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Full text of "Der Islam"

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ilBRARY 


■üiMi^ybi^idMid 


DER  ISLAM 

ZEITSCHRIFT 

FÜR  GESCHICHTE  UND  KULTUR 

DES  ISLAMISCHEN  ORIENTS 


HERAUSGEGEBEN 

VON 

C.  H.  BECKER 


MIT  UNTERSTÜTZUNG  DER 
HAMBURGISCHEN  WISSEN- 
SCHAFTLICHEN STIFTUNG 


VIERTER  BAND 


MIT  11  ABBILDUNGEN  UND  1  TAFEL  -y 


STRASSBURG  1913 
VERLAG  VON   KARL  J.  TRÜBNER 


HAMBURG:  C.  BOYSEN 


^^s 


17 


Inhalt  des  vierten  Bandes. 


I.  Aufsätze  und  Berichte: 

Seite 

Becicer,  C.  H.,  Prinzipielles  zu  Lammens'  Sirastudien 263 

Bell,  H.  I.,  Translations  of  the  Greek  Aphrodito  Papyri  in  the  British  Museum.     V      87 

Flury,  Samuel,  Samarra  und  die  Ornamentik  der  Moschee  des  Ibn  Tulun 421 

Hofmeier,  Kari.  W.,  Beiträge  zur  arabischen  Papyrusforschung 97 

Horten,    M.,  Religion  und  Philosophie  im  Islam i 

Jacob,  Georg,  'Agib  ed-din  al-wä'iz  bei  Ibn  Danijäl 67 

Kahle,  Paul,  Die  Auläd-'Ali-Beduinen  der  Libyschen  Wü-te 355 

RusKA,  Julius,  Kazwinistudien 14  236 

Strothmann,  R.,  Analecta  haeretica 72 

Wensinck.  A.  J.,   Animismus    und  Dämonenglaube    im   Untergrunde    des   jüdischen 

und  islamischen  rituellen  Gebets 219 

Wiedemann,  Eilhard,  Ein   Instrument,    das    die  Bewegung    von  Sonne  und  Mond 

darstellt,  nach  al  Biruni.     Mit  3  Abbildungen 5 

Wiener,  Alfred,  Die  Fai-ag  ha'd  ns-Sidda-hiitralux  I  II -70/3S7 


IL  Kleine  Mitteilungen  und  Anzeigen: 

Bauer,  H.,  Zum  Titel  und  zur  Abfassung  von  Ghazäli's  Ihjä 159 

Becicer,    C.  H.,  Islamisches  und  modernes  Recht  in  der  kolonialen  Praxis 169 

—  Hugo  Winckler 301 

—  Neue  Literatur  zur  Geschichte  Afrikas:  I.  Leo  Frobenius  und  die  Brille  des 

Islam 303 

—  Zu  Hofmeier's  Papyrusstudien  Bd.  IV  97  tT • 313 

Geyer.  R.,  David  Heinrich  v.  Müller 122 

GoLDZiHER,   J.,  Al-Husejn  b.  Mansür  al-Halläg    165 

Graefe,   E.,  Gemä'at  Abu  Gerid löo 

— •     Sagarat  al-'Abbäs >  ^ ' 

Hartmann,  R.,  Hans  von  Mzik's  Übersetzung  von  Ibn  Battüta 433 

Heepe,  M.,  Zwemer,  Samuel  M.,  The  Moslem  Christ 44i 

Hess,  J.  J„  Bemerkungen  zu  Euting's  Darstellungen  des  .  arabischen  Kamelsattels 
und  des  arabischen  Brunnens  in  »Orient.  Studien  .  .  .  Th.  Nöldeke  .  . . 
gewidmet«   3938".  und  seinem  »Tagebuch  einer  Reise  in  Inner.arabiens«  89  314 


IV  Inhalt. 

Seile 
HoRüViTZ,  JoSEi',   Friedländer,  Dr.  J.,  Die  Chadirlegende  und  der  Alexanderroman. 

Eine  sagengeschichtliche  und  literaturhistorische  Untersuchung 438 

—  L.  Bouvat,  Les  Barmeeides  d'apres  les  historiens  arabes  et  persans 440 

Horten,  M.,  Eugen  Prym 299 

HuART,  Cl.,   \V.  Mart;ais.  Textes  arabes  de  Tanger,  transcription,  traduction  annotee, 

glossaire 148 

Littmann,  Enno,  Friedrich  V^eit  f 300 

—  Schech  Madbüli 154 

Das  Schicksal  des  Schech  el  Madbüli 44: 

Massignon,  Louis,  Sur  la  date  de  la  composition  des  »Rasäil   Ikhwän  al  safä  .  .  .  324 

Menzel,  Th.,   Russische  Arbeiten  über  türkische  Literatur  und  Folkloristik 123 

—  K.   I.  Basmadjian,  Essai  sur  Thistoire  de  la   litterature  Ottomane 142 

—  Druckfehlerberichtigung 443 

NÖLDEKE,  Th.,  Julius  Euting 121 

Reckendorf,  H.,  Zur  Hutbe  'Agib  addlns 324 

Rescher,  O.,  Einige  Bemerkungen  und  Notizen  über  die  Krymtataren 155 

—  Einige    nachträgliche  Bemerkungen    zur  Zahl  40  im  Arabischen,  Türkischen 

und  Persischen 157 

Ritter,   Gerhard,  Ernst  Jäckh,    »Deutschland  im  Orient  nach  dem  Balkankrieg«.  325 

Rusica,    Julius,  Ein  neuer  Beitrag  zur  Geschichte  des  Alkohols 320 

—  Wem  verdankt  man  die   erste  Darstellung  des  Weingeists? 162 

—  Noch  einmal  al-Chutvvw 163 

ScH.MiDT,    F.    F.,  Mir  Islama  (Mipi.  IIc.iaMa)  Bd.  I,  Heft  2 172 

Seybold,  L,  Ostädina.     IL  Arwäd 151 

Snouck-Hurgronie,  C,  Martin  Hartmann,  Fünf  Vorträge  über  den  Islam 145 

III.  Kritische  Bibliographie:  177,  329,  444 

IV.  Autorenverzeichnis:  464 


/- 


Religion  und  Philosophie  im  Islam. 

Von 

M.  Horten. 

Man  hat  sich  gewöhnt,  Religion  und  Philosophie  in  den  Darstellun- 
gen der  islamischen  Religion  zu  trennen.  Gilt  doch  die  Philosophie 
als  der  Inbegriff  des  Heidentums.  Auch  wegen  der  Fülle  des  Stoffes 
mag  dieses  praktisch  gerechtfertigt  erscheinen;  innerlich,  g  e  - 
d  a  n  k  1  i  c  h  gehören  beide  jedoch  auf  das  engste  zusammen,  denn 
erstens  die  Philosophie  ist  teilweise  eine  Erscheinungsform  der  Re- 
ligion i),  und  zweitens  die  Religion  hat  in  ihrer  spekulativen  Ausge-' 
staltung  die  Philosophie  auf  das  eigentlich  religiöse  Gebiet  übertragen. 
Beide  Kulturfaktoren  durchdringen  sich  also  gegenseitig. 

I.  Für  den  Philosophen  ist  «die  Philosophie  seine  Religion; 
denn  sein  philosophisches  System  ist  die  Form,  in  der  er  sich  Gott  und 
das  Weltall  denkt  und  zugleich  die  Grundsätze,  nach  denen  er  sein 
sittliches  Leben  einrichtet.  Die  Religion  des  Islam  will  aber  nichts 
anderes  sein  als  eine  Lehre  über  Gott  und  die  Welt  und  eine  Direktion 
des  sittlichen  Handelns  —  Philosophia  theoretica  et  practica.  Für 
Farabi  950  y  ist  dies  ganz  offenbar.  Sein  mystisch-philosophisches 
System  ist  di"e  Form,  die  in  seinem  Geiste  der  Islam  angenom- 
men hatte.  Sogar  manche  mythologischen  Bestandteile  (Schick- 
salsgriffel, Schicksalstafel,  Engel)  hat  er  nicht  ausgeschieden,  sondern 
in  sein  Weltbild  aufgenommen.  So  sehr  hatte  er  das  Bewußtsein,  in 
seiner  Weltanschauung  eine  Form  des  Islam  zur  Darstellung 
zu  bringen.     Seine  Philosophie  ist  also  kein  Gedankenbau,  der  neben 

')  Beide  Gebiete  bilden  keine  Kreise,  die  völlig  kongruent  sind,  denn  die  Philo- 
sophie umfaßt  nach  der  antiken  Auffassung  alles  natürliche  Wissen  einschließlich  der 
Naturwissenschaft  und  Mathematik,  während  zu  der  Religion  auch  der  äußere  Kultus 
gehört.  Beide  Gebiete  decken  sich  also  in  ihren  Kernpunkten,  in  den  Weltanschau- 
ungsfragen, während  sie  in  sekundären  Momenten  auseinandergehen.  Zudem  will  der 
Islam  sich  auch  in  der  Art  der  Erkenntnis  von  der  Philosophie  unterscheiden,  indem 
er  ein  übernatürliches  Wissen  zu  haben  beansprucht,  wogegen  die  Philosophie  ein 
rein  natürliches  Wissen  darstellt.  In  der  Sache  sind  beide  jedoch  natürlich  ent- 
standene Weltanschauungen. 

Islam.     IV.  I 


2  M.   Horten, 

der  Religion  besteht,  sondern  ist  eben  diese  Religion  selbst, 
wie  sie  sich  in  seinem  Geiste  ausgestaltet  hat.  Ein  Gleiches  gilt  von 
Avicenna.  In  seinem  Werke  »Der  Beweis  für  die  Offenbarung«  {ji 
itbät  enniibüwa;  Konstantinopel  1298  d.  H.)  berichtet  Avicenna,  ein 
Schüler  habe  ihm  religiöse  Schwierigkeiten  vorgelegt,  auf  die  er  nun 
antworten  wolle.  Diese  Antwort  ist  nichts  anderes  als  die  Darstellung 
seines  philosophischen  Systeme  s.  Dieses  bildet  also 
kein  Gebiet  neben  und  abgesondert  von  der  Religion,  sondern  ist  eben 
seine  religiöse  Weltanschauung,  die  Formel,  auf 
die  Avicenna  seine  Religion  gebracht  hat.  Für  Averroes  ist  es  die- 
selbe eine  Wahrheit,  die  Aristoteles  in  begrifflicher  Form,  und  die 
Propheten  in  heiliger  Inspiration  erschauten  und  dem  Volke  in  Bildern 
deutlich  machten.  In  beiden  wird  ein  und  dasselbe  Wirkliche 
erkannt.  Die  Philosophie  ist  also  für  Averroes  eine  Form  der  Re- 
ligion   (vgl.  Horten:  Die  Hauptlehren   des   Averroes;    Bonn  1913, 

S.  334f.). 

Zu   den   Philosophen  gehören  die  Mystiker   (Süfis).      Ihr   System 

ist  eine  ganz  bestimmte  Form  neuplatonisch-indischer  Philosophie  und 
aus  ihr  abgeleitet  eine  eigenartig  gerichtete  Lebensführung,  also  eine 
Philosophia  theoretica  et  practica.  Diese  Philosophie  ist  nun  ihre  Re- 
ligion, d.  h.  nach  ihren  eigenen  Aussagen  die  Form,  die  der  Islam 
in  ihnen  annimmt,  der  »eigentliche  und  wahre  Gehalt«  des  Islam. 
Die  populären  Formen  der  Religion  sind  im  Vergleiche  dazu  tiefer- 
stehende Arten  des  islamischen  Glaubens.  Die  einzelnen  Kulthandlun- 
gen werden  wie  die  Korantexte  von  den  Süfis  in  ihrem  philoso- 
phischen Sinne  umgedeutet,  und  dies  ist  zugleich  ihre  r  e  - 
1  i  g  i  ö  s  e  Auffassung.  Religion  und  Philosophie  identifizieren 
sich  also  für  diese  Kreise. 

Die  popularphilosophische  Schule  um  950  in  Basra,  die  Getreuen 
genannt,  will  in  ihrer  philosophischen  Geheimlehre  eine  N  e  u  b  i  1  - 
düng  des  Islam  erreichen,  ein  Beweis  dafür,  daß  sie  Philosophie 
und  Religion  identifiziert.  Ihre  Philosophie  ist  berufen,  an 
die  Stelle  des  Islam  zu  treten.  Sie  will  also  eine  veredelte  Form 
der  Religion  sein.  Verwandt  mit  dieser  Richtung  sind  manche 
islamische  Sekten,  die  ebenso  von  bestimmten  philosophischen  wie 
politischen  Lehren  ausgehen,  z.  B.  die  Karmaten,  Ismailiten,  Drusen, 
Nosairier  bis  zu  den  Babis,  Hurufis,  Sikhis  (Indien,  Pantheismus), 
Bektaschis,  Hodjas  (Chodschas)  usw.  Ihre  philosophische  Lehre  soll 
eine  Weiterbildung  des  Islam,  also  eine  Religion  sein.  Eine 
Gesamtdarstellung  der  Religion  des  Islam,  d.  h.  aller  Erscheinungs- 
formen, die  der  religiöse  Gedanke  im   Islam  angenommen  hat,  würde 


Religion   und   Philosophie   im   Islam.  ^ 

also  in  alle  Bereiche  und  Schichten  der  islamischen  Kultur  hinein- 
greifen und  in  einer  gewissen  Hinsicht  eine  Darstellung  der  islamischen 
Kultur  %ein.  Dieses  würde  zugleich  auch  der  Tatsache  Ausdruck  geben, 
daß  für  den  Islam  (wie  für  das  Christentum)  die  Religion  den  ganzen 
Menschen,  sein  ganzes  Leben,  alle  seine  Betätigungen,  erfaßt  und  daher 
auch  alle  Gebiete  seiner  Kultur  durchdringt  und  ihr  den  eigenarticren 
Stempel  einer  religiösen  und  im  besonderen  islamischen  Kultur 
aufdrückt. 

II.  Auf  der  andern  Seite  ist  es  zweifellos,  daß  die  Theologen,  die 
berufenen  Vertreter  der  Religion,  die  Philosophie  in  ihre  Weltanschau- 
ung aufnehmen.  Dadurch  vereinigen  sie  beide  Gebiete,  und 
dieses  ist  ganz  natürlich,  da  sie  innerlich  und  wesentlich  zu- 
sammen gehören.  Diese  Vereinigung  geht  in  den  späteren 
Zeiten  des  Islam  sehr  weit.  Nach  Gazali  dringt  die  griechische 
Philosophie  vollständig  in  die  islamische  Theologie  e  i  n.  Sogar 
die  großen  Gegner  Avicennas,  Schahristani  1153  t,  Razi  1209  f  und 
Taftazani  1389  f,  bekämpfen  nur  einzelne  Thesen  der  Grie- 
chen. Deren  Denkmethode  und  Grundanschauungen  werden  immer 
mehr  Gemeingut  der  Theologen,  wie  Schirazi  1640  f  und  sein  Schüler 
Lahigi  1670  f  (»Der  Islam«  III,  91  ff.)  zeigen. 

Eine  ältere  philosophische  Strömung,  die  sich  später  zur  Gegen- 
strömung gegen  die  griechische  auswächst,  ist  die  indische.     Sie 
amalgamiert  sich  mit  der  Theologie  der  älteren  Zeit  und  erzeugt  dort 
spezifisch  indische   Systeme,   z.  B.   Mu*ammar  etwa  850  f  (Lehre  der 
Vaischesika  von  der  Inhärenz),  vielleicht  abu  Haschim  933  f  (die  Lehre 
von  den  Modi),  die  Schule  von  Bagdad  durch  Ka'bi  929  f  vertreten 
(Lehre   von   der  Diversität   der  Dinge),    Basra,   besonders   durch   abu 
Raschid  dargestellt  (Lehre  von  der  Homogenität  der  Dinge)  usw.    Die 
persisch    und    griechisch    beeinflußten    Systeme    dieser    Denkrichtung 
nehmen  denselben  Standpunkt  zur  Religion  ein.     Alle  diese  Systeme 
werden  von  ihren  Urhebern,  die  Theologen  sind,  als   spekulative 
Theologie    bezeichnet,   also  als  eine   Form  der  intellektuell   aus- 
gestalteten Religion.     Theologie  und  Philosophie  fallen  hier  in   eins 
zusammen.    Man  ist  durchaus  berechtigt,  diese  Theologen  als   Philo- 
sophen   zu  bezeichnen.      Es  handelt  sich  dabei   nur  um   eine  ver- 
schiedene  Bezeichnung.      Der   Sache   nach    sind    diese    Theo- 
logen Philosophen,    und    ihre     Philosophie    ist    ihre    Religion. 
Durch   den  Verlauf  der  weiteren   Entwicklung  wurden  die  indischen 
Systeme  durch  die  eindringende  griechische  Gedankenwelt  zersprengt. 
Einzelne  abgesprengte  Stücke  dieser  Denkmethoden  linden  sich  noch 
in  späteren  Schriftstellern,  aber  nicht  mehr  als  festgefügte  Systeme. 


A  M.  Horten,  Religion  und  Philosophie  im  Islam. 

Murtada  1437  f  ist  als  Historiker  der  theologischen  Spekulationen  noch 
sehr  unterrichtet  über  indische  Lehren. 

Was  man  geneigt  ist,  als  verschiedene  Gebiete  der  Kultur  zu 
betrachten,  d.  h.  als  für  sich  abgeschlossene  Bereiche,  stellt 
sich  bei  näherem  Zusehen  als  eine  Verschiedenheit  der  Betrach- 
tungsweisen der  gesamten  Geisteskultur  dar.  Es  ist  ja  doch 
die  Eigenart  einer  jeden  Geisteskultur,  daß  ihre  Teile  sich  gegenseitig 
durchdringen.  Die  Theologie  ist  kein  Gebiet  für  sich,  abge- 
trennt von  der  Philosophie.  Ebensowenig  bilden  diese  beiden  einen 
besonderen  Bereich  gegenüber  der  Mystik.  Sogar  die  einzelnen  Natur- 
und  Geisteswissenschaften  haben  Fühlung  mit  der  Philosophie.  Sie 
entwickeln  in  ihren  Einleitungen  und  allgemeinen  Übersichten  vielfach 
philosophische  Begriffe.  Dadurch  wird  deutlich,  daß  der  begriffliche 
Hintergrund  und  die  gedankliche  Basis,  die  die  Einzeluntersuchungen 
trägt  oder  wenigstens  in  sie  h  i  n  e  i  n  s  p  i  e  1  t  ,  ein  philoso- 
phischer war.  Ibn  Haldün  ist  ein  deutliches  Beispiel  dafür,  daß 
bei  einem  Historiker  philosophische  Prinzipien  die  leitenden  Grund- 
gedanken bilden  können. 

Die  islamische  Geisteskultur,  die  Erbin  des  Hellenismus,  hat  die 
Eigentümlichkeit,  daß  sie  trotz  ihrer  großen  Buntheit  in  gewissem 
Sinne  einheitlich  ist.  Kein  Gebiet  ist  absolut  von  den 
andern  getrennt.  Man  ist  bestrebt,  mit  der  Philosophie,  d.  h.  der 
Wissenschaft  von  den  Prinzipien,  dem  Allgemeinsten,  in  Zusammen- 
hang zu  bleiben.  Auf  diese  Eigenart  der  Geisteskultur  hat  die  histori- 
sche Darstellung  einzugehen,  wenn  sie  die  Kultur  der  \^ergangenheit 
in  der  Weise  unserem  Geiste  wieder  lebendig  machen  will,  wie  sie 
einst  lebendig  war.  Man  war  eben  bestrebt,  das  Einzelne  im  Zusammen- 
hange des  Ganzen  zu  betrachten  (daher  ist  die  Lehre  von  deni 
Systeme  der  Wissenschaften  sorgfältig  ausgebildet),  also  deduktiv  und 
analytisch  zu  verfahren,  während  wir  heute  gewohnt  sind,  die  induk- 
tive und  synthetische  Methode  vorzuziehen.  So  unterscheidet  sich 
eine  philosophisch  orientierte  Geisteskultur  von  einer  empirisch  sam- 
melnden und  aufbauenden. 


Ein  Instrument,  das  die  Bewegung  von  Sonne 
und  Mond  darstellt,  nach  al  Birüni. 

Von 

Eilhard  Wiedemann. 

Mit  3  Abbildungen. 

Wie  wir  in  neuerer  Zeit  eine  ganze  Reihe  von  mechanischen  Vor- 
richtunf^en  haben,  die  dazu  dienen,  rechnerische  Operationen  ohne 
Rechnung  durchzuführen,  ich  erinnere  an  die  verschiedenen  Rechen- 
maschinen, den  Rechenschieber  usw.,  so  haben  auch  die  arabischen 
Gelehrten  solche  konstruiert.  Sie  waren  vor  allem  dazu  bestimmt 
astronomische  Daten  zu  ermitteln.  Hier  wurde  das  Astrolab  und  der 
Sinusquadrant  verwendet.  Liniensysteme,  die  auf  der  Vorderfiäche 
der  Instrumente,  an  der  die  Alhidade  sich  entlang  bewegt,  parallel 
zur  Vertikalen  und  Horizontalen  verlaufen,  dienen  zur  Ermittlung  der 
Sinus  und  Kosinus;  ein  in  den  einen  Quadranten  eingezeichnetes 
Quadrat,  dessen  Seiten  entsprechend  geteilt  sind,  dient  zur  Ermitt- 
lung der  Tangenten  von  0°  bis  45°  und  der  Kotangenten  von  45°  bis 
90°.  Bei  den  Sinusquadranten  haben  die  Liniensysteme  auch  zur 
Ausführung  von  Multiplikationen,  Divisionen  usw.  Verwendung  ge- 
funden; d.h.  zur  Lösung  rechnerischer  Aufgaben  werden  geometrische 
Konstruktionen  verwendet,  bei  denen  sowohl  die  bekannten,  wie  die 
aufgesuchten  unbekannten  Größen  durch  Strecken  dargestellt  sind  ^). 

Zu  astronomischen  Bestimmungen  aus  graphischen  Konstruk- 
tionen dient  der  Rücken  des  Astrolabs;  in  diesen  können  Scheiben 
eingelegt  werden,  auf  denen  die  für  astronomische  Bestimmungen 
wichtigsten  Kreise,  die  Höhenkreise,  der  Äquator  usw.  in  mannig- 
fachster Projektion  verzeichnet  sind,  darüber  dreht  sich  die  sogenannte 
Spinne,  die  in  entsprechender  Projektion  die  Ekliptik  usw.  enthält. 
An  den  relativen  Lagen  der  Spinne  und  der  Scheibe  können  die  ge- 
wünschten astronomischen  Daten  abgelesen  werden  -). 

')  Vgl.  E,  Wiedemann,  Beiträge  XVIII. 

0  Ich  hoffe  gemeinsam  mit  Herrn  Dr.  WüRSCHMIDT  eine  Reihe  der  betreffenden 
Konstruktionen  publizieren  zu  können;  möchte  aber  schon  hier  bemerken,  daß  die  be- 
treffenden Abschnitte  in  dem  von  J.  S.  Sedillot  übersetzten  und  von  L.  A.  Sedillot 
herausgegebenen   Werke    von  A  b  ü  «  A  I  i    al -Hasan    a  1  -  M  a  r  r  ä  k  u  s  c  h  i   {Tratte 


5  E  i  1  h  a  r  d   W  i  e  d  e  m  a  n  n . 

In  dem  in  der  Anmerkung  erwähnten  Werke  von  a  1  -  B  i  r  ü  n  i  ^) 
befindet  sich  ferner  eine  Beschreibung  einer  Vorrichtung,  bei  der 
durch  Zahnräder  Scheiben  in  Umlauf  versetzt  werden,  aus  deren 
Stellung  man  die  Lage  der  Sonne  und  des  Mondes  bestimmen  kann. 

Ich  gebe  im  folgenden  wesentlich  im  Anschluß  an  a  1  -  B  i  r  ü  n  i 
eine  Beschreibung  des  Instrumentes. 

Konstruktion    der    Büchse    {Huqq)    für    den 

Mond  -). 

Mit  diesem  Instrument  will  man  nicht  eine  sich  auf  einen  Beweis 
stützende  Prüfung  (der  Verhältnisse)  vornehmen,  sondern  die  Zu- 
nahme und  Abnahme  des  Mondes,  den  abgelaufenen  Teil  des  Monats 
und  die  ungefähre  Lage  der  beiden  Leuchten  (nämlich  Sonne  und 
Mond)  festlegen. 

Die  dazu  dienende  Vorrichtung  wird  auf  dem  Rücken  des  Astro- 
labs  (d.  h.  auf  einer  kreisförmigen  Metallplatte,  durch  deren  Mitte 
eine  Achse  geht)  angebracht.  An  dem  Rand  des  Astrolabs  bringt  man 
einen  nicht  zu  niedrigen  Ring  aus  mäßig  dickem  Blech  an.  Den  inneren 
halben  Durchmesser  (d.  h.  den  Radius)  des  Ringes  teilt  man  in  QO 
gleiche  Teile  (die  Länge  eines  Teiles  sei  1). 

des  instruments  astronomiques  des  Arahes)  aus  einem  Werke  von  Abu  Sa'idal-Si<jz! 
(vgl.  SuTER  Nr.  185  S.  80)  entnommen  sind,  der  nach  H.  Haifa  ein  Werk  über  das 
Astrolab  geschrieben  hat.  Ob  das  direkt  geschehen  ist  oder  durch  Vermittking  eines 
anderen  Werkes,  et«'a  des  gleich  zu  erwähnenden  von  al-Birüni  mag  dahingestellt 
bleiben.  Al-Birüni  sagt  nämlich:  »Im  folgenden  habe  ich  die  Abbildung  von  6  Arten 
der  verschiedenen  Spinnen  und  von  3  Scheiben,  auf  denen  sich  Abbildungen  verschiedener 
Muqantara  befinden,  mitgeteilt.  Ich  habe  sie  aus  dem  Werk  von  Abu  S  a  *id  hierher 
übernommen«  (an  einer  anderen  Stelle  ist  noch  al-Sigzi  beigefügt). —  Die  Astrolabien  sind: 
i.al-nargisiäni  (ähnlich  einer  Vase  für  Narzissen),  2.  al  sadfi  (ähnlich  der  Perl-  oder  Ohr- 
muschel), 3.  al-häii  (das  krugförmige),  4.  al-taur^  (das  Stier-(Kopf-)  ähnliche),  5.  al-gamüsi 
(das  BüfEel-(Kopf-)  ähnliche,  6.  al-sula/ifi  (das  Schildkröten-ähnliche). 

Die  Namen  kommen  nicht  daher,  wie  man  vermuten  könnte,  daß  die  ganzen  Astro- 
labien entsprechende  Formen  besitzen,  sondern  von  den  durch  besondere  Arten  der  Pro- 
jektion gewonnenen  Formen  des  Tierkreises.  Damit  die  erwünschten  Figuren  besonders 
deutlich  hervortreten,  sind  in  den  Zeichnungen  einzelne  Linien  stärker,  andere  schwächer 
ausgezogen. 

')  al-Birüni,  Kiidb  fi  Isti^db  al-Wugüh  al-mumkina  fi  San'atal-Istarldh.,  Werk 
über  die  detaillierte  Behandlung  aller  möglichen  Methoden  für  die  Herstellung  des  Astro- 
labs, von  dem  mir  zwei  Handschriften  zugänglich  waren  (Leyden  Nr.  591  Katalog  Bd.  3 
S.  94  und  Berlin  Nr.  5796).  Die  erstere  ist  sehr  gut  und  mit  sorgfältig  ausgeführten 
Figuren  ausgestattet.  Herrn  Dr.  Juvnboll  in  Leyden  und  Herrn  Direktor  Professor 
Dr.   FtEMMiNG    in  Berlin  sage  ich  tür  deren  Überlassung  verb-ndlichsten  Dank 

^)  Häggi  Haifa  führt  Bd.  i  S.  397  »die  Büchse  für  den  Mond«  unter  den  Be- 
obachtungsinstrumenten auf;   sie  gehört  aber  eigentlich  nicht  zu  diesen. 


Ein  Instrument,  das  die  Bewegung  von  Sonne  und  Mond  darstellt,  nach  al  Birüni. 


7 


Man  macht  ferner  8  Scheiben,  die  aber  dicker  sind  als  diejenigen, 
die  man  bei  den  Astrolabien  zu  den  Ortsbestimmungen  verwendet. 
(Ihre  öicke  sei  d.)     (Vgl.  Figur  2  und  3.) 

Die  Durchmesser  der  verschiedenen   Scheiben  sind: 
Scheibe   I  :    7  1  II  :    10  1  III  :    19  1  IV  :  24  1 

V  :  40  1        VI  :  48  1  VII  :   59  1  VIII  :   59  1. 

Entsprechend  diesen  Zahlen  teilen  wir  die  Umfange  der  einzelnen 
Scheiben  und  feilen  dann  an  den  Teilungspunkten  gleiche  dreieckige 
Zähne  ^)  mit  spitzen  Enden,  die  nach  Gestalt  und  Größe  ähnlich  sind. 


Fig.  I. 


Scheibe  I  und  II  durchbohren  wir  dann  in  der  Mitte  entsprechend 
der  Dicke  der  Achse  des  Astrolabs.  An  der  Achse  bringen  wir  aber 
nicht,  wie  beim  [gewöhnlichen]  Astrolab  eine  Platte  (Fals)  an,  um 
die  Alhidade  festzuhalten,  sondern  wir  verlängern  die  Achse  als  einen 
glatten  Zylinder.  Über  ihn  schieben  wir  erst  Scheibe  II,  dann  Scheibe  I; 
zwischen  II  und  der  Grundplatte  soll  ein  Zwischenraum  von  2  d  bleiben. 
Die  Scheiben  I  und  II  werden  miteinander  und  mit  der  Achse  ver- 
lötet, so  daß,  wenn  die  Achse  sich  dreht,  sich  I  und  II  mit  ihr  drehen. 
Ebenso  lötet  man   III  und  VII,  sowie   IV  und  VIII  aufeinander. 

Wir  beschäftigen  uns  nun  mit  der  Oberfläche  der  7.  Platte,  d.  h. 
dem  Kreise  abgd  (Fig.  i).    Um  dessen  Mittelpunkt  e  zeichnen  wir 

I)  Die  Zähne  hatten  also   die  einfachste  Form. 


8 


Eilhard  Wiedemann, 


einen  etwas  kleineren  Kreis  htkl.      In  den  Zwischenraum  zwischen 
beiden  kann  man  die  Zahlen  in  Buchstaben  ^)  schreiben.  Der  Zwischen- 


Fig.  2. 


Die  hier  mitgeteilte  Figur  2  ist  der  Leydener  Handschrift  entnommen;  ihr  entspricht 
diejenige  in  der  Berliner  Handschrift,  beide  sind  nicht  ganz  korrekt. 

Oben  steht  an  der  Figur:  Das  was  an  Bögen  und  Zähnen  schwarz  gezeichnet  ist 
das  ist  sichtbar;  was  rot  gezeichnet  ist,  das  liegt  unterhalb  der  Scheibe;  es  erscheint  gleich- 
sam unterhalb  des    Bildes.    (Die  schwarzen  und  roten  Linien  finden  sich  in  beiden  Hand- 
schriften;   aus    der  Figur  2  ist  ohne   weiteres  zu    ersehen,    um   welche  es   sich  handelt. 
Die  roten  Linien  der  arabischen   Figuren  sind  punktiert  wiedergegeben.) 

In  I  steht  [Scheibe]  mit  7  [Zähnen];  in  II:  mit  10;  in  III:  mit  19,  innerhalb  [d.h. 
die  Scheibe  liegt  unter  VII] ;  in  IV:  mit  14,  innerhalb;  in  V:  mit  40  für  den  Mond;  in  VI: 
mit  48  für  die  Sonne;  in  VII:  mit  59;  in  VIII:  mit  59. 

Zu  beachten  ist,  daß  man  sich  die  Scheibe  V  so  weit  nach  links  unten  verschoben 
denken  muß,  daß  ihre  Zähne  in  diejenigen  von  II  eingreifen,  während  II  natürlich  nicht 
in  VI  eingreift. 


I)  Mit    den    die    einzelnen    Zahlen   bedeutenden    Buchstaben    und    Buchstabenver- 
bindungen. 


Ein  Instrument,  das  die  Bewegung  von  Sonne  und  Mond  darstellt,  nach  al  Birüni.  g 

räum  zwischen  den  beiden  Kreisen  ist  in  59  Teile  geteilt,  denen  ent- 
sprechend die  Zähne  auf  dem  Umfang  abgeteilt  sind.  Wir  ziehen  nun 
die  Teiitetriche  und  schreiben  von  a  über  b  die  Zahlen  i  bis  30  und 
dann  von  l  bis  29,  so  daß  der  ganze  Kreis  ausgenützt  ist.  In  dem 
Kreis  htkl  ziehen  wir  die  Durchmesser  h  k  und  1 1  und  auf  ihnen 
vier  sich  berührende  und  den  Kreis  htkl  berührende  Kreise,  nämhch 
m,  s,  a.  f.  Der  Mittelpunkt  des  Kreises  m  liegt  auf  dem  Durchmesser 
a  h  m. 

Die  beiden  Kreise  s  und  /  löschen  wir  aus,  schwärzen  die  beiden 

Kreise  m  und  a  mit  ^äjs^'.^.*.-^  i)  und  versilbern  den  Rest  des 
Kreises  htkl. 

Auf  die  Grundplatte  (vgl.  Fig.  2  und  3)  a)  löten  wir  einen  Ring,  der 
diesen  Mittelpunkt  umgibt;  sein  Umfang  ist  gleich  oder  etwas  kleiner  als 
der  der  Scheibe  I,  seine  Höhe  ist  2  d,  damit  sich  die  Scheibe  II  auf  ihn 
aufstützt  und  nicht  infolge  des  leeren  Zwischenraumes  zwischen  ihr  und 
der  Grundplatte  hin  und  her  schwankt.    Auf  der  Mitte  von  Scheibe  III 

0  Das  Wort  ist  das  persische  Wort  o.S=^^  ^^  Sim-i-Sücht  und  bedeutet 
nach  VuLLERS  etwas   »schwarzes«. 

»)  Um  die  gegenseitige  Lage  der  einzelnen  Scheiben  leichter  verständlich  zu  machen, 
war  Herr  Dr.  ing.  und  phil.  F.  Hauser  so  freundlich,  nach  den  Angaben  von  al  -  Birüni 
die  Figur  3   zu  zeichnen;    dabei  sind    alle  Scheiben    nebeneinander    gelagert   und    durch 


6     ^ 


Fig. 


senkrechte  Schattierung  hervorgehoben.  Die  Nummern  1  bis  VIH  tür  die  Scheiben  ent- 
sprechen den  Nummern  in  der  Beschreibung.  Ferner  wurde  in  schematischer  Weise  ein 
Schnitt  durch  die  Giundplatte  gezeichnet  und  die  verschiedenen  auf  ihr  festgelöteten, 
die  Scheiben  in  ihrer  gegenseitigen  Lage  haltenden  Hülsen  ebenfalls  im  Schnitt  darge- 
stellt. Von  einer  Darstellung  der  weiter  zur  Stützung  der  Scheiben  dienenden  »Bögen« 
wurde  abgesehen,  da  über  ihre  Gestalt  und  Lage  nichts  näheres  erwähnt  ist.  Von  dem 
Deckel  wurde  ebenfalls  ein  schematischer  Schnitt  gezeiclmet.  Die  nichtschraffierten  Stellen 
sind  die  Durchbohrungen.  Wir  haben  solche  für  die  Achse  des  Astrolabs  (die  zugleich 
die  Achse  von  1  und  II  ist),  sowie  für  die  Achsen  von  V  und  VI.  Diese  beiden  Achsen 
tragen  an  ihren  Enden  »Bögen«  (d.  h.  jedenfalls  Zeiger),  welche  den  Stand  des  Mondes 
(V)  und  der  Sonne  (VI)  angeben.  Ferner  hat  der  Deckel  noch  zwei  Durchbohrungen,  und 
zwar:  die  mit  a  bezeichnete  für  die  Ablesung  der  Tage  und  die  mit  b  bezeichnete  für  die 
beiden  Kreise  m  und   o:  der  Scheibe  VIT,  also  für  die  Ablesung  der  synodischen  Umläufe. 


10  Eilliard   Wiedcmann, 

bringen  wir  eine  zylindrische  Achse  an  von  der  Dicke  von  1/2  Finger^) 
und  von  der  Länge  2  d.  Auf  Scheibe  IV  bringen  wir  eine  Achse  von 
derselben  Dicke  und  der  Länge  d  an.  Ebenso  verfahren  wir  bei  den 
Scheiben  Y  und  VI,  nur  ist  die  Länge  der  Achse  von  V  2  d  und  von 

VI  I  öf.  Diese  beiden  Achsen  verlängern  wir  auf  der  anderen  Seite 
(d.  h.  der  oberen)  der  Scheiben  um  eine  gewisse  Strecke,  denn  wir 
wollen  auf  ihnen  zwei  Zeiger  anbringen.  Für  jede  Achse  machen 
wir  eine  Hülse  [Tauq],  die  sie  umfaßt  und  nicht  größer  als  sie  ist. 
Lötet  man  diese  Hülse  auf  eine  Stelle  der  Grundplatte  fest,  so  dreht 
sich  die  Achse  in  ihr  mit  Leichtigkeit  und  bleibt  auf  der  Grundplatte. 
Die  Hülse  für  die  Achse  der  Scheibe  III  löten  wir  entsprechend  60 
Teilen  der  Erhebung  -)  fest  an  eine  solche  Stelle,  daß  in  die  Zähne 
der  Scheibe  VII  die  an  der  Scheibe  I  eingreifen  und  der  äußerste 
Ring  sie  nicht  an  der  Drehung  hindert  3).  Die  Hülse  für  die  Achse 
von  IV  löten  war  an  einer  tieferen  Stelle  nach  deni  Anfang  der  Höhen  - 
t eilung  zu  an,  so  daß  die  Zähne  von  III  in  diejenigen  von  VIII  ein- 
greifen, dann  werden  keine  der  Zähne  von  VIII  durch  diejenigen  von 

11  festgehalten;  auch  hindert  der  äußerste  Ring  sie  nicht  an  der 
Drehung  4).  Die  Hülse  für  die  Achse  von  VI  löten  wir  unterhalb  von 
VIII  an  eine  solche  Stelle,  daß  ihre  Zähne  und  die  von  IV  ineinander- 
greifen.   Die  Hülse  von  V  löten  wir  an  einer  Stelle  an,  die  höher  als 

VII  liegt,  so  daß  die  Zähne  von  II  und  V  ineinandergreifen. 

Auf  die  Grundplatte  löten  wir  von  den  Hülsen  aus  Bögen,  auf 
die  sich  die  Platten,  die  gestützt  werden  müssen,  stützen,  damit  sie 
keinen  Erschütterungen  unterworfen  sind.  Hiermit  sind  die  Hülsen 
auf  der  Grundplatte  festgelötet  und  die  Achsen  bewegen  sich  in  ihnen. 

Versetzt  man  nun  die  Hauptachse  des  Astrolabs  in  Umdrehung, 
so  dreht  sich  dadurch  I  und  II;  II  dreht  V  und  I  dreht  \"II.  Mit  VII 
dreht  sich  III;  III  setzt  VIII  und  IV  in  Umdrehung.  Endlich  dreht 
IV  VI. 

Hierauf  wird  ein  Deckel  hergestellt ,  der  auf  den  äußersten  Ring 
paßt,  auf  ihm  festsitzt  und  beinahe  die  Scheibe  VII  berührt.  Deshalb 
muß  der  äußerste  Ring  etwas  größer  als  die  vierfache  5)  Plattendicke  sein. 


I)  Hierunter   ist  die  Fingerdicke,  nicht  die    Fingerlänge  verstanden. 

-)  d.  h.  wohl  auf  dem  Radius,  der  mit  der  Horizontalen  einen  Winkel  von  Oo'' 
bildet;  die  Figur  ist  nicht  genau  gezeichnet. 

3)  Das  ist  deshalb  nicht  der  Fall,  da  I  einen  Radius  3'  2  hat  und  VII  einen  Durch- 
messer 59,  es  ist  yU  +  59  <  9o. 

.4)  II  und  VIII  liegen  ja  in  einer  Ebene. 

5)  Der  Text  hat  dreifache,  das  kann  aber,  wie  der  Text  und  die  Figur  zeigt,  nicht 
richtig  sein. 


Ein    Instrument,   das   die  Bewegung   von  Sonne   und  Mond  darstellt,  nach  al  Birüni.  i  i 

Den  Deckel  durchbohrt  man  zunächst  an  drei   Stellen: 

1.  in  der  Mitte  in  der  Umgebung  der  Hauptachse  des  Astroiabs; 

2.  Tn  der  Umgebung  der  Achse  der  Scheibe  Y,  die  dem  Mond 
zugeteilt  ist; 

3.  in  der  Umgebung  der  Achse  der   Scheibe  \'I,   die  der   Sonne 

zugeteilt  ist. 

4.  Wir  machen  noch  in  der  Nähe  des  äußersten  Randes  ein  ru  ndes 
Loch  (b),  das  gleich  dem  Kreise  m  auf  der  Scheibe  VII  ist,  und  zwar 
so,  daß  bei  der  Umdrehung  die  Kreise  m  und  a  zu  diesem  Loche  ge- 
langen und  ihre  Ränder  mit    denen  des  Loches  zusammenfallen. 

5.  Wir  machen  weiter  zwischen  dem  runden  Loch  und  dem 
äußeren  Ring  ein  viereckiges  Loch  (a)  in  einer  solchen  Lage,  daß  es 
der  mit  Buchstaben  geschriebenen  Zahl  29  entspricht  (s.  oben), 
wenn   der    Kreis  m  sich  unter  das  kreisförmige  Loch  (Nr.  4)  lagert. 

Hierauf  beschreiben  wir  um  die  einzelnen  Achsen,  nämhch  die 
des  Astrolabs  und  die  der  beiden  Leuchten  mit  behebigem  Radius 
Kreise.  Den  Kreis  in  der  Mitte  teilen  wir  in  sieben  gleiche  Teile;  an 
sie  schreiben  wir  die  Namen  der  Wochentage,  die  von  rechts  nach 
oben  und  nach  hnks  sich  aneinander  reihen.  Die  der  Sonne  und  dem 
Mond  entsprechenden  Kreise  teilen  wir  in  12  gleiche  Tierkreiszeichen 
und  deren  jedes  in  30  Grade.  Letztere  trägt  man  entweder  einzeln 
auf  oder  faßt  sie  zusammen,  wie  dies  beim  Astrolab  geschieht,  indem 
man  nur  jeden  zweiten,  dritten,  sechsten  Grad  bezeichnet;  es  richtet 
sich  dies  danach,  welche  Teilung  der  Kreis  [infolge  seiner  Größe] zuläßt. 

An  die  einzelnen  Tierkreiszeichen  schreibt  man  deren  Nam.en,  die 
sich  von  links  nach  oben  nach  rechts  aneinander  reihen.  Auf  den 
Achsen  [der  Scheiben]  für  die  beiden  Leuchten  bringen  wir  zwei  Zeiger 
an,  deren  spitze  Enden  über  die  Grade  des  Tierkreises  hingehen,  und 
sie  bei  ihrer  Umdrehung  berühren. 

Dann  bringen  wir  noch  die  Alhidade  des  Astrolabs  oberhalb  des 
Deckels  an  ihrer  Achse  an  und  halten  sie  durch  den  hineingesteckten 
Fars  (Stift)  fest  und  zwar  so,  daß  ihre  scharfe  Kante  über  den  nach 
den  Wochentagen  eingeteilten  Kreis  geht. 

Damit  ist  die  Herstellung  der  Büchse  für  den  Mond  vollendet 
und  das  ist  ihr  Bild  nach  der  Zusamn^ensteUung  ^).    — 

I)  Sind  die  Radien  der  einzelnene  Scheiben  I  ]I  III...  mit  I  11  111...  bezeichnet, 
so  ist  die  Zahl  der  Umdrehungen  von  I  für  ein  Umdrehung  von  VI  gegeben  durch 

_  VII     VIII  ^  VI 
^""T       III    'iv 

Hat  l  a  Zähne,  so  gehen  während  dieser  z  Umläufe  vorbei: 

vii    viii    vi 


12  E  i  1  li  a  r  d  W  i  e  d  e  m  a  n  n , 

Verschiedene  Künstler  wählen  für  die  Zahl  der  Zähne  [und  damit 
für  den  Durchmesser  der  Platten]  verschiedene  Werte;  alle  liegen  um 
den  wahren  Wert,  sind  aber  nicht  ganz  richtig. 

Man  hndet  angegeben,  daß  die  Scheibe  IV  auf  die  Scheibe  VIII 
gelötet  ist,  und  daß  die  Scheibe  VI  sich  über  die  Scheibe  VIII  dreht. 
Dann  gibt  man  III  :  26  Zähne  und  IV:  19  Zähne;  dann  ist  die 
Scheibe  IV  weiter  von  der  Scheibe  VII  fortgerückt,  so  daß  sie  sie 
nicht  hindert  und  die  Achse  der  Scheibe  VIII  ist  weiter  von  der 
Scheibe  III  entfernt  [als  im  vorigen  Fall];  ferner  erhält  VI  :  49  und 
VIII:   56  Zähne  I). 

Einige  nahmen  folgende  Zahl  der  Zähne -l:  III:  19,  IV:  23,  VT: 
46,  VII:   59,  VIII:   57. 

Hier  erhält  man  bessere  Resultate,  da  der  Umlauf  der  Sonne 
ii^  354  3)  Tagen  erfolgt,  während  er  im  ersten  Fall  in  399  Tagen  4) 
vor  sich  geht;  die  Wahrheit  liegt  in  der  Mitte. 

Man  kann  die  Anordnung  dadurch  vereinfachen,  daß  man  auf 
eine  Scheibe  mit  40  Zähnen  eine  solche  mit  4  Zähnen  lötet  und  auf 
einer  solchen  mit  52  Zähnen  die  Achse  anbringt,  die  in  einer  Führung 
geht.  Es  greift  dann  die  Scheibe  II  (mit  10  Zähnen)  in  die  mit  40 
Zähnen,  und  die  mit  dieser  verbundene  mit  4  Zähnen  in  die  mit 
52  Zähnen  ein 5). 


Zähne,  d.  h.  Tage  von  I  vorbei,  da  nun  a  =  7  und  1=7  ist,  so  ist  a  z,  d.  h.  die  Zahl  z, 
der  Tage,  die  einem  Umlauf  von  VI  der  Sonne  entspricht 

VIII     VI 

z,  =  VII  • 

III        IV 

Für  den  Mond  gilt  ebenso 

V 

In  unserem  Fall  berechnet  sich  die  Umlaufszeit  der  Sonne  zu  366^  ,  Tagen,  also 
recht  genau,  diejenige  des  Mondes  zu  28  Tagen. 

^)  Wir  haben  also  in  diesem  Fall,  da  für  die  Scheibe  VII  stets  59  Zähne  beibehalten 
weiden 

III  :  26,  IV  :  19,  VI  :  49,  VII  :  59,  VIII  :  56. 

Damit  die  Scheiben  IV  und  VII  sich  nicht  berühren,  muß  die  Summe  der  Radien 
VIII  und  III  größer  sein  als  die  derRadienVII  undIVt~,.es  ist  in  derTat26  +  56  größer 
als  19  +  59. 

*)  Die  Wahl  dieser  Zahl  der  Zähne  liegt  wohl  darin,  daß  man  III  :  VIII  =1:3 
und   IV  :  VI  =  x  :  2  hat. 

3)  Die  Zahl  ist  richtig  berechnet. 

4)  Der  Berliner  Text  hat  359  Tage:  beide  Angaben  sind  falsch,  es  berechnet  sich 
die  Umlaufszeit  zu  ca.  327'/  aTagen 

5)  Die  Scheibe    mit    40  Zähnen    entspricht    dem  Mond:    dreht    sie  sich  einmal,    so 


Ein  Instrument,  das  die  Bewegung  von  Sonne  und  Mond  darstellt,  nach  al  Birüni.         i^ 

Zu  bemerken  ist,  daß  die  Scheibe  mit  59  Zähnen  in  59  Tagen 
einen  ganzen  Umlauf,  in  291/2  Tagen  einen  halben  Umlauf  macht. 
Nach  2^1/2  Tagen  tritt  also  je  einer  der  Kreise  m  und  7.  unter  das  im 
Deckel  gelassene  Loch.  Diese  Zeit  entspricht  der  synodischen  Um- 
laufszeit (genau  29  Tage  12''  44'  2.9"),  d.  h.  der  Zeit  zwischen  zwei 
aufeinanderfolgenden  Konjunktionen  usw. 

An  die  Beschreibung  der  »Mondbüchse«  schließt  sich  eine  solche 
einer  Vorrichtung  zur  Darstellung  der  Finsternisse  an,  die  als  Finster- 
nisscheibe bezeichnet  wird  [al-Sajiha  al-kusüjija).  —  Hier  sei  nur 
erwähnt,  daß  nach  a  1  -  B  i  r  ü  n  i  sich  mit  ihr  beschäftigt  hat  ein  Mann 
namens  N  a  s  t  ü  1  u  s  »)  {^jx^^'i)  der  Astrolabverfertiger,  oder, 
wie  in  der  Berliner  Handschrift  geschrieben  wird,  B  a  s  t  ü  1  u  s  (^wJjio^^o), 
ferner  al-Has.an  ben  Muhammed  al-Adami-),  dessen 
Werk  dann  /Utärid  Ibn  Muhammed  al-Häsib^)  vollendet 
hat.  —  Vielleicht  ist  dieser  Nastülus  identisch  mit  einem  der  im 
Fihrist  3)  aufgeführten  Verfertiger  von  Astrolabien. 

In  dem  Werk  von  a  1  -  B  i  r  ü  n  i  selbst  ist  noch  an  einer  anderen 
Stelle  Nastülus  erwähnt.  Bei  der  Besprechung  des  Astrolabs  al 
musarfin  (des  Erstaunen  erregenden)  heißt  es:  Es  ist  aus  diesen  beiden 
Arten,  dem  trommelähnlichen  und  dem  myrthenähnlichen  {niu/abbal 
und  dsi)  zusammengesetzt  und  ist  unter  den  anderen  Arten  berühm.t. 
Seine  Erfindung  wird  auf  Nastülus  zurückgeführt. 

Von  einem  Instrument  aus  der  Antike,  das  zu  dem  unserigen 
mannigfache  Beziehungen  hat,  sind  auf  dem  Meeresboden  von  Anti- 
kythera  Reste  gefunden  worden.  Man  hat  es  ursprüngHch  als  Astro- 
labium von  Antikythera  bezeichnet.  A.  Rehm  faßt  es  aber  sicher 
richtig  als  eine  Art  von  Planetarium  auf.  Hoffentlich  veröffenthcht 
er  bald  seine  Untersuchungen  über  die  Rekonstruktion  des  Instrumentes, 
in  die  er  mir  eine  Einsichtnahme  gütigst  gestattete  (vgl.  hierzu  A. 
Rehm  in  seiner  Besprechung  einer  Arbeit  von  P.  Rediadis,  Berliner 
Philolog.  Wochenschrift  Bd.  27  S.  467,   1907). 

Über  solche  Planetarien  und  Uhren  finden  sich  eine  Reihe  von 
Angaben  in  meinen  Beiträgen  III  S.  255,  V  S.  408,  X  S.  348. 

gehen  28  Zähne    der    Scheibe  I  an    einer    bestimmten  Stelle   vorbei.     Die    Scheibe   mit 
52  Zähnen  entspricht    der   Sonne,    dreht  sie  sich  einmal,  so  gehen  364  Zähne  von  I  an 

einer   Stelle  vorbei. 

1)  Vielleicht  A  1  -  H  u  s  a  i  n  b  e  n  M  u  h  a  m  m  c  d  a  1  -  A  d  a  m  i  vgl.  Suter,  Mathe- 
matiker usw.  Nr.  50  S.  27. 

2)  Vgl.  H.  Suter,  Nr.  150  S.  67. 

3)  Vgl.  H.  Suter.  Abhandlungen  zur  Geschichte  der  Maihetnalik  Bd.  6.  S.  41. 


Kazwinistudien. 

Von 

Julius  Ruska. 

Sachliche  und  sprachliche  Anstöße,  die  sich  bei  der  Lektüre  ver- 
schiedener Abschnitte  von  K  a  z  \v  I  n  I '  s  Kitäb  ''agä'ibi  Hma/ilüköt 
ergeben  hatten,  veranlaßten  mich,  den  WüsTENFELDschen  Text  mit 
dem  am  Rande  von  D  a  m  i  r  I '  s  Hajät  al-hajawän  alkiibrä  abge- 
druckten Texte  zu  vergleichen.  Die  auffallenden  Differenzen  zwischen 
beiden  Fassungen  haben  mich  dann  zu  den  nachfolgenden  Unter- 
suchungen geführt,  die  sich  in  erster  Linie  auf  die  von  Wüstenfeld 
benutzten  Gothaer  Handschriften,  sodann  auf  vier  Berliner  Hand- 
schriften und  den  Text  am  Rande  des  D  a  m  i  r  I  stützen,  zu  denen 
aber  auch  die  persischen  Übersetzungen  beigezogen  wurden. 

Nach  Wüstenfeld  I)  hat  Kazwlni  von  seinem  Buch  drei 
verschiedene  Ausgaben  besorgt.  Die  von  Wüstenfeld  mit  a,  b,  d,  g 
bezeichneten  Handschriften  vertreten  die  erste  Ausgabe;  die  Go- 
thaer Handschriften  c  und  e  entsprechen  der  zweiten  Ausgabe; 
von  der  dritten  Ausgabe  ist  die  Gothaer  Handschrift  f  »bis  jetzt 
die  einzige  bekannte«. 

Die  zweite  Ausgabe  ist  nicht  nur  gegen  die  erste  »durch- 
gehends  vermehrt,  sondern  auch  in  einzelnen  Wendungen  und  Redens- 
arten vielfach  umgearbeitet«.  Aus  der  nähen  Übereinstimmung  der 
Handschriften  c  und  e  muß  geschlossen  werden,  »es  habe  beiden  eine 
gemeinschaftliche  dritte  Handschrift  zugrunde  gelegen«.  Auffallend 
ist,  daß  in  dieser  Ausgabe  das  Kapitel  über  die  Dämonen  fehlt,  das 
doch  notwendig  zum  Plan  des  ganzen  Werkes  gehört  und  überall  in 
den  Indices  angeführt  wird. 

In  der  dritten  Ausgabe  sind  > —  abgesehen  von  gewissen 
ganz  neuen  Abschnitten  —  die  Zusätze  »nicht  sehr  zahlreich;  auf- 
fallend ist  aber,  daß  sie  in  den  oben  bem.erkten  einzelnen  Ausdrücken 
und  Wendungen  häufig  zu  der  ersten  Rezension  zurückkehrt«.  Wenn 
in  der  Handschrift  /die  Einleitung  mit  Einschluß  des  Index  fehlt  und 


')  ^gl-  die  Vorrede  zum    i.  Teil  des  Kazwini,   S.   \'II. 


Kazwinistudien 


15 


auch  der  Abschnitt  über  die  Dämonen  samt  der  Tiergeschichte  ver- 
mißt wird,  so  ist  das  die  Schuld  des  mangelhaften  Exemplares,  aus 
dem  di»  Handschrift  kopiert  wurde.  Wichtiger  ist.  daf3  diese  dritte 
Ausgabe  in  dem  Kapitel  von  dem  Menschen  durch  zwei  ganz  neue 
Abschnitte  bereichert  ist,  durch  eine  siebente  Betrachtung  über 
die  Menschenrassen  und  eine  achte  über  die  verschiedenen  Künste. 
Die  beiden  letzten  Seiten  der  Handschrift  sind  von  anderer  Hand, 
und  zwar  von  einem  gewissen  Ahmed  el-Takruri,  der  sich 
durch  eine  von  Wüstenfeld  Seite  V  der  Vorrede  mitgeteilte  Nach- 
schrift  als    den    Verfasser    des    Buches    ausgibt. 

Bei  der  Herausgabe  des  Werkes  schien  es  Wüstenfeld  das  Pas- 
sendste zu  sein,  diese  letzte  Bearbeitung  zugrunde  zu  legen  und  die 
darin  fehlenden  Abschnitte  aus  den  früheren  Ausgaben  zu  ergänzen. 
Daher  folgt  der  gedruckte  Text  in  der  Einleitung  dem  Codex  c,  i  n 
dem  größten  Teile  von  S.  15  bis  368  dem  Codex  / 
der  Abschnitt  über  die  Dämonen  ist  aus  a,  ö  und  d  genommen  und 
die  Naturgeschichte  der  Tiere  S.  374  bis  zum  Schluß  vorzugsweise 
aus  c  und  e;  was  über  das  Verhältnis  der  Rezensionen  zueinander  von 
Wüstenfeld  gesagt  ist,  soll  zugleich  die  Beschränkung  in  der  Angabe 
von  Varianten  begründen. 

Lassen  wir  einstweilen  die  Frage  der  Echtheit  des  Textes  von 
/  und  die  Gründe,  die  Wüstenfeld  dafür  geltend  macht,  ganz 
beiseite,  so  muß  es  jedenfalls  als  bedenklich  bezeichnet  werden,  bei 
der  Ausgabe  eines  Schriftstellers  im  wesentlichen  einem  Texte  zu 
folgen,  der  nur  von  einer  einzigen  jungen  ^)  Handschrift  vertreten  wird, 
dazu  noch  von  einer  Handschrift,  die  nach  Wüstenfelds  eigenen 
Feststellungen  von  einem  »gedankenlosen  Abschreiber«  aus  einem 
»mangelhaften  Exemplar«  abgeschrieben  wurde.  Diese  abfällige  Kritik 
richtet  sich  bei  Wüstenfeld  gegen  die  Tatsache,  daß  an  verschiedenen 
Stellen  völlig  aus  dem  Zusammenhang  gerissene  Stücke  von  dem  Ab- 
schreiber zwischeneingeschoben  sind-).  Sie  hätte  sich  mit  gleichem 
Recht  gegen  die  Verständnislosigkeit  des  Abschreibers  überhaupt  und 
die  Leichtfertigkeit  der  Abschrift  richten  können,  wie  wir  sehen  werden, 
und  hätte  damit  zu  der  Alternative  führen  müssen,  entweder  auf  den 


1)  Die  »Abfassung«  wurde  vollendet  am  7.  Rebi'  I  1154  =  "•  Mai  1741;  doch  ist 
zu  beachten,  daß  diese  Notiz  von  anderer  Hand  stamm,t  als  der  des  Schreibers  der  Hand- 
schrift.    Vgl.  WÜSTENFELD,  Vorrede  S.  V  und  X. 

-)  Die  Beschreibung  des    ^J.i  ^,:<Vj  wird  fnl.  40  r  Z.  2  v.  n.  bei  der  Stelle    ^^0>.xa 

^Ö-IJL  /  ä.>.ÄxJl  (ed.  WÜSTENFELD  S.  1 10  Z. 4  V.O.;  die  Hs.  hat  das  Wort  ,  »pljS-^xJU 
weggelassen  und  liest  ^o  .L^i!^)  von  einem  Stücke  der  siebenten  Betrachtung  über  den 
Menschen   unterbrochen,    das    mit  den  Worten    |J,j.J.,*jij    '-ij.^^    l5         ^-^*    ^^^/«'waJ)    ^J. 


l6  JuliusRiiska, 

Abdruck  der  Handschrift  f  zu  verzichten  oder  sie  nur  unter  ständiger 
Beiziehung  der  übrigen  Texte  der  Ausgabe  zugrunde  zu  legen. 

Nachdem  sich  mir  aber  Zweifel  an  der  Authentizität  der  dritten 
Textfassung  bei  der  Vergleichung  mit  dem  Text  am  Rande  des  D  a  - 
m  i  r  i  aufgedrängt  hatten,  konnte  die  Frage  nur  durch  erneute  Unter-  . 
suchung  der  Textlage  auf  Grund  der  Handschriften  der  Lösung  näher- 
geführt werden.  Ich  erhielt  mit  dankenswerter  Liberalität  auf  meinen 
Wunsch  von  der  Herzoglichen  Bibliothek  in  Gotha  die  von  Wüsten - 
FELD  benutzten  Handschriften  6,  c,  /  und  von  der  Königlichen  Biblio- 
thek zu  Berlin  außer  der  Handschrift  a  zwei  andere  Kazwinihand- 
schriften,  später  auch  mit  dem  gleichen  Entgegenkommen  die  beiden 
persischen  Codices  der  Bibliothek  sowie  die  lithographische  Aus- 
gabe von  Teheran  1283,  so  daß  für  die  Vergleichung  die  nachfol- 
genden   arabischen    Texte    zur    Verfügung    standen: 

A   =  /  =   Pertsch   1508 

B   =   e  =  Pertsch   1506 
C   =   c  =   Pertsch   1507 

D  =  Text  am  Rande  des   D  a  m  i  r  1  , 

E  =  rt   =  Ahlwardt  6162-  =   ML  81, 

F  =  Ahlwardt  61 621   =    I  WE.    170, 

G  =  Ahlwardt  61 61    =    Spr.    11. 

Da  sich  ergab,  daß  D  und  die  Handschriften  FG  derselben  Text- 
klasse  wie  a  angehören,  schien  es  überflüssig,  auch  h  d  g  beizuziehen, 
zumal  der  Dresdner  Codex  d  als  stark  verstümmelt  bezeichnet  ist 
und  die  Wiener  Handschrift  g  von  Wüstenfeld  kaum  benutzt 
wurde  (Vorrede  S.  VI).  Auf  die  Heranziehung  des  alten  Münchener 
Codex  464,  der  ebenfalls  zur  ersten  Klasse  gehört,  glaubte  ich  für  die 
vorliegenden  Untersuchungen  verzichten  zu  können.  Einen  Parallel - 
text  zu  BC  konnte  ich  nicht  beibringen^);  über  die  persischen  Ver- 
sionen wird  weiter  unten  die  Rede  sein. 

Meine  Vergleichungen  beschränken  sich  auf  die  zweite  Hälfte  der 
WüSTENFELDschen  Textausgabe,    auf    den    OwAjwXJ^    Ji    .lü.     Ich  habe 


beginnt;  fol.  41^  Z.  12  schließt  sich  au  die  Worte  SjJ.Xs  %^s  ry'^  wieder  unmittel- 
bar die  Fortsetzung  des  Textes  (dieDoppeking  erklärt  sich  aus  der  Abschrift  des  Kustos): 
o^xsU^il  cU-J'  i-r.*  »•%  ^ö;L4.ii|».  Fol.  iby  hört  Zeile  7  mitten  im  Satz  auf  mit 
c^-jLs,  läßt  eine  Seite  frei  und  schiebt  dann  nach  Aufnahme  des  s^JUCs  von  fol.  4  p' 
und  Abschluß  des  Völkerkapitels  ein  medizinisches  Bruchstück  ein.  Weiteres  hierüber 
im  letzten  Abschnitt  dieser  Studie. 

')  Die    einzige    von    Wüsten feld    noch    erwähnte   Handschrift    ist    ein    mir  nicht 
erreichbarer  Codex  der   Bibliotheque  Nationale. 


Kazwinistudien. 


17 


zunächst  an  dem  Kapitel  .,L.«ö^!  aLp  ^%  durch  Vergleichung  der 
genannten  Handschriften  das  Verhältnis  der  Texte  festzustellen  ver- 
sucht, daiün  eine  Kollation  von  A  und  D  für  den  die  Metalle,  Steine 
und  ölartigen  Körper  behandelnden  Abschnitt  (Wüstexfeld  S.  202 
bis  245)  durchgeführt,  und  endlich  die  großen  Abweichungen  der 
Handschriften  in  dem  Abschnitt  über  den  Menschen  weiter  verfolgt. 
Ich  beginne  mit  der  Zusammenstellung  einiger  Ergebnisse  der  Kol- 
lation des  mineralogischen  Textes,  um  dann  das  Kapitel  ^^Lvvö^)!  Js.i^j  J, 
in  Verbindung  mit  dem  Abschnitt,  zu  dem  es  gehört,  zu  behandeln. 

Eine  erste  Orientierung  über  das  Verhältnis  der  Texte  gewährt 
schon  die  Übersicht  der  in  den  verschiedenen  Ausgaben  behandelten 
Mineralien.  Die  sieben  Metalle  sind  allen  Texten  gemeinsam.  Von 
den  rund  150  Steinen  und  ölartigen  Körpern,  die  sich  bei  A  —  in  der 
dritten  Textform  —  vorfinden,  fehlen  bei  D  noch  20,  bei  B  C  nur 
vier,  und  zwar  sind  es  die  mit  kaum  einer  Zeile  erledigten  ^^  und 
^ß  ^^^  der  ^s^j^ii  \^>.ui  (4  Zeilen)  und  der  n^,  der  mit  dem 
o.pLj  identisch  ist. 

Die  persische  Übersetzung  der  Berliner  Handschrift  Peter - 
MAXx  I  394,  Katalog  Pertsch  Nr.  346,  künftig  mit  P  bezeichnet, 
hat  13  von  den  in  D  fehlenden  Steinen;  umgekehrt  fehlen  ihr  8,  die 
in  D  vorhanden  sind;  daraus  würde  folgen,  daß  sie  im  wesentlichen 
auf  der  zweiten  Bearbeitung  des  arabischen  Textes  ruht.  Die  Hand- 
schrift Or.  Fol.  318,  Katalog  Pertsch  345,  künftig  0,  geht  meistens 
mit  P,  hat  aber  doch  weniger  Auslassungen.  Der  Stein  Sämür  wird 
s.  V.  '\.=^j\  beschrieben,  das  dem  Ls=-J^  des  gedruckten  Textes  und 
_i>    von   P   entspricht;    statt    ^__,w^s.5   liest  0    .   »^.s;    statt  ^wjj;j  wohl 

richtig  ^J^JjJ  (D    ^j^^'i,,  C    ^^j^j]    bei    ^j.    fehlt     das    Stichwort;     der 
,a2ÄJLä  ist  s.   v.   js.;jiJLä  mitbeschrieben.      Statt  des  merkwürdig  verall- 

gemeinerten  Namens  (^,uLc    in  P  hat   O  wie  die  andern  Hss.   ^^Xs^. 

Die  lithographierte  Ausgabe  von  Teheran,  künftig  T,  ist  die 
lückenhafteste;  so  fehlen  z.  B.  sämtliche  magnetischen  Steine,  und 
zahlreiche  Artikel  sind  stark  gekürzt. 

Von  dem  Übeln  Zustande  der  Mineralnamen  und  ihrer  Anordnung 
erhält  man  schon  aus  der  Vergleichung  dieser  wenigen  Handschriften 
einen  Begriff;  um  die  Namen  richtigzustellen,  wären  ausgedehnte 
Studien  erforderlich,  die  sich  nicht  auf  die  Kazwinihandschriften  be- 
schränken dürften,  da  es  sich  dabei  zum  Teil  um  alte  Entstellungen 
ursprünglich  griechischer,  persischer  u.  a.   Steinnamen  handelt. 

Einen  vollständigen  Bericht  über  die  zahlreichen  Zusätze,  Um- 
stellungen und  stilistischen  Änderungen  der  jüngeren  gegen  die  ältere 


Islam.     IV. 


1 3  J  u  1  i  11  s   R  u  s  k  a  , 

Textform  zu  geben,  ist  hier  nicht  möglich;  die  Wiedergabe  aller  Va- 
rianten würde  so  ziemlich  einem  Neudruck  des  Steinkapitels  gleich- 
kommen. Von  längeren  Zusätzen,  die  in  der  ersten  Ausgabe  fehlen, 
erwähne  ich  besonders  das  Einleitungsstück.  Wüstenfeld  S.  202  von 
*^JI  lJs.42.i  J'J\.J.  bis  zum  Schluß  S.  203.  Zeile  5  v.  u.;  beim 
Golde  das  Stück  von  S.  205,  Zeile  4  v.  u.  ,iUu\.i;  bis  S.  206, 
Zeile  6  v.  o.  y^LJ!  ».As.  und  den  Schluß  von  s-xi  ^l'i,  an;  auch  in 
der  speziellen  Einleitung  über  die  Steine  fehlt  in  der  ersten  Ausgabe 
etwa  die  Hälfte  des  Textes.  Bei  den  einzelnen  Steinen  aber  finden 
wir  von  wörtlicher  Übereinstimmung  bis  zu  vollständiger  Erneuerung 
alle  Stufen  der  Bearbeitung  vertreten.  Wie  weit  diese  Umarbeitung 
geht,  und  wie  ihre  Untersuchung  für  die  Textkritik  verwertet  werden 
kann,  soll  an  dem  Beispiel  des    Regenstei  nes    erläutert  werden. 

In  der  ältesten  Fassung  (D)  lautet  der  Text  wie  folgt:   Jo^J!    ^ 

Also:  »Der  Regenstei  n  wird  aus  den  Ländern  der  Türken 
gebracht,  und  es  gibt  Arten  verschieden  an  Farben.  \\'enn  etwas  von 
ihnen  ins  Wasser  gelegt  wird,  bewölkt  sich  der  Himmel  und  es  regnet, 
und  bisweilen  fällt  Hagel  und  Schnee.  Das  ist  eine  berühmte  Sache, 
und  ich  habe  einen  gesehen,  der  davon  Zeuge  war.<( 

Diese  Textform  bezeugt  auch  eine  zwischen  1318  und  1372  ge- 
schriebene Kosmographie,  die  mir  in  dem  Berliner  Cod.  We  1197 
(Katalog  Ahlwardt  6163)  und  im  Auszuge  in  Cod.  We  1088 
(Katalog  Ahlwardt  6164)  vorlag;  der  Verfasser  hat  die  Mineralogie 
des  K  a  z  w  i  n  i  ausgeschrieben  und  bemerkt  speziell  zum  Regenstein: 

Die  Codd.  B  C  wiederholen  die  Beschreibung  bis  auf  den  letzten 
Satz,  der  nunmehr  durch  eine  Geschichte  ersetzt  wird,  die  der  Augen- 
zeuge selbst  erzählt: 


"öj- 0.XJ1   ►!  ^,ü-l   «.ftj    ^.«.j,.    ^suJLz^   LI2X    -li^j,    i.\,^\    *.*i;ö  t-.*Jt  JL   ^^>^ 

(j^iial    .j;Ji    (A.ft5     .-j^uj<vj^    ,oxJ    .jCi.i    .:S^i^     CVP     J  3    ,  c.;>    ...JoluJi 

JjL>-    L^w,^     -£:A5    3c>^      w;J     J.4>c(     ^'Jü5      L\iL     x!     -,3wÄS     ^.J       V.,>,      .AÜii'-j     Ü^S 


Kazwinistudien. 


19 


"  '  ■■ 

Die  kleinen  Änderungen  des  Eingangs  gegen  die  erste  Textform 
sind  nicht  weiter  gekennzeichnet.  In  B  fehlt  infolge  Versehens  des 
Abschreibers  die  eingeklammerte  Stelle;  die  weiteren  Varianten  sind 
iL^  -'dl'i  3wO  LJ  4L;.jr,  ^5  !-s^j  ^Li^.  Der  Ausdruck  ^^j  Ui  J^d 
hat  offenbar  auch  dem  Schreiber  von  B  Kopfzerbrechen  gemacht; 
C  hat  die  diakritischen  Punkte  zugefügt,  die  Wüstenfeld  akzeptiert. 
Die  Geschichte  lautet :  »Es  erzählt  einer,  der  davon 
Zeuge  war,  wie  folgt:  Wir  befanden  uns  in  einer  Versamm- 
lung bei  'Imäd  al-mulk  al-SalwT,  dem  Wezir  des  Sultans,  und  es  kam 
die  Rede  auf  diesen  Stein.  Einer  der  Anwesenden  zog  die  Sache  in 
Zweifel;  da  sagte  der  Wezir:  Holt  den  und  den!  Es  erschien  ein  Türke, 
und  der  Wezir  sagte  zu  ihm  in  türkischer  Sprache:  Mache  uns  Butl 
Hierauf  bat  er  um  eine  Tasse,  tat  Wasser  in  dieselbe  und  warf  einen 
Stein  hinein;  da  verging  nur  kurze  Zeit,  bis  wir  eine  zerfetzte  Wolke 
sahen,  aus  der  Regen  herabkam. « 

Wir  erwarten  nun  bei  A,  in  der  dritten  Rezension,  keine  wesent- 
liche Änderung  mehr,  finden  aber  dort  zu  unserer  Überraschung 
einen    ganz    andern    Regenstein    beschrieben: 


'^    0~«Jl_5    ^>JLij)    ^ÄJ    U«Jj_»     ^slkx.A3     )-li/«     -■^■♦•H?     ^19^'     i*""*^"    ^^*-'^     ij.     LiÄ/o 
iwJS.LXiS     -sL5>       As.    uXäH    'wäL    L.£J    .a    .--a    \i     }i,^^^A    Kaäc     ^.Äj!     O^xJ, 

!^5     Lii/!    OLS^v»*i>.j!    .la^j .    ^\^iJ\     ^AXilj     '^»mO       -Jj!     Lj.Ä/«     r.^.«<^j     k,i>^^o 
^"         ^  ■  >       ■•"'      -^^        i  ••      ■•        --'         i^jr  -         , .       ••  ... 

Mit  Weglassung  des  Eingangs:  »In  den  Ländern  der  Türken  ist 
ein  berühmter  Bergpaß.  Jeder,  der  ihn  überschreitet,  wickelt  Wolle 
um  die  Hufe  der  Tiere,  damit  das  Geräusch  seiner  Steine  nicht  gehört 
wird.  Denn  wenn  einer  dieser  Steine  auf  den  andern  fiele,  so  daß  dabei 
nur  der  geringste  Laut  von  ihnen  gehört  würde,  so  würde  sich  die  Luft 
bewölken  und  die  Wolke  reichlichen  Regen  ergießen,  bis  die  Leute 
schließlich  umkommen. « 

Die  nahe  Übereinstimmung  des  Eingangs  mit  B  C  beweist,  daß 
dem    Bearbeiter  der   dritten  Textform   die   zweite  vorlag  ^).      Um   so 


I)  Das  LftxjUs    kann    aus  Lä>^>-  oder  umgekehrt  entstanden  sein;   es  kehrt  in  den 
persischen  Hss.   wieder. 


20  Julius  Ruska, 

weniger  begreift  man,  warum  Kazwini,  falls  er  wirklich  auch  als 
Autor  der  dritten  Fassung  gelten  muß,  die  Geschichte  der  zweiten  Aus- 
gabe, auf  die  er  schon  in  der  ersten  angespielt  hatte,  aufgibt  und  durch 
eine  andere  ersetzt,  der  jener  persönliche  Charakter  fehlt.  Auch 
Wüstenfeld  hat  es  offenbar  befremdet,  in  der  Handschrift  A  einen 
andern  Text  als  in  B  C  zu  finden.  Er  kombiniert  daher  in 
seiner  Ausgabe  beide  Berichte,  indem  er  die  Ge- 
schichte aus  B  C  an  die  von  A  anhängt  —  ein  Verfahren,  gegen  das 
weniger  einzuwenden  wäre,  wenn  wenigstens  ein  Hinweis  auf  diese 
Verschmelzung  der  Texte  gegeben  würde,  durch  die  ein  charakteristi- 
sches Merkmal  der  Handschrift  vernichtet  wird. 

Wir  müßten  mit  einem  non  liquet  schließen,  wenn  uns  nicht  die 
persischen  Übersetzungen  zu  Gebote  stünden,  durch  die 
die  Frage  in  ein  neues  Licht  gerückt  wird. 

Die  Wiener  Handschrift,  Katalog  Flügel  1438,  aus  der  ich 
mir  durch  das  Entgegenkommen  der  k.  u.  k.  Direktion  der  Hofbiblio- 
thek eine  Weiß-schwarz-Photographie  der  betreffenden  Stelle  ver- 
schaffen konnte  —  es  ist  die  von  Wüstenfeld  in  der  Vorrede  S.  XI 
erwähnte  Handschrift,  die  zufolge  des  Inhaltsverzeichnisses,  das 
V.  Hammer-Purgstall  in  dem  Verzeichnis  seiner  Handschriften  unter 
Nr.  155  gegeben  hat,  mit  dem  Codex  A  vollkommen  übereinstimmen 
soll  —  enthält  auch  nicht  einmal  eine  Andeutung  der  Anekdote, 
sondern  beschränkt  sich  auf  die  Worte: 


»Diesen  Stein  bringt  man  aus  dem  Land  der  Türken,  und  es  gibt 
ihn  in  Arten  mit  verschiedenen  Farben;  von  seinen  spezifischen  Eigen- 
schaften ist  eine  die,  daß  wenn  man  ihn  ins  Wasser  legt,  sofort  eine 
Wolke  erscheint  und  Regen  regnet,  und  es  geschieht,  daß  sie  auch 
Schnee  regnet. « 

Absolut  denselben  Text,  nur  mit  Umstellung  der  Worte  ;aj  o,j, 
bietet  die  Ausgabe  von  Teheran  (1866). 

Um  so  merkwürdiger  ist  es,  daß  wir  in  den  beiden  Berliner  persi- 
schen Handschriften  einer  neuen  Geschichte  begegnen,  und  zwar,  von 
einigen  bemerkenswerten  Stellen  abgesehen,  in  fast  wortgetreuer  Über- 
einstimmung. Ich  teile  den  Text  des  1816  geschriebenen  Codex 
P  (Katalog  Pertsch  346)  mit  und  füge  die  Varianten  der  älte- 
ren,   im  Jahre   1695    vollendeten    Handschrift   O    (Katalog    Pertsch 


Kazwinistudien.  2 1 


345),   die   mir  erst  im  September  zugänglich  wurde,  da  sie  anderweit 
verliehen  war,    in   Anmerkungen  bei. 

^\  jC>    \Ji  J>\  vi>^.-^5  oiJ^^   '^O^"'^'    ^O^*  '^^'^  ^"^   O^   V*-^'^J   ^J=^    -^ 

-0  .,! .b    Lj     /•^^'•fj    l\.>^5^^    ^-J5  j'^    |b5    v_i'U2-*    ^^'5'    ^J;'->^    ol?^     '^     ui'.^i 

i>    J,IJb      Jüo!    CT"^^^    Q"^    o^     -ijw>.x*^!     Jv-Äsl     j»U^i     jC^'   ^j     "^y^j^ 

_/r_5     ^^i^!     ^-3yC^3     22  j^    O^    j^^     ^_^,^    O^   yuj    ^.,L:    ^J^'    ^b 

j^  ^±J\   S.i;*l    u.i.^j   ^J/^-l    i^y   ^yi     "V?^  J^    tAiJ^;Cv.!   ,^3^   b    ^,j 

0Us5    Ai>  ^_J    -7iAjJu    j^.j5    e)->^    -' Jr'j**'*'    '-^'*^     '-^J^t!     [V?^     oj^-=*     o'    j' 
(Ajuw.     3"  ,LftJ       jC/ixi      -9(j*<)_<i      o..*.AwJ_5      c>"^i-Xi       ,J      pjLw.)     jA/iJ      -9^x.jJ) 


')  Varianten    von    Q:   ^    .lajl  ^-^  ^  JjJ    y5bj    J^  ^J>   ^_:f^    ^jt         3  om. 

