruierende zur Teilnahme am
Kultus unfähig sind. Beide Zustände sind im Volksglauben von
Geistern umwoben 4). Für die animistische Erklärung der gesetz-
lichen Vorschriften brauchen wir uns nicht zu den indonesischen
Völkern zu wenden: wir finden sie wiederholentlich im. Alten Testament
mit Worten ausgedrückt wie: »Denn die Seele des Fleisches ist
das Blut« 5). An diese animistische Anschauung knüpfen sich un-
zählige andere Gebräuche und Vorschriften, welche man in der ein-
schlägigen Literatur nachlesen kann. Mir genügt es auf diese An-
schauung als Grund für eine Gebetsbestimmung hingewiesen zu haben-
Hiermit haben wir die hauptsächlichsten Verordnungen über
die kultische Reinheit besprochen. In allen genannten Fällen
haben wir Dämonenglauben auf animistischer Grundlage gefunden;
und jedesmal wird die dämonische Sphäre durch Waschung mit
') Verspr. geschr. van G. A. Wilken, III, 1 2 ff. 3
2) Ein Rest dieser Anschauung ist auch enthalten in dem bekannten Ausdruck
IS'Djn D^IiTI »erquicken«. . ' _
3) S. 47 ff.
4) Ich zitiere nur Kruyt, S. 245 ff. u id Doutte, 85 f., 131.
5) Lev. 17, II. Vgl. 10, 4. Geyi. 9, 4.
224 A. J, Wensinck ,
Wasser gereinigt. Man wird angesichts obiger Ausführungen wahr-
scheinlich meine Deutung der kultischen Waschung billigen. — Wir
kommen jetzt zu den Vorschriften über
4. D i e K 1 e i d u n g. Es ist religiöser Brauch, während des ritu-
ellen Gebetes den Kopf bedeckt zu halten. Wenn das unter den gewöhn-
lichen Vorschriften nicht ausdrücklich gesagt wird, so ist das wohl
daraus zu erklären, daß es für selbstverständlich gilt. In der Tradition
finden sich aber diesbezügliche Äußerungen ^). Diese Gewohnheit
hängt nicht zusammen mit der im Alten Testament bezeugten An-
schauung, daß, wer die Gottheit sieht, sterben muß; denn es wird
nirgends gesagt, daß beim Gebet die Augen bedeckt sein sollen, und
das geschieht auch nicht. Was bedeckt wird, das ist der Scheitel,
der Ober- und Hinterkopf. Die Juden verwenden dazu die Xallit,
»die Schützende«, die Muslime den Turban. Daß speziell der Hinter-
kopf bedeckt werden soll, ersieht man z. B. aus der Überschrift des
soeben zitierten »bäb« bei Bukhäri nl: lääJ! .JLc .\\i\ Aäc v-Ju.
Warum, ist nach Goldziher's Abhandlung über das Hidja nicht
zweifelhaft ^). Dort ist gezeigt worden, daß Käftya ursprünglich ein
den Hinterkopf verwundendes Gedicht bedeutet. Die Araber glaubten
also, daß Fluch worte in den Hinterkopf des Verfluchten eindrangen und
ihn so schädigten. Noch deutlicher spricht sich über diesen Punkt der
Talmud aus. Dort wird erzählt 3), daß Astrologen der Mutter eines
Knaben gesagt hatten, er werde ein Dieb werden. Da ließ sie ihn nie
mit unbedecktem Kopfe gehen. Eines Tages saß er unter einer Palme;
da verlor er das Kopftuch. Sofort überwältigte ihn sein böser Trieb;
er stieg hinauf und biß mit den Zähnen eine Traube ab. — Hier liegt
noch klar der Glaube zutage, daß der böse Geist durch den Hinter-
kopf hineinkommt.
Es ist also Furcht vor feindlichen Mächten, was Juden und
Muslime dazu veranlaßt hat, beim Gebet den Hinterkopf zu be-
decken. Der animistische Hintergrund dieses Brauches ist nicht
schwer zu finden. In der Talmudstelle ist der Hinterkopf der Ein-
gangsort der Dämonen in den Körper. Auf der animistischen Stufe
ist er der Ein- und Ausgangsort der Seele; die Toradja's nennen den
Scheitel einfach Seele, weil diese dort ein- und ausgehe 4). Auch im
ganzen indischen Archipel herrscht diese Meinung 5).
J
I) Vgl. Bukhäri, A'. al-Sqläl, bäb 2.
^) Abhandlungen z. arab. Philologie I, 103 ff.
3) Shabbät, i 56 b.
4) Adrian I en Kruyt, De Toradja's, S. 240.
5) Kruyt, Animisme, S. 17.
Animismus und Dämonenglaube usw.
225
Ein anderer Teil des Körpers, der beim Gebet bedeckt sein soll,
ist der Oberkörper.
a) Für* das Judentum finden wir die Vorschrift beim Rezitieren
des Glaubensbekenntnisses schon in der Mischna: »Wenn einer ins
Bad hinabgestiegen und imstande ist, vor Sonnenaufgang das Bad
zu verlassen, sich anzuziehen und zu rezitieren, so tue er das. Wenn
er dazu nicht imstande ist, so bedecke er sich mit Wasser und rezi-
tiere so 1).«
Für den Islam ist die Sitte bezeugt in Traditions- und Fiqh-
werkcn im Kapitel B.yiJ! -X*«
Im Judentum und im Islam wird diese Vorschrift zurückgeführt auf
Dezenzrücksichten. Ursprünglich ist es aber nicht Dezenz, was erzielt
werden soll, sondern Dämonenabwehr. Die Wurzel ._j.c, welche dem
Worte bjj.£ zugrunde liegt, bedeutet »rauben, angreifen«. Ebenso
die Wurzel ^^.^ »überfallen«, von der das hebräische Synonym
von ö^^£, nl. r\r)V^, abgeleitet ist 2). M. E. sind a, ^ und
r(\;p,y!__ ursprünglich die Teile des Körpers, wo die Seele feindlichen
Angriffen ausgesetzt ist, wo sie am leichtesten geraubt werden kann 3).
Es hat also seine Gründe, daß man diese Körperstellen beim
Gottesdienst verhüllt; die Vorschrift steht wohl auf gleicher Linie
0 Berakot III, 5: xbiT "W xw^'yh) niDDPHbi n^hv^ ^12'' Dx ^i:::^ it
Nip"»! D^DD norn'' \x'? CN1 iSip^i norn^i rhv^ nenn v'Jn {<nn
2) Lisän al-'-Arab, s. .v. ^\ ^jJi '\^^ iu v*-^'-^^ 8Äi>t ^^\ ^jj-*^. »j'^^
(VI. 296) .\Xip| ^\ s^Lü ^y^*-^ i3i-ÄJ3 »iÄi>l ^^lJI (^! ^\ 5,L£ jL:S^J!
O^' JJ^ ^^-^ xIasJ! (ib., 293). Im Einklang hiermit stehen die Definitionen
des Subst. »_j_jJi. So bedeutet s^j.c l-ÄJj.-o nach dem Z-i'^äH, ib. 295: K^üC^x ^\
>,L^'. Weiter: .j^JCäJi *.Ä/i ^..i^:Cj jJli* V^jr^^ i^-'^ Jj^''^ ^_f^ 't)^*^^
Es scheint mir, daß die Bedeutung der Wurzel ^c auf denselben Begriff zurückgeht,
insofern »schmähen« auch »verletzen«, »verwunden« ist; man denke nur an Goldziher's
Untersuchung über Ä-^lS. Auch 3 .£. bedeutet »überfallen«, syrisch auch »entreißen«.
Sollte nun i^j;^ die Grundbedeutung »nackt sein« haben? Es ist mir wahrscheinlicher,
daß »berauben« das Ursprüngliche ist.
3) Beachtung verdient der syrische Ausdruck m a <^ 1 /• V »er fiel in Ohnmacht«.
Nach primitiver Anschauung ist die Ursache davon, daß die Seele den Körper verläßt.
Das kann geschehen, weil die Seele geraubt wird. Ob hier |j^ im Sinne von »geraubt
werden« vorliegt? Ich wage es nicht, diese Frage zu bejahen; vgl. ZDMG, Bd. 25, S. 672
wo NÖLDEKE die Form von der Wurzel p^ ableitet.
2 26 A. J. VV e n s i n c k ,
mit dem Brauch, sich den Hinterkopf während des rituellen Gebets
zu bedecken.
Daß nun die Nacktheit des Körpers als gefährlich gilt wegen
dämonischen Einflusses, dafür gebe ich folgende Beispiele:
1. Der Ort, wo man seine Notdurft verrichtet, gilt als Vereini-
gungsort für Dämonen. Wenn nun vorgeschrieben wird, daß man
sich dort nicht stehend entblößen soll, sondern auf den Boden ge-
kauert ^), so ist aus dieser Vorschrift ersichtlich, daß man den nackten
Körper als dämonischer Einwirkung ausgesetzt betrachtet.
2. Der Aufenthalt im Badehaus, also dem Ort, wo man sich ent-
kleidet, gilt für lebensgefährlich, wie aus folgender Tosephtastelle
hervorgeht ^): »Wer ins Badehaus hineingeht, soll zwei Beraka^s beten,
eine bei seinem Eintritt und eine bei seinem Austritt. Bei seinem
Eintritt soll er sagen: Möge es dir gefallen, Jahwe, mich unbeschadet
hinein- und hinausgehen zu lassen; und möge mich nichts Verderb-
liches treffen. Und wenn mich etwas Verderbliches treffen sollte, so
sei mein Tod eine Sühne für alle meine Verschuldungen. Aber rette mich
vor diesem und was damit auf gleicher Linie steht in der zukünftigen
Welt. — Wer unbeschadet hinaustritt soll sagen: Ich danke vor deinem
Angesicht, Jahwe mein Gott, daß du mich unbeschadet hinausgebracht
hast.«
Daß Dämonenfurcht der Grund dieser Anordnung ist, geht hervor
aus den Worten, welche im bab. Talmud, wo diese TosephlasteWe
zitiert wird, folgen, nl. daß Rabbi Jose das Aussprechen dieser Formeln
im Badehause verboten habe, denn »nie und nimmer soll der Mensch
vor dem Satan den Mund auftun 3)«. An anderer Stelle schreibt der
Talmud eine Beraka vor, sobald man aus dem Wasser kommt,
also wenn man ganz nackt dasteht 4). Den späteren Juden ist es
verboten, nackt aus dem Bette zu steigen; man soll sich im Bett sclion
anziehen 5).
3. Im Islam ist diese Anschauung ebenfalls lebendig, wie man
aus einer Tradition ersieht, welche Nasä*i uns erhalten hat ^),
und worin verboten wird, im Badehause zu urinieren. »Denn dort
versammeln sich die Dämonen weil man sich dort entblößt« erklärt
') Diese Zeitschrift Bd. I, S. lOi ff.
^) Berakot VII, 17.
3) Ber. 60 a: p\L^h VD DIN nnD"» ^N* übivb.
4) Ber. 51 a.
5) Orach Chajim § 2.
6) - I, 15-
Animismus und Dämonenglaube usw. 22"
4. Weiter ist Dämonenfurcht noch zu spüren in der Kleidung
der Braut. Die Hochzeit ist bekanntlich außerordentlich gefährlich
der DämonÄi wegen. Man sucht sie durch das Schlagen von Musik-
instrumenten, durch das Klatschen der Hände, durch Stampfen mit
den Füßen zu vertreiben. Sollte da nicht auch die übertriebene
Kleidung der Braut zur Abwehr der bösen Mächte dienen.? Man sehe
sich die mekkanische Brauttracht an im Bilderatlas zu Mekka, Nr. XXV.
Wenn man dann dabei die genauere Beschreibung liest i), kann man
kaum umhin, hier an Dämonenfurcht zu denken. Ich könnte die Bei-
spiele vermehren, will es aber beim obigen lassen; doch weise ich
noch darauf hin, daß auch bei den Hebräern das besondere Kostüm
für die Braut als unerläßliche Tracht gilt 2).
Jetzt kommen \yir zum animistischen Hintergrund der Bekleidung
beim Gebet.
Als Mindestmaß der Bedeckung wird in jüdischen und musli-
mischen Gesetzbüchern die der Strecke zwischen Nabel und Knien an-
gegeben 3). Das ist auch die Vorschrift für die israelitische Priester-
bekleidung 4). Wir sahen, daß der Hinterkopf geschützt wird, weil
er Ein- und Ausgangsort der Seele ist. Als solcher werden aber eben-
sogut die andern Öffnungen des Körpers betrachtet. Auch der Bauch
gilt als Sitz der Seele 5). Wenn die Gegend zwischen Nabel und Knien
bedeckt sein soll, so hat das also denselben Grund wie die Bedeckuno-
des Hinterkopfes.
5. Das Fasten. Ein weiteres Mittel, beim Gebet alles Dä-
monische fernzuhalten, ist das Fasten, das vor den täglichen Gebeten
zwar nicht obligatorisch, aber vor den Festgebeten mehrfach be-
zeugt ist.
a) Für das Judentum ist der Talmud Zeuge, wo er sagt: »Es
ist dem Menschen verboten etwas zu essen, bevor er das Zusatzgebet
verrichtet hat ^).«
b) Im Islam besteht diese Vorschrift nicht. Sie wird aber in
der Tradition diskutiert, und so wird berichtet, daß Mohammed vor
der Festsalät am Schlachtfest gefastet habe 7). Vor derRegenerbittung
wird in beiden Religionen gefastet.
0 Snouck Hurgronje, Mekka, II, 164 ff.
') Jes. 49, 18. Jer. 2, 32.
3) Berakot 24b, 25a. Shiräzi, Tanblh, ed. Juynboll, S. iS.
4) Ex. 28, 42.
5) Kruyt, Animisme, S. 19.
^) pDDICn n'psn hbün^W D-np Wh^ U^V^-^W DIN^ t> IIDN. Berakot
28 b, vgl. Tosephta, Ber. V, i.
7) T i r m i d h I , Saht/i, I 107.
228 A. J. Wensinck,
Speisen können leicht ein Sitz böser Geister sein, wie Goldziher
erwiesen hat ^). Man hütet sich also, vor dem Gottesdienst Dämoni-
sches in sich aufzunehmen, weil sich solches mit der göttlichen Sphäre,
in welche man einzutreten beabsichtigt, nicht verträgt. Ein analoger
Fall ist das Fasten vor der Schlacht, denn auch den Krieg führt man
in geweihtem Zustande.
Der Zusammenhang zwischen Dämonologischem und Animisti-
schem ist hier wieder leicht zu ersehen. Dem Animismus zufolge sind
Tier und Pflanze beseelt. Beim Essen und Trinken nimmt man
also die Tier- oder Pflanzenseele in sich auf. Später ist diese Seele
dann Geist und Dämon geworden.
Gleichartig mit dem Fasten vor dem Gottesdienst ist der Gebrauch
des Zahnstochers, der in muslimischen Gesetzbüchern empfohlen wird ^).
6. Zur Fernhaltung dämonischer Einflüsse dienen weiter folgende
Gebräuciie:
a) Die Errichtung einer (oder das Sichanlehnen an eine)
Scheidewand oder auch einen beliebigen Gegenstand, was sowohl im
Judentum wie im Islam üblich ist 3). Diese Sutra ist schon von ^^'ELL-
HAUSEN als der Rest einer Einfriedigung zur Abwehr der Dämonen 4) ge-
deutet worden. Diese Meinung wird verstärkt durch einen Ausspruch
Mohammed*s, wo die Errichtung einer Sutra empfohlen wird, denn,
wenn das geschehen ist, kaS^ ^ ^ »wsisj ^ »wird iiin (den Betenden)
nicht schädigen dasjenige, was an ihm vorübergeht« 5).
b) Die Ankündigung des Gottesdienstes. Die muslimische
Tradition weiß zu berichten, daß von den Juden das Hörn dazu ver-
wendet wurde. Mohammed habe aber das Ausrufen vorgezogen.
Das Hornblasen ist schon von Eerdmans^), der Ruf des Mu'adhdhin
von Wellhausen 7) als Mittel zur Vertreibung der Dämonen gedeutet
worden. Die muslimische Tradition selber gibt dieser Erklärung Recht.
So hat B u k h ä r I folgenden Ausspruch des Propheten überliefert ^) :
»Wenn zum Gottesdienst gerufen wird, weicht der Satan zurück
und furzt, bis er den Ruf nicht mehr hört. Wenn der Ruf zu Ende
I) Abh. z. arah. Philologie I, iio. Doutte, S. 455.
*) S h i r ä z i , TanbJh, S. 3.
3) Vgl. Mittwoch, Zur Entstehungsge schichte des islamiscfien Gebets und Kultus (Sit- ^
zungsber. Berl. Akad. 191 3). SA. S. 15.
4) Reste'^, S. 150.
5) Sunan Abt Däwüd, Bäb: mä jasturu ^l-niiisallT.
6) Alttest. Studien, IV, 79.
7) a. a. 0.
8) Kitäb al-Adhän Bäb 4. Vgl. auch die anderen Traditionssammlungen.
Animismus und Dämonenglaube usw. 220
ist, kommt er wieder näher, bis der zweite Ruf ertönt: dann weicht
er wieder zurück, bis dieser zu Ende ist. Dann aber kommt er so nahe,
daß er sich zwischen dem Mann und seiner Seele befindet, und sagt:
Erwähne dies, erwähne das (bezüghch dessen, was er noch nicht er-
wähnt hat), bis schließlich der Mann nicht mehr weiß, wieviel er ge-
betet hat.«
c) Im Talmud wird das Beten im freien Felde als frech verur-
teilt ^). Das offene Feld gilt bekanntlich als Dämonenheim.
d) Jede Qoranrezitation soll nach Süra l6, lOO anfangen mit den
Worten: »Ich suche Schutz bei Allah gegen den verfluchten Satan«,
und es wird berichtet, daß Mohammed auch beim Beginn der Salät
oft eine derartige Formel gebraucht habe ^).
e) Die Juden legen die Gebetsriemen an, welche den Namen ntt'
sichtbar tragen. Bekanntlich dienen die Gebetsriemen zu abwehrenden
Zwecken; über """ti' vgl. Theol. Tydschrijt 191 3, S. 267.
Die unter 6 genannten Fälle dienen nicht zur Herstellung der
kultischen Reinheit. Sie erwecken den Eindruck, daß die Dämonen
gerade das Gebet, jedenfalls den Weihezustand, welcher eine Ver-
einigung mit Jahwe-Allä:i bezweckt, nicht dulden. Es ist nicht schwer
einzusehen, was die Ursache davon ist. Dämonen sind zum Teil ent-
thronte Götter; als solche können sie natürlich nicht vertragen, daß
ihre früheren Anbeter sich jetzt zu einem andern wenden. Zum andern
Teil sind die Dämonen, wie wir gesehen haben, Geister oder Seelen.
Auf der niedersten Stufe der Religion werden diese Seelen verehrt.
Auch sie haben also Veranlassung genug, den neuen Kult zu hassen
und seine Anhänger zu verfolgen.
Diese Erklärung der unter 6 genannten Fälle reicht auch aus
als Motivierung der Bekleidung gerade beim Gebet.
IL
Das eigentliche rituelle Gebet.
Sind alle vorbereitenden Handlungen verrichtet, so kann der
Weihezustand {Ihräm) eintreten. Das wird veranlaßt durch die Nen-
nung des göttlichen Namens. Der Muslim sagt: Allah Akhar, »Allah
ist der größte«, d. h. größer als alle Dämonen. Wie Mittwoch neuer-
dings gezeigt hats), ist der Takhir ein Rest der jüdischen ersten Beraka,
welche auch die Worte br^n b>^r\ enthält.
^) GoLDziHER, Abhandlungen, I, 7 ff.
3) a. a. 0. S. iGf.
2^0 A. J. Wensi nck,
Diese Nennung des göttlichenNamens, und zwar dieses besonderen
Namens ist ohne Zweifel ursprünglich ein Machtmittel des Betenden,
durch welches die Gottheit herbeigerufen wird^). Ich finde aber nirgend-
wo eine Äußerung, welche auf die wirkliche Gegenwart der Gottheit
schließen läßt. Der Rest dieser Anschauung tritt in den Quellen aber
noch deutlich zutage, insoweit als die Engel beim Gebet anwesend sein
sollen. So sagt die Bah. Getnara: »Wenn irgendeiner um Erfüllung
seiner Bedürfnisse in aramäischer Sprache betet, so schließen sich ihm
die Dienstengel nicht an, denn die verstehen die aramäische Sprache
nicht 2).«
Die Gegenwart der Engel bei der Salät ist nach einer Auffassung
im Qoran, 17, 80, bezeugt, wo gesagt wird, daß der Morgenrezitation
beigewohnt wird. Man sagt dann, daß die Engel dem Gebet bei-
wohnen.
Gleichzeitig mit der Herbeirufung der göttlichen Wesen werden
die Dämonen noch einmal abgewehrt, durch das Erheben der Hände.
Daß dieser Gestus abwehrende Bedeutung hat, hat Goldziher ge-
zeigt 3).
Der eingetretene Weihezustand muß natürlich ängstlich ge-
wahrt werden, da jede Berührung mit Dämonischem ihn zerstören
und das Gebet ungültig machen kann. Äußerungen des Geschlechts-
lebens, Stoffwechsels usw. sind selbstverständlich zu unterdrücken.
Es gibt noch andere Bestimmungen, welche dazu dienen, den Weihe-
zustand zu erhalten, aber nach dem oben Gesagten nicht sofort klar
sind.
I. Im Talmud heißt das Niesen während des Gebets ein böses
Zeichen 4). Auch den Arabern gilt das Niesen als ominös 5).
Diese Auffassung geht auf die animistische Vergangenheit zurück.
Animistischen Völkern ist das Niesen ein Zeichen davon, daß die Seele
den Körper verläßt oder dorthin zurückkehrt ^). Auch bei denjenigen
dieser Völker, welche auf eine höhere Kulturstufe kommen, gilt das
») Vgl. GoLDzraER, Zauberelemente im islamischen Gebet (Nöldeke-Festschrift), I,
S. 316 (14).
=) shabbät 12 b: ib rpp^: niz'n ^jahü pa ^c-^n* pi^*'?: vdih bi<^^'n ^d
"»DIN p:i''?D j^TD niU'n TN^O pXtf. Der Islam hat diese Bestimmung ebenfalls:
der Gebrauch einer andern Sprache als der arabischen bei der Salät wird nur ausnahms-
weise gestattet (Minhädj, I, 91).
3) Zauberelemente, a. a. 0. I, 321 [19] ff.
4) Ber. 24 b. ]b y-1 ]ü^D mbsn^ ^"cvT^ün-
5) Wellhausen, Reste ^, 163. Vgl. Doutte, 367 ff.
6) Kruyt, Animisme, S. 92 f.
Animismus und Dämonenglaube usw. 2^1
Niesen als eine dämonische Wirkung. Also wieder derselbe Über-
gang, den wir schon öfter gefunden haben.
Im Alten Testament ist ein typischer Rest der rein animistischen
Auffassung des Niesens bewahrt in der Geschichte 2. Kon. 4. Als
Elisa sich über den toten Knaben gebeugt hat, um ihn zu erwecken,
niest der Tote siebenmal, dann schlägt er die Augen auf (V. 35); die
herausgetretene Seele ist also durch die Nase wieder hineingekommen.
2. In jüdischen und muslimischen Quellen wird weitläufig die
Frage besprochen, ob es während des Gebets erlaubt sei, zu grüßen
oder einen Gruß zu erwidern. »Selbst wenn ein König den Betenden
grüßte, so wäre es ihm nicht erlaubt, den Gruß zu erwidern«, heißt es
in der Mischna ^). Und ein muslimischer Jurist sagt: »Wenn der
Betende gegrüßt wird, so antworte er nur mit einer Gebärde 2).«
Ich gebe einige weitere Beispiele des Grußverbots im W'eihe-
zustande:
a) Wenn heutzutage der Priester einem Sterbenden die Eucha-
ristie bringt, darf er unterwegs niemand grüßen. »Er hat den lieben
Herrgott bei sich«, heißt es populär. Inwieweit dieses Verbot offiziell
ist, kann ich im Augenblick schwer ermitteln; es ist jedenfalls die
Volksanschauung.
b) In der oben zitierten Geschichte 2. Kön. 4 wird der Propheten-
jünger von dem Meister geschickt, den toten Knaben zu erwecken.
Auf seinem Wege darf er niemand grüßen, noch irgendwelchen Gruß
erwidern (Vs. 29).
c) Lukas 10, 4, wo Jesus die Apostel zur Verkündigung seiner
Lehre aussendet, sagt er: »Und grüßet niemand auf dem Wege.«
Aus diesen Beispielen geht hervor, daß das Grüßen die Wirkung
der göttlichen Kraft, welche der Priester, der Prophetenjünger, die
Apostel bei sich tragen, verringern könnte. Man meint offenbar, daß
beim Grüßen etwas von der Seele des Grüßenden in die des Gegrüßten
hinübertritt. So ist es auch zu erklären, daß der heutige Muslim von
einem Ungläubigen nicht gerne das al-Saläm "alaik hört, sowie, daß
der Jude, der trauert, während der ersten sieben Tage weder
grüßen, noch einen Gruß erwidern darf 3). Er lebt dann nämlich
ganz in der Sphäre der Totenseele und darf andre darein nicht
mischen. Hier haben wir schon wieder den Übergang von animistischen
zu dämonologischen Anschauungen. Merkwürdig sind auch die Vor-
0 Ber. V, I : UD^K^'' N^ }^)bW2 h^W "[bOH l'p^DvX-
') Tanbih, S. 29, 2. 16: ö.L.i;^Sb O. \JL& *-Lw ,.,1».
3) Bodenschatz, IV, 179.
232 A. J. Wensinck,
Schriften, welche in der Tosephta bewahrt sind ^): Wenn man (im Bade-
haus) nackte Leute sieht, darf man nicht grüßen. Wo sie sich noch
nicht entkleidet haben, darf man grüßen, wo nackte und bekleidete
untereinander gemischt stehen, auch ^).
Ist das Gebet zu Ende, so bekommen die anwesenden Engel
ihren Abschiedsgruß, sowohl im Judentum 3) wie im Islam 4). Hier-
durch ist der Weihezustand aufgehoben und tritt man aus der gött-
lichen Sphäre hinaus.
III.
Die Gebetszeiten.
, Judentum und Islam haben ursprünglich 3 Gebetszeiten; es ist
auffallend, daß im Islam nur eins dieser Gebete am Tage verrichtet
wird. Morgen- und Abendgebet sind vor Sonnenaufgang und nach
Sonnenuntergang zu verrichten, undzwarwirdausdrücklich der Moment
des Auf- und Untergehens der Sonne verboten.
Die Mischna bestimmt die Zeit für das Rezitieren des Glaubens-
bekenntnisses am Morgen zwischen Morgengrauen und Sonnenauf-
gangs). Und am Abend fällt es nach der Tosephta zusammen mit
dem Sichtbarwerden der Sterne ^). Der Islam ist bei der Bestimmung
der Gebetszeiten dem Judentum hierin nachgefolgt, er hat also seine
Gebete festgesetzt gleichzeitig mit dem Rezitieren des jüdischen Glau-
bensbekenntnisses (ycif r.Nnp;. Eine Erinnerung an diese Abhän-
gigkeit ist noch im Qorän, Sfira I7, 80 enthalten, wo vom ..^\sLi\ ,..Ls
die Rede ist.
Ebenso ist das am Tage zu verrichtende Gebet auf die jüdische
Mmhazcxt gelegt worden. Später hat es sich zu zwei Gebeten diffe-
renziert, der ZiiJir- und der '■Asr-salät, entsprechend einer (vielleicht
nicht allgemein befolgten) jüdischen Gewohnheit: Zuhr- und ^Asr-
salät entsprechen der großen und der kleinen Minhai).
Diese Nachmittagsgebete dürfen nun nicht gehalten werden, bevor
die Sonne ihren höchsten Punkt am Himmel überschritten hat. So
wird die Minha in neuerer Zeit um 12.30 angesetzt, was sicher auf
alter Tradition beruht; die Zuhr-salät wird erst gehalten, wenn die
Sonne ihren Niedergang beginnt.
•) Ber. II, 20.
^) Vgl. oben S. o.
3) Mittwoch, a. a. 0. S. 18.
4) Minhädj, I, 91 f.
5) Berakot, I, 2.
6) Ber. 1, I.
7) Mittwoch, a. a. O. S. 11 f.
Animismus und Dämonenglaube usw.
233
All diese Bestimmungen haben ihre Gründe. In alter Zeit ist
die Sonne ein Gott gewesen, der seinen eigenen Kultus hatte. Nach-
her ist er im Judentum und im Islam ein Dämon ^) geworden, der
natürlich auf den monotheistischen Kultus eifersüchtig ist. So ist
es zu erklären, daß dieser hauptsächlich ausgeübt wird, wenn die
Sonne abwesend ist; und daß der Gottesdienst am Tage nicht gehalten
werden darf, wenn dieser Dämon seine größte Kraft entwickelt, d. h.
am Mittag. Diese Anschauung ist auch in der Literatur vertreten,
wie aus folgenden Daten hervorgeht.
a) Mittagsgebet. Daß das alte semitische Heidentum gerade
am Mittag (D^inü) die Wirkung des Sonnengottes erwartet, ist
aus der bekannten Eliasgeschichte, i. Kön. 18, 27, ersichtlich, wo die
heidnischen Priester sich bis zur Mittagszeit quälen, um ihrem Gotte
ein Zeichen abzuringen; wenn das aber nicht gelingt, werden sie von
Elias verhöhnt mit den Worten: »Vielleicht schläft der Gott und er-
wacht [jetzt].« Es wird also erwartet, daß er wenigstens am Mittag
erwachen und ein Zeichen geben wird. Dann quälen sich die Priester
noch bis zur Zeit, wo die Min ha geopfert wird (V. 29).
Nach dieser Zeit aber erwartet offenbar niemand mehr ein Zeichen
des Gottes, und die enttäuschten Priester haben abgetan. Zur Minha-
zeit hält man also die Wirkungszeit des Gottes für beendet; der Gott
ist also der Sonnengott. Es versteht sich jetzt, warum die Minha
erst nach dem Mittag angesetzt worden ist. Es versteht sich auch,
warum das Steinwerfen beim Hadjdj, das mit Prof. Houtsma als
eine Steinigung des Sonnendämons aufzufassen ist 2), ursprünglich
erst anfing, nachdem die Sonne ihren höchsten Punkt überschritten
hatte: weil man dann den Mittagsdämon 3) , der seine größte Kraft
verloren hatte, nicht mehr fürchtete.
Auch die muslimische Tradition hat Äußerungen verzeichnet,
welche beweisen, daß man die Mittagshitze für dämonisch hielt. So
finden sich bei B u k h ä r 1 4) verschiedene Traditionen, welche alle
den gemeinsamen Satz enthalten: »Der Prophet sagte: Schiebet die
Zuhr-Salät auf bis zu einer kühleren Tageszeit, denn die große Hitze
[am Mittag] gehört zur Hitze der Hölle.«
Man versteht von diesem Gesichtspunkt aus auch die überaus
^) Houtsma, Over eenige israelitische Vastendagen, {Versl. en Meded. Akad. Amster-
dam), IV. Reihe, Teil 2, S. 24 f. Goldziher, Abh. z. a. Phil. L, 113 fE.
-) Versl. en Meded. Akademie Amsterdam, IV. Reihe, VI. Teil, S. 207.
3) Von den Juden NTHtO genannt {Targum z. Hohenlied, 4, 6).
4) MaimkJt al-Salät, bäb 9: f>-*-^^ /-PVjS ^.^ .^.Jl i>A^ ,.,L5 -.fiiii.J '3^-f^
2^4 A. J. VVensinck,
hohe Schätzung der Nachmittagszeit im Islam, welche von Gold-
ziHER eingehend erörtert worden ist ^). Die Motivierung der Tradition
(S. 300) scheint mir sekundär.
b) Abendgottesdienst. Auf gleicher Motivierung wie
die Zeitbestimmung des Nachmittagsgottesdienstes beruht diejenige
des Abendgottesdienstes: nach Sonnenuntergang meint man von Seiten
der Dämonen nichts zu fürchten zu haben. Das wird mit einer Deutlich-
keit, die nichts zu wünschen übrig läßt, im Adamsbuch gesagt, wo
es heißt: »In der ersten Stunde der Nacht findet die Lobspendung der
Dämonen statt. Während der Zeit ihrer Lobspendung können sie
niemandem etwas zuleide tun, ihn weder schädigen noch verderben,
bis sie von ihrer Lobspendung entlassen werden. Denn die verborgene
Kraft des Weltschöpfers hat sie gebunden. « =)
Schließlich haben wir zu fragen, warum gerade der Unter-
gang der Sonne eine für den Gottesdienst ungeeignete Zeit ist.
Es scheint, weil man sich in jener Zeit schädlichen Einflüssen aus-
gesetzt wähnt. In Psalm 91, 6 ist die Rede von der Pest, welche in
dieser Zeit herumschleicht wie ein Dämon 3). Dieser Glaube geht
wahrscheinlich auf animistische Anschauungen zurück, wie auch die Auf-
fassung der Sonne als eines belebten Wesens animistisch ist. Im
indischen Archipel ist der Glaube verbreitet, daß die untergehende
Sonne in das Seelenland untertaucht und die Lebenden in den Tod
mitnehmen will 4). Anderweitig findet sich die Meinung, daß mit dem
Abendrot die Seelen der Toten sich nahen, um die Lebenden mit sich
in das Seelenland zu führen 5). Vielleicht bedeutet das hebräische
'Z'DWn nX2 »die Sonne geht hinein«, vom Sonnenuntergang ge-
braucht, eigentlich »die Sonne geht in das Seelenland hinein«. Irgend-
ein solcher Gedanke muß ursprünglich dagewesen sein. Man sagt
auch vom Sonnenaufgang ^i/üWn nkSH"» »die Sonne kommt heraus«.
In Ägypten verrichtet man gewisse Zauberriten beim Sonnenunter-
gang (Lane, S. 259).
1) Archiv f. Religionswissenschaft 1906, S. 293 ff.
2) Ausgabe von Renan, Journal Asiatiqne, V.Serie, T. II, S. 349: ]Lj^£)f£) ]b.^^^
ÜDj |?C_0-1.? I ^ m V mV... aj|. Vgl. auch den arabisch - äthiopischen Text bei
Bezold in der Nöideke-Feslschrift, II, 893 ff.
3) Vgl. Theol. Tydschrifi, 1913, S. 261,
4) Sie wird am Tage iiLx5> »lebend« genannt, B u k h ä r i , Man'äkTl, bäb 11, 13. 39-
5) Kruyt, Animisnie, S. 240.
I
Animismus und Dämonenglaube usw. 2^'
Die untergehende Sonne wird offenbar ebenso gefürchtet wie ein
sterbender Mensch; das kann auch nicht wundernehmen, da sie am
Tage tatsächlich als lebendes Wesen betrachtet wird. Der Westen
ist bei dieser Anschauung die Unglücksgegend, der Osten die glückliche
Gegend. Daß dies die altsemitische Anschauung ist, geht noch jetzt
daraus hervor, daß man sich nach dem Osten orientiert. Wie lan^^e
solche Anschauungen, vielleicht unverstanden, fortleben, sieht man
z. B. aus der Tatsache, daß noch heutzutage auf dem jüdischen Mizrah,
das die Qibla angibt, neben dem Worte Misra/i »Osten«, sich findet:
»Von dieser Seite kommt der Lebensodem.«
Erst nachdem die Sonne als Gott entthront worden war, hat man
angefangen die Zeit ihres Aufgangs für ungeeignet zu kultischen
Zwecken zu erklären, offenbar weil man ihre Eifersucht fürchtete.
Islam, IV.
17
Kazwinistudien.
Von
Julius Ruska.
(Schluß.)
Es ist wiederholt gesagt, daß das Kennzeichen der dritten Text-
klasse die Hinzufügung eines 7. und 8. Nazar in dem Kapitel über den
Menschen ist. Die Handschrift A ist nun offensichtlich verstümmelt,
und zwar muß sie nach einem schon verstümmelten Exemplar ange-
fertigt sein. Sie enthält nur einen Teil des 8. Nazar, an den dann jener
unechte Schluß angehängt ist. und es fehlen die Kapitel über Dschinnen
und Tiere. Die kritische Untersuchung muß sich
also in erster Linie auf die persischen Hand-
schriften stützen. Aus ihnen allein kann der vollständige
Plan des 8. Nazar entnommen werden, ihre Vergleichung wird es erst
ermöglichen, den Text der dritten Bearbeitung endgültig festzustellen
und die Beziehungen der Handschrift A zu ihr zu ermitteln.
Meine ersten Bedenken gegen die Authentizität der Handschrift A
stützten sich auf den Gesamtinhalt der neuen Abschnitte, der nun
einmal nicht in den ursprünglichen Plan des Werkes zu passen schien.
Aber damit allein war kein Beweis gegen die Echtheit zu führen.
Wüsten FELD führt es als Grund für die Echtheit an, daß der größte
Teil der neuen Abschnitte nur aus einer Zusammenstellung dessen be-
stehe, »was in dem übrigen Werke über einen solchen Gegenstand
zerstreut vorkommt <(. Ich könnte darin höchstens einen Grund für
die Unechtheit sehen; denn was sollte einen Autor veranlassen, in einem
und demselben Werke sich selbst wieder abzuschreiben? Nun trifft
aber die Beobachtung Wüstenfelds nur zum geringsten Teile zu.
Eine genauere Untersuchung des Textes von A läßt nicht nur sehr
viel neues Material erkennen, sondern führt außerdem zur Aussonderung
von Textstücken, die auch dieser dritten Fassung von
Haus aus fremd sein müssen. Als einen solchen Fremd-
körper hatte ich vor allem die Einschaltung des Berichtes des Abu
D o 1 a f über die Türkenstämme empfunden, die den Rhythmus des
Kazwlnlstudien.
237
ganzen Kapitels unterbricht. Auch äußere Anzeichen, wie die auf-
fallend groüe und verzierte Überschrift ^jj,\ J.jL*i LxL und die Ein-
führung des Berichtes durch die Worte £:.'uJ.il J^Ai^-iS ^i jt^^v^'^
^j1oLc_^ *_i.»»v.l^_5 ^^^jÜLjO^ J.jL>.Äil d^lö jS 3 (jr^ xi^Ä^iX^ ÄJ-*«,
^$> Uy L.i;ü>:*j xJ'uwJi e^Ja A-iü üf. ^^^L«. *4b^'L/«» schienen auf
eine fremde Hand hinzuweisen. Im 8. Nazar war die Einschaltung eines
selbständigen mineralogischen Abschnittes in dem Kapitel über den
Handel, dann ein von VVüstenfeld als Bruchstück des medizinischen
Kapitels angesehenes Stück als fremder Bestandteil verdächtig. In der
Tat habe ich diese Vermutungen vollkommen bestätigt gefunden, als ich
in die Lage kam, sie an der Handschrift Q nachzuprüfen. Doch ich will
hier die Ergebnisse nicht vorwegnehmen, sondern meine Beobachtungen
jeweils an der betreffenden Stelle der Inhaltsübersicht des 7. und 8.
Nazar einfiechten. Sie mögen für andere, die das Problem interessiert,
eine Anregung zu w^eiterem Suchen sein.
Der /.Nazar, nach seiner vollständigen Bezeichnung in A und Q
^j.j1oLcj ^j^j^j^ j*-g.jüLjO vJ^x^l^ (j*'i.;J! oL;jol ^5 ^l^1\ J^^, zerfällt
auf Grund der Handschriften und der Ausgabe von Teheran in neun
Kapitel nach den neun darin behandelten Völkern: den Arabern,
Persern, Oströmern, Türken, Indern, Zeng, Nubiern, Berbern und
Gil(äniern). Eine allgemeine Einleitung über die klimatischen Ursachen
der Verschiedenheit der Naturen, Gewohnheiten, der äußeren Gestalt
und der Sprachen der Menschen, erläutert an dem Gegensatze der
Bewohner heißer und kalter Zonen, geht voraus und stimmt in A und Q
im ganzen überein ^). In dem Kapitel über die Araber zeigen sich
aber schon tiefgreifende Unterschiede zwischen A und Q, derart, daß
A einen durchweg erweiterten und ausgeschmückten Text darstellt.
So gleich in den Eingangsworten, wo an die Stelle der Aufzählung der
verschiedenen Fasl, die 0 gibt, bei A eine Anekdote tritt -), die nach
238 Julius Ruska,
Zurückweisung der Perser, Römer, Chinesen, Hindu, Neger, Türken
und Hazaren (A ö Ji) die Araber für das gescheiteste Volk erklärt.
In dem ersten Fasl über die Religionen der Araber steht bei A
eine Reihe von Geschichten, die bei Q kaum angedeutet sind; der
zweite Fasl über die genealogischen Kenntnisse der
Araber *_jju*öl j*-^^jix j. fehlt in Q vollständig; der dritte über die
arabische Sprache und Rede (A ^*-f:CA^il >UJC> ^5, Q
*-pJL*«Jl X.>l.xas J.), der in A 4 Folioseiten zu 31 Zeilen umfaßt, ist in
Q mit 20 kurzen Zeilen erledigt. Im vierten Fasl, der über die Sitten
und Gewohnheiten der Araber handelt und zuerst ihre Ruhm-
redigkeit ^Li^-asl mit Beispielen belegt, schickt A eine nahezu zwei
Seiten umfassende Anekdote von Nu*män ibn Al-Mundir und Kisrä
voraus. Erst von einer Anekdote an, für die Anas ibn Mälik als Ge-
währsmann genannt ist, gehen die Texte A und Q eine Strecke weit
zusammen, um dann in der Aufzählung der Gewohnheiten zu differieren
und erst wieder gegen Ende, wo ofjJI, yiJI (yiäjl), ^J5, jy^\ o^^
und «Aoiijl als Gewohnheiten angeführt und erklärt sind, zusammen-
zustimmen. Der fünfte Fasl »über ihre verderblichen Überzeu-
gungen« SAwvLfiJt ^'IjwäXci ^ hat annähernd den gleichen Umfang,
wenn auch vielfach abweichenden Inhalt; der sechste Fasl über die
Dinge, wodurch sie sich speziell von andern Völkern unterscheiden,
schließt mit seinen sechs Seiten bei A und 10V2 Zeilen bei O wieder
jede Vergleichung aus.
Die Perser sind in drei Fasl behandelt. Der einleitende Ab-
schnitt, in A etwa -/^ Seiten mit historischen Exkursen, beschränkt
sich in Q auf 4 Zeilen. Der erste Fasl über die Religion, bei A
5 Seiten, umfaßt in Q wenig über eine Seite; der zweite über die
Sitten, bei A 5^2 Seiten, wird in Q auf 2 Seiten behandelt. Eine
größere Annäherung der Texte finden wir erst im dritten Fasl, der die
zehn Männer aufzählt, deren sich die Perser vor allen andern
Völkern rühmen. Es sind:
1. Ferldün (T: b. Äbtln b. Kaikobäd) b. 6am§Id.
2. A 1 i s k a n d e r (T: b. Därä) b. Däräb b. Bahman.
3. Kisrä Anü§irwän b. Kobäd.
4. Bahr am b. Jezdegerd (A: o^^Jj). '
5. R u s t a m b. Zäl.
6. G ä m ä s p der Sterndeuter, der Wezir des Gu§täsp b. Loh-
räsp (A: ,.ju.L^ ^j ■^Jl>^j^\ «j^» ..S ^^^t ■w-w IaI^)-
7. B u z u r g m i h r (A • j), der WezIr des Chosrau Anü§irwän.
8. Bärbud, der Sänger des Chosrau (A: Ju^).
Kazwinistudien.
239
9. Der Verfertiger (des Bildes) von Sabdiz (A: _.cX,^ ^w>o).
10. Farhäd, der Qasr Schirm (A: ,.^j.^^ Jü »uJ,l^) erbaute.
Es ist charakteristisch, daß Q zu Feridün und Rustam Verse von
FirdausT zitiert und zu 9. und 10. ausführlicher ist als A, der hier fast
nur die Namen anführt und dann die Bemerkung L*p.^i> SJ> Aäj
«Jujü ^j %.*o\ji\ (iUj (3 zufügt.
Die Oströmer füllen bei A etwa drei Seiten, bei Q etwas
weniger, in zwei Abschnitten über ihre Religion und über ihre Sitten.
Mit dem Kapitel über die Türken beginnen die beiden Hand-
schriften vollständig auseinanderzugehen. Zwar stimmt die allgemeine
Einleitung über Wohnsitze und Gebräuche, wie die Anekdote von den
Bekehrungsversuchen des Hisäm ibn *Abd al Malik im wesentlichen
noch überein, aber schon der Fasl über ihre Gewohnheiten enthält in Q
Material, das bei A vollständig fehlt, und während das ganze Kapitel
über die Türken bei Q (und T) mit dem Regenstein abschließt, beginnt
hiernach in A jene große Einschaltung aus dem Berichte des Abu
Dolaf, die schon 1842 von Wüstenfeld i) übersetzt und 1845 von
Schloezer3) mit lateinischer Übersetzung herausgegeben worden ist.
Daran schließen sich Auszüge aus Ibn Fadlän3) über die Slaven,
Baschkiren, Hazaren, Russen, Tataren, Jägüg und Mägüg, die sich
auch durch die Form der Einführung: (,^c J^^ . . . ^^•^ deutlich von
den stets mit . . . v_Ju>o 'J«l beginnenden echten Beschreibungen des
Völkerkapitels abheben. Dann folgt — an falscher Stelle — das Ka-
pitel über die Gllänier (A ^-LJ-t ^Jü^, Q J-^, T|^.,^>.>), hierauf das
über die Inder mit auffallender Hervorhebung des Abschnitts ^^
*.pioLc. Es bricht auf Fol. 163 plötzlich ab — der Abschreiber be-
merkte das Fehlen eines Blattes und hielt eine Seite frei, ohne sich zu
erinnern, daß er das fehlende Blatt schon vorher (Fol. 40 r; vgl. die
Fußnote oben S. 15) mitten in die Beschreibung des persischen Meeres
hineingebracht hatte:
iju^ o.Lxis dU3 J^Uj ^äJULxj _fcP» *Ljf Ä-xJ,^ !^'^i\j ^c''^^ ''^'' <s^tA^^
(_, <J^ ■• J ^ -^ <J '-'II .. ^ ■■ u-. i ••
0 Des Abu Dolef Mis'ar Ben el-Mohelhel Bericht über die türki-
schen Horden in der Mitte des zehnten Jahrhunderts. Aus dem kosmographischen Werke
des Zakerija Ben Muhammed al-Cazwini, übersetzt von Dr. Ferdinand Wüstenfeld.
Zeitschrift für vergleichende Erdkunde Bd. 2, 1S42.
-) KuRD DE ScHLOEZER, Äbu DoUf Misuris ben Mohalhal de itinere asiatico commen-
tariiis. Diss. inaug., Berlin 1845.
S) Der Autor wird erst in dem Abschnitt über die Gewohnheiten der Slaven genannt:
240 Julius Ruska,
Die Inder werden nun zu Ende geführt, die Zeng, Nubier und
Berber schließen sich an; dieses letzte Kapitel bricht wieder unver-
mittelt ab und setzt sich Fol. 163 hinter der Lücke richtig fort:
^•i ^jt^'l ^x Lvii ^^5-'' Q'» :^-^' e5^ ~' ""-^^ ^''-'"'^' ^-^ '^^^ ^ '^-^- ^^
j-bLä ,-ti*_j ^3 ^ s^^t JJaJ ^.5'l\Jj ^:?o ^3 »Ji^^^ ^^3 ^I^'^i v^I:» 3- 1
Jo>^ ^J^3 ^ ^.^53 [«j^^] II *^^ i^j C)^^ ^>^ -^' ^"^-^ v^vVil
^5'!^ ooLi" ^^ c>o-^ _^3 H:>^ '^'^ q5 ^J "^3 VjL^ vM*^ *J (*-'^-^->-5 I
In den persischen Übersetzungen 0 und T schließt die Beschrei-
bung des Brauches mit jj.^ J^J ^Uc = sy>i J^, worauf das Ka-
pitel über die Gllänier folgt. Der Autor der Bearbeitung A bringt
aber außer dem oben mitgeteilten Schlüsse noch interessante Mit-
teilungen über das Pfeilgift: o'Jl^-iw*ll wWa j. j^.,_J'J::>r. ^^^ ^r^i
(Ms. ^^\ ^ .> ,.,U sLsisj ^^ xvLx J.^J! JJi 53.5 ^J.i w-.^ x-u
,OsJ5 ...5 ^533 x>.>.A3 oUP XvL/«' w^ iyi iLj3 -iSiS \J^ j5j.iUj wx^j^
53^ K^ %^:^..* wJIä:5 15 J^j ^^ ^^\ 53^P ^^ (Ms. ^^^) ^^„e^j
53ws \Äww (Ms. sJ^S5 ^_^w5jj -j:^) sjr?^5 ^_^w.5^.j ^ ::>. v,u:ci>5 *J^wV=>5 01,5
0»L*j *.] ...5 ^Jl.-:^•-i LJlIo -^^j ^^ ^"^ ^^^^-5 A-3 v_jj5 *Ai5 iUx 0--^
l^^jLxi^yjS >._^w:>jt-5 ^ j.j?3 Nbli 5;;^ 5 ^c (.''iOU^wo) x;Ojj<-s-o ^i.5
p'w*^5 ^^ ^^ui ^ _^./5 5353 Q^j5_^ ^ \.3^S^ ^.^^ ^\j ^ ^LJ.i x;-»
^3vÄi>'w^5 xXiJ o./! \/5J _li^-i> 53w5 ^^-5 aOÄj iöy^J ,^i;.>jJ53
xL'53 LPjd:^ ■ns5^J5 ^.«3 Ni.s ^•,Ai^xJ5 ^^^3 (Ms. iüLi) \j.i oV.^-5 ^^^
.0.^53 «->-15 x>.J53 oLxiii (J|i^5
»Und dazu gehört, daß sie eine List anwenden bei der Jagd auf
Tiere; es entgeht ihnen nichts davon. Sie haben nämlich eine Art
Holz, das kochen sie und extrahieren daraus etwas wie Pech. Wenn
ein Mann davon ißt, so schadet es ihm nicht; wenn er aber eine Stelle
Kazwinistudien.
241
verwundet, die nicht größer ist als ein Nadelstich, und etwas von dem
Gift daran bringt, so kommt er um; denn das Blut fließt zitternd wegen
dieses Giftes weg, bis es zum Herzen gelangt und darin sich sammelt ^).
Wenn es einer von ihnen erproben will, so verwundet er seinen Schenkel
mit einer Nadelspitze. Fließt nun Blut heraus, so nähert er ihm dieses
Gift, dann weicht das Blut nach seinem Ort zurück; kehrt es aber
nicht zu seiner Entfernung (Rettung?) von der Stelle um, so tötet das
Gift den Mann; und das gehört zu den wunderbaren Dingen. Sie
bringen nur Weniges davon verborgen (?) an die Spitze des Pfeils,
dann legen sie sich in einen Hinterhalt; wenn dann ein Raubtier oder
Wild an ihnen vorbeikommt, schießen sie es mit diesem Pfeil, und wenn
sich sein Blut damit mischt, stirbt es sofort. Und sie nehmen vom Ele-
fanten das Elfenbein, vom Nashorn das Hörn und von der Giraffe das
Fell. Gott leitet zum Rechten, zu ihm ist die Rückkehr und Zuflucht.«
Schon diese summarische Inhaltsübersicht und Vergleichung der
Texte des Völkerkapitels zeigt, daß der Bearbeiter von A den Text
der dritten Stufe, den die persischen Übersetzungen repräsentieren,
von Anfang bis zu Ende überarbeitet und durch zum Teil umfang-
reiche Zusätze erweitert hat. Wir haben es mit einer vierten Stufe
der Textbearbeitung zu tun, die keinenfalls als Werk des K a z w i n 1
angesprochen werden kann. Gegen den Inhalt des Kapitels an sich,
besonders in der kürzeren und geschlossenen Form, in der es in den
persischen Übersetzungen auftritt, wäre kaum etwas einzuwenden,
da man ja die verschiedenen Völker als Arten der Gattung Mensch
auffassen und so der Aufzählung der Stein-, Pflanzen- und Tierarten
parallelisieren könnte. Aber der 7. Nazarist vom 8. nicht
zu trennen, und die Gründe, die gegen die Echt-
heit dieses letzten Nazar sprechen, entscheiden
auch gegen das Völkerkapitel.
Zwischen den 7. und 8. Nazar ist, wie bereits bemerkt, vom Ab-
schreiber ein Blatt eingeschoben, das Wüstenfeld als ein Bruchstück
des Kapitels über die Medizin im 8. Nazar ansieht (Vorrede S. X). Daß
davon keine Rede sein kann, lehrt ein Blick auf den Text, den ich hier
vollständig mitteile:
0 So nach A: «..♦JO^». Es ist aber nach der geltenden Gifttheorie Js^.>^», »ge-
rinnt« zu erwarten und zu verbessern.
242 Julius Ruska,
1^ ^'.iuji 0.5 ^t *Ju5 !^J^ ...1 ^^^w iolj «J'i^' viUö '^-ÄJ ^ LK>'-*3; ^j-*
iJLo !_) ».P» 'ujÄJLi> -y« Jü'» s^^ iJ w«.>^ ♦XCI ^.JLäj äj Lj!,I
^L>JlA/« \J>3-/<.» c>>^>'J" »^ .,wx-sit c:l,ö ,^W LäJLc» ,Lj1 JJL.> --/S XjtliS JL
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Lj-JLc j.!j Lxi J^xjS'ö *j äl^il ^Vx: . iLc» iJLij ,.j3l j:;^^^ Xx5 Ja5>-^ L\i>i
, ^j-^ji i5 »^wfl, j*.^ Nv^ J^-'i ft^^•^^ x«.^ 13! J«Äxi! Jo3 ...I \y.kS^\* , i^ijw
XJwxi! ..y/« (Ai>! -y/o ^^JLxjI i^ii! ^_J.j V.::>, i£. \JiJ! -,3,J 'wxj_a« *-^ iUjtxji
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( w.L2^ü >.ij.y o,.x3» vi>.jJwo '^^^^3 l.\->^xä>o ,\c c>-J^» i>.j\i-/« o>X:>u
]- - ^ ^ ■• ■ •• L? ■■ ^ J^ ^
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-xw.j'b!! o\->ÄJ! ,ivE. cV^ Xo3 jj^ X.kS>- LÄxIjtJ «.jj! <.^^1 r>A <^xJ Oi .S>-
^xAi j^iiLäi! ;J. OvxJ L?*^''^ c*:*^^ Ä^i (JvC J^u); ,.jl» ijvxj( ijj^Laxv ^^•U.j
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/ ilc o! ^äÄJ ' rä.i - x^«! .^^Ij! (^jL^. ^^ '"^t^^^^ -^3 ^■S'*^^ X.äÜ^ ( ^^*'
Wir haben es mit dem Bruchstück einer Liste zu tun, die im
wesentlichen eine Aufzählung von spezifischen Eigenschaften der Teile
der Tiere darstellt und zwar in Einzelheiten mit den von K a z \v i n i
in dem Abschnitt über die Tiere Beigebrachten übereinstimmt, aber
doch auch manches Neue enthält, so besonders in dem von der Schlange
handelnden Teile. Den Eingang, der in der Handschrift oAx^« \J>\
^\ .x^ .Ai lautet, habe ich so geändert, daß übersetzt werden kann :
.AvOi'
O
»Wenn man Wasser mit Menschenhaar destilliert und damit Eisen ab-
geschreckt wird, so wirkt es« usw. Wie das Stück in die Handschrift
geraten ist, ob es Abschrift aus einem ähnlichen Werk oder ein Auszug
aus KazwTnT mit neuen Zusätzen ist, muß einstweilen dahin-
gestellt bleiben.
2A.A Julius Ruska,
Über den Bau des 8. Nazar »Von den Künsten«, der in
den persischen Texten nicht weniger als 21 Kapitel umfaßt, von denen
nur die zwölf ersten in A erhalten sind, soll die folgende Zusammen-
stellung nach dem Index von Q und dem Texte von Q und T eine erste
Orientierung geben. Ich bemerke vorher, daß die Indices und ihre
Zählung persisch abgefaßt sind, die entsprechenden Stichworte und die
Zählung der Kapitel im Text aber arabisch, und daß der Index von T
besonders besprochen wird. Wo die Ausdrücke in den persischen
Indices wesentlich von den arabischen verschieden sind, sind sie in
den Klammern mitangeführt.
1. Von der Landwirtschaft (^;^=>>^)
2. Von der Viehzucht (xj-i^ — J>-^•^)
3. Von der Jagd (;jo->LXsi — ^■f:^)
4. Von der Weberei (XJ .x>)
5. Von der Baukunst (t->o)
6. Von der Schmiedekunst (soL\.:> — ^J:j^\)
7. Von der Zimmermannskunst (0,^0 — ^j:^ j>»,o)
8. Vom Handel (bjl^ö — JLi'^juj)
9. Von der Rechenkunst (:\juv*s>)
10. Von der Schreibkunst (njJü')
11. Von den Versmaßen ((v:r»-£ — .xXi)
12. Von der Musik ( Ji-y^^^^)
13. Von der Heilkunst (w*~j)
14. Von der Körperpflege (c:^;jj)
15. Von der Beseitigung der (sexuellen) Gebrechen (v-J^c ^^^'})
16. \'on der Sterndeutung (j^^jJi ^S.z>\ — i^-^^^ ^^^J^^)
ly. Von der Anwendung des Astrolabs {\^''iJ.cuS'}\ \*s:)
18. Von den magischen Quadraten (j^^_^-l JlcXc! S)
19. Von den Talismanen (oL*.*^Ai:j)
20. Von den Beschwörungen (o..>.i^^)
21. Von den Feinheiten der Zauberkünste (J^ ^lIx)
Man könnte denken, daß diese Liste von Künsten genügt. Allein
der Index von T verspricht noch viel mehr — dreißig Kapitel — , nur
daß der Text nicht hält, was der Index uns in Aussicht stellt. Er geht
• bis 10 mit dem Index von 0; dann fehlen 11, 12, 13, 14. offenbar
■ weil von dem Lithographen eine Zeile übersprungen wurde, dann folgen
Kazwinistudien.
245
die weiteren Artikel vom 15. bis zum 20. Zwischen diesem und dem
21. sind aber noch die folgenden 9 Artikel eingeschoben:
21. Von der ,magia praestigiatrix' (.-^.♦-y.v)
22. Von der Chemie (^^^^)
23. Von der Beschreibung der Edelsteine ^) {^\,^ '^::,JüJ)
24. Von der Beschreibung der Drogen^) (^ä u>äx3)
25. Von dem Vertilgen der Spuren (,LS1 ^JL*)
26. Von der Vertreibung lästiger Tiere ((^öj^ oJLx:> ^iS)
27. Von den Werken der Geometrie ( ^JJS> S^*-^^)
28. Von den Rätseln {Ju)
29. Von den ,praestigiae' (»tX>jt^)
[30 = 21. Von den Zauberkünsten (j>w^)].
Es wären nun die einzelnen Kapitel nach ihrer teilweise sehr weit-
gehenden Gliederung vorzuführen und der Text von A mit den persi-
schen Texten zu vergleichen. Man wird es mir aber kaum verdenken,
wenn ich mir Beschränkung auferlege und nach Vorlegung einiger
dem 8. bis I2. Kapitel entnommener Stichproben zum Schluß komme.
Das 8. Kapitel ist dem Handel und der Warenkunde
gewidmet. Q, T und A beginnen in gleicher Weise mit einer Ein-
leitung über die Unentbehrlichkeit des Handels, die bei A mit den
Worten schließt:
Dann werden die besten Arten verschiedener Kategorien von
Waren aufgezählt, und zwar zuerst Gold, Perlen und Edelsteine, dann
Sklaven und Tiere, dann Drogen, dann Gewebe und dergleichen,
schließlich »einzelne Gegenstände«. Die Listen wimmeln von Ent-
stellungen, und es ist hier nicht der Ort, sie in Ordnung zu bringen;
doch sei wenigstens der Anfang als Probe mitgeteilt:
-^^\ .xÄE
J) ot-^
■^^^ .^£.
j^ ot-^
...-übt.) j^i Q-A*^L) V
') Die Titel 23 und 24 entsprechen zwei neuen Abschnitten der Handschrift A in dem
Kapitel über den Handel.
246 Julius Ruska,
T — — Qj-^ ^^^ o-j^^ — ~ — — ~~ —
Q '^^=^ji) Ot-^^ L^^jr^ J^- »^-^^^^ ^^f^^Jri 0^:T^: ~~
T (A:>-j-, » -j^j_i/a «^j — —
Q — ^ö^ — — — ^^xÄ£ Qj^-^3 — — cLj>^
A — ^Ax>C:i — — ^>S\ ^ys^\ j*s>, ^1\ ^-i ^^^_^\
O ^» lXJ; -^-**'-j iOCii >w.j < c.Jb ( w.-.t •-j;Ä^»
_o-J
T — - vAJ; ^3».^wj .0 J>«j ,^,Uj ()*'-• ^ .-r-?
A ^L.,fjtli , i^lc Jj_» '■'j^^* '"^.^-^ L.~"^' '^•^ l5'-?"^ U'*'^ J^^-^
(^ J^ -r^.,. j.^ *^ ,c^»> —
A ^^5 — — — — — — lu^L LÄ^ ,.,^ !it -Pl*Ü- .-»^
,i^j) / ixiSwi .x;>» — — — — ^>.zjU -««I
Es mußte nun auffallen, daß in A nach dieser reichhaltigen Auf-
zählung von Kostbarkeiten und Handelswaren bis'zu Papier und Tinte
herab mit den Worten »und da nun diese kostbarsten Waren die Sklaven,
Edelsteine und Drogen sind, so wollen wir einem jeden einen besonderen
Abschnitt widmen« drei umfangreiche, die ganze Disposition des Ka-
pitels störende neue Abschnitte eingeführt werden. Ich hatte das
Kapitel über die Edelsteine längst übersetzt und seine Herkunft er-
Kazwinistudien. ^ , -
-4/
kannt, als ich die persischen Übersetzungen erhielt und die Tatsache
der Interpolation bestätigt fand. Q und T schließen an die Auf-
zählung der Waren noch zwei kleine Anekdoten; an ihre Stelle sind vom
Autor der Bearbeitung A jene neuen Abschnitte eingesetzt. Der Ab-
schnitt über die Sklaven enthält nichts Erwähnenswertes. Der Ab-
schnitt über die Edelsteine stimmt zum Teil wörtlich mit dem
von Geh. Rat E. Wiedemann in dieser Zeitschrift Band II (191 1)
S. 345 ff. in Übersetzung veröffentlichten Auszuge des a 1 - H ä z i n T
aus a 1 - B I r ü n T überein. Es ist mir durch sein liebenswürdiges Ent-
gegenkommen ermöglicht worden, den Petersburger Text nach seinen
Photographien mit dem Texte von A zu vergleichen, und ich teile hier
den Text von A mit, indem ich einige Anmerkungen, die Emendationen
und sachliche Erläuterungen enthalten, hinzufüge.
lj;a:oNt3 ^^i>^!|3 ^^S]^ 0JJ^^3 j^^^i ,-*>^Jt O^LJt ^^\j.l\^) 41^
i^ ^[^j^^ r^ ^^^'' r^' ^'^j'^ öbj^'^5 ^__^>^jJ Q (5 0^^?^
») Der Auszug aus al-Häzini (H) beginnt in der Übersetzung von E. Wiedemann
mit S. 347 letzte Zeile, in der Handschrift Fol. 90 r. Zusätze von A sind in ( ) gesetzt.
3) Fehlt in der Petersburger Handschrift.
5) Folgt bei H nach Aufzählung der roten Varietäten.
*) i*.>-ö-J mit Bezifferung. Der Originaltext bei a 1 - B i r ü n 1 , der mir zu dieser
Stelle zufällig zu Gebote steht, hat si.V:>.L5 und *.j wie oben, dazu noch ..yA *-^;^%
^O^VawÄxJ Li^ -«.jS^iil» -i[^>.^S! .jjO _i3.wjj*; diese siebente Art ist als Nr. 4 in
dem von Cl.-Mullet benutzten Ms. S79, dem ,L^^!L .^\^ '\ijLA ,% .\.jj^\ .^
eines unbekannten Verfassers, aufgeführt.
7) Lies ÄjJü). Die beiden letzten Farben als Nr. 2 und 4 auch im ,i.*w'l^'i ..v*
(Cl.-Mullet a.a.O. S. 36; Ms. S69 ist wohl Druckfehler für S79).
24.8 Julius Ruska
3^^^iLÄix ^,^1 UJ iUxi ^S_, ^.>Ljj 3.äJ! ^^sl^^ Uu^, ^,.-oj ^^'1 x.**.-»^
.'JülO. i,w>oJ) ^,j.i^li - ,^ttAi^ j*^'^^ ä-zi^fi (^t'^'^ Oi-^^3 j*r^^^ iö*..4.;>
^c.j 1^5, -^^^^3 ^j*:^ c-^^ ^j'^h "^X^-y^ ^ ^^Pjs.-' ^A 0-Äi/a xjwo
^L*.ACU ^^yiASJUj ^-^^^-''3 ^<^'--*^-y'3 ^-♦-'-' ^J-'3 O"
.A> ^5
I) Von Cl.-Mullet nicht erwähnt, fehlt also vermutlich im JijmJ^\ .*h Ob
a 1 - ß i r ü n i die Unterarten nennt, kann ich jetzt nicht feststellen. Diese überschießenden
Stellen machen es zweifelhaft, ob der Auszug aus a 1 - B i r ü n i von A unmittelbar a 1 -
JJ ä z i n i entnommen ist. Es spricht aber auch nichts für direkte Abhängigkeit von
a 1 - B i r ü n i , da sonst viel größere Abweichungen zu erwarten wären.
=) H ^^_;r<-J^
3) H ^ä-l und ..^JÜ^a
■f) H O.S ist , O.S »Siegelstein« zu lesen.
5) y fehlt ».1; A hat offenbar die bessere L?sart: »quadratisch oder länglich«.
6) y ^j^i^'l; A ^yi-ijT Vgi. WiEDEM.^NX a. a. 0. S. 34«, Note 4 zu dieser
Stelle! Die Tabelle beginnt also mit •/+ Dänik.
7) y setzt die Tabelle fort: ^jj ^Jsü^\* j-ÄjJ xj.x: ^^,-J J-ä^x ^äa=j.
^Jsl^\ v3wäj* ,-oJ JJ-J _ÄAi^'» ^-^slj^* j-v:>^
„^, ^^- •^.,.^^, uw--_5 ;.~- ij:
«) U dafür: <^^iS^\ x^-^i Jo:.* N^U^S Ok5w>j-l 5^-^^|^
9) Fehlt vollständig bei ^i; ob aber aus a 1 - B i r ü n 1 ?
«°) 9 hat diesen Satz nicht, spricht aber direkt vom ^.Xj>L\^i J»xLL Die Identi-
fikation des L a ' i mit dem B a 1 a h s , d. h. dem Stein aus Badahsän, und weiter mit
dem ruhin balais (Balasrubin, eine Varietät des edlen Spinells) durch Cl.-Mullet (a. a. 0.
S. 109 ff-) ^vird durch a 1 - A k f ä n i (vgl. al-Machriq 190S, S. 755) bestätigt. Das schließt
einen freieren Gebrauch des Wortes JoiJ für alle möglichen roten Edelsteine nicht
Kazwinlstudien. 249
iLjuoÄj! c>^*ij /M^» ^ -xJJO S.Xi.E. X/Uw^s |.,L^,J> klj w^s ♦^.uXj.j li'JtH
jjjj! w«U ^j^i-l-i J-5 CT"-;'^ C7- '^ f^J^ "^ O"^ ^"'' ^^ a^^"^' o^
,^»>L;ü ^_5^Jul ^^.>A^1 ^Ui^l» OJ->^^ 6^ii:i;i J. ^'^^Xc^i^ 5^^:>^JL^J5^
7 ,'lÄjJ äjUJ liJLj» Läxii ,.,u5^ ^3L ,Läji3 o^j^ ii.Ä^-<ÄS ^LäJOo ,.,-J'' ^-^^
aus; denn wer möchte behaupten, daß das einzige damals bekannte und zuverlässige
Mittel ihrer Unterscheidung, die Bestimmung des spezifischen Gewichts, stets angewandt
worden ist ? Die ausführlichen Angaben der von Cl.-Mullet zitierten Autoren gehen im
wesentlichen auf a 1 - B i r ü n I zurück.
i>) y fügt hinzu: -i'jLuJJ !tA.*~>- "^r*"!^' ^^ ''^^ von Wiedemann mit j'jLx-^jl
der Lexica identifiziert; der Kznz al-Tigär liest nach Cl.-Mullet offenbar irrtümlich
i'jL^ÄÜ, die A k f ä n I - Handschrift J :L-Ji. Sonst gilt der skorpionsfarbige ( ^J-Ä^^,
/sOii^) als die beste Art. Da liJ-.LxJ der Name des Distrikts sein soll, in welchem dieser
Stein gefunden wird, jlxJ aber die Zwiebel bedeutet, so erklärt sich daraus die Über-
setzung JLij »zwiebelartig«. Diese Erklärung (Wiedemann S. 349) steht aber nicht
im Texte des al-Häzini.
0 Dafür genauer H: Lx is-«,v^i *.>■!, iA*.J ikxi-) ,.,''•' ,l>.Ä£:1 ^ ^aw-jI»
/ » . .. ^ ^ . <j Cv^>' ^' \ ^ ^
.K.j_5 ^ -^'^'-^ jj-^c- /»Pj>3 ,mJ_5 ^^!> i^'^^T' 3-/i^c *-s-* C>-?^"
2) Werm auch „ .=>0 »wälzen« bedeutet, so ist „ .5>-iA.«.j1 doch gewiß nicht di.*
»walzenförmige«, sondern die kugelige Perle, als die Normalform zuerst genannt. Vgl.
isJ>^,s>J», die Mistkugel des Pillendrehers.
3) H ... ».>jtiL, ebenso Q. T usw.; vermutlich doch .jj.ÄxÄJt, die augenförmige
(DozY II, 19S »globulaire«). Leider hat Cl.-Mullet die im ,l.jw.^i .^m enthaltene Ter-
minologie nicht in seinem Essai wiedergegeben.
4) Da ^^l*il mit Js^ ..:*='>.*il ^ erklärt wird, so i^t an einen kegelförmigen
Gegenstand zu denken und schwerlich -x^ij! »die jugendliche« zu lesen. Aber ich finde
». >
nur j,^£. »the kernel of the stone of the fruit (, i*J) . . . of thc .lXaw«.
5) Nicht die »große«, sondern die »rübenförmige«. Es handelt sich bei all diesen
Bezeichnungen offenbar um Abweichungen von der Normalform, die nach entsprechenden
Naturobjekten benannt sind. — Ich sehe nachträglich, daß a 1 - A k t 5 n I aus-
drücklich von verschiedenen Formen spricht, offenbar nach derselben Quelle: das
hier stehende ^/s'^i beweist nur, daß die Bedeutung des Terminus nicht mehr bekannt
ist. Als weitere Formen der Perlen werden angeführt (^53«.^'', i^'t:'-^^^ ^^.iC^a-j),
6) So nach H; A i3_5^1 J.! Der Text ist gegen H stark gekürzt; insbesondere
fehlt der Vergleich mit den Pferden, \Yiedemann S. 349.
7) A falsch; H ,'-.L;l> '>^.a ,-j-*-'-i S-'Jik^i ^'Js^ -,i>.).i» v,.Ä>oi ^^■.'i\ !3U.
2 = 0 Julius Ruska,
LpLs>! J.1 ,jJ! vi>N.4-Cij! !jt^ J^LÄ-'! x^«-*.^» AÜju! xiia^I^ 4joi:>JÜ SfvAj^i
l. )^ 1 > i. v-^ •• -^ ^ "-^ • ^ . • ^^ l_r "^
w
O'
XA-wlii5^ ^o_^\^ ^ j^^-*^' j^^^ -^r^ L"*-*' '^'^ j^^H^ ^-^ ^^,Jsj1 X-«^
>) So y; A ^^.ij und
») Vgl. die weiteren Angaben a 1 - H ä z i n i ' s a. a. 0. S. .149.
3) Der Satz bei H: iP-sIiiJ ci*^Ac \j>\ !Aj.s La^j! Ljiix ^,*^j muß
übersetzt werden: »und ähnlich wird sie auch »Aj^ genannt, wenn kein Gegenstück zu ihr
vorhanden ist«. Die Ausdrücke Fand und JatTma entsprechen also unserem »Solitär*.
Über die Jatima lesen wir bei a1-Akfäni : -ÄJi X.».*,<LaJi \Xji lAi»» 'wC > nc)^
c^oiy^ Jy^-^ ^■^^'■^" ^"H-3 cr^ -T^^ r^"-^ i-)''3r^ i'T^ dU-«JI >A>.t uXlc ^.:^S
AJL\i» MJjl, l\..i^-J, K>Jü X.:s-j>wX/«
^ ^ ^ • > ■• • ^
5) Für die hier genannte Tabelle wie für die beim Smaragd ist bei A ein leerer Raum
gelassen. Alles über die Perlen weiter von a 1 - y ä z i n i Gesagte fehlt.
6) Nach Tifäsi bei Cl.-Mullet S. 78 heißen die unmittelbar aus den Minen
gewonnenen Smaragde v— Ajkoä. Der Ausdruck paßt auf die von Natur säulenförmigen,
im Querschnitt rundlichen Kristalle, auch wenn von einer Durchbohrung keine Rede ist.
Die von Wiedemann nach Cl.-Muli.et zitierte Nachricht über das Aufreihen der Sma-
ragde auf Elefantenhaaren (!) — doch wohl nach Art röhrenförmiger Glasperlen — stammt
aus P 1 i n i u s und ist höchst unglaubwürdig.
7) Hier folgt bei y noch eine Reihe von Angaben.
8) Die Tabellen bei a 1 - B i r ü n i stammen vermutlich aus einer persisch verfaßten
Macula des N a s r b. J a'k ü b a 1 - D i n a w a r I oder aus dem Kitäb ß 'Igawähir waHashäh
des a 1 - K i n d i , da der erstere als ^jS\ ^5 ^^^iS^^ <tJjl bezeichnet wird und sein
Buch mit den Namen der Juweliere aus den Tagen des * A b b ä s und M e r w ä n beginnt.
9) Offenbar aus dem bei H erhaltenen ^Aj,^jl d. i. _oJo--*«j! verschrieben;
sonst würde man eher auf die Korrektur 5-*i^ (Aj>X.cio! verfallen.
I
Kazwinistudien. , . .
- 1 1
• XaaJ
a'' J-^^ Vy^jj iö^lxJU iülj^Jb oL^w^l yjs! o^L^'! ^^j
,P'j V^^-?^J Lf^^^^-b ^-i=3.^'^ >3^^U ^:.:^J.^^N5 ^it^Jt^ ^.^j^;i
^'.iJ xj o-^^-^^^^ L-^-^^ C^*^3) -»r^;^ '^^ 3^5.50 ^^ ^^^o :<^^
^^^.^ ^jj! ä^.o ^; j^^u ^.,5 ^Ä.^.i^j _.L:^y!3 s^^uji^ ^^^p\ o.iu:t
Ö-JJ^ -^ -"^^ ^ j^j^^ ^^b (^ c^^:ä;<:j (^^U! ^.^ ^g. Va J^<5 Li_^^s b'^.^
^-^j ^i ^^y^i> ^.z^ J.C ^Ulj e^ j^^Äj 7^.,L^Li. ^ ^JL^o
^^J-^^ JwxiüJ5 ^;^^.^! ^,^IJt ^.^1 ^ä.-.^_^^J53 j^y^NI ^U^^rj^ ^^^\^^
^\^^\ )^\^ ^\^^ -u;^ ^jxi\ ^j3 v;,^3 ^V^t-^^ ^3;*:! ^^^Ji:! ;:-i
J) Die Farben fehlen auffallenderweise bei H. Vgl. Wiedemann S. 352 Nr. i. Da
die Edelsteinarten nur nach den Farben unterschieden werden, kann ^Lii und . Li!
als synonym gelten. ^
-) H fügt hinzu ^„j^^^S^ ; vgl. K a z w i n i s. v. ^j^^\
3) A *J5U3 ^A 4) H hat Dinare statt Dirhem! 5) A .^^'L
6) A c:.A.xä-o. Die Stelle fehlt bei H, stammt aber wahrscheinlich auch aus
a 1 - B I r ü n i : »Manche Leute mischen Splitter von weißem Jäküt, Bergkristall und
Glas unter den Diamanten. Die Methode dafür (zum Erkennen der Fälschung) ist, daß er
in einen Beutel aus Ziegenleder getan und stark geknetet wird; alles, was nicht Diamant
ist, wird dadurch zerbröckelt«.
7) Genauer bei H.
8) Der Text ist bei H gestört: ^^> CT^'^ J^ l5^ ^'^'^ ^'•*^^ ^"
Zunächst ist ^jj^,*i wie q..«*«.5> aus ^.^Jj:*^ oder ,-».ii3- verdorben. Es kann aber
auch nicht heißen, er nimmt das »Wasser«, d. h. Durchsichtigkeit und Farblosigkeit, durch
Reiben an, sondern »er läßt sich m i t Wasser auf einem rauhen Stein abreiben«.
9) H vollständiger: ^^Jb O-av« JLc j^xJLj; auch der Satz iS^ . 'i^ U J^i^^,
•^y>-\ jjä \-^^ fehlt in A.
") Wörtlich ,der als »milchfarbig« bekannte' oder, wenn die Angabe zu ^jLs jj .j^
bei VuLLERS »genuscoloris caerulei inalbum vergens«auch auf jX£,jjji ausgedehnt werden
darf, der »blaßblaue«. Bei a 1 - A k f fi n i ist falsch [»l'itv*« gedruckt (S. 762), in dem
allgemeinen Teil über den Handel hat A ^'J-fc^l,
") A OVJÄ4-SL, H &>5JI («.a^^äJI^
") Die Texte weichen stark ab; H hat^cijj. Das Kapitel über denjilai- fehlt bei A.'
Islam. ly. r.
21^2 JuliusRuska,
An den Abschnitt über die Edelsteine schließt sich unmittelbar
der über die Arten und die Herkunft der wohlriechenden Drogen:
der Aloe, des Kampfers, des M o s c h u s und der Ambra.
Da diese Dinge in das Gebiet der Botanik und Zoologie gehören, will
ich sie jetzt nicht weiter verfolgen.
Das 9. Kapitel über die Rechenkunst nennt diese
notwendig für den Menschen in geistlichen und weltlichen Dingen;
es gebe darin Vorteile, die nur die Spezialisten kennen, und viele Arten,
aber jeder müsse das Fingerrechnen verstehen. Dann wird bemerkt,
daß die Finger sich zum Rechnen eigneten, als ob sie dafür geschaffen
seien, und daß es wunderbar sei, wie zur Darstellung der größten Zahlen
zwölf Zahlwörter ausreichten; endlich wird eine Art Anweisung zum
Fingerrechnen gegeben.
Aus dem Abschnitt über die »Bestimmung von Unbekannten«
-j..*^! -,t-^JC*.! A sei die erste der drei »Methoden« nach der Hand-
Schrift A angeführt: x.,^\ ^\ J. ^^-Jl (A ^.,!) ^x ^jü' ^\ ^\ \J\
^Z^^s>^^>^ )Js.>-'» i\.*>*«.J ,^XJ ^XJ>.J OJl» Xjlww^J l\Jl.wj'
is.J-AAw.^1 ;J. A.J»J-w5 !A^-L (5)vAäX r-^'i .-twi *i)-xP ^Jwi>wS xx.wj' ^aJ ^
»Wenn du wissen willst, an welchem von den Fingern sich der
Siegelring befindet, so heiße ihn (den Besitzer) vom Daumen bis zum
Siegelringfinger zählen, dann die Zahl verdoppeln und mit 5 verviel-
fachen, dann immer wieder 9 abzählen; nimm dann für jede Neun
eins, und wenn nicht mehr neun übrig bleiben, so ist da der Siegel-
ring. Wenn (sein) Gezähltes eins ist, so ist der Ring am Zeigfinger,
wenn es zwei ist, am Mittelfinger und so weiter. « Also eine kindliche
und dazu in den Beispielen verkehrte Anwendung der Neunerprobe.
In dem Abschnitt über »wunderbare Fragen« Ä.>yj^vc Jo'-»*«« J:
werden fünf primitive Rechenaufgaben gestellt, die es nicht lohnt, im
Original abzudrucken; doch seien sie in Übersetzung mitgeteilt:
I. (Es waren einmal) zwei Männer; der eine von beiden hatte
drei Brote und der andere zwei. Sie wollten sie essen, da kam ein
dritter und aß mit ihnen. Hierauf hinterließ er bei ihnen fünf Dirheni
und sagte: »Dies zwischen euch nach dem Maß dessen, was ich von
eurem Brot gegessen habe. «0 Da sagte der Besitzer der beiden Brote:
*) Die Voraussetzung ist, daß jeder gleich viel von den Broten ißt, also 5/j Brote;
dann steuert A y^ und B Y3 Brot bei und A muß vier, B einen Dirhem erhalten.
Kazwinistudien.
253
»Mir zwei Dirhem und der Rest dir!« Da gingen sie zurück zu den
Leuten des Brotes, und diese sagten: »Dem Besitzer der drei (Brote)
vier Dirhem und dem Besitzer der zwei einen!«
IL Es kaufte ein Mann ein Stück Land um 1000 Dirhem, unter
der Bedingung, daß seine Länge 100 Ellen und seine Breite ebenso
groß sei. Da sagte (der Verkäufer) : »Nimm dafür zwei Stücke Land,
jedes davon 50 Ellen lang und ebenso breit.« Da dachte er, daß dies
das Entsprechende sei, und diese gingen zusammen vor den Richter,
ohne zu rechnen, und er schloß den Vertrag in dieser Weise. Da gingen
sie zurück zu den Sachverständigen, und diese urteilten, daß das die
Häufte des Entsprechenden sei.
IIL Es mietete sich jemand einen Mann, der ihm einen Teich
graben sollte,, dessen Länge (und Breite) 4 Ellen, in der Tiefe 4 Ellen,
um 8 Dirhem. Da grub er ihm je zwei Ellen nach Länge, Breite und
Tiefe und verlangte von ihm 4 Dirhem als Hälfte seines Lohns. Sie
stritten sich darum vor dem Richter, ohne zu rechnen, und er urteilte,
daß dies das Entsprechende sei. Darauf gingen sie zusammen zu den
Sachverständigen, und diese sprachen ihm einen Dirhem zu.
IV. Es mietete sich jemand einen Mann, um einen Brunnen zu
graben von 10 Ellen um 10 Dirhem. Da grub er 9 Ellen und ver-
langte 9 Dirhem, neun Zehntel des Lohns; da gingen sie zusammen zu
den Sachverständigen, und sie sprachen ihm acht Dirhem zu und
etwas vom neunten Dirhem.
V. Es ging eine Frau zum Fürsten der Gläubigen *Ali ben Abi
Tälib — möge Gott ihn in Gnaden annehmen — , als er schon den Fuß
im Steigbügel hatte, um wegzureiten, und sagte zu ihm: »0 Fürst der
Gläubigen, ich habe einen Bruder, der ist gestorben und hat 600 Dirhem
hinterlassen, aber er hat mir nichts davon gegeben außer einem einzigen
Dirhem.« Da sagte er: »Er hat doch zwei Töchter hinterlassen und
eine Mutter und seine Frau und zwölf Brüder und Schwestern!« Da
sagte sie: »Ja, o Fürst der Gläubigen!« Da sagte er: »Das ist Dein
Anteil«,' und ritt weg.
Die beiden letzten Beispiele können ihrer Natur nach nicht rechne-
risch behandelt werden und gehören in das Gebiet der »salomonischen
Urteile«. Die beiden vorangehenden stehen als Beispiele für die
Notw^endigkeit mathematischer Kenntnisse schon bei den Ikwän
as-safä in der Risäla über die Geometrie (ed. Bombay I, 52); das
erste Beispiel findet sich in verschiedenen Varianten in unseren Auf-
gabensammlungen zur Arithmetik und Algebra. Es- kam, wie ich
einer gütigen Mitteilung von Prof. G. Eneström entnehme, mit
Leonardo Pisano's Über abbaci (Ed. BONCOMPAGNI, Rom 1857,
iS*
254 Julius Ruska,
S. 283) in der hier vorliegenden Fassung mit den Zahlen 3, 2, 5.
nach Europa und fehlt seitdem in keiner ausführlicheren Arbeit über
»Recreations mathematiques«. Daß es auf eine griechische Quelle
zurückgeht, ist nicht wahrscheinlich^ da es weder unter den bekannten
griechischen arithmetischen Epigrammen noch sonst zu finden ist*).
Hierauf folgt ein als äJjCJU jIlXc^! Js^uis J. J.*^ bezeichneter
Abschnitt, der von der Berechnung von Kreis und Kugel han-
delt, weshalb ich glaube, daß die Überschrift aus »jvil. ,LobS! J^u^ Ä
korrumpiert ist. Er stimmt — von falschen Zahlen abgesehen —
fast wörtlichmit Fol. 47'' der Petersburger Hand-
schrift des al-Häzini; ich beschränke mich auch hier auf
den Abdruck des Textes, zu dem E. Wiedemann's Übersetzung in
den Sitzungsberichten der Phys.-nied. Sozietät in Erlangen, 40. Bd. (1908)
S. 46 verglichen werden mag. Der Abschnitt fehlt in den
persischen Übersetzungen, wie vorauszusehen war.
U^j O^^t -i^Joa SS J. ,3-.*j:l x^. i^y^'S» ji^O"^! Ja>./:o t% ^.AiS
;3w>wfii Ki^iii v.y. ci,3 o^'i Nxjj J^5.
r.f.. o^^(l ^.j. [9|,_j.j -W^' ^'S 3A=>I^Ji
*) Karte vom 2. VI. 13. Nach Mitteilung von Prof. Dr. H. VVieleitner steht die
Aufgabe noch in fast der gleichen Form bei J. Ghersi, Maicinatiea dikücvole c curiosa,
Mailand 1913, wo sie wie folgt beginnt: »Due viaggiatori arabi, uno dei quali ha
5 pani e l'altro 3 . . . «. In der Sammlung von Hei.s ist die Aufgabe klassisch stilisiert
— die Partner heißen Caius, Sempronius und Titus, und es handelt sich um
eine Mahlzeit; bei Bardey sitzen drei Reisende im Wald beim Essen, und es kommt
ein vierter hinzu.
0 A öJcxJtj olAt^l '-) A ^ 3) A iJÜ5
4) A io IjsJCsi; H fügt den Rest des Koranverses (3, 85) hinzu.
5) Der ganze Satz fehlt H bis hierher.
6) So nach H; A iALs^^-JI ohne '^.S'JCSi^ 7) A iJ, H om. jjt «) A ^-jjS^^
9) Dieser gar nicht in den Zusammenhang passende und von \Yiedem.\nn in der
Übersetzung unterdrückte Satz in A und H!
'°) H om.; es muß »Meilen« heißen.
») H rw ^x !n j:^», Ifil*', von WiEDEMANN in 649339/77 verbessert, das
auf u = 3, 1416 führt. '^) H 35 973 474; A hat die Millionen richtig.
Kazwinistudien. 255
J-
.^X*il ^\yC*l\ Jvr'sl.i'« J- ^^'^3 ->o^-^ lols Js-jCl 4xi:5- ^-ty*^-^j' i}>*^:^^-J -PJiä
(.L'i.^! ä-iJCi» JwJsLiU.-? ^^ C->^^^^ '*>^^-' J;.*'^^^ j^^^ -— aJ>3 ^^ ^^'^ _J
Den Schluß des Kapitels bildet die bekannte Geschichte von der
»Verdoppelung der Felder des Schachspiels«, die wieder auf al-
H ä z i n 1 hinweist, obgleich sie gegen den von E. Wiedemann in
Übersetzung gegebenen Text stark verkürzt ist und insbesondere den
zweiten und dritten Abschnitt (a. a. O. S. 52, 53) nicht enthält. Eine
direkte oder indirekte Abhängigkeit von a 1 - H ä z i n i ergibt sich
insbesondere aus der völligen Übereinstimmung in der Methode, die
großen Zahlen in »Behälter« einzuschließen, die von der aus a 1 -
B 1 r ü n T' s Chronologie bekannten abweicht, und aus der Identität
des gewählten Beispiels. Ich gebe den Text nach A mit Beifügung
derjenigen Varianten von H, die zur Emendation des Textes dienen
können:
I) Auf die Zahl folgt in A JAxI! ^O ;;^.5, in H ^*^^^ ^ f^^'
o
=) H ^jJxm. 3) A Ki^i 1) A \Xi> ^..w.>o H__-wj;x 5) H j^Jj
6) A xy,Jl; H nur ^^.'A^ i3- A läßt eine Zeile frei, H gibt die Tabelle.
7) Hier ist ein längeres Stück ausgelassen, dessen letztes Wort bei IJ 'i^^-gi^ lautet;
vgl. die Übersetzung a. a. 0. S. 4S.
9) A ^jW H J.;^> ^^U >°) A '^i
2C6 Julius Ruska,
ii;.y^ CC-T^^ '"^ ^''^ ^"^^ '^'''' "^^^ "''^ ^^ ^^' r'"^'^ *.Ni;IiiJI
L|I->*Xo ,.-c (ii.j) JoäJLiuJ! i:>ou ,„sJ'^)! »^'!^ Jji'» 38_^' m d r' ^ ^
J! ^ Ijt -L> x^.^1 ^a^'i 9jA*j loJuJl J. ,.A^^>!5 »w^^
Jl .s.wUo rol '4^:^^ \i' j .;:^ fo^ 'S^tj j.5 j l^tj L-ii-« l^^-S J^ J-
k^s» '-J JLIjuJ! JLo.t ^^!a>! u>=,j> '5iw5 UoiÄJ *.i ( , ^ jc«.ii) 'w;iÄ^i
') Es fehlen zwei Nullen, und einige Ziffern sind falsch; sie sind in der folgenden
richtigen Zahl herausgehoben: iS 446 "44 O73 709 55I 615. ') A wC»i^ H L^»i^
3) y hat für „ einen Schnörkel (Interpunktionszeichen ?), der Null bedeuten soll,
und ÄJ für », außerdem die Zahl selbst in J»4-s» v_j».s>- ausgedrückt. Vgl. Übers. S. 50.
6) Vielmehr c;^-s^"l J- ( t^^->*^'; statt oyO hat H ^r^'j^^ ioiii^ j.
7) Es müßte ^^LÜ ^5 heißen; y hat^,AJi_5 (lies ^|jJ! j.) ^,jJ! ^t.
*) A .wcw^'l j. 9) A lXxj '°) A 5-UL*-«Ji >i) Die Tabelle fehlt wie immer in A.
'^).H spricht auch vorher fast durchweg in der ersten Person; ich habe die Punktation
von A nicht geändert.
•3) Hier stimmt A mit H gegen sich selbst in der ersten Aufzählung.
'4) y beide Male XJ^i^ '5) A L^ wU-^wJij
'6) A und H IlXjI Die Summenformel der geometrischen Reihe i= a ,
q—\
angewandt auf a — \. q =^ 2.
257
-«.£i
K^azwinistudien.
'"H^ ^-XXÄ.M*j ^^xXxJ OLij [3^>.X;CX>^ qJ 0_5„«.j>'^/S ^lt\/»] .ÄL/iÜI ^^.AJiXxl\
^^,J> ^Jj fj.J ^S' KääJ c>-:r-_~> '-^t4^ „si.l2^j5 /*>|;^ OixCL^^j Vi;
Die angekündigten Verse und die Tabelle fehlen; unmittelbare
Abhängigkeit des Bearbeiters von al-Häzini ist, wie bereits
bemerkt, hier kaum von der Hand zu weisen.
Meine Vermutung, daß auch dieser Abschnitt dem Kapitel über
die Rechenkunst ursprünglich fremd sei, hat sich insofern nicht be-
stätigt, als die Geschichten von dem Philosophen und von *Unsuri als
kurze Anekdoten am Schluß des Kapitels auftreten. Aber gerade
dieser Umstand beleuchtet wieder das Verfah-
ren des letzten Bearbeiters: denn wie er jene beiden
Anekdoten am Schluß des Kapitels über den Handel durch größere
sachliche Exkurse ersetzt hat, so hat er hier die Schachanekdoten
durch den Exkurs über die Berechnung von Kugel, Kreis und geo-
metrischer Reihe ersetzt und erw^eitert.
Im 10. K a p i t e 1 wird von der S c h r e i b k u n s t gehandelt,
der edelsten der Künste; ich übergehe die von A gegen Q und T lang
ausgesponnenen Betrachtungen und bemerke, daß auch dem Abschnitt
über die verschiedenen Schriftarten von A eine längere
Einleitung über die arabische Schrift vorangesetzt ist, die mit den
Worten schließt: >>Was andere Schriftarten betrifft, wie die hebräische,
syrische, koptische, indische, slawische und himjarische, so kenne
ich die Art ihrer Erfindung (t^^) nicht und nicht die Weisheit, die
darin niedergelegt ist; Gott kennt am besten die Geheimnisse, und dies
sind ihre einzelnen Zeichen.«
Es werden nun in 0 — diese Handschrift hat die ursprüngliche
Aufzählung und Anordnung am besten bewahrt — die hebräischen,
syrischen, koptischen, indischen, aber nicht die slawischen und
himjarischen Buchstaben in schwarzer Tinte nebeneinander und die
') Hier springt der Auszug auf den vierten Abschnitt über; dieser ist ohne Ver-
gleichung mit al-Häzini unverständlich, da die Difinition der »königlichen« Jahre
usw. in A verdorben ist.
^) So richtig gegen H '^i .liÄ.Af.W . 3) Dies ist ein Zusatz von A gegen H.
<) So nach H; A hat ■■J^JsJi.^ . . . .j.^^ q;V^ -^^3
258 Julius Ruska,
arabischen Äquivalente in roter Tinte darunter gesetzt. Einige he-
bräische und syrische Buchstaben sind noch zu erkennen, von kopti-
schen nichts, und als »indische Buchstaben« werden die Zahlen i, 2, 3
... 10, 20 . . . 100 . . . 1000 angegeben, deren arabische Äquivalente
nach dem j^:>o! richtig darüber stehen (mit Vertauschung der Farben
in einer Zeile). In A ist durch das Hintereinanderschreiben der Zeilen
ein Chaos entstanden, aus dem nur die indischen »Buchstaben« heraus-
leuchten; die slawischen Buchstaben sind vollkommener Unsinn, die
himjarischen fehlen. Bei T ist der Wirrwarr durch Wegfall der ver-
schiedenen Farben noch größer geworden, die Reihe der Zahlen ist um
die von 11 bis 19 vermehrt und das Ganze wird als »koptische« Schrift
ausgegeben.
Hieran schließt sich als ein Glanzstück unserer vermehrten und
verbesserten KazwTnlausgabe ein Abschnitt (Q, T '\j^2::^xj\) 'o^L*l-*.il j.
über wunderbare Korrespondenzen. Er umfaßt in A nicht weniger
als 5 Folioseiten, in 0 24, in T 20 Zeilen. An die Briefsammlung
schließt sich ein kürzerer Abschnitt (O, T KvLw^.^JI) oL***»^! j.,
der bei A gegen 0 und T nicht wesentlich geändert ist.
Im II. Kapitel werden die Versmaße charakterisiert. Den
Anfang macht das Tawil, den Schluß das Mutakärib (A '\.!i.XA).
Daran schließt sich ein in A nicht besonders hervorgehobener Abschnitt
über die fünf »Kreise« (Q, T Ji^iAJ! J. J.-o.s), durch die gewisse Vers-
maße ineinander übergeführt werden können. Es wird in A auf bild-
liche Darstellungen hingewiesen, für die große Lücken gelassen sind;
in Q sind an den betreffenden Stellen Bilder eingefügt, die mir ganz
unverständlich sind: als erstes ein roter Kreis mit blaßvioletter
Füllung, in der ein gelber Affe steht; als zweites ein schwarzer
Kreis mit roter Füllung und knieendem Mann in blaugrünem Kleid;
als drittes ein in ein blaues Quadrat eingeschriebener roter Kreis
mit moosgrüner Fläche und knieendem Mann in gelbem Kleid; als
viertes ein roter Kreis mit blaugrüner Fläche und einer hunds-
köpfigen violetten Menschengestalt, als fünftes, ohne Kreis und
farbigen Hintergrund, eine bärenköpfige, schwarzbraune Menschen-
gestalt mit gezücktem Schwert und sonderbarem Kopfputz.
Endlich ist das 12. Kapitel der Musik gewidmet. Es
umfaßt. in 0 2^/2 Seiten, in T eine Folioseite ohne Einteilung in Ab-
schnitte, in A nahezu 5 Seiten. Die Texte stimmen ungefähr zu-
sammen bis zu den Versen
L^. ^JLftil .4.-C2X j .J ,JU>u.
1
Kazwlnlstudien,
259
Dann schaltet A einen theoretischen Abschnitt über den Gesang
ein, der sich besonders noch mit der Art, der Anordnung und den Namen
der oioj, d.i. der persischen b0.j (Singweisen), beschäftigt:
Lf
/slii» ,\^.>».i Js.ä\sLj; ^jLÜ» ,.,'wJ.ä>o1 ^ii^jwij!» ,vt_»jl , -JLijL O^J,
^j«v/au^_» c^-rj"' ^^■^-^^'jr'.j) ;^-;'j-"z (j)'-r'^' ^-^-^'^■"^ oL> l?'
.Ä^iLxJU ii\.Ai<w».J ^<wL>ij)_» »L/fl -^/aLÄJ)» \^kSj\^ «.jLav.jU 'viJ ,iJ (w.iJL.w.ji»i /C »^ ,
V> ... •;.•.>■( ..1 ... .-. .1 V^
Von den angegebenen Namen sind als Verschreibungen richtig-
zustellen der vierte,, der ^üjl .j; und ^sV^^^.i' zu lesen ist, der fünfte
,5 »Lp. und der siebente, der nach den Lexikographen J.>ü;, i<lj.sji\
oder ,.,|jjsj; lautet.
Nach der Aufzählung werden die vj.,j noch genauer beschrieben,
darauf folgt ein Abschnitt über die Harmonie o^cLäj^S! J., der über
eine Seite umfaßt, ein paar Zeilen über o^^^^l o.>,o v^t^^j und
endlich die Hätima, die A wieder mit O und T im wesentlichen bis
zu den Schlußworten gemeinsam hat:
c>.ii5* \j>\ (j^aÄÜ ,.,L5 KÄ,wvr^ oL/Oo^ «..♦.Ä.w.-J.J C'j"^ O'* (^)j-— '^*' J^*3
»Und es sagt Plato: Wer bekümmert ist, höre schöne Weisen;
denn wenn die Seele bekümmert ist, so erlischt ihr Licht, wenn sie
aber hört, was ihr Freude macht, so entzündet sich wieder von ihr, was
erloschen war.<(
Hier schließt die Handschrift A ab — was nachfolgt, ist ein fremder
Zusatz — , und damit kann auch die Untersuchung als beendet gelten.
Es liegt auf der Hand, daß die Dinge, von denen die letzten Kapitel
der Handschrift handeln, mit einer Naturgeschichte im allgemeinen
und mit KazwTni's olsUj^vJ! ^l:>^s. im besonderen nichts zu tun
haben. Die vollständige Liste der Zutaten in O und T, wie das
Weiterwuchern dieser unmöglichen Stoffe in dem Index von T
muß auch den vorsichtigsten Beobachter überzeugen. Fällt aber
das Kapitel über die Künste, so fällt mit ihm
das über die Völker, und damit k o m .m t für die
ganze dritte und vierte Bearbeitung l^azwinl
nicht mehr in Frage. Daß ein Autor in einer spätem
2 6o Julius R u s k a ,
Bearbeitung Stücke zusetzt und wegläßt, die innerhalb seines Themas
liegen, ist eine alltägliche Sache; daß er aber ganz auf Abwege
kommt und sich in völlig heterogene Gebiete verliert, ist eine An-
nahme, die keine innere Wahrscheinlichkeit für sich hat.
Als sicherer und durch die Existenz zahlreicher zum Teil sehr alter
Handschriften gesicherter Text kann nur die Ausgabe erster
Hand gelten. Bei einer Neuausgabe des K a z w I n T müßte vor
allem die München er Handschrift 464 zugrunde gelegt
werden, die — nach gütiger Mitteilung von Prof. Dr. C. F. Seybold
— am 24. Sawwäl 6/8 = 28. Februar 1280, also 3 Jahre vor dem
Tode Kazwinl's in Wäsit unter dessen Augen i) geschrieben
ist. Schon die erweiterte und allem Anschein nach auch noch
von K a z w 1 n T besorgte zweite Ausgabe-) ruht auf einer viel
geringeren Anzahl von Handschriften; die beiden auf dieselbe
Vorlage zurückgehenden Handschriften B C enthalten Lücken und
müßten mit etwa weiter noch vorhandenen Handschriften der-
selben Klasse erst verglichen werden. Ob die dritte Bearbeitung
mehr auf der zweiten als auf der ersten ruht, und wie diese Ausgaben
im einzelnen benutzt wurden, ist eine Frage, zu deren Beantwortung
umfassendere Vergleichungen nötig sind, als hier gegeben werden
konnten. Das arabische Original der dritten Bearbeitung scheint ver-
loren; wir wissen nicht, wann und von wem es ausgearbeitet worden
ist. Es müßte ebenso als der Ausgangspunkt der persischen Über-
setzungen wie als Grundlage der in A enthaltenen Bearbeitung gelten.
Eine persische Bearbeitung ohne arabische Grundlage, also Rück-
übersetzung von A aus dem Persischen ist sehr unwahrscheinlich.
Welche Tendenzen bei dieser Bearbeitung und Erweiterung der
Kosmographie wirksam waren, konnte sowohl für ein großes Gebiet
wie für einen Einzelfall in vollkommen übereinstimmender Weise ge-
zeigt werden; die Signatur des Ganzen ist der Verfall echt wissen-
schaftlicher Interessen und das Überwuchern der Geheimwissenschaften.
Von den mir bekannt gewordenen persischen Übersetzungen gibt die
schwer lesbare Handschrift Q den besten Text, P scheint weiter vom
Original abzuliegen, T ist ein schon stark verdorbener Text, der aber
doch, wie mir scheint, näher zu O als zu P gehört.
j8
■) Von dem Arzt Jsjj>j.j ..^L*v.J! « JuXxjJ) ^c- ^ J^.*^ -yJ Js.«.:S!^
» Vjjiit Ja^!«J [Gratzl] Katalog der Ausstellung von Handschriften, .München 1910,
S. 21 (und danach Saxl, Islam III 152) 76S — 1366 [1. 778 = 1376]; Aumer 678
oder 7 78! C. F. S.
») WÜSTENFELD, Vorrede S. VII, VIII; Dcdikation an *Alä ed-din 'Atä Mulk b.
Muhamn.ad al-GuwainI, gest. 12S2.
Kazwinistudien.
261
Eine ganz eigenartige Stellung muß der Bearbeitung A zuerkannt
werden. Sie ist' von einem Gelehrten, der ein gediegener Kenner
älterer Literatur war, ausgeführt worden. Er hat offenbar in manchen
Kapiteln den Status quo ante wiederhergestellt, wie das in der Em-
bryologie und Anatomie zutage trat. Zahlreiche Kapitel sind von ihm,
ohne daß etwas am Gesamtaufbau geändert wurde, durch stoffliche
oder theoretische Ergänzungen bereichert worden. Anderseits haben
aber auch gewisse apologetische Tendenzen noch weiter gewirkt und
befestigen den Eindruck einer relativ späten Entstehung der Bear-
beitung. Dürfen wir annehmen, daß die schwer beschädigte Vorlage
von A das Original darstellt, so wäre mit seinem Verschwinden die
Einzigkeit der Handschrift A leicht zu erklären. Zweifellos war das
Original wie alle größeren K a z w i n I- Handschriften reich illustriert
und mit Tabellen versehen; das beweisen die in A allenthalben an den
betreffenden Stellen offen gelassenen Lücken.
Nachdem nun festgestellt ist, daß der in A unvollständig vor-
liegende Text eine vielfach umgearbeitete und wesentlich erweiterte
Fassung des alten KazwTni- Buches ist, erscheinen gewisse Sonderbar-
keiten der Handschrift A doch in einem wesentlich andern Lichte.
Wir werden wohl annehmen dürfen, daß der Schluß des Werkes,
der die weiteren Kapitel des achten Nazar und die Naturgeschichte
der Dschinnen und Tiere umfaßte, ursprünglich auch vorhanden, aber
bereits verloren war, als der Abschreiber die Reste der verwahrlosten
Handschrift rettete. Aber es berührt doch eigentümlich, daß auch
die charakteristischen Vorreden fehlen, in denen sich der
Verfasser nennt i) und durch Erklärung der vier Worte des Titels diesen
sicherstellt 2). Wollte der Bearbeiter das Werk als sein eigenes aus-
geben, wozu er ja ein gewisses Recht hatte, so war die Beseitigung der
Vorreden und ihr Ersatz durch eine andere jedenfalls ein gut gewähltes
Mittel, die Aufmerksamkeit abzulenken. Selbst die persischen Hand-
schriften haben noch die Vorreden mit dem Abschluß durch die Verse
des Abu '1 'Atähija und darauf den Index; A allein hat dafür die von
Wüstenfeld S. 15 abgedruckte Vorrede, und zwar mit der üblichen,
wenn auch recht roh ausgeführten A'erzierung des Blattanfangs. Der
Schluß ^^y^LöA ^^^Ic Ix^v^ ^jl (.t■^^ ^*5' ^^^ ^^^^ Wüstenfeld zum
0 Wüstenfeld S. I : J^.4.^.xi ^j ojo=-^ ^^j AjS'^ ^.*>o^^ JyjiJI ^^-äj
2) Wüstenfeld S. 5: ^^ ob^j^^^j) woLi. OcäJLi^^.Ji' u-^j..=^ ».Xj.^^^
2^2 Julius Ruska,
Beweise der Echtheit von A so viel Gewicht legt, kann sich ebensogut
auf einen früheren Index als auf die zweite Mukaddama beziehen.
Daß das Werk, das nur in der Handschrift A erhalten ist, tatsäch-
lich einen andern Titel führte, und den früheren Besitzern nicht
als das Werk des K a z w i n I , sondern höchstens als eine erweiterte
Bearbeitung desselben galt, lehrt ebenso der neue Titel auf dem ersten
Blatte: öTZ=^Ii3r~I33^!I~ZTJi Ow>aiX;l äT^^ ^^ wie der in
der Nachschrift erhaltene ältere Titel IJ oLobCI xä^ö uj.xi'
oL*-i^.JI. Ow^jCJLäil ..^x) .c^=>. Ich lasse die Frage offen, ob der Schluß
der Nachschrift, die schon Wüstenfeld in seiner Vorrede zitiert, der
Wahrheit entspricht oder nicht: »Der Verfasser des Buches, Ahmed
el-Takruri el-Schafi 'i, sagt: Die Anordnung und Abfassung
desselben wurde vollendet am 7. Rebi' I. I154 (12. Mai 1741), dann
bat ich Gott um einen passenden Titel für dasselbe und hörte darauf
jemand flüstern: O Ahmed, nenne dieses Buch: Geschenk an die vor-
handenen Wesen, welches umfaßt die Himmelskreise und die ver-
borgenen Dinge.« Sollte aber Ahmed al-Takrürl wirklich
der Verfasser sein, so fänden die aus der Vergleichung
der Texte gewonnenen Ergebnisse damit ihre voll-
kommene Bestätigung.