9  om.  '°  j.b!     ,0         "    add.    xAc    \L'l    Ä»f.>-,         ^-   ►    «A/ii    q5^-*J  '^    ^^ 

'+  i)wküU*.L  '5  Jul\xi5  i6  om.  '7    (,:;„^1    i^'.j  ^.X>i:.J   jJ>    Olxäj!    LL«;   in 

P  ist  natürlich  ^.jL-ya  jJ    V_jIavJ!    zu  lesen  '^     5^U  '9   jL  -°    Q^jb^  jb 

=' J.xcL*.«\      "  Oj.j      ^3^^xi.J      '^u--^3^      ^-;jwci^.j      '^^jL}      -^3l^j| 

»    JsJT  O.b    ww*l    \\    JulX.J         -8  Hier  schaltet  Q  ein  von  P  vollständig  verschiede- 
nes  Gebet  ein:     ;;i5^i     JsVjO.ÄJi     ^^,!    v_5j:t    bl^    ^^_j.ftXAÖJ    v^l3'.>^    ^;>5bb    'l-Uil    ^^^i 

LP->to    LJLc  O-asL   ,.-.jj"-Xi^JLi    (so;  lies    -s^Iza«»)    _bj.JaA*.3    |^x4A.«*^^J    >S.X.s    ciou 
«yÜi^    A^^    tö    Lj    ü5b>i3    .^^:S^  '9  ^)^    ^^  3o  ^.äi- 


22  JiiliusRuska, 


..    ^     ^^       ^       j-  ^       V — ^>     ^— ^^y   •     ^         ^  ^  ■    >  ••      •  ••  V — ^-i^- 

Ich  beschränke  mich,   da   die  Einleitung  die  gleiche  ist.  auf  die 
Übersetzung  der  Anekdote: 

»Man  sagt,  daß  zur  Zeit  Ismä'il  b.  Nasr  des  Sämäniden  ein  großes 
Türkenheer  erschien  und  die  Richtung  nach  Alä  warä  al-nahr  nahm. 
Ismä*il  nahm  sich  vor,  gegen  sie  ins  Feld  zu  ziehen.  Als  eine  Schar 
von  Mamlüken  kam,  sagten  sie:  ,Wir  haben  \'erwandte  im  Türken- 
heer, und  sie  berichten  uns,  daß  die  Türken  Steine  haben,  die  Regen 
hervorbringen.  Am  Tage  der  Schlacht  werden  sie  dieselben  ins  Wasser 
werfen,  damit  Regen  und  Hagel  auf  das  Heer  des  Glaubens  fällt-* 
Ismä'il  erwiderte:  .Dieses  Gerede  hat  keinen  Grund;  außer  Gott  d.  E. 
ist  niemand  solcher  Dinge  mächtig.'  Als  nun  der  Tag  des  Kampfes 
kam,  und  das  Heer  des  Glaubens  und  des  Unglaubens  sich  gegenüber- 
standen, kam  hinter  dem  Berg,  der  sich  im  Rücken  des  Glaubensheeres 
befand,  eine  schwarze  Wolke  zum  Vorschein,  mit  Donner  und  starkem 
Regen  und  schrecklichem  Getöse.  Das  Heer  des  Glaubens  ergriff  darob 
große  Furcht.  Als  Ismä'il  dies  sah,  (Q  stieg  er  vom  Pferd  ab,)  warf 
sich  zu  Boden,  legte  das  Gesicht  auf  die  Erde  und  sagte:  .Siehe,  es 
ist  fertig!  Dies  gereicht  zum  Sieg  den  Gläubigen  und  zum  Schaden 
den  Ungläubigen.  Wir  erkennen  Deine  Güte  und  Großmut!'^)  Zu- 
gleich sprach  er  ein  Gebet,   daß  die  Wolke  vom   Scheitel   des  Heeres 


2  om. 

3  add.    » 

AJOLJisl     ^  *:>  J> 

4    j^^ 

i          S   add. 

6    \J^J,^ 

7    JyJws«,             8  So  P;  Q 

unleserlich 

9      ^Li> 

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"  so  Q;  P    >üjio. 

'^  ^Sjy*-"*^ 

3-^           '5  ^\ 

■6  ^-^ 

-Pi? 

'7    \J>\^S. 

* 

')  Nach  Q  lautet  die  Rede:  »O  Gott,  hilf  uns;  siehe.  Deine  Knechte  sind  schwach, 
und  ich  weiß,  daß  Dir  die  Macht  zukommt.  Nicht  waltet  über  Schaden  und  Nutzen 
einer  außer  Dir.  0  Gott,  wenn  Du  diese  Wolke  über  uns  regnen  lassest,  wird  sie  zur 
Prüfung  für  die  Gläubigen  und  (ein  Zeichen)  zum  Angriff  für  die  Götzendiener.  So 
wende  ihren  Schaden  von  uns  ab,  nach  Deiner  Macht  und  Kraft,  o  Besitzer  der  Maje- 
stät und  der  Kraft!« 


Kazwinistudien.  2  7 

des  Glaubens  wegziehe  und  über  den  Scheitel  des  Heeres  des  Un- 
glaubens komme.  Dort  begann  nun  Hagel  zu  fallen,  so  daß  Menschen 
Und  Pferde,  die  er  traf,  umkamen.  Man  benachrichtigte  Ismä*il  da- 
von:   ,Gott  d.  E.  hat  die  Feinde  von  uns  abgewehrt  und  (der  Hagel) 

ist  auf  den  Gegner  gekommen.'     Ismä'il Zwei  Leute  ergriffen 

seinen  Arm,  so  lange  er  betete,  und  er  sah,  (Q  daß)  Hagel  und  Regen 
den  Ungläubigen  Verderben  brachte.  Man  sagte:  ,Gib  (Q  Erlaubnis), 
daß  wir  auf  sie  losschlagen!'  Isma*il  sagte:  ,Nein;  Gottes  Strafe 
ist  vollständiger  (.^)   und  bitterer.'« 

Diese  ganz  und  gar  theologisch -erbauliche  Geschichte  ist  gewiß 
nicht  auf  dem  Boden  von  KazwInT's  Naturkunde  gewachsen.  Wir 
finden  sie  aber  —  und  das  hat  bereits  v.  Hammer  bei  seinen  Studien 
über  den  Regenstein  bemerkt  i)  — ,  in  jenem  Zusatzkapitel 
des  Abschnitts  vomfMen sehen,  das  über  Religionen, 
Sitten  und  Gebräuche  der  Völker  handelt.  Da  ich  nicht 
in  dfer  Lage  war,  mir  v.  Hammer's  Text  aus  der  oben  erwähnten 
Handschrift  zu  verschaffen,  will  ich  den  Inhalt  mit  seinen  eigenen 
Worten   (a.  a.  0.    S.  438)  hier  wiedergeben: 

»Das  Wesentlichste  davon  ist  die  Kunde,  daß  die  Türken  diesen 
Stein  auch  But,  d.  i.  Götze,  nannten,  daß  Chuaresmschah  Dschelal- 
eddin  diesen  Stein  besaß,  und  eine  Erzählung  Hasan  B.  Mohammed's 
aus  Kaswin,  eines  angesehenen  Einwohners  dieser  Stadt,  welcher  be- 
richtet, daß  er  sich  beim  Chodscha  Amadol-rnülk  Sari  befunden,  wo  das 
Gespräch  auf  den  Regenstein  kam,  und  als  einige  daran  zweifelten, 
er  einen  Türken  rufen  ließ  und  ihm  befahl.  Regen  zu  machen,  indem 
er  sagte:  Esherei  in  kaum  but  bikün,  d.  i.  Mache  für  diese  Leute  Götzen- 
wunder. Der  Türke  brachte  den  Stein,  warf  denselben  in  ein  Gefäß 
mit  Wasser  und  machte  mitten  im  schönsten  Wetter  Regen.  Endlich 
noch  eine  andere  Erzählung  aus  dem  Munde  Ismail  B.  Ahmed's,  eines 
Feldherrn,  der  zwanzigtausend  Reiter  wider  Türken  befehligte,  und 
Zeuge  von  gleichem  Regenwunder  war.« 


I)  VON  Hammer-Purgstall,  Geschichte  der  goldenen  Horde  in  Kiptschak,  S.  15, 
Anm.  I,  S.  42  und  besonders  S.  206,  207  nebst  Anmerkungen.  Nach  v.  Hammer  ist  der 
Regenstein  mit  dem  Jadeit  identisch.  Die  älteste  arabische  Nachricht  dürfte  in  dem 
Reisebericht  des  Abu  D  o  1  a  f  M  i  s  '  a  r  b  e  n  a  1  -  M  u  h  a  1  h  a  I  enthalten  sein, 
der  angibt,  daß  die  Karmäk  einen  Stein  besäßen,  den  Regenmagnet,  mit  dem  sie  Regen 
herbeiziehen,  wann  sie  wollen:  ,..^-i:i4.Ä.M*.j  .Ia».ii  ^jm^jIs^Xxa  gS>*  'i^^'^  ^?l\Ä£.^ 
1^1^  -Ä/a  u.g,J.  Nach  M  i  r  c  h  o  n  d  bestimmte  Noah  den  Japhet  zur  Besiedelung  der 
östlichen  Länder  und  gab  ihm  den  Regenstein  mit,  den  die  Türken  Dschede  nennen,  auf 
dem  der  Name  Gottes  eingegraben  war,  und  mit  dem  Japhet,  so  oft  er  wollte,  Regen  machte 
(von  Hammer,  a.  a.  O.  S.  438;  vorher  Belege  über  das  Auftauchen  der  Sage  in  den 
Romanen  des  Mittelalters). 


24  Julius  Ru  >  ka  , 

Da  die  Handschrift  P  das  betreffende  Kapitel  nicht  enthält,  fällt 
sie  für  den  \'ergleich  weg.  Dagegen  ist  der  ganze  Bericht,  durch  den 
wir  zugleich  eine  neue  Variante  der  in  B  C  mitgeteilten  Geschichte 
kennen  lernen,  anscheinend  wörtlich  so  im  Teheraner  Text,  und  mit 
leichten  Veränderungen  in  O  enthalten  ^).  Charakteristisch  für  die 
Einführung  der  Geschichte  ist,  daß  sie  in  T  und  O  dem  Isma*il  selbst 
in  den  Mund  gelegt  wird.  Beide  Texte  stimmen  ziemlich  vollkommen 
überein  bis  zur  Gebetsszene.    Während  Q  das  Gebet  fast  genau  so  wie 

s.  V.  ii«.ii    _:^  bringt-),  beschränkt  sich  Tauf  den  Satz   .  .j    ->lü^     .  ?t'< 
^J^*i2.c.  ^c  ^^Ji^:,J^J  ^''o-ac;  dann  heißt  es 


C) 


")  Der  Anfang  von  T  lautet:   -S     cl>.jiA:>-    .-vH^^     lXoU..?*     >i>-i     LXx.woU  .  .  . 

(cU     ;l     ,i>Äi      ',.'     iAj-o    oV-Lj[j->.    ^<^jj'    (^M^s    uX..^Xfti     f  I)  qLöw>-   JoJ-4^ 

Nach  Q  wird  der  Stein  c>-J^  genannt,  was  offenbar  Übersetzung  von  '^^^j  sein  soll; 
oww^  .«jL^i^vy«  ,.,^-ii^^  vi  .i^jJ«.^-  i-tJ^  fehlt,  ebenso  die  Worte  xJ^  lAÄJ^^  rr'^*^  "od 
,.«j,ii  ^,.*/*  ;(.  Das  J>j»jil\  ist  in  ^j,^i  entstellt;  dagegen  steht  hier  {^J'->m 
statt  ^>^^*«.  Weiter  hat  Q  s:>.i-J  o-?  y  ^t-^'**^'  ""^  ^"i"  ^^^  falsche  ^L>toL5> 
JÜJCii  richtig  vi>»Äi  uNJUÜ  Ow.*^.  Der  Befehl  wird  mit  den  Worten  ^ii  ^JS  j-ÄJ  y 
0,»i    A-^-c    ,0    l,si>0    gegeben,   und  statt  ...'ü1,m,o'wJ   ist  wÄ>uO  gesagt. 

-)  Vgl.  den  Text  in  der  Fußnote  28  S.  21  und  die  Übersetzung  S.  22,  Note  i. 
Wichtigere   Varianten    sind     S^'JS^\A     ^-^s.    als    Ergänzung   zu   ^^lxj:^^.    Jks^    statt 

^-tl,    CJfcla^.  (so)  statt    _b».li^..    -P_^    statt    \S'J£), 


K^azwinlstudien.  2 1; 


Bei   0:    i,— j!lXx^    JlxäjIj  iAäxö»,   iAjiAa»!   ui5^-JL*^    ,->ww.j   c  .*i2j    -,!   Joi 


lAJtJ 


0».J    8*A^     J*^';    U*^j    c>-*"W'   Ji   ^1    ^ä^iuXj    vi)^3»  j!    ^^^^    O-^"^    ^"^    ^"^^  '"''   3^ 

Die  Gegenüberstellung  zeigt  die  Unabhängigkeit  der  beiden  Über- 
setzungen; sie  war  aber  vor  allem  nötig  zur  Vergleichung  mit  dem 
Text  von  A.  Hier  nämlich  finden  wir  an  der  gleichen  Stelle,  und 
zwar  als  alleinigen  Inhalt  des  Kapitels  von  den  wunder- 
baren Gebräuchen  der  Türken,  den  folgenden,  im  ersten  Teil  von 
T  und  Q  völlig  abweichenden,  im  zweiten  im  wesent- 
lichen übereinstimmenden,  wenn   auch  deutlich    überarbeiteten  Text: 


^      ^       ^\,..      -^      ^  -^     \^       LJ-o  •■     i     -  ....  [    \,  ^   ^ 

•,-*«J)    isPi    ^V.Äc    I  v^AÄil.*vws    .^1    ijXJO»    i»0) ,)      ->jfi    ^^y^sJO    »..i»"»)    0->.wi»     ^sXiji» 
gM*.*^  Ö'wxi5  jj-^^iÄ./«  qJ  '■^3^^^    i^""^^^  (Ms.  ii^j^^g^i)  \j_^/iJ  fH*^  A;>i  »j^j  ^_» 

xJlil  l\-Lc  ^ö!.  -Ä^i   ^.xi5  ^3^-ÄS  liNÜ     Jl  ^aLus-w  oixiCs   LtL.^  , -X/1  ^^)J:iU 

I  )*Läj1  Xs.  .axj  oblxJ!  ,'•■, -ii  «->'-J  *..>».j»  \Ju4.iLc-»  io.itfc/a  ,-•/«  LjLj^Vxat  Xw,«.äÄJ 
»tl.»  -^^Ä/i  bS  ,.J   xlLPi    Jö    lAb      Jl    ->s.-«M.if    ».J      _*!.ÄiwS    xi    --2-läj  L/s   lAxxiJ» 

»La2>  ^SV^'^^i   J^    Ä^>LX5   L.g;cs.x/3    (so)    o^.2.i5   J^i  üS'L-oö   LAi5>   JaüL'   LaJLs 

LZÄ.-0  w^^.^"  iwcL.*Xi  ^J5^JÖ  ^AÄi:  L.gJLkX5  £L.*.-w.il  ((^-'O  ''■T**''j  ^^3  ^"T^ 
iwa  ijJU..:-^  ^1  üNJÖ  [j.5.ii  ^;Cs>  ^jL.5^Afl5_5  ^5*-^^  Aaoäs  ols  (j/^*^l  Q^- 
[^^.>  ^.UJ!     S^oy     fJLJ     ^31    ^^i^    r»^*'«^^'    '-J— ^^    ur-^'    *^^     '^)^    ^b] 

(Ms.  Lp)  iOCj^.^'  ^t  Lot;  ^>jlijt   Uoy  ^,!»  ^.J^J5  J-Uj^  ^i^\ 


26  Julius   K  u  s  k  a  , 

xxÄ  ^PJ^c   XJL-^5>-    ^ai   iJ>^jö   i«»->r-'_5    .li«Jl    ^tv^'^   '*^r^   ^-^-^'^   -i^AÄ-l    ^v~x5l_^>>s 

[jJws^  yiLj":^!    ^xJu*^  ^^A  ^yi  (Ms.  \>J!)     ^1  iiL>  35  ^'LXi  J.  'l*»-J  ^\, 

ljs.i.     ü.Xaw.£:       -ic    -li^-j    ,.J     -»-^    ^s»    O.JL    -,JüJL    i^w.;<"wmJ1     (Ms.       ^am.Äj) 

IM 

x^xjäc    Kjl.:5^^*w   CJiL/io    ;>-p"ii    ;^ÄJ\5_»    lXxÜ    ,.,li      -*J.5    .^>.J1     ^-^/s    iA=>!     \i\fi 

^  ^  >"(-^^^  ...  ^••v_. 

Uii!    (*-c^'     ci^i^^    UJl.:cJ5    ^3.      ci^^    Ls>o-<i      ^j.xj     xJüt     OfccJ    *i'    ^J:2JlJ    (2. 
^J    iJ>.j^ä_5    ti>.i^^^     L^^    LAC     L_;_o.5    Q-O  .-Ci.*L     '^^.iAs.^     ^-.-v*JL»-4.JÜ     (Als.    \a5) 

5  5  i 

^j-^  • -^  ■•    r  ^-        ^       ^        ^         ^  ^     ^  ^  <j 


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_*.g-U      OL^S     ^-Xll_5      ^r-^^'       *^'      o!u\.£:       .,uS      bS      O-JIäS      (-i:*^      J-*-^'        ^>.^^5 

»Von  ihren  wunderbaren  G  e  w  o  h  n  h  e  i  t  e  n.  Sie 
bringen  Regen  zustande,  zu  welcher  Zeit  immer  sie  wollen,  und  es 
kommt  der  Regen  und  Schnee  und  Hagel   und  dergleichen  zu  ihnen. 


Kazwinistudicn.  o  ^ 

wann  sie  wünschen;  das  ist  eine  bei  den  Völkern  des  Ostens  allgemein 
bekannte  Sache,  und  es  leugnet  sie  niemand  ab  wegen  ihrer  Berühmt- 
heit. Es  Erzählt  Däwüd  ben  Mansür  al  Bäd'isi,  ein  zuverlässiger  Mann, 
wie  folgt:  Ich  kam  zusammen  mit  Ibn  Malik  al'Azz,  und  es  war  (dort?) 
ein  Mann  von  \'erstand  und  Scharfsinn  namens  Lakik  b.  Gatwija 
(Gatwaihi?).  Zu  dem  sagte  ich:  Wir  haben  erfahren,  daß  die  Türken 
Regen  und  Schnee  herbeiziehen,  wann  sie  wollen;  welches  ist  denn  ihr 
X'erfahren  dabei?  Da  sagte  er:  die  Türken  sind  verächtlich  und  gemein 
vor  Gott,  daß  sie  diese  Sache  vermögen;  doch  was  du  erfahren  hast, 
ist  richtig.  Es  gibt  aber  eine  Geschichte,  die  ich  dir  erzählen  will.  Ich 
hörte  nämlich,  daß  einer  von  meinen  Ahnen  seinen  Vater  nicht  leiden 
konnte  —  sein  Vater  war  der  König  der  Zeit  — •;  da  nahm  er  Genossen 
von  seinen  Freigelassenen  und  Sklaven  mit  sich  und  wandte  sich  gegen 
den  Osten  der  Länder,  indem  er  die  Leute  überfiel  und  auf  alles  Jagd 
machte,  was  ihm  zu  Gesicht  kam.  So  führte  ihn  die  Reise  nach  einem 
Land,  dessen  Leute  berichteten,  daß  man  nicht  weiter  kommen  könne. 
Bei  ihnen  befand  sich  ein  Berg,  hinter  dem  die  Sonne  aufging  und  alles 
verbrannte,  was  auf  ihm  war;  ihre  Wohnungen  befanden  sich  in  Löchern 
unter  der  Erde,  und  die  Mäuse  waren  tagsüber  in  den  Bergen.  Was 
aber  die  wilden  Tiere  anlangt,  so  lasen  sie  hier  Kiesel  auf,  deren  Kennt- 
nis sie  erlangt  hatten,  und  jedes  Tier  nahm  seinen  Kiesel  mit  seinem 
Maul  auf  und  hob  seinen  Kopf  (gegen)  den  Himmel;  darauf  be- 
schattete es  eine  Wolke,  die  zwischen  es  und  die  Sonne  trat.  Da  be- 
mühten sich  mein  Ahn  und  seine  Gefährten,  bis  sie  diesen  Stein  erkannten, 
sie  nahmen  davon,  soviel  sie  konnten,  in  unser  Land  mit,  und  so  haben 
sie  ihn  bis  heute.  Wenn  sie  also  Regen  haben  wollen,  bewegen  sie  etwas 
davon  hin  und  her,  worauf  die  Wolke  erscheint  und  der  Regen  kommt, 
und  wenn  sie  Schnee  haben  wollen,  schütteln  sie  (den  Stein)  noch  mehr, 
und  es  kommt  Schnee  und  Hagel  zu  ihnen.  Das  ist  die  Sache  von  dem 
Regen,  und  es  gehört  das  nicht  zu  den  Zaubereien  bei  ihnen,  sondern 
kommt  von  Gottes  d.  E.  Allmacht.« 

»Weiter  erzählt  Ismä*il  b.  Ahmed  der  Sämänide  —  Gott  sei  ihm 
barmherzig;  er  war  ein  siegreicher,  guter  König  —  wie  folgt:  Ich  zog 
einmal  wider  die  Türken  ins  Feld  mit  etwa  zwanzigtausend  Reitern 
von  den  Muslimen,  und  es  rückten  gegen  mich  von  ihnen  6o  000  in 
voller  Rüstung  an.  Ich  kämpfte  einige  Tage  mit  ihnen,  und  eines  Tags 
war  ich  dabei,  mich  mit  ihnen  zu  schlagen;  da  kamen  Leute  von  meinen 
türkischen  Sklaven  und  sagten:  ,Wir  haben  im  Heer  der  Ungläubigen 
Verwandte,  und  sie  haben  uns  vor  der  Ankunft  des  So  und  So  gewarnt, 
das  ist  der,  welcher  die  Wolken  erscheinen  läßt  und  den  Schnee  und 
Hagel;   er  hat  Zauberformeln  hergesagt,    daß   es   morgen   über   unser 


28  JuliusRuska, 

Heer  gewaltigen  Hagel  regnet,  der  den  Menschen  tödlich  trifft.'  Da 
rief  ich  sie  zu  Zeugen  an  und  sagte:  ,\^ermag  dies  einer  der  Menschen  ? ' 
Als  es  aber  Morgen  ward  und  der  Tag  sich  erhob,  erschien  eine  große 
schreckliche  Wolke  von  dem  Berge  her,  an  den  ich  mich  mit  meinem 
Heere  lehnte,  und  hörte  nicht  auf,  sich  auszubreiten,  bis  sie  mein  Heer 
beschattete.  Da  erschreckte  mich  ihre  Schwärze  und  was  ich  in  ihr 
sah  und  was  ich  von  schrecklichem  Getöse  hörte,  und  ich  wußte,  daß 
es  eine  Prüfung  war.  Da  stieg  ich  von  meinem  Reittier  ab  und  betete 
die  zwei  Rak'a,  während  das  Heer  unter  sich  Gott  pries.  Hierauf 
betete  ich  zu  Gott,  indem  sich  mein  Gesicht  im  Staub  gelb  färbte 
und  sprach:  »O  Gott,  hilf  uns;  siehe,  Deine  Knechte  sind  schwach 
gegenüber  Deiner  Heimsuchung.  Siehe,  ich  weiß,  daß  Du  die  Macht 
hast.  Nicht  waltet  über  Schaden  und  Nutzen  einer  außer  Dir. 
O  Gott,  wenn  Du  diese  Wolke  über  uns  regnen  lassest,  so  ist  sie  eine 
Prüfung  für  die  Gläubigen  und  ein  (Zeichen  zum)  Angriff  für  die  Götzen- 
diener. So  wende  von  uns  ab  ihr  Übel  nach  Deiner  Macht  und  Kraft, 
o  Besitzer  der  Macht  und  der  Kraft!«  Und  ich  vermehrte  mein  Ge- 
bet und  mein  demütiges  Flehen  in  Furcht  und  Eifer  gegen  Gott  d.  E., 
indem  mein  Gesicht  auf  der  Erde  lag.  Und  während  ich  so  verharrte, 
da  kamen  die  Sklaven  zu  mir  heraus,  um  mir  die  Rettung  zu  melden, 
und  sie  ergriffen  mich  am  Arm,  um  mich  aufzurichten  aus  meiner  Lage; 
da  erhob  ich  mein  Haupt,  und  siehe,  die  Wolke  war  von  meinem  Heer 
gewichen  und  hatte  sich  auf  das  Heer  der  Türken  verzogen  und  regnete 
schweren  Hagel,  und  siehe  da,  sie  wogten  durcheinander  und  rannten 
auseinander,  und  nicht  fiel  ein  Hagelkorn  auf  einen  Mann,  ohne  ihn 
zu  verwunden  oder  zu  töten.  Da  sagten  meine  Genossen:  ,Wir  wollen 
auf  sie  einen  Angriff  machen!'  Da  sagte  ich:  ,Nein,  denn  Gottes 
Strafe  ist  schlimmer  und  bitterer.'  Und  es  kam  von  ihnen  viel  Volk 
um,  und  es  entkamen  nur  wenige.  Und  als  es  Morgen  war,  gingen 
wir  zu  ihrem  Heer(lager)  und  fanden  Beutestücke,  soviel  Gott  wollte 
und  führten  sie  weg  und  priesen  Gott  d.  E.  für  die  Rettung;  und 
Gott  leitet  zum  Rechten. « 

Auf  Grund  dieses  Materials  müssen  wir  nun  versuchen,  die  Text- 
geschichte zu  rekonstruieren.  Den  sicheren  Ausgangspunkt  bildet  die 
Fassung  der  ersten  Ausgabe  mit  der  bloßen  Andeutung  der  Wunder- 
geschichte. Sie  wird  der  zweiten  Ausgabe  beigefügt, 'aber  ohne  daß 
Kazwini  den  Zeugen  mit  Namen  nennt.  Die  Unbestimmtheit  wird 
störend  empfunden  und  was  fehlt,  durch  spätere  Bearbeiter  der  Anek- 
dote ergänzt.  Der  Mann  muß  selbstverständlich  aus  Kazwin  gewesen 
sein;  er  muß  —  wie  hätte  er  sonst  Verkehr  mit  dem  Wezir  des  Sultans 
haben   können  —  einer   angesehenen    Familie   angehört    haben;    und 


Kazwinistudien. 


29 


kann  er  nicht  yasan  ben  Muhammed  geheißen  haben,  wie  er  bei  uns 
in  ähnlichen  Fällen  Hans  Petersen  heißen  würde?  Ähnlich  wird 
aus  dem  ♦vuaj  LäJ  J.4x:i  die  Bemerkung  herausdestilliert  —  ob  mit 
Recht?   —   daß   die  Türken   den  Stein  But   nannten.     Denn  ,c>.j   — 

oder  c>.jT  wie  Q  übersetzt,  wxnn  nicht  etwa  ein  Schreibfehler  vor- 
liegt —  heißt  eben  »Idol«,  und  allenfalls  »Zauber«  oder  »Wunder- 
zeichen«, und  ist  nicht  der  Name  des  Steines;  auch  das  von  v.  Ham- 
mer angezogene  i§^^^  oder  (^i-Lb  ^<^S\.^  heißt  nichts  als  »Zauber« 
bzw.    »Zauberstein«. 

In  dieser  durch  die  größere  Bestimmtheit  uns  nicht  glaubhafter 
gemachten  Gestalt  erscheint  die  Anekdote  in  dem  völkerkundlichen 
Kapitel  der  spätesten  Textform,  wobei  dahingestellt  bleiben  muß, 
ob  sie  in  dieser  Form  anderswoher  übernommen  oder  von  dem  Ver- 
fasser des  Kapitels  selbst  zurechtgemacht  worden  ist;  die  Namen 
Särl,   Salügi,    Säwagl,  Salwi  sind  natürlich  identisch. 

Dem  Verfasser  des  Völkerkapitels  verdanken  wir  auch  die  Über- 
lieferung der  Ismä'il-Anekdote.  Es  ist  klar,  daß  die  dort 
in  der  Ichform  erzählte  Geschichte  erst  nach- 
träglich aus  dem  Völker kapitel  in  das  Stein- 
buch  hinübergewandert  ist.  Zunächst  aus  äußeren 
Gründen:  nur  ein  Teil  der  persischen  Handschriften  bringt  die  Legende 
zum  zweitenmal  in  dem  Kapitel  vom  Regenstein;  ein  anderer  Teil 
hat  sie  dort  nicht,  ja  tilgt  sogar  jede  Andeutung  einer  Anekdote.  Aber 
vor  allem  aus  inneren  Gründen.  Die  bei  dem  Wezir  *Imäd  al-Mulk 
spielende  Begebenheit  ist  der  Ausdruck  des  naiven  Glaubens  an  die 
Kraft  des  Wundersteins;  der  Zauberer  wird  herbeigeholt  und  macht 
zur   Unterhaltung    der    Herrschaften    sein    Kunststück  ^).      Die    dem 


I)  J.  V.  Hammer  teilt  aus  dem  Edelsteinbuch  Mohammed  B.  M  a  n  s  s  u  r  '  s  , 
das  leider  noch  immer  nicht  herausgegeben  ist,  a.  a.  O.  S.  435  folgende  ausführliche  Be- 
schreibung des  Regensteins  und  seines  Gebrauchs  mit: 

Der  Regenstein  ist  leicht  zu  zerreiben,  in  der  Größe  eines  großen  Vogeleyes,  von 
dreyerley  Art:  der  weiße  staubfarbe,  mit  roten  Punkten  gesprenkelte,  der  weiße  reine 
und  der  dunkelrothe  oder  vielfarbige.  Über  die  Mine  desselben  herrscht  verschiedene 
Meinung.  Einige  glauben,  derselbe  sey  ein  Erzeugniss  von  Minen,  die  sich  an  der  äußersten 
Gränze  Chinas  befinden;  Einige  glauben,  er  sey  ein  thierischer  Stein  aus  dem  Bauche  einer 
Art  von  Schwein;  andere  sagen,  daß  an  der  Gränze  China's  ein  großer  Wasservogel  mit 
rothen  Flügeln  gefunden  werde,  Surchab,  d.  i.  Rothwasser,  genannt,  dass  dieser  im  Frühling 
an  Orten,  wo  das  Wasser  häufig,  niste,  und  dass  im  Sommer,  wo  das  Wasser  unter  das 
Nest  gesunken,  der  Regenstein  aus  demselben  herausgezogen  werde.  Alle  Türken  konmien 
darin  überein,  dass  zu  jeder  Jahreszeit  und  wo  immer  der  Regenstein  angewendet  wird, 
derselbe  Regen  hervorbringt.  Einige  haben  darüber  gestritten,  ob  der  Schnee-  und  Hagel- 
stein derselbe  sey  mit  dem  Regenstein  oder  nicht;  Einige  glauben,  dass  es  zwey  ver- 


OQ  Julius  Ruska. 

Sämäniden  Ismä'Il  b.  Ahmed  in  den  Mund  gelegte  Geschichte  stammt 
aus  einem  ganz  andern  Kreise.  Man  nimmt  daran  Anstoß,  daß  einem 
Stein  eine  so  wunderbare  Kraft  innewohnen  soll.  Sie  kann  ja  von 
Gott  als  seine  xxxa'^  in  ihn  hineingelegt  sein;  aber  dann  braucht 
man  doch  keine  Zauberer  und  Beschwörer!  Daß  nur  die  Türken,  diese 
Ungläubigen,  die  Kraft  des  Steins  kennen  und  benutzen  sollten,  ist 
höchst  befremdlich.  Wir  brauchen  ein  Ereignis,  an  dem  in  wirksamer 
Weise  demonstriert  werden  kann,  daß  alle  Zauberei  gegen 
den  Willen  Gottes  nicht  aufkommt.  Wie  könnte  das 
aber  eindringlicher  einem  Muslim  zu  Gemüte  geführt  werden,  als 
wenn  er  hört,  wie  bei  einem  Kriegszug  gegen  die  Ungläubigen,  gegen 
überlegene  türkische  Reiterscharen,  der  Regenzauber  noch  im  letzten 
Augenblick  von  Gott  gegen  die  Ungläubigen  selbst  gewendet  wurde, 
und  wenn  er  sieht,  wie  der  Glaubenseifer  und  das  Gebet  des  frommen 
Fürsten  eine  wirksamere  Waffe  gegen  die  feindlichen  Zauberkünste 
war  als  alle  Tapferkeit  und  Kampflust  der  Gläubigen  ! 

Diese   Gedanken   bilden   den    Schlüssel    zu    unserer   Legende;    die 
Antwort    Ismä'il's  an  die  Mamlüken   und   sein  Gebet   um  Abwendung 


schiedene  Steine  seyen;  Andere  meinen,  es  sey  ein  und  derselbe  Stein,  der  aber,  an  ver- 
schiedenen Orten  gebraucht,  mehr  oder  minder  wirksam  Frost,  Schnee,  Hagel  oder  Regen 
hervorbringe,  dass,  wenn  derselbe  nur  einmahl  gebraucht  wird,  es  regne,  bey  wiederhohltem 
Gebrauche  aber  schneye  und  hagle.  Auch  über  die  Art  des  Gebrauches  ist  man  uneins; 
Einige  meinen,  daß  man  den  Regenstein  in  ein  Wasser  legen  müsse,  das  von  hohem  Orte 
herunterströmt,  und  Andere  glauben,  dass  nur  die  Türken  den  Gebrauch  desselben  kennen, 
und  keinen  Anderen  darin  unterrichten.  Teifaschi  erzählt  (  ?  jedenfalls  nicht  in  der  »kleinen« 
Ausgabe!)  aus  dem  Munde  eines  Bewohners  von  Ghasna.  dass  im  Lager  Sultan  Mohammed 
Chuaresmschah's  im  Sommer  ein  alter  Mann  diesen  Stein  wirksam  gemacht,  indem  er  eine 
Tasse  voll  Wassers  in  die  Mitte  des  Zeltes  setzte,  und  zur  Rechten  und  Linken  zwey  Röhre 
aufpflanzte  und  ein  drittes  in  der  Höhe  befestigte,  von  welchem  eine  Schlange,  von  derselben 
Farbe  wie  der  Regenstein,  niederhing,  so  dass  von  dem  Kopfe  der  Schlange  bis  zur  Ober- 
fläche des  Wassers  in  der  Tasse  zwey  Ellen  Abstand  war.  Dann  legte  er  zwey  Stücke 
Regenstein  in  die  Tasse  und  nahm  sie  nach  einem  Augenbhcke  wieder  heraus,  rieb  sie  an- 
einander, und  warf  dann  jedes  an  einen  andern  Ort;  dann  legte  er  sie  wieder  ins  Wasser  und 
zog  sie  wieder  heraus,  und  wiederholte  diess  zu  siebenmahlen:  dann  nahm  er  Wasser  aus 
der  Tasse  und  sprengte  es  nach  allen  Seiten.  Während  dieses  Verfahrens  war  der  Alte 
baarkopf  und  baarfuss,  erzürnt  und  Worte  murmelnd;  binnen  zwey  Stunden  war  das  Werk 
vollendet.  Es  zogen  starke  Wolken  auf  und  es  begann  zu  regnen.  Nach  einem  anderen 
Überlieferer  derselben  Begebenheit  sagte  der  Alte,  welcher  den  Regenstein  anwendete: 
»Jedesmahl,  als  ich  dieses  Werk  unternehme,  wird  mein  Gut  oder  mein  Odem  (Nefsi)  minder, 
und  ich  bleibe  in  beständiger  Armuth  und  Mühseligkeit«. 

Wir  haben  hier  ein  Stück  »naturwissenschaftlicher«  Kritik  und  dann  die  Weiter- 
bildung unserer  Anekdote  durch  Hinzufügung  neuer  Details.  Wenn  der  Regenstein  »leicht 
zu  zerreiben«  ist,  dann  ist  er  auf  keinen  Fall  Jadeit.  Doch  ist  hier  nicht  der  Ort,  diese 
Fragen  weiter  zu  verfolgen. 


J^azwinistudien.  •>  j 

der  Wolke  ist  der  Kern  des  Ganzen.  Die  Geschichte  hat  ihren  richtigen 
Platz  in  einem  Werke,  das  sich  mit  den  Religionen,  Sitten  und  Ge- 
bräuchen dter  Völker  der  Erde  beschäftigt;  sie  fällt  aber  ihrer  Tendenz 
nach,  als  Produkt  theologischer  Reflexion,  aus  dem  Rahmen  einer 
Naturgeschichte  heraus.  Daß  sie  in  manchen  Handschriften  an  die 
Stelle  der  andern  Anekdote  getreten  ist,  nachdem  einmal  das  Yölker- 
kapitel  Aufnahme  gefunden  hatte,  braucht  uns  nicht  weiter  zu 
wundern. 

Die  Gegenüberstellung  der  Texte  von  T,  0  im  Völkerkapitel 
führt  zu  der  Annahme  einer  arabischen  Vorlage,  die  im 
wesentlichen  mit  der  in  A  überlieferten  Form  der  Legende  überein- 
stimmte. Dies  geht  mit  Sicherheit  aus  dem  Umstände  hervor,  daß 
am  Ende  der  Geschichte  der  vollständige  Text  von  A  erhalten  wird, 
wenn  man  T  und  0  kombiniert:  Es  kam  von  ihnen  viel  Volk  um 
(,iJL>  A,  T,  Q),  und  es  entkamen  nur  wenige  (A,  T);  und  als  es 
Morgen  war,  gingen  wir  zu  ihrem  Lagerplatz  und  machten  viel  Beute 
(A,  T,  Q)  und  priesen  Gott  d.  E.  für  den  Sieg  (A,  0).  Natürlich  muß 
mit  Änderungen  von  A  gegen  die  ^'orlage  gerechnet  werden.  Diese 
können  als  erwiesen  gelten,  wo  T  und  O  gegen  A  zusammenstimmen, 
wie  in  dem  Fehlen  des  ^\.xl\  ,  ^JLc  ,  c-F^"?  J^-*^  ^^  J'  '^^i^,.  x^, 
ü50t\i'  Lil  L-yjAS  nach  p  ,>c:äjI  oder  m  dem  Zusatz  des  Jlxj  j^,b  \i 
öS  «.50  L^  \\  »wilÄc  nach  .^3-  .j  d.  i.  i>lx>^L*JLJ.  Aber  ebenso  erweckt 
die  in  A  sehr  in  die  Breite  gezogene  Darstellung  der  Begebenheit 
den  Verdacht  nachträglicher  Ausmalung. 

Als  ursprüngliche  Form  des  Gebets  hat  selbstverständlich  die 
von  A  und  0  überlieferte  zu  gelten;  es  ist  interessant,  zu  beobachten, 
daß  das  Gebet  im  Völkerkapitel  bei  0  bis  aufs  Wort  mit  A  über- 
einstimmt, im  Steinbuch  aber  die  oben  angemerkten  Varianten  und 
Fehler  aufweist.  Auf  den  Umstand,  daß  T  das  Gebet  auf  die  beiden 
ersten  Sätze  reduziert,  ist  schon  hingewiesen  worden.  In  noch  freie- 
rer Weise  ist  in  P  beim  Regenstein  die  Gebetsszene  behandelt.     Das 

originale  Gebet  ist  unterdrückt  bzw.  durch  die  Worte  ;.'Jl  öSj^  ,  _,!; 
angedeutet,  und  die  felsenfeste  Überzeugung  vom  Sieg  der  Gläubigen 
vorangestellt:  eine  offenbar  jüngere,  weil  forciertere  Form  des  Textes. 
Gleichwohl  scheint  auch  hier  eine  gemeinsame  Quelle  vorzuliegen, 
denn  P  und  Q  stimmen  in  allen  übrigen  Punkten  im  wesentlichen 
überein  (vgl.  die  Varianten  der  Übersetzung  S.  22  ),  insbesondere  auch 
in  dem  mir  unklar  gebliebenen,  vor  «^i'  ,j  eingeschobenen  Satz  und 
dem  Abbrechen  der  Erzählung  mit  der  Weigerung  Ismä'irs,  die  \'er- 
folgung  zu  gestatten,  da  man  dem  Strafgericht  Gottes  nicht  nach- 
helfen dürfe.     Wenn  zwei  Leute  Ismä^il's  Arme  halten,  so    lange  (lj) 


•J2  JuliiisRuska, 

er  betet,  möchte  man  fast  daran  denken,  daß  Moses  und  die  Amalekiter 
(Ex.  II,  17)  für  die  Szene  Modell  gestanden  hätten.  Man  müßte  aber 
dann  annehmen,  daß  nur  P  und  O  im  Steinkapitel  das  richtige  Ver- 
ständnis der  Stelle  bewahrt  hätten,  da  in  T  und  A  die  Sätze  ganz 
anders  verknüpft  sind,  und  A  das  Ergreifen  der  Arme  mit  dem  Auf- 
richten Ismä'irs  aus  der  Prostration  in  Zusammenhang  bringt. 

So  bleibt  nur  noch  die  Erklärung  der  Abweichungen  von  A  gegen 
die  Masse  der  Überlieferung.  Die  Handschrift  steht  darin  ganz  allein 
da,  daß  sie  die  ältere  Anekdote  sowohl  im  Völker- 
kapitel als  im  Steinbuch  ausmerzt  und  durch 
zwei,  wie  es  scheint,  sonst  nirgends  in  KazwTnT- 
texten  überlieferte  Geschichten  ersetzt.  Das  ist 
nun  ebensowenig  ein  Zufall  wie  die  Einfügung  der  Ismä^il  -  Legende, 
und  wir  haben  aus  dem  Inhalt  der  neuen  Stücke  die  Motive  zu  er- 
schließen. Sie  sind  kaum  anderswo  zu  suchen  als  in  dem  Fortwirken 
der  Tendenz,  theologisch  anstößige  Geschichten  durch  einwandfreie 
zu  ersetzen.  Darum  wird  der  Regenstein  des  Steinbuches  durch 
einen  anderen  ersetzt,  obgleich  dessen  Beschreibung  nicht  zu  dem  ste- 
reotypen Eingang    paßt.    Darum    heißen    die  Türken  von  vornherein 

\iUi  JJ<s.  Jö!^  Jis>\,  weil  sie  den  Regenzauber  verstehen  —  die  Tat- 
sache selbst  wird  nicht  im  geringsten  bezweifelt.  Und  darum  wird 
am  Schluß  der  Geschichte,  die  die  Auffindung  des  Steins  auf  eine 
Beobachtung  am  unvernünftigen  Vieh  zurückführt,  das  sicher  nicht 
durch  einen  Bund  mit  dem  Teufel,  sondern  nur  durch  göttliche  Gnade 
und  Vorsehung  die  iüyoL3>  des  Steins  zum  Schutze  gegen  die  aus- 
dörrende Sonne  entdeckte,  in  groteskem  Widerspruch  mit  der  morali  - 
sehen  Verurteilung  der  Türken  im  Eingang  versichert:  »es  gehört  das 
nicht  zu  den  Zaubereien  bei  ihnen,  sondern  kommt  von  Gottes  d  E. 
Allmacht. « 

Die  Beschreibung  der  Gegend,  wo  der  Regenstein  gefunden  wird 
—  im  äußersten  Osten,  Wohnungen  in  Erdlöchern,  alles  von  der  Sonne 
verbrannt  —  könnte  auf  die  Lößgebiete  Chinas  gedeutet  werden;  ein 
Anklang  an  die  oben  zitierte  Noah-Japhet- Legende  ist  jedenfalls  nicht 
zu  verkennen. 

Was  wir  hervorgehoben  haben,  charakterisiert  den  Text  von  A 
a  1  s  d  i  e  ,a  m  ^^-  e  i  t  e  s  t  e  n  V  o  m  LT  r  s  p  r  u  n  g  g"  i  c  h  entfer- 
nende, noch  jenseits  der  persischen  Übersetzun- 
gen und  des  zugehörigen  arabischen  Originals 
stehende  Textfor  m.  Es  ist  also  ausgeschlossen, 
daß  dieser  Text  von  KazwinI  herrührt.  Auch  der 
unsäglich  in  die  Breite  gezogene  Eingang  des  Stückes  mit  seinen  Wieder- 


Kazwinlstudien.  5  ^ 

holungen  ist  ein  unverkennbares  Zeichen  der  Kommentatorenweisheit. 
Es  muß  aber  an  dieser  Stelle  noch  eine  offene  Frage  bleiben,  ob  nicht 
dennoch  eme  dritte,  erweiterte  Fassung  der  Kosmographie  existiert 
hat,  die  von  Kazwini  selbst  herstammt. 

Als  ich  das  »Steinbuch  des  KazwInl«  übersetzte,  war  mir  die 
Stelle  ,i>..j  LJ  J.^cl  unverständlich  geblieben;  ich  wählte  daher  den 
Regenstein  als  Beispiel  für  die  Vergleichung  der  Texte,  weil  ich  hoffte 
über  den  Ausdruck  in  einer  Handschrift  Aufklärung  zu  finden.  Daß 
der  Regenstein  zum  Prüfstein  für  die  ganze  Textgeschichte  werden 
und  die  aus  ganz  andern  Indizien  gewonnene  Überzeugung  von  der 
Unechtheit  des  Textes  von  A  besiegeln  sollte,  konnte  ich  nicht  ahnen. 
Ich  verzichte  daher  auf  die  Ausführung  einer  größeren  Anzahl  von 
Vergleichen  und  behandle  nur  noch  das  Salz  als  ein  weiteres,  für 
das  Verhältnis  der  verschiedenen  Bearbeitungen  lehrreiches  minera- 
logisches  Beispiel.     Der  Text  von  D   (erste  Fassung)  lautet: 


(D    l^jj^)    '^^jj-i^    O-?^"    '"''    '^■^'*^3'    ^'^^^^   y^^   jrf^^"^   ».:>\;>^3     ^siliiLy 
^^^  J^-^  r.^^^^'  ujaJ!  ^JLxa.J  L/i!^s  |^JL*j  xL'!  l.flx=>-  'ii.^^^l\  (jc^,^!  ^i, 

^^^^3  o^^  a-'*^^-  ^^*-''--?  ^J^-^^b  ^J.l3  e^>  ^,_jjü!  K>..jy  j^jjj^ 
o'*-^-^'  j_ij  ^•^/i  io  j^*^j_5  uj.:^iU  ^jüjI  ^äÄj3  i;:cjLÄJ!  sl>J5^J1  it^-^^^ 
_.xfuiJ53  ^xx^^l_5  iUJ^^!5  (j^3  Kxc^.i.J  J.^ii_5  J..^^i!  ,«.».  y.Äxi!  ,^.w.JÜ 
^-^-^J     L5^'    j-^     ^r,Jo^L     (j-^-äJI^    iC>w«jtJuJ!     iüC.<^JL     y.:s:vi5     Q^    5.Ä^j_5 

»Der  Stein  Salz.  Aristoteles  sagt:  Salz  gibt  es  (mehrere) 
Arten;  dazu  gehört  das  wie  Bergkristall  zu  Stein  gewordene,  und  dazu, 
was  wie  Schnee  ist  und  wie  die  übrigen  Steine  zu  Stein  wird,  und  dazu, 
was  im  Salzland  Salzsteppe  ist;  (Arten)  die  Gott  d.  E.  geschaffen  als 
Grundlage  für  das  Wohl  der  Welt,  so  daß  es  jedem  Ding  heilsam  ist, 
dem  es  beigemischt  wird,  selbst  dem  Gold;  denn  es  verschönert  seine 
Farbe  und  vermehrt  es  in  seiner  Gelbheit.  —  Und  vom  Propheten 
Wird  berichtet,  daß  er  sagte:  ,0  'AH,  beginne  mit  dem  Salz  und 
schließe  mit  ihm;  denn  in  ihm  liegt  Heilung  von  70  Krankheiten.'  — 
Zu  seinen  besonderen  Wirkungen  gehört  die  Beseitigung  aller  Arten 

Islam.     IV. 


^A  Julius  Ruska, 

Fäulnis.  Das  gebrannte  Salz  reinigt  die  Zähne  von  Zahnfäule  und  be- 
seitigt die  grauschwarze  Farbe,  wo  es  eingerieben  wird,  und  seine  An- 
wendung mit  Honig  verschönert  die  Farbe,  und  es  frißt  das  überflüssige 
hervorwachsende  Fleisch  weg  und  nützt  gegen  trockene  Flechte  und 
Krätze;  es  wird  auch  mit  Baumwollsamen  zusammen  gegen  Skorpions- 
stich zu  Umschlägen  benützt,  und  mit  Honig  und  Essig  gegen  den  Biß 
des  Skolopenders  und  der  Wespen,  und  nützt  gegen  Krätze  und  schlei- 
mige Krätze  und  Gicht;  das  Enderänl-Salz,  d.  i.  das,  was  dem  Berg- 
kristall  ähnlich  ist,  schärft  den  Verstand  und  festigt  das  erschlaffte 
Zahnfleisch. « 

In  der  zweiten  (und  dritten)  Fassung  wird  zunächst  eine  Art  Theorie 
der  Salzbildung  vorausgeschickt,  wonach  zwei  Arten,  Bergsalz  und 
Wassersalz,    unterschieden  werden  (ed.  Wüstenfeld  S.  240).      Dann 

folgt  der  Satz  Lzb  oJ^il  ^  ^>U.j  sj\  x>oLi>  ^»  und  daran  an- 
schließend in  B  und  A  der  \'ers: 

und  der  Ausspruch  des  Propheten.  In  C  ist  Vers  und  Spruch  unter  die 
Anwendungen  an  die  falsche  Stelle  geraten,  zwischen  den  Satz  -^JUiU 
Jj<:^l\    ^/»    ,.jL>Lw^i    if*'^    L*)^^^    ^^^^    C)-^^'    O"***^-    -*-^^    .vJ-4JÜ^i», 

wobei  C  »_ou  für  i^jixj  liest  und  das  Satzglied  vi>x=>  ,j,_jJL'l  \^  d^.jA3 
JLb  vor  \iu*x.«.U  wegläßt.  Die  Lesung  ^AxJu  gegen  D  j^..^^  wird 
von  A,  B,  C  und  von  den  persischen  Übersetzungen  (P  ^^<:^  ^i^jüo«!^ 
j^.;j)  ^jCaj  L-,y  >^>^->>->  j^^i  ähnlich  T)  bestätigt.  Wo  D  ^j^>"Jül 
ioöUJI  sJuiJ!  hat,  liest  B  ^oJJU  C  iü'^U  A  xü.xi!»,  also  die  Tütiiä. 
Erst  nach  der  Aufzählung  der  medizinischen  Eigenschaften,  mit  der 
D  abschließt,  folgt  dann  in  B,  C  und  Adas  Aristoteleszitat,  doch  nicht 
ohne  eine  Anzahl  interessanter  Abweichungen  zwischen  A,  P  und  B,  C. 

Statt  ,_JLJI  (j:l  ^{.4.il  !>J>'S  in  A  lesen  noch  B  C  wie  I)  .jXj^\S  ;  die 
Beschreibung  der  zweiten  Art  reduziert  sich  in  P  auf  die  Worte  ^ä^Lo^ 
^Jm  .\j  (statt  ^Xi);  die  der  dritten  enthält  das  persisch-arabische  Wort 
_  ,5-i;,  das  in  allen  Handschriften  verschrieben  ist  (B  'ls>.^*«,  C  Ls»-»-«, 
A  i:^jy^;  in  P:  o^j  _p-^j^  yv.jO»)  und  zu  dem  iLi^U^f  u^"^'  j-  """"'^^ 
eine  Glosse  erscheint.  Das  'u^t^  ist  von  C  ausgelassen;  hinter  L-ojJl 
ist  in  B,  C  und  A  der  Satz  ^u^^t^  vl^yt^L  ^L:>\^^1  j.  Vu^^^»  einge- 
schoben, hinter  \j.äA3  ^5,  der  Satz  J,  lAjij^,  L-oa_j^  xaiiäjI  ^^  ^.M<.:sr» 
LiJöLo;    dagegen    nur    i  n  B  C    die    w  e  i  t  e  r  e  n  S  ä  t  z  e  :  J-^^xj^ 


Kazwinistudien.  t- 

.(C    öiA^-!^)    8A>[jJ    (*-J'-'45    0:V^^  ^-^'-'^^    Ä.i^ÜJ    (jJLs^Uj 

Das  *sind  aber  Sätze,  die  genau  mit  dem  Pariser  Steinbuch  des 
Aristoteles  zusammenstimmen,  während  der  Satz  über  das 
Vorkommen  des  Salzes  in  Bäumen,  Wasser  und  Steinen  sich  in  einer 
lateinischen  Übersetzung  desselben  Burhes  findet,  die  einen  stark  über- 
arbeiteten Text  vertritt^).  P  weicht  zwar  am  Schluß  wie  im  ganzen 
von  den  arabischen  Fassungen  ab:  jL*^i  x^^,  ü^jS  ».<-o  <*-y*5  ,;  .,  J. 
JJS  ü>o  ^,  .5  ;1,  setzt  aber  gleichwohl  die  erweiterte  Form  des 
Textes  als  Vorlage  voraus. 


Wir  wenden  uns  nun  dem  zweiten  Teile  unserer  Untersuchungen 
zu,  der  sich  mit  dem  anthropologischen  Kapitel  in 
K  a  z  w  i  n  r  s  Kosmographie  beschäftigen  soll. 

Am  zweckmäßigsten  geht  man  wohl  für  eine  erste  Übersicht  von 
dem    Index    der    ersten    Fassung    aus,  der  das  Programm 
des  Buches  enthält,  um  dann  die  Änderungen  in  der  Ausführung  des 
Programms   und  in  den  Indices  der  späteren  Ausgaben  damit  zu  ver- 
gleichen.     Die    Handschrift    F   scheidet    als    bloßes    Bruchstück    des 
Werkes  aus.     Als   Ersatz  für  D,   der  keinen   Index  hat,   konnte  die 
Gothaer  Handschrift  1503  (künftig  H)  eintreten,  die  der  gleichen  Klasse 
angehört.     Mit  dem  Index  von  E,  G  und  H  stimmt  auch  der  der  Ber- 
liner persischen  Handschrift  P.     Dagegen  weicht  der  Index  von  C  an 
einer  charakteristischen  Stelle  stark  ab,   und  in   B  fehlt  der   Index, 
weil  die  Handschrift  am  Anfang  verstümmelt  ist.     Weder  \'orreden 
noch  Index  hat  A.     Es  war  mir  daher  eine  große  Überraschung,  in  der 
Handschrift  Q,  die  nach  dem  Katalog  keinen  Index  haben  sollte,  diesen 
nicht  nur  an  seinem  richtigen  Ort  nach  den  Vorreden  zu  finden,  sondern 
auch  daraus  sofort  entnehmen  zu  können,  daß  die  Handschrift    e  i  n 
vollständiges  Exemplar  der  dritten  Textklasse 
darstellt.     Auch  die  Teheraner  Ausgabe  gehört  zur  dritten  Klasse  und 
besitzt   einen  vollständigen   Index. 

Es  zeigt  sich  sofort,  daß  die  in  dem  großen  Index  vorgeseheiie 
Gliederung  des  Stoffes  bei  den  Mineralien  und  Pflanzen  nicht  strikte 
durchgeführt  ist.  Der  oLoüül  J.  Jü  sollte  offenbar  vier  Haupt- 
teile enthalten:  einen  allgemeinen  Abschnitt  als  Einleitung, 
einen  zweiten  über  die  Mineralien,  einen  dritten  über  die 
Pflanzen,  einen  vierten  über  die  beseelten  Wesen  (den 
Menschen,  die  Ginnen,  die  Tiere).    Klar  begrenzt  ist  nur  der  dritte  i:nd 

0  Vgl.  J.  RusK.-^,  Das  Steinbuch  des  Aristoteles^     Heidelberg  1912,  S.   172. 

t  * 


-?5  J  ulius  Ruska, 

der  vierte  Abschnitt;  beim  zweiten  sind  die  Unterabteilungen  falsch 
durchgezählt,  so  daß  schon  am  Anfang  Verwirrung  entsteht.  Denn 
alle    verglichenen  arabischen  Codices  haben  die  folgende  Zählung: 


jjjj    J,    (!)«.jLJi    Ä-oAx^il    j,LA^>bSi    OJj-'S   's^sljS    j    (!)^^LiJ!    dy^i    Xt^3, 


Richtig  fand  ich  die  Einteilung  nur  in  dem  arabisch  abgefaßten 
Index  der  Berliner  Handschrift  P.  Vergleicht  man  mit  dieser  durch- 
sichtigen Gliederung  des  Stoffes  die  Ausführung,  so  sieht  man  sofort, 
daß  nur  die  Hauptabteilungen  geblieben  sind:  auf  eine  kurze  Ein- 
leitung (in  D  usw.)  die  Abschnitte  I.  Über  die  MineraHen,  i.  Art:  Me- 
talle, 2.  Art:  Steine,  3.  Art*:  ölige  Körper;  II.  Über  die  Pflanzen, 
I.  Art*:  Bäume,  2.  Art*:  Kräuter;  III.  Über  die  beseelten  Wesen,  I.Art: 
der  Mensch  usw.  Seltsamer  Weise  hat  nicht  nur  der  Text  von 
Wüstenfeld,  sondern  auch  D  (und  danach  vermutlich  alle  Hand- 
schriften) an  den  mit  *  bezeichneten  Stellen  j,j^j\  statt   cj-Jl. 

Dieser  tatsächlichen  Einteilung  des  Stoffes  entspricht  nun 
der  Index  von  C,  der  aber  von  Wüstenfeld  mehrfach  (nach  dem 
Text?)  umgeändert  worden  ist,  wie  die  nachfolgende  Vergleichung 
der  Handschrift  und  des  gedruckten  Textes  zeigt,  dessen  Zusätze  mit 

(  )   und  Weglassungen  mit   [  ]  bezeichnet  sind.     ^   _^'t    ((jruX.A^   ^i) 

Es  folgen  hierauf  die  sieben  Arten  von  ^^^ytp^'-  der  Mensch,  die' 
Ginnen,  die  Dawäbb,  die  Na'am,  die  Raubtiere,  die  Vögel,  die  übrigen 
Tiere.  Aber  innerhalb  des  vom  Menschen  handelnden  Abschnitts 
finden  sich  die  tiefgreifendsten  Differenzen  zwi- 
schen   den    Indices    und    den    Texten. 


Kazwinistudien. 


37 


Zunächst  ist  festzustellen,  daß  hier  auch  der  Index  der  persischen 
Handschrift  P  die  Fehler  der  andern  in  der  Einteilung  des  Stoffs  über- 
nimmt. Ith.  setze  die  richtige  Einteilung  voran  und  verzeichne  daneben 
die  Varianten: 

[  ^i^i  iUx^  ^»,  '^-e^l^j'  J-   J^Liil  Jw^5   ....  ^JJ^  S  ^iUl   JäX}\  ] 


v3^*2.S      ^^.S^      (jL^J'^iJ      PJ.J      J,      i3»^i      (Hr:j^i) 


^.,'L.^i^l  iüuä>  ^5  0.'3\  J.x2ÄJi)        5   EG       ^_^iLiJ5    HP 


^Jf  pLAi2Ä^5  -^.-^  tS-  ^-i^J'»-iJ^  J^AJÄJI 


o 


z- 


Man  sieht,  daß  in  diesem  Programm,  das  eine  Naturgeschichte  des 
Menschen  entwickelt,  die  physische  Seite,  Embryologie,  Anatomie, 
Physiologie  durchaus  im  Vordergrunde  steht,  und  daß  an  eine  Be- 
handlung von  Volksstämmen  oder  von  Handwerken,  Künsten  und 
Wissenschaften  hier  noch  nicht  gedacht  wird.    Dies  gilt  auch  noch  von 


qg  Julius  Ruska. 

dem  Index  von  C,   der  die  sieben  Arten  der  ^^y^p-  nicht  hervor- 
hebt, sondern  folgendermaßen  einteilt: 


XjL>oacl    -;o,^j    j    J    (W:     ..jL^i^!    >Aiö'    ^t)    näIoJI    qX    ö^i^j 


c 


.l^:i 

-    J.    ^j*,o.^i     Ja>oS <3y^^   <3     ^^^v^^-^-i-J 

>i^l 

-> 

^i     ^^.Ü!      .liJS     ^.,.^^i      eL^l      U^^^i=-     J-      «Jw^i 

-Jl  ^^!     ^wül    ^  ^^\   ^.jL^^i 

Ü^j^'-^ 

Die  acht  Joi  entstehen  einmal  durch  Vereinfachung  der  Zählung 
am  Anfang,  und  dann  durch  Einschaltung  der  Kapitel  VI  und  VIII, 
die  aber  wieder  nur  medizinisch  sind. 

All  diesen  Einteilungen  gegenüber  ist  nun  festzustellen,  daß  die 
Handschriften  die  größten  Abweichungen  von  dem  Programm  zeigen. 
Um  mit  der  persischen  Handschrift  P  zu  beginnen,  so  fehlt  in  ihr 
der  ganze  Text  von  den  xj.*:!  J^i  u^j-^-  ^i"^""  Unterabteilung  des 
Kapitels  Ä.jyiJl  [j^jÄxl^  o^^  j^^  ^'  ^^'^  ^"  l^^^  j^^^  (^"  '"  t^"*^' 
5.jLJi)  e5j^'  ^'  ^^^°  nicht  weniger  als  33  Seiten  der  Wüsten- 
FELDschen  Textausgabe  (S.  322 — 355).  In  den  arabischen  Hand- 
schriften der  e  r  s  t  e  n  Klasse  D,  E,  F,  G  fehlt  der  ganze  Abschnitt 
•.•■Sli>^i  ^,  eine  Auslassung,  die  auch  für  andere  Codices  festgestellt 
ist.  I)  Sehr  zahlreich  sind  die  Auslassungen  von  A;  aber,  was  weniger 
zu  erwarten  war  —  der  Herausgeber  hat  selbst  wieder  zahl- 
reiche Stücke  aus  A  weggelassen^)  und  Stücke  aus  andern 
Codices  aufgenommen  3),  ohne  anzugeben,  wo  und  aus 
welchen  Gründen  dies  geschehen  ist. 

Als  Beispiel  für  den  Zustand  des  Textes  soll  im  folgenden  der 
Abschnitt  »Über  die  Entstehung  des  Menschen«  be- 
handelt werden.  Von  seinen  im  Index  (S.  37)  vorgesehenen  neun 
Kapiteln  enthalten  die  Texte  der  ersten  Klasse,  die  ich  verglichen 
habe,  nur  die  Kapitel  I,  VI,  VII,  IX.  In  den  Texten  der  zwei- 
ten Klasse,  d.  h.  wenigstens  in  den  Handschriften  B  C,  ist  der 
ganze    Abschnitt    anscheinend    absichtlich     un- 


")  Vgl.  z.  B.  RiEu,  Cat.  Mus.  Brit.  zu  Nr.  69S,  699. 

*)  So  z.  B.  fol.  107  r  Z.  4  V.  o.  bis  Z.  10  v.  u.;  fol.  io8  r  Z.  5—22;  fol.  108  v  Z.  13  bis 
109  vZ.  3;  fol.  109  V  Z.  1 1—20,  dann  fol.  109  '  Z.  23— fol.  iiorZ.  12;  fol.  iio^usw. 

■3)  So  z.  B.  das  Stück  von  .ju^\  L.gJL<>»  S.  310  bis  ^y^J^]   qI-^   J.  S.  314,  Z.  11. 


Kazwinistudien.  39 

ter  drückt,  denn  die  Zählung  springt  hier  vom  zweiten  auf  den 
vierten  Nazr.  Von  der  einzigen  Handschrift  A  aber,  die  den  Text 
gemäß^dem  Index  der  ersten  Ausgabe  vollstän- 
dio-  enthält,  hat  Wüstenfeld  längere  Abschnitte,  darunter 
das  ganze    Kapitel  VIII,   weggelassen. 

Leider  versagen  hier  auch  die  persischen  Übersetzungen.  Denn 
bei  P,  wo  das  Kapitel  nach  dem  Index  zu  erwarten  wäre,  fällt  es  in 
die  große  oben  festgestellte  Lücke,  und  in  Q  und  T  ist  sowohl  dieses 
embryologische  wie  das  nachfolgende  anatomische  Kapitel  auf  wenige 
Seiten  zusammengedrängt.     Der  Abschnitt  ^.^L^^l     ^.,j.Xj     ^  beginnt 

in  0  mit  j^^  »/  J.x^  y  ^j^  ;b  ^^jj^  ^^J  O-"^'  ^^'^^  ^^^  '^-^ 
;iJS  >J1  ^  Ä.äIiJi  'c^X^p*  der  ersten  Fassung  entspricht,  die 
Wüstenfeld  hier  ohne  ersichtlichen  Grund  an  die  btelle  von  A 
gesetzt  hat;  er  umfaßt  nur  25  Zeilen,  die  ganze  Anatomie  4^2  Seiten, 
von  denen  2  auf  die  einfachen  Organe,  2^2  auf  die  zusammengesetzten 
entfallen.  —  Ganz  ähnlich  beginnt  T  mit  ,Li  ^*=>;^  ^^-^  j^  ^äLoi  <;,>?- 
J.Ä  «Ol^,.  JöJli  ^=>j  o^L^o  ^^  J^L^  (!)^^^y'  d^^^j^  ^-^'^  und  absol- 
viert den  Abschnitt  über  die  Entstehung  des  Menschen  auf  20  Zeilen, 
obgleich  der  Index  ausführlich  die  neun  Kapitel  nennt.  Und  ebenso 
widerspricht  der  detaillierte  Index  über  die  Anatomie  den  späteren 
summarischen  Ausführungen.  Wir  werden  uns  nach  Erledigung  der 
textkritischen  Arbeit  zu  fragen  haben,  wie  dieses  Verhalten  der  späteren 
Texte  zu  erklären  ist. 

Um  die  Abweichungen  des  WüsTENFELDschen  Textes  von  der 
Handschrift,  seien  sie  Verbesserungen  oder  Verlesungen,  Druckfehler 
und  Auslassungen,  herauszuheben,  sind  sie  im  folgenden  mit  Buch- 
staben vermerkt,  während  die  Varianten  der  ersten  Textklasse 
beziffert  sind.  Es  ist  also  der  WüSTENFELDsche  Text  der  Kapitel 
I,  VI,  VII,  IX  kopiert  und  mit  den  Varianten  von  A  bzw.  DEF  G  ver- 
sehen, VIII  nach  A  ergänzt.  Die  hierauf  folgende  Übersetzung  gibt 
die  Handschrift  A  vollständig  wieder,  und  die  notwendig  erscheinenden 
Korrekturen  sind  in  Fußnoten  begründet.  Nicht  vermerkt  wurden  im 
allgemeinen  Varianten  von  E,  die  durch  das  Fehlen  der  diakritischen 
Punkte  veranlaßt  sind  und  entweder  nur  eine,  oder  verschiedene 
richtige  Lesungen  zulassen.  Zugleich  habe  ich,  soweit  es  mir  möglich 
war,  in  den  Anmerkungen  Ouellenbelege  gegeben,  die  zeigen  sollen, 
woher  der  Stoff  in  letzter  Linie  stammt  und  wie  er  vom  Verfasser 
oder  seinen  nächsten  Quellen  verarbeitet  wurde. 


. j-j  Julius  Ruska, 

Arabischer  Text  des  Cod.  Goth.  1508  fol.  116^  ff. 

Die  eckigen  Klammern  fassen  die  Worte  zusammen,  auf  die  sich  die  Ziffern 
und  Buchstaben  beziehen.  Mit  geschweiften  Klammern  sind  die  von 
Wüstenfeld    aus    der    ersten    Fassung    in   den    Text   von   A    eingesetzten 

Stücke  bezeichnet. 


J..^-^.J  nzj'l^j  'w«  l^  _^^  jLr   "ii^   L.^_^   ävl*4jt]  [io^L.:^bSL   iy^.^Si 

^i  ^L^oJi  ^..1  r^^-^^  ^.^'^  '^^^]  .-^^'  r^^   r-^  -'-^^  er» 


'^  -vi^ 


a:Cä!  Ujb  Jb  J^>l^!  ^va^wiJ  j_,Ji^>J  ^3'l-:^^l  ^y9  q'w5'  w»J  ,»:i  äulirs- 
Oi^.-«j  ,  -^  U  'i-P  -  -^  3>s  .  .  .  J-^  ^-  o^-i  ^.,5  K^jJ^M  iUX^  (so) 
3^.     söo«    u5oJJ    öJLi>3     ^UJi     ^_t^  y^3    ^J"^^    "^^    '"^     ^y^y^    l5^' 


1 


I    G  ^jj    am  Rand    l)J^j  ^    G  om.  D  ^^,1    J^\  3    E    »^1    iv-^5    OJii^ 

iU/isL^I    D    L^    FG    'u^  ^-iU  ■*  DEFG  om.         5  D   i^^^Ju^         ^  D  '.^js^^ 

G  oÄjSt.  eF  ujÄ:>v>o^  7  D  «w^s  'w^  F  Li>i  La  EG  Lg-^s-A^  *  DEFG  om. 
9  D  x*.w^äj  c.V<i.s  EG  u^Ailj  F  Iz^-^^JiH  "  DF  ^JoJ!  ^♦.^  ^J^  E  ^^ 
^AJI  ^uC^cI  <..>,.^  (G  ^\)  "  DEFG  om.  ''-  G  J^^^Oi^J»  '3  FG  '..t^ö 
M  D  j.Jüi:i  F  5.j.ÄJi  G  pyiit       '5  D  ^siäij       >6  D  ÄÄlii       n  G  ä,L>       '«  G  8_iuJ 


Kazwinistudien.  ^j 

j^^^3  u_>JäL^    MolcXü!  Ja-^JI  i^i!    Ä-kÄ:>    La;-«    [^Äi>Us    i^äLJ!]    ^xx-L^J    «^' 
5  8«w.il    4/i^L5:i.ÄJ    ^    ^LxlXÜ    Xka5>     s^fil     j^a!»     iAaXJLJ     Xi^s*     ^-Vi-H     rr^ 

xx^3,    qL:iaLi>ü1    JiLcj^^xs  Oj.JLä«J!  w^xA:aÄJLs'  ^^  (JtÄJ!  *.5-J1  /  ^äc  ,3^^^ 

Oi-«.-w.Äj     Uy    i^A/iiJC/i     _LjJ1     i_^>uw_j     ä(A^     ä<Lä     J^tXil     X-rL?.}     ,?,»    ücJcaA/i 
ij>.iö  w^.äxxs  ij-fiil   i^JUoj   ^j.  i^Lxi-iJ!   iJ>ÜJ  J^?J    ^j^.  /*^'   »-J-^^  L?^"^^ 


I    F    c>.x^iiJo    G   OA.i>-CCo^  =    G    a^iAüJf    am  Rand    ä^l  3    DG    iüJS 

^L*i*  4    DEFG    (J-jL^'    ((^^)  5    D  ^.wJ!  6    DE   ^■)'^J^^,    G   (JjLj.-^^, 

7  DEFG  om.  8  DEFG  om.  9  DEFG  om.  ^°  D    L\i>Lj  «■    DEFG    ^j. 

j3xLi.<\:df        "  DEFG  *.i  L/95.J  ^-Aü  Kawi.«^    Ji  u5oo  ^^ 


12  Julius  Ruska, 

7*^  .j5    (j*i-i5  i3'~*^'*-J  (»'^j'  6x.x.,.vjö  %uX*j»  rj^^''  (__w>,Lw*J  -itf^3)  pL^^5  H?^^ 

iot*i;/c    KäJütj!     ^wiJiJL^    KäJIc     XäLäJ!     l^JjJlp-     -».i     ^:^>^    jIj'5    o    *"^ä12J     s'wä]ji:>- 
*.JL]I    Ld>,LAX5     .i>i    wäJL3-    'wi^XicJ'     ♦.i    L♦:^'    *Lli*J5    lJ«-**^X5    Lx'wlix:    iot*:^^!    wÄäii^ 


y-v!.  _*^^J   \-w.!.»    Ä^wlJ   ...LxJLe-s*   s!iA-^    ^ 5 \£."iL/:3'u    ...ÜixJLs    »IiAaüc^    ^^^i  . 
|.lt\>L^il  ^A)  ^7  .^>s««.j  Lx:  xj.i       JLc  i-LvCsc^l  ''(j;?k>Jw  ^^'^n.JL^j  ^"^J    *-^^^5    f^^ 

2-'L^;ji  ^i^ä^^s  |^.^lX>.Idj  (^.^-Xä-ot>C;  ,-..xO  JI3  -o^xXaJ  JwJ    tA^-«LS    "' xL*.:>r.    -/> 


\JLsr.  "    die  5  Worte    ...iJv^Jl    ,•,  ...V-    -*^J'»    j^*=^    «j-    ^'^r  wiederholt 


I  DEF  siA*J.   G  äJ^5>!»   am  Rand  buVjtJ»  =  DEFG     ^>olj  3  G  add.  am 

Rand  4  DEFG  om.  5  DEFG  sJs.'t  6  d    xsu^^^i  7  DEFG    ^s- 

8    DEFG  oii:'":^!^  9  DEFG  om.  '^  D    Kx-li^     EFG    is^.ks.  "  DEF 

^a«.Xj.     G    L.*Oo»  >i    DFG      JUj    *JÜi  -3  DEFG  om.'  '4  EFG    -bljül 

>5  D    ^.c^L/i^'L?     G    l>Juc:i£^Li  '6    DEFG  LiJL:>-,  '7  EF    qj-Xj  '^  E    i*^! 

VW  W  •"r 

>9  D    J^>»    iii     xJUI    (G  add.  ^xi)     iijL>oiJ    F       ^*Lxj     \L'l     q/«  ^^  G    JJC^U 

,.,LXa5'JI         ^'  DFG    ^Mi>   E    Uiäji-         -  F    'u^ 


Kazwinistudien.  a  -> 

015"^!!       Oj-AÄ      ^i^      l\äj1       .\>1o      ^.,^i       LiiL/S      iCjJS-      ^!       i^Jl>0,       v_;^LJi       4^ÖJU 

[7*^1,  ^.,Ly  löl  i^i^]  ÜO^\.J!  ^N^H^-w  J.  ^L\:>-  (^^=1*-''  .'^'^5  5Ä^  \-,53 
r^^"^'  O'*  '■'^■^^i)  J"^*'^  P[*^_;-^^  r'  ->^'  ^"^^J  ^-^^-J-^l]  ^:^J^^  .^^  -^J^-i 
la:2j!_5     iS'^iCc^.^j    "J^ä>^'    ^_5-^    ";J=>r;^^    ^^^^    ^°  n-^I,    ^,^S    x^f^    ^Jic    t'u> 

0^5  -Q^  js^ji  ^jvA;cas^4.j!»  -.-Lj^'sä^j)  ^jiAXaw-*.]!  Jl  ^3^x^^S!  v^j.'il  ...Ls 
io^y  ^.,^i►]  wbwÄ^vx  o-^"  äL-^js^iii  py-i-ÄJ  ^5(J^Äj!  >_^JLäJ!  ''"^3  140.5^1 
^-♦^  (t^   ^r^"*    '^    iy-f:^^'^^    o^    pj-'tf'^^   <Sj3y^    [^^J^jCAiS    IlXP     ^JLü 

/  i^Ai:])     ^.>i3j.4.Jl  uLxi3    ^^^    ^-^r^-*    ^>j^''-J    \lx:>-_»    i(.jL>ä2£l   Jwav    is»^^l    ^Tä-^XiFU^ 


'   DEFG  om.  -  D  k:>-j^\  3  G  ,«.äil  4  Q  «.jj^j^         5  DE   "  ^,5    F  ^L 

G   ^^bS^  6  DEFG    xij.^^J  7  DEFG    ^^15'     !öt     x*.t^     ^^^^^  s  DEFG  om. 

9  DEFG  J^'u-il  1°  D   (j*Lil  "  DEFG    ^y^.  '-  G  om.  '3  E    Kü.a^j 

J^iwt  ^\  14  DF  add.  qjXJ    »^ß^    5ÄP     ^ilc    Q-^-L>l.Jt  J^-<.;i  Jot::^-    '^xJÄJ.5 

oi.»::^!    t^^is    ^    J^xjI  15  DEFG  _j^  e?'^-^'  '^  DEFG  sÄP  ^-Lfi  iJL<.Ü  ^^\^ 

^^^^         '7  D   x^jCi^'b    ^fr*^         '*  DEFG  öOLJLj         '9  E  jJLjS^        -o  D   /4-i.^ 
"  G  om.  23  EG    liSÜAl^,  =3  G    >wJ.xxJ  -4  EG       ^ä^  =5  G    „  j>*. 

26  EF    ijöjü 


.  .  Julius  Ruska, 

\.^\     ^l^i-XJU^]      4^ii^'u>i:,3      3^l^Xl\      d^i\      2^t,^l3^      [^iJ.*Ji      i^^^;:^] 

ö^j^\     ')jt:>^       \SJä^\     öJyJU    Ä-xJ^-i      [«üi'.?-    U^;^     Ji^dlj-     ^i     u5^-üCot 

[I6^,_^^)i  «ÄP  j!jud!]    J  '^  ^^oV^t  o--^  Vj^'  gV:.-^3  ['4j'^  .V^^b 
^  ^^j  l^;»]  ['^r^j^^  a^^  ^-  ^^^^  o^^'^  CT-^^^  ^'^'   l5^^ 


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l^*cj  3    p^  Ji  ^    om.  ^    ^^-  '    03^3 


I  F   *^x5  G  x*JXaS        2  DEFG  om.         3  F   Jo-Jl;  om.  Jw*s  .  .  .  ^^^LJ^j 
,j/Jv.J!  4  DEG  om.  5  DKG    ^.^Ls    vi^.:J!    »>i    Li^^  ^  d    x^j 

EG    i^^    ^A  1  DEG    oV^y!    oVwxil    (G    'lP)    ^J^Ü  «  DEFG    O;,*^" 

x..j-./=    .^    ^su    ü^  ^J1-JI    «ÄP    (G  \ÖL5)        9  DEFG    .,yy,J         '°  DEFG  om. 
"  DEFG    2ÜiJLi>      JLc         '^  G   H^y'jof  «3  DEFG    l-iCjJj  "•  DEFG    J.x=äJ1 

"^^    JJlJI»   ^lH  '5  DEFG    iÜj^S  «6  DEFG     »jSjw:=l  '7  D    ^y  jJ! 

■8  DEFG  om.  '9  DEFG    O^UJ!    jJLJI^    0;LJ5    J.x:äJ5  y.  "  DEFG  l^^-Js^U! 


Kazwinistudien.  ^c 


^O"^  -V^'   ^"t^^-    [^ls"^   ^^-^1     Cr^    ^l5>>    c)'    ~^=^ß    '^    o'    r-?^ 

^y^\   ^^i^  L^-^^  ^^*;;  ^^^^5  v^■^'<«  i^5   Uli  j.l^Jl  ^^^.^  j.  Jw^^i  (VIII) 
^oüai  ^-^i  |.,Li"  jjl^i  ^lXÜ    «.ä/5  lAJ^Äj    ._^5'L>Jt    ^ij-*Ji  /  ^»5_j-*«i    L:5^-y^*    ,.,'lJ'  ..J 

_,«^J5  ^  (^-^^5  CT^"^^'  »i-  J:^  ^''^  15^^'  *"'*^  «Ai^;cj  ,^ij^l  -,!j*.J!  /  iäL/i 
KjoUü  is.(>.)*x>iaJ!  kjLäJ!  _j.p  sJ'Li  i^ÄJ!  lÄP^  Q^^^  .5'    o''^'^   '^^   ''■♦■J-^ 

Q.4J    vH:?3     V'^ü^    -''-*^J    rY*J    V*-t^       ^iuxJ'    *JÜ!     Ä'j'wLc      ^P     KxJ'l^JJ     isLUJ!^^ 

ä,jL^!    ^^!    u>Jö   >-^>.AV5    s.-'.ii'    5l\j1_»i    LsLs>j!    LaJ    i  äJli>     c^i-äj"    ^^5    ,-i^» 
L^piLs-.l    L>A*J     '^JiAj     -yo^     Ä.Ä>1    L^g-^s    ...^/LJ    LxiL^i    L^'     /  äJi.^^    »-t^-^ 

öL*!  ..j!  xJiJ5  &•=>,    -xsL^J!  qc  Jsjü  cX-'i.   L^  iüjX*-!5  iC>L>^Lj   L\jtJi    -äJ 


^J^^ 


'  DEFG   Käki  ^  DEF    JÄJf    G    ,^"Äif  3  D    o.:>.  ^  F  om.  E 

Lp-V^j  5  DFG  s^j.5"u\.]l    j,uj    (F  add.    l/i1.j)    5y'3  cXi^it  ^L/  E  &.j^  j.S'lX]!   .  .  . 

6  EFG  ^A    ^^    ^^    D    0.:s>  7  F  om.  E    L^L-w.j  »  D  ^1    cNwi^Ji    ^.,li" 

i;-jybi!    j,Lj    FG  KSy^S    KxLj     ^5  ci^'J'  E  ^w!^^ii   ...        9  D  o^.:?-        >°  EFG 
L^^L^j     ^^xi     G    erste  Hand    ä;^mJ  "  G    ^iioLXi  ■'  G  om.  "3  DEFG    ^ 

'4  EFG    xJLxil    Xa^j    ,..,/«    D  \xXiö'  '5  DEFG  om.         »6  d  0>>         '7  G  zweite 

Hand  LS>,Lm^.)       •»  DEFG  ö  J"lXx       '9  DE  Xaa^j  ,.*/i  F  iwu*o  G  &ju*o     ^o  DEFG  om. 


Aß  Julius   R  u  s  k a  , 

...Jlu»)     *5>Ji     ry^^^     J-XjtJ     xÄ^";^!      ,.,i     iC^*^.     cy^    if^      J»X^5     i  JsP    qLs 

■■Si  L^^^Si  JlXc  ^ic  ^^Ji 

ii^jLc    -v^x^i    ^.♦;>>    .^-Xj^    xJU^'o     i^LtjJI     ^.     xXjLäXj     *^!     ii^Xi     ''i^Äj    ^li] 
ioyC^o'i       »   ,i    _J^3]      *^      iSv-Ä-Jo^Jl      i:'^<iJLJi      [''-_^3     ^iLwJl]       II /ii:*^      X>Jb>-,» 

i..^i;jtii     ^^t     .^;^       ;^-x;xiJ     üuVju     ^•j'äJI     ^^.,l:twXijLl!     (^-,1*^^    (4^'     '^^J 
i3w*2J'^5  ''  b^"^   «IiÄJ^    !3'_.    ,»r>  Jo   qÜ'    (^lXJI    xIüLij!    «.liiüi    !Ä>>   /  j^j^\    IöLs 


I  G    Qt^-oi-1    D  J^J^i    ^J,  *  DEFG  om.  3  D    S^l  4  DEFG  om. 

5  EFG  s.AXi    ~^'    D  ».aXJ    ^.^  6  DEFG  i:.L=JL    s-^xJ    \:>..i>    A^^j    bS» 

xU^o     ^  7    DEFG     J;J^!     }.^  s    dEF   om.  9    DEFG    jß>^ 

yX^JÖ    LA:aj!  1°  DEFG  om.  "  DEF  /  i^ii-LÖ  G  (J-iXj»  "  DEFG  om. 

•3  G  /ixlij!   .L*j!  '4  DEFG    om.  -5  G    ^'t*il  ^,_^-^        '^  ^  ^^^^  ^^^ 

F    ^.£.    ^x)     G    om.  '7  DEFG    (ji^^ä^     u5ü3     uVJjtS  •«  dG   (^lXXxj^ 

EjjtA;^»    F  ^JSJUjJ  '9  DEFG    io.-ixi^l   J.  "-"  DF    tf^-^ 


Kazwinistudien.  47 

^Jl^!     ^,^     U^UwJ     ^JOLo     llx^     \-;^       5öl     i--^i     ,*i"     -3,-^^     J-r-t^» 

1    ••  v>  V         •  ■  ■  I  > 

■  DEFG       .-J-i»  ^  D    S  3  DEFG       .jAä;ö         4  F  add.   *jXI!    Äilii^ 


(Übersetzung  des  vollständigen  Textes  von  A). 
Dritter  Abschnitt:    Über  die  Erzeugung  des  Menschen.^) 

(Er  stes  Kapitel:  Über  die  Entstehung  der 
Leibesfrucht.)  Nachdem  die  Nahrung  in  den  Magen  gelangt 
ist,  ist  das  erste,  was  von  Kräften  auf  sie  ^)  einwirkt,  die  Wirkung  der 
verdauenden,  indem  diese  sie^)  mittels  der  natürlichen  Wärme  reinigt, 
dann  ihr  3)  Reines  zur  Leber  hinzieht,  es  in  der  Leber  zum  zweitenmal 
gar  macht  und  es  dann  über  die  Gefäße  und  die  Organe  verteilt,  die 
bereit  sind,  es  zu  empfangen,  so  daß  jedem  Organ  davon  dargeboten 
wird,  was  ihm  ähnlich  ist,  damit  sich  daraus  das  Wachstum  ergibt, 
d.  i.  die  Zunahme  in  allen  Richtungen  nach  Länge,  Breite  und  Tiefe  3), 
[und  von  dieser  Nahrung  ein  Teil  4)  zurückbleibt.  Da  es  nun  unmöglich 
ist,  daß  ein  einzelner  ewig  lebt  5),  hat  die  göttliche  Weisheit  beschlossen, 
in  jedes   (Wesen  ^))   eine  Kraft   einzupflanzen,   durch   die  das   Nicht- 


>)  Zu  dem  ganzen  Kapitel  sind  die  hippokratischen  Schriften  über  den  Samen  (zspt 
•[O^'ffi)  und  über  die  Entstehung  des  Kindes  (Trspt  cpucJio;  -atoto-j)  zu  vergleichen.  Ich 
zitiere  nach  der  Ausgabe  von  Kühn. 

2)  Statt  LjjjS  ist  äjÖ  zu  lesen,  ebenso  &-^x2.j,  X>jsL/o,  »^ksIj^  »^.>*JLi^ 
aJ».AÄi,  ».^.  Die  Beziehung  des  'ui-ö  usw.  auf  ävA*^  gibt  keinen  Sinn,  und 
j;!  js.i  ist  wie  i^L^i,  s-lLs:-.  ^'Jü,  i^wC^  als  masc.  zu  behandeln.  Im  Cod.  A  finden 
sich  i^liÄi  und  i^L/iXi  als  masc.  und  fem:  konstruiert. 

3)  Ohne  auf  die  vorausgehenden  inhaltlosen  Erweiterungen  des  Textes  von  A  ein- 
zugehen, die  sich  aus  der  Vergleichung  mit  dem  älteren  Texte  ergeben,  möchte  ich  wenig- 
stens auf  die  gänzlich  bedeutungslose  Scholiastenweisheit  dieser  Zeile  hinweisen.  Den 
folgenden,  in  eckige  Klammern  gesetzten  Abschnitt  hat  Wüstenfeld  unterdrückt  und 
durch  die  Worte  der  ersten  Ausgabe:  »und  was  von  der  Nahrung  überschießt  bei  der 
letzten  Verdauung«  ersetzt. 

5)  ;?J!     (j^^./iXjl     .e^S^,    A    ^j^^<l^        JL*ojJ. 

6)  Man  erwartet  nach  J^i'    (J.   etwa   qU 


48  Julius  Ruska, 

existierende  zur  Existenz  gelangt  behufs  Erhaltung  dieser  Art,   und 

das  ist  die   (Zeugungskraft^));   und  (Gott)  hat  hiezu  einen  Stoff 

geschaffen,    und  das  ist  der  Überschuß  der  Nahrung -j,  der  sich  aus 
der  letzten  Verdauung  im  Rückenmark  ergibt;   wenn  er  dann  vom 
Rückenmark  zu  den  Gefäßen  des  Samens  gelangt,  das  sind  die  beiden 
Hoden  3),]  so  wird  er  in  beiden  in  die  Natur  des  Samens  umgewandelt, 
der 4)  dann  Kitzel  verursacht  und  die  Aufregung  des  Kamelhengstes 
bewirkt,  so  daß  er  nicht  zur  Ruhe  kommt  außer  durch  Verlust  dieses 
Stoffes  5).     Es  ist  ein  feuchter,  klebriger,  heißer  Stoff,  mit  dem  sich 
viel  Pncuma  mischt,  in  Kanälen  eingepreßt,  stark  an  Empfindung  ^). 
Wenn  nun  dieser  Stoff  in  die  beiden  Hoden  gelangt,  so  wird  er  darin 
durch  ihr  Schütteln  und  Rütteln  l)  weiß,  wie  die  Milch  in  der  Brust 
weiß  wird*').     Dann  erhebt  sich 9)  daraus  beim  Bedürfnis  ein  Pneuma, 
das  die  Hohlräume  des  Gliedes  anfüllt,  so  daß  es  sich  vergrößert  ^°), 
und  der  Samentropfen  tritt  gegen  das  Glied  hin  aus  und  gelangt  zu 
den  weiblichen  Geschlechtsteilen,  wo  ihn  der  Mund  der  Gebärmutter 
aufnimmt  ")    durch  Öffnung  und  Anziehung,  die  von  dem  Samen  des 
Weibes  ausgeht,    der  sich   von   ihrem   Testikel  ^^)   in   das  Innere   der 
Scheide    ergießt  '3),     die    wie    ein    verkehrtes    Glied   beschaffen    ist. 


')  ;;U.:fJ!    'iü,    A     p'JuJ!      V  ^-»»o    (so). 

3)  j^Laü"^!,  a  ^.^UobSi. 

4)  A  ^\j^^    ciAitXxs;  Wüsten  FELD    ,^^^iJ»    cJs-cJo. 

5)  Die'Anklänge  an  H  i  p  p.  TEpi  -(O^rfi  sind  bis  hierher  nur  spärlich.  Alles  Fol- 
gende bis  »Hilfe  zu  leisten«  hat  Wüstenfeld  durch  den  Text  der  ersten  Ausgabe  ersetzt: 
»und  das  ist  der  Grund  der  Vereinigung  von  Mann  und  Weib.  Wenn  nun  der  Tropfen  in 
die  Gebärmutter  gelangt,  wird  der  männliche  und  weibliche  Tropfen  gemischt  in  Gestalt 
eines  Kreises,  und  es  verdichtet  sich  darüber  durch  die  Wärme  der  Gebärmutter  eine  feine 
Rinde,  wie  Du  es  beim  Teig  siehst,  wenn  er  in  etwas  Heißes  gelegt  wird,  und  es  heften 
sich  die  Öffnungen  der  Adern  daran,  von  denen  das  Menstrualblut  in  die  Gebärmutter 
herabkommt«.     Hipp.  zEf>t  cpüaio?  -aio.  I  385:  otSiiep  i~'  äpzvi  67:t(U(X£v«u. 

7)  Das  Hin-  und  Herschütteln  bewirkt  nach  Hipp,  zepi  yo^^rfi  I  371  Aufschäumen: 

-/XOV££-0!1    .  .  .     y.Ott    ä'-ppEEt. 

9)  A      JUj    ^-o,    l^    iC-^^    Übers.  ^Uö    ^_j    L^    L-^^. 
'°)  ,JjLxJu^,  A  if^lhx.^. 

")  Oder   »empfängt«  (XÄlaJüi)  'l^wäLo,  A  släLo. 
")  Lp:>ö-o     .yA  gemeinsamer  Ausdruck  für  Testikel  und  Ovarium. 
13)  Unter     *.=>Jt      /  y^     »Mutterhals«    ist  hier,  wie  das  Folgende  zeigt,  nicht  der 


Kazwinistudien. 


49 


Sodann  mischen  sich   die  beiden  Tropfen.     Der  Tropfen  des  Mannes 
verhält  sich  zu  dem  des  Weibes  ähnlich  wie  das  Lab  zur  Milch;  denn 
im  Lab  ist  die  gerinnenmachende  Kraft  und  in  der  Milch  ist  die  Kraft 
des  Gerinnens.    In  jedem  i)  der  beiden  Samentropfen  ist  eine  erhitzende, 
kitzelnde  ^)  Kraft,    und   im  Samentropfen  des  Mannes  ist  wegen  der 
Pneumata  eine  scharf  machende  3)  Kraft,  die  sich  einbohrt  4),  wie  sich 
die  Krallen  eines  Raubtiers  in  seine  Beute  einbohren,  so  daß  sich  in  der 
Gebärmutter  5)   die  Mündungen  der  Adern,   von  denen  das  Menstrual- 
blut  in  den  Mutterleib  herabfließt ^)  in  den  Tropfen  einbohren,  indem 
sie  sich  einbohren  in  das,   was  über  dem  Tropfen  von  der  Hülle   ist, 
die  wir  erwähnt  haben.   Hierauf  erzeugt  sich  innerhalb  dieser  Hülle  ein 
Pneuma,  das  sich  zu  befreien?)  sucht,  und  es  wird  diese  Hülle  entspre- 
chend  den  Mündungen  der  von  der  Gebärmutter  ausgehenden  Adern 
durchbohrt,  und   letztere  öffnet  sich  nach  dieser  Hülle  hin;  so  nimmt 
der  Keim  als  Nahrung  auf,  was  gesund  ist  in  bezug  auf  die  Ernährung, 
und  was  nicht  gesund  ist,  das  bleibt  um  die  Eihaut  ^),  um  beim  Aus- 
treten   (der  Frucht)    während  der  Geburt  Hilfe  zu  leisten9).     Hierauf 
vereinigt  die  bildende  Kraft  mit  Gottes  Willen  das  Ölige  ^°)  des  Tropfens, 
das  ist  das  gemischte  Pneuma"),  und  nimmt  davon  einen  Teil  nach 
der  Mitte  zu,  bereit  für  das  Herz,    und  von  seiner  Rechten  einen  Teil 
für  die  Leber,   und  von  seinem  Obersten  einen  Teil  für  das  Gehirn. 
Dann  wird  der  Nabel  geschaffen,  verbunden  durch  eine  Vene  und  eine 
Arterie  mit  der  Eihaut,  d.  h.  der  Hülle,  die  ^^)  ihn  (den  Tropfen)   von 


cervix  uteri,  sondern  die  vagina  zu  verstehen.  Vgl.  auch  Wüstenfeld  I,  S.  352: 
*.5».j!  /  cLXc  ,«.ä3«.a)  J.-^Jls>^SU.  —  Der  Umstand,  daß  im  8.  Kapitel  wiederholt  »  ,• 
für  ;;  ,  ••  steht,  leitet  auf  die  Emendation  <z.  ,  iÄ.4~;t  für  A  ,  V  ;  ^1. 

-)  xiiAcO^/s,    A  iCciAciA/i. 

3)  550J^,     A    SJ>.J<\/0. 

6)  |.o  Lg^/j  c>.j     ^;J5j  A  J.JI  0.J  exj'3  L^;-^  i_5-^-^^- 

7)  öJil\  ?,    A   OJiJ!. 

9)  Hi  r  schließt  das  von  Wüstenfeld  ausgelassene  Stück. 
10)  A  xjvAj-   für  *.^3.    WÜSTENFELD  Setzt  nach  der  ersten  Ausgabe  *.^^. 
•-)  Zusatz  in  A  xliiLjS^!    „3JI    ^   von  Wüstenfeld  getilgt. 
"^  A       ■jil\  i-UCoüi    fem!      Di'  Stelle   von  der  Eihaut  fehlt  in  der  ersten  Ausgabe. 

[Slam.     IV.  ■*  ■ 


CO  Julius  Ruska, 

Beginn  der  Erschaffung  wie  ein  Beutel  umgibt.  Diese  Veränderung  ist 
fertig  in  sechs  Tagen;  dann,  nach  den  sechs,  beginnt  er  feste  Umrisse  zu 
bekommen  ^)  und  (das)  ist  fertig  am  'neunten  und  zehnten;  und  am 
fünfzehnten  fließt  das  Blutartige  im  ganzen  ...  ^j,  so  daß  er  3)  ein  Blut- 
gerinnsel wird;  und  hierauf,  in  zwölf  4)  Tagen,  wird  die  Flüssigkeit 
zu  Fleisch,  unterscheidbar  nach  Teilen  und  Gliedern  in  klarer  Unter- 
scheidung, und  es  dehnt  sich  die  Flüssigkeit  des  Rückenmarks  —  das 
ist  die  Grundlage  des  Körpers  — ,  und  hierauf  sondert  sich  in  neun  Tagen 
der  Kopf  von  den  beiden  Schultern  und  die  Glieder  5)  von  den  Rippen 
und  dem  Bauch;  (das  alles  geschieht)  in  etwa  vierzig  Tagen,  und 
sein  Maximum  (geht)  bis  zu  fünfundvierzig,  sein  ^Minimum  bis  zu 
fünfunddreißig  Tage,  denn  die  Zeit  (der  Ausbildung)  der  weiblichen 
(Früchte)  dauert  länger  als  die  der  männlichen  6).  Dann  erscheinen 
seine  7)  Knochen,  dann  umkleiden  sich  die  Knochen  mit  Fleisch, 
das  sich  aus  dem  Menstrualblut  erzeugt,  wie  der  Erhabene  spricht 
(Sure  23,  12  ff.):  »Wir  haben  den  Menschen  aus  reinstem  Ton 
geschaffen  ^),  dann  haben  wir  ihn  als  Samentropfen  in  eine  sichere 
Stätte  gebracht,  dann  haben  wir  den  Tropfen  zum  Blutgerinnsel 
geschaffen,  und  das  Blutgerinnsel  zu  einem  Fleischstück,  und  das 
Fleischstück  zu  Knochen,  und  die  Knochen  umhüllten  wir  mit  Fleisch; 
dann  haben  wir  ihn  als  eine  zweite  Schöpfung  hervorgebracht. 
Gesegnet  sei  Gott,  der  beste  der  Erschaffenden.« 

(Zweites)Kapitel.  Über  die  Zustände  des  Sa- 
m  e  n  t  r  o  p  f  e  n  s  in  jedem  der  neun  M  o  n  a  t  e  9j.  Man 
sagt,   daß  wenn  sich  der  (männliche)  Samentropfen  im  Mutterleib  ^°) 

-)  Unverständlich;  klarer  ist  die  von  Wüstenfeld  eingesetzte  Fassung  jO  ^-^^^ 
äAiji    *.>-*.i>-    ^    ^jL2-0='^-S    »fließt  das  Menstrualblut  im  ganzen  Kreise«. 

3)  -v^S   paßt   nur    zu  ^cij^l    ^.j;    hier  ist  JsÄLiJ  Subjekt,  also  -v:i>ls    zu    lesen. 

4)  Die  falsche  Lesart     ^jo  für     ^"j'wJ  nur  bei  A  und  Wüstenfeld. 

5)  ^_;LjbSI»,  A    und  Wüstenfeld    ■;!J^^S!. 

6)  Der  Schlußsatz  fehlt  in  der  ersten  Ausgabe.  Vgl.  Hipp.  I  392  y.ai  yeyovcv 
■|f^r^    -otioiov    xoti    ii;   toüto    ct'jf/.vEcTat,    tö    \).vi    Of^X-j    TT/y    -rm-■f^•^    Trr^itv,    ^v  Tiaaapa'/.ovTa 

7)  Hier  lesen  die  verglichenen  Codd.  der  ersten  Ausgabe  ioawJic,  ergänzen  also  zum 
ersten  Mal  ^x>L:s-l    statt  »..ö.IaÄJi. 

*)  Dieser  überflüssige  Vers  fehlt  in  der  ersten  Ausgabe. 

9)  Dieses  Kapitel  ist  nur  in  A  enthalten.  Ausführlicher  erörtern  das  Thema  die 
Ihwän  al-safä  in  der  Abhandlung  *Äli<oi  Jail«*««  J-  C^^-  Bombay  H,  271  fE.),  die 
mit  unserm  Kapitel  auf  die  gleiche  Quelle  zurückgeht,  wenn  nicht  dieses  unmittelbar 
aus  den  Ihwän  geschöpft  ist.  In  den  folgenden  Noten  bedeutet  W  den  Wüsten- 
FELDSchen  Text,  A  die  Lesarten  der  Handschrift. 
•>")  W  *>.i!    j,  A  ^>Ji    ^yfl. 


Kazwinistudien.  c  t 

festgeheftet  hat,  Gott  d.  E.  in  ihm  eine  Kraft  erschafft,  die  den  (weib- 
lichen) Samentropfen  anzieht  ^).  Wenn  dann  der  Samentropfen  sich 
im  Mutteiieib  festgeheftet  hat,  zieht  er  das  Menstrualblut  an  sich, 
welches  vom  Körper  in  den  Tagen  der  Menstruation  ausgestoßen  zu 
werden  pflegt,  wie  die  Flamme  der  Lampe  das  Öl  anzieht,  das  im  Docht 
ist,  und  es  umhüllt  ^)  das  Blut  den  Tropfen  wie  das  Eiweiß  3)  den 
Dotter  umhüllt  4).  Dann  gerinnt  5)  der  Tropfen,  wenn  die  Wärme 
auf  ihn  wirkt,  wie  die  frische  Milch  vom  Lab  gerinnt^);  er  wird  zu 
einem  Blutgerinnsel  und  bleibt  7)  dreißig  Tage  und  zweiundsiebzig 
Stunden  8)  ein  Blutgerinnsel,  und  die  Astrologen  sagen,  daß  er  in 
dieser  Zeit  9)  unter  der  Herrschaft  des  S  a  t  u  r  n  steht  ^°j.  Dann  läßt 
Gott  d.  E.  in  diesem  Blutgerinnsel  Wärme  erscheinen,  seine  Mischung 
kommt  ins  Gleichgewicht,  und  es  tritt  in  ihm  etwas  wie  Zucken 
und  Zittern  auf;  dieser  Zustand  hört  nicht  auf  bis  zur  Vollendung 
zweier  Monate,  und  die  Astrologen  sagen,  daß  er  in  dieser  Zeit  unter 
der   Herrschaft    des  Jupiter  steht  ").    Dann   läßt    Gott    d.  E.    in 


I)  W  v_JA:>Vj,  Aom. 

*)  WA  v_ä->^>3  und  nachher  ■^Ju>\,j;  lies   ^Ji^^xS  bzw.  ou^o. 

3)  W  A  C'^L^J,  lies  ;jiijyJl    (jCaL-o. 

4)  Ihwän  II  273:  iö:Äi>l  tiSUP  J,i  jOoi  »jJL'i  ajoP  o>oje>.  !ÖS  ... 
Lj^  Cj^^  ;jii-iyy!  O^i.-o  ,3wXj  Uy  L^Jl^  ÄJ'.ioU  'xftli^!  i3y>  (lies  2C>lä:>!) 
4?0l.     Die   Stelle  bestätigt  zugleich  die   in  4  und   5  vorgeschlagenen  Verbesserungen. 

5)  ^^'  jjixÄj,  A  jüixyu. 

6)  Ihwfin:    ..-JlJi     J^Ä*;_)     L*^    iüiJLc    -juctJCs    ^J^JI    i^JLj     ^äxJj.     .   .   . 

7)  W  j_yix^5    .   .  .  ^-ry-^J,  A  j^Ä>J3    •   .   •  jrty^- 

8)  Diese  sinnlose  Stelle  klärt  sich  durch  den  Paralleltext  der  Ihwän  auf:      Juj", 

L*J    x.£.Lw«    -^j-^ixc»    xj^    ^>^w    ^«.j   ,-»>^i    i>x:>l»    !-2-ü    .  .  .    L-LjL>ojsj"    j. 

i3o_j_a  ^  J^_  »y^\jj\  AJ\.:>-\  ^_./Jo  ^5  (j>.j^  S ^  Jv3.  Also  »er  bleibt  unter  ihrem 
Einfluß  einen  Monat  (d.  i.)  30  Tage  (oder)  720  Stunden,  wie  dies  in  den  Büchern  der 
Astrologen  ausführlich  erläutert  wird«.  Die  zweite  Zahl  war  in  der  Vorlage  von  A 
offenbar  mit  Ziffern  vf.  geschrieben. 

9)  A  yjvli  bei  W  verdruckt  0J0I. 

10)  Ihwän:   iJ>->S    CjL^JLs-^  ,    ^_^    isJU:s~i    eXilj     J^ä    v^^jÖ     «A-Lc    J^^JO^o.. 
")  Ihwän   II  274:  ^.^:u^o•    ä,i.:>    xüJUJ!    eXij    o    S^'->^    ->^^    -^J^  •  •  • 

^»gJt^,  ijiLxj."!iS5_j  „^Ui>^S!  JJi/s  K5'^.=s-  xU:^!  (i5^L;J  o^^-*:^3  .  •  •  '-r^'j*  ^-^^^5 

4* 


£2  Julius  Ruska, 

ihm  eine  Zunahme  der  Wärme  erscheinen,  so  daß  er  zu  rotem  Fleisch 
wird;  das  ist  seine  Natur  bis  zur  Vollendung  dreier  Monate,  und  die 
Astrologen  sagen,  daß  er  in  dieser  Zeit  unter  der  Herrschaft  des  Mars 
steht  ^).  Wenn  er  in  den  vierten  Monat  eingetreten  ist,  vollendet 
sich  2)  die  Mischung  der  Teile  zur  Zusammensetzung  seines  Baus;  die 
Figur  entwickelt  sich,  die  Gestalt  zeigt  sich,  die  Formen  der  Glieder 
erscheinen,  die  Gelenke  bilden  sich,  die  Sehnen  trennen  sich  ab,  und 
die  Adern  strecken  sich  in  den  Zwischenräumen  des  Fleisches  3).  Um 
diese  Zeit  bläst  der  Engel  in  ihn  4)  den  Geist  ein  und  es  fließt  in  ihn  4) 
die  animalische  Seele5).  Dieser^)  Zustand  hört  nicht  auf  bis  zur  Voll- 
endung des  vierten  Monats,  und  die  Astrologen  sagen,  daß  er  in  dieser 
Zeit  unter  der  Herrschaft  der  Sonne  steht.  Wenn  er  in  den  fünften 
Monat  eingetreten  ist,  wird  die  Gestalt  vollendet  und  der  Bau  wird 
vollkommen;  die  Gestalt  der  Glieder  offenbart  sich,  die  Anlage  7) 
der  beiden  Augen  erscheint,  die  beiden  Nasenlöcher  spalten  sich, 
der  Mund  öffnet  sich  und  die  Ohren  spalten  sich,  und  anderes  der- 
gleichen   von    den    Ausgängen  ^).       Dieser   Zustand    hört    nicht     auf 

.iJ;.\   KiJLi  *>-*.j   C-'   -v^-^  u^'i^x-i  ^_jLw  ol>jl>3^  l5-?^* 

0  A  j«:i,  W  ^i;  lies  ^. 

3)  Über  den  Einfluß  der  Sonne  haben  die  I  h  w  ä  n  II  274/5  einen  besonderen, 
nahezu  eine  Seite  umfassenden  Abschnitt,  von  dem  unser  Text  nur  die  letzten  Sätze 
wiedergibt:     j     '>^ji\    ^^ ^^     C^     ^ulii!     _liUi>!     jö     ^^•,_*Xj     ti>Jö    J^-ic^ 

\,S.       V_JU2X.^H        v^,>vÄXJI»        v_^>j'jJi        ♦J^^LiJ»        3-A3wiil        \i^^  j^       (»LilÄ-l        (Jj^l 


CJ 


:^. 


Von  den  Varianten  ist  besonders  JsjoLäii  ^J^  ^j^JlLjS  gegen  v^>JLXoi  zu  beachten. 

4)  A  KjZ  mit  Ergänzung   von  ^TtV*-*'    ^^^'^    nicht    korrekt,    da    nachher    mit   dem 
Fem.   fortgefahren  wird. 

5)  Ihwän    ohne    Beiziehung    des   Engels    am   Anfang  des  Abschnitts:     ^^^-j_X-^«U 


7)  A  f^\  W    *.*v      Loch,   I  h  w  a  n  richtig  ^^  Anlage 


^\    gJCäii^     ,.,1-^^-^^    (^^3    o^^^    r^)    C>^^'^    ^L*:2£^^i     '"'^^^     ^^-t^3 


Kazwinistudien 


53 


bis  zum  Ende  des  fünften  Monats,  und  die  Astrologen  sagen,  daß  er 
in  dieser  Zeit  unter  der  Herrschaft  der  Venus  steht  ^).     Und  wenn 
er  in  den  «echsten  Monat  eingetreten  ist,  bewegt  er  sich  mehr,  hüpft 
mit   seinen  Füßen '),    streckt   seine  Hände  aus,    öffnet  seinen  Mund, 
bewegt  seine  Lippen,   dreht   seine  Zunge,  schläft  ein  und  wacht  auf, 
und  dieser  Zustand  hört  nicht  auf  bis  zur  Vollendung  des  sechsten 
Monats  3);  die  Astrologen  sagen,  daß  er  in  dieser  Zeit  unter  der  Herr- 
schaft des    Merkur  steht.     Und  wenn  er  in  den  siebenten  Monat 
eingetreten    ist,    nimmt    sein    Fleisch    zu  4)    und    wird    sein    Körper 
fett,   seine  Glieder  verstärken  sich,   seine  Gelenke  werden  fest,    seine 
Bewegung  wird  kräftiger,  und  er  nimmt  die  Enge  seines  Aufenthaltes 
wahr  und  sucht  herauszukommen  5).     Und  wenn  Gott  d.  E.  dies  be- 
stimmt hat,  so  kommt  er  als  vollständige,  vollkommene  Frucht  heraus 
und  lebt;  wenn  Gott  d.  E.  es  aber  nicht  bestimmt  hat,   so  bleibt  er 
hier  bis  nach  dem  siebenten  (Monat)  ^);  die  Astrologen  sagen,  daß  er 


J^joLä^S    CJ;>-«.j»     .^^JLxAww.i5    ^^,JS^^.     .yj^S^\    > \'ä.'^^.      Man    vergleiche    hierzu    wie 

zum  Schluß  des  ersten  Kapitels  Hipp.  I  391:  -/ai  xd  öaxc'ct  a-/Xr|püv£Tai  üzo  ttj? 
ftspjj-rjs  7:rjYv\a£va.  Kai  oy)  v.cd  oioCoÜTai  tu;  osvopov,  xat  ip&poÖTai  izi  d([j.£ivov  xal  x-i 
Ei'au)  Toü  aw,aaTO?  xctl  xd  £^(o,  v.a\  7]  ts  x£cpaXY]  yivETai  äcpsaxrjx'jta  «irö  t<üv  wfxüjv  -/at  oi 
ßpayfov£;  y.at  rA  7rrf/tt^  aKO  tcüv  7rX£up£(uv,  xott  ra  cx^Xsa  SitaxaToti  äz'  äXX'i^Xwv,  xai  xä 
veüpoc  Izat'acJcxat  äfxcpi  xä;  cp'iaia;  xtöv  i'p^p'"'^  '^*''  auxo(3xo[^.oüxat,  xctl  7)  pls  xai  xd  oyaxo: 
dcpisxaxai  £v  xr^ai  aap;l  xal  x£xpTjV£xat,  -aolI  ol  öm !}aÄ[j.ol  i[j.7rt-XotvTO(t  •jypo'i  xa9apo5  xoci  xö 
cttSoIov  orjXov  Yiv£xat  67.ox£pov  £axt,  xat  xd  öTrXdy^va  oiaplJpoüxai. 

')  Von  diesem  Monat  an  bezeichnet  A  die  Frucht  mit  dem  Maskulinsuffix;  aus  der 
xftüJ  ist  ein  Embryo  .•yjJ>S>-  geworden.  Die  Ihwän  handeln  hier  noch  von  der  Lage 
der  Frucht  in  der  Gebärmutter. 

-)  *.jJL>.-J,  A  W  *Jb*-j. 

3)  Ihwän   II  276:     i^-JL>0    (jüä^j^    *>Ji    J.    (^^^y^i  ü>.JÖ  vX-lc    '^j^^'^jS 

fci^-S^H^  sLs  *?^/lftJ3  *JljC*J  y*/.:5-\j^  «^JivOaj»,  \s>.I^J>-  Ja-«.^^  *^.'-\j  ^•^^-♦^5 
*.;ö     ,.,i       Ji     a^jio    (jnJÖ     ^35jJ     ^1-5     Jää-yO^j     ä^Ls^     J.L.U     ä^Lj»     (j^^-*H     ^^i 

4)  A  \.*.::&-    i^-j  W_^-j;    weiterhin  A    JOLw-j,    <^Aj^iXj,    ^j;_^j, 

5)  Ihwän:  IsJLaIs  wAjtiX/Oj  is-Xi^  ^yt~>*^»)  iAX-L«J>-  ,jj:V^'  ^*->'  _?-?;** 
v.^JLLiJ3  NJÜCs    /  i^M^J    y/'^.^J^    \X5y>   (jjyuj    idAaU/i    ._Ai>^3    ajiLcicl    JCC-io^ 

6)  Ihwän:  4?^    VL^-^l-^    (y^-*^'    r^^^    V^^rt?^    ^    '^^    ^  J"^    C»^' 


r^  JuliusRuska, 

um  diese  Zeit  unter  der  Herrschaft  des  Mondes  steht.     Und  wenn 
er  in  den  achten  Monat  eingetreten  ist,  so  beherrscht  ihn  in  diesem 
Monat    Schwere   und  Müdigkeit   wegen   der   Häufigkeit   des   Umsich- 
schlaeens    im    siebenten    bei    dem    Versuch,    herauszukommen.    Wir 
haben  bereits  erwähnt,   daß  er  vollständig  und  vollkommen  heraus- 
kommt, wenn  er  die  Hüllen  zu  zerreißen  imstande  ist;  wenn  er  aber  dazu 
nicht  imstande  ist,  so  trifft  ihn  wegen  der  Häufigkeit  der  Bewegung 
und  der  Stärke  des  Umsichschlagens  im  achten  Monat  eine   Betäu- 
bung ^),   und  er  bleibt  vierzig  Tage  krank  2).     Kommt  noch  die  Er- 
müdung von  der  Geburt  hinzu,  so  fällt  seine  Kraft  ganz  allgemein,  so 
daß  er  kaum  am  Leben  bleibt,  und  wenn  er  am  Leben  gebheben  ist, 
ist  er  schwerfällig  in  seiner  Bewegung  und  gering  an  Lebenskraft  3); 
die  Astrologen  sagen,    daß  er  im  achten  Monat  unter  der  Herrschaft 
des   Saturn  steht,  und  nun  haben  sie  den  Kreislauf  wieder  ange- 
fangen.   Und  wenn  er  in  den  neunten  Monat  eingetreten  ist,  ist  seine 
Mischung  ebenmäßig  und  sein  Geist  erstarkt  darin,  und  es  zeigen  sich 
die  Tätigkeiten  der  animalischen  Seele  4).    Die  Astrologen  sagen,  daß 
er  in  dieser  Zeit   unter  der  Herrschaft  des    Jupiter    steht,     und 
Gott  leitet  zum  Rechten  5). 


j  jV,     Die  Umbiegung   des  Textes   aus   der   astrologischen    in  die  theologische 
Form  des    .jjj  ist  hier  besonders  kennzeichnend.     Am  Schlüsse  hat  A  j4£-  (3,)  ijiLc^, 


')  A  x^,  W  Kkm.. 

»)  In  der  hippokratischcn  Schrift  7:epi  e-Ta|jL^vo'J  ist  wiederholt  von  diesen  40  Tagen 
die  Rede,  so  am  Anfang  (I  445):  xat  tt)v  Te3aapaxov!}T^(x£pov  xaxora»£trjV  dva-pcdCovrai 
-/.axo7:ai}eTv ;  die   Ihwän  haben,  an  dieser  Stelle  wenigstens,  keine  Zeitangabe. 

3)  Ausführlicher  hierüber  ist  die  hippokratische  Schrift  TTcpt  <5xTafi.i^vo'j;  der  Verf. 
folgt  den   I  h  w  ä  n  :     J^i>Jo3     ^\X.\    ji^^      ^^.     ^-5'     i-^     «^^    ^     \:^i) 

Uj^3  ^,^\    J^    :<S^^\    J.XÜ  >i^'i    ^    ^.,b'   jJ^\    iÄP    j    ^i    ^.,'i 

4)  I  h  w  ä  n  :  ,j,JüS\     dlxi\     ^ji^^     äL^I     ^»j    ^jli»    J>jl\    «^«Xilti^    .   .   . 

5)  Der  Text  eilt  hier  zum  Schluß;  die  Abhandlung  der  Ihwän  behandelt  noch 
den  Einfluß  der  Gestirne  auf  das  ganze  Leben  der  Menschen  und  schließt  erst  S.  296 
der  Bombayer  Ausgabe. 


Kazwinistudien. 


55 


fD  ritte  s)  Kapitel  über  die  Entstehung  der 
Hüllen  und  ihre  Vorteile.  Man  sagt,  daß  (die  erste 
Hülle  ^))  ai>  der  Anheftungsfläche  der  Frucht  2)  entsteht,  und  diese 
Hülle  ist  die  Fruchthaut  3).  Wenn  dann  die  sieben  Tage  vorüber  sind, 
entsteht  im  Innern  dieser  Hülle,  der  Fruchthaut,  eine  andere  feine 
Hülle  4).  Sie  entsteht  wie  die  erste  durch  die  Kraft  5)  der  Wärme 
und  heißt^)  die  bindenähnliche  Hülle  7)  (AUantois):  es  ist  die,  Avorin 
sich  der  Harn  der  Frucht  sammelt  [und  ihre  Abgänge?]  ^j.  Weiter 
eine  andere  Hülle,  die  die  Schafhaut  9)  genannt  wird;  es  ist  die,  worin 
sich  der  Schweiß  der  Frucht  sammelt;  sie  umgibt  die  Frucht  wie  ein 
Hemd,  indem  sie  ihren  Schweiß  aufnimmt,  so  daß  der  Schweiß  in 
der  Schafhaut  bleibt  ^°)  und  der  Harn  in  der  AUantois  bis  zur  Zeit 
der  Geburt;  die  AUantois  umschließt  die  Schafhaut"),  und  die  Frucht- 


')  Hier  fehlt  das  Subjekt,  das  durch  xii  aufgenommen  wird,  etwa  c^'^\  tLXl;^! 
oder  hJi'6    ^^^1    i^L.4ijül    Ui. 

-)    .yw-L^i,  A  W  ^^ji^vxii  unmöglich. 

3)  x^A^K  in  A  und  W  häufig  falsch  iU.>yis^l  (so  z.  B.  W  S.  244  s.  v.  _Liä.iJ|: 
'x^w^^i  ■x*..>k.iC^^i»  £-Jj-^5  iüLÄS-bS!  ^  .^.•),  das  Chorion  samt  der  Placenta.  Vgl. 
M.\x  Simon,  Sieben  Bücher  Anatomie  des  Galen,  I  146,  II  107  und  304  Note  361. 

4)  pLi^,  A  W  IXj. 


5)  A  s^s,  W  3*ÄJ. 

6)  A     -«««.j^.  W     ^♦.*Mj^. 

7)  A  W  _ftjlftJÜ!  tLwÄli.  Nach  Simon  a.  a.  0.  II  352  wäre  der  analoge  Terminus 
v_^LäJÜLi  ».ju<^\  iLcijJ!  bei  DE  KoNiNG,  Trois  Traites  d' Anatomie  arabes  eine  falsche 
Lesart  und  durch  /  äjLiuJL)  =  /  äiLäJÜlj  »lucanica«  d.  i.  Wurst  zu  ersetzen.  Die  beiden 
Mss.  Simon's  haben  an  verschiedenen  Stellen  oüLaaJu,     ÄJjLääJLi,     ÄiLftAjü,     iÜJLäijlj, 

•  LÄiJLi,  ÄÄJlJLÜlj;  es  bleibt  abzuwarten,  ob  nicht  auch  die  »bindenähnliche«  Hülle  als 
ein  Ausdruck  für  die  AUantois  noch  Bestätigung  findet.  A  liest  übrigens  an  zwei 
weiter  unten  folgenden  Stellen     ^jLäJLI. 

*)  A  W  ^JLÜJ^  ist  wohl  zu  tilgen,  da  nachher  stets  nur  vom  Harn  die  Rede  ist; 
iüLäJ^  »ihr  Speichel«  ist  sachlich  unmöglich.  xJläi^  »ihr  Bodensatz«  unwahrscheinlich. 
9)  Die  Galenübersetzung  kennt  den  Ausdruck  Xi*Ji  nicht,  sondern  transkribiert 
das  griechische  ä'[jivio;:  (j*^-yL*i  äU»«.^!  iLäJoil,  Simon  I  147.  Sonst  bezeichnet  ^^ 
oder  tiLw  die  Nachgeburt  bei  größeren  Tieren  wie  Ziegen,  Kamelen  und  Pferden; 
vgl.   Lane  IV  1418. 

'o)  A     JJ-Lö,  W     -Äx>i. 

")  So  der  Text.  Man  kann  höchstens  sagen,  daß  AUantois  und  Schafhaut  ge- 
meinsam  von   der  Eihaut  umschlossen   sind.     Doch  vgl.  Galen   (ed.    Simon    I    148,  3): 

»:iSS    jjrÄi!     ^^ji\     3-    (j«^x>Lc!     iC*"^"*'     i^L^äJÜ!    y^:^^:'.^    L5-^^^:^  J-^^' 


t(5  Julius  Ruska, 

haut  umschließt  die  AUantois,    und   sie    (die   Fruchthaut)    ist   es,    die 
der  Gebärmutter  anhaftet. 

Was  nun  den  Nutzen  dieser  Hüllen  anlangt,  so  besteht  er  darin, 
daß  nachdem  in  der  Frucht  Abgänge  entstanden  sind  und  es  nötig 
wird,  daß  sie  sich  derselben  ^j  entledigt,  die  Schafhaut  sie  instand 
setzt,  ihren  Schweiß  aufzunehmen;  wäre  das  nicht,  so  würde  sich 
ihr  Harn  mit  ihrem  Schweiß  mischen  und  der  Harn  würde  mit  der 
Haut  in  Berührung  kommen,  so  daß  er  sie  durch  seine  Umspülung 
brennen  und  kratzen  würde.  Und  wäre  die  AUantois  nicht,  so  würden 
sich  die  Abgänge  in  der  Fruchthaut  sammeln,  während  sie  doch  mit 
den  Gefäßen  zusammenhängt,  aus  denen  das  Blut  in  die  Frucht  strömt, 
und  es  würde  dieses  Blut  durch  Vermischung  mit  den  Abgängen  ver- 
derben. Und  der  Nutzen  der  Fruchthaut  besteht  darin,  daß  sie  das 
Blut  und  das  Pneuma  der  Frucht  zuführt.  Und  was  den  Nutzen  des 
Verbleibens  dieser  Abgänge  in  diesen  Hüllen  -)  betrifft,  (so  geschieht 
das,)  damit 3)  die  Frucht  inmitten  derselben  getragen  wird,  so  daß  die 
Schafhaut  durch  deren  Entleerung  nicht  zerreißt  4),  und  es  unterstützt 
die  Flüssigkeit,  die  in  der  AUantois  ist,  die  Frucht  beim  Austreten,  läßt 
sie  herabgleiten  und  erleichtert  ihr  Austreten. 

[V  iertes)Kapitel,  über  die  Ernährung?)  der 
Frucht  aus  dem  Menstrualblut.  Das  Menstrualblut 
kommt  vom  ganzen  Körper  in  Kreisläufen  zur  Gebärmutter  herab  ^), 
und  zwar  ist  der  Grund  dafür  der,  daß  das  Blut  in  jedem  Monat  auf- 
wallt und  schäumt  7)  wie  die  Gewässer  der  Meere,  denn  diese  schäumen  zu 
gewissen  Zeiten.  Wenn  das  Blut  sich  nun  bewegt  und  schäumt,  strömt 
es  gegen  die  Gebärmutter,  und  sobald  es  die  Gebärmutter  erreicht  hat, 
öffnet  es.  falls  es  die  Öffnungen  der  Adern  verschlossen  findet,  diese 
plötzlich,  und  so  trifft  die  Weiber  wegen  ihres  Öffnens  ein  Schmerz.  Was 
aber  die  Schwangeren  anlangt,  so  trifft  sie  ^)  dieser  Schmerz  nicht, 
weil  die  Öffnungen  ihrer  Adern  offen  sind,  und  es  nicht  plötzlich  herab- 

»)  A  x>^.i:..i.'iM,  W  falsch  x*c."SSI. 

4)  /i)  .^aj,  A  \v  ^.^vXj. 

5)  A  ijsJtlcl.     Nachlässige  Schreibungen   von   i-SAc   u.    dgl.    sind   weiterhin   nicht 
mehr  vermerkt.     S.  37  ist  im  Index  ^  vor  ^  zu  ergänzen. 

6)  H  i  p  p.    I   387 :     iyirx    xaxiöv    tö    alij.ct    oirö    Trav-ro;    toü    s«u(j.a-o;    ■zf^^   yjvaixöi 
x'Jx)^oa£  -jpiiaTaToti  — ept  tov  üiAsva  s'^oj. 

7)  Ich  möchte  ^c-  dem  otcfpsstv  entsprechen  lassen. 

8)  A  ,.,^S,  w  ^^•. 


Kazwinistudien, 


57 


kommt  und  nicht  in  Menge  ^),  wegen  des  Hindernisses  des  Samens  und 
des  Dazwischentretens  -)   der  Hüllen  und  der  Scheidewände   .  .  .   und 
verdirbt  die  Leibesfrucht  3).    Die  göttliche  Vorsehung  verhindert,  daß 
es  plötzlich  durchfließt  und  bildet  es  in  den  Adern  so  um  4),  daß  aus  ihnen 
nichts  austritt,  außer  was  die  anziehende  Kraft  zur  Frucht  hinzieht  5) 
nach  Maßgabe  des   Bedürfnisses,  so  daß  aus  ihnen  ^)   immer  nur  ein 
wenig  in  jedem  Augenblick  herauskommt.  Und  wenn  es  herabkommt, 
steht  die  Fruchthaut  7)  im  Innern  rings  herum,  damit  die  Frucht  von 
allen   Seiten  Nahrung   erhält,    und   dies   geschieht   nach  bestimmtem 
Verhältnis.     Weil   der  Lebensgeist    schwach  ^)    ist  in  der  Ernährung, 
muß    diese  gering  sein;    dann   kräftigt   sich  der  Lebensgeist,  und  so 
oft  seine  Kraft  zunimmt  9),   wird   seine  Nahrung   reichlicher,  weil   er 
die  Kraft  erlangt,  die  Nahrung  aus  den  Öffnungen  der  mit  der  Frucht- 
haut verbundenen  Adern  anzuziehen;    es  gelangt  in  die  Frucht   vom 
Menstrualblut  nur,  was  gesund  ist,  weil  die  anziehende  Kraft  nichts 
anzieht,  außer  was  dem  Ernährten  bekömmlich  ist  von  dem,  was  die 
assimilierende  Kraft  assimiliert  '^°),  und  das  ist  das  Beste  des  Blutes. 
Wenn  sich  nun  die  Frucht  bewegt,  nachdem  ihre  Form  und  ihre  Glieder 
vollendet  sind,  so  vermehrt  sich  das  Menstrualblut  nach  Maßgabe  ihres 


Vgl.  zur  Stelle  und  weiterhin  Hipp.  I  388:  vj  oe  y'jvVj  oxoTotv  £v  yocSTpl  £/tj,  Ütio  täv 
7.aTa[j.r|Viiov  ;j.rj  •/lupeovTuiv,  öia  Tooc  o'j  rovESTai  ort  to  räxtsj.  O'j  TapctaaExat,  ßüCrjV  aTiiov 
'irxxa  [s-T^tn.  'i7.%nTrs'r  aÜA  ■/ta^izi  ''/S'J"/'^  "/-«i  v-ax'  ö^a'yov  d'veu  ~6vo\i  -/ai}'  Y](j.£pTjv  iz  xa; 
(x-^xpa;.  -mi  10  k'voov  ev  t-^ci  [r/^TprjSiv  evsov  au^exat.  xa&'  TjP-sp'^j'^  ^£  exdaxTjV  xo'jxou 
£V£-<ca   y_u)p£ci,    akV    vxa.   e;   fea;   -/.axi   (j.fjva,   oxt   £v   x-^ai   [ATjxprjaiv   rj  yovr)  ivEoüaa  eXxei 

^)  A  W  lJ.=>»;  doch  wohl   ^^..^.^^    oder    ;:^»    »Dazwischentreten«. 

3)  A  W  J-*^i    J'w-öi3.    Es   ist  anscheinend   ein  Satz  ausgefallen  wie  »würde  das 
Blut  aber  plötzlich  herabkommen,  so  würde  es  die  Hüllen  zerreißen«  und  die  L.  verd. 

4)  Es    müßte  ^J.>yo  heißen.    A  W  »«yo   mit  Ergänzung  von  \)JL? 

5)  A  xjöL^i   . . .   NjÄ^Ö,  \\'  ioiljs-t    xj  jcf  o. 

6)  A  ^^.  w  U>;^. 

7)  A  W  iU-yim    v^l^=-,     richtig    i^jp-.      Nach    Lane    ist   ^^j^    oder    .t'^j.s* 

the  membrane  that  encloses  the  she-camels  foetus  in  the  womb,   like  the  i»U.>-^  to  the 
woman  . . .    sometimes  used  in  relation  to  a  woman  . . .    it  comes  forth  after  the  foetus, 
in  the  first  ^J-w  (s.  o.   S.  55  N.  9.). 
*)  ÄÄ>jtÄi,  A  W  v^JloUs. 

9)  OOij,  A  W  00,5. 
10)  A  s„Ju,  W  •&.JJC1. 


eg  JuliusRuska. 

Bedarfs  und  steigt  zur  Brust  hinauf  ^).  Es  hat  aber  die  göttliche  Weis- 
heit die  Zubereitung  der  für  die  Frucht  passenden  Nahrung  vorgesehen, 
bevor  das  Bedürfnis  nach  ihr  eintritt,  wie  der  umsichtige  Mann,  was 
er  für  ein  Gastmahl  2)  braucht,  vor  Ankunft  der  Gäste  besorgt.  Denn 
die  Frucht  ist  bei  der  Geburt  schwach  an  Gliedern  und  Kräften  (und) 
von  zartem  Körper,  und  vermag  sich  nicht  von  kräftigen  Nahrungs- 
mitteln zu  ernähren,  da  ihre  Kräfte  nicht  hinreichen,  sie  umzuwandeln. 
Nachdem  3)  sie  sich  im  Mutterleib  vom  Menstrualblut  ernährt  hat  4), 
hat  ihr  der  erhabene  Schöpfer  eine  passende  Nahrung  zubereitet, 
ver^vandt  mit  der  Nahrung,  von  der  sie  sich  vorher  ernährt  hatte, 
und  ferner,  nachdem  die  Bildung  der  Milch  aus  dem  zur  Brust  auf- 
steigenden Blut  stattgefunden  hat  5)  und  das  Aufsteigen  des  Bluts 
und  die  Erweiterung  der  Milchgänge  ^),  hat  die  göttliche  Weisheit 
bestimmt,  daß  die  Milch  der  Geburt  vorausgeht,  damit  die  Nahrung 
bei  Ankunft  des  Gastes  bereit  und  zugegen  sei,  ohne  des  Kochens  und 
Herbeischaffens  oder  irgend  einer  Art  Zubereitung  zu  bedürfen.  Preis 
ihm,  wie  groß  ist  seine  Macht  und  wie  zahlreich  sind  seine  Gnaden! 

(Fünftes)  Kapitel  über  die  Einwirkungen  der 
Kräfte  auf  den  Körper  der  Frucht.  Alle  Kräfte  finden 
sich  im  Samentropfen  selbst  vor.  Wenn  sie  also  ganz  am  Anfang  zu 
wirken  beginnen,  gehen  sie  eifrig  ans  Werk  und  verwandeln  ihn  in 
Fleisch,  dann  gehen  sie  ans  Werk  und  es  bilden  sich  die  Hüllen  und 
die  Gefäße,  in  denen  er  sich  befindet  mit  dem  Auftreten  des  Pneumas, 
hierauf  rührt  sich  die  Gesamtheit  der  Kräfte  in  ihm,  nämlich  die  Kraft, 
welche  assimiliert,  und  die  Kraft,  welche  fest  macht,  und  die  Kraft, 
welche  die  Figur  hervorbringt,  und  die  Kraft,  welche  die  Gestalt 
schafft,  und  welche  die  Organe  bildet  und  welche  die  Ausgänge  bildet 
und  welche  vereinigt  und  welche  trennt,  und  es  rührt  sich  die  Gesamt- 
heit der  Kräfte  und  übt  jede  ihre  spezielle  7)  Wirkung  auf  ihn  aus. 
Und  alle  diese  Kräfte  wirken  zusammen  in  derselben  Zeit,  d.  h.  sie 
beginnen  alle  ihr  Wirken  zusammen  und  es  fängt  nicht  eine  von  ihnen 


")  Umschreibung  von  Hipp.  I  401 :  iv.'koL'/  oe  7.^\^fif^  tö  epLßfvjov,  Tcixe  ot]  lT:iar|fAat'vEi 

3)  ..L5     U.i»    wie  nachher;  A  W    ..^iS*, 

4)  A  hieT  und  nachher  icJsJCäj. 

5)  A  W  hLjI    (jrJsÜI    ^1    J^Laji    [OJi    ^■,   was  soll  hier  »Li? 

6)  ^.L>;ii    die  Ausgänge  der   Brustwarze   oder  die  Milchgänge?     Hipp.    I  402: 
£Öpou)T£po(  yivcxai  xa  cpXtßia  h  xobc  [JLaCo'j;. 

7)  A  uoL^i,  W  uoL^i. 


Kazwinistudien.  -q 

au  ^)   und  hört  nicht  eine  andere  nach  ihr  auf  ^),  sondern  alle  bewegen 
sich  von  einem  Anfang  3)  nach  einem  Ziele  hin,  nämlich  der  Vollendung 
der  Gestalt ;^denn  das  Wirken  der  göttlichen  Kräfte  in  der  Leibesfrucht 
ist  nicht  wie  das  Wirken  des  Handwerkers,  der  beispielsweise  mit  dem 
Fundament  beginnt,  dann  mit  den  Mauern,  dann  mit  dem  Dach,  son- 
dern alle  Glieder  entstehen  zugleich,  wenn  es  uns  auch  nicht  deutlich 
ist.    Dann  beeilen  sie  sich4),  die  Glieder  zu  sondern,  und  sondern  den 
Kopf  von  den  beiden  Schultern    und   setzen   ihn  auf   den   Hals,   und 
sondern  die  Arme  5)  von  den  Rippen  und  sondern  ^)  das  eine  Bein  vom 
andern  und  trennen  die  Finger  voneinander;  dann  wird  einem  jeden 
von  den  Gliedern  die  passende  Form  gegeben,  und  wenn  sie  fertig  sind 
in  dreißig  oder  vierzig  Tagen,  so  nimmt  ein  jedes  der  Glieder  die  allge- 
meine  Nahrung  auf,  die  zur  Frucht  herabsteigt  7).     Dann  bewegt  sie 
sich  ^)  im  dritten  oder  vierten  Monat,  und  zwar  weil  die  Glieder  der 
Frucht  zart  und' weich  sind;  denn  würde  sie  sich  vor  9)  dieser  Zeit  be- 
wegen, so  wären  ihre  Glieder  nicht  fest,  ihre  Glieder  würden  sich  ver- 
drehen, ihre  Knochen  würden  sich  krümmen  und  von  ihren  Plätzen 
weichen,  an  die  sie  gesetzt  sind.     Die  göttliche  Kraft  hat  daher  (die 
Frucht  ^°))  bewahrt  bis  zu  der  Zeit,  diefür  sie  in  diesen  Dingen  bestimmt 
ist,  das  ist  die  Zeit  ihres  Stärkerwerdens")  und  Festwerdens.    Um  diese 
Zeit  nun  ist  sie  klein  und  schwach  an  Gliedern,  sehr  empfänglich  ^'^) 
für  Schäden;  sie  bedarf  daher  der  Kraft  der  Ernährung,  um  an  Körper 
und  Kraft  zuzunehmen;  darum  hat  die  göttliche  Weisheit  bestimmt, 
daß  sie  sich  von  ihrer  Mutter  nährt,  wie  sich  die  Pflanze  von  der  Erde 
nährt,  bis  zu  ihrer  Vollendung '3). 


3)   Joi^     tijs^     ^^,    A    W    iiijy^. 


i  .  f 


6)  A  *.:>Xlis,  W  si^XdS^ 

7)  A  0-i'    (jrJJi    (s-\jJ6\),   W  J-J. 

9)  A  JvJ«,  W  j^. 

10)  Das  Objekt  fehlt;  erg.  ^^yfS^. 

")  A   W  »oIJCCa«!;  lies  sJ>|jOLii5  wie  oben  (S.  53  Note  4)  »-^Lo^!    :>^JJ^*. 
«)  Ji  JOLÜ"^  i    Jo J^.     Vgl.   1 1 . 

•3)  Es   erübrigt   sich,   diesem   nur   Wiederholungen   oder   allgemeine    Betrachtungen 
enthaltenden    Kapitel    BelegsteUen    aus   H  i  p  p  0  k  r  a  t  e  s  beizusetzen.      Nur    für    den 


^Q  Julius  Ruska 

(Sechstes)   Kapitel:    Über  die  Lage  der  Frucht 
in   der  Gebärmutter  I).     Es  sagt  Hippokrates  -) :    Sie  hält  sich 
sitzend,  und    ihr  Kopf    (stützt  sich)    auf   ihre   beiden  Knie,    und   ihre 
beiden  Oberarme  liegen  ihren  Rippen  an,  und  ihre  beiden  Hände  tragen 
den  Kopf,  und  ihr  Kopf  ist  dem  Kopf  der  Mutter  zugewandt  und  ihre 
beiden  Füße  gegen  deren  Füße  3),  zusammengepreßt  an  Gliedern  aufs 
äußerste  Maß,  was  möglich  ist;  und  ihr  Gesicht  ist  gegen  den  Rücken 
der  Schwangeren  (gewendet)  und  ihr  Rücken  gegen  deren  Weichteile, 
und   ihr  Verharren   in   dieser  Lage   erfolgt  auf  Grund  der  Vorsehung 
Gottes.     Da  nämlich  der  Kopf  schwerer  ist  als  die  übrigen  Glieder, 
so  ist  notwendig,  daß  ihn  etwas  trägt,  darum  stützt  er  sich  auf  die 
beiden  Knie;    die  beiden  Knie  aber  sind  schwach  und  zart,   und  es 
wird  ihnen  (die  Sache)  dadurch  erleichtert,  daß  die  beiden  Hände  ihnen 
beim  Tragen  zu   Hilfe   kommen.      Und  auch,    da   die  beiden   Hände 
(Arme)  ihr  anliegen,  bis  sie  herauskommt  oder  sich  auf  den  Kopf  um- 
stürzt, so  kommen  die  beiden  Hände  (Arme)  und  Knie  mit  dem  Kopf 
heraus,  so  daß  die  Geburt  erleichtert  wird  4).     Und  sie  wendet  ihr  Ge- 
sicht nach  der  Seite  ihres  (der  Mutter)  Rückgrats,  um  sicher  vor  Stößen 
zu  sein  durch  den  Schutz  des  Rückgrats,  und  ihr  Rückgrat  gegen  die 
Seite  ihrer  Weichteile,  weil  das  Rückgrat  am  wenigsten  dem  Erleiden 
von  Schädigungen  ausgesetzt  ist.     Und  diese  Lage  ist  sehr  geeignet, 
die  Geburt  zu  erleichtern,  weil  (die  Frucht),  wenn  ihr  Kopf  ihren  Füßen 
nahe  ist,  und  ihre  Füße  dem  Muttermund  zugewendet  sind  5),  und  ihre 


letzten  Satz  sei  die  Parallelstelle  angeführt;  sie  gibt  dem  Verf.  Anlaß  zu  einem  langen 
Exkurs  über  das  Wachstum  der  Pflanzen  und  die  Beschaffenheit  der  Erde  in  den  ver- 
schiedenen Jahreszeiten,  bis  zu  der  Stelle,  für  die  im  folgenden  Kapitel  ausdrücklich 
Hippokrates  zitiert  wird.  Der  Vergleich  mit  den  Pflanzen  lautet  (I  403):  AaTtep 
■All   TOt  £v    TTj    yfj    cj'j'jiAevz    TOscpETai    d-ö    TTj?   yT,;,    /.OLi   07.U);    'Jv    7;    yfj  v/r^,    o-jTtu  Y.'xi  -zi 

I)  Dieses  Kapitel  ist  auch  in  der  ersten  Ausgabe  enthalten. 

^)  H  i  p  p.  I  414:  'ö  o£  raioiov  dv  TTJai  fjLTjTp-/;aiv  ^ov  tiu  "/eTpe  i'/ti  -pö;  toisi 
YEVuat  (var.  yo'jvjat !)  -/.aX  ttjv  y.e'f  ot/.Tjv  -Xr^siov  toTv  -oooIv.  Eine  eingehendere  Behand- 
lung dieses  Gegenstandes  findet  sich  in  der  Schrift  repi  cpiaio;  zotiotou  nicht;  dagegen 
haben  wir  bei  den  I  h  w  ä  n  ,  und  zwar  schon  bei  der  Schilderung  des  fünften  Monats, 
eine   ausführlichere    Beschreibung  der   Lage:      U.»aÄ^     Lcj-»^    C'-?^    O^*^"*^     CT"^* 

3)  W  äJl>j  jr^^-    A  D  etc.   L.Ä-Jb^. 

4)  Der  Satz  fehlt  in  der  ersten  Ausgabe. 

5)  Auch  dieser  Satz  fehlt  in  der  ersten  Ausgabe. 


Kazwinistudien.  6l 


Verbindung  mit  der  Gebärmutter  gelöst  wird,  auf  den  Kopf  kommt, 
da  ihr  Kopf  schwer  ist,  so  daß  sie  schnell  nach  unten  fällt.  Und  ferner, 
weil  die  der  runden  Form  nächste  die  gebogene  ist,  und  die  runde  am 
wenigsten  dem  Erleiden  von  Schäden  ausgesetzt  ist;  und  weil  das 
Herz,  der  Quell  des  Lebens,  (durch  diese  Lage)  geschützt  ist.  Und  weil 
ihr  Befinden  in  dieser  Haltung  eine  Zwangslage  ist,  da  sich  die  Frucht 
in  einem  engen  Raum  befindet,  so  hat  die  göttliche  Weisheit  ihre 
übrigen  Glieder  zusammengezogen  und  die  Frucht  wie  eine  Kugel 
gebildet,  damit  sie  in  diesem  engen  Raum  Platz  finde,  wie  wir  selbst, 
wenn  wir  in  einem  engen  Räume  sind,  unsere  Glieder  zusammen- 
ziehen, so  daß  unsere  Haltung  der  Haltung  der  Frucht  im  Mutterleib 
nahe  kommt. 

(Siebentes)     Kapitel:      Über    die    Ursache    der 
Männlichkeit  und  W  e  i  b  1  i  c  h  k  e  i  1 1).    Manche  behaupten, 
daß  der  Grund  dafür  der  Überschuß  an  Wärme  ist,  die  Gott  d.  E.  in 
dem  Stoff  geschaffen  hat,  aus  dem  der  Mann  geschaffen  wird,  und  ihr 
Mangel  in  dem  Stoff,  aus  dem  das  Weib  geschaffen  wird,  und  darum 
treten  die  Zeugungsglieder  von  jenem  hervor  und  verbergen  sich  von 
diesem.     Wenn  nun  die  natürliche  Wärme  im  Augenblick  der  Zeugung 
vollkommen  ist,  so  kommt  der  Mann  vollkommen  an  Gliedern  und  von 
kräftiger  Männlichkeit  heraus,   und  wenn  sie  mangelhaft   ist,   ist  die 
Kraft  seiner  Männlichkeit    mangelhaft,    und    seine  Handlungen    und 
seine  Charaktereigenschaften  gleichenden  Handlungen  der  Weiber  und 
ihren  Charaktereigenschaften;  und  für  die  Weiblichkeit  gibt  es  eben- 
falls   (verschiedene)    Grade,   weil   es   unter  den  Weibern  solche   gibt, 
deren  Handeln  dem  Handeln  der  Männer  gleicht  und  andere,  die  von 
ausgeprägter  Weiblichkeit  sind.     Und  wenn  nun  diese  Grade  in  einem 
jeden  der  beiden  Teile  (Eltern)  ausgeprägt  sind,  so  kann  es  vorkommen, 
daß  du  zwischen  beiden  einen  seltsamen  Zustand  beobachtest,  fern  von 
einem  harmonischen  Verhältnis,  indem  das  Geborene  nicht  männlich  und 
nicht  weiblich  wird,  sondern  ein  Zwitter;  dieses  Verhältnis  von  den 
Zuständen   der   Gebärmutter  wird   abgebildet   in   der  Anatomie,    und 
seine  Beschreibung  wird  noch  folgen,  so  Gott  d.  E.  will  ^). 

Und  andere  sagen,  daß  im  Samens)  des  Mannes  ein  formgebendes 
Prinzip  4)  ist  und  im  Samen  des  Weibes  ein  formgebendes  Prinzip  4); 
daß  die  formende  Kraft,  die  im  Samen  des  Mannes  ist,  sich  ergießt  zur 

I)  Das  Kapitel  ist  in  der  ersten  Ausgabe  enthalten. 

-)  In  dem  Kapitel  über  die  Anatomie  der  J^J^Ü    O^M  ist  nicht  davon  die  Rede. 

3)  Die  Anwendung  von  p    ,;   statt  .ÄiLi  weist  auf  die  andere  Quelle. 

4)  \j^A,    A    L\.A^. 


02  Julius  Ruska, 

Bewirkung  der  Form  von  etwas  Ähnlichem  wie  das  ^),  wovon  er  sich 
getrennt  hat,  es  sei  denn,  daß  sie  daran  etwas  hindert;  und  (daß)  die 
formende  Kraft,  die  im  Samen  des  Weibes  ist,  sich  ergießt ^j  zum  Em- 
pfangen der  Form,  um  es  zu  empfangen  ähnlich  wie  das,  wovon  sie  sich 
getrennt  hat;  und  daß,  w^enn3)  einer  der  beiden  Samen  Überlegenheit 
besitzt,  das  Kind  dem  (Erzeuger)  ähnlich  wird,  von  dem  sich  der  Stoff 
des  (stärkeren)  Samens  getrennt  hat  4). 

Und  sie  behaupten,  daß  das  Wirksamste  bei  der  Zeugung  der 
männlichen  Kinder  (der  Umstand)  ist,  daß  der  Samentropfen  5)  [auf 
die  rechte  Seite  der  Gebärmutter  gelangt,  und  bei  der  Zeugung  des 
weiblichen  Kindes,  daß  er  ^)]  auf  die  linke  Seite  gelangt;  und  häufig 
unterstützt  die  (Bildung  der)  weiblichen  Kinder  das  heiße  Land,  die 
heiße  Jahreszeit,  der  Südwind  und  das  I^ebensalter  der  vollen  Reife, 
w'ie  das  Gegenteil  dieser  Dinge  die  (Bildung  der)  männlichen  Kinder 
unterstützt.  Und  es  sagen  treffliche  Gelehrte,  daß  der  Grund  der 
Männlichkeit  der  Zustand  des  Samens  des  Mannes  und  seine  Wärme 
ist,  und  daß  der  Beischlaf  in  die  Zeit  ihrer  Reinigung  fällt  und  daß  der 
Same  in  die  rechte  (Seite)  7)  gelangt,  denn  diese  ist  heißer  und  dicker, 
[und  daß  er  in  die  rechte  (Seite)  der  Gebärnmtter  fällt].  Und  oft  unter- 
stützt dies  das  kalte  Land,  die  kalte  Jahreszeit,  der  Nordwind  und  das 
Lebensalter  der  Jugend,  und  manche  behaupten,  daß  wenn  der  Same 
des  Mannes  von  seiner  rechten  (Seite)  zu  ihrer  rechten  geht,  es  männlich 
wird,  und  von  seiner  linken  zu  ihrer  linken,  weiblich;  und  daß  es,  wenn 
er  von  seiner  rechten  zu  ihrer  linken  geht,  ein  weibischer  Mann  wird, 
wie  du  es  bei  Männern  siehst,  deren  Mandlungen  die  Handlungen  von 
Weibern  (sind  ^))  und  ebenso  ihre  Charaktereigenschaften,  und  wenn 
er  von  seiner  linken  zu  ihrer  rechten  geht,  ein  Mannweib  9)  wird,   wie 

3)  Statt  •s^i    X.JLiJ!  muß  wohl  äjü)    Lv-Jliil     .^Li      .,L    gelesen  werden. 

4)  Der  ganze  Absatz  ist  von  Wüstenfeld  weggelassen.  Die  erste  Ausgabe  hat 
ihn    nicht  und  bietet  statt  des  folgenden  \^^\  •    das  von  Wüstenfeld   aufgenommene 

5)  Wegen  Liüj.A2.>-  zu  ergänzen  iN.Ä*i-o). 

6)  Das  in  eckige  Klammern  gesetzte  Stück  ist  in  A  ^ausgefallen  und  von 
Wüstenfeld  nach  der  ersten  Ausgabe  ergänzt. 

7)  A  Q^oi.  Q.^-^5  ^«i  ^^;v'  CT-'  ^^*"  richtiger  jjj^J^'i  q^  mit  Er- 
gänzung von   i^^L:^!   oder  rj*-^^  (*•  "■)  oder  ^-^jS^i- 

8)  Die  erste  Ausgabe  hat  die  bessere  Lesart  Xyio". 

9)  Nicht  wie  A  .j.S'^Xa  oder  W  Sj_^JK/>,  sondern  äJ  Jw«. 


Kazwinistudien.  ^-^ 

du  es  bei  den  Weibern  siehst,  deren  Handlungen  die  Handlungen  von 
Männern  (sind  ^))   und  ebenso  ihre  Charaktereigenschaften. 

(Achtes)  Kapitel:  Über  die  Ursache  der  Zw  il- 
linge^).  Man  sagt,  daß  die  Ursache  (der  Zwillinge  3))  Ungleich- 
artigkeit  der  Ergüsse  4)  des  Samens  ist ;  wenn  er  gereift  5)  ist  gemäß  ^) 
der  männlichen  Mischung,  so  entsteht  daraus  die  männliche  (Frucht), 
und  wenn  er  unreif  7)  ist  gemäß  der  weiblichen  Mischung,  so  entsteht 
daraus  die  weibliche,  und  was  in  die  rechte  Höhle  der  Gebärmutter 
fällt  -),  wird  männlich,  und  was  in  die  linke  fällt  ^),  wird  weiblich; 
und  wenn  die  beiden  Ergüsse  9)  einander  gleich  sind,  so  entstehen  aus 
ihnen  entweder  zwei  männliche  oder  zwei  weibliche  Früchte  ^°).  Und 
das  ist,  was  man  den  natürlichen  stofflichen  Grund  nennt.  Der  meta- 
physische ")  Grund  aber  ist  der  Gnadenerweis  Gottes  d.  E.  (Sure  42, 
48,  49):  »er  gibt,  wem  er  will,  Mädchen,  und  gibt,  wem  er  will,  die 
Knaben,  oder  gibt  ihnen  paarweise  Knaben  und  Mädchen,  und  macht, 
wen  er  will,  kinderlos;  siehe  er  ist  wissend  und  mächtig.«  — 

Und  was  andere  (Wesen)  als  den  Menschen  anlangt,  so  gibt 
es  unter  den  Tieren  solche,  die  viele  Junge  werfen,  wie  die  Schweine 
und  andere;  ihnen  hat  Gott  d.  E.  viele  Gebärmutterabteikingen^-)  und 
Zitzen  geschaffen  ^3),  und  der  Grund  davon  ist,  daß  die  göttliche  Gnade 
besorgt  ist  um  die  Erhaltung  der  Arten  der  Tiere,  damit  nicht  der  Stamm 
einer  der  Arten  aufhöre;    und  darum  hat  (Gott)   der  Art,   die  leicht 

>)  Die  erste  Ausgabe  hat  die  bessere  Lesart  *„yii.j. 
-)  Von  Wüstenfeld  weggelassen. 

3)  Statt..  .  <^,^»<^    xi!    lies  .  .  .  ^\y^'A    ■-r^■^**     ri'    °'^*^'^  •  •  •  ^^-^^    ^j'. 

4)  Lies  CjIc,;  statt  A  oIj.j;  zu  vergleichen  Hipp.  TTSpi  cp'iato;  -aiow'j  I  423:  -/od 

C)|j.oicu;  zWxi  ~A^  {s^updv,  to  ~£  -poiÜEv   ^;iöv  -/.al  tö  uo-epov. 

5)  L>l-ywaj,  A  LjS^>yciJ. 

6)  (js\y>,     A     l^-^[^. 

7)  ^\Ai2J    -xi,  A   ^\/:al    «^ 

8)  ^äj,  A    «^.ftj. 

(_  ••         — 

10)  H  i  p  p.  I  424:  i;  &-/OT£pov  5v  ouv  tAv  -/.oXtiov  tj/Tj  t)  yov/j  za/yTspr^  xotl  tr/u- 
pOTEpTj  iaioüaoi,  'Atl\h  ot'paev  yivEtar  £;  öxoTipov  fj  au  üypoTsp-/)  xai  äaifsvEGTipri,  OfjXu  '((•jz- 
xai.     y]v  0    U  a|J.mtu  h/yp-q  ti^3ikh^  d'fj.(pw    i'pGEva   ytvexai-  r^v  oi  dsr^ev)];  k  ot'p-'fw,   ä,j/^oi 

HtjX£C(    yiVcT^l. 

")  A  K.-JL^Js.J!    KJLxjI^.;  es  ist  Kj^^!^j!  zu  lesen. 

")  Den     f»L5*  ,i  entsprechen  bei  H  i  p  p  0  k  r  a  t  e  s  die  xo>.-C/i  des  Uterus. 

13)  Statt  A  Sj^-jS^  ist  pjjo!^  zu  lesen;  die  Zitzen  sind  in  der  Parallelstelle  Hipp. 
I  423  nicht  erwähnt:  Bti  y.'Jwv  v.oti  u?  --cat  dX/sx  Cw7.  oaa  d^- £v6;  Xo(YV£6ij.aTo;  tixtei 
xctl  o'Jo  7.0(1  -).£fcvo;,  y.'/t  £-/.a3TC)V  -rwv  Ci'Hov  iv  Tv^at  |j.7JTpT,:;iv  £v  ■/.'JÄTtw  y.otl  ü,u£vi  EOTt. 


^A  Julius  Rusk.1, 

verendet  infolge  der  Schwäche  ihres  Baues  ^)  und  der  Kürze  ihrer 
(Lebens)zeit,  zahlreiche  Junge  gegeben,  und  hat  ihr  mehrere  Gebär- 
muttern gegeben,  damit  in  ihnen  Früchte  erzeugt  werden,  und  hat 
ihre  Zitzen  entsprechend  der  Zahl  ihrer  Gebärmuttern  gemacht,  damit 
die  Nahrung  für  die  darin  erzeugten  Früchte  reichlich  vorhanden  sei-). 
Und  es  wird  nach  A  s  -  s  ä  f  i  *  i  überliefert,  daß  zu  seiner  Zeit  eine 
Frau  zwölf  Früchte  (gleichzeitig)  abortierte;  doch  Gott  weiß  am 
besten  um  die  Weise,  wie  seine  Werke  geschaffen  sind,  denn  das  sind 
Streitfragen  für  den,  der  geltend  macht,  daß  die  Früchte  der  Anzahl  3) 
der  Höhlungen  der  Gebärmutter  entsprechen,  und  die  Höhlungen 
der  Gebärmutter  der  Zahl  der  Brüste  4). 

(Neuntes)  Kapitel:  Über  dieAustreibungderLeibes- 
fruchtS).  Nachdem  die  göttliche  Kraft  das  Kind  vollendet  hat, 
[so  daß  es  soweit  ist,  daß  die  äußere  Luft  ihm  nichts  mehr  schaden 
kann,]  bringt  sie  es  zur  Welt  durch  die  [Bewegung  der]  Kräfte,  die 
in  der  Gebärmutter  [für  seine  Ausstoßung]  vorhanden  sind.  Denn 
bliebe  es  in  der  Gebärmutter  nach  seiner  Vollendung,  so  hätte  es  viel 
Nahrung  nötig,  [so  daß  die  Nahrung  der  Mutter  nicht  in  ihm  genügen- 
der Menge  vorhanden  wäre,  und  nicht  das  Behältnis,  es  zu  tragen, 
und  es  würde  sein  Umfang  groß  werden  und  das  Austreten  würde  ihm 
schwierig  sein  ^)]  so  daß  es  zu  seinem  Tod  und  dem  Tod  seiner  Mutter 
käme.  Wenn  daher  [die  Zeit  der  Geburt  herangekommen  ist  7)],  läßt 
die  festhaltende  Kraft  ab  vom  Festhalten,  und  setzt  sich  die  ausstoßende 
Kraft  zum  Ausstoßen  in  Bewegung,  und  es  bewegt  sich  auch  [selbst, 
weil  ihm  die  von  seiner  Mutter  gebotene  Nahrung  nicht  genügt,  wie 
wir  gesagt  haben;  darum  schlägt  es  um  sich  und  bewegt  sich  heftig 
und  streckt  sich,  und  infolge  der  Kraft  seiner  Bewegung]  mit  Händen 
und  Füßen  zerreißt  [die  Schafhaut,  das  ist]  die  Hülle,  die  es  umgibt  ^); 


')  sX.<Xj 


3)  JJotJ.  A    J'-XJtJ. 

5)  Dies  ist  das  vierte  der  in  der  älteren  Fassung  enthaltenen  Kapitel.  Die  Zusätze 
der  Handschrift  A  sind  in  eckige  Klammern  gesetzt. 

6)  Ältere  Fassung:  »und  sein  Herauskommen  wäre  nicht  leicht  wegen  seiner  Größe, 
und  das  Behältnis  würde  es  nicht  tragen«. 

7)  Ältere  Fassung:   »das  Kind  vollkommen  ist«. 

8)  Vgl.  hierzu  und  zum  folgenden  Hipp.  I  420:  o-jtoj  oe  "/al  to  -cc.ot'ov,  ö/A-fx^ 
a'Jlr^^,  O'jy.  sTi  r:6vaT0(i  i^  |J.r,TT(P  Tpo-j;rjv  -apr/£iv  d[i7.£0U3av.  ^t^teov  ouv  -/.eicu  Tpocpr^v 
-zffi  -ctpcoöar,;  nb  saßpj'jv  ctr/.ctpiCov  ö/jyvjSi  tov>s  üiASva?,  und  I  416:  öxotav  0£  t^ 
Yuvai-/.i   6   To/.o?   rapO!y£v/,tc«i,   ;ü[xßG(tvE'.    tote  tw  rccoiio  7.ivE0[i.Evo)  y.ctt  cJoxapt'CovTi  /Epst  te 


Kazwinistudien. 


[und  es  ist  die  feinste  der  Hüllen.     Und  wenn  die  beiden  Hüllen  zer- 
reißen, die  nach  ihr  kommen,  so  zerreißt  von  ihnen  zuerst  die  Allantois, 
weil  sie  schjvächer  ist  als  die  Fruchthaut,  und  weil  die  Bewegung  der 
Frucht  sie  früher  trifft  als  die  Fruchthaut;  und  wenn  diese  (Allantois) 
zerrissen  ist,  so  ist  ihre  Verbindung,  die  sie  mit  der  Gebärmutter  hatte, 
abgeschnitten,   und  wenn  diese  Verbindung  abgeschnitten  ist,   ist  die 
Verbindung  der  mit  den  Mündungen  der  Adern  verbundenen  Frucht- 
haut geschwächt,  und  wenn  diese  Verbindung  geschwächt  ist,  zerreißt 
die  Fruchthaut]   und  es  löst  sich  das  Band  der  Frucht  i),  so  daß  es 
wie  ein  fallender  Gegenstand  von  oben  nach  unten  fällt;  und  die  Höhle 
der  Gebärmutter  zieht   sich   zusammen   und   es   öffnet   sich   ihr  Hals, 
nachdem  er  durch   die   Flüssigkeiten  benetzt  ist,   die  in  den  Frucht- 
häuten, sind   vor   dem   Niedergehen    der   Frucht,    damit   der  Ausgang 
schlüpfrig  wird  und  das  Austreten  erleichtert  ist.     Wenn  sodann  das 
Austreten  naturgemäß   ist,   so  beginnt   es  mit   dem   Kopf,  weil  seine 
oberen  Teile  schwerer  sind  als  seine  unteren;   denn  vom  Nabel   nach 
dem  Kopf  zu  ist  es  schwerer  als  was  vom  Nabel  zu  den  Füßen  (sich 
erstreckt)  -),  und  es  kommt  das  Schwere  zuerst  herab,  dann  folgt  ihm 
das  Leichte,   nach  der  Bestimmung  des  Mächtigen  und  Allweisen. 