Prinzipielles zu Lammens' Sirastudien.
Von
C. H. Becker.
Mit bewundernswertem Scharfsinn hat Henri Lammens in den
letzten Jahren die Leben-Muhammed-Forschung betrieben und nach-
gewiesen, daß die landläufige Geschichtsschreibung sich zu sehr von
dem angeblich historischen Quellenmaterial der Sfra hat imponieren
lassen. Ihm gebührt das große Verdienst, uns erneut auf die mangelnde
historische Grundlage unserer scheinbar so detaillierten Kenntnisse
von der Genesis des Islam aufmerksam gemacht zu haben. Ich habe
mich mit seinen Arbeiten in ARW. XV, 540 ff. kurz beschäftigt ^).
Inzwischen ist eine neue umfangreiche Studie aus seiner unermüd-
lichen Feder geflossen: Fätima et les Filles de Mahomet, notes critiques
pour Vetude de la Sira (Romae, sumpt. Pontifici Instit. Bibl. 191 2).
Hatte ich schon im ARW gewarnt, so gibt mir dies neue glänzend
geschriebene Werk Anlaß, meine Bedenken gegen die LAMMENs'sche
Ouellenverwertung etwas ausführlicher zu begründen.
Die Sira ist in ihrer oft breiten Detailschilderung keine selb-
ständige historische Quelle. Sic ist nichts anderes als biographisch
aneinander gereihtes //«j^z^Ämaterial. Die Einzelhadithe aber sind
entweder exegetische Ausgestaltungen qoränischer Andeutungen oder
dogmatisch-juristische Tendenzerfindungen späterer Zeit. Das exege-
tische und dogmatische Interesse ist älter als das historische. Letzteres
erwacht erst, als gegenüber den christlichen Geschichtsquellen, die
Jesu Wundergestalt und Göttlichkeit beglaubigen, analoge historische
Quellen auch für den Stifter des Islam erwünscht erscheinen. Die
wirklich geschichtliche Überlieferung ist äußerst gering. Da greift
man zu den Andeutungen des Qoräri's und spinnt sie aus; vor allem
aber sammelt man die bereits existierenden dogmatischen und juristi-
schen Hadithe und ordnet sie chronologisch. So entsteht die Sira.
') Den besten Überblick über seine Theorie gibt der Aufsatz Qoran et Tradition,
comment fiU composee la vie de Mahomet, Recherches de Science religieuse Nr. i (1910).
264 ^-- H- B e c k e r ,
Das ist in wenigen Worten die LAMMENs'sche Sfratheorie, der man
in dieser Allgemeinheit wird zustimmen dürfen. Tafsir, Hadith und
Sira enthalten ein und dasselbe Quellenmaterial, nur jeweils nach
anderen Gesichtspunkten geordnet. Das ist handgreiflich und wohl
schon allgemein anerkannt. Neu ist bei Lammens vor allem die Er-
kenntnis, daß die Sfra erst das Produkt von Tafsir und
Hadith ist und nicht etwa diesen als Quelle gedient hat. Wenn ich
dieser These auch zustimme, so möchte ich doch darauf hinweisen,
daß damit über die wirkliche geschichtliche Überlieferung nichts aus-
gesagt ist; denn wenn auch das historische Interesse, das zur Aus-
bildung der Stra als Literaturform führte, erst spät erwachte, so ist
doch im Tafsir und im Hadith eine Unmenge historischer Über-
lieferung erhalten, die alt sein muß, oder doch wenigstens alt sein kann.
Es läuft also die Frage nach den historischen Grundlagen der Genesis
des Islam hinaus auf die Frage nach dem historischen Wert des Hadith
und des Tafsir. Beim Tafsir muß man nun zweierlei unterscheiden:
1. Die Stücke, welche eine dogmatische Tendenz haben, etwas
hineininterpretieren wollen. Sic sind unhistorisch.
2, Die Stücke, die rein exegetisch sind. Wenn z. B. in gewissen
Stellen Andeutungen auf die Schlachten von Badr, Uhud usw. ge-
funden wurden, so beweist das doch, daß neben dem Wortlaut des
Qorän^s eine historische Überlieferung herlief, durch die man ihn
illustrieren wollte. Also eine von aller Tendenz freie Überlieferung
muß bestanden haben, aber es war eine orientalische Überlieferung,
die — wie alle alte Geschichtstradition — Wirkliches und Bildliches
verband. Ähnlich liegen die Dinge im Hadith. Gewiß ist der größte
Teil des Hadith freie Tendenzerfindung, die ein dem späteren Bild
der goldenen Zeit des Islam entsprechendes Kolorit empfing, also
historisch unbrauchbar ist. Daneben stehen nun aber sehr zahlreiche
Hadithe, die alte Nachrichten für spätere Problemstellungen aus-
schlachten. Sic bilden die Grundlage für ein wirklich historisches
Bild der Anfänge des Islam. Hier zu scheiden, vermag nur der histo-
rische Instinkt, und deshalb wird man immer nur zu subjektiven
Resultaten kommen. Wenn der Skeptiker Lammens zu sehr erheb-
lichen positiven Resultaten gelangt, so ist Gefahr, daß man dies Er-
gebnis seiner Skepsis nun für objektive Wahrheit hält. Meine hier
folgende Untersuchung soll nun aber beweisen, daß Lammens' Resultate
rein subjektiv sind. Vor allem will mir scheinen, daß seine Skepsis
nicht konsequent genug ist, und daß sie da aufhört, wo die Quellen
seine positive Theorie zu stützen scheinen. So groß Lammens in
seiner Skepsis ist, so wenig vermag ich ihm in seinem positiven histo-
Prinzipielles zu Lammens' Sirastudien. -7^-
rischen Aufbau zu folgen. Dafür einige Belege aus seinem jüngsten
Buche !
Ich stell? das Resultat der LAMMENs'schen Forschun«- voran- Wir
wissen von Fätima sicheres nur, daß sie eine Tochter des Propheten,
mit *Ali verheiratet und die Mutter der Prophetenenkel war. Die um
Abu Bekr und 'Omar sich gruppierende medinensische Tradition läßt
Fätima vollkommen auf Kosten der 'Ä*ischa zurücktreten. Erst die
'iräqische Schule in ihrer 'Allverehrung zeichnet ein idealisiertes Bild
auch von Fätima. Hier wird sie zum Muster der islamischen Frau,
während sie in der nicht schi'itischen Tradition wenig sympathische
Züge trägt. Erst in der 'Abbäsidenzeit übernimmt auch die Orthodoxie
das idealisierte Bild von 'All und Fätima, als deren Gönner dann immer
'Abbäs erscheint. Gehen die Verherrlichungen Fätima's unverkennbar
auf schi'itische Kreise zurück, und sind sie damit unhistorisch, so ist
umgekehrt kein Grund zu sehen, warum das unerfreuliche Bild von
Fätima. das sich im orthodoxen HadUh findet, unhistorisch sein soll,
es sei denn, daß es eine Reaktion gegen Über-
treibungen von der anderen Seite darstelle
(S. 133 — 140). Diesen Thesen stimme ich im wesentlichen zu, und es
wäre erfreulich, wenn das ganze Buch den nüchtern historischen
Sinn des Schlußkapitels bekundete. In den Ausführungen aber werden
alle ungünstigen Züge ohne weiteres als historische angenommen,
und man ist bei der Lektüre des letzten Satzes im Buche einigermaßen
erstaunt zu hören, daß es auch anders geht. Ungünstige Züge in
Heiligenleben haben ja allerdings die Wahrscheinlichkeit der Histo-
rizität für sich. So z. B. beim Propheten, doch selbst hier wird man
wohl gewisse Reserven machen müssen. Wer aber weiß, was für ein
Schibboleth die Stellung zur Schlacht von Siffln durch die ganze
Omajjadenzeit gewesen ist, wer sich von Lammens über die Fälschungen
der 'Alidenverehrer hat belehren lassen, soll der so ohne weiteres
glauben, daß die Gegner der 'Aliden — und das waren doch die
herrschenden Gruppen — ganz historisch und objektiv vorgegangen
sind, wenn sie die Rolle der Fätima möglichst gering erscheinen lassen
und sie mit wenig liebenswürdigen Zügen ausstatten.^ Die Araber
bekämpften sich durch Beleidigung der Mütter. Vor dem Schlimmsten
ist Fätima als Tochter des Propheten bewahrt geblieben, aber was war
natürlicher, als daß man ihren Einfluß auf den Propheten und ihr
Ansehen bei ihm als gering, ihr Äußeres als unansehnlich, ihre Ehe
mit dem Erzfeind 'All als unglücklich, ja, unwürdig hinstellte. Mit
diesen Hadithen traf man die 'Aliden, ohne den Propheten zu ent-
würdigen, der sich ja immer bemüht hatte, ein leidliches Verhältnis
266 C.H.Becker,
zwischen der mißratenen Tochter und dem Nonvaleur von Schwieger-
sohn herzustellen. Man vergesse doch nicht, daß in der Entstehungs-
zeit der meisten liadithe 'Ali auf den Kanzeln verflucht wurde. Wie
empfindlich die *Aliden gegenüber solchen oft harmlos aussehenden
Anekdoten waren, illustriert Lammens S. l8 selbst durch ein glänzendes
Beispiel, ohne daraus die notwendigen Konsequenzen zu ziehen. In
diesem Punkte bin ich noch viel skeptischer, als der große Skeptiker
Lammens. Bei allen Hadithen, die mit 'Ali und seiner Familie zu-
sammenhängen, ist nur die Tendenz, nicht der Inhalt historisch ver-
wertbar.
Lammens geht aus von der unleugbaren Tatsache, daß die Über-
lieferung die Zahl der Kinder des Propheten vermehrt hat, indem
sie Beinamen als Eigennamen anderer Personen nimmt. So sind viel-
leicht Ruqajja und Umm Kulthüm die gleiche Person (S. 3). So be-
ruhen auch vielleicht die Söhne des Propheten auf Erfindung; denn
Muhammed durfte nach Qorän 108, 3 doch nicht abiar sein, vielmehr
war Kinderreichtum ein Zeichen der Prophetenwürde. Ob nun aber
wirklich die ganze Lebensgeschichte und Chronologie, die unzähligen
Details aus dem Leben der wirklich existierenden Töchter, ja ihre
Reihenfolge, nach tendenziösen Gesichtspunkten konstruiert sind,
scheint mir mehr als zweifelhaft. Lammens sieht hier überall kunst-
volle Komposition. Gewiß ist manches beschönigt, aber ein großer
Teil der Widersprüche stammt doch einfach
aus mangelnder Kenntnis, die der eine so, der andere
anders auszufüllen sich bemühte, als man anfing, sich auch für die unbe-
deutendsten Mitglieder der Prophetenfamilie zu interessieren. Der
späteren Geschichtschreibung fehlte dann der kritische Sinn. Man
nahm die überlieferten Nachrichten und harmonisierte sie.
Auf Grund einiger unfreundlicher Traditionen über Fätima*s
physische Reize zeichnet Lammens ein abscheuliches Bild dieser
armen Person. »A moins d'avoir pour eile les ycux de la Sl'a, on sc
demande, comment on a cherche ä rendre interessante cette ombre
de femmc gemissante. On devine ses malheurs et ceux de sa posterite;
on comprend ä son egard l'indifference de Mahomet, on excuse presque
la durete de Ali envers son infortunee compagne« (S. 17). Nun aber ist
Tränenreichtum ein typischer Zug in Heiligenleben; ihre Magerkeit —
als Gegensatz zum dicken Schönheitsideal — kann mindestens ebenso
gut böswillige Erfindung als historische Wahrheit gewesen sein. Für
diese reizlose alte Jungfer kann natürlich Muhammed keinen Mann
finden und muß sich dann mit dem dickbäuchigen, unbedeutenden
und armen Verwandten 'Ali begnügen. Nach dem Schibboleth von
Prinzipielles zu Lammens' Sirastudien. 207
Siffin braucht man Lammens nach dieser Skizze nicht mehr
zu fragen.
In der Schilderung dieser Eheschließung arbeitet Lammens nach
den Methoden eines Ibn Jshäq, eines W ä q i d i. Er nimmt
ganz typische Tendenztraditionen und zimmert daraus ein historisches
Bild. Es ist wirklich die gleiche Methode, wie sie die islamische Historio-
graphie anwendet — man lese nur einmal ruhig S. 34 ff. und vergleiche
die Zitate und ihren Zusammenhang — , nur daß die islamischen Autoren
ein Idealbild haben, zu dem sie Belege sammeln, während Lammens
Freude daran zu finden scheint, die nächste Umgebung des Propheten
wie diesen selbst, so verächtlich und unwürdig wie möglich darzustellen.
Für *Ali-Fätima bietet die Überlieferung Züge genug, sie wirken aber
noch viel schrecklicher in der unbarmherzigen Gruppierung, in die
Lammens' meisterhafte Darstellungskunst die isolierten Daten zu
bringen versteht. Unbewußt wird hier der scheinbar objektive Histo-
riker zum dogmatischen Polemiker.
Ich sage — unbewußt; denn Lammens will objektiv sein, aber
der Zufall hat es gefügt, daß sein natürliches und berechtigtes christ-
liches Oppositionsgefühl gegen den Islam in seiner wissenschaftlichen
Hypothese eine glänzende Stütze fand; und wer hält nicht nur zu gern
die eigene Hypothese für historische Wahrheit, von den Einflüssen
des religiösen Unterbewußtseins ganz zu schweigen ! ? So deutet
Lammens wohl gelegentlich an, daß auch feindliche Tendenz vorliegen
könne, ohne aber die Nutzanwendung auf sein literarisches Porträt
zu ziehen.
Alle ungünstigen Züge aus dem Haremsleben des Propheten oder
'Alfs sind für Lammens Geschichte. Ist es nun nicht merkwürdig,
daß auf der einen Seite nachgewiesen wird, daß die wichtigsten Tat-
sachen aus dem Leben der Prophetenfamilie erfunden und entstellt
sind und auf der anderen Seite die intimsten Details aus dem Umgange
des Propheten mit seinen Frauen und aus dem Leben von 'Ali und
Fätima für historisch gehalten werden.? Ich habe die größten Zweifel
über die Historizität all dieser Haremsgeschichten. Wenn Lammens
schon die Geschichtlichkeit des Tafsir gegenüber den Hauptereignissen
des Islam bezweifelt, verdienten da nicht die zahllosen Berichte von
Ereignissen, bei denen kein Zeuge dabei war, die größeren Zweifel }
'Ä'ischa war gewiß ein gefährliches Frauenzimmer, aber diese Summe
von Indiskretionen, die ihr das Hadith zuschreibt, ist einfach über-
menschlich. Hier ist alles Tendenz. Aber nicht nur Tendenz. Mir will
scheinen, daß die Andeutungen des Qoran^s durch den ganz gemeinen
Stadtklatsch von Medina reich ausgestattet worden sind. Der Araber
Islam. IV. 19
268 C.H.Becker,
liebt die erotische Erzählung. Der Prophet wird sich wohl gehütet
haben, die Details seines Ehelebens an die große Glocke zu hängen.
Nun kamen Störungen vor; der Qorän ist dessen Zeuge, aber wie dezent
und dunkel ist der Qorän ! Schon die Zeitgenossen mögen die Gerüchte,
die Späteren die qoranischen Andeutungen romanhaft ausgestaltet
haben. So entsteht das Badlth al-ifk und ähnliche Erzählungen, die
deutlich zeigen, daß nicht etwa religiöse Tendenz und gewiß nicht
historische Gewissenhaftigkeit, sondern Lust an pikanten Geschichten
•und vor allem der Volkshumor bei ihrer Entstehung mitgewirkt haben.
Aber das alles ist doch nicht Geschichte.
Unseligerweise entscheidet in allen diesen Fragen nur das histo-
rische Gefühl, und meinem Empfinden nach verwechselt Lammens fast
auf jeder Seite die historischen und unhistorischen Hadithe, deren
Scheidung wir eingangs vollzogen haben. Trat das schon bei der Haupt -
these des Buches in Erscheinung, so erlebt man es bei den zahlreichen
eingestreuten Sonderabhandlungcn, die das Leben Muhammed's und
seiner Genossen reizvoll illustrieren, erst recht. Lammens malt Muham-
med mit den Zügen, die man aus dem Hofleben der späteren Omajjaden
gewöhnt ist [6t> ff.; besonders 68 ff.): Wie ein König auf dem Thron,
um ihn die Schar der Kämmerer und Leibwächter. Er selbst im Purpur
mit dem königlichen Zepter usw. Manches ist in einfacheren Formen
gewiß historisch. Aber viele dieser Traditionen sollen doch nur die
spätere Omajjadenpraxis rechtfertigen gegenüber den Postulaten
orthodoxer Einfachheitsapostel. Ich halte auch die Toilettenfragen
für spätere Probleme, meistens frei erfunden, aber, wie gesagt, es kann
ja auch gelegentlich eine historische Nachricht verwertet sein, und
meine These ist eben so subjektiv, wie die von Lammens. Ich möchte
nur konstatieren, daß auch die von Lammens subjektiv ist. Am
deutlichsten wird die prinzipielle Verschiedenheit unserer Verwertung
des Hadith, wenn man Lammens' Ausführung über die Kleider und
Stoffe mit Darstellungen lebender Wesen (S. 74 f.) vergleicht mit dem,
was ich in der Goldziherfestschrift (Z. Ass. XXVI, 191 ff.) gesagt habe.
M i r scheinen alle diese Traditionen erfunden, um in der späteren
Omajjadenzeit unter dem Drucke christlicher Fragestellungen als
Belege für oder gegen die Bilder zu dienen. Für Lammens sind sie
historische Dokumente dafür, daß im Prophetenhaushalt diese kost-
baren Stoffe etwas Alltägliches waren. Ich halte das für ganz unmöglich.
Die spätere Zeit fragte sich, ob man derartige Stoffe als Teppiche,
als Kleider und w i e man sie benutzen dürfe — folglich müssen sie
schon in Medina so und nicht anders gebraucht worden sein, und das
Hadith oibt Antwort auf alle Fragen. Damit ist aber doch nicht das
Prinzipielles zu Lammens' Sirastudien. 200
mindeste über die wirklichen Zustände im Hause des Propheten gesagt.
Das ganze sich darauf aufbauende Bild ist falsch.
Wo L'^MMENs aufbaut, scheiden sich unsere Wege prinzipiell,
und ich glaube nicht zu viel gesagt zu haben, wenn ich ihm eine gewisse
Inkonsequenz in der Anwendung seiner Methode vorgeworfen habe.
Er sieht überall Tendenz und Konstruktion; nur da, wo alle Kenner
des Fiqh greifbare Tendenz sehen, findet er wertvolle Bausteine zu
positivem Aufbau. Müssen wir so seine positiven Resultate ablehnen,
so gebührt unsere uneingeschränkte Bewunderung seiner negativen
Kritik. Er hat uns aufgerüttelt und das ganze 5lraproblem auf eine
neue Basis gestellt.
19*
T^'iQ Fm*ag bwd asSiäda-LiitvdiiviY.
Von MadäMni (f 225 H) bis Tanühi if 384 H).
Ein Beitrag zur arabischen Literaturgeschichte.
Von
Alfred Wiener.
Bezeichnungen für die /rtrag-Verfasser:
Mad. = Madä'ini (f 225H).
I. a. D. = Ibn abid-Dunjä (fzSi).
A. H. = Abul-Husain (j 328).
Tan. = Tanühi (f 384).
Bezeichnungen für die /ara^-Werke:
B = Handschrift Berlin 8731 vom farag ba'd aS-iidda des Ibn abid-Dunjä.
I = Indischer Druck des farag ba'd aS-Sidda des Ibn abid-Dunjä.
Bi = Handschrift Berlin 8737 vom farag ba'-d as-sidda des Tanühi.
B: = Handschrift Berhn 8738 vom farag ba^d as-Sidda des Tanühi.
G = Handschrift Gotha 2687 vom fara^ ba'd aS-Sidda des Tanühi.
Tan. (mit Zahlenangabe) = Fara^ bd^d as-sidda des Tanühi. Druck Kairo. 2 Teile.
1903-04.
I.Geschichte und Inhalt des Begriffes: al-farag ba'd
ai-Hdda. Von derEntstehung der jarag-l. i t e r a t u r i).
Al-farag- ha^d ai-Sidda^) »Auf Leid folgt Freud« 3) begegnet uns
zuerst in dieser Verbindung als Titeleiner Schrift des Ibn abid-Dunjä
I) Meine verehrten Lehrer, Herr Professor Mittwoch und Herr Dr. Kern, R-iesen
mich auf die Berliner farag ba'-d as-iüWa-Handschrift des Ibn abid-Dunjä hin, die als
erstes erhaltenes Werk dieser Literaturgattung eine Herausgabe verdiene. Die Vorarbeiten
zu dieser Edition nahmen jedoch bald einen solchen Umfang an und griffen soweit in die
/arag-Literatur ein, daß ich mich entschloß, ihre Erträge zu einer literaturgeschichtlichen
Behandlung der gesamten farag ba'-d ai-iüWa-Literatur zu verwerten. Der erste Teil,
der von Madä'ini bis Tanühi, von dem Entstehen bis zum Höhepunkt geht, liegt hier
vor. Ein zweiter Teil hätte die Ausläufer dieser Literatur und dann ihren Einfluß auf
das persische, türkische und hebräische Schrifttum zu untersuchen. In der Arbeit mußte
ich mich im großen und ganzen darauf beschränken, die äußere Entwicklung dieser
Literaturgattung aufzuzeigen. Jedoch versuchte ich, soweit es möglich, darzutun, wie
die einzelnen erhaltenen Werke (Ibn abid-Dunjä, Tanühi) von dem Lebensgange ihrer
Verfasser beeinflußt sind, indem ich eine Biographie des Verfassers der Beschreibung
Die Farag ba*d as-Sidda-hiteTatur. 2 71
(t28i H), Während die erste Schrift dieser Litcraturgattung, die des
Madä'inl (f 225), den Titel: al- farag- ba'd as-sidda wad-dfka trägt.
Von Ihn abid-Dunjä an führen alle Werke dieser Richtung den Titel:
al-farag ba'-d as-sidda^). Der Begriff wird dann so fest und so bekannt,
daß spätere Werke dieser Gattung, selbst wenn sie anders benannt
sind, doch unter diesem Begriffe überliefert werden oder er ihnen
zur Verdeutlichung beigefügt wird. Das beobachten wir bei dem Buche
des Kadlb al-bän (f 1096 H) 2). Ähnliches sehen wir auch bei al-
Kasida al-munfariga, der verbreiteten poetischen Bearbeitung des
Themas von Ibn an-NahwI (f 505 oder 513) 3). Zur Festigung des
Begriffes und zu seiner Verbreitung hat vor allem das fara£-\Nerk
des TanühT (f 384) beigetragen. Von Tanühi an weisen eine Anzahl
des Buches vorangehen ließ. Die biographischen Untersuchungen, die zum großen Teil
aus handschriftlichen Quellen geflossen sind, dürften bei dem Wenigen, was wir vorher
von den einzelnen Verfassern wußten, und bei der allgemeineren Bedeutung der letzteren
nicht unerwünscht sein.
Die Verwaltungen der Handschriftenabteilungen in Berlin, Gotha, Heidelberg,
Leipzig, Paris stellten mir in Hebenswürdigstem Entgegenkommen ihre Schätze zur Ver-
fügung. Die gütige Teilnahme meiner verehrten Lehrer, der Herren Professoren Barth
und Mittwoch, begleitete den Verlauf der Arbeit. Herr Professor Bezold gab mir wert-
volle Ergänzungen; Herr Professor Becker wichtige Anregungen. Ihnen allen hierdurch
der ehrerbietigste Dank. Herzlichen Dank besonders Herrn Dr. F. Kern. Sein geschätztes,
stets hilfsbereites Interesse förderte diese Arbeit mannigfach.
-) Quellen für das farag ba^d as-sidda. a) Die Einleitung Tanühl's in sein farag;
kritischeWürdigungdervor ihm erschienenen /arag-Schriften. Druck Kairo 1903-4. I 5 — 8.
Das wichtigste daraus abgedruckt von R. Dozy. Katalog Leiden. Bd. i, 213 — 216
(2. Ausgabe i, 254—257). b) HäggT Haifa ed. G. Flüge.. IV 410— 11, siehe auch
V 570.
3) Auch durch: »Post nubila Phoebus«, »sunshine after rain«, »solace after suffering«
wiedergegeben. Das zweite nach Sprenger (Berlin 8731), das letzte nach de Slane,
Ibn Khallikan's hiographical dictionary, II 565. Man vergleiche auch (nach Herrn Prof.
Bezold) Tobias III 23 (Luther) . . . Denn nach dem Ungewitter läßt du die Sonne wieder
scheinen Büchmann, Geflügelte Worte, 25. Aufl., S. 415.
') Eine Ausnahme ist as-Sujüti's: al-arag fil-farag.
^) Der Titel seiner Schrift ist wohl ursprünglich: //all al-'ikäl, »Lösung der Fuß-
fessel«, gewesen; so BerUn 8849 und Druck Kairo 1317 wie auch ein anderer Kairiner
Druck ohne Jahr. Die Cambridger Handschrift dagegen (Browne 726) hat den Titel: a/-/a>-ög
ha*d as-sidda; Berlin 8849 den Zusatz: ein Gegenstück (Jö\.X^\) zum kitäb al-farag ba^d as-
sidda. Die bisher nicht bekannte Handschrift der Beiruter St. Josephs-Universität hat
nach L. Cheikho {Masrik. VIII. Band. Beirut 1905. S. 760) den Titel: Hall ar-rumüz
wamiftäh al-ktmüz aw al-farag ba'd as-sidda.
3) Von as-Subki al-farag ba'-d as-sidda genannt (Berlin 7638). Erwähnt in den
Studiengängen Berlin 10 213, 223 b als Kastdat al-farag, ebenso Gotha 178, 13 b. Paris
4473» 13 a; i>KasTdat al-farag und das ist die munfari^a genannte (äL^..*«^]! ^»
is.2»-,ftA.*.J))«. Berlin 208, 30 b: inunm al-farag und sie wird al-tnjinfariga genannt ( ♦.■rt-.j'.
i^^i-
>JJU.i!)«.
2^2 Alfred Wiener,
Adabhüchcr Kapitel auf, die entweder al-jarag ha'-d as-sidda über-
schrieben sind, oder aber, wenn auch mit ein wenig abweichender,
meist ausführlicherer Überschrift, doch dasselbe Thema bearbeiten ^).
Den Kern der gesamten jarag ha'-d as-Hdda-lÄttr2.t\xr bilden
Erzählungen von wundersamen, unerwarteten Rettungen aus höchster
Not, Erzählungen, vor denen Aussprüche des Propheten und der Ge-
nossen dieses Inhaltes, auch darauf bezügliche Kur'änstellen gehen,
und denen Verse gleichen Themas folgen. Daß solche Erzählungen
unter dem Namen ahhär al-jarag ha'-d as-sidda bekannt waren, wird
uns zuerst durch Tanühi berichtet ^). Außer ihm haben wir noch
einen späteren Zeugen, a§-§arisi (t 619), den Kommentator der Makä-
mät des Harirl. Zum Ausdruck ahhär al-jarag ba'd as-Hdda, der in
der 26. Makame vorkommt, sagt er (2. Druck. Büläk 1300. Teil II
39): ^JlJi ^J.j ^-i ^^^1 ^^ '^i^ ^jr^-^ '^^^ ^.,..s^^L? v^j q5
sl^il JoL. ^Ji^\ j^i- ^j*^. ^ eoJ^LS l^.^.iu ,XLxi-. »Überfällt
jemand ein Leid und wird er dadurch dem Untergang ganz nahe ge-
bracht, da aber sendet ihm Allah freudige Erlösung davon, so wird der
Bericht darüber: /lahar al-jarag ha' d aS-sidda genannt.« Damit haben
') Solche sind, zeitlich geordnet:
a) Siräg al-midük des Turtüsi (f 520 H). Druck Kairo 1306. Kap. 59, 130—138.
b) Kitäb rabi' al-ahrär des Zamah§ari (t 538). Berlin 8351. Kap. 67, 235 b— 237 a.
Paris 3499. Kap. 68, 266 a.
c) Kiläb raw4at al-ma^älis wanuzhat al-musta^ nis von Ihn al-Gawzi (f 597). Berlin
8361. Kap. 74, 149 b— 167 b.
d) Al-miistatraf des AbSihi (f um 850). Druck Kairo 1308. Kap. 57. II. Teil. S. 62.
e) Kitäb rai/iän al-kulüb. Verfasser fehlt. Abschrift vom Jahre 987 H. Berlin 8452,
121 b — 124 a.
f) Raiv4 al-ahjär des Muhji ad-Din M. b. al-Käsim al-Amäsi Ahwin (? ) (f 904). Aus-
zug aus rabJ"- al-abrär des Zamahsari. Berlin 8357, 134 a— 139 a. Ein Auszug aus diesem
Auszuge ist:
g) Berlin 8358. Angefertigt von einem Unbekannten, der zwischen 900 und 980
den Auszug verfaßt hat. 45 a ff.
h) Nushat al-ahjär wamagma^ an-nawädir walahbär des M. b. abil-Wafä, bekannt
als al-yalwati al-Hamawi; lebte um 1040 H. Berlin 8424, 84 b— 127 a.
i) Awrä^ ad-dahab fi '■Um al-mukädarät waladdb von M. Amin b. Ibrahim b. Jünus
b. Jäsin al-Mawsili. Verfaßt um 1203. Berlin 8437, 95 b.
i) Tan. I 122. Die Stelle lautet nach einer voraufgehenden Erzählung: KtJ^^»)
»Und ist ähnlich dieser Erzählung und kommt ihr nahe, in Wahrheit aber gehört
sie nicht (zu den Erzählungen) aus dem Kapitel: »Leute, die aus der Gefangenschaft ent-
ronnen sind« (d. i. das 5. Kap. des Tan., in dem diese Stelle sich findet), sondern sie stammt
aus den ahbär al-farag ba'd as-sidda im allgemeinen. . . .
Die Farag ba^d as-Stdda-L,\XQxzx\ir. 27'?
wir sogleich den Begriff: habar al-farag; ba^d as-sidda aus arabischem
Munde gewonnen.
Weicht Gründe die Entstehung dieser Literatur veranlaßt haben,
läßt sich ungefähr sagen. An äußeren Druck, Krieg, wirtschaftliche
Not, religiöses Bedürfnis als Ursachen hat man wohl kaum zu denken.
Ein guter Nährboden für die Anschauung, daß Gott in höchster Not
urplötzlich unerwartete Hilfe schickt, ja daß die Erwartung solcher
Hilfe geradezu »religiöse Pflicht« {^ibädu) ist, waren die
asketischen Neigungen, die den jungen Islam durchzogen,
die Ȇbertreibung des Gottvertrauens, das diese
muslimischen Asketen bis zum äußersten Grade des untätigen Quie-
tismus gesteigert haben« ^). Daß Ibn abid-Dunjä solchen Stimmungen,
auf die der überwiegende Teil seiner Schriften abgestimmt ist, eifrig
nachhing, wissen wir sicher.
Leise Anklänge an die /ar«/- Stimmung finden sich schon im
Kur^än. Die Verse 5 und 6 der 94. Sure {Alam nasrah), wo das ^usr
zwischen zwei jusr steht, das Schwere auf beiden Seiten vom Leichten
gestützt wird 2]^ und der Vers 2 der 65. Sure {At-taläk), wo Allah
den auf ihn Vertrauenden einen guten Ausgang bereiten wird, konnten
mit dem jarag- in Verbindung gebracht werden, und diese Verse haben
auch in den erhaltenen /«ra/- Schriften eine gewisse Bedeutung. Das
Hadit, in dem »die auf die Moral des Korans gegründeten weiteren
Entfaltungen zum Ausdruck gelangt sind« 3), bot dann die willkommene
Handhabe, der /«r«/- Stimmung bestimmtere, wirkungskräftigere For-
mulierung zu geben. Von Madä'ini's /arß^- Schriftchen sind nur wenige
Bruchstücke auf uns gekommen, und das sind schon kleine Geschicht-
chen. Sie stammen kaum aus dem Anfange seines Büchleins, wo
gewiß wie bei Ibn abid-Dunjä kurz umrissene Aussprüche — die
in der Form charakteristischen /ara^-Hadite — über die religiöse
Bedeutung des farag, seine Vorzüge und dergleichen gestanden haben
werden. Bei I. a. D. sind sie für die Einleitung maßgebend. Die
Annahme, daß diese Hadite, in denen gewissermaßen der für die reli-
giöse Praxis notwendige Extrakt aus den /Äm/-Erzählungen kristal-
lisiert war, aus späterer Zeit als die /ara^- Erzählungen stammen.
') Diese Darstellung nach Goldziher's, Vorlesungen über den Islam: Asketismus
und Süfismus. S. 139 ff. Siehe dazu, was Kremer vom Grundsatz der »Schule von
Bassora« mitteilt. {Herrschende Ideen. S. 56.) Über die Erwartung des farag als re-
ligiöse Pflicht hier S. 2S5, I. a. D. als Asket S. 281.
^) Siehe hier S. 285 f. Daß diese Sure häufig zu Gebetzwecken benutzt wird, sagt
Ahlwardt, Berliner Katalog III 398, Vorbemerkung.
3) GoLDZiHER, Vorlesungen S. 44.
274
Alfred Wiener,
scheint berechtigt. Der Erzählungen von wunderbaren Rettungen in
größter Gefahr gab es in der Jugendblüte des Islam sicher viele. Was
wurde da auf den immerwährenden Kriegszügen, was in unbekannten
Ländern, was unter fremden Völkern nicht alles Wunderbares erlebt.
In welche schweren Gefahren geriet da nicht so mancher. Die weit-
verbreiteten Erzählungen darüber aber in den Dienst der religiösen
Sache zu stellen, asketischen Stimmungen nutzbar zu machen, schien
gewiß verlohnend. Und das beste, viel benutzte, schematische Mittel
bot ein entsprechendes Hadit ^).
Literargeschichtlich von größter Bedeutung ist dann die Frage,
ob und wie weit die einzelnen /am/- Erzählungen auf ein fremdes
Vorbild zurückgehen, und wer dabei den Mittler gespielt hat. Allem
Anscheine nach werden sich zu einem Teile jüdische Vorbilder aus
talmudisch -midraschischer Zeit aufzeigen lassen, und eine Vermittler-
rolle scheinen die in den Anfängen des Islam hervortretenden Juden —
verschiedenes deutet auf Wahb b. Munabbih — gespielt zuhaben. Über
die Abhängigkeit von fremdem Gute mögen diese spärlichen Andeu-
tungen genügen, die auszuführen und zur Gewißheit zu gestalten ich
einer umfassenden Arbeit vorbehalte.
II. Abul-Hasan al-Madä'ini, der erste Verfasser
einer farag -Schrift (f 225).
Abul-Hasan *Ali b. M. b. ^Abdallah b. abi Saif al-Madä'inl ist uns
durch das Kitäh al-fihrist und durch JäkOt's Irsäd am ausführlichsten
bekannt -). Aber schon dieser frühen Quelle im Fihrist, ist weder sein
Geburts- noch sein Todesjahr sichergestellt. Mad. selbst soll nach ihr
135 H als sein Geburtsjahr — auch Jäküt nennt 135 — angegeben
haben; gestorben soll er 215 sein. Dagegen sagt der Verfasser, man
erzähle und er habe auch selbst in einer Handschrift des Ibnal-Küfi3j
1) Wie schematisch manchmal dabei verfahren wurde, hier S. 285, Anm. 5. Wer diese
/ßj-flg-Hadite fabriziert hat, läßt sich natürlich nicht sagen. Soweit wirnoch nachprüfen können,
erscheinen manche bei I. a. D. zuerst. In Haditsammlungen werden verschiedene nach ihm
als erstem Gewährsmann zitiert, hier und da in anderer Form, z. B. Kam al-himmäl II
57 Nr. 4079, 4080, 4081, 4082, siehe auch Nr. 4093.
2) Fihrist I 100 — 104. Dazu de Slane {— hier wie auch sonst seine englische Über-
setzung des Ibn Hallikän), I 438. Nr. 8. Über sein Leben ferner: Jäküt's Irsäd ... ed.
Margoliouth V 309 — 318 (verschiedene Berichte und dann Abschrift aus dem fihrisl
mit der Liste seiner Schriften). Eine kurze Bemerkung in Ibn Coteiha's Handbuch der
Geschichte ed. Fr. Wijstenfeld S. 267. Dann Ibn al-Attr ed. Tornberg VI 32S.
F. Wüstenfeld, Geschichtsschreiber 16, Nr. 47. Brockelmann I 140.
3) Siehe Julius Lippert, Ibn al KüjT, ein Vorgänger Nadüns. WZKM 11, 147 ff.
Danach (S. 155) wäre die Aufzählung der Werke Mad.'s aus dem Bibliothekskataloge Ibn
al Küfi's, der um 300 blühte, erfolgt.
Die Farag ba'-d ai-Siäda-Liteia.tm. 27!;
gelesen, daß Mad. im Jahre 225, 93 Jahre alt, in der Behausung
Ishäk b. Ibrähim al-Mawsili's i), dem er sehr ergeben war ver-
schieden äti. Sein Lebensalter auf 93 Jahre und als sein Todes-
jahr 225 gibt auch Ibn al-Atlr (f 630 H) an, dazu bezeichnet JäkQt
(t 626) 225 als das Jahr seines Todes, so daß diese Mitteilung
aus drei Quellen eine gewisse Sicherheit hat -). Von seinem
Leben fließen die Nachrichten spärlich. Nach ihnen war er ein Frei-
gelassener der Familie Sams b. 'Abd al-Manäf. Er gehörte zu den
sechs Schülern des Mu'ammar b. al-A§*at. Als »Mutakallim« »Religions-
philosoph«, bezeichnet ihn das Fihrist. Unter denen, die nach ihm
überlieferten, führt Jäküt den bekannten az-Zubair b. Bakkär 3) an.
Ibn al-Atlr berichtet, er stamme aus Basra, von seinem Aufenthalte
in Madä'in aber erhielt er seinen Beinamen; und nach Jäküt (S. 309)
ist Mad. in Basra geboren, dann nach Madä*in gezogen und schließlich
nach Bagdad übergesiedelt, wo er bis zu seinem Tode lebte.
Seine schriftstellerische Tätigkeit war außerordentlich umfancr-
reich; hauptsächlich entstammen geschichtliche Schriften seinem
Schreibrohre. Im Fihrist werden in neun Abteilungen nicht weniger
als 239 Titel aufgezählt, und das dürften noch nicht alle sein. Der
Prophet und seine Geschichte, die Kurai§ — er war ja Freigelassener
einer vornehmen Familie dieser — , die großen Siegeszüge des jungen
Islam, die Überlieferungen über die Poeten, dies und anderes zoeen
o
ihn an. Allerdings waren seine Schriften wohl alle von keinem großen
Umfange und sicher nicht das, was wir unter einem Buche verstehen 4j.
Er ist ungemein häufig ausgeschrieben worden, und es gibt nicht allzuviel
Werke der klassischen Periode, die ihn nicht zitieren 5). Von allen
seinen Schriften ist nichts Vollständiges auf unsere Tage gekommen.
Ja, H. H. erwähnt ihn mit keinem Worte, so daß er nach berechtigter
0 Gesellschafter der Halifen, gründlicher Kenner der Traditionen, gefeierter Sänger.
Ein Sohn von ihm im farag des Tan. einige Male erwähnt (II 157, 165, 182). Brock. I
78; dazu noch Jäküt. Irsäd . . . ed Margoliouth II 197 (nicht 157 wie im Index).
^) Abul-Mahäsin nennt 231 als Todesjahr.
3) Brock. I 141.
4) Das farag des Mad. umfaßte nach Tanühi (I 5) fünf oder sechs Blatt {awräk).
Damit ist aber nur ein ungefährer Maßstab gegeben, da wir weder Blattgröße noch
Zeilenzahl kennen. Über die schriftliche Aufzeichnung des hadit und den Begriff kitäb
in älterer Zeit, siehe Goldziher, Muh. Sind. II 196. Herrn Professor Bezold verdanke
ich den Hinweis, daß sich eines der ältesten »Bücher« wohl in Heidelberg befinden dürfte
(C. H. Becker, Papyri Schott Reinhardt I. Heidelberg 1906. S. 8). Über die ältesten
arabischen Druckversuche siehe: Kar.-vb.^cek, Papyrus Erzherzog Rainer 247.
5) Auch auf Jäküt (f 626) ist er von Einfluß. Darüber: Die historischen und geogra-
phischen Quellen in Jäkül's Geographischem Wörterbuch von F.Justus Heer. Straßburg
1898. S. 5 und 6.
276 Alfred Wiener,
Annahme schon damals nicht mehr bekannt war. Wertvoll ist das
Urteil, das al-Mas'üdi (f 345) fällt, der 120 Jahre nach ihm dahinge-
sans^en ist und gewiß die Mehrzahl seiner Schriften wie auch den Ein-
druck, den sie hervorriefen, kannte. Er sagt: »Es ist wahr, daß Abul
Hasan al-Madä*inI auch eine große Zahl von Werken geschrieben hat,
aber dieser Autor beschränkt sich darauf, das zu berichten, was er
empfangen hat, während die Schriften des Öähiz trotz ihrer wohl-
bekannten ketzerischen Tendenzen den Geist des Lesers entzücken« 0-
III. Das jarag- ha'-d as-sidda wad-4ika des M a d ä 'i n T.
Das jarag des Mad. wird weder vom Fihrist noch von li. H. er-
wähnt. Seine Existenz erfahren wir aus der Einleitung Tanühi's zu
seinem jarag ^), der es als erstes Werk dieser Gattung bezeichnet. Bei
einem Unglück, das ihn betroffen, habe er das Büchlein, das fünf
oder sechs Blätter umfasse und al-jara^ ha'd as-sidda wad-dlka
betitelt sei, gelesen. Tan. findet das Büchlein nicht übel, jedoch sei
es kein in Kapitel eingeteiltes Werk 3). Auch wisse man nicht, warum
es von so kleinem Umfange sei. Vielleicht solle es nur ein Versuch
sein, für diesen Zweig der ahhär einen Weg zu eröffnen 4). Danach
dürfen wir also annehmen, daß Mad.'s jarag eine Sammlung von aller-
hand Überlieferungen dieser Art war, die jeglicher Einteilung ent-
behrte.
Aber Tan. beschreibt nicht nur das Schriftchen, er hat uns auch
in seinem /am/-Werk eine Anzahl Stücke daraus erhalten. Eine Reihe
kurzer Erzählungen und einzelne Aussprüche sind es, die Tan. in seinem
Werke je nach dem Inhalt in das entsprechende Kapitel eingeordnet
hat, und die als Stücke aus dem ältesten /<2ra/-- Büchlein eingehender
beschrieben werden sollen.
A. Stücke aus Mad., die sich im Kairiner Drucke
des Tan. b e f i n d e n 5).
I. Mitteilung von einem Abu Sa*id, wozu Mad. hinzugesetzt
hat: »Ich glaube,^es ist al-Asma*T«; also der berühmte Philologe (f etwa
') Al-Mas'-üdt ed. Barbier de Meynard VIII 34.
^) Tan. 15. '■ .
5) Für Tanühi ist, wo dies nur möglich war, der Kairiner Druck herangezogen worden,
weil er nicht schwer zu beschaffen ist. Doch da die Kairiner Handschriften einerseits
von den andern mir bekannten sich, wie aus dem Drucke ersichtlich, sehr unterscheiden
Dia Fa7-ag ba'-d as-Sz'dda-LiteiatuT.
277
216). Dieser erzählt folgendes (Tan. I 62, 3. Kapitel). Eine zeltende
Sippe der Kulaib litt großen Wassermangel. Täglich sah sie zwar
eine dünkte Wolke heraufziehen, aber diese ließ keinen Tropfen zur
Erde fallen. Da rief eines Tages eine alte Frau von ihnen von einer
Höhe laut zu Gott und erinnerte ihn an seine Pflicht, die Menschen
zu erhalten, worauf das lang entbehrte Naß niederging i).
2. Tan. (I 64, 3. Kapitel) bemerkt einleitend, daß auch der Kädl
Abul-Husain diese Erzählung nach Mad. in seinen farag--Tei^t auf-
genommen habe 2.); jedoch ohne Isnäd, wovon aber Tan. auch nichts
gibt. Inhalt: Die Sklavin einer Frau des Propheten kommt in den
Verdacht, einen ihrer Herrin gehörigen Gürtel gestohlen zu haben,
den in Wirklichkeit ein Adler in die Lüfte entführt hat. Auf ihr Gebet
bringt der Adler das Schmuckstück, und die Ärmste ist so vom Ver-
dachte gereinigt. Die Erzählung enthält einen Vers.
3. Erzählung ohne Gewährsmänner (Tan. I 87, 4. Kap.). Inhalt:
Einer von den Banü Tamlm, der zu den »nicht gewaltsam auftretenden
Hawäng-{<~ gehörtes), wurde zu Zijäd berufen; dieser aber entließ den
Mann seiner freimütigen Rede wegen unversehrt 4).
4. Ohne Gewährsmänner (Tan. I 186, 6. Kap.). Inhalt: Tawba
al-'Anbari schmachtete lange Zeit im Gefängnis des Jüsuf b. *Umar.
Da erschien ihm im Traum eine Gestalt, die ihm ein dreimaliges Gebet
und Verzeihungsbitte verordnete. Nachdem er gebetet, wurde er am
folgenden Morgen aus dem Gefängnisse entlassen.
— die andern sind viel umfangreicher — , andrerseits die nachlässige Herausgabe des
Druckes oft keine Gewähr der Richtigkeit bot, so mußten häufig die mir zugängHchen
Handschriften um Rat gefragt werden.
') Siehe über '»Regenrogation« Ignaz Goldziher, Zauberelemente im islamischen
Gebeie. NÖLDEKE-Festschrift I 308; femer C. Brockelmann, Ein syrischer Regenzauber.
Archiv für Religions-^-issenschaft. Bd. 9, 518, wo weitere Literatur angegeben ist. Auch.
EijuB Abela, Beiträge ■zur Kenntnis abergläubischer Gebräuche in Syrien. ZDPV 1884,
94 und Paul Kahle, Gebräuche bei den moslemischen Heiligtümern in Palästina. Palästina-
Jahrbuch 1912, 162. Auch E. DouTTE, Magie et religion dans V Afrique du Nord, S. 582 ff.
Zum Vergleich mit der oben mitgeteilten Erzählung regt eine Stelle an in: Petronii cena
Trimalchionis (herausg. u. übers, von Ludwig Friedländer. Leipzig 1891. S. in), wo
es heißt: »Wenn sonst Dürre war, dann gingen die Frauen in langen Kleidern barfuß auf
den Berg, mit aufgelöstem Haar und reinem Gemüt, und erlangten von Jupiter durch
Beten Wasser vom Himmel. Und dann regnete es mit Kannen, dann oder niemals, und
alle freuten sich und waren naß wie gebadete Mäuse.«
^) Siehe S. 294 Nr. 3.
3) »Vjl^i^ öiAxi« (R. DozY, ^M/j/j/f'jM. n379. MuM al-mu/ili U, i-jt,S Z.4). Gegen-
satz dazu »Surät«. Über diese Spaltung der Hawärig vor allem: R.Brijnnow, Die Charid-
schiten unter den ersten Omayyaden. Leiden 1S84. S. 29. Auch Müller, Islam I 341.
t) Über Zijäd und die Hawärig: Brünnow S. 25 ff., Müller, Islam I 388 fT. '
278 Alfred Wiener,
5. Mad. hat die Erzählung von Abul-Mutannä *AlT b. al-Käsim,
dieser von dem Helden der Geschichte (Tan. I 187, 6. Kap.). Während
einer Pestepidemie sah er im Traume, daß man 12 Totenbahren aus
seinem Hause trug. Seine Familie von 1 1 Köpfen wurde dahingerafft.
Das 12. Opfer war jedoch nicht er, wie er sicher geglaubt, sondern
ein Dieb, der im Hause von der Pest ergriffen und auf der 12. Bahre
herausgetragen wurde.
6. Ohne Gewährsmänner (Tan. H 71. 8. Kap.). Inhalt: ^aggäg
und der Genosse des Ibn al-As*at, der unmittelbar vor seiner Hin-
richtung dem Tode entrinnt ^).
7. Nach Ma^mar b. al-Mutannä =) (Tan. H 71, 8. Kap.).
Inhalt: Haggäg, ^Anbasa 3) und der Gefangene.
8. OhneGewährsmänner (Tan. II 144, 12. Kap.). Inhalt4): (.?).x^t
-*.UiJI hatte 2 Schmähverse, die mitgeteilt werden, auf Walld
b. *Abd-al-malik gedichtet, war dann geflohen, kehrte aber wieder
nach Damaskus zurück, wo er alsbald erkannt und vor Walld ge-
bracht wurde, der ihn schließlich freiließ. Die Erzählung enthält drei
Verse.
B. Stücke aus Mad., die sich nicht im Kairiner
Drucke des Tan. befinden.
9. Bi (= Berlin 8737) 18 b, 2. Kap. Zwei kurze Aussprüche
über jarag; der eine wird überliefert nach Ga*far b. Sulaimän. Sie
finden sich auch im Druck (I 41); doch tragen sie dort keine Her-
kunftsbezeichnung.
10. Bi 34b, G (= Gotha 2687) 53 a, 3. Kap. Ohne Gewährs-
männer. Geschichte von M. b. JazTd und Jazid b. ab! Muslim, dem
Sekretär des Haggäg. Wie M. b. JazTd gefangen gesetzt wird und
dann unverhofft frei kommt.
11. Bi 54a und B2 (= Berlin 8738) 32 b, 4. Kap. Mad. be-
richtet das Ereignis nach Ibn abi *Ukba und dieser nach seinem Vater.
Ein Brief des *Abd al-malik b. Marwän an Haggäg mit einem Verse
des Farazdak.
12. Bi 54 a und B2 32 b, 4. Kap. Ohne Gewährsmänner. Haggäg
und der Jamanite, der sich über H.'s Bruder, M. b. Jüsuf, beklagte.
I) Ibn al-As*at *Abd är-Rahmän b. M. Über seinen Aufstand gegen Haggäg: Kitäb
al-agäm X iio, iii, 65. Auch sonst noch, siehe Index (ed. I. Guidi u. a.) S. 230.
-) D. i. Abu 'Ubaida Brock. I 103 Nr. 9.
3) Wohl 'Anbasa b. Sa'id b. al-'Äsi (Kitäb al-Agäm Yll -o; auch sonst noch Index
523)-
4) Der Name ist zweifelhaft. Jedenfalls haben Bz 135 a und G 438 b nicht so wie
der Druck.
Die Farag ba'-d ßs-iVüWa-Literatur. 270
12. B2 93 a. 7. Kap. Überliefert von 'Abel al-malik b. *Umair.
Erzählung von Mu'äwija und *Abd ar-rahmän b. abi Lailä.
13. Bei dieser Erzählung ist es zweifelhaft, ob sie überhaupt aus
Mad. stammt. Nur Bi hat sie (46 a. 4. Kap.) direkt nach Mad., B2
hat sie nach al-Isbahänl und dann nach Mad.; G wie der Druck haben
sie überhaupt nicht. Vielleicht rührt sie auch aus einem anderen
Werke Mad. 's her. Es ist eine umfangreiche Erzählung von Walld
b. JazTd mit vielen Versen.
IV. Abu Bakr Ibn abId-Dunjä (208—281 H).
Nach Mad. (-f 225) ist Ibn abid-Dunjä der erste, der mit einer
/ara/- Schrift auf den Plan tritt. Wir wollen uns zunächst mit seinem
Leben beschäftigen. Über ihn besitzen wir eine Anzahl biographischer
Notizen überwiegend geringen Umfanges und meist gleichen Inhaltes i).
Er wird 'Abdallah -) b. M. b. *Ubaid b. Sufjän b. Kais Abu Bakr
Ibn abid-Dunjä 3) al-Kurasi al-Bagdädl, Freigelassener der Bänü
Umajja, genannt und erblickte, darin stimmen die biographischen
Quellen, die das Geburtsjahr anführen, überein, im Jahre 208 das
Licht der Welt. Ebenso sicher dürfen wir 281 als sein Todesjahr
1) Es sind die folgenden:
a) Fihrist I 185.
b) Ihn al-Atir ed. Tornrebg VII 324.
c) Mirfat az-zamän fi ta'rJh al-a^jän des Sibt b. al-Gawzi (f 654 H), Enkel des be-
kannten Polyhistors Ibn al-Gawzi (Brock. I 347). Paris 1505, 227 a.
d) Tadkirai al-hufjäz des DahaVji. Haidaräbäd s. a. II 248. de Slane I 531, wo
al-Hatib's Notiz über I. a. D. nach der Pariser Handschrift übersetzt wird.
e) Faioat al-wajajät des Kutubi (t 764). Druck Buläk 1283. I 301.
f) Ta'rJh (auch al-hidäja wan-nihäja genannt) des Ibn Katir ("f 774). Berlin 9449.
Sprenger Nr. 60, 237 b. Herrn Dr. F. Kern verdanke ich die Aufklärung, daß die
beiden Handschriften (Sprenger 60 und 61) nicht, wie Ahlwardt irrtümlich annimmt,
von al-Birzäli (f 738), sondern Ibn al-Katlr stammen; eine Tatsache, die schon
Wüstenfeld (Geschichtsschreiber Nr. 434 S. 181) erkannt hat. Brock. II 49.
g) Abul-Mahäsin II 92.
h) H. H. IV 410.
I. a. D. bei Brock. I 154.
2) Nur so; schon August Müller bemerkt {Fihrist II 76), daß I. a. D. häufiger
'Abdallah als 'Ubaidalläh genannt wird. Der Fehler (Fihrist I 185) ist scheinbar durch
Verwechselung mit dem anderen Vornamen 'Ubaid entstanden.
3) Wahrscheinlich ist, daß Dun ja im gewöhnlichen Sinne von »Weite zu erklären
ist. Eine Umm ad-Dunjä findet sich bei Hiläl (= The historical remains of Hiläl al-SähT
ed. Amedroz, Leyden 1894) S. 63; dazu ]VI.\rtin Hartmann, Aus der Gesellschaft des
ver fallenden 'Abbäsidenreiches. In: Le monde oriental 1909, 261. Im K. al-ogänJ 'kommt eine
Sklavin, namens Dunjä, vor. Siehe Index 337. Herr Professor 'Bezold weist gütigst
auf diese bei Ibn Qotaiba hin (Liber poesis et poetarum ed. de Goeje S. 558 Z. 18).
Auch später ist der Name nicht unbekannt: Abüd-Dunjä, ein Betrüger. Mtzän al-Hiidäl
28o Alfred Wiener,
annehmen i), und zwar ist er in einem der beiden Gumädämonate 2)
gestorben. Sein Todesort ist Bagdad, wo er auf dem SünIzTja- Fried-,
hofe 3) begraben wurde. Die Totengebete sprach über ihn Jüsuf b.
Ja'küb, der Kädl und das wahhamaka Allah« *Abd ar-Rahmän b.
*Umar abü Zar*a ad-Dimaskl, ein in seiner Zeit angesehener Traditions-
gelehrter. Daß I. a. D. eine ansehnliche Stellung eingenommen haben
muß, scheint diese aktive Beteiligung hervorragender Personen zu
beweisen. Und diese Vermutung wird zur Gewißheit, wenn wir hören,
daß dieser Mann der Lehrer einer Anzahl 'Abbäsidenprinzen w'ar.
Unter seinen Schülern werden namentlich der Halif al-Mu*tadid
(regierte 279 — 289) und dessen Sohn al-Muktafi (reg. 289 — 295) er-
wähnt 4). Ein Unterricht, der ihm fünfzehn Dinar monatlich ein-
brachte 5). Aber nicht nur diese ehrenvolle Stellung gereichte ihm
zum Ansehen, vielmehr waren es wohl seine umfassende Kenntnis der
Traditionen, seine gelehrte Tätigkeit und seine ganze Lebensweise. Er
wird uns als ein Mann geschildert, der sich von allem Verbotenen
oder Zweifelhaften fernhielt (^ ,^) und ein zurückgezogenes,
gottgeweihtes Leben führte (j\^!;)- Und dieses Leben füllte er
mit seiner sehr ausgebreiteten gelehrten Tätigkeit aus. In seinen
Biographien wird gesagt, wie seine nützlichen Schriften vielen als J
Muster dienten, und wie sehr sie verbreitet waren. Wir hören von ■
über 100 Schriften, die er verfaßt hat, und Sibt b. al-GawzT (f 654 H)
des Dahabl. Kairo 1325. II Nr. 1425; III Nr. 3143. Ma^iarT tdDozY, 116. Ihn kennt
auch I. GoLDZiHER, Abhandl. II 67 der Einleitung. Schließlich noch die Herrin Dunjä in
der Geschichte von Tag al-mulük in looi Nacht (R. F. Burton, Arabian Nights II 263).
Lane (The Thonsand and One Nights. London 1839. I 523) bemerkte dazu (Anm. 52 zu
p. 568): »Dunyä« signifies the world. über »Ibn ad-Dunjä« siehe M. Grünbaum, Die
beiden Welten bei den arabisch-persischen itnd bei den jüdischen Autoren. ZDMG 42, 277.
1) Nur im wafät: 282. Sibt b. al-Ga\vzI sagt, daß 3 verschiedene Todesjahre ge-
nannt werden: 281 nach Abul-Husain b. al-Münädi (starb 334 oder 336. Fihrist I 38,
II 27 Anm. 15), 282 nach Ibn Käni' (351 H getötet. Verfasser einiger Werke H. H. II
104 V 627, 630), und außerdem noch 283. Die erste Zahl sei aber die korrekteste.
2) Die Tadkirat al-hufjäz wie tä*rTh des Ibn Katir sagen: im ersten Gumädä. Diesem
zweifachen Zeugnis steht aber das Alter des Fihrist gegenüber, der Dienstag, den 14. des
II. Gumädä, als Todestag bezeichnet.
3) Friedhof in Karh, der Vorstadt Bagdads. Siehe: Guy i.e Strange. Baghdad
during the Abbasid Caliphate. Oxford 1900. S. 79.
4) Die Erzählung eines Vorfalles während des Unterrichtes bringt al-Kutubi, ebenso
einen Brief an Vater und Sohn (2 Verse).
5) H. Keller {VI. Band des Kitäb Bagdad von A/imad ibn ahl Tähir Taifür. Leipzig
1908. Teil 2. Deutsche Übersetzung. S. VI, Anm. 11) schreibt: »Nach Gähiz, Kitäb al-
baiän I 100, gab es drei Arten von Lehrern: des Volks, der Vornehmen und der Prinzen;
nach S. 151 verlangte der Volksschullehrer 60, der Lehrer der Vornehmen aber mehr als
1000 Dirham. «
Die Farag ba'-d as-Sidda-V.Sx^xdiX.'üx. 28 1
Spricht sogar von mehr als 130, die er selbst gekannt habe. Gegen
100 Titel ließen sich noch aus dem Fihrist und H. H., die sich beide
in dieser Beziehung ergänzen, und aus den »Studiengängen«,
wovon weiter unten die Rede sein soll, feststellen. Eine Liste dieser
Titel folgt im Anhange; sie gewährt ein Bild, welche Fragen damals
durch die religiöse Zeit gingen. Von seinen Schriften sind nicht viele
auf uns gekommen. Welches Inhaltes die verloren gegangenen waren,
kann man oft aus ihren Titeln schließen. Neben wenigen Büchern
geschichtlichen Inhaltes^), z. B. ahbär al-Kurais, kitäb at-ta^rih, tazuig
Fäfima, und vereinzelten scheinbar grammatikalischen 2) sind es
hauptsächlich Schriften, die js^JI betreffen. Das ist wohl nicht
Askese im strengen Sinne, sondern mehr ein weltabgeschiedenes,
fromm.er Betrachtung gewidmetes Leben, und unter Schriften az-
zuhd wird man gewiß solche zu verstehen haben, die aus diesen
fromm-erbaulichen Stimmungen heraus zusammengestellt sind, die
den Genüssen der Welt nicht gerade freundlich gegenüberstehen, diese
Welt vielmehr als Vorbereitungsort für die jenseitige betrachten.
Dahin sind zu rechnen die Anzahl von Schriften, die über Geduld
und Festigkeit, über Freud nach Leid, über Gebete und deren Vorzüge
handeln, die dämm (Tadel) -Schriften als da sind »Tadel der Musik-
instrumente«, »Tadel des Weingenusses« u. a., dann Schriften wie
»Beschreibung der Hölle«, »Beschreibung des Paradieses«, »das Buch
von den beiden Festen« (d. s. das große und das kleine Fest) u. dgl.
Wir wir aus den uns vorliegenden Schriften L a. D.'s ersehen
können, sind es nicht etwa Bücher in unserem Sinne, vielmehr im
wesentlichen Sammlungen von Traditionen verschiedenster Art über
den betreffenden Gegenstand. Hier und da gibt auch der Verfasser
etwas, was ein Zeitgenosse ihm als sein Erlebnis erzählt hat. Ge-
wöhnlich geht er bei den Traditionen in die frühe Islämzeit zurück
und eine peinlich geführte Überliefererreihe, die niemals fehlt, führt
dort hinauf.
Man darf nicht glauben, daß L a. D. in allen seinen Erzeug-
nissen jeweils Neues geboten hat. Es ist anzunehmen, daß er sich
wiederholt. So wird in der Berliner Handschrift 8934, 2 f. 130 a 3)
1) Bei Mas'üdi wird er (I 12) unter den Historikern aufgezählt.
2) Siehe die Nr. 44 u. 87 des Anhangs.
3) Dieses Bruchstück (Sammlung Sprenger 1962, 17. f. 125 — 31) bringt kleine
Geschichten erbaulichen Inhaltes, durch A'ur'äri-, Traditionstellen und sonstige Aussprüche
belegt, die vom Werte der Geduld handeln. Ahlwardt vermutet daher als Titel kitäb
as-fabr oder vielleicht noch allgemeiner kiläb al-farag ba^d as-sidda und meint, es kann
ein Stück aus einem größeren Werke sein. Näheres darüber ließ sich nicht ermitteln.
282 Alf re d \Vi en er,
bezeugt, daß sich ein Stück aus dem miigäbz ad-da'"wa auch im jarag-
befinde und ebenso in der Berliner Handschrift 10 218, 171a, daß
ein Stück gleichen Inhaltes im fara£-\\ie im kitäb addu^ä^ enthalten sei.
Genoß I. a. D. schon bei seinen Zeitgenossen dank seiner Stellung
am Fürstenhofe und mehr wohl seines »eingezogenen«, frommen Le-
benswandels und seiner großen Traditionskenntnisse wegen Hoch-
achtung, so zollt ihm in noch höherem Maße die wissenschaftliche Welt
des Islam in späteren Jahrhunderten ihre Verehrung. Das erschließen
wir aus den » S t u d i e n g ä n g e n «. Die Studiengänge sind
Schriften, in denen gelehrte Männer zu Nutzen und Frommen
der Nachfolgenden angeben, bei wem sie gelernt und welche Bücher
sie studiert haben. Die Anordnung ist verschieden. Die studierten
Bücher werden hier nach ihren Titeln alphabetisch geordnet, dort
wieder nach ihren Verfassern, oft auch in noch andrer Weise, wie z. B.
in Berlin 10 218. Ein frühes Werk dieser Literaturgattung ist das
fihrist mä rawähii '^an sujühihi mm ad-dawäwfn al-musannaja ji durüh
al-Hlm wa anwä"^ al-ma^ärif des Abu Bakr b. abi Hair al-I§bili (f 575 H
in Sevilla), das wir gedruckt besitzen ^). In dem Abschnitte: »Von den
Büchern über sm/^ö^ und ra^ä'z'X'« (I 268) widmet der Verfasser unserm
Ibn abid-Dunjä einen besonderen Artikel (S. 282). Er zählt darin über
dreißig seiner Schriften mit vollständigen Isnäden auf. Gewiß ein Beweis,
wie angesehen I. a. D.'s Schrifttum im Spanien des 6. Jahrhunderts
war, und welche Bedeutung ihm im zünftigen Studium beigelegt
wurde. Aus späterer Zeit, nämlich aus dem 9., 10., II., 12. Jahr-
hundert, besitzt die Königliche Bibliothek in Berlin vier Handschriften,
die für unsere Zwecke in Betracht kommen -). Wir ersehen aus diesen
Werken, einen wie breiten Raum das Studium der Schriften I. a. D.'s
bei der Schulwissenschaft in noch so später Zeit eingenommer hat.
') Bibliotheca Arabico-Hispana Tomus IX et.X. Index lihrorum de diversis scie-ntiaruni
ordinibiis ouos a niagistris didicit Abu Bequer Ben Khair, ecliderunt Franciscus Codera
et J. Ribera Tarrago. Cacsaraugustac 189.1/95. (Brock. I 499). Abkürzung: Isblll I
(= Tomus IX). Im i. Bande, S. 385 u. 415, wird sogar Tanühi's farag als gehört er-
wähnt.
*) Das sind:
a) Nr. 10 213. Sehr umfangreicher Studiengang des Ibn Hagar al-*Askaläni (773 bis
S52 H), siehe den »überaus gelehrten« Traditionarier bei Brock. II 67. Die Berliner Hand-
schrift ist ein Unikum.
b) 171. Studiengang des Sammä' (oder Ibn as-Sammä*) f 936 H.
c) 308. Studiengang des Rudäni (f 1093). Auch sonst noch vorhanden, z. B. Paris
4470 und anderswo.
d) 10 218 (Mq 718, f. 147 — 214). Studiengang des Budairi (j 1140). Er ist wichtig,
w-eil sein Verfasser auch die Anfänge der acht I. a. D. Werke, die er studiert hat, und die
wir teilweise nicht mehr besitzen, mitteilt.
Die Farag ba^a as-Sidda-\ÄX.QX2X\xx. 28^
Der gelehrte Ibn Hagar al-'Askalänl (y 852 H) hat nicht weniger als
55 Schriften I. a. D.'s gehört. Wie groß muß also seine Bedeutung,
muß der Wert I. a. D.'s für das theologische, d. h. das gesamte wissen-
schaftliche Studium noch im 9. Jahrhundert H. gewesen sein ! Und
auch die vorhergegangenen Geschlechter müssen ihn nicht niedrig ein-
geschätzt haben, sonst hätten sie kaum eine solche reiche Anzahl
seiner Schriften bis dahin überliefert. A§-Sammä* (f 963 H) hörte
im 10. Jahrhundert 7 Werke unsres Verfassers; seine /am/- Schrift
in der großen Moschee zu Damaskus. 49 verschiedene Schriften hat
ar-Rudäni (f 1094 in Damaskus) durchgenommen; also auch im
II. Jahrhundert war noch I. a. D. geschätzt. Und von al-Budairi
(f I140) erfahren wir aus dem 12. Jahrhundert, daß er 8 Werke des
Meisters gehört hat. Vor einiger Zeit (1328 H) hat die rührige Haida-
räbäder Druckerei mehrere Studiengänge meist auf Grund von Hand-
schriften, die in Europa unbekannt waren, zum ersten Male gedruckt.
Und zwei von diesen geben weitereBeweise dafür, welchen hervorragenden
Platz der bei uns wenig beachtete Ibn abld-Dunjä in der Schulwissen-
schaft zu beanspruchen hat. Al-Kauränl (f loii H) ^) führt 9 Schriften
mit den Anfängen an, mit denen er sich beschäftigt hat. Der im Jahre
1245 H verstorbene aä-Saukänl^) nennt drei Schriften I. a. D.'s, die
er kannte.
V. Das Farag ba'^d aS-Sidda des Ibn abid-Dunjä.
Unter den Schriften Ibn abId-Dunjä's, die das Kitäh al-flhrist
aufführt 3), fehlt das farag. Dagegen nennt es H. H. als erstes Werk
dieser Art 4). Ausführlich behandelt es Tan. in seiner Einleitung 5).
Isbili, alle vier Berliner und die beiden Haidaräbäder Studiengänge
Diese Handschriften sind bisher fast gar nicht verwertet worden, obwohl sie für
die Geschichte des wissenschaftlichen Lehrbetriebes wie auch für die Bibliographie reiche
Ausbeute versprechen. Die in Leipzig, Gotha, Paris befindlichen Handschriften dieser
Gattung können sich mit denen in Berlin nicht messen. Über Schulwissenschaften und
Studiengang siehe A. Sprenger, Die Schulfächer und die Scholastik der Muslime, ZDiVIG
1878, I — 20 und Martin Hartmann, Die arabischen Handschriften der Sammlung Haupt
in: Rudolf Haupt. Katalog VIII. S. III bis XII. Auch W. Ahlwardt,- Verzeichnis
der arabischen Handschriften I 54.
I) Brock. II 385. Unsre Schrift unter Nr. 6.
^) Wohl identisch mit Brock. II 485. Allerdings nennt der Haidaräbäder Druck
als Todesjahr 1255, aber schreibt ihm wie Brock. (Anm. zu II S. 485 § 5 auf S. 713) das
Werk: Nail al-außär zu. Der Titel unseres Studienganges lautet: It/täf al-akäbir bi-isndd
ad-dafätir. Auf die Haidaräbäder Drucke machte mich Herr Dr. F. Kern aufmerksam.
3) Fihrist I 185. ■ • ' -
4) IV 410, auch V 129.
5) Tan. I 5 u. 6.
Islam. IV. 20
284 Alfred Wiener,
erwähnen es als studiert ^). Nach Tan. hat das Schriftchen einen
Umfang von 20 Blatt gehabt. Was I. a. D. mit dieser Schrift eigentlich
gewollt hat, das habe er nicht geoffenbart. Tan. gibt dann ihren Inhalt
mit allgemeinen Begriffen an (Aussprüche des Propheten, der ashäb
und der täbi'^üti, Nachrichten über das Gebet, die Geduld usw.) und
fügt hinzu, daß sie Verse enthalte. Hat nun I. a. D. JMad.'s fara£- ge-
kannt? Wir wissen es nicht sicher. Schon Tan. hat gesehen, daß
zwar I. a. D. einiges, wenn auch sehr weniges, habe, was Mad. bringe,
aber die Isnädkette. so setzt er hinzu, sei eine andere. Ein günstiger
Zufall hat gewollt, daß von den Stücken, die Tan. aus Mad. mit-
teilt, zwei Stücke zwei anderen aus I. a. D. entsprechen. Es sind
die Erzählungen von Tawba al-^\nbarl im Gefängnis des Jüsuf b.
*Umar -) und vom Raubvogel und dem Schmuckgürtel 3). Zwar
bringt Tan. nicht die Isnäde Mad. 's, aber sie müssen bei I. a. D. einer
anderen Überlieferung entstammen, weil sie in anderer Fassung vom
La. D. berichtet werden. Es ergibt sich daraus, und wenn man auch
Tan. 's oben angeführte Worte hinzunimmt, daß sich in der Tat keine
direkten Entlehnungen aus Mad. bei I. a. D. nachweisen lassen und
die Frage, ob er ihn gekannt habe, bleibt offen. Sollte er ihn nicht
gekannt haben, so findet das Tan. schon »eigenartig« {^juJ^) und
hat er ihn doch gekannt, so findet er es noch »eigenartiger«, daß er
ihn totschweigt, etwa um sein Werk auf solche Art herauszustreichen.
Jedenfalls hat er seine Schrift genau so benannt wie die Mad. 's, eine
Tatsache, für die Tan. nicht ungeschickt nach Gründen sucht.
Das jarag^ des Ibn abid-Dunjä liegt uns in zwei Texten vor. Der
eine ist die Handschrift der Königlichen Bibliothek in Berlin. Sie
galt bisher als Unikum. Außer ihr gibt es jedoch noch einen indischen
Druck, dem eine von der Berliner Handschrift verschiedene zugrunde
gelegt ist 4). Der indische Druck ist. in Kairo nachgedruckt worden 5).
') Siehe Anhang Xr. 6S. Alle diese Schriften bringen jedesmal die Isnädkette
von I. a. D. bis zum Verfasser des Studienganges. Der, der die immittelbare Überlieferung
I. a. D. hat, ist beim farag ■«•ie auch bei anderen Schriften: Abu 'Ali al-Husain b. Safwän
al-Barda*i (daneben kommt auch al-Barda*i vor »Packsattelfabrikant und -händler*).
Nach ihm überliefert dann — und auch dieser ist gewöhnlich in den uns erhaltenen Schriften
1. a. D.'s zu finden — Abul-Husain *Ali b. M. b. 'Abdallah b. Bisrän, Indischer Druck
von I. a. D.'s farag S. 2 wie München 8S5, 9 {man *äsa ba^d aZ-^M^a:'/) mit dem Zusätze:
al-Mu*addal.
^) Ibn abid-Dunjä in Berlin S731, 40 a. Mad. in Tan. I 1S6. Siehe hier S. 2S9 und
S. 277 Xr. 4.
3) Indischer Druck des I. a. D. S. 30. Mad. in Tan. I 64. Siehe hier S. 290 und S. 277
Nr, 2. Dieselbe Erzählung im farag des IK^ädi Abul-Husain, siehe S. 294 Xr. 3.
•i) Von der Existenz dieses Druckes erfuhr ich durch Herrn Professor J. Horovitz
m Aligarh, durch dessen freundliche Vermittelung ich auch in seinen Besitz kam.
5) Siehe über diesen S. 289 Anm. 2.
Die Farag ba'-d as-SiddaAJ\itX2.\XiX . 285
Die Handschrift, die sich in Damaskus (az-Zaijät 30, Nr. 20,2) be-
finden solL war mir nicht zugänglich.
I. Die Handschrift der Königlichen Bibli-
othek in Berlin Nr. 8731 (Sammlung Sprenger
Nr. 911; Ahlwardt Vn, S. 628)^). Abkürzung: B.
Hinter verschiedenen, nicht immer ganz durchsichtigen Isnäden 2),
die die f. i b — 3 a der Handschrift einnehmen, beginnt f. 3 a der Text.
Nach einer sorgfältig gegebenen Überliefererreihe bis auf den Propheten
hinab 3) bringt I.^a. D. dessen Ausspruch: »Die Erwartung der Freude
(zu ergänzen: nach dem Leide) ist religiöse Pflicht, und wer mit wenig
Nahrung zufrieden ist, bei dem ist Gott zufrieden mit wenig guten
Taten4)<(. Und in einem anderen Ausspruche (3 b) heißt es sogar:
- Jil\ ,lJiXJl öOLxjtil J-AisiL »Die vornehmste religiöse Pflicht ist die
Erwartung der Freude (nach dem Leide)« 5 j. Diesem Ausspruche
folgen noch eine Reihe anderer Aussprüche des Propheten, alle mit
eingehender Überliefererreihe, ähnlichen Inhaltes : über den Wert
der Geduld im Leide und über die Belohnung von Geduld und Gott-
vertrauen (3 b : w>^.j^vo i,.\ Joi:> *JU1 / iL ^3 »Wer auf Allah ver-
traut, dem macht er einen guten Ausgang.« Sure 65, 2. Auch
5 b, wo noch 'Li=-.5 ^) hinzugesetzt ist), über die Macht Gottes gegen
jedes Unheil u. a. Diese Aussprüche und kurzen Erzählungen laufen
bis 7 a. Daraus seien hervorgehoben:
4 a. Gespräch des Propheten mit Ibn *Abbäs, dann (4 b)
dasselbe Gespräch in etwas erweiterter Form, zum Schlüsse sagt
1) Der ÄHLWARDTSchen Beschreibung wäre noch nachzutragen, daß viele Zusätze
von gleicher Hand wie der des Schreibers in der Handschrift vorhanden sind, und zwar
alle am Rande, z. B. auf dem Titelblatte i a, ferner 2 b, 4 a, 5 b und öfter, auch solche
abergläubischer Natur, so 7 a eine kurze Notiz über die Heilung des Kranken nach 1 1 1 -
maligem Aussprechen von as-saläm (siehe dazu 35 a Rand). Die Handschrift geht bis
42 b. Dann folgen 44 b Anhänge und allerhand Sonstiges.
*) 2 b die Schreiberin Suhda, die 574 H fast 100 Jahr alt in Andalusien starb, als
Überlieferin genannt. Siehe über diese sehr berühmte Traditionarierin Goldziher, Muh.
Stud. n 406. Ebenfalls 2 b eine »Igäza in absentia**, LcL^-w ^.^^^J *i q^ '^j'^-^^ ^i^^^
darüber bei Goldziher, Muh. Studien II 191.
3) I. a. A. hat den Spruch von Abu Sa'id 'Abdallah b. Sabib b. liälid al-Madä'ini.
Vom Propheten hat ihn 'AU b. abl Tälib gehört.
') C')jr^ a'* ^^'^ l5^j 0^*3 ^^^^ ^^3 i- ^"' a" cT-"^' ^'■^^'
5) Der Ausdruck darf aber nicht wörtlich genommen werden. Er ist reines Schema,
siehe z B. Kanz al-'ummäl I 168. Nr. 3140; II 30. Nr. 718.
6) Der Ausdruck L::^.^^» l:i- j 1)"*^=^ Ci..>.S noch nicht im Kur'än) kommt öfter
vor. Er scheint in dieser Verbindung bekannt zu sein, z. B. Ibn Saad II i. b. 71 Z. 13;
20*
286 Alfred Wiener,
der Prophet: ,.,L o.^Ji «^ „ ^Jl ,.,L ,j^\ «^ .^aJ! ,.,! JLcL
5ww.j »vv*.xJI «-» i.^j ,^xi! ,«^ ^). »Und wisse, daß Sieg liegt bei
Geduld, Rettung bei Not, bei Schwerem Leichtes, ja bei Schwerem
Leichtes.«
6 a. Eine Erzählung von einem Manne, dem die Kamele
und der Sohn geraubt werden und dem schließlich durch das Ein-
greifen des Propheten geholfen wird. Im Anschluß daran offen-
bart der Prophet einen Kur'änvers (Sure 65, 2) 2).
6 a. Ein Ausspruch des Propheten, daß Gott selbst bei
99 Krankheiten Erleichterung bringt 3).
Von 7 a — 12 a werden Überlieferungen gebracht, die sich nicht
mehr ausschließlich um den Propheten bewegen, sondern wo die be-
kannten Größen des jungen Islam im Mittelpunkte stehen und sich
zu den oben bereits genannten Themen äußern, so Habib b. Maslama
8 b, Ibn *Ujaina 9 b, Mälik b. Dinar ii b u. a. Auch hier wie überall
in der Handschrift ist die Überliefererkette ausführlich gegeben.
Daraus seien angeführt:
8a. Die Erzählung von (?) ...piOjM) und seinen 80
Elephanten, die M. b. al-Käsim in eine üble Lage brachten, und
Ibn al-Käsim's Errettung durch Gott.
I2a— i8a. Erzählungen von Propheten, denen in höchster Not
Gottes Hilfe zuteil wurde, und zwar: 12 a — 14 b Jünus, 14 b — 18 a
Ja*küb und Jüsuf.
Daraus:
12 a. Erzählung nach Anas b. Mälik, der sie auf den Pro-
pheten zurückführt, von Jünus im Fischbauche, seinem Gebete,
dem Gespräche der Engel mit Gott darüber und seiner schließ-
lichen Errettung. Ihr ist eine Fortsetzung nach Abu Huraira an-
gefügt über ä.-L^Lä*jI, dem ]y'\^'^'\^, der Bibel (Jona IV 3), die mit
einem Verse des Umajja b. abls-Salt endigt 5).
I) Das dritte Glied gleicht Sure 9.), 5 u. 6; daher die Verdoppelung. Wie angeblich
'Ali diese erbaulich auslegt, siehe: M. Hartmann, Der Islamische Orient I, 332 und dazu
Hartmann's Anm. 2.
^) Siehe dazu Kassäf des Zamahsari ed. W. Nassau Lee?. Calcutta 1276 H. II
1497-
3) 99 wie auch das S. 285, Anm. i vorkommende 11 1 sind magische Zahlen. Siehe
E. DouTTE, Magie et relip.ion dans V Afrique du Nord 1S9.
4) Die gleiche Erzählung hat Tanühi I 50. Hier ist der Name (wohl verschrieben)
5) Diese Erzählung ebenso wie die folgenden kürzeren sind in dieser Fassung nicht
in den Alsas al-anhija* des Ta'labi enthalten. Siehe Druck Kairo 132.1. S. 229 — 231. Kap.
.("'J?'?^* " |2 r\y\^) = ^'^L^\ &JLc ;0a ^j ^-^J^ ä-^s über Umajja b. abis-Salt
Die Farag ba^d «i-Ä'^aa-Literatur. ^gy
14 b. Der Engel Gibril besucht Jüsuf im Gefängnis und lehrt
ihn das Gebet um Erlösung.
ifb. Besuch GibrU's bei Ja^küb, dem er auch ein Hilfsgebet
mitteilt M.
17 a — 20 b werden dann eine Anzahl /am/-Gebete des Propheten
aufgeführt; das sind Gebete, die irgend jemand den Propheten hat
als besonders wirksam in Not und Gefahr sprechen und empfehlen
hören. Man begegnet solchen Gebeten nicht selten in der Literatur 2).
Eines der bekanntesten ist das durch Ibn *Abbäs überlieferte,
18 b: JLxJl xJLJI -^l kW ^ ^j.iCit ^.jC^ ^JLJI ^'f ^.Jl ^ „ .äJ! oUJLT
»Die farag^-W orte: Es gibt keinen Gott außer Gott, dem weisen,
dem hoheitsvollen, es gibt keinen Gott außer Gott, dem hohen, dem
erhabenen,- es gibt keinen Gott außer Gott, dem Herrn der sieben
Himmel und dem Herrn des hoheitsvollen Throns.«
Von 20 b — 34 b folgen dann eine Reihe von Erzählungen, längerer
und kürzerer, in denen fast ausschließlich die Rettung durch ein Hilfs-
gebet das Wesentliche ist.
Zuerst sind es eine Anzahl Geschichten von Haggäg b. Jüsuf 3)
(20 b — 24 b), von seinen Gefangenen und deren wundersamer Er-
rettung nach einem Gebete um Erlösung. In den meisten von
ihnen spielt Ibrähim at-TaimI als Gefangener eine Rolle, z. B.
21 b Ibrähim at-Taimi und die Gefangenen, die zu zweien zu-
sammengefesselt waren (.^.ä^).
Es folgen nun allerhand Einzelerzählungen (bis 34 b), so
24 b. Sulaimän b. Mälik und der gefangene christliche General
{hitrik) aus Rüm.
siehe F. Schulthess in Nöldeke-Festschrifi I 71 und des gleichen Verfassers Abhandlung:
Umajja ibn Abi s Salt (Leipzig 191 1), wo sich der erwähnte Vers S. 65, Fragm. 7, 2
findet; auch Powels in Melanges de la Faculte Orientale de Beyrouth I.
') Zu den bei I. a. D. angeführten Geschichten vergleiche man die bei Ta'labi: Zu
17 a Z. 10, S. 76 Z. 24 (verschiedene Fassung, verschiedene Gewährsmänner); die 14 b
Z. 9 beginnende Geschichte wird S. 78 Z. 25 nach Abu Huraira und in erweiterter Form
(siehe dazu noch S. 76 Z. 35) gegeben. Über Jüsuf überhaupt siehe S. 61 — So.
*) Z. B. al-H^d at-fartd Büläk 1293, I 396. Man vergleiche auch J. Goldziher,
Zauberelemente im islamischen Gebet. Nöldeke-Festschrift I 304. Im dalä'il al-bairät
(Lithographie s. 1. 1 298 H) wird in einem Verzeichnis der Namen des Propheten als deren
letzter (S. 31) sähib al- farag aufgeführt.
3) Des Haggäg kraftstrotzende Erscheinung muß auf die islamische Welt großen
Eindruck gemacht haben. Selbst in looi Nacht erscheint er, siehe R. F. Burton, Supple-
mental Nights V, 39. History of al-Hajjaj bin Yusuf and the Young Sayyid. Auch im
Persischen: Schlechta-Wssehrd. Der Frühlingsgarten des Dschatui. Wien 1846. Text
S. 74. Übers. S. 23, Anm. 16 S. 144.
288 Alfred Wiener,
25 b. Erzählung von 'Amr, dem Syrer, seinem Ringkampfe
in Kleinasien (hiläd ar-Rüm) und dem unvermuteten Tode seines
christlichen Gegners infolge eines Gebetes, das dann 'Amr über-
all verbreitet hat ^).
27 b. Ein Brief von al-Walid b. 'Abd al-Malik wegen Al-
Hasan b. al-Hasan und dessen Rettung durch das jarag-Gehet.
28 b. Eine Notiz, daß die Notgebete von Müsä, Muhammad
und jedem Betrübten dasselbe Gebet seien wie das oben (S. 287)
angeführte.
29a. Gebet eines Gefangenen des Zijäd. Beginn: vj. A.AJli5
i3*a5-w)^ (}»_JüCiy«j J.J-.*J>- ^\^ ^jÄXJi» ,VL^ww(l_» J>-^L«-w.l_5 *ywp!jl
.^) ^*.>Jisti! ^-jiyi^J^ jJ^i"^'-5 litv^^^i öK_^i ^--^^
»O Gott, Herr Abrahams, Ismaels, Isaaks, Jakobs, und Herr
Gabriels, Michaels, Israfels und Herabsender der Thora, des Evan-
geliums, des Psalters und des erhabenen Korans.«
30 a — 32 a. Längere Geschichte von Abu Ga'far, der im Jahre
47 zur Pilgerfahrt nach Madina zog und öa'far b. M., den er
töten wollte.
32 b — 33 b. Erzählung des M. b. Jazid, den Sulaimän b.
*Abd al-Malik gesandt hatte, die von Haggäg Gefangengesetzten
zu befreien, von seinem wechselvollen Geschick und seiner schließ -
liehen Befreiung; von ihm selbst erzählt.
34 b. beginnt der poetische Teil, der bis zum Schlüsse, 42 b,
reicht. Die mitgeteilten Verse haben auf die schon bekannten Themen:
Wert der Geduld, Erwartung der Rettung nach Unheil u. a. Bezug.
Oft stehen sie am Ende einer Erzählung oder sind darin eingeschlossen,
eine Erzählung, die angibt, wie oder wo sie entstanden oder fielen.
Allerdings sind auch hier Erzählungen vorhanden, die überhaupt keine
Verse enthalten, was ja bei dem Fehlen jeglicher äußerer Einteilung
nicht weiter wunder nimmt 3).
Beginn 34 b. 4 Verse des Fulän b. M. und das ist ^Abdallah
b. M. b. ^Abdallah b. Hasan b. Hasan. Jeder beginnt mit ^.w^.
35 a. Verse auf einem Pfeil, bei Belagerung einer Burg durch
Härün ar-Rasid, und Erwiderung des Herrschers.
35 a. 2 Verse von al-Husain b. *Abd ar- Rahmän, die I. a. D.
selbst hört.
^) Dieselbe Erzählung findet sich im Kommentar des Sarisi zur 26. Ma^äme des
Hariri unter den afibär al-farag. Druck Büläk 1300. Teil II 40.
-) Ohne Quellenangabe bei Tan. I 57.
3) Andere Werke I. a. D.'s weisen eine gewisse Einteilung auf, wie das kitab al-hawätif
(Kairo I 449), kitäb inda* al-hawäig (Berlin 5389), doch ist sie nicht streng durchgeführt.
Eigenartig ist die Einteilung in makärim al-a^lä^ (siehe Anhang Nr. 76).
Die Fa7-ag ba^d ßi-5/^i/a-Literatur. 28q
36 a teilt ihm dieser Dichter zwei andere mit, 39 b wie 42 b
(Schluß) noch je zwei andere.
35 b. Vers eines Verrückten, den M. b. al-Husain I. a. D.
mitteilt.
36 a. 3 Verse, die der betrübte M. b. abl Ragä', Freigelassener
der Bänü Hä§im, auf einem Zettel geschrieben findet und I. a. D.
mitteilt ^).
36 b. 4 Verse, die Ahmad b. Jahjä I. a. D. vorträgt.
37 a. 5 Verse, die M. b. Ibrahim I. a. D. vorträgt.
37 a. 3 Verse nach einem Kuraisiten.
37b. Abu Bakr al-Warräk (Ob Ibn abld-Dunjä.?) hat
Mahmud al-Warräk 6 Verse rezitieren hören.
n b — 39 £i- Erzählung vom Vater des 'Abdallah b. Ja'küb
b. Dä'üd, der unter Mahdl und RasTd Gefangener war, dem eine
wunderkräftige Traumgestalt erschien, und der dann eine Begeg-
nung mit Raäid hatte. Die Erzählung enthält verschiedene Verse.
39 b. 2 Verse aus einem Brief.
40 a. Tawba al-*AnbarT im Gefängnis "des Jüsuf b. *Umar.
41 a. Ein Vers, den abO 'Amr b. al-'Alä' in den Tagen des
Haggäg rezitieren hörte.
41 a. 2 Verse, die sich auf einem Stein geschrieben fanden.
41 b. 3 Verse nach einem Kuraisiten.
42 a. 3 Verse, die Ga*far b. M. einem der Kaufleute Madina's
sagte.
42 a. 3 Verse, die al-Kazim b. M. b. GaTar häufig rezitierte.
2. Das in Indien 1323 H gedruckte Farag ba'^d as-
sidda des Ibn abid-Dunjä^). Abkürzung: I.
Aus dem Titel geht hervor, daß es sich bereits um einen zweiten
Druck handelt. Über die zugrunde liegende Handschrift wird nichts
gesagt, ebensowenig war darüber etwas in Erfahrung zu bringen.
Auch der erste Druck ist nicht zu beschaffen gewesen. Der vorliegende
Druck umfaßt 40 Seiten, wovon 39 Seiten Text sind. Auf Seite 40
') Auch in Tan. 14. Kap.
2) Zum Kairiner Nachdruck wäre zu bemerken, clai3 das Druckjahr nicht angegeben
ist; ebensowenig, daß es sich um einen Nachdruck handelt. Trotzdem sind »die Druck-
rechte gewahrt«. Das Buch umfaßt 40 Seiten. Die erste Überheferereihe (I. S. 2) fehlt,
ebenso die I angehängte Biographie I. p. D.'s. Der Text beginnt sogleich mit I S. 3. Wäh-
rend sich in I zuweilen Vokale finden, hat der Nachdruck gar keine mehr. Der Beginn
einer neuen Überlieferung ist auf keinerlei Weise kennthch gemacht, so daß cheser Nachdruck
noch dazu bei den kleinen unscharfen Buchstaben auf gelbem Papier ganz unübersicht-
lich geworden ist.
2QO Alfred Wiener,
befindet sich eine Biographie I. a. D.'s nach, so sagt die Unterschrift,
wajät al-wafajät und tadkirat al-/mfläs. Am Rande des Textes stehen
häufig erklärende Anmerkungen.
Nach einem Isnäd (Seite 2) von I. a. D. an bis auf den Abschreiber,
einem Isnäd, in dem schon der Gewährsmann dritter Schicht von dem
der Berliner Handschrift verschieden ist, beginnt S. 3 der Druck mit
der Gewährsmännerreihe bis auf den Propheten hinunter und dem-
selben Ausspruch, wie wir ihn B 3 a Z. I ff. finden.
Die Unterschiede der beiden Texte sind nicht sehr groß. B ist
jedenfalls völlig in I enthalten. Durchgehend fehlt in I das: »Es
überlieferte uns Abu Bakr, er sagte« (d. i. I. a. D.), womit in B eine
jede Überlieferung eingeleitet wird. Hier und da finden sich Ab-
weichungen in den Namen, ab und zu auch im Texte. Sehr oft ist
dabei I der Vorzug zu geben. Der Abschreiber in B scheint zuweilen
mit den diakritischen Punkten, wie ja so häufig in den Handschriften,
fiüchtis: umgegangen zu sein. Manchmal, jedoch selten, ist I in den
0000 ' J '
Aussprüchen oder Erzählungen ein wenig ausführlicher. Bedeutend
umfangreicher ist er im letzten, im poetischen Teile (I von Seite 26,
B von f. 35 a ab). Hier bringt er oft Erzählungen und Verse, die B
nicht hat.
Das ist folgendes:
S. 26. Ein Zusatz zu den mit ^.^ji beginnenden Versen
in B 34 b.
26. Erzählung von Jazid b. Mu'awija und dem Härigiten
(mit einem Verse).
27. Erzählung von Abu *Amr b. al-'Alä', der auf der Flucht
vor Haggäg einen Vers hörte. Die Erzählung ist wohl eine Variante
der S. 38 (B 41 a) wiedergegebenen. Der Vers ist in beiden der
gleiche.
27. Die Erzählung von Dänijäl (dem Propheten Daniel) in
der Zisterne und der Hilfe Gottes.
28. Kurze Erzählungen und Aussprüche Verschiedener.
29. Erzählung von einer Traumgestalt, die einem in Not
befindlichen 2 Verse mitteilt.
30. Erzählung vom Weibe, Raubvogel und Gürtel. Die Er-
zählung ist inhaltlich gleich der von Mad. mitgeteilten. Der
Vers ist derselbe; jedoch hat die Geschichte hier eine andere
Fassung.
31. Etwas über Ja'küb b. Dä'üd und al-Mahdl, im Anschluß
an die auch in B befindliche Erzählung (B 37 b, I 32).
32. 2 weitere Verse des al-Husain b. *Abd ar-Rahmän. j
Die Farag ba'-d as-Sidda-L\'izx3X\xx. 2QI
y:^. Geschichte von *Umar b. Hubaira, dem Statthalter des
*Iräk, ^und Hälid b. 'Abdallah al-Kasrl, seinem Nachfolger zu
Zeiten Hisäm's ^).
34 u. 35. Zwei weitere Erzählungen, in denen *Umar b.
Hubaira ^j eine Rolle spielt; die erste mit 4 Versen des Farazdak 3).
35 — n- Längere Geschichte von Katr b. Mu'äwija al-*Aläsi,
der den Ibrählm getötet hatte, und Abu Öa*far (reg. 136 bis 158).
VI. Abul-Husain, der Kädl (j 328 H).
Einige Jahrzehnte nach dem Tode Ibn abid-Dunjä's schreibt der
Kädl Abul-Husain ein neues /am/- Buch. Er heißt mit seinem voll-
ständigen Namen: 'Umar b. abl 'Umar b. M. b. Jüsuf b. Ja*küb b.
Ismä'Il b. Hammäd b. Zaid b. Dirham Abul-Husain al-Azdi al-Fakih
al-Mälikl al-Kädi ibn al-Kädi ibn al-Kädi 4j. Von unserm Abul-tiusain
kennen wir ganz sicher das Todesjahr; es ist 328, darin stimmen alle
Quellen überein. Ibn Katir gibt sogar an, daß er am Sonntag, dem
18. des I. Gumädä, verschieden sei, und zwar in Kurtuba. Ob dieses
Datum richtig ist, ist zweifelhaft. Ibn Katir teilt nämlich weiterhin
eine Erzählung aus al-Hatib mit, wie den Freunden des Kädl dessen
Tod vorher angekündigt wurde, und dieser gleichzeitig selbst ein
beängstigendes Traumbild hatte, und am Ende dieser Erzählung
heißt es: Er starb am Donnerstag, den 17. Sa'bän, 39 Jahre alt, und
die Totengebete sprach über ihn Abu Nasr, der ihm im Amte folgte.
Ist sein Lebensalter mit 39 Jahren richtig angegeben, so wäre er 289
I) Siehe auch S. 297 Nr. 24.
*) Der Sekretär 'Umar b. Hubaira's war der bekannte Ibn al-Mukaffa* (Th. Nöldeke
ZDMG 59, 794)-
3) Auch bei Tan. I 129, jedoch in anderer Fassung und Überlieferung.
4) Über sein Leben Wichtiges in:
a) Berlin 9433. Kompendium der Geschichte bis zum Jahre 422 H, verfaßt von
al-Kudä'i (f 454). Ausführliches darüber bei Ahlwardt IX 43 und Brock. I 343. Femer:
C. H. Becker. Beiträge zur Geschichte Ägyptens unter dem Islam. Erstes Heft. S. 19.
b) Berlin 9852, 54 b. Abkürzung des 3. Teils von mu'gam ah! al-adab des Jäküt.
c) Ibn Katir. Sprenger 61, 266 a. Sonst nicht Bekanntes.
Kleinere Beiträge in:
d) Fihrist I 115.
e) Ibn Hall. ed. Wüstenfeld. Vita des Ibn Sanabüd Xr. 639 (de Slane IV 16).
Die gleiche Geschichte in Abul-Makäsin II 266 und Ibyi Katir (Sprenger 61, 266 b).
f) Ibn al-Atlr ed. Tornberg VIII 273.
g) H. H. IV 326 u. 410.
Über seinen Vater zwei kurze Notizen in Berlin 9910, 29 a u. 134 b. ^ädihste im
Kollektaneenhefte eines Unbekannten, der um 121 1 H. lebte, und ferner in Tagärib al-
umam des Ibn Miskawalh (f 421). Bd. V 319 (noch nicht erschienen). Herr Prof. Amedroz
in London war so gütig, mir diese Stelle mitzuteilen.
2Q2 Alfred Wiener,
oder 288 H. geboren. Den größten Teil seines Lebens hat er in Bagdad
verbracht. A. H. entstammte einer alten Kädifamilie, in der auch
die Wissenschaft zu Hause war. Sein Vater (f 320 H) war Kädi und
wurde kurze Zeit nach dem Aufstand gegen Muktadir 296 wegen eines
Dienstes, den er diesem geleistet, zum OberkädT ernannt ^). Er ver-
faßte Bücher und Verse -). Zwei Erzählungen im Werke seines Sohnes,
soweit es uns erhalten ist, werden nach seiner Überlieferung erzählt
(Tan. II 27 u. 31), und in einer dritten (B3 94 a) spricht er von sich
selbst und von einer Zeit, wo es ihm sehr schlecht erging 3). Sein
Sohn studierte Kur^än, Hadlt und Fikh nach der Lehre Mälik's, zu
dessen Schule die Familie gehörte. Ebenso beschäftigte er sich mit
Erbrecht, Arithmetik, Grammatik, Lexikographie und Poetik und
außer seinem jarag\i-aX er noch ein Carzö al-hadlt al-kahir geschrieben,
das aber nach Fihrist wie H. H. unvollendet blieb.
Über die richterliche Tätigkeit unseres Abul-Husain sind wir
einigermaßen durch al-Kudä'i's unterrichtet, der bei jedem HalTfen
zum Schlüsse die Kridi's nennt. In den verschiedenen Berichten ist zu
lesen, daß er seinem Vater (f 320) im Amte folgte. Dem widerspricht
die Angabe al-Kudä'i's (S. 206), A. H. wäre sechster Kädi (von acht)
während derRegierungszeit (295 — 320) Muktadir's gewesen. Indessen
mag man diese Zeit aus irgendeinem Grunde nicht in Rechnung ge-
zogen haben 4). Jedenfalls hat er 320 (al-Kudä'i S. 209) wirklich
das Kädiamt angetreten, war alleiniger Kädi unter Kähir billäh (reg.
320 — 22), und unter Rädi billäh (reg. 322 — 29) werden er und Jüsuf
b. *Umar (sein Sohn.?) 5) als Kädi angeführt. Gewiß ist, daß A. H.
im Jahre 323 seine richterlichen Funktionen ausübte. Nach Ibn
Hallikän war er bei der Verhandlung amtlich zugegen, die vor dem
Wazir Abu 'Ali M. b. Mukla im Rabi* al-ähir 323 gegen den Kur'än-
leser Ibn Sanabüd stattfand, weil dieser ungewöhnliche Lesarten
einführen wollte 6). Auch noch im Jahre 327 hören wir von ihm 7),
•) Die Erzählung bei Ibn Miskawaih. Siehe die vorhergehende Anm. 1.
-) Berlin 9910, wo vier Verse von ihm angeführt werden.
3) Ein Bruder des Vaters hieß: Abu Jüsuf b. Ja%üb b. Täbit, berichtet dem Vater
eine Erzählung (siehe S. 296 Nr. 14). A. H.'s Onkel (?) hieß Abul-Taijib M. b. Jüsuf b.
Ja'küb. Eine Erzählung nach seiner Überlieferung S. 297 Nr. 32.
4) Sehr wahrscheinlich ist, daß er seinem Vater, der ja Oberkädi war, in dieser Eigen-
schaft nachfolgte und daher die frühere Tätigkeit nur als Kädi übersehen wurde. Daß
er als Oberkädi gestorben ist, bezeugt Ibn al-Atir.
5) Es scheint naheliegend, daß der oben genannte Abu Nasr mit diesem Jusüf b.
*Umar identisch ist.
*) Über die Verhandlung und besonders über das im Wortlaut angeführte Schrift-
stück, auf das sich Ibn §anabüd verpflichten mußte, siehe die Quellen in Anm. unter e.
7) Abul-Mahäsin II 2S5.
Die Farag ba^d as-Sidda-lAx.&x'aXxix. 203
SO daß als gewiß gelten kann: er ist bis zu seinem Tode im Amte ge-
blieben. Und so angesehen war er, daß der Halif bei der Nachricht
von seinerft Tode erschüttert in Weinen ausbrach.
VII. Das Farag ba''d as-sidda des A b u 1 - H u s a i n.
Schon das Kitäb al-fihrist i) führt das farag- des A. H. an, und
Tan. bespricht es des breiteren in der schon mehrfach erwähnten
Einleitung -) zu seinem farag-Buch. Auch H. H. kennt es 3). Aus Tan.
erfahren wir, daß A. H.'s Buch 50 Blatt, also wohl über das Doppelte
von I. a. D.'s Schrift betrug. Tan. fährt dann fort, daß A. H. sehr viel
von Mad.'s farag bringe, wozu er noch andere Nachrichten hinzu-
gefügt habe, aber es sei darin manches enthalten, was, so meint Tan.,
sich nicht mit A. li.'s Absicht vertrage.
Wie weit ist nun A. H. von seinen Vorgängern abhängig .f' Mad.
ist, wie eben erwähnt, reichlich von ihm benutzt worden. Von I. a. D.'s
farag bringt A. H. nichts. Ob er ihn nicht gekannt oder ihn absicht-
lich unerwähnt gelassen, weiß Tan. nicht. Merkwürdig sei aber, daß
Mad. für A. H. wie auch schon für I. a. D. nicht zu existieren scheine,
und darüber sagt Tan. das gleiche, was schon bei I. a. D. (S. 284)
wiedergeben worden ist.
Leider besteht keine Möglichkeit, die Richtigkeit all dieser
Angaben zu prüfen, da das farag des Abul-Husain als Ganzes ver-
loren gegangen ist. Doch liegt andrerseits kein Grund vor, Tanühi's
Aussagen, die sich sonst als zuverlässig ausgewiesen haben, in Zweifel
zu ziehen. Als Ganzes ist A. H. zwar nicht mehr auf uns gekommen,
aber Tan. 's Sammeleifer hat uns wenigstens noch beträchtliche Par-
tien seines Werkes erhalten. Erzählungen, größere und kleinere,
und eine Anzahl Verse sind es, die Tan. in seinem Buche verstreut
überliefert hat. Leider bringt er nur solches Material, das die in Tan.
erhaltenen Mad. -Stücke nicht berührt, und so ist die intimere Ab-
hängigkeit A. H.'s von seinem Vorgänger nicht mehr feststellbar. Ein
einziges Mal erwähnt Tan. bei einer Geschichte nach Mad., auch A. H.
führe sie an, jedoch ohne Isnäd; der Wortlaut bei beiden sei ähnlich 4).
Die Erzählungen selbst w-erden teils nach dem letzten Gev/ährsmann,
teils ohne Isnäd beigebracht. Ihr Inhalt ist durch das Thema ge-
geben; bei der und dieser wird man aber das Gefühl nicht los, wie
0 I 115-
2) Tan. I 5 u. 6.
3) IV 411. Hier ist vor J)*! (nach Berlin 9852, 54 b [Jäküt]) ein wo*^;*! zu
setzen, was die Stelle verständlicher macht.
4) Siehe S. 277 Nr. 2.
294
Alfred Wiener,
gering der Zusammenhang mit dem Thema ist; eine Tatsache, die
schon Tan. tadelnd hervorhebt. Zum größten Teile spielen sie unter
den *Abbäsiden und sie dürften mitunter anziehend und wertvoll sein
durch die Beleuchtung, die so manche Zustände im Halifenreiche in
ihnen erfahren, so Tan. I 65 (Nr. 4), G 281 b, 284a (Nr. 34 u. 35)
als Beiträge zur Barmakidengeschichte, Tan. II 31 (Nr. 14) als Beitrag
zur Verwaltungsgeschichte u. dgl.
Nunmehr folgen die erhaltenen /ara/- Stücke im einzelnen ^).
A. Stücke aus Abul-Husain, die sich im Kairiner
Druck des Tanühl befinden.
1. Im ersten Kapitel seines /ara/ berichtet Tan. eine Geschichte
(I 25), worin zwei Verse vorkommen. Er setzt dann hinzu, auch A. H.
habe diese zwei Verse, er habe aber noch einen dritten Vers, den Tan.
nunmehr anführt, zugesetzt.
2. Erzählung (I 63, 3. Kap.) mit Isnäd nach M. b. Müsä b. al-
Furät, wohl der Vater des berüchtigten Wazir's 'AU b. M. b. Müsa b.
al-Furät*) unter al-Muktadir (reg. 295 — 320). *A1I b. Zaid hatte
sich den Zorn des *Abbäs, Sohnes Ma*müns zugezogen, der ihm all
sein Hab und Gut bis auf weniges genommen hatte. Nach einem
Stoßgebete anläßlich eines merkwürdigen Vogelkampfes, den er beob-
achtet, erhält er sein Vermögen zurück und noch Geld dazu.
3. Die Geschichte (Tan. I 64, 3. Kap.) von der Sklavin einer
Frau des Propheten, dem Schmuckgürtel und dem Raubvogel. Tan.
erzählt sie nach Mad. und fügt hinzu, daß sie A. H. nach Mad. ohne
Isnäd bringe. Der Wortlaut aber sei ähnlich.
4. A. H. hat die Geschichte (Tan. I 65, 3. Kap.) von Abul-
Husain b. Numair al-Huzä*i gehört. Die beleidigende Behandlung
ad-Fadl b. ar-Rabi'a's durch den Barmakiden al-Fadl b. Jahjä in
einer Gesellschaft bei Jahjä b. Hälid, seinem Vater. Am Schlüsse
heißt es: »Und zwischen diesem Ereignis und dem, daß ar-Ra§id auf
die Barmakiden zornig wurde (187), lagen nur wenige Tage.«
') Von den folgenden Erzählungen befinden sich die unter 6, i6, i8 auch in zwei
Berliner An thologiehandschrif ten : 8451 und 8466, und zwar 6 in 8451, 17S a und 8466,
135 a, 16 in 8451, 47 a, 18 in 8451, 11 1 b und 8466, 52 b. Die beiden Handschriften bringen
außerdem noch viele Stücke aus Tanühi's /arag, die fast ganz übereinstimmen. Ein Zu-
sammenhang beider scheint sicher. Ebenso sicher aber auch die Tatsache, daß A. H.'s
Stücke nicht unmittelbar, sondern mittelbar über Tan. geflossen sind. Wenn Ahlwardt
bei 8466 (VII 439) ausspricht: die am meisten benutzte Quelle besonders gegen Ende
des Werkes sei das farag des Abul-Husain, so ist das unrichtig. Nach Ahlwardt sind
die Handschriften um 1600 anzusetzen.
^) Siehe M. Hart.mann, Le monde oriental Jahrg. 1909, 254 (genauer Titel S. 279
Anm. 3) und Müller, Islam I 533.