Die  Vergleichung  der  Handschriften  E  F  G  und  des  Druckes  D 
mit  A  beweist  unzweifelhaft  die  Existenz  einer  älte- 
sten, kürzeren  Redaktion  d  e  s  W  e  r  k  e  s  ,  die  zugleich 
die  weitaus  verbreitetste  zu  sein  scheint.  Daß  in  den  Handschriften 
B  C  die  Embryologie  fehlt,  b-stätigt  Wüstenfeld's  Annahme, 
daß  beide  nach  derselben  Vorlage  kopiert  sind.  Wir  können  natür- 
lich nicht  wissen,  ob  das  Kapitel  vollständig  war  oder  in  verkürzter 
Fassung  vorlag;  die  Pariser  Handschrift,  die  der  zweiten  Klasse  an- 
gehören soll,  würde  die  Frage  vielleicht  entscheiden.  Auffällig  bleibt 
die  gleichzeitige  Kürzung  des  Index.  Daß  die  von  Anfang  an  geplante 
Kapitelreihe  sich  bis  jetzt  nur  in  einer  jungen  Handschrift  gefunden 
hat,  ist  jedenfalls  eine  sehr  merkwürdige  Tatsache:  merkwürdig 
besonders  noch  dadurch,  daß  in  der  Handschrift  0,  die  das  einzige 
vollständige  Exemplar  des  dritten  Typus  darstellt,  das  mir  zurzeit 
zugänglich  ist,  und  ebenso  in  der  Teheraner  Ausgabe  die  ana- 
tomischen Kapitel  auf  dürftige  Reste   reduziert  sind. 

Sehen  wir  von  den  zahlreichen  Interpolationen  ab,  die  der  Text 
in  der  Fassung  der  Handschrift  A  erlitten  hat,  so  bleibt  für  das  Ganze 
■/.ai  ro3t  pf^'^m  Tiva  tcöv  Ji^eviov  twv  i'voov  paysvTo;  'A  Y>^  '^''''-  ''■'^'-  ''^  '^'■>'''-  '-«v-iSvoT^f.TjV 
o'jvafJMv  r/rrj3i.     7.71  prjYV'JVTCc.  -ptöTov  \)k'i  oi  y.etvoj  £y_o|J.£voi  •  vrz^zi.  <>  •j-T'y.TC-;. 

')  Hipp.    1  42n:      /sA  /,'ji)jv  toö   Oc:;ao=J  /cop^si  ö-J.ovi  £;io  (und    1   4"'  ;>hnlich). 

^)  Hipp.  I  416:  /Wf,£c'.  uz  £-1  7-£'f '//.-/;/,  £-:  7.C(T7.  'i'JCJtV '  iV,.  V/.rr>T7.T'y.  '-io  ijTlV 
(7.'JTI'"i    ~'J.    O.'Ha    ZV.    TOÜ    ''j\>.'^l)/j'i    ST7.1)[J.£0[A£V7. 

Iskm.      IV.  5 


66  Julius  Ruska,  Kazwinistudien. 

doch  der  Eindruck  der  Echtheit.  Wir  müssen  annehmen,  daß  dem 
Bearbeiter  noch  ein  vollständiges  Exemplar  vielleicht  der  ersten, 
wahrscheinlicher  der  zweiten  Ausgabe  der  Kosmographie  zu  Gebote 
stand,  und  müssen  es  ihm  danken,  daß  uns  durch  seine  Arbeit  jene 
neun  Kapitel  erhalten  geblieben  sind.  Wir  haben  aber  auch  aufs  neue 
festzustellen,  daß  die  Handschrift  A  sich  von  der  durch  die  persischen 
Übersetzungen  repräsentierten  Textstufe  durchaus  entfernt  und  einen 
eigenen  Typus  darstellt. 

Die  starke  Kürzung  der  physiologisch-ana- 
tomischen Kapitel  steht  im  Zusammenhang  mit 
der  Erweiterung  des  Textes  durch  die  Kapitel 
über  die  Völker  und  über  die  Künste.  Es  ist  ganz 
deutlich,  daß  bei  dem  Bearbeiter  der  dritten  Textstufe,  die  den  persi- 
schen Übersetzungen  zugrunde  liegt,  das  rein  naturwissenschaftliche 
und  medizinische  Interesse  gegen  das  ethnologische  und  kulturgeschicht- 
liche zurückstand.  Er  hat  die  ihm  und  vermutlich  vielen  der  Leser 
des  Buches  langweiligen,  wo  nicht  anstößigen  Kapitel  durch  in  seinem 
Sinne  interessantere  und  wichtigere  ersetzt.  W^  i  r  d  ü  r  f  e  n  danach 
als  wahrscheinlich  hinstellen,  daß  auch  diese 
dritte  Fassung  nicht  von  Kazwlnl  selbst  her- 
rührt. Dem  Bearbeiter  des  Textes  von  A  aber  lag  zweifellos  die 
dritte  Fassung  vor,  und  er  ist,  wie  nun  weiter  nachgewiesen  werden  soll, 
damit  sehr  frei  umgegangen.  Er  hat  nicht  nur  die  Anatomie  und 
Embryologie  wieder  in  ihre  Rechte  eingesetzt,  sondern  auch  die  neuen 
Kapitel  sehr  stark  umgearbeitet  und  erweitert. 

^'Fortsetzung  folgt.) 


'Agib  ed-din  al-wälz  bei  Ibn  Dänijäl. 

Von 

Georg  Jacob. 

Vor  kurzem  habe  ich  eine  vorläufige  Textpublikation  aus  Ibn 
Dänijäl  mit  dem  3.  Hefte  zum  Abschluß  gebracht.  Von  verschiedenen 
Seiten  wurde  der  Wunsch  nach  einer  Übersetzung  geäußert,  weil  die 
Stücke  selbst  den  besten  Kennern  des  Arabischen  erhebliche  Schwierig- 
keiten bereiten.  Da  ich  eine  vollständige  Übersetzung  angefertigt  habe, 
gebe  ich  hier  als  Spezimen  wenigstens  die  des  zuletzt  publizierten, 
in  sich  abgerundeten  Abschnittes  (Heft  3,  S.  25 — 31).  Es  handelt  sich 
im  wesentlichen  um  eine  humoristische  Hutba,  wie  sie  in  der  arabischen 
Literatur  nicht  selten  sind,  ohne  daß  ich  ein  direktes  Vorbild  zu  nennen 
wüßte.  So  hat  diese  Predigt  nichts  mit  derHutba  der  29.  Hariri-Maqäme 
zu  schaffen,  welche,  ein  ernstgemeintes  Muster  philologischer  Geschmack- 
losigkeit, nur  auf  uns  komisch  wirkt,  während  hier  eine  bewußte  Parodie 
auf  den  Kanzelstil  vorliegt.  Vgl.  auch  E.  Doutte,  La  Khotha  bur- 
lesque  de  la  feie  des  Tolhas  au  Maroc:  Recueil  de  Memoires  et  de  Textes 
public  en  l'honneur  du  XlVe  Congres  des  Orientalistes  par  les  Pro- 
fesseurs de  l'Ecole  superieure  des  Lettres  et  des  Medersas,  Alger  1905, 
p.  197  ff.  Beachtenswert  ist  die  indirekte  Rechtfertigung  des  Schatten- 
spiels durch  Gott  und  den  Propheten  und  daß  im  Ägypten  des 
13.  Jahrhunderts  Qorän  und  Hadith  auf  der  Schattenbühne  zitiert 
wurden.  Ich  lasse  nunmehr  die  Übersetzung  mit  einigen  erläuternden 
Fußnoten  folgen: 

»Der  Prediger  'Agibeddin  (d.  h.  von  seltsamer  Religion)  tritt  auf 
und  sagt:    »0  *Amber  i),  ich  wünsche  die  Betpulte  und  die  Kanzel.« 

Da  wird  die  Kanzel  gebracht,  er  besteigt  sie  und  hebt  nach  dem 
»Im  Namen  Gottes«  an,  mit  dem,  was  er  rezitiert  2)  und  sagt: 

Predigt  [hutba) : 


')  Name,  wahrscheinlich  eines  Negersklaven. 

-)  jaqräh  (für   jaqra>iihit)  im    Reim   auf   jarqäh.   mit   diesem    ein   Wortspiel  bildend. 


68  Georgjacob, 

Lob  sei  Allah,  welcher  den  Scherz  ^)  zum  Trost  der  Sorge  und  zur 
Erholung  gemacht  hat,  so  daß  er  die  Erquickung  -)  der  Lebensgeister 
und  der  Schlüssel  der  Freuden  ist.  Ich  preise  ihn  ob  der  Schönheit 
seiner  ihm  innewohnenden  Eigenschaften  und  weil  er  Gesellen  und  Ge- 
nossen Liebe  erw'eist.  Gebet  über  den  Verkünder  in  Wahrhaftigkeit, 
Muhammed,  »welcher  zu  scherzen  pflegte,  aber  nur  Wahres  redete«  3j,  dem 
die  Offenbarung  zuteil  ward  wegen  seiner  majestätischen  Größe  und  um 
ihn  zu  ehren.  »Du  besitzst  fürwahr  eine  hohe  Anlage «4).  Auch  über  seine 
Familie  eine  Anzahl  seiner  Wohltaten  und  des  Übermaßes  seiner  Güte! 

Meine  Brüder,  sucht  Zuflucht  bei  Gott  vor  der  Bosheit  der  Ver- 
leumdung. »Wisset,  daß  das,  was  zuerst  auf  die  Wage  gelegt  wird, 
der  schöne  Charakter  ist«  5).  Die  irdische  Welt  ist  ein  Haus  der  Trübsal. 
des  Entstehens  und  Vergehens,  der  Gesundheit  und  Krankheit,  des 
Genusses  und  Schmerzes. 

Und  er  rezitiert: 

Tragt  euch  nicht  mit  Sorge,  da  ja  das  Urteil  des  himmlischen 
Schreibrohrs  nicht  vergewaltigt  werden  kann. 

Denn  die  Sorge,  in  ihr  ist  eine  Bürde  und  von  ihr  stannnt  die 
Wurzel  der  Krankheit^), 

Vermag  ein  Geschwächter  etwa  eine  halbe  Pyramide  zu  tragen! 

Wo  ist  der  Erbauer  der  Pyramide,  und  wo  ist  *Ad  und  Iram? 
Zerstört  haben  sie  die  Mände  der  Trennung  und  sie  gingen  dorthin, 
wo  es  kein  Wo  mehr  gibt.  Darum  erbarme  sich  Gott  dessen,  der 
seine  Kümmernisse  durch  die  Schönheit  des  Naturells,  das  ihn  ziert, 
zu  heilen  sucht  und  er  wandele  seine  Schwermut  durch  etwas,  womit 
er  ihn  erquickt.     So  oft  die  Kurzweil  ')  stattfindet,  verscheucht  sie  die 


')  Die  Lesarten  von  A  (den  Wein)  und  C  (das  Mischen)  sind  zu  verwerfen,  haupt- 
sächlich wegen  des  folgenden  jai>iza//u  (Textausg.  S.  25,  Z.  7)  und  viizä/i  (.S.  27,  Z.  z).  Der 
Humor  ist  das  Lebenselcmcnt  der  Schattenbühne  und  wird  offenbar  aus  diesem  Grunde 
hier  betont. 

-)  Ich  lese:  rau/i.  Obwohl  es  sonst  am  nächsten  liegt,  Singular  und  Plural  desselben 
Wortes  zu  verbinden,  ist  hier  doch  gerade  mit  einem  Wortspiel:  raii/i  und  rü/i  zu  rechnen, 
wofür  die   Bedeutung  des  parallelen  Gliedes  spricht. 

3)  Reckendorf  verdanke  ich  den  Hinweis,  daß  hier  Ibn  Qutaibas  Adab 
al-hätib  benutzt  ist,  vgl.  die  Ausgabe  von  Grünert  S.  13:  »Der  Prophet  pflegte  zu  scherzen 
uud  wir  haben  daran  ein  schönes  Vorbild,  aber  er  sprach  nur  die  Wahrheit;  er  scherzte 
mit  einer  alten  Frau  und  sagte:    »Alte  Weiber  kommen  nicht  ins.Paradies«.« 

4)  Sürc  68,  4,  an  den  Propheten  gerichtet. 

5)  Angeblicher  Ausspruch  des  Propheten:  Qazwini,  Kosmographie,  hrsg.  von 
Wüstenfeld,  1,  S.  306,  Z.  7/8:  Man  überliefert  vom  Propheten:  »Das  Schwerste,  was 
auf  die  Wage  [des  jüngsten  Gerichts]  gelegt  wird,    ist  der  schöne  Charakter.« 

6)  Krankheit  für   Übel  überhaupt,  wie    Hat  im   Tej    ed.   Schulthess    Nr.  42,  23. 

7)  Offenbar  ist  das  Schattenspiel  gemeint. 


'Agib  ed-din  al-wä'iz  bei  Ihn  Danijäl.  Öq 

Schwermut  und  ersetzt  in  der  Ergötzung  den  Wein.  Die  Verachtung 
ist  bei  der  Tochter  der  Weinkrüge,  ganz  besonders  heute  ^).  Der  Wein 
ist  das  Gelteimste,  was  gedacht  werden  kann  und  wirkungsvoller  als 
roter  Schwefel  (Realgar;  ^).  Er  richtet  den  Bruch  wieder  her  3),  während 
sein  Saft  im  Glase  ist  4).  Die  Erquickung  kommt  durch  das  Schöne 
ohne  Übermaß.  So  gebt  der  Freudigkeit  Raum  und  seid  tätig  in 
dieser  Tätigkeit,  während  ihr  Trupps  von  fahrenden  Leuten  und  alle 
gebildeten  Landstreicher  seid.  Bittet  bescheiden,  und  fleht  um  reich- 
liche Milchspende  5).  Nehmt  als  Beute  die  Vereinigung,  denn  die 
Trennung  tritt  ein.  Verseht  euch  als  Reisezehrung  mit  Geselligkeit 
vor  dem  jüngsten  Tage  und  beruhigt  euch  ^).  Begehret  regnenden 
Dauerregen,  und  nehmt  von  Spaß  so  viel,  als  von  Salz  in  die  Speise 
getan  wird.  Reist  in  den  Ortschaften  umher  und  stellt  für  die  Leute 
Netze  auf.  Der  Fahrende  findet  ja  Mitleid,  und  der  Mann  strebt, 
während  der  Lebensunterhalt  (vom  Schicksal)  bestimmt  ist.  Wisset 
ihr  —  Gott  stehe  euch  bei  7)  — -,  daß  der  Heller  das  Goldstück  zusammen- 
bringt, und  Almosen  mit  Wenigem^)  ist  leicht9)  für  die  Reichen i°), 
und  die  Brocken  des  Sauren")  ist  die  Tochter  des  Brodfladens.  Der 
Flickerrock  ist  das  Kennzeichen  der  Frommen,  und  das  Umherziehn 
in  der  Fremde  gehört  zu  den  Gewohnheiten  der  Wanderderwische. 
Reitet  die  Vorderseite  der  Kamelbuckel  des  ungestümen  Belästigens 
und  kleidet  euch  in  die  Panzer  der  unverschämten  ^^^  Gesichter.    Stellt 

■)  Anspielung  auf  die  Erneuerung  des  Weinverbots  unter  Baibars,  von  der  in  der 
Einleitung  des  ersten  Stückes  die  Rede  ist,  vgl.  meine  Geschichte  des  Schattentheaters  S.  36  ff. 
-)  Der  Stein  der  Weisen  heilt  alle  Krankheiten. 

3)  Häufige   Phrase,   deren   Wortsinn   verblaßt   ist,    vgl.   H  a  r  i  r  i   29.    Maqäme   ed. 

DE    Sacy-  S.  357   -jy*JÜ5    _«->. 

4)  Falls  die  beiden  letzten  Sätze  kein  Einschub  sind,  ist  der  Gedankengang:    Die 
Kurzweil  des  Schattenspiels  ersetzt  in  ihrer  Wirkung  den  Wein  und  hat  solche  Kräfte! 

5)  u,JLil    \^jJJjJi*,,   vgl.    die   umgekehrte   Phrase  ^AÜ    V_jt^?*t    Hariri     29. 
Maqäme   S.  359. 

6)  Der  Gegensatz  von  ^» .    ist      J^,  vgl.    Hariri    29.    Maqäme  S.  354  ^Ää^J! 

_,»^!    nach  einer  Reihe  von  Gegensätzen,  vom  Feuerstein. 

7)  Häufig  steht  eine  Segensformel  als  Ersatz  für  den  Namen,  vgl.   Sa.^äis  Büstän 
ed.  Gr.\f  S.  142  Vers  43b  und  den  Gebrauch  von     JLäj. 

8)  Nach  dem  Zusammenhang  habbe  und  nicht  hubbe  Liebe,  woran  Manuskript   B 
(Konstantinopel)  gedacht  zu  haben  scheint. 

9)  B  Würde. 

'°)  B  besonders  ohne  Anschnauzen. 

")  Der  Sinn  ist  allerdings  schief;  doch  beseitigt  B  mit  diesem  Wort  nicht  nur  die 
Schwierigkeit,  sondern  zugleich  den  Reim,  was  nicht  angeht. 
•^)  Manuskript  A  (Escorial):  häßlichen. 


70  Georg  Jacob, 

euch  sehend  bhnd  und  hörend  taub,  und  stellt  euch  hinkend,  denn  der 
Hinkende  überholt  ^).  Und  stellt  euch  stumm,  denn  das  Verstummen 
ist  die  Sprache  der  Freude.  Legt  über  eure  Häute  abgezogene  Häute 
und  trinkt  den  Aufguß  von  Häcksel  -),  damit  eure  Gesichter  gelb  3) 
und  eure  Bäuche  aufgeblasen  werden.  Drängelt  euch  durch  die  Reihen 
der  Betenden  in  den  Moscheen  und  belästigt  die  Einfaltspinsel  mit  An- 
betteln auf  den  Straßen.  Eure  kostbarste  Tracht  seien  abgetragene 
Kleider  und  die  größte  eurer  Sorgen  das  Zusammenbringen  von  Habe. 
Reiset  mit  diesen  beiden:  verlaßt  euch  auf  Bankrott  und  Schulden- 
machen.  Die  Gesundheit  des  Auges  beruht  ja  auf  der  des  Menschen 
und  die  Gesundheit  des  Menschen  auf  der  des  Auges  4). 

Dann  rezitiert  er: 

So  habe  ich  euch  denn  Rat  erteilt  in  jeder  Zunge  und  euch  diese 
Angelegenheit  von  SasanS)  her  überliefert. 

Wenn  ihr  annehmt,  was  ich  gespendet  habe,  so  seid  ihr  die,  welche 
am  fernsten  von  der  Heimat  der  Enttäuschungen. 

Sei  sicher  vor  dem,  was  die  Besitzer  des  Reichtums  fürchten  und 
heische  eine  Gabe  und  knüpfe  den  Knoten  der  Geldbörse. 

Mache  für  dein  Versprechen^)  »später  einmal«  (saufa)  zu  einer  wohl - 
verschanzten  Festung  und  fordere  mit  »her  damit«  das  Geld  in  der  Wage. 

Nimm  das,  was  Kurs  hat,  bares  Geld,  denn  das  Versprechen  ist 
gebunden  7)  an  die  Wechselfälle  der  Ereignisse. 

Dann  sagt  er:  Wer  mich  gegen  die  Winterkälte  mit  einer  Jacke 
kleidet,  den  lasse  Gott  in  seinem  geräumigen  und  goldprunkenden 
Paradiese  wohnen  *^),  und  wer  mich  mit  einem  Überwurf  bewirft,   den 


»)  Sieht  wie  ein  Zitat  aus.     Vgl.  chi  va  piano  va  sano. 

*)  Manuskript  C  (Kairo):  Feigen.  Yahuda  hält  diese  Lesart  für  die  richtige  und 
bemerkt:  »Es  ist  Feigcnbter,  dessen  übermäßiger  Genuß  den  Leib  aufljläht  und  nach 
orientalischer  Ansicht  Gelbsucht  verursacht.« 

3)  Die  Anschauung  ist  meines  Erachtens,  daß  das  Gelbe  das  Gelbe  hervorbringt, 
wie  es  dieses  auch  vertreibt,  so  der  Bernstein  die  Gelbsucht:  ZDMG.  43.  Bd.,  1889,  S.  373. 

4)  Vgl.  Lukas  XI  34. 

5)  Herr   cand.    Thorning   macht   mich   bezüglich   des   Schch    Säsän   noch    auf  die 

wichtigen  Ausführungen  der  Gothaer   arabischen  Handschrift  Nr.  903   ^Li>jJI    L-jLü 
0«.^>^5»   Bl.  37bff.,  93bfi.  aufmerksam. 

6)  J»x.»   ebenso  im  Gegensatz  zu  ,>Jü:  Hamadhäni  23.  Maqämc  zweimal. 

7)  Vgl.  NÖLDEKE,  5  Mo^allaqät  l.     Wien  1899,  S.  34. 

8)  Seybold  macht  mich  darauf  aufmerksam,  daß  in  A  offenbar  äJL>-)  zu  lesen  ist, 
ferner    Xa:5^.    Allerdings  wird  der  Reim  dadurch  gestört;  doch  handelt  es  sich  wohl  um 

ein  Tedschyiis-i-batt,  vgl.   Rückert,   Grammatik,  Poetik  und  Rhetorik  der  Perser,   S.  99. 
B  hat  den  besten  Text,  der  sowohl  das  reimlose  Wortspiel  als  den  Reim  enthält. 


'Agib  ed-din  al-wä'iz  bei  Ibn  Dänijäl.  7  i 

versammele  Gott  bei  schönen  Huris,  und  wer  mich  mit  einer  Mirta  ^) 
beschenkt,  der  hat  den  Heilspfad  mit  seinen  Bedingungen  vollendet  -j.« 

Als  er»(der  Prediger)  erlangt  hat,  was  er  begehrte  und  mit  den 
Gaben  seine  Rechte  gefüllt  hat,  steigt  er  3)  vom  Reittier  seiner  Predigt  4) 
herab  und  steckt  das  Schwert  seines  Wortes  in  die  Scheide. 

Ab. 


1)  Kleidungsstück,  nach  Imruulqais  Mu'allaqa  28  lang  herabhängend. 

2)  Es  ist  mir  bei  dieser  Stelle  nicht  sicher,  ob  ich  den  richtigen  Sinn  getroffen  habe. 
Man  spricht  auch  von  Bedingungen  des  Islam,  etc. 

3)  Die  Lesart  von  A  gehört,  worauf  ich  von  verschiedenen  Seiten  aufmerksam  gemacht 
werde,  in  den  Text. 

4)  der  Kanzel. 


Analecta  haeretica 

Von 
R.  Strothmann. 

I.  Die  JczTdcn  bei  den  islamischen  Symbolikern. 

Die  reichhaltige  Literatur  über  die  Jeziden  ist  noch  neuestens  durch 
\vertvolle  Monographien  vermehrt  worden.  Th.  Menzel's  Beitrag  zur 
Kenntnis  der  'Jeziden  ')  liefert  eine  kritische  Untersuchung  an  der  Hand 
des  im  Jahre  1 323/1905  verfaßten  türkischen  Traktates  ^abede-i-ibl'is 
»Die  Teufelsanbeter«  von  Mustafa  NürT  Pascha,  dem  für  einen  Orien- 
talen nicht  unkritischen  Wali  von  Mosul.  Nicht  zum  wenigsten  wertvoll 
ist  Menzel's  gesunde  Skepsis  gegenüber  den  jezTdischen  Quellen  und 
ihre  Herkunft,  sowie  sein  Hinweis  auf  die  Notwendigkeit  der  einst- 
weilen so  wichtigen  vorbereitenden  Aufräumungsarbeiten.  Scheich 
''AdT.  der  große  Heilige  der  jfeztdfs,  auf  den  besonders  N.  Siouffi  das 
Augenmerk  gerichtet  hatte,  gewinnt  jetzt  durch  R.  Frank's  ^)  treffliche 
Sammlung  und  Sichtung  des  zerstreuten  Materials  eine  greifbarere 
Gestalt.  Damit  ist  ein  guter  Schritt  näher  zum  Verständnis  der  Ge- 
schichte der  Sekte  getan.  Aus  dem  Gewonnenen  erwachsen  neue 
fördernde  Fragestellungen.  Man  hat,  wie  Frank  (besonders  S.  103 
no.  i)  andeutet,  zu  unterscheiden  zwischen  der  Jezidija  vor  und  nach 
der  Beeinflussung  durch  *Adi  und  den  'Adawlja-Orden;  und  bei  der 
ganzen  Art,  in  der  religiöse  Persönlichkeiten,  zumal  solche  mit  mysti- 
schem Einschlag,  sich  selber  predigen,  auch  unbewußt,  ist  es  durch- 
aus nicht  abgemacht,  daß  für  die  Konzeption  der  Person  und  der 
Gedanken  des  großen  sunnitischen  Süfl  in  die  Jezidija  eine  starke 
Prädisposition  der  Aufnehmenden  für  den  Geist  des  Aufzunehmen- 
den vorauszusetzen  sei.  Ist  aber  durch  *AdI  eine  neue  Kraft  in  der 
Sekte  wirksam  geworden,  so  bedeutet  sie  nicht  -nur  eine  zeitliche 
Trennung  in  eine  frühere  und  eine  spätere  Jezidija,  sondern  für  die 
letztere  zugleich  eine  örtlich  bedingte  Sonderung.     Wenigstens  ist  es 


')  Bei  Hugo  Grothe,   Meine  Vorderasienexpedition   igo6    u.  igoy.      Leipzig    191 1 
LXXXVIII  fE. 

-)  Türkische  Bibliothek,   Nr.  14;    vgl.  zu  no.  i  u.  2    E.  Graefe  hier  oben  III,  190  d. 


Analecta  haeretica.  7^ 

bei  der  weiten  Zerstreuung  der  jezidischen  Gemeinden  nicht  nachweis- 
bar, daß  alle  gleichmäßig  von  dem  neuen  Geiste  berührt  sind.  Es  ist 
demnach  nicht  sicher,  wenn  bei  den  späteren  Muslimen  sich  eine  Notiz 
zum  Namen  JezidTja  findet,  ob  etwa  die  kurdischen  ^Adianhänger 
CTemeint  sind  oder  die  Restgruppen  in  Persien  und  Transkaukasien. 
Hinzu  kommt  die  leidige  Art  der  jüngeren  islamischen  Religions- 
historiker, die  Mitteilungen  der  früheren  ziemlich  unbesehen  zu  über- 
nehmen, so  daß  also  ein  Urteil  aus  dem  8.  Jahrhundert  einen  Tatbestand 
etwa  aus  dem  3.  zum  Vorwurf  haben  mag.  Nach  dem  Gesagten  kann 
eine  Zusammensetllung  solcher  Notizen  nur  ein  schlichtes  negatives 
Resultat  ergeben:  die  Bestätigung  der  Schwierigkeit  der  Jezidenfrage, 
und  nur  als  ein  Zeichen  des  Dankes  für  die  aus  der  einschlägigen  Litera- 
tur erhaltene  Anregung  möchte  der  Versuch  einer  Aufzählung  betrach- 
tet werden. 

An  Alter  und  Inhalt  voran  steht  der  Abschnitt  über  die  JezTden 
bei  Abu  Mansür  'Abdalqähir  b.  Jähir  al  Bagdädl  (gest.  429/1038)  ^). 
Er  bietet  wenigstens  einen  geringen  Anhalt  für  die  Persönlichkeit  des 
Stifters:  Jezid  b.  abi  Unaisa  war  ein  Ibädit  zu  Basra.  Damit  ist  wenig- 
stens ein  terminus  a  quo  gegeben,  da  'Abdallah  b.  Ibäd  in  den  Wirren 
unter  dem  letzten  Omaijaden  Merwän  II.  al  Himär  (seit  127/744)  auf- 
trat 2):  JezTd,  so  heißt  es  bei  Bagdad!  weiter,  siedelte  nach  Tun  in 
Persien  über.  Das  Sektiererische  seines  Standpunktes  liegt  darin,  daß 
er  den  universellen  Charakter  der  Mission  Muhammed's  leugnet  und 
einen  persischen  Propheten  mit  einer  neuen  Offenbarung  unter  Auf- 
hebung des  qoränischen  Gesetzes  erwartet.  Mit  dem  nationalpersischen 
verband  er  einen  synkretistischen  Gedanken  3) :  daß  jeder,  der  den 
Muhammed  als  einen  (nicht  als  den  Einen  vollendenden)  Propheten 
gelten  lasse,  ohne  förmlich  Muslim  zu  werden,  ein  »Gläubiger«  sei. 
Die   als    erst    zukünftig   gedachte   jezTdische    Religion,    deren   einzelne 

')  farq  baina  '/  firaq.    Cairo   1328  s.  v.;   Berl.  2800  fol.   106  a. 

=)  So  nach  Sahristäni  s.  v.  Ibädija;  nach  Angabe  von  Ibäditen  selbst  aber  wäre  ihr 
Stifter  älter:  unter  Mu'äwija  I.  aufgetreten  und  unter  'Abdelmelik,  also  spätestens  86/705, 
gestorben;  kasf  al  gitmnm  (Brockelmann  II  409  Nr.  5)  Ms.  des  Orientalischen    Seminars 

fol.    291  b    ^J     Kj^LäX     ^.j'lxj     ^    IxiJ    .  .  .  L>^'.ji    qJ     ^^    ^^^    ^^xJ-«^Ji    ^Loi_ 

^^\^y.  ^.  ^Uii  ^^  eH  J^  U^^3  O^^  ^^  -  "''■■■  ^'''-  """'•  ^''"^■ 
Dr.^'sACHAU  gestattete  mir  in  gütiger  Zuvorkommenheit  die  Benutzung  der  Handschrift. 
3)  Das  ist  so,  wie  es  dasteht,  ein  Widerspruch.  Doch  haben  beide  Gedanken  eine  ge- 
meinsame Wurzel:  den  Kampf  gegen  den  national-arabischen  Einschlag  in  der  Religion. 
Begreiflich  wird  der  Synkretismus  vielleicht  unter  dem  Gesichtspunkt  einer  missionari- 
schen Tendenz,  die  auch  wieder  dem  Islam  zugute  käme.  Es  wäre  also  im  ganzen  nicht 
so  sehr  an  eine  völlige  Aufhebung  als  vielmehr  an  eine  iräniische  Weiterbildung  der 
Religion  gedacht. 


74  R.  Strothmann, 

Lehren  al  Bagdad!  also  gar  nicht  angeben  kann,  sei  von  Jezid  mit 
der  der  qoränischen  (Sure  2,  59;  5,  73;  22,  17)  Säbier  identifiziert 
worden.  Dem  sunnitischen  Symboliker  kommt  es  vor  allem  darauf  an, 
darzulegen,  daß  die  Jeziden  aus  der  Reihe  der  noch  islamischen  Re- 
ligionsgemeinschaften auszuscheiden  seien.  Er  behandelt  sie  unter 
den  »Gruppen,  die  eine  islamische  Herkunft  behaupten,  aber  in  Wirk- 
lichkeit nicht  zum  Islam  gehören«.  Ihre  Betrachtung  der  Mission 
Muhammed's  als  einer  religionsgeschichtlich  aufzufassenden  Erscheinung 
und  der  dadurch  bedingte  Synkretismus  schließe  sie  folgerichtig  aus; 
denn  »bei  solcher  Auffassung  müßten  auch  die  Juden  von  der  Ob- 
servanz der  *IsawTja')  und  der  'Anänlja  (?)=)  Gläubige  sein,  weil  sie 
die  Prophetenschaft  Muhammed's  bekannten,  ohne  zu  seiner  Religion 
überzutreten.  Aber  es  kann  unmöglich  der  zu  einer  islamischen  Re- 
ligionsgemeinschaft gerechnet  werden,  der  die  Juden  zu  den  Muslimen 
rechnet,  und  wie  kann  jemand  zu  einer  der  islamischen  Religionsgemein- 
schaften gezählt  werden,  welcher  von  einer  Abschaffung  des  Gesetzes 
des  Islam   redet!« 

Bei  Ibn  Hazm  (gest.  456/1064)  IV,  188  f.  ist  die  völlige  Aus- 
scheidung der  Jeziden  aus  dem  Bereich  des  Islam  dadurch  gegeben, 
daß  die  Ibäditen  selbst  sie  abschütteln  und  sie  als  »Ungläubige«  be- 
trachten mit  allen  staatsrechtlichen  Konsequenzen. 

Ahnlich  wie  bei  al  Bagdädl  sind  die  Notizen  bei  al  Isfarä*ini  (gest. 
471/1078)  im  jarq  haina  */  f,raq.  Er  erwähnt  erstmalig  den  Namen  der 
Jeziden  in  dem  einleitenden  Gesamtüberblick  unter  den  Teilgruppen 
der  Ibäditen,  betont  aber  sofort  ihr  Herausfallen  aus  dem  Konsensus 

aller   Muslime:     Berl.    2801    fol.  7  b   :\.*.>j.g^     v,  ^    %jS    ^.z-ix    i;>.A2.j"ii!. 

ioL\ji-J!    i_\jtJ    bS»     «.j     hM\     Lp     jl-j     ^     'i^Cj     LjL^^Uai^     ioAj-J5.     '^JoJw;?.!. 

QjyJL>«*M~ll  pL^.^^  <S^i>  d^JÖ»  [•^iLw.'b'l  ioLj-^  :.w*ö  ^*\y>-  (^"3  |»^i^"ii   v^  ^^ 

Demzufolge  behandelt  er  sie  definitiv  unter  einer  ähnlichen  Über- 
schrift wie  Bagdad!  mit  der  besonderen  Betonung,  daß  sie  nicht  zu  den 
72  gerechnet  werden  dürften.  Unter  den  mehr  als  20  Gruppen  der 
ausscheidenden  Rubrik  heißt  es  an  15.  Stelle:  ^^^J^  jjji^  '>..^.:->\  '>,'iJu\ 

,3yij  n^^ii   /**JLo  tX.«^   **J-**  ^  ■^J^»**^   '-jlxi'  »^c-  oy-A^   *->^^^'  o'' 

')  Sahr.  1  168. 

-)  Ibid.   I  167,  falls  diese  gemeint  sein  sollen. 

3)  Fehlt  ein  sehr  unsicheres  Wort. 


^J^ 

J-l 

O^y. 

t^ 

.1  ^J^^ 

o-* 

Ä-yto'i.j'iil 

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^^, 

Analecta  haeretica. 


75 


^LäJI  1%  ö^j.5"LX-».i5  najLlJI  qa  ^.^_^yi^j  -ii'LAJ*!.  Es  ist  vielleicht  be- 
achtenswert, daß  er  vom  Stifter  sagt:  »Er  war  Härigit  von  Basra,  dann 
kehrteernaehPersienzurück.  «  Wenn  «.s».  gepreßt  werden  darf,  so  würde 
sein  basrisches  Ibäditentum  nur  eine  Episode  seines  Lebens  und  seiner 
Entwicklung  bedeuten.  Statt  der  Anhänger  des  erwarteten  Propheten  be- 
zeichnete nach  Isfarä*ini  Jezid  bereits  seine  Anhänger  als  dieqoränischen 
Säbier,  ein  Anspruch,  der  ja  schon  aus  staatsrechtlichen  Gründen  ver- 
ständlich erscheint :  umden  Jeziden  neben  den  Juden  und  Christen  denRang 
einer  religio  licita  zu  sichern.  Der  Unterschied  zwischen  den  beiden 
Notizen  wird  aber  sofort  wieder  dadurch  ausgeglichen,  daß  der  Aus- 
spruch bei  Isfarä'inl  in  futurischer  Form  erscheint:  »Meine  Anhänger 
werden  Säbier  sein.«  Anscheinend  sind  die  beiden  Sätze  in- 
haltlichvöllig gleich,  liegt  bei  Isf.  nur  eine  Breviloquenz  vor,  und  eine 
Verbindung  mit  dem  voraufgehenden  Satz  über  den  zukünftigen  Pro- 
pheten ergibt  den  Sinn:  JezTd  verhieß  den  Seinen  einen  kommenden 
Lehrer,  der  ihnen  die  Religion  der  Säbier  bringen  werde.  Auf  jeden 
Fall  schweigt  sich  Isf.  ebenfalls  aus  über  den  Lehrgehalt  der  ursprüng- 
lichen Jezidija. 

Die  bestimmte  Art,  in  der  Bagdädl  und  Isfarä*inT  die  Jeziden  vom 
gesamten  Islam  ausschließen,  ist  um  so  wichtiger,  als  der  bekannteste 
und  meist  zitierte  Symboliker  Sahristänl  (I  loi  f.)  gar  nicht  klar  ist. 
Die  Tatsache,  daß  Jezid  einmal  Ibädit  gewesen  ist,  hat  bei  dem  leidigen 
Schematismus  des  §ahr.   die  ganze   Sekte,   die  erst,   nachdem  er  mit 
seiner  Vergangenheit  gebrochen  hatte,  Trägerin  seines  Namens  wurde, 
bei  den  Ibäditen  festgehalten.    Und  mit  diesen  verhältnismäßig  zahmen 
Härigiten  hat  sie  auch  abgesehen  von  den  messianisch-nationalistischen 
und  den  synkretistischen  Ideen  am  wenigsten  gemein.     Man  beachte 
nur  ihre  auch  von  Sahr.  mitgeteilte  schroffe  Stellung  in  der  Verketze- 
rungsfrage.    Bei     solcher     religionsgeschichtlichen    Betrachtungsweise 
müßte  man  die  paulinischen  Christen  dahin  gruppieren,  wo  ihr  geistiger 
Vater   früher   einmal    in   ehrlichster   Überzeugung   und   tätigem   Eifer 
gestanden  hat:  zu  den  Pharisäern;  und  die  Lutheraner  würden  etwa 
die   Tertianer   des   Augustinerordens   darstellen.  • —  Sahristäni   ist   im 
Jahre  548/1153  gestorben,  also  etwa  ein  Jahrzehnt  vor  Scheich  *AdT. 
So  war  man  vielleicht  nicht  berechtigt,  von  ihm  etwas  über  den  Einfluß 
des   großen   Heiligen  auf   die   Sekte   zu   vernehmen.      Auf   diese   Ent- 
schuldigung haben  aber  die  Späteren  keinen  Anspruch.     Die  Erwäh- 
nung  der    Jeziden   hört    nämlich,    wie    Frank    (S.   103)    anzunehmen 
scheint,  mit  Sahr.   nicht  auf.     Auch  vor  dem  Reisewerk  des  Türken 
Evlija  Tschelebi  (gest.  um  IO90/1680)  findet  sich  der  Name.     Freilich 
der  Name!    Mit  der  Sache  ist  es  etwas  anderes,  und  man  wird  Frank 


76  K.  S  t  r  o  t  h  m  a  n  n , 

zustimmen   müssen,    daß   wir  über  die  Entwickelung  so   wenig  unter- 
richtet sind. 

Der  jemenische  säfi'itische  Mystiker  'Abdallah  b.  As'ad  al  Jäfi*i 
(gest.  etwa  768/1367)  nennt  die  Jeziden  in  seinem  marham  al  Hlal  al 
mu'-aUüa  fz  V  radd  ^alä  a'immat  al  muHa^ila  (bei  Brockelmann  II  177, 
I,  3).  Er  zählt  sie  zunächst  in  dem  nach  sachlichen  Gesichtspunkten 
geordneten  Sektenregister —  Bari.  2806  fol.  48  b —  an  15.  Stelle  unter 
den  18  Härigitengruppen  auf.  Im  zweiten  Teile,  wo  sämtliche  Sekten 
nach  alphabetischer  Reihenfolge  ein  kurzes  Charakteristikum  erhalten, 
beschränkt  sich  dieses  für  die  Jeziden  auf  die  bekannte  Erwartung 
des  persischen  Propheten  mit  dem  neuen  hl.  Buch  und  Gesetz:  fol.  67  b 

l»J.äi!      -;>-,^i>!    x^ÄwJS       _j!     .,j    lAjij    '>-jLr>>jol    —  •»^•-^5      '• -S  1  C'J^Z>'\    ÄJtAjixji 

^<ii     '^~o    L.;-:<>.^^    -».£.   >X^s^    ^    ■^L'>  l5^'    |»^-w^!    '^juJ^    .:_\-m/Jo    LJüJ    ...'u 

Daß  nur  von  dem  erwarteten  Zukünftigen  gesprochen  wird,  tritt 
noch  mehr  hervor  bei  (jurgäni  (gest.  816/1413),  z.  B.  in  den  ta^rzfät  ed. 
G.  Flügel  S.  279  f.  Er  gebraucht  das  ausgesprochene  Futurum,  das 
Imperfekt  mit  /larf  at  tanfis,  und  verstärkt  damit  den  Eindruck,  daß 
bei  der  kritiklosen  Entlehnung  den  Jeziden  für  immer  als  festliegende 
Marke  angehängt  wurde,  was  vielleicht  früher  einmal  ihr  Kennzeichen 
war.  Gewiß  erfüllen  sich  Erwartungen  nicht  so,  wie  man  im  voraus 
konstruiert.  Wenn  man  aber  auch  trotzdem  sich  nicht  zu  einer  leicht- 
fertigen Identifizierung  des  *AdI  mit  dem  erwarteten  persischen  Mes- 
sias verleiten  läßt,  so  kann  doch  nicht  mehr  bestritten  werden,  daß 
viele  Jeziden  in  ihm  einen  Propheten  erlebt  haben,  kann  bei  aller 
Skepsis  gegenüber  den  Yezidi  Texts  ^)  die  Überlieferung  über  ein 
mit  ihm  in  Verbindung  gebrachtes  hl.  Buch  gnostischer  Observanz 
durch    das  Schweigen  der  Jäh*!  und  Gurgänl  nicht  abgelehnt  werden. 

Wendet  man  sich  zu  nichtsunnitischen  Symbolikern,  so  kommen 
in  erster  Linie  die  härigitischen,  vor  allem  die  ibäditischen,  als  die  Zu- 
ständigen in  Betracht.  Hier  ist  nur  zu  konstatieren,  daß  das  durch 
E.  Sachau  -)  näher  bekannt  gewordene  kasf  al  gumma  die  Jeziden 
ignoriert.  Es  muß  Absicht  in  der  Nichterwähnung  liegen.  Denn  seine 
16  härigitischen  Untergruppen 3)  korrespondieren  sonst  ziemlich  mit  den 
geläufigen  Registern,  fehlen  doch  auch  solche  Leute  nicht,  wie  die 
schon  recht  exzentrischen  Maimüniden,  die  in  den  Verzeichnissen  ge- 


0  I.  Joseph  in  Am.  Journ.  Sem.   Lang.   1909  p.   1454  fE.,  239  ff. 
-)  M.  S.  O.  Spr.  W.-As.   I  i  ff.;   II  47  ff. 
'^)  In  dem  erwähnten  Ms.   fol.   279  a.  ff. 


Analecta  haeretica.  nn 

wohnlich  die  Nachbarn  der  Jeziden  bilden.  Bei  dieser  Absage  der 
Ibäditen  muß  der  Satz  des  Sahristäni  (1.  c),  daß  Jezid  mit  ihnen 
Freundschaft  gehalten  habe,  korrigiert  werden,  kann  jedenfalls  nicht 
zeitlich  mit  dem  über  seine  Lehreigentümlichkeiten  gleichgestellt 
werden. 

Auch  in  den  religionsgeschichtlichen  Büchern  der  Enzyklopädie 
des  Zaiditen  Ahmed  b.  Jahjä  b.  al  Murtadä  (gest.  840/1437),  dem 
k.  al  milal  wan  nihal  und  dem  Kommentar  dazu,  dem  k.  al  niunja  wal 
amal  fehlen  die  Jeziden. 

Dem  dürftigen  Zuwenig  der  hier  zusammengestellten  Notizen  steht 
ein  verdächtiges  Zuviel   der  neueren   Kundschaften  entgegen.     Es  ist 
ein  eigenes  Ding  um  die   Berichterstattung  über  Leute  nach  Art  der 
Jeziden,      Selbst   bei    besserem   Zutrauen    zur   subjektiven   Treue   der 
Gewährsmänner,   als   man  es   z.  B.    dem   Lehrer  von    L    Joseph   ent- 
gegenbringen kann,  würde  man  stark  skeptisch  bleiben.     Denn  Dinge 
wie  Emanationslehren  haben  noch  immer  die  Phantasie  der  Erzähler 
erregt,   die  folkloristischen  Kosmogonien   zu    »ypaojosic  [xuöoi«   entstellt, 
und  hinter  exklusiven  Kreisen  hat  man  immer  wieder  ethische  Per- 
versitäten quoad  Cererem  ac  Venerem  geargwöhnt.     Dafür  sind  drüben 
Qarmaten  und  Drusen,  hier  die  jungen  Christen,  Templer  und  Freien 
Maurer  beredte  Zeugen.     Von  allen  Absonderlichkeiten  habe  ich  einen 
Niederschlag  nur  einmal  gefunden  in  einer  Notiz,  die  darin  eigenartig 
ist,    daß    ihr    etwas    von    einer    Beziehung    der    Sekte    zum  Chalifen 
Jezid   L  b.  Mu'äwija  vorschwebt.     Der  Zaidit  Ahmed  b.  Muhammed 
b.  al  Hasan  ar  Rassäs,  der  655/1257  starb,  verfaßte  einen  Katechismus 
mishäh  al  '■ulüm  ß  ma'-rifat  al  haij  al  qaijuni  (Brockelmann  I  403,  8,  i). 
Die  ersten  beiden  Abschnitte,  at  taukld  und  al  "adl,  behandeln  in  je  zehn 
Fragen   das   übliche   mu'tazilitische   kaläm,    der  dritte,    soteriologisch- 
eschatologische  Teil,  al  wa'^d  wal  waHd,  bringt  die  Lehre  vom  Paradies 
und  der  Hölle,  von  der  Sünde  und  der  Pflicht,  von  der  Fürsprache  des 
Propheten  und  dann  in  den  letzten  vier  von  den  ebenfalls  zehn  Fragen 
die  Lehre  vom  Imämat.     Der  kurze  Katechismus  ist  vom  Verfasser 
in    dem    »Kommentar  zu  den   30   Fragen«  weiter  ausgeführt,    indem 
jeder  These   eine   Erläuterung,    Begründung   und   vor  allem   die   Re- 
jektorie  beigefügt  wird,  so  daß  also  der  nicht  umfangreiche  Kommentar 
einen    vollständigen    syllabus    errorum    vom    zaiditischen    Standpunkt 
aus  darstellt.     Im  Grundtext  —  Berl.  2360  fol.  121  b  f.;  2361  fol.  9  b; 
2362  fol.  17  b  —  bekennt  sich  die  28.   Frage  zum   Imämat  des  Hasan 
und  die  29.  zu  dem  des  Husain,  »und  daß  sie  beide  zur  Regierung  be- 
rechtigter gewesen  sind  als  die,  welche  sie  ihnen  entrissen  haben,  wie 
Mu*äwija   und   Jezid,    die   Allah   verfluchen   möge!«     Der   Konmientar 


78  R.  S  t  r  o  t  h  m  a  n  n , 

gibt  in  Berl.  2364  fol.  29  b  (mit  unwesentlichen  Varianten  in  Berl.  2363 
fol.  108  a  u.  b;  2365  fol.  165  b  f.)  die  Rejektorie  in  folgender  Gestalt: 

. . . . ^>.ww^i^i_5  ^^;^!  iväux^  ^  j^j»JiotJU  Xa-wUJL  ^3-i:s*il_5  Ä-ixliJ!  äJl/amJI 
^*Ju-.Äj  ZI  ^^^\  Wiki  ^J_^^  '^5  iij^j^^ii^  ^Jj-^^  ^^  ^  o^i^ 
La    iiV.JJ     ^U   j4.£   xU=^   l5^'3   r*^*^    ^j^j:^5    *^    U^    '^^    ÄJ^I-*^  y"^' 

Die  Härigiten    und    JezTden   fallen   völlig  auseinander.      Jene   er- 
scheinen als  die  konsequentesten  'Alidenanhänger  —  übrigens  ja  nicht 
ganz  ohne  einen  Anflug  von  Recht,  wenn  man  auf  das  staatsrechtliche 
Motiv  ihrer  Genesis  sieht.     Von  diesen  heißt  es  als  konsequentesten 
'Alidengegnern:   »Sie  erklären  den  Husain  für  einen  Ungläubigen,  weil 
er  in  den  Kampf  zog  gegen  JezTd  b.  Mu*äwija,  der  für  sie  Imäm  war. 
da  ihm  nach  ihrer  Ansicht  Mu'äwija  die  Herrschaft  übertragen  hatte. « 
Die  Stelle  ist  nicht  gerade  vielsagend.     Bei  der  rein  staatsrechtlichen 
Fragestellung  steht  nur  die  Würdigung  des  Husain  und  seines  Gegners 
zur  Debatte.     Man  darf  dem  Verfasser  somit   nicht  imputieren,   daß 
er  den  Ursprung  der  JezTden  mit  Jezid  I.  in  Verbindung  gebracht 
habe.     Und  das  einzelne  Kennzeichen,  die  Verdammung  des  Husain, 
ist  als  Definition  zu  weit.     Es  würde  auch  auf  jeden  schroffen  Näsib 
und  Härigiten  passen.   So  ist  der  Passus  wieder  ein  guter  Beleg  für  die 
Relativität  in  den  Symboliken.     Es  kommt  auf  den  jeweiligen  Stand- 
punkt des  Verfassers  an,  nicht  nur  welche  Besonderheiten  er  hervor- 
hebt,  sondern  auch   wie   er  den   vorgefundenen  Namen  —  man   darf 
vielleicht  nicht  sagen:  erklärt,  aber  erläutert,  oder  gar,  welchen  Namen 
er  wählt,  um  einer  bestimmten  Ansicht  ein  Gruppenschild  beizulegen. 
So  findet  sich  z.  B.  in  der  mMw/öizc'a/ama/ des  obengenannten  zaiditischen 
Enzyklopädisten   im   Nachtrag   unter  den    »wenig  bekannten   Sekten« 
eine  *Otmänija.      Sie  ist  gedacht  als  eine  bestimmt  umgrenzte,  auch 
Nawäsib    (im    engeren  Sinne)  genannte  Gruppe  in  Sigistän  von  stark 
anti*alidischer  Tendenz:     »Ihr  vergleicht  mit  dem  'Otmän  den  *Ali  in 
[eurer]  Torheit,    aber  *Otmän    ist  lauterer  als  *AIT  und  besser. «     Berl. 

4908   fol.  53  b;    4909   fol.  82  b    j,^i    ^P»    o'^^    u^^'   O-^J — ^    ■^uöxJi 

[tawü)   ^^-c'-ii 


Analecta  haeretica. 


79 


O-C- 


Denselben    Namen    'OtmänTja    gebraucht    nun    aber    das    kasj    al 
gumma  (fol.  261  b  f.  und)  fol.  270  a  ff.  a^s  Sammelbegriff  für  die  Ortho- 
doxen, oder  wie  es  dort  heißt:  die  Ha§wija  und  SifätTja,    unter  deren 
15  Teilgruppen  neben  den  dogmatischen  Observanzen  wie  Karrämiten 
und  As'ariten  auch  alle  orthodoxen  juristischen   Schulen  erscheinen. 

.  .  .  Ä.5.J  »-.^i^  ij''-*-^^  J^-  ■^'-"'  beide  'Otmänlja  ist  der  Namen - 
gebende  nicht  ein  Stifter,  der  eine  neue  Lehre  lehrt,  sondern  eine 
Persönlichkeit,  deren  Anerkennung  ein  innerislämisches  Bekenntnis 
bedeutet.  Der  Zufall  will  es  nun,  daß  in  dem  Beispiel  der  Jeziden 
beide,  der  Stifter  und  die  historische  programmatische  Persönlichkeit, 
denselben  Namen  tragen.  Man  ist  daran  erinnert,  daß  in  der  zaiditi- 
schen  Enzyklopädie  einmal  die  auf  Bekr  b.  'Abdalwähid  zurückgehende 
Bekrija  charakterisiert  wird  durch  die  Annahme  einer  Übertragung 
des  Chalifates  von  Muhammed  auf  Abu  Bekr  ^).  Inwieweit  in  unserem 
Falle  dem  Rassäs  eine  JezTdTja  mit  bestimmten  Konturen  vorschwebt, 
ob  er  etwas  von  einer  kultischen  Jezidverehrung  weiß,  ob  er  den  Jezid 
b.  abi  Unaisa  gar  kennt,  ist  nicht  auszumachen.  Man  muß  sich  damit 
begnügen,  daß  er  überhaupt  den  Chalifen  Jezid  I.  irgendwie  mit  der 
Jezldija  in  Verbindung  bringt. 

Für  die  interessante  Frage,  wie  Jezid  I.  der  Heilige  einer  religiösen 
Gemeinschaft  werden  konnte,  bleibt  man  noch  auf  Vermutungen  an- 
gewiesen. Einen  Häkim  und  die  Drusen  kann  man  als  Parallele  nicht 
heranziehen.  Denn  dieser  Fätimidenchalif  bot  des  Suggestiven  und 
des  Unbegreiflichen  so  viel,  daß  er  seinen  Missionar  finden  mußte. 
Dem  Omaijaden,  einem  schneidigen  Regenten  und  einer  lebensfrohen 
Natur,  haftet  von  Haus  aus  nichts  von  religiöser  Propagandakraft  an. 
Pontius  Pilatus  im  Glaubensbekenntnis !  Verwechselung,  eine  Art 
Volksetymologie,  half  ihm  mit  bei  seinem  Aufstieg  zum  rjptoc  £~wvu[xci?. 
Freilich  ist  die  Vertauschung  von  Jezid  b.  abi  Unaisa  und  von  JezTd  I., 
zweier  Persönlichkeiten,  zwischen  denen  außer  dem  bloßen  Namen 
keinerlei  tertium  comparationis  besteht,  nicht  so  einfach  wie  etwa 
die  Verdrängung  des  Hohenstaufen  Friedrich  II.  durch  den  Hohen- 
staufen  Friedrich  I.  in  der  Kyffhäusersage.  Eher  läßt  sich  vergleichen, 
daß  man  im  Heiligen  Böhmens,  Johann  von  Nepomuk,  die  Züge  eines 
böhmischen  Vorläufers  der  Reformation,  Johann  Milic  von  Kremsier, 
und    des    Erzketzers    von    Böhmen,    Johann    Hus,    wiederzuerkennen 

')  Vgl.   »Der  Islam«,   Beiheft   i   S.  29  rio  2. 


8o  R-  S  t  r  o  t  h  m  a  n  n , 

meint  ^).  An  der  Hineinschiebung  des  Chalifen  Jezid  in  die  JezTdija 
haben  beide,  die  Sekte  selbst  und  die  Gegner,  gearbeitet.  Letzteren 
genügte  es  nicht,  die  Verantwortung  für  diesen  »Abhub  der  Religionen«  2) 
auf  die  Schulter  irgendeines  fast  unbekannten  Jezid  b.  abi  Unaisa  zu 
werfen.  Mehr  konnte  jener  JezTd  tragen,  dessen  Name  zum  Fluch 
geworden  war,  und  dessen  Grab  bis  zum  heutigen  Tage  vor  den  Steinen 
von  Sunniten  wie  Schi'iten  keine  Ruhe  findet  3).  Und  solcher  gegneri- 
schen Unterschiebung  kam  eine  Autosuggestion  der  Jezlden  entgegen. 
je  mehr  sie  über  ihren  Stifter  nach  dessen  eigener  Weissagung,  freilich 
auf  ihre  Art,  durch  Aufnahme  gnostischer  und  volksphantastischer 
Elemente  hinauswuchsen.  Nach  der  psychologischen  Seite  entsteht 
dieses  Bekenntnis  zu  dem  von  aller  Welt  Verfluchten  auf  dem  schwer 
kontrollierbaren  Pfad  jener  ausgleichenden  ewigen  Unterströmung, 
die  nur  hie  und  da  erkennbar  wie  bei  Ophiten,  Kainiten,  Peraten 
die  Lucifer-Prometheus-Linie  des  Menschengeschlechtes  als  Heilande 
mit  sich  führt.  Da  man  freilich  keine  festen  Daten  dafür  bieten  kann, 
wie  JezTd  als  Heiliger  bei  unseren  ausgestoßenen  Muslimen  an  die  Ober- 
fläche taucht,  so  sind  diese  Erwägungen  in  aller  bescheidenen  Vorsicht 
zur  Debatte  zu  stellen.  Nur  die  Tatsache,  daß  der  berüchtigte  Chalif 
die  unterirdische  Volkstheologie  auf  das  lebhafteste  beschäftigt,  ist  zu 
illustrieren  an  einem  kleinen  Beitrag: 

2.    Jezid    I.    in   der   islamischen   Folklore. 

Neben  der  Tatsache,  daß  Husain  im  Namen  Jezid's  I.  fallen  mußte, 
ist  das  einzig  Suggestive  an  diesem  Omaijaden  sein  plötzlicher  Tod  in 
jungen  Jahren.  Er  stand  noch  in  den  Dreißigern.  In  Z.  D.  M.  G. 
LX\T  139  ff.  hat  I.  GoLDZiHER  an  einer  Erzählung  aus  den  jawäqit 
as  sijar  des  obengenannten  zaiditischen  Enzyklopädisten  al  Mahd!  lidln 
Allah  Ahmed  b.  Jahjä  b.  Murtadä  gezeigt,  wie  man  Husain's  und 
Jezid's  Tod  in  einen  ursächlichen  Zusammenhang  gebracht  hat:  man 
läßt  den  Chalifen  zur  Strafe  den  Feuertod  sterben.  In  gesteigerter 
Form,  ausgeschmückt  mit  den  Zügen  internationaler  Wanderlegenden, 
findet  sich  diese  Erzählung  vom  Feuertod  in  einer  jüngeren  zaiditischen 
Sammlung.  Badr  addln  Muhammed  b.  Ahmed  b.  Jahjä  b.  Muzaffar 
(um  900 H.)  gibt  in  at  targuniän  al  vmfattih  U lamarät  kama'im  al  hiistän  4) 


')  Vgl.  zur  Frage  O.  Abel,  Die  Legende  vom  hl.  Johannes  von  Nepomuk  1855;  und 
auch  E.   Reim.\nn  in  Sybels  Hist.  Zeitschrift.  XXVII  (1872)  225  ff. 
-)  Mustafa  Nüri  bei   Tu.   Menzel  1.  c.   CXXXXIII,   CLVII. 

3)  H.  Lammens,  Le  califai  de  Yasld   I^r  in  Mclanges    Be>Touth  IV  (1910)  p.  259  f, 

4)  Eine  Handschrift  findet  sich  in  Brit.  Mus.  907.    Mir  war  nur  eine  Wiener  Hand- 
schrift, Nr.  28  der  GL.\SER'schen   Sammlung  =    Xr.  173  im  GRÜNERX'schen  Verzeichnis, 


Analecta  haeietica.  3l 

(Brockelmann  II  l86  zu  5.  i)  nach  zumeist  ungenannten  früheren 
Quellen  einen  Abriß  der  Juristen-  und  Theologenklassen  und  bio- 
graphische Skizzen  der  namhaften  *Aliden,  zumal  der  'alidischen  Mär- 
tyrer, und  der  omaijadischen  und  *abbäsidischen  Chalifen.  Der  Ab- 
schnitt über  die  *Aliden  trägt  sehr  stark  die  Züge  christlicher  Martyro- 
logien.  Wie  es  um  die  Objektivität  gegenüber  den  Feinden  steht,  mag 
die  Bemerkung  am  Schluß  des  folgenden  Textauszuges  zeigen,  wonach 
Mu^äwija  IL  wegen  'alidischer  Gesinnung  von  den  Merwäniden  umge- 
bracht sein  soll.     Das  Ende  des  JezTd  I.  wird  folgendermaßen  erzählt: 

LaJL^    ^J^*•^■^     ^^■>5\     U>->;-=>     ^J"     !^^^      ^^»-^    '-^HjJ     ^'-^'^    J^^     C-     d^^^     Q''^     ^-»"^ 

J.jLä   Lj   c^i^    ^.    'J5    ^    'O-J'^ÄJ    ^i)Lpj    L/a    i3i.Ä5    cy-ÄJls    '».g-i^-J    »^^KSiiji    *jü 

<.;>.5   LPiAj^J  i*./JiÄii.5   *.0   LiJ-/i3xi    xXXavUS    uJi-»-«^J>     ,  ^Ji     u-^iiV'    /*-*J-o    J^,».^     c>-ÄJ 
; -^  ••■  .      \.-^     ••  ••  Kjr         ■    -'      \ 

j^i-S    /  ä./ii./aJ>    i\.^\h3  ^3.    [Cod,  .  .  .  ^2.J»U.Lw  .  .   .  ]    J'-^iA^  u    ^L*^-iJ    ^  .^    (M-^^ 
«.^5    ^^^PtXiS    -bLsl     'uj-xiöl     J.     wi>L^     ,.^Aw.s>l     ^     i;L,*iiAj     rCod.     *.xxi3l     Isxxlb» 

•  ••    r       V  -^    ^  l5^  ^     v_j        >       ^        ^^  ^ 

i — /  -^  L  )^-v^  •  •  ■•         J  LJ-  (^  >       ••     i^ '         ^ 

0^.^!    U^LLaXavIs    u^äJl    lXäc    LaSfcS    ji^^iJ    LCsi^ti    i^pj>    xi!     ttAÄ;C£:Ls    LL^jj^ 

l_»Ji3Li     ,l..g.Äi!     ,.j'l5'    iJLs    i^aJ-LP    Lä]._iJ'i.5    ^-y^s:*    LJ    e^ij       J    lXI    »Lij.c    Lj    ^.L'5 
lAJiJ    ,••»■5    XJ»!.*/«    /».'.i  .,t..>>ÄjS   L,liij  ,\»Äi.J)   ,.,.5^    öl»    ,LiJ)  .•Y'«  —  ..^o  ,.,Li>>\j5 


zugänglich.  Sie  scheint  in  Einzelheiten  abzuweichen.  Der  Verfasser  wird  'Izz  addln  M. 
b.  A.  b.  Muzaftar  genannt,  im  Titel  fehlt /ama/Y?;.  Der  folgende  Text  steht,  ii  Vorblättcr 
abgerechnet,  auf  fol.  29  b.  —  Herr  Hofrat  Prof.  Dr.  v.  Karab.\cek  hatte  die  Güte,  mir 
die  Handschrift  zur  Benutzung  zu  überlassen.  Herrn  Prof.  Dr.  Brockelmann  durfte  ich 
um   Rat  bei  Lesung  einiger  unsicheren   Stellen  angehn. 

Islam.     IV.  6 


32  R.  Strothmann, 

^>.^^,  cy^i  ''^H  [Cod:    ^^„ixc]    ^^^j^s-    Jyji^    ^^  O^^J    *~^^^^  ^"-^ 

...1^-«  j.>o    x«-w    liVio    i3>^^5    '*:^;^'    j>-^' 

»Die  letzte  Lebensnacht  des  Jezid  —  AUäh  der  Erhabene  verfluche 
ihn!  —  war  herangebrochen.      Seine  Gattin  hatte  das   Schlafgemach 
verlassen,  um  etwas  zu  besorgen.     Da  standen  plötzlich  Männer  vor 
ihr  mit  feurigen  Schwertern  in  den  Händen.     Die  sprachen:  ,Der  Herr 
des  Himmels  ist  ergrimmt  über  den,  der  da  wohnt  in  diesem  Hause.' 
Da  kehrte  sie  zurück.     Fast  hätte  sie  den  Verstand  verloren.     Jezid 
aber  —  AUäh  verfluche  ihn !  —  lag  im  Schlaf.  Sie  stieß  ihn  mit  dem  Fuße 
an,  so  daß  er  erwachte.     Da  sagte  er:  , Was  ist  dir  (zugestoßen)?'     Sie 
sprach:    ,Ichunddu,  wir  passen  nicht  zusammen,  du  Mörder  des  Nach- 
kommen   des   Gottgesandten  ■ — •  Allah    bete   über  ihn   und  gebe   ihm 
Heil!'    Er  entgegnete :   ,Du  lebst  nur  der  Liebe  des  Geschlechtes  Muham- 
med's.      Ich  nähre  dich  doch   und  sammle  Geld  für   dich,   und  dabei 
nennst    du   mich   einen   Ungläubigen.'      Sie  erwiderte:     .Wer  ist  denn 
ein  schlimmerer  Ungläubiger  als  du,    hast  du  doch  den  Enkel  Muham- 
meds  —  Allah  bete  über  ihn  und  gebe  ihm  Heil!  —  getötet!'    Da  sprang 
er  nach  seinem  Schwert  '  und    zog  blank,     um   sie   zu  schlagen.     Sie 
aber  wehrte  ihn  mit  der  Hand  ab,  so  daß  das  Schwert  auf  ihn  selbst 
zurückfiel    und    ihn    zwischen    den    Augen    verwundete.      Am    andern 
Morgen  begab  sie  sich  zu  ihrer  Sippe.     Da  nun  eine  große  Trauer  über 
ihn  kam,  ging  er,  um  sich  zu  zerstreuen,  aus  auf  die  Jagd  in  der  Ebene 
von  Damaskus.     Da  erblickte  er  eine  weiße   Jungfrau,  wie  es  keine 
schönere  geben  kann.     In  den  Ohren  hatte  sie  goldenes  Gehänge.     Da 
verlockte  es  ihn  nach  ihr,  und  er  verfolgte  sie  immer  weiter,  wobei  sie 
ihn  selbst  anlockte,  bis  sie  mit  ihm  an  den  Fuß  eines  Berges  kam  und 
in  eine  Höhle  eintrat.     Da  stieg  er  von  seinem  Pferde,  band   es  an 
einen  Felsen  (so!)  und  trat  in  die  Höhle,  fand  sie  aber  nicht,  und  als  er 
herausgehen  wollte,  schloß  sich  die  Höhle  vor  ihm.      Da  er  nun  lange 
ausblieb,  folgten  ihm  zwei  seiner  Wezire.     Die  fanden  das  Pferd  ange- 
bunden und  glaubten,  er  sei  ausgetreten,  um  das  Wasser  abzuschlagen, 
und  sie  warteten  bei  dem  Pferde.     Als  die  beiden  aber  dem  Gefolge  zu 
lange  ausblieben,  kam  es  heran  und  sprach:    ,Wo  ist  der  Herrscher?' 
Sie  sprachen:    , Wissen  wir  nicht.'     Man  erwiderte:    ,Ihr  beide  habt 
ihn  getötet.'     Sie  sagten:    ,Neinl'    Und  während  sie  so  im  Streit  waren, 
horch!  da  hörten  sie  einen  Aufschrei  in  der  Höhle,  und  sie  sahen  Feuer- 
zungen und  hörten  ihn  —  Allah  verfluche  ihn!  —  sagen:    , Zu  Hilfe! 
Was  habe  ich  mit  dir  zu  schaffen,  o  Husain?'     Da  flohen  sie  eilends 
davon.     Und  wenn's  Tag  war,  sah  man  Rauch,  war's  aber  Nacht  ge- 
worden, Feuerflammen  aus  der  Höhle  aufsteigen.« 


Analecta  haeretica.  g:^ 

Der  Ritter  auf  der  Jagd,  der  von  einem  seltenen  edlen  Wild  ver- 
lockt in  den  verzauberten  Berg  gerät!     So  haben  Muslime  im  Chalifen 
Jezid  I.  eilten  Träger  gefunden  für  das  frei  neben  der  offiziellen  Re- 
ligion herlaufende  Singen  und  Sagen,  mit  dem  die  Volksphantasie  das 
Reich  der  Geister  aufzuritzen  sucht,  um  sich  einen  Blick  aus  Fegefeuer 
und  Hölle  zu  stehlen.     Die  einzelnen  Züge  sind  allvertraut:  die  bretoni- 
sche   Fee    und   ihre   grotte-es-chiens,    der   weißer   Rauch    entsteigt  ^). 
Statt  »weiße  Jungfrau«  wäre  oben  an  sich  auch  die  Übersetzung  »weiße 
Gazellenkuh«  möglich.     Vielleicht  deutet  das  im  Text  gewählte  Wort 
::abja  darauf  hin,   daß  eine  frühere  Form  an  wirkliches  Wild  dachte 
Dadurch  ist  man  noch  mehr  an  den  weißen  Eber  im  Lai  de  Guingamor  ^j 
oder  an  die  weiße  Hindin  im  Lai  de  Graalent  und  an  den  weißen  Zehn- 
ender  im  Dolopathos  erinnert.     Man  denkt  auch  an  König  Artus  und 
Twrch  Trwyth  3).     Dem  Deutschen  ist  hierfür  am  geläufigsten  die  Sage 
vom  Freiherrn  Albrecht  von  Simmxrn  4),  der  auf  der  Verfolgung  eines 
großen    schönen    Hirsches    in    das    unheimliche    Geisterschloß    gerät, 
welches  zu  Feuer,  Pech  und  Schwefel  wird  unter  jammervollem  Schreien 
und    Klagen    der  Geister.     Diese  Erzählung    hat    mit    der  JezTdsage 
auch  das  vermeintliche  historische  Detail  gemeint.     Es  werden  wirk- 
liche Personen  genannt:  neben  dem  Helden  z.  B.  der  Herzog  Friedrich 
von  Schwaben,  und  die  Erzählung  schließt:   »Die  Geschichte  hat  sich 
im  Jahre  1 134  unter  Lothar  H.  begeben. «    Aus  der  iüdisch-talmudischen 
Folklore  ist  man  an  Elisa'  b.  Abaja  erinnert,  den  großen  Gelehrten, 
aber  sündigen  Menschen,  der  sich  den  bösen  Namen  Rabbi  Aher,  »der 
Ausgeartete«,   verdiente,   und  aus  dessen  Grab  gleichfalls  Rauch  auf- 
stieg 5).      Aus   dem  jezidisch-'aditischen   Legendenkreis  hat   FRA^K^) 
eine  gleiche  Vorstellung  bekannt  gegeben.     Ganz  kann  man  hier  auch 


')  W.   Hertz,   Spielmannsbuch  'i,    Stuttgart- Berlin   1905.      S.  67. 
*)  Ibid.   S.  122  ff.  und  no.  6  auf  S.  3S6. 

3)  Vgl.  F.  Lot  in  Romania  XXV  (1896)  p.  590  f. 

4)  J.  u.  W.  Grimm,  Deutsche  Sagen  Nr.  528  in  derAusgabe  von  1816/18;  vgl.  auch 
Hertz  a.   a.    0.   367. 

5)  T.  Babli,  Chag.  15  b,  bei  L.  Goldschmidt  HI  836;  vgl.  W.  Bacher,  Die  Tan- 
naiten  1890  I  433  no.  4.  —  NB.  Die  talmudische  Würdigung  des  Rabbi  Aber,  nämlich  die 
Annahme  seiner  Lehren  und  Anerkennung  seiner  Wirksamkeit  unter  Verwerfung  seiner 
sittlichen  Persönlichkeit,  zeigt  den  antisektiererischen  Katholizitätsbegriff  im  Judentum. 
A.  a.  0.  wird  der  Grundsatz  aufgestellt:  »Die  Gelehrsamkeit  eines  Schriftgelehrten  ist 
nicht  verwerflich,  auch  wenn  er  gesündigt  hat.«  Und  von  Aher's  großem  Schüler,  Rabbi 
Meir,  pflegte  man  zu  sagen:  »Er  aß  die  Dattel  und  warf  den  Kern  fort«,  oder  ». .  .  die 
Frucht  des  Granatapfels  und  warf  die  Schale  fort.«  —  Diese  Stellen,  freilich  nur  Gemara, 
mögen  als  positive  Ergänzung  zu  meinem  Kultus  der  Zaiditen  S.  72  no.  8  f,  nachgetragen 
werden. 

6)  A.  a.  0.  S.  66  u.  no.  i  aus  manäqib  aS  saih  'AdJ  b.  Miisäfir. 

6* 


84 


R.  Strothmann, 


die  Erinnerung  an  die  althebräische  Schekhinavorstellung  nicht  los- 
werden: »des  Tages  eine  Wolken-,  des  Nachts  eine  Feuersäule«  ^j. 

Die  vorstehende  Jezidlegende  stammt  in  dieser  Form  von  den 
Feinden,  ist  also  eine  Version  in  malam  partem,  kann  somit  keinen 
positiven  Beitrag  zur  Frage:  Jeziden  und  Jezid  I.  liefern.  Immerhin 
zeigt  sie,  wieviel  Wunderbares  der  Name  des  Chalifen  tragen  konnte, 
und  illustriert  durch  eine  argumentatio  e  contrario  die  Möglichkeit 
jener  sonderbaren  Erzählungen  von  seiner  wunderbaren  Geburt,  seiner 
Ilypostasierung  der  Gottheit  (Yezidi  Texts)  und  der  Verehrung  des 
Sandschak-Hahnes  Jezid  b.  Mu'äwija,  der  durch  'Ömer  Vehbi  Pascha 
konfisziert  wurde  -). 

Ist  es  bei  dem  Omaijaden  Jezid  der  Opfertod  des  einen  vielver- 
götterten Prophetenenkels,  der  seinem  Namen  den  Fluch  weitester 
Muslimenkreise  angehängt  hat,  so  ist  es  bei  dem  *Abbäsiden  Mansür 
das  Martyrium  der  vielen  'Allden,  die  sich  zu  regen  gewagt  oder  auch 
nur  verdächtig  gemacht  hatten.  Zugleich  jedoch  können  auch  seine 
erbittertsten  Gegner  sich  der  Anerkennung  seiner  staatsmännischen 
Fähigkeit  nicht  verschließen.  Denn  er  konnte  auch  unnötiges  Blut- 
vergießen vermeiden,  den  nicht  Unversöhnlichen  Brücken  zu  sich 
herüber  bauen  und  wurde  so  unter  den  zerrissensten  Verhältnissen 
der  Befestiger  des  Chalifates  von  Bagdad.  Eine  solche  gegnerische 
Würdigung,  gemischt  aus  fürchtendem  Haß  gegen  seine  Tatkraft  und 
widerwilliger  Achtung  vor  seiner  Klugheit,  hat  ihren  Ausdruck  gefunden 
in  einer  Erzählung,  deren  literarische  Form  ebenfalls  altes  Wandergut 
ist.     Es  handelt  sich  um 

3.  E  i  n    a  p  o  k  r  y  p  h  e  s  T  e  s  t  a  m  e  n  t    des    M  a  n  .s  ü  r. 

Nach  Aufzählung  vieler  Opfer  des  Mansür  führt  unser  selbe  Badr 

addin  Muhammed   b.    Ahmed  b.   Jahjä  b.  Muzaffar   in    seinem  oben 

genannten  at  targiimän  al  ninjattih  fort : 

1.  c.    fol.  32  a    *U<il     ^.iiS    *PJJ\3     J.     cvlxs    *.-.£     -^ 
-  >        } 

(__t  ^  (__t.    ...  ^     «^         .  •       (_t.     ^ 

>^w.^vAoi   *.P.    X-t>..J-j   ^.*j   '.\sS   .V.J  ,  v-.-«^     -P,    ^.^^S!    sÄP    J.    eVÄJL^^^ 

o 

.N.S-S    /»-~Ä/«^    S-^2-*    i,JÜ^    ^LoLe      v*->Jl5    «i)->.iJ     --a!    ^zJ     i^J^^Ji     :^\^ 

')  Exodus  13,  21.  22. 

^)  -Mustafa  Nüri  bei  .Menzel  a.  a.  0.  CLXXX\"I. 


u 


Analecta  haeretica.  gs 

^Ai    w     l^JLiÄ^i     LX3    f*-^^-i    d^^^^*    j.jiKi-j    \jXiX^^    (As    .nJ^Ä*.»]-;    »wJjij 


i;^^!    .-:.>Lx    ^-^.J    ^_^IlX/>    *J.    -  ;^».i-.J    -^-*J    '•>-i-5    *-^    •s-*:^    ^•-:-^     ^^^^ 

t^    ^»-g-Jlc     wO^_.     '.äjO    liVj^i    r)3^^^'^:^3     /T^'^^'^*"'"^      O^     (*"*     C*     '^         '^^ 

Jii  ^^i  ,;-o*4^!»  ^vOfc^il  üwiJl  Q.*>  tJ^-J'  '-•♦^  •V;^  »wXiS  i.i:^~o  j*^;^'  vS 
lX.5  1  ^Ä>  *w-2xii  iL^j^!.  *1-C!  c>.>^'^  J^-J  i^^i^J  «A'i  '1-^  i<\2\  N-Oi-  <.-i.äj 
ou3w;-J! .  j'uiJ!  JjoJ!  ^<i^l   c^i^    ZiJi  i^^^i  ^\v^^«--'-?  ^^'>3  [Cod.  J^^] 

»Wie  viele  und  aber  viele  Menschen  hat  al  Mansür  umgebrachtl 
Der  Bericht  würde  zu  lang,  wollten  wir  sie  aufzählen.  Drum  wehe  ihm 
vor  der  Strafe  Gottes;  ja  dreimal  Weh!  —  Es  ist  überliefert  worden: 
Als  sein  Ende  — •  Allah  verfluche  ihn!  —  nahekam,  gab  er  seinem 
Sohne  Mahdi  ein  Testament  und  sprach  zu  ihm:  ,Du  siehst,  es  geht 
mit  mir  zu  Ende.  Ich  baute  dir  diese  Stadt,  wie  ihresgleichen  weder 
im  Heidentum  noch  im  Islam  gebaut  worden  ist  —  er  meinte  Bagdad  — 
und  ich  sammelte  dir  Gelder  und  Heere,  wie  sie  kein  Chalif  vor  mir 
gesammelt  hat.  Nun  hinterlasse  ich  dich  als  Chalifen  dieser  Gemeinde. 
Sie  zerfällt  in  fünf  Parteien.  Die  eine  heißt  Murgi'iten.  Es  sind  Leute 
der  Rechtsprechung  und  der  Zeugnisse  ^).  So  gib  ihnen  etwas  von 
deinen  Dingen  dieser  Welt,  dann  droht  dir  von  ihnen  kein  Verderben. 
Eine  andere  Partei  sind  die  Mu'taziliten.  Sie  beschäftigen  sich  mit 
dogmatischer  Dialektik.  Laß  ihnen  ihre  Beschäftigungen,  dann  droht 
dir  von  ihnen  kein  Verderben.  Und  eine  andere  Gruppe  sind  die 
Härigiten.  Sie  vertreten  Richtungen,  die  die  Islämgemeinde  verab- 
scheut, drum  kümmere  dich  nicht  um  sie!  Eine  andere  Gruppe  sind 
die  Imämiten.  Sie  erwarten  einen  Imäm,  bei  dem  soll  der  Wunder- 
mann (?)  sein,  und  das  Schwert  in  dessen  Hand  soll  reden  3).  Das 
aber  wird  nicht  eintreten.  Und  die  fünfte  Partei  sind  die  Zaiditen. 
Ihr  Grundsatz  ist:  Empörung  mit  jedem  sich  Empörenden  aus  dem 
Geschlecht  der  Fätime.     Das  halten  sie  für  eine  Glaubenssache  und 


I)  Ist    an  die  Anerkennung    des    bestehenden    Rechtsstaates    und  seiner   Rechtsein- 
richtungen gedacht  ?    Vielleicht  liegt  auch  eine  Erinnerung  daran  vor,  daß  nach  der  Sage 
der  Murgi'it  Abu  Hanifa  die  Annahme  eines  Richteramtes  abgelehnt  haben  soll,  während 
seine  juristischen  Schüler,    schon  ein  Abu  Jüsuf  und  Saibäni,  solche  Ämter  bekleideten. 
2)  mu'-iiz  ist  mir  unklar.  (Sollten  imäm  und  mu^giz  dem  näiiq  und  xämit  entsprechen  ?) 