Die Farag ba'-d ai-^/a'a'a-Literatur, 20 ^
5. Eine Erzählung (Tan. I 137, 5. Kap.) ohne Isnäd von *Amr
b.Ma'dikarib^) und seiner Befreiung der Gefangenen mit zwei Gedichten,
das eine von vier, das andere von neun Versen.
6. Erzählung (I 187, 6. Kap.) ohne Isnäd des Wahb b. Munabbih,
dem in größter Not eine Traumgestalt erscheint und ein Stück Seiden-
stoff mit einem dreizeiligen Spruche zu seiner Aufrichtung überreicht.
7. Erzählung (I 187, 6. Kap.) nach Wäkidi (130 — 207 H) von
seiner großen Not, seinen Freunden, und wie seine Bedürftigkeit Jahjä
b. Hälid im Traume offenkundig wird, der ihm unverzüglich hilft und
das Kädiamt überträgt -).
8. Erzählung (II 26, 7. Kap.) von *Amr b. Hubaira, seiner
Krankheit und ihrer Heilung durch Jazid b. 'Abd al-Malik b. Marwän
(reg. loi — ^105).
9. Die Erzählung (II 26, 7. Kap.) wird A. H. von Maimün b.
Mü>ä berichtet. Einer der »Finanzbeamten« 3) entfernte sich vom
Heere Mu*tasim billäh's (reg. 218 — 27) nach Ägypten, wo es ihm recht
übel erging '^). Als die Not am größten ist, erhält er durch absonder-
liche Umstände Anteil an einem Goldfunde, so daß er vom Unglück
erlöst nach dem *Iräk zurückkehrt.
10. Erzählung (II 27, 7. Kap.) nach dem Vater A. H.'s. Abu
Kiläba, der Hadltüberlieferer 5), war samt seiner Familie in eine üble
Lage gekommen, aus der ihm dreißig Dinare einer vorüberreitenden
Frau befreien.
11. Erzählung (II 28, 7. Kap.), A. H. mitgeteilt von Abu Ishäk
Ibrahim b. al-Kä?im al-Haijät. Sie spielt zu Zeiten Muktafi's (reg.
289 — 95) und seines Wazir's *Abbä5 b. al-Husain und handelt von
dem in Not geratenen Türken, dem Bäcker und, wie der Türke, als
das Elend seinen Gipfel erreicht, sein Vermögen vom Diwan zurück-
erhält.
12. Erzählung (II 29, 7. Kap.), die A. H., so schreibt Tan.,
mit Isnäd^) nach Abul-Fadl b. *Ijäd hat. Ein armer Mann kommt
auf allerhand Umwegen in den Besitz eines Fisches. Bei der Öffnung
des Fisches findet die Frau im Bauche eine Perle, durch deren Erlös
die Familie aller Not ledig ist.
') Über ihn: AgänT VI 80 und sonst noch, und Ihn Qotaiba. Liber poesis ^t
poclarum ed. de Goeje S. 21Q.
^) Brock. I 135.
3) al-mutasarrij Dozy, SuppUm. I 830.
4) Der Anfang dieser Erzählung steht nicht sicher fest, siehe G 275 a.
5) muhaddit.
*) Die völlige Isnädkette in G 2S1 a.
2q5 Alfred Wiener,
13. Erzählung (II 29 — 31, 7. Kap.) nach einem Manne aus dem
Katrabbul -Viertel ^). Ein vornehmer Mann hatte seine Vermögen
eingebüßt und war so bei der bevorstehenden Geburt eines Kindes in
doppeltes Elend geraten. Verzweifelnd verläßt er sein Haus; da wird
ihm die Kunde, er habe eine größere Erbschaft gemacht. So hat alle
Not ein um so freudigeres Ende als ihm ein Sohn, der erste nach vier
Töchtern, geboren wird.
14. Dem A. H. erzählt das Begebnis (II 31, 7. Kap.) sein Vater
nach einem seiner (des Vaters) Brüder, »und ich glaube«, sagt A. II.,
»es war: Abu Jüsuf b. Ja*küb b. Täbit«. Die Geschichte handelt vom
verarmten Sekretär, der dann Sekretär des Gouverneurs von Adar-
baigän und Arminija wird, und davon wie sich damals (unter ar-Ra§ld)
der Wechsel der Gouverneure abspielt.
15. Erzählung (II 32, 7. Kap.) eines Mannes nach seiner Groß-
mutter^), deren Gatte nach Ägypten gezogen war, während sie da-
heim in große Not geriet. Ein Brief mit einer größeren Geldsumme
verwandelt Leid in Freude.
16. Erzählung (II 32, 7. Kap.) vom bedrängten Kur*änleser
und wie er bei Sa'id b. al-'Asi Hilfe fand.
18. Längere Erzählung (II 35—38 oben, 7. Kap.) von 'Amr b.
Mas*ada und dem Halifen Mä'mün.
17. Längere Erzählung (II 32—35, 7. Kap.) nach al-Asma*i,
wie dieser lange im Tore des Hallfcn gestanden und schließlich durch
einen günstigen Zufall vor Raäid und Ga'far b. Barmak auftritt.
19. Es handelt sich um eine Erzählung (II 49, 8. Kap.), die zu
Zeiten Rasid's spielt und die Tan. dem kitäb al-wuzarä^ des M. b.
*Abdüs entlehnt hat. Sie enthält zwei Verse, und Tan. bemerkt
dazu, daß A. H. in seinem Buche die zwei Verse des Abul-'Atähija
(130—213 H) 3) bringe, ohne die Geschichte dazu zu erzählen. Da-
gegen habe er zwischen dem ersten und zweiten Vers noch einen anderen
zu stehen, den Tan. nun anführt.
20. Erzählung (II 72, 8. Kap.) ohne Isnäd von einem, der zum
Tode verurteilt, dennoch sich frei zu machen wußte.
0 Der Druck hat fälschlich ^JL-b.ftJ!. Katrabbul, Bezirk im Nordwesten Bagdads,
siehe G. de Strange, Baghdad during the Abbaside Caliphate S. 50 und die Karte vor
S. 47. In G 292 a hat die Erzählung eine eigenartige Einführung.
2) Der Druck läßt A. H. die Erzählung von seiner eigenen Großmutter vernehmen.
Dagegen haben Bj 99 b und G 297 b einen Mann zu stehen, der sie A. H. nach seiner (des
Mannes) Großmutter mitteilt.
3) Brock. I 77. Von Tanülii mehrere Male im 14. Kap. seines farag zitiert.
Die Farag ba'-d as-Sidda-\AXtX3X\x\ .
297
B. Stücke aus Abul-Husain, die sich nicht im
* Kairiner Drucke befinden.
21. Bi 18 b, 2. Kap. Kurzer Ausspruch des Propheten. Er ist
zwar auch im Druck (I 41) enthalten, doch steht hier fälschlich Abul-
Hair für Abul-Husain.
22. Bi 19a, 2. Kap. Kurzer Ausspruch *Ali's zum Thema.
23- B2 93 b und G 273 b; diese wie alle folgenden aus dem 7. Kap.
des Tan.; kurze Erzählung von *Utmän b. Talha und den 1000 Dinaren.
Nach G stammt sie aus dem Buche: Nasah al-Kurais.
24. B2 93 b; G 274 b. Hälid b. ^Abdallah al-Kasri i) und Hi§äm
b. *Abd al-Malik, der ihm die Statthalterschaft in 'Irak anträgt.
25. ■ B2 93 b. .Was 'All b. al-Haitam alles sieht.
26. Bz 94- a. *Amr b. 'übaid bei Abu Ga'far.
27. B2 94 a; G 277 a. Erzählung von Hälid al-BathäwI 2), Frei-
gelassenem des Geschlechts Ga*far b. abi Tälib, und den zwei Frauen.
28. B2 94 a. Erzählung nach dem Vater A. H.'s, wie es ihm
einmal sehr schlecht erging.
29. B2 97 a; G 288a. Geschichte von ^Abdallah, dem Wazir al-
Mahdi's.
30. B2 98 a. Längere Erzählung von einem Manne, der ins
Unglück geriet.
31. B2 99 a; G. 291 a Geschichte von einem Sekretär, dem es
sehr übel erging.
32. B2 100 a; G 298 b. Erzählung nach dem Onkel A. H.'s, Abul-
Taijib M. b. JOsuf b. Ja'küb von der Notlage *Abdalläh*s b. (B2) ^^l\
(G) t^y^\ in Ägypten.
33. G 279 b und, aber ohne Quellenangabe, B2 94 a. Geschichte
von Husain b. Müsä, dem Bruder Ibrahim b. Müsä's, der in den Tagen
al-Mu'tamid's, (reg. 256 — 79) nach Persien zieht.
34. G 281 b. Geschichte von Hälid b. Barmak und seinem Sohne
Jahjä.
35. G 284 a. Längere Erzählung von M. b. Ahmad b. al-HasIb
aus der Barmakidenzeit.
36. G 295 b, auch ohne Quellenangabe B2 99 a. A. H. hat die
Geschichte von Abul-Hasan *A1T b. Ahmad al-Kätib, dem sie Ahmad
b. Isrä'il, der Sekretär M.b. 'Abd al-Malik az-Zaijät's berichtete. Er-
') Bzrj^AxJl, G: ,.w,äJ5, aber nur ^^,M*sl\ ist richtig, über'ihn .Müller
Islam I 445.
-) B2: J,L^.liJI G: ^J.<^:^1\.
2g8 Alfred Wiener, Die Farag ba^d as-Sidda-L,\texzX\xx.
Zählung von Ibrähim b. ^Abdallah b. al-Hubaira, dem Sohne 'Urnar
b. al-Hubaira's.
'^'J. G 297 a. Geschichte von einem Saih aus Kofa.
38. G 298 a, auch ohne Quellenangabe B2 99 b. Geschichte von
Sa'ri b. *Amr b. al-'Äsi, der nach Kü'a zieht.
39. Bz 135 b; G 441 b. 12. Kap. Zweite Version einer Erzählung
von Zainab bint Sulaimän b. *Ali b. 'Abdallah b. 'Abbäs.
(Schluß folgt.)
Kleine Mitteilungen und Anzeigen.
Eugen Prym.
Eugen Prym, am 13. Dezember 1843 in Düren geboren, studierte nach Absolvierung
des Gymnasiums seiner Vaterstadt in Berlin, Bonn und Leipzig vergleichende Sprach-
wissenschaft und orientalische Sprachen und promovierte im Sommer 1867 in Bonn mit
der Dissertation: De enimtiatioyiibiis relativis semiticis (Bonn 1868). Nach kurzen hand-
schrifthchen Studien in Oxford, London und Paris trat er im November 1868 mit seinem
Freunde Albert Socin (damals in Basel, später Professor in Leipzig 1900 |) eine andert-
halbjährige Reise in den Orient an (Ägypten und Syrien, hauptsächlich in Kairo, Damaskus,
Maraba und Malula verweilend). Der Zweck derselben waren linguistische Studien (vgl.
ZDMG 1868 S. 742), und die nüchterne Feststellung sprachlicher Formen ist bis an sein
Lebensende seine Lieblingsbeschäftigung gewesen. In hervorragendem Maße war er daher
für eine präzise Aufnahme moderner Dialekte aus dem Volksmunde geeignet. In Damaskus
(Frühjahr 1869) lernten die beiden Gelehrten einen jakobitischen Christen kennen, aus
dessen Munde sie eine große Menge neu-aramäischer und auch kurdischer Sprachproben
sammelten. Sie wurden als grundlegende und bahnbrechende Arbeiten auf diesem Gebiete
1881 (Göttingen) und 1887/90 (Petersburg) mit Unterstützung der dortigen Akademien
veröffenthcht. Eine Probe aus diesen Studien bildete die Arbeit, mit der sich Prym
1870 in Bonn habilitierte.
Seit dieser Zeit ist er in Bonn, seit 1875 als außerordentlicher und 1890 nach Ab-
lehnung eines Rufes nach Tübingen als ordentlicher Professor tätig gewesen, indem er
in der ersten Zeit neben den semitischen Sprachen auch Sanskrit und Persisch las. Seinen
Schülern war er nicht nur ein vorbildHch gewissenhafter Lehrer, sondern auch ein wohl-
wollender Freund. Ihre Fragen veranlaßten ihn vielfach zu mühevollen Untersuchungen,
deren Resultate er den Fragestellern dann mit dem Bemerken mitteilte, sie möchten sich
derselben ohne Nennung seines Namens bedienen. Selbstlose Bescheidenheit war die
charakteristische Eigenschaft seines Wesens, die ihn jedem lieb und wert machte, der ihm
nähertreten durfte. Unbesiegbar war seine Geduld bei der Nachprüfung von Dissertationen,
die er mit ihren Verfassern oft viele Monate lang in täglicher Arbeit Wort für Wort durch-
ging. Die selbstlose und ganze Hingabe an den Beruf als Lehrer war es, die aus seinem
Unterrichte sprach, und seine zahlreichen Schüler werden ihm für seine große Aufopferung
zeitlebens tief gefühlten Dank wissen. In der Mitarbeit an der Herausgabe des »Tabari«
fielen ihm die letzten 1460 Seiten der ersten Serie zu — eine Aufgabe, die er in muster-
gültiger Weise löste. In hochherzigster Weise förderte er auch dadurch die orientahschen
Studien an der Bonner Liniversität, daß er ihr die Bibliothek seines Freundes Professor
Aufrecht durch Schenkung zukommen ließ. Wenn er auch nur selten und ungern in der
Öffentlichkeit hervortrat, so war doch sein Leben im stillen sehr arbeitsam. Es wurde
durch ein glückliches Familienleben verschönt, bis ihn der Tod am 6. Mai 1913 unerwartet
"^i'te. M. Horten.
Islam. IV. 21
2QQ Kleine Mitteilungen und Anzeigen.
Friedrich Veit f.
Am 13. Mai dieses Jahres, morgens 7^4 Uhr, starb zu Tübingen Dr. phil.
Friedrich Veit nach längerem Krankenlager, an das er durch sein Herzleiden gefesselt
war. Auch die Islamkunde hat, da er ein vortrefflicher Kenner der persischen Sprache
und Literatur war, durch seinen Tod einen schweren Verlust erlitten.
Veit war am 3. März 1871 zu Sternenfels in Württemberg geboren, als Sohn des
dortigen Pfarrers. Vom 8. bis 14. Lebensjahre besuchte er das Gymnasium in Lud-
wigsburg; dann mußte er seines Herzleidens wegen zwei Jahre lang der Schule fern
bleiben. Bereits in dieser Zeit zeigte sich in ihm eine große Sprachbegabung: er trieb für
sich allein Hebräisch, Arabisch, Persisch und Türkisch. Darauf besuchte er bis 1891 das
Stuttga:ter Karlsgymnasium und von 1891—95 die Universitäten Straßburg und Göttingen.
Dort studierte er orientalische Philologie im weitesten Sinne des Wortes. Aber wie-
derum zwang ihn die tückische Krankheit dazu, seine Arbeit auszusetzen. Er verbrachte
den Winter 1895/96 in Ostdorf, im Oberamt Balingen, auf den Vorbergen der schwä-
bischen Alb, wohin sein Vater im Jahre 1893 versetzt war. Hier gewann Veit ein tiefes,
dauerndes Interesse an der Sprache, den Sitten und den Menschen seiner Heimat,
und er wandte dem nun einen großen Teil seiner wissenschaftlichen Tätigkeit zu. Aus
diesem Grunde studierte er 1896—99 deutsche Philologie in Straßburg. Von da ab
lebte er abwechselnd in O^tdorf und Tübingen, machte aber auch große Reisen durch ganz
Europa, ja auch nach Nordafrika und Vorderasien. In den Jahren 1907 bis 1913 blieb
er jedoch meist in der Heimat. Nur der Orientalistenkongreß 1908 führte ihn noch
nach Kopenhagen. Aber auch, als er schon das Zimmer und dann das Bett nicht
mehr verlassen konnte, machte er noch Pläne für weite Reisen. Für dieses Jahr hatten
wir beide eine gemeinsame Reise nach Finnland geplant. Sein innerstes Wesen wurzelte
doch in seiner schwäbischen Heimat, die er kannte wie selten einer und die er von ganzem
Herzen liebte. Vieles davon hat er mich während der Jahre unserer Freundschaft kennen
gelehrt; und wie er und sein Freund EUTING sich in der Liebe zum Schwabenland
eins wußten, so begegneten wir beide uns in der Wertung des freien Bauernstandes.
Veit sagt von sich selbst (im Balingcr Volksfreniid 1910, Nr. 40), daß er Zeit und
Kraft, die ihm neben seiner wissenschaftlichen Tätigkeit übrig bleiben, konzentrieren
möchte »auf die Erhaltung des Landlebens und des Bauernstandes, und zwar eines ge-
sunden, auf sich selbst stolzen Bauernstandes, nicht ländlicher Heloten, die beständig
nach dem Paradies der Stadt schielen«.
Veit war ein ganz ungewöhnliches Sprachgenie. Er kannte nicht nur fast alle indo-
o-ermanischen Sprachen, er war auch ein sehr gründlicher Semitist, kannte Ägyptisch
und finnisch-ugrische Sprachen. Namentlich Finnisch kannte und sprach er vortrefflich.
Bei all dieser formal-linguistischen Begabung und Arbeit, in der er auch gerade die inne-
ren Fäden des Sprachlebens zu erfassen und zu entwirren suchte, hatte er doch immer
ein großes sachliches Interesse und beschäftigte sich eindringend und gründlich mit
literarischen Fragen und vor allem auch mit Volkskunde. Davon legen seine Doktorarbeit
Platens Nachbildungen aus dem Diwan des Hafis, seine Ostdorfer Studien und seme
zahlreichen Artikel im »Schwäbischen Merkur« und im »Balingcr Volksfreund« Zeugnis
ab. Der kompetenteste Beurteiler, Prof. H. v. FiscHER, sagt im »Schwäbischen Merkur«
(1913, No. 2x6), Veit habe »sich die genaueste formelle und lexikalische Kenntnis eines
geographischen Sondergebiets erworben, die — wenigstens in unserem Südwesten — jemals
ein einzelner Mensch besessen hat«. Von einer unendlich mühsamen und gewissenhaften
Einzelforschung zeugt auch seine Festschrift zur Haug-feicr in OstdorJ a}?i 2g. Atigust jgog.
Sie enthielt eine Biographie Haug's, em Verzeichnis seiner Schriften, eine Autobiographie
Kleine Mitteilungen und Anzeigen. ^01
seines Helden, auf Martin Haug bezügliche Briefe und Urkunden, eine Studie zur
Ostdorfer Ortsgeschichte und Genealogie, und die Geschichte der Gedenktafel für Haug,
die damals in Ostdorf eingeweiht wurde. In diesem letzten Abschnitte setzte er seinem
1908 verstorbenen Freunde Paul Hörn ein schönes Denkmal der Freundschaft. Veit
nennt dieses Buch in der Vorrede anspruchslose Blätter; er will »einerseits Martin Haug's
Ostdorfer Landsleuten erzählen, was einer der Ihrigen draußen in der Welt geleistet,
wie er gelebt, geliebt, gelitten hat; andrerseits seine Fachgenossen und Freunde aus
späteren Jahren auf den in mehr als einer Hinsicht merkwürdigen Mutterboden hinweisen,
in welchem sein Wesen wurzelte«. Das Motto der Biographie war aus Hafis entnommen
^i>..«Ä/0» u\j.* ^äävLc x^.i i'Y"^
\^. J^ ob^:^ ^' ^ }f'
das Schlußwort aus Firdusi
Ju^ uX..;^L>J .-v^li-i O-^Xj
Mit Hafis fühlte Veit sich innerlich verwandt, mit dem gewaltigen, unabhängigen
Menschen und Dichter. Vieles hätte er für die Wissenschaft noch leisten können. Er
war nicht habilitiert, er hatte kein akademisches Amt. Aber doch hätte man, wie
mir einer unserer größten Orientalisten und Gelehrten schrieb, »mehr als einen Professor
aus ihm machen können«.
Viele Stunden habe ich mit ihm in seinem Hause in Tübingen, in der Tübinger
»Orientalischen Gesellschaft«, deren Gründer und Seele er war, auf Wanderungen durch
das schöne Schwabenland verleben dürfen. Immer war sein Geist rührig, tätig, voll
origineller Einfälle und Gedanken: jeder, der ihn wirklich kennen lernte, wußte, daß dies
ein ungewöhnlicher und bedeutender Geist war. Trotz aller Schärfen und Härten, die
gelegentlich auch in seinen Schriften hervortreten, hatte er doch ein tiefes Gemüt, ein
echtes Freundschaftsbedürfnis und war von rührender Aufmerksamkeit und Aufopferung
für seine Freunde. Sie alle werden ihm die Treue halten, wie er sie ihnen gehalten
hat. In den Annalen der Wissenschaft aber bleibe für alle Zeit der Name eines ihrer
eifrigsten, begabtesten, wahrheitsliebendsten Jünger eingetragen, der ihr viel zu früh ent-
rissen wurde — Friedrich Veit.
Enno L i 1 1 m a n n .
Hugo Winckler,
geb. 4. Juli 1863 in Gräfenhainichen,
f 19. April 191 3 in Berlin.
Wenn auch Der Islam an dem Grabe dieses Mannes einen Kranz niederlegt, so
geschieht es aus Dankbarkeit. Er war nicht Arabist, der Islam war ihm fremd, sein
Lebensinteresse gehörte dem alten Orient, und doch wird er stets in der ersten Reihe
unter denen genannt werden, die in unserer Zeit einer wahrhaft historischen Auffassung
von der Entstehung des Islam den Weg bereitet haben.
Als Student hatte ich bei Winckler eine Vorlesung über die Geschichte des alten
Orients gehört; sie war matt, und diese Enttäuschung ist mir lange in Erinnerung
geblieben. Aber unvergeßlich wird mir stets eine andere geistige Begegnung mit ihm
bleiben — persönlich war er mir nicht näher bekannt — das war im Jahre 1902 oder 1903,
^02 Kleine Mitteilungen und Anzeigen.
V als icli sein Buch Arabisch — Semitisch — Orientalisch las. Dies Buch war mir ein Erlebnis,
und ich stand wochenlang fasziniert in seinem Banne, ja ich stehe noch heute fast ehr-
fürchtig vor dieser intuitiv wuchtigen Geschichtsauffassung.
Nicht als ob ich die Schwächen verkannt hätte. Schon an dem Streit um den
alten Orient war mir manches unsympathisch gewesen. Ich war nicht Fachmann,
wußte aber genug, um die Mangelhaftigkeit der historischen Begründung so mancher
Lieblingstheorie der Vorkämpfer in diesem Streite auch aus der gewandtesten Dar-
stellung heraus zu empfinden. So ging ich auch an dies neue Buch mit einem gewissen
Unbehagen. Hatte ich früher nur zugeschaut, hier mußte ich Stellung nehmen. Und
wie freudig konnte ich es tun. Da waren zwar arabistische Unmöglichkeiten, da wurde
der Koran wie ein sumerischer Text interpretiert, da wurde auch sonst auf jeder Seite
der Widerspruch erweckt, aber was bedeutete das gegenüber dem klaren und über-
zeugenden geschichtlichen Gesamtbild, für das ich, seitdem ich es in diesem Buch
erlebt habe, immer und immer wieder mit Begeisterung eingetreten bin, und andere
mit mir. Auch Caetani hat in den Annali seinem Vorläufer ein würdiges Denkmal
.~^ gesetzt. Der erlösende Gedanke der arabischen Völkerwandernng war geboren. Arabien
befand sich beim Auftreten Muhammed's wie der ganze Orient auf der -/a-(u öocls'jdie
—/■ wirtschaftliche Basis der großen Weltkatastrophe des Arabersturms lag deutlich vor uns.
Hatte man bisher immer nur nach der Religion gefragt, so traten jetzt andere ebenso
wichtige Entwicklungsreihen in den \'ordergrund. Für unkritische Menschen hat
WiNCKLER allerdings nicht geschrieben, aber was bedeuten Hunderte von Phantasien
und Fehlern gegenüber einigen großen problematischen Fragestellungen und grund-
legenden Erkenntnissen, die unsere Wissenschaft mehr gefördert haben als Tausende
von unanfechtbaren philologischen Fündlein !
Aber nicht nur ein Geschichtsbild, auch das Bild einer Persönlichkeit erwuchs
mir aus diesem Werke. Da war viel Kampf und Bitterkeit, aber, weiß Gott, das Leben
hatte auch keine Rosen auf seinen Weg gestreut. Da war aber etwas, das mitriß: der
Zug zum Wesentlichen. Über den engen Gesichtskreis der Wurzelsucher zwang
es ihn hinauf auf eine Höhe, von der sich der Urwald überschauen ließ, und mochte
er auch Bäume und Lianen falsch benennen und Wege sehen, wo keine waren, — das
war ihm gleich ; denn auf die Gesamtstruktur des Urwaldes kam es ihm an, und die
hat er richtig verstanden. In dieser geistigen Veranlagung lag aber auch die Tragik seines
wissenschaftlichen Daseins. Er war kein Philologe, er war auch kein vorsichtig wägender
Historiker; er bot der Kritik, der berechtigten Kritik, unendliche Angriffsflächen. Nicht
nur in Details. Seine Phantasie hatte etwas Großartiges, aber auch etwas Grenzenloses.
Sie hat ihn historische Zusammenhänge mit intuitiver Genialität erfassen lassen, sie
hat ihn aber auch dazu verführt, Produkte seiner geistigen Gestaltungskraft und Kom-
binationsgabe für historische Wahrheiten zu halten. Er war ein Meister der Geschichte,
aber er meisterte auch die Geschichte. So ergab sich seine Stellung in der Wissen-
chaft von selbst. Bewundert und verehrt von vielen, von vielen aber unterschätzt, ja
verurteilt, ist er allzu früh der Welt des Kampfes entrissen worden.
Die Wissenschaft wird weitergehen. Wo er geirrt, da wird man seiner vergessen.
Wo er uns aber neue Wege gewiesen hat, da wird ihm auch die Zukunft den Lor-
beerkranz- nicht versagen. Es wäre ein Verhängnis, wenn seine Methode Schule machte,
aber der Grundzug seines wissenschaftlichen Wollens möge unsere Wissenschaft dauernd
erfüllen: der Zug zum Wesentlichen. —
C. H. Becker.
Kleine Mitteilung-en und Anzeigen.
Neue Literatur zur Geschichte Afrikas.
3^3
Bis vor*kurzem war die Afrikaforschung noch fast ausschließhch auf die grund-
legenden Werke eines Barth und Nachtigal angewiesen. Einige neue Quellenwerke in
arabischer Sprache ') und einzelne Detailstudien waren wohl hinzugekommen, aber erst
in den allerletzten Jahren sind plötzlich mehrere umfangreiche Werke erschienen die uns
zum Teil definitiv über Barth und Nachtigal hinausführen, ohne daß dadurch der Respekt
vor der Leistung dieser zwei bahnbrechenden Forscher zu leiden hätte. Diese neuen Förderer
der Geschichte Afrikas sind die Deutschen Frobenius -) und Stuhlmann 3), die Franzosen
Bertholon 4), Carbou 5) und Delafosse 6) und der Engländer Mac Michael 7). Diese
sämthchen Männer haben an Ort und Stelle ihre Untersuchungen angestellt. Als reiner
Buchgelehrter, dessen Resultate aber nicht minder bewundernswert sind, ist ihnen Mar-
QUART anzureihen, dessen großes Werk über Benin und die Geschichte des Sudans nun
schon seit Jähren gedruckt ist, ohne daß es der ÖffentHchkeit zugänglich wäre, also hier
auch noch nicht, wie es. verdiente, gewürdigt werden kann. Unsere Kritik beginnt mit
den Werken über den westlichen Sudan (Frobenius, Delafosse), behandelt dann die
innerhch sich ergänzenden Werke von Carbou und Mac Michael über den zentralen und
östhchen Sudan, um mit der Behandlung der Vorgeschichte Nordafrikas durch Bertholon
und Stuhlmann zu schließen.
1.
Leo Frobenius und die Brille des Islam.
Frobenius war zwischen 1904 und 1912 fünfmal in Afrika; von seinen mancherlei
Veröffentlichungen wird hier nur sein großes Reisewerk Und Afrika sprach behandelt,
in dem besonders die Ergebnisse seiner Reise in Britisch Nigerien (191 0 — -12) niedergelegt
sind. Bisher sind zwei reich illustrierte Bände erschienen: L Auf den Trümmern des klassi-
schen Atlantis; IL An der Schwelle des verehrungswürdigen Byzanz (Vita, Deutsches Verlags-
haus, Berlin-Ch. XXV, 402; XV, 391). Man mag diese Titel dem Verfasser verübeln, man
mag sich an dem künstlerisch-persönlichen Charakter seiner Arbeit stoßen, man mag die
herkömmliche wissenschaftliche Dokumentierung vermissen, ja man mag über den Schwung
seiner Phantasie entsetzt die Hände zusammenschlagen, — eine ernste wissenschafthche
Kritik soll sich dabei nicht aufhalten, sondern auf den Kern der Sache eingehen und die
Probleme dieses gedankenreichen, unermüdlichen und erfolgreichen Forschers unter die
kritische Lupe nehmen. Da wird wohl manches schöne Gebäude zusammenbrechen, aber
immer noch genug übrig bleiben, das unseren Dank verdient.
Der Grundgedanke ist eine Reaktion gegen die herkömmliche, besonders durch
Ratzel vertretene Auffassung, daß Staatenbildung und höher» Kultur in Afrika erst mit
dem Islam beginnen. Von der gleichen Reaktion ist übrigens, wie ich hier verraten kann,
') Ich denke besonders an die verdienstlichen Veröffentlichungen von Houdas.
^) Und Afrika sprach, Berlin o. J., bisher 2 Bde.
3) Ein kulturgeschichtlicher Ausflug in den Axires {Atlas ovn Süd-Algerien) nebst
Betrachtungen über die Berber-Völker (Abhandlungen des Hamburgischen Kolonial-
Instituts X). Hamburg 1912.
4) Bertholon et Chantre Etudes anthropologiques sur la Berberie Orientale, Lyon
1913.
5) La Region du Tchad et du Ouadai Paris 19 12, 2 Bde.
*) Haut-Senegal-Niger, Paris 19 12, 3 Bde.
7) The Tribes of Northern and Central Kordofan, Cambridge 19 12.
^04. Kleine Mitteilungen und Anzeigen.
das MARQUARTSche Werk getragen. Wir haben bisher Afrika durch »die Brille des Islam«
betrachtet. Frobenius macht sich davon frei, und ein lodernder Haß gegen den Islam 0
durchzieht das ganze Buch, das auch darin eine merkwürdige Ähnlichkeit mit dem Mar-
QUARTSchen hat. Marquart kennt nun den Islam und seine Zivilisation genau, Frobenius
leider nur sehr oberflächlich, und diese mangelnde Islamkenntnis rächt sich fürchterlich,
wenn auch sein Grundgedanke zweifellos berechtigt ist. Die ganze neuere Islamforschung
ist ja ein Kampf gegen die islamische Geschichtskonstruktion, und wir wissen jetzt, daß
der Islam überall meist nur die vorgefundenen Werte konserviert hat, und daß schon seine
Blütezeit unter den Kahfen ein Nachleben der Antike und des alten Orients bedeutet. Am
längsten herrschte das alte Vorurteil von der »Kultur der Araber« dem Lande der Neger
gegenüber, und es ist ja zweifellos, daß sie hierhin auch verhältnismäßig mehr zu bringen
hatten als nach Ägypten oder nach dem 'Irak. Frobenius zeigt uns nun auch in Afrika
alte Volkskulturen, die der Islam nur übernahm, wovon übrigens der nicht überrascht ist,
der die arabischen Nachrichten kennt, ja wer nur Nachtigal genau gelesen hat. Aber
merkwürdigerweise hat nie jemand die Konsequenzen aus diesen Angaben gezogen. Dies
Verdienst von Fr. ist unbestritten, diese These ist richtig, leider aber sind die Beweise
zum großen Teil falsch; denn er hält öfters Dinge, und sehr wichtige Dinge, für uraltes
heidnisches Volksgut, die nachweislich islamischer Import sind.
Prüfen wir nun seine zwei Hauptthesen, die atlantische und die byzantinische, einmal
unbefangen nach; zunächst die atlantische These. Piaton spricht im Tiniäus und
Kritias von der Insel Atlantis, dem Reich des Poseidon jenseits der Säulen des Herkules.
Hierin Hegt für Fr. eine historische Erinnerung an eine uralte Kultur in Westafrika; aus
Westafrika aber kamen vor wenigen Jahren die überraschenden Bronzefundc von Benin,
die für ihn nichts anderes als den letzten Überrest der glorreichen atlantischen Kultur
darstellen. So zog er denn aus, sein Atlantis im Hinteriande von Benin zu entdecken, und
er hätte nicht Frobenius sein müssen, wenn er es nicht gefunden hätte. Entkleiden wir
seine poetische und oft spannende, ja elegante Darstellung alles Drum und Dran und fragen
wir uns nüchtern: Was hat er in Ibadan und Hife gefunden?
Erstens eine eigentümhche und gewiß bodenständige sozial-politische Organi-
sation, den Ogbonibund, einen Bund der Ältesten, den unverkennbare Spuren von Kanni-
balismus doppelt interessant machen. Die Stellung des Bundes zum Stadtoberhaupt,
die ganz abweichende Stellung des Königs, Ritus und Zeremoniell hat er eingehend unter-
sucht und eine starke autochthone Kultur nachgewiesen. Zweitens hat er trotz mancher
Schikanen eines englischen Chauvinisten erstaunliche archäologische Funde gemacht.
Er hat Ausgrabungen in einer alten Gräberstadt veranstaltet und merkwürdige Terra-
kotten, Steinskulpturen und einen prachtvollen Bronzekopf, angeblich den Wassergott
Olokun, für die Wissenschaft entdeckt. . Überhaupt ist Fr. auf allen seinen Reisen ein
unvergleichlicher Sammler gewesen, und z. B. das Hamburgische Museum für Völkerkunde
dankt ihm manche seiner besten Stücke. Drittens hat er das Religionssystem der
Yoruba erforscht und seine zahlreichen Götter als Sippenahnherren totemistischer Clans
(Speiseverbote, Exogamie) identifiziert. Die gleichen Götter sind einzeln Familiengötter
mit FamiHenpriestern und in ihrer Gesamtheit Gemeindegötter mit Gemeindepriestern.
Auch ein in Afrika sonst unbekanntes Brandopfer ist nachweisbar. Viertens hat er
entdeckt, daß die Weltanschauung dieser Leute durch das von Heinr. Nissen »Tem-
plumidee« genannte Weltbild beherrscht ist, das von den vier Himmelsrichtungen ausgeht
und durch Unterteilung zu einer 1 6 fachen Gliederung führt. Dies Weltbild liegt dem
»Ifadienst« zugrunde, einem eigentümlichen Orakeldienst, der wieder mit dem Götterkult
J) Z. B. Bd. II, 29: Oh, wie ich diese Söhne Mekkas hasse.
Kleine Mitteilungen und Anzeigen. ^O^
in engster Verbindung steht. Fünftens weist er einen besonderen Bogen und in der
Architektur den Impluvialbau nach, wenn ich von Einzelheiten (z. B. Spuren von Glas-
fluß) absehe, lind aus all dem folgert er nun, nachdem er von vornherein ohne Zögern den
Olokun mit dem platonischen Poseidon identifiziert hat, daß Beziehungen zwischen Yoruba-
Atlantis und den Etruskern oder Voretruskern bestehen müssen, weil letztere auch ein
ähnliches Weltbild, einen ähnlichen Bogen und den Impluvialbau besessen haben. Überall hat
er die Yorubakultur als unabhängig vom Hinterland, als eine Küstenkultur mit Küsten-
verbindungen darzustellen gesucht, die allmählich mit ihrem Poseidon, dessen Bedeutung
man darüber etwas vergessen hat, ins Hinterland hat auswandern müssen und dort ver-
niggert ist. Ursprünghch aber handelt es sich um die Reste einer uralten Atlantiskultur,
die mit den »Seevölkern«, jener berühmten Unbekannten der altägyptischen Geschichte,
zusammenhängt. Schon zur Zeit der Karthager befand sich diese große Welt in der Deka-
denz. Jedenfalls gehören für ihn seine Funde der Antike an; die Beninkunst ist das Verfalls-
produkt des Mittelalters, und heute künden nur noch dürftige Rudimente von einstiger
Größe. ■
Das ist ungefähr — ihres Schmuckes und Details entkleidet — die atlantische These,
die Grundthese des i. Bandes. Und nun die Kritik. Ich will gar nicht auf die Etrusker
eingehen und noch weniger auf die Seevölker, die schon mancher geschichtlichen Hypothese
haben dienen müssen. Es ist gut möglich, daß diese Völker mit den höheren Rassen Afrikas
in Beziehung stehen, aber jedenfalls rechtfertigen die gefundenen Tatsachen eine solche
Hypothese nicht. Die Yorubakultur ist ferner sicher keine Küstenkultur, sondern
hängt mit der westafrikanischen Binnenlandkultur zusammen, und damit fällt die ganze
These. Dafür einige Beweise. Erstens sind wesentliche Bestandteile der Yoruba-
religion islamisch. So der ganze Ifadienst, der nichts anderes ist als
die arabische Geomantik in etwas abgewandelter Form. Der
Oberpriester des Ifadienstes heißt Babalawo; das hat mir ein gelehrter Kanomann, der
lange Jahre im Yorubalande gelebt hat, folgendermaßen ins Arabische übersetzt: haha= Abu;
ala = sähib; awo = chatt d. h. also der Ausüber des Chati, d. h. des Sandzaubers. Der
gleiche Mann bestätigt mir, daß der andere Name für diese Priester, Araba, nichts mit
Araber zu tun hat, sondern wie Fr. angibt, den großen Baum bedeutet, was dann zu einem
Ehrentitel wird. Nun weiß Fr., daß auch die Araber einen Sandzauber haben, aber er hat
sich ofl'enbar nie damit beschäftigt; denn- alles was er darüber sagt, beweist, daß er die Sache
nicht kennt. Wer sich aber in dieser Literatur auskennt, wer den Z a n ä t i -) oder die
zahllosen neueren arabischen Schriften 3) darüber gelesen hat, ja, wer nur ein deutsches
Punktierbuch, wie es unsere Dienstboten von Kolporteuren erstehen, einmal in Händen
gehabt hat, sieht bei Betrachtung des von Fr. Bd. I, 281 gegebenen Schemas auf den ersten
Blick, daß es sich hier um darb el-raml, um Geomantik, handelt 4). Ich erinnere nur an die
Erzählungen in looi Nacht, wo vor allen wichtigen Handlungen das Sandbrett, tachi, —
das Ifabrett ! — gebracht wird, um das Schicksal zu befragen. DieiöOdus sind nichts anders
') Was Fr. I, 361 sagt, zeugt von großer Unklarheit und ist zum Teil direkt unrichtig.
^) Kitäb al-]asl fl iisül '■Um al-raml, oft gedruckt.
3) Ich greife nur das heraus, was mir gerade in meiner Privatbibliothek zur Hand ist :
Mehrere Anhänge zu al-Büni's Schanis al-ma'ärif, Cairo, Husainijje-Druckerei, o. J. ; al-
Zarqäni, MafäiJh al-ghaib, Cairo 1325/1907; al-Hädjdj Muhammed Ibrähim
Izzet al-Falaki, al-futühät al-üähijje fi ma'-rifal al-qarvä'-id al-ramlijje. Die Lite-
ratur ist sehr groß.
4) So hat Prof. A. Warburg in Hamburg, ohne Arabisch zu können, auf den ersten
Blick den Zusammenhang richtig erkannt.
^06 Kleine Mitteilungen und Anzeigen.
als die i6 Baits (Häuser, rjhm), und Odu heißt auch nach meinem Gewährsmann ein Haus, in
dem sich ein Schatz, ein Geheimes befindet. Aus der gleichen Quelle weiß ich auch, daß das
Darb el-Raml im ganzen Yorubaland verbreitet ist und daß man es dort Ifa nennt. Der
Mann kannte zwei Arten, und es ist ja auch aus der pR.schen Darstellung deutlich, daß
es verschiedene Systeme zur Herstellung der Häuser gegeben hat. Auch auf Madagaskar
hat man ein eigenes System (vgl. Ferrand, Les musubnans ä Madagascar I, 73 ff.). Über-
haupt ist die Geomantik im ganzen Orient verbreitet, in Ostafrika sowohl wie im Westen,
in Ägypten wie in Indien, und an den indischen Namen läßt sich noch deutlich erkennen,
daß sie aus den arabischen entstellt sind"), und etwas Ähnliches wird sich wohl auch bei den
Yorubanamen nachweisen lassen, wenn sie einmal philologisch korrekt aufgenommen sind.
Es sind wahrscheinlich Bedeutungsübersetzungen. Allen diesen Bedeutungen liegt ur-
sprünglich eine Sternkonstellation zugrunde, und die ältesten arabischen Namen zeigen
das noch deuthch. Wir fußen also hier auf hellenistischer Tradition; der Sandzauber selber
tritt uns aber erst in arabischer Zeit entgegen. Seine Anfänge sind noch dunkel, sie können
aber keinenfalls im Yorubalande hegen, da sein Wesen, das übrigens Fr. nicht verstanden
hat, die ganze antike Astrologie zur Voraussetzung hat. Überallhin ist diese Kunst —
ein Geschenk, das Gabriel dem Propheten Idris überbracht hat — erst mit dem Islam
gekommen. Auch nach Yoruba, und zwar durch den Gott Edschu, der die Stelle des Idris
übernimmt. Und dieser Edschu ist nach der Legende vom Niger gekommen (Bd. I, 260).
Diese Angabe ist deutlich. Erst als ich dies alles konstatiert hatte, entdeckte ich, daß
schon im Jahre 1864 Burton den Zusammenhang zwischen dem Ifadienst des Yoruba-
landes und der islamischen Geomantik unwiderleglich bewiesen hat =). Wir haben
hier also keinen alten Weltbildgedanken, sondern eine
eigentümliche Verschmelzung heidnischer Götterlehre mit
islamischem Zauber vor uns, wie wir es ja auch in Madagaskar so grotesk
beobachten können. Die Zahl 16 und der Ifadienst — vielleicht angepaßt an ein altes
Loswerfen vor dem Gott — sind also importiert, und damit kommt das ganze Pantheon
ins Schwanken. Es bleiben alte autochthone Göttervorstellungen, gewiß, aber die herriiche
und überzeugende Geschlossenheit des Systems bricht zusammen. Da ganz Westafrika
aber die arabische Geomantik kennt, haben wir hier einen unleugbaren binnenländischen
Einfluß vor uns, der unmöglich auf dem Seewege gekommen sein kann.
Zweitens ist der Ifadienst nun aber nicht das einzige Beispiel dieses islamischen
und damit binnenländischen Einflusses. Fr. selber hat in einem Falle (Bd. I, 209) auf eine
Neubildung unter islamischem Einfluß hingewiesen. Der mit Obatalla identifizierte Gott
Olufan ist nach ihm nichts anderes als »Alfa«, womit die Yoruba die .Muhammedaner be-
nennen sollen, wie überhaupt die Priester beim Betreten des HeiHgtums dreimal »Allah«
ausrufen. Noch deuthcher sind die »Alledjenu« (I, 229; II, 209, 213, 215, 243 und sonst\
von anderen Völkern »Jine« genannt, die Fr. viel zu schaffen machen. Ausführiich wird
von dem Einzug der »Alledjenu« berichtet, ein heidnischer Gott will nicht so genannt sein,
•worin Fr. die Mischung verschiedener heidnischer Religionsformen sieht, während
es in Wahrheit wundervolle Zeugnisse sind für den Kampf zwischen dem bodenständigen
Götterkult und dem Vorläufer des Islam, seinem Dämonen- und Zauberglauben, der ihm
in ganz Afrika Pionierdienste geleistet hat. Diese für das Verständnis des Islams in Afrika
grundlegende Erkenntnis ist Fr. verschlossen geblieben, weil er sich überhaupt
I) Albrecht Weber, Indische Studien Bd. II, 236—287 (Beriin 1853). Andere
Formen bei Steinschneider ZDMG XXI (1877), 762 ff.
-) Richard F. Burton, A mission to Gelele, hing of Dahomey I, 330 ff.; mir bekannt
durch den Auszug bei Ferrand o. c. III, 147 ff.
Kleine Mitteilungen und Anzeigen. ^07
um den Islam nicht kümmert. Wie verhängnisvoll das namentlich für Bd. II geworden
ist, werden wir noch zu betrachten haben. Im augenblicklichen Zusammenhang konstatieren
-wir eme innige*Verbindung zwischen der Yorubarehgion und dem Binnenlande.
Diese ist aber nicht erst ein Produkt des Islam; denn Fr. lehrt uns ja überall, daß
der Islam auf den ausgetretenen Pfaden anderer gewandert ist. Darin hat er unbedingt
recht. Damit kommen wir aber zu einem dritten Gegengrunde. Nehmen wir nun
den vorislamischen Yorubakult, wie er in der von Fr. nachgewiesenen Bestattungsform
der Könige zutage tritt, genau das gleiche ist uns schon von a I - B e k r i für Ghana,
die große Vorläuferin Timbuktu's, berichtet. Auch Skulpturen und Glasfenster hat es,
wie Marquart ausführiich nachgewiesen hat, am Palaste in Ghana gegeben, und die tote-
mistischen Geheimbünde sind schließlich eine ganz Westafrika eignende Erscheinung.
Die lybischen Einschläge, die Fr. selber hervorhebt, sind m. E. noch viel stärker als er
glaubt. Also statt einer isolierten atlantischen Kultur haben wir deutliche Beziehungen
zum Binnenlande. Damit fällt die ganze atlantische These. Als Resultat unserer Kritik
ergibt sich also, daß Fr. wichtige Denkmäler und Mythenreste einer vorislamischen Kultur
des Yorubalandes entdeckt hat, und daß hier zweifellos Beziehungen zu den Beninbronzen
vorliegen (vgl. dazu auch JAnthr. I. XL, 525 ff). Die Wurzeln dieser Kultur liegen nicht im
Islam, sie sind aber auch nicht an der Küste, sondern im Binnenlande zu suchen; sie sind
alt, aber nicht so alt, wie Fr. glaubt, und haben ganz gewiß nichts zu tun mit den See-
völkern oder mit dem platonischen Atlantis. Aber trotz aller Kritik muß anerkannt wer-
den, daß hier ein großes, rätselreiches Material erstmals zusammengebracht ist. Dies
heidnische und prähistorische Material zu werten, kann nicht die Aufgabe einer An-
zeige in unserer Zeitschrift sein. Die archäologischen Funde sind nicht wegzuleugnende
Zeugen einer großen alten Kultur, aber die mythologischen Sammlungen lösen bei dem
Philologen doch manch bedenkliches Kopfschütteln aus. Sie sind alle durch einen oder
mehrere Dolmetscher gegangen, und wenn Fr. auch mit Recht die Praxis befolgt hat,
die abgesprengten Volksglieder auszufragen, so ist doch rein sprachlich eine Unsumme von
Fehlerquellen möglich, wie sie nur der beurteilen kann, der selbst ähnliches und zwar mit
Beherrschung der betreffenden Sprache versucht hat. Fr. wird mir nicht verdenken, .
daß ich nach meinen Erfahrungen mit seiner Islamkenntnis bei einem Buche, daß mit
solchem Pathos die Islamfrage behandelt, auch für andere Fragen, wo mir der Boden
schwankend erscheint, eine große Dosis von Skepsis mitbringe. Überdies wäre es doch
wohl auch richtig gewesen, wenn Fr. seiner Vorläufer auf diesem Gebiete gedacht hätte.
Ich erinnere an die Arbeiten von Monteil, Contes Soiidanais; Dupuis-Yakouba, Legendes
Songa'i de la region de Tomboticlou; Berenger-Ferand, Contes de la Senegarnbie u. a.
Der zweite Band bringt, wie schon der Titel An der Schwelle des verehrungswürdigen
Byzanz ankündigt, eine neue These, die byzantinische. Der Ertrag dieses zweiten
Bandes ist reicher und, wie mir scheinen w\\\, solider als der des ersten, wenn man auch
nicht allen Visionen des Verfassers folgen wird. Auch hier will ich nicht seinem schwer
übersichtlichen Gedankengang nachgehen, sondern das Problem schildern, ■wie es bisher
lag, und danach Fr. 's Ansicht skizzieren.
Im Sudan kreuzen sich zwei Völker und Kulturströme, der eine kommt vom oberen
Nil, Nubien und geht über Därfür, ^^'adä'i nach Bomu, der andere kommt von Nordafrika,
umgeht die Sahara im Westen oder durchquert sie wohl auch und stößt bis an den Niger-
bogen, in späterer Zeit sogar bis ins Hausaland, ja nach Adamaua vor. Dieser Gedanke
ist nicht zuerst von Fr. ausgesprochen, sondern schon seit langem Gemeingut der Wissen-
schaft. Er wird am deutlichsten, wenn man die Verbreitung der Araber betrachtet, die ja
zuerst kritisch und übersichtlich von Kampff.mever in SOS As. II, 143 ff. dargestellt
und jetzt neuerdings wenigstens für die Ostströmung von .MacMichael und Carbolt
^08 Kleine Mitteilungen und Anzeigen.
untersucht worden ist. Vgl. auch meine Studie Bd. I, 153 ff. Die Verschiedenheit der
Kulturströme wird noch heute dadurch dokumentiert, daß der westlich einfallende Islam
rein malikitisch ist, während von Osten her schäfi'tische Elemente eingewandert sind (vgl.
Bd. III, 264). Neu an der pR.schen These ist nun, daß diese Kultur- und Völkerströme
nicht erst islamisch sind, und darin hat er zweifelsohne recht. Er nennt es die »Brille des
Islam«, daß man immer nur an den Islam und die Araber gedacht hat, statt sich klar zu
machen, daß solche Ströme und Wanderungen doch natürlichen, d. h. geographischen
Gesetzen folgen, und daß es höchst wunderbar wäre, wenn nicht auch schon in vorislamischer
Zeit, ja schon im grauesten Altertum, Kulturelemente und Völker aus den Kulturreichen
Nordafrikas durch die gleichen Einfallspforten in den Sudan eingetreten wären. So sind
der Oststrom und der Weststrom die Grundfaktoren, auf denen sich neben der atlantischen
Kultur die afrikanische Geschichtstheorie von Fr. aufbaut.
Weiter ist bei ihm neu, daß die Mischung beider Ströme in vorislamischer Zeit nicht,
wie ich auf Grund der Verbreitungsverhältnisse der islamischen Riten annahm, im Tschadsee-
gebiet zu suchen ist, sondern im Nigerbogen, doch wird diese These noch nachzuprüfen
sein. Die im inneren Nigerbogen sitzenden Mossi und die im nördlichen Nigerien lebenden
Nupe sind ihm die am weitesten nach Westen vorgeschobenen Vorposten der Ostströmung,
während ihm die Songhai-Mande am äußeren Nigerbogen die Westströmung verkörpern ,
die sie in der Form des Islam bis in das Hausaland hineingetragen haben. Im vorliegenden
Buche interessiert ihn besonders die Ostströmung, deren Völker dem Islam besonders
lange Widerstand geleistet und, wenn sie ihn schließlich angenommen haben, dies taten,
ohne die wesentlichen Elemente ihrer alten Kultur aufzugeben. Selbst islamische Eroberer
wie die Fulbe haben sich in allen wesentlichen Punkten der vorgefundenen Nupekultur
angepaßt. Welches sind nun die Wurzeln dieser alten Kultur ? Sie sind nach Fr. christlich-
byzantinisch, und zwar ist die Kraftquelle, von der alles ausgeht, der Ausgangspunkt der
Ostströmung, der Obernil, das christliche Reich Nubien.
Also der Oststrom ist nubisch, während der Weststrom lybische Charakterzüge trägt,
die übrigens auch dem Oststrom nicht fehlen sollen. Vom Weststrom hören wir vor allem
Sagenzüge, wie die Perseussage (der Kampf mit dem Drachen in mannigfacher Version),
die sich bei den Mande mit der Einführungssage des Islams verknüpft hat. Ähnliche
Legenden werden bei den Lybiern der Sahara und bis weit ins Hausaland hinein nach-
gewiesen. Andere lybische Züge waren schon im i. Bande aufgezeigt (Sonnenwidder).
Über den Oststrom werden \\'ir genauer orientiert. Hier sind es nicht nur Legenden, sondern
auch staatliche Institutionen, die eine gewisse Beziehung zu den Ländern des östlichen
Sudan und Nubien besitzen. In diesen Gedankengang reihen sich ein: i. die wertvolle
Geschichte der Mossivölker (Kap. VIII). Hier kommt Fr. mit seinen Datierungen bis 1289
zurück; 2. die charakteristische Geschichte des Eindringens dieser Völker. Namentlich
in dieser letzten Gruppe von Tatsachen sieht Fr. wichtige Fingerzeige nubisch-byzan-
tinischer Einflüsse; so kommen z. B. als Insignien der Herrscherwürde Kronreif, Goldkugel
(Reichsapfel), Stab vor; auch das Kreuz ist sehr häufig vertreten, wie Fr. durch zahlreiche
Abbildungen (Sättel, Schwerter) nachweist. Ziemlich allgemein ist der Sonnenschirm
als Sjonbol der Herrschaft. Femer spielen die vier Erzämter in seiner Überlegung eine
große Rolle. Hier kann ich ihm zwar nicht ganz folgen; denn die vier Erzämter sind meines
Wissens weder in Nubien, noch in Abessinien, noch in Därfür so ohne weiteres nachweisbar,
dafür aber hat der ganze Aufbau der Hofchargen und des Zeremoniells (z. B. Verborgensein
des Herrschers, namentlich beim Essen) und anderes auch im Osten Parallelerscheinungen,
sogar bis herunter zu den Watussi in Ruanda.
Woher alle diese Züge kommen, ist nicht leicht zu entscheiden; Fr. steht so stark
im Banne seiner Theorie, daß er alles für christlich-nubisch erklären will. Mir scheint ein
Kleine Mitteilungen und Anzeigen. 309
gewisser Teil autochthon, einzelne Züge islamisch — davon %\-ird weiter unten die Rede
sein — , aber unzweifelhaft findet sich manches, das sich nur aus christlichen Einflüssen
erklären läßt. Beweisend ist für mich das Vorkommen des Kreuzes, das hier nicht etwa
ein heidnisches Symbol — auch das kommt vor — , sondern unzweifelhaft das christliche
Kreuz ist. Auch ist es, wenn man sich die geographische Situation einmal überlegt, nur
wahrscheinlich, daß christliche Anregungen von Nubien aus in den Sudan gedrungen sind,
aber — und damit berühre ich einen Gedanken, den Fr. auszuschheßen scheint — nicht
nur von Nubien. Nordafrika war doch jahrhundertelang christlich, als der Islam
erschien. Die Karawanenstraßen sind uralt, Verkehr hat immer bestanden. Also können
byzantinische Traditionen und christliche kreuzgeschmückte Güter ebensogut von Norden
aus eingedrungen sein, ja eine unbefangene Einreihung der von Fr. abgebildeten Kreuz-
knaufschwerter legt diese These besonders nahe. Es hätte auch Erwähnung verdient, daß
nicht erst Fr., sondern kein geringerer als Heinrich Barth die christliche Unterschicht
des westlichen Sudan und der Sahara entdeckt und richtig gewürdigt hat (ZDMG X
[1856], 2S6). Das sind aber klare n o r d afrikanische Einflüsse und nicht nubische.
Die ganze Frage ist also noch nicht spruchreif, und ich befürchte, daß sie durch die
stimmungsvolle, aber leider auch phantastische Darstellung von Fr. nur noch verwirrt
wird. Noch für lange Zeit werden -wir vorsichtig Zug um Zug sammeln müssen, ehe wir
zu so sicheren Resultaten kommen, wie sie Fr. zu besitzen glaubt. Über die Beziehungen
zwischen dem christlichen Nubien und dem westlichen Sudan läßt sich sogar noch mehr
sagen als Fr. weiß. Wenn erst einmal das große MARQUARTSche Werk erschienen sein
wird, wird auch auf diese Frage zurückzukommen sein ').
Also die nubisch-christliche Theorie von Fr. scheint mir mit den gegebenen Ein-
schränkungen historisch haltbar, und man muß ihn zu dieser großen Erkenntnis beglück-
wünschen. Leider vermischt er sie nun aber mit einer zweiten Theorie, der persischen,
der ich mich nicht anzuschließen vermag.
Hier hat Fr. einen Roman zusammengebraut, -wie er ähnlich wohl selten in wissen-
schafthchen Werken angetroffen werden dürfte. Die christhch-nubische Ostströmung ist
ihm nämlich gleichzeitig eine persische. Als der vorübergehenden Besetzung Äg>-ptens
unter Chosrau IL im Anfang des 7. Jahrhunderts durch die Byzantiner ein Ende bereitet
wurde, sei ein Teil der Perser nach ihrer Christianisierung in Ägypten und Nubien in den
Sudan gezogen und hätte hier als Chosrauleute das Christentum und persische Traditionen
verbreitet. Sie sind zu Gründern der Nupestaaten geworden und haben diese Erinnerung
an Chosrau und das Christentum bis in die Gegenwart hinübergerettet. Als dann später
die Islamisierung einsetzte, seien die Namen des Chosrau zu K i s r ä , Jesus zu *I s ä und
der Perser zum Bagdader (Bagdadji) geworden. Wenn man so etwas drucken kann, muß
es wohl auch nicht überflüssig sein, es zu widerlegen. Zunächst ist es gegen alle Gesetze
historischer Entwicklung, daß importierte Begriffe mit Fremdnamen bei Einbruch einer
neuen Völkerwelle alle sinngemäß übersetzt werden. Sollten sich die Nupeta wirklich
ihren Ahnherrn, dessen Eigenname Chosrau war, jahrhundertelang in der Erinnerung
bewahrt haben, um ihn beim ersten Aufkommen islamischer Einflüsse restlos gegen das
arabische Nomen appellativum Kisrä zu vertauschen ? Nun ist aber der Sudan voll von
Kisrälegenden, aber eben nicht nur der Sudan, auch Ostafrika und alle Länder, über die
der Islam seinen Einfluß ausgebreitet hat, und immer ist es Kisrä, während die Byzantiner
I) Hier nur eins. Die nach Fr. für den Westsudan charakteristischen kleinen Pferde
kamen auch bei den Nubiern vor. Schon die Kopten des 8. Jahrhunderts haben sich über
diese Tiere gewundert und sie mit Eseln verghchen; Severus vonAschmOnain
ed. Seybold, Corp. Script. Or. ser. III, t. IX, 185, 15; Hamb. Ausg. S. 177 pu.
r<iQ Kleine Mitteilungen und Anzeigen.
ihren XoapoTj? richtig erhalten haben, weil sie ihn kannten. Die isolierten Angaben, die Fr.
und seine Kisräkommission (!!) zusammengefragt, verarbeitet er zu einem pragmatischen
Geschichtsbild. Ich möchte ihm empfehlen, das gleiche mit einem der anderen arabischen
geschriebenen oder ungeschriebenen Volksromanj zu versuchen. Die Banu Hiläl und
besonders Saif b. Dhu Jazan ergäben eine ebenso sensationelle Geschichte Afrikas wie die
Kisrälegende, und bei einer Abu-Zaid- oder Saifkommission, mit ein oder zwei Dolmetschern
pro Einzelzug und pragmatischer historischer Zusammenfassung durch Fr., würde das
Resultat wohl ebenso »historisch« ausfallen.
Aber ich will auch einige Einzelheiten widerlegen. S. 341 sagt Fr. wörtlich: »In
Kordofan, also im Nachbarlande Nubiens und im Süden Ägyptens, gibt es nun aber einen
Stamm, der sich selbst Bagada nennt und erzählt, sein Stammherr Bagadi sei mit seinem
Weibe, und zwar diese mit einem Kinde auf dem Rücken, dereinst aus Persien nach Ägypten
gekommen. Wir finden also in der direkten Umgebung Nubiens Reste persischer Stämme,
so daß die Wahrscheinlichkeit, daß zu Heraklius' Zeiten nicht alle Perser nach Asien zurück-
kehrten, viele dagegen in Afrika blieben und nach Süden nilaufwärts zogen, wächst.« Fr.
gibt seine Quelle nicht an, doch kenne ich die Tradition in ihrer ursprünglichen Naivität
aus Mac Mich.'\el, The Tribes of Northern and Central Kordofan 119. Es handelt sich um
eine Episode aus der Zeit der arabisch-berberischen Einwanderung
nach Nubien (11. bis 13. Jahrhundert), und die Frau stammt aus Bagdad. Wenn man
aber einmal Bagdad dem sassanidischen Persien gleichsetzt und außerdem alles, was seine
Nisbe von Bagdad hat, für ein und dasselbe erklärt — und das tut F"r. — , dann kann man
freilich alles beweisen.
Ein anderes Beispiel ! Einer der Beweise für den christlich-persischen Charakter
Nupes (S. 348) ist nach Fr. der Satz: »Nupeta forderte das Gute und verbot das Schlechte«.
Das ist natürlich nicht christlich, sondern typisch islamisch amara bil-ma'rü/ wa nahä ^an
al-munkar. Ich unterdrücke die Versuchung, almohadische Beziehungen zu wittern ■).
Man sieht, wie man entgleist, wenn man alle sittlichen Züge immer gleich für christlich
erklärt. Dieser eine Zug ist nun wegen seines typischen Charakters sofort richtig zu erkennen.
Bei den anderen Belegen kann es zweifelhaft sein.
Aber es gibt ja noch so viel anderes Persisches im Sudan. Vom Sonnenschirm, der erst
mit den Fatimiden nach Afrika kommt, will ich gar nicht reden. Aber Kisrä ist einst mit zahl-
reichen Leuten, die Lifidi (Wattepanzer) und Sulke (Panzerhemden) trugen, in das Land
Nubien gekommen (Bd. II, 336). Die Versuchung liegt nahe, die ganze ritterHche Kultur
des Sudan, deren Entstehung ja schon so viel Kopfzerbrechen gekostet hat, von den Persem
abzuleiten. Indirekt ist das auch gewiß richtig, auch das Abendland hat charakteristische
Züge seines Rittertums von den Sassaniden. Aber trotz dieser Kulturbeziehungen sind die
Perser nicht nach Frankreich und Deutschland eingewandert und ebensowenig sind sie
in den Sudan gekommen. Die Vermittler waren Byzantiner und Araber, für das Abend-
land mehr die Byzantiner, für den Sudan hauptsächlich die Araber. Fr. möge nicht glauben,
daß ich hier durch die Brille des Islam schaue. Ich halte mich an den Tatbestand der
Sprache. Die charakteristischen Waffen dieser sudanesischen Ritter, die Panzer und Pferde-
panzer, werden im ganzen Sudan mit arabischen Namen genannt. Barth und
Nachtigal stimmen mit Neueren wie Carbou darin überein, daß der Wattepanzer lubbäda
heißt. Lubbäda ist ursprünglich ein Kleidungsstück aus Filz (libd, libda, liibda) und wird
z. B. zum Schutz gegen Regen getragen {Lisän s. v.). Auch die oben nach Fr. gegebene
I
1) Bekanntlich war dieser Satz die eigentliche Parole Ibn Tümart's, vgL
GoLDzmER, Le Livre de Mohammed ibn Tomnert 85 ff. Schon Ghazäli hatte diesen Satz
für den wichtigsten Pol des Islam erklärt, ib. 96.
Kleine Mitteilungen und Anzeigen. ■jn
Bezeichnung Lifidi ist nichts anderes als ein von Fr. verhörtes oder von einem nicht Arabisch
sprechenden Volke abgewandeltes luhhäda resp. libda. Das gleiche gilt für sulke, das mit
dem arabischen 5z7^, Eisendraht, zusammengehört und den Ringpanzer bedeutet. Gewiß
sind die Araber nicht die Erfinder beider Techniken, aber schon zur Zeit Muhammed's
hatten sie die persische Sitte der Schutzwaffen für Reiter und Pferd übernommen. Man
nannte diese Panzerreiter resp. gepanzerten Pferde mndjaffaf, d. h. mit dem Tidjfäf, dem
persischen Filzpanzer, bekleidet '). Die Schuria der Omajjaden bestand aus solchen Panzer-
reitern 2). Tidjfäf wird von den Arabern als persisches Fremdwort empfunden (Mu'arrab
ed. Sachau s. v.) und ist es auch ZM'eifellos. Schon die Araber der Eroberungszeit, ja die
des Heidentums hatten aber auch Eisenpanzer, Ringpanzer, wie für die Anfänge des Kalifats
aus Papyri von Karabacek nachge^siesen wurde, aus den Erklärungen zu den alten Dichtern
aber auch so hervorgeht. Die Geschichte der Panzerung im Islam ist noch zu schreiben,
aber aus der Kreuzzugsliteratur wissen wir, daß die Sarazenen gepanzert waren. Jahr-
hunderte lang haben in Ägypten und Xordafrika arabische Ritter geherrscht, noch heute
ist der Sudan voll von Arabern, und wir kennen ihre Wanderungen aus Ägypten über Nubien
genau. Sie verließen Äg\-pten im Zeitalter der Kreuzzüge. Die sudanesischen Waffen-
namen sind nun arabisch, und zwar sind es nicht die alten, aus dem Persischen über-
nommenen Namen, sondern gute relativ moderne Bildungen. Ist es da wahrscheinlich,
daß der Import nach dem Sudan ausgesucht in dem uns so dunklen Jahrzehnt erfolgte,
in dem die Perser eine kurzlebige Herrschaft über Ägypten besaßen ? Der gleiche Grund
spricht auch gegen einen byzantinischen Import. Die persischen Panzerreiter, die schon
die Kyropädie des Xenophon kennt, die dann bei Seleukiden, Parthern und Sarmaten
auftreten, sind nach Domaszewski (Pauly-Wissowa sub Catajracta) schon durch Hadrian
auch im römischen Heerwesen nachgeahmt worden, trotzdem tritt der entscheidende Bruch
mit der infanteristischen Tradition erst nach Heraklius ein. Erst dadurch wird der Weg
frei für eine ritterliche Kultur der Byzantiner nach persisch-arabischem Vorbild. Den
Panzer, auch den Pferdepanzer, aber haben sie natüriich schon viel früher gehabt. Auch
diese Importmöglichkeit muß erwogen werden, wenn auch der Namensbefund dagegen
spricht. Man vergesse doch nicht das Jahrtausend arabischer Ritterzeit in Ägypten und
Nordafrika. Hat diese Kultur schon Europa beeinflußt, um wie mehr erst die primitiven
Völker des Sudan. Der Pilgerfahrt als Hebel zur Einführung islamischer Sitten hat die
byzantinische oder römische Zeit nichts Analoges zur Seite zu setzen. Also persische Ein-
flüsse, gewiß, — abe-r verbreitet durch den Islam.
Genau das gleiche gilt nun für ein anderes wichtiges Gebiet, auf dem Fr. im Sudan
Spuren der Perser entdecken will, für das Zauberwesen, die sonderbaren Tieropfer, die
schwarzen und weißen Dämonen, die Alledjenu, wie er sie nennt. Jeder Islamkenner, der
Kap. XI (Die Religion der Besessenheit) liest, der hört, daß diese eigentümliche »Bori-
rehgion« im ganzen Sudan verbreitet ist, daß ihr alle Völker anhangen mit Ausnahme
der uralten Splitterstämme, daß sie im Osten sogar »Islam der Schwarzen« genannt wird,
im Westen dagegen im Gegensatz zum (wohl zum offiziellen und gebildeteren) Islam getreten
ist, wer dann weiter die beschriebenen Opfer (schwarzer Hahn, schwarzer Bock, schwarzer
Stier usw. oder rot oder weiß) betrachtet, wer einzelne Züge dieser Dämonen (Beziehung
zu den Exkrementen) und gar ihre Namen mit ihm Bekanntem vergleicht, ja der kommt
auf den Gedanken, ob nicht ein gläubiger arabischer Djinn aus Rache in unseren Forscher
gefahren ist, daß er aus Angst vor der Brille des Islam das Nächstliegende übersehen hat.
0 Schon im Hadith von Hudabija, in allen Lexizis zitiert; z. B.- Niha^a I, 167 apu.
-) Tabari 11,341 pu. ; 345, 2; 924,13; 1076,6; III, 235, 8. Das persische Vorbild
ib. I, 964, 14; vgl. NöLDEKE, Sassaniden 248 ult
-5 1 2 Kleine Mitteilungen und Anzeigen.
Der von Fr. geschilderte Tatbestand beweist von neuem, was jeder wußte, der die massen-
hafte Verbreitung arabischer Zauberbücher über ganz Afrika kannte, daß das islamische
Zauberwesen den Sudan beherrscht und hier groteske Verbindungen mit einheimischen
religiösen Vorstellungen eingegangen ist. Einiges, wie vielleicht der Zär (Bori), ist wohl
heidnisch und dann auch in die islamischen Kulturländer gedrungen. Über diesen arabi-
schen Veitstanz sind die Akten aber noch nicht geschlossen. Das arabische Zauberwesen
selber stammt aber gewiß aus dem Hellenismus und wahrscheinlich aus dem vorislamischen
Ägypten. Von dort könnte das Zauberwesen schon in vorislamischer Zeit in den Sudan
gekommen sein, wenn nicht die arabische Nomenklatur, die Djinnen usw. die islamische
Herkunft deutlich verrieten. Durch die Beziehungen der Dämonen zu gewissen Tagen
und Farben ist die antik-astrologische Basis gesichert. Aber das ist doch im Islam etwas
Alltägliches. Die schwarzen Hähne und Böcke, die Räucherungen usw. — all das hätte
Fr. in Tausenden arabischer und in afrikanische Sprachen übersetzter Traktätchen wieder-
gefunden, von denen Doutte's Magie et Religion dans V Ajrique du Nord eine gute Vor-
stellung gibt. Gerade die großartige und überraschende Einheitlichkeit der Vorstellungen
beweist die Macht der islamischen Gedankenwelt. Das war aber alles als be-
kannt vorauszusetzen. Wertvoll wäre es nun gewesen, wenn Fr. aus der Bori-
religion (vgl. dazu Tremearne, Hansa Su [»erstitions and Cnsloms S. 145 ff.) alle islami-
schen Elemente ausgeschieden und den Rest untersucht hätte. Da Fr. aber den
Islam, den er bekämpft, nicht kennt, lehnt er die Einflüsse des Islam glatt ab und gibt
nur zu, daß die Borireligion sich in gewissen Gegenden dem Islam assimiliert habe. Gewiß,
offizieller Islam ist wohl der Djinnenglaube, aber nicht das umfangreiche, damit verknüpfte
Zauberwesen, das die Orthodoxie bekämpft. So kann je nach der Bildung des Befragten
oder nach dem Grade der Islamisierung eines Landes die Beurteilung dieser Praktiken ver-
schieden sein. Gerade die Art der Verbreitung, in der Fr. den Beweis für die Unabhängig-
keit vom Islajn erblickt (II, 248), ist für mich die Probe aufs Exempel; denn die Einzelzüge
wären schon Beweis genug. Und viele davon sind auch, wie Fr. bestreitet, gerade in
Nordafrika zu Hause, wie Doutte's Buch zur Genüge dartut.
Und all das soll nun persisch sen ? Gewiß, in letzter Instanz haben die Djinnen ihre
Einteilung und ihr Wesen den persischen Div's entlehnt. Aber was kommt an allgemeiner
religiöser Anregung nicht alles aus Persien ? ! Ich erinnere nur an die Jenseitsvorstellungen
von Judentum, Christentum und Islam. Aber alle diese Anregungen treten uns in Afrika
im islamischen Gewände entgegen, und diese islamischen Elemente sind nur
aus dem Hellenismus erklärbar.
Was also bleibt von dem fesselnden historischen Roman — und als solcher
muß das Fr. sehe Werk bezeichnet werden ? Zunächst das Material, das auch
gesammelt sein wollte. Dann aber auch ein gut Stück neuer oder neu begründeter Er-
kenntnis. Große, starke Negerkulturen und Negerstaaten vor dem Islam — christliche
Einflüsse von Norden und Osten — Kulturwege durch den ganzen Sudan — und vor
allem die Gewißheit von der alle vorangegangenen Einflüsse
in Schatten stellenden Wirksamkeit des Islam, nicht seiner
offiziellen Orthodoxie, wohl aber des von ihm über die ganze Welt getragenen hellenistischen
Zauberspuks in arabischer Verkleidung.
C. H. Becker.
Kleine Mitteilungen und Anzeigen. i j '>
Zu Hofmeier's Papyrusstudien Bd. IV 97 ff.
An die ^höne und eindringende Arbeit von Hofmeier möchte ich hier einige
Bemerkungen anschließen, nicht als ob ich an der These des Verfassers etwas zu ver-
bessern fände, sondern um meine freudige Teilnahme zu bezeugen; denn es wäre ein
großes Glück für die Wissenschaft, wenn die Erschließung der Wiener Papj'ri, die einst
durch Karabacek so vielversprechend begonnen wurde, durch Hofmeier jetzt enero-isch
in die Hand genommen würde. Welche Rätsel uns diese Urkunden noch bieten, weiß
ich aus eigner Erfahrung zu würdigen, und der Grund, warum bisher noch keine größeren
Publikationen vorliegen, ist doch hauptsächlich der, daß die Resultate nur selten im
Verhältnis stehen zu der unsäglichen Mühe der Entzifferung. Unverstandene oder halb-
verstandene Texte mag aber kein Mensch veröffentlichen. Um so erfreulicher ist es,
wenn es einem Forscher wie Hofmeier gelingt, gleich mit dem ersten Papyrus, den
er vorlegt, unsere Erkenntnis des arabisch-ägyptischen Steuerwesens zu fördern. Hoffent-
lich bestätigen spätere Funde seine überzeugenden Thesen.
Die Urkunde gibt uns einen Überblick über die verschiedenen Steuerarten. Wir
hören von der Grund-, Kopf-, Weide- und Wiesensteuer. In den übrigen Rubriken
handelt es sich nicht um Steuern, sondern um Sportein und Gebühren. Eine identische
Urkunde ist mir nicht bekannt. Die Weide- und Wiesensteuer ist in zwei Heidelberger
Urkunden mit der sadaqa zusammengestellt, die in der HoFMEiER'schen nicht genannt
ist. So notierte ich mir:
I. PSR Inv. 563
L^^ ,.»,x.v,s.4.^»»
t N
2. PSR Inv. 170
XÄav
i<Xt.
Zur Zeit kann ich die Originale allerdings nicht vergleichen. Nach Hofmeier's
Darlegungen (besonders S. Ii8 unten) ersieht man, daß alle Steuern kumulativ auferlegt
und dann auf die einzelnen Steuerarten verrechnet wurden. Das Vorgehen war so
kompliziert, daß die Araber es nie gelernt haben; wie ein roter Faden zieht sich durch
die Historiker die Klage, daß die koptischen Schreiber sich auf dem Wege über das
Steuerwesen an den arabisch-islamischen Herren gerächt hätten. Da brauchen wir uns
nicht zu wundern, daß" auch wir das System noch nicht ganz verstanden haben.
Besonders drückend scheinen die Sportein gewesen zu sein. Sie sind ein Erbstück
der Antike und haben im Islam als muküs gegolten. Der H.'sche Papyrus kennt al-
barä'a, al-wadat'- und al-sarf. Al-baraa ist sicher, wie H. feststellt, die Quittungsgebühr.
Alle Steuerquittungen beginnen mit diesem Wort. Nach Severus von Aschmünain
wäre die barä'a eme Einführung des Kalifen Hischäm (s. oben Bd. II, 371). Die
ägyptischen ^ß;-ä'ß-Sporteln sind wohl identisch mit dem thaman al-suhuf, dem Preis
für die Quittungsblätter, den Abu Jüsuf 49, 15 für das 'Iräq belegt. Während ich zu
den Wadä'i'- zurzeit nichts Sicheres beizubringen vermag, möchte ich hier die dritte
Sportelart al-Sarf, durch einige literarische Belegstellen verdeutlichen, die uns die all-
gemeine Verbreitung dieser ja schon von H. richtig gedeuteten Praxis illustrieren. Vor
H. hatte sich schon Karabacek damit beschäftigt. Es handelt sich dabei wohl um den
Unterschied zwischen den £yoij.sv7 und dcpt9iAta vo|j.''aij.c(TC( der griechischen Papyri (vgl.
Bell, Catalogue IV S. 84 ff.).
I. Chilai I, 272, 13
T^iA Kleine Mitteilungen und Anzeigen.
^,LÄXi5_5 -^j^^^ 1?^^-^' ( t^3 ^^&^3 O-A^Li" i3Lii »j-^r-» Vl?-^' Ct^ x=>Lav>.1!
y*.LÄjl ^-*r*-^ Olaü^ , ^^--43 K;>L.w^t3i
2. Abo Jüsuf 62, 16
-«LiJb iüLs 7-^-^ i3 ^-P^^J (*"^^;^ '■■r^'3; \i»^.w.j Jv.s U *-f.^<i iAi>^j "b^
3. A. V. Kremer, Einftahmehudgct des Abbasidenreiches 32, 7
Die Konjektur \_5„»j2Jl wird zur Evidenz, wenn n)an die von Kremer ange-
gebenen Lesarten (^wJ-:=^., (^'-^-j ... -is-) mit der C////a/stelle vergleicht. Yi'ie Djahbadha
ist vermutlich das gleiche wie die Barä'a. Ob man al-Sarf mit der Idhäbat al-fiüa
(Abo Jüsuf 46, 15) zusammenstellen darf, scheint mir nicht sicher, aber möglich.
Es wird noch mancher Sammlung von Literatur und noch mancher Papyrusstudie
bedürfen, ehe hier alles klar ist. Herrn Hofmeier aber gebührt unser Dank, daß er
uns ein Stück weitergebracht hat.
C. H. Becker.
Bemerkungen zu Eutings Darstellungen des arabischen Kamelsattels
und des arabischen Brunnens in »Orient. Studien . . Th. Nöldeke
. . . gewidmet 393 ff. u. seinem Tagebuch einer Reise in Inner-
arabien << 89.
Während diese vortrefflichen Zeichnungen EuTiNGs eine gute Anschauung der dar-
gestellten Gegenstände vermitteln, haben sich in den begleitenden Beschreibungen resp.
Legenden mehrere Fehler eingeschlichen, deren Berichtigung vielleicht denjenigen, die
sich für diese Realien interessieren, von Nutzen sein kann.
Abkürzungen: o = *Otäbe, q = Hadar von el-Gasim, g = Gehatän, dz = pa-
latalisiertes V ts = palatalisiertes "i), y = dumpfes kurzes i.
I. Der Kamelsattel.
394, Z. 2. Obschon ich hunderte von Malen vom sidäd^) habe sprechen hören,
ist mir doch ein plur. sudud nie vorgekommen. Bei 'Otäbe, Gghatän u. Hadar des
Negd lautet der plur. isiddc. sidäd pl. isi'dde ist absolut synonym mit kür pl. akwär
in denselben Dialekten.
394, Z. 6. ütär ist Fehler für ausär q = 'wusiir o plur. von unsir'^) oq ,die
aus Sehnen od. Streifen von ungegerbter Haut (dzidd oq) hergestellte V'erbindung der
') S. DOZY, SOC, DOUGHTY.
*) Ebenso Soc.
Kleine Mitteilungen und Anzeigen.
Holzteile der Reit- u. Packsättel". Tvülr verhält sich zu klass. Jll
wie wiimar, -wenn,
wunis zu klas^yiS, ^1, \j^-*^^-
395> 2. X. Als Name der Plättchen wurde mir von Hadar u. Beduinen angegeben:
byrs pl. hrf<s ') qo. damgc ^-) oq ist ,der Stempel auf dem hintern Teile des Gewehr-
Laufes' ; ein Wort tamge habe ich nie gehört.
395, Z. 5. Lies nnfiir statt 7>ieliir. Ich kenne übrigens für Sattelpflock nur gazalei)
(fem.), der .hintere Sattelpflock' ist 'ötebisch el-gazäie cl-nmhre.
395,, Z. 8. bäbür pl. Jiaiuäbir heißt in Syrien, Ägypten u. .Mekka ,Pflock' im
allgemeinen, das Querholz, das beide dalfen verbindet u. zusammenhält, ist bei den
Hadar von el-Gasim detiäs^) pl. —ät, bei Gehatan misdäd pl. mcMdU u. bei den 'Ötäbe
nezävi pl. enzum ; ein Serif aus Mekka nannte mir neben letzterm Ausdruck auch bäbür.
395, Z. 2o. Statt dirwe ist dirwc (mit ö) zu lesen u. dies bedeutet im 'ötebischen
Haarschopf auf der Höhe des Höckers' 5), also nicht diese i^räs cs-sanävi) selbst wie im
klass. (s. Lane s. v.).
395, letzte Z. Lies mizzuide statt vieziüide.
396, Z. 5. Lies mh-ake statt iiierakc.
396, Z. 9. Lies gäHd statt gä'-ad pl. guioä'-id .gegerbtes Fell' (mit Haaren)' 6).
396, Z. 16. Der Kniestrick der Kamele heißt 'ögäll) oqg (ohne Tesdid) pl. <hgul.
396, Z. 19. Lies '■ödär statt '■adär.
396, Z. 23. wi^g/ pl. megüt oq (so zu sprechen) ist bei Hadar u. 'Ötabe das
Hanfseil, ein Seil aus Wolle (von ganem od. Kamelen) heißt häbil pl. hibäl.
396, Z. 9 v. u. Statt masüg habe ich immer nur miswugc pl. mesdwidz^) oq ge-
hört. Dies ist bei den Hadar ein langer dicker Stock aus gerid (Palmenblattrippe,
Wedelstiel), bei den 'Ötäbe der lange dicke Stock der Frauen, den sie gebrauchen, um
vom gabit aus das Kamel anzutreiben u. der ihnen auch beim Webestuhl als nirc dient.
396, Z. 8. V. u. nahbüt^) ist ein Wort, das in dieser Bedeutung in Ägypten u.
') Ebenso Soc.
^) Aus dem türkischen LjUj, Li*.ij Stempel, s. DozY.
3) Ebenso Soc.
4) Ebenso Soc.
5) Ebenso Soc.
6) Das Wort hat also nicht nur den speziellen Sinn von .Satteldecke', den ihm
Soc. gibt.
1) Dasselbe Wort bezeichnet bei den Hadar des Negd u. Beduinen Syriens u.
Ägyptens die wollene Kopfschnur, die das Kopftuch am Kopfe festhält. S. DozY, Burck-
HARDT 38, DoüGHTY s. V. '■agäl, HuBER 134, 192, 247. Obschon die drei letzten Au-
toren sowie die Emyclop. des Islam s. v. die Aussprache 'aqäl haben, so ist diese doch
unrichtig, diese ist vielmehr überall nur ^ögdl, d. i. ^Läc wie Burton schreibt. Alt-
arab. ^ ergibt in den negdischen Dialekten bald '■ö bald V, die übrigens mit dem Ohre
schwer von einander zu scheiden sind (ö = franz. eu in leur, y = türk. y in alty .sechs").
^) Ä.i»..w./i pl. ,■», »L.W.A) bei Lane u. Dozy.
9) nabbt'it auch nabbiid (s. Dozy) bedeutet in Syrien (s. Berggr. 804) einen
dicken, langen od. kürzern Stock mit einem Kopf am Ende.
Islam. IV.
22
^ 1 6 Kleine Mitteilungen und Anzeigen.
Mekka vorkommt, die Negdier brauchen statt dessen sunt oq oder sümT og pl. swüme '),
die 'Änize inedrüb pl. jnedärib 2).
396, Z. 6 V. u. Lies tnihgän 3) pl. mehägm og statt jnähgan.
396, Z. 2. V, u. Der Hammerstock heißt nur klenk pl. — ät^) q mit lii aus dem
tlirkischen ^iV.ÄJLi küliink; danach ist auch Burckhardts kolong Beduinen 44 zu be-
richtigen.
396, letzte Z. tubar pl. tcbär q, ein mehr *iräqisches Wort (aus pers. _*j' teber
s. HoRN, Grundr. d. neupers. Ethymol. No. 374), für das im Negd häufiger /«?•«?* pl.
fawäri'- gebraucht wird, ist eine Beil-Hacke, d. h. ein Instrument, das am Ende eines
längern Stieles auf einer Seite eine Hacke zum Graben, auf der andern ein Beil zum
Abhauen von Stämmen od. Wurzeln trägt.
398, Z. I. Der Sattel, den Euting als gabU bezeichnet, ist in Wirklichkeit eine
schlechte mesänie o, d. i. ein Last- oder Packsattel, u. wird daher mescijme genannt. Der
gabip ist bei den *Otabe, wie schon im klass. Arabisch ein Frauensattel, der sehr ver-
schieden von dem dargestellten Lastsattel geringer Qualität aussieht.
398, Z. 6. Statt (läS ist das oben erwähnte debäS zu lesen.
398, Z. 3 V. u. serit pl. lyrtän ist bei den *Otabe ein dünner zweisträngiger Strick
aus dem Baste {leha) von seletn ,Acacia Ehrenbergiana Hayne', sämür ,A. spirocarpa
Höchst.' oder tal/i A. seyal Del., bei den Hadar ein ebensolcher Strick aus dem Faser-
gewebe am Grunde der Palmblattstiele (Jif cn-naf}al oq). Mehrere solcher Stricke dreht
man zu einem Palmbastseile zusammen {käser jikäsir el-mrise) 5).
n. Der Brunnen,
der von Euting abgebildet ist, heißt bei den Hadar dzeUb pl. gylbän^ bei den Beduinen
bir pl. bijär. Auf der Zeichnung sehen wir:
zirnüg pl. zerä7Üdz^) (/iAJi. ; nicht ti)wJL3) ,die gemauerten Pfeiler.
dar/Ige pl. dawämig ,die Längsthölzer oben auf den Pfeilern'. Das vordere, dem
Brunnen zugewendete Langholz heißt viidzidmije, das hintere ?nTf}rijc.
I) Der negdische süm ist (bei Hadar u. Beduinen) ein langer Stock, der meist
aus Rohr {dzcnä), aber auch aus anderm Material besteht. In Syrien dagegen u. Ägyp-
ten bezeichnet *asä Süm resp. fiabbtH sunt einen langen, dicken Stock aus einem be-
stimmten Holz (nach Dozv Esche), das süm heißt. Bei den 'Ötabe Bargä 1 eißt ein
langer, dicker u. runder, d. h. wohl gerundeter Stock si7n pl. swäne, Doughty's sün
,quarter-staft"' braucht also nicht in h'nn korrigiert zu werden.
^) Der medrüb der Rüwala (nicht aus Rohr) hat oft eine eiserne Spitze. Ich
vermuthe, daß SociNS meirüb (I, 294 R. 4) , dicker, kurzer Prügel' aus tiiedrüb ver-
hört ist.
3) Soc, der bäkiir (so ist zu lesen) damit zusammenwirft, gibt fnehgäne, DOUGHTY
mehjän, das Wort hat jedoch die Form i^Lxäxi.
4) Berggr. 804 gibt \S-^ gi^fig ,baton ä hache ou niasse d'armes tranchante
ä long manche', aber diese Ansprache kommt im Negd nicht vor.
5) viaras nom. un. emrise og (s. Soc. I 291 k. 22) bedeutet ,Palmfieberseir, das
von Soc. damit kombinierte mahlias Burckhardts 36 ist viahass pl. viehüss og ,ein aus
dünnen Kamellederriemen zusammengedrehtes Brunnenseil.
6) Klass. », «Jj; s. Lane. Die Beduinen nennen die Pfeiler der Hadarbrunnen
grü?t el-bir.
Kleine Mitteilungen und Anzeigen.
317
rdbc'- pl. ?ichic'- ,die Querhölzer' oder , Stecken', die die
me/täie , Rolle' tragen.
^amüd ^1. ymdäti ,die Hölzer', die an ihrem untern Ende den miktvar, d. i. die
mit der derräge , Drehwelle' fest verbundene eiserne Axe aufnimmt; tsaffe (ä.sLj') der
Balken zwischen den beiden Pfeilern, an dem die untern Enden der ^ymdan festge-
macht sind.
i^rsä (Brunnenseir, pl. ersijät u. ersje og.
zcmäm häufiger sirt/i, bei Socin ungenau serik, Nachlaßstrick.
garb pl. gerüb heißt der große Schöpfeimer der Hadar, den Euting abgebildet
hat. Derselbe wird aus gegerbter Kuhhaut gefertigt u. hat folgende Teile:
a) '■örgäh o, '■'örgat q pl. '■M-adzi ,die gekreuzten Traghölzer',
b) krube pl. karab ,der Strick, der sie zusammenhält',
c) dge7te pl. dygen ,die Riemen, die die Traghölzer mit dem Rande des garb
verbinden',
d) giibbe ,der Bauch des garb\
e) kuinm ,das untere spitze Ende desselben'.
debi pl. deli bezeichnet bei Hadar einen vom garb durchaus verschiedenen Schöpf-
eimer, der aus gegerbter ganem-SAaxX gemacht wird u. zylindrische Form hat. Der delu
der Hadar ist höher als breit, der der Beduinen ist etwa 50 cm breit u. 20 cm hoch u.
hat '■aradzl^ krube u. dygen.
Bei den Brunnen der Beduinen resp. den Wüstenbrunnen sind keine gemauerten
Pfosten vorhanden. Die Beduinen führen vielmehr hölzerne Pfosten (dzijam sing, gäme
o, beide zusammen auch megam g) mit sich. Es sind zwei flache, etwas über manns-
lange Balken, die oben zur Aufnahme der Axe {iniihiar) der Rolle {»w/iäle) durch-
bohrt sind.
Die beiden Balken werden in einem Loche am Brunnenrande befestigt in der
Weise, wie dies Schema zeigt:
22'
3i8
Kleine Mitteilungen und Anzeigen.
Am Brunnen selbst unterscheidet man: a) teij die Mauerung, ,die gemauerte Wand',
b) gä/') ,die Innenwand der Mauer', c) 'öger ,die Sandfütterung zwischen der ursprüng-
lichen Grabung u. der Mauerung', d) das Wasser heißt, wenn reichlich vorhanden, gamme,
wenn spärlich, gerlf. Man sagt el-bir gämme o ,der Brunnen hat reichliches Wasser',
el-hir gerif o ,der Brunnen hat wenig Wasser', el-bir cmgärif oder gdrfet o ,das Wasser
des Brunnens hat abgenommen', e) gä'a^) og Grund des Brunnens, f) ursprüngliche
Grabung resp. Wände des Brunnens.
si/a oder stfei el-bh- o ist der Rand resp. die Kante der Brunnenöfifnung (_/^rw el-
bir), gibä der Teil der Brunnenwand (ga/), der von der Wasseroberfläche beiührt u.
daher durch einen Ring von Moos {mydar) grün gefärbt ist.
Zu Eutings Tagbuch 83. Der dort abgebildete Herd heißt nur tsir, wie
Huber, Jout-nal S. 131, die augenscheinlich von Eutings Hand stammt, angegeben ist.
VL:>-»5 ist ziemlich richtig defmiert Huber 122 (s. auch 91) , Ouvertüre oblongue dans
e sol du qhauah d'hiver, dans lequel on fait du feu pour se chaufifer'; aber die Form
ngäq (aus dem türk. vLii-ji ogak~) ist syrisch, in Innerarabien lautet das Wort nur
wugar, das allerdings wie das 'iräqische wugäg zeigt, auf das türk. ogak zurückgeht.
Der negdische Herd ist aus c. 20 cm hohen Thonmauern nach folgendem Grundrisse gebaut:
Auf dem eigentlichen [-förmigen Herd, dessen Thonmauern nach innen hinunter
treppenförmig abfallen, werden Eisenstäbe viurkat pl. marätsl (a) als Unterstützung
der Töpfe gelegt. Bei b eine Vertiefung im Boden, die die Asche aufnimmt und mit
einem Deckel von gerid bedeckt wird : hct er-rumad.
Bei dem ersten der drei von Euting dargestellten Mörser steht die Legende
o ^ o
.,.:>•»! -äi. Huber S. 131 lesen wir bei dem dritten, der im Tagbuch vorkommenden
') Bedeutet auch , Abhang' eines Berges.
*) Bedeutet auch ,Fuß' eines Berges, d. h. die Ebene, die unmittelbar daran liegt.
Kleine Mitteilungen und Anzeigen. ^ j q
Mörser ,:p.i. In Wirklichkeit heißt der erste (5 a) ein Holzmörser der syrischen Be-
duinen, gurn {gurtin) pl. gert'm, gerän, agrän^) (so auch bei Berggr. 573, DöZY, Soc.
I, 294 Qßa;, der zweite (5b) ein Messing oder Eisenmörser nigir-) mäwi) resp. nigir
hadid pl. negür ogq, der dritte (5 c) der Steinmörser der Hadar ncdzire pl. negäjir
(s-xÄJ). Der Stämpfel des nigl heißt zwar jcd ogq oder jnihxvä o, der der nedztre
jedoch 'amiid.
Andere Ausdrücke für Mörser sind: häwin pl. haiuäwm^) (Syrien) ,Metallmörser',
bei ägyptischen Beduinen kann pl. huwäu, in Mekka /la-wands) (sie) plur. — ät\ myhbäs
pl. mehäbU^) og , Holzmörser zum Enthülsen des 'iräqischen Reises (/lebis o)^) und Zerstampfen
von Heuschrecken' ; 7nihräs pl. inehär'is o , Holzmörser zum Zerstampfen der Pulverbestand-
teile'; -üudtl) o , kleine Holzmörser zum Zerkleinern der Gewürze {Jiawäjig).
Von den Kaffeekannen heißt die größte misfat<\misfah o9), der Name der klein-
sten ist abgeleitet von bchär oq = .Gewürz' u. zwar das Kaffeegewürz heil oq, äg.
habbehän ,Cardamomum minus' i. e, die Samen von Elettaria cardamomum White.
Der Name der Röstpfanne tiii/imisel) ogq wird in Negd wie das Verbum hamas
jihämis og , rösten' nur mit ^ gesprochen. Die mit einer Kette an der miJimäse be-
festigte Spatel wird jed el-mihmdse oq '") genannt.
Für den Kühlteller, auf dem der geröstete Kaffee zum Abkühlen ausgebreitet wird,
habe ich von Hadar immer nur 7nehärrad gehört, mibrdde wird also wohl syrisch sein.
J. J. Hess.
1) In Syrien wird ebenso der Steinmörser zum Zerstampfen der hibbe (National-
gericht der Syrer s. Almquist Kleine Beiträge 374, Berggr. 260) gtirn {kubbe) genannt.
Vgl. Harfouch Drogman 98 u. Doughty s. u. Jiirn.
2) Der Stamm deutet darauf hin, daß das Wort urspr. einen Holzmörser bezeichnete,
jetzt hat das Vv'ort in Zentralarabien nur den angegebenen Sinn; Hubers Definition
(S. 122) als ,mortier en marbre' ist unrichtig.
3) miw wird als ,Messing- oder Bronzeguß' erklärt. Woher kommt das Wort?
Huber 125 hat (^^L* fnAwi ,mortier en cuivre', was ungenau ist, da es keine kupferne
Mörser gibt.
4) Klass. q^LP u. ..^^LP Tag 9, 369, 16 f. aus pehl. hävan (Horn, Grundriß
der neu per s. Ethymoiogie Nr. 1089).
5) Das d des mekkanischen kawänd hat seinen Ursprung gewiß in der falschen
Zerlegung des pers. dvandva-Kompositum hävan dasta »JLm^ö (M^LP , Mörser u, Stempel'
6) Vgl. Huber 125, u. Burckhardt 36, Bergg. 631, Socin I, 294 Q 4, 4a, 7.
welche ,Kaffeemörser' od. , Stämpfel' übersetzen; die Form mihbäg, welche die drei
letzten Autoren geben, habe ich nur von Syrern gehört.
7) hebis o = tymnien oq 'iräqischer Reis (vgl. zu letzterm Worte Socin, der s. u.
alle frühern Stellen anführt), ryzz oq ist der indische Reis.
8) Ist wohl klass. -cC)\ apparatus, gear, tool (Lane).
9) Dieselben Namen der drei Kaffeekannen finden sich Huber 122, der ebenfalls
o
ungenau ^^^^^ schreibt. Soc. I 294 Q hat richtig äLftAi/« u. gibt statt mibhäre, mizel,
lies mizelle von zell jizill o , vorsichtig abgießen, dekantieren '.Ich füge noch hinzu, daß
die zweite Kanne auch lugnie q genannt wird.
'°) Ebenso bei Huber 125, Socin s. v. schreibt ungenau mihmds, dagegen das
zur selben Wurzel gehörige hainis q ,eine Art von Fleischkonserve' richtig mit / w.
5 20 Kleine Mitteilungen und Anzeigen.
Ein neuer Beitrag zur Geschichte des Alkohols.
Durch die Untersuchungen, welche Hermann Diels in den »Abhandlungen der
Kgl. Preuß. Akademie der Wissenschaften« veröffentlicht hat'), hat die Frage der Ent-
deckung des Alkohols eine überraschende Wendung genommen. Da immerhin Zweifel
bestehen, ob die an der entscheidenden Stelle von H. Diels gegebene Deutung allge-
mein anerkannt werden wird, so ist ein Referat, das die strittigen und dunkeln Punkte
des Gegenstands hervorhebt, wohl gerechtfertigt.
Wie E. V. LippMAKN, so geht auch H. Diels von den grundlegenden Untersuchungen
Berthelots aus, die dieser in La Chiniie au Mayen Age, besonders in dem Kapitel Sur la
decoiiverte de l'alcool niedergelegt hat. Danach läßt sich aus klassischen Quellen zwar die
Beobachtung belegen, daß starker Wein aufflammt, wenn er in Feuer gegossen -wird, oder
auch angezündet werden kann, aber von einer Erklärung der Erscheinung oder gar von der
Gewinnung des Weingeists durch Destillation ist nirgends die Rede. Die erste einwandfreie
Erwähnung der Destillation findet sich in einer Handschrift der Mappae clavicula
aus dem 12. Jahrhundert in der rätselhaften Form:
De commixtione puri et fortissimi xknk cum HI. qbsuf tbmkt cocta in eius
negocii vasis fit aqua, quae accensa flammans incombustam servat materiaöi.
Die drei seltsamen Buchstabengruppen sind aus vini, parte, salis durch Einsetzen
des nächstfolgenden Buchstabens im Alphabet entstanden; «nur beim n ist die Versetzung
vergessen. Der Sinn des von Berthelot (a. a. 0. I, 61) enträtselten Rezepts ist also:
»Stärkster, unverfälschter Wein wird mit dem dritten Teile Salz vermischt und in den zu
dieser Operation geeigneten Gefäßen erhitzt. Daraus entsteht ein Wasser, welches an-
gezündet eine Flamme entwickelt, aber den Stoff unverbrannt läßt.«
Dieses Rezept gehört aber nicht der ursprünglichen Fassung der Mappae clavicula
an, da es in der ältesten, aus dem 9. Jahrhundert stammenden Schlettstadter Handschrift
nicht enthalten ist.
Ausführlichere Vorschriften finden sich dann in Handschriften des Liber ignium,
das einen Marcus Graecus zum Verfasser hat. Eine Pariser Handschrift aus dem
Ende des 13. oder Anfang des 14. Jahrhunderts enthält das folgende Rezept:
27. Aquam ardentem sie facies.
R. Vinum nigrum, spissum et vetus; et in una quarta ipsius distemperatis s. H
sulfuris vivi subtilissime pulverizati; 1. vel p. H tartari extracta a bono vino albo,
et s. II salis communis grossi; et supradicta ponas in Cucurbita bene plumbpta, et
alembico superposito distillabis aquam ardentem, quam servare
debes in vase vitreo clauso.
In einer Münchener Handschrift, die aus dem Jahr 1438 stammt und einen vielfach
abweichenden Text desselben Werkes bietet, ist als Anhang unter anderen Rezepten das
folgende über die Darstellung des Weingeists mitgeteilt:
Aqua ardens ita fit. Vinum antiquum Optimum, cuiuscunque coloris in
Cucurbita et alembic iuncturis bene lutatis lento igne distilla et quod
distillabitur aqua ardens nuncupatur. Eius virtus et proprietas ita fit: ut si pannum
lini in ea madefeceris et accenderis, ardebit ad modum candelae sine lesione. Si vero
candelam accensam sub ipsa aqua tenueris, non extinguetur. Et nota quod
illa quae primo egreditur est bona et ardens, postrema
vero est utilis medicinae. De prima etiam mirabile fit collirium ad macu-
lam vel pannum oculorum.
') Hermann Diels, Die Entdeckung des Alkohols. Abh. d. Kgl. Pr. Ak. d. W., Jahr-
gang 1913. Phil.-hist. Klasse 1913, Nr. 3. Ausgegeben am 25. IV. 1913.
1
I
Kleine Mitteilungen und Anzeigen. ^21
Weiter folgt dann:
Vinum in potto ardens fit hoc modo: vinum Optimum rubeum vel
album in ^otto aliquo pone habente caput aliquantulum elevatum cum coperculo in
medio perforato, cumque calefieri et bullire inceperit et per foramen vapor egrediatur,
(ac) candela accensa applica(tur), et statim vapor ille accenditur et tandiu
durabit, quandiu vaporis egressio; et est eadem cum aqua ardente.
In allen Rezepten ist deutlich von einer wässerigen, durch Destillation aus Wein
zu gewinnenden Flüssigkeit die Rede, die entzündet werden kann. Wenn man will, so
kann man aus der Vergleichung der Rezepte auch herauslesen, wie die Destillation erst
nur mit Salzzusatz ausgeführt wurde, wie man dann mit künsthcheren Zusätzen, wie
Schwefel und Weinstein, das Ergebnis zu verbessern suchte, und wie man schließlich, von
all diesen überflüssigen Umständen abkam und den Betrieb auf das Wesentliche zu be-
schränken wußte. Aber wer möchte auf diese zusammenhanglosen, durch Zufall erhaltenen
Rezepte eine Geschichte der Weingeistbereitung vom 12. bis 15. Jahrhundert gründen?
Nur soviel scheint klar, daß die im 14. und 15. Jahrhundert den alten
Texten angehängten oder eingeschobenen genauen Be-
schreibungendes Verfahrens mit einer lange geübten Praxis
in engster Verbindung stehen und von Schreibern herrühren, die die Dinge
aus eigener Anschauung kennen. Schon zu Anfang des 14. Jahrhunderts hatte ja Ar-
naldus de Villanova die Heilkräfte des »Lebenswassers« gepriesen und den
Höfen und Fürsten die Anfertigung von Likören aus Weingeist empfohlen (Berthelot
a. a. 0. I, 143, 144; DiELS a. a. 0., Sonderdruck S. 19, 20). Ich komme daher mit H. Diels
zu dem Schluß, »daß spätestens im 12. Jahrhundert die Alkoholbereitung zuerst als tiefstes
Geheimnis auftaucht, um dann in Werken und Hss. des 14. Jahrhunderts genauer be-
schrieben und gewürdigt zu werden. Die Quellenanalyse versagt, da sowohl in der Mappae
clavictila wie in dem Marcus Graecus die betreffenden Notizen sich als Nachträge
herausstellen«. Dagegen sehe ich keinen Grund, die jungen Zusätze direkt oder indirekt
auf arabische oder gar griechische Quellen zurückzuführen. Das Vorkommen des Wortes
alembicus beweist gar nichts für arabischen Ursprung der Rezepte, da es damals längst
eingebürgert war. Den Durchgang der alten, ursprünghch griechischen Rezepte des Liber
ignium durch das Medium des Arabischen beweisen dagegen Ausdrücke wie alkiiran und
alchitrav, d.i. .^I_liäj! für das Pech, oder oleum zambac, d.i. / iM-3^'i i'T^*^ ^^"^ "^^s Jas-
minöl. Die Claviciila steht, wie die scharfsinnigen Untersuchungen von Berthelot und
Diels beweisen, ganz außerhalb der arabischen Überlieferung. Nur die jüngere der beiden
Handschriften enthält in den Rezepten 195 — 200 einen handgreiflich aus arabischen Quellen
geflossenen Einschub, wie schon von Berthelot (a. a. 0. S. 59) festgestellt wurde. Das
von ihm und H. Diels nicht erklärte Wort für Silber, al-menbuz, d. i. ^il\ wird nichts
anderes sein als eine Verlesung aus -xÄJ,i al-muuTr, das Leuchtende, was dem al-mubrik
(Diels S. 9 Note) entspräche und durchaus in der Richtung der alchemistischen Geheim-
namen und Umschreibungen liegt. Der Verfasser oder Kompilator der Clavicula ist aber —
entgegen der Annahme E. v. Lippmanns ■ — auch nicht auf italienischem Boden zu suchen,
sondern im Frankreich der Karolingerzeit, etwa zu Anfang des 9. Jahrhunderts. Er muß
ein oder mehrere vulgärlateinische Sammelwerke exzerpiert haben, die ihrerseits auf
griechische Sammlungen etwa des 7. Jahrhunderts zurückgehen, also in eine Zeit, wo die
alexandrinische Alchimie noch lebendig war (Diels a. a. 0. S. 12). Schon Berthelot
hat an zahlreichen Beispielen gezeigt, daß der Wortlaut des mittelalterhchen Buches vielfach
ganz genau mit den griechischen Urquellen zusammengeht.
Können wir nun die Entdeckung des Alkohols nicht dennoch über das 12. Jahrhundert
zurückverfolgen ? In arabischen Quellen konnte bis jetzt keine Nachricht über die
022 Kleine Mitteilungen und Anzeigen.
Entdeckung und medizinische Verwertung des Weingeists nachgewiesen werden; darum
hat E. V. Lippmann den Ausgangspunkt der Destillation in Italien gesucht (vgl. den
oben S. 163 besprochenen Vortrag Zur Geschichte des Alkohols und seines Namens). H. Diels
überrascht uns aber mit der Entdeckung einer Stelle bei dem Kirchenvater Hippolytus
(f etwa 230), die er als Beweis betrachtet, daß die Darstellung des Weingeists
schon den alexandrinischen Alchemisten bekannt war. Der Text, der
in einem Abschnitt der Refutationes omniiim haeresiiim über die Schwindeleien der
Zauberpriester steht, hat den folgenden Wortlaut:
Ko(i t6 Wx iffi fxk\>.rfi OE -dv'j ypTjCi(j.ov. e'sTi 0£ dcppö? i}o(>,C(aaTj; Iv (jaxpazivu) gtcziavu)
jj.£Tä Y>,'jyio; Tfj'i;rj[A£Vo;, lij CsOavxi h'jyyo^ iäv T.poaayr^i 7.c(io[JtEvov, äp-ctaav t6 Trüp izriTZTtTxi,
■Aod ■AoiroLyyU'j ttj; -/.öcpaX^; 06 xai'st tö aüvoXov. zi 0£ y.ott [j.dvvr|V ^riTidaaEi; C^C'^^'^i. "oXXoT
fxäXXov £;d7:TeTai. pE^-iov o£ op5, £? xcti %zio'j ti zposXct'ßoi.
Nach Diels: »Auch das Seesalzrezept ist recht brauchbar. Man kocht Schaum des
Meeres in einem irdenen Gefäße mit Süßwein. Wenn dieses Gemisch siedet und mit einem
brennenden Lichte in Berührung kommt, so erfaßt es rasch das Feuer und entzündet sich,
und wenn man es auf das Haupt schüttet, so verbrennt es dieses nicht im geringsten. Streut
man, während es siedet, noch Manna') darauf, so entzündet es sich noch leichter. Besser
ist aber die Wirkung, wenn man noch etwas Schwefel dazu nimmt.«
Wie man sieht, ist hier mit keinem Wort von der Destillation des Weingeists die Rede.