86  R.  Strothmann,  Analecta  haeretica. 

für  eine  ihnen  auferlegte  Pflicht.  Drum  richte  dein  Denken  und 
Trachten  nur  gegen  sie,  gibt  es  doch  kein  Verderben  für  deine  Herr- 
schaft außer  ihnen.'  Verwende  deine  Gelder  und  deine  Heere  gegen 
sie!'  —  Siehe  solch  ein  Testament!  Allah  verfluche  den,  der  das 
Testament  machte,  und  den,  der  es  empfing!  Nicht  hat  Mansür  — 
AUäh  verfluche  ihn!  —  sich  begnügt  mit  dem,  was  er  getan  hatte  an 
den  edlen  Gliedern  des  hl.  Hauses  und  den  hohen  Imämen.  Er  be- 
kräftigte dies  noch  durch  das  gemeine  Testament.  Herr  Gott!  Du 
bist  der  gerechte,  scharf  untersuchende  Richter,  der  den  Knechten 
austeilet  nach  Billigkeit!« 

Politische  Vermächtnisse  sind  eine  beliebte  Literaturform.  Man 
legt,  über  eine  rein  pragmatische  Geschichtsdarstellung  hinwegschrei- 
tend, markanten  Persönlichkeiten  selbst  als  Forderung  an  die  Zukunft 
in  den  Mund,  was  sie  noch  unvollendet  gelassen  haben.  In  der  Anlage 
erinnert  das  Vorliegende  stark  an  das  Testament  Davids  in  I.  Kön.  2. 
Der  Standpunkt  ist  ausgesprochen  der  der  Zaiditen,  die  stolz  sind, 
die  einzige  wirklich  gefährliche  innerstaatliche  ecclesia  militans  zu  sein. 
Auffällig  geringschätzig  ist  das  Urteil  über  die  Härigitengefahr.  Ent- 
weder beruht  die  Bemerkung,  daß  sie  im  Islam  keine  Sympathien 
genössen,  auf  bequemem  Neid,  oder  der  Satz  stammt  aus  einer  Zeit, 
da  die  Härigiten,  oder  was  unter  ihrem  Namen  ging,  sich  durch  Ex- 
zesse um  allen  Kredit  gebracht  hatten  und  in  die  entlegenen  Reichs- 
teile abgedrängt  waren.  Die  Bemerkung  über  die  Murgi'iten  ist.  falls 
wir  sie  recht  verstehen,  ein  Protest  gegen  jeden  Kompromiß;  die  über 
die  Mu'taziliten,  die  doch  den  Zaiditen  befreundet  sind,  eine  energische 
Betonung  des  staatsrechtlichen  Motivs  in  der  zaiditisch-schi'itischen 
Frage;  und  zwar,  wie  der  halb  mitleidige  Satz  über  die  Imämiten  zeigt, 
im  Sinne  eines  handfesten  politischen  Realismus. 


Translations  of  the  Greek  Aphrodito  Papyri 
in  the  British  Museum. 

By 

H.  I.  Bell. 

(Continued.)^) 

1434,  11.  17—26. 

Phamenoth  II,  I3th  ind.,  written  Mecheir  2,  same  ind.,  by  the — th 
Warrant,  brought  -)  by  Ma'bad  b.  'Abd  al-Rahmän  the  Cou- 
rier, for  sailors  for  the  acatia  and  dromonaria  of  the  raiding 
fleet  of  Egypt  in  the  I4th  ind.,  year  96,  for  5  months  without 
supplies,  giving  to  each  for  wages  for  the  said  5  months,  with 
1/2  s.  for  provisions  (on  the  journey)  as  far  as  the  mouths  (of 
the  Nile),  yjz  s.:  — 

Five  Fields,  2^/2  sailors  and  provisions  1^4  s. 
Two  Fields,   1V2  sailor,  provisions  3/4  s. 
Total,  4  sailors  at  2  s. 

Same  day,  written  Mecheir  2,  I3th  Ind.,  by  the  ist  Warrant,  brought 
by  Ma'bad,  for  sailors  for  the  acatia  and  dromonaria  of  the 
coastguard  fieet  at  the  mouths  (of  the  Nile),  in  the  present 
I3th  ind.  and  the  raid  of  the  I4th  ind.,  year  96,  5  sailors  for 
7  months  without  supplies;  giving  to  each  for  wages  for  the 
Said  7  months,  with  1/2  s.  for  provisions  (on  the-  journey)  as 
far  as  the  mouths,  4  s.:  — 
Village  of  Aphrodito,  5  sailors,  provisions,  2^2  s. 

Phamenoth  20,  by  letter  of  the  Governor,  by  'Ubaid  b.  Shu'aib 
the  Courier  concerning  a  labourer  3)  at  Ainu  '1-Jar  who  re- 
turned  to  Babylon. 


0  Vgl.  Bd.  II,  269  ff.;  372  ff.;  HI,   132  ff.;  369  ff. 

2)  The  proper  extension  of  £>/-,  here  and  elsewhere,  is  no  doubt  sve^^D^vto;,  not  Iv/w- 

pi5&£vT0;,  as  stated  in  the  note  on  1.    17;  cf.   1.  48,  etc.,  v^ty^.    The  whole  entry  EyyiüpiCw 
in  the  index  should  be  deleted. 

3)  Or  "labourers". 


83  H.  1.  Bell, 

LI.  33—41- 

.  .  .  by  the  first  do.  (i.  e.  probably  "warrant",  iziSTaXjxa), 
written  Tybi  6,  I3th  ind.,  for  the  wages  and  supplies  of  one 
labourer  for  a  blacksmith  employed  on  the  orchard  of  the 
Amir  al-Mu  'minm  . . .  at  Babylon  for  6  months  from  Hathyr 
6,   I3th  ind.,  5  s. 

By  the  — th  Warrant,  broughtPharmouthi2,  I3th  ind.,  and  written 
Phamenoth  3,  same  ind.,  for  sailors  for  the  castellated  carabi 
and  two-banked  galleys  of  the  raiding  fieet  of  Egypt  in  the 
I4th  ind.,  year  96,  29  sailors  for  5  months  without  supplies, 
eiving  to  each  for  wages  for  the  said  5  months,  with  1/2  s.  for 
provisions  (on  the  journey)  as  far  as  the  mouths,  3V2S.:  — 
[specification  of  the  itcms,  11.  38 — 41.] 

LI.  48—60. 

Same  day,  by  another  brought  by for  sailors  for  the  raiding 

fleet  of  the  Orient,  7  sailors  for  6  months for  2  months 

I  s.  to  each  sailor  for  provisions  on  the  journey 

Village  of  Aphrodite,   2^/2  sailors. 
Five  Fields,  2  sailors. 

Pakaunis,  l  sailor. 

Three  Fields,  1V2  sailor. 

Pachon  3,  I3th  ind.,  by  the  requisition  of  2000  artabas  of  wheat 
for  the  embola  of  the  I4th  ind.  from  the  administrative  district 
of  the  village  of  Aphrodito,  (assessed)  by  Apa  Cyrus  son  of 
Andrew,  Victor  son  of  Theodosius,  and  John  son  of  Theodore 
from  [Aphrodito?],  Menas  son  of  Colluthus  from  Five  Fields, 
Andrew  the  priest  from  Two  Fields,  Theodore  from  Psyrus, 
John  the  oil  manufacturer  on  behalf  of  the  monasteries,  and 

Pat and  Panisneu  from  Poimen:  — 

[specification,  11.  54 — 56.] 

Pachon  5.  I3th  ind.,  brought  to  Abutlg  (or  "to  the  magazine")  in 

accordance  with  the  letter  of  the  Governor  for  the  post-horses 

of  the  posting  Station  at  the  village  of  Mounachthe:  — 

Men  of  St.  Mary,  salary  of  the  chief  stableman,  l  person,  2  s. 

Emphyteutae,  wages  of  a  groom,  l  person,  1V2  s. 

Bounoi,   I   saddle,  ,  I  s. 

.     Keramion,   i   saddle,  l  s. 

Pakaunis,   I  s.,  viz.:  —  2  bits,   Va  s.  2 ,  V2  s. 

Total,  6V3S. 

LI.  71—79- 

Payni,  I4th  ind.,  by  letter  of  Käsim  b.  [         ],  deputy  (?)  of  *Usä- 


Translations  of  the  Grcek  Aphrodito  Papyri  in  the  British  Museum.  89 

mah,  written  Pachon  20,  I4th  incl.,  for  the  dykes  and  canals 
of  your  village,  50  men,  and  13  cables,  13  chisels. 
»  [specification,  11.  73 — y6.] 

Epeiph  4,  by  letter,  70  shirts  of  coarse  quality  for  the  subsidy  of 
the  Government:  — 

[specification,  11.  78,  79.] 
LI.  92—99. 

By  the  Governor's  Warrant  brought  Thoth  6,  I4th  ind.,  and  written 
Epeiph  28,  I4th  ind.,  for  the  cleaning  of  the  barges  {>)  con- 
veying  wheat  and  other  articles  from  Touo  to  Clysma,  by 
Muhammad  b.  Abi  Habibah  the  Superintendent,  for  4  months, 
in  the  present  I4th  ind.,  2  caulkers  at  1V2  s.  per  month,  12  s. 
One  carpenter  at  1V4S.  per  month,  5  s. 
[specification,  11.  96 — 99.  ] 
LI.  107 — 118. 

Total,  lump  iron,  dirty,  3  quintals,  when  cleaned,  2  quintals. 
scrap  iron,  dirty,  1^2  quintal,  when  cleaned,  i  quintal,  121/3 
litrae. 
By  another  brought  Thoth  23,  I4th  ind.,  written  Tybi  l,  I3th  ind., 
price  of  —  xestae  of  milk  for  butter,  at  l  s.  each,  for  making 
butter  for  Government  service,  by  Thaubän  (?)  and  'Umair 
the  commissioners  of  Stores,  for  4  months,  in  the  present  I4th 
ind.:  — 

Village  of  Aphrodito,    14  xestae,   14  s. 
Emphyteutae,  V2  ^-  V2  s. 

Pakaunis,  wages  and  supplies  of  one  labourer,  3  s. 
St.  Pinoution,  24  jars,  5/«  s. 

Psyrus,  V2  X-  V2  s. 

Bounoi,  Va^-  V2  s. 

Poimen,  V^  ^-  Va  s. 

Same  day,  written  Mesore  24,  I4th  ind.,  for  the  requirements  of 
the  carahi  and  acatia  and  other  (ships)  in  thelsland  of  Babylon, 
by  Al-Käsim  b.  Ka'b  the  Superintendent,  in  the  present  I4th 
ind.,  and  (for)  the  raid  of  the  I5th  ind.,  2  quintals  of  copper 
chains,  and  if  they  make  a  money  composition,  8V3  s.  per 
quintal:  — 

Village  of  Aphrodito,  2  quintals  of  copper  chains,   16V3  s. 
Same  day,  written  Mesore  24,  I4th  ind.,  for  the  fitting  up  of  the 
carabi  and  other  (ships)  in  thelsland  of  Babylon,  by  Al-Käsim 
b.  Ka'b   the  Superintendent,   in   the  present   I4th  ind.,   and 


90  H.  I.  B  e  1 1 , 

(for)  the  raid  of  the  I5th  ind.,  —  pads,  and  if  they  make  a 
money  composition,  l  s.  for  4V2  pads. 
( [specification,  11.  117,   118.] 

LI.  127 — 140. 

....   which  were  requisitioned  by  Kurrah  b.  Sharik:  — 

Village  of  Aphrodito,  150  artabas  of  wheat  at  I  s.  per  10  ar- 
tabas,  15  s.;  50  artabas  of  barley  at  l  s.  per  20  artabas,  2^2  s. ; 
total,   l7Va  s.  • 

[etc.  11.  128—134.] 

Phaophi  19,  I4th  ind.,  by  another  written  Pachon  5,  I3th  ind.,  in 
place  of  the  sum  advanced  from  the  Treasury  for  part  of 
the  wages  of  sailors  and  skilled  workmen  for  the  acatia  in- 
tended  for  the  coastguard  fleet  at  the  mouths  in  the  I3th 
ind.,  year  95,  who  returned  in  the  I4th  ind.,  year  96. 
[specification,  11.  137 — 140.] 

LI.  148 — 160. 

Hathyr  30,  I4th  ind.,  written  Ilathyr  6,  same  ind.,  for  blacksmiths 
engaged  in  work  on  the  carabi  ....  in  the  present  I4th  ind., 
3  labourers  for  6  months:  — 
Aphrodito,  2  labourers. 
Five  Fields,   l  labourer. 

By  another  brought  Hathyr  7,  I4th  ind.,  written  Epeiph  2,  same 
ind.,  for  the  building,  cleaning,  and  fitting  up  of  the  ships  of 
Clysma  by  Muhammad  b.  Abi  Habibah  the  Superintendent, 
in  the  present  I4th  ind.,  year  96,  10  acacias,  55/6  s.,  8  cables 
of  palm-fibre,  4-/3  s.,  50  pads,  10  s. ;  total,  2073  s. 
[specification,  11.  153 — 160.  ] 

LI.  172 — 179. 

Hathyr  18,  I4th  ind.,  by  an  order  brought  by  Menas  son  of  Kerker 
the  soldier  from  Apollonopolis:  — 
Paid  for  seed  corn  ^),  42^/3  s.    • 
For  part  of  the  carriage  by  camel,  20  s. 
For  money-composition  for  w^heat  for  the  embola  of  the  I2th 

ind.,  20-/3  s. 
For  the  maintenance  of  the  horses  at  Mounachthe,  9V2  s. 

Hathyr  20,  I4th  ind.,  written  Phaophi  ii,  I4th  ind.,  for  the  com- 
plement  (of  the  requisition)  for  the  cleaning  of  the  carabi 
and  acatia  and  other  (ships)  in  the  Island  of  Babylon,  by 
Al-Käsim  b.  Ka*b   the   Superintendent,   in   the  present  I4th 


^)  Or  possibly  for  expenses  connected  with  the  Operation  of  sowing;    but  it    seems 
likely  that  the  word,  properly  "sowing",  is  here  used  of  the  corn  sown. 


Translations  of  the  Greek  Aphrodite  Papyri   in  the  British  Museum.  gi 

ind.,  and  (for)  the  raid  of  the  I5th  ind.,  year  97,  copper  chains, 
3  quintals,  their  price  being  62/3  s.  per  quintal;  total,  20  s.:  — 
Vilkge  of  Aphrodite,  2  quintals  of  copper  chains,  13V3  s- 
Five  Fields,  V2  quintal,  3V3  s-,  in  arrear,  requiring  to  be  col- 

lected  by  Victor  the  supercargo   (?). 
Pakaunis,   V2  quintal,   3V3  s-,  in  arrear,  requiring  to  be  col- 
lected  by  Victor  the  supercargo  (?). 
LI.  189 — 196. 

By  another  brought  Tybi  2,  I4th  ind.,  written  Pachon  6,  I4th 
ind.,  for  part  of  the  supplies  for  the  servants  of  the  Amzr  al- 
Mu'minfn  in  Egypt,  for  12  months,  in  the  present  I4th  ind., 
year  96,  60  s. 

[specification,  11.  191 — 196.] 

L.  207. 

By  another  brought  — ,  written  the  same  month,  concerning  pro- 

visions   (on  the  journey)   for   15  sailors,  at   1V2  s.  per  sailor, 

for  the  raiding  fleet  of  Egypt. 
LI.  224 — 231. 
By  another  brought  Mecheir  17,  written  Tybi  7,  same  ind.,  for  the 

complement  of  copper  chains,  2  quintals,  at  62/3  s.  each,  for 

the  raiding  fleet  of  the  Sea,  by  Al-Käsim  b.  Ka'b  and  Yazid 

b.  Abi  YazId,  I5th  ind.,  year  97:  — 

Village  of  Aphrodito,  I  quintal  of  copper  chains,    6^/3  s. 

Two  Fields  50  litrae  3V3  s. 

Emphyteutae  25  litrae  i^J-^  s. 

Poimen  25  litrae  1-/3  s. 

Total,  2  quintals,   13V3  s- 
By  another  brought  Mecheir  13,  I4th  ind.,  written  Hathyr  6,  I4th 

ind.,  furnished  for  the  price  of  the  underwritten  articles  for 

supplies  and  maintenance  of  the  horses  of  an  Arab  notary 

in  the  suite  of  the  most   illustrious  pagarch,   for   2    months, 

in  the  present  I4th  ind.,  23/4  s. :  — 

In  money,  2^/3  s.,  viz. :  — 

Sheep,  4  at  V2  s.   each,  2  s. 

[?Oil],   I   measure,  6x.,  ^/^  s. 

And  from  the  embola,  V2  artaba  of  wheat 

5   quintals,  V"  s- 

LI.  241 — 252. 

By  another  brought ,  written  Pachon  5,   I3th  ind.,  for  the 

complement  of  the  wages  of  the  underwritten  sailors,  4  per- 

sons,  of  your  village  sent  to  the  Orient  for  the  sailors  of  the 


92  H.I.Beil, 

acatia  and  dromonaria  for  the  raid  of  the  I2th  ind.,  who  set 
out  from  Laodicea  and  returned  in  the  present  I3th  ind.:  — 

Village  of  Aphrodito,  John  son  of  Apa  Ter    V2  s. 

Phoebammonson  of  Gamoul. .    Vz  s. 
Phoebammon  son  of  Dionysius    ^2  s. 
George  son  of  Bartholomew  ...  ^/z  s. 
....    the  complement  of  the  wages  of  Musaeus  son  of  Pson 

from  Aphrodito,  sent  to  the  Orient,  V2  s. 
....   4  arourasof  fodder  at  I  s.  eachandpart  of  themaintenance 
of  14  horses  at  the  posting  Station  of  Mounachthe  .... 
Kais  b.  'Ayyar  the  Superintendent,  for  4months  in  the  present 
I4th  ind.:  — 

Five  Fields,  l  aroura  of  fodder. 

Three  Fields,   i  aroura  of  fodder. 

2  bits  at  V4  s.  each,       Va  s. 

wages  of  the  chief  stableman 2  s. 

.    .    .    . ,  2    .    .    .    . ,      V2  s. 

wages  of  a  groom,   i   person    i^/zs. 

....   4  quintals  of   .    .    .    . ,  40  raw  hides. 

....    [by.^]   Psoius  the  dioecetes,  5  raw  hides,  by  the  leather- 

workcrs,   16  raw  hides. 
....    Apollos  the  prior,   l   quintal  of   ,    .    .    . 

1435,   I— 126^). 

In  God's  name.  Account  of  various  taxes  collected  and  spent  by 
Jeremias  and  Athanasius  the  collectors  for  the  village  of  Aphro- 
dito, in  the  I4th   {})  ind 

By  w'arrants  of  the  Governor. 
-)  Choiach  — ,  I3th  ind.,  for  the  cleaning  of  the  carabi  and  acatia 
and  dromonaria  which  are  in  the  Island  of  Babylon,  by  Al- 
Käsim  b.  Ka'b,  25V3S. :  — 

I   sailor  at   I-/3  s.  per  month,      6^/3  s. 

1  blacksmith  at  1-/3  s.  per  month 62/3  s. 

2  caulkers  at  1V2  s.   each   (.?), 12  s. 

Tybi  6,   I3th  ind.,  for  the  wages  and  supplies  of  i  labourer  .... 

for  a  blacksmith  employed  on  the   .    .    .    . ,   lO  s. 
Mecheir  2,  same  ind.,  for  part  of  the  wages  of  Onnophrius  .... 
the  pagarch  of  Latonpolis   .... 

1)  After  each  requisition  are  specified  the  respective  quotas  of  the  village  itself  and 
öf  Babylon.    These  it  seems  unnecessary  to  translate,  and  I  have  therefore  omitted  them. 

2)  Before  this  line  and  several  others  is  the  word  CTOtysI,  "correct",  "es  stimmt". 


Translations  of  the  Greek  Aphrodito  Papyri  in  tlie  British  Museum.  03 

Pachon  5,  same  ind.,  in  place  of  the  sum  advanced  from  the 
Treasury  for  part  of  the  wages  of  sailors  and  skilled  workmen 
for^the  acatia  intended  for  the  coastguard  fieet  at  the  mouths, 

13V2  s. 
Epeiph  2,  14 th  ind.,  for  the  building,  cleaning,  and  fitting  up  of 

the   ships   of   Clysma   by  Muhammad   b.   Abi  Habibah   the 

Superintendent,   Il5/6S. 

(Acacias)  of  8  palms  and  upwards,  5,  at  7/12  s 2"/«  s. 

Cables  of  palm  fibre,   5,  at  7/12  s.,    2"/i2  s. 

Pads,  30  at  IS.  for  5,    6s. 

Epeiph  - — ,  same  ind.,  for  work  at  the  mosque  of  Jerusalem   .... 

b.  Yazid,   l   labourer  for  6  months,  with  ^2  s.  for  provisions 

,on  the  journey,  4^2  s. 
Epeiph  28,  same  ind.,  for  the  cleaning  of  the  barges  (.?),  conveying 

wheat  änd  other  articles  from  Touo  to  Clysma,  for  4  months, 

IIS.:  — ■ 

I   caulker,  at  1^2  s.  per  month, 6  s. 

1  carpenter,  at  1^4  s.  per  month,    5  s. 

Mesore  20,  I4th  ind.    for  the  price  of  iron  required  for  the  carahi 

and  other  Government  orders  (or  "other  ships  by  order  of 
the  Government")  for  the  raid  of  the  I5th  ind.,  year  97, 
162/3  s. 

3   quintals   of  dirty  iron,   to  be  reduced  the   third  part  for 
waste.     Remainder,  clean,  2  quintals. 
Thoth    [ — ],  same  ind.,  for  the  cleaning  of  the  ships  of  Clysma, 

1  caulker  for  6  months,  for  wages  and  supplies,  with  1/2  s. 
for  provisions  (on  the  journey),  9^2  s. 

same  ind.,   for   the  hauling,   building,   and   cleaning   of 

acatia  and  other  (ships)  in  the  island  of  Babylon  and  the 
allowance  to  the  [Muhäjirfm}]  serving  on  them,  for  five 
months,  41-/3  s. :  — 

2  labourers    at  3/4  s.  per  month, 7V2  s. 

per  month,    16-/3  s. 

2  blacksmiths  at  13/4  s.  per   (month),    17V2  s. 

,  same  ind.,  for  part  of  the  wages  and  allowance  of 

Tolus   {})....  with  8  artabas  of  wheat  .   .   .  .,  SVs  s- 
For  the  price  of  2  quintals  of  copper  chains  for  .   .   .   .  at 

8V3S.,   16V3S. 
Hathyr  6,  same  ind.,  for  blacksmiths  engaged  on  the  carahi  .... 

and  for  wages  and  supplies  at  3/4  s.  per  man  per  month,  6  s. 
Mesore  24,  I4th  ind.,  for  the  requirements  of  the  carahi,  acatia, 


94  H.I.Beil, 

and  other   (ships)  which   are  in  the   Island  of  Babylon,  by 

Al-Käsim  b.  Ka'b  the  Superintendent,  in  the  present  I4th  ind. 

and  (for)  the  raid  of  the  I5th  ind.,  2  quintals  of  copper  chains 

at  8^/3  s.  per  quintal,   16^/3  s. 
Mecheir  15,  I4th  ind.,  for  the  price  of  18  yokes  for  the  conveyance 

of  Government  slaves,  9^3  s. 
Phamenoth  29,  for  the  money  composition  for  i  milier  (?)  for  the 

carahi  as  an  extraordinary  requisition   {}),  3  s. 
,  for  the  money  composition  for  22  labourcrs  at  .   .   .  .  your 

village,   II  s. 
Pharmouthi   18,  for  the  price  of  l  aroura  of  Standing  fodder  for 

the  post-horses  of  Mounachthe,   by  Phoebammon  the  chief 

stableman,   i  s. 
26,  for  the  supplics  of  2^/2  sailors  at  1V2S.  each,  by  Phoeb- 
ammon   son    of    Dionysodorus    the    supcrcargo    (.''),   for   the 

raiding  fieet  of  the  Orient,  33/4  s. 
^)  Same  day,  for  the  wagcs  of  ^2  sailor    from  Three  Fields,  by 

letter  of  the  Govcrnor,   1^2  s. 
,  for  the  wages  of  Pisynthius  son  of  Ananias  and  ....  Cosmas 

the  letter-carrier,   1V4S. 
Pachon  20,  same  ind.,  for  part  of  the  carriage  by  168  cameis  which 

carried  ....  and  other  articles,  by  Victor  thesupercargo(?),4s. 
Pachon  24,  I4th  ind.,  for  the  supplies  of  a  Greek  notary,  by  Victor 

son  of  Theodosius  the  supercargo   {}),  4s. 
Mesore  8,  same  ind.,  for  the  money  composition  for  l   labourer 

who  fled  from  the  carahi,  viz,  Pisynthius  son  of  Ananias  from 

Keramion,  for  4  months,  13/24   [sie). 
Phamenoth  ii,   I4th  ind.,  for  the  complement  of  copper  chains, 

2  quintals,  for  the  cleaning  of  the  carabi  and  acatia  in  the 

Island   of   Babylon;   2    quintals   of   chains   at   6^/3  s.,    13V3S. 
Hathyr  24,  I4th  ind.,  for  the  requirements  of  .  .  .  .  being  made 

....   3/4  s.,  3s. 
Pachon  5,  I3th  ind.,  for  the  complement  of  the  wages  of  the  under- 

written  sailors,  4  persons,  from  your  village  sent  to  the  Orient 

for  the  sailors  of  the  acatia  and  dromonaria  of  the  raid  of  the 

I2th  ind.,  who  set  out  from  Laodicea  and  returned  in  the 
•  present   I3th  ind.,   2  s. 
[Names,  11.  66,  67.] 
Pachon  6,  I4th  ind.,  for  part  of  the  supplies  of  the  servants  of  the 


')  In  the  margin,  "not  entercd  (?),  look  it  up".     The  first  word  occurs  in  front  of 
two  subsequcnt  cntries. 


Translations  of  the  Greek'  Aphrodito  Papyri  in  the  British  Museum.  g^ 

Aifiir  al-Mu'minm  in  Egypt,  for  12  months  in  the  present 
I4th  ind.,  year  96,  15  s. 
Thoth  *5,  I4th  ind.,  for  supplies  and  the  keep  of  horses  ....  in 
the  present  I4th  ind.,  the  sum  which  was  requisitioned  by 
Kurrah  b.  Sharik  from  the  emhola,  150  artabas  of  wheat  at 
I  s.  per  10  artabas,  50  artabas  of  barley  at  I  s.  per  20  artabas, 

total  17V2  s. 
Tybi  20,  I3th  ind.,  for  the  sailors  of  the  acatia  and  dromonaria  .... 

5  sailors  for  6  months  with  supplies  for  2  months  .  .  .  .  I  s. 
with  V2  s.  from  the  .  .   .  .,  7V2  s. 
Hathyr  20,  I4th  ind.,  for  a  shift   {})  for  the  construction   of  the 

mosque  of  Jerusalem  .  .  .  .  b.  Yazid  the  Superintendent,  in 
•  the  present  I4th  ind.,  year  97,  3  labourers  with  suppHes  in 

money  for  12  months,  viz.  y^jzs.  each  including  V2  s.  each 

for  provisions  (on  the  journey),  22^2  s. 
Tybi  15,  I4th  ind.,  for  supplies  for  the  raiding  fieet  of  the  sea  in 

the  I — th  ind.,  from  the  embola,  136  artabas  of  loaves  at  I  s. 

per  8  artabas,  with and  carriage,  17  s.,  34 ,  with 

and  carriage,  4"/i2  s.,  24  measures  of  oil  at  V3  s-  per  measure, 

8  s.,  60  measures  of  sour  wine  at  l  s.  per  15  measures,  4  s., 

144  collatha  of  salt,  4  s.  Total,  37"/iz  s. 
Tybi  15,  I4th  ind.,  for  the  price  of  green  Arabian  fodder keep 

of  14  horses  at  the  posting  Station  of  Mounachthe  in  the  pagarchy 

of  Antaeopolis  and  Apollonopolis    the  Superintendent, 

for  4  months,  2  s. 
Tybi  30,  I4th  ind.,  for  supphes  for  the  fighting  men  of  the  coast- 

guard  fleet  at   the  mouths,    15  artabas  of  wheat,  6 at 

I  s.  per'  7,29/24  s. 

By  the  village  itself,  2I2"/24S. 

Whereof:  — 

Borrowed  for  requisitions  by  Athanasius  the  notary   (.?), 

i99"/24  s. 
Remainder  requiring  tobe  collected  by  the  village  itself,  13s.:- 

For  the  complement  of  the •  •    s. 

For  supplies  and  the  keep  of  horses s. 

Mecheir  2,  I4th  ind.,  for  the  sailors  of  the  acatia  and  dromonaria 
of  the  coastguard  fleet  at  the  mouths,  in  the  present  I3th  ind., 
and  (for)  the  raid  of  the  I4th  ind.,  year  96,  5  sailors  without 
supplies;  giving  to  each  for  wages  for  the  said  ^)  7  months, 
with  1/2  s.  for  provisions  (on  the  journey)  tothe  mouths,  2V2  s. 


I)  The  scribe  apparently  thought  he  had  alrcady  stated  the  tcrm  of  scrvice. 


g5        H.  I.  Bell,  Translations  of  the  Greek  Aphrodito  Papyri  in  the  British  Museum. 

Phamenoth  3,  I3th  ind.,  for  the  sailors  of  the  castellated  carahi 
and  two-banked  galleys  in  the  present  I4th  ind.,  year  96, 
1 6  sailors  for  5  months,  with  1/2  s.  for  provisions  (on  the  journey ) 
to  the  mouths,  8  s. 

Account  of  Apa  Cyrus  son  of  Andre\v:  — 

Tybi  7,  I4th  ind.,  for  the  complement  of  (rcquisitions  for)  the 
raiding  fieet  of  the  Sea,  by  Al-Käsim  b.  Ka'b  and  Yazid  b. 
Abi  Yazid  in  the  I5th  ind.,  i  quintal  of  copper  chains,  6-/3  s. 

24,  for  sailors  of  the  castellated  carabi  and  two-banked  galleys 

of  the  raiding  fieet  of  .  .  .  . ,  .  .  sailors  and  2  caulkers,  for 
wages,  6  s.  for  each  sailor  and  9  s.  for  cach  caulker,  and  for 
their  provisions  (on  the  journey),   l  s.  cach. 

27,  for  the  complement  of  the  supplies  for  the  raiding  fieet 

of  the  Sea  in  the  I5th  ind.,  126  collatha  of  salt  at  I  s.  per 
36  collatha,  3V2  s. 

23,  for  sailors  for  the  acatia  and  dromonaria  of  the  raiding 

fieet  of  the  Orient  in  the  I5th  ind.,  year  97,  2  sailors,  with 
P/z  s.  each  for  provisions  (on  the  journey),  3  s. 

Excluding  {})  the  sums  requisitioned  by  Apa  Cyrus:  — 

For  the  moncy  composition  for  2  labourers  for  Jerusalem,  for  the 

hamlet  of  P Joseph  the  soldier,  and  conveyance  on 

the  ships  of  the  ....  sailors  of  the  raiding  fieet  of  Egypt,  35/34  s. 
For  the  proceeds  (?  —  or  exchange.')  of  money  repaid(.^)  on  the  13  s. 

....  papyrisenttoPsine(moun),  with  1/4 s.by  the collectors,7/i2S. 
Expendcd  by  Cosmas  from  Lycopolis,  5/6  s. 
....  given  to  Muhammad  concerning  the  cilicia,  and  with  3  ( .'^ )  of 

Victor  the  supercargo  (.''),  1^6  s. 
Expended  by  Paul  the  . ,  .  . ,  ^J^s. 

....   wine  for  the  letter-carriers  and  soldiers  of  the  pagarch,  1^/3  s. 
For  the  price  of  wine  for  the  attendants  at  Abutig  (?)...  .oil,  ^6  s. 

Total,  expended  by  Apa  Cyrus,  795/24. 

Whereof,  collected  by  the  same  for  the  Ist   and  2nd  asscss- 

ments,  69V3  s. 

Remaindcr,   10^24  s. 
Choiach  15,  I4th  ind.,  for  the  price  of  124  artabas  of  wheat  .... 

for  the  rizk  of  the  Muhäjirün,  persons   ('.?)  on  the  registcr 
'  {}  —  thahat})  of  the  Al-Hamrawät  {})  quarters  at  [Fustät  t  ] 

for  3  months,  in  the  — th  ind from  the  arrears  of  the 

emhola  of  your  village,  33/24  s. 
Pachon  5,   I3th  ind.,  for  the  encampment  of  Müsä  b.  Nusair  .... 

in  the  present   I3th  ind.,   ii  s. 

(T  o  b  e  c  o  n  t  i  n  II  c  d.) 


\ 


Beiträge  zur  arabischen  Papyrusforschung'). 

Von 

Karl  W.  Hofmeier. 

I. 

Das    System    arabischer    Steuerverrechnung    im 

9.   Jahrhundert   n.  Chr. 

In  dem  die  amtlichen  Urkunden  enthaltenden  Teile  meiner  im 
Druck  befindlichen  Papyruspublikation  ist  meines  Erachtens  eine  große 
Steuerrolle,  welche  auf  der  einen  Seite  die  auf  fast  vierzig  Steuer- 
pflichtige entfallenden  Steuern  und  Taxen,  auf  der  andern  Seite  die 
Ausweise  über  die  fiskalischen  Einkünfte  eines  ägyptischen  Landstriches 
enthält,  das  interessanteste  Dokument.  Ich  will  mich  diesmal  darauf 
beschränken,  über  die  erste  Seite  dieser  Urkunde  einen  eingehenderen 
Bericht  zu  erstatten,  der  um  so  erwünschter  kommen  dürfte,  als  damit 
ein  vollständig  neues  Gebiet  arabischer  Papyrusforschung  im  allge- 
meinen und  altarabischer  Besteuerungsmethode  im  speziellen  zur  Dis- 
kussion gestellt  wird. 

Zunächst  sei  erwähnt,  daß  die  Beträge  dieser,  auf  zehn  verschiedene 
Rubriken  aufgeteilten  Steuern  und  Taxen  in  griechischen  Zahlbuch- 
staben ausgedrückt  sind;  diese  sowie  das  System  der  griechischen 
Bruchschreibung  dürfen  als  bekannt  vorausgesetzt  werden.  Ferner 
ist  bekannt,  daß  in  griechischen  Urkunden  das  Wort  zervaTiov 
durch  ein  vor  die  Zahl  gesetztes  Strichelchen  abgekürzt  wird  ^j.    Ebensa 


')  Unter  diesem  Titel  gedenke  ich  in  dieser  Zeitschrift  eine  Reihe  von  Untersuchun- 
gen und  Studien  zu  veröffentlichen,  die  teils  auf  die  Publikation  der  arabischen  Urkunden 
aus  der  Sammlung  Papyrus  Erzherzog  Rainer,  deren  erster  von  mir  herausgegebener  Band 
in  der  nächsten  Zeit  erscheinen  wird,  vorbereiten,  teils  dieselben  begleiten  sollen.  Nachdem 
ich  die  Absicht  habe,  erst  nach  Herausgabe  einer  größeren  Anzahl  von  Urkunden  (vielleicht 
drei  bis  vier  Bände)  dieselben  einer  eingehenden  kulturhistorischen  Würdigung  zu  unter- 
ziehen, wofür  ein  eigener  Band  vorbereitet  wird,  so  werden  diese  Beiträge  keineswegs  eine 
abgeschlossene  Erörterung  des  Urkundenmaterials,  sondern  lediglich,  in  Verbindung  mit 
gelegentlichen  Editionen  kleinerer  Urkunden,  das  für  vorläufiges  Verständnis  der  Editionen 
unbedingt  Notwendige  enthalten. 

*)  Wie  mir  Prof.  Wilken  mitteilt,  ist  diese  Abkürzung  aus  7.'  =  ^  =  /  entstanden- 

Ulain.     IV.  7 


gg  Karl  VV.  Hofmeier, 

wird  dies  auch  in  den  arabischen  Urkunden  gehandhabt,  nur  mit  dem 
Unterschiede,  daß  ganze  Karate  sowie  dessen  Halb-  und  Viertelteil 
durch  Teilung  des  Binäres  gebildet  werden  und  daß  das  Karatstrichel- 
chen nur  dann  vor  die  Zahl  tritt,  wenn  es  sich  um  weitere  Bruchteile 
des  Karates  handelt. 

Während  also  in  griechischen  Urkunden,  selbst  in  den  aus  arabi- 
scher Zeit  stammenden  i),  Beträge  wie  i  Karat,  2  Karate,  3  Karate 
usw.  durch  (^n,  ^ß,  ^y  usw.  dargestellt  werden,  läßt  sich  eine  solche 
Methode  in  arabischen  Texten  bis  heute  nicht  nachweisen. 

Der  Dinar,  die  arabische  Goldmünze,  wurde  bekanntlich  in  24  Ka- 
rate 2)  geteilt,  und  da  —  wie  gesagt  —  ganze  Karate  durch  Teilung 
des  Dinars  ausgedrückt  werden,  lassen  sich  beispielsweise  folgende 
Formen  urkundlich  belegen:  i  Karat:  x8' =  ^V  (sc.  Dinar),  2  Karate: 
iß' =  JL  (sc- Dinar),  5  Karate:  ^'xo'  oder  r/tß'  =  (i+  oV)  oder  (l  +  yV) 
(sc.  Dinar),  12  Karate:  j  =  \  (sc.  Dinar),  16  Karate:  y.  =  |  (sc.  Dinar) 
usw.  Nach  demselben  System  wurden  auch  die  Beträge  von  \  Karat 
und  \  Karat  dargestellt,  und  zwar  \  Karat  durch  !xr/=  ^jL  (sc.  Dinar) 
oder  die  hierfür  übliche  Verkürzung  ^  und  J-  Karat  durch  !!  =  ^rV  (sc- 
Dinar).  Das  Zeichen  ^  war  bekannt  3),  dagegen  glaube  ich,  daß  das 
Zeichen  für  -^  hier  zum  ersten  Male  nachgewiesen  wird.  Ich  selbst 
wußte,  als  ich  es  in  der  zu  besprechenden  Urkunde  mehrmals  fand, 
nichts  damit  anzufangen,  errechnete  dasselbe  auf  einem  weiter  unten 
erwähnten  Wege  als  -gL  und  hatte  dann  die  Genugtuung,  daß  die  paläo- 
graphische  Erklärung,  die  mir  Prof.  Wilken  gab,  indem  er  mir  zeigte, 
daß  das  !!  aus  ^'^'  entstanden  sein  müsse,  mit  dem  von  mir  durch 
Rechnung  gefundenen  Resultate  übereinstimmte. 

Nun  bin  ich  aber  in  der  Lage,  noch  weitere  Unterteilungen  des 
Karates  nachzuweisen,  die  sämtlich  in  der  zu  erörternden  Urkunde 
vorkommen;  allerdings  vermag  ich  mir  kein  Urteil  darüber  anzu- 
maßen, ob  solche  Unterteilungen  in  der  großen  Literatur  der  griechi- 
schen Paläographie  und  Papyrusforschung  schon  irgendwo  besprochen 
wurden;  für  die  arabische  Altertumswissenschaft  ist  dieser  Nachweis 
jedoch  bestimmt  neu.  Ich  kann  nämlich  folgende  Beträge  urkundlich 
belegen: 

Ich  habe  in  den  Transkriptionen,  um  eine  Verwechslung  mit  andern  Strichelchen  zu  ver- 
meiden, das  Zeichen  ^  beibehalten,  obwohl  es  in  den  mir  vorliegenden  arabischen  Urkunden 
immer  nur  /  geschrieben  wird. 

1)  So  sehr  häufig  in  Bell's  Edition  der  griechischen  Urkunden  des  Aphrodito-Fundes. 

2)  Ich  behalte  im  folgenden  den  geläufigeren  Ausdruck  »Karat«  auch  für  das  arabische 
kirät    (_b!.>j5)  bei. 

3)  Zuerst  nachgewiesen  von  Prof.  K.  Wessely  bei  Karabacek,    Der  Papyrusfund 

von  el-Fayüm. 


Beiträge  zur  arabischen  Papyrusforschung.  qq 

_l_ 

^y,  =  |-  Karat,  also  -^^  Dinar  =  ^l.  Dinar. 

3" 

^Y  =  l'  Karat,  also  -^^  Dinar  =  yL  Dinar. 


j_ 


^^'  =  1  Karat,  also  -^  Dinar  =  yti  Dinar. 

1 
^iß'   =  ^  Karat,  also  ^^  Dinar  =  -^^  Dinar. 

Das  erste  Mal  tauchte  in  arabischen  Urkunden  eine  solche  Unter- 
teilung in  einem  von  Abel  publizierten  Papyrus  der  Berliner  Sammlung 
auf  ^).  Dort  kommt  nämlich  im  Registraturvermerk  das  Zeichen  ^^' 
vor  2);  Abel  wußte  hiermit  nichts  anzufangen;  Karabacek,  der 
Abel's  Edition  einer  eingehenden  Besprechung  unterzog  3),  glaubte 
in  dem  dem  ^'  vorgesetzten  Strichelchen  das  Dirhamzeichen  zu  sehen, 
und  das  Resultat  gab  ihm  anscheinend  recht.  Im  Registratur- 
vermerk dieser  Urkunde  heißt  es  nämlich:  «^y'/o'^y',  also  l  +  |^  +  :^  -j- 
^^T  +  9^'  =  ii  +  ^-^''  ^^  Texte  dagegen:  ^\^J  ^^.ij  ^»>  ouaj^  ^Luö, 
also  (i  +  1  +  1  +  i)  Dinar  +  i  Dänik  =  |f  Dinar  +  i  Dänik;  den- 
noch muß  also  ^^'  =  I  Danik  sein.  Unter  diesen  Umständen  lag  es 
allerdings  bei  nur  oberflächlicher  Untersuchung  nahe,  das  Strichel- 
chen vor  dem  ^'  als  Dirhamzeichen  anzunehmen,  denn  tatsächlich  ist 
A  Dirham  =  i  Dänik.  Dennoch  hat  Karabacek  unrecht.  Ganz  ab- 
gesehen  davon,  daß  im  arabischen  Ägypten  Steuern  immer  in  Gold 
ausgedrückt,  ja  selbst,  wenn  sie  in  Silber  eingezahlt  wurden,  sofort 
in  Gold  umgerechnet  werden  mußten,  wäre  dies  das  einzige  u  n  - 
belegbare  Beispiel  dafür,  daß  das  fast  immer  die  Karatrechnung 
andeutende  Strichelchen  plötzlich  einen  ganz  andern  Sinn  haben 
sollte,  der  außerdem  paläographisch  absolut  nicht  zu 
erklären  wäre. 

Das  ominöse  Strichelchen  bedeutet  auch  in  dieser  Urkunde  nichts 
anderes  als  den  Hinweis  auf  die  Karatteilung,  und  ist  demnach  ^^'  =  -J- 
Karat  zu  lesen.  Hiermit  scheint  wohl  das  diesem  Betrage  entsprechen 
müssende  /  iib  (Dä,nik)  des  Textes  nicht  übereinzustimmen,  aber 
auch  dies  ist  nicht  der  Fall,  wie  ich  zeigen  will. 

Die  von  Abel  publizierte,  aber  weder  von  ihm  noch  von  Kara- 
bacek richtig  gedeutete  Urkunde  wächst  eben  weit  über  die  Be- 
deutung einer  gewöhnlichen  Steuerquittung  hinaus  und  verrät  uns  den 


I)  Ägyptische  Urkunden  aus  den  königlichen  Museen  zu  Berlin.    Arabische  Urkunden 
I.  Bd.,  I.Heft,  S.  9,  Nr.  7. 

*)  Auch  hier  steht  vor  dem  ^'  nur  ein  Strichelchen. 
3)  WZKM,  XI.  Bd.,  S.  12. 


lOO  •  Karl  W.  Hofmeier, 

ägyptischen  Silberkurs  des  Jahres  260  d.  H.  =  873/74  n.Chr.,  wie  ihr 
Datum  lautet,  was  gewiß  für  die  Geldgeschichte  äußerst  interessant  ist. 
Bekanntlich  herrschte  in  Ägypten  die  Goldwährung,  und  demnach 
war  der  Silberpreis  je  nach  der  wirtschaftlichen  Konjunktur  schwan- 
kend. Für  das  3.  Jahrhundert  d.  H.  kann  beiläufig  der  Kurs  von 
22 — 25  Dirham  (Silber)  pro  l  Dinar  (Gold)  angenommen  werden. 

Die  Berliner  Urkunde  setzt  nun  nichts  anderes  voraus,  als  daß 
im  Jahre  260  d.  H.  der  amtliche  Silberkurs  in  Ägypten  nach  dem 
Ansätze  24  Dirham  =  l  Dinar  galt.  Wieso.''  Nach  dieser  Voraus- 
setzung muß  I  Dirham  =  ^V  Dinar  sein  ^),  also  -J  Dirham  =  yi-^  Dinar 
=  l  Karat  und  da  I  Dänik  =  J  Dirham  ist,  so  trifft  die  Gleichung  zu: 
I  Dänik  =  y|-y  Dinar.  Aus  dem  Gesagten  geht  also  hervor,  daß  unter 
der  Annahme  eines  Silberkurses,  von  24  Dirham  =  l  Dinar,  die  von 
der  Berliner  Urkunde  verlangte  Gleichung  ^^'  (J  Karat  =  y^J^  Dinar) 
=    I   Dänik  tatsächlich  zu  Recht  besteht. 

Man  sieht  also,  daß  Karabacek's  Theorie,  die  ohnehin  ein  Unikum 
wäre,  gar  nicht  notwendig  und,  wie  ich  noch  zeigen  werde,  direkt 
falsch  ist. 

Auf  die  Unmöglichkeit  dieser  Theorie  hätte  Karabacek  schon 
durch  eine  von  ihm  selbst,  1.  c.  aufgestellte  Behauptung  kommen  müssen. 
Er  setzt  nämlich  den  Dänik  oder  den  Sechsteldirham  =  ?,  Karat. 
Das  ist  für  Ägypten  im  3.  Jahrhundert  d.  H.  ganz  und  gar  ausge- 
schlossen, denn  da  der  Dinar  =  24  Karate  ist,  so  käme  man  nach  der 
Gleichung  Karabacek's  zu  einem  Kurse  von  12  Dirham  =  i  Dinar. 
Nun  wissen  wir  aber  bereits  seit  langem,  daß  schon  am  Ende  des  2.  Jahr- 
hunderts d.  H.  der  Dinar  im  allgemeinen  \'erkehr  mit  20,  bei  den  Be- 
hörden aber  sogar  mit  22  Dirham  berechnet  wurde  *),  um  in  der  Mitte 
des  3.  Jahrhunderts  bis  auf  25  Dirham  zu  steigen.  In  der  zweiten 
Hälfte  dieses  Jahrhunderts  vollzog  sich  im  Silberkurs  eine  kleine  Besse- 
rung, die  aber  im  4.  Jahrhundert  in  Ägypten  einer  unaufhaltsamen 
Goldhausse  Platz  machte  3).  Von  einem  offiziellen  Kurse  von  12  Dirham 
=  I  Dinar,  der  vielleicht  in  den  östlichen  Ländern  des  Chalifenreiches, 
in  denen  die  Silberwährung  herrschte,  vorgekommen  sein  mag,  für  das 
3.  Jahrhundert  in  Ägypten  gewiß  nicht  nachweisbar  ist.  kann  um  so 
weniger  die  Rede  sein,  als  uns  ein  für  das  Silber  viel  schlechterer  Preis 

I)  Der  Wert  des  Silberdirhams   trifft  hier  also  mit  dem  des  Goldkarates  zusammen. 

*)  Vgl.  Kremer,  Über  das  Einnahmebudget  des  Abbasiden-Reiches,  S.  7  f.;  diese 
Notizen  beziehen  sich  noch  dazu  zum  größten  Teil  auf  die  östlichen  Provinzen,  in  denen 
das  Silber  immer  besser  stand. 

3)  Worüber  al-Makrizi,  al-Chitat,  II,  zahllose  Notizen  enthält;  einige  von 
diesen  sind  bei  Sauvaire,  Materiaux  pour  servlr  a  l'histoire  de  la  Numismaiique  et  de  la 
Metrologie  Musulmanes,  Extrait  du  Journal  Asiatique  Nr.  14  (1879),  S.  270  ff.  zu  finden. 


Beiträge  zur  arabischen  Papyrusforschung. 


lOI 


nicht  nur  durch  die  erwähnte  Berliner  Urkunde,  sondern  auch  durch 
mehrere  Papyrus  der  Wiener  Sammlung  ^)  verbürgt  ist. 

Die  Entzifferung  der  Zahlen,  die  aus  mehreren  Brüchen  zusammen- 
gesetzt sind,  ist  in  der  zu  besprechenden  Steuerrolle  manchmal  nicht 
leicht;  besonders  jene  Gruppen,  in  welchen  Karatbruchteile  vorkommen, 
bieten  häufig  ziemliche  Schwierigkeiten;  ich  führe  folgende  Beispiele  an: 


H^ 


^ 


Fig.  I.  Flg.  2.  Fig.  3. 

Fig.  i:    5^tV^?'  =  i  ^^"^''  +  3  ^^^^^  +  -jiö  Karat  =  (i  +t¥  +  ^ir)  Dinar. 
Fig.2:^r/^^vVß'=(i+i+4V)I^inär+(i  +  3V)Karat  =  (i+i+Ä+TV+TiT)  Dinar 

Fig.  3 :  y:f^^'w(  =  (I  +  2V  +  A)  Dinar  +  i  Karat  =  (f  +  öV  +  4V  +  tV)  Dinar. 
Um  schließlich  noch  das  Schema  der  Steuerrolle  klarzumachen, 
gebe  ich  im  folgenden  den  Kopf  und  eine  Zeile  dieser  Urkunde: 


9< 


llllllllll 


i^'-i" 


tri' 


1 


ii 


^O 


•xJL^i 


J_iO 


xo  ^ 


.^J 


Li 


c^ 


.>LiJ 


oV-.ß' 


5^;^! 


jj 


f^?' 


J-!J> 


i^v 


<->w«3 


^1 


JjO 


^S^ 


J 


^i 


^^':i^TViß' 


////////// 


J,  K.^) 


Übersetzung: 


Es  hat  bezahlt  .  .  dr.  müra3)  ChaeH)  für  sich  persönlich 5) 


iK. 


')  Z.  B.  PERF.  Nr.  771,  aus  welchem  für  das  9.  Jahrhundert  n.  Chr.  ein  Kurs  von 
25  Dirham  =  i   Dinar  zu  konstatieren  ist. 
-)  K.  =  Karat;  D.  =  Dinar. 

3)  Vielleicht:  nö^TePMO^Te. 

4)  JoJ'  =  X^H\;  der  Name  ist  so  häufig,  daß  kein  Wort  darüber  zu  verlieren  ist 

5)  Aus  typographischen  Gründen  wurden    die  Zeilen  gebrochen,    im  Original  läuft 
die  Zeile  vom  ^i3'  bis  zur  Rubrik  „».^ji- 


I02 


Karl  W.  Hofmeier, 


Das  Silbergeld: 

Die 

Abzüge : 

Das  Agio: 

Die 

Quittierungs- 
gebühr : 

Es  bleibt 
übrig : 

Die 

Grundsteuer: 

Die 

Kopfsteuer: 

Die 

Weide- 
steuer: 

Dinar 

Dinar 

Dinar 

Dinar 

Dinar 

Dinar 

Dinar 

Dinar 

+  a+TV)K. 

|K. 

^D.  +  xK. 

■iV  K. 

iD.+tVK. 

(i  +  tV)  d. 

(tV  +  tV)^- 

• 

Bevor  ich  nun  den  ganz  merkwürdigen  und  hochinteressanten 
Verrechnungsmodus  schildere,  seien  der  Benennung  der  einzelnen 
Rubriken  einige  Worte  gewidmet. 

Die  erste  Zahlenrubrik  steht  vor  der  Zeile;  ihr  Kopf  fehlt  leider, 
und  dies  ist  um  so  bedauerlicher,  als  wir  keinerlei  Anhaltspunkte  für 
die  Benennung  dieser  Rubrik  besitzen,  außer  daß  wir  in  einzelnen 
Fällen,  in  denen  bei  der  Bemessung  der  Beträge  für  die  Rubrik  »al- 
Wadä*i*»  Fehler  unterlaufen  sind,  feststellen  können,  daß  in  dieser 
Kolumne  Beträge  eingesetzt  sind,  durch  welche  jene  Fehler  ganz  oder 
teilweise  gut  gemacht  werden.  Ich  nenne  diese  uns  dem  Namen  nach 
unbekannte  Kolumne:   »Rubrik  X«. 

Die  nächste  Zahlenkolumne  ist  in  der  folgenden  Rubrik,  die  die 
Namen  der  Steuerzahler  enthält,  zu  suchen,  und  zwar  stehen  die  Be- 
träge meistens  auf  dem  langen  Verbindungsstrich  des  Wortes  » ■*>Äi^), 

seltener  an  andern  Stellen,  wie  z.  B.  bei  dem  oben  angeführten  sche- 
matischen Beispiele  unter  dem  ^.  Manchmal  sind  in  diese  Rubrik 
auch  zwei  Beträge  eingestellt,  und  dies  zumeist  dann,  wenn  auch 
diese  Kolumne  zur  Korrektur  etwaiger,  bei  der  Bemessung  von  al- 
Wcu^dH^  unterlaufener  Fehler  herangezogen  wird.  Da  wir  auch  den 
Namen  dieser  Rubrik  nicht  kennen,  so  nenne  ich  sie:   »Rubrik  Y«. 

Was  die  nun  folgenden  Kolumnen  betrifft,  so  darf  ich  wohl  an 
dieser  Stelle  von  einer  Erörterung  der  Benennungen  „t  Ji  (die  Grund- 
steuer), -xJLiL  (die  Kopfsteuer),  ^\J,\  (die  Weidesteuer),  ^yj,\  (die 
Wiesensteuer)  absehen.  Das  Allgemeine  über  diese  Abgaben,  die 
Wiesensteuer  vielleicht  ausgenommen,  ist  in  C.  H.  Becker's  Arbeiten  *) 
zu  finden,  und  eine  detaillierte  Untersuchung  müßte  den  Rahmen 
dieses  Aufsatzes  weit  überschreiten.    Bemerkt  sei  nur,  daß  unter  Grund- 


■)  Über  dem  »  des  >uw.ff.''  steht  zumeist  ein  Haken,  manchmal  auch  nur  ein  einfacher 
Strich;  d&s  ist  zweiieUos  das  im  Kitab  Mafäti/i-al-'Ulüm,  ed.  van  Vldten,  S.  oa  erwähnte 
Zeichen  der  Vergleichung  (iÜbLäXI  iL*^),  das  jüjL^i  (al-Dschä  *iza)  genannt  wurde 
und  das  der  Steuerkontrolleur  zum  Zeichen  der  vollzogenen  Revision  einsetzte;  dieses 
Zeichen  ist  in  arabischen  Steuerlisten  fast  immer  zu  finden. 

»)  So  besonders  in  dessen  Beiträgen  zur  Geschichte  Ägyptens  unter  dem  Islam  wie  auch 
in  dem  grundlegenden  Kapitel  »Zur  Kenntnis  der  Steuerverwaltung«  seiner  Edition  der 
Heidelberger  Papyrussammlung. 


Beiträge  zur  arabischen  Papyrusforschung.  IO3 

Steuer  nur  dreimal,  unter  Weidesteuer  nur  zweimal  i)  und  unter  Wiesen- 
steuer überhaupt  keine  Beträge  eingestellt  sind,  obwohl  die  Urkunde 
fast  vierzig»  Steuerzahler  ausweist. 

Der  Titel  der  unmittelbar  auf  die  Namenskolumne  folgenden 
Rubrik  al-Warak  (das  Silbergeld)  bezieht  sich  natürlich  auf  die  Wäh- 
rung der  eingezahlten  Steuerbeträge;  aber  das  unmittelbar  unter  diesem 

Worte  stehende  .Lj  (Dinar)  beweist  uns,  daß  die  Zahlungen  wohl 
in  Silber  geleistet,  daß  aber  die  Beträge  gleich  auf  Gold  umgerechnet 
und  in  Gold  ausgedrückt  wurden.  Nachdem  in  diese  Rubrik  jene 
Beträge  eingestellt  sind,  die  die  Endsumme,  d.  h.  die  mit  Einschluß 
aller  Steuern  und  Taxen  an  den  Fiskus  zu  leistende  Abgabe  ausweisen, 
so    nenne  ich  diese  Kolumne  »Gesamtsteuerbetrag«. 

Die  nächste  Rubrik  ist  al-WaddH"  (die  Abzüge)  betitelt;  was  das 
für  »Abzüge«  waren,  weiß  ich  nicht;  hoffentlich  wird  die  Papyrus- 
forschung hier  noch  Klarheit  schaffen.  Weil  im  folgenden  auch 
von  andern  Abzügen  die  Rede  sein  wird,  so  setze  ich  dies  Wort  dort 
wo  es  al-Wadä^i"  bedeutet,  unter  Anführungszeichen  (»Abzüge«). 

Hierauf  folgt  nun  die  Rubrik  as-Sarj  (das  Agio,  Aufgeld).  Dieser 
Ausdruck,  den  auch  unsere  Wörterbücher  im  gegebenen  Sinne  kennen, 
kommt  in  den  alten  arabischen  Steuerurkunden  überaus  häufig  vor; 
so  habe  ich,  um  Beispiele  zu  nennen,  folgende  Verbindungen  gefunden: 
»Vier  Dinare  des  Mi/^a/fußes  alles  in  allem,  ohne  Agio  und  zu  den  ihm 
bestimmten  Terminen«,  oder  »ein  Dinar  ohne  Agio«  oder  »acht  Dinare 
und  ein  Sechzehntel  Dinar  des  Mii^dliuQes  ohne  Aufgeld  und  ohne 
Abzug«  oder  »iV  Dinare  richtig  zugezählter  Münze,  in  vollem  Ge- 
wichte, ausgenommen  das  Agio  für  die  Umwechslung«  2). 

Diese  Rubrik  wäre  in  unserer  Urkunde  ohnehin  mit  Bestimmtheit 
zu  erwarten,  da  ja  die  Beträge  in  Silber  eingezahlt  wurden  und  demnach 
die  Einhebung  des  Agios  in  einem  Lande,  in  dem  die  Goldwährung 
herrschte,  selbstverständlich  ist.  Die  Höhe  des  Agios  richtete  sich 
natürlich  nach  dem  Silberkurs,  und  können  wir  sie  —  wie  ich  zeigen 
^-erde  —  für  die  vorliegende  Urkunde  genau  feststellen.  Der  Staat 
war  eben  unter  Umständen  selbst  in  jenen  Provinzen,  in  denen  sich 
noch  seit  der  byzantinischen  Herrschaft  die  Goldwährung  erhalten 
hatte,  gezwungen,  bei  seinen  Kassen  Silber  in  Zahlung  zu  nehmen,  da 
ja  die  ärmere  Bevölkerung  wohl  in  den  seltensten  Fällen  über  Gold- 


')  Hiervon  aber  einmal  nur  unvollständig  erhalten. 

2)  Sämtliche  bezogenen  Urkunden,  werden  im  ersten  Bande  meiner  Publikation 
Arabische  Urkunden  aus  den  Papyrus  Erzherzog  Rainer  publiziert  und  sind  zum  Teil  schon 
gesetzt. 


104  Karl  W.  Hofmeier, 

Vorräte  verfügte.  Tatsächlich  sind,  einen  Einzigen  ausgenommen, 
sämtliche  Steuerzahler  unserer  Urkunde  als  idwj'Üi  »die  Armen« 
bezeichnet,  ein  Terminus,  den  die  Steuerbehörde  —  wie  aus  vielen  Ur- 
kunden hervorgeht  —  auf  die  allerärrasten  Schichten  der  Bevölkerung 
bezog,  die  aber  nichtsdestoweniger  in  sehr  strenger  Weise  zur  Be- 
steuerung herangezogen  wurden. 

Die  nächste  Rubrik  ist  al-Barä^a  betitelt.  Im  amtlichen  Verkehr 
bedeutet  dieser  Ausdruck  »Steuerquittung«  ^).  In  unserer  Urkunde 
würde  aber  dieser  Ausdruck  nicht  ganz  zutreffend  sein,  sondern  da 
aus  den  in  dieser  Kolumne  ausgewiesenen  Beträgen  hervorgeht,  daß 
für  die  Quittung  eine  Taxe  eingehoben  wurde,  kann  kein  Zweifel 
darüber  herrschen,  daß  wir  es  mit  einer  »Quittierungsgebühr«,  in 
welchem  Sinne  das  Wort,  soviel  ich  weiß,  noch  nicht  nachgewiesen 
wurde,  zu  tun  haben. 

Über  die  Benennung  der  nun  folgenden  Rubrik  »Es  bleibt  übrig« 
ist  an  und  für  sich  nichts  zu  sagen;  der  für  sie  gebrauchte  Ausdruck 
beweist  uns  aber,  daß  in  der  Steuerrolle  selbst  eine  Substraktion  durch- 
geführt wurde.  Dies  bringt  uns  nun  auf  die  wahre  Bedeutung  dieser 
Urkunde,  auf  das  in  ihr  durchgeführte  System  der  Steuerverrechnung. 

Es  geschieht  das  erste  Mal,  daß  ein  solches  System  zur  Diskussion 
gestellt  wird;  deshalb  darf  man  aber  auch  nicht  erwarten,  daß  das 
Thema  jetzt  schon  erschöpfend  behandelt  werden  kann;  es  wird  sicher 
auf  Grund  anderer  Urkunden  möglich  werden,  manches  prägnanter  zu 
umgrenzen,  anderes  wiederum  überhaupt  erst  zu  verstehen. 

Betonen  möchte  ich  vor  allem,  daß  ich  die  Zahlenverhältnisse  der 
einzelnen  Rubriken  zueinander  nicht  als  das  Wichtigste  ansehe;  diese 
Verhältnisse  haben  sich  gewiß  im  Laufe  der  Zeit  geändert  und  waren 
vielleicht  nicht  einmal  in  ganz  Ägypten  gleich;  was  das  Wichtige  ist, 
das  ist  das  System,  und  dessen  Grundlagen  dürften  im  folgenden  wohl 
so  ziemlich  geschaffen  sein. 

Im  System  liegt  der  Hauptwert  dieser  Urkunde,  deren  einfache 
Edition  und  Übersetzung  nicht  übermäßig  schwierig  gewesen  wäre, 
die  aber  ihre  wahre  Bedeutung  erst  durch  eine  systematische  Durch- 
arbeitung erhielt,  eine  Bedeutung,  die  es  hoffentlich  mit  sich  bringen 
wird,  daß  die  von  mir  im  folgenden  aufgestellten  und  bewiesenen 
Thesen  bald  einen  weiteren  Ausbau  durch  andere  ähnliche  Urkunden 
erhalten  werden. 

')  Mafäli/i-al-'Ulüm,    S.  cöl:    ,^3^    ^-y^i-^    '^  X^\    UI^V^  '^    »^L"^' 

Sjj\    ^Jv3^J  U  al-Barä'a  ist  eine  beweiskräftige  Urkunde,  welche  der  Säckel-  und  Schatz- 
meister dem  Zahlenden  ausstellt  über  das,  was  er  ihm  bezahlt. 


Beiträge  zur  arabischen  Papyrusforschung.  jqc 

I.  These. 

Wenn  wir  von  dem  in  der  Rubrik  al-Warak  eingestellten  »Gesamt- 
steuerbetrage«  jene  Taxen  abziehen,  die  in  den  Rubriken  X,  Y,  al- 
WaddH'-  (»die  Abzüge«),  as-Sarf  (»das  Agio«),  al-Bara'a  (die  Quittungs- 
gebühr«)   eingetragen  sind,  so  bleibt  jene  Summe  übrig,  die  in  der 
Rubrik  »Es  bleibt  übrig«  ausgewiesen  ist. 

II.  These. 

Dieser  Rest  entspricht  unter  der  Voraussetzung,  daß  der  betreffende 
Steuerzahler  außer  der  Kopfsteuer  keine  andere  Abgabe  zu  zahlen 
hatte,  genau  dieser  Steuer;  war  der  Steuerzahler  aber  auch  grund-  oder 
weidesteuerpflichtig  ^),  so  ist  der  unter  »Es  bleibt  übrig«  ausgewiesene 
Betrag  gleich  der  Summe  aller  jener  ordentlichen  2)  Steuern,  die  dem 
Steuerpflichtigen  vorgeschrieben  worden  waren. 

III.  These. 
Die    »Abzüge«    (al-Wa^äH^)    sind    nach    der    Formel    al-WadäH^ 

= '-   gebildet;     demgemäß    stellte    der    Steuerbeamte    nach 

folgender 

unter  die  »Abzüge«  ein. 


1 

»   2        "         "  " 

1 

1 

1 

i 

«8  ''  '^  « 


"     .»12 

JL 
»      1  2-J 


Tabelle 

A 

7I-  Warak) 

JL. 
12 

Dinar 

n 

2V 

n 

r 

1 
36 

V          I 

d.  i.  1  Karat 

n 

is 

n 

» 

72 

n       1 

,  d.  i.  i  Karat 

n 

sV 

« 

T» 

l 
111 

n       » 

d.  i.  i  Karat 

VI 

288 

V            ) 

d  i  -L 

Ferner  besaß  er,  wie  aus  der  Steuerrolle  hervorgeht,  für  die  Be- 
rechnung noch  folgende  Durchführungsbestimmungen: 

§  I.   a)   Unter  ^/-W^am^ (dem  »Gesamtsteuerbetrage«)  eingetragene 
Brüche,   die  kleiner  sind  als  -^  Dinar,  brauchen  für  die 
Berechnung  der  »Abzüge«  nicht  berücksichtigt  werden, 
b)  Für  die  Berechnung  darf  nur  ein  unter  al-Warak  einge- 
tragener -5L  Dinar  vernachlässigt  werden. 

§  2.  a)  Brüche,  die  kleiner  sind  als  2^-  Dinar,  können  auf  diesen 
Betrag  abgerundet  werden,  worauf  dann  die  »Abzüge« 
[al-WadäH"-)  nach  dem  aufgerundeten  Betrage  bemessen 
werden. 


I)  Für  Wiesensteuer  ist  —  wie  oben  gesagt  —  in  der  ganzen  Urkunde  kein  einziger 
Betrag  eingesetzt. 

^)  So  nenne  ich  die  tatsächlichen  Steuern  zum  Unterschiede  von  den  Taxen. 


I06  •  Karl  W.  Hofmeier, 

b)  Auch  ohne  daß  eine  Aufrundung  vorgenommen  wird,  darf 
für  die    Berechnung  der    »Abzüge«   der    »Gesamtsteuer- 
betrag« um  -Jj  Dinar  erhöht  werden  ^). 
§  3.   In  allen  jenen  Fällen,  in  welchen  unter  die  »Abzüge«  Beträge 
eingestellt  sind,  deren  Bildung  aus  irgendwelchen  Gründen  2) 
nicht  nach  Tabelle  A  und  den  dazu  gehörenden  Durchführungs-         # 
bestimmungen  vorgenommen  wurde,  sondern  die  um  mehr         ^ 
als  die  zulässige  Fehlergrenze  (vgl.  Note  l)  niedriger  sind,         j? 
wird  der  Fehler  dadurch  ganz  oder  bis  zur  zulässigen  Fehler- 
grenze gut   gemacht,    daß   unter  die   Rubriken   X,  Y  oder 
Agio  höhere  als  die  zu  erwartenden  Beträge  eingesetzt  werden. 

IV.  These.  -^ 

T^A/^,-  ,,T-         ,  r.,5  al-Warak 

Das  Agio   [as-Sarf)   ist  nach  der  rormel:  as-Sarf  = ^ 

48  ■;. 

gebildet;  demgemäß  stellte  der  Steuerbeamte  nach  folgender  ^ 

Tabelle  B 

für  je  I  Dinar  des  »Gesamtsteuerbetrages«  {al-  II  'arak)  {^^  +  Jg)  Dinar  unter  das  Agio  ein. 

"  •'  V24    1^  9  U/       •'  •?         '^         "        n 


t 


r> 

« 

2 

« 

n 

n 

« 

1 
3 

V 

« 

» 

n 

4 

» 

« 

» 

« 

1 

6 

w 

9? 

n 

» 

J- 

8 

n 

» 

» 

» 

12 

» 

« 

n 

» 

2'4 

» 

n 

('-J--I — J—") 
v:)8    1   144/     •' 

,d. 

i.CI+J.)  Karat 

1 

,d. 

i.   1  Karats) 

\Tl  'l"2H»)    r 

,d. 

i.Q  +  ,V  Karat 

tV 

,d. 

i.   j  Karat  4) 

Til 

,d. 

i.    i  Karats) 

288 

.d. 

i.  ,',  Karat«) 

')  Kurz  gesagt:  die  zulässige  Fehlergrenze  nach  oben  und  unten  beträgt  .^  Dinar 
für  die  Bemessungsgrundlage,  und  da  von  -^  Dinar  die  »Abzüge«  -^^^  D.  =  J^  K.  sind, 
eben  diesen  Betrag  für  die  nach  al-Warak  bemessenen  Taxen.  Dabei  hatte  der  Steuer- 
beamte vollständig  freie  Hand  für  sein  Vorgehen,  und  scheint  er  sich  lediglich  dann  für 
eine  der  angegebenen  Methoden  entschlossen  zu  haben,  wenn  er  glaubte,  dadurch  die  Rech- 
nung für  sich  einfacher  und  kürzer  zu  gestalten. 

*)DieseGründe  können  wir  jetzt  noch  nicht  eruieren,  sondern  nur  dieTatsache  feststellen. 

3)  Nachdem  für  ^  Dinar  das  Agio  mit  (V^  -]-  ^jL)  Dinar  berechnet  ist,  sollte  man  für 
•^ Dinar  erwarten:  (-^ig  +  x^a)  Dinar;  den  letzteren  Bruch  j^^  konnte  der  Araber  aber  offen- 
bar mit  dem  ihm  zur  Verfügung  stehenden  griechischen  Zahlzeichen  nicht  darstellen  (er 
wäre  =  i  Karat,  also  ^rp,  weshalb  der  nächsthöhere  nämlich  j-\j  Dinar,  gewählt 
wurde;  für  J  Dinar  ergibt  sich  hieraus  als  Agio:  (J^  +  ^J-j)  Dinar  =  j'*j  Dinar  =  J^ 
Dinar  =  -|  Karat. 

4)  Eigentlich  wäre  zu  erwarten:  (g\  +  3^-^)  Dinar;  aus  dem  in  der  vorigen  Urkunde 
erwähnten  Grunde  wurde  jedoch  (Jg  +  2-|-g)  Dinar  eingesetzt;  dies  entspricht  dem  Betrage 
^  Karat,  denn  (Jg  +  2^)  Dinar  —  -^^  Dinar  =  Jj  Dinar  =  l  Karat. 

5)  Eigentlich  wäre  nach  dem  für  i  Dinar  geltenden  Agio  für  J^  Dinar:  (jj-j  +  -jJ^) 
Dinar  zu  erwarten.  Nachdem  aber  derart  kleine  Beträge  für  die  Berechnung  immer 
vernachlässigt  wurden,  nachdem  sogar  der  kleinste  Bruch,  für  den  griechische  Zahl- 
zeichen verwendet  wurden,  jj-g  Dinar  —  J^  Karat  war,  so  ließen  die  Steuerbeamten  den 
zweiten  Bruch  überhaupt  außer  Betracht. 

6)  Ist  direkt  aus  dem  für  J^  Dinar  zu  Recht  bestehenden  Agio  abgeleitet. 


Beiträge  zur  arabischen  Papyrusforschung.  JO? 

Die  §  I  und  2  der  für  die  Berechnung  der  »Abzüge«  geltenden 
Durchführungsbestimmungen  bilden  auch  die  Grundlage  für  die  Be- 
messung des*Agios. 

Sind  jedoch  die  »Abzüge«  (vgl.  oben  §  3)  zu  niedrig  bemessen, 
so  wird,  um  diese  Differenz  auszugleichen,  das  Agio  höher  bemessen 
als  nach  der  Tabelle  B  zu  erwarten  wäre,  so  zwar,  daß  hierdurch  und 
durch  eine  gleichzeitige  Erhöhung  der  in  der  Rubriken  X  und  Y  voraus- 
zusetzenden Beträge  das  Manko  ganz  oder  bis  zur  gesetzlichen  Fehler- 
grenze (siehe  S.  106,  Note  i)  gedeckt  wird. 

V.  These. 

Die  Quittungsgebühr  [al-Barä^a]  ist  nach  der  Formel:  al-Barä^a  = 

dS'Sctvf 

^-^ gebildet ;  demgemäß  stellte  der  Steuerbeamte  z.  B.  für  ^  Dinare 

Agio  Y^-y  Dinar  unter  die  Quittungsgebühr  ein;  wenn  aber  nun  as-Sarf^ 
trotzdem  es  bis  auf  I2tel  Karate  oder  288stel  Dinare  gebracht  wird, 
keinen  durch  10  ohne  Rest  teilbaren  Zähler  ergibt,  so  hatte  der  Steuer- 
beamte das  Recht,  den  Agiobetrag  nach  oben  oder  unten  bis  zur  näch- 
sten durch  10  ohne  Rest  teilbaren  Höhe  abzurunden  und  von  dem  ab- 
gerundeten Betrage  die  Quittungsgebühr  zu  bemessen. 

Bevor  ich  nun  daran  gehe,  die  aufgestellten  Thesen  durch  einige 
spezielle  Beispiele  zu  beweisen,  sei  noch  bemerkt,  daß  aus  den  Thesen 
III,  IV  und  V  hervorgeht,  daß  die  Quittierungsgebühr:  den  »Abzügen«: 
Agio  sich  verhalten  muß  wie  i  :  8  :  10  unter  der  Voraussetzung,  daß 
diese  Beträge  alle  vollständig  richtig,  d.  h.  ohne  Zuhilfenahme  des  Aus- 
nahmeparagraphen (Tabelle  A,  §  3)  gebildet  sind,  denn: 

,.     ^  ..  ,..,  Agio      .    .         ^:i  al-Warai^     ,  ... 

die  Quittierungsgebühr  =  ;  Agio= ^5 ,  demnach  die 

10  4° 

^   .^.  ,     ,         al-Warak 

Quittierungsgebühr  =  - 


die    »Abzüge«  = 


96 

al-  WaraJ^  _  8  al-  VVarak 
12        "         96 


...  5  al-Wara^       \0  al- VVarak,   ,  ,  ,.  , 

das  Agio  = = ^  folglich 

^48  96  ^ 

Quittungsgebühr:   »Abzüge«:  Agio:  =  i  :  8  :  10. 

Ich  will  die  Richtigkeit  dieser  Behauptung  an  drei  Beispielen 
beweisen,  die  sich  in  der  Steuerrolle  mehrmals  wiederholen  und  die  in 
kurzer  Form  die  Thesen  III,   IV  und  V  beweisen. 

a)  Zeile  7,   10,  31   und  37: 


I08  Karl   \V.  Hofmeier, 

Quittierungsgebühr:  ^^'  =  -J  K.  '');  »Abzüge«:  xo'^7'  =  J^  D. 
+  i  K.;  Agio:  xo^  =  ^V  D-  +  1  K., 

also:  Quittierungsgebühr  =  yi^D.;  »Abzüge«:  (t|^  +  yV)  D- 
=  ,1^0.;  Agio:  (^^  +  ^V)  D.  =  3^0^  D- 

demnach:   Quittierungsgebühr:   »Abzüge«:  Agio:   l  :  8  :  10. 

b)  Zeile  8,  9,   19  und  46: 

Quittierungsgebühr:  /'  =  9^0.;  »Abzüge«:  iß'  =  jV  D-;  Agio: 

also    Quittierungsgebühr  =  g\D.;    »Abzüge«  =  -g\  D.;    Agio 

9tj  ■^•! 

demnach:   Quittierungsgebühr:    »Abzüge«:   Agio  =  i :  8  :  10. 

c)  Zeile  5  und  25: 

Quittierungsgebühr:  ^tß'  =  yV  K-;  »Abzüge«:  ^^  =  |-  K. ; 
Agio:   ^^y'  =  tVD.  +iK., 

also: Quittierungsgebühr  =  äi^D.;  »Abzüge«  =  ^VD.  =  21-8^-1 

-'^fa'*-''     V288     ^    72/   -^^  288    ■^•' 

demnach:    Quittierungsgebühr:  »Abzüge«:  Agio  =  l  :  8  :  IG. 

Ich  lasse  nun  einige  spezielle  Beweise  für  die  Thesen  folgen. 
I.   Beispiel,  Zeile  8. 

In  dieser  Zeile  sind  folgende  Beträge  der  Reihe  nach  eingestellt 
(Übersicht): 

Rubrik  X:  ^^  =  -J- K. 
Rubrik  Y:  /'  =  ^L- D. 

»Gesamtsteuerbetrag«  {a/-  Warak) ;  ^'r/^  =  (J-  +  J  +  \  +  -^^)  D- 
»Die  Abzüge«:  tß'  =  ^o^- 
Das  Agio:  iß'^  =  GV  +  iV)  D- 
Die  Quittierungsgebühr:  f!  =  -gt-  D. 
»Es  bleibt  übrig«:  )o'^y'  =  {\  +  \)  D.  +  1  K. 
Beweis   für  These    I:    Die   Summe  der  Taxen  ist:  -^- K.  +  gV  D* 
+  tV  D.  +  J3  D.  +  -h  D.  +  eV  D.  =  Tir  D-  +  oV  D-  +  iV  D-  +  iV  D. 
+  tV  D.  +  A  D-  =   2  +  3  +  24  +  24  +  6  +  3  D.  =  ^«^  D.   ^-^D.^  der 
»Gesamtsteuerbetrag«  =  7_2ji^8jhi_8±3.  ][).  =  i|i  D.;    subtrahiere    ich 
hiervon  die  Summe  der  Taxen,  so  bleibt  als  Rest:  ^  *l~^  ^  D.  =  W^^  D. 
=  -f4  D.     Dieser  Betrag  soll  also  nach  der  These  unter  der  Rubrik 
»Es   bleibt   übrig«   eingetragen   sein.    Tatsächlich  ist  dort  (siehe  die 
Übersicht!)  eingestellt:  (i  +  \)  D.  +  i  K.  =  (|  +  \  +  JL-)  'D.=^a±ia±x 
D.  =  -|-|  D.;  quod  erat  demonstrandum! 

Der  Beweis  für  These  II  kann  in  dieser  Zeile  nicht  geführt  werden, 
weil  der  Papyrus  in  den  vier  letzten  Kolumnen  zerstört  ist. 

0  Ich  kürze  im  folgenden:   K.(arat)  und  D.(inär).        . 


Beiträge  zur  arabischen  Papyrusforschung.  lOg 

Beweis  für  These  III  (Bemessung  der  »Abzüge«).  Nach  §  2a 
hat  der  Steuerbeamte  bei  den  unter  dem  »Gesamtsteu erbetrage«  ein- 
gesetzten Brüchen  jy't/^  ( l  +  1  +  1  +  tV)  D.  den  letzten  Bruch  auf 
-Jj- D.  aufgerundet  und  dadurch  als  Bemessungsgrundlage:  (1- + -3- + -|- 
-I-  ^)  D.  =  I  D.  erhalten.  Nach  Tabelle  A.  sind  die  auf  i  D.  ent- 
fallenden »Abzüge«  =  yV  D-,  wie  der  Betrag  auch  tatsächlich  in  die 
Rubrik  eingetragen  ist:  iß'  (siehe  die  Übersicht!). 

Beweis  für  These  IV  (Bemessung  des  Agios).  Auch  hier  hat  der 
Steuerbeamte  unter  Aufrundung  des  -^-^  D.  auf  ^^^  D.  als  Bemessungs- 
grundlage I  D.  erhalten,  von  welchem  laut  Tabelle  B  das  Agio  (^V  +  J-g-) 
D.  beträgt;  so  ist  der  Betrag  auch  wirklich  in  der  Rubrik  Agio  aus- 
gewiesen: iß'^  (siehe  die  Übersicht!). 

Beweis  für  These  V.  (Bemessung  der  Quittierungsgebühr).  Die- 
selbe soll  nach  der  These  J^  ^^^  Aufgeldes  betragen;  da  dieses  in  unserem 
Falle  (^  +-jig-)D.  =  ^  D.  =  J-g^D.  ist,  so  muß  man  unter  Quittierungs- 
gebühr -g^D.  erwarten;  wirklich  ist  in  dieser  Kolumne  (siehe  die  Über- 
sicht) //  ^)  eingestellt. 

2.   B  e  i  s  p  i  e  1  ,   Z  e  i  1  e   10. 

In  dieser  Zeile  sind  folgende  Beträge  der  Reihe  nach  eingetragen 
(Übersicht): 

Rubrik  X:  f^'  =  i  K. 

Rubrik  Y:  //  = -gV  D. 

»Gesamtsteuerbetrag«  [al-Wat'ak):  y,  =  |  D. 

»Die  Abzüge«:  xo'^y'  =  -^\  D.  +  i  K. 

Das  Agio:  v.o'^y  =  ^l  d".  +  |  K. 

Die  Quittierungsgebühr:  ^^'  =  |  K. 

Es  bleibt  übrig«:  jfv'^iß'  =  |  D.  +  (i  +  -jV)  K. 

Kopfsteuer:  jf^'f^ß'  =  i  D.  +  (|+  ^V)  K. 
Beweis  für  These  I:  Die  Summe  der  Taxen  ist:  \  K.  + -^-^  D.  +^D. 
-4-iK    -i-J-D    4-^K    +iK   =  -J—  D    +  J-  D    +  J-  D    +  -4-  D. 


0  Dem  Umstände,  daß  ich  fand,  daß  die  Quittierungsgebühr  ^  des  Aufgeldes  ist 
verdankte  ich  schließlich  die  Erkenntnis,  daß  //  nichts  anderes  sein  kann  als  gL,  denn  dieses 
entsprach  einerseits  in  den  eben  gegebenen  Beispielen  genau  diesem  Verhältnis,  anderseits 
klappte  dann  auch  die  unter  These  I  bewiesene  Rechnungsmethode.  Später  fand  ich  dann 
eine  glänzende  Bestätigung  hierfür  in  einer  vom  Jahre  304  d.  H.  datierten  Kopfsteuer- 
quittung in  der  Sammlung  des  Herrn  Prof.  Karl  Wessely,  der  mir  die  arabischen  Ur- 
kunden seiner  Papyrussammlung  zum  Studium  übergab.  Dort  heißt  es  im  Registratur- 
vermerk: ^f!  =  (iV  +  9V)  ^^-  Dinar,  im  Texte:  ^Ujl>  ^^^-»Öx^  =  ein  Viertel  von  einem 
achtel  Dinar.  Die  beiden  Beträge  sind  einander  nur  dann  gleich,  wenn  /!  tatsächlich 
=  J^,  denn  ^V  +  96  =  sV  =  32  ""^  *^'^  Viertel  von  einem  achtel  Dinar«  ist  ebenfalls 
=  J,  Dinar,  —  Nachträglich  fand  ich  nun  auch  in  einei  Urkunde  der  erzherzoglichen 
Sammlung   ein  e  i  n  z  i  g  e  s  rn  a  1  J^  durch  ^0'  =  1  K.  ausgedrückt. 


I  JO  Karl  VV.  Hofmeier, 

_Lir)4.L,r)4-l n—     2  +  3  +  12  +  4  +  12  +  8  +  2     F)       ==       4  3       T)    . 

^    TT     ^-      ^    '36      ^-      ^     lii      ^-     ~  28  8  288      -^-J 

der  »Gesamtsteuerbetrag«  =  |^  D.  =  4^|-|  D.;  subtrahiere  ich  hiervon 
die  Summe  der  Taxen,  so  bleibt  als  Rest:  ^-^ff^^  ^'  ~  iü-D.  Dieser 
Betrag  soll  also  nach  der  These  unter  der  Rubrik  »Es  bleibt  übrig« 
eingetragen    sein.     Tatsächlich    ist  dort   (siehe  die   Übersicht!)  einge-        M 

bLCUL.     2-'-^-^\3'12/-^*\2T^72'288/-^-  288  288-^-»  ■ 

quod  erat  demonstrandum! 

Beweis  für  These  IL  Nachdem  der  Steuerzahler,  dessen  Abgaben 
in  dieser  Zeile  verrechnet  sind,  nur  kopfsteuerpflichtig  war,  so  muß 
der  unter  »Es  bleibt  übrig«  ausgeworfene  Betrag  auch  unter  der  Kopf- 
steuer erwartet  werden.    Wie  die  Übersicht  zeigt,  ist  dies  auch  der  Fall. 

Beweis  für  These  III  (Bemessung  der  »Abzüge«).  Nach  Tabelle  A 
betragen  diese  von  i  D. :  |  K.,  demnach  von  -|  D. :  a  K.  =  f  K.  +  -J-  K. 
=  (i  +  -J)  K.  =  -Jy  D.  +  -\  K.,  wie  der  Betrag  auch  wirklich  in  dieser 
Rubrik  eingestellt  ist:  xo'^y'  (siehe  die  Übersicht). 

Beweis  für  These  IV  (Bemessung  des  Agios).  Dasselbe  beträgt 
voni-D.  nach  Tabelle  B:  (f  +  i)  K.,  demnach  vonfD.:  (^  +  -|)  K. 
=  I  K.  =  (f  +  I)  K.  =  (i  +  1)  K.  =  -jV  D  +  f  K. ;  die  Rubrik  weist 
auch  tatsächlich  diesen  Betrag  als  Agio  aus:  v.o'^^'  (siehe  die  Über- 
sicht). 

Beweis  für  These  V  (Bemessung  der  Quittierungsgebühr).  Nach- 
dem das  in  dieser  Zeile  ausgewiesene  Agio  ^  D.  +  f  K.  =  ^l  D.  4- 
-gig-  D.  —  yYr  D.  ist  und  die  Quittierungsgebühr  yL  des  Aufgeldes 
sein  soll,  so  müßte  man  jene  mit  yiy  D.  =  -i- K.  beziffern,  wie  es  in 
der  Rubrik  wirklich  enigetragen  ist  (siehe  die  Übersicht!). 

3.    Beispiel,   Zeile   13: 

In  dieser  Zeile  sind  folgende  Beträge  der  Reihe  nach  eingetragen 
(Übersicht): 

Rubrik  X:  ^iß'  =  j\  K. 
Rubrik  Y:  ^iß'  =  yV  K. 
»Gesamtsteuerbretag«     [al-Warak):    0'^7'^iß'  =  |  D.    +   {\  + 

tV)  k. 
»Die  Abzüge«:  -)  —  -^^  D. 
Das  Agio:  ^^  =  f  K. 
Die  Quittierungsgebühr:  ^iß'  =  jV  K..  ^) 
»Es  bleibt  übrig«:  ^'xo'  =  (i  +  2V)  D.     . 
•  Kopfsteuer:  ^'xo'  =  (i  +  öt)  D- 

Beweis  für  These  I:  Die  Summe  der  Taxen  ist:  ^  K.  4-  yV  K.  + 
-i-D     -I-2.K     4--i-K    =      1      D     4-  -J—  D     -i--i-D     -+--JL-D4- 

y-g-  17.     -t-     3-    rs..     -^    Yz     i^-—     288-'-^*      ^     288    ■^-        '       48-'-'*      ~     36    ■^•' 

*)  Ich  habe  diesen  Betrag  ergänzt,  weil  in  der  Urkunde  an  dieser  Stelle  ein  Loch  ist; 
daß  die  Ergänzung  zweifellos  richtig  ist,  erhellt  aus  der  Beweisführung  für  These  I  und  V. 


Beiträge  zur  arabischen  Papyrusforschung.  III 

_.!„  D.  =  1  +  1  +  6  +  8  +  1  D.  =  J«^  D .;  der  »Gesamtsteuerbetrag«  =  4-D.  + 

2  8  8    ^  288  288>  _  04 

/ij-    i  \  K    — iD4--J-D    4-     1  ■  D    =  72  +  4  +  1  n    _    77   n  .  subtra- 

\^    i-   -j-g^j    rV.    —   ■4-'-'^72-'-^'^^288^'  288  288    •'-^•>  ö^Ul-l«* 

hiere  ich  hiervon  die  Summe  der  Taxen,  so  bleibt  als  Rest  '  ;~ ^  ^  D.  = 
2^  D.  Nach  der  These  soll  also  dieser  Betrag  unter  der  Rubrik  »Es 
bleibt  übrig«  eingetragen  sein.  Tatsächlich  ist  dort  (siehe  die  Über- 
sicht!) eingestellt:  (i  +  ^)  D.  =  ^^^  D.  =  ^^D.;  quod  erat  de- 
monstrandum. 

Beweis  für  These  11:  Die  Richtigkeit  geht  schon  aus  der  Über- 
sicht hervor,  denn  die  Rubriken  »Es  bleibt  übrig«  und  Kopfsteuer  sind 
in  gleichen  Beträgen  ausgedrückt;  der  Steuerpflichtige  hatte  außer  der 
Kopfsteuer  keine  andere  ordentliche  Abgabe  zu  entrichten. 

Beweis  für  These  III  (Bemessung  der  »Abzüge«).  Nach  §  la 
hat  der  Steuerbeamte  für  die  Berechnung  die  unter  dem  »Gesamt- 
steuerbetrage«  enthaltenen  Karatbrüche  vernachlässigtund  daher  als 
Bemessungsgrundlage  \  D.  erhalten,  von  welchem  laut  Tabelle  A  die 
»Abzüge«  -/^  D.  betragen,  wie  der  Betrag  auch  tatsächlich  in  die 
Rubrik  eingetragen  ist.     ^  (siehe  die  Übersicht). 

Beweis  für  These  IV  (Bemessung  des  Agios).  Auch  hier  hat  der 
Steuerbeamte  unter  Vernachlässigung  der  Karatbrüche  als  Bemessungs- 
grundlage \  D.  erhalten,  wovon  nach  Tabelle  B  ein  Agio  von  f  Karat 
zu  bemessen  war,  wie  er  auch  wirklich  in  der  Rubrik  Agio  ausgewiesen 
ist:  tyy,  (siehe  die  Übersicht). 

Beweis  für  These  V  (Bemessung  der  Quittierungsgebühr).  Nach- 
dem |-  K.  =  JL  D.  =  -ä^g-  D.  keinen  durch  10  teilbaren  Zähler  hat, 
so  wurde  dieser  Betrag  auf  die  nächste  mögliche  Bemessungsgrundlage 
abgerundet,  d.  i.  ^\  D.  und  darnach  -^^  T).  =  -^K.  =  ^iß'  als 
Quittierungsgebühr  eingesetzt.  Diese  Rubrik  ist  im  Papyrus  zerstört, 
aber  an  der  Richtigkeit  der  Ergänzung  ist  wohl  nicht  zu  zweifeln. 
4.    B  e  i  s  p  i  e  1  ,   Z  e  i  1  e   i6. 

In  dieser  Zeile  sind  folgende  Beträge  der  Reihe  nach  eingetragen 
(Übersicht): 

Rubrik  X:  ^^tV^P'  =  iV  D-  +  (i  +  iV)  K. 
Rubrik  Y:  — 

»Gesamtsteuerbetrag  [al-Warak):  ajiß'^  =  (l  +1+ iV+Ä)  ■^• 
»Die  Abzüge«:  i^'Ü  -  (,V  +  yV)  D. 
Das  Agio:  ^'  =  \  D. 
Die  Quittierungsgebühr:  ^y'  =  |^  K. 
»Es  bleibt  übrig«:  a^'r/  =  (i  +  i  +  i)  D- 
Kopfsteuer:  a^'r/  =  (l  +  i  +  i)  D- 
Beweis  für  These  I:   Die  Summe  der  Taxen  ist:  J^- D.  +  .^- K.  + 
^  K.  +  ,V  D.  +  ^  D.  +  J  D.  +  ^-  K.  -  ,V  D.  +  ,V  D.  + -.l^^-  + 


JJ2  Karl  W.  Hof  m  ei  er, 

1       D      +   -1-  D       +   -1-  D      +   -J^  D.    =    6  +  4  +  1  +  24  +  3  +  48  +  4   D.    =   ^90     D.    = 
Y2     ^'    ^  TT  ''      6    ^      ^^7  2    ^  2  8  8  2  8  8 

-j^j  D. ;  der  Gesammtsteuerbetrag  =  (i  +  4-  +  y 2  +  iV)  ^-  — 
144  +  72  +  12  +  3  Y).  =  --3J-  D.;  subtrahiere  ich  hiervon  die  Summe  der 
Taxen,* so  bleibt  als  Rest:  a^ll:^  D.  =  -i^  =  ffD.;  nach  der  These 
soll  dieser  Betrag  unter  »Es  bleibt  übrig«  eingestellt  sein.  Tat- 
sächlich ist  dort  (siehe  die  Übersicht!)  eingetragen:    (i  +  i  +  |)  D.  = 

72  +  12  +  9  j)    —  9  3  Y)  ■   quod   erat   demonstrandum! 
72  I  j.       >    ^ 

Beweis  für  These  II:  Die  Richtigkeit  geht  schon  aus  der  Über- 
sicht hervor. 

Beweis  für  These  III  (Bemessung  der  »Abzüge«).  Nachdem  der 
»Gesamtsteuerbetrag«  mit  (l  +  i  +  iV  +  iV)  I^-  beziffert  ist,  sollte  man 
unter  den  »Abzügen«  nach  Tabelle  A:  (tV  +  2t)  ^-  +  i  ^-  erwarten, 
vorausgesetzt,  daß  der  Bruch  ^  D.  nach  §  l  a  vernachlässigt  wurde. 
Dieser  Betrag  =  (J,  +  ij  +  tU)  D.  =  -^^4^1^^  D.  =  -^^  D. ;  nun  ist 
dort   (siehe  die  Übersicht!)  aber  nur  i^'ü  =  (-^V  +  ^)  D.  =  ^±^  D.  = 

D.    eingestellt.     Die    Differenz    beträgt    also  -öVg-D-,    um  welche 


2  8  8 


die  Abzüge«  zu  niedrig  beziffert  wurden!     Es  trifft  hier  aber  §  3  der 
These  III  zu,  nach  welchem  Fehler,  die  bei  der  Berechnung  der»  Abzüge« 
gemacht  wurden  ^),  in  den  Rubriken  X,  Y  und  Agio  annähernd  ver- 
bessert werden.     Nun   sollte   man   unter  Rubrik  X  bestenfalls  ft}'  = 
6  K^-=  T4T  ^-  —  -^88  ^-  erwarten  2);  dort  ist  aber  (vgl.  die  Übersicht!) 
j_.  D.  +  (|-  +  -jiö)  K-  ausgewiesen  =  ^t^»^  ^-  ^  rw»  D.  und  abzüglich 
der  ö-S-c-D.,  die  dort  vorauszusetzen  wären,  bliebe  noch  ein  Plus  von 
^^-^  D.  übrig,   durch  welches   eben  der  bei   der  Bemessung  der   »Ab- 
Züge«  zu  konstatierende  Fehler  auf  yf •§- D.  vermindert  wird.     Dieser 
Fehler   wird    ferner  dadurch,   daß  das  Agio  —  wie  wir  gleich  sehen 
werden  —  um  -0^  D.   zu    hoch   bemessen  wurde,   auf   die  zulässige 
Fehlergrenze  (vgl.  S.  106,  Note  l)  herabgesetzt.  — Daß  dieser  Vorgang 
nicht  Zufall,  sondern  System  ist,  werden  noch  einige  von  den 
folgenden   Beispielen  beweisen. 

Beweis  für  These  IV  (Bemessung  des  Agios).     Als  Bemessungs- 
grundlage gilt  dieselbe  wie  für  die  Berechnung  der  »Abzüge«.     Dem- 
nach sollte  man  als  Agio  nach  Tabelle  B  erwarten:  {j\  +  4V  +  2V  "^ 
U  D    +  A  K.  =  24  +  6  +  12  +  3  +  2  D.  =    47    j)       Tatsächlich     ist    aber 

9  6/  '      6    ■'^  __  2  8  8  -88 

dort   (siehe  die  Übersicht!)  }  D.  =  -^Vg-  D-,  also  um  -^^  D.  zu  viel  ein- 
gestellt, was  schon  im  vorigen  Abschnitte  erklärt  wurde. 

Beweis  für  These  V  (Bemessung  der  Quittierungsgebühr).     Der 

')  Ich  betone  nochmals,  daß  sich  nicht  nachweisen  läßt,  warn  m  in  manchen 
Fällen  die   »Abzüge«  zu  niedrig  bemessen  werden. 

-)  In  allen  jenen  Fällen,  in  welchen  die  Rechnung  ganz  normal  durchgeführt  ist, 
kommen  in  der  Rubrik  X  keine  größeren  Beträge  als   '  K.  =  j\^  D.  vor. 


Beiträge  zur  arabischen  Papyrusforschung.  11^ 

unter  Agio  ausgeworfene  Betrag:  -i-  =  -^^  D.  hat  keinen  durch  lO  teil- 
baren Zähler;  infolgedessen  wurde  die  Bemessungsgrundlage  abgerundet, 
und  zwar,  wie  daraus  hervorgeht,  daß  unter  Quittierungsgebühr  (siehe 
die  Übersicht!)  i  K.  =  ^  D.  eingesetzt  ist,  nach  unten,  auf  -jL^  D. 

5.  Beispiel,   Zeile   19. 

In  dieser  Zeile  sind  folgende  Beträge  noch  eingetragen  (Übersicht): 
Rubrik  X:  ^-^'  =  j-K. 
Rubrik  Y:  //  =  -^D. 
»Gesamtsteuerbetrag«  {al-Warak):  yirlc/{  =  (i  +  \  +  i)  D.  + 

»Die  Abzüge«:  iß'  =  1 2  D- 

Das  Agio:  tß';,  =  (-j-V  +  tV)  D-  .; 

Die  Quittierungsgebühr:  !!  =  -9V  D. 

»Es  bleibt  übrig«:  50'^^'  =  (|  +  \)  D.  +  -}  K. 

Kopfsteuer:  )o'^.^'=  (^  +  \)  D.  +  i  K. 
Beweis  für  These  I.  Die  Summe  der  Taxen  ist:  J  K.  +  gV  D.  + 
J,D.  +tVD. +  ^D.  +  JeD-  =rl-TD-+  9VD-  +  -iVD.  + J^D.+ 
J3  D.  +  gV  D.  =  -  +  ■''  +  -^^8'^'^'  D-  =  Ä  D-  =  m  D- ;  der  »Gesamt- 
steuerbetrag« =  (i  +  i  +  i)  D.  +  i  K.  =  i  D.  +  -1-  D.  +  i  D.  + 
_i_  D  =  iAidi9_6_+3j_+i.  D.  =  414  D.  =  44^  D.;  subtrahiere  ich  davon 
die  Summe  der  Taxen,  so  bleibt  als  Rest  LiJir^  D.  =  IH  D.;  dieser 
Betrag  soll  also  nach  der  These  unter  der  Rubrik  »Es  bleibt  übrig« 
eingetragen  sein.  Tatsächlich  ist  dort  (siehe  die  Übersicht!)  eingestellt: 
(i  +  i)  D.  +  i  K.  =  i-  D.  +  \  D.  +  -j-L  D.  =  ^-^-fti  D.  =  -l-H  D.; 
quod  erat  demonstrandum. 

Beweis  für  These  II.    Derselbe  geht  schon  aus  der  Übersicht  hervor. 
Beweis  für  die  Thesen  III,  IV,  V.     Da  hier  als  Bemessungsgrund- 
lage für  die  »Abzüge«  und  das  Agio  unter  Erhöhung  des  Karatbruches 
im  »Gesamtsteuerbetrage«  auf  -jV  D.  der  Betrag:  i  D.  erhalten  wurde, 
gilt  der  im  ersten  Beispiel   durchgeführte   Beweis. 

6.  Beispiel,   Zeile  22. 

In  dieser  Zeile  sind  folgende  Beträge  der  Reihe  nach  eingetragen 
(Übersicht) : 

Rubrik  X:   j^7'  =  JL  D.  +  ^  K. 

Rubrik  Y:  — 

»Gesamtsteuerbetrag«  {al-Warak):  aj'/xo'^-^  =  ( i  +\  +  f,  +  2V) 

D.  +  I  K. 
»Die  Abzüge«:    r/  =  |  D. 
Das  Agio:  ^'xo'  =\\  +  JJ  D. 
Die  Quittierungsgebühr:  -)  =  ^^  D. 
»Es  bleibt  übrig«:  ot)^-/'  =  (i  +  \)  D.  +  \  K. 

Islam.    IV.  ^ 


114 


Karl  W.  Hofmeier, 


Grundsteuer:  ar/^y'  ==  (i  +  -|)  D.  +  |^  K. 

Kopfsteuer:  y'xo'  =  (i  +  aV)  D. 
Beweis  für  These  I.     Die  Summe  der  Taxen  ist:  Jg  D.   +  ^  K. 
+  i  D.  +  i  D.  +  ,,V  D.  +  ^  D.  =  ^\  D.  +  -^D.  +  iD.  +  iD.  +  ^^V 
D.  +  Jg  D.  =  3  +  2  +  18  +  24  +  6  +  3  Q.  =  _5_6_  ß.  =  ff  D. ;    Der  »Gesamt- 
steuerbetrag« =   (l  +1  4-1+2^)  D.  +f  K.  =    72  +  36  +  24  +  3  +  2  D.  -  1J^7 

D.;  subtrahiere  ich  hiervon  die  Summe  der  Taxen,  so  bleibt  als  Rest 
13  7-28  =  109  D  .  dieser  Betrag  soll  also  nach  der  These  unter  der 

7  2  /  2  '  o 

Rubrik  »Es  bleibt  übrig«  eingetragen  sein.  Tatsächlich  ist  dort  (siehe 
die  Übersicht!)  eingestellt:  (i  +  1)  D.  +  ^  K.  =  i  D.  +  |  D.  +  ^V  D- 
—  7  2  +^3  6  + 1  Y)  .  =  La_9  D. ;  quod  erat  demonstrandum! 

Beweis  für  These  II.  Nachdem  aus  der  Übersicht  hervorgeht, 
daß  der  Steuerzahler  grund-  und  kopfsteuerpflichtig  war,  muß  nach 
der  These  die  Summe  dieser  beiden  Steuern  gleich  sein  dem  unter 
»Es  bleibt  übrig«  eingestellten  Betrage;  (l  +  i  +  \+  ^t)  ^-  +  "a  K- 
=  (i  +  3+^8  +  1)  D.  +  1.  K.  =  (i  +  A)  D.  +  i  K.,  was  also  stimmt. 

Beweis  für  These  III  (Bemessung  der  »Abzüge«).  Als  Bemes- 
sungsgrundlage erhält  man  durch  Abrundung  des  Karatbruches  auf 
^^D.  (§2a)  den  Betrag  (i  +  i  +  i  +  iV)  D.;  nach  Tabelle  A  müßten 
deshalb  die  »Abzüge«  mit  (^  +  ^V)  D.  +  (f  +  i)  K.  =  (  l  +  2T  +  rh 
+  ^)  D.  =  i2+_6_t4+_i  D.  =  _2jL.  D.  beziffert  sein,  doch  ist  dort  (siehe 
die  Übersicht!)  nur  -|-D.  =  Yt\  D.,  also  uniy^lyD.  zu  wenig  eingestellt. 
Wie  in  Zeile  i6  (4.  Beispiel)  trifft  eben  auch  hier  §  3  zu.  Demnach 
ist  die  Rubrik  X,  in  welcher  ^^'  =  ^  K.  =  y|j  D.  zu  erwarten  wäre 
(vgl.  S.  112,  Note  2)  mit  -^\D.  + -^  K.  (siehe  die  Übersicht!)  ausgefüllt. 
Da  Jg  D.  +  L  K.  =  f-t2  D.  =  ^^^  D.,  so  ist  Rubrik  X  um  yA_  D.  zu 
hoch;  demnach  bleibt  noch  ein  Manko  von  yJ^D.;  dieses  ist  dadurch 
gedeckt,  daß  das  Agio  um  y|-g-D.  zu  hoch  berechnet  ist,  wie  wir  gleich 
sehen  werden,  womit  nicht  nur  die  ganze  Differenz  von  y|^D.  aus- 
geglichen erscheint,  sondern  sogar  ein  Plus  von  ^ig- D.  entsteht. 

Beweis  für  These  IV  (Bemessung  des  Agios).  Die  Bemessungs- 
grundlage ist  dieselbe  wie  für  die  »Abzüge«;  deshalb  sollte  man  nach 
Tabelle  B  folgendes  Agio  erwarten:  (jL-  +  iV  +  2V  +  9V)  ^-  +  (f  +  i 

+i)K.  =  3VD.+-3VD-+ 2VD-+  9VD-+ 3VD-+i4TD.  +  T^bD-  = 
24  +  6  +  12  +  3  +  8  +  2  +  2  D    ^  -gSgV D.     WlrkHch    ist    das    Agio    aber    mit 

288  ^  ''  °    .. 

(.1-  +  ^)  D.  beziffert  (vgl.  die  Übersicht),  und  da  dies  gleich  ist  -^\  D., 
so  ist  das  Agio  um  ^|-§-  D.  zu  hoch  bewertet,  was  aber  zur  Beseitigung 
des  Fehlbetrages  bei  den  »Abzügen«  dient.  Daß  in  unserem  Falle 
durch  diese  Operation  ein  Plus  von  ^^  D.  entsteht,  spielt  ebenso- 
wenig eine  Rolle  wie  im  4.  Beispiel  das  Minus  von  -^^  D.  Ganz  klar 
geht   aus    den  komplizierten   Operationen    hervor,    daß   durch   sie  die 


Beiträge  zur  arabischen  Papyrusforschung.  1 1  c^ 

unrichtige  Berechnung  der  »Abzüge«  annähernd  gut  gemacht  werden 
soll  und  der  Fehler  von  ^w  -D-  —  tV  ^-  muß  schon  aus  dem  S.  io6, 
Note    I     angeführten    Grunde    als  erlaubte  Vernachlässigung   gelten. 

Beweis  für  These  Y  (Bemessung  der  Quittierungsgebühr). 
Nach  der  These  soll  die  Quittierungsgebühr  yL-  des  Agios  sein;  da  das 
letztere  in  unserem  Falle  (■g'+^V)  ^-  ~  14 -^-  ^^^'  ^^  muß  die  Quit- 
tierungsgebühr -^  D.  betragen,  was  auch  tatsächlich  zutrifft,  wie  die 
Übersicht  zeigt. 

7.    Beispiel,   Zeile  25. 

In  dieser  Zeile  sind  folgende  Beträge  der  Reihe  nach  eingetragen 

(Übersicht) : 

Rubrik  X:  ^tß'  =  J^  K. 

Rubrik  Y:  ^^'  =  J  K. 

»Gesamtsteuerbetrag«  [al-Warak):  ^'r/^^Y'^i,3'  =  (i  +  i  +  4V) 

D.  +  (i  +  tV)  K. 
»Die  Abzüge«:  ^^  =  |  K. 
Das  Agio:  ^^y'  =  ^  D.  +  \  K. 
Die  Quittierungsgebühr:  ^iß'  =  yV  K. 
»Es  bleibt  übrig«:  o'^iß'  =  i  D.  +  yV  K. 
Grundsteuer:  ^'-j^t3' =  (|  +  yL)  D.  +  yV  K. 
Kopfsteuer:  xo'^  =  (^-V  +  4V)  -'-^• 
Beweis  für  These  I.     Die  Summe  der  Taxen  ist:  -^^  K.  +  ■§-  K.  + 

^D.  +ö^D.  =  i+2+^±.|+4dii  D.  =^D.;  der  »Gesamtsteuerbetrag« 

=  (i+i  +  4V)D-+(i+,V)K.  =iD.  +iD.  +-/3-D.  +.VD-  + 

i_D.  =  48  +  36  +  6  +  4  +  1,  Y)  =    93.-  subtrahiere  ich  hiervon  die  Summe 

jöö  288  jöo' 

der  Taxen,  so  bleibt  als  Rest  ^l';-  D-  =  2W  D- ;  dieser  Betrag  soll 
also  nach  der  These  unter  der  Rubrik  »Es  bleibt  übrig«  eingetragen 
sein.  Tatsächlich  ist  dort  (siehe  die  Übersicht!)  eingestellt:  -\  D. 
+  yV  K.  =  i  D.  +  ^  D.  =  ^5^  D.  =  #^  D.;  quod  erat  demon- 
strandum! 

Beweis  für  These  II.  Nachdem  aus  der  Übersicht  hervorgeht, 
daß  der  Steuerzahler  grund-  und  kopfsteuerpfiichtig  war,  muß  nach 
der  These  die  Summe  dieser  beiden  Steuern  gleich  sein  dem  unter  »Es 
bleibt  übrig«  eingestellten  Betrage;  (i  +  J-g-  +  i^  +  yV)  D-  +  ^V^-  = 
^±±±A+±J),  +yVK.  =^D.  +yVK.  =iD.  +yVK-,  was  also  stimmt. 

Beweis  für  These  III  (Bemessung  der  »Abzüge«).  Nach  §  2  a  hat 
der  Steuerbeamte  durch  Erhöhung  der  drei  letzten  unter  dem  »Ge- 
samtsteuerbetrag« eingestellten  Brüche  y^-  D.  +  (;^  +  ^V)  ^-  ^"^  tV  ^• 
auf  2^-  D.  als    Bemessungsgrundlage  (-1-  +  \-  +  oV)  D-  =  irr  D-  =  1  D. 

S* 


Il6  Karl  W.  Hofmeier, 

erhalten.    Nach  Tabelle A  ergibt   sich  hiervon   für  die  »Abzüge«  |K., 
wie  der  Betrag  auch  tatsächlich  eingestellt  ist  (vgl.  die  Übersicht!). 

Beweis  für  These  IV  (Bemessung  des  Agios).  Die  Bemessungs- 
grundlage ist  dieselbe  wie  für  die  »Abzüge«,  weshalb  man  nach  Tabelle  B 
ein  Agio  von  (-|+^)  K.  erwarten  sollte.  In  der  betreffenden  Rubrik 
(siehe  die  Übersicht!)  ist  aber  ^^y'  =  Jg-  D.  +  -i-  K.  eingetragen,  was 
richtig  ist,  denn  -^  D  +  ^^K.  =  {^  +  -^V)  D.  =  -j- j^  D.  und  (f  +  -i) 
K.  ist  ebenfalls   =  (Jg  +  -^)  D.  =  ^  D. 

Beweis  für  These  V  (Bemessung  der  Quittierungsgebühr).  Nach- 
dem das  Agio  ^  D.  +  1  K.  =  (Jg-  +  J^)  D.  =  y|^  D.  =  ^lQ^  D.  beträgt, 
sollte  man  ö-f^D-  als  Quittierungsgebühr  voraussetzen,  was  auch  mit 
der  Tatsache  übereinstimmt,  denn,  wie  die  Übersicht  zeigt,  ist  dort 
f'ß^xV^-  =  TTs"  D.   eingetragen. 

8.   Beispiel,  Zeile  27. 

In  dieser  Zeile  sind  folgende  Beträge  der  Reihe  nach  eingetragen 
(Übersicht): 

Rubrik  X:  ^^'  =  }K. 

Rubrik  Y:  .</  =  JLD. 

»Gesamtsteuerbetrag«  {al-Wara^):  jy'tß'  =  (1  +  \-  +-12)  D. 

»Die  Abzüge«:  xö'^  =  (^V  +  iV)  ^• 

Das  Agio:  tß'^  =  (,V  +"^8)  D. 

Die  Quittierungsgebühr:  !!  =  -9V  D. 

»Es  bleibt  übrig«:  ^xo'^7  =  (|  +  ^^j)  D.  +  |  K. 

Grundsteuer:  j^^T   =  •>  D.  +  a  K. 

Kopfsteuer:  ^'xo'  =  (J  +  J^-)  D. 

Beweis  für  These  I.  Die  Summe  der  Taxen  ist:  -g- K.  + -gL  D. 
+  ÄD. +tVD-+tVD.  +^VD.  +  J«  D.  =  xi^  D.  +^D.  +^D. 

J-lD      _|_J_r)      4.      in      _1_      IT)      —    2  +  3  +  12  +  6  +  24  +  6  +  3    D     —     56     F) 
'      4  8    ■^-       '      12^-     ^    4  8    ■^-       '      "9  6"  ^-  ^1  ^-   ~  TF8    ^• 

=  -1-1  D.;  der  »Gesamtsteuerbetrag«  =  (i  +  ^  +  yV)  D.  =  3  6+_2^4  +  6  d 
= -§4  D.  Subtrahiere  ich  hiervon  die  Summe  der  Taxen,  so  bleibt 
als  Rest  4|  D. ;  dieser  Betrag  soll  also  nach  der  These  unter  der 
Rubrik  »Es  ist  übrig«  eingetragen  sein.  Tatsächlich  ist  dort  (vgl. 
die  Übersicht!)  eingestellt:  (|  +  -^)  D.  +  \  K.  =  (f  +  2^4-  +  -V)  D. 
=  ^8  +  3  +  1  D    =  A|.D. ;  quod  erat  demonstrandum! 

Beweis  für  These  II.  Nachdem  aus  der  Übersicht  hervorgeht, 
daß  der  Steuerzahler  grund-  und  köpf  steuerpflichtig  war,  muß  nach 
der  These  die  Summe  dieser  beiden  Steuern  gleich  sein  dem  unter 
»Es  bleibt  übrig«  eingestellten  Betrage;  (J  +  -J-  +  '.,\)  D.  +  l  K. 
=  (i  +  i+2V)D.  +  iK.  =  (Ä  +  ,V)D.+  i-K:=  (|  +  i^)D.  +-^K., 
was  also  stimmt. 


Beiträge  zur  arabischen  Papyrusforschung.  117 

Beweis  für  These  III.  (Bemessung  der  »Abzüge«)  Nach  Tabelle  A 
sollte  man  die  »Abzüge«  von  den  unter  dem  »Gesamtsteuerbetrage« 
ausgewiesenen  Brüchen:  [^  +  i  +  -jV)  D.  mit  g^-  D-  +  (f  +  i)  K.. 
=  3V  D.  +  3V  D-  +  TiT  d"  =  H^.  D-  =  iVt  =  ^^  D-  beziffern; 
nun  sehen  wir  aber,  daß  dort  (vgl.  die  Übersicht) :  (öV  +  iV)  D.  ^-fj^  D. 
=:_ig8_.]3,^  also  um  ö-g-g- D.  zu  wenig,  eingestellt  ist.  Nach  §  3  muß 
also  dieser  Fehler  in  einer  andern  Rubrik  annähernd  gut  gemacht 
werden;  da  nun  aber  die  Rubriken  X  und  Y  normale  Beträge  aus- 
weisen, kann  das  Manko  nur  durch  eine  Erhöhung  des  Agios  gedeckt 
worden  sein,  und  dies  ist  —  wie  wir  gleich  sehen  werden  —  auch  tat- 
sächlich der  Fall. 

Beweis  für  These  IV  (Bemessung  des  Agios).  Nach  Tabelle  B 
sollte  man  bei  einem  Gesamtsteuerbetrag  von  (|-  +  -1-  +  yV)  D-  ein 
Agio  von  (^  +  -gV)  D.  +  (f  +  i  +  i)  K.  =  J^  D^  +  J^  D.  +  ^l  D- 
+  _i_^  D.  +  .r4-r  D.  =  12  +  3  +  8  +  2  +  2  j),  =    27.  j).  erwarten.   Nun  sind 

'144'14:4  2  88  288 


3  0 


in  dieser  Rubrik  (vgl.  die  Übersicht):  (yV  +  ■^)  D.  ^  ^^  D-  -  ts^ 
D.,  also  um  ö-fg-D-  zu  viel  eingetragen;  dies  geschah  aus  dem  Grunde, 
um  den  Fehlbetrag  der  »Abzüge«  zu  decken.  Da  dieser  -g-o"  D.  be- 
trägt, so  resultiert  hieraus  nur  ein  Manko  von  ^-g^  D-  (hierüber  vgl. 
das  S.  106,  Note  i  und  im  6.  Beispiel  Gesagte). 

Beweis  für  These  V  (Bemessung  der  Quittierungsgebühr).  Nach- 
dem unter  Agio  (yV  +  -ft)  ^-  =  ü"  ^-  eingetragen  ist  (vgl.  die  Über- 
sicht), müssen  wir  nach  der  These  unter  Quittierungsgebühr  ^^T>. 
erwarten,  welcher  Betrag  dort  auch  tatsächlich  eingetragen  ist  (vgl. 
die  Übersicht). 

9.    Beispiel,   Zeile  31. 

In  dieser  Zeile  sind  folgende  Beträge  der  Reihe  nach  eingetragen 
(Übersicht) : 

Rubrik  X:  ^^'  =  i  K. 

Rubrik  Y:  ^^'  =  a  K. 

»Gesamtsteuerbetrag«  (al-Warak):  y^^J  = -j  D.  +  -J  K. 

»Die  Abzüge«:  xo'^7'  =  -h^  D.  -t-  \  K. 

Das  Agio:  xrV^^  =  -.l  D.  -f  f  K. 

Die  Quittierungsgebühr:  ^^'  =  i  K. 

»Es  bleibt  übrig«:  j^^  =  -i-  D.  +  f  K. 

Kopfsteuer:  xo'^7'  =  ^  D.  +  i  K. 

Weidesteuer:  7'r/^Y'  =  [\  -f  |)  D.  -f  \  K. 

Beweis  für  These  I.     Die  Summe  der  Taxen  ist:  \  K.  +  \  K.  + 

^  D.  4-  ^  K.  -f-  ^  D.  -ff  K.  +  i  K.  =  yiy  D.  +  yiy-  D.  +  3V  D.  + 

J,  D.  +  i-,  D.  -f  -,V  D.  +  3-1.  D.  =  1  +  1  +  6  +  2  +  6  +  4  +  1  D.  =  ,VV  D-; 

der  »Gesamtsteuerbetrag«  =  f  D.  -f-  \  K.  =  |  D.  +  y|y  D.  =  »-^^J  D.  = 


Il8  Karl  W.  Hofmeier, 

vVVD.:  subtrahiere  ich  hiervon  die  Summe  der  Taxen,  so  bleibt  als 
Rest  ^\~l^  D.  =  -j^  D.  =  ^4  D.  =  1 1  D. ;  dieser  Betrag  soll  also 
nach  der  These  unter  der  Rubrik  »Es  bleibt  übrig«  eingetragen  sein. 
Tatsächlich  ist  dort  (vgl.  die  Übersicht!)  eingestellt:  J  D.  +  |  K.  = 
(.1.  -f  -JLg-)  D.  =  if  D.;  quod  erat  demonstrandum! 

Beweis  für  These  II.  Nachdem  aus  der  Übersicht  hervorgeht, 
daß  der  Steuerzahler  weide-  und  kopfsteuerpflichtig  war,  muß  nach 
der  These  die  Summe  dieser  beiden  Steuern  gleich  sein  dem  unter  »Es 
bleibt  übrig«  eingestellten  Betrage;  (2V  +  i  +  i)  D.  +  }  K.  +  }  K.  = 
1  +  8  +  3  D.  +  I  K.  =  1  D.  +  I  K.,  was  also  stimmt. 

2  4  o  z  '       ö  ' 

Beweis  für  These  III  (Bemessung  der  »Abzüge«).  Nach  §  i  a  hat 
der  Steuerbeamte  den  Karatbruch  für  die  Bemessung  vernachlässigt; 
nach  Tabelle  A  betragen  die  »Abzüge«  von  |  D.  »Gesamtsteuerbetrag« 
1^  K.  =  I  K.  +  \  K.  =  2V  ■^-  +  "3  K..,  wie  der  Betrag  auch  tatsächlich 
unter  den  »Abzügen«  eingetragen  ist  (vgl.  die  Übersicht!). 

Beweis  für  These  IV  (Bemessung  des  Agios).  Nach  Tabelle  B 
muß  man  auf  derselben  Bemessungsgrundlage,  nach  der  die  »Abzüge« 
berechnet  sind,  ein  Agio  von  (1  +  |-)  K.  erwarten,  was  auch  zutrifft, 
denn  unter  Agio  ist  (vgl.  die  Übersicht!)  v/f  D.  +  f  K.  eingetragen  und 
(|+|)K.  =:(!  +f)K.  =  ,VD.  +  |K: 

Beweis  für  These  V  (Bemessung  der  Quittierungsgebühr).  Bei 
dem  unter  Agio  eingestellten  Betrage  von  ^^  D.  +  |  K.  wäre  nach  der 

These  eine  Quittierungsgebühr  ''        ^   '        =  SmJIL^  D.  =  ^^  D. 
^  ^  ^  10  10  10 

1  0 

=  iAA=    i^D.  =  J- K.  zu  erwarten,  wie  diese  Taxe  auch   tatsächlich 
IG       ^**  ^ 

in  der  betreffenden  Rubrik  eingetragen  ist  (vgl.  die  Übersicht!). 

Die  Beweise,  die  ich  hier  im  ganzen  an  14  Beispielen  i)  durchge- 
führt habe,  dürften  wohl  genügen,  um  meine  Theorien  zu  bestätigen, 
dies  um  so  mehr,  als  die  Edition  dieser  Urkunde  zeigen  wird,  daß  auch 
die  übrigen,  hier  nicht  behandelten  Fälle  das  gleiche  Ergebnis  liefern. 

Auffallend  bei  dieser  Verrechnung  ist  die  merkwürdige  Tatsache, 
daß  die  Grundlage  der  Rechnung  nicht  irgendeine  der  uns  schon  be- 
kannten Steuern  bildet,  sondern  daß  diese  erst  aus  dem  eingezahlten 
Betrage  errechnet  werden.  Zu  bezweifeln  ist  dies  nicht,  denn  es  ist  dort 
besonders  klar,  wo  der  Steuerzahler  nur  kopfsteuerpflichtig  war,  denn 
da  kommt  die  Rubrik  Kopfsteuer  hinter  die  Rubrik  »Es  bleibt  übrig«, 
und  die  in  diesen  beiden  Rubriken  eingesetzten  Beträge  sind  überdies 

')  Die  oben   S.  108  f.  unter  a,  b,  c  angeführten  Beispiele  inbegriffen. 


I 


I 


Beiträge  zur  arabischen  Papyrusforschung.  1 1  0 

noch  gleich,  woraus  doch  mit  Recht  geschlossen  werden  muß,  daß  der 
für  die  Kopfsteuer  eingestellte  Betrag  erst  aus  einer  durchgeführten 
Subtraktion  Resultierte. 

Auch  wurde  das  Agio,  das  in  unserer  Steuerrolle  etwa  10,5  %  i) 
beträgt,  nach  dem  »Gesamtsteuerbetrage«  bemessen.  Darin  liegt  eine, 
allerdings  konsequent  durchgeführte,  Brutalität  der  Steuerbehörde, 
denn  wenn  z.  B.  von  der  in  Silber  eingezahlten  Kopfsteuer  in  einem 
die  Goldwährung  anerkennenden  Staate  ein  Agio  eingehoben  wird,  so 
ist  dies  begreiflich;  aber  die  arabischen  Machthaber  begnügten  sich 
nicht  hiermit,  sondern  verlangten  auch  für  die  bei  der  Ablieferung 
der  Steuer  eingeforderten  und  von  der  ärmeren  Bevölkerung  auch  in 
Silber  gezahlten  Taxen  das  Agio,  denn  wie  aus  meinen  Beweisen  hervor- 
geht, ist  das  Aufgeld  direkt  aus  dem  »Gesamtsteuerbetrage«  berechnet. 

Interessant  ist  ferner,  daß  die  Quittierungsgebühr  nicht  eine  für 
die  Ausfertigung  der  Quittung  allgemein  feststehende  Taxe,  sondern 
daß  ihre  Höhe  direkt  vom  Agio,  indirekt  also  von  der  Höhe  des  Steuer- 
betrages abhängig  war.  Es  ist  diese  Einrichtung  wohl  mit  unseren 
Stempelmarken  zu  vergleichen. 

Was  die  in  den  Rubriken  X  und  Y  eingestellten  Taxen  betrifft,  so 
weiß  ich  heute  noch  nichts  Rechtes  mit  ihnen  anzufangen.  Tatsache 
ist  wohl,  daß  in  jenen  Fällen,  in  welchen  die  »Abzüge«  zu  niedrig  be- 
rechnet erscheinen,  das  Manko  ganz  oder  zum  Teil  durch  eine  Erhöhung 
der  in  diesen  Kolumnen  zu  gewärtigenden  Beträge  wettgemacht  wird. 
Ich  glaubte  zuerst,  daß  diese  beiden  Rubriken  überhaupt  nur  den 
Zweck  haben  sollen,  etwaige  Fehler  in  den  andern  Kolumnen  zu  ver- 
bessern. Dem  ist  jedoch  nicht  so;  anderseits  läßt  sich  zwischen  den 
hier  eingestellten  Beträgen  und  den  übrigen  Taxen  kein  bestimmtes 
Verhältnis  nachweisen. 

In  bezug  auf  die  ordentlichen  Steuern,  also  z.  B.  die  Kopfsteuer, 
sind  sämtliche  Taxen,  demnach  auch  die  »Abzüge«,  Zuschläge;  in 
bezug  auf  den  »Gesamtsteuerbetrag«  natürlich  Abzüge.  Die  Höhe 
dieser  Zuschläge  ist  exorbitant;  sie  beträgt  im  Durchschnitt  über 
30  %  des  »Gesamtsteuerbetrages,  wohl  ein  guter  Beweis  dafür,  daß 
die  arabische  Finanzbehörde  ihr  Metier  vortrefflich  verstand. 

Ich  möchte  zum  Schlüsse  nochmals  betonen,  daß  mit  der  Be- 
sprechung der  so  interessanten  Steuerrolle  die  einschlägigen  Fragen 
nicht  als  erledigt  angesehen  werden  können;  die  arabische  Papyrus - 
forschung  ist  eine  noch  so  unausgebaute  Disziplin,  daß  fast  jede  Urkunde 
neue  Überraschungen  zu  bringen  vermag.     Aus  diesem  Grunde  ist  es 

')  Aus  andern  Urkunden  der  erzherzoglichen  Sammlung  läßt  sich  für  das  9.  Jahr- 
hundert ein  Agio  von  8,5  und  9  %  nachweisen. 


J20  Karl    W.  Hofmeier,  Beiträge  zur  arabischen  Papyrusforschungf. 

auch  ausgeschlossen,  jetzt  schon  über  die  Bemessung  der  Steuern  und 
Taxen  ein  definitives  Urteil  zu  fällen.  Die  von  mir  besprochene  Steuer- 
rolle liefert  uns  bloß  das  Material  für  einen  bestimmten,  auch  nur  aus 
paläographischen  Gründen  nachweisbaren  Zeitraum;  die  historische 
Entwicklung  des  arabischen  Steuerwesens,  die  C.  H.  Becker  für  die 
älteste  islamische  Zeit  dargestellt  hat,  wird  mit  dem  2.  Jahrhundert 
d.  H.  immer  komplizierter;  die  Lösungen  der  zahllosen  unbeantworteten 
und  noch  unbeantwortbaren  Fragen  werden  uns  nur  die  ägyptischen 
Urkunden  liefern. 


Es  ist  ja  zweifellos,  daß  das  den  griechischen  Zahlzeichen  vor- 
gesetzte Strichelchen  auch  in  arabischen  Urkunden  nichts  anderes 
bedeutet,  als  das  Karatzeichen.  Um  jedoch  noch  ein  eklatantes  Bei- 
spiel anzuführen,  beziehe  ich  mich  auf  eine  von  mir  nachträglich  in 
der  Papyrussammlung  des  Herrn  ProfessorWESSELY  gefundene  arabische 
Steuerquittung  vom  Jahre  330  d.  H.  (P.  W.  Nr.  1252).  Dort  heißt 
es  im  Registraturvermerk:  j-j''xo'^7'=  (i  +  1  + A) -D- +  ^T'   i""*   Texte: 

J?L^ä  ^:>.JLi_5  ^.>uj    ^^i^  ^j»    ouaj  =    (i  +  T  +  i)  r>-  +  ^  K.;     nun    ist      i 
(y  +  ^  +  2t)  =  f  4  D-  und  (1  +  I  +  i)  D.  ebentalls  =  -|^  D. ;    also    muß 
das  ^Y  ^^^^   i  Karat  (-bi-öi  ciJLi)  entsprechen! 


I 


Kleine  Mitteilungen  und  Anzeigen, 


Julius  Euting. 

Julius  Euting,  geboren  in  Stuttgart  den  1 1 .  Juli  1 839,  machte  den  üblichen  Studien- 
gang württembergischer  Theologen  durch  auf  dem  »niederen  Seminar«  zu  Blaubeuren 
und  dem  Tübinger  »Stift«.  Er  sammelte  da  reichliches  Wissen,  aber  Herzenssache  ist 
ihm  die  Theologie  wohl  nie  gewesen.  Er  wäre  am  liebsten  Maler  geworden.  Das  Zeug 
zu  einem  tüchtigen  Landschafter  hatte  er  jedenfalls,  wie  er  denn  auch  als  Dilettant  viele 
vortreffliche  Skizzen  und  rasch  hingeworfene  große  Landschaftsbilder  gemalt  hat.  Seine 
besondere  Gabe  war  die  Sicherheit  des  Auges;  was  er  einmal  angesehen  hatte,  das  hielt 
er  im  Geiste  fest  und  konnte  es  nachzeichnen.  Eben  diese  Eigenschaft  hat  ihn  besonders 
befähigt,  sich  hohe  Verdienste  um  die  semitische  Schriftkunde  und  Epigraphik  zu  er- 
werben. Schon  die  bloße  Wiedergabe  des  wirklich  Charakteristischen  einer  semitischen 
Schriftgattung  reizte  ihn.  Das  hat  er  namentlich  in  seiner  prächtigen  Ausgabe  eines  man- 
däischen  Werkes  gezeigt.  So  machte  es  ihm  Freude,  jungen  Orientalisten  eine  echtarabische 
Hand  beizubringen. 

Der  Wunsch,  semitische  Inschriften  zu  finden,  Liebe  zur  Natur  und  ein  bischen 
Abenteurersinn  veranlaßten  ihn  zu  seinen  Reisen  in  die  Länder  des  Islams.  Die  brachten 
ihm  zugleich  eine  wohltuende  Abwechselung  in  seinem  Beruf  als  Bibliotheksbeamter. 
Er  war  schon  in  Tübingen,  zuerst  an  der  Stifts-,  dann  an  der  Universitätsbibliothek  an- 
gestellt gewesen,  als  er  (i 871)  nach  Straßburg  ging,  um  da  neben  Barak  die  neuzugründende 
Universitäts-  und  Landesbibliothek  einzurichten.  Dabei  hat  er  sich  unvergeßliche  Ver- 
dienste erworben,  obgleich  er,  zum  Teil  gerade  weil  er  kein  Beamter  nach  dem  Schema 
war.  Auf  Vorschlag  der  philosophischen  Fakultät  wurde  er  auch  zum  Honorarprofessor 
an  ihr  ernannt.  Nach  Baraks  Tod  (1900)  wurde  er  dessen  Nachfolger  als  Direktor  der 
Bibliothek;  in  dieser  Stellung  blieb  er,  bis  er  sie,  70  Jahr  alt  geworden,  niederlegte  (1909). 

Von  seiner  großen  Reise  ins  Innere  Arabiens  heimgekehrt,  machte  er  sich  daran, 
sie  auf  Grund  der  sorgfältig  geführten  Tagebücher  zu  beschreiben.  Der  erste  Teil  des 
W^erkes  erregte  berechtigtes  Aufsehen.  Leider  stockte  aber  dann  die  Arbeit.  Von  Zeit 
zu  Zeit  ging  Euting  immer  wieder  daran,  aber  fertig  wurde  sie  nicht.  Was  er  davon  nieder- 
geschrieben hat,  ist  druckfertig,  und  ich  darf  die  Erwartung  aussprechen,  daß  es  noch  er- 
scheinen werde,  ergänzt  durch  die  Tagebücher,  die  wenigstens  das  Tatsächliche  bieten. 
Der  Reiz,  den  Euting  seinen  Berichten  zu  geben  wußte,  wird  diesen  Ergänzungen  aller- 
dings fehlen. 

Seine  Liebe  zur  Natur  bewies  Euting  auch  durch  seine  vielen  W'anderungen  in  den 
Vogesen  und  im  Schwarzwald.  Er  war  das  Haupt  des  Vogesenklubs,  der  dies  Gebirge 
in  mancher  Hinsicht  erst  aufgeschlossen  hat. 

Euting  war  in  weiten  Kreisen  außerordentlich  beliebt.  Namentlich  war  er,  der 
Junggeselle,  ein  Freund  der  Kinder  und  der  Heranwachsenden.  Bei  mancherlei  Eigen- 
heiten und  liebenswürdigen  Schwächen  war  er  ein  wahrhaft  guter  Mensch. 


122  Kleine  Mitteilungen  und  Anzeigen. 

Schon  seit  einigen  Jahren  nahm  Eutings  Körperkraft  sichtbar  ab.  Dem  Manne, 
dem  es  früher  eine  Lust  gewesen  war,  auch  beim  wildesten  Wetter  die  Berge  zu  erklettern, 
wurde  das  Steigen  und  bald  auch  das  Gehen  schwer.  Atemnot  stellte  sich  ein.  Der  leiden- 
schaftliche Raucher  gab  das  Rauchen  auf,  aber  nicht  den  Humor.  Er  erwartete  noch  Heilung 
vom  Aufenthalte  im  Schwarzwald,  kam  aber  im  Spätherbst  kränker  zurück.  Dann  schwan- 
den seine  Kräfte  immer  mehr,  bis  am  2.  Januar  dieses  Jahres  das  Herz  stillstand  und 
sein  langsames  Hinsterben  zu  Ende  ging. 

In  seiner  Vaterstadt  wurde  die  Leiche  eingeäschert.  In  der  besseren  Jahreszeit  ■wird 
die  Urne  an  einer  seit  Jahren  von  ihm  bestimmten  Stelle  hoch  oben  auf  seinem  geliebten 
Schwarzwald  und  in  seinem  geliebten  Heimatland  bestattet  werden. 

T  h.  N  ö  1  d  e  k  e. 


David  Heinrich  v.  Müller. 

Am  21.  Dezember  v.  J.  ist  der  Professor  der  semitischen  Sprachen  an  der  Universität 
Wien,  Hofrat  Dr.  D.  H.  v.  Müller,  nach  längerem  Leiden  gestorben  Mit  ihm  verliert 
die  Semitistik  einen  eigenartigen  und  erfolgreichen  Vertreter,  dessen  umfang-  und  inhalts- 
reiche Arbeiten  auf  den  Gebieten  der  südarabischen  Altertumskunde,  der  arabischen 
Philologie,  der  arabischen  Dialekt-  und  Volkskunde,  der  vergleichenden  semitischen 
Sprachforschung,  der  hebräischen  Literatur-  und  Geistesgeschichte,  der  Bibelforschung 
alten  und  neuen  Testaments,  der  prähistorischen  Rechtskunde,  der  Assyriologie,  der 
altarmenischen  Geschichte  und  noch  mancher  anderer  Wissenskreise,  vielfach  bahnbrechend, 
vielfach  bekämpft,  immer  aber  originell,  interessant  und  fördernd,  seiner  markanten 
Persönlichkeit  ein  dauerndes  und  ehrendes  Andenken  sichern.  Auch  die  Islamkunde 
dankt  ihm  manche  bedeutsame  Förderung.  Schon  seine  rein  arabistischen  Arbeiten 
sind  als  solche  zu  rechnen,  so  die  Ausgabe  des  Kitäb  al-farq  von  al-'Asma'i,  der 
wichtigen  Jazirah  des  al-Hamdäni  und  sein  Anteil  an  der  großeu  7rt<^«r/- Ausgabe, 
wo  er  die  für  die  Islamgeschichte  so  überaus  wichtige  Periode  von  dem  Chalifat  des  *ümar 
ibn  'Abd-al-*Aziz  bis  zu  jenem  des  Hisäm  redigierte.  Sein  wichtigster  Beitrag  zur  Islam- 
kunde ist  aber  in  einem  scheinbar  weitabliegenden  Werke,  Die  Propheten  in  ihrer  ur- 
sprünglichen Form,  enthalten.  Hier  und  in  einer  langen  Reihe  anknüpfender  kleinerer 
und  größerer  Aufsätze  z.  T.  polemischer  Natur,  stellte  er  seine  These  von  der  »Strophik« 
der  altbiblischen  Prophetenreden  auf,  deren  Form  er  auch  in  dem  Aufbau  mehrerer 
qoranischer  Suren  wiedererkannte.  Obwohl  er  sich  hierbei  streng  an  den  rezipierten 
Qorantext  hielt,  was  die  Anwendung  seiner  Theorie  zunächst  allerdings  .luf  einen  ver- 
hältnismäßig kleinen  Teil  des  Materials  beschränkte,  dafür  aber  seinen  Beobachtungen 
umso  höheren  Sicherheitswert  verlieh,  so  ist  doch  klar,  daß  hiermit  eine  wichtige  Hand- 
habe sowohl  für  die  Kritik  des  überlieferten  Textes,  als  auch  für  eine  allenfalls  einmal 
mögliche  Wiederherstellung  der  ursprünglichen  Gestalt  des  Qoräns  gegeben  ist.  Auch 
die  Quellenfrage  des  Qoräns  wird  dadurch  wesentlich  gefördert,  wenn  seine  poetische 
Form  als  altsemitisch  und  mit  jener  der  Prophetenpredigten  des  alten,  wie  des  neuen 
Testaments  identisch  nachweisbar  wird.  Freilich  fehlt  uns  dazu  noch  ein  Mittelglied, 
nämlich  sichere  Kunde  über  di  e  Formen  der  altarabischen  A'ff/«'«sprüche,  wozu  uns 
vielleicht  noch  einmal  die  fortschreitende  ethnologische  Erforschung  des  heutigen  Arabien 
verhelfen  kann. 

Den  Feuereifer,  mit  dem  Müller  wissenschaftlichen  Problemen  überhaupt  nach- 
ging, hat  er  auch  in  der  Vertretung  dieser  hier  flüchtig  umrissenen  Anschauungen, 
bewährt,  und  der  ließ  ihn  den  mitunter  recht  lebhaften  Widerspruch,  den  er  erregte 
manchmal  schmerzlicher  empfinden  und  heftiger  zurückweisen,  als  es  kühler  Sachlichkeit 


Kleine  Mitteilungen  und  Anzeigen.  12"^ 

gemäß  gewesen  wäre.  Aber  auch  hierin  hat  er  sich  stets  als  das  bewährt,  was  ihm 
auch  Gegner,  wenigstens  unbefangene,  nicht  absprechen  konnten :  als  aufrechter  Charakter 
und  ganzer  Ma»n. 

R.  G  e  V  e  r. 


Russische  Arbeiten  über  türkische  Literatur  und  Folkloristik. 

(Gordlewski,  Zavarin,  Olesnjicki.) 

Im  Zusammenhange  möchte  ich  hier  eine  Anzahl  russischer  Arbeiten  —  zum  größten 
Teil  Sonderdrucke  —  des  russischen  Orientalisten  und  Folkloristen  Wladimir  Gordlevski, 
des  Professors  für  Osmanisch  am  Lazarew  -  Institut  für  orientalische  Sprachen  in  Moskau, 
besprechen,  und  zwar  ohne  Rücksicht  auf  die  Zeit  des  Erscheinens,  nach  dem  Inhalt  grup- 
piert. Die  Arbeiten  bieten,  so  verschiedenartig  sie  nach  ihrer  Form  und  so  verschieden- 
artig sie  nach  ihrem  Inhalt  auch  sind,  des  Interessanten  und  Wichtigen  genug,  zumal  für 
die  Volkskunde.  Da  sie  wohl  den  meisten  Fachgenossen  nicht  leicht  zugänglich  sind, 
so  erlaube  ich  mir  bei  manchen,  flüchtig  auch  den  sachlichen  Inhalt  in  gedrängter  Form 
wiederzugeben. 

Eine  gewisse  Unrast  und  Flüchtigkeit ,  ein  Mangel  an  gründlicher  Verarbeitung 
bei  einem  großen  Reichtum  von  Material  ist  den  meisten  Arbeiten  Gordlevski's  leider 
eigen.  Der  Autor  w-ollte  ersichtlich  möglichst  rasch  sich  des  Überflusses  seines  gesammelten 
Materials  entledigen,  und  da  ist  das  Resultat  natürlich  manchmal  nicht  ganz  befriedigend. 
Die  Arbeiten  erstrecken  sich  auf  ethnographisches,  folkloristisches  und  literarisches  Gebiet 
und  behandeln  Aberglauben,  Volksgebräuche,  den  volkstümlichen  Kalender,  Sprichwörter, 
Anekdoten,  Fabeln,  Legenden,  die  Volkserzählungskunst  und  rein  literarische  Themen 
und  Besprechungen. 

Im  Anschluß  daran  möchte  ich  auch  gleich  zwei  Arbeiten  von  Schülern  Gordlevski's 
bringen,  den  Inhalt  zweier  wichtiger  nationaler  türkischer  oder  besser  osmanischer  Zeit- 
schriften geben  und  eine  französisch  erschienene  kurze  osmanische  Literaturgeschichte 
besprechen. 

Wladimir  Gordlevski:  i.  Predstavlenija  osmancev  o  njehesnjich  tjelach  (Die  Vor- 
stellungen der  Osmanen  über  die  Himmelskörper).  S.  A.  aus  »Etnograficeskoje  Obozrjenije« 
Heft  83  (2  S.).  Die  kurze,  nach  den  Angaben  eines  Mannes  aus  Kara  Hisär  (Sivas)  und  aus 
Kutahia  (Brussa)  angefertigte  Materialiensammlung  gibt  volkstümliche  Erklärungen  über 
die  Sonne  wieder,  die  als  schönes,  die  ihr  lästig  werdenden  Verehrer  schließlich  durch  ihren 
blendenden  Glanz  vertreibendes  Mädchen  gedacht  ist,  über  den  Mond,  den  schönen  Sohn, 
dem  die  ängstliche  Mutter  zur  Bewahrung  vor  dem  bösen  Blick  einen  Spüllumpen  ins 
Gesicht  schlug,  so  daß  er  unschön  und  fleckig  ward,  über  die  Sterne,  deren  inniger  Zusammen- 
hang mit  dem  menschlichen  Schicksal  dem  Volke  feststeht.  Die  iMilchstraße  (sauiaii 
jolu  —  Strohstraße)  findet  ihre  seltsame  Erklärung  in  gestohlenem,  am  ganzen  Himmel 
verstreutem  Stroh.  Die  Kometen  spielen  wie  bei  uns  eine  unglück-  und  besonders  krieg- 
verkündende Rolle.  Ein  Volksetymologeie  über  den  Großen  Bären:  ürker  (statt  ülker) 
jyldyzy  und  einige  Bemerkungen  über  den  Morgenstern  {sary  jyldyz,  den  »gelben  Stern«) 
und  den  leicht  damit  zu  verwechselnden,  aber  unglückbringenden  Coban  jyldyzy  (den 
Hirtenstern)  machen  den  Beschluß. 

2.  Predstavljenija  osmancev  o  zemlje  (Vorstellungen  der  Osmanen  über  die  Erde). 
Ebenda.  (2  S.)  —  Die  gebotenen  Mitteilungen  beruhen  auf  Angaben  von  Leuten  aus 
Kara  Hisdr  und  Ajas  (Angora).  Das  Erdbeben  findet  seine  Erklärung  als  unruhige  Be- 
wegung des  Stieres,  auf  dessen  Hörnern  die  Erde  ruht,  wenn  eine  Mücke  ihn  auf  Befehl 
Gottes  beunruhigt,  so  oft  Gott  über  die  menschlichen  Sünden  aufgebracht  ist.  —  Ähnliche 


124  Kleine  Mitteilungen  und  Anzeigen. 

Vorstellungen  scheinen  auch  heute  noch  von  gewissen  theosophischen  Kreisen,  natürlich 
mutatis  mutandis,  propagiert  zu  werden.  Wenigstens  wollte  die  als  Orientalistin  nicht 
unbekannte  Madame  Lebedewa  (Gülndr  Xanum)  im  letzten  Frühjahre,  wie  sie  mir  erzählte, 
in  Konstantinopel  Vorträge  halten  über  den  ursächlichen  Zusammenhang  der  Erdbeben 
und  Elementarereignisse  der  letzten  Jahre  mit  der  zunehmenden  menschlichen  Sünd- 
haftigkeit. —  Es  folgen  abergläubische  Gebräuche  zur  Abwendung  einer  Dürre.  Nebel  wird 
durch  bestimmte  Verse  vertrieben.  Der  Regenbogen  {ehern  kusa'y  =  »Gürtel  der  Alten«), 
den  die  Kinder  mit  Versen  begrüßen,  bedeutet  Erntesegen.  Interessant  ist  der  jetzt  ins 
Lächerliche  gezogene  Aberglaube,  daß  man  durch  das  —  allerdings  schwer  zu  bewerk- 
stelligende —   Hindurchgehen  unter  dem  Regenbogen  sein   Geschlecht  wechseln  könne. 

3.  Osmanskija  sujevjerija  0  pticach  (Osmanische  abergläubische  Ansichten  über  die 
Vögel).  S.  A.  aus  »Etnograf.  Obozr.«  (ohne  Bandangabe).  (6  S.)  —  Diese  im  Jahre  1906 
in  Konstantinopel  größtenteils  nach  den  Mitteilungen  eines  Mannes  aus  Kara  Hisär  auf- 
gezeichneten Materialien  geben  ein  gutes  Bild  über  die  Ansichten  des  Volkes  von  den  am 
häufigsten  vorkommenden  Vögeln.  Der  Ruf  des  Hahnes  wie  auch  der  des  Huhnes  zur 
Unzeit,  z.  B.  nachts,  bedeutet  Unglück,  ebenso  wie  das  Krächzen  des  Raben  über  dem 
Hause.  Glück  bedeutet,  wie  bei  uns,  die  Schwalbe  und  der  Storch,  der  gläubig  Hägi  baba 
(Vater  Pilger)  genannt  wird,  da  er  im  Herbste  nach  Mekka  ziehen  soll,  und  den  zu  jagen 
für  eine  schwere  Sünde  gilt.  Dem  Adler  schreibt  das  Volk  eine  märchenhafte  Stärke  zu. 
Das  Hüpfen  des  Sperlings  findet  seine  Erklärung.  Tauben,  die  die  Kinder  gern  zu  halten 
pflegen,  bringen  dem  Hause  Unglück,  in  dem  sie  nisten.  Der  Elsterruf  bedeutet  Neuig- 
keiten. Von  der  Eule  erzählt  der  Volksmund  eine  ähnHche  Geschichte,  wie  sie  Rückert 
in  seinem  »Kloster  auf  Usedom«  von  den  habgierigen  Klosterleuten  und  den  beiden  Stören 
meldet:  Gott  sandte  ihr  jede  Nacht  zwei  Sperlinge,  von  denen  sie  immer  einen  verzehren 
durfte,  bis  die  Gier  sie  verführte,  beide  zu  verschlingen  und  sie  darum  ohne  Nahrung  blieb. 
Das  Rebhuhn,  das  beim  ersten  Schneefall  leicht  lebendig  von  den  Bauern  gefangen  und 
in  der  Stadt  verkauft  wird,  dient  hauptsächlich  zur  Betätigung  des  mitleidvollen,  sünden- 
lösenden Erbarmens  gegen  Tiere:  man  kauft  sie  gerne  und  füttert  sie  den  Winter  über, 
um  ihnen  im  Frühling  wieder  die  Freiheit  zu  geben,  damit  sie  einstmals  bei  Gott  für  diese 
Guttat  Fürbitte  einlegen.  Natürlich  fehlt  auch  die  unter  die  Vögel  eingereihte  Fledermaus 
nicht,  die  schlafende  Kinder  ersticken  soll.  Ihr  Blut  dient  zum  Schreiben  von  Beschwör- 
ungsformeln. Die  Knochen  werden  als  sichere  Liebe  erweckender  Amulettbestandteil 
geschätzt.  —  Auf  ethnographisches  Gebiet  leitet  die  folgende  Materialiensammlung  über: 

4.  Ro^djenije  rebjenha  t  jego  vospitanije  (Die  Geburt  des  Kindes  und  seine  Erziehung). 
S.  A.  aus  »Etnogr.  Obozr.«  Heft  86 — S7.  (4  S.)  —  Die  Aufzeichnungen  erfolgten  nach  den 
Angaben  eines  Mannes  aus  Kara  Hisdr  und  eines  zweiten  aus  Ajas.  Es  werden  Ver- 
haltungsmaßregeln gegeben  für  die  erste  Menstruation,  für  die  Unfruchtbarmachung  der 
Frauen,  für  den  Abortus.  Das  Volk  schließt  aus  gewissen  Anzeichen  schon  vor  der  Geburt 
auf  das  Geschlecht  des  kommenden  Kindes.  Eine  leere  Wiege  zu  schaukeln  bringt  dem  be- 
treffenden Hause  Kinderlosigkeit.  Sympathiemittel  zur  Erleichterung  der  Geburt  (Ver- 
schlucken eines  mit  einer  bestimmten  Koran-Sure  beschriebenen  Papierstückchens)  finden 
sich  angegeben.  Der  Neugeborene  wird  zur  Kräftigung  mit  Salz  eingerieben.  Wichtig 
ist  es,  wer  den  Nabel  abschneidet,  da  der  Neugeborene  dem  Abschr^idenden  bzw.  auch  dem, 
der  ihn  vom  Boden  aufhebt,  im  Charakter  nachschlägt.  Volkstümlichen  Regeln  über  die 
Deutung  der  künftigen  Charaktereigenschaften  und  die  Zukunft  des  Kindes  aus  seinen 
Körpereigenschaften  folgen  solche  für  die  Namengebung.  Zur  Entwöhnung  im  zweiten 
Jahre  bedient  man  sich  höchst  drastischer  Mittel  (Igel,  roter  Pfeffer,  Erschrecken  des 
Kindes).  Beim  Durchbrechen  des  ersten  Zahnes,  das  man  durch  eine  Weizenkörnerschnur 
bedeutend  erleichtert,  wird  den  Nachbarn  ein  Fest  mit  einem  eigenen  Gericht  aus  Weizen 


Kleine  Mitteilungen  und  Anzeigen.  12  5 

und  Nüssen  gegeben.  Der  erste  ausgefallene  ]\iilchzahn  wird  als  eine  Art  Überfluß  garan- 
tierender Talisman  im  Hause  aufgehängt.  An  einigen  Orten  gibt  es  auch  volkstümliche 
Mittel  zur  Feststellung  der  zweifelhaften  Legitimität  des  Kindes,  so  in  Hajmana  (Angora,": 
Am  40.  Tage  nafti  der  Geburt  legt  man  es  auf  einen  bestimmten  Stein:  sein  Schweigen  oder 
sein  Schreien  gibt  dann  Auskunft.  Abergläubische  Mittel,  um  ein  Kind  rasch  zum  Laufen 
zu  bringen,  sind  ebenso  verbreitet  wie  der  Glaube  an  den  »Wechselbalg«,  den  die  Mutter 
durch  abergläubische  Manipulationen  wieder  in  ihr  richtiges  Kind  umzutauschen  vermag. 
]\lit  den  Angaben  der  ländlichen  Beschneidungsgebräuche  im  6.  oder  7.  Jahre,  unter  denen 
auch  eine  Art  »Pate«  (kivra)  figuriert,  und  den  alljährlichen  Schulausflügen  der  Jugend 
in  den  Dörfern  mit  Hammelschlachten  und  Picknick  schließt  die  höchst  interessante  Zu- 
sammenstellung. 

5.  Njekotoryje  obycaji  i  sujevjerija  u  sariov,  svjazannyje  s  rozdjenijem  rebj enka  (Einige 
im  Zusammenhang  mit  der  Geburt  eines  Kindes  stehende  Gewohnheiten  und  abergläubische 
Gebräuche  bei  den  Sarten).  S.  A.  aus  »Etnograf.  Obozr.«  Heft  90.  (5  S.)  —  Das  Ganze 
ist  die  Übersetzung  der  auf  Gordlevski's  Bitte  hin  ihm  übermittelten  Beobachtungen 
eines  ungenannten  Molla  aus  Taschkent  aus  dem  Sartischen  ins  Russische.  Der  Traktat,  der 
gerade  durch  seinen  sartischen  Verfasser  noch  authentischer  wird,  ist  recht  interessant.  Bei 
Kinderlosigkeit  wenden  die  Frauen  sich  an  Molla's,  Imame,  an  Behaucher  um  Hilfe,  sie 
besuchen  Heiligengräber,  so  besonders  gern  das  80  Werst  von  Taschkent  entfernt  gelegene 
Murdd-ha/s),  wo  zuerst  Opfer  gebracht  und  dann  durch  eine  Art  Wahrsagespiel  (Heraus- 
fischen von  vorher  hineingeworfenen  sinnvollen  Gegenständen  aus  einem  Wasserbecken 
am  Grabe,  das  einen  Knaben  oder  ein  Mädchen,  oder  wenn  die  Suchende  die  Hand  leer 
herauszieht,  Kinderlosigkeit  bedeutet,)  die  Frage  an  die  Zukunft  um  Kinder  beantwortet 
wird.  Nach  der  Geburt  des  Kindes  wird  im  Zimmer  mit  ysyryk  (persisch  spald)  geräuchert. 
Ein  im  Zimmer  der  Frau  gehaltener  Uhu  ist  das  beste  Mittel  dagegen,  daß  ihr  die  Kinder 
wieder  sterben,  wenn  sie  schon  Kinder  durch  den  Tod  verloren  hat.  Der  Vater  betet  über 
dem  Neugeborenen  und  haucht  ihn  an.  Der  abfallende  Nabel  wird  vergraben  oder  in 
einem  irdenen  Krug  an  einen  Baum  gehängt.  Sieben  oder  neun  Tage  nach  der  Geburt 
findet  die  als  großes  Fest  aller  Verwandten  gefeierte  Legung  des  Neugeborenen  in  die  Wiege 
statt.  Damit  wird  die  Hebamme,  die  das  Kind  oft  warm  badet,  entlassen.  Sie  kommt 
nun  nur  alle  zwei  bis  drei  Tage  wieder,  bis  zum  40.  Tage.  Bei  der  Geburt  des  ersten  Kindes 
haben  die  Eltern  der  Wöchnerin  große  Aufwendungen  mit  Geschenken  der  verschiedensten 
Art  zu  machen  und  ein  Gastmahl  zu  geben.  Die  Verwandten  müssen  ebenfalls  dem  Brauche 
nach  bei  der  Benachrichtigung  von  der  Geburt  durch  den  Boten  Geschenke  schicken.  — 
Interessante  Daten  bieten  zum  Teil  noch  die  Materialsammlungen  für  den  volkstümlichen 
Kalender: 

(■.  Mat]erialy  dlja  osmanskago  narodnago  Kalendarja  (Materialien  für  den  osmanischen 
Volkskalender).  »Zivaja  Starina«  191 1.  S. 439— 444.  —  Angeregt  durch  einige  vom  Grafen 
VON  MüLiNEN  im  13.  Bande  der  Türkischen  Bibliothek  über  die  Frauensprache  gegebene 
Daten,  veröff^entlicht  Gordlevski  eine  Zusammenstellung  der  von  ihm  nach  Angaben 
aus  Kara  Hisdr,  Brussa,  Izmid,  Trapezunt  {Rize)  und  Ajas  (Angora)  gemachten  Aufzeich- 
nungen. Das  Sonnenjahr  spielt  trotz  des  offiziellen  und  durch  die  Religion  bedingten 
Mondjahres  bei  der  Ackerbau  und  Viehzucht  treibenden  Bevölkerung  natürlich  eine  aus- 
schlaggebende Rolle.  Es  zerfällt  in  zwei  durch  den  Eliastag  (Xizr:  23.  April)  und  den 
Demetriustag  {Qdsim:  26.  Oktober)  geschiedene  Hälften.  Der  offizielle  Jahresanfang  für 
das  Finanzjahr  ist  der  i.  März.  Das  Volk  beginnt  das  Jahr  aber,  wohl  nach  persischem 
Vorbilde,  mit  dem  9.  März,  den  es  mit  Ausflügen  feiert.  Die  volkstümlichen  Bezeichnungen 
der  Monate  des  Sonnenjahres,  die  sich  natürlich  nicht  bloß  auf  die  »Frauensprache«  allein 
beschränken,  sind:  Marl  (März),  Abrul  (April:  die  Aprilregen  haben  ungefähr  dieselbe  aber- 


J26  Kleine  Mitteilungen  und  Anzeigen. 

gläubische  Bedeutung  wie  unsere  »Mairegen«),  Mais  (Mai),  Kiraz,  Kerez  (Juni:  »Kirschen- 
monat»), Orak  oder  Curuk  (Juli:  der  »Sichelmonat«  oder  der  »Verfaulte»),  Harman  oder 
Austos  (August:  der  »Erntemonat«.     Am  15.  des  Monats  sammeln  die  Kinder  manchenorts 
»Kerzengeld«  mit  Versen  ähnlich  denen,  mit  welchen  sie  im  Ramazän  das   »Ölgeld«  {jay 
pnrasy)  erbitten.    Vgl.  Türk.  Bibl.  III,  S.  21,  A.  3),  Avara  oder  Istavrit  (September,  der 
»Untätige«  oder  »Kreuzmonat«),  Hac  oder  Oktobri  (Oktober,  ebenfalls  »Kreuzmonat«,  nach 
dem  Armenischen  genannt.     Am  Qäsim-Jag  findet  ein  Umzug  der  Kinder  statt.).  Kor, 
Koskojan  oder  Koskaiymy  (November,  der  »Hammelmonat»,   weil   am   12.  November  die 
Schafe    gedeckt  werden),    Syyyr  kojan  (Dezember ,  der  Monat ,    wo  man  das   »Rindvieh 
deckt«.   Die  ersten  zehn  Tage  heißen  ifara  kys  (der  schwarze  Winter),  auf  die  die  40  Tage 
währende  Kälteperiode:  arbain  oder  zemheri  (wohl  von  xamsm)  folgt),  Jeniil  (Januar: 
Neujahr),  Gügiik  oder  Kucuk  (Februar,    »der  Kleine«,  wegen  seiner  ^Kürze).     Auch  die 
Wochentage  weichen  von  der  gewöhnlichen  Benennung  etw^as  ab:    Guma   (Freitag)  und 
Gum?ertesi  (Samstag)  sind  unverändert.    Dagegen  bieten  die  anderen  Wochentage  Neues: 
Kire  (Sonntag,  dem  Griechischen  entnommen),  Ajazman  (Montag),   Dernek  (Dienstag  = 
Versammlungstag,  ganz  unserer  Bezeichnung  entsprechend.     Hier  findet  sich  noch  das  in 
Konstantinopel    völlig    obsolete  Wort    dernek,    das    seinerzeit    als    Bezeichnung    für    die 
nationale  wissenschaftliche  Gesellschaft  gewählt  wurde);  Bazar  (Mittwoch:   »Markt«tag), 
Gum*  asamy  (Donnerstag).    Einige  Regeln  über  zukunftbedeutende  Träume  im  Mai  machen 
den  Beschluß.    Das  Mondjahr  hat  ebenfalls  für  seine  Monate  einige  abweichende  Bezeich- 
nungen.   Der  Mo/iarrem,  an  dessen  erstem  Tage  man  Geld  zu  leihen  sucht,  das  man  nach 
der  volkstümlichen  Auffassung  nicht  zurückzugeben  braucht,  heißt  beim  Volke  allgemein 
Asura,  nach  Gordlevski's  Erklärung  nach  der  Suppe  so  genannt,  die  die  Mevlevi  verteilen. 
Doch  ist  dieser  Brauch  nicht  bloß  für  die  Mevlevi  zutreffend,  alle  Orden  kennen  diese  Art 
der  Volksbewirtung.     Besonders  ist  sie  auch  bei  den  Bektaii  heute   noch   in  hoher  Blüte. 
In  Sejjid-i-rdzi  z.  B.  reichen  für  diese  Gelegenheit  die  dort  vorhandenen  riesigen  Kupfer- 
kessel nicht  aus,  so  daß  man  gewöhnlich  noch  einen  besonders  großen  Kessel  von  ^ügä*- 
ed-Din  herbeischaffen  läßt  zur  Bewirtung  der  von  weither  sich  zum  oium-Schmaus  ein- 
findenden zahllosen  Menge.     Die  beiden  Monate  Rebi'  I  und  II  heißen  beim  Volke  Ilk 
mevlud  und  Son  mevlud,   nach  der  Geburt  des  Propheten.     Regeb  und  Sa'bdn  führen  den 
gemeinsamen  Namen:  hiamaz  ajlary  (die  Gebetsmonate).     Der  Savväl  ist  als  Bajram  ajy 
(der  Bajram-Yestmonat)  bezeichnet,    während   der  Zi-l-hig^e  den   Namen   Kurban  ajy 
(Opfermonat)  führt.  —  Bescheidener  sind  die  in  Damaskus   1906  zusammengetragenen 

Materialien : 

7.  Matjerialy  dl/a  rarodnago  sirijskago  Kalendarja  (Materialien  für  den  syrischen 
Volkskalender).  S.A.  aus  »Etnograf.  Obozr.«  Heft  81— 82.  (3  S.)  —  Hier  werden  die 
volkstümliche  Zeiteinteilung,  die  christlichen  Feste  mit  ihren  nationalen  Gerichten,  die 
Gebräuche  an  den  verschiedenen  Jahrestagen  der  Heiligen  notiert.  Für  die  Muhammedaner 
kommt  nur  eine  Art  Bauernregel  in  Betracht,  daß  nämlich  die  Kälte  so  lange  anhält,  als 
die  christliche  Fastenzeit  dauert.  Die  Muhammedaner  sollen  ebenfalls  Maria  Geburt 
(18.  September)  und  die  Kreuzerhöhung  (4.  September)  feiern.  —  Ins  Folkloristische  und 
LiteVarische  leiten  die  nächsten  Arbeiten  über. 