Sie wird von Diels lediglich zur Erklärung der Stelle xata/'j&Ev Tr^ v.z'soLhri^ o<j 7.ai£i tö
O'JvoXov gefordert, indem er argumentiert, daß es sich hier nicht um das Aufschütten sieden-
den Weines handeln könne, sondern nur um den erkalteten, irgendwie
destillierten wäßrigen Weingeist, der, auf das Haupt geschüttet, mit
unschädlicher Flamme abbrennt.
Ich kann diesem Schluß nicht beipflichten. Zu welchen Konsequenzen würde es
führen, wenn wir alle in Rezepten überlieferten Geheimmittel durch Hineininterpretieren
von technischen Kenntnissen späterer Zeit zurechtrücken oder als richtig erweisen wollten r
Ich lege gar kein Gewicht auf die auch von Diels in Erwägung gezogene, aber als künstliche
Deutung abgelehnte Möglichkeit, daß die Verbrennung des Schädels durch eine besondere
Präparierung der Kopfhaut unschädlich gemacht sein könnte. Denn was bei Marcus
Graecus im Liber ignixan und bei den Arabern von Mitteln angegeben wird, die »feuer-
fest« machen sollen, ist ebenso schwindelhaft wie zahllose andere Vorschriften*). Und
1) Nach R. G.\üscHTNiEZ, Hippolytos' Capiiel gegen die Magier (Leipzig 191 3) S. 74
ist Manna feingepulverter Weihrauch. G. zitiert auch eine P 1 i n i u s stelle, in der von
aqiiae ardentes die Rede ist: aber doch kaum von Weingeist. Das Wort yX-jxewv ist a. a. O.
mit »Most«, aXiLiT] mit »Meerwasser« übersetzt.
2) Ich will nur folgende Proben nach Marcus Graecus anführen:
21. Ut ignem manibus gestare possis sine ulla laesione. Cum aqua fabarum calida
calx dissolvatur; modicum terre de Michna, dico messine; post partem malvevisci al adicies.
Quibus insimul commistis palmam illinias et desiccari permittas.
22. Ut aliquis sine laesione comburi videatur. Alteam cum albumine ovorum confice
et corpus perunge et desiccari permitte. Deinde decoque cum \atelHs ovorum iterum com-
miscens terendo super panum lineum. Post sulphur pulverisatum superaspergens accende.
34. Carbunculum continue lumen praestantem sie facies:
R. Noctilucas quam plurimas; ipsas contritas in ampulla vitrea et in fumo equino
calido sepelias et permitte permorari per XV dies; post ipsas remotas distillabis per alem-
bicum, et ipsam aquam in cristallo concavo reponas.
Kleine Mitteilungen und Anzeigen. 5 2''
ganz auf der gleichen Stufe steht es, wenn H i p p o 1 y t o s berichtet, daß man sich die
Füße nicht verbrennt, wenn man von Fischleim und Salamandern Gebrauch macht (IV, 3^:
TO'j; ol -ooc«; ^'j xotiETOti (yS'joxoXXa xal ac(ÄG([j.c<vop7. /pr|3ä[j.avo;), oder daß die Hände durch
öfteres Waschen mit Seewasser u. a. m. gegen Brandwunden geschützt werden können
(ebenda : cpi}c(Vci ot xotl to:; /^ipa; roÄXazt; aX[A7j vt'I;o(ij.£vo;, Sto 0 ü t: a vj t i 7. 7 t £ i , 7. 7. v
•iXrj&w; Csr, • £t o£ [j.'jpatvrj 7«i vtTpijj xai af;.'jpvr, fAEx' o|ou; [j.t?c(;, i-r/pfac(; ötr^owln
Tic ystpa; c(X[j.7j -X£3T(Z7.i?, o'j vcai£Tai). Man kann aber zugleich hieraus folgern, daß
der Zusatz von Seewasser oder Seesalz auch bei dem Ex-
periment mit dem Wein das Mittel ist, das die Verbrühung
der Kopfhaut hindern soll, während Manna und Schwefel offenbar die Ent -
zündbarkeit und wohl auch die Leuchtkraft der Flamme zu vermehren bestimmt sind ').
Ob das Mittel wirklich zu dem Zwecke taugte, darauf kam es damals wohl so wenig
an wie heute, und zur Erklärung des Mißerfolges werden den Geheimmittelschwindlern
jener Tage Gründe genug zu Gebot gestanden haben.
Ein Beweis dafür, daß die Darstellung des Alkohols den alexandrinischen Chemikern
oder einer Priestergilde bekannt gewesen sei, läßt sich also auf diese Stelle nicht gründen,
und die Kluft zwischen dem 3. und 12. Jahrhundert läßt sich bis jetzt durch keine Tradition
ausfüllen. Wenn in Diels' Abhandlung auf eine Bemerkung von Berthelot hingewiesen
wird, wonach man mittels des Destillierhelms der Griechen (6 ä'fjißixo; = al-ambik) und
im Marienbade bei sehr mäßigem Feuer und sehr langsamem Operieren kleine Quantitäten
Weingeist habe herstellen können, so steht davon nichts in der als Beleg zitierten
Stelle, die nur von destillierten Flüssigkeiten im allgemeinen spricht -).
Die Ansichten von Berthelot und E. v. Lippmann gehen also in diesem Punkte
nicht auseinander, vielmehr betont Berthelot 1893 in seiner Chimie au Mayen Äge I, 138
mit aller Entschiedenheit, daß »malgre la connaissance de ces faits« — nämHch der Ent-
zündbarkeit der Dämpfe von Wein usw. — , »l'alcool ne fut pasisole par les
a n c i e n s , quoiqu' ils sussent dejä condenser certains liquides vaporises«. Und weiter
unten: »Mais nous ne trouvons chez les alchimistes grecs aucune indication precise qui soit
attribuab'e ä l'alcool. Les Arabes, en tant qu' ils nous sont connus par des textes traduits
en latin, n'en fönt non plus aucune mention, . du moins les textes
verifies avec precision ne m'ont fourni aucune indication de ce genre«3).
Wir verdanken der Abhandlung von H. Diels eine Reihe wichtiger Aufschlüsse,
aber das Geheimnis de'r Entdeckung des Alkohols ist noch nicht gelüftet. Die Vermutung
E. V. Lippmanns behält ihre innere Wahrscheinlichkeit, auch wenn der Bearbeiter der
Mappae claviciila, der das Rezept einfügte, nicht in ItaHen lebte. Ein unanfechtbarer
Beweis für seine These läßt sich aber bis jetzt auch nicht hefern. Es ist mit dem Alkohol
0 Auch die mitgerissenen oder im Alkohol gelösten Salzteilchen bewirken bekannt-
lich Gelbfärbung der sonst kaum sichtbaren Flamme. Daß zugleich theoretische Er-
wägungen für die Zusätze maßgebend waren, will ich natürlich nicht in Abrede stellen.
^) Revue des deux mondes 1892, 293: Les alambics des Grecs permettaient sans doute
d'obtenir des liquides distilles, mais ä la condition d'operer tres lentement
et avec une tres douce chaleur. ^
3) Bei dieser Gelegenheit möchte ich bemerken, daß Berthelot, wie ich in meinem
ersten Referat S. 162 nach der Apotheker-Zeitung zitierte, in der Tat den Ausdruck ge-
braucht: le Premier auteur . . . , cjui ait parle de l'alcool... c'cst Arnaud de Villeneuve.
Da er aber selbst vorher feststellt, daß das'Wort »Alkohol« im 13-. und 14. Jahrhundert
zur Bezeichnung des Weingeists noch nicht gebraucht wurde, so ist die Unklarheit des
Ausdrucks weniger bedenklich.
•3 24 Kleine Mitteilungen und Anzeigen.
ähnlich wie mit anderen chemischen Entdeckungen, über die Carra de Vaux sich kürzlich
{Encyklop. d. Islam I, 1030) geäußert hat: »Die abendländische Überlieferung hat Geber
sehr bedeutende Entdeckungen in der Chemie zugeschrieben wie die des Königswassers,
der Schwefel- und Salpetersäure und des Höllensteins, doch findet sich keine von all diesen
Entdeckungen in den seinen Namen tragenden arabischen Schriften; sie werden
ihm vielmehr nur in lateinischen Schriften aus dem Ende
des XIII. Jahrhunderts beigelegt. Die Bewunderung, die das christliche
Mittelalter der orientalischen Alchemie zollte, beruht also nicht auf feststehenden und
kontrollierbaren Tatsachen.« Wir müssen bei aller Hochachtung vor der alexandrinischen
und arabischen Wissenschaft doch immer deutlicher erkennen, daß das Zeitalter der Ent-
deckungen im Westen früher einsetzt, als man gewöhnlich annimmt; wir haben kein Recht,
dem ausgehenden Mittelalter, das in so vielen Stücken schon die Morgenröte eines neuen
Tages ankündigt, die Entdeckungen zu bestreiten, die in jener Zeit zum erstenmal, wenn
auch oft unter falscher Flagge, in der Literatur erwähnt werden.
Heidelberg. Julius Ruska.
Sur la date de la composition des »Rasail Ikhwän al saf^«.
La discussion est encore ouverte sur la date exacte de la composition de cette
Encyclopedie du Bätinisme islamique. II est regrettable qu'on n'ait pas ctudie, ä ma con-
naissance, du moins, — de fagon methodique, ä quels auteurs appartiennent les fragments
poetiques qui s'y trouvent cites: vers arabes: t. I (edition de Bombay), p. 70, t. I '"^,
p. 106; t. II, 114, 164, 165, 167, 169-170, 217, 231, 289, 353^''). 393; t- III. P- 7.
36, 48, 64(2), 66, 71, 73(3); t. IV, p. 131, 148, 190-192; et vers persans: t. I,
p. 7o(3)-7i, 120. — Une piece en moins d'entre cos morceaux poetiques, le celebre decret
O - , ' ^ ' , ' ' ''
^IjO [»li-^Ijtii sXäJ Js^ U-«J1 Ä.i^.Ci>.y9 c\äJ (J^^Ä^IL ^.^ÄJ^t
est ä restituer au grand poete Ibn al Roümi (f 283/S96), selon le tcmoignage formel
du iazyt/i al aswäq d'al-AntakI (ed. Caire 1328, p. 16), et du dtwän al sabäbak d'Ibn
Abi Hajalah (meme ed., en marge p. 146, 171). Ce qui est un terminus a quo.
Comme icr minus ad qucfn, nous citerons la definition du sinus trigononietrique (^^>-5-i)
utilisee t. I, p. 46, en bas, — qui n'est pas encore la definition qu'en donne, ä
I'exemple des Hindous, l'ecole d'al Battäni (1317,929) (Albategnius, comp. Nallino
Ulm al falak, III, 231-236). — Louis Massignon.
Zur Hutbe 'Aeib addins.
->' . *-■
Der Anregung G. Jacobs Folge leistend übergebe ich einige Bemerkungen zu seiner
Übersetzung der ^utbe *Agib addins der Öffentlichkeit. Die Seitenzahlen sind die der
Übersetzung.
S. 67, 5 v.u. St. »ich wünsche« 1. »hole« (\^vXl3)).
S. 68, 5 »Verkünder usw.«. Vielleicht doppelsinnig »dem wahren NäU^<s..
9 V. u. 1. »sie bildet eine Bürde«. (So wird ^ öfters gebraucht.)
7 V'. u. oL.^' ist hier vielleicht »abgemagertes Kamel«.
5 V. u. Statt »zerstört« 1. »auseinandergerissen«, was zur »Trennung« besser paßt
Kleine Mitteilungen und Anzeigen. ^2S
und Anspielung auf das Schicksal der Sabäer ist (A«r. 34, 14 f.; Vs. 18 ,»,iAi, vgl. Vs. 7).
S. 69, 5. Der Wein im »Glase« würde wenig nützen, auch reimt .^) nicht genau
auf „^mS . Man lese ^ ; »Gelenk« vgl. Kur. 76, 28. Jacob weist noch darauf hin,
daß Ibn Dänijäl Arzt war.
Z. 7. Statt »während usw.« 1. »Und ihr, o ihr fahrenden Leute (,.i;LÄ/s) und übrigen
Landstreicher, bittet . . . «
Z. 5 V. u. »Der Brotbrocken des Klugen ist die Tochter des Brotleibs«. D. h.
der Kluge gibt sich mit dem vom Brotleib des Reichen abfallenden Brocken zufrieden.
Anm. II. B verstößt nicht gegen diesen Reim, da er vorher einen andern Text
mit passendem Reim hat, verliert aber dadurch den Reim auf ,LaoO.
S. 70 Z. 9- »Reiset mit diesen (soeben genannten) Beiden, so werdet ihr sicher
sein vor gänzlicher Verarmung und Schulden«.
Z. 13. ,..Law.j scheint hier (wie öfters) in der Bedeutung »die Kunde« zu stehen.
Z. 8 V. u. Der ..Lj^P ist nicht eigentlich eine Geldbörse, sondern wird gürtel-
artig um den Leib getragen, also »Geldkatze«.
Z. 2 V. u. »Kleidet«. Vm*S würde wohl kaum mit UJ verbunden; 1. also mit
AC , ^iLai .
S. 71 Z. I. St. »mit einer Mirta«. 1. »mit seinem Mirt<s. (= xb.4.j, nicht = Kl3.4J).
Das Wort kommt nur als Mask. vor.
Z. 2. Man hat vielleicht an die »Rechtsformeln« (j^^j ~ii) zu denken, s. GoLU-
ziHER, Muh. Sind. II 233'. Mit dem / iJ-i^ ist vielleicht die sufische Lebensweise
gemeint,
Z. 3. Statt »als« 1. »sobald«.
Anm. 4. Nicht = »Kanzel«. Die Predigt selbst ist das Reiftier (wie im Fol-
genden das Wort selbst das Schwert ist). Der Genitiv ist ein Gen. epexegeticus.
H. Reckendorf.
Ernst Jäckh, Deutschland im Orient nach dem Balkankrieg. München 1913 (Mörike). 158 S. 8°.
Brosch. M. 2. — .
Diese neuste Schrift des verdienstvollen Journalisten und Orientreisenden ist aus
Vorträgen herausgewachsen, die der Verfasser im Oktober bis Dezember 191 2 vor breiten
Zuhörerkreisen gehalten hat. Der Abschluß ist im Januar d. J. erfolgt, also längst ehe der
Friedensschluß die künftige Lösung der Balkanfrage erkennen ließ. So glaubt man heute
bereits ein Stück weiter in die Zukunft hineinzusehen als Jäckh.
Man empfindet das besonders deutlich, wenn man nach dem politischen Ziel der
Broschüre fragt. Die Neugestaltung der europäischen Orientpolitik erscheint im Januar
noch so ungeklärt, daß eine bestimmte Aussicht auf die kommenden Notwendigkeiten
nicht zu gewinnen ist. Im wesentlichen scheint Jäckh in seiner früheren Zuversicht für
die Zukunft der deutschen Orientpolitik unerschüttert; er fühlt sich gedrängt, »dem leidigen
Pessimismus der öffentlichen Meinung entgegenzutreten«. Auch heute noch vertraut er
durchaus auf die Fähigkeit der verkleinerten Türkei, sich in den anatolischen und arabischen
5 20 Kleine Mitteilungen und Anzeigen.
Stammgebieten zu behaupten und zu regenerieren, und fordert die tatkräftige Unter-
stützung solcher Bestrebungen durch die deutsche Politik — in Handel, Technik, Ver-
waltung, Militär und Schulwesen. Die Gefahr, daß »die Zufahrt nach Anatolien für Öster-
reich und Deutschland durch den neuen Balkanbund gesperrt werden könnte«, leugnet
er nicht; aber er erwartet den raschen Zerfall des Bundes infolge seiner inneren Gegensätze
und die Abwendung vor allem des aufstrebenden Bulgarien von dem allzu gefährlichen
russischen Beschützer hin zu dem österreichischen Nachbar '); selbst Serbien, meint er,
werde von Europa zu einer Verständigung mit Rußland gezwungen werden. Die lebhafte
Entwicklung der Handelsbeziehungen zwischen den Balkanstaaten einerseits und Deutsch-
land-Österreich andererseits werden in gleicher Richtung wirken. So glaubt er Österreich
das Ziel stecken zu können, eine wirtschaftspoHtische Union mit den selbständigen (Balkan-)
Staaten zu schaffen: >>ein Ziel ebenso nötig wie möglich«. Schon sieht er in Zukunft
Österreich an Stelle Rußlands »die geistige und wirtschaftliche Führung der Balkanvölker
gewinnen« (!). Als wichtigste weltpolitische Folge des Krieges begrüßt er aber »das Ende
der deutschen Einkreisungspolitik Englands« — eine Lieblingshoffnung des Verfassers,
die er schon mehrfach seit der Potsdamer Kaiserbegegnung von 1910 ausgesprochen hat.
Das Hauptverdienst an dieser, nach J.s Meinung planmäßig vorbereiteten »Entspannung«
der europäischen Lage weist der Verfasser dem Staatssekretär von Kiderlen-Wächter zu (seinem
schwäbischen Stammgenossen !), dessen Politik überhaupt unbedingtes Lob erhält. Die
deutsch-russische Annäherung von 1910 und die deutsch-französische Verständigung im
Marokkovertrag von 191 1 hätten zuerst die Einkreisungspolitik durchkreuzt. Dann habe
der Balkankrieg den Gegensatz zwischen England und Rußland in ganz Vorderasien,
zwischen England und Frankreich in Syrien ans Licht gebracht, eine österreichisch-russische
Verständigung unter deutscher Vermittlung herbeigeführt und den Dreibund — infolge
der Festlegung Italiens in Tripolis — enger als je zusammengeschweißt. Eine deutsch-
enghsche Verständigung über den Orient wie über Afrika sei bereits »im besten Zuge«.
Man sieht: sehr optimistische Hoffnungen, die nicht überall ungeteilten Glauben
finden werden. Ihre Begründung wird in einer Reihe v^on ziemlich lose zusammen-
hängenden Einzelbetrachtungen versucht ■). Die Erwartung einer Wiedergeburt der
asiatischen Türkei gründet J. im wesentlichen auf die vielerörterten Ideen des Freiherrn
V. D. Goltz, die dieser zuerst 1897 ausgesprochen hat: die Türkei könne erst dann wahr-
haft gesunden, wenn sie ihre unrettbar siechen europäischen und überseeischen Glieder
abgestoßen habe. Inzwischen haben aber diese Ideen bereits bedeutenden Widerspruch
erfahren. Ich kann hier nur andeuten, weshalb: es handelt sich um die Frage, ob noch eine
tragfähige nationale Bevölkerungsgrundlage und eine tragfähige nationale Kultur für
einen einheitlichen »islamisch-türkischen Kulturstaat« auf asiatischem Boden vorhanden
ist. Es gibt nicht wenige Islamkenner, die weder das zurückweichende, verarmende osma-
nische Volkstum AnatoHens, noch den heutigen, gespaltenen und verblaßten Islam für
zeugungsfähig im geschichtlichen Sinne halten. Die äußeren Voraussetzungen, die J. für
nötig hält: Ruhe von außen, Militärdiktatur und europäische Verwaltungsreformen im
Innern — werden für die Lösung des großen Problems schwerlich hinreichen. Von dessen
ungeheuren Schwierigkeiten, von der Zerklüftung der asiatischen Türkei in ethnographischer,
') Die merkwürdige Nachricht, die J. übernimmt, daß der Balkanbund ursprüngHch
gegen Österreich statt gegen die Türkei gerichtet gewesen sei, wird jetzt durch neuere
Zeitungsmitteilungen anscheinend bestätigt.
-) Die ersten Abschnitte über das Bagdadbahnproblem bringen nichts wesentlich
Neues gegenüber früheren Arbeiten des Verfassers und seines Freundes Rohrb.\ch und
werden deshalb hier übergangen.
Kleine Mitteilungen und Anzeigen. -?2 7
sozialer, wirtschaftlicher, politischer und konfessioneller Beziehung, von dem Ernst der
armenischen und arabischen Frage, von der Gefahr russischer und englischer Einmischung
erhält man bei«J. keine genügende Vorstellung. Sicherlich sind ja unsere deutschen Inter-
essen in Vorderasien aufs engste mit dem Fortbestand des türkischen Staatskörpers ver-
knüpft — und selbst England soll dem schweroperierten »kranken Manne« jüngsthin wieder
40 Jahre Lebensfrist vertraglich zugesichert haben. Aber selbst wenn wir bereit sind, das
Letzte für die Erhaltung der türkischen Selbständigkeit aufzubieten, so werden wir doch
gut tun, rechtzeitig und nüchtern die Möghchkeit eines künftigen Zusammenbruches ins
Auge zu fassen. Der neuste Koweitvertrag Englands deutet bereits an, daß »die andern«
nicht gesonnen sind, den asiatischen Besitzstand der Türkei allzu sorgfältig zu schonen,
und gar die europäische Presse spricht längst offen von einer künftigen Aufteilung. •
Aber der lebenweckende Einfluß europäischer Zivilisation, das Jungtürkentum,
die Bagdadbahn .> Für die Erneuerung eines Volkslebens wird niemand von den rein tech-
nischen Hilfsmitteln übertrieben viel erwarten; zudem fragt sich noch, wem die Verbesserung
der Verkehrswege zugute kommen wird, ob dem Osmanen oder dem Griechen und Armenier
in Anatolien ? ') Die jungtürkische Bewegung aber, dieser Umsturz der gebildeten Jugend,
diese Revolution ohne sozialen Hintergrund, hat noch keineswegs bewiesen, daß sie im-
stande ist, die Tiefe des ganzen Volkes zu bewegen. Soviel ist doch heute zweifellos, daß
ihre Wirkung — zum mindesten deren Geschwindigkeit — vor dem Balkankrieg fast all-
gemein überschätzt worden ist ! Man könnte Stellen aus früheren Schriften J.s anführen,
in denen er die Überlegenheit der türkischen Armee über die Heere der vier Balkanstaaten
für ausgemacht hält, oder in denen er erklärt, das jungtürkische Regiment habe bereits
die Albanesen zu »bereitwilligen und dankbaren Mitarbeitern der Türkei« erzogen u. a. m.
Aber dieselbe Überschätzung ist viel zu allgemein verbreitet gewesen und hat auch auf
viel zu guten Gründen beruht, als daß man sie heute irgendeinem einzelnen vorwerfen
dürfte. Nur wird man heute aus solchen Irrtümern die nüchterne Lehre ziehen müssen,
daß das Jungtürkentum — trotz zweifelloser Verdienste — seine aufbauende Kraft erst
noch zu beweisen hat. Vorläufig fühlt sich der Betrachter versucht, auf diese Übernahme
westeuropäischer Ideen in den alten Osmanenstaat die Betrachtung Leopold Rankes
anzuwenden, der gerade den Zerfall des osmanischen Reiches davon herleitete, daß es
»vom christHchen Wesen übermannt worden sei«; »der Geist des muhammedanischen
Staates ist an sich selber irre geworden; seine Farbe verbleicht; die Geister des Okzidentes
überwältigen ihn«. Ein Vergangenheitsstaat zu bleiben, mihtärisch nicht untüchtig, aber
ohne lebendige Kraft — das ist vielleicht die wahrscheinlichste Zukunft der Türkei in den
nächsten Jahrzehnten.
Diesen Fragen gegenüber ist es verhältnismäßig weniger wichtig, wie man die jetzige
Niederlage der Türkei im einzelnen technisch-mihtärisch beurteilt; J. möchte sie zum
guten Teil auf den Verrat der ins Heer eingestellten Christen, zumal in der Intendantur
zurückführen. Die deutschen Instruktionsoffiziere verteidigt er mit Erfolg gegen die An-
klagen der Franzosen -); Hauptschuld trage die Kürze des für die Reformen zur Ver-
fügung stehenden Zeitraums von drei Jahren. Die persönhche Haltung der türkischen
Soldaten wird von allen Augenzeugen sehr gerühmt gegenüber dem feigen und grausamen
Blutdurst der Bulgaren und Serben, für den J. viele — teilweis neue — Belege sammelt.
Die politische Beurteilung des Balkankrieges durch den Verfasser hat
') Selbst die Besiedlungsfrage der neuen Bewässerungsgebiete (Konia, Adana, Meso-
potamien) scheint nicht so leicht durch Einwanderung balkanischer Flüchtlinge lösbar
zu sein, wie J. annimmt !
-) Inzwischen hat v. d. Goltz diese Verteidigung in einer eigenen Schrift selbst
übernommen.
o28 Kleine Mitteilungen und Anzeigen.
sich ja inzwischen teilweise bestätigt: der Weltbrand ist tatsächlich vermieden worden,
hauptsächlich weil die Balkaninteressen des Dreiverbands nicht in einer Richtung gegen; die
erwartete Entspannung der Lage ist schließlich eingetreten — freilich erst nach sehr be-
drohlichen Zwischenspielen; der Dreibund hält unerwartet fest zusammen. Aber ob das
schließliche Ergebnis für Deutschland-Österreich wirklich so günstig ist, wie der Verfasser
glauben möchte, erscheint gleichwohl fraglich. Es ist hier nicht der Ort, die politischen
Aufstellungen des Verfassers im einzelnen nachzurechnen. Nur soviel sei nachgetragen,
daß inzwischen der Skutarihandel deutlicher als frühere Ereignisse gezeigt hat, wie wenig
Aussicht in Wahrheit besteht, einen Balkanstaat wie Serbien für Österreich statt für Ruß-
land zu gewinnen, wie gefährlich dagegen die russischen Kriegsstimmungen eines Tages f
für Deutschland und Österreich werden können. Und die deutsch-englische Annäherung
will auf dem Hintergrund eines gewaltigen englischen Planes zu Erwerbungen in Vorder-
asien betrachtet werden, die über kurz oder lang das Schicksal unserer türkischen Freunde —
und damit unser eigenes wichtigstes Auslandsinteresse — in Frage stellen können. Die
Dringlichkeit dieser deutsch-türkischen Interessen den Deutschen wieder einmal vor Augen
zu stellen — dazu wird die vorhegende Schrift ihre guten Dienste leisten.
Mai 1913. Gerhard Ritter.
Kritische Bibliographie.
Vorbemerkung : Vgl. S. 1 77.
Bücher werden in der Regel nur besprochen, wenn sie als Rezensionsexemplare ein-
gesandt werden.
I. Allgemeines '
(Zeitschriften I), Sammelwerke).
250. Mir Islama (Mip-b HcJiaMa) Bd. I, Heft 4
beginnt mit folgender Erklärung: »In dem einleitenden Artikel des Mir Islama im laufenden
Jahre sind die hauptsächlichsten Grundlagen des Programms, dessen Verwirkhchung der
Herausgeber und seine Mitarbeiter erstrebten, auseinandergesetzt worden. Mit dem Er-
scheinen des vorliegenden Heftes hört die Ausgabe der Zeitschrift auf Grund dieses Pro-
grammes auf. Die Endesunterzeichneten verlieren nicht die HofTnung, daß es ihnen in einer
mehr oder weniger nahen Zukunft vergönnt sein werde, in dieser oder jener Form unter
der Leitung der einen oder anderen Persönlichkeit das Werk zu erneuern, für das, wenn
man nach der freundschaftlichen Teilnahme der Mitarbeiter, der Kritik und der Leser
urteilen darf, einiges Bedürfnis bestand.« Unterzeichnet ist diese Erklärung von W. Bart-
hold, A. v. Schmidt, J. Kratschkowsky, A. Samojlowitsch, A. Chaschtschab. Es
ist hier nicht der Ort, den tieferen Ursachen dieser Erklärung nachzugehen; es muß aber
ausgesprochen werden, daß wir uns der darin ausgesprochenen Hoffnung nur von ganzem
Herzen anschheßen können, wenn wir es auch lieber gesehen hätten, daß das Unternehmen,
dem wir Westeuropäer bereits so unendlich viele Anregungen, Hinweise und wertvolle
Arbeiten verdanken, in der bisher uns gebotenen Form hätte weiter bestehen können.
Möchten die Unterzeichner des Schlußwortes sich bei ihren weiteren Arbeiten vergegen-
wärtigen, daß sie durch Lüftung des Vorhangs, der für Westeuropa im allgemeinen über
allen Fragen des Islam in Rußland liegt, sich nicht nur ein Verdienst erworben haben,
sondern auch halbwegs eine Verpflichtung eingegangen sind, den einmal geweckten Wissens-
durst nun auch zu befriedigen. Am Ende der oben wiedergegebenen Erklärung flnden
sich dann fett gedruckt die Worte: »Die Mitteilungen über das neue Programm der Zeit-
schrift finden sich auf dem Umschlage des gegenwärtigen Heftes«, und da heißt es: »Die
Zeitschrift der Kaiserlichen Gesellschaft für Orientforschung, der »Mir Islama« wird all-
monatlich, beginnend vom Januar 1913 nach folgendem Programm erscheinen: i. Artikel,
das zeitgenössische mohammedanische Leben betreffend, 2. Telegramme, 3. Übersicht über
die mohammedanische Presse in Rußland und außerhalb, 4. Korrespondenzen, 5. Chronik,
6. Kritik und Bibliographie, 7. rechtUcher Teil: Verfügungen der Regierung und der Gesetz-
gebung, die sich auf die Mohammedaner beziehen, 8. Mitteilungen der Kaiserlichen Ge-
I) Sofern nicht die einzelnen Aufsätze gesondert besprochen sind.
T-jQ Kritische Bibliographie.
Seilschaft für Orientforschung, 9. Anzeigen. Über die Zusammensetzung der Redaktion
und die Bezugsbedingungen wird besondere Anzeige ergehen.« F. F. S.
2 51. Cabaton, A., V Italic, Puissance Musiilmane. RMM XXI, 1912.
Enthält einen lehrreichen ÜberbHck über die Geschichte der Kenntnis des Orients
ni Itahen seit dem Mittelalter bis zur neuesten Zeit: Der venezianische Handel in seiner
Bedeutung für die Kenntnis des Orients, der Anteil des Hohenstaufenhofes in Sizilien
und der Mediceer an der Förderung der orientahschen Studien, ihre Befruchtung durch
die Missionsbestrebungen der Päpste, das Schicksal der orientalischen Druckereien im
17. und 18. Jahrb., das »risorgimento« der orientalischen Studien im 19. Jahrb.; Italiens
koloniale Unternehmungen in Afrika seit 1869, endlich eine Übersicht über den heutigen
Stand der orientahschen Studien in Italien und die vorhandenen einschlägigen wissen-
schafthchen Institute mit besonderer Berücksichtigung des »Reale Institute Orientale
in Napoli«. Im Anhang Wiedergabe des die Pflege der orientahschen Sprachen betreffen-
den Dekrets des Wiener Konzils vom Jahre 131 1 und ein Verzeichnis der jüngsten itahe-
nischen auf Tripolis bezüglichen Literatur H. R.
252. Cordier, Henri, Un coin de Paris, L' £,cole dis Langues orientales Vivantes. 2 rue de Lille
Paris 1913.
253. Correspondance d'Orient, Revue bimensuelle de politique etrangere, Directeur: Dr.
Georges Samnk, Paris, Rue Pigalle 34, 6eAnnee,Nr.iio — 116, 16. April bis 16. Juli 1913.
254. Enzyklopädie des Islam, herausgeg. von Houtsma, Arnold, Basset und Hartmann.
7. Lieferung (Schluß des i. Bandes: A — D).
255. Gordlewskij, W., Der Islam auf dem 1(3. internationalen Orientalisten-Kongreß in Athen
(llcjiaM'b na X\T Me/KAyHapo;;uOM'B KonrpeccB opieHTa.incTOu-b bij Aeniiaxi.)
MI I pg. sio-
256. el-Hiläl„ Vol. XXI, Xr. 4—9, Jan.— Juni 1913.
257. el-Manär, XVI. Bd. Heft 1—5, Januar— Mai 1913-
258. Mecheroutielte, 5c Annce, Xr. 41 — 43, April — Juni 1913.
259. Rivista degli studi orientali V, 5, GH stitdi Orientali in Italia negli iiltinii cin(jnant'
a)uü (1801 — 191 1), parte seconda, fascicolo 1.
Introduzione I. Affrica p. i — 16,
II. Lingue semitiche p. 17 — 183.
260. Sch(midt), A. E., Bespr. der Revue du Monde Musiilman XVI 191 1, XVII, XVIII,
XIX PM2. MI I 459.
261. Sch(midt), A. E., Bericht über Inhalt von Band III Heft 1—3 des »Islam« 1Q12.
F. F. S.
262. N. N., Die Umgestaltung des Seminars jür orientalische Sprachen. Die Grenzboten,
72. Jahrg. (1913) Nr. 21, 382—385.
II. Religion.
(Anfänge des Islam, Dogma, Recht, Mj'stik, Zauberwesen, Kultus,
Philosophie, Beziehungen zu anderen Religionen).
263. Abdul Baha, Abbas Effcndi, On Ihe importance of divine civilizalion AQRN. S. 1,2,
--3 — -3<i-
264. Barthold, W., Bespr. von Roemer, H., Die Bäbt-Beha't, die jüngste mohammedanische
Sekte. Potsdam 1912. MI I 425.
Inhaltsangabe und günstige Besprechung der verdienstvollen, zusammenfassenden
Arbeiten des Verf. Barthold bedauert nur, daß der Verf. nicht auch die russischen Vor-
arbeiten direkt habe benutzen können. F. F. S.
Kritische Bibliographie. -? ^ j
265. Benali M'erad, La »Ziadah« ou Naissance ä Saft (Maroc). RA LVII, Nr. 288, I^r
Trimestre.
Nützlich» Ergänzungen zu Doutte. Schilderung i. der anläßlich der Geburt eines
Knaben üblichen Zeremonien am i. (u. a. Rezitation des adän ins Ohr des Neugeborenen
zur Abwehr der Umm es-sibyän), am 7. und am 40. Tage (an diesem verläßt die Mutter
zum ersten Male mit dem Kinde die Wohnung und sucht durch Einkaufen bestimmter
Waren auf seine späteren Lebensumstände einzuwirken), 2. der einfacheren und weniger
zahlreichen Gepflogenheiten bei der Geburt eines Mädchens, 3. bei Kindern beiderlei Ge-
schlechts geübter Bräuche; unter den hierzu mitgeteilten Wiegenliedern finden sich viele
an Fätima bzw. deren Söhne gerichtete. Unpraktischerweise wird der \\'ortlaut nur mit
arabischen Lettern gegeben; bei der allzu wörtlichen Übersetzung hätten sich etwas mehr
Erläuterungen empfohlen. E. G.
266. Bruno, H., Le regime des eaux en droit musulman. 200 S. 19 13.
267. Churi, DschirgUS J., Über Scheidung und Wiedervereinigung muhammedanischer Ehe-
gatten. ZDPV 36, 2.
Interessant einige Bemerkungen über die ^äda bei den Beduinen von Gaza und Ber-
seba. Im übrigen oberflächlich und reich an Irrtümern. E. G.
268. Edwards, A., The menace of Pan-Islamism. North American Review, May 19,13.
269. Faiz Badruddin Tyabji, Principles of Muhammedan Law. Bombay, D. B. Tara-
porevala Sons, 1913. XXXVII and 711 S.
270. Friedländer, J., Bespr. von Duncan Black Macdonald ^5^5 rf5 of Islam, New York
191 1. JQR IVi 115 — 117.
271. Gardner, W. R. W., The Doctrine of Man. Christian Literature Society 1913. Bespr.
MW III 3 315.
272. Joly, A., Saints et Legendes de l'Islam. RA Nr. 288 7 — 45.
Einige Heiligenviten aus Nordafrika. H. R.
273. Le Coq, A. V., A'yzylbasch und Y äschilbasch. Mit i Abb. OA III (1913) S. 61 — 64.
Gegenüber Ausführungen v. Luschan's, der in Aen Kyzylbasch eine »mysteriöse Sekte«
sieht, will Verf. in dieser Arbeit durch Zusammenstellung einer Reihe von Zitaten aus
alten und neuen Werken europäischer Gelehrter nachweisen, daß das Wort Kyzylbasch
nichts anderes als einen Schiiten persischer Nationalität bezeichnet, und ferner, daß im
Gegensatz zu diesem Ausdruck das Wort Y äschilbasch eine — heute nur noch in Zentral-
asien übliche — Benennung für die Sunniten von Buchara ist. — Vgl. auch die Bemerkung
auf S. 144. — Die Studien Jacob's über den Orden der Bektaschi's und damit die dort auch
über die A'vzvlbasch angegebene Literatur, waren Verf., wie es scheint, unbekannt. R. M.
274. Merkurjew, K. V., Handbuch zur Auslegung und Einführung der dogmatischen und
moralisch praktischen Lehre des Islams. 8° russisch. Gubernskaja Orenburg. 1913.
275. Morelli, C, V Islam. Studio di religioni e legislazioni comparate. Parte I: A'o3io«i
gerierali islamitiche. Napoli 191 2.
276. Schäfer, E., The rosary in Islam. MW III 3 246 — 249.
Vgl. Krit. Bibliographie in Heft 1/2 Nr. 46.
277. Snouck Hurgronje, C, Over panislamisme. Archives du MuseeTeyler, Ser. III, vol. I,
87 — 105. Haarlem 1913.
Populärer, anregender Vortrag. Erst: eine historische Einleitung und Übersicht;
dann: einerseits eine Warnung vor den Gefahren, mit welchen die panislamische Gesinnung
der einheimischen Bevölkerung die holländische Herrschaft in Indien stets bedroht —
andrerseits aber eine kräftige Ermahnung, die Javanen und andere Muslime durch Inter-
essenassoziation und Unterricht für Holland und die europäische Kultur zu gewinnen.
Th. W. J.
Islam. IV. 23
5-3 2 Kritische Bibliographie.
278. Stein, Ludwig, Die Weltanschauung des Orientalen. »Nord und Süd« 37 (Juliheft)
S. 7-13-
Die Weltanschauung des Orients, an der seine Staaten zugrunde gehen, ist Passivität,
wie unter besonderer Bezugnahme auf Buddhismus und islamische Mystik ausgeführt
wird. Letztere behandelt der Verf., dem offenbar eigene Kenntnis hier abgeht, in engstem
Anschluß an Fr. Rosen' s Yorwort zur Neuausgabe der Mesnewt-\jhtxseXz\xng seines
Vaters, auf das im »Islam« noch zurückzukommen sein wird. Der Verf. übersieht, daß
bei dem Verfall orientalischer Staaten auch Momente, wie z. B. die Rassenfrage und die
klimatischen Verhältnisse, von Bedeutung sind, andrerseits der Osten durchaus nicht so
»totmüde« ist, wie in dem Aufsatz angenommen wird. E. G.
279. Wadjdi, Muh. Farid., Al-Madanija wa^l-isläm. Cairo 1330. S". 138 S.
280. Wely, J. H. van, Panislamisme. Koloniaal Tijdschrift I, ii53ff. ; II, i ff'.
Vortrag über die Bedeutung Mekkas, Konstantinopels, der Wallfahrt, der mystischen
Bruderschaften usw. für die panislamischen Ideen in Nieder!. -Indien; hauptsächlich aus
verschiedenen Schriften Snouck Hurgronje's entlehnt. Th. W. J.
281. Zwemer, The dock, the calendar and the Koran. MW III 3 262 — 274.
Klarer praktischer Überblick über den mohammedanischen Kalender: Entstehung,
Anweisungen zur l^mrcchnung, Rcformvorschlag von A 1 - Za r k ä w i im 5a*fr, die Zeit-
rechnung im heutigen Orient,'Abdruck der »Table of concordance of civil dates« aus dem
Egyptian Government Almanac 1913. H. R.
282. X., Le Panislamisme et le Panturqiiisme. RMM Vol. XXII. März 191 3.
An die Darstellung der Geschichte und des jetzigen Standes der panislamischen Be-
wegung, wobei besonders die Persön'ichkeit Geläl ed-Dln el-Afgäni's ge-
würdigt wird, schließt sich eine ausführliche, sehr kritische Betrachtung über die, vor
allem an den Namen Ak Cura Oghl u's geknüpfte, in den letzten Jahren mehr und
mehr zu Ansehen gelangte Bewegung des »Panturkismus«, besser Panturanismus, die,
dem Panslawismus vergleichbar, ein Band um alle sogen, turanischen Völker schlingen
will, und deren geschichtliche und kulturelle Bedeutung und Mission in blind einseitiger,
chauvinistischer Weise in den Himmel hebt; was ihr Verhältnis zum Panislamismus an-
langt, so ist sie diesem naturgemäß ein Dorn im Auge. Der Verf. fürchtet von diesen
idealistischen Träumereien, über die man wichtige Gegenwartsfragen vernachlässigt, eine
große Gefahr für die Zukunft des osmanischen Reiches; er würdigt aber wohl dabei die
gute Seite der Sache, nämlich den gesunden nationalen Gedanken zu wenig, wie er sich
in dem Streben nach Belebung alter türkischer Sitte und Reinigung der Sprache äußert;
vgl. auch Menzel über Ak Cura 0 g h 1 u's. Zeitschrift Türk jurdu im »Islam« IV 1/2
S. 139 f. und SzAMATOLSKi, Aus türkischer Volks- und Kunstdichttmg S. 27 ff. E. G.
III. Geschichte und Kulturgeschichte.
283. Amar, E., Bespr. von Cl. Huart, Histoire des Arabes. RHR LXVII 2.
284. Cherfils, Ch., Bonaparte el V Islam. Etüde sociologique d'apres les documents. Paris
191 3, Giard & Briere.
285. Dozy, R., Spanish Islam, a history of the Moslems in Spain. Translaied with additions
and cortections by Francis Griffin. London 1913, Chatto & Windus.
286. Johnston, Sir H., A history of the colonisation of Africa by allen races. Neue revidierte
Ausgabe S22 S. 1913.
287. Ismael Hamet, Termes hippiques frangais empruntes ä l'arabe. RI Se annec Nr. 84,
231 — 234 a suivre.
Kritische Bibliographie. ^'^']
288. Littmann, E., Bespr. von Rudolf Leszvnsky, Die Juden in Arabien zur Zeit
Mohammeds. Hist. Z. 3. Folge 15. Bd. i. Heft 192 — 195.
289. Lunt, Theodore R. W., IsUnns Svcerd ogKärlighedens Korslog. A.\x\Qx\i&xe,\.0\-ä.x%xiX.t\st
ved Fru F. Brönsted. Köbenhavn. Det danske Missionsselskab 1912.
»Das Schwert des Islams und der Krenzziig der Liehe «ist eine dänische Übersetzung von
Lunt's Buch: The story of Islam (London 1909). Eine unkritische, aber sehr lebendige
Darstellung von dem Leben Muhammeds nach den muhammedanischen Legenden, sowie
von der Entwicklung seiner Religion. Die Kreuzzüge werden als »eins der schwärzesten
Verbrechen der Geschichte« und eine Verneinung des Evangeliums dargestellt. Dem-
gegenüber wird Raimundus LuUus aus Majorka, der die Kreuzzüge ablehnte und für fried-
liche Mission eintrat, als Vorbild aufgestellt. Das Buch will zu weiterer Arbeit in seinem
Geiste anregen. J. P.
290. Michel Bey S. Chacavat, Mahomet et ks Khalifes. Paris 19 12, Guilmoto.
291. Morelli, C, Califß, tribunali, hahits. Napoli iqi2.
292. Sarkar, J. N., Anecdotes of Aurangzib and historical essays. London 19 13, Luzac
(242 S. 8").
293. Wasiljew, A.,' Karl der Große und Härün al-Rashid. Vizantijskij Vremennik XX,
I, 1913, S. 63—116.
Im Gegensatz zu der vom Schreiber dieser Zeilen (vgl. »Der Islam« III, 409 ff.) ver-
tretenen Ansicht sucht der Verf. zu beweisen, daß die Nachrichten der fränkischen Annalen
über die Gesandtschaften von Mansür, Härün und Ma'mün zu Pipin, Karl dem Großen
und Ludwig dem Frommen unbedingt Glauben verdienen; diese Nachrichten nur deshalb
zu verwerfen, weil sie bis jetzt durch keine orientalischen Quellen bestätigt werden können,
sei »Hyperkritik«. Ohne Wissen und Genehmigung des Kalifen könnte weder der Patriarch
von Jerusalem in Verbindung mit Karl getreten sein, noch Karl Kirchen und Klöster in
Palästina gebaut haben; deshalb ließe sich der Satz aufstellen: wenn eine Quelle über
das Verhältnis von Karl zu Palästina berichtet, so ist darin ipso facto auch eine N^-chricht
über den Verkehr zwischen Karl und dem Kalifen enthalten. Außer dem vom Schreiber
dieser Zeilen benützten Material werden auch einige hagiographische Quellen, besonders
Adonis Martyrologium und die anonyme Erzählung von der Übertragung der Religion
des heiligen Genesius, auch Flori Lugdunensis Carmina herbeigezogen; auf Grund dieser
Quellen will der Verf. den Beweis führen, daß die Reliquien S. Cyprian's und anderer
Heiligen tatsächlich utiter Karl dem Großen nach Frankreich übergeführt worden seien
(wie das Schweigen Einhards und der fränkischen Annalen zu erklären sei, wird nicht
gesagt), obgleich man diese Tatsache irrtümlich mit der Rückkehr der zweiten Gesandtschaft
(807), statt init der Rückkehr der ersten (801) in Zusammenhang gebracht habe.
Besonders wichtig seien die Nachrichten über die Übertragung der Reliquien des heiligen
Genesius ; aus dem Bericht darüber könne man ersehen, daß die Gesandten Karls aus Jerusalem
zum Kalifen, wahrscheinlich nach Rakka, gereist seien und dort längere Zeit zugebracht
hätten. Der Verf. schließt sich der Ansicht des Grafen Riant von dem »patronage histo-
riquement incontestable« Karls des Großen über alle Christen in Palästina ohne Unter-
schied der Sprache an, dieses »patronage« sei auch vom Kalifen anerkannt w'orden und
müsse als Anfang des späteren Protektorats Frankreichs über alle lateinischen Christen
betrachtet w-erden (die Tatsache, daß nicht nur die muhammedanischen, sondern auch
die christlich -orientalischen Quellen nichts derartiges berichten, wird nicht berührt, ebenso
wenig die Tatsache, daß den arabischen Geschichtsschreibern selbst die Existenz eines
fränkischen Kaisertums unbekannt geblieben ist). Für die Kalifen seien die fränkischen
Könige erwünschte Verbündete gegen den gemeinsamen Feind, die spanischen Omejjaden
gew-esen (welche Folgen eine solche politische Kombination im 2. Jh. der H. für das An-
23*
■2 7 A Kritische Bibliographie.
sehen der 'Abbäsiden gehabt hätte, wird nicht erwogen). Im Gegensatz zu Ponqueville's
Behauptung, der sich Barthold anschheßt, daß in »ernsthaften Geschichtswerken« für
die Nachrichten über die Gesandtschaften zwischen Kar] und Härün kein Platz sein dürfe,
spricht der Verf. die Überzeugung aus, daß diese Gesandtschaften, die so wichtige Folgen
gehabt hätten, in keinem ernsthaften Geschichtswerk mit Schweigen übergangen werden
sollten. W. B.
294. Wellhausen, Bespr. von Henri Lammens, Fäiima et les flies de Mahomet. Romi9i2.
GGA 75. Jahrg. Nr. V. 311— 315, vgl. auch Bouv.\t, RMM XXII 316—18.
IV. Naturwissenschaften (inkl. Medizin).
295. Gubb, A. S., La flore algerienne, naturelle et acquise, 282 Abbildg. 275 S. 191 3.
296. Lippmann, Edm. 0. v., Einige Bemerkungen zur Geschichte der Destillation und des
Alkohols. Z. f. angew. Chemie 1912, S. 16S0.
297. Schelenz, H., Einige (wie oben!). Z. f. angew. Chemie 191 2, S. 2526.
298. Lippmann, Edm. 0. v., Einige (wie oben!). Z. f. angew. Chemie 1913, S. 46.
Auseinandersetzungen zwischen den beiden Autoren über das genannte Thema, die
sich an die »Islam« IV S. 163 genannten Schriften anschließen. Hier sei eine andere Streit-
frage zwischen beiden Gelehrten erwähnt, die ebenfalls in der Polemik berührt wird.
H. Schelenz leitet das caput mortuum der Chemiker, den Destillationsrückstand im all-
gemeinen und das unreine Eisenoxyd insbesondere, von ö^>j> , Schlacke* ab, Edm. v.
L1PPM.A.NN bringt es mit dem Haupt des toten Osiris in Verbindung. Das mortuum bleibt
ein unerklärlicher Zusatz zu ^S>^jJ>, wenn es nicht in chemischen Schriften der Araber
nachweisbar ist. Entscheidendes für oder gegen die beiden Ansichten kann ich zurzeit
nicht hinzubringen. J- ^■
299. Richter, Paul, Dr. med., Beiträge zur Geschichte der alkoholhaltigen Getränke bei den
orientalischen Völkern und des Alkohols. Archiv f. d. Gesch. d. Natw. u. d. Technik
4. Bd. 6. Heft (19 13) S. 429—452.
Der Aufsatz ist die Zusammenfassung zweier Vorträge, die der Verf. 1909 und 1912
in der Berliner Ges. f. Gesch. d. Natw. u. d. Med. gehalten hat. Der erste Teil handelt
nach neueren Arbeiten von Orientalisten über die berauschenden Getränke bei Indern,
Babyloniern, Ägyptern und Juden, besonders auch über das ägyptische Bier und den
DüMb; der zweite vervollständigt die von Berthelot, E. v. Lippmann u. a. gegebenen
Nachweise über die Destillation des Weingeists und die Ableitung der Bezeichnung »Alko-
hol« durch Zitate aus chemischen und pharmazeutischen Werken des 16. und 17. Jhd.
(P.\RACELSus, RoLFiNK, Wedel). Es widerfährt dabei allerdings dem Verf. das Mißgeschick,
iL>Uoi von |Jw:5=\]J oder gar JwÄi »ausdörren« abzuleiten und unter Verwerfung der
durchaus richtigen und sachgemäßen Erklärungen Wedel's die falsche Erklärung Roi-
fink's vorzutragen. Bei der etwas stark zur Schau getragenen Kenntais des Arabischen
berührt es seltsam, daß auch an anderer Stelle ^ und 3 nicht unterschieden sind (S. 442
s. V. huwwärä). Für die Leser des Archivs ist es gewiß herzlich gleichgültig, ob man Koran
oder Qur^an schreibt: jedenfalls aber schreibt man nicht Qur'än (S. 43Q, 440). Soll einmal
genau transkribiert werden, so ist wenigstens Konsequenz zu verlangen; der Verf. hätte
also auch das Alfr. v. Kremer's Kulturgeschichte entnommene mädy mit nu7di)]a wieder-
geben müssen. Daß das englische gin (= genevre, Wachholderschnaps) mit armenisch
gini zusammenhänge, ist eine sehr gewagte Behauptung, nicht minder, daß das deutsche
»Rebe« auf altägyptisch arp zurückgehe. Solche Einfälle wären besser nicht gedruckt
worden. Die aus den griech. Geoponica angezogene Stelle [xi%'jii... 'jowp beweist aller-
dings nichts für aqua ardens, denn sie beruht auf der im klassischen Altertum verbreiteten
Kritische Bibliographie ^ ^ c
Ansicht, daß Wasser trunken machen kann (vgl. die Noten bei Niclas, Geoponicomm
etc. libri XX, Leipzig 1781, T. I. S. 523); der Satz fehlt in der arab. Bearbeitung des Cod.
Leid. 414 (lU, .St>)- j. R.
300. Roloff, Max. Det Isläm und die W issenschajt. Das freie Wort XIII (1913), Heft i
S. 30.
Der temperamentvoll geschriebene Aufsatz verficht die These, daß die Wissenschaft
dem Islam und den Arabern gar nichts zu verdanken habe. »Jene schöne wissenschaft-
liche Bewegung war ganz und gar das Werk von Persern, Christen, Juden und von Moham-
medanern, die innerlich gegen ihre eigene Religion empört waren.« Der Geist dieser Wissen-
schaft hat nichts arabisches, sie bedient sich der Sprache, aber diese ist ihr eine Fessel.
Die Überlegenheit Syriens und Bagdads über das lateinische Abendland rührt nur daher,
daß man der griechischen Überlieferung viel näher war als dort, so daß die griechische
Wissenschaft auf dem Umweg über Spanien zu uns gelangte. Vom Jahr 1200 ab war aber
die theologische Reaktion im Islam ganz und gar siegreich. Die abendländische Theologie
hat den wissenschaftlichen Geist nicht erwürgt, nur in Spanien hat sie gesiegt. — Die
Opposition gegen die vulgäre Ansicht ist zweifellos sehr berechtigt, schießt aber doch etwas
über das Ziel. Was vom Arabischen gesagt ist, kann ebenso vom Latein gesagt werden,
und die Förderer der Naturwissenschaften im Abendland waren meist in Glaubenssachen
nicht minder verdächtig als ihre muslimischen Genossen: *iLxJl V^>^3 l.-H^5 v^Äi"
^•X.^j J. Das Verdienst der christlichen Theologie ist es gewiß nicht, wenn ihr zum
Trotz der wissenschaftliche Geist nicht erstickt wurde, sondern durchdrang. J. R.
301. Stegtnann, Otto, Die Anschauungen des Mittelalters über die endogenen Erscheinungen
der Erde. Archiv f. d. Gesch. d. Natw. u. d. Technik, 4. Bd. S. 243—269, 328 — 359,
409 — 426.
Diese reichhaltige Studie zur Geschichte der Geologie, insbesondere des Vulkanismus
und der Erdbebenkunde behandelt den weit zerstreuten Stoff nach einer Einleitung über
die historischen Grundlagen der Anschauungen in drei Abschnitten: I. Die Anschauungen
über den innern Zustand unseres Erdkörpers — mit einem Exkurs über das Erdinnere
als Ort der Hölle, bei dem man ungern das klassische Werk des Univ.-Professors Dr. Joseph
Bautz über diese interessante Gegend vermißt (Mainz 1905). II. Die Erklärungsversuche
der vulkanischen Erscheinungen. III. Die Erklärungsversuche der seismischen Erschei-
nungen. Auch die arabische Literatur ist, soweit durch Übersetzungen zugänglich, mit
großem Fleiße beigezogen, und E. Wiedemann hat eines unbekannten Verfassers »Aus-
führung über die Feuer (Nlrän), welche auf der Erde entstehen« nach der Berliner Hand-
schrift We 1813 m Übersetzung beigesteuert. Die Studie stellt gegenüber K. A. v. Zittel's
Geschichte der Geologie und Paläontologie und dem geschichtlichen Abschnitt in W. H. Hobb's
Erdbeben eine erfreuliche Bereicherung unserer Kenntnis mittelalterlicher Anschauungen
dar. Weniger erfreulich sind die vielen stehengebliebenen Druckfehler; daß es überall
»muslinisch« heißt, ist eine merkwürdige Neuerung. J. R.
302. Wiedemann, Eilh., Arabische Studien über den Regenbogen. Archiv f. d. Gesch. d.
Natw. u. d. Technik. 4. Bd. 6. Heft (19 13) S. 453 — 460.
Der Aufsatz enthält die gekürzte Übersetzung von drei Abhandlungen über den
Regenbogen. Die beiden ersten, von unbekannten Verfassern, hat L. Cheikho im Machriq,
Bd. 15 S. 736 — 745 (1912) veröffentlicht. Die dritte Abhandlung ist auf Grund einer von
Dr. Meyerhof in Cairo besorgten Abschrift übersetzt und hat den ägyptischen Rechts-
gelehrten Öihäb ed-din Ahmed b. Idris al-Qaräfi (gest. um 1 2S5) zum
Verfasser. In allen drei Schriften macht sich der Einfluß von Aristoteles' Meteorologie
stark bemerkbar. Es wäre nützlich und lohnend, die Vergleichung einmal genauer durch-
zuführen, und die entsprechenden Stellen griechischer und arabischer Autoren neben-
c^:'5 Kritische Bibliographie.
einanderzustellen, um die Fortschritte in dem Verständnis des Phänomens zu erkennen.
Interessant sind die Bemerkungen über kreisförmige Regenbogen auf hohen Bergen und
die analogen Erscheinungen, die bei Springbrunnen oder an Kerzen in dunstiger Atmosphäre
beobachtet werden. J- R-
303. Wiedemann, Eilhard, Beschreibung des Auges nach al Qaz'<dni. Jahrbuch für Photo-
graphie und Reproduktionstechnik für das Jahr 1912. Sonderdruck, 8 S.
Übersetzung von Kazwini I, 332 — 335 mit kurzer Einleitung. Das '■aztmi'l-
'■aini würde ich nicht mit »Knochen«, sondern mit »Hauptteil« des Auges übersetzen,
min karnin abjada mit »aus hellem, farblosem Hörn«. Statt »Irisschicht« S. 4 wäre die
wörtliche Übersetzung »Traubenschicht« bzw. »Traubenhautschicht« vorzuziehen, weil
sie der Emendation entspricht, die in der Fußnote erwähnt, aber nicht erklärt ist. Der
am Rande des Da mir I abgedruckte authentische Text des Kazwin! hat übrigens
an den gleichen Stellen wie der WüsTENFELo'sche Text 'ainijje statt 'inabijje; die späteren
Stellen, wo bei Wüstenfeld 'inabijje steht, können nicht zum Vergleich herangezogen
werden, da sie im echten Text fehlen. Fast der ganze Abschnitt über den Nutzen der
Schichten und Flüssigkeiten, der bei Wüstenfeld zwei Seiten, also nahezu zwei Drittel
des Gesamttextes ausmacht, ist ein junger Zusatz, dem im alten Text kaum eine halbe
Seite — hauptsächlich der Schluß der Ausführungen — entspricht. Auf die übrigen Vari-
anten will ich hier nicht weiter eingehen. J. R.
304. Wiedemann, Eilhard, Über die Fata Morgana nach arabischen Quellen. Meteorolo-
gische Zeitschrift 1913, Heft 5.
Erklärung der arabischen Ausdrücke al-Al und al-Saräb nach dem Lisän al 'Aralr
und Tag al^Arüs, Anführung einiger Dichterstellen und Übersetzung der Fragen 37 und
38 aus einer Schrift des Q a r ä f I , die sich mit optischen Problemen beschäftigt und hier
eine Erklärung der Erscheinung zu geben versucht. Das Wort al-gauharl, womit die Aiaber
die Erscheinung auch bezeichnen sollen, kann hier wohl nur die Bedeutung »das Flim-
mernde« haben, nach Art der »Damaszierung« also, und nicht iwie ein Edelstein aus-
sehend«, das auch zur W'ahl gestellt ist. J. R.
305. Wiedemann, Eilhard, Beiträge zur Geschickte der N aturwissenschajten XXVII — XXX.
SPMSErlg. 1912, I — 40, 113 — 125, 205 — 256.
Die erste der hier genannten Abhandlungen enthält eine Sammlung von geographi-
schen Beiträgen, und zwar Geographisches aus verschiedenen Schriften von Al-Berüni
nach Handschriften des Kitäb al-tafhtm und Zitaten bei J ä q ü t und al-Charaqi,
sodann Auszüge aus al-SchiräzI's vom Verf. wiederholt schon benutzten Werke
Nihäjat al-idräk ji diräjal al-ajläk über die Meere und die Klimate, einiges über die Größe
der Meere nach al - K i n d i und die geographischen Stellen aus den Mafäü/i, die sich
im 2. Abschnitt des 6. Kapitels des zweiten Buches befinden, das über die Wissenschaft
von den Sternen handelt.
In der XXVIII. Abhandlung sind die Biographien von a 1 - B a i h a q I nach J ä q ü t
und die von al-Berünl nach Ibn abi Usaibi'a mitgeteilt. Mit J. Hell zusammen
hat E. Wiedemann noch einen geographischen Nachtrag aus dem mas'üdlschen Kanon
von a 1 - B e r ü n 1 auf Grund der Berliner Handschrift Nr. 275, Ahlwardt 5667 in Über-
setzung als Beitrag XXIX veröffentlicht. Es handelt sich darin um die Beschreibung
des bewohnten Landes im allgemeinen und die Begrenzung der Klimate nach Länge und
Breite, sowie um die Einleitung zu dem Tabellenwerk a 1 - B e r ü n i's, das die Längen
und Breiten zahlreicher Orte angibt.
Eine sehr umfangreiche und entsprechend reichhaltige Studie ist der Beitrag XXX:
Zur Mineralogie im Islam. Er beginnt mit einer Zusammenstellung der wichtigsten mine-
ralogischen Schriften in arabischer, persischer und türkischer Sprache. Hierauf folgt die
Kritische Bibliographie. T^-iy
Übersetzung von Ibnal-AkfänT's (gest. 1348) Buch Nabb al-dafiä^ir jt ahiväl al-
gaiväkir nach dem von Prof. L. Ch'^ikho im Machriq veröffentlichten Texte, sodann das
Mineralogiscl« aus der arabischen Handels- und Warenlehre des A h ü '1 f a d 1 G a' f a r
b. 'AI i a 1 - D i m a s k 1 , die um i'75 vollendet wurde. Den Schluß der Abhandlung
bilden Bemerkungen über einzelne Edelsteine, Mineralien und Mineralvorkommen, die
E. WiEDEMANN mit erstaunlicher Eelesenheit aus den verschiedensten gedruckten und
handschriftlichen Quellen zusammengetragen hat. Wir haben in seinen Studien nun wohl
die vollständigste Sammlung von Nachrichten übar die Mineralogie der Araber, die zur-
zeit existiert; nur Textausgaben mit Kommentaren unter Heranziehung der klassischen
und indischen Literatur können jetzt noch weiter führen. J. R.
V. Literaturgeschichte
(Handschriftenkataloge und neue Quellen).
306. Abul 'Aiä al Ma'arri, Le poele aveugle Abii'l-'-Alä al-JMa'arri, un precursuer d'Omar
Khayyam. Extraiis de ses pohnes et de ses leitres. Traduit de l'arabe p. G. Saljcon.
Paris 1913.
307. Bittner, Max, Prof. Dr., Die heiUgenBücher der Jeziden oder Teufelsanbeter (kurdisch
und arabisch). Hrsg., übers, u. erläutert, nebst e. gramm. Skizze. (98 S.) Denk-
schriften d. Ak. W. Wien 19 13, IV.
308. Clair-Tisdall, W. St., Shi'ah additwns lo tlie Koran. M\N IH 3, 227—241.
Übersetzung der schiitischen Koranzusätze nach einer Kopie des Bankipur-Manu-
skripts. Der Text der Surat an-Nurain in dieser Kopie soll bessere Lesarten als der von
Canon Sell veröffentlichte enthalten. Eine baldige Edition des Bankipur-Manuskripts
mit Noten und der persischen Übersetzung wird versprochen. H. R.
309. Destaing, E., Notes sur des maniiscrits arabes de l' Ajrique Occidentale {suite). RALVH.
Nr. 288, ler Trimestre.
Verzeichnet (zum Teil in Versen geschriebene) Werke über Fiqh, Grammatik, Metrik,
Astronomie, Medizin, sowie zwei Qasiden über die Geschichte des Magrib. E. G.
310. El-Djäml', Salamän et Absäl, poenie mystique d'amour traduit du persan d'Al-Djämi
par Auguste Bricteux prof. Paris 1913.
311. Juwaini, The Tärlkh i Jahän Giishä. Part L Edited by M I r z ä Mohammed
i b n 'A b d i '1 W a h h ä b i Q a z w i n i. London, Gibb Memorial Series XVIi.
1 9 1 2 .
312. Dreyfuss, Hipp., Bahäou'lläh, L'epitre au fls du loup. Traduction frangaise.
Paris, Champion, 1913.
313. EUis, A. G. and Edwards, E., Descriptive list of the Arabic mss. in Ihe British Museum
acquired by the Trustees since 18^4. London 19 13. 8°.
314. Firdausi, The Shähnäma, done into English by A. G. and E. Warner, Vol. 6. 1913.
315. Gabriel!, G., Manuale di arabo letlerario. Roma 19 13. 8°.
316. Greve, F. P,, DjV Erzählungen aus den tausend und ein Nächten. Vollständige deutsche
Ausg. in 12 Bdn., auf Grund der BuRTON'schen engl. Ausg. besorgt. (2. Aufl. j[. u.
5. Taus.) (Titel u. Einbd. zeichnete Marc. Behmer.) i. Bd. (XIX, 393 S.) 8°. Leip-
zig, Insel -Verlag 19 13.
317. G[uest], A. R., Besprechung von : Greek Papyri of the British Museum. Catalogue,
with Texts. Vol. IV: The Aphroditö Papyri. Edited by H.- J. Bell, M. A.; with
an Appendix of Coptic Papyri edited by W. E. Crum, M. A. JRAS 19 13 S. 437 — 447.
318. G[uest], A. R., Besprechung von: Tarjimän Al-Ashzcäq, \>y Mtihyi^d-Din ihn- AI-
^^g Kritische Bibliographie.
^Arabi. Edited by Reynold A. Nicholson. London: Royal Asiatic Society, 191 1.
JRAS 19 13 S. 447—452.
319. Ishäq b. Hunain, Aristoteles. Hermeneutik. In d. arab. Übersetzung des I s h ä k
1 b n H o n a i n hrsg. u. mit Glossar der philosoph. Termini versehen v. J. Pollak.
Leipzig, Abh. f. d. K. d. M., 19 13. 8°.
320. El-Khazrejf, The Pearl Strings. A History of the Resüliyy Dynasiy of Yemen by 'Aliyyu'
bnit 'l-Hasan "el Khazrejiyy. The Arabic Text edited by Shaykh Muhammad
'Asal. Gibb Memorial. Series Vol. III4 1913-
Enthält die erste Hälfte des arabischen Textes.
321. Ibn al-Khatib, Kiiäb al-Wajayät. Edited by M a w 1 a w i M. H i d a y a t H u s a i n.
Journal & Proceedings of the As. Soc. of Bengal. New Ser. VIII(i9i2)Nr. i, S. i— 3S.
Kurze biographische Notizen, chronologisch geordnet, bis 807/1404. Der genaue
Name des Verf. ist A b ü '1 - 'A b b ä s A h m a d b. H u s a i n b. 'A 1 I b. a 1 - ^ a t i b
a 1 - K u s a n 1 1 n i. Sein Großvater war baßb und kädi (f 733/1332), sein Vater nur
^a/Fi^ (t 750 1349). Der Verf. hat in Cordova, Marokko und Tunis (1375) studiert. Laut
einer, in der einzigen benutzten Handschrift verstümmelten, Aufzählung am Schluß des
Werkes hat er außerdem verfaßt: Takrtb ad-daläla jt Sar/i ar-risäla. W. Printz.
322. Ibn 'Askar, La »Daouhat au-nächir« de Ibn '■Askar snrles vertus eminentes des Chaikhs
du Maghrib au dixihne siede. Traduction par A. Graulle. Archives Marocaines,
vol. XIX. Ernest Leroux, Paris 19 13.
Wichtiger Beitrag zur Kenntnis der maghrebinischen Heiligenbiographie. In die
Übersetzung eingestreut sind allerlei sufische Regeln und Sprüche in arabischem Faksimile
mit Übersetzung, zu denen man die Quellenangaben vermißt. Angehängt sind Ergänzungen
aus anderen Heiligenbiographien, speziell über die von Ibn 'Askar gänzlich vernach-
lässigte Familie der Fäsijln, über Al-Öazüll, As-§ädill und Al-Öunaid.
H. R.
323. Comte de Landberg, Etudes sur les dialecles de PArabie meridionale. Datinah. Troisieme
partic. Conmicntaire des textes poeti(iues. Articles detaches et Indices. Leiden,
Brill, 19 13.
324. al-Sam'ani, The Kitäb al-Ansäb of '■Abd al-Kartm Ibn Muhammad al-Sam^änt, repro-
duced in Facsimile from the manuscript in the British Museum, add. 23. 355. With
an Introduction by D. S. Margoliouth. Gibb Memorial Series. Vol. XX, 19 13.
325. Moberg, C Axel, Bespr. von Horten, Mystische Texte aus dem Islam. DLZ 34, iS.
326. Nicolas, A. L. M., S e y y e d Ali Mohammed dit le Bab: Le Beyan Persan,
traduil du persan, tome II 174 S. Paris 1913-
327. Nielsen, Alfred, Arabiske Mundheld, »Hovedstaden«, Sonntag, i. Juni 1913.
Einige »arabische Sprichwörter«, die der Verf. als Missionar in Syrien gesammelt
hat. J- P-
328. 'Omar Khajjäm, : deMarthold, ]vi.es, Le livre des quatrainsd^Omar Khäyydm iraduii
du persan en ritnes jrangaises. (4°). Paris 19 13, Paul Ferdinando.
329. 'Omar Khajjäm, Rubaijat, Aus dem Englischen Edward Fitzgerald's übertragen
von Walter Fränzl. Diederichs, Jena 1913-
330. Al-Quhaif al-'Ugaili, his poeücal remains coüected and translated. JRAS 19 13
S. 341 — 368. By F. Krenkow.
Neben arabischem Text und Übersetzung ausführliche Einleitung über die Ereignisse
(Unruhen und Stammesfehden) in Zentralarabien (Jemäma, Bahrain) nach der Ermordung
des Chalifen Walid b. Jezid (126 H), die den Gedichten des Qu ha if zugrunde liegen.
R. M.
331. Ronkel, Ph. S. van, 'Supplement to the catalogue of the Arabic Manuscripts preserved
Kritische Bibliographie. ^SO
in the Museum of ihe Batavia Society of arts and sciences. Batavia (Albrecht & Co.),
The Hague (Nyhoff) 1913. IX 554 S. 85.
Wertvolles Supplement zu Van den Berg's Katalog {Codicum Arabicorum in biblio-
theca Societatis artimn et scientiariim quae Bataviae floret asservatorum Catalogum inchoatuni
a doct. R. Friederich absolvit L. \V. C. van den Berg. Bataviae, Hagae Comitis, 1873).
Ungefähr 580 arabische Manuskripte aus verschiedenen Teilen von Niederl.- Indien (aber
hauptsächlich aus Atjeh) sind beschrieben. Sie handeln fast ausschließlich über die reli-
giösen Wissenschaften der Muhammedaner: Koran, Tradition, Theologie und Mystik,
Gesetz, Biographie des Propheten, der Sahäbah und anderer heiliger Männer, und ferner
über die propädeutischen Wissensfächer: Grammatik, "Lexikographie, Arithmetik, Astro-
nomie usw. Nur einige merkwürdige Handschriften (ursprünglich von Arabern aus
Hadhramaut) sind ausführlicher beschrieben.
Es gab bisher nur vorläufige Verzeichnisse dieser Manuskripte in »Notulen van het
Bataviaasch Genootschap« (u. a. von Snouck Hurgronje, Notulen XXXIX, S. 120 — 153,
XLII, S. 100 — 107) und in Van den Berg's »Verslag van eene verzameling Maleische,
Arabische, Javäansche en andere handschrijten<i, Batavia, 's Hage, 1S77. Th. W. J.
332. Sa'adi, Lejaräin des Roses, traduit du persan par Franz Toussaint; preface de la
Comtesse de Noailles, Paris 19 13.
333. Säle, George, The Qoran; or Alcoran of Mohammed. With explanatory noies and
preliminary discourse, also readings from Savaray's Version, ^^'ith maps and plans
(538 S.). London 1913, Warne.
334. Szamatolski, Ludwig, Ans türkischer Volks- und Kunsidichiitng. i. Köroghi, der
verbreiteiste der anatolischen Volksrmnane, nach einer Stambuler Lithographie des
Jahres 1302 h. zum ersten Male ins Deutsche übertragen. 2. Ahmet Hikmets Üsümdji,
eine Charakteristik des anatolischen Volkes, aus »Türk Jurdu« übersetzt. Wiss. Beil.
z. Jahresber. d. sechsten Stadt. Realschule zu Berlin. Ostern 19 13. 32 S.
Auf eine sich an weitere Kreise wendende Einleitung, in der die türkische Volks-
literatur kurz charakterisiert und sodann über die Figur des Köroghlu sowie die literar-
geschichtliche Stellung des nach ihm benannten Volksbuches ohne tieferes Eingehen auf
die Probleme gehandelt wird, folgt die Übersetzung, die poetischen Stücke erfreulicher-
weise in meist recht gewandten Versen. Als Gegenstück ist A h m e d H i k m e t's »Trauben-
verkäufer« (aus Tiirk Jurdu i) übertragen; der hier ausgesprochenen Verherrlichung des
Anatoliers schließt sich Sz. in seinem temperamentvollen Nachwort begeistert an.
E. G.
335. Wortabet, Dr. Late, Aphorisms of the f.rst four caliphs or successors of Muhammed
(continued). AQR N. S. I2, 310—318; vgl. Krit. Bibl. Heft 1/2 Nr. 97.
336. Zeb-un-Nissa, The Diwan of Zeb-un-Nissa. Rendered from the Persian by Magan
Lal and Jessie Duncan Westbrook. With an Introduction and Notes. New
York, E. P. Dutton & Co. Wisdom of the East Series.
VI. Archäologie
(Kunstgeschichte, Epigraphik, historische Geographie und ähnliches).
337. Bachmann, W., Kirchen und Moscheen in Armenien und Kurdistan. 29. Wissenschaft-
liche Veröffentlichung der Deutschen Orient-Gesellschaft. Leipzig, Hinrichs, 19 13.
80 S., 71 Tafeln. (Bespr. folgt später.)
338. Bei, A., Fouilles faites sur l' emplacement de V Ancienne Mosquee d' Agadir {Tlemcen)
igio—ii. RA LVII, Nr. 288, i^r Trimestre 1913.
340 Kritische Bibliographie.
Enthält Zusammenstellung der spärlichen historischen Nachrichten über die einstige
Moschee von Agadir (gegründet von Idris I. 174/790; das heute einzig noch erhaltene
Minaret erbaut bzw. erneuert von Yagmoräsen, dem ersten Ziyäniden); ferner genaue
Angaben über die Örtlichkeit und frühere Funde, sowie den Grabungsbericht, den ein
Plan erläutert. Die Maße und die ungefähre Anlage der Moschee konnten festgestellt,
von den Dependenzen nur das Bad nachgewiesen werden. Zur Geschichte des Baues ergab
sich nichts. E. G.
339. Bell, Gertrude Lowthian, Churches and monasteries of the Tür 'Abdin and neighboiiring
dislncls. (56 S., 40 Fig., 28 Tafeln.) Zeitschr. f. Gesch. d. Architektur, 9. Beiheft.
Heidelberg 1913, C. Winter.
340. Brehier, L., A propos de la quesHon »Orient ou Byzance«. BZ XXII 1/2.
Während die Technik der byzantinischen Kunst in jeder Weise von orientalischen
(pers., syr., islamischen) Mustern beeinflußt und fast unverändert bis zum Ende im Ge
brauch geblieben ist, zeigt sich im S t i 1 durchaus eine selbständige und bedeutende Weiter-
entwicklung. An dem Beispiel der byzantinischen Skulptur wird die These näher erläutert.
E. G.
341. Grothe, H., Ein Perserleppich ans Kermän. (Aus der Sammlung des Herrn Rudolph
Said-Ruete, London). Mit i Abb. auf i Tafel. OA III (1913) S. 84—85.
Beschreibung eines Teppichs aus dem Anfang des 19. Jhs. : Darstellung einer Szene
aus dem persischen Epos »Chosrou und Schirin«. R. M.
342- Gurlitt, Cornelius, Die islamischen Bauten von Isnik {Nicaea). Mit 34 Abb. im Text
und 5 Tafeln. AO III 1913 S. 49 — 60.
Populär gefärbter Bericht über einen zweitägigen Aufenthalt in Isnik zwecks Studiums
der dortigen islamischen Bauten, durch hübsche Photographien und einige Risse, die
jedoch z. T. nur ungefähre Maße geben, illustriert; aber, wie Verf. nach seiner Angabe es
auch nicht beabsichtigt hat, durchaus keine erschöpfende wissenschaftliche Untersuchung
der einzelnen Bauten. — Zu dsr Anm. auf S. 60 ist die Berichtigung Jacob's auf S. 145
zu \ergleichcn. R. M.
343. Jacob, G., Die Herkunft der Silhouettenkunst {ojmadschylyk) aus Persien. (11 S. mit
2 Abb. 8°). Berlin, Mayer & Müller, 1913.
Die abendländische Silhouette — die älteste dem Verf. bekannte aus dem Jahre
1631 stammend — hat ihren Ursprung wahrscheinlich in Persien, von wo sie zunächst,
nach der Türkei gelangt sein dürfte. Vorläufiges Material verschiedentlich in der türki-
schen Literatur, bes. bei E v 1 i j a ; Proben z. B. in dem in Wien befindlichen Album
für Muräd III. (vermutlich von dem berühmten Ausschneider F a h r I). Man hat der
Schrift reiche Anregung und den Hinweis auf ein interessantes Problem zu danken.
E. G.
344. Kahle, Paul, Das islamische Schattenthealer in Ägypten. Mit 3 Abb. u. 3 Tafeln. OA III
1913 103—108.
Populär gehaltene kurze Darstellung der Geschichte des Schattentheaters in Ägypten
und Beschreibung einiger Schattenspielfiiguren. Der Artikel bringt zu den früheren Arbeiten
des Verf. in dieser Zeitschrift (I, 264 ff., II 143 ff.) nichts Neues, außer einer bisher noch
nicht veröffentlichten, auf Tafel XIX abgebildeten Schattenspielfigur, die Verf. später
mit anderen zusammen eingehender im »Islam« besprechen will. R. M.
345. Martin, F. R., Tkc miniature painting and painters of Persia, India and Turkey from
thg VlII^^ to the XVII^^ ceniuries. 2 vol. London 1912. gr. 4°. Lwdbed. With 271
collotype plates, 42 text illustrations and 5 plates in chromoUthography.
346. Riviere, Henri, La ceramique dans l'art imisulmane. Paris 1912 — 13, Emil Levy.
(lüo planches.)
Kritische Bibliographie. -^aj
347. Ritter, Erich, Die türkische Teppichindustrie. Deutsche Lev.-Ztg. III, 6.
348. Rosinthal, J., Pendentifs, Trompen und Stalaktiten. Beiträge zur Kenntnis der islam.
Architektur. Mit Abb. Leipzig 1912.
349. Veläzquez BOSCO, R., Arte del califato de Cördoba: Medina Azzahra y Alamiriya. ?kladrid
19 12. 40. Con 58 läminas.
350. Vincent, P. Huges, and Abel, P. F. M., Jerusalem. Recherches de topographie, d'archeo-
logie et d'histoire. T. I. Jerusalem antique. T. IL Jerusalem nouvelle. 2 vols. en
4°, chacun de 4 fasc. Faris, LecofTre, 1913.
351. Weinzelt, R., Über persische Teppiche I. Mit 3 Abb. OA III 1913, S. 65 — 83.
An einen weiteren Leserkreis, Sammler und Liebhaber, gerichteter Artikel. Versuch
einer Klassifikation nach den Herstellungsgebieten. Besprechung der Farben und Farb-
stoffe (Hinweis auf den unheilvollen Einfluß der trotz Einfuhrverbots benutzten Anilin-
und Alizarinfarben), der Knüpfungsart, der Dessins, der Wolle, Seide und des Formats.
Zum Schluß manches Interessante über die Teppichmärkte. R. M.
VII. Länder und Völker des Islam.
a) Rußland.
352. Ernst, Nikolaus, Die ersten Einfälle der Krymiataren in Südrußland. ZOEG III i,
S. 1-5S.
Behandelt werden nach allgemein orientierender Einleitung i. Die Einfälle der
Tataren der Goldenen Horde in Moskau. 2. Die Einfälle der Krymtataren nach Polen
und Litauen. 3. Die Situation des moskauischen Rußland gegenüber den tatarischen
Raubzügen. — Gründliche historische und kriegswissenschaftliche Stu-die; bemerkenswert
die Ausführungen über die Stellung der christlichen Sklaven bei den Tataren (s. S. 48 ff.)
E. G.
353. Uebersberger, Hans, Rußlands Orientpolitik in den letzten zwei Jahrhunderten. Erster
Band: Bis zum Frieden von Jassy. 350 S. Stuttgart 19 13.
b) Türkei.
354. Awetaranian, P. Joh., Philippopel, Die muhammedanischen Weissagungen vom Fall
Konstantinopels, vom Mahdi und vom Antichrist, nach den religiösen Volksbüchern
»Ahmedije« und »Mohamedije«. Der christliche Orient und die Muhammedaner-
Mission 14. Jahrg. Heft 2, Febr. 1913, S. 30 — 35.
I. Einleitung. 2. Die Vorzeichen des jüngsten Tages. 3. Das Auftreten der Banü
Asfar und der Fall Konstantinopels. Übersetzung nach türk. Handschriften der Berliner
Bibliothek. M. H.
355. Baldensperger, Philip. J., The Immoveable East, studies of the people and ciisioms of
Falestine, with biogr. introduction by F. Lees. London, Pitman and Sons, 191 3.
309 S. Bespr. MW III 3 315.
356. Bert, Alexis, Description du Desert de Siout a la mer Rouge (d' apres un manuscrit
de la Bibliotheque royale au Turin). Public par Jules Coüyat. (Comme appendice
ä la »Description de l'EgjqDte«.)
357. Biliotti, A. & Ahmed Sedad, Legislation ottomane depuis le retablissement de la Con-
stitution (10 ]ui!h-t 1908). T. I 600 S. 8". Paris 1912, Jouve.
358. Le Boulicant, Albert, Au pays des mysteres. PHerinage d'un chretien ä la Mecque
et a Medine. Paris 1912, Plom-Nourrit.
359. Bourdarie, Paul, La legon coloniale des Balkans. I. Les rcformes en Turquie. II. Im.
3 J 2 Kritische Bibliographie.
possibilite des reformes. III. Situation des Musulmans dans les Etats balkaniques.
IV. Les reformes en Algerie. RI 8, Nr. 85, 281 — 308.
360. Brockelmann, Carl, Bespr. von Jorga, Geschichte des osmanischen Reiches V. LZB 64,
16, 19. April 1913.
361. Burton, Richard, F., Personal narrative of a pilgrimage io Al-Madinah and Meccah.
2 vols. (470, 488 S., 12"). (Bohn's populär library.) London 1913, Bell.
362. De Contenson, L., En Turquie d' Asie. La queslion syrierme. As. Fr. B. 130. annee
Nr. 145, 164— 173-
363. V. Diest, Werdegang der Osmanen I. Asien 1913, Nr. S, 131 — 134.
364. Dwight, Henry Otis, A Muslim Sir Galahad. A prescnt-day story of Islam in Turkey.
London 1913, Revell.
365. Fischer, Hans, Referat über die moderne Topographie, Siedlimgs- und Verkehrsgeographie
Palästinas, besonders für die Jahre 1910/1912 (mit einer Tafel). ZDPV 36, 2.
366. Griessbauer, Ludwig, Bankdirektor, Arabische Wirlschafts- und V erkehr sproblevie.
\VclUcrkehr und Weltwirtschaft 1912/13, Nr. 12, März 1913.
367. Heyck, Ed., Prof. Dr., Aufbau und Verfall des Os^manenreiches. Velhagen u. Klasings
Monatshefte, XXVII. Jahrg., I. Bd. S. 581—586.
Eine glänzend geschriebene gemeinverständliche Darstellung weniger des Aufbaus,
als des \'erfalls und der heutigen äußeren und inneren staatlichen Probleme der Türkei.
E. L.
368. Kraelitz-Greifenhorst, Friedr. Dr. von,, Studien zum Armenisch-Türkischen (46 S.)
Wien 191 2. A. Holder. SBAk. Wien 168, IIL
369. Lepsius, Johannes, Die Zukunft der Türkei. Der Christliche Orient und die Muham-
medancr-Mission. 14. Jahrg. Heft 3/6, März- Juni 1913, S. 37 — 60, und 73 — 91.
I . Nikolaus I.' und Lord Seymour. 2. Der Rückgang der Türkei (mit Tabelle). 3. Frhr.
von der Goltz über die Türkei. 4. Die orientalische Frage. 5. Die arabische Frage. 6. Die
Bevölkerung der asiatischen Türkei (mit zwei Tabellen). 7. Christliche und muhammeda-
nische Bevölkerung. 8. Die armenische Frage (mit zwei Tabellen).
370. Lukach, H. C, The fringe of the east. A journey through pasl and present provinces
of Turkey. With many illustrations. Macmilian and Co. London 1913.
371. Mattsson, Emanuel, TüHt il'umr, texte arabe vulgaire transcrit et traduit avec intro-
duction, notes et commentaire, MO VI fasc. 2, p. 81 — 117 und fasc. 3, p. 207 — 31.
Transkription und Übersetzung eines Dialogs von dem in Brasilien wohnhaften
Syrer Sukrl al-yOri. Der Dialog, früher erschienen in der amerikanisch-arabischen
Tageszeitung al-Hudä und 1904 als selbständiges Buch in Neu York, gibt die Stimmungen
der christlichen Syrer gegenüber den Muhammedanern, der türkischen Regierung und
Europa wieder. J. P.
372. Miller, William, The Ottoman Empire, 1801 — 1913. 564 S. Cambr. Univ. Press.
373. Montet, Ed., Islam and the Turks.
Inhaltsangabe eines am 6. März in Genf gehaltenen V'ortrags. Verteidigung des
Islams und der Türkei. H. R.
374. Nikolaisen, J., Balkankrigen og Islam. »For Kirke og Kultur«. Kristiania, Februar
1913, p. 109 — 12.
Verf. meint, nach dem Balkankrieg werde die Demokratie die reaktionären Mächte
in der Türkei besiegen, die Freiheitsideen würden sich verbreiten und das Christentum
Eingang finden. Im politischen Rückgang des Islam sieht der \'erf. einen Beweis dafür,
daß Gott die Geschichte leitet. J. P.
375. Nord, Erich, Das türkische Strafgesetzbuch vom 28. Zilhidje 12/4 (9. August 185S) mit
Novelle vom 6. Djemazi-ül-achyr 132g (4. April 1911) und den wichtigsten türkischen
i
Kritische Bibliographie. ^j^-j
Strafnebengesetzen. Deutsche Übersetzung nebst Einleitung und Anmerkungen von
Erich Nord. (Sammlung außerdeutscher Strafgesetzbücher in deutscher Über-
setzung l*r. 34.) Berlin 191 2, J. Guttentag. (XIII 107 S. 8°.)
376. Raunkiär, Barclay, Beretning om min Rejse i Centralarabien. Foredrag, holdt i det
kgl. danske geogr. SelskabsMöde d. aden Dec. 1912. Geografisk Tidskrift 19 12, Bd. 21,
Heft VIII, p. 283—89.
»Bericht über meine Reise in Zentralarabien«; in diesem Vortrag schildert der Verf.
seine Route und die Resultate seiner Reise: die bisherige Auffassung von der Lage und
Ausdehnung der est- und zentralarabischen Sandwüsten wird berichtigt und erheblich ver-
ändert. Die Lage und Ausdehnung der Stein- und Lehmwüsten wird festgestellt, ebenso
die Lage von Brunnen und Oasen. Die Handelsbeziehungen und die Wanderungen der
Nomaden werden untersucht: den Winter verbringen sie in den südlichen Wüsten, im
Sommer gehen sie nordwärts, um Weide und Wasser zu, finden. J. P.
377. Raunkiär, Barclay, Central- og Östarabien. Grundris ved folkelig Universitetsunder-
visning, nr. 209. Köbenhavn, Jacob Erslev, 1913. 16 pp.
Die gedruckte Vorlage für eine populäre Vorlesungsreihe über die Erforschung
Arabiens vom Altertum bis zum heutigen Tag, vor allem die Expeditionen der neueren
Zeit, mit Niebuhr anfangend. Auf diesem historischen Hintergrund gibt der Verf. ,ein
Bild von seiner eigenen Forschungsreie und deren Resultaten. J. P.
378. Raunkiär, Barclay, i>Det nafhängige Arabien«. »Gads danske Magasin«, Februar
1913, p. 292 — 302.
Der Verf. macht in diesem Aufsatze »Das unabhängige Arabien« Mitteilungen über
seine sehr ungünstigen Eindrücke von der arabischen Bevölkerung, wie er sie auf seiner
Forschungsreise in Zentralarabien kennen gelernt hat. Die »humanen« Reformen haben
nach ihm einen demoralisierenden Einfluß geübt. Am meisten interessiert die Mitteilung,
daß die fruchtbaren und früher gut bebauten Oasen jetzt allmählich vernachlässigt werden,
weil die jungen Leute es vorziehen, als Perlenfischer nach dem Meer zu gehen. J. P.
379. Schröder,?., Die rechtliche Stellung der Fremden in der Türkei. Vortrag des General-
konsuls a. D. Dr. P. Schröder - Berlin, früher Beirut, gehalten am 28. Oktober 191 1.
Aus Blätter für vergleichende Rechtsioissenschaft und Volkswirtschaftslehre, hrsg.
von Dr. Felix Meyer. R. v. Decker's Verlag. VII. Jahrg. Nr. 6, Seite 171.
380. Soane, E. B., To Mesopotamia and Kurdistan in Disguise. With histor. notices of
thc Kurdish tribes and the Chaldeans of Kurdistan. London 19 12.
381. Strupp, Karl, Dr., Urkunden zum italienisch-türkischen Frieden. Zeitschr. f. Völker-
recht und Bundesstaatsrecht, VI. Bd. S. 394 — 397.
Es werden mitgeteilt: der (französische) Text des Friedens von Lausanne vom 18. Ok-
tober 19 12 — eine englische Übersetzung gibt auch The American Journal of International
Law, vol. 7 (19 13), Supplement pp. 58 — 62 — , das italienische Dekret vom 17. Oktober
19 12 und (in italienischer Übersetzung) die Proklamation des Sultans, »agli abitanti della
Tripolitania e della Cirenaica«. E. L.
382. Ubicini, A. e L. Luzzatti, La costituzione ottomana. (Enthalten in der »Biblioteca di
scienze politiche e amministrative«, Serie II vol. X. Torino 1912.)
383. Zwemer, S. AI., Arabia: the cradle of Islam; studies in the geography, people and politics
of the peninsula; with an account of Islam and missionary ivork. New revised edition.
New York 1912. 8°. With illustr.
384. N. N., Les reformes en Syrie. As. Fr. B. Nr. 146, S. 223 — 229.
385. N. N,, La Situation des f,nances turques. As. Fr. B. 13. annee Nr. 145, 156—159.
386. X., Doctrines et Programmes des partis politiques ottomans. RMM vol. XXII, März
1913-
TAA Kritische Bibliographie.
Da bis jetzt über Wesen und Lehren der politischen Richtungen, die zurzeit im
osmanischen Reiche eine Rolle spielen, fast nirgends noch eingehender gehandelt worden
ist, so muß man dem Verf. Dank wissen, daß er hier eine Übersicht über Programm, Presse
und führende Persönlichkeiten der wichtigsten Parteien gibt. Am ausführlichsten sind
die Mitteilungen über das Komitee »Einigung und Fortschritt«; sodann werden dessen
erbitterte Gegner: die »Entente Liberale« und die interessante Neugründung Lutfi
Fikn's, die MägeJ^/dm (seit Dez. 1912) besprochen; Serif Pascha's »radikale Partei«
wird nur kurz erwähnt. Der Artikel ist in dieser Zeit, da durch die Ermordung Mahmud
Sefket's die Aufmerksamkeit wieder zwingend auf die schroffen Gegensätze innerhalb der
Parteien der neuen Türkei gelenkt wird, von besonders großem Interesse. E. G.
387. X., Les rapports du monvement poliiique et du mouvement social dans l'empire Ottoman.
RMM vol. XXII, März 19 13.
Der Verf. entwirft ein zuweilen allzu pessimistisches Bild von dem speziell türkischen
Element in der osmanischen Bevölkerung, das sich, altem Herkommen gemäß, fast nur
in Offizier- und Beamtenstellungen findet, so daß Handel und Industrie durchweg in den
Händen der Nicht-Muslime und Ausländer liegen. Mit dem sozialen Tiefstand der türki-
schen Gesellschaft stehen nach dem Verf. die neueren politischen Bewegungen und die
Bestrebungen der politischen Parteien in engem Zusammenhange. — Bei den Ausfüh-
rungen über die Orden auf S. 171 f. merkt man an verschiedenen schiefen Äußerungen,
caß der Verf. hier nicht mehr auf dem ihm vertrauten Gebiet weilt. E. G.
c) Persien und Zentralasien.
388. Bouvat, L., La re Organisation de l' adminislration persane. RMM XXII, 275 — 256.
Inhaltsangabe des ersten Teils von M. Demorgny's (Jurisconsulte fran^ais du mi"
nistere de ITntcrieur de la Perse) großzügigen Reformvorschlägen für die persische Regie-
rung und Verwaltung, die er in einer umfangreichen Publikation in Teheran veröffent-
licht. Inhalt: Gouvernement Imperial de Perse. Introduction. Les Conseils superieurs ad-
ministraiifs. L U Organisation du Ministere de rinlerieur. IL L' Organisation de l'admini-
stration provinciale. III. V enseignement pratique du droit administratif. Les examens et
le personnel. Teheran 1913. 114 p. avec cartes. H. R.
389. Zhr'xsitnSQn, kTi)XMT, Et KuUurfolks Dödskamp. »Ugens Tilskuer«, Maj 1913. ^-'r- I35.
p. 24-2—44; -^'i-. 13^ P- 251—52.
Referiert über Browne, The Persian Revolution of 1905 — 09 undMoRGAN-SHusTER, The
Strangiing of Persia und schildert die Vorfälle, welche zu der jetzigen Lage und der Politik
Rußlands und Englands geführt haben. J- P-
390. Demorgny, G., Les reformes administratives en Perse. Les tribus du Pars. RMM XXII,
85—150.
Auszug aus Kursen, die Demorgny an der »'Ecole des Sciences politiques« in Teheran
gehalten hat. Aufzählung und Charakterisierung der in der Provinz Fars wohnenden
und umherziehenden Stämme. An einem Überblick über die Geschichte der Provinz seit
Ende 19 10 wird gezeigt, wie wenig es die Regierung verstanden hat, der großen Schwierig-
keiten, die die Verwaltung dieses Gebietes bietet, Herr zu werden.
Refoirmvorschläge : An der Stelle der Verwaltung des ganzen Landes durch einen
Generalgouverneur, der zur Aufrechterhaltung seiner Macht genötigt ist, die verschiedenen
mächtigen Stammesgruppen gegeneinander auszuspielen, hat eine Einteilung der Provinz
inVilajets, der die hauptsächlichsten Stammesgruppen entsprechen, mit gesonderter Ver-
waltung zu treten. Diese Verwaltung der einzelnen Vilajets hat in den Händen der
betreffenden Ilchane zu liegen, die faktisch doch die Macht in den Händen haben; ihnen
Kritische Bibliographie. -i/ic
ist je ein Gouverneur als RegierungSAcrtreter zur Seite zu stellen. Aus den Vertretern der
verschiedenen Stämme ist ein »Conseil des tribus« zu bilden, der in Schiras über gemein-
same Angel egeijiieiten, so über die Mittel zur Ansiedlung der Nomaden, zu beraten hat.
Die Bildung einer Regierungspolizei unter schwedischer Leitung, gute Sicherung der
Straßen ist zu befördern. Angehängt sind drei Karten zur Übersicht über die Stämme
und ihre periodischen \Yanderungen. H. R.
391. Funke, Max. R., Dr., Das Handelsstraßen- und projektierte Eisenbahnsystem in Persien.
\\'eltverkehr und Weltwirtschaft März 191 3.
392. von Hahn, Der persische Kalender. Asien 19 13, Nr. 8, 138 — 39.
393. Hjuler, A., The Second Danish Pamir-Expedition conducted by 0. Olufsen, Lieutenant
of the Danish Army. The Language spoken in ihe Western Pamir (Shugan and Vakhan).
Copenhagen, Gyldendalske Boghandel (Nordisk Forlag) 1912. 47 S., i Karte.
Eine Grammatik der im Titel erwähnten Sprache, nebst einer kurzen Einleitung.
Der östliche Dialekt von Shugan ist von Shaw und Saleman behandelt worden, Hjuler
untersucht den westlichen. Bis 1895 gehörte die Bevölkerung zu Afghanistan, jetzt zu
Buchara. Schriftsprache ' ist Persisch, einige studieren in Faisabad. Nach dem Verf. ist
das Volk wenig von den umliegenden Gebieten beeinflußt und kümmert sich nicht viel
um islamische Pflichten wie salät und Fasten. J. P.
394. Litlmann, E., Bespr. von Paul Schwarz, Iran im Mittelalter nach den arabischen
Geographen. Hist. Z. 3. Folge 15. Bd. i. Heft, 189 — 192.
395. Rabino, H. L., La presse persane depuis ses origines jiisqn'a nos jonrs. RMM XXH,
287—315-
Einleitung über die Anfänge der persischen Presse, dann Verzeichnis aller von
1264- — 1329 H. (1847 — 191 1) in persischer Sprache erschienenen Zeitungen und Zeit-
schriften. Aus dem Persischen übersetzt von Bouvat. H. R.
396. Schwarz, Iran im Mittelalter nach den arabischen Geographen III. Quellen und For-
schungen zur Erd- und Kulturkunde. Herausgeg. unter Mitwirkung hervorragender
Fachgelehrter von Dr. R. Stube. Leipzig 1912. 290 S.
397. deWarzee, Dorolhy, Peeps inlo Persia. London 1913. Hurst & B. (256 p. 8°.)
398. Wiedeniann,M., Eine transasiatische Bahn} Asien 1913, Nr. 7, 122 — 125.
399. N. }i,, La Perse: La Situation interieiire — L'ediicationd' Ahmed Chah. As. Fr. B.Nr. 146,
244—245-
d) Indien.
400. Adatrechtbundel, VL Sumatra, 's Gravenhage 191 3. XVI, 454 S. 8°.
Fortsetzung dieser großen Sammlung aller Verordnungen und sonstigen Dokumente,
welche sich auf das sogen. »Adatrecht« in Niederl. -Indien beziehen (d. h. das einheimische
Recht mit seinen muslimischen Bestandteilen), herausgegeben von dem »Koninklyke
Instituut voor de Taal-, Land- en Volkenkunde van Nederl.-Indie«, und gesammelt und
bearbeitet von der »Commissie voor het adatrecht« (Präsident: C. Snouck, Hurgronje;
Sekretär: C. van Vollenhoven). Inhalt des 6. Bandes: Dokumente bezüglich Sumatra
Atjeh, die Gajo-, Alas- und Balak-Länder, Minangkabau und Süd-Sumatra).
Th. W. J.
401. Burgess, J., The chronology of Modern India for 400 years froni the dose of the lf,^h
Century, a. D. 1494 — 189:]. Edinburgh 1913. 8".
402. Hoesein Djajadiningrat, Critische beschouwing van de Sadjarah Banten. Bijdrage
ter kenschetsing van de Javaansche geschiedschrijving. Haarlem, 19 13. XII 375 S. 8°.
(Leidener Doktordissert.)
Ein sehr verdienstlicher und wichtiger Beitrag zur Geschichte von Java. Siehe übet
246 Kritische Bibliographie.
den Verf.: A. Cabaton, Une hisioire critique du Sultanat d' Ach eh ecrite par im Javanais
(RMM XIII, 65 — 78). Das i. Kapitel (S. i — 72) enthält eine wertvolle Inhaltsübersicht
der javanischen Chronik von Banten, das 2. Kapitel (S. 73 — 194) eine sorgfältige und
scharfsinnige Vergleichung der vielen einheimischen und europäischen Quellen zur Ge-
schichte von W.-Java im 16. und 17. Jahrhundert bis zum Jahre 1659 (= Ende der
Chronik von Banten). Im 3. und 4. Kapitel (S. 195 — 311) werden die in der Sadjarah
Banten, dem Babad Tanah Djawi und vielen anderen javanischen Werken erhaltenen
Traditionen über die ältere Geschichte von Java in der Heidenzeit kritisch untersucht
und ihre muslimischen und heidnischenBestandteilen nachgewiesen. 8.312 — 375 : Textstücke,
Variae lectiones, Indices.
Besprechung von H. B. in IG 1913, I, 802 ff. Th. W. J.
403. Krom, N. J., Het jaar van den val van Majapahit (TTLV, LV, 252 — 258).
Es wird nachgewiesen (gegen Rouffaer, W anneer is Madjapahit gevallen ? in BTLV
6e Volgr., VI, 131 ff.), daß es doch unsicher bleibt, ob das mächtige Hindu-Reich
Madjapahit (Java) wirklich schon vor dem Jahre 1522 von den Muslimen erobert
worden ist. Th. W. J.
404. Monster, Christine, RejsebUledey ji-a Indien. iNalionallidende<', Sonntagsblatt,
Märznummer 1912.
Die vor kurzem verstorbene Schriftstellerin Chr. M. hat einige Jahre in Nordindien
im Dienste der Mission verbracht. Sie hat vor allem mit muslimischen Frauen verkehrt
und beschreibt ihre Eindrücke und Erlebnisse, Hochzeitsgebräuche u. ä. Die gesellschaft-
liche Stellung der Muhammedanerin empört sie, aber sie bestätigt, daß die indische Frau
selbst mit ihrer Stellung durchaus zufrieden ist. J. P.
405. Neerlands Indie. Onder leiding van H. Colyn door deskundigen, met cen voorwoord
van J. B. VAN Heutsz. 2 Teile. Amsterdam (Elsevier), 191 1 — 1912. 8° maj.
Handelt über Land und Volk, Geschichte, Kultur, Gewerbe, Regierung usw. von
Niederl. -Indien. Die verschiedenen Kapitel sind von den kompetentesten holländischen
Gelehrten geschrieben. Das Werk enthält 597 sehr gute Abbildungen. Das leider nur
kurze, aber ausgezeichnete Kapitel über den Islam in Niederl. -Indien (23 Seiten) ist
von Snouck Hurgronje. Th. W. J.
406. van Ossenbruggen, F. D. E., De verspreide geschriften van Prof. Cr. G. A. Wilken,
verzanuid door Mr. V. D. E. van Ossenbruggen. — G. C. T. van Dorp & Co., Sema-
rang, Soerabaja en 's Gravenhage, 1912.
Die sämtlichen, wertvollen kleinen Schriften des Herrn Prof. Dr. Wilken (haupt-
sächlich über den heidnischen Glauben, die Sitten, Bräuche und das Recht der einheimi-
schen Bevölkerung in Niederl. -Indien) gesammelt und mit Anmerkungen und ausführ-
lichen Registern versehen von Dr. jur. van Ossenbruggen, in vier stattlichen Bänden.
Eine verdienstvolle Arbeit ! Für unsere Kenntnis der muslimischen Bevölkerung in Niederl. -
Indien sind Wilken's Schriften geradezu unentbehrlich, da der alte Glaube und das ein-
heimische Recht auch im Islam sich noch größtenteils erhalten haben. — Der 2. Band
enthält u. a. Wilken's: -»Matriarchat bei den alten Arabern« (S. i ff.).
Sehr günstige Besprechung von Snouck-Hurgronje: Gids 1913, I, März-Lieferung.
Th. W. J.
407. Rapson,E. J., Heig.Morison, The Cambridge History of India. Under the editorship
of E. J. Rapson, T. W. Ha ig and Th. Morison. Vol. I. London, gr. 8<=. Hldrbd .
With maps and illustrations.
I. »Ancient India«. II. »Medieval India«. III. »Turks and Afghans«. IV. »The
■ Mughal Empire«. V. »The Honourable East India Company«. VI. »India undsr the Crown«.
408. Rinkes, D. A., De heiligen van Java VI. Het graf te Pamlafen en de Hoüandsche heer-
schappij. TBGKW LV, i — 201. 1913.
Kritische Bibliographie. -^47
Forlsetzung dieser wichtigen neuen Beiträge zur Kenntnis der Heiligenverehrung und
der mystischen Literatur der Muslime auf Java. Inhalt: Das Grab des Siti Djenar in der
Nähe von CheÄbon und die in den Chroniken von Cheribon erhaltenen Leeenden über die
Lehre, die Verfolgung und den Tod dieses heiligen Mannes; seine Prophezeiung von der
zukünftigen Herrschaft der Holländer (die eigentlich teilweise seine Nachkommenschaft
bilden !); Übereinstimmung mit der arabischen Tradition über al-Hallädj's Verfolgung
und Tod. Als Beilagen: Ausführliche Textstücke aus den javanischen Quellen.
Th. W. J.
409. Ronkel, Ph. S. van, Bantcnsche genealogie in een arabisch geschrift . TTLV 259 — 266.
Mitteilung über eine auf den Schutzblättern einer arabischen Handschrift in der
Bibliothek von »Het Bataviaasch Genootschap« geschriebene Genealogie des Sultans
Muhammed Zain al-*Abidm von Banten (Java). Th. W. J.
410. Wright, Arnold and Reid, Thomas H., The Malay Peninsula: a record of British
progress in the middle Fast. London 19 12, Unwin. 360 S.
411. N. N., L' Agitation miisulmane dans l'Inde; ses caitses. As. Fr. B. Nr. 146, 245 f.
412. N. N., Sarikat Islam. Bataviaasch Nieuwsblad (Java) Nr. 87, 17. HI. 1913.
Vgl. dazu Krit. Bibliogr. in Heft 1/2, Nr. 159.
e) Ostasien,
413. Vissiere,A., Etudes Sino-Mahomitanes (26 Serie). RMM vol. XXH, März 1913.
Behandelt den Islam in Hang-cou : auf Materialien des Rev. Moule gestützte Quellen-
untersuchungen, speziell über die muhammedanischen Bauten der Stadt; ausführliche, durch
Abbildungen erläuterte Mitteilungen über die Große Moschee. Die dort befindliche arabisch-
persische Inschrift (schon 19 11 von Browne übersetzt) wird von Huart nach der fast
identischen von Si-ngan-fu (s. Tung-Pao, Ile Serie, vol. VI, 269 ff.) erklärt; dann folgt
eine Anzahl chinesischer Inschriften. — S. 16 ff. wichtig für die Kenntnis chinesisch-
islamischer Kalenderverhältnisse. E. G.
f) Ägypten.
414. Reports by his Majesty's agent and consul-general on thefinances, administration,
and condition of Egypt and the Sudan in 1912. Presented to both Houses of Par-
liament by Command of His Majesty. May 1913. (Arabische Ausgabe: .-^s. -J-ÄJ*
(usw. lüf KiuM ,.j1l>^aw.J!_»| yLi/0 ^i X.A^.*.ÄJi ^.JL=^-_5 S.lobSl^j X.xiLii
415. Cressary, Comte, L' Egypte d'aujourd'htii, so7i agriculture, son etat economique et poli-
iiqiie, ses ressources financieres, sa fortime immohiliere et sa dette hypothecaire. Paris
1912, M. Riviere & Co.
416. Guest, A. R., The Delta in the Middle Ages: An unpublished Tenth Century Account
of the Nile. JRAS 1913, 305 — 314.
Fortsetzung der historisch-geographischen Studien über das Nildelta (vgl. JRAS
19 12, 941 — 980). Eingehende Untersuchung über den Lauf der verschiedenen Nilarme im
Anschluß an ein Kapitel aus einer bisher nicht veröffentlichten Handschrift, das im Auszuge
im arab. LTrtext und in Übersetzung mitgeteilt wird. R. M.
417. Kratschkowsky, J., Aus der arabischen Presse Ägyptens. (Ilai. apaöCKOfl neHaxil
ErmiTa) MI Bd. i Nr. 3, S. 492 ff.
Im Anschluß an die Arbeiten von Washington-Serruys, Mirante, Hartmann
und Krymskij gibt Verf. eine Übersicht über die Bedeutung insbesondere der ägyptischen
Presse, der christlichen wie muhammedanischen, für die muslimische Welt. Kurze Angabe
der gegenwärtig %vichtigsten Tageszeitungen und periodischen Presse sowie ihrer Redaktion.
Besprechung des Inhalts von al-Mu^ayyad, al-Liwä, al-Ahräm, al-MuqtafaJ und al-Hilä
Islam. IV. 24
'^48 Kritische Bibliographie.
aus den ersten drei Monaten des Jahres 19 12, nach sachlichen Gesichtspunkten geordnet.
Ägypten: innere Politik, soziale und ökonomische Fragen; Schulwesen; die ägyptische
Universität und ihr Gegensatz al-Azhar; Wissenschaft und Literatur; Orientalistenkongreß
m Athen; neue Bücher, z. B. arabische: Geschichte der mohammedanischen Zivilisation,
Geschichte der arabischen Literatur von Zeidän, ManfalutT: Übersetzung aus dem Persi-
schen ('Omar Hayyäm), Türkischen und Werke aus europäischen Sprachen; Fragen
religiösen Charakters, Interesse für die christlichen Missionen, gegenwärtige Lage, Statistik
des I/agg, der Sufismus, die Frauenfrage. F. F. S.
418. Martinowitsch, N., Ein Festtag in Tanta (ripaBAHnK-L BT, TaiiTt). MI I
S. 517.
Kurze und sehr anschauliche Schilderung auf Grund eigenen Erlebnisses der Feste,
die anläßlich der Geburtstagsfeierlichkeit {Maulid) des Sejjid Ahmed el Bcdawl, des Be-
gründers des nach ihm benannten Derwischordens, in Tanta stattfinden. F. F. S.
419. Nallino, Carlo Alfonso, Larabo parlato in Egitto, 2 ed. Milano, Hoepli 191 3.
420. Schaefer, H. E., Schech Girbi. Der Sudan-Pionier Nr. 6, Juni 191 3, S. 41 f.
Kurze Charakterisierung eines El-Azhar-Schechs, der als Reiseprediger mit Regic-
rungsunterstützung (25 L Gehalt monatlich und freie Fahrt I. Klasse) durch ganz Ägypten
hin in Moscheen, auf den Wochenmärkten, in koptischen Kirchen seine zündenden An-
sprachen hält, von der Regierung zur Entspannung des Gegensatzes zwischen Kopten
und Mohammedanern benutzt. Verf. meint dazu: »Trotz allem sind solche Männer mit
ihrer Weite und die Gewissen schärfenden Rede erfreuliche Erscheinungen, die vielleicht
manchen »Vorläuferdienst« uns Missionaren tun können.« M. H.
421 . Schanz, Moritz, Die Baumwolle in Ägypten und im englisch-ägyptischen Sttdan. Sonder-
abdruck aus »Beihefte zum Tropenpflanzer«. Jahrg. 19 13. Berlin 19 13.
S. Bespr. in »Deutsche Kolonialztg.« 19 13, Nr. 23 S. 382.
422. Sarkinian, Gregoire, Lc Soudan Egyptien. lititde de droit international public. Paris
191 3, Larose. 8".
423. Thompson, Anna J. und Franke, Elisabet, The Zar in Egypt. MW IV 3, 275 — 289.
Die Verf. des ersten Aufsätzchens beschreibt eine Zarbeschwörung, deren Augen-
zeuge sie war, die Verf. des zweiten gibt mit einigen Zusätzen den Inhalt von Dr. Kahle's
Aufsatz im »Islam« III, S. i ff. wieder. H. R.
g) Nordafrika.
424. Ajam, dcputc, Les probUmes algiriens. Preface de J. Caillaux, ancien ministre.
Paris 19 13, Larose. iS"".
425. Alarcön y Santon, M., Textos ärabos en dialecto vulgär de Carache, publicados con
irauscripciün, tradiiccion y glosario. Un volumen. ^Madrid. Imps. Ibcrica 1913.
192 S.
426. Alaude, Jacques, La Queslion indigene dans V Ajrique du Nord. Grande Revue,
IG. Febr. 1913, 10. März 1913.
427. Amar, E., L' Organisation de la propriete f andere au Maroc, etudc theorique et pratique
accompagnee du Reglement officiel provisoire siir la Propriete Fonciere, prcjacc de
P. Baudin. 151 S. Paul Geuthner, 1913.
428. Ardaillon, Lieutenant, L'oasis de Djanet. Afr. Fr. RC 1913, Nr. 9, 321—337.
429. Bei, A. et Ricard, P., Le travail de la laine a Tlemcen. i pl. 231 fig. 359 pg. 1913.
430. Bernard, Le Maroc, 1913. 8°, VIII 412 p. avec 5 cartes. Bibliotheque d'histoire con-
tcmjioraine.
431. Bertholon,L. et Ernest Chantre, Recherches anthropologiques dans laBerberie Orientale
Kritische Bibliographie. ^^q
Tripolilaine, Tunisie. Algerie. 2 vol. 4° (676 pp., 385 photogr., 5 cartes; 68 planches
renfermant 174 portraits ethniques). Lyon 1913, A. Rey.
432. Bonnety^erre, La banque d' Etat du Maroc et le probleine mai-ocain. 8°. LIX 396 pp.
Arthur Rousseau, Paris 1913. (Vgl. »La Quinzieme Coloniale« lo. März 1913.)
"^33. Botte, Louis, Au cceur du Maroc. Paris 1913, Hachettc. 61 grav., 3 cartes, 16°.
434. Bretschger, Jakob, Die Marokko-Konjcrenz Algeciras 1906. Zürich, Leemann & Co.,
1913. io(j S.
435. Califano, G., // regime dei Beni »Auqaf« nella storia e ncl dirillo delV islain, seguiio
da noie ed appunii sugli ))a,iiqal« della Tripolitania e da uno Schema di progetto por la
riorganizzazione della amministrazione degli auqaf el giauama' in Libia. Tripoli 19 13.
436. Ed. L. G., V Algerie Constiiuiionelle. France Islamique 1913, 27. IIL, i. IV., 10. IV.
437. Eguilaz, Un viage por Marruecos, Ceuta, Tetuän, Tanger y breve descriplion de la
ciiidad de los suüanes y algunas curiosidades ärabes. Segunda edicion; un vol. en 4°
con grabados de 240 p.
438. Fallex, M., Carte du Maroc. Paris 1913, Delegrave. i : i 000 000. Neue franz.-span.
Abgrenzung, geolog.' Skizze, Pläne von Tanger, Fez und Marrakesch. W. Printz.
439. Falls, J,, Three years in the Libyan desert: iravels, discoveries and excavations of ihc
Menas expediiion, illustr. 368 S. 1913.
Englische Ausgabe des deutschen Buches von Falls, zu welcher die Arbeit von
Kahle im folgenden Hefte zu vergleichen sein wird.
440. Farina, Giulio, Grammatica araba per la lingiia leüeraria con un' appendice sul dialelio
Iripoliuo. (Metodo Gaspey-Otto-Sauer.) (VIII, 388 S. m. 2 färb. Karten.) 8°. Heidel-
berg, J. Groos 1912. C. H. B.
441. Perrandi, Lieutenant, Abeche, capitale du Ouadai. Afr. Fr. RC 19 13, Nr. 10, 349 — 370.
442. Fischer, Theobald, Mitlelmeerbilder. Gesammelte Abhandlungen zur Kunde der
Mittelmeerländer. 2. Aufl. besorgt von Dr. Alfred Rühl. 2 Bde. Leipzig und
Berlin, Teubner, 19 13.
443. de Fontenay, Fr. le Sage, Senusieme. El religiöslBroderskah i Nordafrika. »Nordisk
tidskrift« 1912, p. 475- — 94.
Eine Übersicht über die Entwickelung des Heiligenkults und Ordenswesens im
Islam wird auf Grund von Goldziher's Studien gegeben, auf diesem Hintergrund das
Leben des Stifters des Senüsiordens geschildert und seine religiöse wie politische Bedeu-
tung für den Islam dargetan. Schließlich geht der Verf. auf die Verbindung des Ordens
mit der türkischen Regierung ein und auf seine Beteiligung am italienisch-türkischen
Krieg. Die politische Rolle des Ordens stellt er jedoch als wenig bedeutend hin. J. P.
444 Gonzalez, P. F. R., Estado social de los IMahometanos cn Marruecos. 56 S. 19 13.
445. AI. Gaudefroy-Demombynes «Sc L. Mercier, Manuel d'arabe marocain. Paris 1913.
Guilmoto.
446. Griffini, Dott. Eugenio, Varaöo parlato della Libia. Milano, Hoepli, 1913.
447. Guida, Annuario della Tripolitania e Cirenaica. 1913. 392 S. con carte geogr.
448. Guttieres, E., Del regime fondiario musulmano inTiinisia. (Diritto Malechita e Hana-
fita.) Milano 1913. 8°.
449. Haug, Emile, L' exploralion scientifique de la Tunisie. Revue Scientifique (Revue
Rose) 5 IC annee, Nr. 12.
450. Hugon, Henri, Les emblemes des Beys de Tunis. Etüde sur les signes de l' autonom ic
Husseinitc. . . avec quaiorze planches hors texte, dont une en couleurs, et de nombreux
dessins de l'auteur. — Preface de M. C. Alapetite. Paris, Leroux, 1913.
451. De Lacharriere, J. Ladroit, Les tcrmes marocains usiiels. Afr. Fr. RC 1913, Nr. 10,
376—379-
-3 CQ Kritische Bibliographie.
452. Landrieux, V Islam. Les Trompe-l ceU de V Islam. La France, puissance musul-
mane. 1913. 16°. 107 S.
453. Michaux-Bellaire, Ed., Itmeraire de Moulay 'Abd el HafiJ, de Marrakech a Fes en
ii)oy — igoS. RMM vol. XXII. März 19 13.
Enthält genauere Mitteilungen über den Zug, den Mülai 'Abdu'l-Hafid nach seiner
Erhebung zum Sultan in der Zeit vom 28. 11. 1907 bis 7. 6. 190S mit unzuverlässigen
Truppen, unter häufigen Kämpfen gegen feindlich gesinnte Stämme, von Marrakesch nach
Fes unternahm. Als Quelle dienten die Angaben eines Sekretärs, der den Herrscher auf
dieser Fahrt begleitete. E. G.
454. Milliot, Louis, Elude stir la condition de la feninte musulmane au Maghreb (Maroc,
Algerie, Tunisie). These de Paris. 8" 330 S. Paris 1910.
455. Montet, E., Saintworship in North Ajrica. MW III 3 242 — 245.
»Die Hauptfaktoren, die religiösen Persönlichkeiten den Rang von Heiligen ver-
schaffen können.« H. K.
456. Moreau, Les terres agricoles de la Chaonia. Afr. Fr. RC 1913, Nr. 8, 310 — 314.
457. Navarre, Albert, t/n woyage ait il'/aroc. Paris 1913, Delagrave. 32 planches, 18°.
458. Ostler, Alan, The Arabis in Tripoli. London 1912, Murray. 326 pp. 8°.
459. Peroinquiere, Leon, LaTripolilaine interdite: Ghadames. 18°. 254 S., illustre de
55 gnivures hors texte et de 2 cartcs en noir. Paris, Ilachettc 1912. Bespr. von
A. B. in Afr. Fr. B. 19 13, Nr. 2.
460. Plantet, Eugene, Mouley Ismael, empereur de Maroc, el la princesse de Conti. Paris
1912, Plon-Nourrit.
461. Recueil de Legislation et de Jurisprudence Marocaines. Paraissant tous les
deux mois. (Avec la coliabor.ition du Recueil General de Jurisprudence, de Doctrine
et de Legislation Coloniales et Maritimes, La Tribüne des Colonies et des Protcc-
torats public depuis 1891 souslehaut patronage du Ministere des Colonies.) Uirectcur
D. Penant, Paris, 33 Chaussee d' Antin. ireAnnee No. i — 6. Sept. 1912 bisjulii9i3.
462. Roloff, Max, Frankreich und Italien in Nordafrika und der Islam. Nord und Süd 37,
Juliheft 1913, 48—57-
463. Ruiz Alb^niz, Dr., El Riff (estiidio de itn espaiiol en el Norle africano. El Riff en paz.
La guerra del Riff. El plcito internacional). 4° 339 S.
464. Saint-Calbre, Ch,, Constantine et quelques auieurs Arabes Conslantinois. RA L\'ll,
Nr. 288. I>^' Trimestre 191 3.
Behandelt in Vers und Prosa abgefaßte Schriften einiger Lokalpatriotcn von Kon-
stantine über ihre Vaterstadt; von einem derselben, M uhammed es-Sädell, wird
auch ein Gedicht zum Preise der Stadt Paris, sowie ein poetisches Beileidsschreiben an
'Abd el-Qädir mitgeteilt. E. G.
465. Savine, Albert, Dans les fers du Moghreb, rccils de chreliens esclaves au Maroc (17*^
et i8c sieclcs). Paris 1912, L. Michaud.
466. Schander, Albert, Dr. jur., »Die Eisenbahnpolilik Frankreichs in Nordafrika. XXVI
und 594 S. Band 12 der »Probleme der Weltwirtschaft«. Schriften des Instituts
für Seeverkehr und Weltwirtschaft an der Universität Kiel, herausgegeben von
Professor Dr. Bernhard Harms. Verlag Gustav Fischer, Jena 1913.
S. Besprechung in »Deutsche Kolonialzeitung« 1913, Nr. 23, 384.
467. Trenga, Victor, L'äme Arabo-Berbere, elude sociologique sur la societe musulmane
Nord- Afr icaine. 217 S. Paris, Gcuthner, 19 13.
468. Voinot, L. Cap., Odjda et l' Amalat (Maroc). Paris 19 12, Challamel.
469. Westermarck, E., Ceremonies and believes connected with agriculture, certain dales of
the solar year, and the weather in Morocco. 143 S. 19 13.
Kritische Bibliographie. 251
470. Yver, G., Si Hamdan bcn Othman Khodja. RA LVII, Nr. 288, lerTrimestre, 19 13.
Umfangreiche Mitteilungen über Si Hamdan, jenen eifrigen und bedeutenden
Gegner Frankr^hs in den ersten Zeiten der Besitzergreifung von Algier, nebst Veröffent-
lichung einer von ihm an die Mitglieder der »Commission d'Afrique« gerichteten Denk-
schrift. ' E. G.
h) Das übrige Afrika und die Inseln.
471. Friederichsen, Max, Prof. Dr., Bespr. von Leo Proben ius' Forschungen zur Kullur-
geographie des nördlichen WesL- und Innerajrika. Die Naturwissenschaften 1913,
Heft 7, 401—405.
472. Hartmann, M., Zur Geschichte des Tvesllichen Sudan. Wanqära. MSOSAfr. 19 12,
155— 161.
Nach einer Zusammenstellung der Nachrichten in der arabischen Literatur (Edrisi,
Sa'di) versucht Verf. die Fragen »i. lebt der Name Wanqära heute noch in irgendeiner
Form? 2. bietet sich eine Erklärung aus den Negersprachen?« bejahend zu beantworten.
Setzt Wanqära dem heute zu Französisch-Dahomey gehörenden Wangara gleich. Schluß
der Abh. bildet ein Exkurs über das Staats- und Gesellschaftsleben, nach dem bekannten
HARTMANN'schcn Gesellungssvstem gegliedert. R- M.
473. Karstedt, F. 0., Dr., Beiträge zur Praxis der EingeborcnenrechLsprcchung. Verlag der
Deutsch-Ostafrikanischen Zeitung. Daressalam 19 13.
\\"\Y werden auf diese sehr wichtige Arbeit eingehend zurückkommen.
474. Merlin, M., Gouverneur general de la colonie, La Situation generale de V Ajrique equa-
loriale jrangaise. Discours au Conseil de gouvernement. Afr. Fr. RC 19 13» Nr. 9,
337—346.
475. Mondain, G., Islam in Madagascar. MW HI 3, 257 — 261.
476. Stigand, C. H,, The lojid of Zinj, being an account of British East Africa, ils ancienl
history and present inhabitanis. London 1913, Constable. 364 pp., ill., S°. Bespr.
von ZwEMER MW III 3, 312.
477. Tauxier, Louis, Le noir du Soudan. Pays Mossi et Gourounsi. Documents et analyses.
Paris 19 12, Larose.
478. N. N., pK'anina Bara, AI Najah und Kiongozi. Korrespondenzblatt für die evange-
lischen Missionen in Deutschostafrika. Nr. 4, Mai 1913. (Als Handschrift gedruckt.)
Wiedergabe einer afrikanischen Zeitungsfehde aus Anlaß des Balkankrieges. Deutsche
Übersetzung der Artikel des evangelischen Missionsorgans Pivani na Bara (Suaheli) vom
Dez. 1912 »Der Türkenkrieg« und vom Febr. 1913 »Die Zanzibarzcitung«; der arabischen
Zeitung. AI Najah (= an-nagä/i) vom 2. Jan. 19 13 Nr. 49 »Das Summen der Fliege« und
vom 27. Febr. 1913 »Das Kinder geschwätz« und des Regierungsblattes Kiongozi vom
Febr. 1913 »Zurechtweisung der Alnajah«. Vgl. hierzu Heft i, S. 216, Nr. 234 der Biblio-
graphie. M. H.
VII. Islam und Mission.
479. Äurelius, B. 0., Balkan och »det heliga krigei«. »Ord och Bild« 1913, Heft 2, p. 107
bis 117.
Verf. will das Christentum und den Islam als absolute Gegensätze auffassen. Das
Christentum sei »Heilsreligion«, dem inneren Leben zugewandt, der Islam dagegen »Gesetz-
religion«, aufs Äußerliche gerichtet. Sie können nie vereinigt werden. In dem Sinne wird
»der heilige Krieg« immer bestehen. J. P.
480. Enderlin, Missionar, iViVtferga«g ^er Törfeei. DieEvangelischenMissionen XIX. Jahrg
Heft 6, Juni 1913, S. 140/1.
Übersetzung eines Artikels aus El-Manär vom 8. Jan. 1913. »Die Mohammedaner,
die sich in Unwissenheit befinden, wurden durch ihre Regierungen und Landcsvcrwaltungcn
352 Kritische Bibliographie.
getäuscht.« «Besteht nicht in der Erschütterung der Selbsttäuschung der Mohammedaner
aller Welt die wahre Bedeutung des Balkankrieges?« »Es wisse, wer es bis dahin noch
nicht gewußt hat, daß das türkische Reich in Europa die Ursache aller Täuschung, aller
unserer Armut und aller Aufstände ist.« »Mit Recht gehören die europäischen Provinzen
des türkischen Reiches den Europäern und nicht den Osmanen.« »Unser ganzes Augen-
merk müssen wir jetzt richten auf unsere Besitztümer in Asien.« »Alle Geldmittel, die
aufgebracht werden zur Unterstützung des osmanischen Reichs, sollen verwandt werden
zu Festungsbauten für die beiden heiligen Orte Mekka und Medina. Ferner sollen die
beiden Städte Sitze für Kunst und Wissenschaft werden durch Gründung von öffent-
lichen Schulen.« Diese Neuschöpfung soll unter die Verwaltung einer wissenschaftlichen
islamischen Gesellschaft gestellt werden, deren Mitglieder sich aus einer Auswahl der
bedeutendsten Mohammedaner der ganzen Welt rekrutieren.« Die Aufforderung bei-
zusteuern »für die beiden Neugründungen« ergeht an alle verständigen Muhammedancr
unter Arabern, Türken, Indern, Persern und anderen. M. H.
481. Franke, Elisabeth, Missionslehrerin in Kairo, Frauen und Mädchen in Ägypten. Missi-
onspädagogische Blätter i. Jahrg. Nr. 3, Mai 1913, S. 44 — 47.
482. Frohnmeyer, Missionsinspektor Lic, Die gegenwärtige Lage der Welt^nission und die
alte Christenheit. Evangelisches Missions-Magazin. Neue Folge. 57. Jahrg. 4. flefl,
April 1913, 145—162.
Handelt S. 158 — 161 vom Islam. »In mohammedanischen Ländern ist ja im Grunde
nur indirekte Missionsarbeit durch Spitäler und Schulen möglich« (S. 161). M. H.
483. Harnack, Anna, Bilder aus dem mohammedanischen Leben in Persien. Der Christliche
Orient und die Muhammedaner-Mission, 14. Jahrg. Heft 1/2, Januar-Februar 1913,
8—12, 35 f.
484. Kihato, Lucius, Lehrer, Mohammedan and Christian Teaching at Kizara (Usambara)
Central -Africa Nr. 362 Jahrg. XXXI, Febr. 1913, 46 — 48.
485. Klamroth, Missionssuperintendent, Aus der Daressalanier Gemeinde. Berliner Missions-
berichte Juni 1913, Nr. 6, 166 f.
Ergebnis der ersten vollständigen Zählung der eingeborenen Bevölkerung der
Stadt: 17 220 ständige Bewohner der Eingeborenenstadt und schätzungsweise 3 — 4000
Durchreisende.
Von jenen sind: 2000 Inder, 194 Araber, 226 Sudanesen, 75 Komorcnser und 14 500
eingeborene ostafrikanische Neger. Von diesen 14500 sind 7100 (49 yo) Männer, 5200
(.^5i8 %) Frauen, 2200 (15,2 %) Kinder. Von den 7100 Männern sind 2000 »boys« (Diener),
1800 Handwerker, 1400 Arbeiter, 600 »baharia« (Bootsleute, Boten usw.), 573 Askari,
50 kaufmännische Angestellte, 125 Händler.
Evangelische Christen sind 40 Männer, 20 Frauen, 24 Kinder (ohne Taufbewerber).
M. H.
486. Kriele, Ed., Barmen, Wie die arabische Bibel entstand. Missionsblatt, Barmen.
88. Jahrg. März 1913, 22 f.
487. Lepsius, Johannes, Der ^>Weg«der muhammedanischen Mystik. Der Christliche Orient
und die Muhammedaner-Mission. 14. Jahrg. H. 5-6, Mai- Juni 1913, S. 91 — 98.
Auszüge aus W. H. T. Gairdner's gleichnamiger Schrift. M. H.
488. Löbner, M. H., Arbejdets Gang i Östajrika. »Brödremenighedens Missionsblad«,
Christiansfeld 1913, 118 — 19.
Bericht \on der Mission in Tabora unter den suahelisprechcndcn Muhammedanern;
meldet von Fortschritten des Islam längs der Bahnlinie. J. P.
489. Nielsen, Alfred, Pra Österland. »Stiidcnlcrhjemmets Jtilebog« 1912, 45—51.
»Aus dem Orient.« Eine kurze Charakterisierung der Lage des Missionars in Syrien.
J- I'-
Kritische Bibliographie. •? i^ -j
490. vanRensselaerTrowbridge, S., Mohammed' sviewsofreligious war. MW U^, 290 — 30s.
Der Titel ist irreführend. Es handelt sich um die Beschreibung desChristenmassakres
von Adana duith einen Augenzeugen. Für diese schrecklichen Ereignisse wird der islami-
schen DjihäcÜehrs die Schuld zugeschoben, und auch der Balkankrieg in diesem Sinne
bewertet. Der islamischen Kampftheorie wird in der üblichen Weise die reine christliche
Lehre gegenübergestellt und mit einem Missionsappell geschlossen. Die Dji/iädih&orie ist
zweifellos ein dunkler Punkt im Islam, aber sie ist historisch zu begreifen. Die Greuel
von Adana werden von jedem gebildeten Muslim ebenso verurteilt wie von uns; denn sie
widerspricht direkt der D/i/iädlehre. Ein fanatisierter Pöbel fragt nirgends nach den
Forderungen der Religion, die er zu verteidigen glaubt. In Adana sprachen doch auch
noch ganz andere Faktoren mit als religiöse Gegensätze. Den Balkankrieg sollte man- als
christlicher Missionar lieber ganz aus dem Spiel lassen; denn die Christen haben hier den
Kreuzzug erklärt und die Türken den heiligen Krieg, den einige Fanatiker proklamieren
wollten, sofort wieder dementiert. C. H. B.
491. Richter, Julius, -4n einer Zeitenwende. AMZ .\o. Jahrg. i. Heft, Januar 1913, 3 — 10.
Bespricht die neue I-age in der Türkei und auf dem Balkan. M. H.
492. Richter, Julius, Die religiöse Krise in der nichtchristlichen Welt und die Mission des
Christentums. AMZ 40. Jahrg. 1913, April-Mai, Heft 4/5. 145 — 154 u. 193 — 2.04.
Über den Islam vgl. besonders 152 — 154 u. 201 — 203.
493. Richter, Paul, Bilder aus dem jilnj zig jähr igen Missionsdienst eines Missionars in
Syrien. Die Evangelischen Missionen XIX. Jahrg. Heft 2/3, Febr. -März 1013,
25—36, 57—67.
494. Rokey, N. L., Progress of Islam in Oudh. MW III 3, 250 — 256.
495. Smit, G., Mohammedaansche propagayida en christelijke zending in onze lost. Bewerking
van G. Simon's Islam und Christentum im Kampf um die Eroberung der animisti-
schen Heidenwelt. Utrecht 1913, Ruys. 8, 184 S. gr. 8°.
496. Strub, P., von der Lyoner Missionsgesellschaft, Die Fortschritte des Islam in Nigeria.
Echo aus Afrika, katholische Monatsschrift der St. Petrus Claver-Sodalität, Salzburg
XXV. Jahrg. Nr. 7, Juli 1913, 140 — 142.
Verf. gründete im Auftrag seines apostolischen Präfekten im Norden Nigerias mehrere
Missionsstationen und gibt hier einen kurzen, nüchternen Bericht über die von ihm beobach-
teten Verhältnisse. »Nach menschlicher Voraussicht wird ganz Nigeria über kurz oder
lang muselmännisch sein.« »Es braucht Jahre und Jahre, um aus einem Neger einen
rechten Christen zu machen.« »Die Jünger Mohammeds brauchen weniger Zeit und ge-
ringere Mühe.« M. H.
497. Witte, Missionsinspektor Lic, Islam und Islam-Mission. Zeitschrift für Missions-
kunde und Religionswissenschaft 28. Jahrg. Heft 5/6, 129 — 147, 161 — 175.
Verf. gibt einleitend eine gedrängte Übersicht über die heutige Entfaltung des Islam,
z. T. mit Angaben aus seiner Entwicklungsgeschichte, so besonders für China und Japan,
und nimmt dann im einzelnen Stellung zu den Schriften von Martin Hart mann, Fünf
Vorträge über den Islam und Islam, Mission, Politik sowie von Julius Richter, Mission
■U7jd Evangelisation im Orient. Der zweite Teil behandelt die Frage der missionarischen
Auseinandersetzung mit dem Islam. Hier vor allem übt er als Vertreter der »liberalen«
Theologie an den Ausführungen Richter's Kiitik und pflichtet in vielem Hartmann
bei, auch unter Berufung auf die Beschlüsse der Edinburger Missionskonferenz. Flem-
mungen wahrer Religiosität findet er im Islam in der »Idee der Theokratie«, dem »niedern
sittlichen Ideal« und dem »kraß-sinnlichen Endziel«. Demgegenüber hält er die »Bot-
schaft von der Liebe Gottes« und deren Betätigung ohne Dogmenzwang für allein religiös
wirksam und wertvoll. M. IL
^c^ Kritische Bibliographie.
498. Woodward, Herbert W., Islmn in Korogioe Archdeaconry. Central-Africa, a monthly
rccord of the work of Üie Universities' mission April 1913, Nr. 364, 105 — 108.
Statistische Ergebnisse einer bei den Missionslehrern der Universitätenmission in
Deutsch-Ostafrika im Bezirk von Korogwe und Umgegend (Usambara, Zigualand) mit
Hilfe von Fragebogen veranstalteten Umfrage; bearbeitet von Padre Hellier. M. H.
499. Würz, Friedrich, Missionsinspektor a. D., Dringende Aufgaben der Mohammedaner-
Mission. Evangelisches Missions-Magazin. Neue Folge. 57. Jahrg. 7. Heft, Juli
1913, 289—297.
Nach einem Referat bei der XHl. Kontinentalen Missionskonferenz in Bremen:
I. die Lage, 2. die Aufgabe. Hervorzuheben ist das stetig wachsende Interesse, das von
den MissionsgeseUschaften der besseren Vorbereitung und Ausbildung der aus akademi-
schen Kreisen zu gewinnenden, zukünftigen Mohammedanermissionare für ihren speziellen
Beruf entgegengebracht wird. In diesem Zusammenhange wird die Hilfe dankbar an-
erkannt, die die jung aufgeblühte Islamwissenschaft in ihren zahlreichen, der Erforschung
auch besonders des lebenden Islam dienenden Fachzeitschriften der Mission bietet.
M. H.
500. Zwemer, S. M., Kairo, Eine Kairener Tageszeitung. Evangelisches Missionsmagazin.
Neue Folge. 57. Jahrg. 3. Heft, März 1913, 121— 123.
Inlialtsskizze einer Nummer des Nationalistcnorgans Es-Sa'b vom 6. Januar 19 13
= 28. Moharram 1331.
501. Zwemer, Samuel M., Kairo, Mekka, Konslantinopel, Kairo; die drei strategischen
Mittelpunkte der mohammedanischen Welt, und das Christentum. Missionsblatt, Barmen.
88. Jahrg. Mai 19 13, 36—40.
Nach »Missionary Review of the world«, Jan. 1913.
502. N. N., Die Islamgefahr in Deiitsch-Ostafrika. Hamburger Nachrichten, Dienstag, 8. Ok-
tober 191 2, Morgenausgabe Nr. 472.
Eine Korrespondenz aus Deutsch-Ostafrika, die das schwierige Thema mit ungewöhn-
licher Objektivität anfaßt. Die Mission ist zu befördern, um ein Bollwerk gegen den Islam
zu errichten. Hauptsache ist aber Verbreitung europäischer Bildung durch die neutralen
Rcgierungsschulen. Die Opposition der Mission gegen die reHgionslose Regierungsschulc,
die angeblich nur dem Islam dient, wird mit vortrefflichen Gründen als kurzsichtig charak-
terisiert. Im übrigen ist der Verf. durchaus missionsfreundlich. C. H. B.
503. N. N., Bctragtninger i Anledning af et stört historisk Vendepunkt. »Brödremenighedcns
Missionsblad«. Christiansfeld 1913, 114 — 18.
»Betrachtungen anläßlich eines großen historischen Wendepunkts« fragt, ob der
Islam, wenn seine Weltmacht gebrochen wird, ein Gottesreich geistiger Art errichten
kann. Der Verf. läßt die Frage ohne Antwort, aber spricht die Hoffnung aus, daß die
So Jahre alte evangelische Mission neue Fortschritte machen werde. J. P.
504. N. N., Die mohammedanische Universität El-Azhar in Kairo. Missionsblatt, Barmen.
88. Jahrg. Januar 1913, 6 f.
Von einem übergetretenen Mohammedaner (nach The Miss. Rev. Okt. 19 12).
M, H.
IX. Verwandte Gebiete.
505. Banse, Ewald, Die Isochronenkarte des Orients. Mitteilgn. K. K. Geogr. Ges. in Wien
1912, Heft 3, S. 127 — 145 mit 2 Karten.
506. Jorga, N., I. Les hases necessaires d'iine nouvelle histoire dunioyen dge. II. La siir-
vivancc byzantine dans les pays toumains. Deux Communications faites, le 7 et 8 avril
1913, au troisieme congres international d'ötudes historiques, ä Londres. Bucarest
1913-
15'/
Die Aulad-'Ali-Beduinen der Libyschen Wüste.
Von
Paul Kahle.
Martin Hartmann's Buch »Lieder der Libyschen Wüste «i) zeich-
net sich in dem, was es bietet, im allgemeinen durch große Zuver-
lässigkeit und Exaktheit der Angaben aus und enthält eine Fülle
von wertvollem Material und wichtigen Beobachtungen. Als ganzes
genommen, macht das Buch einen etwas unfertigen Eindruck, sowohl
wegen der großen Lücken, die die Erklärung der Lieder noch auf-
weist — sie könnten bei erneuter Durchnahme der Lieder an Ort und
Stelle fast alle beseitigt werden — als auch weil die eigentliche Ver-
arbeitung des Materials, das hier aufgehäuft liegt, fehlt. Diese Ver-
arbeitung ist seinerzeit begonnen, aber mit Recht nicht zu Ende ge-
führt worden 2) : Vor einer erneuten Nachprüfung der Lieder w^ären
die Resultate nur zu oft zweifelhaft. Und Hartmann's Ausführungen
über die Beduinenstämme Unteregyptens geben — nach seinem eignen
Urteil 3) — noch kein genügendes Bild.
So konnte man mit mancherlei Erwartungen die neusten Ver-
öffentlichungen über die Libysche Wüste zur Hand nehmen, die wir
J. C. E. Falls verdanken. Er hat 3 Jahre lang — den größten Teil der
Zeit als Mitglied der von C. M. Kaufmann unternommenen Expedition
zur Ausgrabung des Menasheiligtums — unter den Beduinen der
Libyschen Wüste gelebt und teilweise unter Verhältnissen gearbeitet,
wie sie sich so. günstig wohl schwerlich wieder bald jemand bieten wer-
den. Als Ertrag dieses Auf enthaltes erschien 1908 in Kairo sein Buch
»Beduinenlieder der Libyschen Wüste« 4), als Band IV der wissen-
schaftlichen Berichte der KAUFMANN'schen Expedition 5), und im
') Leipzigi899 = Abh. f. d. Kunde des Morgenlandes XI 3, zitiert als »Hartmann«.
-) Vgl. die Vorrede.
3) S. 230.
4) Verlag von F. Diemer, Finck & Baylaendei", Succ. — Zitiert als »Bed. Lieder«.
5) Auf dem Titel des Buches steht das nicht, es geht aber aus dem Vorwort des zweiten
Buches S. XI hervor. Das Buch war Anfang 191 1 bereits vergriffen.
Islam. IV. .25
-jrg PaulKahle,
Jahre 1911 folgte, sich an einen größeren Kreis wendend, sein Buch:
»Drei Jahre in der Libyschen Wüste. Reisen, Entdeckungen und Aus-
grabungen der Frankfurter Mcnasexpedition (Kaufmann' sehe Ex-
pedition) von J. C. Ewald Falls. Freiburg i. Br. «i).
Leider bereiteten beide Bücher eine große Enttäuschung. Der
vollkommene Mangel an wissenschaftlicher Schulung bewirkte, daß
trotz alles darauf verwendeten Eifers der eigentliche Ertrag dieser
Bücher ganz gering ist. Das gilt ganz besonders von Falls' erstem
Buche: Der arabische Text der Lieder ist durch Druckfehler ganz
arg entstellt, so daß er so, wie er dasteht, kaum zu verstehen ist. Die
deutsche Übersetzung kann man eigentlich nur als Phantasie be-
zeichnen. Und wo er den Versuch macht, arabische Worte zu tran-
skribieren — bei Eigennamen und auch bei Proben von Liedern =) —
da zeigt sich, daß er ganz unfähig ist, die arabischen Laute richtig
zu hören.
Ich hatte lange den Wunsch ein paar von diesen Liedern mit
einem Auläd-*Ali- Beduinen durchsprechen zu können, kam aber bei
meinem letzten Aufenthalt in Egypten (1910) nicht dazu. So be-
nutzte ich eine Gelegenheit, die sich mir im Sommer 191 2 in Ham-
burg 3) dazu bot. Unter etwa 90 Egyptern, die zu Schaustellungen
für Hagenbeck's Tierpark in Stellingen bei Hamburg verpflichtet waren,
befand sich eine ganze Anzahl von Auläd-*Ali-Beduinen. Unter ihnen
war der Schgch Muhammed Huez UojJ>) für meine Zwecke' besonders
c^eeienet. Er gehört einer der besten Familien der Auläd-*Ali-l-Ahmar
an, sein Bruderssohn ist *Omdc derselben. Man hatte ihn gebeten
mitzugehen, in der Hoffnung, daß er — als Autorität für seine Lands-
leute — diese leicht regieren könnte. Ihm fehlte aber die Rücksichts-
losigkeit und Energie, die dazu in Hamburg gehört hätte, wo die
Gesetze der Wüste nicht galten. So hat er den Erwartungen, die
man dort auf ihn setzte, wohl nicht ganz entsprochen — er paßte
1) Zitiert als »Drei Jahre«. Vgl. über das Buch meine Anzeige dieses Buches in
DLZ 191 1 Nr. 48.
2) Vgl. »Drei Jahre« S. 367 ff.
3) Ich möchte bei dieser Gelegenheit Herrn Professor C. H. Becker in Hamburg meinen
herzlichen Dank aussprechen für alles mir bewiesene Interesse und die mannigfache Hilfe,
die er mir während meines Hamburger Aufenthalts zuteil werden ließ. Herrn Dr. Graefe
danke ich für verschiedene Auskünfte, die er mir sandte, und dem Lektor für egyptisches
Arabisch beim Hamburger Seminar, R. R. Zaid Efendi, dafür, daß er mir in freundlicher
Weise seine Zeit und sein Wissen zur Verfügung stellte und in Stellingen durch seine
persönliche Kenntnis der Araber und seinen Einfluß bei ihnen meine Arbeiten dort wesent-
lich erleichterte.
Die Auläd-'Ali-Beduinen der Libyschen Wüste. -3 '7
seinem ganzen Wesen nach nicht zu einer derartigen Ausstellung.
Ich denke gern an die Stunden zurück, an denen ich mit ihm zu-
sammen arbeitete — unter oft recht schwierigen Verhältnissen, viel-
fach gestört durch die regelmäßigen Vorführungen, die Musik, mancher-
lei Neugierige • — • und freute mich, in ihm einen wirklich vornehmen
Beduinen zu finden.
Es ist ganz erklärlich, daß er von Liedern, wie sie Falj.s und
Hartmann veröffentlicht haben, nicht viel hielt. Das sei etwas für
junge Leute oder für Frauen ^), meinte er, und er konnte nicht recht
begreifen, wie man viel Mühe auf solche Lieder verwenden könne.
Mein Versuch, von ihm andere Lieder oder vielleicht Erzählungen
im Dialekt seines Stammes zu erhalten, war aussichtslos. Aber er
war gern bereit, mir diese Lieder zu erklären und mir Auskünfte
über die Stammesverhältnisse der Auläd *Ali zu geben. Er war im
allgemeinen recht gut informiert, und meinen nun folgenden Aus-
führungen liegen die Verhandlungen mit ihm zugrunde.
Ich werde im folgenden zunächst Hu5z's Angaben über seinen
Stamm mitteilen und sie für unsere Kenntnis der Beduinen der Liby-
schen Wüste verwerten und sodann zwei von den von Falls ver-
öffentlichten Liedern mitteilen, in Transskription nach dem Diktate
von Huez, mit Übersetzung und den notwendigen Bemerkungen.
I. Die Stamm Verhältnisse der Auläd 'Ali.
Die Kenntnis des Schech Huez über seinen Stamm erstreckt sich
bis auf den Vorfahren 'Agar (Iä^), der vor ungefähr 200 Jahren
gelebt haben soll. 'z\gär war verheiratet mit einer gewissen Sa'de
(»Jot*«), und nach ihr heißen seine Nachkommen Se'ädi (j^ol**«).
Den Se'ädi gegenüber stehen die Mrabtin-), die von dem Bruder des
*Agär 3) abstammen. Der war ein ordentlicher Mann, fragte mehr
nach Allah und hielt sich von Raub- und Kriegszügen fern. Sa*dc
aber war mutig und kriegerisch veranlagt, sie war »swaije maznünc«,
und so wurden ihre Söhne stark und kriegerisch. Bis auf den heutigen
Tag sind die Eigenschaften der Vorfahren in den Nachkommen zu
erkennen.
V
'Agar hatte von seiner Frau Sa'dc vier Söhne: 'Ali, Zibrin, Harb,
Dris. Von ihnen stammen ab: von 'Ali die Auläd 'Ali, von Zibrin
') Ähnliche Urteile bei Hartmann S. 70.
^) d. i. --lV^.'^ -•*, also eigentlich mräbtin. Huez sprach das a deutlich offen und
kurz, deshalb schreibe ich im folgenden stets Mrabtin.
3) Seinen Namen kannte Huez nicht.
25*
358 Paul Kahle,
die Zbarna, von yarb die Heräbi und die Brahsa (äjcic\^!) ^]
von Dris die Drise (iC^o^jJ!) und die Häse^ Die Nachkommen des
Flarb und Drls wohnen am Zebel al-Ahdar, die andern in andern
Gegenden der Berga (XJJj), wo es aber auch noch die *AwägIr gibt,
die ebenfalls auf *Agär zurückgehen.
Die Auläd *Ali, die sich in die vier Stämme *Ali-l-Abjad, *Ali-l-
Ahmar, Sinene und Auläd Harüf teilen, zogen um das Jahr IlooH.
aus der Berga in Tripolis nach der 'Agabe (x*Jic) auf der Grenze
von Egypten und Tripolis. Ihr gemeinsamer Schech war damals
Abu Hindi von den Auläd Harüf. Im Jahre 1202 H. zogen alle dem
Niltale zu. Die Hauptstämme, die sie dort vorfanden, die Henädi,
Beni *Aune, Zme'ät, Nzime, wurden besiegt; die Henädi und Nztme
wurden vertrieben — erstere wohnen jetzt hauptsächlich in Muderijet
ergije, letztere in Muderijet Zize. Die Beni *Aune und die Zmg'ät
schlössen sich den Auläd 'Ali an und blieben unter ihnen wohnen
in Muderijet cl-Bhera.
Im Jahre 1220 -) wurde IJamed el-Mcgrähi 3) ( r>jLjl) *Omde 4)
der Auläd *Ali. Er schloß ein Bündnis mit Muhammed *Ali Bäsä,
sie waren wie Brüder, erschlugen die Mamluken (JtJI), die die
Herren von Egypten waren, und Muh. 'Ali wurde Wäli von Egypten,
Hamed cl-Megrdhi aber blieb *Omde der Auläd *Ali bis zu seinem
Tode im Jahre 1234. Sein Sohn Matrüd el-Megrähi folgte ihm, bis
zum Jahre 1250. Dessen Bruder 'Abdallah el-Megrähi folgte, er starb
1259. Sein Nachfolger wurde 'Ilewa (sj^Jic), der aber noch in dem-
selben Jahre starb. Dann wurde Hairallah ed-Dizn *Omdc.
Damals war 'Abbäs BääaWäli von Egypten; der liebte die Beduinen
V
von Oberegypten (jyjucJt ,-,lj^) und veranlaßte die Zawäzi, Fawä-
jid, Firzän, Heräbi 5) und wer ihnen folgte, über die Auläd *Ali
') Über diese Bruderstämme und ihre Fehden berichtet Hartmann S. 54 ff., 225,
227.
*) Vgl. zu dem Folgenden die nicht ganz deutlichen Angaben, die man Hartm.\nn
über die Großscheche der Auläd *Ali machte, S. 224.
3) Diese Betonung ist charakteristisch egyptisch.
4) Für Huez war 'Omde durchaus der oberste, von der Regierung anerkannte Schech
des Stammes. Der 'Omde steht über den Schechs der einzelnen Unterstämme. Wenn
Hartmann über einen Mann, der ihm allerlei vorgeschwindelt -hatte, später erfuhr, »er
sei auch nicht sech, nicht einmal 'omde« (S. 23), so scheint mir die in diesen Worten
liegende Abstufung nicht richtig zu sein.
5) Auch von den Heräbi und Brä'sa sind Teile nach Eg\-pten gezogen. Im Faijüm
sind Angehörige von ihnen vorhanden, vgl. z. B. die von Fircks (Ägypten 1894) I 134
■ abgedruckte Statistik, Hartmann S. 225, 227 und Schwally, Beiträge zur Kenntnis
des Lebens der mohammedanischen Städter, Fellachen und Beduinen im heutigen Ägypten
(Sitzungsberichte der Heidelberger Akad. d. Wiss. 1912, 17. Abb.). Heidelberg 1912. S. 38.
Die Aulad-'Ali-Beduinen der Libyschen Wüste. ^cq
herzufallen. Sie wurden aber bei Abu 'z-ZeräzTr von den Auläd'Ali
unter Führyng von Ma*imüd Abu-smä'Tn geschlagen. Die Auläd *Ali
setzten darauf ihren *Omde Hairallah ed-Dizn ^) ab und machten
Mahmud Abu-smä*Tn zum *Omde (1269).
Sa*id Bäsa wollte von den Beduinen Oberegyptens nichts wissen
und ließ 90 000 (so!) Auläd*Ali gegen sie ausziehen 2). Die Auläd^Ali
schlugen sie tüchtig aufs Haupt und machten viele Gefangene.
1285 folgte, nach dem Tode des Mahmud Abu-smä'ln, dessen Sohn
*Ulwäni Mahmud 3) als *Omde, und als der im Jahre 131 5 starb, wurden
an seiner Statt sieben Schechs der Auläd *Ali zu *Omad gemacht4).
Diese Angaben des Huez sind in verschiedener Hinsicht bemerkens-
wert. In den ersten Ausführungen haben wir typische Stammessage.
Die näheren oder ferneren Beziehungen der Stämme zu einander werden
durch die Verwandtschaften der Ahnherren der einzelnen Stämme,
die ihnen den Namen gegeben haben, erklärt, und in sinniger Weise
wird die mehr kriegerische Veranlagung der Se*ädi-Stämme ebenso
wie die mehr ruhige, besinnliche Art der Mrabtin- Stämme auf die
entsprechende Veranlagung des Ahnherrn, oder auch — sehr beachtens-
wert — der Ahnfrau, zurückgeführt. Es ist eine schöne Parallele zu
den Stammessagen der Genesis ! Historisch wichtig sind derartige
Sagen insofern, als sie uns einen sichern Anhaltspunkt über die Zu-
sammengehörigkeit der verschiedenen Stämme, die Haupt- und Neben-
stämme usw. geben. Interessant ist dabei die merkwürdige Vorstellung
von Zeitepochen. Vor »200 Jahren« habe *Agär gelebt, so meint Huez
und setzt sich mit sich selbst in offenbaren Widerspruch, wenn er
gleich danach berichtet, wie die bereits in Unterstämme geteilten
Auläd-'Ali iioo aus der Berga auswandern. »200 Jahre« sind eben
nicht wörtlich zu nehmen. Es ist ihm eine Angabe für eine sehr lange,
nicht näher bestimmte Zeit; ähnlich verhält es sich mit den andern
ungefähren Zahlenangaben.
I) Er wird identisch sein mit dem 1277 im Alter von 58 Jahren gestorbenen Dichter
und Schech gleichen Namens, von dem Hartmann berichtet wurde, vgl. Hartmann
S. 287, und der andere Chairalla Dign, den Hartmann in Damanhür sah (vgl. S. 29), wird
ein Nachkomme von ihm sein. So würde sich jedenfalls der von ihm erhobene Anspruch
auf die Würde des Großschechs der Auläd 'Ali (d. h. 'Omde) erklären.
=) Vgl. Hartmann S. 224. Was Falls in der Vorbemerkung zu der Übersetzung
des 44. Gedichtes über Said Paschas Verhalten zu den Auläd 'Ali berichtet (Bed. Lieder
S. 93). stimmt zu diesen Ausführungen Huez's nicht. Falls wird wohl einige Angaben
verwechselt haben.
3) Vgl. Hartmann S. 219.
4) Offenbar war der Regierung die Konzentrierung der Macht in einer Hand un-
bequem geworden.
360 Paul Kahle,
Die eigentlichen historischen Erinnerungen beginnen mit der Aus-
wanderung der Auläd *Ali aus der Berka um ^^das Jahr iioo (1688/9).
Das ist eine sehr wichtige Nachricht. Sie zeigt uns, daß die Auläd 'Ali,
heute der weitaus wichtigste Beduinenstamm des nordwestlichen
Egyptens, überhaupt erst seit verhältnismäßig kurzer Zeit zu den
Beduinen Egyptens gehören. Sie sind aus dem Gebiete von Tripolis
eingewandert. Und diese Überlieferung wird durch eine Notiz bei
Pacho in sehr dankenswerter Weise bestätigt. Pacho wurde 1823
in der Pentapolis von seinem dem Stamme der yeräbi angehörigen
Führer auf Stammesmarken der Auläd *Ali aufmerksam gemacht, die
dort auf alten Denkmälern, glatten Felsen usw. angebracht waren;
der Führer bemerkt dazu: Allah inallou el-nicham de; hamdou-lilläh
el Aouldd Aly khallou belednah, »Maudite soit cette marque ! gräces
ä Dieu, les Aouläd-Aly ont quitte notre pays« ^).
Diese Nachricht ergänzt die Angabc des Huez in guter Weise.
Wir können annehmen, daß die Auläd 'Ali einst, vor »200 Jahren«
und mehr, zusammen mit den ihnen verwandten Heräbi in der Berka
wohnten. Vielleicht waren es Streitigkeiten mit ihren bisherigen Nach-
barn — das Weideland mag für die stark angewachsenen Stämme
nicht ausgereicht haben — , die die Auläd *Ali zum Zuge nach Osten
veranlaßten. Sie scheinen bei der großen *Akabe eine Station gemacht
und erst von da aus dann weiter den Zug zum Niltale unternommen
zu haben. Pacho fand sie bereits in dem ganzen heute von ihnen
eingenommenen Gebiet bis nach Alexandria zu vor. In der Ebene
von »Za'ra« (bei Sollum) fand er die am weitesten westlich wohnen-
den Auläd 'Ali. In der Zeit der schwachen türkischen Herrschaft
über Egypten scheinen sie dem Kulturlande von Egypten viel zu
schaffen gemacht zu haben. Daß Muhammed 'Ali sich zur Begründung
seiner Herrschaft auch mit der Auläd 'Ali bedient habe, ist wohl mög-
lich. Später lag ihm daran, seiner Regierung einen maßgebenden
Einfluß auf diese unruhigen Nachbarn zu sichern, und zu dem Zwecke
siedelte er die wichtigsten Stammeshäupter der Auläd 'Ali in den
Städten und Dörfern des Deltas an^). Er scheint das recht klug an-
gefangen zu haben. Die Angaben des Huez beweisen jedenfalls, daß
ihm die Auläd 'Ali ein gutes Andenken bewahren.
Wo blieben aber die Beduinen, die früher auf dem jetzt von den
Auläd 'Ali besetzten Gebiete saßen .i^ Huez berichtet, daß die Henädi
und Nzime nach Osten bzw. Süden weitergedrängt wurden, und in
■) Pacho, Relation d'un voyage dans la Marmarique, la Cyrena'ique et les Oasis
d'Audjelah et de Maradch. . . Paris 1827. S. 26 Anm. 2.
^; Vgl. Pacho, a. a. O. S. 30 f. fl
I
Die Aulad-'Ali-Beduinen der Libyschen Wüste. -26 1
der Tat wohnen erstere heut vorwiegend in der Scherklje, letztere
vorwiegend in der Provinz Gize. Andere Stämme aber dürfen mit
Zustimmung der andringenden Auläd 'Ali in ihren Wohnsitzen bleiben.
Huez nennt die Beni 'Aune und die Zme*ät. Erstere kommen wegen
ihrer geringen Zahl heute wohl kaum noch recht in Frage ^). Die
Zme'ät sind aber noch in erheblicher Menge, in der Tat hauptsäch-
lich in der Bhera, vorhanden. Sie wohnen unter den Auläd 'Ali —
als M r a b 1 1 n !
Noch von einem andern Stamm, dessen Angehörige heute als
Mrabtin unter den Auläd 'Ali wohnen, ist der Nachweis zu führen,
daß er schon lange vor den Auläd 'Ali dort in der Wüste ansässig war:
Über die Beduinen, die im 15. Jahrh. in Egypten wohnten, und
über ihre mutmaßliche Herkunft besitzen wir ein sorgfältiges Werk
von MakrTzi -). Zu seiner Zeit war die westliche Wüste — von Alex-
andria bis zur großen 'Akabe und weiter bis nach der Berka — von
den Beni Suleim LJL-) bewohnt. Im besonderen scheinen die zu
ihnen gehörigen Haijib {^^^S^) damals etwa die Rolle der heutigen
Auläd 'Ali gespielt zu haben. Einer der Unterstämme dieser Haijib
sind die Hauwära 3) {"ojj.^) , und diese wohnen heut noch dort
unter den Auläd 'Ali — als Mrabtin.
V
In den Zme'ät und Hauwära haben wir also mit Sicherheit Be-
duinenstämme vor uns, die vor den Auläd 'Ali in der Libyschen Wüste
wohnten, und die bleiben durften, als die Auläd 'Ali siegreich dort
eindrangen, Ihre Angehörigen wohnen heute aber als M r a b t 1 n unter
den Auläd 'Ali. Die Herkunft der Mrabtin -Stämme scheint mir damit
gegeben. Es sind unterworfene Beduinenstämme, denen von den
Siegern die Erlaubnis gegeben wurde, im Lande zu bleiben, unter
bestimmten Bedingungen, denen sie sich fügen mußten, und die vor
') Im Egypt. Census von 1S82 ist die Gesamtzahl der Angehörigen dieses Stammes
auf 425 angegeben, davon sind noch 36 in der Bhera (vgl. Hartmann S. 226 f.).
-) el-Macrizi's Abhandlung über die in Egypten eingewanderten arabischen Stämme.
Herausgegeben und übersetzt von Ferdinand Wüstenfeld (= Göttinger Studien 11^47
n S. 409 — 492).
3) S. 448. Zeile 3 v. u. Ob diese Hauwära mit den auf S. 440 f. behandelten zusammen-
hängen, die behaupten, von den alten Berbern abzustammen ? Wüstenfeld hält beides
für verschieden und transkribiert einmal Hawwära und das andere Mal Hawära. Da die
ersteren ein Unterstamm der zu den Beni Suleim gehörigen Haijib sind, sollte man sie
für echte Araber halten. Die unten (S. 364) behandelte Liste erwähnt die El-Haouäräh
als einen ursprünglich berberischen Stamm. Und in der Tat waren sie einer der zur Zeit
der arabischen Eroberung im Osten Nordafrikas wohnenden Berbernstämme, ein Unter-
stamm der Lowäta (vgl. Enzyklopädie des Islam I 728). — Hartmann S. 228 weist noch
auf die Hüwära des Wäd süs hin.
0^2 Paul Kahle , i
allem bezweckten, jede Auflehnung gegen das Herrenvolk — die
Se*ädi- Stämme — unmöglich zu machen.
Es ist ganz unzweifelhaft, daß die Bedingungen, unter denen die
Mrabtinstämme stehen, ursprünglich Degradation bedeuten: Wenn
Beduinenstämmen jede Teilnahme an Raub- und Kriegszügen, jede
Einmischung in Stammesfehden untersagt ward, so wird ihnen etwas
ganz Wesentliches genommen. Freilich tauschten sie etwas anderes
dafür ein: Das Herrenvolk garantierte ihnen ihr Hab und Gut und
die persönliche Sicherheit. Aber gerade damit wurden sie aus solchen,
die sich selbst beschützten, Leute, die auf die Hilfe anderer angewiesen
sind. Daß unter solchen Bedingungen eine völlige Wandelung ihres
Wesens die Folge war, ist wohl erklärlich. Sie waren einfach g e -
z w u n g e n , die »Gutgesinnten«, die »Stillen« ^) im Lande zu werden.
Aber als sie dann später es nicht mehr anders gewöhnt waren, empfanden
sie das Erzwungene des Verzichtes auf Kampf und Streit gar nicht
mehr, und auch die andern begannen allmählich in ihnen Menschen
zu sehen, die nicht wie sie selbst an Raub und Beute dachten, sondern
mehr nach Allah und seinen Geboten fragten. Die ihnen zugesprochene
Unverletzlichkcit brachte sie in den Ruf einer gewissen Heiligkeit,
und aus den ursprünglich degradierten Besiegten werden Leute, die
man allenthalben mit Respekt behandelt. So ist es heute in der Tat,
und was Hartmann und vor ihm Pacho über diese Stämme und
ihre Eigenart berichten, bestätigte Huez im allgemeinen. Ich führe
nach seinen Angaben noch folgende Einzelheiten an: Begegnet ein
Se*ädi einem Mräbit, so küßt er ihm die Hand. Tritt zwischen er-
bittert Kämpfende ein Mräbit, seine Kopfbinde {*-emme) an einen
Stock gebunden, so läßt man vom Kampfe ab, und hört auf seine
Mahnungen. Nur im auswärtigen Krieg kämpfen gelegentlich auch
Mrabtln mit — so im Kampfe gegen die Italiener in Tripolis. Im
gewöhnlichen Leben sind heutzutage die Mrabtln- von den Se*ädi-
Stämmen kaum zu unterscheiden. Sie ziehen wie jene ihre Schafe
und Kamele auf und bebauen wie jene, soweit das überhaupt ge-
schieht, ihre Äcker. Es gilt heutzutage durchaus als unbedenklich
für einen Se*ädi -), wenn er die Tochter eines Mräbit heiratet, oder
wenn er seine Tochter einem Mräbit zur Frau gibt. Bei Todesfällen
bittet man einen Mräbit herbei, damit er über 'dem Toten Gebete
spreche, und bei Krankheiten zieht man ihn herzu, damit er Weih-
rauch verbrenne und seine Ratschläge gebe. Sie sind eine Art y>daräwis
') Hartmann S. 218.
*) so Huez; anders scheint es Hartmann berichtet zu sein; s. S. 218.
Die Auläd-'AIi-Beduinen der Libyschen Wüste. -363
min ger /arzqa«, »Derwische ohne Ordensregel«, aber von den eigent-
lichen Derwischen, die in jenen Gegenden vorkommen — es sind haupt-
sächlich Se/^üsis, daneben auch Medani- und Halweti-Derwische — ,
die auch mrabtin heißen, streng zu scheiden. Diese kommen von
außen und sind keine Beduinen.^)
So, glaube ich, ist das eigenartige Wesen der Mrabtin- Stämme zu
erklären. Dann haben wir in den Mrabtin- Stämmen die früheren Be-
wohner der Libyschen Wüste vor uns, soweit sie nicht von den Auläd
*Ali hinausgedrängt wurden. Aber freilich nicht in allen: Bei den
Mrabtin- Stämmen muß man noch Unterschiede machen.
Sieht man die unten abgedruckte Liste der Mrabtin- Stämme
durch, so erkennt man, daß bei den meisten keine besonderen Stammes-
häupter angegeben sind — diese Stämme unterstehen den Stammes-
häuptern der Se*ädi- Stämme. Nur die Sammälüs, Lezd, Tamäme,
Zawäbis und Zme'ät haben eigne Stammesverfassung, und der Schech
der Sammälüs ist zugleich *Omde über die vier erstgenannten Stämme.
Von diesen selben Stämmen und dazu noch von den Hauwära er-
klärte Huez ausdrücklich, daß diese alle ausschließlichMrab-
tln der Auläd *Ali seien, die andern von ihm angeführten
Mrabtin- Stämme gehörten teils zu den Auläd *Ali, teils zu andern
Arabern. Von diesen andern Mrabtin- Stämmen führt Pacho in seiner
Liste die Sawä*ir, *Ait *Amere, Git*än, Muälik und Habbün als Mrabtin
der Heräbi an.
Danach scheint mir der Schluß sehr nahe zu liegen, daß diese
letzten fünf Stämme zu Mrabtin wurden zu einer Zeit, als die Auläd
*Ali und die Heräbi noch einträchtig als verwandte Stämme in der
Berka wohnten. Gemeinsam machten sie diese Stämme zu Mrabtin.
Bei dem Zug der Auläd *Ali nach dem Osten zogen Teile dieser alten
Mrabtin- Stämme bereits mit. Als neue Mrabtin- Stämme bezeichne
ich demgegenüber die Stämme, die ausschließlich zu den Auläd *Ali
gehören: Es sind die, welche die Auläd 'Ali allein unterwarfen bei
ihrem Zusje nach dem Osten. Mit andern Worten: In den Stämmen
V ^ _ _ 1
der Sammälüs, Lezd, Tamäma, Zawäbis, Hauwära und Zme'at haben
wir Beduinenstämme zu sehen, die die Auläd *Ali bei ihrem Zuge nach
I) Wenn Schwally (Beiträge S. 38) sagt: »Die Beduinen des FaijQm wie die des
Gharb überhaupt sind fast ohne Ausnahme Anhänger der Sekte der Senüsija, so daß Ferner-
stehende dieses Wort oft als Stammesnamen gebrauchen«, so gilt das jedenfalls für die
Auläd 'Ali — und auch für andere Beduinen der Libyschen Wüste — nicht, wenn man
»Anhänger der Senüsija« als gleichbedeutend mit »Senüsi-Derwische« braucht. Daß Senüsi-
Derwische unter Umständen einen gewissen Einfluß auf die Beduinen — Se'ädi wie Mrabtin
— gewinnen können, leugnete Huez natürlich nicht.
364 Paul Kahle,
Egypten in der Libyschen Wüste vorfanden und unter gewissen Be-
dingungen — zumeist mit Bewilligung der eignen Verwaltung durch
Stammeshäupter — unter sich wohnen ließen. In der Sonderstellung
des Schechs der Sammälüs ist vielleicht noch eine Erinnerung an
eine alte Oberherrschaft erhalten.
Aber noch weitere Unterschiede bestehn offenbar. In seinen
»Etudes sur le folklore bedouin de l'Egypte« i) hat Ernst Klippel
eine vonMr.W. E.Jennings Bramly, ancien commandant et inspecteur
de la peninsule sinaitique, zusammengestellte Liste der Beduinen
Egyptens — 87 nach dem arabischen Alphabet geordnete »tribus ou
agglomerations« — abgedruckt -). Der Verfasser dieser Liste hat dort
bei einer Anzahl von Stämmen Angaben über deren Herkunft gemacht,
leider aber nirgends bemerkt, auf welchen Quellen diese Angaben
beruhen. Von den im Westen wohnenden Stämmen heißt es meist
entweder: »issus probablement des Bcni Souelim« — das sind natür-
lich die *-^JLw des Makrizi, oder »d'originc herbere« bzw. »probablement
d'origine herbere«. Das erstere gilt von 3): 4 Aouläd Kharouf, 7 Aouläd
Aly el-Ahmar, 9 EI-Bara'asah, 12 Beni 'Ounah, 20 El-Djami'ät,
28 El-Haräby we el-Sobihät, 42 El-Sanäqrah, 43 El-Senanä, 87 El-
Hanädy. Ich füge hier noch hinzu »17: El-Tamämah, sc reclamant
de l'origine de Beni Tamäm«.
Dagegen sind als »d'origine herbere« bezeichnet: 21 El-Djauäbis
(so !), 30 El-Haoutah, 33 El-Rabäi*, 40 Samalous, 70 El-Faouäkher,
Jl El-Qadadfah, yj Lozd, 81 El-Nedjmah, 86 El-Haouärah.
Man erkennt in 4, 7, 42, 43 leicht die vier Hauptstämme der
Auläd *Ali wieder, 9 und 28 gelten nach Huez als ihnen verwandt —
sie wohnten ursprünglich mit ihnen in der Berka zusammen 4). V^on
den Stämmen, die sie in der Nähe des Niltals vorfanden, werden hier
12, 20, 87 als arabisch, 81 (= Nzime) als ursprünglich berberisch
erwähnt.
Die übrigen oben erwähnten Stämme sind Mrabtin der Auläd 'Ali,
und es ergibt sich die interessante Tatsache, daß sich unter ihnen
sowohl echte Araberstämme — 17, 20 — - wie auch arabisierte Berbern -
Stämme finden. — 21, 30, 40, 70, j^), 77, 86 — ; leider läßt sich mehr
auf Grund der etwas dürftigen und unvollkommenen Angaben dieser
•) Bulletin de la Societe Khediviale de Geographie, Vlle Serie, Numero 10. Le Caire
1911, S. 571 — 616.
-) a. a. O. S. 574 ff.
3) Ich führe hier natürlich nur solche Stämme an, die zu den Auläd 'Ali gehören oder
zu ihnen Beziehungen haben.
4") S. oben S. 357 f.
Die Aulad-'Ali-Beduinen der Libyschen Wüste. 55c
Liste nicht sagen. Eine sorgfältige Untersuchung dieser Verhältnisse
wäre sehr wünschenswert. Vielleicht war es Makrizi noch bekannt,
daß viele von diesen Stämmen berberischen Ursprungs waren; jeden-
falls würde sich so die Tatsache erklären, daß sich bei ihm viele Namen,
die wir erw^arten sollten, nicht finden; über die Berbernstämme, die
die Araber bei der Einwanderung einst vorfanden, hatte er nicht zu
berichten. Bei den eigentlich arabischen Stämmen mag es in den
500 Jahren manchen Wechsel gegeben haben, der uns vorläufig noch
nicht erfaßbar ist. Bei späteren Schriftstellern sollten wir allerdings
diese Namen — und daneben die der Henädi und Nzime — erwarten,
wenn von Beduinen der nördlichen Libyschen Wüste die Rede ist.
Wie wenig die heutigen Auläd 'Ali über Entstehung und Herkunft
der Mrabtin- Stämme im klaren sind, zeigt deutlich jene hübsche
Geschichte von der Abstammung derselben von dem ordentlichen und
frommen Bruder des *Agär (s. o. S. 357). Einen anderen Versuch,
ihr Wesen und ihren Charakter zu erklären, hat man gemacht, indem
man jeden einzelnen Stamm der Mrabtin auf einen Heiligen (Weli)
zurückführte I). Diese Abstammung sei der Grund für ihren eigen-
artigen Charakter. Das sind natürlich — übrigens naheliegende —
spätere Erklärungsversuche.
Die Grenzen zwischen Mrabtin- und Se'ädi-Stämmen sind keine
ganz festen 2). In der unten folgenden Stammesübersicht hat Huez
die Muälik und Git'än zu den Auläd 'Ali-l-Ahmar gestellt und dabei
bemerkt: sie waren Mrabtin, sind aber jetzt Se'ädi. Und in der
Tat führt er sie unter den Mrabtin nochmals auf, und Pacho kennt
sie als Mrabtin der Heräbi 3). Wir haben hier offenbar Stämme vor
uns, die schon mit den Auläd *Ali zusammen die Wanderung nach
Osten mitgemacht haben, sie haben sich dann, wie es scheint, an die
Auläd *Ali-l-Ahmar eng angeschlossen, haben diesen vielleicht sehr
wesentliche Dienste geleistet, so daß sie von diesen schließlich als
gleichberechtigt in den Stamm aufgenommen werden konnten. Es
wäre sehr wertvoll, wenn man im einzelnen die Gründe für einen der-
artigen Übergang an Ort und Stelle genau untersuchen könnte.
Wenn Hartmann meint 4), daß die Mrabtin- Stämme unter dem
Einfluß von Senüsis besonders fanatisch geworden seien, so bestritt
das yuez auf das Bestimmteste, und da Pacho die »Maraboutins«
') Vgl. auch Falls, Bed. Lied. S. 36 f. Ich führe die einzelnen mir genannten Heiligen
unten bei der Aufzählung der Stämme an.
^) Vgl. Hartmann S. 218.
3) S. 65, siehe oben S. 363.
4) S. 218.
Z66
Paul Kahle,
bei seiner Reise 1824/5 schon ungefähr ebenso beschreibt, wie sie
heute noch sind, so ist klar, daß die Senüsis sie jedenfalls nicht zu
dem gemacht haben können, was sie sind.
Auch das halte ich nicht für wahrscheinlich, daß die Mrabtin-
Stämme ein Element sind, das »für die künftige Entwicklung Egyptens
von der größten Bedeutung werden kann«^). Schon die geringe Zahl
spricht dagegen — Huez meinte, daß von lOO Auläd *Ali-Beduinen etwa
80 Se*ädi und 20 Mrabtin sind — und das oben besprochene Beispiel
der Muälik und Get*än zeigt, daß eher die Mrabtin Sc'ädi werden, als
umgekehrt, die Se*ädi Mrabtin.
Ich gebe nun auf Grund der Angaben Huez's eine Übersicht über
die Se*ädi- und Mrabtin- Stämme der Auläd *Ali. Daß die Liste der
Se*ädi-Stämme sich fast genau mit den Angaben Pacho's — die sich
auf die Verhältnisse der Jahre 1824/5 beziehen — deckt 2)^ beweist,
wie vollkommen sicher diese Angaben sind, und es zeigt deutlich,
welches Pech Hartmann bei der Wahl seiner Leute hatte, daß es
ihm — trotz Pacho — nicht einmal gelang, diese Se*ädi-Liste mit
aller Sicherheit herauszufragen.
Hinsichtlich der Mrabtin-Stämmc weicht Huef's Liste von Pacho
an einzelnen Punkten ab; im allgemeinen ergänzen und bestätigen
sich beide Listen aber in sehr dankenswerter Weise. Damit man das
Verhältnis dieser Liste zu der Pacho's gleich erkennen kann, setze
ich bei den einzelnen Namen die Angaben Pacho's bei, und füge, wenn
er den betr. Stamm als zu den yeräbi gehörig 3) erwähnt, ein H
hinzu.
Über die verschiedenen Heiligen, auf die sich die einzelnen Mrabtln-
Stämme zurückführen, wußte Huez im einzelnen wenig Bescheid,
und gerade hier hätte ich gern nähere Auskunft gehabt. Aber es
ist ja eine Erfahrung, die man immer wieder macht, daß man über
die verschiedenen muhammedanischen Heiligen nur bei ihren direkten
Verehrern und in der Nähe ihres »Makäm« brauchbare Auskünfte
erhalten kann. Was es also mit diesen einzelnen Heiligen auf sich
hat, wie sie in Beziehung zu den einzelnen Mrabtin- Stämmen ge-
kommen sind, wann — und ob — sie gelebt habend), das sind Fragen,
die nur an Ort und Stelle durch sorgfältige Erkundigungen bei den in
Betracht kommenden Stämmen beantwortet werden können. Ich muß
') Hartmann, a. a. 0.
^) Ich gebe Pacho's Namen in den Anmerkungen.
3) S. darüber oben S. 363.
4) Einige machen mir den Eindruck, als ob sie nur heroes eponymi sind.
Die Auläd- 'Ali-Beduinen der Libyschen Wüste, ^6?
mich hier also im wesentlichen auf die Wiedergabe der von yuez
berichteten Namen beschränken.
Pacho hat auf S. 24 ff. seines Werkes verschiedentlich über die
Stammesmarken {wusüm) berichtet. Da yuez in diesen Dingen gut
Bescheid zu wissen schien, setze ich neben die Stammnamen diese
Marken, so wie sie mir Biuez aufmalte. Die Mrabtin haben keine
besonderen Wusüm, sondern zeichnen ihre Kamele usw. mit den
Namen xJÜI, oder ju-^/i^). Eine Ausnahme machen nur die Sammälüs,
aber deren Wasm, so wie Huez es aufmalte, geht ja auch deutlich
auf das Wort iJJI zurück.
Seit Muhammed 'Alis Zeiten ^) wohnen die Häupter der einzelnen
Stämme der Auläd *Ali im Kulturlande, in verschiedenen Ortschaften
der Provinz Bhera. Ich gebe bei jedem Stamm den Namen des Schechs
an sowie den Ort, an dem er wohnt, daneben in Klammern den Kreis
(merkez) i) , in dem der Ort liegt. Sämtliche Stammesnamen gebe ich
in Umschrift (nach der Aussprache von liuez) und in arabischen
Typen, die Orts- und Personennamen meist nur in Umschrift. Bei
den Stammesnamen setze ich den Artikel da, wo ihn Huez setzte.
Ein Prinzip ist mir dabei nicht ersichtlich. Man müßte den eigent-
lichen Sprachgebrauch in dieser Hinsicht an Ort und Stelle noch
einmal genau untersuchen.
Die Namen der Oberscheche {''omad) der Auläd *Ali — daß es
seit 13 15 (1897/8) sieben solche gibt, berichtete ich schon oben
S. 359 — führe ich an vor der Aufzählung der Stämme, die ihnen
unterstellt sind. Nähere Angaben über ihren Wohnort mache ich nur
dann, wenn sie nicht auch zugleich das Haupt eines der folgenden
Stämme sind.
Die Reihenfolge der Stämme ist so, wie sie Huez angab.
I. Auläd 'Ali-1-Abjad 4).
'Omad: l. Mahmud Raswän, 2. 'Omar Hairallah.
I. es-Sanägere 5) »jl;^^! A — 'Omar Hairallah in Zimrän el-
Köm (Delinzät).
') Man wird ihnen ihre ursprünglichen Wusüm verboten haben, und als sie später
mit solchen Zeichen wie den jetzt üblichen begannen, hatte man dagegen nichts.
*) Siehe oben S. 360.
3) Falls schreibt einmal (Bed. Lied. S. 38) »der Mamur Markaz von Amriah«, hält
also Markaz für einen Personennamen !
4) Pacho: Les Seneghreh, en Affrät. Moughaoureh. A.zaim. Adjebälah. —
Bramly: 42 El-Sanaqrah. '
5) Die von Falls, Beduinenlieder S. 38, berichtete Geschichte von der Abstammung
der Sanägere von einem Deutschen namens Singer, der als Kind bei Derna aus einem
268 Paul Kahle,
2. . el-*Azäim ^\m1\ A — Seif en-NasrSüsän inRezemät(Abuyommos).
3. el-Megäure » ►LäJl ^i — Min§äwi-s-Sakräni) in Dclinzät (Delinzät).
4. Lefräd ol-äJ! m — Mahmud Raswän in Köm Zaif U>->^ j^
(Delinzät).
II. Auläd *Ali-l-Ahmar 2).
*0 m d e : ^Abdallah 'Abdelgawi Regaig 3) ^^ in Misen ^^^^x^«^
(Delinzät).
1. Genäsät oUl>Ü ^1 — Rahaim Drls in 'Ameijid jy^^ (Mariüti.
2. Kimelät c^L.^,f w — *Ali Regaig . ^ in Saft el-Mulük (Delinzät).
^. Hegebät o..*xXi.> AI — *Ali Drls in Rezäfa (Delinzät).
4. Muälik4) ^VJÜ|yi lO — FinöSän ^Lius in Mariüt (Mariüt).
5. Git'än 4j , Lt-iV 00 — el-Fezzär in *Agaba (Mariüt).
III. Auläd cs-Sinöne5j UJ
*0 m a d : i. Ibrahim Bek Mgaijib >_,-yJw in Saft el-Mulük
(Delinzät). 2. Mhämmed Ltäijif o^aJ Jw.^v« in Zäwiet liammür
(Delinzät).
1. el-*Aräua 3.ijü| De — *Ali Smede in Hafs (Damanhür).
2. el-Mahäfid Jäxs'l.^:^! bH — Smede *Ali Lahläh in Zäwiet Ham-
mür (Delinzät).
3. cl-Gatifc x.Ä>Iajiii H — Abu Galmün in Gamha (Delinzät).
4. el-*Ezne xX:^\ X ^) — Smede *Ali Lahläh (s. Nr. 2).
5. es-§awälha7) i;^_j^| !<• — 'Abdellatif in Zäwiet liammür (Delinzät).
Schiffbruch gerettet, Stammvater dieses Stammes geworden sei und ihm den Namen
gegeben habe, war auch HueZ bekannt. Der meinte aber, nur die 'ait zeballa xLjC
xJL>wO>. (Pacho's Adjebälah) stamme wirklich von jenem Singer ab.
') Hartmann S. 221.
-) Pacho: Les A 1 y - e 1 - A k h m a r , en Kemeiliat. Acheibeat. Ghenächeat. —
Vgl. Bramly 7.
3) Er ist der Neffe (Bruderssohn) des Mhammed Huez. Sein Vater ist bei Hartmann
S. 221 erwähnt.
4) Diese beiden Stämme waren Mrabtin, sind aber heute Se'ädi. S. o. S. 365.
5) PACHo:Les Senen eh, enMahäffit. Haräouah. Hedjeneh. Ghattifeh. Couäbah.
— Bramly: 43 El-Senanä.
6) Dies Zeichen ist auf Abb. 28 von Falls, Bed. Lieder deutlich zu erkennen.
7) Von einem Angehörigen dieser Familie stammen die von Wilhelm Czermak in: Ein
5a7mgs^^>-flgy//i6■<:/V«ße?<f^(()^eK/J0('5^V^VZK^IXXVI(I9I 2) S. 253-262 veröffentlichtenLieder.
Die AuIad-'Ali-Beduinen der Libyschen Wüste. ■sgo
IV. Auläd Harüf i).
*0 m a f^ : i. Sämih Mhärib in Abu Matämir (Abu Hommos).
2. *Abdelga\vi-l-Megrähi in Zezäir (Delinzät).
1. Zeredät o!vXj^.:?- A — *Abdelgawi-l-gäsi ^^Läil (^j-äi! Jy-c in
Zezäir (Delinzät).
2. Auläd Mansür ,_j,a2.>Lx obS^! A — Abu Bckr Hetetc in Hös *Esä
(Abu Hommos).
3. Abu Zeijäna kJLj; ».j5 ^ — ■ Timäwi Mansür in Teba und Gamha
(Delinzät).
4. 'Ait KäsTk ^^.^S kJLc ^ — Slemän Mhärib 2) in Abu Matämir
(Abu yommos).
fSa*Ide äjooi^l
5. Ait^^ , _. • .. •* KJixfi A — Mahmud 'Ärnir in Tebe Delinzät).
[Behije ^s^ j •• .» • • ^ '
6. *Ait Brähim ,^^.^\ LnJUc /^ — ■ Abu Zagam in Abu Smäde (De-
linzät).
7. *Ait Dä'üd JjIj i;JLc vA — Abu Daggär in Tod (Delinzät).
M r a b tTn.3)
1. el-Bld ;jl::>j».JI [Nachkommen des Propheten und der Ashäb].
2. ez-Zräre 8 Lil [nach Seh Zrär (»vor ca. 200 Jahren«), Nachkomme
des Hasan b. *Ali]
a) Fawähir ^Ls (Br. 70), b) Sreihät oL^j«« (Pa: Srheet),
c) Häuwete ä.j^> (Br. 30), d) Sawä'ir ^\^ (Pa: Chouaerh H).
e) Släwije, ^J^^U:, f) *Ait ^Amere S-^^ji kJL-o^ (Pa: Heit-Meireh, H).
3. es-Sammälüs (wj.JL.«.^Jl (Pa: Sammalouss, Br. 40) [= Auläd Dimen
(»vor 150 Jahren«) b. b. HansTr b. b. Husen b. *Ali]. Olli —
Schech: Gäsim Abu *Abese Dimen 4) [zugleich *Omde über
die Sammälüs, Lezd, Tamäme und ZawäbTs] in Nzilc (Abu
Hommos).
4. Lezd oJ (Br. yy) [von Sldna *0kkä§e5)] Schech: BrähTm *Omar
in Btüris (Abu Hommos).
') Pacho: Les Aouläd-Karouf, en Djeraidat. Haddäout. Aouläd-Mansour.
Heit-Ibrahim. Heit-Bou-Zaieneh. Heit-Behieh. — Vgl. Bramly 4.
-) Ein Bruder des 'Omde.
3) Im folgenden verweist Pa. auf die Angaben Pacho's, Br. mit einer Zahl verweist
auf die betr. Nummer der oben (S. 364) besprochenen Liste von \V. E. Jennii^gs-Bramlv.
4) Hartmann S. 220.
5) Vgl. Hart MANN, Aus dem Religionsleben der Libyschen Wüste, Archiv f. Religions-
wissensch. I (1898) S. 263.
270 PaulKahle,
5. Tamäme iUuj (Br. 17) [nach Tamlm ed-Däri, von dessen Nach-
kommen sie sein sollen]. Schech: Abu N^aize in Kafr
ed-Dauwär.
6. Zawäbis ^j^j^\jj>. [nach Sidna Zaubas ^jaJj.> genannt]. (Pa:
Djouäbis, Br. 21). Schech: liamed Mczhüd i) in TerTje
(Nzile) 2).
7. Mniffe ä.Ll/j (Pa: Menefleh !) [nach Sidna Munif von den Ansär].
8. e§-§häibät ouAj'utxiJJ [nach Sidna Sihäb ed-Dln von den Ansär].
9. Hauwara ■■i\jß> (Br. 86, vgl. oben S. 361) [von Sidna *Aun her-
stammend, der einen Makäm in Dcrna hat 3)].
10. Rbäje* «_jLj (Br. ^t,) [es sind die Auläd Sidna Rcbi* von den
Ansär].
11. Gadädfe ÄiJlÄä (Br. 73) [nach Sidna Gadäd, der in der Zeit des
Propheten gelebt haben soll, und von dem man berichtet:
ein jiühne imüt »wem er den Tod wünscht, der stirbt«].
12. *Awäme iO«l^ [nach Zubeir b. al-*Awäm von den Ansär].
13. Git'än . wxlii (Pa: Ghettäan, H) [es seien Auläd Sidna-1-Agta'
von den Ansär; vgl. oben Nr. II 5, und S. 365].
14. Muälik eU!^ (Pa: Mouälek, \\) [es seien Auläd Sidna Melik
e§-§ar'i; vgl. oben Nr. II 4, und S. 365).
15. Sirasät oLa3.j^ (Pa: Echrousät) [es seien Auläd Sidna Hatwa§].
16. Zme'ät c'^j->;.»--^ (Br. 20) [nach Sidna Zime*] Schech: Sa'd Bek
el-Masri 4) in Gafle (Abu Hommos).
a) Gawäsim ^\_^i, b) Muwese 'i^y» c) E§tür ^yci^t (Pa:
Chtour).
17. Habbüni j^_^ (Pa: Habboun, l\) [nach Sidna liabbün].
18. Ze'airät o!.^; [nach Sidna-1-Az'ar Säri »einem Großen im
Heere Muhammed *Alis«].
2. Zwei Lieder aus der Libyschen Wüste.
Auf die Unzulänglichkeit des arabischen Textes der von Falls ver-
öffentlichten Lieder und die vollständige Unbrauchbarkeit der von
ihm sesebenen Übersetzung habe ich bereits oben hingewiesen. Ich
t5^Ö^
■) Sohn des bei Hartmann S. 227 genannten Rohaijim Te'elab.
2) Nicht identisch mit dem in Nr. 3 genannten Orte gleichen Namens !
3) Vgl. Hartmann, S. 228, Religionsleben S. 264.
4) Vgl. Hartmans S. 227.
Die Auläd-'Ali-Beduinen der Libyschen Wüste. ^yj
möchte durch die Veröffentlichung von zwei Liedern der Falls-
schen Sammlung ein Verständnis dieser Lieder und einen Einblick in ihr
Wesen und ihre Sprache ermöglichen. Die Fehler in Falls' Abdruck
der Lieder korrigiere ich in der Transkription stillschweigend, nur ganz
gelegentlich weise ich in einer Anmerkung darauf hin, und überlasse
es im allgemeinen dem Leser, meinen mit Hilfe von Huez festgestellten
Text mit Falls' Druck zu vergleichen. Nur beim Anfang des Liedes
17, von dem eine Abbildung der Originalhandschrift vorliegt, berück-
sichtige ich dies Original sorgfältig. Daß ich Falls' Übersetzung
im allgemeinen unberücksichtigt lasse, versteht sich von selbst.
Falls hat auf S. 40 f. seiner Beduinenlieder über die Personen
gehandelt, die ihm seine Lieder gesammelt und niedergeschrieben haben.
Die Namen sind in seiner Umschrift stark entstellt, und bisweilen
überhaupt kaum wiederzuerkennen. Da sie alle dem Piuez oder
andern Beduinen, die in Hamburg waren, bekannt sind, kann ich seine
Liste hier berichtigt und ergänzt abdrucken:
Falls' Hauptmittelspersonen beim Sammeln der Lieder waren:
1. 'Alwäni Hamed, von den Hauw'ära.
2. Halil Abu Hebe, von den Gne§ät (*Ali-l-Ahmar). Seine Mutter
Hebe Umm Halil ist die Schwester von Huez.
3. 'Abd ez-Zawäd Embeo (»^^!) von den Abu Mter, einem Unter-
stamm der Auläd Mansür (Auläd Harüf).
4. *Ali yamed von Köm el-Margab, ein yeräbi.
5. Ahmed *Auad ^) von den Zaw^äbis.
6. Der Schech der Zäuja Sldi Müsa, in der kleinen 'Ag=»ba [xjjic.)
ein Mräbit, d. h. hier ein Derwisch, also kein Beduine.
7. Faraz Abu ZhewTg -) (, -jjj^j) von Mirsa Matrüh.
8. 'Otmän Sa*d, von den 'Aräwa (Sinene).
9. Halime Embeo von den Abu Mter 3) (zu den Auläd Mansür — Auläd
Harüf gehörig).
10. TauwTda Säleh von der *Ait Sa*ide (Auläd Harüf).
11. Fätme bint Mhammed, el-Ehseblje, d. h. zu den Hsebät gehörig
('Ali-l-Ahmar).
Bei der Niederschrift dienten ihm:
0 Falls: Auert ! Sein Bild in »Drei Jahre« S. 305.
''■) Falls: Suik. Der Mann sei nicht 'Omde, wie Falls S. 32 behauptet, sondern
nur Wekil des *Omde.
3) Falls: »Tochter der sehr angesehenen Alatrije von den Abu'm der« ! ! Man wird
ihm die Frau als »bint matrije«, d. h. zu den Abu Mter gehörig, bezeichnet haben.
Islam. IV. 26
372
Paul Kahle,
12. Mu|itär Abu Taijib, Seh der Zäuja E*sele ^) (xLy*^), südlich
von Bhiz, ein Medani-Derwisch 2).
13. Mräif von El-Garn, vom Stamm *Aräwa (Sinene).
Nach Hauptstämmen geordnet gehören:
1. zu den Heräbi: Nr. 4.
2. zu den Auläd 'Ali, Se'ädi: *Ali-l-Ahmar: Nr. 2, il, Sinene: Nr. 8,
13, Auläd Harüf: Nr. 3, 9, 10.
V
3. zu den Mrabtin der Auläd *Ali: Hauwära: Nr. i, Zawäbis: Nr. 5.
4. Nicht zu den Beduinen gehörige Derwische: Nr. 6, 12.
Wohin Nr. 7 gehört, weiß ich nicht.
Auf wen von diesen Gewährsmännern die einzelnen Lieder zu-
rückgehen, hat Falls nur gelegentlich angegeben. Das ist schließlich
kein sehr großer Verlust, denn für genauere dialektische Untersuchungen
können ja seine Aufzeichnungen ohnehin nicht in Frage kommen.
Mir konnte es bei der Transkription der Texte nur darauf an-
kommen, die Aussprache im allgemeinen festzulegen, und ein richtiges
Verständnis zu ermöglichen. Zu einer exakt phonetischen Aufzeich-
nung war Hamburg nicht der richtige Platz und Hug2 vielleicht auch
nicht die richtige Persönlichkeit. Huez sprach in Hamburg allgemein
— und auch mit mir — egyptisches Arabisch. Auch kannte
er die Lieder nicht selber, wir waren bei der Durchnahme auf die
gedruckte Vorlage, die Falls bot, angewiesen. Ich bemühte mich,
die ihm als Angehörigen der Auläd *Ali geläufige Aussprache fest-
zustellen, und hoffe, daß mir das im allgemeinen gelungen ist. \\ ill
man auf die feineren Nuancen der Aussprache achten, so muß man
solche Leute vor sich haben, die von dem eigentlich Egyptisch-Arabi-
schen möglichst wenig verstehen und vor allem die Lieder — oder
Geschichten — auswendig wissen. Eine solche genauere Aufzeichnung
würde gewiß auch noch manche dialektische Unterschiede bei den
einzelnen Stämmen feststellen können. Daß die Auläd *Ali und schon
die Heräbi einen dem tripolitanischen Arabisch nahestehenden Dialekt
sprechen, ist nach dem, was ich oben über ihre Herkunft ausgeführt
habe, ganz natürlich. Wahrscheinlich haben aber ihre Vorgänger in
der Libyschen Wüste bereits wesentlich denselben Dialekt gesprochen.
Immerhin müßte man zu diesem Zwecke genauere Untersuchungen
anstellen, sowohl bei den Mrabtln-Stämmen, die vor den Auläd *Ali
dort wohnten, also etwa bei den Zme*ät, den Zawäbis, den Sammälüs,
Hauwära usw\, als auch bei den Stämmen, die die Auläd *Ali von
I) Falls: Eisele.
*) Er war für die Gottesdienste der Arbeiter engagiert. Eine Probe seines Ms. ist
in »Drei Jahre« S. 304 abgebildet.
Die Auläd-'Ali-Beduinen der Libyschen Wüste. 37^
ihren Wohnsitzen verdrängten, bei den Nzime i) und den Henädi,
die jetzt in der Scharkije wohnen, und deren Dialekt man ihre einstige
Herkunft" aiJch wohl noch anhört 2). Wenn Makrizi berichtet, daß
das ganze Gebiet westlich von Alexandria bis zur Barka hin von den
verschiedenen Unterstämmen der Sulaim besetzt war, so kann man
von vornherein vermuten, daß die Sprache dieser Stämme schon
damals dem tripolitanischen Arabisch nahe stand 3).
Da die Sprache dieser Texte dem Dialekt von Tripolis nahesteht,
kann ich auch hier, unter Hinweis auf Stumme's Skizze dieses Dia-
lektes — in »Märchen und Geschichten aus der Stadt Tripolis in Nord-
Afrika« 4) — auf die Mitteilung von einigen Ergänzungen bzw. Ab-
weichungen beschränken. Sie erklären sich meist daraus, daß es sich
hier um einen Beduinen dialekt handelt 5).
Als Spiranten werden gesprochen ^ (/) J» {(t) und Ji? und (j^^
{4}', -. spricht man i (stimmhaftes s), v wie g, doch gelegentlich
vor emem stimmlosen Laute auch wie k [jaksam). - — Hamza ist fast
überall geschwunden. Man sagt also: lauiän (18) ^), mahäi (90) mäbäsäi
(94) -ß lauwal (55) Ifd (H 10) rete (29). Auch beim Anlaut wird es nicht
gesprochen: Worte wie iiür (87) ijüh (89) usw. sprach Huez mit leisem
Einsatz, ebenso wa-imäne (7). In einigen Formen des Verb ^| »sehen«
hat sich aber das p zu c potenziert. Huez sprach ganz deutlich
und bestätigte das bei Falls gedruckte — : ra'^äni (34) jir^üni (47)
jir'^aih (62) — daneben aber ^^^^(29); auch in Hartmann's Texten findet
sich einmal durch »säfät« erklärtes rä^'at, anstatt dessen ich lieber ra'^a^
lesen möchte (S. 67). Stumme bezeugt für Tripolis einen ähnlichen
Wechsel in ter^ämtä, vgl. S. 201. — Vielleicht geschah diese Poten-
zierung unter Einfluß des vorangehenden r (Brockelmann). Jeden-
falls ist diesem Einfluß die Veränderung des s zu s in rase (76) zuzu-
schreiben; dies findet sich auch in andern magrebinischen Dialekten.
') Natürlich nicht gerade bei solchen Vertretern dieses Stammes, die bei den Gize-
Pyramiden wohnen !
-) Das sagte mir Herr Schöne in Halle, der während seiner Tätigkeit in Egypten
als Inspektor beim Irrigation Department auch mit Henädi- Beduinen oft zusammenge-
kommen ist.
3) Hartmann's Behauptung (S. 8), >>daß Alexandria im Mittelalter hauptsächlich
von Maghrebinern bewohnt war, ist sehr wahrscheinlich«, ist doch wohl eine Übertreibung.
Nach Makrizi wohnen in Alexandria in sehr großer Anzahl Angehörige der Stämme Gudäm
und Lahm (S. 423 der Ausgabe Wüstenfelds), und beide haben mit dem Magrib nicht
das Geringste zu tun.
4) Leipzig 1898, S. 197 — 285.
5) Vgl. W. CzERMAK in WZKM XXVI (191 2) S. 254.
^) Die einfachen Zahlen beziehen sich auf die Verse des ersten Gedichtes. Die
Verse des zweiten Gedichtes bezeichne ich durch vorgesetzte II.
26*
^ 74 Paul Kahle,
Als Beispiel für die Assimilation bzw. Angleichung zusammenstoßen-
der Konsonanten führe ich an: lirjMi für lirjen li (38) und errtd (Falls
j>.j-j|) für enrfd — nrfd (60), doch findet sich auch enride (94). Unter
dem Einfluß des darauf folgenden n wird t zu d: felledna (23) für
felletna und nach g ( v) ein t zn d {wagdan). »Homoiophilie« liegt offen-
bar vor in ncn für len — lin (_SS) (24). Die alten Diphthonge sind meist
zu ö und e geworden, vgl. /Jg, lön, äöhar, ges, lel, ma/et, sere, gehet,
'^alena, ^eSe, gere. Vorhanden sind Diphthonge natürlich in Formen
von hauwiji (80), inhanwal (41), gaijätek, ^kwaßü, tinäi und all den
Endungen des zweiten Teils des ersten Gedichtes, aber auch in lau/än,
ausifli, /taumet, gälauli (103, sehr auffallend !), mau. — Kurze un-
betonte Vokale in offener Silbe fallen gern aus, w^ie sonst im Magre-
binischen; mir scheint das auch Formen zu erklären wie jala (51),
das offenbar für -ß jala zu denken ist: daraus wurde fjala — jala, viel-
leicht wurde an anderen Stellen das i von /E auch nicht gelesen; so
etwa in fi ai makän (44) oder fi ^alam el mitnän (22), bei iina Igawä^e
(37) steckt in dem l ein li.
Aus j und w mit kurzem Vokal in offner Silbe wird i bzw. m,
z. B. uräna (19), inild (14), izammü (100) usw.
In der Verbalbildung ist besonders zu beachten, daß sich —
genau wie z. B. im Fellachendialekt in Palästina — im Perfektum und
Imperfektum die dritte Person Fem. Pluralis erhalten hat: z. B. zan
(15), ^a/jan (65), /irjelli für firjen li (33), ferner durch Einfluß von
Akzent und Reim gedehnt: rähän (für rähan) (26), raizän (für räzsan
24); zu säldn (40) vgl. die Bemerkung daselbst.
Für die entsprechende Form im Imperfektum führe ich an:
jiUsjan II 8, iSikken II 20. \\"\c in allen magrebinischen Dialekten
hat die erste Person des Imperfekt als Praefix n: vgl. für den Singular:
nirgid (2, in), nuskiir (30), emhf (= 'tx>Jl) (72), winnd (97), niskäi
(iindung durch den Reim verursacht, 56), ennSssid (für nne'Ssid, 102),
nansähän (wegen des Reims für nansähan, mit Suff., 8), anwäri (56),
inhauwid (57), inhaddi (90), nätfhum (mit Suff., 32); für den Plural
findet sich nur das eine Beispiel mit Suffix Jiedüha (II 13).
Das angehängte Personalpronomen der dritten Person Mask. Sing.
lautet, außer bei vorhergehendem Vokale (b'etüh 57) nach Stumme
in Tripolis gewöhnlich äh; da ich bei Huez jedoch das h dahinter
nie hörte, so gebe ich es durch ein, offen zu sprechendes, e wieder:
;iibte (17, 93), masakte (99), ithi'-e (69), emhfe (60). Das Suffix der
dritten Person Pluralis Fem. findet sich einmal: nansähän (8), es ist
infolge des Reimes betont und gedehnt; aber ich führe zum Vergleich
Die Auläd-'Ali-Beduinen der Libyschen Wüste. 375
aus Hartmann's Texten an: binähan (er baute sie, die ^arsät vgl. dazu
unten zu Vs. 77) Nr. 5416; oder tennlhayi, sefjihan, und noch mehrfach
in Nr. 5. — Das Suffix der dritten Person Pluralis Mask. findet sich
einmal: natfhum (32).
Für die Wahl des ersten veröffentlichten Gedichts (Falls
Nr. 17) war für mich maßgebend der Umstand, daß Falls ein Stück
von dem Originalmanuskript dieses Liedes in »Drei Jahre« S. 304
abgebildet hat ^). Das zweite (Nr. 74) wählte ich, weil Falls in »Drei
Jahre« S. 307 eine Transkription davon gegeben hat.
Das erste Gedicht bezeichnete ^uez als Mezrüde, »weil die An-
fangsverse am Ende wiederkehren«. Es hat zwei Teile, die deutlich
durch den Inhalt und auch durch den Reim sich von einander scheiden.
Die Verse sind Langverse, die den Einschnitt in der Mitte haben;
Falls hat, im Anschluß an das Manuskript, Halbverse gedruckt und
gezählt, ich drucke und zähle ebenso, rücke aber die zweite Vers-
hälfte ein, um die eigentlichen Verse besser kenntlich zu machen. Die
durchgehende Endung der zweiten Vershälften ist im ersten Teile an:
diese Endung findet sich von Vs. 7/8 ab durchgehend bis Vs. 45 b.
Die Anfangsverse (i — 6) und die Schlußverse (46 — 48) stimmen in
ihrem Reim nicht ganz dazu.
Im zweiten Teil ist der von 49/50 bis 101/102 durchgehende Reim
der zweiten Vershälften äi. Den Schluß bilden ein paar Verse, die
teilweise an den Schluß des ersten Teils (Vs. 46 — 48) erinnern, teil-
weise den Anfang desselben wiederholen. Daß die Verse akzentu-
ierendes Metrum haben und nicht quantitierendes, ist wohl außer
Zweifel. Im allgemeinen haben die Halbverse deutlich je drei He-
bungen.
Das zweite Gedicht (Falls 74) ist ein Strophengedicht. Es hat
nach dem aus zwei dreihebigen -) Versen bestehenden Auftakt (matla*)
6 Strophen zu je 3 Versen, von denen je der letzte, dreihebige, den
Hauptreim hat, während die beiden andern zweihebigen unter sich
reimen. Der arabische Text dieses Liedes ist in einem ganz schlimmen
Zustande und offenbar von jemand aufgezeichnet, der weder arabisch
schreiben noch hören konnte. Die sich auf S. 307 von »Drei Jahre«
findende Transkription hat zwar auch große Mängel, läßt aber doch
gelegentlich ahnen, wie der Text eigentlich gelautet haben kann.
Der von mir gedruckte Text ist durch sorgfältige Vergleichung des
0 Siehe oben S. 371.
^) In der Transkription hat Falls die »Rhythmik« der Verse durch einen Akzent
angedeutet.
376 Paul Kahle,
arabischen und des Transkriptionstextes zustande gekommen ^). Die
beiden letzten Strophen lassen sich kaum herstellen. In der Fassung,
wie ich sie abdrucke, fehlt in jeder Strophe ein zweihebiger Vers. Im
übrigen verweise ich hier auf meine Bemerkungen dazu.
Falls Nr. 17.
1 gulfde darsäh g"rüne Saget ihr, die ihre herabhängenden Locken
hin und her bewegt,
2 bähi löne die schön in ihrer Farbe ist,
[widdi] nirgid fi ich möchte an ihrem Busen ruhn,
dabbüne
3 äabbäl ''ajäne die kokett ihre Augen schließt,
4 bu sälif dime raijäne die mit dem Schläfenhaar, das immer feucht
ist,
5 gaijätak ja sim'h deine Liebeserweisungen ! du mit den schönen
anwäne Augenbrauen !
6 ja l].azret '■ain is- du mit dem Umwenden des Falkcnauges !
iaihäne
7 tehlij li billa wa- Du sollst mir schwören bei Allah und seinem
imäne Eide,
8 umä gaijätak und nicht will ich deine Liebeserweisungen ver-
nansähän. vergessen !
9 ma bi fög häjil 0 wäre ich auf einer jungen, noch nie ge-
'^asräne rittenen Kamelin,
10 willa fi tefi- oder auf einem jungen Pferde, das Paßgang
rhawän geht,
1 1 ^äjii fi /nie bisnäne das sich seinen Unterhalt immerdar mit seinen
Zähnen besorgt,
12 jiV-ab '■as-säje unwillig spielt es, wenn es angebunden ist.
seärän
13 min ges il-jaijüm Vom Faijum her ist seine Heimat.
makäne
14 min gabl inüd il- Bevor sich der Gebetsrufer (zum Morgen-
meäään Adän) zu erheben pflegt,
15 zan guddäme gür kommen vor ihm auf gefärbte Felsen,
alwän
16 mudlim fi lön dunkel, in der Farbe des Rauchs.
id-duhän
') Man kann an diesem Beispiel besonders deutlich sehen, wie unzulänglich die
Fall «'sehen Texte sind. Nr. 17 ist immer noch besser, wohl wegen der von Muhtär Abu
faijib herrührenden besseren Handschrift,
Die Aulad- 'Ali-Beduinen der Libyschen Wüste. -377
17 äihte min gibli [teil] Ich holte es südlich von Teil et-Taijär her,
it-taijär
18 mifalti häjiz in der Höhe die bewohnten Plätze umgehend,
lautän
19 ras il-mergib tag Ras el-Mergab ward sichtbar hinter uns.
uräna
20 gulna rä l-'asr Wir sagten, jetzt wird gerade das *asr-Gebet
idään ausgerufen.
21 ihßlna ul-lel amsäna Wir machten halt, und die Nacht kam über uns,
22 hitna fi '■alam wir übernachteten in 'Alam el-Mitnän
ü-ynitnän
23 ashah felledna sin- Am morgen eilten wir, als ob wir Flügel
häna . hätten,
24 nen m'-aläte raz- bis seine (des Pferdes) Hufeisen einen Klang
San gaben.
25 gifle tamm itgfd Seine Eisen konnte man schließlich für Ra-
riibbän baben halten.
26 läyimfätfhe rä/iän Es flogen seine Nägel, sie fielen ab 1
27 mirsäl il-gäli lagäna Ein Bote der Geliebten traf uns,
28 fi nadfirat bil/ierän in Sehweite von Abu*l-herän.
29 gäl na ridak rete Er sagte: ich habe d-eine Geliebte gesehen,
30 däbil ma nuskur verschmachtend, nicht kann ich ihren Zustand
lü käl preisen
31 gult bess ausifli däre Ich sprach: beschreibe mir nur ihre Wohnung,
32 uäna nätihum und ich will zu ihnen gehen in Eile !
ba^'zäl
33 gälu tirjelli rahläne Sie sagten: Die Kunde von ihrem Aufbruch
gelangte zu mir,
34 rähil wirzd il- sie brach auf und will nach el-Batnän.
batnän
35 malet il-ma^tüb Ich stachelte an das abgetriebene Tier in
ibgeda Leidenschaft,
36 bitna fi haumat wir übernachteten in der Ansiedelung beim
gadbän Gadbän.
^"j asbakna zina Ig-awäse Am Morgen kamen wir zu ihren Leuten.
38 jigli sere makri- Es kocht (das Pferd), da sein Lauf überaus
jän schnell war.
39 sabba wagdan ma Sie stand da, sobald sie mich sah,
ra'-äni
40 g-aunan widmü^e war traurig, und ihre Tränen flössen in zwei
sälän Strömen.
378 Paul Kahle,
41 min g-ebat miiälak Weil dein Termin mir längst vergangen war,
*^anni
42 na '■agii häda haz- war dieser mein Geist betrübt.
nän
43 ma ^omre ynirsälak Niemals kam mir ein Bote von dir,
ään i
44 la Iritilna -ß[ai] keine Nachricht von dir traf uns, wo du
makän wärest.
45 tammat ''äd itsäki fi Immerzu höhnten über mich
milli särat miäzl- solche, die zu den Nachbarn gehörten.
rän
46 [gälat]: '■andak näs [Andere sagten]: du hast Leute, die uns wert
i^zäz ^alena sind.
47 wagdan jir'^üni Wann die mich sehen,
48 jir^ru büfäk je'-fnüna werden sie dir zur Erfüllung deines W-r-
sprechens zureden, indem sie uns helfen.
49 ma bi jög ra^Tb O wäre ich auf einem sich noch fürchtenden,
imhauwal noch nicht an Arbeit gewöhnten
(Kamel),
50 sinne kän kebfr das seinen Zähnen nach sechsjährig ist !
dnäi
5 1 jala '■ese ta/tt umme In der Wüste findet es seinen Unterhalt immer-
iill dar unter den Augen seiner Mutter,
52 ma tesha gere nicht möchtest du ein anderes als dies wün- J
waläi sehen, wahrhaftig nicht !
53 ß meS'je jibga fi laiiwal Beim Marsche ist es vorn an,
54 majäkulgeril-^ajäi Nur unberührtes Gras frißt es.
55 fil-hurma jibga In der Hurma schlägt es die Steine mit den
isauwan Füßen,
56 anwäri minne ma ich zeige mich tapfer, über es (das Pferd) be-
niskäi klage ich mich nicht.
57 win kän ma b'-etüh Und wollt ihr es nicht verkaufen, so geh ich
inhauwid fort !
58 häda gas'r fi Das wäre eine Verkürzung an meinem Leben.
''omräi
59 matgulli hälif be- Aber sagst du mir nicht, schwörend bei seinem
imäme (Gottes) Eide:
60 errid embl'-e min ich will es verkaufen freiwillig?
sa'-däi
■61 ääbe wosl is-süg Er brachte es mitten auf den Markt, und
usabba stand da,
Die Auläd-'Ali-Beduinen der Libyschen Wüste. 570
62 u'-äd Uli jir'-aih und wer es sieht, der kommt herbei.
iääi
63 '■äd in-näs iiräh shika Die Leute standen hinter ihm als Kette,
64 tatha'- ffh uhü jimsäi folgten ihm, wenn es weiter ging.
65 "a/fan fih/iamsmirjäl Sie wollten für es geben 50 Real.
66 gäl ilhum jirzig Er sagte zu ihnen, mein Herr (Gott) möge
rahhäi Gutes geben !
67 zina mista'-sil bil-hel Wir kamen eilend, mit Eifer,
68 ugulna näwi jak- und sagten, wünschend, er (Gott) möge es
sam läi mir bescheren,
69 gult ja Aäli kän übfe' sagte: Oheim, willst du es verkaufen,
70 hud minni hamsfn so nimm von mir 50 Gineen !
zinäi
71 gäl israHi hitaghid Er sprach: Beeile dich mir mit der Aufzählung!
72 embf uana räsi Ich verkaufe, während mein Kopf noch (yom
hämäi Reden) heiß ist.
73 ekwaijis kämil fi Es ist ein schönes, vollkommen im Ebenmaß,
tardfa
74 imsaggid kef it-targäi geradeaus gehend, wie jemand, der einen
langen Weg vor sich hat.
75 löne lön ddlm ishüb Seine Farbe ist die des männlichen Straußes
in der Regenzeit,
76 uräse kellit niis- und sein Kopf (so schön) wie ein Topf aus
ratäi Misrät
77 aiiräke kef il-'-arsät Seine Schenkel sind wie die (Marmor)säulen,
78 izdäd -ß gubbat neue, in den Kuppelbau eines Schechs ein-
seh mibnäi gebaut.
79 waltete -blebeb wihzäm Ich legte ihm an Brustriemen und Leibgurt,
80 wahauwije mil- und einen Sattel, wie man ihn zum Reiten
"■akäräi braucht.
81 uhiäh ckwaijis timgile Und seine Schritte — schön ist's, es anzu-
schauen !
82 ugult ü-maula Und ich sprach: der Herr mache es gut mit
jehsin läi mir !
83 uslähi kämil tardi^a Und meine Waffen waren vollkommen in
Ordnung,
84 söhar dagg istam- ein Metallglanz — Schmiedekunst von Stam-
bfdäi bul !
85 gäHd mä li se häzät Ich saß da, ohne daß noch irgend etwas fehlte,
86 imjät ismfiri bil- nicht nötig selbst war mein Wachen über die
g-almäi Schafherden.
TgQ Paul Kahle,
87 min ges hararät itiir Von Hararät her bricht es auf,
88 halli fil-wS/in es- das im östlichen Lande ist.
sirgäi
89 izbäde '■al-'-örnen ifü/i Sein Schaum quillt über das Nasenbein.
90 in/iaddi fth uhü Ich zügle es, aber es will nicht.
mabäi
91 '■and salät i^-duhr il- Zur Zeit des Gebets am hohen Mittag,
'äli
92 silt unää iddäH häi lud ich auf, und es erhob sich, indem es mich
fordert.
93 uzibte fi der imhaä- Und ich brachte es zu einem mit Grün be-
(far standenen Lande.