8.  Osmanskija  skazki  (Osmanische  Märchen).  S.  A.  aus  »Etnograf.  Obozr.«:  Heft 90— 91. 
(9  S,)  _  GoRDLEvsKi  hat  seit  jeher  große  Neigung  zum  Folklore  gehabt.  So  gab  er  m 
der  Festschrift  für  W.  Th.  Miller  (Jiibilejnij  sbornik  v  cest  V.  Th.  Millera,  Moskau  1900) 
unter  dem  Titel:  Obzor  tiireckich  skazok  po  sbornjiku  Ign.  Kunasa  (Budapest  1887— 1889) 
Überblick  über  die  türkischen  Märchen  nach  der  Sammlung  von  Ig.  Kunos)  eine  Inhalts- 
angabe der  von  Kunos  gesammelten,  aber  Nichtorientalisten,  weil  nur  türkisch  veröffent- 
licht,  nicht   zugängUchen   türkischen   Märchen   der   zwei    Bände   Oszmdn-török  nepköliesy 


Kleine  Mitteilungen  und  Anzeigen,  127 

gyütemeny.  Da  Kunos  aber  häuptsächlich  nur  phantastische  Altweibermärchen  und  nur 
ganz  vereinzelt  in  seiner  großen  Sammlung  auch  moralische  Märchen  und  Fabeln  'gegeben 
hat,  so  publiziert  Gordlevski  als  eine  Art  notwendiger  Ergänzung  zehn  derartige  Märchen, 
doch  nur  russi^h,  ohne  Beigabe  des  Originaltextes,  von  denen  er  sieben  in  Konstantinopel 
und  drei  in  Konia  aufgezeichnet  h&t.  Es  sind  höchst  anspruchslose  Sachen,  erzählt  von 
nicht  zünftigen  Erzählern,  ein  Beitrag  zur  Charakterisierung  der  List,  der  Hinterhältigkeit 
und  Dummheit  der  Leute.  Manche  Märchen  verraten  unstreitig  europäischen  Einfluß: 
durch  das  Medium  des  Französischen  ist  viel  europäisches  Anschauungsmaterial  auch  in 
breitere  Volksschichten  gedrungen.  Die  Titel  mögen  der  Hauptsache  nach  genügen:  Die 
sinnlose  Klage  (wo  das  Motiv  von  den  Inseln  mit  verwendet  ist,  auf  der  die  Katzen  noch 
unbekannt  sind).  Der  listige  Dieb  (eine  Variante  der  Geschichte  aus  looi  Nacht  von  dem 
Diebstahl  im  kaiserlichen  Schatzhause),  Der  Dummkopf,  Vom  Hirten  zum  Minister  (es  ist 
das  auf  den  Großvezier  Fuad  Pascha  exemplifizierte  Märchen  von  dem  Minister  geworde- 
nen Hirtenknaben  und  seiner  geheimen  Stube,  wo  statt  der  von  den  Neidern  vermuteten 
Schätze  nur  die  einstigen  Hirtenschuhe  usf.  als  Mahnung  an  seine  niedere  Herkunft  auf- 
bewahrt sind),  »Allah  hat's  gegeben«  (Dem  Kismet  läßt  sich  nicht  entgehen).  Der  osmanische 
Orpheus  (der  stimmbegabte  Jüngling  findet  erst  bei  den  Kurden  Frieden,  die  anscheinend 
keinen  so  ausgeprägten  Sinn  für  Musik  haben,  wie  die  Türken),  Der  Qädi  als  Verführer 
(die  Geschichte  vom  verliebten  Qädi  in  der  Tilahe),  Der  alte  Sattel  (ebenfalls  die  Kismei- 
fügling  illustrierend).  Die  List  des  Bartlosen  (kose)  (die  auch  von  Rückert  behandelte 
Geschichte  \om Betrogenen  Teufel,  die  Mehmed  Teviq  in  Buadeni  ebenfalls  erzählt  (vgl. 
Beiträge  zur  Kenntnis  des  Orients  IX,  S.  145 — 146)  und  Die  List  der  Weiber  (wo  einem 
Prediger  seine  auffälligen  Bemerkungen  über  die  Dummheit  der  Weiber  teuer  zu  stehen 
kommen). 

9.  Matjerialy  po  osmanskomii  folkloru  (Materialien  zum  osmanischen  Folklore).  S.-A. 
aus  »Zivaja  Starina«  XX,  1911,  S.  131 — 157.  —  Hier  gibt  Gordlevski  einen  kurzen  Über- 
blick über  die  Bedeutung  der  volkstümlichen  Anekdotenliteratur  für  die  Osmanen.  An- 
geregt durch  die  Arbeit  Professor  I.  Th.  Sumzow's:  Rozyskanija  v  ohlastji  anekdotjiceskoj 
litjeratury  sammelte  er  besonders  Anekdoten  über  den  Tölpel,  den  Dummkopf  im  Volks- 
munde. Er  veröffentlicht  nur  einen  Teil  seiner  1905 — 1907  größtenteils  in  Konstantinopel 
nach  den  Erzählungen  von  Leuten  aus  Kutahia,  Kara  Hisär,  Istnid,  Ajas,  Erzerum  und 
zum  Teil  auch  in  Konia  aufgezeichneten  Sammlung,  nämlich  41  Stück,  ohne  Text,  nur 
in  russischer  Übertragung.  Manche  hierher  gehörige  frivole  oder  schmutzige  Anekdoten 
hat  er  weggelassen.  Ein  beliebtes  Objekt  des  Volkswitzes  ist  der  für  dumm  geltende 
Laze,  der  schwerfällige  Kastamunier,  der  Erzinganer.  Es  wird  die  Trägheit  des  Kurden, 
die  blinde  Geldgier  des  Albanesen  verspottet.  Interessant  ist  das  Gebet  des  Bektasi,  Nr.  24, 
wo  ein  Bektasi  Gott  um  einen  Knaben  (zu  Liebeszwecken)  in  der  Moschee  bittet,  nicht 
um  Glatiben,  den  er  ja  so  schon  hat,  worauf  er  von  der  empörten  Menge  als  Häretiker 
totgeschlagen  wird.  Einige  einschlägige  Tierfabeln  machen  den  Beschluß.  —  Hier  schließt 
am  besten  wohl  gleich  die  Arbeit  über  die  Anekdotensatnmlung  des  Xoga  iVasr-scf-Din  an: 

10.  Anekdoty  0  chogje  Nasr-ed-Dinje  (Letäif-i-xoga  N asr-ed-Din).  Konstantinopel 
1325.  Verlag  Iqbäl  (266  S.).  »Zivaja  Starina«  XX,  1911,  S.  152 — 157.  —  Die  Sammliftig 
ist  von  Veled  Celebi  Behaji  redigiert  und  wähl-  und  systemlos  auf  über  400  Anek- 
doten gebracht,  während  die  ursprünglichen  Sammlungen  bedeutend  weniger  enthalten, 
die  Leidener  Handschrift  z.B.  nur  76.  Weil  das  Buch  aber  angeblich  pädagogischen  Zwecken 
dienen  soll,  so  sind  die  unmoralischen  Anekdoten  ausgelassen.  Da  ich  demnächst  eine 
Besprechung  von  Albert  Wesselski's  schönem  Buche:  Der  Hodscha  Nasreddin  geben 
werde,  möchte  ich  hier  nicht  näher  auf  den  Artikel  Gordlevski's  eingehen,  der  haupt- 
sächlich auf  die  fremden  Entlehnungen  und  Zusätze  Rücksicht  nimmt.  —  Der  Volkslite- 
ratur gilt  auch  die  Studie: 


J28  Kleine  Mitteilungen  und  Anzeigen. 

II.   Iz  nabljiidjenij  nad  iureckoj  pjesnju  (Aus  den  Beobachtungen  über  das  türkische 
Lied).    Im  Anschluß  an  F,  Giese's  Erzählungen  und  Lieder  aus  dem  Vildjet  Qonjah  (sie!) 
Halle  1907.  S.-A.  aus  »Etnograf.  Obozr.«  Heft  79,  1909.   (68  S.)  —  In  der  Arbeit,  die  in 
Ausführung    eines   in    der    Moskauer   Archäologischen    Gesellschaft    gehaltenen    Vortrags 
entstanden  ist,  geht  Gordlevski  von  der  feindseligen  Stellung  des  Efenditums  gegen  das 
eigene  Volksleben  aus,  dessen  Verständnis  einerseits  der  Islam  noch  auf  lange  hinaus  un- 
möglich gemacht  hat,  und  dem  andrerseits  auch  das  moderne   Bestreben   »europäischer 
Kultur«  Eingang  zu  schaffen,  argen  Abbruch  tut.  DerGroßvezier  A.  Geväd  Pascha  hegte 
zwar  den  großen  Plan,  die  Denkmäler  der  gesamten  Volksliteratur  in  ihrer  ganzen  dialekti- 
schen Verschiedenheit  durch  die  Schulinspektoren  ex  officio  sammeln  zu  lassen  und  dies 
Material  dann  herauszugeben.    Doch  wurde  mit  seinem  Sturze  der  ganze  Plan  vergessen. 
Den  Europäern  allein  gebührt  auch  hier  das  Verdienst  des  Sammeins.     Einer  der  aller- 
ersten war  wohl  Viktor  Maximow,  der  in  Kleinasien  über  hundert  lyrische  T.ieder  und 
Destan's  sammelte,  infolge  seines  Übertritts  zur  diplomatischen  Carriere  aber  den  größten 
Teil  davon  unpubliziert  ließ.    Ganz  gewaltige  Mengen  sammelte  und  publizierte  I.  Kunos. 
Auf  andere  Arbeiten  geht  Gordlevski  nicht  ein  —  er  liebt  es  überhaupt  immer,  etwas 
unstet  seine  Bemerkungen  zu  geben.     Nach    der  allgemeinen  Einleitung   kommt  er  auf 
Giese's  Sammlung  selbst  iu  sprechen,  der  in  Konia,  vor  allem  im  Gefängnis,  interessante 
Proben  der  Volkshteratur,  besonders  von  Angehörigen  der  Nomadenstämme,  aufzeichnete. 
Gordlevski  untersucht  die  Sprache  der  turkmenischen  Gedichte,  die  stark  an  das  Azerbaj- 
ganische  anklingt,  den  metrischen  Bau  der  Verse,  ihre  technische  Form:  die  Dialoge,  Hoch- 
zeits-,  Kriegs-  und  Räuberlieder  und  die  zahlreichste  Klasse:  die  lyrischen  Lieder.     Mit 
der  Übersetzung  der  Lieder  ist  er,  m.  E.  wohl  nicht  mit  Unrecht,  nicht  immer  zufrieden.  Als 
Anhang  gibt  er  noch  eine  Analyse  der  Prosaerzählungen  und  macht  Bemerkungen  zur  Prosa 
selbst  und  zum  Vorwort.    Für  die  Jürüken  möchte  ich  auch  auf  das  nicht  allzu  bekannte 
kleine  Werk   des  M.  'J'cazupoyXo-j :    IlfQl   Fiovqovxwv  ii>vo}.oyixfi  yfkhr]  ("Avot-o/.iy.o! 
fxeÄET^IxaTa),  Athen  1891,  verweisen.    Noch  heute  ist,  wie  hier  anzufügen    wohl  der  Platz 
ist,  trotz  mancher  modernisierenden   Bestrebungen  in  Konstantinopel  selbst,  im  breiten 
»Efenditum«,  zumal  in  der  Provinz,  irgendwelcher  Fortschritt  in  der  Auffassung  über  die 
Wichtigkeit  der  volkstümlichen  Literatur  nicht  eingetreten,  wie  ich  mich  im  Herbst  loi  i 
bei  einem    länger  währenden  Aufenthalt  im  Bekiaii-Klostcx  Sejjid-i-rdzi  in   Kleinasien 
gründHch  überzeugen  mußte.     Die  volkstümliche  und  nationale  Literatur  wird  bei  den 
Ejendi's  mit  der  ausgesprochensten  Verachtung  aufgenommen,  die  sich  um  so  stärker 
äußert,  je  ignoranter  der  betreffende  Herr  selbst  auch  auf  dem  Gebiete  der  alttürkischen 
Disziplinen,  im  Arabischen  und  Persischen  ist.     Ein  klassisches  Beispiel  dafür  war  der 
jetzige  Grabhüter —  er  nennt  sich   stolz  Ä/;^  (pits^Hwn?)  und  verteilt,  höchst  aufgeklärt, 
Visitenkarten   mit   seinem   eigenen   Porträt  —   des   Bcktasi-HtWigiums  in   Sejjid-i-räzi, 
Sükri  Efendi,   ein  verhältnismäßig  noch  junger  Mann,  der  nicht  imstande  ist,   z.  B.   die 
arabischen,  nicht  übermäßig  schwierigen  Bauinschriften  seines  Klosters  befriedigend  zu 
lesen  und  kühl  Buchstaben,  die  er  nicht  unterzubringen  vermag,  als  kalligraphische  Schnör- 
kel erklärt,  der  aber,  selbst  dichtend  (ich  besitze  Verse,  die  er  mir  dedizierte)  —  ebenfalls 
wie  sein  Schwiegervater,  ein  alter  Beamter,  in  jedem  Verse  des  abgedroschensten  Fazels 
alter  Rithtung  hundertmal  mehr  Poesie  stecken  sieht  als  in  irgendwelchem  volkstümlichen 
Liede,  das  sein  ästhetisches  Gefühl  gröbUch  beleidigt.     Er  hinderte  mich  auch,  so  viel  er 
nur  konnte,  durch   seine  Einwirkung  und  sein  Verbot  an  die  Leute,  am  Sammeln  von 
Liedern.     Nur  durch  Zufall  kam  ich,  wenigstens  teilweise,  zum  Ziel.     Ebenso  war  es  in 
Sügä^-ed-Din,  wo  die  Bektasi-Bxüätx,  die  sich  zuerst  sehr  bereitwillig  zum  Rezirieren  von 
.volkstümhchen  Weisen   angeboten  hatten,  plötzlich  unter  dem  ersichtlichen  Druck  des 
alten  Sejxes  Huri,  alles  Volkstümliche  aus  dem  Gedächtnis  verloren  hatten  (mich  aber- 
dann  großmütig  durch  einige  Fazelen- Kopien  zu  entschädigen  suchten). 


I 


Kleine  Mitteilungen  und  Anzeigen.  jog 

12.  Osmanskija  skazanija  ilegendy  (Osmanische  Sagen  und  Legenden).  »Etnograf. 
Obozr.«  Heft  86 — 87,  90—91.  (76  S.)  —  Diese  umfangreiche  Materialiensammlung  bietet 
ein  ganz  her\-oiT$gendes  ethnographisches  Interesse.  Es  sind  im  ganzen  163  Heilige,  zum 
Teil  christlicher  Herkunft,  die  aber  leider  in  buntester  Anordnung,  ohne  jedes  System,  sei 
es  lokaler  oder  chronologischer  oder  auch  nur  alphabetischer  Art,  hier  aneinandergereiht 
sind.  Das  Material  ist  hauptsächlich  mit  Hilfe  eines  etwas  des  Schreibens  kundigen  Kon- 
stantinopolitaners  Namens  Ismd'U  zusammengetragen,  dem  eine  eingehende  Kenntnis  und 
Vertrautheit  mit  allen  Heiligengräbern  und  Wallfahrtsorten  und  den  daran  sich  knüpfen- 
den Legenden,  soweit  Konstantinopel  in  Frage  kommt,  nicht  abzusprechen  ist.  Der  Autor 
schöpft  aber  daneben  auch  noch  aus  so  wenig  stichhaltigen  Quellen,  wie  sie  der  Osmanische 
Lloyd  für  ein  derartiges  Gebiet  darstellt,  während  er  äußerst  wichtige  und  an  Ausbeute 
überreiche  türkische  Quellen  überhaupt  nicht  beizieht.  Schon  Samojlovic  macht  dem 
Autor  gelegentlich  seiner  Besprechung  in  Mir  Islama  I,  S.  582 — 584  den  Vorwurf  der  L'n- 
fertigkeit.  Gerade  bei  dieser  Sammlung,  wo  Gordlevski  so  reiches  ^Material  zur  Verfügung 
hatte,  hätte  .er  der  Wissenschaft  einen  größeren  Dienst  erwiesen,  wenn  er  mit  dem  Drucke 
weniger  geeilt  hätte.  Ein  Glück  ist  es  nur,  daß  er  einen,  wenn  auch  kärglichen  Index  der 
behandelten  Heiligen  beigibt,  während  ein  ebenso  nötiges  Sachregister  fehlt.  Einen  nicht 
hoch  genug  anzuschlagenden  Fingerzeig  und  eine  unerschöpfliche  Ausbeute  hätte  dem 
Autor  vor  allem  Evlij  ä  Celeb  i  in  seinem  Sejd/iatnäme  geboten,  der  eine  große  Vorliebe 
für  das  Legendäre  und  Sagenhafte  hatte  und  treulich  überall  alles  Einschlägige  notierte 
und  wiedererzählte.  Gordlevski  streift  ihn  aber  nur  in  der  Einleitung  in  einer  An- 
merkung als  eine  jedenfalls  reiche  Ausbeute  versprechende  Quelle,  als  ob  Evlij  ä  Öelebi 
uns  unzugänglich  wäre.  Es  liegen  ja  doch  die  ersten  sechs  Bände  im  Druck  vor  (Iqdäm 
131 4 — 1318,  Konstantinopel).  Eine  angenehme  Arbeit  ist  es  allerdings  nicht,  wie  jeder, 
der  sich  mit  E  v  1  i  j  a  beschäftigt  hat,  bestätigen  kann,  aus  ihm  all  das  weithin  Verstreute 
auszuziehen.  Zu  benutzen  wären  ferner  noch  in  mancher  Hinsicht  gewesen:  Xoga-zäde 
.■\hmed  Hilmi :  Zz7a;v/-z-eL'/i/a(Konstantinopel  1325)  für  Konstantinopel  und  L'mgebung. 
ebenso  wie  Mehmed  Räif:  iVfiVai-i-/5te«7^o/ (Konstantinopel  1314);  für  Brussa:  B  eli-'-  i- 
Brüsevi:  Güldeste-i-Beliy  (ßxnssa.  i-^oi);  inx  Ajdin:  Brusaly  Mehmed  Tähir  bin 
Rif'at:  Ajdinvild jetine  mensüb niesdiy^  *i<Z^wß  iw^ara  (Konstantinopel  1324);  auch  Amasi- 
jaly  *Abdi-Zäde  Hüsejn  Hüsäm -ed-Din' s:  Amdsija  tdriyi,  von  der  jetzt  der  erste 
Band  vorliegt  (Konstantinopel  1330  h.)  scheint  mancherlei  Einschlägiges  zu  geben.  Dazu 
kommt  die  Unzahl  von  Legenden  und  Heiligengeschichten  in  den  Traktaten  der  verschiede- 
nen muhammedanischen  Orden.  Die  Arbeit  ist  recht  wertvolles  Material,  aber  erst  Material. 
GcmDLEvsKi  hat  nach  der  Vorbemerkung  die  Absicht,  sein  Material  noch  möglichst  zu 
vervollständigen  und  dann  eine  allgemeine  osmanische  Hagiographie  zu  schreiben,  die 
den  ganzen  byzantinischen  Einfluß  wiederspiegelt.  Bei  der  großen  !Masse  der  Heiligen  ist 
es  nicht  möglich,  auf  das  Einzelne  hier  einzugehen.  Ich  will  nur  einiges  zu  Heiligen  berher- 
ken,  deren  Gräber  ich  unmittelbar  aus  eigener  Anschauung  kenne.  Der  nach  dem  Osniani- 
schen  Lloyd  zitierte  Ses  veren  dede  (S.  74)  ist  natürlich  der  Tez  veren,  wie  Gordlevski  etwas 
schüchtern  vermutet,  der  »Schnellgebende«  unser  »Heiliger  Expeditus«,  über  den  man  Jacob 
im  Islam  II,  S.  204,  vergleichen  möge.  Unter  Xr.  62  ist  wohl  das  Bektasi-YilosXtx  Sügd'- 
ed-Din  (die  vulgäre  Aussprache  an  Ort  und  Stelle  ist  Segd'-ed-din  und  nicht  Segd-ed-din, 
wie  ich  mich  während  eines  dreiwöchentlichen  Aufenthaltes  im  benachbarten  Sejjid-i-rdzi 
zur  Genüge  überzeugen  konnte)  und  das  Grab  des  Siigd^-ed-Din  —  neben  dem  noch  in  einer 
eigenen  Türbe  Mürüvvet  baba  ruht  ■ —  genannt,  während  das  sagenberühmte  prächtige  BektaSi- 
Kloster  Sejjid-i-rdzi  mit  seinen  sieben  Heiligengräbern  und  seinen  Sagen,  so  z.  B.  von 
Hdsim  baba  {Hagim  gesprochen),  der  unversehrt  in  den  brennenden,  heute  noch  gezeigten 
Backofen  im  Furiin  evi  hineinging,  keine  En\-ähnung  findet.  Dort  liegen  der  wackere 
Islam.    \y.  q 


I  -IQ  Kieme  Mitteilungen  und  yVnzeigen. 

Glaubensheld  Sejjid  Battäl-i-räzi  in  einem  6  m  langen  Sarge,  neben  ihm  die  Kral  kyzy; 
ferner  steht  dort  der  Sarg  des  Coban  baba  oder  Gizli  haha,  von  dessen  erstaunlicher  Beiß- 
leistung —  er  biß  aus  der  Steinschwelle  des  Heiligengrabes  in  der  Ekstase  ein  mächtiges 
Stück  heraus  —  sowohl  der  Stein  wie  auch  Evlija's  Bericht  legendenhaft  »Zeugnis«  gibt. 
Schließlich  die  Särge  der  Ajni  Ana  und  der  Mutter  des  Sultans  'Alä-ed-Din  und  der  beiden 
Miy_äl  rdzi  hafidlcri:  Ahmed  Bej  und  Me/imcd  Bej.  Auch  von  den  beiden  andern  Filial- 
klöstern 'Urjän  baba  und  Melek  Fazi  würde  man  etwas  zu  hören  erwarten,  da  Gordlevsk  i 
doch  schon  die  Begleiter  Batidrs,  die  Jediler  (die  Sieben),  die  in  Eski  sehir  ruhen,  nennt. 
Interessant  ist,  daß  unter  den  »Heiligen«  auch  der  berühmte  Sänger  Bekri  Mustaja 
figuriert.  —  Mit  der  volkstümlichen  Erzählungskunst  beschäftigt  sich: 

13.  /z  nastojascago  i  froslago  »Meddahov«  v  Turcii  (Aus  der  Gegenwart  und  der 
Vergangenheit  derMeddah's  in  der  Türkei),  Erzählungen  des  Meddd/i  *Asqi  Efendi.  »Mir 
Islama«  1912,  I,  S.  322 — 344.  • —  Die  früher  in  hoher  Blüte  stehende  volkstümliche  Erzähl- 
ungskunst des  Meddäh  ist  in  der  letzten  Zeit  ziemlich  herabgekommen.  Das  allgemeine 
Interesse  dafür  ist  auch  in  den  unteren  Schichten  des  Volkes  geschwunden.  So  scheint 
auch  dieser  Kunstzweig  dem  Untergang  verfallen  zu  sein.  Einer  der  letzten  berühmten 
Vertreter  ist  'A  s  q  i  Efendi,  von  dem  schon  Jacob  im  1 .  Bande  der  Türkischen  Bibliothek 
einen  Anschlag  mitteilte.  *Asqi,  ein  geborener  Chiote,  hörte  als  junger  Mensch  in  Kon- 
stantinopel den  durch  seine  Kombinationskunst  berühmten  Meddäh^^ü'krx,  wurde  sein 
Schüler  und  machte  sich  dann  bald  selbst  als  Meddä/i  einen  Namen.  Der  bedeutendste 
Schülei  'Asq  i'  s  ist  jetzt  Aj  i  Ke  mal ,  der  dasPseudonym^Mj-wri  führt,  ein  früherer  Gendarm, 
dessen  Stärke  besonders  die  Imitierung  von  Straßenhändlern  ist.  *A  ä  q  i ,  der  nur  eine  ziem- 
lich mangelhafte  Bildung  genossen  hat,  trat  noch  im  jetzt  verschwundenen  Orla  ojnii  ah 
Perser  auf.  Die  unbedingt  erforderlichen  Embleme  des  Meddd/i  sind,  wie  schon  Kunos 
ausführt,  der  knorrige  Stock  in  der  Hand  und  das  um  den  Hals  gelegte  Tuch,  angeblich 
nach  der  Erklärung  der  Meddä/ie  selbst  ein  altes  Symbol  der  Unterwürfigkeit  unter  den 
Willen  des  Sultans,  der  gegebenenfalls  den  Erzähler  prügeln  oder  gar  erwürgen  lassen 
konnte.  Jedenfalls  waltete  über  den  Meddd/i's,  zumal  unter  *Abd-ül-Hamid,  eine  strenge 
Zensur  ihres  Amtes,  die  jetzt  zwar  gemildert  ist,  wofür  der  Staat  aber  die  Steuerschraube 
bei  den  geplagten  Erzählern  stärker  angezogen  hat.  Die  mit  der  Mimik  eng  verbundene 
Meddd/'-Kunst  hat  als  eine  ihrer  Hauptaufgaben  neben  der  Erzählung  selbst  die  Nach- 
ahmung der  verschiedenen  Volkst>-pen:  des  Armeniers,  des  Griechen,  Persers  (Azerbaj- 
ganers),  Tataren,  Albanesen,  Lazen,  Zigexiners,  Juden  und  ihrer  Dialekteigentümlich- 
keiten, ferner  die  Nachahmung  verschiedener  Geräusche,  des  Essens,  Trinkens,  :a  ...  der 
Seekrankheit  usw.  Die  Quelle  für  die  Meddd/i-KTz'ä.h\ungeTi  bilden  Volkserzählungen. 
Auch  Bearbeitungen  arabischer  vmd  europäischer  Stoffe  sind  häufig.  'Ak  q  i '  s  Repertoir 
soll  nach  seiner,  allerdings  mit  Vorsicht  aufzunehmenden,  Angabe  zweihundert  große  und 
noch  mehr  kleine  Erzählungen  umfassen.  Gordlevskt  zitiert  davon  zwölf  von  den  großen, 
die  ihm  bekannt  geworden  sind,  nämlich:  Edrnond  (aus  dem  Französischen),  Genovefa 
(Koros  Kardas,  den  Jacob  Türk.  Bibl.  Bd.  V  übersetzt  hat);  Tdhir  und  Zehr&\  Ferhdd  und 
Sirin;LejldundMegnün;  Der  schöne  Helvä- Koch;  Der  Verschicender^Mirds  jedi,  ein  besonders 
beliebtes  Thema);  Das  Tataren- Mädchen  (tatar  kyzy);  Der  Deckenmacher  (joryangy)  Sddyq, 
Tajär-zdde  oder  Die  Bif7  bir  direk-Zisterne,  Kereni  und  Asly,  Die  Lißten  des Emin  Bej.  Von  den 
kleinen  nennt  er  nur  drei  Geschichten:  den  Vergolder  {ialdyzgy),  den  tölpelhaften  Diener 
(von  Jacob,  Türk.  Bibl.  I,  S.  63,  nach  dem  von  H  i  1  m  i  in  seinem  Gülünglü  efsdneler  gegebe- 
nen Texte  übersetzt.  Auch  Gordlevski  gebraucht  seltsamerweise,  Jacob  folgend,  die 
unrichtige  Form  giilengli  für  gülünglü)  und  den  Persischen  Schalhändler  oder  Das  Opfer 
der  Frauenlist.  Nach  einem  kurzen  Abriß  der  Geschichte  des  Meddd/i -Wesens  gibt  Gord- 
levski zwei  Meddd/i-TLTzählungen  'Asqi's  in  russischer  Übertragung:  Die  Erlangung  der 


Kleine  Mitteilungen  und  Anzeigen.  I^j 

Braut  oder  Der  treue  Diener,  eine  Bearbeitung  des  aus  Grimm  bekannten  Motivs  des  treuen 
Johannes  in  orientalischer  Einkleidung,  wobei  auch  die  Wiederbelebung  des  zu  Stein  er- 
starrten Dieners  durch  die  Opferung  des  Kindes  nicht  fehlt.  Ferner  Der  Traum  des  Türk: 
eine  launige  Gesdiichte,  wie  der  etwas  schwerfällige,  von  selten  seiner  armenischen  Kollegen 
viel  gequälte  Hammäl  aus  Kastamuni  im  1  räum  die  verschiedensten  Erlebnisse  hat  reich 
und  vornehm  wird,  bis  ihn,  als  er  sich  eben  vornehm  vermählen  will,  ein  schnöde  vom  Dach 
herabfallender  Ziegel,  das  Werk  der  verliebten  Katzen,  wieder  zur  rauhen  Wirklichkeit 
enveckt.  —  Das  volkstümliche  Gut  der  Sprichwörter  behandelt  die  Studie: 

1.1.   /:;  istorii  osmanskoj  poslovicy  u  pogovorki  (Aus  der  Geschichte  des  osmanischen 
Sprichworts  und  Sinnspruchs).     »Zivaja  Starina«   1909,  II — III.     (19  S.)  — ■  Gordlevski 
gibt  einleitend  eine  kurze  Geschichte  der  Sprichwörterhteratur  in  der  Türkei.    Das  Sprich- 
wort wußte  sich,  wenngleich  literarisch  lange  Zeit  nicht  anerkannt,  doch  jederzeit  • —  man 
vergleiche  z.  B.  Thabit  —  einen  Platz  zu  behaupten.    Seit  dem  iS.  Jahrhundert  betrieb 
man  sogar  mit  Vorliebe  Sprichwörterstudien,  wofür,  wie  ergänzend  nachzutragen  wäre, 
eine  ziemliche  Zahl  von  Handschriften,  die  auf  Sprichwörter  Bezug  haben,  in  den  Kon- 
stantinopler  und  auch  in  .den  europäischen   Bibliotheken  Zeugnis  geben.     Gordlevski 
nennt  Hyfzy  (Druck  vom  Jahre  1262),  der  die  Sprichwörter  noch  poetisch  behandeln  zu 
müssen  glaubte,  um  sie  literaturfähig  zu  machen,  M.  N  a  z  i  f  ,    I.  S  i  n  a  s  i ,    Ahmed 
Ve  f  1  q  (dessen  Aialar  sözü  T288  gedruckt  wurden,  was  Gordlevski  unbekannt  ist)  und 
V  e  f  i  q  's  Plagiator  M.  S  a  *i  d.  Micht  aber  nennt  er  die  Sammlung  Ahmed  M  i  d  h  a  t  's: 
Zurtib-i-emsäl-i-iürkije   aus  den  siebziger  Jahren,    die  Davis  in  seiner  schwächlichen,  an 
Fehlern  und  Mißverständnissen   reichen   Übersetzung  Osmanli  Proverbs,  London  (1897), 
allgemein  zugänglich  gemacht  hat,  wobei  er  allerdings  im  Gegensatze  zu  dem  sonst  üblichen 
Brauch  auf  dem  Titel  nur  seinen  Namen  nennt,  obwohl  er  nur  M  i  d  h  a  t  übersetzt,  ohne 
irgendwelche  andere  Sprichwörtersammlung  zu  nennen,  zu  kennen  und  zum  Vergleich  mit 
heranzuziehen.  Ebenso  läßt  Gordlevski  auch  die  seltenere,  1276  erschienene  Lithographie 
Hiirüf-i-hegd  üzre  gem^  uierttb  olunan  suriib-i-emsäl  risälesi  des  VahidEfendi  und  eine 
andere  Sammlung,  Emsdli  (Kaiserl.  Druckerei),  1286,  ungenannt.     Auf  die  nicht  wenigen 
europäischen    Bearbeitungen    von    türkischen    Sprichwörtern    (Decourdemanche,    De- 
METRiADES,  Merx,  Osmauische  Sprichicörter,  W^ien.  Akad.  usf.)  möchte  ich  außerdem  nur 
kurz  hinweisen.      In  seiner  Arbeit  selbst  zitiert  Gordlevski   eine  Anzahl   ethnologisch 
wichtiger  und  interessanter    Sprichwörter  (nur   in    Übersetzung),   in   denen   die   Türken 
schonungslos  ihre  eigenen,  ihnen  nicht  unbekannten  Fehler  verspotten:  ihre  Zerstörungs- 
sucht, ihre  Trägheit  und  Passivität,  ihre  Gefräßigkeit,  ihren  Jähzorn.    Dann  folgen  Sprich- 
wörter über  die  bei  den  Türken  nicht  sonderHch  gut  angeschriebenen  Araber,  über  die 
hochmütigen  Kurden,  die  leidenschaftlichen  Albanesen,  die  für  dumm  geltenden  Lazen, 
die  unsteten  Zigeuner,  die  wegen  ihrer  Feigheit  verachteten  Juden,  über  die  Christen,  bei 
denen  natürlich  den  Griechen  und  Armeniern  besondere  Aufmerksamkeit  von   selten  der 
Osmanen  geschenkt  wurde.     Geschickt  sind  mancherlei  in  den  Sprichwörtern  noch  zutage 
tretende   historische  Reminiszenzen   und  Beziehungen   herausgeschält.     Es  ist  ein  buntes 
und  interessantes,  wenn  auch  natürlich  nur  unvollständiges   Bild,  das  uns  G'ordlevski 
hier  andeutet.  ■ —  Einen  rein  registrierenden  Zweck  verfolgt  die  Sammlung: 

15-  Arabskija  poslovicy  zapisannyja  v  Damaskje  (In  Damaskus  aufgezeichnete  arabi- 
sche Sprichwörter).  »Drevnostji  Vostocnyja«  4.  Bd.,  H.  i,  1912.  (9  S.)  —  Die  89  in  Tran- 
skription und  russischer  Übersetzung  gegebenen  aiabischen  Sprichwörter  zeichnete  Gord- 
levski 1906  in  Damaskus  auf,  zum  Teil  nach  den  Angaben  des  gebildeten  Abü-l-Xeir 
Tälu  ■ — •  worauf  zum  Teile  der  literarische  Charakter  einiger  der  Sprichwörter  beruhen 
mag  - — ,  zum  Teile  nach  dem  Diktat  eines  einfachen  Arbeiters  und  seiher  Schwester.  Die 
Umschrift  wurde  von  A.  Krymski  durchgesehen.  — ■  Einem  wirklichen  Bedürfnis  kommt 

9* 


1^2  Kleine  Mitteilungen  und  Anzeigen. 

GoRDLEVSKi  mit  seiner  modernen  osmanischen  Literaturgeschichte   entgegen,    so  wenig 
abgeschlossen  sich  das  Werk  uns  auch  vorstellt! 

16.  Ocerki  po  novo]  osmanskoj  litjeraüirje  (Abriß  der  neuen  osmanischen  Literatur) 
in:  »Trudy  po  vostokovjedjenjiju  izdav.  Lazar.  Instit.«  HeftXXXIX.  Moskau  1912.  (8  -f 
146  +  3  S.)  • —  Dieser  Literaturabriß,  der  eine  direkte  Fortsetzung  der  Ocerki  istorii 
tureckoj  litjeratiiry  ^^'.  D.  Smirnow's  (Band  IV  der  Vseobscaja  isionja  litjeratmy  von 
KORS  und  KiRPiCNjiKOW,  St.  Petersburg  1892)  zu  bilden  scheint,  wurde  1909  auf  litho- 
graphischem Wege  als  Wegweiser  für  die  Studierenden  vervielfältigt  und  umfaßte  die 
um  die  Antrittsvorlesung  Gordlevski's  im  Lazarew-Institut  (vom  27.  September  1907) 
sich  herumgruppierenden  Vorlesungen  über  osmanische  Literatur.  1912  wurde  nun  in 
wenig  erweiterter  und  abgeänderter  Form  das  Werk  im  Druck  veröffentlicht,  so  wie  es 
uns  jetzt  vorliegt.  Ausdrücklich  ist  der  nähere  Nachweis,  in  welchem  Umfange  der  fran- 
zösische Einfluß  sich  auf  die  moderne  türkische  Literatur  geltend  macht,  einer  späteren 
Ausarbeitung  vorbehalten.  Die  Episqdenhaftigkeit  besonders  des  ersten  Teiles  wird  im 
\'orwort  ausdrücklich  zugestanden.  Auch  Samojlovic  beanstandet  in  seiner  Besprechung 
Mir  Islam a  I,  191 2,  S.  584 — 587,  daß  Gordlevski  keine  Übersicht  und  Aufzählung  seiner 
Quellen  gibt,  zumal  die  Verweise  darüber  in  der  Arbeit  selbst  recht  spärlich  sind.  Im 
Vorwort  gibt  Gordlevski  nur  eine  Aufzählung  negativer  Art,  d.  h.  er  nennt  einen  Autor, 
den  er  nicht  benutzen  konnte,  nämUch  Oestrup.  Oestrup's  hterarische  Arbeit  kenne 
ich  leider  ebenfalls  nicht.  Sollte  sie  aber  im  ganzen  dem  entsprechen,  was  derselbe  Autor 
z.  B.  in  der  Enzyklopädie  des  Islam,  I,  S.  21 1 — 212,  über  Ahmed  Midhat  im  einzel- 
nen geschrieben  hat.  so  könnte  ich  gerade  diesen  Mangel  nicht  als  sehr  schwerwiegend 
betrachten.  Seltsam  berührt  es,  daß  er  Hörn,  auf  dem  er  doch  gewiß  fußt,  nicht  genannt 
hat,  nur  in  Anmerkungen  taucht  sein  Name  einige  Male  auf.  Das  Material  für  das  Zeitungs- 
wesen lieferte  ihm  der  damals  noch  in  Kenia  in  der  Verbannung  lebende  T  e  v  f  I  q  B  e  j 
Ebu-z-Zijä,  der  Besitzer  und  Leiter  der  Zeitung  Ta^wV-w/fe/ßr,  der  am  27.  Januar  1913 
unerwartet  einem  Herzschlag  erlag.  Dazu  kommen  noch  mündliche  Informationen.  Gord- 
levski sagt  keinWort,  bis  zu  welchem  Zeitpunkte  eigentlich  seinAbriß  reichen  soll.  Im  ganzen 
ist  anscheinend  der  Standpunkt  des  Jahres  1908  gewahrt.  An  einigen  Stellen  sind  aber  be- 
reits, davon  abweichend,  entsprechende  Nachträge  eingearbeitet,  an  andern,  wo  man  es  noch 
mehr  erw'arten  sollte,  aber  nicht.  Schade,  daß  der  Abriß  nicht  bis  über  die  Wiederherstellung 
der  Konstitution  hinübergeführt  worden  ist.  Seit  der  Zeit  hat  sich  vieles  geändert.  Ganz  neue 
Gesichtspunkte  tauchten  in  der  Literatur  auf.  Wir  wären  Gordlevski,  der  bei  seinen 
vielseitigen  Beziehungen  vor  andern  vieles  voraus  hat,  sehr  dankbar  gewesen,  wenn  er 
auf  diese  neueste  Phase  näher  eingegangen  wäre.  Dankenswert  ist  jedenfalls  das  Ver- 
zeichnis der  osmanischen  Autoren  und  das,  wenn  auch  nicht  umfangreiche,  Register  der 
türkischen  Zeitschriften.  Ebenso  notwendig  und  wünschenswert  wäre  aber  auch  ein  Ver- 
zeichnis aller  behandelten  Werke  und  Realien  gewesen.  Eine  kurze  Einleitung  behandelt 
das  Eindringen  des  europäischen  Kultureinflusses  in  die  Türkei  überhaupt.  Die  jüngere 
osmanische  Literatur  wird  in  folgende  fünf  Perioden  geteilt,  eine  Einteilung,  der  man  im 
allgemeinen  nur  beistimmen  kann :  L  Die  Vertreter  der  europäischen 
Schule:  Ibrahim  Sinäsi,  M.  Nämyq  Kemäl,  die  osmanische  Wissen- 
schaftliche Gesellschaft  (Megm2iV-i-/MMMM),  die  ältesten  Zeitungen  in  der  Türkei  (Taqvim- 
i-vaqä'i,  Geride* -i-kavddis,  Tasvir-i-efkjdr,  Mw/bir,  'Uiärid,  Basirei,  die  humoristischen 
und  satirischen  Blätter) ,  Tevfiq  Bej  Ebu-z-Zijä,  Ahmed  Midhat, 
'Abd-ul-Haqq  Hamid,  Regäi-zäde  Mahmud  Ekrem,  Sems- 
ed-Din  Sämy,  Mu'allim  Nagi,  die  Ergebnisse  des  europäischen  Einflusses. 
.Ein  Anhang  behandelt  noch:  die  Russen  in  der  osmanischen  Literatur.  Übersetzungen 
aus  dem  Russischen.     IL   Satire  auf  die  G  a  1 1  0  m  a  n  i  e  :   'Ali  'A  1  e  v  i  (Gord- 


Kleine  Mitteilungen   und   Anzeigen.  j  •?  -i 

LEVSKr   bezeichnet   ihn    m.  E.    unrichtig    mit  Julvi  —  es    müßte   wenigstens    'IJlvi 
heißen)     und       Hüsejn  Rahmi.     III.   Religiöse     Reaktion;      Polemische 
Werke;  Apologif^des  Islam.     IV,  Nationale   Richtung:    Streit  über  die  Sprache. 
Verhalten  zur  Volksliteratur.     M  eh  med    Tevfiq;    Ahmed    Räsim,    Nabi- 
z  ä  d  e   Räsim,    L  a  s  t  y  k  1  y  S  a  *  i  d  ,    M  e  h  m  e  d  E  m  i  n  ,    der  »Philosoph«  R  i  z  a 
Tevfiq;    Zunahme  des  Interesses  am  Volke.     V.   Die   jüngsten   Nachahmer 
des  Westens:   Kreis  von  Schriftstellerrj,  der  sich  um  die  Zeitschrift  Servet-i-jünun 
gruppiert.  Geistiges  Wachsen  der  Jugend  Samy  Pasa-zäde   Sezäji   (nur  nebenbei 
werden  Nigjärbint'  Osmän,   Mustafa  Resid  und  'Abdullah  Zühdi 
genannt);  die  Zeitschrift  Servei-i-ji'mihi,   Tevfiq    Fikret,    Genäb    Sehäb-ed- 
Din,     Hüsejn     Su'äd,     Ahmed     Hikmet,      'Usaqqi-zäde     Xälid 
Zijä,    Hüsejn  Gähid,    Mehmed     Reüf;     Verbot    der    Literatur;    Lage    der 
Presse.     Schluß.  —  Der  Anhang,  der  eigentlich  jetzt,  da  er  die  jüngsten  Strömungen  ein- 
leitet, zu  einem  Hauptkapitel  umgearbeitet  gehört,  behandelt  flüchtig  die  literarische  Gesell- 
schaft Fegr-i-dti  =  die  »Kommende  Morgenröte«  und  die  neue  Bewegung  in  der  Literatur. 
17  Schriftsteller  werden  noch  kurz  registriert  und  daneben  noch,  als  vielversprechend  für 
die  Zukunft ,    A.  Häzim,   Mehmed   'Akif  und   X  ä  1  i  d  e   S  ä  1  i  h  genannt.     Die 
Schriftstellerin     Xälide     Sälih,     von    deren    Werken     Xaräb     Ma'bedler,     Sevijje 
Tälib    und    Xanddn    ich    demnächst    einiges    in     Übersetzung    zu     geben    gedenke,    ist 
wohl   die   talentvollste   Erscheinung  unter   der  ganzen  jüngeren    Schriftstellerwelt.     Auf 
Einzelheiten  will  ich  nicht  eingehen,  obwohl  ich  manches  beizutragen  hätte,  so  in  bezug 
auf  das  Zeitungswesen,  wofür  ich  eine  größere,  zum  Teil  recht  seltene  alte  Zeitungen  und 
Zeitschriften  meist  in  ganzen  Jahrgängen  umfassende   Sammlung  habe,   und  ebenso  in 
bezug  auf  das  Theater,  für  das  ich  ebenfalls  schon  umfangreiche  Vorarbeiten  erledigt  habe. 
Im  ganzen  ist  die  Bewertung,  die  Gordi.evski  der  modernen  osmanischen  Literatur  an- 
gedeihen  läßt,  recht  skeptisch,  wie  auch  nicht  anders  zu  erwarten  steht.    Denn  einen  wirklich 
bedeutenden  Schriftsteller,  eine  wirkliche  Weltgröße  hat  die  Moderne  bislang  nicht  hervor- 
gebracht.   Andererseits  sucht  er  aber  auch  gegenüber  den  maßlosen  Angriffen  von  Jüngeren 
und  oft  nicht  ganz  Berufenen  auch  manchen  in  Schutz  zu  nehmen,  wie   Ahmed   Mid- 
hat,     die    »Schreibmaschine«,   wie   man   ihn  wegen   seiner   erstaunlichen   Fruchtbarkeit 
spöttisch  genannt  hat,  der  gewiß  in  der  Geschichte  der  osmanischen  Literatur  eine  kaum 
geringere  Rolle  gespielt  hat  als  K  e  m  ä  1.     M  i  d  h  a  t  starb  in  der  Nacht  vom  28.  zum 
29.  Dezember  1912,     Demnächst  wird  Midhat's    Drama  Ejvahl  in   Übersetzung  in 
der  Türkischen  Bibliothek   erscheinen.     Wenn  möglich,   gibt  Gordlevski   biographische 
Angaben  und  Daten.     Mit  Übersetzungsproben,  die  zumeist  von  Gordlevski's  Schülern 
angefertigt  sind,  ist  das  Buch  in  manchen  Teilen  ziemlich  reichlich  ausgestattet.    Jedenfalls 
ist  das  Buch  ein  mit  Dank  zu  begrüßender  Beitrag  für  eine  noch  zu  erhoffende  abschließende 
Geschichte  der  modernen  osmanischen  Literatur.  —  Ein  kurzer  Artikel  Gordlevski's: 
17.  To'.sioj  V  Tiircii  (Tohtoj  in  der  Türkei).     Bibliographische  Notiz.     191  t.     (3   S.) 
St.  Petersburg,  Druckerei  Wolf,  behandelt  die  Verbreitung  der  Werke  Tolstoj's  bei  den 
Osmanen.     Es  ist  nicht  viel,  was  die  Osmanen  von  Tolstoj  kennen:   es  sind  fast  aus- 
schüeßHch  belletristische  Sachen.    Das  meiste  davon  ist  erst  durch  das  Medium  des  Fran- 
zösischen gegangen,  was  sich  besonders  in  der  Verhunzung  der  Eigennamen  bemerkbar 
macht.    Auch  werden,  wie  nachgewiesen  wird,  von  skrupellosen  Übersetzern  unbedenklich 
auf  dem  Titelblatt  Werke  A.  Tolstoj's  in  solche  von  L.  Tolstoj  umkorrigiert.     Beizu- 
tragen hätte  ich  zu  den  von  Gordlevski  zitierten  nicht  zahlreichen  Sachen  noch  H.  H  ü  s  - 
ni's    Übersetzung:   Isviceraly  '■dile  Robinsony  (Konstantinopel   1325),  aus  den  Kinder- 
geschichten Tolstoj's,  und  die  allerdings  durch  Ganijew  ins  Tatarische  übersetzte  und 
in  Baku  i  S96  erschienene,  aber  auch  in  Konstantinopel  durch  Buchhändler  (so  den  Ar-  . 


l^Ä.  Kleine  Mitteilungen  und  Anzeigen. 

menier  Mizan)  vertriebene  Komödie  Tolstoj's:  Pervyj  vinokiir  (Evvelgi  sarabcv).  —  Eine 
Übersicht  über  die  leider  nur  kurz  bestehende  wissenschaftliche  osmanische  Zeitschrift, 
den  Türk  derneji  (auch  dement  gesprochen),  die»Türkenversammlung«,  gibt  Gordlevski  in: 
i8.  Zamjetka  o  »Tureckom  Sobranjü«  v  Konstant] inopolje  (Bemerkung  über  die 
»Türkische  Versammlung,  Gesellschaft«  in  Konstantinopel.  »DrevnostjiVostocnyja«  Bo.  IV, 
H.  I  1912.  (15  S.)  ■ —  Gordlevski  gibt  einleitend  eine  kurze  Übersicht  über  die  Emanzi- 
pationsbestrebungen der  Osmanen.  Eine  charakteristische  Eigenheit  und  Schwäche  des 
Türkenvolkes  von  jeher  war  die  Anlehnung  an  eine  fremde  Kultur  und  die  Nichtachtung 
der  eigenen  Nationalität:  so  standen  die  Türken  der  Orchon-Inschriften  unter  chinesischem, 
die  Selguken  unter  persischem,  die  Osmanen  unter  byzantinischem  und  persischem  Kultur- 
einfluß. Eine  Folge  davon  war  die  völlige  Vernachlässigung  und  Zurücksetzung  der  eigenen 
Sprache.  Erst  im  19.  Jahrhundert  kam  es  zu  einer  anfangs  unbewußten,  dann  immer 
bewußter  betonten  Reaktion  gegen  den  Giaurcn-Einfiuß,  ein  unklares  Besinnen  auf  sich 
selbst,  unklar  noch,  denn  zu  tief  ist  die  Abneigung  der  Gebildeten  oder  besser  Verbildeten 
gegen  das  gemeine  Volk  und  seine  dem  Islam  zuwiderlaufenden  Traditionen.  Es  fehlt  in 
der  Geschichte  der  osmanischen  Literatur  gänzlich  an  einer  romantischen  Periode  der 
Neigung  zum  Volke.  Kein  türkischer  Herder  oder  Grimm  ist  bislang  erstanden.  Wie  in 
der  politischen  Geschichte  die  Erneuerung  des  Staatslebens  erst  eine  Folge  des  Druckes 
der  europäischen  Einwirkung  war,  so  weckten  erst  ungarische  und  deutsche  Gelehrte  das 
Interesse  für  die  osmanische  Ethnographie  bei  den  Osmanen  selbst.  Nach  der  Wieder- 
erneuerung der  Konstitution  zeigte  sich  anscheinend  ein  völliger  Umschwung  in  der  An- 
schauung der  osmanischen  Intelligenz.  Neben  andern  Gesellschaften  wurde  auf  die  Initia- 
tive des  durch  seine   alttürkischen  Studien  bekannten    N  e  g  i  b    *Ä  s  i  m    und   V  e  1  e  d 

V 

C  e  1  eb  i '  s  am  24.  Dezember  1908  der  Türk  derneji  gegründet,  der  sicii  die  Erforschung 
der  Türk -Völker  in  ihrem  ganzen  Umfange  zum  Ziele  setzte.  Unter  den  16  Gründungs- 
mitgliedern fungierten  unter  andern  A.  M  i  d  h  a  t  ,  der  frühere  Unterrichtsminister  und 
Redakteur  der  osmanischen  Enzyklopädie  £»jrM//o/j,  der  Rektor  der  Universität  und  frühere 
Minister  des  Innern  G  e  1  a  1  B  e  j  ,  der  »Philosoph  -  R  i  z  ä  T  e  v  f  1  rj  ,  der  Schriftsteller 
A.  H  i  k  m  e  t ,  während  das  Ehrenpräsidium  der  Thronfolger  Jüsuf  'Izz-ed-Din 
übernahm.  Das  Programm  überrascht  durch  seine  Breite  und  \^ielseitigkeit.  Es  umfaßt 
Archäologie,  Geschichte,  Sprache ,  volkstümliche  und  zünftige  Literatur,  Ethnographie, 
Ethnologie,  Kulturgeschichte,  historische  und  politische  Geographie  usf.,  kurz  alles  und 
noch  etwas  dazu.  Man  wollte  alle  befriedigen  und  nahm  darum  mit  der  bei  der  osmani- 
schen Intelligenz  so  arg  grassierenden  Dilettanterei  eine  ganz  unerträgliche  Last  leichten 
Herzens  auf  sich,  die  bei  der  Armut  an  geistigen  Kräften  in  der  osmanischen  Gesellschaft 
und  bei  dem  Mangel  an  den  elementarsten  Vorstellungen  über  die  wissenschaftliche  Methode 
und  die  Erfolge  der  Turkologie  im  Auslande  bald  zum  eklatanten  Scheitern  der  ursprüng- 
lichen Gesellschaft  selbst  führte.  Eine  große  Rolle  spielte  die  Sprachfrage,  die  Schaffung 
eines  von  fremden  Bestandteilen  möglichst  gereinigten  nationalen  Idioms,  und  die  even- 
tuelle Schaffung  einer  neuen,  dem  Türkischen  mehr  entsprechenden  Schrift,  als  die  völlig 
ungeeignete  gegenwärtige  arabische.  Schon  früher  wurden  hierauf  bezügliche  Bestrebungen 
laut.  So  besitze  ich  zwei  1903  in  London  gedruckte  türkische  Reformbroschüren  von 
N.  M.  X.:  Zurüb-i-emsdl  und  Aqval-i-^Jli,  bei  denen  alle  Buchstaben  nach  Art  unserer 
Lettern  ohne  Verbindung  nebeneina"nder  gesetzt,  und,  was  die  Hauptsache  für  das  Türkische 
ist,  alle  Vokale  durch  eigene  Zeichen  geschrieben  werden.  In  einer  Beilage  des  Servet-i- 
fünün  Nr.  1054  entwickelt  F  e  j  z  -  u  1 1  a  h  bin  K  j  .'>  z  i  m  in  seinem  I/urü j-i-munfasale 
ähnliche  Gedanken.  Zur  Betätigung  ihrer  Aufgaben  gründete  die  Gesellschaft  noch  zwei 
Filialgesellschaften  in  der  Provinz:  in  Smyrna  und  in  Kastamuni:  dazu  kam  noch  eine  Art 
Schwesterverein  in  Budapest.     Die  Sitzungen  des  Vereins ,    die  infolge    des  osmanischen 


Kleine  Mitteilungen  und  Anzeigen.  1^5 

Selbstdünkels  und  der  persönlichen  Unduldsamkeit  seiner  gelehrten  Mitglieder  viel  Hader 
und  Kleinlichkeit  boten  und  den  Haiiptraum  Fragen  wirtschaftlicher  und  administra- 
tiver Art  einräumten,  förderten  -wissenschaftlich  wenig.  Das  einzige  Verdienst  war  die 
Schaffung  der  gleichnamigen  wissenschaftlichen  Zeitschrift,  die  seit  Mai  1908  herauskam, 
es  aber  nur  auf  sieben  Nummern  brachte.  Mit  der  Versetzung  des  damaligen  Präsidenten 
der  GeseDschaft,  des  Obersten  R.  F  ü  a  d  nach  Jemen  und  der  Abreise  des  regsamen 
und  energischen  Tataren  AkCura  oylujüsuf  schlief  die  Zeitschrift,  die  immer 
an  großem  Abonnentenmangel  gekrankt  hatte,  völlig  ein.  Die  Gesellschaft  veranstaltete 
zwar  noch  eine  Anzahl  Sitzungen  und  Vorträge,  aber  ihre  Zeit  war  abgelaufen.  Sie  mußte 
einer  neu  sich  konstituierenden  Gesellschaft,  dem  Türk  jurdu,  Platz  machen,  der,  was  sich 
am  Türk  derneji  gesund  und  lebensfähig  erwiesen  hatte,  zielgemäß  nach  vernünftigeren, 
t^emäßigteren  Grundlagen  in  die  Tat  umzusetzen  bestrebt  ist  und  so  nur  eine  Fortsetzung 
des  Türk  derneji  vorstellt.  Ich  gebe  im  Anhang  am  Schluß  eine  Inhaltsangabe  des  Türk 
derneji  und  des  ersten  Jahrganges  des  Türk  jurdu,  aus  der  man  sich  deutlich  ein  Bild  über 
die  verschiedenartigen  Tendenzen  der  beiden  Zeitschriften  bilden  kann. 

19.  Jz  Kommeniarijev  k  staro-osinanskomu  perevodu  chroniki  malo-azialskich  Selgu- 
kidov  t.  n.  chroniki  Ibn-Bibi  (Aus  den  Kommentaren  zu  der  altoSmanischen  Übersetzung 
der  Chronik  der  kleinasiatischen  Selgukiden,  der  sog.  Chronik  Ibn-Bibi).  »Drevostnji 
Vostocnyja«  Bd.  IV,  H.  i,  1912.  (17  S.)  ■ —  Aus  Anlaß  der  Beschäftigung  seiner  Studenten 
mit  den  von  W.  D.  Smirnow  in  seinen  Obrazcovyja  proizvedjenija  osmanskoj  litjeratury 
V  izvlecenijach  i  otryvkach  (St.  Petersburg  1903)  gegebenen  Abschnitten  des  von  Houtsma 
in  seinem  Recueil  de  textes  relatifs  ä  rhisioire  des  Seldjoiicides  (Leiden  1902)  Bd.  III  und  IV 
herausgegebenen  Textes  des  Ibn  Bibi  sucht  Gordlevski  in  der  vorHegenden  Studie 
eine  Reihe  von  Schwierigkeiten  des  Textes  zu  lösen.  Es  ist  die  nach  Negib  'Asim's 
Tärix-i-türki  von  dem  Defterdnr  Ga'fer  Celebi-zade  unter  Sultan  Muräd  II. 
(-i_^2i— 1451)  angefertigte  türkische  Übersetzung  der  ursprüngHch  persisch  geschriebenen 
Chronik,  deren  Verständnis  ein  im  13.  Jahrhundert  in  Kleinasien  angefertigter  persischer 
Auszug  zustatten  kommt.  Die  in  usum  Delphini  geschriebene  Chronik,  die  ihre  morali- 
sierende und  rhetorische  Absicht  nicht  verleugnen  kann,  hat  eine  große  kulturhistorische 
Bedeutung,  die  Gordlevski  vor  allem  herv-orhebt.  Er  schildert  das  Hofleben,  das  noch 
Spuren  des  einstigen  Nomadentums  zeigt  und  in  kultureller  Beziehung  völlig  unter  persi- 
schem Einfluß  steht,  Hochzeit,  Jagd,  die  Bedeutung  des  Oyuz-näme  (des  Gesetzbuches). 
Dann  folgen  gramm^-tische  Bemerkungen  und  Vergleiche  mit  dem  heutigen  Osmanisch 
sowie  Textverbesserungen.  Den  Beschluß  macht  ein  Wörterv-erzeichnis  nls  eine  Ergänzung 
zu  Vambery's  Altosmanischen  Sprachstudien. 

20.  Islam  na  XVI  mezdunarodnom  kongressje  orientalislov  v  Afinach  (Der  Islam  auf 
dem  16.  internationalen  Orientalistenkongreß  in  Athen).  »Mir  Islama«  1,  S.  510 — 515,  1912. 
—  In  seiner  kurzen  Würdigung  konstatiert  Gordlevski  auch,  daß  nicht  alle  Vorträge  auf 
der  wünschenswerten  wissenschaftlichen  Höhe  standen.  Das  scheint  m.  E.  zu  stimmen. 
Interessant  sind  die  Bemerkungen  über  die  orientalischen  Handschriften  in  Athen,  über 
die  besonders  Professor  Jacob  und  ich  sich  orientieren  wollten.  Der  Bestand  an  derlei 
Manuskripten  ist  ein  recht  dürftiger  in  Anbetracht  dessen,  daß  alle  griechischen  Gebiete 
so  lange  unter  türkischer  Herrschaft  standen.  Der  jetzt  noch  immer  fortwirkende  Haß 
hat  aber  alles,  was  wie  eine  Erinnerung  an  die  Türkenzeit  aussah,  in  blindem  Wüten  ver- 
nichtet (ähnhch  wie  die  Balkanstaaten,  vor  allem  Bulgarien,  auf  ihrem  Gebiete  alle  türki- 
schen Bauwerke  als  unhebsame  Zeugen  einstiger  Knechtung  zu  beseitigen  suchen). 

21.  In  Zivaja  Starina  XX,  1911,  S.  157  gibt  Gordlevski  eine  kurze  Be- 
sprechung von  Bd.  XII  der  Türkischen  Bibliothek:  R.  Tschüdi,  Das  Asaf-näme  des  Luiji 
Pascha.  Interessant  ist  nur  die  Feststellung,  daß  sich  in  der  Sprache  des  Asaj-name  keine 
Archaismen  finden,  ganz  im  Gegensatze  zu   Lutfi   Pascha's:   Tevärix-i-äl-i-'Osmdn 


I  -}f)  Kleine  Mitteilungen  und  Anzeigen. 

22.  In  Mir  Islama  I,  S.  232- — 235  findet  sich  eine  Besprechung  Gordelvski's  von 
Adolf  Thalasso:  l^ie  orientalischen  Maler  der  Türkei.  Berlin  1910,  die  nicht  viel  Neues 
bringt.  Ich  kenne  leider  dieses  deutsche  Werk  aus  der  Serie  »Kunst  der  Gegenwart« 
nicht,  sondern  nur  die  wohl  ziemlich  identisch  damit  erscheinende,  dem  Prinzen  'Abdul- 
Megid  als  Maler  gewidmete  französische  Ausgabe :  Adolphe  Thalasso:  L' Art  Ottoman. 
Les  Peintres  (Orienlatistes)    de  Tiirquie.    Paris    o.  J.  Librairie   artistique     internationale. 

23.  Ebendort  S.  602 — 603  gibt  Gordlevski  eine  kurze  motivierte,  natürlich  durchaus 
ablehnende  Kritik  von  A.  Wirth's  Geschichte  der  Türken  (Stuttgart  1912),  dem  er  außer 
historischen,  ethnographischen  und  linguistischen  Verstößen  auch  Chauvinismus  vor- 
wirft. ■ —  Im  Anschluß  an  Gordlevski  mögen  noch  zwei  Arbeiten  seiner  Schüler  folgen: 

24.  \'.  Zavarin:  Osmanskija  Zagadki,  sobrannyja  v  Brusje  (In  Brussa  gesammelte 
osmanische  Rätsel).  S.-A.  aus  »Drevnostji  Vostocnyja«  Bd.  IV,  H.  i,  1912.  (17  S.)  — 
Der  Autor,  der  zwei  Monate  in  Brvissa  weilte,  sammelte  dort  besonders  mit  Beihilfe  eines 
Brussaer  Lyzeallehrers,  Ihsän  Efendi,  47  Rätsel,  die  er  in  russischer  Umschrift  und  Über- 
setzung gibt.  Es  ist  nicht  allzu  lange  her,  daß  auch  diesem  Teile  der  volkstümlichen  Litera- 
tur Aufmerksamkeit  geschenkt  wird.  In  dem  Vorwort  der  anspruchslosen  Arbeit  finden 
sich  einige  spärliche  Nachrichten  über  die  Rätselliteratur.  Eine  große  Menge  Rätsel  (27S 
Stück)  sammelte  Kunos  in  seinem  Oszmän-török  nepköliesi  gyi'ttemeny  (Budapest  1889). 
Eine  Auswahl  gibt  er  auch  in  seinem  Oszmän-török  Nyelvkönyv  (Budapest  1905)  Bd.  II 
S.  141 — 177.  Weiter  wird  V.  Ch.  Kondaraki  angeführt:  Universalnoje  opisanije  Kryma 
XIII  (St.  Petersburg  1875)  S.  35 — 37  (wo  die  Rätsel  nur  in  Übersetzung  gegeben  sind), 
Letdif-i-elyds  (Konstantinopel  1289),  32  S.  und  Tiirkce  kaba  lisdn  (Sammlung  M.  Tev- 
fiq),  doch  hat  Zavarin  das  letztere  Buch  selbst  nicht  in  Händen  gehabt;  ferner  A.  I. 
Samojlovic:  Zagadki  zakaspijskich  turkmenov  v  russkom  perevodje  (Zivaja  Starina  1909, 
II — III)  und  GiREj  Arslanovv:  Biü  kysyk  iabySmaklar,  Kazan  1910  (195  Rätsel).  — 
Die  Liste  läßt  sich  natürlich  noch  bedeutend  erweitern.  Schon  Balint  Gabor  hat  in 
seinem  Kasßni-Tatär  (Budapest  1875)  46  Rätsel  (S.  5— 7),  wozu  Akjigit  oylu  Müsa: 
Sprichwörter  im  kasan-tatarischen  Dialekt,  »Türk.  derneji«,  Heft  IL  zu  vergleichen  wäre. 
Ich  besitze  die  im  Jahre  1291  in  der  Druckerei  des  Hajdar Efendi  hergestellte  Lithographie: 
Mu'-ammä-ndme  (102  Rätsel,  31  S.).  Radloff  hat  in  seinen  Proben  der  Volksliteratur 
der  türkischen  Stämme  auch  den  Rätseln  Aufmerksamkeit  geschenkt.  Es  finden  sich 
Teil  VII  (Krim,  Karaimen)  S.  371 — 390  bzw.  204 — -215  (Text  mit  hebräischen  Lettern) 
203  Rätsel;  Teil  IX  (Uriandschi,  Abakan-Tataren  und  Karagassen)  in  der  Sammlung 
Katanoff's  allenthalben  welche  verstreut;  Teil  X  (Gagausen)  98  Rätsel,  S.  267 —272 
(gesammelt  von  Moschkoff)  u.  a.  m.  Die  Rätsel  sind  in  der  manchmal  etwas  gezwun- 
genen Einteilung:  Mensch  und  Natur  in  den  Augen  der  Osmanen  (27  Rätsel)  und  Geistige 
und  materielle  Kultur  (20  Rätsel)  untergebracht.  —  Einen  recht  guten  Eindruck  macht 
noch  die  letzte  Arbeit: 

25.  Alexej  Olesnjicki:  Pjesnji  krymskich  turok  (Die  Lieder  der  Krim-Türken), 
Text,  Übersetzung  und  Musik  in  »Trudy  po  vostokovjedjenijn  izdav.  Lazarevsk. 
Instit.«  Heft  XXXII.  Moskau  1910.  (XII  +  150  +  11  S.),  unter  der  Redaktion 
Gordlevski's  herausgegeben.  Die  Arbeit,  die  von  dem  Studenten  Olesnjicki  als  eine 
Art  Dissertation  zur  Erlangung  eines  Zeugnisses  ersten  Grades  vorgelegt  wurde,  ist  nur 
der  kleine  zur  Ausführung  gelangte  Teil  eines  groß  angelegten  Planes,  die  ganze  Krim  auf 
Lieder  zu  durchstöbern.  Es  gelang  Olesnjicki  kaum,  den  vierten  Teil  des  in  Betracht 
kommenden  Gebietes,  nämlich  nur  das  Südufer  der  Krim,  zu  bereisen,  an  dem  russischer 
Einfluß  und  auch  osmanische  Einwirkung  (infolge  der  zahlreichen  aus  dem  Viläjet  Trapezunt 
herüberkommenden  osmanischen  Wanderarbeiter)  sich  am  ungünstigsten  für  Zwecke 
der  Forschung  bemerkbar  machen,  da  ereilte  ihn  das  Verbot  der  Polizeiverwaltung,  die 


Kleine  Mitteilungen  und  Anzeigen.  j  o  y 

ihm  in  echt  russischer  Auffassung  von  wissenschaftliche^  Tätigkeit  jedes  weitere  Sammeln 
von  Liedern  in  den  Tatarendörfern  untersagte.      Bei  der  Eigenart  der  russischen  Ver- 
hältnisse, wo  selbst  von  der  Regierung  entsandte  Akademiker  zuweilen  auf  Exkursionen 
von  der  übereifrigen  Polizei  verhaftet  werden,    ist    es  für  Privatleute  recht   prekär,    das 
Mißtrauen  der  immer  mißtrauischen  Polizei  auf  sich  zu  ziehen  —  mir  selbst  drohte  vor  ein 
paar  Jahren  in  der  Krim  fast  eine  Arretierung.     In  natürlichem  Zusammenhange  mit  dem 
schroffen  Vorgehen  der  Polizei  steht  auch  oft  das  unfreundliche,  ablehnende  Verhalten  der 
Tataren  selbst  —  Olesnjicki  perhorresziert  zwar  die  Bezeichnung  »Tatar«,  m.  E.  aber 
mit  Unrecht  — :  die  armen  Teufel  wissen  zu  gut,  daß  das  Mißfallen  der  Polizei  sich  ihnen 
gegenüber  in  arge  Schikanen  umztisetzen  vermag,  und  so   lehnen  sie  es  von  vornherein  ab, 
sich  mit  Fremden  in  Beziehungen  einzulassen.     Bei  vielen  allerdings  wirkt  die  Aussicht, 
ihren  Namen  als  Gewährsmänner  gedruckt  zu  sehen,  zungenlösend.     Im  ganzen  sind  es 
60  Lieder  und  zwei  Beilagen,  die  Olesnjicki  mit  genauer  Angabe  des  Ortes  und  des  Ge- 
währsmannes bietet,  und  zwar  gibt  er  sie  in  folgender  Einleitung:    I.  Lyrische  Lieder 
(asyJürkyleri)l^T.  i — 33,  die  verbreitetste  Gattung,  vondenenwieder  das  Lied  vom  Schmied 
und  vom   Holzhauer  in  der  Krim  die  größte  Verbreitung  besitzt;    2.    Scherzlieder 
(masxaraiürkyleri)'Nr.  24^37,  wie  sie  besonders  das  berüchtigte  Geschlecht  der  tatarischen 
Krimführer  kultiviert;  3.  Soldatenlieder  (saldat  türkyleri)  Nr.  38 — 41 ;  4.  Kriegs- 
lieder     über     den     russisch- japanischen     Krieg     (Rus-japon    genki 
türkyleri)  Nr.  42 — 46 ;    s.   Historische   Lieder    (destanlar)  Nr.  47 — 5.1 ;     6.    A  u  s  - 
Wandererlieder   (miiliagir   türkyleri)   Nr.  55 — 60:    Klagelieder   aus    den    drei   ver- 
schiedenen Perioden,  in  denen  die  Tataren  aus  der  Krim  auswanderten  (zur  Okkupations- 
zeit durch  die  Russen,  zur  Zeit  des  Krimkrieges  und  des  russisch- türkischen  Krieges  in 
den  siebziger  Jahren).    Als  Anhang  folgt  ein  Stück  einer  Kunstdichtung,  die  anscheinend 
der  Erguß  eines  fanatischen  patriotischen  MoUa  ist  (Krym  higret  desiany:   Lied   über  die 
Auswanderung  aus  der  Krim),  und  ein  Stück  eines  großen,  das  ganze  Südufer  der  Krim 
beschreibenden  Liedes  (Jaly  bojunuü  aly).    Nach  dem  Text  folgen  Bemerkungen,  dann  die 
recht  gute  Übersetzung,  die  allerdings  anstößige  Stellen  völlig  unterdrückt,  und  31  musi- 
kalische   Beilagen.     Die  nationale  Eigenart  der  Krimtataren  wird  immer  mehr  durch  das 
Vordringen  des  Russentums,  durch  russische  Gebräuche,  durch  das  Eindringen  der  russi- 
schen Sprache  verdrängt.    Auch  die  nationalen  Lieder  {cyn  und  manä)  sind  am  Aussterben. 
Nur  wenige  Leute  in  jedem  Dorfe  wissen  noch  welche  zu  singen,  während  früher  allwöchent- 
lich ganze  Wettsängereien  zwischen  Burschen  und  Mädchen  in  Vierzeilern,  in  der  Art  unserer 
Schnadahüpfl,  stattfanden.     In  die  Sprache  der  Lieder  selbst  drängt  sich,  besonders  bei 
den  SoldatenHedern,  viel  russisches  Sprachgut.     Gordlevski  hat  eine  Anzahl  osmanischer 
Varianten  zu  den  Liedern  angemerkt,   die  sich  aber  sehr  beträchtlich  erweitern  ließen. 
Einen  Teil  der  Lieder  halte  ich  direkt  für  osmanisch.    Es  fst  ein  seltsames  Widerspiel,  daß 
Olesnjicki   in  der  Krim  bei  den  Tataren  zum  Teil  anscheinend  verschleppte  osmanische 
Lieder    aufzeichnete,   während  ich  in   Sejjid  -  i -Fäzi   in  Kleinasien  von  einem  Soldaten, 
Zekerija  aya,   aus   Cifteler  Ciftliji  (Qazd  Eskisehir),  dessen  Eltern  vordem  aus  dem  Oren- 
burgischen  ausgewandert  waren,  eine  Reihe  von  Liedern  in  orenburgisch-tatarischer  Mund- 
art mir  diktieren  lassen  konnte.     Die  Strophe  XX,  2,  S.  16: 

Aj-my  sy/i,  jyldyz-my  sy/'/  ? 
Kelin-mi  si>t,  qyz-my  syfi'l 
Men  hu  gege  varagayym, 
evi/iizde  jalynyz-my-syn  ? 

die  nach  Kors  sich  auch  bei  den  Kalmücken  mit  kleiner  Variierung.  findet  (Drevnjeisij 
narodnyij  stich  tureckich  plemen  St.  Petersburg  1909,  S.  10),  zeichnete  ich  unter  den  ajdini- 
schen  Liedern  auch  in  Sejjid-i-räzi  in  folgender  Fassung  auf: 


1^8  Kleine  Mitteilungen  und  Anzeigen. 