94 enride jerta'- niä Ich will es weiden lassen, es will nichts.
basäi
95 imsakkar '■äjif Gegen das mit Tau bedeckte Nüwär hat es
nüwära Abscheu,
96 Uli mau näbit Welches nicht in Batnän gewachsen ist.
hatnänäi
97 dannete winrzd irkübe Ich trat herzu, will es reiten,
98 säk injäbe äawahnäi Es knirscht mit den Zähnen, greift mich an.
99 umasakte dabbet ^aleh Ich faßte es, schwang mich auf es herauf,
100 unäd izammil sir- und es stand auf und geht ärgerlich brum-
nänäi mend los.
101 zibte min bahri- Ich brachte es nördlich an ez-lZaläl vorbei,
ladläl
102 u'-äd mn^ssid und fragte nach bei dem Saatenwächter.
■fil-iarräi
103 gälauli gäsi gälijak Sie sagten mir, die Leute deiner Geliebten
104 hunhu fil-Hlu-l- sind da auf der oberen Höhe.
fögäni
105 'ag"b nehär auwän Am Schluß des Tages, zur Zeit des Schlafens
imbät
106 'andak näs i'-zäz hast du Leute, die uns wert sind.
'alena
107 gawäli wagdan jir- Meine Teuren, wenn sie uns sehen,
'■fina
108 mil-beHd ijüzu werden sie von weit her zu uns eilen !
ilena
109 gulüle darzäh g"rüne Saget ihr, die ihre herabhängenden Locken
hin und her bewegt,
HO bähi löne die schön ist in ihrer Farbe,
Die Aulad- 'Ali-Beduinen der Libyschen Wüste. ^8l
III widdi nirgid fi dab- Ich möchte ruhen an ihrem Busen.
biine
1 zu derzäk vgl. Stumme, Bed. Tri 139, Hartmann S. 109. — g"mn nicht eigentlich
»Zöpfe«, sondern lang herabhängende Locken; vgl. Hart mann S. 45.
2 zu ividdi vgl. Stumme, Bed. Tri S. 153; das Wort fehlt hier im Ms. wohl aus Ver-
sehen; vgl. Vs. III. — äabbün »Busen«. Hartmann (S. iio) wurde das Wort durch /ludn
erklärt.
3 dabbäl ist eine, die, fromm tuend, etwas kokett die Augen schließt, wenn man
sie anredet. Vgl. Stumme, Bed. Trip. S. 140 (oböl »schmachtende Blicke«), Hartmann
S. 74, 84, 90 (Nr. 29 6) , 129 (55,).
4 sälif ist das Haar an den Schläfen, nicht »Vorderlocke«, wie Hartmann 42,
236, 291 usw. übersetzt. »Vorderlocke« wäre zimme, das würde hier nach Huez besser
passen, — Die Locke tropft von Fett, vgl. Hartmann zu 67 2.
5 gaiie wurde Hartmann (135) durch garäm erklärt. — amcän (Plural, nicht
Dual !) sind die beiden Augenbrauen, die aussehen wie der umgekehrte arabische Buch-
stabe ..., der Punkt ist das Auge.
6 »,;:> erklärte Huez für das plötzliche Umwenden (iltifät) des Blickes; sehr oft
bei Hartmann, Stumme. — Die sehän genannte Falkenart ist von Hartmann S. 96
näher beschrieben. Das iüL^iJl des Ms. deutet auf die Aussprache es-shäne hin.
8 Zu nansähän (so ist für .''S'lm^J^ des Ms. zu lesen) vgl. oben S. 374; das Suff,
bezieht ?ich auf gaijätak.
9 yna bi — jämä bi, vgl. Spitta § 84, 6, Brockelmann II 10. häjil ist eine junge
Kamelin (Hartmann S. 114: = näga 'ägir, das paßt hier jedenfalls nicht) — '■asräne heißt
sie, weil auf ihrnoch niemand geritten hat. Vgl. dazu etwa ..xaxxi »maturaviro« (Brockel-
mann).
IG tep. erklärte Huez als ein männliches Pferd im Alter von 2 — 3 Jahren. »Es sieht
aus, als ob ein ^-ftjl-b von »Ju\Jo drin stäke« (Stumme).
11 d. h. es braucht niemand, der ihm Futter gibt.
12 mit sä je bezeichnet man Pflock und Seil, mit denen es festgebunden ist. zedrän =
zaHän, das Pferd ist unv\illig, daß es nicht fort kann. Hartmann schreibt S. 142: gedrän
= za'-län, gedär — za^l); das ist natürlich dasselbe Wort. Huez sprach deutlich d.
13 ges wohl Präpos. »gegen, hin nach«. Temporal ist es in Tripolis häufig gfs sf'a
»gegen eine Stunde« (Stumme).
14 zu näd vgl. Mar^ais, Tanger S. 4S2. Czermak in WZKM XXVI S. 256.
15 die gür alwän sind einzelne felsige dunkle (vgl. Vs. 16) Hügel in jener Gegend.
17 teil et-taijär (ich hörte auch et-taijär) ist eine Tagereise südlich von Alexandria^
Das Uell« stört nach Huez das Versmaß, darum habe ich es eingeklammert.
19 ras el-mergib. Ms. margab, ist ein Hügel, 6 Stunden südlich von Alexandria. tag =
bän\ vgl. Stumme, Bed. Trip. S. 145 s. v. ,*\^-^, auch bei Hartmann häufig als tag (22.3,
77 6 usw.); »hinter uns«, d. h. es wurde seitlich, im Norden, sichtbar, aber der Ritt war
so schnell, daß es gleichsam schon »hinten« lag, als es sichtbar wurde.
20 rä »jetzt«, eigtl. »sieh«, z. B. bei Hartmann 13, 2, Stumme Tri § 207, Mar^ais,
Tanger 305. iddän = -^05 mit Dehnung der letzten Silbe wegen des Reimes; ,^2jJ5 ..Ö5
vulg. f. «*ajiJLj ...ö! vgl. Mar^ais, Tanger S. 302, Orient. Stud.,' Nöldeke I 216.
22 ^alam el-mitnän liegt 3 Stunden westlich von ras el-margib.
23 felledna für felleina s. 0. S. 374.
382 Paul Kahle,
25, 26 gifle »sein Schloß«, mfätthe >>sein Schlüssel« sind hier Hufeisen und die
Nägel. Zu. tamm (auch Vs. 45) vgl. Brockelmann II 39; itgül »daß du meinst«. Ähnlich
bei Hartmann 77 2. 3. Die Form riibbdn ist auffallend. H. erklärte, sie sei Plural zu
rabäb (die bekannte einsaitige Geige), rä/iän für rähan — 3 PI. fem.
28 bilherän (= abu-l-/ierän, wörtl. Vater der jungen Kamelinnen; heran PI. zu
Jncära^ vgl. Hartmann S. 80, 150 (hier hJräny) ist ein Brunnen südlich von Mirsa Matrüh,
auf den Karten gel. als Bir Hairam bezeichnet. — nadürat bilherän ist überall da, wo man
das Charakteristikum des Brunnens, vielleicht ein paar danebenstehende Bäume oder
einen dabeiliegenden Hügel noch sehen kann.
29 rld ein intimer Freund; im Stadttunis, ist ja ridi »mein Schätzchen« Stumme,
Bed. Tri 141.
33 := firjeii U rahläne, letzteres Plur. zu rahil; wörtlich: ihre Aufbrüche gelangten
(3 Plur. Fem.) zu mir.
34 ilbatnän »ein weites Land auf der Grenze zwischen Tripolis und Egypten«; vgl.
Hartmann S. 79: »'agabel elbafnän d. i. 'agabet elkebtre, die 15 Tage lang ist für den Reiter«.
35 ma^lüb übersetzt Hartmann 296 durch »elend«, »abscheulich«; hier ist das
sicher nicht der Sinn.
36 haiunal gadbän ist das Grab eines aus dem Westen stammenden Schechs, der
in der Gegend von Sollüm starb, hauma ist sonst »quartier d'une ville, vgl. ^Iar^ais,
Tanger 273 usw. Wahrscheinlich befindet sich bei dem Heiligengrabe eine kleine An-
" siedelung.
37 IgawäSe — ligawäSe s. oben S. 374; gawäS (Sing. göS) sind die Leute, die an einem
Platze wohnen (Huez), vielleicht wegen des Lärms so genannt, den ein Beduinenlager
in der Stille der Wüste verursacht; vielleicht hätte man aber IgaiväSi zu lesen; vgl. dazu
_.iiLi »gens, monde« Beaussier. Dies Wort findet sich in dem ähnlichen Vers 103.
38 mahrijän erklärte Huez durch gaumäm sert'ilharaka. Wahrmund kennt (modernes)
mäharij als Bezeichnung für ein Dromedar. — » In mahrijän wird wohl das Mehri-Kamel
stecken (jc_ix)« (Stumme); vielleicht also: weil sein Lauf der eines Mehri-Kamels war.
39 $abä odtT ?abbä »dastehn« auch z. B. Vs. 61. — Hartmann S. 55 übersetzt wa?abbH
wajä ba's sie stürzten gegeneinander los«, statt »sie standen zusammen da«, nämlich
vor der Schlachtreihe. Für msabbi (Hartmann Nr. 581), erklärt durch »sie steht da«,
ist vielleicht msabbi zu lesen.
40 gaunan »er war traurig*. Man sagt z. B. ana vigaunan. — »mgaunan sieht bei-
nahe aus, als sei diese Fau'al- Bildung ursprünglich zur Wurzel ^i gehörig. Vgl. maghreb.
Ijammem »denken« für ._.«j>« (Stumme). — Zu sälän erklärte Huez: die Meinung sei,
daß die Tränen in zwei Strömen fließen, also wohl für sailän oder säilän. — Ich würde
die Form sonst lieber zu rühän (26) stellen = 3. PI. fem. mit sekundärer Dehnung der
zweiten Silbe.
41 tntzäl »epoque delai, terme« bezeugt Beaussier für Constantine.
42 haznän »afflige« Beaussier.
43 zu ma 'omre vgl. ... ä^" w« ^■'' f- »ne volez jamais« bei Beaussier.
44 Das ai fügte Huez hinzu und erklärte: »niemand sagte uns, wo du bist«; er schien
es im Interesse des Verses für nötig zu halten; ohne ai müßte man wohl übersetzen 'mirgend
gelangte eine Kunde von dir zu uns«.
45 Subjekt zu tammat iSäki usw. ist etwa ein aus dem Folgenden zu ergänzendes
y*Lj, das z. B. 64 als fem. Sing, konstruiert wird. Zu 'äd (auch Vs. 62, 63) vgl. ^L\R9AIS,
Tanger S. 393 f. In Nr. 45 sind natürlich zwei Verse enthalten.
Die Auläd-'Ali-Beduinen der Libyschen Wüste. -jß^
46 gälat »andere sagten«; das Wort gehört nicht in den Vers. Der Sinn ist: Böse
Nachbarn höhnten, er werde nicht kommen, andere trösteten sie. lizni büfäk erklärte
Huez so wie ^s übersetzt ist.
49 via hi wie Vs. 9. — ra^Tb nennt man ein etwa fünf- bis siebenjähriges Kamel,
weil es noch nicht sehr an Menschen gewöhnt, vor allem Angst hat; Hartmann wurde
es erklärt als »el hakra Uli lissa mä salu ^aleha« (S. 149). • — ■ hyifiauwal ist ein solches, das
noch immer nach eignem Willen hat gehen dürfen, an Arbeit noch nicht gewöhnt ist.
50 kbtr essinn »alt« vgl. Marjais, Tanger S. 337. — iini bezeichnet, vom Kamel ge-
sagt, ein sechsjähriges, weil es in diesem Alter seine Eckzähne bekommt. Bei Pferden
geschieht das früher, so wurden tinäja Hartmann (57) als »zweijährige Tiere, die noch
nicht reitbar sind«, erklärt. Die Namen des Kamels, nach dem Alter des Tieres geordnet,
werden verschieden angegeben; vgl. Hartmann S. 150, Falls, Bed. Lieder S. 77. Huez
nannte folgende: einjährig: hK'är (vgl. Vs. 28), zweijährig: ben ^asär, dreijährig: ben lebün
(Hartmann 122: zweijährig), vierjährig: hagg{yg\. / ä.s>), fünfjährig 2^^«* (Falls: getta,
schetta), siebenjährig: rbä^ (Socm verweist in seinem Dozy auf Doughty I 355, wo robba
ein sechsjähriges Kamel ist), achtjährig: /«/«>, neun- und mehrjährig: sevtel.
51 fala = fil-^ala (Huez), wohl aus fi fala — ffala — fala entstanden, s.o. S. 374.
Gemeint ist: alle Milch der Mutter ist ihm zugute gekommen, aber auch sonst hat es sein
Futter unter den Augen der Mutter sich suchen dürfen.
54 ^afäi »Gras« (StuMME, Bed. Tri S. 146) ist nach Huez speziell solches Gras, von
dem noch kein Tier gefressen hat, unberührtes Gras.
55 statt Ä.'i_^ 5J> ist nach Huez 'iJs^ ^3 ^u lesen, el-fiurma nennt man die
etwa 10 Tage lange Strecke von Siwa nach Derna; die Wüste ist hier ganz eben, nur mit
kleinen Steinen bedeckt (»gepanzert«, vgl. Walther, D. Gesetz der Wüstenbildung S. 186 f.),
so kann das Kamel dort sehr schnell laufen.
56 anwäri »ich bin zwar müde, aber ich sage es nicht«. Ganz ähnlich Zaghlül's Er-
klärung bei Hartmann S. 41.
57 Ciy>- »laisser a cöte, eviter« Beaussier; auch in Egypten kommt Oj.s> neben
Js_».>- vor, vgl. Spiro s. v. und Almkvist, Kl. Beitr. 275 Anm. 2.
58 1. ^. ■ -
60 zu errtd (Falls Joj!), vgl. die Bern, oben S. 374, vielleicht liest man besser
enrid wie in Vs. 94; das danebenstehende Njowo! (embt'e) ist sowieso verdruckt.
61 u'ost vielleicht für fi wos.t — fwost, vgl. Stumme Tri § 16. sabba wie 39.
65 1. ^^lis-^ = 3- PI- fem.
66 der Sinn ist natürlich : für den Preis verkaufe ich es nicht.
70 Fünfzig Guineen ist natürlich ein viel zu hoher Preis für ein Kamel.
73 Huez hält den Einschub von ^5 hier für notwendig, Vs. 82 nicht. — Ich über-
setze iardi'a so wie es Huez erklärte. Belegen kann ich das Wort sonst nicht.
74 msaggid »ordnungsmäßig geradeausgehend, nicht vom Wege abbiegend«, vgl.
Dozv >>iL»*wa »direkt«. -S.Ip ist nach Huez ein Mann, der einen langen Weg vor sich hat.
75 Der männliche Strauß (*-Jüs) ist schwarz (mit einigen weißen Federn), und
sein Gefieder ist in der Regenzeit {sbüb nl maiar« Hartmann 122), wenn es frisches Grün
gibt, besonders schön. Kamele mit schwärzlichen Haaren gelten als besonders stark.
76 Misräta in Tripolis ist berühmt durch seine Töpferwaren.
■1^4 PaulKahle,
77) 78 vgl. Hartmann 54 16: auräkha kel'arsät (Var. '■arsät) halli binähan ustäwt
»ihre (des Mädchens) Schenkel sind wie Säulen (lies ^arsäl), die ein Meister baute«.
79 waltete: man sagt tautijet eszemel (Huez). Ich kenne das Wort sonst nicht.
80 hauiüTje ist allgemein '■edde und bezeichnet sowohl den ohne Eisen und Holz
gearbeiteten Reitsattel {^akäri, 'edde '■akärlje), als auch den Packsattel (sägir, 'edde sawä-
grlje).
81 iinigJl »Ansehen, Beschauen <«, wird durch Hartmann's Bemerkung S. 132 be-
stätigt.
84 »on polit une lame jusqu'ä son S't.:>- apparaisse« Dozy, es ist eigentlich das
innere Wesen einer Sache. Zu dagg vgl. Hartmann 66.
86 A,jLi. »Troupeau de 100 — 300 moutons (Sud)« Beaussier. Huez meinte ,JLc
sei gleich .«.Äc. — Selbst um die Schafe braucht er sich nicht mehr zu kümmern, er kann
losreiten.
87 ges wie 13. — Hararät ist bei DamanhOr.
91 d. h. im letzten Moment, in dem das Mittagsgebet noch gesetzlich möglich ist.
92 Die Schreibung ^ ^cjJi (1- so für ^tjJI) für ^ö\ führt Beaussier als im
Magrib oft vorkommend an. — Huez erklärte, es bedeute soviel wie: es läuft schnell mit mir
los. »Es ist wohl zu denken wie ,cs fordert mich' (direkt studentisch) zur Mensur,
o. ä. « (Stumme).
94 jerta' für ,-*J-j.
95 Nüwär von der Hatije (vgl. zu diesem Worte die Bern, unten zu 74 1) bildet
Falls in Bed. Lieder S. 75, •>Drei Jahre« S. 306 ab. Nach H. ist dabei nicht sowohl an
die Blüten, sondern an die in der Vorwüste wachsenden Kräuter selbst gedacht (zum
Worte vgl. Mar^ais, Tanger S. 323 unten). Ist es mit Tau bedeckt (jC*»>./a eigentl. »be-
zuckert«), so hat es einen Geruch, der dem Kamel nicht zusagt.
96 mau = viahii; bei Hartmann häufig mö (48, 545, 6810), aber auch wu" (Var.
mai]) für ina hJji (233). — Zu Batnän vgl. die Bem. zu Vs. 34.
98 für ^iLw./! lies i^yLo; »j^ük , knirscht mit den Zähnen'« (Hartmann S. 119);
daneben findet sich aber auch zgFg fn/rtört »das Knirschen der Zähne« (Hartmann 264).
— dawa/mi soll = 'äuzni sein.
99 dabbet ist nach der Angabe von Fluez übersetzt. Er sprach das Wort mit d, es
ist aber doch vielleicht zu L-JO zu stellen.
100 vgl. J>.x; »faire une expedition« (Be.\ussier). Das Kamel gibt ärgerlich den
bekannten gutturalen Ton von sich, als es losgehn soll. Vgl. ry'^-^ »vibrer, resonner«
(Beaussier).
101 i3^Aa]| ist ein weites Land, 3 Tagereisen westlich von Alexandria.
102 ennSssid für nen^ssid. — tarräj ist der Mann, der auf die frischen Saaten (^^Js)
aufzupassen hat.
103 gäsi vgl. die Bem. zu Vs. 37.
104 hunhu besteht wohl aus huna hit »da ist er«.
Falls Nr. 74.
i asbä/t il-her ja nm Guten Morgen, du weiße Gazelle der Hatije,
ü- hatije
Die Aulad-'Ali-Beduinen der Libyschen Wüste. -331;
jabu garn '■al-'-ätig du mit den herabhängenden Haaren, die auf
nedld der Schulter zahlreich sind !
Ifdüdik dauwije Deine Wangen sind leuchtend
f, ä^läm '-asije im Abenddunkel,
5 willa gasrbunjänes'^dzd oder (wie) ein neuerbautes Schloß.
ulik sadr maSällah Du hast eine Brust — maschällah !
kef sef me/ialla wie ein geschmücktes Schwert,
willa gadäri jiUsjan oder wie Pistolen, die von weitem glänzen.
min b^ld
tadjik imsäkkar Deine Brustwarze ist verzuckert,
10 düb lid imhakkar so groß wie die Hand genau !
dua lü-m^rid Uli Ein Heilmittel für den Kranken, über den man
käm^l ü-teshzd schon das Glaubensbekenntnis gespro-
chen.
/iälif büha Es schwört ihr Vater,
hal-bint ma wdüha dies Mädchen geben wir nicht her,
15 üla bmü zlne willa es sei denn um hundert Pfund, oder um
alj gadid tausend Kamele,
\willa bjöm mtfdb- oder an einem rauchgeschwärzten Tage,
bib]
17
18 uV'säs darb bit-tekmzd und das Blei — ein Schießen in der Nähe,
19
20 wal-hräb isikken und die Lanzen stoßen,
21 nen jibga benheii bis es zwischen ihnen heißer Tag wird.
nehär s^did
22 win sä nebäk räza" jik Wenn eine Kunde von dir kommt, so denkt
er an dich,
23 win ö-äb ja 'aziz und wenn sie ausbleibt, o Geliebte, so macht
ideblak es dich krank.
1 rlm ist eine (weiße) Gazelle, die sich vom Grase nährt, daher nicht in der eigent-
lichen Wüste lebt (hier lebt der arjel, der mit Wüstenkräutern vorlieb nimmt, und nie
Wasser braucht), sondern in der haßje; so nennt man einen weiten Platz, an dem Viehfutter
wächst; so auch Falls (»Drei Jahre« S. 315 Anm. 2, er schreibt allerdings fälschlich immer
Hattje) richtig »Vorwüste mit Vegetation«. Hartmann's Erklärung des Wortes (S. 69,
134) ist schwerlich richtig. Über die verschiedenen Gazellenarten bringt Hartmann S. 62
einige Notizen.
2 nedld »zahlreich«. Huez lehnte die sonst nahe liegende Übersetzung »gleich lang«
ausdrücklich ab.
5 Dem Beduinen ist leicht ein aus Steinen erbautes Haus »gasr«. Die abends er-
leuchteten Fenster eines solchen imponieren ihm besonders. Vielleicht ist aber auch an
die leuchtende Farbe eines neuerbauten Hauses gedacht.
6 ulik sadr schlug Huez für sadrek vor.
286 Paul Kahle, Die Aulad-'Ali-Beduinen der Libyschen Wüste.
7 1. ^JLi^; ein Schwert das mit Gold und Edelsteinen (ä-JI>-) geschmückt ist.
10 düb Itd erklärte Huez durch »gadd el-td<<. Es gehört wohl zu düb = da'b, vgl.
Stumme Tri S. 298, Dozy I 419, Mar^ais, Tanger S. 289; die hier notwendige Bedeutung
ist allerdings sonst nicht belegt. Wäre es urspr. — däb, so müßte das ö in diesem Beduinen-
text sich finden. Huez sprach aber düb. — Ji^ »habile et ränge et qui ne laisse pas
se tromper« (Beaussier); es bedeutet hier »exakt, genau«.
11 Das Gesetz empfiehlt, das Glaubensbekenntnis und andere Gebete über dem
Kranken zu sprechen, wenn er im Verscheiden ist, also jede Hoffnung auf Heilung ge-
schwunden ist.
13 ndüha: das Wort ist wohl aus Egypten (vgl. zu ada, jidi Spitta 236 f., Völlers
ZDMG XLI 396) zu den Beduinen gekommen.
15 Der gewöhnliche Preis für ein Mädchen ist 20 Pfund, die oft auch in Kamelen
usw. gezahlt werden; vgl. Falls, »Drei Jahre«, S. 318 Anm. 4. — Von Vs. 16 — 21 ist so,
wie die Verse bei Falls dastehen, kein Sinn herauszubekommen, obwohl die Strophen
rein äußerlich, nach dem Reime betrachtet, richtig sind. Huez vermutet wohl mit Recht
statt der bei Falls stehenden Verse etwas ähnliches wie ))K'illa bjöm mdabbib« »oder an
einem Tage dunkel von Pulverdampf «, vgl. <wJLaX3 »Nebel«, das Wort wird auch in solchem
Sinne gebraucht. Derselbe Gedanke bei Hartmann Nr. 151. — Mit diesem Ersatz für
Falls' Verse 16 und 17 lassen sich dann die Verse 18, 20, 21 nach Beseitigung der bei Falls
gewöhnlichen Gehör- und Schreibfehler gut im Zusammenhange verstehen. Der Vater
schwört, nur um 100 Pfund oder 1000 Kamele gebe er seine Tochter her, oder sie müßte
ihm mit Gewalt genommen werden. Dann gibt es aber zwischen den Kämpfenden ein
heißes Ringen. Allerdings fehlt so wieder in den beiden Strophen je ein Vers.
iS iekmid wird meist von der Erwärmung eines kranken Gliedes gebraucht, wie
es zu Heilzwecken geschieht. Nach Huez ist es das Schießen aus der Nähe.
Vs. 22, 23 gehören nicht mehr zu dem eigentlichen Gedicht. ideblak wird
wohl soviel wie idabblak bedeuten. Joj ')rendre malade« (Beausster).
DicFarag ba'd as-Sidda-LÜQYdiiuY,
Von Madä^ini (f 225 H) bis Tanühi (f 384 H).
Ein Beitrag zur arabischen Literaturgeschichte.
(Schluß.)
Von
Alfred Wiener.
Vill. Abu 'Ali al- Muh assin at-Tanühl^) und seine
Familie.
Wie Abul-Iiusain so ist auch der Mann ein Kädi, der mit seinem
Werke den Höhepunkt der /ar«^- Literatur darstellt: Abu 'Ali al-
Muhassin at-Tanühi (f 384). Bei der Ungewißheit, die schon bei
arabischen Schriftstellern über die Beziehungen der Familienglieder
untereinander herrscht-), schien es angebracht, auch Tanühi's Vater
wie seinen Sohn mit in die Erörterung zu ziehen, zumal beide be-
deutungsvolle Persönlichkeiten ihrer Zeit waren. .
0 Die Tanüh, ein südarabischer Stamm, Unterstamm der Kudä'a, saßen in Bahrain
und zerfielen in drei .Teilstämme. Sie wurden Christen ebenso wie die beiden anderen
Stämme Bahrä und Taglib. Tanüh soll nach den arabischen Erklärungen (z. B. Lisän
al-'arab III 487) von »wohnen« (tanaha) herzuleiten sein. Nach freundlicher Mitteilung
des Herrn Professor M. Hartmann kommt der Name noch heute bei den Drusen vor.
Siehe über den Stamm:
a) Kitäb al-agäm Büläk 1285. IX 161, 162; Namen- und Stammesgeschichte, Wande-
rungen und Wohnsitze.
b) al-'-ikd al-farld Büläk 1293, H 81.
c) al-Bakn (f 487) ed. F. Wüstenfeld I 16 und dazu F. Wüstenfeld, Register
zu den genealogischen Tabellen. S. 444.
-) Nach Abul-Ma/iäsinll 336-37 hat der Vater das farag verfaßt, sogar die mustagäd-
Handschriften, Tan.'s eigenes Werk, nennen (Leipzig. Universitätsbibliothek Nr. 590,
24 b, 68 b, 73 a und Gotha 1596, 8 b) Tan.'s Sohn als Verfasser des farag. Pertsch sagt
(Gotha, Katalog V 40 zur Seite 223): »Das Verwandtschaftsverhältnis der verschiedenen
Tanühi untereinander ist nicht klar.« G. Salmon hat die Tanühi durcheinander geworfen
{Introduction topographique a Vhistoire de Bagdädh d'Abou Bakr A/nnad Ihn Thäbit Al-
Khaßb al-Baghdädht. Paris 1904. S. 29 u. S. 75, Anm. i), worauf schon de Goeje in
der Besprechung hingewiesen hat (JA 1904, III 158 ff.).
Islam. IV. .27
388 Alfred Wiener,
I. Der Kädi Abul-Käsim *A1I b. M. b. abil-Fahm
at-Tanühl (278 — 342 H), der Vater unseres fara£--Ver-
fassers. Abgekürzt: T. l^).
Al-Kädl Abul-Käsim *Ali b. M. b. abil-Fahm Dä'üd b. Ibrählm
b. Tamim b. Gäbir b. Häni' b. Zaid b. *Ubaid b. Mälik b. Murlt b. Sarh
b. Nizär b. *Amr b. al-Härit b. Subh b. *Amr b. al-Härit b. Fahm
b. Taimalläh b. Asad b. Wabara b. Taglib b. Hulwän b. Imrän b. al-
Häfi b. Kudä*a at-Tanühl al-Antäki^) lautet sein voller Name3).
T. I ist am Sonntag, dem 25. Dul-higga des Jahres 278, in Antiochia
geboren und am Dienstag, dem 7. des ersten Rabi* 342, in Basra ge-
storben, wo er am folgenden Morgen in einem gekauften Grabe in der
^äri'^ al-mirbäd ^) beigesetzt wurde. In Antiochia wird er seine Ein-
^) Der Übersichtlichkeit wegen ist Tanühi-Vater mit T. I, der /arag- Verfasser mit
T. II, dessen Sohn mit T. III bezeichnet.
*) Der Name Ibn al-Husain (Brock. I 155) findet sich nicht belegt. As-Sam'änl,
abgedruckt in Jäküt's IrSäd ... ed. Margoliouth, Bd. 5, S. 301, hat eine etwas abweichende
Namenreihe. Es fehlen dort Subh, Fahm, Imrän und statt MurlJ ist Jju^ gedruckt. Nach
Einsicht des Faksimile {Kitäb al-ansäb ed. D. S. Margoliouth) scheint aber die Lesart
Jl-n.-j - j durchaus möglich.
3) Für die Lebensbeschreibung von Tan. 's Vater:
a) Jaltma des Ta'ähbi. Damaskus 1302, II 105 ff. mit längeren Gedichtproben.
Der Text teilweise abgedruckt in Jäküt und Ibn ^allikän; einzelne Gedichte daraus in
Berlin 7562 (nicht 7362 wie Brock.).
b) al-Mas^üdi ed. Barbier de Meynard VIII 305 ff. Hauptsächhch Gedicht-
proben; einiges davon in Ibn Hallikän.
c) as-Sam*äni (f 562 H). Kitäb al-ansäb. Facsimile ed. by D. S. Margoliouth. Leyden-
London 1912. F. 110 b, Z. 13.
d) Jäküt. IrSäd . . . ed. D. S. Margoliouth. Bd. 5, 332 — 47. Bringt auch den
Ta'älibi und den Sam'äni.
e) Ibfi al-Aflr VIII 380. Kurze Notiz.
f) Ibn Hallikän ed. Wüstenfeld Nr. 476 (de Slane II 304). Ziemlich eingehende
Lebensbeschreibung mit dem Texte des Ta'älibi und des IJatib.
g) Ibn Katir (Sprenger 61) 275 b mit wenigen Versen. Siehe über diese Hand-
schrift oben S. 279 Anm. i f.
h) Ibn Kutlubugä, Die Krone der Lebensbeschreibungen .... Hrg. von Gustav
Flügel. Abhdlg. für d. Kunde des Mglds. 2. Band. Leipzig 1862. Nr. 135, S. 33. Bericht
nach as-Sam*äni.
i) Abid-Mahäsin II 2>3(>/37'
k) Al-faiLiä?id al-bahijja fJ tarägim al-Zianafifja jna^at-ta^ltiäl as-sannijja '■alal-jawä-
*id al-bahijja von Abul-Hasanät M. 'Abd al-Hagg al-Laknawi (f 1304 H). Kasan 1903.
Nr. 270, S. 167. Zusammenstellung verschiedener Quellen. Auch Kairo 1324 als Band i
gedruckt.
4) Wüstenfeld hat iAj.4.ii c .Lio, doch hat nach de Slane Ibn Hall.'s
Londoner Autograph: Olj^I ^ X^, was daher vorzuziehen ist. Bei as-Sam*äni,
und nach ihm bei Jäküt, scheint Oo.Ii zu stehen, der Name eines bekannten Stadt-
viertels in Basra (Le Strange, The lands of the Easiern Caliphate S. 45).
Die Farag ba'-d as-Sidda-\A\.QivA.\.\.x. -sSO
führung in die Wissenschaften erhalten haben. Alle Berichte über
ihn zählen^Gebiete auf, mit denen er vertraut war. Und danach war
er in der Rechtswissenschaft, der Grammatik, der Astronomie und
in verschiedenen anderen Wissensgebieten nicht minder bewandert
wie in den Dichtern. Besonders gerühmt wird sein gutes Gedächtnis.
Sein Sohn ( Jäküt S. 333 , Z. 4) spricht z. B. von 700 Kasiden des Stammes
Tajji', die er auswendig gewußt habe. Seiner poetischen Neigung ver-
danken wir einen Diwan, der aber bis auf die in den verschiedenen
Berichten zerstreuten Reste verschollen ist. Al-Mas'üdl sagt, daß er
zu denen gehörte, die das maksüra- Gedicht des Ibn Duraid (f 321 H)
nachahmten, und bringt dann eine Reihe Verse von ihm, die in einer
Verherrlichung seines Stammes ausklingen. Auch über die Theorie
der Dichtkunst hat er Bücher verfaßt (Jäküt S. 332, Z. 11) und nach Ibn
Kutlubugä hat er ein Buch über -fi^h und hadit geschrieben, wovon
jedoch sonst nichts berichtet wird. Mit dem mu*tazilitischen fikh
hat er sich beschäftigt. Von Antiochia hat er sich nach Bagdad be-
geben. As-Sam'äni berichtet im Jahre 306, Ibn Kutl. im Jahre 320.
Seine Käditätigkeit begann nach Jäküt (S. 347, Z. 2) im Jahre 310
in 'Askar Mukram, Tustar, Gundaisäbür i). In Ahwäz wird ihm später
— dieser Amtsantritt muß in die Jahre 316 — 18 fallen 2) — das,, Unter-
suchungsamt für unrechtmäßig geleistete Abgaben" übergeben 3),
dort hat er auch die Aufsicht über die Münze 4), wahrscheinlich war
er auch dort als Kädl tätig. Nach 327 5) hat er dann einige Aufsichts-
ämter in Wäsit und vielleicht gleichzeitig das Kädiamt inne. In diesem
Jahre scheint er dann als Kädi nach Basra gekommen zu sein; denn
hier wurde ihm 327 sein Sohn geboren, hier war er noch 332, so schreibt
al-Mas'üdi, und aus dem farag ist zu ersehen ^), daß er 335 dort noch
als Kädi amtierte. Danach ist er aus dem Amte geschieden und begab
sich nach Aleppo an den Hof des 'alldisch gesinnten?) Fürsten Saif
0 Alle drei Städte in I^uzistän. 'Askar Mukram siehe G. le Strange, The lands
of the Rastern Caliphate S. 237, Tustar S. 234 — 36, Gundaisäbür 238.
-) Der Wazir Ibn Mukla, der ihm diese Stelle übertrug (Jäküt S. 332, 2. Zeile von
unten), war nur 316 — 18 im Amte.
3) *JLIiil J, _!i;JI Siehe zu diesem Amte: De Sacy, Chrestomathie arabe. 2. Aufl.
I 132 (nach Makrizi). Al-Mäwardi. Al-a/ikäm as-sultayiijja ed. Enger (Bonn 1853) S. 12S.
4) Alle drei Tanühi nahmen diesen Posten ein. Siehe Jäküt S. 308 unten.
• 5) Abu 'Abdallah al-Baridl setzt ihn ein und der kam 327 in den Besitz von Wäsit.
Müller, Islam I 565.
6) Nach Bodlejana 64, 103 a (auch Bj 97 a) als Testamentsvollstrecker as-§üli's
(t 335)' Herr Amedroz hatte die Güte, mir die Abschrift der ganzen Stelle, die sich
nicht im Kairiner Druck findet, einzusenden.
7) J. HoRoviTZ, Die Hamdaniden und die Schl'a. Islam II 409.
27*
•2Q0 Alfred Wiener,
ad-Dawla b. Hamdän (reg. 333 — 56) ^), wo damals für jeden Lite-
raten und Poeten die Türen weit geöffnet waren. Mit dieses sym-
pathischen Fürsten »zum Teil noch seines Nachfolgers Regierung
ist unzertrennlich der letzte wirklich lebendige Aufschwung der
arabischen Poesie und Wissenschaft im Osten verknüpft. Die ori-
ginellsten Erzeugnisse der Kunst und Wissenschaft dieser Zeit
sind nicht auf dem Boden des 'Irak, sondern an dem Hofe von Haleb
erwachsen, wo Saif ad-Dawla trotz aller Bedrängnisse äußerer und
innerer Kriege mit einer seltenen, für die Verhältnisse seines Standes
geradezu beispiellosen Freigebigkeit poetisch und wissenschaftlich
begabte Männer um sich versammelte« -). Hierhin zog also unser
TanühT, und Saif ad-Dawla verwandte sich für seinen Schützling in
Bagdad und erlangte seine Wiedereinsetzung ins Amt mit Vorteilen
gegen früher. T. I scheint nun in Bagdad tätig gewesen zu sein. Das
war wohl die Zeit, wo er zu den Intimen des Wazirs al -Muhallabi
(291 — 352 H) 3) gehörte, der ihm wie auch andern Wazire seine Gunst
zuwandte. Bestimmt wissen wir, daß er in Kar^i, der Vorstadt Bagdads,
und in Marg und Umgebung als Kädi amtierte (Tan. II 107) 4). Auch
in Idag und Gund Hirns 5) hat er, so erfahren wir bei as-Sam*änT, nach
335 das Kädiamt in Händen und die Berichte über ihn nennen noch
verschiedene Städte und Bezirke, wo er seinen Beruf als Richter
ausübte ^).
Al-MuhallabI muß er sehr nahe gestanden haben: Er spricht
über den Kädi die Totengebetc und bezahlt dann alle seine Schulden
im Betrage von 50 000 Dirham (Jäküt 2>33, Z. 3j. In seinen Gesell-
schaften spielte er die führende Rolle; und wie diese Gesellschaften
ausgesehen, finden wir bei Ibn Hallikän mit breiter Behaglichkeit
beschrieben. Zweimal wöchentlich versammelten sich bei Mu-
hallabi des Abends eine erlesene Gesellschaft von WazTren, Kädi
u. a., alle mit langen, weißen Barten zum frohen Trinkgelage.
I
0 Siehe über ihn: Jatima I 8 — 22. Der Text mit Übersetzung findet sich auch in
Fr. Dieter ici, Mutanahhi und Saifuddaula aus der Edelperle des Tsaälibi. Leipzig 1847.
S. 77 — 132; siehe auch noch S. 135 — 142. Müller, Islam I 570 — 78. Brock. I 86.
*) Müller, Islam I 575 und 576.
3) War seit 339 Wazir des Mu'izz ad-Dawla, siehe Jäküt,- Iriäd ... ed. Margoli-
ouTH 3, 183 — 94 und Ibn Hallikän Nr. 177 (de Slane I 410).
4) Es ist nicht ausgeschlossen, daß diese Tätigkeit in die Zeit seines ersten Auf-
enthalts in Bagdad, also nach 320, fällt.
5) Gund Hims war eins der fünf Heerlager von Öäm. Jäküt. Geographisches Wörter-
buch ed. F. Wüstenfeld I 136 unter (»LüJi oLac>-I
*) So Küfa, Arragän u. a. Leider ließ sich nicht herausbringen, in welche Jahre
Tan. 's Tätigkeit dort fällt.
Die Farag ba'-d os-SiMa-hiter^tUT.
391
Bei Musik und Wein verbrachte man die Nacht. Und wenn die Alten
durch den Weingenuß ausgelassen wurden, dann nahm ein jeder von
ihnen einen goldenen Becher zur Hand, füllte ihn mit kostbarem
Wein, und dann tauchten sie ihre weißen Barte hinein, bis sie sich
mit Wein vollgesogen hatten. Schnell wurden diese dann heraus-
gezogen, und in ausgelassenen Tänzen, blumengeschmückt und in
bunten Gewändern, bespritzten sich die Alten gegenseitig, indem sie
kräftig den Kopf schüttelten. Der andere Morgen sah alle wieder
bei ihren gewohnten Beschäftigungen, und der dabei gezeigte Ernst
und die übliche W^ürde ließen nichts von den Tollheiten der Zechnacht
ahnen. Fürwahr ein Bild, wie die glühende Phantasie der looi
Nacht-Erzählungen es nicht schöner herstellen könnte !
2. Abul-Käsim 'AU b. al-Muhassin b. *AlI at-Ta-
nühi, der Kädl. Abkürzung: T. III ^j.
Der Sohn unseres /^m,«^- Verfassers 2) ist nach den übereinstimmen-
den Berichten von al-Hatib al- Bagdad! (f 463) (in Ibn Hall.) und
Ibn Hallikän am 15. Sa'bän 365 in Basra geboren. Gestorben ist er
am I. oder 2. des Muharram 447 oder 448 3); begraben wurde er nach
al-Hatib in seinem Hause am darb at-tall und al-Hatib selbst sprach
über ihn die Leichengebete. Schon mit fünf Jahren begann er zu
hören und später war er einer der Schüler des berühmten Dichters
und Philosophen Abul-'Alä* al-Ma*arri {363 — 449) 4), der auch zum
Stamme Tanüh gehörte. As-Sam*äni nennt noch als seine Lehrer:
Abul -Hasan 'Ali b. Ahmad b. Kaisän an-Nahwi und Ishäk b. Sa'd
b. al-Hasan b. Sufjän an-Nasawi. Durch al-Ma*arri wurde er mit
dem Philologen Abu Zakarijä' at-Tibrizi (421 — 502) 5) bekannt. Und
') Es schien zweckmäßig, diesen vor seinem Vater, gleich nach seinem Großvater,
zu behandeln.
^) Quellen: a) Jatlma II ii6; b) As-Sam'äni. Al-ansäb ed. Margoliouth f. iiob,
Z. 23; c) Jäküt. Irsäd . . . ed. Margoliouth 5, 301 — 09. Mit den Berichten des Sam'äni
und des liatib; d) Ibn Hall. Nr. 567 (de Slane II 567) im Anschluß an die Biographie
seines Vaters (Nr. 567). Mitteilung einer Stelle aus al-Hatib; e) Abul-Makäsin ed. W. Popper
II 218, Z. IG.
3) Al-Iiatib bei Jäküt (S. 301, 4. Z. v. u.) nennt allerdings als Geburtsjahr 370, aber
da er 384 (nach Jäküt S. 306, Z. i) schon offen tHch auftrat, ist 365 wahrscheinhcher.
4) In Bagdad selbst war er nur zwischen 398 — 401 H, erst wenige Monate, dann
ein Jahr und sieben Monate. T. III hat ihn also auch anderswo gehört. Über al-Ma'arri:
Ibn Hall. Nr. 46 (de Slane I 94); von Kremer, Kulturgeschichte II 386; Brock. I 254;
siehe die Bibliographie S. 141 in: Un precurseur d'Omar Khayyam. Le poete aveugle. Ex-
iraits des poemes et des lettres d' AbotVl-^Alä' Al-Ma'arri (363 A. H.). Introduction et
traduction par Georges Salmon. Paris 1904, und dazu das Vorwort. S. 9 ff. Eine KasTde,
die der Lehrer an den Schüler gerichtet hat, ist ein Beweis der Wertschätzung, die er
für ihn gehegt hat. Siehe auch sikt az-zand. Büläk 1286. Teil II 112.
5) Brock. I 279.
5Q2 Alf red Wi ener,
auch mit al-Hatib stand er im engen Verkehr. Dieser hat nicht nur
vieles in seinem großen Geschichtswerke nach seiner Überlieferung ^) ;
er hat auch, das bezeugt er selbst, nach seinem Diktate niederge-
schrieben ^), dem Diktate des Mannes, der als besonders sorgsam in
der Überlieferung und anerkannt im Zeugnisse geschildert wird. Von
384 an war T. III öffentlich tätig 3); er war Kädi in Madä'in und Um-
gebung, in Kirmisin (Kirmän§ah), in Adarbaigän 4), al-Baradän5)
und anderen Orten. Auch Münzdirektor ist er gewesen. Und von
diesem Amte wie von der Käditätigkeit und von anderem flössen
ihm monatlich 60 Dinare zu (Jäküt S. 302, Z. l), die er aber völlig
für die ashäb al-hadit aufbrauchte. Er war Mu*tazilit, ja Abul-Mahäsin
schreibt sogar, daß er zum Abfall {\jci>^ d. i. zur Si'a neigte. Merk-
würdig ist das, was al-HatIb (Jäküt S. 301, 3. Zeile von unten) über
ein Buch sagt, das sich in Tan. 's Besitz befand. Es war das kitäh
al-kadar des Ga*far al-Firjäbl. Dieser Gelehrte ist wohl der im Fihrist
I 232 erwähnte Firijäbl as-Sagir 6), der 300 gestorben ist. Die ashäb
al-hadlt scheuten sich, dies Buch von ihm zu verlangen, nur er, al-
Hatib, wagte es. Daß er Bücher geschrieben und Verse gemacht habe,
wird berichtet. Doch sagt schon Ta*älibi, er habe keine Verse von
ihm zu hören bekommen, als Überlieferer von solchen 7) des Abul-
Matä*a, Dul-Karnain b. Näsir ad-Dawla Abu M. habe er ihn aber
nennen gehört. Auch als Überlieferer von Hätim at-Tä*i*s Diwan
wird er aufgeführt 8).
Nur Jäküt berichtet von einem Sohne des Kädi. Er hieß Abul-
1) G. Salmon, Inlroduction (genauer Titel S. 387 Anm. 2), wo er im arabischen
Text S. 4 (Übers. S. 80), 11 (87), 57 (143), 73, 77 (164), 82 (170) als unmittelbarer Über-
lieferer angeführt ist.
Vermutlich ist der bei Salmon i (75) und 84 (172) erwähnte Kädi 'Ali b. abi 'Ali
al-Mu'addal at-Tanühi mit T. III identisch. Al-Mu'addal dürfte vielleicht ein ehrender
Beiname sein, der nicht immer dem Namen zugesetzt wurde. Z. B. wird ein Überlieferer
I. a. D.'s (siehe S. 284, Anm. i )gewöhnlich Abul-Husain 'Ali b. M. b. 'Abdallah b. Bisrän ge-
nannt, hat aber im indischen Druck des I. a. D. S. 2 und in München 885, 9.f. 102 b den Zusatz:
al-Mu'addal. Zu diesem Namen siehe noch Fihrist I 165 und Al-Moschtabih des Dahabi
ed. DE JoNG S. 49T.
2) Bei Ibn liallikän: käla wakatablii 'anhu.
3) Jäküt S. 305, letzte Zeile.
4) Möglicherweise aus Darzigän verschrieben, was Jäküt (S. 302, Z. 5) hat. Nach
Jäküt's Geographischem Wörterbuch (ed. F. Wüstenfeld II 567) war das ein großes Dorf
an der Westseite des Tigris unterhalb Bagdäd's und der Geburtsort al-Hatib's.
?) Stadt am Tigris, nicht weit nördlich von Bagdad gelegen, siehe Ibn Serapion
ed. G. LE Strange, JRAS 1895. Karte vor S. 33.
6) Siehe auch al-Moschtabih ed. de Jong S. 390 u. 405.
7) Angeführt JatJma I 64.
*) Ed. Fr. Schulthess. Leipzig 1S97. S. ^.
Die Farag ba'-d as-5?^ö?ß-Literatur. ^93
Hasan M. b. 'Ali b. al-Muhassin, ist um 440 geboren und starb 494..
Mit ihm erlosch das Haus Tanühi.
Zwischen den beiden vorhergehenden steht nun:
3. der Kädl Abu *AlI al -Muhassin at-Tanühi, der
Verfasser des farag ba^d as-sidda (327 — 384 H). Ab-
kürzung: T. n.
Sein Lebensgang.
Al-Kädl Abu 'All al-Muhassin ^) b. abil-Käsim *A1I b. M. b. abil-
Fahm Dä'üd b. Ibrähim b. Tamim at -Tanühi wird er mit allen seinen
Namen genannt -). Am 26. des ersten Rabi' 327 H erblickte al-Muhassin
in Basra das Licht der Welt 3). Mit sechs Jahren hört er bereits hadit
und mit acht Jahren (335 H) ist er, wie mehrmals im farag bezeugt
wird 4), der Schüler des Geschichtsschreibers as-Süli (f 335)> hört
auch bei ihm seine Wazirgeschichte und bekommt die Igäza dieses
Buches 5). Außer Süll kennen wir als seine Lehrer in Basra aus dem
1) Die Schreibung Muhsin ist für Tan. abzulehnen, obwohl Muhsin sonst als Name
vorkommt. Der von Ibn. Hall, selbst geschriebene Londoner wafajäl-Text hat nach
Amedroz (Hiläl. Leyden 1S94, S. 5) Muhassin in der Biographie Tan. 's vokalisiert. Femer
ist in der Biographie das Wort Muhassin am Schluß zweifelsfrei buchstabiert. Die gleiche
Schreibung hat auch ad-DahabI, al-Moschtabih ed. de Jong 468. Übrigens existiert der
Name heute noch für ein Heiligtum. (M. Sobernheim. Das Heiligtum Shaikh Muhassin
in Aleppo in Melanges Hartwig Derenbourg, Paris 1909. S.-A. S. i.) Wie T. I als Sunnit
dazu kam, seinem Sohne einen so ausgesprochen si'itischen Namen zu geben (Muhassin
war ein jung verstorbener Sohn 'Ali's, und so hieß auch ein totgeborenes Kind einer der
Frauen Husain's, siehe Sobernheim S. i u. 2 und dazu J. Horovitz. Die HamdanUen
und die Schi'a. Islam II 410), muß auffallen.
2) Außer vielen Notizen im jarag, vereinzelten in seinen andern Werken, kommen
für seine Lebensbeschreibung folgende Quellen in Betracht.
a) Jattma des Ta'älibl II 115 — 16, abgedruckt bei Ibn Hallikäu.
b) Berlin 9963, 124 unter ^a-^, von Herrn Dr. F. Kern durch Stichproben
mit der Kairiner Handschrift als Bruchstück des IJatib al- Bagdad! erkannt. Der zweite
Teil darin (siehe Ahlwardt IX 404) ist, wie ich fand, vom gleichen Abschreiber wie Paris
2130 (Hatib).
c) Berlin 9852, 70 a. Abkürzung des 3. Teiles von Jäküt's Mu'gam ahl al-adab.
d) Ibn al-Atir IX 74.
e) Ibn Dukmäk, Description de l'Egypte. Part 4 et 5 ed. par K. Völlers, Le
Caire 1893. Part 5, 2. Stelle aus den nisrn^är über Tan.'s II Aufenthalt in Ägj'pten.
f) Ibn Hallikän Nr. 567 (de Slane II 564 ff.)", der Text des Ibn yall. auch im Ge-
schichtswerk des Jäfi'i (f 768). Berlin 9452, 244 b.
g) H. H. Seine Werke: III 269, IV 4", V 519, VI 345-
h) Ibn Kutlubugä Nr. 229, S. 56. Er hat den Ibn Hall, ausgeschrieben,
i) Berlin 9910 (siehe S. 291. Anni. 4.) f- 30 a.
3) Nur Jäküt hat 329 H als Geburtsjahr.
4) Siehe S. 403 und Anm. 10 über Süli. Die /arag-Stellen I 40, 66, 84; Bi 97 a.
5) Tan. II 4 und weitere Stellen bei ihm.
394
Alfred Wiener.
[arag den bekannten Abul-farag al-Isbahänl ^) und Abul-*Abbäs al-
Atram^). Ibn Hall, nennt zum letzteren noch: Al-Iiusain b. M. b.
Jahjä b. 'Utmän an-Nawa\vI. Das Schulhaus lag in Basra recht be-
quem, ein Ausbau am Hause seines Vaters, der in der säri'- al-^abidfn
wohnte 3). In Basra hat sich T. H sicher bis 345 aufgehalten. Im
Muharram dieses Jahres hört er dort noch ein geschichtliches
Buch 4). Dann beginnt seine Beamtenlaufbahn. 346 ist er in Sük
al-Ahwäz als Direktor in der Münze tätig. Das sagt er im farag
selbst 5), dagegen ist die Stelle, die von richterlicher Tätigkeit später
in öazirat Ibn *Umar spricht 6), weder im Drucke noch in den mir zu-
gänglichen Handschriften aufzufinden. Daß er aber bald nachher
als Richter sich betätigte, schreibt Ibn Hallikän. Danach wäre
er 349 Kädl von al-Kasr7), Bäbil und Umgebung gewesen. 350
begegnen wir ihm in Bagdad 8), auch 352 ist er noch dort 9). Er
wird dann vom Halif al-Mutr (reg. 334 — 63) zum Kädl in *Askar
Mukram, Idag und Rämhurmuz eingesetzt. T. II bestätigt selbst
seine Amtsausübung dort für 355 H, gibt aber noch andere Städte
an, die zu seinem Bezirke gehörten, und sagt auch, er hätte dieWuhlf-
Verwaltung in Händen. Sein Amtssitz war sein eigenes Haus in
Ahwäz 10). Aber nur bis 359 blieb er dort. Als M. b. al-*Abbäs b. al-
Fasangis sein Wazirat in diesem Jahre antrat, entfernte er T. aus dem
0 Über ihn S. 405 und Anm. 6.
^) Tan. I 88. Er stammte aus Bagdad. Über seinen andern Lehrer konnte ich nichts
in Erfahrung bringen.
3) Nach Bi 97 a (= Oxford. Bodlejana 64, 103 a).
4) Tan. I 132.
5) Tan. I 25. Seine Stellung ist bezeichnet als »wi.*nj| .tj ^^ J^-fr*-'^ i^^*
*) Nach Ibn yall. soll das beides im fara§ stehen. Gazirat Ibn *Umar ist eine Insel-
stadt im Oberlaufe des Tigris (Ibn Serapion ed. le Strange. Text S. 9, Übers. S. 33).
7) Kasr ist die Stadt Kasr Ibn Hubaira. de Slanes Vermutung (II 568), daß sie
die sei, welche nach Idrisi zwischen Wäsit und Basra liege, ist wohl nicht richtig; das
ist al-Katr {Ibn Serapion. Text 8. 9, Übers. S. 33, Anmerkungen S. 46). Schon Ibn Sera-
pion nennt einige Male Kasr Ibn Hubaira kurz Kasr (Text S. 16). Die Stadt lag an einem
Euphratkanal unweit Bäbil (Übers. S. 256, Anm. S. 25S), was ebenfalls sehr für sie spricht,
da nach dem Texte des Ibn Ilall. es sich nur um eine Stadt handeln kann, die in der Nähe
Bäbil's sich findet.
^) Nach Paris 3482, Niswär des Tanühi 11 a.
9) Jäküt. Irsäd . . . ed. Margoliouth 3, 192, Z. 10.
") Das nahe Zusammenliegen dieser Städte veranschaulicht die Karte nach S. 24
in G. LE Strange, The lands of the Eastern Caliphate. Cambridge 1905. Über die wirt-
schaftliche und geschichtUche Bedeutung von Ahwäz, siehe Strange, S. 232 — 34, 'Askar
Mukram 237, Rämhurmuz 243, Idag 245. Tan. spricht von diesen Städten in B2 97 a
(= Oxford 103 a); im Drucke II 63 eine Geschichte, die ihm 355 H in 'Askar Mukram
mitgeteilt wurde.
Die Farag ba'd as-^zMa-hiterztUT. qqc
Amte, nahm ihm all sein Hab und Gut und ließ ihn nach Bagdad
kommen ^). Hier müssen Feinde oder Neider inzwischen gegen ihn
gewühlt haben. Er nennt Abu Bakr as-Süli^), der ihn in allen Ge-
sellschaftskreisen der Residenz schlecht gemaclit habe. Drei Jahre
und einige Monate, also bis 362 oder 363, dauert die Ungnade. Dann
darf er wieder in seine Ämter eintreten, und zu seinem Amtsbezirke
kommt nun noch Wäsit und Umgegend. In diesen Unglücksjahren
war er jedoch nicht unausgesetzt in der Hauptstadt. 359 H finden
wir ihn auch in Ägypten 3). Das Nächste, was wir von ihm erfahren,
ist die Geburt eines Sohnes, 365 H in Basra. Dann kommt wieder
eine trübe Nachricht. 'Adud ad-Dawla läßt ihn 371 einkerkern,
weil er Säfi*i und seine Anhänger geschmäht hatte. Später wird er
jedoch wieder freigelassen. 4) Daß er auch sonst Feinde und Un-
gemach hatte, erzählt er selbst. Einmal spricht er von einem Unheile
infolge Feindschaft, das monatelang andauert, und das er mittels
eines eigenartigen Gebetsrezeptes wieder zum Guten wendet 5). Ein
andermal trifft ihn großes Unglück vom Herrscher her 6). Und ein-
mal 7) ist es gar so schlimm, daß er nach al-Batiha, der Provinz der
großen Euphratsümpfe, flieht, wo er eine Gesellschaft Leidensgefährten
aus Wäsit und Basra vorfindet, und wo er Monate bleiben muß, ehe
er die Rückkehr wagen darf. Gestorben ist unser Tanühl in Bagdad
am 25. Muharram 384.
SeineSchriften.
Wir wissen, daß unser Tanühi in einem Hause groß wurde, wo
man sich eifrig den Wissenschaften hingab, wo die Literatur ihren
Platz hatte, wo auch die großen zeitgeschichtlichen Bewegungen ihren
Widerhall fanden. Die ursprüngliche Persönlichkeit des Vaters,
seine geachtete Stellung, seine wertvollen Beziehungen zu den Großen
des Reiches, werden gewiß auch dem Sohn zugute gekommen sein.
Und der Sohn selbst war durch seinen Beruf in den Ländern des Hali-
') Siehe dazu die Verse Tan. II 204, 205.
*) kommt auch im Hiläl ed. Amedroz 142 vor.
3) Nach Ihn Dukmäk war der Verfasser des Buches Niswär al-mithädarät (d. i.
T. II) 359 in Absüg in Ägypten. Er erzählt, daß er dort an einer (koptischen?) Kirche
(Kjujj) eine Maus aus Stein gebildet gesehen hätte. Wenn die Ortsbewohner deren Ab-
bild aus Lehm in ihre Häuser brächten, so verließen sofort alle Mäuse die Behausung.
Anklänge an diesen Aberglauben finden sich schon in der Bibel, I. Sam. VI 4, 5.
4) Nur in Berlin 9910, 30 a. 'Adud ad-Dawla eroberte 367 H Bagdad. Über ihn:
Enzyklopädie des Islam. 3. Lief. S. 151. Leiden-Leipzig 190S.
5) Tan. I 25.
6) Tan. I 35.
7) Tan. I 41.
3Q6 Alfred Wiener,
fat's umhergekommen, hatte Ägypten bereist, erfuhr vor allem »als
Kädi und Sohn eines Kädi's« vieles, und dann waren ihm auch die
Schattenseiten des Lebens nicht fremd geblieben. Von Feindschaft,
Mißgunst, Ungnade, Kerker, Flucht wußte er zu berichten.
Auf der Grundlage eines solchen Lebens bauen sich Tanühi's
literarische Leistungen auf. Allerdings hat er seine Erfahrungen nicht
zu rein geschichtlichen Werken verarbeitet, was nahe lag. Er ist nur
ein »geschickter Anekdotensammler« geworden. Trotzdem sind seine
Werke für geschichtliche Forschungen verschiedenster Art gut zu
benutzen und vor allem die *Abbäsidenzcit dürfte um manche wert-
volle, intimere Züge durch sie bereichert werden.
Seine Schriften außer dem farag:
Außer dem jarag- ist von drei anderen Schriften die Rede, von
denen eine verloren gegangen ist: der Diwan ^). Ta*älibi und Ibn
Hallikän versichern, dieser war umfangreicher als der seines Vaters.
Beide überliefern auch Verse unseres Kädl. Das farag- selbst enthält
eine Anzahl, so Tan. II 192, 200, 204, 205, 216. Und wenn mit dem
Kadi at-Tanühi unser Muhassin in der Jatima gemeint ist, so hätte
er am schönsten unter vielen Dichtern das Bild des Mondes auf dem
Wasser besungen.
Von den erhaltenen Werken befindet sich eins als Unikum in
Paris. Sein Titel lautet: Kitäb nüwär al-muhädara waa/ibär al-mudä-
kara ^). Es ist eine große Sammlung (191 Blatt) von Erzählungen,
meist aus der *Abbäsidenzeit, die im Gegensatz zum farag keine Ein-
teilung zeigt. Die Erzählungen haben verschiedenen Umfang, ab und
zu bringen sie eingestreute Verse. Seltener schon (z. B. 156 — 158 a,
^) H. H. III 269.
^) Jatima 1 65. Nicht naswän, wie fast überall in arabischen wie europäischen Schriften
steht. Herr Amedroz hat zuerst die richtige Lesung festgestellt. In der Tat lautet,
wie ich selbst sah, zweifellos so der Titel der Pariser Handschrift 3482. Dazu kommt,
daß auch Jäküt 70 a den Titel so angibt, auch Ibn Hallikän Saivär hat. Bei H. H.
VI 345. Brock. I 155, 3. Die Pariser Handschrift ist vom Jahre 730 nach 191 b. Ein
Auszug aus niswär ist in Berlin 8474, 64 — 109; einiges aus einer Abkürzung des M. b.
al- Mukarram al-Ansäri al-Hazragl in Mailand (Ambrosiana) nuovo fondo Cod. 119 XXXV
(134 b, 176 b) nach Rivista degli Studi Orientali 1910. Anno III. Vol. III 916. Zitate in
Jäküt. Irsäd . . . ed. Margoliouth Bd. 5, 175. 340. 344 u. a.- Damiri's Al-haja'tvän.
Büläk 1278 I 245 — 248. Tier: ta'-lab. Ein schon erwähntes in Ibn Dukmäk V 2. Nach
freundlicher Mitteilung von Herrn Dr. P. Loosen finden sich weitere Zitate in Sujüti, tu/ifat
al-magälis. Kairo 190S. S. 242 — 6 u. 2S5 — 9. Ferner: Ibn Higga al-Hamawi (am Rande
des Mustatraf) Tamarät al-aivräk. Kairo 1320-21. S. 149. Herr Amedroz stellt eine
Edition der nihvär durch Herrn Professor Margoliouth in Aussicht (JRAS 1911, 671).
Die Farag ba'd as-Sidda-lAittdXnr. oqj
ly 2 h — 174a) finden sich nur Verse; häufig ist der Vater sein Ge-
währsmann. Eine Stelle im Jäküt ^) berichtet uns, T. II habe
es sich zur Bedingung gemacht, in diesem Werke nur mündlich über-
lieferte Erzählungen aufzunehmen, und so ist im Buche: haddatani
(Es erzählte mir) gewöhnlich der Beginn einer neuen Überlieferung.
Weiter sagt Jäküt, das Werk umfasse li Bände [mug-allad] und jeder
Band habe eine besondere Einführung. Tan. habe daran zwanzig Jahre
gearbeitet. Das erste Jahr sei 360 H gewesen. Ob die Pariser Hand-
schrift alle elf Bände enthält, ist nicht gewiß. Nicht von Jäküt, aber
von allen übrigen Biographen wird sein anderes Werk aufgeführt:
al-mustagäd min ja'^alät al-agwäd, das in mehreren Handschriften auf
uns gekommen ist ^). Es ist eine Sammlung unterhaltender Erzäh-
lungen mit vielen Versen aus der Zeit der Umajj«äden und *Abbäsiden
und weist gleichfalls keinerlei Einteilung auf. Sehr oft ist Abul-
Farag al-Isbahänl der Erzählers); einige Male wird auch aus dem
/ara^ zitiert 4), wenn auch Tan. 's Sohn (T. III) zu dessen Verfasser,
jedenfalls von unkundigen Abschreibern, gemacht worden ist. Auch
andere bekannte Personen treten als Berichterstatter auf, so Ma-
dä'ini 5), Wäkidi 6)^ Asma'i 7), §äfi*i 8). Durch die far ag'-Zita.te sehen
wir, daß das Werk nicht vor Abschluß des farag; d. h. nicht vor
373, entstanden ist.
IX. Das Farag- ba'^d as-sidda des Tanühi.
Das farag- ba'^d as-sidda des Tanühi liegt uns in einer beträcht-
lichen Anzahl Handschriften vor, von denen im folgenden ein, so weit
wie nur möglich, vollständiges Verzeichnis gegeben sei.
') Berlin 9852, 70 a.
2) Brock. 1 155 Nr.2. Hinzuzufügen dort: Laleli 1924, Leipzig 590. Herr Dr. P. Loosen
hat erkannt, daß Gotha 1197 von 2 a — 11 a gleich 1196 von 69 a — 72 b Mitte sei, was
Pertsch seinerzeit entgangen ist. Bei H. H. V 519. Völlers schreibt bei Leipzig 590"
»British Museum suppl. 1131 wird eine erweiterte Redaktion dem Ta'älibl (f 430) zu-
geschrieben.« Eine Nachahmung mit ausdrücklicher Angabe dieser Tatsache ist Berlin
8433, nach Ahlwardt von as-Sukkari (tii29H).
3) Leipzig 590, 9 a, 13 a, 33 a, 33 b usw.
4) Leipzig 590, 24 b; Gotha 1596, S b, 43 a usw.
5) Leipzig 590, 4 b; Gotha 1596, 2 a.
') Leipzig 590, 52 b, 86 a.
7) Leipzig 590, 58 a, 95 b, 113 a usw.
*) Leipzig 590, 88 a. . '
398
AI fre d Wiener,
- Verzeichnis der Handschriften von Tanühl's
jarag ba'^d as-sidda ^).
Berlin 8737 und 8738 2).
Constahtine. 3 Exemplare. (JA 1854, 435 Nr. 14).
Constantinopel. 2. Exemplare in Köpr. ; i Exemplar in 'Umümije;
I Exemplar in Nür-i-Osm. I Exemplar in Top Kapü Seraj 3).
Damaskus. 'Um. S. 87 Nr. 34.
Escorial (Casiri) 71 1.
Gotha 2687.
Kairo VI. S. 161. i Exemplar in der Bibliothek des Großvaters
von Mahmud Rijäd 4).
Leiden ^ 449 5). J
Bibl. Lindesiana p. 95 Nr. 306 6). 1
Oxford (Uri) 326. ^
Paris 3483 und 3484.
St. Petersburg. Asiatisches Museum p. 291.
Vatican yjy.
Auszüge.
Berlin 8739. Anonym.
Paris 3485, verfertigt von *Ali b. abl Tälib b. 'All al-Ha§ääb al-
Halabi.
Paris 3486, I 7). Anonym.
Paris 3486, 3. Anonym.
I) Zusammengestellt nach: Pertsch. Katalog Gotha IV unter Nr. 2687, Leiden -
unter Nr. 449, Brock. I 155, Chauvin, Bibliographie IV 126 und eigenen Notizen. Dazu
noch folgendes: Der bei Pertsch angegebene Auszug Wien 1963, 21 ist zu streichen, da
er nach gütiger Mitteilung der K. K. Hofbibliothek persisch ist. Ebenso ist bei Chauvin,
Alger S. 539-40 zu streichen. Nach Angabe des Katalogs ist es nicht das jarag, sondern
al-mustagäd }I fa^alät al-agwäd des TanOhl. Femer ist in derselben Bibliographie bei
Bibl. Lindes, p. 28 als doppelt zu streichen; zu streichen auch p. 224 eine Zahl, die das
persische farag betrifft. Für gütigst gegebene Hinweise schulde ich Herrn Professor Chauvin
ergebenen Dank.
^) 8737 enthält nur den ersten Teil des Werkes und hört im 7. Kap. auf.
3) Zu Köpr. und *Umüm. siehe 0. Rescher, Mitteilungen aus Stambuler Bibliotheken.
ZDMG 1910, 195 ff. Daß ein Exemplar in Nür-i-Osm. vorhanden ist, erfuhr ich durch
freundliche Mitteilung des Herrn Dr. 0. Rescher. Das in Top Kapü Seraj nach 0. Rescher,
Rivista degli Studi Orientali IV 1912. S. 724 Nr. 2629. Drei weitere Exemplare noch in
den von G. Flügel beigebrachten Bibliothekskatalogen: H. y. VII S. 130 Nr. 1048,
S. 263 Nr. 388, S. 346 Nr. 750.
4) Nach Tan. I 2.
5) Entspricht Leiden ^ Nr. 370.
6) Bibliotheca Lindesiana (Bibliothek des Lord Crawford) Hand-list of Oriental Mss.
Arabic, Persian, Turkish. (Aberdeen) 189S.
7) Mit dieser Handschrift hat es eine eigene Bewandtnis. Im Eskorial-Katalog
Die Farag ba^d as-Sidda-W\.tx2X\xx.
399
Von diesen Handschriften sind zwei zu einem orientalischen
Drucke in Kairo verwendet worden: die Handschrift in der Bibliothek
des Großvaters von Mahmud Rijäd in Kairo und die der Vizekönig-
lichen Bibliothek dort. Der Druck erfolgte auf Kosten des Mahmud
Effendi Rijäd, wurde von Saih M. az-Zuhri al-GamräwT besorgt und
in der Hiläl-Buchdruckerei ^) hergestellt. Er besteht aus zwei Teilen,
von denen der eine i88, der andere 220 Seiten umfaßt. Der erste
ist 1903, der zweite 1904 erschienen ^). Auf S. 2 und 3 des ersten Teiles
findet sich nach einer Bemerkung Mahmud Rijäd's eine Biographie
Tanühi's, verkürzt aus Ibn Hallikän, auf S. 220 des zweiten Teiles
ein Verzeichnis der vierzehn Kapitelüberschriften 3). Leider entspricht
schreibt Casiri (11 213. Nr. 711) bei der TanOhi-Handschrift: »In eum librum perdoctos
elucubravit commentanos Lotphalla Ben Hassan Altocati. Utrumque opus asservatur in
regia Bibliotheca Parisiensi.« Und H. y. bemerkt IV 411 beim farag: Oiiii ii-*«>.j5
i . . iwLw J, i3j.XÄ*i! ^K'lJ^äj! ^^av>.5> Q.J »JJ)\ Über diese angeblich in Paris
befindliche Handschrift des Lutfalläh war jedoch nichts mehr zu erfahren. Da fand ich
auf dem Vorblatte des verschiedene Bücher umfassendenPariser Codex 3486 von älterer Hand
die Bemerkung: »Al-farag ba"ad al-Scheddat. Moeroris et calamitatis solatium, opus
Abi Ali Hassan Ben "Ali al-cadhi al-tenoukhi, qui circa annum hegirae 484 (!) fato functus
est. Hujusce libri qui partim ex regum annalibus partim ex Alcorano ejusque interpretibus
consarcinatus est, explicationem et illustrationem nobis in hoc codice suppedit, ajut Luth-
fallah Ben Hassan Altokati sive Tokatensis, qui anno hegirae 900 occisus est.« Leider
konnte ich in keinem der beiden Auszüge einen Hinweis auf die Verfasserschaft at-Tükäti's
finden.
I) Die Inhaber dieser Druckerei wie auch der gleichnamigen Buchhandlung sind
der in Europa wohl bekannte Girgl Zaidän (siehe z. B. M. Hartmann, The Arabic Press
of Egypt. London 1899. S. 35 (nach Prof. Bezold); I. Goldziher in DL 1907, Sp. 1505 — 08;
Brock. II 483, 9 a). und sein Bruder.
*) Ob Tan. selbst sein Werk in zwei Teile zerlegt hat, ist nicht sicher. Jäküt
(Berlin 9S52) spricht von drei Teilen (70 a). Die Gothaer Handschrift ist nicht geteilt.
Fraglich ist auch, wo der zweite Teil begonnen hat. Bi hört im Anfang des 7. Kapitels
auf, und es wird ausdrücklich gesagt, daß hier der erste Teil beendet sei. Bei B2 findet
sich gegen Ende des 7. Kapitels diese Bemerkung. Wo die Kapitel im Drucke, B 2, G
und Bi beginnen, zeigt die, Tabelle:
I.
Kap.
2.
Kap.
3-
Kap..
4-
Kap.
5-
Kap.
6.
Kap.
7-
Kap.
8. 9.
Kap. Kap.
10.
Kap.
II. 12.
Kap. Kap.
13-
Kap.
14.
Kap.
Druck Kairo
I
II
1903/04
7
26
44
66
88
147
2
44
73
94
104
118
148 190
B2= Berlin 8738
2 b
9a
i6a
24a
33a
53b
65b
103b
1 1 5a
122a
125b
130a
136a
149a
G = Gotha 2687
5a
i8b
31a
57a
85b
139b
177a
312a
356a
381b
394a
409b
443a
479b
B,=Berlin 8737
3b
13a
19b
37a
55a
93a
io8b
3) Der Druck ist besprochen von D. S. Margoliouth JRAS 1905, 425 ff., wo einige
Erzählungen übersetzt sind; und ferner durch L. Cheikho in arabischer Sprache im Masri^.
^QO Alfred Wiener,
der Druck nicht den Anforderungen, die man an ihn stellen muß.
Die Druckfehler sind zahlreich, Hinweise über die Verwendungsweise
der Handschriften mangeln. Überhaupt fehlt eben der kritische
Apparat. Daß einzelne Erzählungen und zuweilen beträchtliche
Partien, z. B. im 7. Kapitel, im Vergleiche mit den beiden Berliner
Handschriften und der Gothaer, teilweise auch mit den Pariser Hand-
schriften, nicht vorhanden sind, liegt wohl — wir wollen es wenigstens
annehmen — an den Kairiner Vorlagen. Ein Vorzug dieser scheint,
daß sie oft Einleitungen in die Erzählungen über Quellen, Personen
bringen, die in den andern, abgesehen vielleicht von Gotha, fehlen.
Die Handschriften, die ich untersuchte, stimmen aber auch nicht
überein. Bi bringt nur sechs Kapitel und vom siebenten einen kleinen
Teil, wobei aber noch verschiedenes im 6. Kapitel fehlt. Sie ist fast
durchgängig, oft unrichtig, vokalisiert. B2 ist dem Drucke gegenüber
reichhaltiger, ebenso ist es G. Doch bringt bald Bi, bald Ba, bald G
etwas, das in den anderen fehlt. Am umfangreichsten ist G, obwohl
diese Handschrift sehr jung ist ^). Wann T. H sein farag geschrieben
hat, wissen wir wenigstens ungefähr. I 132 spricht er als Zeitgenosse
von Ereignissen, die in den Jahren 358— 68 H spielen, und H 176
nennt er das Jahr 373, so daß er also erst nachher das Buch fertig-
gestellt hat.
Infolge des immerhin ziemlich allgemein gehaltenen Themas fand
Tan. ein sehr umfangreiches Material prosaischer wie poetischer Art
für sein Buch vor, dem es beizukommen galt. Er hat es gesichtet,
indem er es geschickt und in der Ausführung verhältnismäßig streng
auf 14 Kapitel verteilt. Es sind die folgenden 2):
1. Was im Kur'än von »Freud nach Leid« erwähnt wird.
2. Was in den Traditionen [atär) darüber vorkommt.
3. Von denen, denen farag durch ein Omen verkündet wird, und
denen, die vom Unglück infolge Rede oder Gebet befreit werden.
4. Von denen, die den Zorn des Herrschers durch ein freimütiges
Wort oder durch eine Ermahnung besänftigen.
5. Von denen, die aus dem Gefängnis in die Freiheit kommen.
6. Von denen, die Rettung nach glückverheißendem Traume
finden.
VIII 758 ff. Beyrouth 1905. Cheikho gibt dort eine Geschichte des farag, behandelt die
Beziehungen zwischen dem Isbahäni des farag und dem des kitäb al-agänJ und druckt
schließlich einige Geschichten aus dem farag ab.
") Für eine brauchbare Herausgabe des farag, die wünschenswert ist, wären noch
einige andere Handschriften heranzuziehen.
*) Die Überschriften sind nicht wörtlich übersetzt.
Die Farag ba^d as-Sidda-\Ä\.QX3.\.\xx. aq\
7. Von denen, die von erstickender Enge planmäßig oder zufällig
loskommen.
8. Von denen, die nahe daran getötet zu werden, dennoch errettet
werden.
9. Von denen, denen der Tod durch Tiere droht, und die dabei
durch Gott Hilfe finden.
10. Von denen, die sehr krank sind, und die Gott heilt.
11. Von denen, die in die Hände von Räubern oder Dieben fallen,
dann aber befreit und entschädigt werden.
12. Von denen, die aus Furcht geflohen sind und sich verborgen
halten, und denen dann das Heil winkt.
13. Von denen, die Liebesunglück haben, und die dann durch
Gottes Hilfe das, was sie lieben, in den Besitz bekommen.
14. Auswahl von dem, was die Dichter zum Thema: »Freud
nach Leid« sagen.
Woher ist nun Tanühi der Stoff zugeflossen.'' Aus mündlicher
und aus schriftlicher Überlieferung. Wie sehr die äußeren Lebens-
umstände seine literarischen Neigungen begünstigten, ist schon aus-
geführt worden ^). Und Tan. nutzte jede Gelegenheit, um Material
für sein Werk zu gewinnen. Bald sind es Christen^), bald §i*iten 3)
bald *Aliden4), die ihm etwas berichten. Dort tritt ein Einwohner
von Ahwäz, hier einer der Bagdäder Kaufleute als Erzähler auf. Unter
den mit Namen genannten Erzählern ist oft sein Vater zu finden ^j,
dann Abul-farag al-Isbahäni 5), der Verfasser des kitäb al-agänl
desen Schüler er war, und von dem er die Igäza besitzt, sein Lehrer
as-Süli und andere Gelehrte und Philosophen. Am häufigsten sind
aber die Sekretäre und die Kädi seine Gewährsmänner. Die Sekretäre,
die in den verschiedenen Diwanen saßen oder auch Privatsekretäre
waren, jedenfalls aber die rechte Hand der hohen Beamten darstellten,
erfuhren vieles, und vom Leben des Volkes gewiß mehr, als ihre vor-
nehmen Herren, da sie mit der Öffentlichkeit in steter Fühlung waren 7).
0 S. 396.
») Tan. I 38.
3) Tan. I 42.
4) Bi 25 a, 26 a.
5) Tan. I 26, 44 und öfter. Bi 13 a, 13 b, 19 a und öfter.
6) Igäza II 187. Siehe ferner Tan, II 2, 3, 157.
7) Über das Verhältnis vom Sekretär zum Juristen: M. Hartmann. In: Le monde
oriental. Jahrg. 1909, 252; dessen wichtige Einleitung in die Literatur- dieses Zeitabschnittes
247 — 49 und auch 262 — 63. Daß die Sekretäre eine Genossenschaft waren, berichtet Ibn
AQ2 Alfred Wiener,
Und die Kädi hatten dank ihrer Tätigkeit reiche Gelegenheit, eigen-
artige Geschichten zu vernehmen und den Kollegen als »Curiosa« zu
erzählen- Hier und da treten auch Erzählungen ohne Angabe der
Herkunft auf; wenn aber nur möglich, bringt T. H die Überlieferer
oder setzt wenigstens hinzu, die Erzählung sei ihm mit Isnäd mit-
geteilt. Nicht verschwiegen darf schließlich sein kritischer Sinn werden.
Häufig bringt er zu Erzählungen Varianten aus anderen Quellen und
manchmal setzt er hinzu, er habe etwas weggelassen oder gekürzt,
weil es über den Rahmen des Buches oder des Kapitels hinausginge ^).
Daß auch sonst sein Buch eine über das Übliche hinausgreifende
persönlich eNote hat, beweist, abgesehen davon, daß er selbst
in einer Anzahl Fälle als Erzähler aus seinem Erfahrungsschatze
auftritt, vor allem seine schon des öfteren erwähnte literargeschicht-
lich-kritrsche Einleitung.
Die Benutzung der mündlichen Überlieferung findet in der aus-
gebreiteten Heranziehung der schriftlichen Überlieferung ihr Seiten -
stück. Tanühi hat viel gelesen; Prosa wie Poesie, Arabisch wie Per-
sisch, zeitgenössische wie frühere Schriftsteller und sich, sobald er
etwas für seinen Zweck fand, dies notiert. Diesem Leseeifer verdanken
wir die Erhaltung von Bruchstücken aus Werken, die zum Teil ver-
schollen sind.
Unser Verfasser hat gemäß seiner Einleitung die /ara^- Schriften
des Madä'ini, des Ibn abid-Dunjä, des Abul-yusain, vor sich gehabt,
und er sagt dann, er habe ihm geeignet erscheinende Überlieferungen
aus ihnen in den betreffenden Kapiteln seines Buches untergebracht.
Wie er Mad. und A. H, benutzt, ist bei diesen schon dargestellt worden.
Auffällig ist seine Stellung zu Ibn abid-Dunjä. Während er die andern
beiden Verfasser bei seinen Zitaten aus ihren Werken mit Namen
nennt und gewöhnlich noch den Buchtitel hinzusetzt, ist das bei
I. a. D. nur zweimal der Fall (I 26, H 204). Auch dann ist nur der
Name genannt, ohne das Buch zu erwähnen. Sonst bringt T. H noch
Verschiedenes, was auch in I. a. D. steht, aber nicht direkt aus seinem
Buche und manchmal mit anderem Isnäd, wie Tan. I 20, 59 und
sonst noch.
Über die anderen von ihm benutzten Werke gibt die folgende
Liste Aufschluß.
abi Tähir Taifür, Kitäb Bagdad ed. H. Keller. S. 13 a, dazu H. Keller. II. Teil. S. IX.
So ist auch im Tan. von den siijüh al-kiätäb die Rede: II 132. Bz 76 a.
') Z. B. II 118 und öfter. Bi 99 a und öfter.
Die Farag ba'-d as-Sidda-\Ä\.t.x2X\ai. AO'K
A. Quellen, von denen Verfasser und Titel ge-
nanntsind ^).
Wazirgeschichten-).
1. Sehr häufig hat Tan. das kitäh al-wuzara' des abü ^Abdallah
M.b/Abdüs al-Gahsijäri (t33i)3) benutzt, dessen Werk bis zum Wazlrat
des al-*Abbäs b. al -Hasan reichte, der im Amte war, als Muktadir Halif
wurde (298 H) 4). Folgende Zitate bringt T. II daraus:
Tan. I 24, Bi 27 b, 28b, 29 b, Tan. I 68, G 58 a, 76 a = Bi 49 a
= B2 30 a, G 76 b - Bi 49 b = B2 30 a 5), G 78 b, Tan. I 1086),
117, 118, 119, 155, 165, B2 62 a = Tan. I 188, Tan. II 5, 7; B2 68 a,
Tan. II 48, B2 82 b, 95 a, 95 b 7), G 278 b, 282 a, 296 b »), B2 103 b
(dreimal), 104 a, lii b. Tan. II 119, 128, 137 9).
2. Das kitäb al-wuzarä' des abü Bakr M. b. Jahjä as-Süli (f 335),
seines Lehrers, zitiert unser Kädl mehrere Male ^°). Es reichte bis zum
Tode des Käsim b. *Ubaidalläh (f 291), und Hiläl, der am Eingange
^) Es sind nur solche Quellen verzeichnet worden, aus denen Tan. unmittelbar ge-
schöpft hat. Eine Ausnahme ist Nr. 3.
^) Wazirgeschichten gab es in großer Anzahl, doch sind fast alle verloren gegangen.
In einem bibliographischen Werke, Gotha 177, fand ich 2 b vierzehn verschiedene der-
artige Bücher aufgezählt. Siehe auch H. H. I 191 unter ahhär al-wuzarä'.
3) Über ihn und seine Werke: Fihrist I 127, Ihi al-Atlr ed. Tornberg VIII 303,
Ahul-Mahäsin II 303, H. H. I 69, II 48, V 168, 616, 617, VI 285. Im Fihrist I 12 wird
er als erster genannt, der ein arabisches samar-'Buch geschrieben hat. Seine Wazirgeschichte
ist als Handschrift der K. K. Hofbibliothek in Wien erhalten. Siehe Hans von Mzik
im Anzeiger der Kais. Akad. der Wiss. in Wien. Jahrg. 44 (1907), S. 132 und A. von
Kremer, Verhandl. des VII. Oriental. Kongr. Semit. Sekt. Wien 1888. S. 2.
4) Nach Hiläl ed. Amedroz S. |*.
5) hier: ahhär al-wuzarä' genannt, wie auch sonst bisweilen in den Handschriften,
jedoch nicht im Drucke.
^) Die Stelle auch in Bi 97 a, doch ohne Quellenangabe.
7) Hier ohne die Quelle zu nennen.
8) Die Zitate in G 282 a und 296 b sind, wie Tan. selbst bemerkt, Variantenerzäh-
lungen zu solchen Abul-Husain's.
9) Weitere Zitate: Fihrist I 12, einige am Rande von Paris 3499 (Rabl^ al-ahrär
des Zamahsari), z. B. 153 b, 296 a. Ihn Ballikän Nr. 394 (de Slane II 135), Nr. 816
(de Slane II 460). Ferner: Jäküt, Geogr. Wörterhuch II 31, Z. 21; 96, Z. 5 ff. IV 381,
Z. 20 ff.; 796, Z. 6 ff. (nach Heer, Die histor. und geographischen Quellen in Jäqül's Geogr.
Wörterhuch S. 18); Jäküt, Irsäd . . . I 154, Z. 3; 275, Z. 11. II 127, Z. 17; 129, Z. 12;
166, Z. 3. III 146, Z. 2 (nach Gottfried Bergsträsser ZDMG 1911, 800). Weitere
Autoren, die ihn zitieren, in der oben genannten Mitteilung Mzik's S. 134 am Ende.
'") 335 H (Monat Ramadan) steht nunmehr nach dem Zeugnis Tan.'s als Todesjahr
fest (B2 97 a, Oxford 64, 103 a). Über Süli und seine Werke: hier S. 393. Ferner Fihrist
1 150/151, sehr oft bei H.H. siehe Index. Auch Wüstenfeld, Geschichtsschreiber Nr. 115^
Brock. I 143. Einiges bei Eugen Mittwoch, Die literarische Tätigkeit Hamza al-Isha-
hänTs, MSOS XII, 1909. S.-A. S. 42.
Islam. IV. 28
AQA Alfred Wiener,
seines Wazirbuches davon spricht, stellt Süli kein gutes Zeugnis aus:
»Er füllte sein Buch mit unnützem Ballast und entstellte es durch
seine geschmacklosen Gedichte«^). Zitate: Tan. I 40, 66, 84. B2
83 a, 95 a = G 284 a, 114 b, wohl auch Tan. I 91 ^).
3. Nicht von Tan., sondern von Ihn 'Abdüs wird in einem Zitate,
das Tan. von ihm bringt (I 167) das kitäb al-wuzarä^ des abü ^Abdallah
M. b. Dä'üd b. al-öarräh3), Wazirs des Hälifen Ibn al-Mu'tazz (reg.
I Tag im Jahre 295), erwähnt. Vielleicht entstammen auch die dort
genannten Verse seinem Buche.
4. Ein Zitat ist den manäkih al-wuzarä^ des Sekretärs abul-
yasan 'Ali b. al-Fath al-Mutawwak 4) entnommen. Er hat, wie aus
der Einleitung zum Zitate (I 132) hervorgeht, bis nach 320 H gelebt,
und sein Buch umfaßte die ahbär al-wuzarä' seit dem Tode des *Ubaid-
alläh b. Jahjä b. Hakan 5) bis zum Ende der Tage al-Kähir billäh's
(reg. 320 — 22) und später. Im Fihrist (I 129) wird gesagt, daß es an
das Buch des M. b. Dä'Qd b. al öarräh anschloß und bis in die Zeit
des Wazirs al-Kalwadäni reichte, der 319 unter al-Muktadir das
Wazirat bekleidete ^).
Sonstige Quellen.
5. Das kitäb al-ädäb al-haynfda wal-ahläk an-najlsa des M. b.
öarlr at-Tabari, zitiert Tan. I 22. Das Buch wird bei H. H. I 212
unter den Büchern über die Art und Weise des Kur*änlesens angeführt.
Nach I. GoLDZiHER wäre das bei H. H. genannte identisch mit dem
Buch ädäb an-nufüs, das Ibn 'Asäkir unter den Schriften Tab. 's auf-
zählt 7).
I) Hiläl S. f. M. Hartmann. In: Le monde oriental. Jahrg. 1909, 253.
^) Sonst wird Soli noch oftmals zitiert mit affbaram, haddatant, ^äla. Welche Zitate
davon den wuzara* zugehören, ist erst festzustellen. Zitate: Tan. I 44, 72, 89. Bt
51 b = Bj 31 b. Tan. I 147, 158, II 4. B2 78 b, 87 b. Eine Stelle aus den wuzarä^\m
Hiläl 219. Ferner Jäküt, Irsäd ... II, 131, Z. 15; nebst den meisten der titellosen Zitate:
I 136, Z. 18 — 140, Z. 19 (über Ahmad b. Sulaimän al-Kätib), 271, Z. 6; 273, Z. lO. II 36,
Z. 8,; 39, Z. 8; 127, Z. 4; i43, Z- 5; 161, Z. 3; 163, Z. 4; 221. Z. 15; 366, Z. 3, 6 (nach G.
Bergsträsser in ZDMG 191 1, 800). Weiter Ibn at-Tiktakä, al-fa(}ri ed. W. Ahlwardt
184, Z. 6 (entspricht der Übersetzung von E. Amar in Archives Marocaines. Vol. XVI
S. 249); 218, Z. 13 (Übers. 308); 304, Z. 15 (447); 31 '< Z. 16 (458); 413, Z. 15 (463).
3) Fihrist I 128 u. 129 (Mutawwak); Mittwoch, Hamza 19 Anm. 4, wo weitere
Quellen. Sein Sohn Fihrist I 129'".
4) Auch Bz 91 b erwähnt.
5) Anscheinend der Vater des bei Hiläl 265 angeführten Abü 'AU M. b. 'Ubaidalläh
b. Jahjä b. yäkän.
6) Über ihn: Fihrist I 131. Abul-Mahäsin II 242.
7) I. GoLDZiHER, Die literarische Tätigkeit des TabarT nach Ibn ^Asäkir WZKM IX
359 ff. Hierfür S. 365.
Die Farag ba'-d as-Sidda-\ÄX^iz.\.\xx. 40 S
6. Einige Verse aus kitäh al-hamäsa des Abu Tammäm at-Tä'i
stehen mit Quellenangabe Tan. I 39, I 191; das Buch erwähnt B2
105 a.
7. Ein Zitat aus dem (?) .^aXÄj! ljlX^ des Abul 'Abbäs Ahmad
b. ^Abdallah b. *Ammär wird I 132 angeführt; es bringt etwas aus der
*Alidengeschichte. Ob so der Titel des Buches gelautet hat, ist zweifel-
haft, da G 134 a einen andern, nicht erkennbaren, sicher aber nicht
denselben Titel hat. Der Verfasser scheint mit dem bei Tüsi ^) ge-
nannten Abul *Abbas Sähib *Ammär b. Marwän identisch zu sein.
8. Aus dem kitäb al-awräk des Süll wird Bz 106 b eine Stelle
zitiert. Tan. besitzt danach auch die Igäza dieses Buches 2).
9. B2 136 b, G 443 b wird ein Stück aus dem kitäh al-'^umarain
des M. b. Dä'üd b. al-Garräh angeführt 3).
10. Das kitäb as-sumrnär wan-nudamä^ 4) des Ibn 'Ali b. M. b.
al -Hasan b. Gah war al-*Agami (?)5) al-BasrI al-Kätib wird II 160 als
Quelle eines Zitates angegeben.
11. Zitat aus dem kitäb as-samir des Madä*ini II 174. Ob dieser
der bekannte Madä^ini ist, ist nicht gewiß. In seiner Bücherliste
{Fihrist I loo — 104) wird das Buch nicht aufgezählt.
12. Ein größeres Stück, wenn auch in verkürzter Form, aus dem
kitäb al-ag-äm al-kablr des Abul-Farag al-Isbahänl steht Tan. I
177 ff. Al-IsbahänT wird sehr oft als direkter Überlieferer erwähnt 6);
jedoch außer diesem Stück niemals mit einer Angabe, ob und aus
welchem Werke die Erzählung herrührt 7).
13. Eine Stelle aus der risäla fi jadl al-ward wan-nargis des Abul
yusain M. b. Ga'far al-Basri, bekannt unter dem Namen ^lUCiJ ^i\
') Tusy's list of Shy*ali Books and *Alam al-Hoda's notes oji Shyah biography edited
by Dr. A. Sprenger u. a. Calcutta (Bibliotheca Indica) 1853 — 55. S. 377, Nr. 851. Der
Titel ist leider hier nicht angegeben.
^) Über das in Kairo (V 16) erhaltene Unikum Ausführliches bei Joseph Horovitz,
Aus den Bibliotheken von Kairo, Damaskus und Konstantinopel MSOS X 1907. West-
asiatische Studien S. 35. Zitate aus den awräk am Rande von Paris 3499, 234 a, 267 b.
3) Siehe S. 404 Nr. 3 vom gleichen Verfasser. Das hier angegebene Buch ist nicht
im Fihrist aufgeführt.
4) Über die ^awar-Literatur : Fihrist I 12.
5) G 454 a und Bj 140 a: ,£-*JtJ5.
6) Tan. I 70, 71, 80, 81, 83, 87, 114, 117, 126, 130. II 2, 3, 4, 10, 123, 157, 177, 180,
181 (mehrere Male), 182, 183, 187. Außerdem noch eine Anzahl Überlieferungen nach
ihm in den Handschriften, die der Druck nicht enthält. Über al-Isbahäni Brock. I 146,
hier S. 394 und S. 397.
7) Die Geschichte von Kais b. Kaisaba b. Kultüm I 130 findet sich, wie Cheikho
(Al-Masrik VIII 760/61) nachgewiesen hat, in agänl XI 130 — 31. Cheikho vergleicht
auch dort die beiden Berichte, wobei der /arag-Druck schlecht abschneidet.
28*
AQ^ Alfred Wiener,
wird II 189 beigebracht. Auf derselben Seite folgt dann eine andere
Version der Erzählung aus dem
14. Kitäb jadä'il al-ward *^ala an-nargis des Ahmad b. abi Tähir
(t 280), das umfangreicher als die risäla war. Damit ist ohne Zweifel
das im Fihrist (I 146, 24) erwähnte kitäb mujäharat al-ward wan-
narg-is gemeint, wie H. Keller mit Recht sagt ^).
15. In G 272 b und 274 a sind zwei Stücke, dem küäh nasah
al-Kuraü des Ahmad b. 'Abdallah b. Ahmad al-Warräk entnommen,
angeführt -).
B. Quellen, bei denen entweder nur die Ver-
fasser oder nur die Titel namentlich angegeben
sind.
16. Aus'einem(.') lj|^aJL 1$^^-^^ v-jj^ werden Verse Tan. II 94
angeführt.
17. B2 79 a und b sind 2 Stücke einem kitäb ^atik entnommen,
in dem Ja'küb b. Bajän(?)3), der Sekretär, Nachrichten gesam-
melt hat.
18. Bisweilen hat Tan. Zitate aus einem Buche des Abul-Farag
*Abd al-Wähid b. Na§r al-Mahzümi (mit diesem Namen bei T. II
gewöhnlich), bekannt unter dem Namen al-Babbagä*, der Sekretär
(t 398). Nämlich: Bi 11 b. Tan. I 73^), 91 5), 93^), 169. II 8, 44-
Tan. spricht immer von dem kitäb, sagt aber niemals von welchem. Das
Buch muß also sehr bekannt gewesen sein und die übrigen Werke
des Mahzümi so hinter sich gelassen haben, daß der Leser schon durch
das bloße kitäb wußte, welches Buch gemeint sei 7).
19. B2 102 b wird eine Erzählung aus einer Handschrift des
Gahza zitiert. Damit ist wohl der im Fihrist I 145, 20 und ausführlich
>) 6. Band des kitäb Bagdad von Ahmad ibn abi Jähir Taifür. Leipzig 1908.
Hrg. von H. Keller. 2. Teil. Deutsche Übersetzung VII. Über faifür Brock. I 138.
^) Schon Madä'ini hat ein nasab al-Kurais verfaßt {Fihrist I lOi). Ähnliche genea-
logische Werke sind aufgeführt bei Ahlwardt IX 9397. Für al-Isbahäni siehe H. H.
VI 340-41.
3) Der Name ist nicht deutlich geschrieben. Vielleicht al-Bajjäni.
4) Ohne Quellenangabe Bi 42 a = Bs 26 b.
5) Ohne Quellenangabe Bi 58 b.
^) Ohne Quellenangabe B i 60 b.
7) Al-Mahzümi erzählt noch zweimal Tan. etwas: I 152 und 182. Er ist erwähnt
als Verfasser von rasiPil und Gedichten Fihrist I 169 und 172. Ferner: Jatima I 173 — 205
und dazu Ph. Wolff, Carminiim Abuljaragii Babbaghae specimen ex codice gothano nunc
primuni ed. etc. Lipsiae 1834. Sein Diwän H. H. III 257. Siehe auch Brock. I 90.
Die Farag ba'-d aS-Sidda-hiteratxiT. 407
in Jäküt's Irsäd ... ed. Margoliouth (I 383) genannte Barmakidc,
Dichter und Verfasser mehrerer Bücher gemeint (f 324) ^).
20. B2 136 a spricht T. II von einer Geschichte, die in einem
Buche des Kädi abü Ga*far b. Bahlül at-Tanühi al-Anbäri stände.
Das ist der in Jäküt's Irsäd ... ed. Margoliouth I 82 und in Sujütl's
biigjat al-wu'-ät (i. Druck. Kairo 1326 H) 2) unter Ahmad als Ge-
lehrter und Dichter erwähnte Tanühi (231 bis 318 H) 3).
C. Quellen, bei denen weder Verfasser noch
Titel namentlich genannt sind.
21. Am häufigsten zitiert Tan. aus einem Buche, ohne es näher
zu bezeichnen. Gewöhnlich beginnt er dann: »Ich habe in einem
Buche gefunden« und geht direkt mit an in die Erzählung über; selten
setzt er noch mit *aw den Gewährsmann hinzu. Solche Zitate finden
sich: Tan. I 72, y^, 79, iio, 116, Bi 81 a, Tan. I 158, 162, 178 (zweimal;,
B3 63 b, Tan. I 183, II 19, B2 72 a, Tan. II 45, 47, Bz 83 b, 84a
(zweimal), 84 b, 85 a, 85 b, Tan. II 70, 71, 161, 172, 183, B2 136 a,
145 a.
22. Etwas aus einem Buche, das ihm von einem Sekretär gegeben
w^urde, der es wiederum, aus einem Buche, das er empfangen hatte,
abschrieb: Tan. I 116 und B- 141b.
23. Aus einem dajtar '■atlk wird II 75 eine Erzählung berichtet 4).
24. Etwas aus den kutuh ad-dawla: II 119.
25. Von persischen Büchern ist zweimal ausdrücklich die Rede.
Einmal sagt Tanühi (II 6^), er habe in einem persischen Buche eine
Geschichte von AbarwTz gelesen, die er darauf erzählt. Und bald
danach (II 69) führt er etwas aus der persischen Königsgeschichte an,
das er in einem persischen Buche, was ins Arabische übertragen sei,
gelesen habe 5).
Um von dem ungefähren Inhalt der einzelnen Kapitel einen Be-
griff zu geben, sollen diese näher beschrieben werden.
I. Kapitel. Farag- im Kur*än. Tan. I 7 — 25.
Beginn S. 7 mit der vollständigen Sure 94 [Alam nasrah). Dann
') II 10 erzählt er dem Abul-Farag al-Isbahänl eine Geschichte. 324 als Todes-
jahr auch bezeugt bei Ihn al-Atlr VIII 245.
^) Brock. II 156 Nr. 276.
3) Mehrfach im jarag erwähnt.
4) Nach Bs 115 b ständen die dort erwähnten Geschichten aiich in andern Büchern.
5) Es liegt nahe, zu glauben, daß diese Bücher arabische Übersetzungen bzw. Be-
arbeitungen des Hodäl-Nämeh waren. Siehe Mittwoch, Hamza 14.
4o8 Alfred Wiener,
eine ganze Reihe von Kur'änstellen, die auf das Thema Bezug haben,
fast immer mit erläuternden Bemerkungen.
S. 10. Etwas nach ^asan al-Basri, dem bekannten »Haupte der
Orthodoxie«^).
S. II ff. Über Unglück und Rettung bei den Propheten,
immer mit den betreffenden Kur'änstellen.
S. II. Adam und Nüh, 12. Ibrähim, 13. Lüt, Ja'küb und Jüsuf
und Ajjüb, 14. Jünus, 15. Müsä, 16. Su'aib-Jethro, 17. Dänijäl.
S. 18. Die bekannte Geschichte von dem aus Mekka fliehenden
Propheten, der Höhle und dem Spinngewebe.
S. 20. Jünus im Bauche des Fisches, dann die Stelle aus I. a. D.
mit dem Verse des Umajja b. abis-Salt.
S. 21 — 22. Eine sonderbare Erzählung eines jungen Bagdäder
Schreibers über die Wirkung des Lesens gewisser Suren unter gewissen
Zeremonien bei Unglücksfällen. Er hat das Rezept dazu in einem
Buche gelesen.
S. 22. Ähnliches, das Tan. bei Tabari (Nr. 5 S. 404) gelesen hat.
S. 22-23. Geschichte von einer Geisterstimme {hätij) -), die über
das Wasser setzenden Leuten verspricht, ihnen für lOOO Dinare einen
in der Not sicher helfenden Spruch mitzuteilen (Verse aus der 65.
Sure).
S. 25. Tan. 's eigene Erfolge mit Kur*änversen während einer
Unglückszeit.
2. Kapitel. Farn/ in den Traditionen. S. 26— 43. Zuerst: Aus-
sprüche über das Eintreten von Rettung nach Not, von Geduld im
Leide, von Gottvertraucn u. a., wie sie schon L a. D. 3) hat, über-
wiegend nach dem Propheten und Leuten wie 'Ali, Abu Huraira, Ibn
*Abbäs usw. Auch Erzählungen darüber.
S. 28. Geschichte von drei der Banü Isrä'il, die in einer Höhle
eingeschlossen sind, eine, wie Tan. bemerkt, bekannte Erzählung.
S. 30, 31. Die /am/-Gebete nach dem Propheten 4) in verschie-
denen Versionen.
S. 32, 33. Farag-GthttQ nach 'Ali.
S. 35, 36. Ein längerer Brief, den Abul-Farag *Abd al-Wähid
b. Nasr al-Mahzüml 5) an Tan. richtete, während ihn ein großes Unglück
vom Herrscher her traf.
I) Sonst noch I 1 1, 41 ; Bi 6 a zitiert. Möglicherweise stammen die Stellen aus seinem
verloren gegangenen Kur' ankommen tare, Brock. I 67.
i) Solche Geistererzählungen hat I. a. D. gesammelt, siehe Anhang Nr. 98.
3) Siehe S. 402 über den Einfluß I. a. D.'s auf Tan.
4) Bei I. a. D. gleichfalls, siehe S. 287.
5) Über ihn S. 406 Nr. 18.
Die Farag ba^d as-Sidda-lAxtxzXxix, 400
S. 42. Erzählung nach einem Sriten.
S. 43. Erzählung aus der Wazirzeit des Muhallabl ^),
3. Kapitel. Farag nach einem Omen und durch Rede oder Gebet.
s. 44—65-
S. 45. Poetischer Briefwechsel zwischei^ dem Vater des 'Abd-
allah b. Sulaimän b. Wahb, der im Gefängnis des M. b. *Abd al-
Malik az-Zijäd zur Regierungszeit Wätik's saß, und seinem Bruder;
der Brief fällt Wätik in die Hände und er kommt frei.
S. 46. Al-Iiasan al-Basri und Haggäg.
S. 49 — 52. Längere Erzählung von Mutawakkil, Ishäk b. Ibra-
him b. Mas'ab und den Gefangenen.
S. 59. Erzählung von Abul-Iiasan b. abi Tähir M. b. al-Hasan,
dem Sekretär, und seinem Vater, im Gefängnisse des M. b. al-Käsim
b. *Ubaidalläh b. Sulaimän b. Wahb, Wazir's unter Kähir billäh.
S. 62, 63 — 65. Erzählungen aus Mad. u. A. H.
S. 65. Erzählung von Ibn Lu'lu', der ein Heilungsgebet während
schwerer Krankheit vernimmt.
4. Kapitel. Farag beim Zorne des Herrschers. S. 66 — 88.
5. 66. Erzählung von Ma'mün, *Amr b. Mas*ada und Ahmad
b. abi Hälid.
67. S. Erzählung von Abu Ga*far al-Mansür's Pilgerfahrt nach
Madina; auch bei I. a. D. ^).
S. 68. Müsä al-Hädi's Zorn gegen einen Sekretär.
S. 72. Erzählung von Mu'tasim, der auf Al-Husain b. ad-Dahhäk
zürnte, und wie er wieder besänftigt wurde.
S. 72. Von dem Statthalter und den beiden Männern, von denen
der eine wegen Zandaka, der andere wegen Weintrinkens hingerichtet
werden sollte.
S. 73 fT. Geschichte aus dem Buche des Mahzümi3) mit umfang-
reichen Gedichten.
S. 82. Von einem Manne, der des Diebstahls überführt schien,
und dem Halifen 'Abd al-Malik b. Marwän, der ihm die Hand ab-
schlagen lassen wollte.
S. 8y. Vom Halifen Ma*mün, der zwanzig Monate nicht hatte
singen hören.
5- Kapitel. Farag bei Gefangenschaft. S. 88 — 147.
S. 89 — 91. Erzählung vom Dichter Buhturi und ibn al-Mu*tazz
mit Gedichten Buhturi's.
0 Siehe S. 34.
2) S. 288.
3) S. 406 Nr. 18.
^JO Alfred Wiener,
S. 91 — 93. Längere Geschichte von M. b. al-Fadl al-Gurgänl,
dem Wazire al-Mu*tasim's.
S. 93 — 98. Größere Geschichte aus Mahzümi von Härün ar-
Ra§id, dem reichen *Umaijäden und Manära, dem Freunde des Halifen.
S. 103^ — 107. Geschichte von Käsim b. *Ubaidalläh, dem Wazire
Mu*tadid's, der das Trinken und Spielen liebte.
S. HO. *Ubaidalläh b. Zijäd, der sich nach Husain's Tod in
Basra ein neues Haus erbauen ließ, die Malereien daran und der Be-
duine,
S. 127. Vom Manne im Gefängnisse und vom Raben, der den
Tod des Haggäg anzeigte.
S. 132. Al-Käsim *Ubaidallah, der Wazir, der Abu 'Abbäs Ahmad
b. M. b. Bistäm gefangen hielt.
S. 136. Geschichte, die Tan. als Zeitgenosse erlebt hat. Muham-
mad, der Bruder des Abu Taglib, war von diesem gefangen gesetzt
und wurde, als *Adud ad-Dawla Mawsil eroberte, von ihm befreit ^).
5. 138—147. Aus der Zeit *Abd al-Malik's. Handelt von den
Kämpfen mit Ostrom.
6. Kapitel. Farag- nach einem Traume. S. 147 — 188.
S. 152. Der Mann aus Huräsän und das deponierte Geld; danach
dieselben Erzählungen in anderen Überlieferungen.
S. 158. Al-Mahdi und der Oberste der Leibgarde.
S. 158—162. Mu'tamid und der gefangene MansQr al-Gammäl.
Nach einer anderen Überlieferung (S. 162) hieß er Näsr.
S. 165—67. Ahmad b. Isrä'Il und Sulaimän b. Wahb im Ge-
fängnis des M. b. *Abd al-Malik.
S. 180—82. Geschichte aus den Kämpfen in Ägypten mit Ahmad
b. Tülün.
7. Kapitel. Farag- bei erstickender Enge. H 2 — 44.
S. 3. Alexander der Große und der Kaiser von China ^).
S. II — 13. Der Kaufmann von Karh und der Kaufmann aus
Huräsän.
S. 19—21. Geschichte von al-Asma*i während seiner Lehrzeit in
Basra und dem Krämer.
S. 25. Geschichte aus dem Persischen. Vom König, der auf den
Kammerherrn erzürnt war.
S. 26—38. Geschichten aus A. li.'s farag i).
') Müller, Islam 1 569.
») Abul-Farag al-Isbahäni erzählt es aus den atbär al-awä'il.
3) Mit einer Unterbrechung auf S. 27.
Die Farag ba'-d as-Sidda-\Ä\.&xiXViX. aw
S. 38. Geschichte von *Amr b. Mas*ada, der bei großer Hitze
von Wäsit nach Bagdad reiste.
8. Kapitel. Farag kurz vorm Tode. S. 44 — 72.
S. 44 — 46. Geschichten von Ma*mün und Ibrähim b. al-Mahdi.
S. 49 — 52. Geschichten aus Nisibin.
S. 55. Geschichte von einem Manne der Banü *AkTl, der seine
Base heiraten wollte.
S. 62. Rasid und Sälih, der Herr von Mawsil.
S. 67. Geschichte von Abarwiz.
S. 69. Etwas aus der persischen Königsgeschichte.
9. Kapitel. Farag vor Tieren. S. ']}^ — 93.
S. ^'^. Erzählung nach Ibrähim al-Hawäs, vom Schiffbruche und
dem Elefanten.
S. 78. Sonderbare Geschichte von einem Affen.
S. 83. Geschichte aus der Zeit Näsir ad-Dawla's.
S. 85. Geschichte von Ibn at-Timsäh (= Krokodil), dem Ägypter.
S. 87. Geschichte von einem Elefantenjäger aus Indien.
S. 92. Geschichte vom Esel und Löwen.
10. Kapitel. Farag bei schwerer Krankheit. S. 94 — 104,
S. 95 ff. Ärztegeschichten und Wunderheilungen.
S. 96 (oben). Geschichte von Abu Bakrar-Räzl i), dem bekannten
Arzte.
S. 98. Geschichte von einem ägyptischen Arzte.
S. 103. Geschichte nach Abu Bakr b. Kärib ar-Räzi, dem Schüler
des M. b. Zakarijä' ar-Räzl, nachdem dieser von Huräsän zurück-
gekehrt war.
S. 104. Di'bil b. *Ali al-Huzä'i, der Dichter =j und die Geschichte,
die sich mit einer seiner Kasiden ereignete.
11. Kapitel. Farag bei Diebstahl und Raub. S. 104 — 118.
S. 108. Geschichte vom Räuber Ibn ^amdün, der zwischen
Bagdad und Wäsit hauste.
S. HO. Geschichte von einem Mehlhändler aus Basra.
S. 117. Geschichte von den 70 Mann auf der Pilgerfahrt.
12. Kapitel. Farag bei Flucht aus Furcht. S. I18 — 148.
S. 118. Rasid und der Dichter Jahjä b. Tälib al-Hanafi al-
Jamämi.
S. 122. *Abd al-Malik und ^Abdallah b. Kais ar-Rukaijät 3), der
Dichter.
i) Brock. I 233.
^) Starb 246. Ihn Qolaiba ed. de Goeje 549. Ibn al-AlTr VII 6o.w Brock. I 78.
3) Brock. I 47.
412
Alfred Wiener,
S. 126. Al-Fadl b. ar-Rabi'a und Ma'mün.
S. 129, Geschichte von einem König in Indien.
S. 138. Geschichte von Marita b, Badr und dem Halifen 'Ali
auf der Kanzel.
S. 142. An-Näziri, der von yalab nach Ägypten geflohen war,
und Saif ad-Dawla.
S. 147. Ishäk b. Ibrahim at-Tähiri und Abu Gälib, der in seinem
Diwan als Sekretär arbeitete.
13. Kapitel. Farag bei Liebesunglück. S. 148 — 190.
S. 151. Längere Erzählung vom reichen Jünglinge aus Bagdad,
der eine Sängerin leidenschaftlich liebte.
S. 157. Längere Erzählung von einem Liebesabenteuer des Ga*far
b. Jahjä al-Barmaki und des Hammäd b. Ishäk b. Ibrahim al-Mawsill
am Tage des Einzugs RaSids in Basra.
S. 163. Geschichte von Abu Bakr b. Abi Hamid aus Bagdad
und der Sklavin, die *Abd ar-Rahmän as-Sairafi kaufte.
S. 168. Längere Geschichte vom Stoffhändler, der sich vierzig-
mal die Hände wusch, und warum er dies tat.
S. 172. Geschichte von 'Isä b. Müsä al-Hä§imi, der seine Frau,
die er sehr liebt, verstößt, und wie die Scheidung durch die Findigkeit
eines hanafitischen Gelehrten wieder aufgehoben wird,
S. 177 — 81. Geschichte aus dem küäb al-agäni in verkürzter
Form von Kais b. Darlh, worin *All und dessen Söhne eine Rolle
spielen ^).
S. 183 — 87. Längere Geschichte mit vielen Versen von einer
Gesellschaft bei *Umar b. abi Rabi*a ^ in Mekka.
14. Kapitel. Farag in der Poesie. S. 190 — 219.
Von den hier aufgeführten Dichtern mit ihren Versen seien die
folgenden erwähnt:
S. 190. Der Halif WM.
S. 191. GarIrS).
S. 193. Miskln ad-Därimi 4).
S. 193. Az-Zubair.
S. 194, 195, 209. Abul-'Atähija 5).
1) Husain w-ird (S. 178) als »Sohn des Gottesgesandten« angeredet. Über K:ais:
Al-agäni Index S. 560. Ibn Qotaiba ed. de Goeje 399.
*) Brock. I 45.
3) Brock. I 56.
4) Al-agänl XVIII 68—72 und sonst noch siehe Index I 33, III 625. Eine Anekdote
von ihm in der Tan. -Biographie bei Ibn Hallikän Nr. 567. Auch bei Ibn Qotaiba. ed.
DE Goeje 347.
5) 130 — 213 H. ^/-agäni Index 469. Ibn Qo/aiia ed. de Goeje 497. Brock. I 77.
s.
196.
s.
197;
s.
203.
s.
209.
s.
210.
Die Farag ba'-d ßs-6Va^ü?ö-Literatur. 4J -j
Jahja b. Hälid b. Barmak.
Abu Tammäm at-Tä'i i),
'Ali b. Mukla, der Wazir.
Abul-Farag al-Babbagä' 2).
Inschrift auf einem Grabsteine.
Tanühi selbst wie auch Abul-Husain sind mit verschiedenen Bei-
trägen vertreten.
Wer den im Auszuge mitgeteilten Inhalt von Tanühi' s /ara^-VVerk
überlesen hat, dem wird die bunte Mannigfaltigkeit darin aufgefallen
sein. Neben Aussprüchen des Propheten und der Genossen stehen
Geschichten von Wunderheilungen und Wunderbefreiungen, neben
Härün ar-Ra§id tritt Alexander der Große auf, Garlr und Abu Tam-
mäm bringen ihre Verse vor, zu komischen Tiergeschichten gesellen
sich solche geschichtlichen Inhalts. Was Wunder, wenn dieses Werk
mit dem Trost verkündenden Titel so weit über lange Zeit hin ver-
breitet 3), so allgemein beliebt wurde. In die persische, türkische,
jüdische Literatur ist es unter verschiedenartigen, charakteristischen
Veränderungen von Form und Inhalt übergegangen. Allerdings fand
Tanühi's Buch in den Kreisen der Schulwissenschaftler keinen Platz,
was nicht weiter erstaunlich ist. Es hatte zu sehr das theologische
Gewand abgestreift, hatte Ibn abid-Dunjä's frommes Erbauungsbuch
weit hinter sich gelassen und mußte seinem ganzen Inhalte nach mehr
leichter Unterhaltung als religiöserErbauung
dienen. So wird denn 2Mz\i%c\\\\Q^\\Qki al-jaragha^d as-Hdda zum all-
gemeinen Titel von Erzählungssammlungen im Persischen und
Türkischen.
Im Werke Tanühi's hat die /ara^-Literatur ihren Höhepunkt er-
reicht und, was nach ihm geschrieben wird, lehnt sich mit verschwin-
denden Ausnahmen daran an.
A n h a n g 4).
Verzeichnis der Schriften Ibn abid-Dunjä's (f 281).
Die mit einem * bezeichneten Werke sind noch erhalten.
1. (ji^-'i }.*:!>-\ v^;o'' Fihrist I 185.
2, üLJI^ ijo^L=>^! LjLxi' Fihrist I 185. Als studiert erwähnt: Berlin
10 213, 20 b und 47 b. Berlin 208, 15 a.
1) Brock. I 20, siehe hier S. 405 Nr. 6.
2) Siehe S. 406 Nr. 18.
3) Abul-Mahäsin sagt in seinen Annalen (I 452), die Thronbesteigung Müsä al-
Hädi's sei wert, im küäb al-farag ba'd as-sidda hinzugefügt zu werden. Er lebte um 850 H
in Kairo, Tanühi starb 384 H in Bagdad.
4) Siehe S. 281.
414
3-
Alfred Wiener,
^1^^^! v--^ y- y- ^' 36.
4. ol^^l v_j'L;>Lr SujOti. Muzhir II 163 19 nach Brock. I 154.
Teilweise vorhanden in Damaskus. Az-Zaijät 40,
Nr. 132, 2.
5. pLAI2o^it v-j'uXi' Als studiert erwähnt Berlin 10 213, 27 a und
208, 28 b.
X^\ ^^l;o5 U^ H. H. V 43-
rrJJ^it r-^o! iwJw:^' Als studiert erwähnt Berlin 10 213, 27b und
Berlin 208, 28 b.
olyo^t v^l;;^ Fihrist I 185.
jC^JI ,.^c ^L o^juJj ^^i ^L^ Fihrist I 185. Als stu-
diert erwähnt Berlin 10 213, 47 b und Berlin
208, 28 b.
oV^^ vL>^ y- y- ^^ 56.
^s-'us'^! v-jücT Als studiert erwähnt Berlin 10 213, 36 b und
208, 25 b (^^Lnj^!).
Oj^J! jcxJ ^Kj ^^ oLj^I l-JwJü' Isblli I 283, siehe Nachträge.
6.
7-
8.
9-
10.
II.
12.
13-
14.
15-
16.
17-
18.
19.
jj-^'
J!.
Lxii ^.-ss y. H. V 59.
,i?oi:di v-j'kJCi" Erwähnt Berlin 208, 34 a.
Ol
L
H. H. II 250.
20.
21.
22.
23-
Uäü ^JÜI -Ad. iU-blj ^j.fj v^'w;j" Fihrist I 185.
.Ljcc^I^ jCftjJ! L-iLxi' Als studiert erwähnt Berlin 10213, 48a und
Berlin 208, 33 a.
(jr«.äÄi? <J^ Fihrist I 185. Als studiert erwähnt I§bili I 283,
Berlin 10 213, 47 b und Berlin 108, 34 a.
iA:^^j.:;J^ lj'lX/ Als studiert erwähnt I§bill I' 282, hier ..>uxJ!,
und Berlin 10 213, 25 a. Diese Abweichung bei
Isbill, wie die hier angeführten übrigen (bei Nr. ^6,
jy), wo o statt . steht und umgekehrt, sind
wohl bloße Schreib- oder Druckfehler.
«^l_j.xJI v-j'JCi' Fihrist I 185.
4^^ ^l^il V'^ W- y- ^' ^5- Zitiert nach. Brock. I 154 bei
Sujütl. Muzhir II 163 19. Als studiert er-
wähnt unter dem Titel: jt^^\ i^Uc^. Berlin
10 213, 47 b und 208, 33 a.
io^^xJI v.jIäS' Berlin 10 213, 46 a und 208, 34 a.
J^_^xi! vLxT H. H. V66. Isbili I 283. Berlin 10 213, 48 a und
Die Farag ba'd as-Sidda-L.xitXTii'ar. 415
208, 34 a und Berlin 10 218, 170 a. Al-Kauräni
45. In Berlin 10 218 der Anfang des Buches,
ebenfalls in al-KauränI.
24. uXxjyJI o.^ Fihrist I 195.
25. xftÄ^L ^Ä^ V'u^ Isbili I 283 und Berlin 10 213, 46 a.
26. ^JÜuJ ^^5 ^^.w^ H. H. III 68. Isbili I 282 ohne ^JÜu. Berlin
10 213, 26 a u. 46 b; 208, 48 a.
*2y. pj^ \^jS Vorhanden in Damaskus. *Um. 31. Nr. 89,
28. ^JL^ ujl^cS' Fihrist I 185. H. H. V 76. Das Berlin 10 213, 63 b
erwähnte xjj.x/a A^ ist wohl mit diesem identisch.
29. ^w^äj'Ji v-jLci" Isbili I 282, danach bestand es aus zwei Teilen.
Berlin 10 213, 47 a und 208, 52 a.
30. LcjJ! ^ixi" Berlin 10 213, 49 b; 208, 53 a; 10 218, 171a.
mit Buchanfang. Dieser auch al-Kauräni 47,
31. _j'Jol v-jL;:/ y. H. V 85. Isbili I 282. Berlin 10 213, 49 a
und 208, 54 a.
32. j_^^^ o^! S3 v.jUi' Fihrist I 185. — Isbili I 282 hat jedoch:
0^1 jS'c> v_;LXi' als Titel und gibt an, daß es
aus sieben Teilen bestand. Das ,j^\*i im Fih-
rist ist wohl zu streichen; siehe auch Nr. 74.
Allem Anscheine nach fällt Nr. 91 mit Nr. 32
zusammen.
33. 0^:^ pi H. H. III 335.
*34. LJJu5 ^3 oLx5' Fihrist I 185. Berlin 10 213, 47a und 208, 54 a.
Vorhanden in Damaskus. *Um. 29. Nr. 46.
Az-Zaijät 32. Nr. 46, i.
35- ^^:^\ r3 H. H. III 335. Isbili I 283.
36. :<^\ ^ö H. H. III 335.
37. ;jix^ui! jlö v_j'jc5' Fihrist I 185. Isbili I 283.
*38. ^jCmmJ! jli ^1x5' Fihrist I 185. Isbili I 282. Berlin 10213, 31b;
208, 54 b. In letzterem yC«JI -3 genannt.
Vorhanden in Damaskus. *Um. 30 Nr. 60.
*39. ^^'i ;Iö Fihrist 1 185. H. H. III 336. Isbili I 282 ohne
jm3. Berlin 10 213, 31b; 208, 54 b; 10 218,
169 b. Al-Kauräni 44. Noch erhalten, siehe
Brock. I 153 Nr. 3. Damaskus. Az-Zaijät 33.
Nr. 59, 2.
4i6
Alfred Wiener,
40. ^^J! Uj^ Berlin 10 213, 47 b.
41. loLiJi VJ^ Fi/im^ I 185.
^2. tüCJi^j NiJ! V'>-^ Berlin 10 213, 47 b. Isblli I 282 hat nur oi;:^
s-ikJil Vorhanden in Damaskus. Az-Zaijät 40,
Nr. 132,3.
43. JJu^ ^j ^.A J.P3 ol^ FzAm^ I 185. Mälik t 127 H.
44. ^'l<uJ\ oUi' H. H. V 94. Isbili I 282 hier: o.^^i o'JC^
•; wJU J^cJi^ Allem Anscheine nach ist Nr. 44
mit 87 identisch. Siehe auch: Nachträge. Ver-
gleiche: .i>^>oti!. Ou.i=^-vJl iLäo v-Jw:ü" des Ibn Du-
raid (f 321) ed. W. Wright. [Opuscula Arahica)
Leyden 1859, das identisch ist mit Berlin 7050:
uXj.J ^^ l2^\ ^\jS
45- ^5^^^! ■»;0^ V^ Ff/im/ I 185.
46. \^jh »..^pJ; v^-^ Fihrist I 185.
*47. yC^t ^.xy H.H. V 105. Isblli I 283. Berlin 10 213, 48 b;
171, 56 b; 208, 62 b; 10 218, 171a mit Anfang
des Buches, Dieser auch bei al-Kauräni, S. 48. Das
ganze Buch noch erhalten, siehe Brock. I 154
Nr. 8. Dazu O. Rescher, Mitteilungen aus Stam-
buler Bibliotheken H. ZDMG 64, 511.
48. ^-c^juüS^ v-t-i^' ^^ y- y- ^^ ^°^- ^'^^^ ^'■- ^^•
49. ^.ju^Jüt obL ^-*.;^l vl;^^ Fihrist I 185. Berlin 208, 65 a v-^^
Jl genannt.
50. Jzail xi^AO v-;'Jü Fl/im/ I 185. Berlin 10 213, 27 b nur ^j^
x2l\x=JI J.>a25 genannt.,
51. i;IU Kä^ v'u^ Berlin 10 213, 65 a; 208, 64 b.
52. JslwcJi ilftvo <J^ Fihrist I 185.
53. .LÜi ÄÄA3 v^jLo' Berlin 10 213, 65 a; 208, 64 b.
54. Ql~yJ5 Ä-äAS L-JuCi' Fihrist I 185.
55. vi>«.*AJl v^ y- y- m 68. Berlin 10213, 48a; 171, 55a; 208,
65a. Vorhanden in Damaskus. *Um. 29, Nr. 31.
56. ^A^yj; ^^ Fihrist I 185. Nach August Müller's Anmer-
kungen dazu wäre das Wort als plur. zu q_*ä'uId
pestilentia aufzufassen (siehe Fihr. H 76 Anm. 5).
Wir hören ja von solchen Pestepidemien, z. B. die
von 'Amwäs im Jahre 28 H. Vergleiche auch das
Kapitel: ^.,_j.cLU{ ^ ^^ in al-Hkd al-farld.
Druck Büläk 1293. I 381.
Die Farag ha'-d as-Sidäa-hiteTaXnT. 417
57 QjJ^^i V^^ Berlin lO 213, 25 a; '208, 68 a.
58. .aaJL iil^Jt (^jcy H. H. V 116. Berlin 10 213, 26 a und 208,
69 a. Beide jedoch nur: i^lixJ! Ojci .
59. jLsJ^U iJ^i*it ^Ui' Berlin 10 213, 47 a. Auch 208, 69 b, hier
jedoch: o-räJI^, xJjäJ^ OtÄi .
'60. x4.12äj1 o'ay Brock. I 154, Nr. 5. Erhalten.
61. ^.w^Jl L-JJ::' Berlin 208, 69 a.
62. yxJI '^i:^ F ihr ist I 185.
^63. JJixil L-JuÄi' Berlin 208, 69 a. Vorhanden in Damaskus.
Az-Zaijät 29, Nr. 15. Hier noch Titelzusatz: iOLi^s^.
64. . xiL:>;*j! tbläc ( ,LJ>i) Nach dem Anfange der Ahhär Sihawaihi
. al-Misri des Ihn Züläk (f 387) Kairo V, 6. Siehe
J.HoROvnz, Spuren griechischer Mimen im Orient.
Berlin 1905. S. 52. Anm. 3. Ihn Züläk siehe
Brock. I 149; Richard Gottheil, AI-Hasan
b. Ibrähzm b. Züläk, JAOS 28, 254; und Rhu-
voN GuEST in: The Governors and Judges of
Egypt by El Kindl. S. 45.
65. oLjj.Äxi! ujLx5' Isbili I 282 und Berlin 10 213, 47 a.
66. .SIW w>.x^U ^l\ olJcT Berlin 10 213, 48 a. Siehe 48.
67. lXjUxÜ ^L;:^' Isbili I 283.
'68. ä'ix^j! Joij „ ^Jl ^^;S H. H. IV 410 u. V 129. An letzterer Stelle
nur jiJ! \J^ genannt. Isbili I 282. Berlin
10213,46 b; 171, 54 b; 208, 70 b; IG 218, 169 a.
Al-Kauräni 43. As-Saukäm 75. In allen v^L;c5"
öJLciJl l\*j ^ -äJl genannt. Erhalten. Brock.
I 153, I. Dazu indische Handschrift und Damas-
kus. Az-Zaijät 30, Nr. 20, 2.
69. ^-jL^a^^ ^ J^s Fihrist I 185. H. H. IV 453 nur ^.^L^iX; J-^as.
Berlin IG 213, 29 a; 2g8, 72 a. Im letzteren nur:
70. ^JLwj ^JLc i.JLJl ^^JLo ^xJl ^JLc ^^l>^Jl J./üas Berlin 2g8, 72 a.
71- x:^^ l5^ ^.>^c J->^5 Berlin 10 213, 29 b; 208, 72 b. Noch er-
halten, siehe Brock. I 154 Nr. 4. Titel dort:
]i jadäHl '■asr DiH-higga.
72. ^.<ijl Jois U^-jS Fihrist I 185.
73. |,^iAM.il xJLc ^x;.il ^Äs ^cjS Fihrist I 185.
74 a. ^j.>iül ^Lx^! Fz/^m^ I 185. H. H. I 188.
4i8
Alfred Wiener,
*
b. ,^äJ! ^jS y. H. V 133. Isbili I 282, danach bestand die
Schrift aus vier Teilen. Diese beiden Schriften
sind wohl identisch; siehe auch Nr. 32.
75. »p5JiJ! Uj^ F ihr ist I 185.
']6. v^Xycsil (j:Jj o'uü" Isbill I 283. Doch hier j^OJJ Statt ^3j5. (Siehe
Nr. 19.) Berlin 10 213, 28 a. Noch erhalten,
siehe Brock. I 154 Nr. 9. Bei Ibn abid-Dunjä's:
wa^«nmaZ-fl///«^'(Berlin5388)bemerkt Ahlwardt:
»Die Einteilung des Werkes (d. i. makärim . .) ist
abhängig von dem Ausspruche der *Äi§a : daß der
edlen Eigenschaften zehn seien, nämlich...« usw.
Dann heißt es: »Unter den obigen (zehn) Kapiteln
fehlt das v_iu>si2JI , c Js«. Soweit Ahlwardt. Der
Grund scheint der gewesen sein, daß ^^JlajcoI^ ^^^i
als besondere Schrift erschienen ist.
*77- Jws^i j^ V'^ I^bill I 282 u. 283 hier: JLc^l Ju^ ^'^
(siehe Nr. 19); Berlin 10 213, 47 a; 171, 56 a;
10 218, 169 b mit Buchanfang. Dieser auch bei
al-Kauräni 44. A§-§aukäni 83. Vorhanden in
Damaskus. *Um. 29, Nr. 50. Az-Zaijät 33,
Nr. 50, I.
*78. ^-ii^i^ ^^ä y. H. IV 561. Berlin 10 213, 28 a; 171. 56 a;
208, 78 a. Berlin 10 213: ^j^ ^'^ genannt.
Noch erhalten, nämlich Berlin 5389.
79- NfiUäJ^ ^jS y. H. V 137. Berlin 10 213, 45 b; 171, 55 b; 208,
77 a. Bei Al-Kauräni 48 (mit Anfang) beim
Titel noch: Udix-^\y Bei I§blli I 283 der Titel:
80. ^^^vwLmUJI v'w^ Berlin 10 213, 62 a; 208, 93 a.
81. ä^j^:5 ^L^ UjS y. H. V146. I§blli I 282. Berlin 10213, 47b
u. 48b; 208, 93 a; Gotha 178, 47 a.
82. ^j^süJi 'xj-wL^ y. H. V 143 jedoch ^j^Jü^\ 'iJ^l^. Die
Handschriften dagegen den angegebenen Titel,
nämlich Berlin 10 213, 46 a; 208, 93 a; 10 218,
170 b mit Buchanfang. Der Anfang auch bei
al-Kauräni 45. Ebenso I§bilT I 282; das auf der
gleichen Seite erwähnte iLu^L^wil v-j'J^ ist wohl
mit Nr. 82 identisch.
83. .,>:2;c.^^t o'jii' Berlin 10 213, 26 a; 208, 93 a.
Die Farag ba'd as-Sidda-\A\.txzX\i.x. 41 0
84. i^-wJ! syjwJl V^^^ \^\^\\\ I 283. Berlin 10 213, 40a ohne ^^S^
85. oI,wäxJU vic^\ v^.;o H. H. V 150 hat noch den Zusatz: Ä
ö^JÜl Berhn 10 213, 26 b; 208, 92 a. Ein
Zitat daraus in Berlin 8822, 326; ein weiteres
Berlin 8861, 38 a. Hier: ol^-äiCl^ ijc>\jC:i\ ^^i'
betitelt.
86. ^.;^^:\ A^l>ox H. H. V 576.
87. -^o^Ji^ /•j-^^'^ Js^jiW jij^\ ^^ Berlin 10 213, 25 b; 208, 96 b.
*88. vir>^i r,'j^ Fihrist I 185. H H. VI 98. Noch erhalten.
siehe Brock. I 154. Nr. 2. Siehe auch Nr. 76.
89. ^.,.Ia>.;;xi! Aj.w<^ Fihrist I 185. H. H. VI 98. Berlin 10 213, 48 a;
208, 94 b. Die Identität mit Nr. 86 ist wohl
sicher.
*90. ^j^i\ Axj Jiwf. j^xi H. H. \'I 120 dagegen: X.xjj'bl o,./) »A*j (ji^c ^^^^
Den angegebenen Titel haben jedoch BerÜn
10 213, 26 a; 208, 93 a, und auch die erhaltene
Handschrift, siehe Brock. I 154, Nr. 6.
91. o^-^:! o.;:.i H. H. V 161. Siehe Nr. 32.
92. o.^L>U.ii V-^ y- y- ^^ ^59- Berlin 10 213, 62 b; 208, 97 a.
93- wäi^il L-Jjcf Fihrist I 185.
94. iwäJiii JäcLx U^ Isbill I 284.
95. ,oi_j.AJi ^wXi Fihrist I 185.
96. LjIj^Ü Vw^-^ Berlin 10 213, 30 a; 208, lOl a.
97. A4.XJU ^.,i=l3 (Z.^-' V-^'5 Fihrist I 185. Berlin 10 213, 47 a;
208, loi a. In beiden ohne: juJJi.«
*98. .Jü'L^Jl H.'H \I 505 hat ^11 ^jIj.P; den angegebenen Titel
dagegen: Isbili I 282; Berlin 10 213, 33 b; 208,
loi a; und (nach Brock. I 154) Damirl I 247 30.
Noch, erhalten in Kairo. Khedivial-Bibliothek
I448.
99. J^^J! ^Jü' H. H. V 168. Berlin 208, 10 16.
100. ■^V=>-j.^\ Vu^i' Isblli I 283. Berlin 10 213, 46 b.
lOi. p^_jj! ^L;cr Isblli I 282.
102. ^^^^\ ^j^S' H. H. V 173 u. VI 511- iSblli I 282. Berlin
10 213, 46 b; 171, 54 b; 208, 102 b; 10 218,
170 b mit Buchanfang; dieser auch bei al-Kau-
räni 46; as-Saukäni I17; ferner in Leipzig 726,
19 a. Vorhanden in Damaskus. Az-Zaijät 33,
Nr. 50, 3.
Islam. IV. 29
*
2Q Alfred Wiener, Die Farag ba'd a^-Sidda-LherdituT.
Was bei Ibn abid-Dunjä noch Einzelschrift ist, kehrt dann später
als Kapitel in größeren Werken wieder; vergleiche z. B. die Inhalts-
angabe des großen Erbauungswerkes tanblh al-gäßln von Abul-Lait
as-'samarkandi (t 393), Berlin 8735, bei Ahlwardt.
Nachträge.
Berlin 1674. Ahlwardt: »Der Verfasser Ibn Bu§kuwäl (Brock.
I 340) gibt in diesem Werke . . . Auskunft über die in den beglaubigten
Traditionen vorkommenden und nur allgemein angedeuteten, nicht
ausdrücklich bezeichneten Personen.« 114 a: ^üxj' ^ v-^'l^^ ^^ U^.J'Ö
i^jJ! ^i ^j ^.>o ^^i 0^1 c\*^ Ob identisch mit Nr. 90? 114b:
^^^^^^ J^lji V^ j'^^/3 Vergleiche Nr. 44 und 87. Beide
scheinen hiernach identisch zu sein.
Zu Nr. 64. Nach freundlicher Mitteilung von Herrn Dr. Loosen
ist das Buch auch in der Einleitung des Naisäbüri (Brock. I 156),
Berlin 8328, erwähnt; siehe dazu P. Loosen, Die weisen Narren des
Naisähüri. ZA 191 2. 27. Bd. S. 191.
Während der Korrektur teilt mir Herr Amedroz freundlichst
mit, daß im 6. Bande von Jäküt's Irsäd, der demnächst erscheinen
wird, sich eine umfangreiche Biographie Muhassin at-Tanühl's be-
findet. Die Ergebnisse daraus — für diesen Teil des Jäküt konnte
nur die in Berlin befindliche, kümmerliche Abkürzung benutzt werden
— sollen mit gütigst gegebenem Einverständnis des Herrn Prof Becker
ev. in einem Nachtrage erscheinen, worin auch etwaige Berichtigungen
und Ergänzungen, um die ich höflichst bitte, ihren Platz finden
werden.
Samarra und die Ornamentik der Moschee des
Ibn Tülün.
Von
Samuel Flury.
Mit acht Abbildungen im Text und einer Tafel.
*
Mit den Ausgrabungen von Samarra hat eine neue Ära für die
Erforschung der alten Kunst des Islam begonnen. Der erste vorläufige
Bericht von E. Herzfeld gibt ein überraschendes Bild von der Ori-
ginalität und Vielseitigkeit des künstlerischen Schaffens unter den
Abbasiden des 9. Jahrhunderts. Und was die Hauptsache ist: wir
erhalten jetzt eine breite, sichere Basis, von der aus die zeitliche Ent-
wicklung und das Verbreitungsgebiet der mesopotamischen Kunst
verfolgt werden kann.
Daß die Kunst der Abbasidenresidenz nach dem Westen aus-
strahlte, ist seit Jahren bekannt. Die Abhängigkeit der Moschee des
Ibn Tülün in Kairo von Samarra hat wiederholt den Gegenstand leb-
hafter Kontroverse gebildet. Jetzt erst ist es möglich, den Grad dieser
Abhängigkeit genauer zu bestimmen.
Da Architektur und Ornamentik in der älteren Kunst des Islam
nicht immer Hand in Hand gehen, sondern häufig am gleichen Monu-
ment eine verschiedenartige Stufe der Entwicklung aufweisen, empfiehlt
es sich, sie gesondert zu betrachten ^). Die architektonischen Vergleichs-
punkte zwischen der Moschee des Ibn Tülün und den Bauten von
Samarra hat E. Herzfeld eingehend besprochen 2). Es ist zweifellos
eine Reihe prinzipieller Verschiedenheiten vorhanden, welche gegen
die wörtliche Auffassung der von Herzfeld zitierten M a q r I z i -
Stelle sprechen 3). Ein unterscheidendes Merkmal sei hier noch be-
sonders hervorgehoben: die Fenster der Moschee des Ibn Tülün haben
keine gezackten, sondern einfache Spitzbogen. Diese Vorliebe für
I) Vgl. die Häkim-Moschee und die spätfatimidischen Qubben in Kairo.
-) Vgl. Archäologische Reise im Euphrat- und Tigrisgebiet von F. Sarre und E. Herz-
feld, I, S. 70, 90 ff. und Erster vorläufiger Bericht von E. Herzfeld, S. 6 ff.
3) a. a. 0. S. 102.
29*
/).22 Samuel Flur y,
einfachere Bogenformen scheint eine Eigenart der älteren Kunst des
Islam in Ägypten zu sein. In den beiden ältesten Fatimidenbauten
sucht man auch vergebens nach gezackten Bogen, während sie im
Maghrib und in Spanien sowohl in der Architektur als auch in der
Ornamentik sehr häufig vorkommen ^).
Die ornamentale Ausbeute der Ausgrabungen von Samarra ist so
bedeutend, daß ihr mehr als die Hälfte der Tafeln des Vorberichtes
gewidmet ist. Sie fordert daher in erster Linie einen Vergleich mit
der Moschee des Ibn Tülün. Eine gründliche Untersuchung kann
allerdings noch nicht vorgenommen werden, da die vom Comite de con-
servation des monuments de l'art arabe seit Jahren in Aussicht ge-
stellte Monographie der Moschee des Ibn Tülün noch fehlt, und die
Samarra-Matcrialien noch nicht vollständig sind ^). Trotzdem kann
man schon jetzt die wichtigsten Verbindungslinien zwischen Samarra
und Kairo feststellen.
In der Dekoration der Privathäuser finden wir den prägnantesten
Ausdruck des Samarra -Stiles (S. I4ff.). Nach Herzfeld's vorläufiger
Untersuchung sollen sich mindestens drei grundverschiedene Stil-
gattungen unterscheiden lassen, deren getrenntes Nebeneinander nur
durch die Kunstübung verschiedener Provinzen erklärt werden könne.
Im ersten Stil scheine der koptische, im zweiten der irakenische und
im dritten der nordmesopotamische Charakter zu überwiegen. Die
Richtigkeit dieser Auffassung wird man erst später nachprüfen können.
Wichtig ist jedenfalls die Betonung des prinzipiellen Unterschiedes
zwischen Schrägschnitt und Tiefendunkel beim »ersten« und »zweiten
Stil«. Ein weiteres Unterscheidungsmerkmal grundsätzlicher Art
soll darin bestehen, daß beim zweiten Stil niemals eine Arabeske,
überhaupt keine Ranke vorkomme. Man sehe sich daraufhin die
Vierpaßfüllungen auf Tafel V des vorläufigen Berichtes an. Tangential j
entspringen am mittleren Kreis dünne Stiele, die sich oben spalten 1
und nach links und rechts eine wohlbekannte Schnörkelarabcske "
') Vgl. Die Ornamente der Häkim- und Azhar-Moschee von S. Fi.ury S. 34 Anm. 91 ;
ferner L. de Beylie, LaKalaa des Beni-HammaJ. PI. XVII und die entsprechenden Ton-
scherben des Musee des arts decoratifs in Paris. Ein altes Beispiel eines gezackten Bogens
zeigt das von Strzygowski beschriebene Flügelpalmettenbrett des arab. Museums in
Kairo (vgl. Mschatla im Jahrbuch der KiJnigL Preuß. Kunstsammlungen 1904, Abb. 94).
Die Bogenform spricht auch gegen den ägyptischen Ursprung dieser ^olzskulptur.
•) Die Publikation von H. Viollet: Un palais musulman du IX^ siede 191 1 bietet
einstweilen noch wertvolle Ergänzungen zum vorläufigen Bericht von E. Herzfeld, be-
sonders die Photographien von Tafel VII, IX, XIV, XV. XVI, XX. 1, XXI und XXII.
Msine ersten Aufnahmen von der Moschee des Ibn fülün stammen aus dem Jahre 1901 ;
vor 2 Jahren habe ich sie dann genauer untersucht.
Samaria und die Ornamentik der Moschee des Ibn Tulun. 423
entsenden. Daß es sich hier um arabeske Blattverbindungen (»Schnörkel-
palmetten«), handelt, unterliegt nicht dem geringsten Zweifel. Be-
achtenswert sind besonders die Blattpaare im Vierpaß links unten,
weil sie noch zwei deutliche Palmettenlappen aufweisen ^).
Die ausgesprochen malerische Behandlung der Fläche beim
»zweiten Stil« sollte in erster Linie hervorgehoben werden; mit der
Bemerkung: »der Rest des Grundes ist durch Modellierholz-Eindrücke
rautenartig genetzt«, wird Herzfeld diesem wichtigen Dekorations-
prinzip nicht gerecht. Man bedenke, was für eine Rolle die geometrische
Flächenmusterung in der Folgezeit spielt. Hier haben wir die Grund-
lage 2). Die modellierte Oberfläche der Schrägschnittdekoration sorgt
für eine Abstufung der Farbtöne, sofern die Dekorationsmotive nicht
zu breitflächig sind. Bei den Tiefendunkelkompositionen bilden der
schwarze Grund und die weiße, ebene Oberfläche so starke Kontraste,
daß der feiner empfindende Künstler zur Flächenmusterung greifen
muß, um eine gewisse Farbenharmonie herzustellen. Die spärliche
Verwendung von weißen Tönen bei den wenig gegliederten Schnörkel -
motiven von Tafel V und VI ist sehr auffallend.
Das Vorherrschen der Weinranke charakterisiert den »dritten
Stil«. Nach Tafel VI zu urteilen, ist Weinblatt und Traube allerdings
auch im »zweiten Stil« vertreten. Die Samarra-Weinblätter machen
einen einheitlichen Eindruck, bezeichnend sind die runden Blatt -
läppen und die auffallend großen, durch Bohrlöcher gebildeten Blatt -
Winkel. In der Detailbehandlung scheinen sie auch übereinzustimmen;
eine Ausnahme bietet vielleicht Tafel VIII unten.
Es wäre interessant zu wissen, ob in Samarra tatsächlich nur die
durch Rillen hergestellten Blattrippen vorkommen; die ungefähr
gleichzeitigen außermesopotamischen Parallelen zeigen statt der tief
0 Vgl. damit die Schnörkelarabesken von Sälihln bei Aleppo, Islam I, Abb. 17 b c,
und ihre Erklärung S. 52 f. Meine Ablehnung ihres ägyptisch-fatimidischen Ursprungs
wird durch Tafel V gerechtfertigt. Es ist wenig zutreffend, wenn diese Schnörkelarabesken
mit den irischen Trompetenformen verglichen werden (/5mm I, S. 49). Man durchblättere
z. B. Les manuscripis avglo-saxons et irlandais du VII^ au X« siede von J. 0. Westwood;
nirgends finden sich arabeske Verbindungen, häufig dagegen zwei oder drei in einen Kreis
komponierte Schnörkelmotive, wie sie in Samarra auch vorkommen, vgl. Tafel V unten
rechts die beiden Kreise zwischen den Vierecken. Ob tatsächlich ein Zusammenhang
besteht, kann ich allerdings nicht feststellen (vgl. die STRZYGOWSKische Hypothese Mschatia
S. 343). Eine alte chinesische Parallele habe ich im Musee Guimet in Paris gefunden. Daß
zwischen China und Mesopotamien in der Abbasidenzeit Zusammenhänge bestanden, ist
seit Jahren bekannt.
2) Vgl, die Ornamente der Azharmoschee a. a. 0. S. 40 f. Die früher ausgesprochene
Vermutung, daß Mesopotamien die Heimat der geometrischen Blattmusterung sei, be-
stätigt sich.
424 Samuel F 1 u r y ,
geschnittenen Rillen häufig eine plastische Mittelrippe, so der Mimbar
von Sidi-Okba in Kairuan, ein Stuckfries des Deir-es-Surjäni und der
Hauptfries der Moschee des Ihn Tülün ^). Daß die verschiedenartigsten
Weinblätter nebeneinander in Mesopotamien vorkamen, beweist der
aus Bagdad stammende Mimbar von Kairuan. Seine Weinblätter
haben aufgelegte Beeren, einzelne Knollen und plastische Rippen,
daneben die typische Flächenmusterung mittelst konzentrischer Ringe.
Man darf daher auch in Samarra ein reicheres Bild erwarten.
Es ist klar, daß mit der Bearbeitung der Samarratunde eine
intensivere Untersuchung der ägyptischen Monumente Hand in Hand
gehen muß. Wenn man die kleine Literatur über die Moschee des
Ibn Tülün durchgeht, so fällt einem auf, daß erst in neuester Zeit die
stilistische Eigenart der Tülünidenornamentik beachtet worden ist.
Die ältesten Darstellungen der dekorativen Ausstattung der
Moschee gibt P. Coste -). Trotz der vielen Ungenauigkeiten im Detail
verdienen sie Beachtung. Tafel V gibt eine Ecklösung des Haupt-
frieses, eine große Bogenleibung, die nicht mehr erhalten ist und eine
noch vorhandene, aber unbeachtet gebliebene Holzsoffite. Palmette
und Weinblatt sind unrichtig wiedergegeben, und der Schrägschnitt-
charakter der Holzskulptur ist völlig verkannt. Auf Tafel H tragen
alle Bogenleibungcn den ursprünglichen Flächenschmuck. Der Zeichner
hat aber offenbar das Fehlende ergänzt; er verwendet überall dieselben
Dekorationsmotive, während sie tatsächlich verschieden waren. Viel
mehr Material bietet das Werk von Prisse d'Avennes 3) mit seinen
reichen Ornamentproben. Die stilistischen Mängel von Tafel XLIV
sind bekannt; zuverlässiger ist die von Girault de Prange y ge-
zeichnete Tafel HI 4). Sie ist für uns wichtig, weil sie den nicht mehr
vorhandenen Schmuck einer Bogenleibung wiedergibt (Tafel Hl. 7).
In der Grammar of Ornament von Owen Jones 5) ist die stoffliche
') Zum Problem der Weinranke vgl. Mschatta S. 327 ff.; das veröffentlichte Material
genügt nicht für eine eingehende Detailuntersuchung; das typische Samarra-Weinblatt
fehlt auf Abb. 109, obschon es im Deir-es-Surjänl vertreten ist. H. Saladin bereitet eine
neue Publikation über Sidi-Okba vor. in der das ornamentale Detail besser zur Geltung
kommen wird.
-) Architecture Arahe, Paris 1839 (gezeichnet 1818 — 1826).
3) L'ari arabe d' apres les moniimenls du Caire, 1877 (die ersten Tafeln bereits 1869
erschienen).-
■i) Daß der Verfasser des Essai sur V architecture des Arabes et des Mores (Paris 1S41)
sorgfältiger zeichnete als Prisse d'Avennes, zeigen die verschiedenen Friesproben. Die
klassische Analyse der Tülünidenornamentik von A. Riegl {Stilfragen 302 ff.) behält ihren
Wert trotz der stilistischen Ungenauigkeiten des zugrunde liegenden Materials; nach der
historischen Seite hin muß allerdings die ästhetische Untersuchung ergänzt werden.
5) Grammar of Ornament, London 1856.
Samarra und die Ornamentik der Moschee des Ibn Tulun. 425
Anordnung der Tülünidenornamente dieselbe wie bei Prisse d'Avennes,
doch besitzt sie wertvolles Sondergut (Tafel XXXII. 14).
J. Strzygowski hat zuerst die stilistische Verschiedenheit des
Hauptfrieses und der die Fenster und Entlastungsbogen umrahmenden
Ornamente erkannt und zugleich die Ornamentbretter in Schrägschnitt
mit der Tülünidenkunst in Verbindung gebracht ^). E. Herzfeld
beschäftigte sich zuletzt eingehender mit der Moschee in seiner »Genesis
der islamischen Kunst« [Islam I). Die Holzsoffite (Abb. i) und die
beiden Bogenleibungen von Abb. 2 (S. 39) bilden wertvolle Ergänzungen
zum spärlich veröffentlichten Material. Die Behauptung, die ganze
Ornamentik der Moschee könne einheitlich erklärt werden aus dem
Prinzip des Schrägschnittstiles (S. 37 f.) — sie hängt zusammen mit
der These der Bodenständigkeit (S. 47) -) — wird der Verschieden-
artigkeit des Dekors nicht gerecht; schon bei der genaueren Analyse
des Hauptfrieses versagt die einheitliche Erklärung.
Abb. I.
Wie verhalten sich nun die verschiedenen Stilgattungen in der
Moschee des Ibn TüIün zu den Samarrafunden .f*
Eine bedeutende Gruppe von Ornamenten kann einstweilen noch
nicht zum Vergleich herangezogen werden: es sind die verschiedenen
Entrelaksmuster der mit Gipsgittern überspannten Fensteröffnungen
in den Umfassungsmauern der Moschee 3). Sie gehören wahrscheinlich
in ihrer Mehrzahl nicht zum ursprünglichen Bau. Die Bestimmung
ihres Alters hängt in erster Linie ab von der Beurteilung der Schrift -
bänder, welche die durchbrochene Arbeit umziehen. Wenn das Schrift -
band nicht tülünidisch ist, kann das Gitterwerk unter keinen Um-
ständen dem ursprünglichen Bau zugesprochen werden, da der feste
Rahmen, auf dem die Schriftbänder angebracht sind, auf alle Fälle
W'Cniger zerbrechlich w^ar als die durchbrochene Arbeit. Die paläo-
graphische Untersuchung muß also der Analyse der verschiedenen
Entrelaksmuster vorangehen. Abb. i gibt eine Schriftprobe, die zweifeb
') Mschatta S. 346 f., Abb. 112 und 113; koptische Kunst S. 159.
^) Vgl. erster vorläufiger Bericht S. 17 oben und S. 21 unten.
3) Eine gute Abbildung gibt Fr.\nz Pascha, Kairo, S. 15. Eine Reihe vorzüglicher
Aufnahmen hat der Kairoer Photograph Giuntini gemacht.
426
Samuel F I u r y ,
los tOlünidisch ist. Die scheibenförmigen Füllmotive sind für die Gips-
schriftbänder besonders charakteristi'^ch i). Beachtenswert ist auch
die gerade Verbindung des Lam und Ha in Allah] Bogenverbindung
fehlt auch auf der Marmortafel, welche die Stiftungsurkunde der
Moschee enthält -). Abb. 2 zeigt schon entwickeltere Schrift, man
vergleiche die beiden Allah. Die Ornamente sprechen für fatimidischcn
Ursprung, ausschlaggebend sind die Dreiblätter 3). Die Schriftproben
von Abb. 3 und 4 sind nachfatimidisch. Das völlig schematische Kuh
auf Abb. 3 — man beachte die durchgehende horizontale Linie —
muß in der Mamlukenzeit entstanden sein. Die mehrfach rechtwinklig
gebrochenen und horizontal auslaufenden vertikalen Buchstabcn-
Abb. 2.
HJij^-.^riiiiT^
Abb. 3.
\^
> <
Abb. 4.
Schäfte sind typisch für die spätere maghribinischc und spanische
Kunst. Daß der Sultan Lägin eine Kopie der 200 Jahre älteren Qibla des
fatimidischcn Wesirs El-Afdal an einem Pfeiler der Moschee anbringen
ließ, habe ich früher schon erwähnt 4). Seiner Restauration dürften
daher auch die vielen archaisierenden unverzierten Fenster-Schrift -
bänder zuzuschreiben sein. Man erkennt sie am hohen Relief und
an der flüchtigen Ausführung. Die Skizzierung des Schriftbefundes
an den Fenstern war notwendig, um zu zeigen, daß man mit Vorsicht
') Sie finden sich noch häufig in der Azhar- und Hakimmoschee, vgl. a. a. 0. S. 19
und Abb. 6 und 8.
-) Vgl. Corpus inscr. arab. Tafel XIII und Franz Pascha, Kairo, S. 12 (verkehrt
wie in der entsprechenden Publikation der Villes celebres, Le Caire, G. Migeon).
3) Vgl. die Schriftornamente der Hakim- und Azhar-Moschee a. a. 0. Tafel V. i
und Abb. 6, rechts; das Fenster könnte also ums Jahr 1000 restauriert worden sein.
^) Vgl. a. a. O. S. 15 und Tafel XVI. i.
Samarra und die Ornamentik der Moschee des Ibn Tulun.
427
an die Untersuchung der verschiedenen Stilgattungen herantreten muß.
Es ist von^vornherein wahrscheinlich, daß nicht nur die Fenster, sondern
auch andere Teile der Moschee im Laufe der Zeit viel gelitten haben
und dann wieder in altertümlichem Stil ergänzt worden sind. Kein
einziges Gebäude in Kairo hat ein so wechselvolles Schicksal gehabt
wie die Moschee des Ibn Tülün.
Der »erste Samarrastil« findet sich in seiner reinsten und primi-
tivsten Form an den Holzsoffiten der verschiedenen Moscheetüren ^j.
Diejenigen der heutigen Eingangstür hat Herzfeld in seiner »Genesis«
analysiert (S. 37 f.). Auf Tafel I sind zwei weitere Beispiele reproduziert.
Das seltsame zentrale Motiv von Nr. i ist besonders
auffallend, etwas Ähnliches ist mir in der älteren
Kunst des Islam ' nicht bekannt. Die Palmetten,
Herzblätter und Schnörkelmotive sind völlig
schmucklos; auf den sonst bekannten Schrägschnitt-
brettern kommen gelegentlich kleine Kreise und
Kommaschlitze vor. Es ist wohl kein Zufall, daß
sich der primitive Schrägschnittstil in Kairo am läng-
sten in dem Material gehalten hat, in dem er zuerst
aufgetreten ist. Die frühfatimidischen Holzskulp-
turen sehen viel altertümlicher aus als die gleich-
zeitigen Gipsmonumente. Diese Differenzierung der
ornamentalen Entwicklung im verschiedenen Mate-
rial bahnt sich schon in der Moschee des Ibn Tülün
An den Bogenleibungen der Pfeiler und an
an
^,„o.c«t.««^"^'
den Friesen der Fenster und Entlastungsbogen
sind mehrere Schnörkelmotivc schon deutlich pal- Abb. 5.
mettisiert. Die Palmettenlappen werden noch hervor-
gehoben durch Schraffierung oder Punktierung des Grundes -). Da-
neben kommen auch nach Art des »zweiten Stiles« gemusterte Schnörkel
vor.
Einer anderen Stilgattung gehört der Hauptfries an; das zeigen
seine Einzelmotive und die Verschiedenheit seiner Technik. Da
J. Strzygowski und E. Herzfeld den Fries analysiert haben, kann
ich die allgemeinen Merkmale übergehen 3). Abb. 5 gibt zunächst
') Vgl. die einzige bisher veröffentlichte Samarra-Holzskulptur, Viollet a. a. 0.
Tafel XX. i.
-) Vgl. »Genesis« a. a. 0. Abb. 2 b oben; die Palmettenlappen sind in Wirklichkeit
nicht schraffiert.
3) Vgl. Mschalta S. 346 und »Genesis« S. 42 f. Die HerzfeldscIic Erklärung der
schmalen Streifen, welche den Fries gliedern, scheint mir zutreffender zu sein als diejenige
Strzygowskis.
428
Samuel F 1 u r y ,
ein auffallendes Detail, dessen Vorkommen schon bestritten worden
ist. Im allgemeinen stoßen die Friese an den Ecken unvermittelt
aneinander. Hier findet sich nun eine schöne Diagonalkomposition:
Dreiblatt, Herzblatt und Zweiblatt ineinander verwachsen und flankiert
von je einem arabesken Blattpaar, das aus dem Ende der intermittieren-
den Ranke hervorwächst. Wenn Ecklösungen in der Regel nicht vor-
kommen, so ist also die Ursache nicht in dem Nochnichtkönnen des
Arbeiters ^), sondern in der schnellen Arbeitsförderung zu suchen.
Die Hauptsache ist, daß die farbige Tonwirkung des Frieses dieselbe
bleibt mit oder ohne Ecklösungen. Die Diagonalkomposition ist auch
deshalb bemerkenswert, weil sie dem »ersten Stil« angehört, der im
Hauptfrics sehr selten vertreten ist. Ein charakteristisches Einzel-
5SkSi^^^3^
IBNTÜLÜN noSCHtfc' KRuPTFRlfeS •
Abb. 6,
motiv des Frieses ist die dünne Ranke, welche zu selten der Voll-
palmette aufwächst, sich kreisförmig einrollt und in zwei Blättern
endic^t. Das Blatt in der Einrollung ist hier ein deutliches Weinblatt,
in selteneren Fällen eine Halbpalmette. Dünnstielige Ranken, welche
Weinblätter umschließen, sind dem »ersten Stil« völlig fremd, der
»dritte Samarra-Stil« bietet die nächstliegende Parallele. Die technische
Behandlung des Hauptfrieses kommt auf Abb. 5 nicht recht zur
Geltung-); deutlicher spricht Abb. 6. Hier erkennt man sofort, daß
nicht die Schrägschnitt-Technik, sondern das Prinzip des Tiefendunkels
den Hauptfries charakterisiert. Hier kommt auch die nahe Verwandt-
schaft mit den Formen des »dritten Stiles« klar zum Ausdruck. Man
achte auf die großen runden Bohrlöcher, mit denen alle Blattwinkcl
') Vgl. die Bemerkung von E. Herzfeld a. a. 0. S. 54.
-) Die zugrunde liegende photographische Aufnahme wurde mit künstlichem Licht
gemacht.
^-Li
Kairo, Moschee des Ibn Tulun.
Holz-Soffitten.
Phot. Fliiry.
Der Islam, Baud IV, Tafel 1.
Zu «S. Flury, Samarra und die Ornamentik der Moschee des Ibn Tülün».
Verlag von Karl .1. Trübner in Straßburg.
Samarra und die Ornamentik der Moschee des Ihn Tülün.
429
hergestellt sind, besonders aber auf die eigenartige Verbindung von
Weinblatt^ und Traube, die so auffallend an Samarra erinnert ^).
Zur Erklärung von Abb. 6 kann ein ungefähr gleichzeitiger Fries
des Deir-es-Surjänl herangezogen werden (Abb. 7); er bildet den
Abschluß der Wandfiäche, an der sich der
von Strzygowski veröffentlichte Baum oder
Kandelaber befindet-). Daß diese Ornamente
auf dieselbe mesopotamische Quelle zurück-
gehen, ist leicht zu erkennen. Die lanzett-
lichen Teilstücke, welche den Fries gliedern
und scheinbar eine fortlaufende Ranke bilden,
bestehen aus gefiederten Halbblättern zu
Seiten eines schmalen Streifens. Sie sind
Varianten oder Fortbildungen von Motiven
des »zweiten Samarrastiles« 3). Man könnte
nun die starken seitlichen Einkerbungen der
intermittierenden Ranke von Abb. 6 als wei-
tere Vereinfachung der geschweiften lanzett-
lichen Samarrablätter auffassen. Die vier
Weinblätter von Abb. 7, welche die typische
Rankenumrahmung und die mittelst Bohr-
löchern hergestellten Blattwinkel aufweisen,
bieten eine Erklärung für die plastischen
Blattrippcn der Weinblätter von Abb. 5 und
6. Am unteren Ende des Frieses ist ein
Weinblatt mit aufgelegtem dreilappigem
Halbblatt. Da -Herzfeld in Samarra Wein-
blätter mit aufgelegter Arabeske gefunden
hat (a. a. 0. S. 19), stammt dieses Detail
wahrscheinlich auch aus Mesopotamien. Auf
den drei übrigen Blättern erkennt man nur
noch die plastische Rippe, die für das Tülüni-
denblatt charakteristisch ist ; dasletztere dürfte
daher auf ähnliche Weise entstanden sein.
Zwei eigenartige Monumente der Moschee des Ibn Tülün, die ich
^^
% *
♦ ♦„••«♦
DeiR-eS-SUKIRNl
Abb. 7.
I) Vgl. a.'a. 0. Tafel VIII rechts oben.
-) Vgl. Mschatta Abb. 109.
3) Vgl. a. a. 0. Tafel VI die Achteckfüllung links unten. An mehreren Wedeln läßt
sich schon die antinaturalistische Differenzierung der y.ugrunde liegenden Blattform er-
kennen. Auf diese Samarrablätter geht auch ein seltsames Blatt der Azhar-Moschee zurück,
dessen Ursprung ich früher nicht erklären konnte (a. a. O. Tafel XII und S. 36 oben).
4^0 Samuel Flury,
voriges Jahr veröffentlicht habe, darf man wohl mit dem ursprüng-
lichen Dekor der Moschee in Verbindung bringen; es sind die beiden
Qiblen, die an den Pfeilern neben der modernen Dikke angebracht
sind I). Die ältere von ihnen (Tafel XI. 2) könnte, was die Ornamente
anbetrifft, dem Ende des 3. Jahrhunderts angehören. Allerdings sind
die breitblättrigen, flügelartigen Palmetten im alten Dekor der Moschee
nicht vertreten, doch darf dieses Argument nicht geltend gemacht
werden, da die schmalen Friese und die Bogenleibungen die Ver-
wendung dieser Motive ausschließen. Im »vorläufigen Bericht« sind
keine flügelartigen Palmetten zu finden, dagegen kann man nach
ViOLLET (a.a.O. Tafel XVI. l) schließen, daß dieser Typus, wenn
auch in einfacherer Ausführung, in Samarra vorhanden war. Die
zahlreichen Parallelen im Deir-es-Surjäni ^) sprechen auch für die
weite Verbreitung dieser mesopotamischen Blattform. Der Schrift -
fries bestimmte mich, die Oibla der ersten Hälfte des 4. Jahrhunderts
zuzuschreiben. Der stark gebogene Lam-Schaft und die Bogenver-
bindung in Allah kommen meines Wissens nicht in den alten Schrift-
bändern der Moschee vor. Die zweite Qibla (a. a. O. Tafel XV) zeigt
ebenfalls eine sehr altertümliche Ornamcnjkik; die Palmettisierung
der Blätter ist hier noch auffallender als beim vorigen Beispiel. Pa-
rallelen sind im alten Dekor der Moschee, in Samarra (Viollet, a. a. O.
Tafel XIX. 2. 4) und im Deir-es-Surjänl (man achte besonders auf
die mit Punkten verzierten Palmettenlappen) vorhanden. Das Schrift -
band spricht auch in diesem Falle für das 4. Jahrhundert.
Überaus wertvolle Ergänzungen zu dem noch vorhandenen Material
finden sich in den schon erwähnten Publikationen von Prisse d' Avennes
und Owen Jones. Die große Bogenleibung bei Owen Jones (Tafel
XXXII. 14) deckt sich in der allgemeinen Anordnung der Ornamente
nahezu mit der von Girault de Prange y gezeichneten (Taf. 111.7)3). In
den Einzelheiten zeigen sie bemerkenswerte Abweichungen. Tafel XXXII.
0 a. a. 0. S. 19 und Tafel XI. 2 und XV.
•) Mschatta. Abb. 109. Hoffentlich werden die Ausgrabungen von Samarra auch
Aufschluß geben über das interessante Problem der Flügelpalmette. Das bisher veröffent-
lichte Material ist noch sehr dürftig. Immerhin läßt sich schon jetzt erkennen, daß das
Flügelmotiv in der alten Kunst des Islam sehr verbreitet gewesen ist Die rein persischen
Flügelornamente der ältesten Kairoer Korane (vgl. Moritz, Arabic Palaeography, PI. i. 2. 5)
sind in Mschatta nicht erwähnt. Nahe verwandt sind die Flügelpalmetten der Tonfliesen
von Sidi Oqba (vgl. Manuel d'art Musulman II S. 256 Fig. 206). Auf die Flügelpalmetten
von El-Gharra (Islam I, Tafel 4) habe ich früher schon hingewiesen (vgl. a. a. 0. S. 40,
Anm. 1 1 o).
3) Die beiden Kompositionen sind treffliche Beispiele, um den teppichartigen Charakter
der abbasidischen Flächendekoration darzutun.
Samarra und die Ornamentik der Moschee des Ibn TQiün.
431
14 (vgl. Abb. 8) darf als zwingender Beweis für das Vorhandensein des
»zweiten Samarrastiles« an breiteren Flächen angeführt werden. Man
vergleiche nur die Flächenmusterung und das zentrale Motiv der großen
Vierecke mit der Wanddekoration der Privathäuser (a. a. 0. Tafel V
und VI). Als eingestreutes Elernent des »dritten Stiles« begegnet uns
wieder das von einer dünnen Ranke umrahmte Weinblatt. Kleinere
Einzelheiten übergehe ich absichtlich, weil die Genauigkeit der Wieder-
gabe nicht kontrolliert werden kann. Auf der von Girault de Prangey
gezeichneten Bogenleibung (a. a. 0. Tafel III. 7) sind dieselben Grund-
Abb. S.
motive anders stilisiert; die einfache Flächenmusterung des »zweiten
Stiles« ist durch vegetabilische Gliederung (vorwiegende Palmetti-
sierung) ersetzt. Alle Weinblätter haben die starke Mittelrippe, w^elche
oben schon hervorgehoben wurde.
Die folgenden Feststellungen dürfen als gesicherte Resultate
der Untersuchung betrachtet werden. Der »erste Stil« (Schrägschnitt -
Stil) ist nicht die einzige in der Moschee des Ibn Tülün vertretene Stil-
gattung, man darf nicht einmal behaupten, daß er vorherrsche. Alle
im »vorläufigen Bericht« von E. Herzfeld erwähnten Stilgattungcn
sind in Kairo vertreten. Was in Samarra getrennt ist und durch die
Kunstübung verschiedener Provinzen erklärt wird, findet sich auf
4.-2 2 Samuel Flury, Samarra und die Ornamentik der Moschee des Ibn Tulun.
Kairoer Boden in einem Monument vereinigt und so gemischt, daß
der vorgeschlagene Erklärungsversuch für Kairo abgelehnt werden
muß. In ornamentaler Hinsicht ist die Moschee des Ibn Tülün durch-
aus von Samarra abhängig^). Die »TülQnidenornamentik«, die als
ein Produkt der abbasidischen Reichskunst des 9. Jahrhunderts auf-
gefaßt werden muß, besitzt keine ausgesprochene provinzielle Eigenart.
I) Damit ist die Herkunftsfrage des Schrägschnittstiles natürlich noch nicht er-
ledigt. Daß er nicht in Ägypten bodenständig ist, war mir schon bei der Untersuchung
der ältesten Fatimidenbauten zur Gewißheit geworden. Da Schrägschnittbretter nicht
nur in Ägypten, sondern auch in Syrien und Mesopotamien gefunden worden sind, da
absolute Flächenfüllung keine Eigenart der koptischen Kunst ist, und da die einheitliche
Erklärung der Ornamentik der Moschee des Ibn Jülün aus dem Prinzip des Schrägschnittes
unzulässig ist, wüßte ich kein einziges Argument, das man noch für die Bodenständigkeit
der »TülQnidenornamentik« geltend machen könnte.
Kleine Mitteilungen und Anzeigen.
Hans von Mzik's Übersetzung von Ibn Battuta^)-
Der Reisebericht des Marokkaners Ibn Battüta^) gehört zu den Produkten
der geographischen Literatur der Araber, die dauernd auf ein Interesse weiterer Kreise
werden rechnen können. Seit der arabische Text 1853 — 1858 von Defremery und San-
GuiNETTi nebst französischer Übersetzung herausgegeben wurde, ist auf dem Gebiet der
mittelalterlichen Geschichte und Geographie viel geleistet worden. Eine neue Bearbeitung
des Werkes bedarf darum keiner Rechtfertigung.
Hans v. Mzik, der in dem vorliegenden Band des Marokkaners Reisen in Indien
und China behandelt, hat die Arbeiten seiner Vorgänger sorgfältig verwertet. Er gibt
in seinem Kommentar den gegenwärtigen Stand der historisch-geographischen Forschung,
wie er vor allem durch das Verdienst Yule's erreicht wurde. Die topographischen An-
gaben Ibn Battüta's über Vorderindien haben naturgemäß seit langem die eng-
lischen Gelehrten beschäftigt. Für die Geschichte der Zeit des Muhammed b. Toghluq
(725 — 752 = 1324 — 1351) dürfte Ibn Battüta stets eine Hauptquelle bleiben. Auf
diesen Gebieten hat v. Mzik die Arbeiten seiner Vorgänger auch selbständig weiterzuführen
versucht. Hier sind wohl auch endgültige Resultate erzielt. Und dasselbe gilt von dem
trefflichen Bericht über die Malediven.
Nicht so glücklich steht es bis jetzt mit dem Verständnis der Abschnitte über Hinter-
indien und den Archipel. Zwar sind von holländischer und französischer Seite die Nach-
richten der Araber über diese Länder zum Gegenstand der Untersuchung gemacht worden
(van der Lith, de Goeje, G. Ferrand; für Ibn Battüta vgl. auch Snouck Hur-
GRONjE, Arabie en Oost-Indie), aber sie sind zu spärlich und zu nebelhaft, als daß hier so
rasch den vagen Vermutungen ein. Ende gesetzt werden könnte. Hier erhebt sich auch die
Frage nach Ibn Battüta's Glaubwürdigkeit; und nicht besser steht es in betreff Chinas.
Gewiß hat sich Ibn Battüta auch Übertreibungen, Mißverständnisse und Ungenauig-
keiten zuschulden kommen lassen und tischt uns gelegentlich Seemannsfabeln vor, wie
sie sich auch sonst finden. Aber die Grenze zwischen Wahrheit und Unwahrheit ist keine
feste Linie. Die Heiligenwunder, die Ibn Battüta uns erzählt, sind wirklich persön-
liche Erlebnisse (vgl. S. 258 f., 387 ff., 426). • — Vom Standpunkt des Kultur- und Religions-
historikers aus wird man diese Geschichten, nebenbei bemerkt, nicht so wegwerfend be-
handeln wollen, wie v. Mzik es S. 15 tut. — Wer diese Wunder erlebte, der kann aber
') Die Reise des Arabers Ibn Baßüla durch Indien und China (14. Jahrhundert). Be-
arbeitet von Dr. Hans von Mzik. Mit 2 Karten. (»Bibliothek denkwürdiger Reisen«,
herausgegeben von Dr. Ernst Schultze, V.) Hamburg, Gutenberg-Verlag, 1911. 490 S.
M. 9,-.
^) Das ist die vom Lisän angegebene richtige Schreibweise des Namens an Stelle der
eingebürgerten, aber falschen Form I b n B a t ü t a.
^^A Kleine Mitteilungen und Anzeigen.
z. B. auch den Vogel Ruch (s. S. 447) gesehen haben. So hat v. Mzik, glaube ich, sicher
recht, wenn er über die Glaubwürdigkeit des I b n B a 1 1 ü t a wieder günstiger urteilt,
als das vor allem Yule getan hatte.
Was der marokkanische Abenteurer über China sagt, hat neues Interesse bekommen
im Lichte der jüngsten Forschungen von Marshall Broomhall und besonders der »Mission
d'Ollone«. Gerade bei diesem Kapitel ist Ibn Battüta's Zuverlässigkeit besonders
stark in Zweifel gezogen worden, und auch v. Mzik hält diese Frage noch nicht für spruch-
reif. Mir scheinen jedenfalls, wenn auch die historischen Data verdächtig sind, die topo-
graphischen Nachrichten alle Beachtung zu verdienen. Die Kernfrage ist die der Hydro-
graphie von China. Da die Anmerkungen v. Mzik's nicht völlig deutlich und übersichtlich
sind, sei es hier gestattet, das Bild, das uns Ibn Battöta entwirft, in den Haupt-
zügen zusammeozufassen.
Der große Fluß Äb-i-Hajät entspringt nach ihm in den Bergen unweit Chän-bäliq
(Peking), durchquert ganz China, um dann bei .Sin al-.SIn (Canton) zu münden (Text IV,
254 f.; V. MziK, S. 414). Bei der Schilderung von Sln-i-Kalän oder Sin al-SIn drückt sich
Ibn B a 1 1 ü t a folgendermaßen aus: »Hier ergießt sich der Fluß Ab-i-jF/ayät ins Meer,
den man den Zusammenfluß der beiden Meere nennt« (Text IV, 272; v. M/.ik, S. 424).
Es kann kein Zweifel sein, daß der Äb-i-l/ajät in seinem nördlichen Teil der große sog.
Kaiser-Kanal ist. R a s I d a 1 - D 1 n (s. Yule, Cathay, S. 258 f.) bemerkt in seiner Dar-
stellung der Anlegung dieses Kanals ausdrücklich, daß man auf ihm in einer vierzigtägigen
Fahrt (die 40 Tage zwischen Chänbäliq und Chansä auch nach Ibn Fadlalläh,
s. QuATREiMERE, Histoire des Mongols par Raschid-eldiii, S. LXXXIX, Anm.; Ibn
Battüta braucht 64 Tage) »Khingsai and Zaitün« erreichen konnte. Khivgsa'i ist
Ibn Battüta' s Chansä, das heutige Hang-tschou-fu. und das ist ja wirklich auf dem
Wasserweg zu erreichen. Ibn B a 1 1 ü t a scheint nun als eigentliche Fortsetzung des
nördlichen Kanals vom Zusammentreffen mit dem Jang-tsze an diesen Strom und dann
den Kan-Kiang angesehen zu haben, den er wohl als mit dem Pei-kiang verbunden dachte.
So kommt er dazu, den großen Strom, das »Lebenswasser«, bei Canton münden zu lassen.
Da er die südliche Strecke nicht selbst bereiste, ist ein Irrtum nicht schwer verständlich.
Aber auch Zaitün ist nach seiner Darstellung einerseits mit Sin al-Sin (Canton), anderer-
seits mit al-Chansä durch einen Binnenwasserweg verbunden und diese Wege will er selbst
auf dem Fluß zurückgelegt haben. Das scheint sehr verdächtig. Jedoch auch bei R a s i d
a 1 - D i n kommt, wie wir eben gesehen haben, die Vorstellung vor, daß Zaitün an das
große Kanalsystem angeschlossen sei; und wenigstens Ramusio's Text des Marco Polo
charakterisiert den Fluß von Zaitün als einen Arm des \\'asserlaufs, der bei Kinsay (Chansä)
fließt (s. Yule, Marco Polo 3, S. 242. Anm. 5). Die Binnenwasserverbindung von Zaitün
mit al-Chansä scheint demnach wirklich gut bezeugt zu sein. Wie sich diese Tatsache
mit der doch kaum mehr zu bezweifelnden Identifikation des ersteren mit Tsüan-tschou-fu
(s. auch Martin Hartmann in der Enzyklopädie des Islam, I, 878 b u. 880 b) vereinigen
läßt, ist ein noch ungelöstes Rätsel.
Sicherheit ist in diesen Problemen kaum zu erreichen, so lange wir nicht neues Material
erhalten. Weiterführen dürfte uns wohl der Text von Ibn Fadlalläh al-'Omari's
Masälik al-Absär, der uns nun hofTentlich recht bald in einem ägyptischen Druck zugäng-
lich gemacht wird. Auch jetzt schon hätte v. Mzik mit Vorteil die Auszüge aus dem Werk
dieses Zeitgenossen des Ibn Battüta benützen können, die Quatremere in den
yiotices et Extraits XIII mitgeteilt hat; man vergleiche nur seine Angaben über die indische
Post (S. 208 ff.) mit Ibn Battüta' s Mitteilungen (v. Mzik, S. 25) und die Schilderung
der indischen Nutzpflanzen {Not. et Extr., XIII, 173 IT.; v. Mzik. S. 47 f=f.). Auch Ibn
Fadlalläh kennt (S. 185) den Namen des indischen A«(/2d/-Aw^ä/ Kamäl al-Din,
Kleine Mitteilungen und Anzeigen. a-}c
der den Titel führt Sadr al-Djihän (vgl. v. Mzik, S. 58 usw.); auch er erzählt die Geschichte
von Burhän al-Din al-Säghardji, den Muhammed b. Toghluq an seinen Hof ziehen wollte,
der aber dan» nach China ging {Not. et Extr. XIII, 196; v. Mzik, S. 129 u. 388 f.).
Die Bearbeitung I b n B a 1 1 ü t a' s durch H. v. Mzik ist für ein weiteres Publikum
bestimmt. Dementsprechend geben die reichen topographischen und kulturhistorischen
Anmerkungen meist nur positiv des Bearbeiters Ansicht wieder, ohne Berufung auf die
Vorarbeiten und Auseinandersetzung mit anderen Meinungen. Als Zusammenfassung
des gegenwärtigen Standes unserer Kenntnis sind diese auch für die wissenschaftliche
Arbeit von gewissem Wert, wenn für diesen Zweck auch detailliertere Begründungen seiner
Aufstellungen nützlich wären.
Was die Übersetzung selbst betrifft, so kann sie im einzelnen leider nicht durchweg
als glücklich bezeichnet werden. H. v. Mzik ist der naheliegenden Gefahr nicht überall
entgangen, nur ganz ungefähr den Sinn des oft schwer übersetzbaren, aber präzisen arabi-
schen Wortlauts wiederzugeben, was natürlich auch dem Stil der Übersetzung schadet.
Die Bearbeitung ist nach dem arabischen Text angefertigt, aber die französische Wieder-
gabe von Dei-remery und Sanguinetti hat sehr stark auf den deutschen Wortlaut ein-
gewirkt, wofür unten Beispiele gegeben werden. Leider aber hat der Rezensent auch von
Anfang an den Eindruck bekommen, den Margoliouth im Journ. R. As. Soc. 1913, S. 216
in den Worten ausdrückt: In general, where the German renderings differ from the French,
the latter are to be preferred.
Die Terminologie der spezifisch islamischen religiös-juristischen Kultursphäre scheint
dem Beai'beiter etwas fremd zu sein. Wenn man die Ehrenprädikate der verschiedenen
homines religiosi wörtlich ins Deutsche übersetzt, so entsteht wirklich ein falscher Eindruck.
Am ehesten entsprechen ihnen noch Wendungen wie »Hochwürden« u. ä., ich glaube,
vielfach ist es das Beste, sie einfach wegzulassen. Auf keinen Fall kann man z. B. in dem
Ausdruck Jv^!Ji JoLxil ^^-^.iÜl das Aj?!: mit »keusch« wiedergeben. Wenn von einem
Scheich gesagt ist, daß er sei ^A^Lail }^jS ^.yA (Text III, 116, 9), so heißt das nicht: »er
war ein hervorragend rechtschaffener Mann« (v. Mzik, S. 41, 9), sondern eher: er war ein
großer Heihger. S. 2S0, 20 ist j^x:^L^ijl ^a (Text IV, 57, 7) gar übersetzt mit »ein
wackerer Mann«. Es schiene mir immer noch besser ^JL^aJi v_^IiÄJI (Text III, 136,.
2 f.) mit »heiliger Pol« wiederzugeben, als mit »frommes Schuloberhaupt« (v. Mzik,
S. 53- 18). ■ - ,
Wenn es von einem Asketen heißt J^-Jlji ry^J (Text III, 139,4; IV 217, 3), so denkt
man dabei nicht daran, daß der betreffende die Nacht stehend zubrachte (v. Mzik, S. 67, 30;
386, 9 f.), sondern daß er bei Nacht gottesdienstliche Übungen verrichtete. >.X.>^j" (Text
III, 447, 10) ist Terminus technicus für die gesetzlich empfehlenswerte nächtlich-e Salät
(v. Mzik, S. 244, 29: »schlief, so lange Gott wollte«); hier wäre ein Hinweis auf ein gang-
bares Handbuch -wie Juynboll, Handbuch des islamischen Gesetzes, S. 90, nützhch
gewesen. Ebenso wäre zu iöLÄÜ (Text IV, 51, 10; v. Mzik, S. 277, 5) besser auf Juynboll
S. 73 f. ver-wiesen. Es ist doch gar zu unbestimmt, wenn man l\y ».•>• (IV, 258, 3) mit
»Gebet« überträgt (S. 417, i) an Stelle von »Freitagsgottesdienst« .&ijl S<}> ,.,/« ^^j*^ ^t-^i
(III, 337, 10) heißt gewiß nicht »sie rief Gott stundenlang an« (S. 17S, 20 f.), sondern eher:
»sie gebrauchte bestimmte D/ijfer-Formeln«.
Im folgenden sei noch eine Reihe von Einzelbemerkungen gegeben, die zum Teil
das oben Gesagte erläutern mögen:
Zu S. 24, 3 (III, 93, 9): Schon Margoliouth hat auf die Unrichtigkeit der Über-
Islam. IV. "JO
436 Kleine Mitteilungen und Anzeigen.
'W
Setzung von j^^- ^.,l»i ^3. ^JcljJu _».P» «und (der Indus) mündet in der heißen Zone«
statt des richtigen »il deborde dans la Saison des chaleurs« der französischen Übersetzer
aufmerksam gemacht; die Übertragung ist um so auffallender, als v. Mzik gleich nachher
^ja-ö richtig mit »Überschwemmung« und an anderer Stelle (S. 95, 7) JL ..Ui (Text III,
198, 3) mit »heiße Zeit« wiedergibt.
Zu S. 31, 10 f. (III, 103, 8 f.) JCJt ry>r*-^ [•''-^ H:^r*-^ ^3^ c^3 ,jtiuÄ>*%J!
i^.ii' 'x.ii~*.ÄS> iü.Liii L.ij>»*.v»«.j — ÜEFRiMERY und Sanguinetti und nach ihnen Hai»
geben das q.>j>~> *! mit »Chamäleon« wieder, v. Mzik liest i^>JL> *l »Mornviper«.
Sollte nicht eher an den in Spanien bezeugten Namen einer Eidechsenart , iw>;>J>" J
zu denken sein (s. Dozy, s. v.) ? Die Übertragung von 1\.>L>- x..ii-J.> mit »kleine Garten-
schlange« ist sicher nicht geschickt, passender Haig: »small garden-hzard«.
Zu S. 36, 2 (III, 109, I) j^;..^! o>b ^^A bJw^iU ^j:j^^ X^.X/1 s^|_ji —
V. Mzik merkwürdigerweise: »und dieser hatte ihn zum Gouverneur der Stadt Lähari in
der Provinz Sind gemacht und ihn mit der Verwaltung ihrer Ein-
künfte betraut«') an Stelle der richtigen französischen Übersetzung: »celui-ci le
nomma gouverneur de la vilie de Lähory et de s e s d e p e n d a n c e s ') dans le Sind«.
Zu S. 57, 20 (III, 142, 4 f.): Zu »Kusäi« (^^\.JMS) — »Das ist in ihrer Sprache der
Name Gottes«, notiert v. Mzik: »Die französischen Übersetzer machen dazu die Bemerkung:
Krichna (Krshna), doch dürfte dies wohl kaum richtig sein«. Einfaches Nachschlagen
eines Hindostani-Wörterbuchs hätte weitergeführt. Platts z. B. sagt s. v. ^L*J^ : »tht
master or possessor of cows or of herds«; an epithet of the Deit}-.
Zu S. 58, 4 (III, 143, 3)— »yu«.c LPJÜ'I — V. Mzik »die zu den Städten zählt, welche
die meisten Stiftungshäuser haben«; richtiger Defremery: »les plus peupiees«.
Zu S. 67, II f. (III. 157 f.): .X-» J,.^ jt <^j..>^i^ iuiy heißt nicht »der nach
dem Nil in Ägypten benannt ist«, sondern, wie Defremery sagt: »on dirait que ce surnom
lui vient du nom du Nil«. *
Zu S. 71, I (III, 161, 10): Der Lj!_i='^A) ist keine »Kanzel«, sondern die Gebets-
nische.
Zu S. 73, 15 (III, 165,4) — liLlJ ^ ^\ — »Dann aber erlahmte er darin« (Defre-
merv: »il se lassa d'agir ainsi«) paßt absolut nicht in den Zusammenhang; es handelt sich
um -s. IV in der Bedeutung »depasser les limites«, »übertreiben« (vgl. Dozy, s. v.).
Zu S. 83, 32 (III, 181, 8) — K*s. ^1\ LiyCiu ^lij bis — V. Mzik falsch: »die
Gattin .... hörte nicht auf, sich bei seinem Oheim .... zu beklagen« statt des richtigen
»et il ne cessait de s'en plaindre ä son oncle« von Defremery und Sanguinetti.
Zu S. 105 (III, 214): Für diese Methode der Ansammlung von Schätzen vgl. auch
Notices et Extraits, XIIl, 219 ff.
Zu S. 112, 27 (111,222, 7): Warum v. Mzik das s-^i.^\ .u5 »le? principaux descen-
dants de Mahomet« mit »Adelsrichter« wiedergibt, ist nicht deutlich.
') Von mir gesperrt. H.
Kleine Mitteilungen und Anzeigen. A2y
■Zu S. 132, 34 (III, 261, 4) — sjL ^[y-^ OiliiwJ ,. 'ulaJLv^i!
\ji
Wenn v. Mzik sagt: »Der Sultan erwiderte ihm aufs gnädigste und stimmte ihm zu«, so
liegt der Verdacht nahe, daß er s^l als verbum finitum ( j IV^) aufgefaßt hat statt
als bji (parallel zu i^^LailJ). Defre;mery sagt adäquater: »le sultan repliqua de la
maniere la plus agreable et la plus bienveillante«.
Zu S. 195,8 (111,363,3): »Fürst der Gelehrten« ist hier Wiedergabe von i^L^XrL (iXJU,
ebenso S. 200, 4 (III, 371, 10); demselben arabischen Wortlaut entspricht S. 279, 2 (IV,
54, 6) »Vorsteher der Ärzte«; es handelt sich um eine und dieselbe Persönlichkeit; ob da-
gegen der »Fürst der Gelehrten« iU-Jlstil ^VJU von S. 139, 33 (III, 276, 4) dieselbe Person
ist, ist fraglich.
Zu S. 211 (III, 389) s. Margoliouth in Journ. R. As. Soc. 1913, S. 216 f.
Zu S. 248, 5 (IV, 2, 10) — ^b Ks» jiil -j JL ^>-*^ i-y« ÄJi^ isJ.x
> •
iöt^ij ^Ij"^^ ä.aw-«..:^:'^ Li^-*jcixi L^^ljo! j^.j^ C'J^" u?^"^'^ L^* — ^'' ■'^^^'^•
»dessen unvergleichliches Seidenmaterial in 4 oder 5 Farben gefärbt ist«: was ist hier
doch aus dem l:?liA5>! -J-==" geworden? ! Gibt den Schlüssel dazu etR-a Defremery:
»dont la matiere premiere est teinte de quatre ou cinq couleurs differentes«? Der Sinn
ist natürlich: »wovon die Seide jedes einzelnen Stückes in 4 oder 5 Farben gefärbt ist«.
Zu S. 253 Anm. 7: lies »Vgl. 2. Kap., Anm. 12« (nicht: 2).
Zu S. 278, 9: hier fehlt das Ai^ ^J ,.._j-»*^5Lääj^ (etwa »um die Wette«) des
Textes (IV, 53, 8).
Zu S. 382, 14 (IV, 210, 8): »das Pfund von Dihli«, dazu bemerkt v. Mzik in Anm. 17
»genauer das Mann«; im Text heißt es aber Jl^jJ! i}-^-^^
Zu S. 383, 18 (IV, 212, 8): Der Text hat qj-^ j^- So nennt I b n B a 1 1 ü t a
sonst die Jumna bei Dihli; auch wenn er hier fälschlich an sie denken sollte, darf man in
der Übersetzung doch nicht einfach diesen Namen dafür einsetzen.
Zu S. 396, 10 (IV, 231,2) — • ^JLiil JLc — V. Mzik: »um Frieden zu haben«; Defre-
mery »pour avoir la paix«; genauer wäre wohl »auf Grund des Vertragsverhältnisses«.
Zu S. 405, 2 f. (IV, 243, 8) — • l\.5,ww.JU — »für den Seeraub«, »pour la piraterie«,
grammatisch ist das xi.M> gewiß Plural von »^ U»m und steht in Parallele zu dem folgenden
Zu S. 421, 22 (IV, 267, 8): lies »9 Monaten« statt »7 Monaten«.
Zu S. 440, iS (IV, 298, 5 f.) — ^yÜ! LiJ JoiÄJ ^\jjä>\ qLjO — V. Mzik:
»Dlwän el-Asräf »Adelsbureau«, »wo der Adelsmarschall Sitzung hält«; richtiger Defremery:
»le bureau du controle, oü siege le controleur«. Nach Dozv, I, 750 ist ^_5t_ü! la place,
la dignite de k_3_i;/) surintendant, specialement du tresor, dans un sens plus restreint,
receveur des droits d'entree et de sortie des marchandises, inspecteur de la douane. S. 221, 26
(III, 407, 7) überträgt v. Mzik v_s1-.Ü^! n!>:^^ richtiger mit »Finanzintendantur«.
Zu S. 441, Anm. 47: Bis-Bäligh ist nach den neuesten Untersuchungen nicht in
Urumtschi zu suchen, sondern weiter östlich beim Dorfe Hu-pao-tse, etwi), 10 km nördlich
von Tsi-mu-sa; vgl. W. Barthold in der Enzyklopädie des Islam, I, 758 f.
Zu S. 448, 8 (IV, 307, 2) lies »mit der Tochter seines Bruders« statt »mit der Tochter
seiner Schwester« (\>3"i c>-*J 5^)-
30*
A^S Kleine Mitteilungen und Anzeigen.
Diese Beispiele — sie ließen sich bei genauer Durchnahme des Buches gewäß beliebig
vermehren — genügen, um die Schwächen der Übersetzung zu zeigen. Es ist bedauerhch,
daß man bei einem sonst so dankenswerten Unternehmen darauf aufmerksam machen
muß. Glücklicherweise handelt es sich fast durchweg um Stellen, die den nicht orien-
talistisch geschulten Leser kaum berühren und den Gegenstand des Hauptinteresses nicht
betreffen. So kann man dem schön ausgestatteten Buch trotz seiner Mängel auch im Inter-
esse der Wissenschaft guten Erfolg wünschen.
R. Hartmann.
Friedländer, Dr. I. : Die Chadirlegende und der Alexanderroman. Eine sagengeschicht-
liche und literarhistorische Untersuchung. B. G. Teubner, Leipzig- Berlin 1913. X\'I
und 338 S.
Die Chidrlegende weist Beziehungen zu so vielen anderen Sagenkreisen auf, daß alle
auf einmal kaum noch überschaut werden können; dem Verfasser, der sich auch schon
an der Lösung des Gesamtproblems versucht hat (in veränderter Form ist sein Versuch
wieder abgedruckt als Appendix A des vorliegenden Buches), war als eine der wichtigsten
dieser Beziehungen die zur Gestalt Alexanders, wie sie im Pseiidokallisthenes und den
verschiedenen orientalischen Versionen des Alexanderromans erscheint, aufgestoßen, und
diesen Beziehungen ist er in seinem neuen Buche nachgegangen. Die Beziehung ist gegeben
vor allem in der Episode vom Zug nach dem Lebensquell, und diese Episode wird voa
Friedländer zunächst nach der Darstellung der verschiedenen Rezensionen des Pseudo-
kallisthenes, der syrischen Homihe und des Talmud untersucht (S. 2 — 61). Im Qorän
findet sich ebenfalls eine Anspielung auf die Sage vom Zug nach dem Lebensquell {Süra 18
V. 59 — 63). Zwar ist dort von Moses die Rede und nicht von Alexander, allein ein Ver-
gleich mit den vorher behandelten Versionen läßt noch die Grundzüge der Erzählung
erkennen, die dem Propheten unklar vorschwebte (S. 61 — 67). Was im Cor<7« Andeutung
bleibt, wird im Hadlt weiter ausgeführt, und die Versionen des J/adlt werden vom Verf.
vorgelegt und mit genauer Berücksichtigung ihrer Herkunft gewürdigt (S. 67 — 96). Die
Traditionarier lernten die Sage in einer Gestalt kennen, die der der vorislamischen Versionen
nahesteht, wobei Juden und Christen des 'Iräq die Vermittler spielten. Waren auch die
Traditionarier durch die im Qcrän begangene Verwechslung zwischen Moses und Alexander
gebunden, so schimmert doch die ursprüngliche Form noch für den, der die älteren Ver-
sionen vergleicht, deutlich erkennbar durch (S. 97 — 107). Hält man die Angaben des
Hadlt mit denen der älteren Versionen zusammen, so ergibt sich, daß Chadir ursprüngHch
mit dem Diener Alexanders, (im Qorän fälschlich des Moses) dem Koch Andreas identisch
ist, der mit dem Lebensquell in Berührun^j gekommen und dann in einen Seedämon ver-
wandelt worden war (S. 107 — 109). Die Bezeichnung dieses in einen Seedämon verwan-
delten Dieners als »Al-Chadir«, »der Grüne« deutet auf die Gestalt des Glaukos hin, mit
dem ja Chadir schon von anderen identifiziert worden war; ob nun die Gleichung Chadir =
Glaukos für die Namen anerkannt wird, oder nicht, die Gestalt des Chadir trägt
unbedingt Züge, die auf Glaukos führen (109 — iS), und der maritime Charakter Chadirs,
der im Volksglauben so deutUch ausgeprägt ist, wird auch im Hadlt anerkannt (119 — 23).
Die Gebundenheit an den Qorän machte es dem Nadit unmöglich, die Beziehungen
zwischen Chadir und Alexander so deutlich darzustellen, wie es der sagengeschichtlichen
Überlieferung entsprach; nur in spärlichen Reminiszenzen finden sie sich angedeutet. Auf
anderem Wege fand aber die Alexandersage Einlaß in die islamischen Kreise durch die
Qussäs, die auch die Sage vom Zug nach dem Lebensquell ausführlich erzählten. In diesen
Kleine Mitteilungen und Anzeigen. ^-iq
Passungen, die später literarisch fixiert wurden, treten die Beziehungen zwischen Alexander
und Chaclir unverhüllt zutage; es ist dort Chadir selbst, der vom Lebensquell trinkt. Die
arabische S*ge von Alexanders Zug nach dem Lebensquell ist uns in zahlreichen Versionen
erhalten, von denen Friedländer die des I b n B ä b u j e (S. 125—29), eines nicht näher
zu bestimmenden T m ä r a (S. 129—62), des T a ' 1 a b I (S. 162—72), der maurischen
Legende von Alejandro xMagno (S. 173—79), des I b r ä h i m a s - S ü r I (S. 179—91) und
des Ibn Hisäm (in seinem Kitäb at-iigän (S. 191—204) vorlegt und untersucht; im
Anschluß an diese werden auch die Versionen der persischen Epiker (FirdausI und
N i z ä m I S. 204—17) sowie des äthiopischen (auf einer muslimischen Vorlage beruhenden)
Alexanderromans besprochen. Manche von diesen Fassungen, die bisher ungedruckt
waren, werden auch im Urtext zugänglich gemacht (s. Textbeilagen S. 306 22).
Die hier gegebene kurze Inhaltsübersicht macht nicht den Anspruch, den Gang der
oft recht verwickelten Untersuchung mehr als in ganz allgemeinen Umrissen anzudeuten
und noch weniger den Reichtum an wertvollen Beobachtungen auszuschöpfen, die wir
dem Spürsinn des Verfassers verdanken. Friedländer hat ein schwer zu überblickendes
und vielsprachiges Material, das er zum Teil als Erster vorlegt, mit großer Gründlichkeit
durchforscht und- ist zu wichtigen Resultaten gelangt, die er in einem besonderen Abschnitt
zusammenfaßt (S. 241 — 50). Seine Ergebnisse werden im wesentUchen auf allgemeine
Annahme rechnen dürfen, soweit sie sich auf die Entstehungs- und Entwicklungsgeschichte
der islamischen Chadir- und Alexandersage beziehen; problematisch bleibt mir der Zu-
sammenhang des Chadir mit Glaukos: nicht nur die Namengleichung, die ja der Verf. auch
nur mit Reserve vorträgt, sondern auch diß Glaukos das Prototj'p Chadir's sei. Wenn
Friedländer meint, imNorden Indiens habe Chadir noch deutlich die Züge seines Proto-
typs Glaukos bewahrt (S, 117, 242), so wäre es doch gerade in indischer Umgebung be-
fremdend, daß seine Gestalt von dem Milieu unbeeinflußt geblieben sein sollte (vgl. auch
Nöldeke's Bemerkungen S. 324), und die indischen Versionen müßten erst selber voll-
ständiger gesammelt und untersucht werden, ehe sich Zusammenhänge feststellen lassen
könnten (besonders die in Sukkur in Sind umlaufenden Versionen scheinen von Bedeutung
zu sein).
An mehreren Stellen hebt Friedländer besonders hervor, gewisse Berichte der
Traditionarier wiesen noch Spuren davon auf, daß sie ledighch mündlich überliefert
wurden (S. 76 Anm. i; 81 Anm. 4; 98; 130 Anm. i ; 131; 150 Anm. i). Er übersieht aber,
daß (vorausgesetzt; daß es sich nicht um literarische Fiktion handelt) all die von ihm zum
Beweis zitierten Ausdrucksweisen nur zeigen, daß der betreffende Überlieferer bei seinem
Gewährsmann »hörte«; ob der letztere aus einem KoUektaneenhefte vorlas oder aus dem
Gedächtnis vortrug, ist aber an sich den betr. Ausdrücken nicht zu entnehmen; sicher ist,
daß solche KoUektaneenhefte schon früh bestanden. Er beachtet auch nicht, daß Ibn
G u r a i g- nicht »als der Erste gilt, der im Higäz den Hadit niederzuschreiben begann«
(S- 79), sondern »als der erste, der das vorhandene Material nach Kapiteln anordnete«
(s. GoLDZiHER, Studien II S. 211).
Gelegentlich finden sich recht unwahrscheinliche Annahmen; die Erklärung von
Chadir's Kunja Abu TAbbäs (266 Anm. i), wie die Herleitung des Namens Ahasver (276)
sind schon von Nöldeke als solche bezeichnet worden: (s. dessen Nachträge). Ich rechne
zu diesen Annahmen auch die Bemerkungen über 'Atijja das S. 87 Anm. 3 als »der wohl
ursprünglich griechische Name« eines Traditionariers, dessen Mutter eine Christin war und
als Übersetzung von ©cooiopo; angesprochen wird. Bei einem Namen, der so häufig ist
und im Arabischen selbst ('Atä, HibatuUäh) wie sonst im Semitischen (Netanjä, Netanel,
Jahbailäh usw.) so viele Parallelen hat, e.scheint dies: Vermutung sehr weit hergeholt.
Es fällt auf, daß Friedländer, der sonst die Literatur so umfänglich heranzieht,
110 Kleine Mitteilungen und Anzeigen.
nirgends die Sira des Ibnishäq in Ibn Hisäm's Bearbeitung (ed. Wüstenfeld)
zitiert; was er S. 284 aus D a m 1 r 1 und D i j ä r b a k r i als »aus Ibn Ishäqs Bio-
graphie Muhammads stammend anführt, hätte er bequem in derWüsTENFELDschen Aus-
gabe auf S. 197 finden können, wo auch sonst allerlei über Du'l-Qamain steht. Auch sonst
sind gerade die ältesten Werke nicht immer in Betracht gezogen; so z. B. fehlt I b n S a ' d
ganz in der Aufzählung der Werke über die Traditionarier. An der dem Verf. unver-
ständlich gebliebenen Stelle aus *Omära (S. 311 Zeile 13) schlage ich vor zu lesen
Außer dem oben erwähnten Appendix A sind der Arbeit noch weitere fünf Appen-
dices beigegeben, von denen vor allem der zweite, der die verschiedenen Theorien über
die Identität des Üu'1-Qarnain übersichthch zusammenstellt, wichtig ist. Sehr nützlich
ist auch das Verzeichnis der Varianten der Lebensquellsage, das einen bequem zu be-
nutzenden Überblick über alle in dieser Sage auftretenden Personen und Motive gewährt.
Wichtige Einzelheiten sind in den von Nöldeke beigesteuerten und schon mehrfach
zitierten Nachträgen besprochen (S. 323 — 25). Das Buch bedeutet eine sehr wesent-
liche Förderung der schwierigen Probleme, die sich um die Gestalt des Chadir gruppieren.
Josef Horovitz.
L. Bouvat. Les Barmeeides d'apres les historiens arabes et persans. Paris, E. Leroux, 191 2.
146 S.
Das reiche Material, das die arabischen und persischen Historiker über die Barme-
kiden darbieten, ist noch nirgends in einer europäischen Sprache zusammengestellt und
noch weniger im einzelnen verarbeitet worden. Es ist uns heute längst nicht mehr alles
erhalten, was einmal an Monographien über die berühmte Wesierdynastie vorhanden war,
und der Überblick über die Quellen, vorhandene wie verlorene, den uns Bouvat in seiner
Einleitung bietet, ist sehr dankenswert. Sowohl von den Originalquellen als auch von den
Arbeiten seiner europäischen Vorgänger hat Bouvat guten Gebrauch gemacht, so daß
seine Arbeit eine bequeme und übersichtliche Zusammenfassung des bisher zugänglichen
Materials bietet. Der Stoff ist auf zehn Kapitel verteilt, von denen das erste der
Herkunft der Familie, ihrer Bekehrung zum Islam so's^ne ihrer Rolle unter den Umajjaden
gewidmet ist; die vier folgenden Kapitel stellen das Material über Khälid, Jn.hyä,
Fadl und Ga'far zusammen; Kapitel VI — VIII befassen sich mit dem Sturz der
Dynastie, seinen Ursachen und Wirkungen und das neunte Kapitel »Les Barmccides
et la legende« bespricht hauptsächlich die 'Abbäsa-Legende. Es folgen dann noch
zwei Anhänge, einer über den Ursprung des Namens Barmek und seine Derivate, und
ein zweiter, der die europäische Literatur über die Barmekiden zusammenstellt; ein Index
erhöht noch die Benutzbarkeit. Es liegt in der Natur der Sache, daß die Quellen in Einzel-
heiten einander oft widersprechen, und da der Verfasser der Diskussion dieser Widersprüche
nicht viel Raum widmet, so bleibt es manchmal bei einem bloßen Nebeneinander ver-
schiedener Angaben. Herrscht so beim Lesen mancher Kapitel der Eindruck vor, als habe
man es nur mit einer Materialiensammlung zu tun, so zeigt doch das knappe und geschickte
Resume, das am Anfang der Einleitung steht, daß die Synthese nicht vergessen ist. Im
einzelnen finden sich gelegentlich kleinere Irrtümer, und der Verfasser steht manchmal
seinen Vorgängern zu vertrauensselig gegenüber. So zitiert er auf S. 53 Verse aus dem
Aghänl mit Schefer's Übersetzung, ohne an dieser, die im ersten Verse an Joseph von
Hammer erinnert, irgendwelche Kritik zu üben. Seite 89 Anm. i ist im zweiten Verse
,.,LxJ» und ÖA,-o^o zu lesen. Seite 124, wo von den angeblichen Abkömmlingen derBarme-
Kleine Mitteilungen und Anzeigen. aaI
kiden die Rede ist, hätte auf »Banü Säsän« als parallele Bezeichnung der Landstreicher
verwiesen werden sollen. Seite 62 Anm. 3 ist wohl zu lesen .UjjJ s.S\^-^.^ , ; .v. ^ .-t,.:>.''
:.Jl — Niiht Abu Nuwäs nennt die früheren Gatten der 'Abbäsa, wie es Seite 114 heißt,
sondern sein Kommentator. — Diese und ähnliche Kleinigkeiten bedeuten aber wenig
gegenüber der nützlichen Arbeit, die der Verfasser geleistet hat.
Josef Horovitz.
Das Schicksal des Schech el-Matbüli (Madbüli).
Die »Nouvelles Egyptiennes« vom 13. Juli 1913 schreiben:
))0n n'a pas oublie les desordres que provoquerent les soi-disant apparitions du cheikh
Madbouli dans la cathedrale grecque-orthodoxe ').
Avant-hier, la mosquee cheikh Madbouli qui menagait ruine depuis longtemps est
tombee sous la pioche des demolisseurs. Des femnies se lamentaient et embrassaient les
pierres de cette mosquee branlante, mais il n'y a pas eu de desordres.
On affirme que les restes du cheikh Madbouli ne reposent pas dans la mosquee de
Bab el Hadid, mais ä Matarieh. Dans le mausolee de la place de la gare on aurait depose
le carcasse de l'äne du cheikh Madbouli, simplement. II serait facile de s'assurer du fait.«
In Zukunft wird man also die kleine Grabmoschee am Bahnhofsplatze in Kairo nicht
mehr sehen. Sie ist dem Erdboden gleichgemacht, da die Stätte für die Erweiterung des
Bahnhofsplatzes nötig war. Das Volk hatte wohl noch in Erinnerung, wie im Herbst 1912
die Unruhen wegen des Schech in Bulak beigelegt wurden, und verhielt sich deshalb diesmal
ruhiger. Es ist aber immerhin auffällig, daß man ohne weiteres ein dem Gottesdienste
geweihtes Haus abgebrochen hat, da in letzter Zeit gerade unter den Muslimen in Kairo
eine starke Strömung gegen ein solches Vorgehen herrschte. Vielleicht hat man deshalb
auch auf die — übrigens schon aus älterer Zeit bekannte und auch heutzutage öfters wieder-
holte — Anekdote von dem Esel des Heiligen zurückgegriffen. Wahrscheinlich wird der
Schech von nun ab nur noch in el-Matariya wohnen. Was der Volksmund noch alles von
seinen Erlebnissen in Kairo erzählen wird, das aufzuzeichnen bleibe künftigen Legenden-
forschern überlassen.
Es sei nur noch darauf hingewiesen, daß Madbüli natürlich ^i^-«jdi ist. Das t
vor dem b ist in der Aussprache partiell assimiliert.
E. L i 1 1 m a n n.
Zwemer, Samuel M., The Moslem Christ. An Essay on ihe Li/e, Charac/er, and Teachings
oj Jesus Christ according to ihe Koran and Orthodox Tradition. Edinburgh and London
191 2, Oliphant, Anderson u. Ferrier. 198 S.
Der als Herausgeber des Missionsorgans The Moslem World rühmlichst bekannte
Verfasser, der längjährige Führer und Vorkämpfer der amerikanischen Mission unter den
Muhammedanern am Persischen Golf, hat seit einiger Zeit seinen Sitz in Kairo genommen,
um dort eine Art Alissionsseminar einzurichten zur besseren Einführung der europäischen
und amerikanischen Missionsarbeiter in die spezifisch islamischen Verhältnisse und zur
gründlicheren Schulung für die ihrer da wartenden besonderen Missionsaufgaben. Die
gleichen Absichten verfolgt auch die vorliegende Studie über die Christologie des Islam,
die der Verfasser seiner bereits früher erschienenen Arbeit über die islamische Gotteslehre
■) Vgl. Islam IV, S. 15:1.
AA2 Kleine Mitteilungen und Anzeigen.
(The Moslem Doclrine of God. A Treatise on the Character and Attributes of Allah according
to the Koran and Orthodox Tradition. Edinburgh) jetzt folgen läßt. Es soll den Arbeitern
auf dem Missionsfelde eine genauere Kenntnis der im Koran und Hadith niedergelegten
Anschauungen und Aussagen über Christus in leichter und bequemer Übersicht vermittelt
werden, sodann aber auch der weiteren Christenheit im allgemeinen ein anschaulicheres
Bild von den tatsächlich im Islam lebenden und herrschenden Vorstellungen gegeben
werden, als es sich leider heute noch vielfach findet. »Not our ignorance, but our accurate
knowledge of the Moslem Christ, will enable us to show forth the glory and the beauty
(ff the Christ revealed in the New Testament to those who ignorantly honour Him as a
mere prophet. Moreover at a time, when the study of other religions is so common, it must
be of interest to all Christians to know what two hundred million Moslems think of their
Lord and Saviour, and to compare His portrait taken from the Koran and later Moslem
literature with that given in the Gospels« (p. 8).
Das Buch zerfällt in acht Kapitel, denen am Schluß eine Bibliographie beigegeben
ist. Kap. I — 4 sind wesentlich beschreibender Natur. Sie breiten vor dem Leser das dem
Koran und den Prophetengeschichten entnommene Quellenmaterial aus. Und zwar gibt
Kap. I {His Nantes and Their significance) zunächst eine Übersicht der verschiedenen,
Jesus im Koran beigelegten Bezeichnungen, während in Kap. 2 — 4 die Angaben über
Jesu Leben zusammengestellt sind: in Kap. 2 die Koranstellen nach Palmer's Über-
setzung (Sacred Books of the East, vols. VI and IX. Oxford 1880). zum Teil parallellaufend
gedruckt; in Kap. 3 und 4 eine Übersetzung der hierhergehörigen Abschnitte aus A t h -
T h a * 1 a b I ' s A'isas al-''anbijä'' (Verf. schreibt immer Kustts). nach einem mir vorliegen-
den Druck (Kairo 1324) S. 239 — 252 enthaltend, mit einigen Kürzungen. In der zweiten
Hälfte des Buches wird eine Zusammenfassung versucht, die sich im Schlußkapitel {How
to preach Christ) darauf zuspitzt, einige Grundlinien für die missionarische Tätigkeit zu
ziehen. In Kap. 5 (The Person and Character of Jesus Christ) wird bei der Darlegung der
Christus vom Islam zugemessenen Stellung und Bedeutung — im Vergleich zu der missio-
narischen Verkündigung — besonders hervorgehoben: die Ablehnung der Gottessohn-
schaft, der Präexistenz und des Versöhnungstodes, dagegen die Anerkennung seiner außer-
ordentlichen Persönlichkeit, seiner Sündlosigkeit und Wundertätigkeit. Aber Kap. 6
(His Teaching) und 7 (7^5/(5 Christ siipplanted by Mohammed) zeigen sodann, wie die schein-
bar im Islam gegebenen Anknüpfungspunkte zu einer missionarischen Verwendung tat-
sächlich unbrauchbar sind, weil und solange die Vorstellung herrscht, daß Muhammed
der ErfüUer der Verheißung Christi ist. Denn ganz abgesehen davon, daß für den Mu-
hammedaner Jesu Botschaft nur den Juden galt und der Inhalt des N. T. nicht et«'a mit
dem Indjl des Korans gleichgesetzt, sondern als eine Fälschung der Apostel und besonders
des Paulus angesehen wird, dient auch die Übernahme christlicher Vorstellungsinhalte
nur der allmählich durch die Tradition im Islam immer mehr eingebürgerten Verklärung
Muhammeds und macht daher die Ohren taub für die missionarische Verkündigung. Trotz
der vielen in den letzten Kapiteln gegebenen Belege aus der älteren und neueren islamischen
Literatur, welche den Beweis dafür liefern, wie manches christliche Element hier oder dort
von islamischen Autoren übernommen ist, und dem Missionsarbeiter reiche Anregung zu
immer eifrigerem Studium der islamischen Literatur bieten, kommt d'er Verfasser zu dem
Ergebnis »Islam is anti-Christian« (S. 151, iji), »in no sense a preparation for Christian! ty«
(S. 172). Als einziges Hilfsmittel, das geeignet erscheint, den Bann der Tradition zu brechen
und eine tiefergehende Wirkung auf den Islam auszuüben, bezeichnet er — das schemt
hier besonders wichtig — die Hinführung des Muhammedaners auf den Weg historisch-
kritischer Betrachtung, zurück zum geschichtlichen Verständnis Muhammeds und des
Korans. »We must compel Moslems to go back to Mohammed with us; to dig beneath
Kleine Mitteilungen und Anzeigen. 443
I
the rubbish of tradition and in the original foundations of Islam to see what Mohammed
taught in regard to Jesus Christ, and what he himself was, on the testimony of his own
book« (S. i8'7).
Auch über die Missionskreise hinaus wird man Zwemer's Arbeit dankbar begrüßen.
Denn seit Gerock's Versuch einer Darstellung der Christologie des Koran (Gotha 1839)
und Sayous' Jesus-Christ d' apres Mahomet (Paris 1880) ist. wie der Verfasser S. 10
bemerkt, keine ^Monographie mehr über diesen Gegenstand erschienen. Die auf sorg-
fältigen Studien beruhende und unter Berücksichtigung der seither gemachten Forschungen
— der lehrreiche Aufsatz von C. H. Becker, Christliche Polemik und islamische Dogmen-
bildung ZA. XXVI, 175 ff. war dem Verfasser noch nicht zugänglich — unternommene
Bearbeitung ist daher geeignet, eine vorhandene Lücke auszufüllen. Und es steht zu hoffen,
daß diese Schrift insbesondere den Missionsarbeitern ein immer neuer Antrieb zu wissen-
schaftlichen Studien sein wird, die ihnen ja gerade dem Islam gegenüber von so unschätz-
barem Werte sein müssen.
M. H e e p e.
Druckfehler-Berichtigung.
In meinem Artikel »Russische Arbeiten über türkische Literatur und Folkloristik«
und »K. I. Basmadjian: Essai usw.« Heft 1/2 S. 123 — 145. bei dem ich wohl die Kor-
rektur, nicht aber die Revision lesen konnte, blieben einige störende Druckfehler stehen,
was mir um so peinlicher ist, als ich selbst in Basraadjians Literaturgeschichte die
Druckfehler beanstandete.
Zu berichtigen sind neben weniger auffallenden hauptsächlich:
S. 127, Z. 21 V. o. Tcvfiq (st. Teviq);
S. 130. Z. 9 V. o. Säufer (st. Sänger);
Z. 21 V. o. AJy (st. Aß);
S. 132. Z. 7 V, o. Kors (st. Kors); ebenso S. 137 Z. 3 v. u.
Z. 7 V. o. Kirpicnjikow (st. Kirpicnjikow);
Z. 15 V. o. Samojlovic (st. Samojlovic); ebenso S. 136 Z. 24 v. o.
S. 136. Z. 6 v.o. Orientalistes (st. Orienlatistes) ;
Z. 10 V. ü. po vostokovjedjeniju;
S. 13S. Z. 20 V. o. gel Higanda. (st. yet);
S. 144. Z. 20 V. o. Thema (st. Themen);
S. 145, Z. 5 V. o. kaum (st. kann);
Z. 7 V. o. schließlich (st. shließlich).
Theodor Menzel.
Anm. der Redaktion. Leider sind auch sonst zahlreiche Druckfehler stehen ge-
blieben, was wir freundlich zu entschuldigen bitten. Das Meiste wird jeder selbst ver-
bessern können. Als besonders störend, sei hier nur Nr. 251 »Wiener« in »Vienner«
verbessert. Besonderen Dank schulden wir für zahlreiche Verbesserungen den Herrn
GoLDZiHER und Snouck Hurgronje. C. H. B.
Kritische Bibliographie.
I. Allgemeines
(Zeitschriften I), Sammelwerke).
507. Bouvat, L., Bespr. der Welt des Islams h mit Auszügen. RMM XXIII 316—333.
508. Chaschtschab, A., Übersicht über die arabische periodische Presse (Oöaop-b apaöCKOft
iiepiOAiiMecKoii neMaxii). MJ I 644. Vgl. Kr. Bihl.-'biT. 417.
Ch. berichtet über den Inhalt der Zeitungen al-Mu^ajjad, al-Liwä und al-Ahräm,
und zwar für die Zeit von Mai bis September 191 2 unter folgenden Rubriken: das politische
Leben (die äußere Politik, die innere Politik); das religiöse Leben, Volksbildung und Sitten;
die Frauenfrage (die Abschaffung des Schleiers). F. F. S.
509. G(uidi), J., Bespr. von Melanges de la Faculte Orientale de Beyrouth. V fasc. i.
RSO VIi. 1S4— 192.
510. Hartmann, Martin, Bespr. von Mir Islama Bd. I. Petersburg 1912— 13. WI I2,
132—153.
Diese Besprechung verdient besondere Beachtung, weil Hartmann den im Islam
Bd. III S. 307 ff. inhaltlich kurz skizzierten einleitenden Aufsatz Barthold's zu Mir Islama I
hier ganz in Übersetzung wiedergibt. R- ^^•
511. Hartmann, Martin, Bespr. von The Moslem World Bd. I u. II. London 191 1— 12.
WI 12, 153—157.
512. el-Hilal, Vol. XXI, Nr. 10.
513. Journal Asiatique, Table des matieres de la dixieme serie comprenant les annees 1903
ä 1912.
514. Krüger-Westend, Herrn., Goethe und der Islam. Hamburger Nachrichten vom 7. Sep-
tember 1913, Nr. 36.
515. Mecheroutiette seAnnee Nr. 44. JuH 1913.
516. Samojlowitscli, A., Die muhammedanische periodische Presse (Mycy:ibMaHCKaa
nepioAHHecKaH neMaib
1. Die Presse der russischen Muhammedaner (J\eHdilh\)yQQ.K\i\'h-Siycj^W-iaMh)
:MI I 611. Der Verf. bespricht den Inhalt der Nummern — von Mai bis September 1912 —
der Zeitung Wakt »Die Zeit« (Orenburg) (vgl. Islam IV S. 175 ff.) unter folgenden Rubriken:
Volksbildung; Wissenschaft, Literatur und Kunst; Religion und Geistlichkeit, Sitten
und Gebräuche; ökonomische Fragen und gesellschaftliche Tätigkeit; die Muhammedaner
im Auslande, Türkei und China.
2. Die osmanische Presse in der Türkei (OcyianCKSiSl neMaTb Bt Typum). MI I
633. Hier beschränkt sich S. auf die Besprechung der Zeitung Türk Jurdu, Die türkische
Weltj April- bis Septemberlieferungen, wo er nach einer kurzen allgemeinen, ziemlich ab-
I) Sofern nicht die einzelnen Aufsätze gesondert besprochen sind.
Kritische Bibliographie. j ic
sprechenden Einleitung — S. läßt nur die Arbeiten von Gasprinskij, Tewfik Nur-
eddin und Akyl Muhtar gelten — folgende vier Unterabteilungen scheidet:
Volksbilduni^; ökonomische Fragen; die nationale Frage; Literatur, Wissenschaft und
Kunst. p^ Y. S.
517. Schmidt, A. E., Bespr. des Islam Bd. III Heft 4. MI I 603.
Insbesondere sind anerkennend besprochen die Arbeiten von Amedroz, v. Stephan i,
Jacob {Quellenbeiiräge usw.), Becker {Zur Geschichte des islamischen Kultus); die letzte
ist besonders ausführlich wiedergegeben. F. F. S.
518. Verzeichnis der auf Kosten der Deutschen Morgenländischen Gesellschaft veröffent-
lichten Werke. Mai 19 13. Leipzig, Brockhaus.
519. Wiener, Alfred, Bespr. von Deutsches Orient-Jahrbuch 1913, herausgegeben von Karl
MüLLER-PoYRiTz. Priem am Chiemsee 1913. 173 S. WI I2, 159 f.
520. Zimmerer, H., Moltke als Orientalist. Beiträge zur Kenntnis des Orients, heraus-
gegeben von Dr. Hugo Grothe. Bd. X.
II. Religion.
(Anfänge des Islam, Dogma, Recht, Mystik, Zauberwesen, Kultus,
Philosophie, Beziehungen zu anderen Religionen).
521. Alberti, A., / musulmani e la Mecca: i riti. 12 pL. 102 S. in 4", 1913.
522. Arnold, T., The preaching of Islam. New edition, re-written and enlarged. West-
minster, Constable 1913.
523. Blochet, E., Etiides siir le gnosiicisme musulman (Forts, und Schluß, vgl. II
717—756, III 177—203, IV 47—79, 267—300). RSO VI, 5—67.
524. de Boer, T. J., De Ontimkkeling van Allah, »De Beweging«, Mai 1913. S. 191- — 204.
525. Bouvat, L., Bespr. von M. Hart mann, Die islamische Verfassung und Verwaltung
(Kultur der Gegenwart II 1911, 49—86). RMM XXIII 315 f.
526. Bouvat, L., Un essai de Cheikh Sidia sur la prononciation rituelle du {jo »Däd« et du
Ij »Dh&a. RMM XXIII 305—314.
Inhaltsangabe eines ungedruckten Manuskriptes des genannten Scheichs. Nach
der Wiedergabe der Meinungen der bedeutendsten arabischen Sprachgelehrten über die
Phonetik der beiden schwierigen Laute, werden die verschiedenen Lehren über die Un-
gültigkeit eines Gebets, in dem diese beiden Laute verwechselt werden, aufgeführt. Die
große Mehrzahl der schafiitischen Autoritäten sieht ein derartiges Gebet für ungültig an.
Derselben Ansicht sind die hanefitischen Rechtsgelehrten, doch gilt die physische Un-
fähigkeit zur richtigen Aussprache (z. B. der 'agam) oder bei bloßer Unwissenheit die Un-
möglichkeit, sich von einem geeigneten Lehrer unterrichten zu lassen, als Entschuldigung.
Fachr ad-Din ar-Räzi hält die Verwechslung nicht für unzulässig, da beide Laute
mit denselben Organen gebildet würden. Auch die Hanbaliten neigen einer weniger
strengen Auffassung zu. H, R.
527. Gauthier, Leon, Bespr. von Louis-German Levy, Maiwzom'ie (Collection des Grands
Philosophes). Paris 191 1. RHR LXVII 3, 366—375.
528. G(uidi), J., Bespr. von Strothmann, Das Staatsrecht der Zaiditen. RSO VIi 174 f.;
vgl. auch HuART JA 1913 Nr. 3, 711.
529. Hartmann, Martin, Bespr. von Hermann Haussleiter, Register zum Qorankommen-
tar des Tß&arF (Kairo 1321), Straßburg 1912, 42 S. WI I 2, 157 f.
530. Houtsma, M. Th., Bespr. von A. L. M. Nicolas, Essai sur le Cheikhisme; A. L. M.
Nicolas, Le Beyan persan traduit du persan. Tome I; und H. Dreyfuss, L'.Epitri^
AA^ Kritische Bibliographie.
au fils du loup par Bahäou'llah. Traduct. frangaise. Museum XX (Aug. -Sept. 19 13)
442 — 444. Zu den beiden ersten vgl. auch Huart in RHR LXVIII^ioß — 109.
531. Huart, CK, Bespr. von Auguste Comte, L'Islamisme au point de vue social. Textes
de la Philosophie positive, de la Politique et de la Synthese subjective publies par Christian
Cherfils. Paris 1911. JA 1913, Nr. 3, 702.
532. Krauß, S. F., Vom Derwisch-Recken Gazi-Se'idi in Beiträge zur Kenntnis des Orients,
herausgegeben von Dr. Hugo Grothe. Bd. X.
533. Merkurjew, K. W., PyKOBOACTBO K-b iiajiOJKeHiio y ouanneHiiü AorMaiimecKaro
II iiitaiiCTiu'Hiio-npaKTUHecKaro yMeHia MyxaMMPAancTBa
(Handbuch zur Auslegung und Einführung der dogmatischen und moralisch-praktischen
Lehre des Islams). Orenburg 1912, VIII 341 S.
534. Nores et Pommereau, Etüde sur la preuve par ecrit d'apres le droit koraniqite. Paris
1913-
535. Paccard, A., Etüde sur l'islam primitif: la morale de l'islam d'apres le Coran. 128 S.
1913-
536. Roloff, M., Cie muhammedanische Propaganda der Neuzeit. Nord und Süd, Mai 1913,
S. 174 1!.
537. Schmidt, A. E., Bespr. von P. \V. Antaki, Sammlung der Bestimmungen des Schari'at-
rechtes über das Familien- und Erbrecht, i . Heft. Über die Erbschaft bei den sunnitischen
Muhammedanern. Herausgegeben vom Departement der geistlichen Angelegen-
heiten fremder Konfessionen. (C'ijopiiiiK'L, iiocTaHüB.ieHifi mapiaia no comoh-
HOMy II iiacJiBACTBeiiiioMy npasy. Bbiiiych-b I. 0 iiacjibAOBaiiiii y MyeyabMairb
cyHHnTOB-b. CocTaBii.i'b n. B. AiiTaKii. II^Aaiiie ^^enapiaMenTa JJyxoBiibix-b
jn.bji'b IInocTpaHHbix-b IIcnoB-BAanüi (X-yOkiL öL-yU^ ^X 0»"^! oLooi m.^^
St. Petersburg 1912. MI I 597.
Der Kritiker bespricht diese Paraphrase einiger bekannterer meist hanefitischer
Rechtsbücher im allgemeinen günstig, bemängelt indes, daß in keiner Weise ersichtlich
sei, auf welche Quellen der Verfasser sich im einzelnen stützt. Nur die Fußnoten gäben
einige freilich bibliographisch unzureichende Anhaltspunkte. Unerfindlich sei die Nütz-
lichkeit der Beigabe eines arabischen Textes, da dieser zum Teil seinerseits eine Über-
setzung der angeblich russischen Übersetzung sei, das Buch also, da ersichtlich auf einen
nicht-muhammedanischen Verfasser zurückgehend, von Muhammedanern kaum benutzt
werden würde, man also füglich diese nicht unerheblichen Kosten hätte sparen können.
Im übrigen sei die Übersetzung im allgemeinen gut und die beigegebenen Tafeln beim
Gebrauche sehr nützlich, so daß das Werk den in muhammedanischen Gebieten tätigen
Verwaltungsbeamten wohl nützliche Dienste leisten könne. F. F. S.
538. Semjonoff, A., (Ce.MCHOB-b. A.), Aus dem Gebiete der religiösen Vorstellungen der
Ismailiten von Schugnan (lis-b ooaacTU peJinrioiiHbix-b BBpoBaHifi uiyrnaHCKiix-b
HCManjinTOBij) MI I 523 ff.
S. hat Gelegenheit gehabt, sich im Frühjahr vorigen Jahres in Taschkent mit einigen
aus Schugnan im Pamir stammenden Ismailiten über Fragen religiösen und verwandten
Inhalts zu unterhalten. Was er dabei gehört hat, weicht zum Teil von unseren bisherigen
Kenntnissen über die Ismailiten ab. Diese Abweichungen mögen aus der Abgeschiedenheit
der Landschaft Schugnan, aus der Sonderung ihrer Bewohner von ihren Nachbarn, wie
sie in malitiösen Anekdoten z. B. über die Afghanen zum Ausdruck kommt, aus ihrer
Auffassung endlich von der hohen Bedeutung ihres Stammes, ihrer Sprache usw. sowie
von ihren Beziehungen zu den übrigen Muhammedanern zu erklären sein. — Nach der
Auffassung der Ismailiten von Schugnan ist das höchste Wesen in der Welt Gott, der zwei
Kritische Bibliographie. 447
Prinzipien geschaffen hat, das vollkommene, den Verstand, und das minder vollkommene,
die Seele. Diese Prinzipien werden auf der Erde verkörpert durch die Propheten {nölik)
und ihre Inia^ie {imöni). Zwischen beiden steht ein vermittelndes Prinzip (wösita). Zwischen
dem ersten nötik, Adam, und dem ersten imöni, Seth, war das wösita Eva (Bibbi Hawwa),
zwischen dem letzten nölik, Muhammed, und seinem imöm, Ali, Fatme. Jeder nö.iik bat
seinen Helfer söhid. Das Imamat ist überlieferbar. Nach Muhammed gab es aber nur
sechs sichtbare Imame; die anderen sind unsichtbar, d. h. treten als solche anderen Lehren
gegenüber nicht auf. Die Lehre vom Mahdi ist unbekannt. — Der Qoran enthält nur Bruch-
stücke der Muhammed zuteil gewordenen Offenbarung. Das Originalwerk ist nach der
Schlacht von Badr verbrannt. — Der gegenwärtige Imam ist der Aga Chan. Neben diesen
beiden guten Prinzipien hat Gott aber auch das Böse geschaffen, und jedem nöfik und
imöm steht ein daggäl, als Vertreter des Bösen, gegenüber. Neben der sichtbaren Welt
endlich gibt es eine ähnlich gegliederte unsichtbare, Paradies und Hölle. Die Lehre von
der Auferstehung und vom jüngsten Gericht lebt nur beim einfachen Volke, die Gebildeten
dagegen vertreten die Lehre von der Seelenwanderung. — Ausführlich ist die eigenartige
Stellung erörtert, die der »Gemeindevorstand« (/?/>) einnimmt. Die Pirs stellen die Ver-
bindung zum Aga Chan her, zu dem sie alle 2 Jahre einmal mit Geschenken nach Bombay
wandern, das Volk gehört ihnen mit Leib und Seele an, wofür S. zahlreiche Beispiele anführt.
Unter anderem äußert sich ihr Einfluß insbesondere bei den feierlichen Zeremonie^ und
Gebräuchen der Schugnaner bei Geburt und Todesfall, die ausführlich geschildert werden.
Endlich geht Verf. noch auf die weit bedeutsamere Rolle ein, die die Frau im Vergleich
zu anderen Muhammedanern hier im Leben des Mannes und in der Gesellschaft spielt.
Die Bigamie ist zwar erlaubt, wer aber eine zweite Ehe eingeht, verfällt der Nichtachtung.
Auch bei den Zeremonien der Eheschließung tritt wieder der Pir als Berater und spiritus
rector auf. Die Ehescheidung ist erschwert. F- F- S.
539. Stein, Ludwig, Friedrich Rasens Darstellung der persischen Mystik. Arch. f. Gesch.
d. Philos. N. F. 19, 4 (1913)-
540. Thorning, Hermann, Studie n zu Bast Madad et-Taiifiq, ein Beitrag zttr Kenntnis
des islamischen VcrciHSKiesens,Diss.K\e:\ 19 13, Druck von Augustin, Glückstadt, 221 S.
An der Hand eines rifä'itischen Traktates und auf Grund gründlicher Hand-
schriftenstudien sind hier zum ersten Male die Beziehungen zwischen dem Derwisch-
wesen und den Zunftorganisationen untersucht. Diese von G. J.\cob angeregte Disser-
tation wird später erweitert als Buch erscheinen und dann gewürdigt werden, aber
schon die vorhegenden Studien sind vortrefflich, und die Resultate reich und über-
raschend. C- ^- ^•
541. Un Mesopotamien, Le Programme des etiides chez les Chiltes et principalement
chez eux de Nedjef, übersetzt aus Loghat al-Arab II 439 und 599. RMM XXIII
268—2879.
Sehr lehrreiche Schilderung des heute üblichen und in dieser Form v.-ohl schon Jahr-
hunderte früher üblich gewesenen Studienganges der schiitischen Muslime durch einen,
der ihn aus eigener Erfahrung kennt. Der Studienbeflissene begibt sich nach einem
der fünf »Dar el'ilm« (Ispahan, Aleppo, Hilleh, Komm, Negef) und nimmt dort an
den »Vorlesungen« (gi>a>Z sal/nje — fortlaufende Interpretation eines Schriftstellers durch
den Lehrer) oder, wenn er im Studium fortgeschritten ist, an den »Übungen« {al-/nidür
al-/iärigi — Kolloquium über eine bestimmte Frage) teil. Studiert werden nur die »Religions-
^v-issenschaften«, die Profanwissenschaften gelten nur als »Hilfswissenschaften« {^ulüm
älije). Auf das sehr reichlich bemessene Studium der Grammatik folgt. das der Logik, die
aber bei vielen Muslimen in Mißkredit steht {man tamantaq tazandaq). Als erstes Lehrbuch
im Fiqh wird gewöhnlich das Buch des gerade anerkannten Mugtahids gebraucht, das
aaS Kritische Bibliographie.
den ständigen Titel Risäla 'amalije führt. Auf die Anfangsgründe des Fiqh folgt die Rhetorik,
darauf die Lektüre des K. es-sarä'i' des M u h a k k i k , dann folgt das Studium der Usül —
neuerdings gern nach Qäsim al-Khorasänis A'. al-kifäja — , das meist mit
Übungen im igtihäd nach Murtadä al-Ansaris A'. ar-rasä'ü und K. al-makäsib
abschließt. H. R.
III. Geschichte und Kulturgeschichte.
542. Bouvat, L., Notes agricoles et industrielles. RMM XXIII 166 — 212.
Le Commerce et l' Agriculture dans la Ferse du Nord, d' apres MM. H.-L. Rabino
et F. Lafont. Inhaltsangabe von drei Monographien der genannten Verfasser:
I. L'indiistrie sericicole en Ferse (Montpellier, Coulet et fils, 1910, avec une carte serici-
cole de la Perse et de nombreuses figures dans le texte. 160 S.).
II. La culture du riz en Guilan {Ferse) et dans les untres provinces du Sud de la Caspienne
(Extrait des Annales de lEcole Nationale d' Agriculture de Montpellier. Montpellier, Coulet
et fils 191 1, 86 S.).
III. Culture du iabac en Guilan {Ferse) (Extrait du Frogres agricole et vüicole. Mont-
pellier, impr. Roumegous et Dchan 191 1. S S.).
La Culture du coton en Egypte. Besprechung von Si Ahmed El Alfi, La
Culture du coton en Egypte. Travaux de culture, maladies ei amehoration des varietes, aus
dem Arabischen übersetzt von A. Sebbagh und Ch. Lepiney (Tunis, Impnmerie
Centrale, Georges Guinle et Cie. 1913, 134 S.). Die die Terminologie betreffenden Ab-
schnitte werden wiedergegeben. — Les Industries indigenes de l' Alger ie. Inhaltsangabe
von A. Bel et P. Ricard, Les Industr es indigenes de P Alger ie. fasc. prem. : Le Travail
de la laine a Tlemcen (Alger, Adolphe Jourdan). Vgl. Kr. Bibl. Nr. 429. — L' Agriculture
dans la Macedoine et l'Epire {vilayeis de Monastir et de Janina). Nach P. Rolley et de
VisME in den Annales de l' Institut national agronomique 2^ Serie, t. X fasc. 2, 365 — 447,
t. XI fasc. I. 5 — 75. — Labourage electrique en Tunisie {Domaine de Kotidiai), nach Max
Ringelmann, Revue de culture mecanique S. 583 — 589 in Bulletin de la Societe d'encoura-
gemcnt pour Vindnstrie nationale, avril 1913. H. R.
543. Brooks, E. W., The Arab Occupatwn oj Cnte. The English Historical Review, Juli
1913, S. 431—443-
544. The Cambridge Medieval History, planned by J. B. Bury, edited by H.M.Gwatkin
and J. l\ \\uitney, vol. II: The Eise of the Saracens and the joundation oj the Western
empire. Cambridge, Unlversity Press, 1913. XXIV, 889 S.
Mit einer selbst bei Sammelwerken ungewöhnlichen und für die daran unschuldigen
Mitarbeiter sehr schmerzlichen Verspätung ist endlich der zweite Band der CMH erschienen.
Ohne hier eine Würdigung geben zu wollen, sei auf folgende, für unsere Zeitschrift wichtige
Abschnitte hingewiesen: Ch. Diehl, Justinians Restoration im Westen, seine Regierung
im Osten; PFiSTER-Paris, Gallien unter den merovingischen Franken; ALTAMiRA-Madrid,
Spanien unter den Westgoten; HARTMANN-Wien, Das Kaiserliche Italien und Afrika; Baynes,
Die Nachfolger Justinians; Bevan, Muhammed und der Islam (302—328): Entstehung
des Islam bis zum Tode des Propheten; C. H. Becker, Die Ausbreitung der Saracenen
(329—390) in zwei Kapiteln. Kap. XI: Asien und Ägypten vom Tode Muhammeds bis
zum Ende der' Omaj jaden; Kap. XII: Nordafrika, Spanien, Sizilien, Süditalien bis zum
Aufkommen der Normannen, Spanien nur bis zur Loslösung vom Osten. Es folgt E. \\.
Brooks, Die Nachfolger des Heraklius bis 717. Auch Seeliger behandelt in dem Abschnitt
Karl d. Gr. gelegentlich orientalische Fragen. Eine sehr sorgfältige Bibliographie ist jedem
Kapitel beigegeben. Ein besonderer Band enthält das nötige Kartenmaterial.
C. K. B.
J
L>wW.J..^^
Kritische Bibliographie. 449
545. Huart, CK, Bespr. von H. Lammens, Fätimaet les (dies de Mahomet, noles critiques
pour l'etude de la Sira, Rom 1912, VIII + 170 S. RHR LXVII 3, 360 — 363.
546. Maspero, Jean, Graeco-j7-abica 1° Les titrcs de ^^Lii-w-Ji-, i3^1i-««-i et
BIFa5 XI, 155— 161.
Das von Karabacek als quacstor gedeutete giistäl, gi/s/ä/ der arabischen Papyri wird
mit dem byzantinischen a'jyo'jaTciXto?, dem Titel eines Dorfbeamten, in Verbindung gebracht.
Für .Lä.»aoL> wird die Ableitung von einem hypothetischen Äoyta-cz'pi'j; vorgeschlagen.
Beide Lösungen sind geistreich, die erste ist wahrscheinlicher als die z%veite. C. H. B.
547. de Morgan, J., Contribution a l'eiude des ateliers mone/aires de Perse soits la dvnastie
des rois Sassmiides. Revue Numismatique IV 17, 15 — 41, 157 — 189.
548. Sarkar, J., Anecdotes of Aiirangsib and historical essays. 242 S. 1913.
549. Sarkar, J., History of Anrahgzib: mainly based on Pcrsian soiirces. 2 vol. 1913.
550. Seybold, C J., Abbariav.a I. A'^fes. Rus^at. Ondara. Picasent, en Aben Alabbär. Sonder-
abdruck aus »La Revista del Centro de Estudios Historicos de Granada y su Reino«,
Granada 1912, 4 S.
551. Seybold, C. J., Maccariana I. Onteniente, Coceyitaina, Firiayia, Alcaudete en Almaccari.
Sonderabdjuck aus: »La Revista del Centro de Estudios Historicos de Granada y su
Reino«. Granada 1Q12, 4 S.
552. Snouck Hurgronje, C, Bespr. von L.Caetani, CÄrojFr^^ra/^/r/a /s/awnVa. MuseymXX
(Aug. -Sept. 1913) 423—425.
553. Stourdza, L'Europe Orientale et le role historique des Maurocordato (1660 — 1830) 140 ill.
I tableau genealogique. Plon-Nourrit et Cie. Paris 1913.
554. N. N., Histoin des Khalifes. Ins Arabische übersetzt u. d. T. »Tärich al-Chulafä«.
von Nachla Bek Sälih S a g w ä t. 173 S. Cairo. A. H. 1331.
IV. Naturwissenschaften (inkl. Medizin).
555. A(niedroz), H. F., Bespr. von Gotthelf Bergsträsser, Nunain ibn Ishäk \ind seine
Schule. Leiden 1913. JRAS 1913, 736 — 738.
556. Elze, Curt, Privatdozent und Prosektor Dr., Vom ungeleckten Bären. Arch. f. d. Gesch.
d. Natw. u. d. Technik, 5. Bd. (1913) S. 36 — 48.
557. Elze, Curt, Historisches über angeborene imd neugeborene Bären tind die Redensart
)>wie ein ungeleckter Bär«. Verh. d. anat. Ges. auf der 27. Versammlung in Greifswald
1913, S- 133.
Eine mit erstaunlicher Belesenheit und Gründlichkeit durchgeführte Studie über
die genannte Redensart, die auf die Vorstellung zurückgeht, daß der neugeborene Bär
eine formlose Masse ist, die erst durch die Mutter zurechtgeleckt werden muß (P 1 i n i u s:
hi sunt Candida informisqne caro . . . hanc lambendo paulatim pgitrant). Wir müssen dieser
Arbeit auch hier gedenken, weil auch die arabische Literatur (Kazwini, Damiri)
diese Geschichte übernommen hat und mehrere neue Züge hinzutreten: die Furcht vor
den Ameisen und das Gebären über einem vom Blitze getroffenen schwarzen Stein oder
gegenüber dem Sternbild des kleinen Bären. Dieser letzte Zug findet sich auch bei G 1 y k a s
(um II 50), und es wäre interessant, zu untersuchen, welcher gemeinsamen griechischen
oder arabischen ( ?) Quelle die beiden zeitlich einander nahestehenden Autoren ihre Nach-
richt verdanken.
Die an erster Stelle genannte Studie gibt die Belegstellen ausführlich, die aus Kaz-
wini und D a m i r I in Übersetzung; die zweite ist ein gekürzter Bericht, der aber
mehrere Illustrationen enthält. ]• ^•
558. Huart, Cl., Bespr. von Gabriel Colin, Avetizoar, sa vie ■'t ses oriivres. These pour le
doctorat es lettres. Paris 191 1. JA 19 13 Nr. 3, 713.
ACQ Kritische Bibliographie.
559. Low, J., Bespr. von J. Ruska, Das Steinbuch des Aristoteles. OLZ i6, 8, 373.
560. Wiedemann, Eilhard, Kulturgeschichtliches und Klimatologisches aus arabischen Schrift-
stellern. Arch. f. d. Gesch. d. Naturw. u. d. Technik, Bd. V (19 13) S. 56 ff.
Enthält eine Zusammenstellung von Auslassungen arabischer Schriftsteller über
kulturelle Verhältnisse und über Klima von Ländern und Städten. Mitgeteilt sind i. Vor-
wort und Einleitungen des 2. Bandes der Kosmographie von Kazwini (ed. Wüsten-
feld II, I — 7). Einzelne Stellen sind stark gekürzt, andere vom Verf. schon in früheren
Arbeiten mitgeteilt. Daran schließen sich 2. Betrachtungen von Abu '1 Fadl Ga*far
b. 'All al-DimaskI (vgl. Wiedemann, Beiträge XXX S. 229) über die Notwendig-
keit des Geldes, aus seiner Handelskunde. Weiter 3. Schilderungen der einzelnen KÜmate
durch MukaddasT, in verkürzter Wiedergabe. Ich verstehe aber nicht, was der
Satz S. 64 bedeuten soll: »die Leute (von Kirmän) sind braun, bis zur Magerkeit«. Ein
4. Abschnitt gibt Beispiele über die an einzelnen Orten auftretenden Krankheiten, be-
sonders aus T a 'ä 1 i b i s Kitäb lata' if al-ma^ärif. In den Anmerkungen ist eine eingehende
Studie über Skorpione enthalten, der Schluß beschäftigt sich hauptsächlich mit dem Klima
von al-Ahwäs. J- R-
V. Literaturgeschichte
(Handschriftenkataloge und neue Quellen).
561. Abderrahman, M., Enseignemeni de V Arabe parle et de T Arabe regulier d' apres la methode
directe. Deuxihne periode, classes de quatrieme et de troisieme. Lectures choisies, contes,
fables, anecdotes; recits sur la vie arabe, les mceurs et coutumes des Arabes. VIII, 144 S.,
1913-
562. Alam Nama, Persian Text, ed. by Harinath. Calc. Bibl. Ind. 1912.
563. Amedroz, H. F., The ballad of Schiller in another version. RSO VI i, 99—101.
Ergänzung zu des Verf. Aufsatz RSO III 557, berichtet über eine kürzere Version
der Geschichte von »Ahmad dem Waisenknaben«, dem arabischen »Fridolin«, im. Mir^ ät
al-Zamän des Sibtibnal-Gauzi. H. R.
564. Apt, Naftali, Die Hiobser Zählung in der arabischen Literatur, i. Teil: Zwei arabische
Hiobhandschrijten der Kgl. Bibliothek zu Berlin, herausgegeben, verglichen und übersetzt.
Heidelberger Dissertation 1913, 71 S.
565. al-Beidhäwi, at-Tafsir al-mousammä Anwär at-tanzll wa asrär ai-tavi'll. Am Rande :
Häsia des Abul-Fadl al-Qurasi as-Siddiqi al-Khälib,
al-Kazerüni, 5 vol. in- 8, Cairo 1330.
566. Berge, A., Dictionyiaire Persan-Frangais avec une Table Alphabetique p. s. de Dic-
tionnaire Frangais-Persan et un Tableau Comparatif des Annees de PEre Mahometane
et de VPlre Chretienne. Neue Ausgabe. Leipzig 1913.
567. Della Vida G. Levi, Bespr. von Theodor Nöldeke, Burzöes Einleitung zu dem Buche
Kaiila wa Dimna übersetzt und erläutert. Straßburg, Trübner, 1912. V, 27 S. (Schriften
der Wissensch. Gesellschaft in Straßburg, 12. Heft). RSO VI i, 200—202.
568. Della Vida, G. Levi, Bespr. von The Tarjumän al-ashwäq. A collection of mystical
ödes by Mu/iyi ^ddin ibn al-^Arabi. Edited from three manuscripts with a literal
Version of the text and an abridged translation of the authors commentary thereon
by Reynold A. Nicholson. London, Royal Asiaric Society, 1911. VII 155 S. (Orien-
tal Translation Fund. N. S. XX). RSO VI i, 197—199-
569. Bourgeois, H., La transcription arabe du Serbe. RMM XXIII 298 — 304.
Da seit dem Aufhören der türkischen Herrschaft in Serbien die Kenntnis des Tür-
kischen, das bis dahin die Schriftsprache der serbischen Muhammedaner gewesen war,
immer mehr verschwindet, versuchen die konservativ muhammedanischen Kreise die ara-
Kritische Bibliographie. 4^1
bische Schrift für das Serbische einzuführen. Sollte der Versuch gehngen, so würde Serbien
ein bemerkenswertes Beispiel für die Erscheinung bieten, daß die Sprache durch die Nation,
die Schrift durch die Religion bestimmt wird. Dieselbe Sprache würde von den römischen
Christen mit lateinischen, den griechischen mit cyrillischen und den Muhammedanern mit
arabischen Lettern geschrieben werden. Die Art der Umschreibung wird ausführlich er-
läutert. H. R.
570. Gordlewskij, W., Bespi.von Boga Abd-ul-Bedi^: /^^alkedebijatydan (|^.jJöLoOi / 4^)
I. Heft I Makallar') (JÜLüx). Kasan 1912. Gesellsch. Ma'arif. MI I 601.
Das angeführte Werk ist die erste Lieferung eines breit angelegten dreibändigen
Werkes, dessen erster Band Sprichwörter, Rätsel, Lieder, Beschwörungen und Reime,
dessen zweiter Band Aberglauben, Erzählungen und Entstehungsgeschichten einiger Sprich-
wörter und dessen dritter Band endlich ein Wörterbuch enthalten soll. Der Kritiker be-
grüßt das Werk herzlich, trotzdem er an ihm die Wiederholung einiger früher bereits edierten
Sprichwörter und die ermüdende alphabetische Anordnung auszusetzen findet, bedauert
aber, daß die Anregung zu diesem Werke nicht von einem Russen, sondern von dem ungari-
schen Orientalisten und Turkologen J. MeszÄros ausgegangen ist. F. F. S.
571. G[uidi], J., Bespr. von Max van Berchem, Arabische Inschriften (Sonderabdruck
aus »Die Ausstellung von Meisterwerken muhammedanischer Kunst in München
1910«). F. Bruckmann, A. G. München. Fol. H, 20 S., 12 Tafeln. RSO VI 181 f.
Bespr. von Ibn At-Tiqtaqä. Al-Fakhri, Histoire des dynasties
musulmanes . . . avec des proVgomenes sur les principes du gouvernement, traduit de
l'arabe et annote par ^mile Amar (Archives Marocaines vol. XVI). Paris 1910.
Bespr. von Abou Zakarya Yah'ia Ibn Khaldoün, Histoire
des Beni 'Abd-el-Wäd, rois de Tlemcen {regne d' Abou H'ammou Moüsa II) texte arabe
ddite .... par Alfreu Bel avec la collaboration de Si-l'Ghoütsi Bouali
vol. II fasc. I. Alger 191 1.
Bespr. von A b ü '1 M a h ä s i n Ibn T a g h r i B i r d i's Aymals
entitled An-nujüm az-Zähira ... ed. by William Popper vol. II part 2, no. 3. Berkeley,
Üniversity Press 19 12.
Bespr. von A. Raux, Chrestomathie persane elementaire , morceaux tires du
Bahäristän de D j ä m i et publies avec; les voyelles et des notes en fran^ais. Paris
1911. JA 1913 Nr. 3, 697, 704, 706, 709-
572. Ibn-Schit Mahalem, ^/-Xito^jfl^ Arabic Text. Edited by P. C. Bacha. 192 S. London.
Luzac 1913.
573. Ai-Käli, Indices io the poetical citations in the Kitäb al-Amäli of Abu '■All Ismä'tl Ibn
Al'Käsim Al-A'äli (Bulak-Edition, A. H. 1324). I. Names of Poets by Krenkow.
IL Rhymes by A. Bevan. Leiden, E. J. Brill, 1913-
574. Köprüsadeh Mehmed Fuad Bei, Das Natiotialgefühl in der türkischen Literatur. Über-
setzt aus Türk-Jiirdu, Osmanischer Lloyd 1913, Nr. 179—181.
575. Maometto, // Corano. Versione tolta direttamente dal testo arabo, da E. Branchi,
437 S. in 8, 1913-
576. Millet, Santa Olalla, Compendio de Gramätica arabe vulgär y vocabulario hispano ärabe
militar. 135 S. Verlag Linguistica 1913.
577. ar-Raba'i, *isä ibn Ibrahim ibn M., K. Nizäm al-gar'ib. Herausgegeben von P.Brönnle.
Kairo o. J. (1913)- 8=. 3, 3" S.
578. Ronzevalle, L., Un traue de musique arabe moderne {Lettre de M. M u s a q a) preface,
traduction francaise, texte et notes 7 pl., 120 S., MFOB 1913..
I) Hartmann (VVI I S. 152) verbessert masallar (-Ui>>), was >Märchen, Erzäh-
lungen« bedeuten würde.
Islam. IV. 3»
A^2 Kritische Bibliographie.
579. Samojlowitsch,A.,Bespr. von Gordlewskij.W., Osmanische Geschichten und Legenden.
Abdr. aus der Ethnographischen Rundschau H. 86 — 87, 90—91 (OcMaHOKiH CKa-
aanlH H JiereiiAt.1. Ott. h-s-b 3THorpa^mMecKaro 06o;3p-BHiH). Moskau 19 12.
MI I 582. (Vgl. diese Ztschr. IV 1/2 129.)
Der Kritiker tadelt die überhastete Bearbeitung, die sich in manchen kleinen Uneben-
heiten zeige, erkennt aber die große Bedeutung der Veröffentlichung für die ethnographische
Forschung an. F. F. S.
580. Samojlowitsch,A., Bespr. von W. Gordlewskij, Abriß der neuen osmanischen Literatur
{Arbeiten zur Orientforschung, herausgegeben vom Lasarewskij -Institut für orien-
talische Sprachen, H. XXXIX) (OnepKn no ocMancKOfl JinTepaTypB. (TpyAW
HO üocTOKOBBABHiio, ii3AaBaeMhie JlaaapeBCKHM'i, IIncTiiTyTOM'b boctohhi.ixx.
iiaUKOR-b). Moskau 1912. MI I 582. (Vgl. diese Ztschr. IV 1/2 132.)
Der Kritiker gibt eine kurze Übersicht über den Inhalt des Werkes, das gewisser-
maßen eine Fortsetzung des )) Abrisses der Geschichte der osmanischen Literatur« von W. D.
Smirnoff (OiepKTj iicTopiii TvperiKOil (ocMaiicKofi) :iiiTei)aTypbi B. ^. CMiipuoBa)
bildet. Er vermißt ausreichende Quellenangaben und eine genaue Fixierung des Zeit-
punktes, bis zu dem sich die Darstellung des Verfassers erstreckt, erkennt aber andererseits
den Wert des Werkes als Beitrag zur populären russischen Literatur über die Türkei an.
F. F. S.
581. Seybold, C. F., I. Die Breslauer Glossen zu SlwäsVs Kommentar zu SegäwendVs
Erbrecht {aljaräid) al-Sirägije. II. Der Breslauer türkische Kommentar zur Sirägije
{beide fragmentarisch). Mit Faksimile. RSO VI i, 89 — 98.
582. Seybold, C. F., El Elngio Anönimo de Cördoba en disticos latinos. Sonderabdruck aus
»La Revista del Ccntro de Estudios Historicos de Granada y su Reino«, Granada
1912, 4 S.
VI. Archäologie
(Kunstgeschichte, Epigraphik, historische Geographie und ähnliches).
583. yonFaWiCy 0., Kunstgeschichte der Seidenweberei. 612 Fig. 10 farbige Tafeln. 2 vol.
in 4°. Ernst Wasmuth, A.-G., Berhn 19 13.
584. Herz-Pacha, Max, Boiseries fatimiles aux sculptures fgurales. Avec 1 9 illustrations
sur trois planches. OA III 169 — 174.
Im Jahre 191 1 fand Herz-Pascha bei Konservierungsarbeiten am Mausoleum des
Mohammed en-Näfir auf der Rückseite einiger Teile des Wandfrieses Holzschnitzereien
mit verschiedenen menschlichen und tierischen Darstellungen, umgeben von Arabesken
und einer Borde mit Laubwerk. Sie zeigten große Ähnlichkeit mit einigen Stücken des
Museums, die vom Muristän Kaläün stammen sollen, die aber jedenfalls ursprünglich nicht
für dieses Bauwerk bestimmt waren, vielmehr einst ein älteres Gebäude geschmückt hatten.
Über Herkunftsort und Herstellungszeit war man sich bisher nicht klar. Verf. sucht nun
nachzuweisen, daß beide, sowohl die älteren Stücke, als auch die im Mausoleum des Moh.
en-Näsir neu gefundenen, aus den verschwundenen Faiimidenpalästen stammen. R. M.
585. Herz-Pascha, Quelques observations sur la commimication de S. E. A h m e d Z 6 k i
p a c h a ))Le passe et l'avenir de l'art musulman en Egypte« (suivies de la replique de
Z e k i p a c h a). EC Nr. 15, 387 — 402.
586. Hopf, Carl, Anatolische Stickereien. Mit 19 Abb. im Text und auf 2 Tafeln. OA III,
186 — 192.
Ein aus der Begeisterung für die Schönheiten orientahschen Kunstgewerbes ent-
standener, in ansprechender Form geschriebener kleiner Artikel. Eine Lobrede auf den
Formen« und Farbensinn der anatoUschen Stickerinnen und die Erzeugnisse ihres häus-
Kritische Bibliographie. 453
liehen Fleißes. Verf. legt dar, daß bei dem weitaus größten Teile es sich nicht, wie z. B.
bei den orientalischen Teppichen, um eine erstarrte Kunst handelt, die nur »von höheren
ÜberlieferKngen zehrt«, sondern daß wir es hier mit einer wirklich lebendigen, immer neue
Formen schaffenden Kunst zu tun haben, deren »Ursprung in dem ureigenen Schaffen
der Stickerinnen selbst zu suchen«, die »aus dem Innern der Frauen selber heraus, aus
ihrem Schmuckbedürfnis und ihrer natürlichen Begabung« gewachsen ist. R. M.
587. Huart, Cl., Bespr. von S. Flury, Die Ornamente der Hakim- und Ashar-Moschee,
Materialien zur Geschichte der älteren Kunst des Islam. Heidelberg 1912. JA 1913
Nr. 3, 708.
VII. Länder und Völker des Islam.
a) Rußland.
588. Barthold, W., Bespr. von Die wichtigsten statistischen Nachrichten über die dem Ein-
flüsse des Islam unterworfenen fremden Völkerschaften des östlichen Rußlands und
westlichen Sibiriens. Herausgegeben von Andrej, weiland Bischof von Mamadysch,
jetzt von Suchum, und von N. W. Nikolskij, Lehrer der Ethnographie. Kasan
1912 (HanöoJi'Be BancHbia cxaTncTUHecKlH cB-BAüHia oot nnopoAiiax'b boctoh-
HOÄ Poccifi n 3anaAHon CiiOiipn no;;Bep:KeHHHX'b BJiianiio nc.iaMa.- 1103,1.
peAaKi^ie») EnncKona An^pea, ötiBiuaro MaMaABiuicKaro, hmh-b CyxyMCKaro
H npenoAaßaTeaa 3THorpa(|)iii H. B. HiiKOJibCKaro. Kasanb. 1912). MIX 587.
So verdienstvoll die Arbeit in ihren Zielen sei und so wertvoll sie bei richtiger Be-
arbeitung der den Verfassern zur Verfügung stehenden Materialien hätte sein können,
so wenig entspreche sie leider den billigerweise an eine wissenschaftliche Arbeit zu stellenden
Anforderungen. Die Statistiken sind, wie B. nachweist, völlig unzuverlässig und zum Teil
verworren, v/omit der wissenschaftUche Wert der Arbeit gleich Null wird. Den Verfassern
sei zuzugeben, daß die Bekämpfung des Islam und seiner Proselytenmacherei unter christ-
lichen Stämmen im Staatsinteresse eine höchst wichtige Aufgabe und die nähere Kenntnis
der in Rußland wohnenden islamischen Völkerstämme zu diesem Zwecke erforderlich sei,
indes sei zu hoffen, daß mit dem Wachsen unserer Kenntnisse in dieser Richtung auch
die Herausgabe einer derartigen Arbeit unmöglich werde.
Ob in dieser harten Kritik der Schlüssel für die Einstellung der Herausgabe des MI
zu sehen ist, wie. Hartmann (WI I S. 152) andeutet, mag hier dahingestellt bleiben. Vgl.
Kr. Bibl. Nr. 121. F. F. S.
589. Huart, Cl., Bespr. von Joseph Castagne, conservateur du Musee d'Orenbourg,
Les Monuments funeraires de la steppe des Khirgizes. Orenbourg 191 1. JA 1913 Nr. 3,
701.
590. Protokolle der Sitzungen und Berichte der Mitglieder des Vereins der Freunde
der Archäologie von Turkestan. n. Dezember 1912 bis i. April 1913, Jahrg.
XVII. Taschkent 1913.
Das nach längerer Unterbrechung ^) erschienene Heft (54 S.) enthält, außer drei
Sitzungsprotokollen, folgende Aufsätze: i. L. Zimin, Muhammedanische Sage über die
Stadt Osch (in Fergana); Übersetzung eines schon 1885 in Taschkent gedruckten osttürkischen
Textes {Os sahri risalesi) mit Anmerkungen, darin Mitteilungen über einige Grabdenkmäler
u. a. nach eigener Anschauung; dazu 5 Tafeln (Photographien); 2. J. Kastanje (J. Ca-
stagne), Über den Schlangenkultus bei verschiedenen Völkern und Spuren desselben in Tur-
0 Um bibliographischen Mißverständnissen vorzubeugen-, müßte die Tatsache, daß
Jahrgang XVII unmittelbar auf Jahrgang XIV folgt und daß während der Jahre 191 1
und IQ 12 nichts erschienen ist, in einem Vorwort erwähnt worden sein.
AKA Kritische Bibliographie.
kestan (dazu 3 Tafeln und Abbildung im Text); 3. A. A. Semenow, Kurze Mitteilung über
einige Denkmäler der materiellen Kultur aus Djordjän (Ruinen am Fluß Gürgen in Nord-
Persien); dazu 2 Tafeln (Hausgerät, Gegenstände aus Ton und Glas); 4. L. Zimin, Der
Siegesspiegel {Mirfat al-Fiitüh) und seine Bedeutung für die Geschichte des Chanat Khokand;
ausführliche Mitteilung über eine neu entdeckte Handschrift des von W. Barthold (Zap. XV,
273) kurz besprochenen Werkes; 5. A. A. Semenow, Über die Hälfte einer Fliesenplatte
mit Figur Zeichnungen aus Kunja-Urgentsch (in Khiwa); die nur zur Hälfte erhaltene
Platte ist von dem Offizier Z. Daschkow gefunden, von Oberst N. Lykoschin dem Verein
zugestellt worden; die Figuren Cbärtige Männer, mit Nimbus) scheinen christlichen oder
manichäischen Ursprungs zu sein; für die Kunstgeschichte kann dieser Fund vielleicht
von großer Bedeutung werden; dazu Abbildung, doch ohne Wiedergabe der in dem Artikel
ausführlich beschriebenen Bemalung; 6. W. Milowanow, jhtronomische Kenntnisse der
Astronomen von Samarkand, anläßlich der Ausgrabung des Observatoriums von Ulug-Bek
(vgl. den ausführlichen Bericht über diese Ausgrabung von W. Wjatkin im Bulletin publie
par le Comite Russe de l' Association Internationale pour l'exploration de l' Asie Centrale et de
r Extreme Orient, Sixie II, Nr. 1). W. B.
b) Balkan und Türkei.
591. Berard, Victor, La mort de Stamboul. Consid^ations sur le gouvernemeni des Jeunes-
Turcs. Paris 1913, A. Colin. XIV, 420 S.
592. Bouvat, L., Le vilayet de Bagdad et son Organisation administrative. RMM XXIII
240 — 267.
Ausführliche Auszüge aus dem Baghdäd Wildyeti» Makhsus Sdlnämesi für 1327 — 1329H
= 1911. Auf allerlei für den mohammedanischen Kalenderleser wichtige Angaben und
Tabellen von allgemeiner Bedeutung folgt eine Übersicht über den ganzen Verwaltungs-
apparat mit Personalien, die Gendarmerie, das Zollwesen mit Angabe der Einnahmen,
die aus den verschiedenen Zöllen eingekommen sind, die Banken, Konsulate, die Polizei usw.
Darauf folgt eine Beschreibung des Wiläjets: Aufzählung der Qazäs und Nähijes, Be-
völkerung, Wirtschaftsleben, dann die Geschichte und Geographie des Wiläjets, eine
Statistik der Stadt, eine Liste aller Wälis vom Jahre 1048 d. H. ab, ein Verzeichnis sämt-
licher, im ganzen W'iläjet vorhandenen Heiligengräber, endlich ein Verzeichnis der nicht-
muslimischen Schulen in Baghdad und eine Übersicht über die Garnison. H. R.
593. Chatir, D., L'etat actuel du Chemin de Fer de Baghdad. QDC Nr. 397, 279—281.
594. de Contenson, Ludovic, Les reformes en Turquie d' Asie. La question arm^nienne,
la question syrienne. Avec carte. Paris 1913, Plon-Nourrit.
595. Diena, Giulio, Die Erwerbung Tripolitaniens durch Italien und deren völkerrechtliche
Bedeutung. Zeitschr. f. Internationales Recht 1913, Abt. II: Völkerrecht. S. 1—20.
Es werden (S. 15 ff.) nicht nur die in Kr. Bibl. Nr. 380 angeführten Urkunden, sondern
auch der wichtige Präliminarakt vom 15. Oktober 1912 mitgeteilt (vgl. jetzt auch Kr. Bibl.
Nr. 598). Dem geht voraus eine Würdigung des Friedens vom völkerrechtlichen Standpunkt.
Hervorgehoben wird mit Recht, daß aus politischen Gründen die Überantwortung der
lybischen Kolonien seitens der Türkei an Italien nicht in der Form einer ausdrücklichen
Abtretung des türkischen Gebiets, sondern in der Weise stattgefunden hat, daß die Türkei
ihren bisherigen Provinzen eine völlige Autonomie verlieh, die dann sofort der Souveränität
Italiens wich. Die rechtliche Bedeutung dieser politischen Maßregel überschätzt der Verf.
(anders als Strupp, vgl. Kr. Bibl. Nr. 6n) jedoch sehr. E. L.
596. V. Diest, Werdegang der Osmanen II. Asien XII 10, 163— 166 mit Forts. Vgl. Kr. Bibl. 363.
597. ?e\Amtmn,\^\\\\.., Kriegstage in Konstantinopel 171 S. Straßburg 191 3, Karl J. Trübner.
598. Der Friede von Lausanne vom iS. Oktober 191 2 nebst dem modus procedendi und den
Proklamationen. Zeitschr. f. Völkerrecht und Bundesstaatsrecht Bd. VI S. 488 — 493-
Kritische Bibliographie. 455
Die in derselben Zeitschrift S. 394 — 397 wiedergegebenen Urkunden (vgl. Kr. Bibl.
Nr. 380) werden, diesmal in französischer Sprache, nochmals abgedruckt, vermehrt um
den anfangs geheim gehaltenen Präliminarvertrag vom 15. Oktober 1912. Dieselben Ur-
kunden finden sich auch im Nouveau Recueil General de Traites, 3™^ serie, tome VII, 3 — 10.
Vgl. ferner Kr. Bibl. Nr. 595. E. L.
599. O[ordlewskij], W., Bespr. von Wirth, A., Geschichte der Türken. MI I, 602.
Kurze, sehr absprechende Kritik, die das Werk als fehlerhaft und völlig unwissen-
schaftHch bezeichnet. — Der Kritiker warnt vor der Lektüre des Buches. Vgl. auch
Carl Niebuhr OLZ 16. 9, 419. F. F. S.
600. Graevenitz, G. v., Geschichte des Italienisch-Türkischen Krieges. 2. Lieferung: Bis
zur Einnahme von Gargaresch (20. Januar) und den Gefechten von Mergheb bei Homs
(27. Februar), Uadi Derna (3. März) und Zwei Palmen bei Bengasi (12. März). —
Mit 7 Karten und sonstigen Skizzen im Text und 2 Truppenübersichten als Anlagen. —
HO S. Berlin 1913, R. Eisenschmidt.
601. Grothe, H,, Die asiatische Türkei und die deutschen Interessen. Beiträge zur Kenntnis
des Orients, herausgegeben von Dr. Hugo Grothe, Bd. X.
602. Gurlitt, "C, Die Sklaverei bei den Türken im 16. Jahrh. nach europäischen Berichten.
Beiträge zur Kenntnis des Orients, herausgegeben von Dr. Hugo Grothe, Bd. X.
603. Hartmann, Martin, Bespr, von Mohamed Farid Bey, Etüde sur la Crise Ottomane
Actuelle (Genf) 1913, 62 S. WI I 2, 158 f.
604. Heß, J. J., Beduinetinamen aus Zeritralarabien (lU, S4 ^-^ SBAk. Heid. 1912. 19. Abh;
Heidelberg, C. Winter.
605. Imhoff, Generalleutnant z. D., Der Bündnisabschluß zinschen Izzet Pascha und dem
Imam Jahja von Jemen im Jahre 191 1. Aus dem Tanin (8./21. Nov. 1327) übersetzt.
Deutsche Tageszeitung (Berlin) Nr. 392, 394, 5. und 6. August 19 13.
606. Levy, Sam., ancien redacteur en chef du Journal de Salonique, Le declin du Croissant.
Paris 19 13, B. Grasset.
607. Mach, Richard v., Briefe aus dem Balkankrieg 1912— 1913, Kriegsberichte der Köl-
nischen Zeitung. Mit 7 Bildnissen und 3 Kartenskizzen. VIII, 144 S. Berlin 19 13,
R. Eisenschmidt.
608. Pinon,Rene, Conference sur la Turquied' Asie et les provinces armeniennes. As. Fr. B.
Nr. 148, 290 — 296.
609. Roloff, Max, Die türkischen Sultane als Kalifen. Nord und Süd, März 1913.
610. Stavenhagen, W., Salonikis Bedeutung. Nord und Süd, Januar 1913, S. 14.
Geschichte der Entwicklung Salonikis als Handelsplatz, einstige Bedeutung und
Niedergang mit Entdeckung des Seeweges nach Indien und Verlegung der Völkerhandels-
straße, erneute Blüte mit der Eröffnung des Suezkanals und der Wardarbahn. Bedeutung
Salonikis insbesondere für Österreich-Ungarn, daher Gefahren bei der neuen politischen
Gliederung für die Entwicklungsmöglichkeiten, S. 6. — Lage und Verkehr, Verbindungen
zu See und zu Lande, Bevölkerung. — Bedeutung der geplanten Bahnbauten in Bosnien
und im Sandschak für den Weltverkehr, insbesondere die Strecke Berlin— Suez und damit
für Saloniki. ^- ^- ^•
611. Strupp, Karl, Der Friede von Lausanne. Zeitschr. f. Völkerrecht und Bundesstaats-
recht Bd. VI S. 578—581.
Besprechung des türkisch-italienischen Friedensschlusses vom Standpunkt einer
realpolitisch denkenden Völkerrechtswissenschaft. Vgl. auch Kr. Bibl. Nr. 595. E. L.
612. Vambery, H., Das Erwachen der Mohammedaner in Asien. Beiträge zur Kenntnis
des Orients, herausgegeben von Dr. Hugo Grothe, Bd. X.
613. V\mnrA,nQnr\, Les chemins de ferd'Anatolie et de Bagdad. As. Fr. B.Nr. 1 48,, 300— 309
A'^O Kritische Bibliographie.
c) Persien und Zentralasien.
614. Demorgny,G., En Ferse. Les reformes administratives. — Les tribus du Pars (2^ partie).
RMM XXIII I— 109.
(Vgl. Kr. Bibl. Nr. 388.) Abdruck der verschiedenen von 191 1 — 1913 in Teheran
erlassenen Verfügungen, die sich auf die Bildung und Zusammensetzung einer »Commission
de la carte administrative et du budget provincial« beziehen. Darauf folgt die Wieder-
gabe des zweiten, im Druck befindlichen Teils des von D. verfaßten Blaubuches über die
Verwaltungsreformen in Persien (vgl. Kr. Bibl. Nr. 388). Es enthält die Reformvorschläge
für die Verwaltung der Provinz Fars, mit einem historischen Überblick über die früheren
Bevölkerungs- und Verwaltungsverhältnisse der Provinz, der den jetzigen Zustand und
die Notwendigkeit einer Änderung der Landeseinteilung begreiflich macht. Angehängt
ist die neue politische Übersichtskarte der Provinz.
Die Grundsätze der neuen Einteilung sind im wesentlichen diese: Die vorhandenen
großen Stammesgruppen werden in ihrer Ausdehnung entsprechenden Wiläjets zusammen-
gefaßt, doch so, daß den Stämmen innerhalb des ihnen angewiesenen Bezirks die genügende
Bewegungsfreiheit für ihre periodischen Wanderungen bleibt. Zwischen diese Stammes-
wiläjets und um sie herum werden andere, zum Teil unmittelbar von der Zentralregierung
in Teheran aus verwaltete Wiläjets gelegt, die die politische Bedeutung haben, als Puffer-
bezirke zwischen den verschiedenen Stämmen zu dienen und ein Vordringen derselben
über ihr Gebiet hinaus zu verhindern.
Die drei Hauptwiläjets sind i. Kuh-Gulije und Mamassani, als Pufferbezirk zwischen
den Gaschgais und den von Nordwesten her vordringenden Bakhtjaris, 2. Casch^ai, 2-Khamseh.
Ein »Conseil des Tribus« in Schiraz bzw. der »Conseil superieur« hat Angelegenheiten,
die alle drei Bezirke gemeinsam betreffen, zu beraten (vgl. Kr. Bibl. Nr. 390). — Wilä-
jets mit wesentlich politischer Bedeutung sind i. ein von Teheran aus verwaltetes
Zentral wiläjet, als Pufferbezirk zwischen Gasch^ai und Khamseh liegend; 2. ein Wiläjet
in der Gegend von Abadeh, mit der Aufgabe, die seßhaften Khalägcn gegen die Araber
zu schützen, sowie Einfälle der Araber und Gaschgais nach Jezd zu verhindern; 2. ein
W. in der Gegend von Neiriz, als Bollwerk gegen die Einfälle der Nafar, Baharlus,
Inanlus und Araber nach Kirman; 3. ein W. Larestan-Abbassi am Meer, das die Zollver-
waltung unterstützen und die kriegerischen Scheiche der Inseln des Golfs in Schach halten
soll; 4. zwei weitere W. zwischen Larestan und Kiih-GHuje an der Küste mit der Aufgabe,
die Gaschgais bei ihren Winterwanderungen innerhalb ihrer Grenzen zu halten. Wiläjet
3 und 4 treten an die Stelle des bisherigen »Hafengouvernements«, das sich wegen seiner,
von einem einzigen Gouverneur gar nicht zu übersehenden Ausdehnung (Muhammerah
bis zum Golf von Gw'atar) als unzweckmäßig erwiesen hat.
Die Boluks und Gärijas der einzelnen Wiläjets werden mit ausführlichen geographi-
schen und historischen Notizen einzeln aufgeführt. Das fertig ausgearbeitete Budget für
die Provinz Fars beschließt diesen Teil der interessanten Publikation. H. R.
615. Dunlop, H., Perzi'e voorheen en thans. Met 161 afbeeldingen, platen, haarten en eene
Beschrijving van de Karoenrivier door D. L. Graadt van Roggen. Haarlem, De erven
F. Bohn, 191 2. XXII, 597 S.
Persien in älterer und neuerer Zeit; eine sich an weitere Kreise wendende, verdienst-
volle Übersicht über die Geschichte Persiens seit den Achämeniden bis zur neuesten Zeit.
Der Verfasser, der viele Jahre in Persien gelebt hat und sich für die heutigen und älteren
politischen und gesellschaftlichen Verhältnisse Persiens lebhaft interessiert, hat sich eifrig
in die historische Literatur über dieses Land eingelesen und die Resultate seiner Studien
in diesem Buche zusammengefaßt. C. Snouck Hurgronje hat eine Korrektur der Druck-
Kritische Bibliographie. 457
bogen gelesen. Viele gut ausgeführte Abbildungen und Karten nebst einigen Beilagen
sind dem schönen Werke beigegeben. Th. W. J.
616. von*Hahn, Die Bachtiaren. Asien XII 10, 170 — 172.
617. Martell, Paul, Das Verkehrswesen in Persien. Asien XII 10, 167 — 170.
618. Rabino, H., Nomenclature des journaiix de Perse. Persisch. 29 S. in folio. Resht 1231.
Vgl. Kr. Bibl. Nr. 395.
d) Indien.
619. Huart, Cl., Bespr. von Dr. Hans von Mzik, Die Reise des Arabers IbnBatüta durch
Indien mk^ C/zwa (Bibliothek denkwürdiger Reisen Bd.V). Hamburg 1912. JA 1913,
Nr. 3, 700 f.
620. Martineau, A., Etat poUtique de VHinde en 1777. RI 8° annee, Nr. 84, 234 — 238, Nr. 85,
326—329, Nr. 86, 387—391-
621-. Vinson, Julien, La domination musulmane dans le sud de l'Inde. RMM XXIII 213 — 239.
• Ein Beitrag zur französischen Kolonialgeschichte. Behandelt wird in großen Zügen
die Geschichte der Reiche von Südindien vom Beginn unserer Zeitrechnung an, die mus-
limische Eroberung und die Geschichte der französischen Unternehmungen in Indien bis
zur Übergabe von Pondischery an die Engländer am 15. Januar 1761. H. R.
622. Wady, St., The Great Moghul: stories of Akbar the Mighty, Emperor of Iiidia, 320 S.,
1913-
e) Ostasien.
623. Adatrechtbundel VII. 's Gravenhage, Martinus Nijhoff 1913. XVI und 398 S. 8".
Fortsetzung der oben (Kr. Bibl. Nr. 400) schon erwähnten Sammlung. Inhalt des
7. Bandes: Dokumente über das einheimische Recht in Niederl. -Indien — ■ im besonderen
auf den Inseln Borneo, Ternate, Ambon, Timor und Sumatra (38 — 238, 332 — 391) — und
in den englischen, französischen und anderen Kolonien (13 — 35); ferner über das Recht
der in Niederl.-Indien eingebürgerten Chinesen (239 — 268) und über das islamische Gesetz
in Niederl.-Indien (270 — 331). Letzterer Teil enthält u. a. kritische Bemerkungen über die
indische Jurisprudenz vom Schreiber dieser Zeilen (276 — 296) und sehr wertvolle (größten-
teils direkt oder indirekt aus der Feder C. Snouck Hurgronje's stammende) offizielle
Dokumente bezügHch der finanziellen Administration der sogen. »Moschee-Kassen« und
der Zakät (297.fi.). Th. W. J.
624. Cabaton, Antoine, Pays Malais (Indes Neerlandaises, Malaisie Britannique, Philip-
pines). RMM XXIII HO— 165.
Inhalt: Les tombes des walis musulmans de Grissee. Les tombes musulmanes de Pase
(Sumatra) et de Grissee (Java) comparees aux monuments de ninne espece de l'Hindoustan nach
J; P. MoQUETTE's Aufsatz in TTLV IV 5, 6, 1912, S. 536. Die Vergleichung beweist, daß die
Grabsteine aus der Gegend von Cambaye, dem wahrscheinlichen Ursprungsort des javanischen
Islam, stammen. Die wichtigsten Denkmäler sind abgebildet, vgl. &. Si^/. Nr. 164. — Les
Saints de Java. III. Soenan Geseng par le docteur D. A. Rinkes. Ausführliche Inhalts-
angabe des in TBGKW LIII 3—4, 269 ff. erschienenen Aufsatzes. Auch diese Legenden-
motive stammen zum großen Teil aus Indien. — Une exposition de cuivres anciens a Batavia,
vgl. dazu W. J. F. DE Ryck van der Gracht, Oud-Indisch Koperwerk in Weekblad voor
Indie, Surabaja 15. und 22. Sept. 19 12. — Indes Neerlandaises et Japan berichtet von
japanischen Bestrebungen, sich nach dem Archipel hin auszudehnen, vgl. Henri Labroue,
l'Expansion japonaise au Siam et a Java (Rev. polit. et pari. 10. Juli 1910). — U Islam
et le Christianisme aux Indes Neerlandaises. Durch Errichtung von Schulen und Berufung
arabischer Prediger suchen die reaktionären und nationalistischen Kreise die islamische
Bildung des Volkes zu heben. Die römisch-katholische Mission macht aus verschiedenen
458 Kritische Bibliographie.
Gründen (reichere finanzielle Unterstützung, Zölibat) größere Fortschritte als die pro-
testantische. Die Stellung der Eingeborenen zum Christentum läßt eine möglichst vor-
sichtige Haltung der Regierung in diesem Punkte erwünscht erscheinen. — Un ami des
indigenes: M. H. H. van Kol. Sein Leben, sein Wirken, seine Ideen. — Le Docteur J. Grone-
man (gest. 2. XII. 191 2 in Djokjakarta in Niederländisch-Indien). Kurzer Nachruf (vgl.
RMM XV 339). — Papers on Malay Subjects (Second series, published by direction of the
Committee for Malay Studies, F. M. S.). Bespr. von A. Caldecott, Jelebu its history and
Constitution. — Timor porlugais et Philippines. Besprechung eines portugiesischen und
eines spanischen literarischen Erzeugnisses der »Insulaner«: i. Alberto Osorio
de Castro, Flores de Coral. Poematos e impressöes da Oceania portuguesa (Dilli,
ilha de Timor-Insulindia, Imprensa nacional). Das Buch soll zahlreiche wertvolle Be-
merkungen über Timor und seine Bewohner enthalten. 2. Die Cultiira Filipina. Revista
mensual. Artes, ciencias (Imprimerie de la Cultura filipina: Cabildo, Manille), seit
2 Jahren erscheinend, soll recht gute Leistungen der »Insulaner« auf geschichtlichem,
politischem, soziologischem und ethnographischem Gebiet nebst Beiträgen spanischer
Gelehrter enthalten. H. R.
625. Gfuidi], J., Bespr. von C. Snouck Hurgronje, Nederland en de Islam vier voor-
drachten gehouden in de nederlandsch-indische bestuursacademie. Leiden, Brill, 1911.
loi S. und Politique miisulmane de la Hollande. Quatre Conferences . . . par . . . con-
seiller du ministere des colonies neerlandaises pour les affaires indigenes et arabes
(Collection de la Revue du Monde musulman). Paris, Leroux, 191 1. 133 S. RSO
VI, 176 f. Vgl. auch E. Basset in RHR LXVIII Nr. i, S. 115.
626. G|uidi|, J., Bespr. von Mission d'Ollone 1906 — 1909. Recherches sur les Musulmans
chinois. Paris, Leroux, 191 1. XII 471 S. RSO VL 193 — 197.
627. Huart, CI., Bespr. von Commandant d'Ollone, Recherches sur les musulmans chinois:
eiudes de A. Vissiere; notes de E. Blocket et de divers savants. Ouvrage orn^
de9i photographies, estampages, cartes, et d'une carte horstexte. Paris 1911. XII.
471 S. RHR LXVII 3, 363—366.
628. Kern, H., Javaansche geschiedschri ving. De Gids 191 3, III, 364 — 368.
f>Java7iische Geschichischreibung«; günstige Besprechung von Hoesein Djaja-
diningrat's Doktordissertation (vgl. Kr. Bibl. Nr. 402). Th. W. J.
629. Scheltema, J. F., Monumental Java. With illustrations and vignettes after drawings
of Javanese Chandi ornament by the aiilhor. London, Macmillan and Co., 1912. XVIII
und 302 S. 8".
Über die Ruinen der prachtvollen vorislamischen (hinduistisch-buddhistischen)
Tempel auf der Insel Java, mit Ausflügen auf die Gebiete der Folklore, Literatur und
Geschichte des javanischen Volkes.
Bespr. von C. Snouck Hurgronje DLZ 1913 Nr. 31 Sp. 1959 — 1963. Th. W. J.
630. Vissiere, Etudes sino-mahometanes. Collection de la Revue du Monde Musulman,
deuxieme serie. Paris 191 3.
f) Ägypten.
631. Boulad, Propositions de reformes legislatives en Egypit. Paris, Larose etTenin, 1913.
632. Duboscq, Andre, L'Egypte et la loi des cinq feddans. QDC Nr. 397, 273— -278.
633. Georgi-Dufour, Urkunden zur Geschichte des Suezkanals. Dietrichsche Verlagsbuch-
handlung. Theodor Weicher, Leipzig, 19 13. 200 S.
634. Grandmoulin, J., Traite elementaire de droit civil egyptien indigene et mixte. Thanoux,
Rennes, 1912.
635. Organic and electoral laws of Egypt. Bioebook Cd. 6878, Egypt Nr. 3 A (1913)-
London iQn.
Kritische Bibliographie. ajzq
Das Blaubuch enthält in englischer Übersetzung das »organische Gesetz« vom i. Juli
19 13, durch das eine Legislative Assembly (bisher Legislative Council und General Assembly)
und wie früher Provincial Councils eingerichtet werden, und das »Wahlgesetz« für die Legis-
lative Assembly und die Provincial Councils vom gleichen Tage. E. L.
g) Nordafrika.
636. L'Afrique du Nord. Conferences faites a l'Ecole libre des Sciences politiques. V Algerie
et la Tmiisie, par A. Bernard. — Le Maroc, par Ladreit de Lacharriere. —
L'Afrique occidentale, par C. Guy.— L'Egypte, par A. Tardieu. — La Tripolitaine,
par R. PiNON. Paris 19 13, F. Alcan.
637. Chauvin, E., La justice pscale en Algerie, 50 S. 191 3.
638. Ducati, Grammatica pratica della lingua araba parlata in Tripoliiania. 19S S. 1913.
CappelH, Bologna.
639. Ghisleri, Arcangelo, TripoHtania e Cirenaica. Dal Mediferraneo al Sahara. III. edizione
interamente riveduta dall' autore con parecchie aggiunte. Milano, Bergamo.
640. Ismael Harnet, Les musulmanes de l' Afriqne du Nord. RMM XXIII 280 295.
Der Verf. setzt die Bestimmungen des muhammedanischen Eherechts auseinander
und sucht deren Zweckmäßigkeit darzutun. Die weitgehenden Befugnisse des Vaters haben
ihren Gnmd in der großen Jugendlichkeit und Unerfahrenheit, in der die Töchter ver-
heiratet zu werden pflegen. Die Vielweiberei ist aus den wirtschaftlichen Bedingungen
des Nomadenlebens zu verstehen, wo diese Bedingungen fehlen, verschwindet sie mehr
oder weniger von selbst. Die Harems asiatischer Prinzen können nicht als Normalfälle
betrachtet werden. Trotz ihrer anscheinend zurückgesetzten Stellung habe die Frau auch
in den islamischen Ländern von jeher eine entscheidende Rolle gespielt. Das notwendigste
Mittel, die islamischen Rassen zu heben, sei die Bildung und Erziehung der Frau, ein be-
scheidener Anfang sei mit den Hausarbeitsschulen in Algerien schon gemacht worden.
Viel erhofft d^r Verf. von den Mischlingen aus Ehen zwischen Europäern und Eingeborenen-
Sie seien berufen, einst eine führende und die Kluft zwischen beiden Rassen überbrückende
Rolle zu spielen. Ähnliche Gedanken finden sich in dem vielbesprochenen Buche des Ver-
fassers Les Musiilmans frangais du Nord de l'Afriqw;. H. R.
641. De Lacharriere, Ladreit, Le long des pistes moghrebines, voyage au Maroc 1910 — -ir,
avec prcface du marquis de Segonzac. 300 S. Paris, Larose.
642. de La Courbe, Premier voyage du sieur de La Coiirbe fait a la coste d' Afrique en 1685,
publie avec une carte de Delisle et une introduction par P. Cultru. LVIII. 222 S. 19 13.
643. Le Fran9ais, Capitaine, UneErreur militaire, une faute politique, le service obligatoire
pour les musulmans d' Algerie. Paris. Berger-Levrault.
644. Martin, Pr^'m de sociologie nord-africaine (premiere partie). 208 S. Paris 19 13.
645. Millet, R., La conquete du Maroc: la question indigene. 1913.
646. Monchicourt, Ch., La region du Haut Teil en Tunisie (Le Kef-Tebotirsoiik-Mactar-
Thala). Paris 1913, A. Colin. 14 cartes, 12 planches.
647. de Neveu, E., Les Khouan ches les mtis-ulmans d' Algerie. nouv. dd., 1913.
648. Rohlfs, G., TripoHtania: viaggio da Tripoli all' oasi di Kufra, secunda edizione con
introduzione sulla Libia ed appendice intorno alla confraternitä degli Snussi per cura
del prof. G. Cora. i Tafel, LI, 279 S., 191 3.
649. Schabinger, Karl E.,D;V Kulturträger in den maurischen Staaten. WI I 1913 S. 109
bis 126.
650. Strupp, Karl, Der spanisch-französische Marokkovertrag vom 27. November 1912.
Zeitschr. f. Völkerrecht und Bundesstaatsrecht Bd. VI S. 5S1— 5S5.
Eine völkerrechtliche und politische Würdigung des Vertrags (vgl. Kr.Bibl: Nr. r-51")
und besonders seiner nicht eben klaren Bestimmungen über die durch Frankreich und
Aßo Kritische Bibliographie.
Spanien erfolgende v5lker;-echtliche Vertretung des Scherifen, dessen einziges Recht in
der spanischen Einflußzone übrigens nur noch in der Ernennung eines Vertreters (Kalifa)
in Zivil- und Religionsangelegenheiten besteht, wobei »le choix du Sultan se portera sur
celui des deux candidats qui aura les preferences du gouvernement royal« ! E. L.
651. Le traite franco-espagnol du 27 novembre 1912. Le. Memorial Diplomatique 191 2
Nr. 40, 41, 42.
Der wichtige französisch-spanische Vertrag, durch den die Teilung des Scherifen-
reichs unter Frankreich und Spanien endgültig geworden ist, wird hier abgedruckt nebst
dem Protokoll über die Eisenbahn Tanger — Fez und einem Notenwechsel zwischen dem
spanischen Minister des Äußeren und dem französischen Botschafter. Dieselben Urkunden,
sämtlich vom 27. November 1912, sind auch wiedergegeben in der Revue Generale de Droit
International Public 1913 (Documenis S. 9 — 19) und in der Zeitschrift für Völkerrecht und
Bundesstaatsrecht Bd. VI S. 473 — 487. Vertrag und Protokoll allein (in englischer Über-
setzung) in The American Journalof International Law, vol. 7 (1913), Supplement S. 81 — 99.
E. L.
652. Trombetli, Alfr., Manuale d^lV arabo parlato a Tripoli, grammatica, lelture, e voca-
bulario. Puntata I. Bologna 1912, L. Beltremi. 64 S.
653. Westermann, Diedrich, /5/am in the Eastem Sudan. IRM vol. II, Nr. 7, July 1913,
S. 454— 4S5.
1. Statistische Angaben und geschichtliche Orientierung über die Entwicklung des
östlichen Sudan bis auf Zubeir, Rabeh und den Mahdi. 2. Betrachtung der verschiedenen
Gebietsteile und Stämme im einzelnen, und zwar zunächst des muhammedanischen Nordens
und sodann des heidnischen Südens. 3. Überblick über die Vielgestaltigkeit der islamischen
Einflüsse, die alle in mehr oder weniger hohem Maße bei einer Bewertung der gegen «vartigen
Bedeutung des Islam in diesen Gebieten Berücksichtigung verdienen. M. H.
654. Winkler,-Em Jahr französisches Protektorat in Marokko. »Deutsche Kolonialzeitung«
30. Jahrg. Nr. 34, Berlin, 23. Aug. 1913, S. 562.
Kurzer Bericht nach Mitteilungen der Quimaine Coloniale, des Organs der »Union
Coloniale Francaise«. Für Islampolitiker sind von Interesse die Angaben über die Zivil-
organisation: »Es wurde neben dem Großvezier ein französ. Generalsekretariat errichtet,
um die lokale und Landesverwaltung, das Gerichtswesen und den öffentlichen Unterricht
zu leiten. Französische Fachleute traten an die Spitze der Finanzen und der öffentlichen
Arbeiten. In den Küstenstädten wurden die Stadtverwaltungen neu organisiert und in den
Städten des Innern die Mcdjlis wiederhergestellt. Die Schaflung eines Korps von Zivil-
kontrolleuren ist in der Schauja in Angriff genommen worden.« Über die Regelung des
Gerichtswesens, soweit Eingeborene in Frage kommen, werden folgende Angaben gemacht:
Man will »den marokkanischen Angelegenheiten eine Eingeborenenjustiz sichern, die gerecht
ist. Zu diesem Zwecke hat man den Kadis eingeschärft, Register über ihre Urteile zu führen
und die Kaids einer Kontrolle unterstellt.« — Während in Tunesien ein gemischter Gerichts-
hof mit den Grundstückseintragungen beauftragt ist, will man »in Marokko damit den
Kadi beauftragen. ... Es wird ihm lediglich ein gesetzeskundiger französischer Beamter
beigegeben. Wenn der französische Appellationshof errichtet sein wird, wird er auch zu
entscheiden haben über Beschwerden betreffend die Immatrikulationen.« Zum Schluß
wird noch auf die Ordnung der Finanzangelegenheiten hingewiesen: Regelung der Steuern,
Sicherstellung der Stiftungen. R. M.
h) Das übrige Afrika und die Inseln.
655. Delafosse, Maurice, Traditionshistoriqnesct legcndaires du Sudan occidental. Traduite
d'un manuscript arabe inedit. Afr. Fr. RC August 1913 Nr. 8 S. 293 — 306 (a suivre).
r
Kritische Bibliographie. A^i
656. Laing, Alexandre Gordon, Major, Tombouciou (1S26), texte et documents nouveaux,
decouverts a Tombouctoii et Araouan, par M. Marc Bonnel de Mezieres. Textes
arafes tradnits par ^I. O. Houdas. Lettre-prcface de M. le gouverneur Clozel. Paris
1913, Larose.
657. Karstedt, F. 0., Beiträge zur Inderfrage in Deutsch-Ostajrika. Koloniale Monats-
blätter 15, 8, 337—354-
658. Marquart, J., Die Beninsammlimg des Reichsmuseums für Völkerkunde in Leiden,
beschrieben und mit ausführlichen Prolegomena zur Geschichte der Hattdelswege und
Völkerbewegungen in Nordafrika versehen. 2 Karten, 14 Tafeln. Leiden, Brill, 1913.
659. Sarkissian, G., Le Soudan Egyptien: etude de droit public. Carte. 1913.
660. Simar, T., La geographie de l' Afrique centrale dans l'antiquite et au moyen- äge, fig.
cartes, 133 S., 1913-
661. Storbeck, Friedrich, Die Berichte der arabischen Geographen des Mittelalters über Osi-
afrika. Tübinger Dissertation 1913, 74 S.
662. Westermann, Diedrich, Der Islam im West- und Zentralsudan. \\l I 85 — 108.
Deutsche Übersetzung des in IRM I Nr, 4 S. 61 8 — 653 erschienenen und in Kr. Bibl.
Nr. 249 angezeigten Artikels unter Weglassung des historischen Überblicks über die Ein-
führung des Islams im westlichen und zentralen Sudan. R. M.
663. N. N., La Situation des Indiens dans l' Afrique austräte. As. Fr. B. Nr. 148, 310 — 313.
VIII. Islam und Mission.
664. Albrecht, Franz P., Umschau am Kilimandscharo. Echo aus den Missionen der Väter
V. Hl. Geist. 14. Jahrg., Heft 9, September 1913, S. 273 — 283,
S. 277 heißt es von Neu-Moschi, dem Endpunkt der Usambara-Bahn: »Zwei Moscheen
stehen schon in der jungen Stadt.« M. H.
665. Awetaranian, Die Ketten des Islam. Der christliche Orient und die Muhammedaner-
Mission, 14. Jahrg., Heft 7, Juli 1913, S. 115 — 121.
Ein in der evangelischen Kirche zu Sofia gehaltener allgemein orientierender Vortrag.
S. 118 ein Exkurs über die Tätigkeit des »Urhebers der panislamischen Idee«, Djemäl
ed-Din al -Afghani. ^I- H.
666. Bock, W., Missionar, Bericht über eine neue Erkundungsreise in Uha (April 1913).
SchleswigrHolsteinisches Missions-Blatt, 27. Jahrg., Nr. 7, Juli 1913, S. 107 — iio.
S. 110 wird von einer größeren Muhammedanerniederlassung berichtet: »Birira,
die Börse für Felle in Uha : 5 Araber, 3 Inder und über 50 Manyema machen die Bevölkerung
aus. Eine Moschee ist dort (die zweite im eigentlichen Uhalande, die erste ist in Kassulo),
ein muhammedanischer Lehrer unterrichtet und ein Araber ist Dorfvorsteher.« M. H.
667. Christ-Socin, H., Politisches und Soziales aus dem türkischen Reich. Evangelisches
Missions-Magazin. Neue Folge. 57. Jahrg., 9. Heft, September 1913, S. 408 — 412.
Referat über RevM du Monde Musulman 1913, S. 151—220. Vgl. Kr. Bibl. 2S2,
386, 387- ' ^^- ^^•
668. Dale, Godfrey, TÄe Vital Forces of Christianity and Islam. VI. IRM vol. II, Nr. 6,
April 191 3, S. 305—317-
Verf. teilt seine in Zanzibar gemachten Beobachtungen zu dieser Frage mit. Unter
»vital forces« versteht er »those religious forces in Islam which a Christian missionary can
make use of as a stepping-stone to the Christian faith, because not antagonistic to the
spirit of bis own religion«, p. 305 (vgl. Kr. Bibl. 227 — 2,;o). _ M- H.
669. Frease, Edwin F., Die Welt des Islam in Zürich. Der Sudan-Pionier, Aug. 1913,
S. 60 — 63.
Bericht von der Weltsonntagsschulkonferenz, die »lebendigstes Interesse für die
A.62 Kritische Bibliog^raphie.
Arbeit in islamischen Ländern bezeugte« und einen Generalsekretär für die muhamme-
■danische Welt mit dem Wohnsitz in Kairo sowie besondere Sekretäre für die Türkei und
andere Gebiete anzustellen beschloß. M. H.
670. Gleiß, Missionar, Siegesbotschaft-Gefechte. Nachrichten aus der ostafrikanischen
Mission, 27. Jahrg., Nr. 5, Mai 1913, S. 71 f., 75 — 79.
Einzelheiten aus der Missionsarbeit unter der muhammedanischen Bevölkerung
■des Digolandes in Deutsch-Ostafrika. ' M. H.
671. Henry, P., Politik und Religion in der Auffassung des Muhammedaners. Afrika-Bote,
19. Jahrg., 8. Heft, Mai 1913, S. 234 — 237.
672. Klamroth, Missionssuperintendent, Religionsgespräche mit einem Führer der Dares-
salatner Mohammedaner. Beiblatt zur AMZ 1913, Nr. 5, September, S. 65 — 80.
Ausführlicher Bericht über die mit einem eingeborenen Muhammedaner gepflogene,
-mehrfache Zwiesprache (vgl. Kr. Bibl. Nr. 234). Neu ist dabei die Art der »Disputation
auf offener Straße« (S. 73) und die sich hier erstmalig zeigende Aggressive gegen die Mission.
Der in Kilwa geborene Scheich Idris, jetzt etwa Mitte der Dreißiger, versuchte die Unwahr-
heit bzw. Unglaubwürdigkeit des Christentums dadurch zu erweisen, daß er besonders
im Anschluß an R a h m a t a 1 1 ä h's Izhär al-fiaqq (Brockelmann II 504) auf Wider-
sprüche im A. T. aufmerksam machte, und zwar entweder zwischen dem hebräischen und
dem griechischen Text oder zwischen Parallelberichten in Chron. und Sam. bzw. Kön. Auf
die ihm gestellte P'rage nach einem Zeugnis dafür, daß Muhammed ein Prophet gewesen
sei, berief er sich auf Deut. 18, 15. 18 und auf Muhammeds Wunder (und zwar i. Mond-
spalten, 2. Wiederkehrenlassen der Sonne, 3. Wasserbeschaffung in der Wüste, 4. Nacht-
reise nach Jerusalem). M. H.
673. Mensching, Nachrichten aus der ostafrikanischen Mission, 27. Jahrg., Nr. 7, Juli 1913,
S. 120.
Missionar Mensching berichtet aus Rubengera in Ruanda von »einer großen Kara-
wane von Muhammedanern« (Arabern, Indern und Küstenleuten), die in der Woche nach
Ostern an den Kiwu-See zogen, und zwar nach dem Norden und Süden des Sees, um die
islamischen Missionsstationen zu verstärken. M. H.
674. Röseler, Missionar, Der falsche Prophet vor den Toren von Kirinda. Nachrichten aus
der ostafrikanischen Mission, 27. Jahrg., Nr. 6, Juni 1913. S. 93 — 98.
Interessanter Einzelbericht über die Tätigkeit eines muhammedanischen Händlers
in Ruanda und über die Stellung der Ruandaleute zur Polygamie. M. H.
675. Schimming, Missionar, Die erste Erkiindigungsreise von Jendi aus. Der evangelische
Heidenbote, 86. Jahrg., Nr. 9, September 1913, S. 134 — 135.
Im Hinterland von Togo, dem Gebiete der Dagomba und Konkomba, fand man in
Gnani sechs mohammedanische Gebetsplätze, in Sanzugu einen, dagegen zwei Moscheen,
von denen eine nicht mehr im Gebrauch zu sein scheint. In beiden Orten könne man sich
auf Tscbi verständigen. M. H.
676. Simon, G., Missionar, Die Polemik des Islam gegenüber dem Christentum. AMZ 1913,
40. Jahrg., 9. Heft, S. 385—399-
Referat über das Werk des einstigen Missionars Gottlieb Pfander, Mhänu'l Haqq
in der von Clair Tisdall 1910 besorgten neuen Ausgabe nebst einigen Andeutungen und
Hinweisen für eine etwaige spätere Er\veiterung des Inhalts. Das ungedruckte deutsche
Original befindet sich im Basler Missionsmuseum. M. H.
677. Siraj ud-Din, R., The Vital Forces of Christianity and Islam. V. IRM vol. II, Nr. 5,
Januaiy 19 13, S. 96 — 117.
Zu den früheren Beurteilern dieses Problems (vgl. Kr. Bibl. 227 — 230) gesellt sich
hier »an Indian convert from Islam«. Es ist charakteristisch, in wie weitem Umfange und
Kritische Bibliographie. Aßr
mit welch lobender Anerkennung er sich gerade den Ausführungen CIkawford's anschließt:
»I make his account my own«, »I believc that the sources and depth of the vitality of Islam
at its b?st are not generally understood by missionaries« (S. 98). M. H.
678. Stübler, H., Missionsanfänge in Arabien. Evangelisches Missions-Magazin, Neue
Folge, 57. Jahrg., 8. Heft, August 1913, S. 342—353-
»Den Anstoß zur Mission im eigentlichen Arabien gab der Pioniermissionar Mäckay
von Uganda.« Aber längeren Bestand gehabt hat weder der (1885) unter Vermittlung
des englischen Generals Haig gemachte Versuch der C. M. S. (Church Missionary Society)
in Aden und Hodeida, noch das von dem greisen anglikanischen Bischof French von
Labore nach vierzigjähriger Tätigkeit in Indien 1891 in Maskat begonnene Unternehmen.
Die an beiden Stellen heute bestehenden Missionszentren sind unabhängig von-
einander und von jenen ersten Versuchen geschaffen. Die Arbeit in Scheich Othman, eine
halbe Stunde von Aden, wird von der schottischen Freikirche, die Mission am Persischen
Golf von Amerikanern im Anschluß an die Missionsgesellschaft der hoUändisch-reformierten
Kirche von Nordamerika unterhalten. Beide Neugründungen gehen auf die Anregung
bzw. Mitwirkung von Professoren zurück. An den schottischen Edelmann, Professor der
orientalischen Sprachen in Cambridge Jon Keith-Falconer, der 1886 nach Aden ging,
und bereits 1887 starb, erinnert heute das 1909 eröffnete Keith-Falconer-Gedächtnis-
Krankenhaus m.it drei Missionsärzten und jährlich rund 11 000 Patienten.
An den bei der Gründung der viel bedeutenderen amerikanischen Mission an erster
Stelle mitbeteiligten Professor des Arabischen, Dr. Lansing, erinnert seit 1910 das Lansing-
Gedächtnis-Krankenhaus in Basra. Die Führer der amerikanischen Bewegung, James
Cautine undCAMUEL ZwEMER (jetzt Herausgeber von The Moslem World, Cairo), gingen
aus dem theologischen Seminar zu New Brunswick N. J. hervor. Zuerst (1891) wurde
Basra besetzt, 1892 kam Bahrein hinzu, 1893 Maskat; in jüngster Zeit entstanden neue
Stationen in Amara am Tigris, Kuweit und Matra, eine halbe Stunde von Maskat. »Die
sechs Missionsstationen der Amerikaner waren 19 10 mit etwa 34 Missionaren und Missions-
ärzten beiderlei Geschlechts besetzt.« »Neben den Missionaren stehen über 40 eingeborene
Evangelisten, Lehrer, Kolporteure, ärztliche Assistenten, Krankenpflegerinnen und Bibel-
frauen.« »Die Amerikaner haben jetzt zwei große Krankenhäuser. Bald werden es vier
oder fünf sein.« »Bis 1909 sind 25 000 Patienten mit der Mission in Berührung gekommen.«
»Das Schulwesen ist noch ziemlich in den Anfängen. 1909 waren es 135 Schüler in fünf
Werktagsschulen.« »Die Frauenmission findet fast überall dankbare Aufnahme.« M. H.
679. N. N., Sind die Pomaken freiwillig Christen geworden ? Evangelisches Missions-Magazin ,.
neue Folge, 57. Jahrg., 8. Heft, August 1913, S. 376 f.
Gegenüber einer früheren Bejahung (S. 287 des Blattes) wird die Frage jetzt ver-
neint bzw. teilweise unentschieden gelassen auf Grund einer Zuschrift der Frau Pastor
Awetaranian in Philippopel. ^^- "•
680. N. N., Islam und Muhammedanermission. Evangelisches Missions-Magazin, neue
Folge, 57. Jahrg., 9. Heft, September 1913, S. 427.
Kurze Nachrichten über den Islam auf Madagaskar. M. H.
Zu dem Aufsatz Bd. IV, 355 ff.
Zu meinem Artikel »Die Auläd-'Ali-Beduinen der Libyschen Wüste« (oben S. 3 5 5— 3S6)
bemerke ich noch folgendes : S. 369 : Der zweite <Omde der Auläd hjarüf und der Schcch der
Zeredät sind dieselbe Person. Lies in beiden Fällen: «Abdelgäwi-l-GSsi-l-MegrShi. —
S. 373 Z. 9 1. mich statt auch. — S. 37« Vers 56 1. Kamel statt Pferd. - S. 3S2
Z I 1. seine Schlüssel. - S. 384 z" Vs. 66 ergänze: vgl. Brockei.ma.nn 1 224 unten.
Kahle.
AUTORENVERZEICHNIS.
Die kursiven Zahlen bedeuten, daß der betreffende Autor an dieser Stelle als Mit-
arbeiter erscheint.
Aarif Bey 179.
Abbas Effendi, Abdul Behä
207, 330.
Abderrahman 450.
Abdul Majid 179.
Abdur-Rahman Eft". 179.
Abel 341.
Abou Zaharya Yah'ia Ibn
Khaldoün 451.
Abul 'Alä al Ma'arri 337.
Abül Mahäsin ibn Taghri
Birdi 195, 45 1-
Ahmed Hikmet 339.
Ahmed Zeki Pascha 197.
Ahmed Sedad 341.
Ahmed Tevhid Bey 179.
Ahmed Refik Bey 179.
Ajam 348.
Ak Cura Oghlu 332.
Alapetite 349.
Alarcön y Santon 348.
Alaude 348.
Alberti 445.
Albrecht, Fr. 461.
Ali Vahbi Bey 203.
Amar 210, 332, 34S, 451.
Amedroz 180, 449, 450.
Arnos 210.
Andrä iSo.
Andreas, (Andrej) 203, 453.
Antaki 446.
Apt 450.
Ardaillon 212, 348.
Armatte 210.
Arning 210.
Arnold 330, 445.
Aurelius 351.
Awetaranian 214, 341, 461.
Bacha 451.
Bachmann 339.
Badr, Muh. 182.
Bahäou'lläh 337.
Baldensperger 341.
Banse 354.
Barthold 20J, 333, 454, 174,
187, 329. 330, 333, 444,
453-
Basset 178, 330.
Basmadjian 142 flf.
Bauer /J9, 180.
Baum, Wilhelm 206.
Baynes 448.
Becker lög, 777, 178, 779,
180, 182, 183, 1S4, 18 s,
187, j88, igj, 796, 197,
198, igg, 200, 201, 202,
203, 204, 2oj^ 206, 210,
21 J^ 212, 213, 214, 213,
216, 218, 263, 301, 303,
313, 349> 3S3, 334, 447,
448, 44g, 448.
Bei 339, 348, 45 «•
Bell, G. L. 340.
Bell, H. I. 87, 337.
Benali M'erad 331.
Berard 454.
von Berchem 451.
Berge 450.
Bergsträsser 189, 449.
Bernard 348, 459-
Bert, Alexis 341.
Bertholon, L. 348.
Betz iSo.
Bevan 448.
Beveridge 194.
Bezold 194.
Biliotti 341.
Bittner 337.
Blochet 445.
Bock 461.
de Boer 445. •
Boll 194.
Bonnet 349.
Borhan ed-Din Balkhi 207.
ßotte 349.
Boulad 458.
Le Boulicant 341.
Bourdarie 203, 341.
Bourgeois 450.
Bouvat 188, 203, 216, 334,
344, 345, 440, 444, 445,
448, 454.
Bramly 364.
Branchi, E. 45t.
Brehier 340.
Bretschger 349.
Bricteux 337.
Brockelniann 206, 342.
Brünnle 196.
Brönsted 333.
Brooks 448.
Browne 344.
Bruno 331.
Buhl i8o.
Burgess, I. 345.
Burton 337, 342.
Bury, 1. B. 448.
Bury, \V. 214.
Butler 188.
Cabaton 207, 330, 457.
Caetani, Leone 188, 189.
Caillaux 348.
de Caix 210.
Autorenverzeichnis.
465
Caiifano 349-
Carbou 212.
Carr 214.
Casanova 179, 181, 197.
Castagne, I. 453-
Chantre 348.
Chaschtschab 173, 329. 444.
Chatir 454.
Chauvin 459.
Cherfils 332.
Choukri Tambay 209.
Christensen 181, 194, 344-
Christ-Socin 461.
Churi 331.
Clair-Tisdall 214, 337-
Clozel 212, 213.
Cohen 2^19.
Coijic 204.
Colin 449.
Comte 446.
de Contenson 204, 342, 454
Coia 459.
Cordier 330.
Couyat 341.
Craig 209.
Crawford 215.
Cressary, Comte 347.
Crum 337.
Dale 461.
Davidsen 209.
Delafosse 212, 213, 460.
Della Vida 189, 450.
Demorgny, M. 344, 456.
Derendinger 212, 213.
Destaing 195, 337-
Diehl 448.
Diena 454.
v. Diest 342, 454-
el-Djämi' 337.
Dozy 332.
Dreyfuß 337, 445-
Duboscq 458.
Ducati 459.
Duggan 204.
Dunlop 456.
Düring 179.
Dussaud 181.
Dwight 342.
Edwards 331, 337
Efdal-ud-Din Bey 179.
Eguilaz 349.
Ellis 337.
Elze 449.
Enderlin 351.
Ernst 341.
Esquer 210.
Euting 121, 3 1 4 ff.
Faiz Badruddin Tyabji 331
v. Falke 452.
Falles 349.
Falls 349. 355 ff.
Farina 349.
Feder 178.
Feldmann 454.
Ferrandi 213, 349-
Field, Claud 1S3.
Firdausi 337.
Fischer, H. 342.
— Th. 349-
Flury 421 ff; 198, 453.
de Fontenay 181, 349.
Forgeur 209.
Forte 181.
Franke 348, 352-
Franzi 338.
Frease 461.
Friederichsen 351.
Friedländer 181, 182, 195,
331, 438 ff.
Frobenius 213, 303 ff. 351.
Frohnmeyer 352.
Froidevaux 20S.
Funke 345.
Gabrieli 189, 337.
Gairdner 215.
Gardner 182, 215, 331.
Gassita 213.
Gaudefroy-Demombynes, M.
349.
Gauthier 445.
Georgi - Dufour 458.
Geyer 122
Ghilan 207.
Ghisleri 459.
Gleiß 462
Goadby 209.
Goldziher /6j-, 182, 183, 185.
v. d. Goltz 204.
Gonzalez 349.
Gordlewski 123 ff., 330, 451 ,
452, 455-
Goulven 213.
Graadt van Roggen 456.
Graefe 160, ibi, iSo, 1S4,
188, 18g, igo, igt, 202,
204, 206, 214, 216, sji,
332, 337^ 339, 340, 341,
344< 347, 350, 331-
V. Graevenitz 455.
Grandmoulin 458.
Graulle 338.
Greve 337.
Griessbauer 342.
Griffini 195, 213, ■349-
Grimme 183.
Grisworld, 183.
Grothe 340, 455-
Gubb 334.
Guest 195, 19S, 337, 347-
Guida 349.
G[uidi] 444, 445, 45', 458.
Gurlitt 340, 455-
Güterbock 183.
Guttieres 349-
Guy 459.
Guyer, H. 204.
Guyer, S. 198.
Gwatkin 448.
von Hahn 207, 345, 457-
Haig 346.
al-Halläg 165 ff.
Harinath 450- ■
Harnack 352.
Hartmann M. I45 ff-, '78, i79,
215, 351, 353, 355 ff" 444.
445, 455-
Hartmann R. 433 ff-, '83,
208, 330.
Hartmann, L. M. 448.
Haug 349-
Haussleiter 195, 445-
Hecpe 1S6, 21s, 217. 21S,
341, 34^y 33', 33-, 333,
466
Autorenverzeichnis.
462,
ff.
345.
338.
209, ;
453, !
334, 441 ff; 4(^0, 461,
4^J-
Hell 336.
Henry 462.
Herzfeld 198, 199, 421
Herz-Pacha 452.
Hess 314—319, 455-
van Heutsz 346.
Heyck 342.
Hippeau 204.
Hirschfeld 183.
Hjuler 345-
Hoesin Djajadiningrat
458.
Hofmeier 97—120, 313.
Hoga Abd-ul-Bedi' 451.
Hopf 199, 452.
Horovitz 43^ ff-, 440-
Horten / — 4, ^gg, 184,
Hosseus 190.
Houdas 461.
Houtsma 330, 445.
Huart J48 — /j/, 179,
332, 445. 446, 449.
457-
Hugon 349.
Humblot 213.
Huykaes 208.
Ibn Battüta 433 ff-
Ihn Dänijäl 67.
Ibn-Schit Mahalem 451.
Ibn At-Tiqtaqä 451.
Imhoff 204, 455-
Ishäk Ibn Honain 338.
Ismael Harnet 210, 332,
459-
Jacob 67—71, 195, 200,
324, 340.
Jaeckh 204, 325 ff.
Jansen 179.
Jensen 204.
Johnston 332.
Joly 331-
Jorga 342, 354-
Juwaini 337.
Juynboll 20g, 331, 332, 33g,
345, 34(>, 347, 457, 45^.
Kahle 184, 340. 355 ff, ;
Al-Käli 451.
Kampffmeyer 177, 210.
Karpinski 190.
Karstedt 351, 461.
Kazem Zadeh 184.
Kern 458.
el-Khazreji 338.
Kihato 352.
al-Kindi 195.
Kittlaus 216.
Klamroth 178, 216, 352.462.
Klippel 364.
Kohler 184.
Köhler 179.
Köprüsadeh 45'-
V. Kraelitz-Greifenhorst 342.
Kratchkowsky 196, 329, 347.
Krauß 446.
Krenkow 338,
Kriele 352.
Krom 346.
Krüger-Westend 444.
de Lacharriere 210, 349.
459-
de La Courbe 459.
Laing 461.
Lal 339-
Lambert 209.
Lammens 179, 184, 188,
263 ff., 334, 449-
de Landberg, Comte 338.
Landrieux 350.
Lane Poole 188.
Largeau 213.
Larson 203.
Leander 195.
Le Chatelier (A. L. C.) 202.
Le Coq 331-
Leeder 214.
Lees 341-
Le Frangais 459.
Legrand 209.
Leonard 183.
Lepsius 342, 352,
Le Strange 200.
, Leszynsky 333.
I L^vy, E. 210.
Levy, L.-G. 445-
Levy, Sam. 455.
Lichtwark 200.
Lippmann 334.
Littmann 134, 300 — 301,
441, 333. 345-
Löbner 352.
van Loo 210.
Low 450.
Lüders 17g, iSo, 206, 342,
343, 454, 455, 459, 4(>o.
Lukach 342.
Lunt 333.
Luzzatti 343.
Macdonald 183, 184, 196,
331-
V. Macli 455.
Mac Michael 213.
Mahmoud, Fathy 184.
Majereczak 202.
Mangin 210.
Mar^ais 149IT.
Margoliouth 184, 196.
Marquart 303, 461.
Martell 457.
de Marthold, 338.
Martin 340, 459.
Martineau 457.
Martinowitsch 348.
Maspero 449.
Massignon 324, 165 ff., 185,
200, 204.
V. Massow 205.
Mattsson 342.
Maunier 209, 210.
Mawlawi M. Hidayat Husain
338.
Menant 208,
Mensching 462.
Menzel 123 — 142, 142 — 143,
443.
Mercier 349.
Merkurjew 331, 446.
Merlin 214, 351.
Meyer, Ed. 185.
Michaux-Bellaire 211. 350.
Michel Bey S. Chacavat 333.
Mielck 182, 183, iSä, 190,
Autorenverzeichnis.
467
■200, 20 r, 202, 20J, S31-,
33^, 3-fo, S4r. 347- 3Jf'
444, n33, 4('(>, 4^1-
Miller 342.
Millet 451. 459-
Milliot 350.
Milowanow 454.
Mitchell 216.
Mittwoch 1S5, 190, 201.
Moberg 338.
Modat 214.
Mohamed Farid Bey 205
455-
Molostwowa 172.
Monchicourt 459.
Mondain 351.
Monster 346".
Montet 342, 350.
Moquette 209.
Moreau 211, 350.
Morelli 331, 333-
de Morgan 449.
Morgan-Shuster 344.
Morison 346.
Moritz 191.
von Mülinen, Graf 305.
Müller, D. H. 122.
Müller-Poyritz 445.
Muhammed *Asal 338.
Muhammed Hilmi Issa Bey
2 10.
Muhammed Farag al-Minyawi
187.
Muhammed es-Sädeli 350.
Musil 202.
Myhnnan 197.
Mylrea 208.
V. Mzik 196, 433 ff> 457-
an-Nabhäni, Vüsuf b. Ismä'il
216.
Nallino 348.
Navarre 350.
Nemeth 188.
de Neveu 459.
Nicholson 185, 338, 450.
Nicolas 207, 338, 445.
Nielsen 216, 338, 352.
Nikolaisen 342.
Islam. I\'.
Nikolsky 453.
Nöldeke 12 j — 122, 314, 450.
Noray 211.
Nord 205, 342.
Nores 446.
Nuesch 216.
Oestrup 205.
Olesnjicki 123 ff.
d'Ollone 458.
'Omar Khajjam 338.
van Ossenbruggen 208, 346.
Ostler 350.
Osztern 188.
Paccard 446.
Pacho 365 ff.
Pavlovitsch 202.
Pedersen iSo, 181, 186, igj,
796, 797, 204, 20s, 206,
20g, 2j8, 333, 33S, 34--
343, 344. 345, 34(>, 349>
3SI. 352, 334, 186.
Pervinquicre 350.
Pfander 462.
Pfister 448.
Pinon 455, 459-
Plantet 350.
Poignant 206.
Pollak 338.
Pommereau 446.
Ponty 214.
Popper 195, 451-
Potter 217.
Printz 338, 34g,
Prym 299.
al-Quhaif al-'Ugaili 338.
ar-Raba'l 451.
Rabino- 345, 457-
Rapson 346.
Raunkiär 206, 343.
Raux 451.
Reckendorf 324.
Reid 347-
Reitemeyer 201.
van Rensselaer Trowbridge,
353-
Rescher ijjy ijj-
Kesid Ridä, Muh. 182.
Ricard 348.
Richmond 201.
Richter, J. 333.
Richter, P. 334. 353
du Rieu 208.
Rinkes 346.
Ritter, E. 341
Ritter, G. 323—328.
Ritter, H. 77<?, 779, 180^ 182.
1S3, 184, 185, 187, 188,
195, ^96, 197' 202, 203,
20J, 208, 20g, 211, 213,
214, 216, 330, 331, 332,
"' 337, 338, 342, 344y 345,
348, 350, 44J, 447, 448.
450. 45(>- 457- 438, 459-
Ri viere 340.
Roemer 330.
Rohlfs 459.
Rokey 353.
Roloff 186. 335- 350. 446.
455-
van Ronkel 338, 347.
Ronzevalle 451.
Röscher 212.
Röseler 462.
Rosinthal 341.
Rühl 349-
Ruiz, Albeniz 350.
Rusk2ii4— 66,162,163— 164.
igo, 192. 193, 194,
236—262, 320—324, 334,
335- 336, 337, 449, 45o,
450-
Saadi 339-
Safvet Bey 179.
Sage 210.
Saint-Calbre 350.
Säle 339.
Salemann 196.
Salmon 337.
al-Sam'äni 338.
Samojlowitsch 329, 444, 452.
Sarkar '333, 449-
Sarkinian 348.
Sarkissian 461.
3-'
468
Sarre 199, 202.
Savine 350.
Schabinger 459.
Schaefer 186, 331, 348.
Schäfers 186.
Schander 350.
Schanz 348.
Schelenz 334.
Scheltema 206. 458.
Schimming 462.
Schmidt, A. E. 174. 329,
330, 445, 446.
Schmidt, F. F. 77^ — 776,
7^7, ig2, S2g, SSO, S48,
444, 445, 44(>, 45', 452,
453, 455.
Schoenfeld, 202.
Schouboe 206.
Schroeder 206, 343.
Schultze 218.
Schwally 210.
Schwarz 345.
Schweinfurth 190.
Seeliger 448.
Seidel iSg, igj, 208, 191.
Semjonoff, (Semenow) 192,
446, 454-
Seroka 211.
Seybold iSJ—^5J, 449. 452-
Shedd 215, 217.
Simar 461.
Simon 215, 217, 218, 462.
Siraj ud-Din 462.
Sixtus, Prinz v. Bourbon 202.
>;niit 353.
Snouck Hurgronje 77J — 14S,
187, 206, 331, 346, 449,
457, 458.
Soane 343.
Sobernheim 1S8.
V. Staden 178,
Stavenhagen 455.
Autorenverzeichnis.
Stegmann 335.
Stein 332, 447.
Sleindorff 206.
Stern 218.
Stigand 351.
Storbeck 461.
Stourdza 449.
Strothmann 72 — 86, 445.
Strub 353.
Struck 218.
Strupp 343. 455> 459.
Stube 202.
Stübler 463.
Stuhlmann 211, 303.
Sukrl al-Hüri 342.
Swan 187.
Taeschncr 192.
Tardieu 459.
Tauxier 351.
Terrier 214.
Thompson 348,
Thorning 447.
Thurston 208.
Toussaint 339.
Tremcarne 214.
Trenga 350.
Trombetti 460.
Ubicini 343.
Uebersberger 206, 341.
Ulrich 187.
Upson 187.
Vambery 455.
Veit 300 f.
Veläzquez Bosco 341.
Vimard 455.
Vincent 341.
Vinson 457.
Vissiere 209, 347, 458.
Voinot 350.
I
Wadjdi, Muh. Farid. 332.
; VVady 457.
1 Warner 337.
I de Warzee 345.
Wasiljew 333.
Watson 2 1 8.
' Weinzelt 341.
Wellejus 218.
Wellhausen 334.
van Wely ^t,2.
Wensinck 2i()ß'.
Westbroük 339.
Westermann 218, 460, 461.
Westermarck 350.
j Whitney 448.
Wiedemann, E. j — is, Jgo,
193. 194- 335. Uf', 450.
I Wiedemann, M. 345.
Wiener 2jo Jf., s^Tf., 445-
Wiet 197.
Wilken 208, 346.
Willcock 205, 2ü6.
Winckler 301 f.
Winkler 460.
Wirth 206, 455.
Witte 353.
Woodnian Stocking 207.
Woodward 354.
Wortabet 197, 339.
Wright 347.
Würz 354.
Yver 351.
Zavarin i 23 ff.
Zeb-un-Nissa 339.
Zettersteen 197.
I Zimin 453, 454.
Zimmerer 445.
Zwemer 332, 343, 351, 354,
441 ff.
4
/
DS
36
17
Bd. 4
Der Islam
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