Ajmysyn  jyldyzmysyn 
gelinniisin  gyzmysyii 
ayrsam  size  varagam 
evde  jalynyzmysyn  ? 
Ebenso  zeichnete  ich  dortselbst  folgendes  türkü  auf: 

Elif  dedim  be  dedim 
gyz  ben  sana  ne  dedim 
gus  ganady  galem  olsa 
jazylmaz  gara  jazym, 
dem  Olesnjicki  XXXVIII,  i,  S.  31   entspricht: 

»Elif«  dedim,   »be«  dedim; 
jarem,  satia  ne  dedim  ? 
Xara  derliz  merekeb  olsa, 
jazylmas  menim  derdim\ 

Das  Lied  vom  Müller  XXIX,  S.  22  findet  sich  schon  von  Felix  von  Luschan  in 
Einige  türkische  Volkslieder  aus  Nordsyrien  usf.  in  Zeitschr.  f.  Ethnologie  Bd.  36,  H.  2, 
S.  196 — 197,  Nr.  XVI  aufgezeichnet.  Eine  Variante  zu  dem  Liede  hat  auch  Gordlevskt, 
wie  er  angibt,  in  Konstantinopel  notiert.  Der  Refrain  des  Liedes  V,  S.  5 — 6:  Arar  isett, 
SU  Xyrymda  biil  meni  erinnert  stark  an  'A  s  y  q  '  Ö  m  e  r  s  Fazel,  Dtvän  S.  i  (vgl.  auch 
Jacob:  Türkisches  Lesebuch,  Erlangen  1903,  S.  33),  »Dilbere  var  ise  qasdyfl,  yel  Hi^dzda 
bul  beni«.  Da  Gordlevski  zu  der  recht  kursorischen  \'ergleichung  in  der  Hauptsache 
anscheinend  nur  KuNOS  und  Bittner  beigezogen  hat,  so  wäre  gerade  für  die  krimtatari- 
schen Lieder  noch  auf  einiges  handschriftliche  Material  im  Archiv  der  Kais.  Geogr.  Gesellsch. 
in  St.  Petersburg  zu  verweisen,  das  S.  G.  Rvhakow  in  seinem  Buche:  Musika  i  pjesnji 
uralskich  Musidman  s  o^erkom  ich  byta  (St.  Petersburg  1897,  Mem.  de  l'Acad.  Imp.  d.  Scienc. 
VIII.  ser.,  t.  2,  no.  2)  anführt  und  das  doch  jedenfalls  für  offizielle  russische  Orientalisten 
jederzeit  zugänglich  sein  dürfte,  so  A.  C.  Kry^n  Xovaga  Kart.  A,  V,  13;  dann  Rybakow  selbst 
und  die  bei  ihm  verzeichneten  sonstigen  Sammlungen  von  tatarischen  Liedern.  — 

Türk  derneji.  Ich  halte  die  Inhaltsangabe  der  erschienenen  sieben  Hefte  des  Türk 
derneji  für  wichtig  genug,  um  sie  hier  nach  der  Zeitschrift  selbst  wiederzugeben  (Gord- 
levski hat  sich  bei  seiner  Inhaltsangabe  einige  Ungenauigkeiten  und  Auslassungen  zu- 
schulden kommen  lassen). — •  Heft  I.  Mitteilung  der  Redaktion;  Erklärung  des  »Türk  derneji«; 
M  e  h  m  e  d  V  e  1  e  d  (V  e  1  e  d  C  e  1  e  b  i):  Die  türkischen  Gedichte  von  Mauldnd  Sultan 
Veled  (Fortsetzung  in  Heft  II  und  IV);  Brusaly  Mehmed  Tahii:  ^Asyq  Pasa; 
Müfti-oylu  Ahmed  Hikmet:  Unsere  Sprache  (Schluß  in  Heft  II);  A  (k  C  u  r  a): 
U'  ir  viüssen  das  Türkentum  kennen  und  uns  mit  ihju  bekannt  machen;  Bai  Hasan  oylu 
X  e  g  i  b  *A  s  i  m  :  Die  türkischen  Zahlen;  Räif  M.  Füad  :  Frühlingslied  für  die 
Kinder  (Gedicht);  von  demselben:  Der  Akzent  im  Osmanisch-Türkischen  {Schluß  in  Heft  II); 
GlückiL'unschtelegramm  an  Radloff.  Mit  eigenem  Titelblatt  und  ab  Heft  II  mit  eigener 
Paginierung:  Ibn  Muhanna.  El-kitäb  ji-l-luyat-et-türkijje  (auf  dem  Titelblatte  heil3t 
der  Titel  allerdings:  El-kitäb  (sic\)-el-luyat-et-türkijje),  fortgesetzt  Heft  1— VII  (56  S.), 
unvollendet.  —  H  e  f  t  IL  A  k  J  i  g  i  t  o  y  1  u  M  ü  s  a  :  Sprichwörter  im  kasan-tatari- 
schen  Dialekt;  Mustafa  Zühdi,  Die  Vokalharmonie;  Brusaly  ^lehmed 
'r  ä  h  i  r  :  Giberi'-  Ali  E{endi,  N  e  gib  'A  s  i  m:Firdevs-i-iqbäl{'Btsc\\.rt\h\xr^g  der  also  genann- 
ten Handschrift  der  Geschichte  des  Khanats  Khiwa)  (Fortsetzung  in  Heft  III);  Mehmed 
Emin  :  »Wenn duzurufenbegimist!«(Senferjädabaslaiynga,  Gedicht);  AntonB.Tyngyr: 
Eüiführung  in  die  untersuchende  Grammatik  der  türkischen  Sprache  {Med/al-i-sarj-i-taxlill- 
i-lisdn-i-iürki)  in  eigener  Paginierung,  fortgesetzt  Heft  III — VII  (46  Seiten),  unvollendet.  — 
Heft  III.      Ahmed  Hikmet:    Gebet  (Jakarys:   Prosa,  Versuch,  absolut  ohne  arabi- 


Kleine  IMitteilungen  und  Anzeigen.  I  ^g 

sehe  und  persische  Worte  auszukommen,   selbst  bei  einem  Gebet,  wo  man  das  Arabische 
für  ganz  unentbehrlich     hielt);  Wladimir  Gordlevski:  Radioff,  der  berühmte  russische 
Orientalist  {B\(^xdi^h.\€)\   Mehmed     Emin,   Im  Tiirkinenen-Zelt  oder  Industrie  (Prosa.); 
derselbe:    'Johann  Gutienberg  (Gedicht);      Dr.  Caracson:  Biographie  des  Pecevi  Ibrahim; 
Mahmud  Mu'in:    Beschreibende  un  d  vergleichende  Adjektiva ;    Räif    Füad:    Hor- 
mazan    (aus  Piaten    übersetzt);      Mitgliederverzeichnis    des    Türk   derneji.  —    Heft  IV". 
M.  R.  Füad  :    Aufruf    zur  Einigkeit  (Sald-i-itti/idd)  (Gedicht);    Mehmed    Emin: 
A71  die  Henker  der  Aufklärung  (Gedicht)  (Me'ärif  gellddlerine);    Baron  Carra  de  Vaux  : 
L'Inscription  Etrusque  de  Torre    di  San  Manna  (französisch,  und  daran  anschließend  die 
von  T  y  n  g  y  r  verfaßte  türkische  Übersetzung);     Raif   Mehmed   Füad:  Türkische 
Prosodie  (Türkge  'arüz;  ebenso    Heft  V,  VI  und  VII);    S  a  f  v  e  t  :    Historische  osmanische 
Geographie  (Fortsetzung  in    Heft  V,  VI  und  VII),  unvollendet);    Ispartaly   Haqqi: 
Vereinfachung  des  Türkischen.    —  Heft  V.     Offenes  Dankschreiben  des   »Türk  dertieji« 
an  das  Kriegsministerium  (für  einen  Sprachenerlaß);    desgleichen  an  den  Staatsrat  Besarita 
Efendi;     R.  M.  F  ü  a  d  :     Volksgebet   (Millet    jakarysy:    Gedicht);     Kazanly     'Ajäz 
(Ishakoff):    Abriß  der  tatarischen   Literaturgeschichte;     J.  Ak   Cura   oylu:     Eine   neu 
entdeckte    Tiirkenstadt    (Ausgrabungen    P.  K.  Kozloff's);      R.    M.  Füad:     Der    Lö'.ce 
und  die  Maus  (Arslan  ile  färe,  nach  Lafontaine:  Gedicht);  A.  R.  Meine  Geliebte  (Scvgilim: 
Gedicht);    Die  neue  Schrift  und  das  neue   Alphabet;  Ztveigstellen  d^s   »Türk  derneji«  (in 
Smyrna  und  in  Kastamuni);  Brief  von  Dr.  I.  Kuxos  und  Dr.  I.  Germanus  an  den  Türk 
derneji  über  die  Eröffnung  einer  Zweigstelle  in  Budapest.  —  Heft  VI.     Offener  Brief 
an    den    Großvezir;    Gelal    Sahir:    Trennungsseufzer   (ajrylyk    iniltileri:    Gedicht    in 
Prosa);    Negib    'As  im:    Die  Aufd  ckitng  der  Altertümer  in  Turf  an  (nach  dem  Journal 
Asiatique:  Fortsetzung  in  Heft  VII);     Anton    Tyngyr:    Les  regles  orthographiques 
actuelles  de  la  langiie   turque  (türkisch  trotz   des  französischen  Untertitels);     Milasly 
Ismn'il    Haqqi:    Die  Zeitung  »Tafvir-i-efk]dr«  und  das  neue  Alphabet.  —  An  unsere 
Zweigstellen  (Instruktionen).  —  Heft  VII.     Mu'allim  (Professor)  Anton    Tyngyr: 
Die  Schrift  der  türkischen  Sprache;   Mehmed    Sälih:   Zerstöre  ja  nichtl  (sakyn  bozma: 
Gedicht);    'ömerXalis:   Türkische  Dichtung  (Türkge  nianzüme:  Gedicht);  R  u  s  i  j  a  - 
ly     Miser     oylu    Zarif     Besiri:     Die     Tschuiuaschen;     R.  M.  Füad:    Kyzyl 
Sahy  (Übersetzung  des    »Erlkönigs«  von  Goethe)  (Gedicht).  — 

Türk  jurdii.  Der  Türk  derneji  hatte  durch  seine  "etwas  abstrakte  »Wissenschaftlich- 
keit« keinen  Boden  im  Volke  gewinnen  können.  Der  pekuniäre  Mißerfolg  der  Zeitschrift 
dokumentiert  das  schlagend.  Auf  viel  populärerer  Grundlage  unternahm  es  nun  der  ener- 
gische Ak  Cura  oylujüsuf,  dem,  wie  den  Tataren  überhaupt,  ersichtlich  mehr  Tatkraft 
und  Unternehmungsgeist  innewohnt  wie  dem  Durchschnittsosmanen,  eine  neue  Gesellschaft 
und  als  ihr  Organ  eine  neue  nationale  Zeitschrift  ins  Leben  zu  rufen  mit  besonderer 
Betonung  der  I>iteratur  und  des  nationalen  Lebens,  den  Türk  jurdu.  Literarische  Beiträge 
hatte  ja  auch  der  Türk  derneji  nicht  ganz  vermeiden  können,  sie  waren  aber  mehr  nur 
geduldet,  während  sie  jetzt  sozusagen  zum  Angelpunkte  des  neuen  Unternehmens  gemacht 
erscheinen.  Der  Türk  jurdu  (Die  Türkenheimat)  floriert  —  ein  Teil  seiner  Nummern 
mußte  dreimal  aufgelegt  werden  —  und  steht  jetzt  im  zweiten  Jahre  seines  Erscheinens. 
Der  zweite  Jahrgang  wird  nunmehr  von  Mehmed  Emin  redigiert,  da  A  k  Cura 
oylu  jetzt  bei  der  Armee  steht,  wie  die  Redaktion  mir  gelegentlich  mitteilte.  Ich  gebe 
hier  kurz  den  Inhalt  des  ersten  Jahrganges,  dessen  erste  Nummer  vom  8.  Dezember  1327 
(1911)  datiert.  Das  kurze,  in  seiner  Phrasenlosigkeit  äußerst  wohltuend  berührende 
Programm  lautet  bündig:  '>Wir  wollen  dem  Türkenvolke  dienen,  den  Türken  Nutzen 
bringen.  Dies  ist  unser  Ziel.  Da  der  Inhalt  unserer  Zeitschrift  zeigen  wird,  welche  Wege 
■wir  gehen  werden,  um  das  Ziel  zu  erreichen,  so  finden  wir  die  Darlegung  unseres  Programmes 


j  _^o  Kleine  Mitteilungen  und  Anzeigen. 

für   überflüssig.     Gott  sei  unser  Helfer!«     In   den   einzelnen    Heften   ist   der    Stoff    nach 
einzelnen  Rubriken  in  Literatur,  Sprache,  Politik,  Geschichte  und  Altertümer,  Wirtschafts- 
lehre,  Reisen,    Korrespondenzen,    Presse   geschieden.  —  Heft  I.     Ziel   und  Programm; 
Glückwunsch  zum  Bajram ;  Mehmed  Em  in:  Der  Schmied  {deviirgi:  Gedicht);  Ahmed 
Hikmet:    Der  Traubenhändler -^    Gan   Bej  :   Große  nationale  Hojftmngen  (Schluß  in 
Heft  2:)   Ahmed    Ayajeff:    Die  Türkenwelt  (Türk  'dlemi:    ebenso  Heft   2,  3,  5,  7, 
10,  14  und  18);  Ak  C  u  r  a  o  y  1  u  J  ü  s  u  f  :    Gingiz  Xan  (Fortsetzung  Heft  2 — 1 1  inkl.); 
A.  J. :    In   der  Türkenwelt.  —  Heft  2.     Der   »Türk  jurdu«  an  seine  Leser;     'Izzet 
'A  1  e  V  i  :  Türkische  Legendem:  Der  verbrannte  Brief;  Tevfiq  Nür-ed-Din:   Lage 
des   türkischen  Handwerks  (ebenso  Heft  12);    Ismä'il    Gasprinski:    Ln  beireff  der 
türkisch-russischen     Annäherung.  —  Heft  3.    Dank    des     »Türk    jurdutt;      Mehmed 
E  m  i  n  :    Der  Schiffer  (gemigi:  Gedicht);    S  ä  q  i    M  e  d  i  h  :    Die  Tageszeiten  (Gedicht  in 
Prosa);   *Abd-ul-Bäqi   Fevzi:   Dorflebcn  (köj  dirliji:   Gedicht);   A  j    B  e  g  :   Er- 
innerungen eines  Gefangenen.     Aus  der  Literatur  der  Nordtürken.    S  a  f  v  e  t    (von  Lecoq): 
Uralte  türkische  Literatur:   Ein  altes  türkisch  s  Gebet;    T.  I.:   Der  Historiker '■Ajn-ed-Din; 
N  ä  f  i '    A  t  ü  f  :     Korrespondenz   aus    Adrianopel;     M  i  d  h  a  t     G  e  m.  ä  1  :     Über   unsere 
Sprache;     Eine   Buchbesprechung.  —  Heft  4.     Dr.   Riza  Tevfiq:    Emin   Bej   und 
das  Türkische  Emin  Bcjs;   A.  H  i  k  m  e  t  :    Mein  Padisah,  nehmen  Sie  mein  Veilchen,  geben 
Sie  meine  Rose!;  'Osman   Oyuz:  An  die  Türkenjünglinge  (Gedicht);  Rüsül-zäde 
Mehmed  Emin  :  Die  Türken  in  Iran  (ebenso  Heft  14,  18,  21,  22  und  24);  Übersetzung 
nach    VON    Lecoq:    Eine    uralte    türkische    Kultur.   —  Heft  5.     M.  Emin:     Waffen- 
lärm und  Pulvergeruch  {siläh  sesleri  ve  barut  kokulary);  ein  Türke  aus  Xarput:    Türkii  der 
Serdcn  gecdi  aus  Erzerum;    F.  Sägid  :    Wohlauf,  Bruder!  (Hajdi  kardas:  Gedicht);  Ak 
Yyld  yz  :  Der  Kummer  der  Hirtenflöte  (kavaly/l  derdi);  T.  1.:  Mirza  Feth  '■Ali  A/undof; 
N  e  g  i  b    *  Ä  s  i  m  :    Eine  Sprachen-Theorie  (ebenso  Heft  6);    M  a  n  s  ü  r  :    Aus  Peters- 
burg;   G  e  1  A  I  Nüri  :    Übsr  unsere  Sprache;    Ak    Cura    Oylu  :    An  Midhat  Gemal 
Bej;  Buchbesprechung:   H  ü  s  e  j  n  D  ä  n  i  s   Bej.  —  H  e  f  t  6.    M.  E  m  i  n  :  Der  Leucht- 
turm   (Fener:    Gedicht);    Gelä.1  Sahir:  Die  Augen:    Die   Aufzeichnungen  eines  Ver- 
rückten:  'Izzet   'Alevi:    Türkische  Sagen  2:   In  den  Nomadenzelten  ... ;   Dr.    'A  q  i  1 
M  u  •/_  t  ä  r  :    Die  Pest  (vgl.  Heft  10);    T.  L:   Die  Turkologen  Radioff  und  Thomsen;   T.  L: 
Turan  und  die  türkischen  Gesellschaften.  —  Heft  7.     »Türk  j  u  r  d  u  "  :   Abicehr  (gegen 
eine  Verunglimpfung  des  Türkentums  in  einer  englischen  Zeitschrift);    X  ä  1  i  d  e   E  d  i  b  : 
Das  Licht  Gottes;    F.  S  a  g  i  d  :    Gedanken  über  die  Sterne  (Gedicht);    Hasan    Sa*di: 
Die  schwielige  Hand  (Gedicht);    Ismä'il  Gasprinski:    An  die  Anhänger  des  »Türk 
jurdu«:   Die  nationale  Sclnile  (milli  mekieb,  Volksschule  (ebenso  Heft  8);    F.  B  e  j  Xan  : 
Aus  Kasan;  **  Smyrna  und  die  Türken;  Dr.  Kjämil:   Über  Gesundheitspflege;   Veri.in 
der  türkischen  Studierenden  (Türk  talebesi  derneji);  Die  Wiege  der  türkischen  Rasse;    Werke 
über  das  Türkentum.  —  H  e  f  t  8.     M.  E  m  i  n  :  Tod  ihm!  {pfia  ölüm:  Gedicht);  A.  H  i  k  - 
m  e  t  :    Nationale  Prosodie  (ebenso  Heft  9  und  10);    XalilEdib:    Laßt  uns  auch  an 
iinsere  Brüder  denken!  (Gedicht);    Safvet  :    von  Lecoq:    Eiyi  Stück  der  Geschichte  des 
Cestany  Ili  Beg  (übersetzt  aus  dem  Journal  of  the  Royal  Asiatic  SociJy:  ebenso  Heft  9,  10 
und  11);    Alp    Arslan:     Was  über  die  Türken  jetzt  kommt  und  in  Zukunft  kommen 
wird;    Edhem    Nizad:     Aus  Monastir.     Familienltben  in  Manastir  (Fortsetzung  in 
Heft  9);    J  ä  V  u  z  :    Musikalische  Abendunterhaltung.  —  Heft  9.     'Izzet    'Alevi: 
Das  Blatt;   F.  S  ä  g  i  d  :    Gedanken  beim  Mondaufgang  (Gedicht);  G  e  1  ä  1  Nüri:   Weiin 
ich  reich  wäre  oder  wenn  ich  den  Re gier ungs ein fluß  besäße;  P  a  r  v  u  s  :  Die  Bau-  rn  und  der 
Staat;   Ispartaly  Haqqi  :  Die  Reform  unserer  Schrift.  —  HeftiO.     F.  Sägid: 
Gedanken  an  die  Natur  (Gedicht);    Ahmed    Geväd:    I')as  Recht  auf  Glück  (Gedicht; 
Übersetzung);     Sejjäh    (\\' anderer) :    Auf  der  Fahrt  nach  Indien  (vgl.  Heft  12);    Dr. 


Kleine  Mitteilungen  und  Anzeigen.  i^l 

<A  q  i  1  I\I  u  ■/  t  ä  r  :  Maßregeln  gegen  die  Pest;  Kleine'  Mitteilungen.  —  H  e  f  t  1 1 .  'Ali 
tJ  ä  n  i  b  :  \V  inter-Gebet  (Gedicht);  'Abd-ul-Bäqi  Fevzi:  Rat  des  Siegers  (Ge- 
dicht); '  I  z  z  e  t  *A  1  e  V  i  :  Ein  alt^  s  Gedicht  des  Mugalla;  Ahmed  A  y  a  j  e  f  f  :  Ein 
Stück  aus  der  Geschichte  (ebensoHeft  13);  Mi'mär  Kemäl-ed-Din:  Eine  türkische 
Akropolis  (Konia);  'Izzet  'Alevi:  Nach  Kajsarije;  J  a  \-  u  z  :  Brief  aus  Köprülü; 
Kleine  Mitteilvngen  (vom  Orientalistenkongreß  in  Athen  u.  a.). • — Heft  12.  A.  Hikmet : 
Betrachtungen  über  die  türkische  Sprache  tmd  Literatur  (Vortrag,  gehalten  auf  dem  Orien- 
talistenkongreß in  Athen);  Ahmed  Geväd  :  März  (Gedicht,  übersetzt  nach  Theo- 
phile Gautier);  Midhat  Geväd:  Vaterlandsgefühle  (Gedicht);  'A  b  d  -  ü  1  -  H  a  q  <i 
Xajri:  Klage  (fer/dd:  Gedicht);  Safvet:  Geschichte  der  den  Schiffen  gegebenen 
Namen;  A.  I.:  Ein  zu  spät  kommender  Beginn;  HalimThäbit:  Reisen:  In  den 
Altaj  (ebenso  Heft  13,  14,  16);  Sejjäh:  Auf  der  Rückkehr  von  Indien;  Devlet 
G  i  r  a  j :  Aussetzungeiner  Belohming  für  eine  Geschichte  der  Khane  der  Krim ;  Nekrologe :  S  ä  k  i  r 
E  f  e  n  d  i  und  Hiisejn  Efendi;  Kleine  Nachrichten:  Thronbesteigungsfest;  Parade: 
Buchara:  Zeitung:  Boiikharai-Chirif.  —  Heft  13.  M.  Emin:  Haß  {kin:  Gedicht); 
F.  S  ä  g  i  d  :  Der  Boden  unseres  Vaterlandes  (Gedicht);  Tahsin-Nihäd:  Während 
der  Austvanderung  nach  Kars;  Ahmed  Ferid:  Geiüaltsamer  und  diplomatischer  Krieg; 
P  a  r  v  u  s  :  Ein  Blick  auf  die  Finanzverhältnisse  des  Jahres  1327;  R.  F.:  Korrespondenz 
aus  Razlyk  (bei  Seres).  — ■  Heft  14.  M.  Emin  :  Anatolien  (Anadolu:  Gedicht);  Is- 
m  ä  M  1  H  ä  m  i  :  Der  rote  Halbmond  {Hildl-i-a/imar- :  Sonett);  Alexandre  M  a  r  k  i  : 
Die  Turanier  in  der  Geschichte  Asiens  (\^ortrag);  Vilhelm  Thomsen:  Über  die  älteste  türki- 
sche Schrift;  S3.iv  et  und  Sin  dnoylu:  Über  das  Gedicht  des  Mugalla.  —  Heft  15.  Dank 
des  ))Türk  jurdu«  an  den  Sultan;  'Ali  R  i  z  a  S  e  j  f  i  :  Am  Ufer  des  Kyzyl  Yrmak  (Ge- 
dicht); 'Izzet  'Alevi:  Türkische  Sagen  3:  Die  Ähre  (basak);  Zeki  P  a  s  a- 
Ak  Cura  Oylu:  Die  ersten  Aviatiker  der  Türken  (nach  der  Schrift  Zeki  Pasa's: 
V Aviation  chez  les  Musulmans);  Nermi-'Äkif:  Über  Gi^igiz  Xän;  Ahmed  Ferid: 
Das  Staatsgrundgesetz  für  die  Vildjet's;  A  k  C  u  r  a  O  y  1  u  :  Die  Feuersbrunst.  —  Heft  16. 
T  i  m  u  c  i  n  :  Das  loahre  Wort  (Gedicht);  T  o  r  y  u  d  A  1  p  :  Der  Orient  den  Orientalen! 
Parvus  :  Die  Türkei  steht  unter  dem  finanziellen  Joche  Europas  (Schluß  in  Heft  17); 
A  k  Cura  Oylu:  Das  Ideal;  '  I  z  z  e  t  'A  1  e  v  i  :  Ist  das  Gefühl  des  Türkentums  dem 
Gedanken  des  Osmanentums  hinderlich  ?  —  Tevfiq  Nür-ed-Din:  Das  alte  Stambul; 
Hasan  Riza:  Tätigkeit  für  das  Türkentum;  T.  I.:  Mahnt ftd  Baj  Husejnof.  — 
Hefti7.  Ispartaly  Haqqi:  Die  Wäscherin  Hava  ana;  'Ömr  Sejf-ed-Din: 
Der  lachende  Mond  (Gedicht);  F.  Sägid:  Die  zerbrochene  Schale  (Gedicht,  übersetzt 
nach  SuLLY  Prud'homme);  *Izzet  'Alevi:  Weißes  Ungestüm;  Iwan  Manoff;  Die 
Abstammung  der  Bulgaren  von  den  Türk-Tataren  vom  Gesichtspunkte  der  Sprachwissenschaft 
02*5  (ebenso  Heft  19  und  23);  A.  I.:  In  der  Türkeniaelt;  Kleine  Mitteilungen.  —  Heft  18. 
M.  Emin  :  Die  Türkenheimat  (Türk  jurdii);  F.  Sägid  :  In  den  Mitternächten  {GtdichM); 
'Izzet  'Alevi:  Türkische  Sagen  4:  Der  Golf  erzählt  . . .  (körfez  dejor  ki  . . .);  A.  I. : 
Geschichte  der  Türken  und  Tataren  (ebenso  Heft  19);  Ak  Cura  Oylu  Jüsuf:  An 
Xdlide  Edib  Xanuni  Efendi;  Parvus  :  Entgegnung;  Kleine  Mitteilungen.  —  Heft  10. 
I.  B. :  Das  türkü  (Lied)  voin  Ostwind,  Zephyr  {sabdnyn  türküsü:  Gedicht);  Ahmed  Zeki 
V  e  1 1  d  i  :  Die  letzten  Tage  des  Khanats  von  Kasan;  Ispartaly  Haqqi:  Wer  auf 
dem  Berg  einen  Weingarten  hat,  hat  auch  in  seinem  Herzen  eine  Sorge  (kimiiiki  dayda  bayy 
var,  jürejinde  dayy  var:  ebenso  Heft  21);  Parvus:  Der  Weg,  um  sich  von  d-  r  finanziellen 
Knechtschaft  zu  befreieyi:  Ak  Cura  Oylu  :  In  der  Türkemvelt  (ebenso  Heft  21).  - — 
H  e  f  t  20.  H  a  m  d  u  1 1  a  h  S  u  b  h  i  :  Der  Hahnenkampf  (xoros  düjüsi):,  Dr.  'Ä  q  i  1 
Mu^tar  :  Warum  ist  es  äußerst  schwierig,  richtig  zu  denken?  —  Neglb  'Asim: 
Hebet-ul-//aqäiq  (ebenso  Heft  24);    A.  I.:   Negib  'Asim  Bej  (mit  Bild);  Aus  dem  Tergümdn 


j  <2  Kleine  Mitteilungen  und  Anzeigen. 

{Baycesaraj):  Was  sagen  die  Türken  außerhalb  des  (russischen)  Kaiserreiches}  —  Die 
Zeitung  »Turan«.  Kleine  Mitteilungen.  —  Heft  21.  'Ali  'Alevi:  Türken-Wasser 
(Türk  suju:  Gedicht);  M  e  h  m  e  d  R  i  f  *  a  t  :  Bei  der  Hochzeit  des  Potuk  Hasan;  F.  S  ä  • 
g  i  d  :  Einer  Bemerkung  entgegen;  Dr.  'Abdullah  Gevdet:  Die  Macht  der  Bul- 
garen; P.  RisAL  (übersetzt  von  T.  I.):  Die  Türken  suchen  einen  Nationalgeist  (ebenso 
Heft  22,  23  und  24);  ***  Über  die  Aviatiker  bei  den  Türken.  —  Heft  22.  Glückwunsch 
des  »Türk  pirdu«;  Sa'id  Sevingeli:  Der  Festtag  (Gedicht);  Hamd-ullah 
S  u  b  h  i  :  Das  Nachtgebet  in  der  Fdtih-Moschee;  T  e  v  f  i  q  N  ü  r  -  e  d  -  D  i  n  :  Die  türki- 
schen Elementarschulbücher;  Ak  Cura  oylu  Jüsuf:  Ismd^il  Bej  Gasprinski,  der 
große  Lehrer  und  Schriftsteller  der  Türken  (mit  Bild);  Ankündigung  von  Xälide  Edib's 
Milli-Erzählung:  ))Jeni  Türän«;  Die  nationale  Oper;  Erinnerung  an  Napoleons  Feldzug 
nach  Ägypten.  —  Heft  23.  Ispartaly  Haqqi:  Das  befleckte  Grab ;  I  s  m  ä  '  i  1 
Gasprinski  :  Geordnete  Auswanderung;  Ak  Cura  Oylu:  Schweden  und  Polen; 
Buchbesprechung:  A.  L,  Dr.  *A  b  d  u  11  a  h  G  e  v  d  e  t '  s  :  Fenn  u  felsefe  ve  felsefe  säni- 
heleri.  —  H  e  f  t  24.  X  a  1  i  d  e  E  d  i  b  :  Hymne  (Gebet);  M.  E  m  i  n  :  Zwiespalt  (Ge- 
dicht: nefäq)  und  Der  junge  Türke  {geng  türk:  Kriegslied);  Sülejmän  Nazif: 
Kriegslied;  G  e  1  ä  1  Sahir:  Die  Aulzeichnungen  des  Narren:  An  das  20.  Jahrhundert; 
Hamdullah  Subhi:  Ach,  mein  Mütterchen!  —  F.  S  ä  g  i  d  :  An  die  vier  Balkan- 
staaten (Gedicht);  K  j  ä  z  i  m  N  ä  m  i  :  Der  Schöpfer  der  türkischen  Grammatik;  M  c  h  m  e  d 
'Abdullah  :  Die  Frauen  des  Islam;  A  k  Cura  O  y  1  u  Jüsuf:  In  unserer  ge- 
schichtlichen Stellung  ..  .;  'A  b  d  -  ü  1  -  B  ä  q  i  F  e  v  z  i  :  Was  wir  in  unserem  Vaterlande 
sehen;  Übersetzung  von  Dr.  Schr:  Besprechung  des  Gedichtes  »Anadolu«  von  M.  Emin. 
Als  Beilagen  zu  dem  von  Heft  3  ab  in  erweitertem  Umfang  erscheinenden  Türk 
■jurdu  erschien  zu  H.  4  M  e  h  m  e  d  E  m  i  n  s  '  s  ,  H.  1 2  Ahmed  H  i  k  m  e  t  s  ,  H.  16 
.Mahmud  Bai  Husejnof's,  H.  20  Negib  'Ä  s  i  m  '  s  und  H.  22  Ismä'il 
Gasprinski's  Bild;  H.  8  enthielt  eine  Karte:  Das  grüßte  R'.rich  der  Welt  (zu  Gingiz 
Xän)  und  H.  20  eine  farbige  Beilage:  Das  Studentenheim  Talebe  jurdu.  Zum  letzten  Heft 
erschien  eine  kleine  Broschüre  Altyn  ermayan  als  Beilage  mit  Beiträgen  von  Xälide 
E  d  i  b  ,    Z  i  j  a  ,    .M  e  h  m  e  d    Emin,    Ahmed    H  i  k  m  e  t ,    G  j  ö  k    Alp    und    A  k 

C  u  r  a  o  T  1  u  I  ü  s  u  f. 

T  h.  M  c  n  z  e  1. 


K.  I.  Basmadjian:  Essai  sur  Vkistoire  de  la  litterature  ottoniane.  1910.  Paris: 
Selbstverlag.  Konstantinopel:  D.  Balentz.  (255  S.)  —  Die  Folge  der  Konstitutions- 
restitution in  der  Türkei'  war  vorübergehend  eine  geradezu  fieberhafte  literarische  Tätig- 
keit und  Produktion:  Berufene  und  Unberufene  —  jetzt  beim  kritischen  Nachprüfen  kann 
man  nahig  konstatieren,  daß  die  Unberufenen  weitaus  in  der  Überzahl  waren  —  warfen  in 
höchster  Eile,  ohne  vieles  Besinnen  auf  den  Markt,  was  sie  im  ersten  Freiheitstaumel  zu- 
sammengeschmiert  hatten.  Glücklich  noch  diejenigen,  die  in  ihren  Händen  von  früher 
her  noch  Manuskripte  hatten,  die  sie  zur  Zeit  der  Zensurorgien  nicht  hatten  drucken  lassen 
können,  denn  da  war  immerhin  noch  an  eine  ausgereifte  Arbeit  zu  denken.  Doch  das  sind 
spärhche  Ausnahmen.  Die  zahllosen,  in  türkischer  Sprache  erschienenen  Broschüren  sind, 
wie  ein  vernichtendes,  aber  zutreffendes  Urteil  lautet,  zum  überragenden  Teile  nur  be- 
druckte Makulatur:  unerfreulich  in  ihrer  Ausstattung,  unerfreulich  in  ihrem  Inhalt.  Die 
ganze  Schriftstellerei  leitete  im  Nu  in  das  mehr  journalistische  Fahrwasser  des  Über- 
hasteten und  Überstürzten  ein  —  jeder  will  mit  der  Neuheit  der  Erste  sein,  damit  ihm 
keiner  zuvorkomme,  eine  auch  bei  uns  leider  Gottes  hie  und  da  entwickelte  Tendenz,  und 
schickt  so  die  Arbeit  mit  allen  ihr  anhaftenden  Flüchtigkeitsmängeln  sorglos  in  die  Welt. 


Kleine  Mitteilungen  und  Anzeigen.  I^c' 

In  Konstantinopel  herrscht  zum  Teil  auch  jetzt  noch  als  unliebsame  Folgeerscheinung 
eine  ganz  erschreckliche  literarische  Skrupellosigkeit.  Nichts  Seltenes  ist  z.  B.  die  Über- 
nahme fremder,  zumeist  auch  noch  nur  halb  verstandener  Erzeugnisse  der  europäischen 
Zeitschriften  und  Wiedergabe  unter  eigenem  Namen  als  eigene  Arbeiten:  ich  weise  hier  nur 
zur  Dokumentierung  auf, die  irreführenden  »kritischen«  Artikel  über  Leo  Tqlstoj  anläßlich 
seines  Todes  hin,  die  alle  derselben  recht  zweifelhaften  französischen  Quelle  entnommen 
und  wörtlich  übersetzt  von  verschiedenen  »Literaten«,  die  nie  irgend  etwas  von  Tolstoj 
gelesen  hatten,  als  eigenes  literarisches  Produkt  verzapft  wurden,  worauf  allerdings  der 
Tatare  A  k  C  u  r  a  o  y  1  u  J  ü  s  u  f  Veranlassung  nahm,  energisch  einigen  auf  die  Finger 
zu  klopfen.  Diese  saloppe  Art  griff  auch  auf  mehr  sich  als  europäische  Literaturerzeugnisse 
gebende  Schriften  über  und  zeitigte  hier  natürlich  dasselbe  unerfreuliche  Resultat.  Eines 
dieser  unreifen  Traktate  ist  auch  Basmadjian's  Buch,  das  in  der  Einleitung  so  viel 
verspricht  und  im  Texte  so  wenig  hält.  Es  steht  bei  weitem  nicht  auf  der  Höhe  eines  der 
zahlreichen  altenTezkere's,  der  dichterbiographischen  Sammelwerke,  mit  denen  es  äußerlich 
manches  gemeinsam  hat.  Streng  genommen  steht  es  ungefähr  auf  der  gleichen  Stufe 
wie  der  seinerzeit  von  dem  osmanischen  Buchhändler  A  r  a  k  e  1  herausgegebene  Buch- 
händlerkatalog: Arakcl  kütübydnesi  esämi-i-kütüb  (Konstantinopel  1301),  eine  nicht  sehr 
vollständige  Zusammenstellung  von  Namen  und  Titeln  ohne  historischen  Zusammenhang. 
Basmadjian's  Essai  ist  ein  höchst  flüchtig  kompilierter  Autorenkatalog.  Wo  es  geht, 
d.  h.  wo  es  ihm  keine  sonderliche  Mühe  macht,  setzt  er  biographische  Daten  bei,  die  aber 
sehr  der  Nachprüfung  bedürftig  zu  sein  scheinen.  Dann  folgt  eine  Aufzählung  der  Werke  — 
soweit  sie  ihm,  durch  Zufall  fast  möchte  man  sagen  —  bekannt  geworden  sind.  Auf  irgend- 
welche Vollständigkeit  kann  er  keinen  Anspruch  erheben.  Aus  eigener  Anschauung  kennt 
Basmadj  ian  ersichtlich  äußerst  wenig,  vor  allem,  was  den  Inhalt  und  die  Stellung 
der  einzelnen  Werke  innerhalb  der  osmanischen  Literatur  betrifft.  Es  sind  nur  tote  Namen. 
Zu  begrüßen  wäre  ja  sein  Gedanke,  auch  die  Prosaschriftsteller  mit  heranzuziehen,  da 
sowohl  Hammer-Purgstall  in  seiner  Geschichte  der  osmanischen  Dichtkunst  als  Kompilator 
der  'D'ich.ttx-tezkere's,  wie  auch  Gibb  in  seiner  History  of  Ottoman  Poetry  sich  ausschUeß- 
lich  mit  der  Poesie  der  Osmanen  beschäftigten.  Gibb  geht  allerdings  auch  bei  Gelegenheit 
auf  die  Prosa  soweit  ein,  als  es  das  Verständnis  der  Dichter  zu  erfordern  scheint.  Doch  die 
Ausführung,  die  Basmadj  ian  diesem  gesunden  Gedanken  angedeihen  läßt,  ist  etwas 
kläglich.  Er  kennt  allem  Anschein  nach  gar  nicht  die  Vorarbeiten,  die  auf  dem  Gebiete 
der  türkischen  Literaturgeschichte  schon  existieren,  abgesehen  von  den  biographischen 
Artikeln  im  Journal  Asiatique.  Nur  durch  Zufall  scheint  üim  z.  B.  auch  die  Ausgabe  von 
Sultan  Mehmed's  Dwän  durch  Jacob  bekannt  geworden  zu  sein,  während  er  Jacob's 
Arbeit  über  den  Dwän  Sülejmän's  nicht  kennt,  wie  ihm  auch  die  ganze-Türkische Bibliothek, 
die  ihm  mancherlei  Material  hätte  bieten  können,  verborgen  blieb.  Von  der  Flüchtigkeit 
und  Rückständigkeit  dieses  modernsten  orientalisch-europäischen  Erzeugnisses  will  ich 
nur  ein  paar  charakteristische  Proben  geben.  Von  dem  wichtigen  türkischen  Reisenden 
Evlijä  Celebi  erzählt  er  z.  B.  nur,  was  vor  acht  Dezennien  Hammer  von  ihm  no- 
tierte, und  spricht  von  »drei  Bänden«  des  Reisewerkes  (sejd/iat-ndme)  —  sü  viel  besaß 
Hammer  und  besitzt  jetzt  die  Wiener  Hofbibliothek  davon  —  und  von  den  zwei  Bänden 
der  HAMMER'schen  Übersetzung.  Dabei  passiert  ihm  das  Mißgeschick,  daß  er  den  zweiten 
Teil  des  zweiten  Bandes  dieser  Übersetzung  (London  1S50.    244  S.)  nicht  kennt.     Der 

erste  Teil  von  Band  II  erschien  1846  (nicht  1834,  wie  er  angibt).  Davon  aber,  daß  das 
Reisewerk  in  WirkHchkeit  zehn  Bände  umfaßt,  die  in  Konstantinopel  in  der  Beslr  Aya- 

Bibliothek  und  in  der  Pertev  Pasc/za-BibHothek  in  Skutari  (Konstantinopel)  hegen,  während 
außerdem  ein  prächtiges  Exemplar  in  der  kaiserlichen  Bibliothek' vorhanden  sein  soll 
(das  ich  aber  nicht,  wie  die  beiden  andern,  aus  eigener  Anschauung  kenne),  und  daß  von 


jAA  Kleine  Mitteilungen  und  Anzeigen. 

diesen  zehn  Bänden  die  Zeitung  Iqdäm  die  sechs  ersten  in  einem  allerdings  nicht  ganz  zu- 
verlässigen Drucke  herausgegeben  hat  (131 4— 131 8),  weiß  er  nichts,  von  der  mehrfach  heraus- 
gegebenen, auf  Konstantinopel  bezüglichen  Auswahl  ganz  zu  schweigen.    Doch  auch  wenn 
wir  uns  nur  an  die  Moderne  halten,  die  dem  Autor,  als  türkischem  Armenier,  der  er  zu  sein 
scheint  —  er  ist  Direktor  der  (in  Paris  erscheinenden  ?)  armenischen  Revue  Banaser  und 
zugleich  Mitglied  der  Akademie  und  verschiedener  französischer  gelehrter  Gesellschaften  — , 
am  nächsten  stehen  und,  wenn  irgend  etwas  in  der  türkischen  Literatur,  vertraut  sein 
müßte,  so  finden  wir  hier  dasselbe  Bild.     Wo  er  keinen  Vorarbeiter  hat,  oder  richtiger 
gesagt,  wo  er  seine  Vorarbeiter  nicht  zu  finden  wußte,  versagt  er.    Z.  B.  schreibt  er   M  e  h  - 
medÖevdet   den  Roman  Dünjaja  ikingi  gells  und  die  Werke:  Kary  koga  masdly  und 
Hoqqabdz  kitdby  zu,  obwohl  das  alles  Werke  A  h  m  e  d  M  i  d  h  a  t '  s  sind,  der  seinen  Bruder 
als  Mitinhaber  der  Druckerei  als  Inhaber  (sä/iib),  aber  nicht  als  Verfasser  {mu/tarrir)  zeichnen 
ließ,  während  er  selbst  anscheinend  aus  zensurpoHtischen  Gründen  seinen  Namen  unge- 
nannt ließ.    Den  Roman  Dünjaja  ikingi  gelis  bezeichnete  mir  M  i  d  h  a  t  selbst  vor  Jahren 
ausdrücklich  als  sein  Werk.     Von  Mehmed    Emin    und    Hüsejn    Rahmi,    von 
denen  der  erstere  als  der  bekannteste  nationale  Dichter,  der  letztere  als  realistischer  Schilde- 
rer des  Volkslebens  sich  eines  großen  Rufes  erfreut,  hat  er  nur  die  Namen,  kein  einziges 
Werk,  doch  setzt  er  Rahmi  zum  Ausgleich  dafür  gleich  zweimal  ein.    Die  Anordnung  der 
Schriftsteller  in   dem  »Uterarischen  Katalog«  Basmadjian"s,  besonders  in  dem  modernen 
Teile  —  er  teilt  sein  Themen  in  die  alte  Schule  (1300— 1859)  und  in  die  Moderne  (seit  1859)  — 
ist  nicht  ganz  verständlich:  Anhänger  der  alten  Schule,  des  Übergangsstadiums,  der  Mo- 
derne und  der  jüngsten  Moderne  stehen  in  buntester  Ordnung  nebeneinander.     Auch  das 
chronologische  Prinzip  ist  nicht  maßgebend.     Einige  arge  Versehen,  Folgen  der  Flüchtig- 
keit, hat  der  Autor  selber  noch  nachträglich  verbessert,  so  die  Verdoppelung  einiger  Schrift- 
steller, wie  des    Nazifi    und    H.    Rahmi.     Reichlich  seltsam  für  einen  Kenner  des 
Türkischen  ist  auch  der  rätselhafte  Unterschied,  den  er  zwischen  Mehmed  und  Mehemmed 
macht  und  der  im  Index  zu  zwei  eigenen  Rubriken  Anlaß  gibt.    Nach  welchen  Grundsätzen 
er  Mehemmed  Djevdet,   Mehemmed  Tevfiq  usw.  im  Gegensatze  zu  Mehmed  Pacha,   Mehmed 
Ruchdi  usw.  schreibt,  ist  schleierhaft.     Auffallend  ist  es  noch,  daß    Basmadjian  es 
nicht  der  Mühe  wert  gefunden  hat,  die  Hiira- Jahre  in  diesem  doch  für  europäische  Leser 
bestimmten  Buche  durch  die  christliche  Zeitrechnung  zu  ersetzen.     Zudem  ist  bei  vielen, 
ja  den  meisten  modernen  Jahresangaben  nicht  das ///gra- Jahr,  sondern  das  davon  wieder- 
um abweichende  Finanzjahr  gemeint,  was  für  die  einwandfreie  Feststellung  des  wirklich 
gemeinten  Jahres  eine  weitere  Schwierigkeit  vorstellt,  die  der  Autor  zu  lösen  gehabt  hätte. 
Doch  trotz  des  Hinweises  im  Vorwort,  alle  Daten  nach  der  Higra  geben  zu  wollen,  finden 
sich  in  allerdings  hier  nicht  weiter  auffallender  Inkonsequenz  eine  Reihe  Daten  christlicher 
Zeitrechnung  mitten  darunter.     So  stellt  sich  leider  die  Literaturgeschichte    B  a  s  m  a  d  - 
i  i  a  n  '  s    als  eine  flüchtige  journalistische  Leistung  dar,    bar  jedes  modernen  kritischen 
Grundsatzes.     Hoffentlich  wird  das  künftige  große  Werk  über  die  türkische  Literatur, 
das  der  Autor  uns  in  Aussicht  stellt  und  das  ein  Gegenstück  zu  Hammer's  Osmanischer 
Dichtkunst  für  die  Prosaiker  werden  soll,  auf  ganz  anderer  Grundlage  und  mit  sorgfältiger 
Durcharbeitung  des  Materials  geschrieben.  —  Sonst  bleibt  es  besser  ungeschrieben.  —  Eine 
Hervorhebung  verdient  hier  auch  die  seltsame,  auf  die  kritischen  A-nschauungen  der  heutigen 
»Osmanen«,  im  weiteren  Sinne  gesprochen,  ein  höchst  seltsames  Licht  werfende  Hoch- 
schätzung, die  sie  Hammer-Purgstall  entgegenbringen:    Er  ist  noch  immer  ihr  Ideal, 
besonders  in  der  Geschichtschreibung,  so  daß,  so  unglaublich  es  klingt,  die  türkische  Rück- 
übersetzung der  französischen  Ausgabe  von  Hammer's  Geschichte  des  osmanischen  Reiches 
.  beschlossen  worden  und  ein  Band  sogar  schon  herausgegeben  sein  soll.    Ich  habe  ihn  aller- 
dings bisher  noch  nicht  erhalten.     Die  Ironie  liegt  darin,  daß  der  etwas  flüchtige  und  un- 


Kleine  Mitteilungen  und  Anzeigen.  ji- 

kritische  Übersetzer  der  türkischen  Historiker,  nachdem  sein  Werk  noch  durch  das  Medium 
des  Französischen  hindurchgegangen  ist,  wieder  ins  Türkische  mit  ziemlichem  Kosten- 
aufwand zxirückübertragen  wird,  statt  daß  man  an  die  so  nahe  liegende  Herausgabe  von 
Hammer's  türkischen  Originalquellen  geht.  • —  Die  Ausstattung  von  Basmadjian's 
Buch  entspricht  in  Druck  und  Papier  kann  dem,  was  man  in  Konstantinopel  an  gewöhnliche 
Drucke  stellt.  Die  zahlreichen  Druckfehler  entsprechen  der  flüchtigen  Bearbeitung.  Die 
Buchtitel  sind  mit  türkischen  Lettern  gegeben.  Nicht  uninteressant  ist  shließlich  noch 
der  Aufruf  des  betriebsamen  Autors  an  die  türkischen  Schriftsteller  in  der  Einleitung, 
ihm  außer  ihren  Ratschlägen  besonders  auch  ihre  Werke  zu  senden,  damit  er  die  Lücken 
ausfüllen  und  Irrtümer  berichtigen  könne.  Es  ist  gewiß  dann  nur  mehr  die  Schuld  der 
osmanischen  Schriftsteller,  wenn  sich  in  der  künftigen  Literaturgeschichte  Basmadjian's 
Mängel  und  Lücken  zeigen  sollten,  denen  sie  durch  rechtzeitige  Ablieferung  der  Pflicht- 
exemplare an  ihn  hätten  vorbeugen  müssen  und  können. 

T  h.    Menzel. 


Martin  Hartmann,    Fihif  l'orträge  über  den  Islam.  Leipzig  19 12.  Verlag  von  Otto  Wigand, 

m.  b.  H.     IV  und  150  S.  8°. 

Die  hier  dem  »breitesten  Publikum«  gebotenen  Abhandlungen  wurden  Januar- 
Februar  1912  im  »Wissenschaftlichen  Zentralverein«  zu  Berlin  vom  Verfasser  vorgetragen. 
Das  Ziel,  welches  ihm  dabei  vorschwebte,  war  »die  Probleme  des  Gegenwartislam  aus 
der  Vergangenheit  zu  verstehen«.  Die  ersten  drei  Vorträge  (I.  Vorgeschichte,  Mohammed, 
Die  ersten  Kalifen,  II.  Der  Koran  und  die  Lehre  Mohammeds,  III.  Die  Glanzzeit  des  Kali- 
fats und  der  Verfall)  sind  rein  geschichtlich  und  gehen,  wie  es  im  Vorwort  heißt,  »nicht 
über  das  hinaus,  was  in  den  bekannten  Handbüchern  zu  finden  ist«.  Wäre  dieser  Teil 
der  Darstellung  für  Fachleute  bestimmt,  so  hätte  der  Verf.  wohl  den  neuesten  Forschungen 
über  die  Anfänge  des  Islam,  namentlich  den  geistreichen  LTntersuchungen  Lammens' 
gegenüber  Stellung  nehmen  müssen.  Die  ausdrückliche  Betonung  der  populären  Art 
dieser  Aufsätze  enthebt  zwar  einer  solchen  Verpflichtung,  aber  es  fragt  sich  doch,  ob  nicht 
auch  für  eine  allgemeine  Einführung  strengere  Beschränkung  auf  die  sichersten  Ergebnisse 
der  Mitteilung  einer  viele  Daten  zweifelhafter  Art  enthaltenden  vulgata  vorzuziehen  wäre. 
W'ie  dem  immer  sei.  Hartmann  hat  gegeben,  was  sein  Vorwort  verspricht,  und  die  Auswahl 
des  Mitgeteilten  ist,  wie-  sich  das  bei  ihm  von  selbst  versteht,  vernünftig  getroffen. 

Als  einen  Lapsus  betrachte  ich  es,  wenn  er  S.  8  die  vorislamische  Existenz  einer 
Abrahamlegende  in  Mekka  vorauszusetzen  scheint;  seit  Jahrzehnten  kennt  man  die  Ent- 
wickelung  dieser  Legende  nach  derHidjrahin  direktem  Zusammenhang  mit  Muham- 
meds  Stellungnahme  gegen  das  Judentum.  Ein  anderer  Lapsus  ist  S.  25  das  \^'ort  »Flucht- 
genossen«, während  doch  S.  17  die  Übersetzung  von  Hidjrah  mit  »Flucht«  mit  Recht 
zurückgewiesen  wurde.  Das  Zurückführen  des  absolutistischen  Regierungssystems  im 
Islam  auf  die  von  Omar  geschaffene  Staatsverwaltung  (S.  28)  scheint  uns  auch  dann  noch 
bedenklich,  wenn  man  mit  dem  Verf.  die  traditionelle  Ansicht  über  Omars  politische 
Leistungen  als  richtig  gelten  läßt.  Zur  absolutistischen  Monarchie  wurde  doch  das  Chalifat 
erst  seit  der  Verlegung  seines  Zentrums  auf  persisches  Gebiet.  Bei  der  Aufzählung  der 
Länder,  wo  sich  Reste  der  Charidjiten  finden  (S.  32),  ist  Oman  vergessen. 

Bei  der  Besprechung  des  Quräns  erfährt  der  Leser  wohl  etwas  zu  wenig  von  den 
zum  Teil  unüberwindlichen  Schwierigkeiten,  welche  sich  dem  historischen  Verständnis 
selbst  solcher  Stellen  in  den  Weg  setzen,  wo  die  Kommentare  keine  Ahnung  von  Unsicher- 
heit aufkommen  lassen.  Mit  vollem  Recht  wundert  sich  Lammens  über  die  Frechheit 
von  Orientalisten,  welche  den  Inhalt  der  geschichtlich  bedeutendsten  Suren  zu  verstehen 

Islam.      IV.  10 


146  Kleine  Mitteilungen  und  Anzeigen. 

behaupten.  Einige  von  den  alteren,  mehr  oder  weniger  poetischen  Offenbarungen  zitiert 
Hartmann  in  der  bekannten,  dem  Original  auch  in  der  Form  nachahmenden  Übersetzung 
Fr.  Rückert's. 

Als  eine  etwas  unvorsichtige  Abweichung  von  dem  Plane,  sich  fürs  Historische  auf 
die  Mitteilung  des  als  bekannt  Geltenden  zu  beschränken,  kommtesunsvor,  wenn  der  Verf. 
(S.  37 — 38)  nebenbei  eine  neue  Theorie  über  den  Ursprung  gewisser  erzählender  Qurän- 
stücke  aufstellt,  zumal  da  die  Annahme  von  einer  nirgends  erwähnten,  zwischen  Juden- 
tum und  Christentum  stehenden  Gruppe  angehörenden  Wanderpredigern,  welche  Muham- 
med  den  Text  oder  doch  das  Vorbild  seiner  asäfir  al-awwalin  geliefert  hätten,  kaum  als 
eine  begründete  Hypothese  gelten  kann.  Die  Sendung  der  andern  Propheten  vor  Muham- 
med,  die  den  Hauptinhalt  jener  Erzählungen  bildet,  soll  nun  nach  Hartmann  (S.  46, 
wo  Z.  7  statt  »Den«  »Der«  zu  lesen)  im  Qurän  als  der  Beweis  seiner  eigenen  prophetischen 
Mission  dargestellt  sein.  Das  hat  nur  dann  seine  Richtigkeit,  wenn  man  es  von  der  Über- 
einstimmung des  Inhalts  dieser  Quräne  mit  der  jüdischen  und  christlichen  Überlieferung 
über  die  Propheten  versteht,  denn  darauf  hat  sich  Muhammed  in  der  ersten  Periode  seiner 
Tätigkeit  immerfort  als  Beweis  für  die  Wahrheit  seiner  Mission  berufen. 

Dem  Mystizismus  hätten  wir  auch  in  dieser  gedrängten  Darstellung  etwas  mehr 
Raum  gegönnt  als  ihm  zuteil  geworden  (S.  54 — 55).  Aus  den  Worten  des  Verf.  könnte  der 
Leser  entnehmen,  daß  die  Kirche  und  der  absolute  Staat  das  Derwischtum  eigens  dazu 
gegründet  haben,  die  Mystik  in  dessen  »seichte  Kanäle«  zu  leiten  und  so  mit  dieser  gefähr- 
lichen Feindin  fertig  zu  werden.  Natürlich  kennt  Hartmann  sehr  wohl  den  Einfluß,  den 
die  mystische  Geistesrichtung  außerhalb  des  Zari^a/z-Wesens  die  Jahrhunderte  hindurch 
in  der  islamischen  Welt  ausgeübt  hat.  Das  hätte  er  aber  mit  einigen  \\'orten  andeuten 
und  dann  auch  die  Frage  erörtern  sollen,  inwiefern  von  der  Mystik  für  die  Muslime  Hilfe 
zur  Lösung  der  Fesseln  zu  erwarten  ist,  in  welchen  der  gesetzlich-dogmatische  Islam  ihre 
Kultur  gefangen  zu  halten  sucht.  Es  wäre  doch  gar  zu  einseitig,  den  Mystizismus  auf 
muhammedanischem  Gebiete  bloß  als  »Handlanger  des  Absolutismus«  hinzustellen. 

Als  eine  Lücke  in  des  Verf.  Darstellung  empfinden  wir  es  noch,  daß  er  das  Hadith, 
die  sogenannte  Überlieferung  über  die  Taten  und  Worte  des  Propheten,  nicht  klar 
genug  in  ihrer  historischen  Bedeutung  als  Exponent  aller  Lehrmeinungen,  die  in  den 
ersten  Jahrhunderten  in  bedeutenden  Kreisen  zur  Geltung  gekommen  sind,  hervortreten 
läßt  und  daß  mit  keinem  Worte  der  so  äußerst  wichtigen  Lehre  der  Unfehlbarkeit  der 
Gemeinde  Erwähnung  geschieht.  Wird  doch  gerade  diese  Lehre  von  vielen  Muslimen  und 
Nichtmuslimen  als  ein  mächtiges  Mittel  betrachtet,  wodurch  sich  der  Islam  aus  dem 
mittelalterlichen  Sumpf,  in  den  er  sich  verlaufen  hat,  befreien  könnte. 

Der  knappen,  gelungenen  Darstellung  der  Geschichte  des  Chalifats  im  dritten  Vortrag 
läßt  Hart.m.\nn  zwei  Vorträge  folgen,  welche  »auch  dem  Historiker,  dem  Soziologen  und 
dem  Orientalisten  etwas  bieten«.  Die  erste  von  diesen  beiden  Abhandlungen  (IV)  ver- 
sucht eine  Gruppierung  der  »islamischen  Staatensysteme  bis  zur  Neuzeit«  nach  dem 
Schema  der  fünf  Gesellungen,  welches  dem  Verf.  als  das  geeignetste  erscheint  »die  unend- 
lich zahlreichen  Betätigungen  der  Gruppen  aus  einem  wüsten  Chaos  sich  zu  einem  über- 
sichtlichen Ganzen  gestalten  zu  lassen«.  Gegen  die  Gliederung  des  Gesellschaft-  und  Staats- 
lebens nach  den  fünf  Gesellungsmomenten:  Blut  (Sippe),  Volk  (Sprache),  Vorstellung 
(Religion  usw.).  Wirtschaftliches,  Staat,  haben  wir  nichts  einzuwenden,  und  wir  leugnen 
nicht,  daß  die  Übersichtlichkeit  der  analytischen  Betrachtung  des  Lebens  einer  Menschen- 
gruppe durch  die  Beobachtung  dieser  Einteilung  manchmal  gefördert  werden  kann.  Wir 
müssen  aber  offenherzig  gestehen,  daß  uns  das  Schema  in  Hartmann's  viertem  Vortrag 
wenig  zur  Klarheit  beigetragen  zu  haben  scheint.  Daran  ist,  wie  wir  glauben,  nicht  das 
Schema  schuld;  auch  nicht  der  Verf.,  denn  aus  der  reichen  Schatzkammer  seiner  Wissen- 


Kleine  Mitteilungen  und  Anzeigen.  r^- 

schaft  hat  er  wohl  das  Wichtigste  über  die  verschiedenen  muslimischen  Staatengebilde 
mitgeteilt,  und  seine  Charakteristik  ist  manchmal  treffend.  Es  liegt  vielmehr  am  Gegen- 
stand, an  der  großen  Kompliziertheit  der  historischen  Erscheinungen,  von  denen  hier 
eine  Erklärung  \fersucht  wird  und  von  deren  Erklärungsmomenten  uns  doch  nur  die  aller- 
wenigsten genau  bekannt  sind.  Das  Chaos  ist  eben  viel  zu  wüst,  um  sich,  gleichviel  durch 
welche  Mittel,  zu  einem  übersichtlichen  Ganzen  gestalten  zu  lassen.  In  solchen  Fällen 
wirkt  die  Aufzwingung  eines  Systems  eher  verwirrend  als  klärend  und  ordnend. 

Der  fünfte  Vortrag  handelt  vom  »gegenwärtigen  Zustand  der  Islamwelt«  und  erörtert 
dabei  selbstverständlich  die  Möglichkeiten  der  nächsten  Zukunft  vom  Gesichtspunkt  des 
Verfassers.  Im  Mai  1912,  als  Hartmann  sein  Vorwort  schrieb,  konnte  man  nicht  ahnen, 
welche  schrecklichen  Ereignisse  sich  noch  vor  dem  Ende  des  Jahres  im  islamischen  Teile 
Europas  abspielen  sollten.  Sonst  hätte  der  Verf.,  der  im  Eingang  seines  Vortrags  über 
die  Staatensysteme  mit  Recht  nachWELLHAUSEN's  Vorgang  den  Sturz  des  arabischen 
Reiches  als  den  Wendepunkt  der  ältesten  islamischen  Geschichte  bezeichnet,  am  Schluß 
seines  fünften  Vortrags  den  Sturz  des  osmanischen  Reiches  als  Wendepunkt  der 
neuesten  Geschichte  besprechen  können.  Zu  einer  Änderung  seiner  Anschauungen  hätte 
ihm  allerdings  der  Ausgang  des  Balkankrieges  keinen  Anlaß  gegeben,  denn  große  Hoffnung 
hatte  er,  wie  man  sich  leicht  denken  kann,  auf  die  Osmanen  nicht  gesetzt. 

Mehr  ausschließlich  als  die  Überschrift  erwarten  ließe,  beschäftigt  sich  der  Verf. 
in  diesem  Kapitel  eben  mit  der  Türkei;  nebenbei  auch  mit  Persien,  und  nur  ganz  im  Vor- 
übergehen mit  anderen  muslimischen  Staaten  oder  mit  muslimischen  Völkern,  die  unter 
fremder  Oberhoheit  stehen.  Man  versteht  dies  eher,  wenn  man  die  seitdem  (im  Oktober 
1912)  unter  dem  Titel  »Islam,  Mission,  Politik«  von  Hartmann  herausgegebenen,  früher 
anderswo  erschienenen  kritischen  Studien  kennt.  Darin  kommt  manches  zur  eingehenden 
Behandlung,  an  dem  der  fünfte  Vortrag  vorbeigeht. 

Die  Einzelheiten  dieses  Vortrags  geben  mir  Anlaß,  dem  Verf.  ein  paar  Anmerkungen 
zu  unterbreiten.  Geburtsadel  (S.  116)  gibt  es,  auch  abgesehen  von  der  alidischen  Sippe, 
in  manchen  muhammedanischen  Ländern,  nämlich  dort,  wo  die  vorislamische  Kultur  eine 
auf  der  Geburt  ruhende  Klassengliederung  gezeitigt  hatte.  So  haben  z.  B.  die  Javanen 
eine  ganze  Stufenreihe  von  Geburtsadelsprädikaten,  welche  aber  auch  auf  Grund  von 
Verdienst  Nichtadligen  von  den  Fürsten  (der  Regierung)  verliehen  werden  können.  Natür- 
lich hat  solcher  Adel,  im  Unterschied  von  dem  der  Sajjids  und  Scharife,  keinerlei  religiöse 
Bedeutung. 

Die  Mtä'ah-Ehe,  wobei  die  Zeitdauer  von  vornherein  kontraktmäßig  festgesetzt 
wird,  ist  ohne  allen  Zweifel  von  Muhammed  zugelassen  worden.  Spätere  Autoritäten, 
nach  deren  Empfinden  solche  Form  der  Heirat  der  Prostitution  allzuähnlich  war,  leugnen 
dies  nicht,  sondern  sie  behaupten,  der  Prophet  sei  davon  zurückgekommen,  und  die  In- 
stitution sei  also  vom  nasch  (Abrogierung)  betroffen  worden.  Einige  legen  sich  sogar  die 
traditionellen  Daten  so  zurecht,  daß  der  Gottesbote  die  Mut'ah  zweimal  für  zulässig  er- 
klärt und  zweimal  wieder  abgeschafft  hat.  Wie  der  letzte,  also  definitive  Spruch  gelautet 
habe,  darüber  war  man  in  der  ersten  Generation  sehr  uneinig;  schließlich  haben  die  Sun- 
niten sich  für  das  Verbot,  die  Schi'iten  hingegen  sich  für  die  Zulässigkeit  entschieden. 
Da  jedoch  die  7iion's  in  beiden  Gruppen  ziemhch  dieselben  waren,  so  hat  sich  die  lex,  oder 
wenigstens  deren  Anwendung  auch  bei  den  Orthodoxen  der  allgemeinen  Neigung  an- 
gepaßt und  praktisch  eine  Eheschließung  ermögUcht,  die  auf  dasselbe  hinausläuft  wie 
die  Miit'-ah.  Die  Bestimmung  der  Zeitdauer  der  Ehe  findet  durch  vorherige  Verabreduno- 
außerhalb  des  Kontrakts  statt,  und  unmittelbar  nach  dem  Kontrakt  spricht- der  Mann 
die  »zeitlich  bedingte«,  d.  h.  in  diesem  Falle  die  nach  dem  angegebenen  Termin  in  Wirkung 
tretende  Taläqioxn\Q\  aus.    Sollte  er  dies  verweigern,  so  verweigert  die  Frau  ihm  die  Aus- 

10* 


\aS  Kleine  Mitteilungen  und  Anzeigen. 

Übung  der  Rechte  des  Ehemannes.  Zur  Erhöhung  ihrer  Sicherheit  verlangt  sie  noch  dazu 
Barzahlung  des  7nahr  und  in  gewissen  Fällen  auch  das  Deponieren  einer  Summe  für  ihren 
Lebensunterhalt  während  der  '■iddah  bei  einem  Vertrauensmann.  Aus  der  Praxis  der 
heiligen  Städte  Arabiens  sind  mir  manche  Beispiele  solcher  Eheschließung  bekannt.  Es 
gibt  also  neben  der  schi'itischen  eine  sunnitische  Zeitehe;  zwischen  beiden  bleibt  ein 
Unterschied,  aber  nicht  ein  derartiger,  daß  man  die  Mut'ah  bei  der  Charakteristik  des 
sittlichen  Lebens  der  Perser  oder  anderer  Schi'iten  in  Rechnung  bringen  könnte. 

Hartmann  strebt  in  seinen  Schriften  nicht  nach  einer  solchen  Objektivität,  wobei 
der  Leser  den  Eindruck  gewinnt,  als  zeigte  ihm  der  Verf.  einfach  photographische  Auf- 
nahmen der  Wirklichkeit.  Nein,  er  führt  uns  Gemälde  vor,  bei  deren  Betrachtung  unsere 
Berührung  mit  dem  Temperament  des  Malers  nicht  weniger  lebhaft  wird  als  die  mit  seinem 
Original.  Außerdem  steht  er  immer  vor  seinem  Kunstwerk  und  beeinflußt  in  einer  hie 
und  da  leidenschaftlichen  Weise  unsere  Eindrücke.  Das  ist  kein  Fehler,  braucht  es  wenig- 
stens nicht  zu  sein,  namentlich  nicht  wenn  der  Schriftsteller  dabei  so  offen  und  ohne  Um- 
wege verfährt  wie  Hartmann.  Die  bezweckte  Wirkung  wird  jedoch  beeinträchtigt,  wo 
nicht  verfehlt,  wenn  bei  der  Hineinmischung  des  Subjektiven  nicht  eine  gewisse  Selbst- 
beschränkung beobachtet  wird.  Von  der  Rolle  der  Türken  in  der  islamischen  Kulturge- 
schichte hat  Hartmann  bekanntlich  eine  sehr  schlechte  Meinung;  sie  sind  ihm  die  schonungs- 
losen Verwüster,  deren  Wege  überall  durch  Feuer  und  Blut  gekennzeichnet  sind.  An 
historischer  Begründung  dieser  Ansicht  läßt  er  es  nicht  fehlen;  aber  in  seiner  Verstimmung 
gegen  diese  Zerstörer  der  besseren  von  ihm  gedachten  historischen  Möglichkeiten  geht  er 
doch  jedenfalls  zu  weit,  indem  er  ihnen  fast  als  Frevel  anrechnet,  was  sich  nun  einmal 
auch  in  der  vornehmsten  ethischen  Gesellschaft  zu  ereignen  pflegt.  Aus  dem  Kleben  an 
der  Idee  einer  Staatsreligion,  welche  ja  den  Glanz  des  türkischen  Reiches  mit  bedingt 
hat,  aus  dem  Versuch,  ihre  Sprache  auch  unter  den  ihnen  unterworfenen  Völkerschaften 
zum  Vorrang  zu  verhelfen,  aus  der  Abneigung  gegen  die  Aufgabe  des  arabischen  Alphabets, 
welches  sie  sich,  ebenso  wie  die  Perser,  seit  ihrer  Islaniisierung  angeeignet  haben,  aus  allen 
solchen  ganz  natürlichen,  wenngleich  nicht  immer  vernünftigen  Dingen,  denen  es  in  der 
Geschichte  keiner  großen  europäischen  Nation  an  Gegenstücken  fehlt,  macht  Hartmann 
den  armen,  erst  vor  kurzem  aus  dem  mittelalterlichen  Traume  erwachten  Türken  die 
härtesten  Vorwürfe.  In  solchen  Fällen  scheint  er  uns  wirklich  zu  subjektiv,  so  hoch  wir 
übrigens  den  mutigen  Ton  schätzen,  in  dem  er  sich  über  politische  und  soziale  Fragen 
auszusprechen  pflegt. 

Die  Lektüre  der  Vorträge  Hartmann' s  hat  uns  in  bczug  auf  manches  vcn  ihm  be- 
rührte Thema  zur  Äußerung  von  Bedenken  oder  gar  zum  Widerspruch  gereizt.  Der  tempe- 
ramentvolle Verf.  wird  dies  nicht  anders  erwartet  haben  und  unsere  Freimütigkeit  nicht 
als  Mangel  an  Anerkennung  deuten.  In  diesen  Vorträgen  wie  in  den  zahlreichen  andern 
Islamforschungen  Hartmann' s  wird  der  Fachmann  die  Resultate  mühevoller  Arbeit  und 
liebevoller  Hingebung  erkennen,  und  weder  er  noch  der  »general  reader«  wird  sie  aus  der 
Hand  legen,  ohne  ein  Gefühl  des  warmen  Dankes  für  manche  Belehrung. 

Leiden,  Januar  1913.  C.  Snouck    Hurgronje. 


W.  Mar9ais,    Textes  arabes  de  Tanger,  Iranscription,  traduction  annotee,  glossaire.     i  vol. 

in  —  12,  XVII — 505  pages.    Paris,  E.  Leroux,  191 1  (Bibliotheque  de  l'Ecole  des 

Langues  orientales  Vivantes,  t.  IV). 
Le  dialecte  de  Tanger  est  deja  connu  par  les  publications  de  MM.  Lüderitz  et  Meiss- 
ner; des  contes  recueilhs  par  MM.  Blanc  et  Marchand,  un  texte  releve  par  M.  Kampff- 
MEYER  sont  venus  renforcer  la  matiere  soumise  ä  Petude.   M.  \\'.  ^Iar^ais  a  voulu  faire  plus 


Kleine  Mitteilungen   und   Anzeigen.  j^q 

et  mieux  qua  ses  devanciers;  pour  etendre  le  lexique  du  dialecte  et  penetrer  les  arcanes  des 
tennes  techniques  des  metiers  manuels,  il  n'a  pas  hesite  a  recueillir  des  recits  de  la  part 
des  mitrons  en  ks  combinant  avec  les  renseignements  sur  la  f abrication  du  pain  foumispai 
le  moqaddem  des  cherifs  d'Ouezzan;  les  parties  de  toupie  des  enfants,  les  details  de  la 
vie  des  tolba  qui  viennent  de  la  campagne  el-udier  dans  la  ville,  les  rejouissances  de  la 
^■Angara  (fete  du  solstice  d'cte,  la  St  Jean)  forment  un  tableau  vraiment  anime  ou  les 
particularites  dialecticales  \-iennent,  pour  le  linguiste,  aj outer  un  attrait  de  plus. 

Dans  son  avant-propos,  M.  Mar^ais  donne  la  liste  de  ses  informateurs.  En  ce  qui 
concerne  le  choix  des  mitrons,  on  pourrait  objecter  que  ce  sont  tous  des  petits  Rifains 
ou  Djebaliens  (p.  144)  et  que  par  consequent  leur  dialecte  tangerois  nsque  de  ne  pas  etre  tres 
pur;  niais  l'auteur  aura  probablement  aplani  les  discordances  au  moyen  des  cinq  etudiants 
en  medecine  envoyes  de  Tanger  ä  Alger  par  la  Legation  de  France  (p.  IX).  On  sera  frappe 
de  l'absence  presque  totale  de  voyelles  que  presentent  ces  textes;  la  voyelle  joue  dejä 
un  role  tres  efface  dans  les  langues  semitiques,  oü  eile  a  de  tres  bonne  heure  une  tendance 
marquee  ä  Tarnuissement;  ä  Tanger,  il  ne  reste  plus,  dans  des  cas  tres  frequents,  qu'une 
«syllabe  sans  element  vocalique»  marquee,  dans  la  transcription,  par  le  signe  de  la  breve 
qui  peut  passer  pour  le  sokoiin  de  l'arabe.  Aussi  Tauteur  a-t-il  pu,  ä  juste  titre,  qualifier 
ce  dialecte  de  «langue  usee  et  profondement  alteree». 

Le  phoneme  transcrit  b  est  une  spirante  bilabiale  sonore  qui  parait  provenir  d'Es- 
pagnc,  car  c'est  une  articulation  defectueuse  de  ce  genre  (affaiblissement  des  muscles 
buccaux  ?)  que  l'on  peut  attribuer  les  altemances  b  :  d  du  castillan,  du  catalan  et  du  langue- 
docien.  Si  exactes  que  soient  ces  constatations  ä  l'oreille,  il  est  clair  que  la  demonstration 
n'en  sera  prouvee  experimentalement  que  par  l'emploi  des  appareils  imagines  par  l'Abbe 
Rousselot;  il  y  a  donc  ä  reserver  la  part  de  ce  qu'on  appelle  en  astronomie  l'aberration 
personvelle.     L'auteur  s'en  rend  bien  compte  (p.  Xj). 

Le  lexique  est  fortement  infiuence  par  les  apports  andalous  (une  grande  partie  de  la 
Population  des  \älles  est  d'origine  espagnole)  et  par  les  emprunts  berberes;  en  ce  qui  con- 
cerne le  fonds  proprement  arabe,  le  glossaire  nous  presente  d'interessantes  constatations. 
On  peut  regretter  que  l'auteur  ait  cru  devoir  adopter  un  rangement  par  ordre  de  racines, 
non  de   racines  classiques,  mais  dialectales;  ainsi  nous  avons  une  racine  — ^^r*  parce  que 

2?7g  «deux»  se  prononce  züz  ä  Tanger,  et  iA:i-  parce  qu'on  y  dit,  par  metathese,  zdäda 
«poule»;  de  meme  pour  les  mots  oü  (jca  se  prononce  /;  par  application  de  ce  procede,  la 
phrase  connue  viakäs  böno  devrait  etre  classee  sous  ^ciJs^x,  tandis  qu'on  sait  bien  que  cette 
maniere  de  parier  courante  recouvre  ?h«  käu  sT.  C'est  ä  peu  pres  comme  si,  pour  certains 
parlers  de  l'Ile-de-France,  on  classait  lieur  (dans  au  lieur  de  . . .)  et  Lieursaint  (Lieusaint) 
sous  ligare  au  lieu  de  locus. 

P.  164.  «Ils  fönt  des  fumigations  d'aloes,  de  jäoui  ou  d'encens.»  Le  mot  jäoid  est 
reste  inexplique,  soit  dans  ce  passage.  soit  dans  le  glossaire.  C'est  le  benjoin  (Kazimirski, 
Beaussier),  mot  d'ailleurs  emprunte  au  portugais  benzavi  (W.  He  yd),  c'est  ädire  lubän 

gäwi  «encens  de  Java».  —  P.  17-,.    «Le  man est  sur  le  point  de  s'envoler  (de  colere)» 

traduit  it^j  j-f^.  (p-  70,  ligne  6,  et  p.  71,  1.  8);  en  Syrie,  jlh  signiüe  aussi  sursauler, 
et  CucHE  donne  «sauter  aux  nues,  s'eniporter,  se  fächer»;  le  tangerois  me  parait  l'emplover 
avec  un  sens  analogue.  —  P.  223.  'ümäna,  pl.  de  ^ämtn,  est  probablement  une  faute  d'im- 
pression  pour  \lmanä;  sinon,  l'influence  de  la  langue  litteraire  ne  serait  plus  visible;  l'allon- 
gement  de  la  voyelle  initiale  est  dejä,  par  elle-meme,  suffisamment  dialectale.  —  P.  226, 
Ce  n'est  pas   seulement  dans   les   anciens   textes   de    /ladiQ    que   la   priere   de   midi  est 

appelee  la  premiere  -^^jSI;  contrairement  ä  notre  maniere  de  voir,  les  Musulmans  • 
comptent  les  cinq  prieres  ä  partir  de  celle  de  midi,  consid^ree  comme  la  premiere;    de  la 


150 


Kleine  Mitteilungen  und  Anzeigen. 


vient  la  denomination  que  lui  ont  reservee  les  Persans,  namäz-i  pisiu  «la  priere  d'avant» 
opposee  ä  namaz-i  digar  «l'autre  priere»,  celle  de  l'ap",  cette  demiere  s'appelle  en  turc 
ikinti  natndzi,  oü  ikinti  est  visiblement  le  nom  de  nombre  ordinal  (dialectal  pour  iking, 
ikingi),  «la  seconde  priere»,  d'ou  il  decoule  que  celle  de  midi  est  la  premiere.     Comparer 

les    discussions    rapportees   dans    les    commentaires   du    Qorän    sur    l'expression    ■•y.jLo.*) 

^liAv^ji  (eh.  II,  V.  239),  et  particulierement  Tabari,  Tafsir,  t.  II,  p.  321  et  suivantes. 
P.  256.   Le  maltais  talahaun  «\-iens  ici»  est  le  ddcalque  exact  du   damasquin  tä'lahön 

=  ia^[äla][i]!a-höu,  iX^     ^Ji  ^^ixli  sur  \eque\  onpeutvoirmes  Notes  sur  qitelcpies  expressions 

du  dialecte  arahe  de  Damas,  dans  le  Journal  asiatique,  1883,  p.  16  du  tirage  ä  part.  —  P.  257. 
cdli  «rivage  de  la  mer»  rappelle  incontinent  [c(t]YiaXo[v] ;  toutefois  le  mot  grec  moderne 
a  donne  turc  -jLj,  et  d'ailleurs  Yt>  c  fait  difficulte.  sans  compter  le  deplacement  de  l'accent 
d'intensite.  —  P.  266.  /ifä-'aolo  «son  cerveau  est  sans  force»;  plutöt  «sa  raison».  —  P.  268. 

vji.».>-  <'pois  chiche»  se  piononce  en  damasquin //rtHonof.  —  P.  288.  ^j^    böijöb   «crcuscr 

en  grattant,  etc.»  parait  etre  un  denominatif  de  X.j>^3>  «poterne,  couloir  etroit  entre  deux 
murs».  • —  P.  306.     «Son  son  est    tout  autre.»     11  cüt  falhi    ecrire:    «Le  son  en  est  tout 

autre.»- — P.  333-  Les  differents  sens  du  mot  3,R*»  cites  ä,  propos  de  son  diminutif  s/Ira 
indiquent  que  le  sens  de  «nappe»  qu'il  a  en  persan  doit  etre  ancien  dans  cette  langue.  — 
P.  335.  Le  mot  kuskuson  «cousscoussou»  de  l'arabe  palestinien  est  inconnu  a  Damas.  non 
le  mets  qu'il  designe,  et  qu'on  appelle  viaghrehiyye,  ce  qui  me  fait  penser  que  le  kuskuson  du 
palestinien  pourrait  etre  tout  simplement  un  emprunt  au  maghrcbin,  depuis  que  des  emi- 
grants  appartenant  ä  cette  demiere  categorie  sont  venus  coloniser  certaines  regions  de  la 
Syrie.  —  P.  343.  11  n'est  pas  certain  ([uc  xi^O-Ü.  «chiffon»  seit  du  ä  un  developpement  de 
la  racine  •  j!^;  car  nous  avons,  p.  344,  'xju^,^  «lambeau  d'ctoffe»,  ä  cote  du  tangerois 
sarm'la;  comparer  le  Syrien  '\:^j.a.J^  et  le  damasquin  's.^jjoJ^  (Notes,  p.  23), 
qui  sont,  eux,  un  developpement  de  la  racine  _0-ii  «scarifier»,  mais  aussi,  en  Syrie, 
«dechirer,  mettre  en  pieces»  (Cuche,  p.  295);  il  peut  y  avoir  contamination  des  deux 
racines  par  un  procede  familier  ä  l'argot.  —  P.  354.  Les  lexicographes  indigenes  ont  dejä. 
rapproche  saräwil  du  persan    ^^XJX  «pantalon»  (de  sal  «cuisse»  +  suffixe  vär);   Ips  formes 

dialectales  indiquent  bien  que  nous  avons  af faire  ä  un  pluriel.  - —  P.  356.  En  Algerie,  .Lji^^'  i , 
dans  les  parlers  ruraux  et  bedouins,  est  partout  employe  dans  le  sens  de  «les  cours  des 
cereales    au    marche».     C'est  exactement  le  sens  du  classiquc    jum  «taux  fixe  pour  une 

marchandise  par  la  mercuriale  du  marche  ou  par  Tautorite»,  tandis  que  -ytl^  est  le 
prix  d'achat  paye  pour  un  objet. 

P.  368.  L'etymologie  de  tarbils  donnee  par  Dozv,  Noms  de  vetements,  p.  253,  ne 
doit  pas  etre  exacte,  car  on  ne  voit  pas  comment  sar-  serait  devenu  tar-\  tarbils  doit  etre 
persan  *far-püs  «qui  couvre  l'humide»,  c'est-a-dire  que  le  mot  a  designe  d' abord  la /a^tya, 
puis  s'est  etendu  ä  la  coiffure  qui  entourait  celle-ci.  —  P.  377.  Dans  l'expression  syrienne 
'^abbi  'r-räs  «charge  la  tete  (du  narguile)»,  c'est-a-dire  «mets-y  la  quantite  necessaire  de 
tumbeki»,  le  verbe  'abbä  est  plutöt  «charger»  que  «remplir».  —  P.  387,  M.  Mar(;ais  ex- 
pHque  par  une  dissimilation  gz  >  gz  (ou  g — s  >  g — s)  les  cas  ou  „  se  prononce  g,  comme 

dans.:Äc  «etre  impuissant  (i^)»,  tj"-^^  «s'asseoir  (  ^L>.)»,  (joLftÄj  «poires  ((joL>jM)», 
KjLs  «retribution  {'>,jLz>-)».  .^i  «rendre  familier»  („**.>)».  -.Li  «passer  (;L:>-)»;  cela  rend 


Kleine  Mitteilungen  und  Anzeigen.  j  ir  j 

evideniment  compte  du  phcnomene  dans  ces  mots,  ainsi  que  dans  grs  «expedilion  mili- 
taire»  ä  cote  de  gIS,  et  le  nom  du  ministre  Guebbas,  qui  s'ecrit  ij^ijj^  (sauf  que  la  regres- 
sion  g  :  g  est  do*teuse);  mais  il  n'en  est  plus  de  meme  avec  •^JiXi  glcf  «brüler  la  viande  sans 
la  cuire»  ä  cötc  du  classique  ;_äJL=*,  est  de  .fi^lc  ^a/'igör  «se  coiffer  de  travers»,  ä 
c5te  de  l'egyptien  ,j>^Ä£,  oü  il  n'y  a  pas  trace  de  dissimilation.  11  faut  en  revenir 
ä  l'explication  par  une  survivance  du  g  semitique  commun  et  admettre  la  coexistence, 
dans  le  dialecte,  de  g  ä  cote  de  g;  et  il  se  pounait  fort  bien  que  la  dissimilation  ne  füt  pour 
rien  dans  las  cas  cites.  Tanger,  ville  cosmopolite,  a  pu  accueillir  dans  son  dialecte  des  pro- 
nonciations  de  provenances  differentes,  phenomene  qui  n'est  pas  inconnu  dans  les  grandes 
villes  ä  population  melangee.  —  P.  ^oc.  Le  damasquin  'iimbäz  se  refere  ä  une  forme  -Lxvüs 
ä  cotp  de  jLxÄc-  Comparer  A.  von  Kremer,  Mittelsyrien,  und  Damascus,  p.  99. 
—  P.  406.  yanbo  «crocheto  est  emprunto  au  turc  \.>ÜLi'.  —  P.  407.  Le 
turc  ijs.>wi  «cornemusei>  est  purement  osmanli,  et  par  suite  l'emprunt  au  slave  est  tres 

probable.  —  P.  469.     Js.\x  «tendre,    mettre   en  main».     11  fallait  comparer  le  damasquin 

J>X/«  «faire  marcher,  faire  arriver»,  au  figure,  dans  Notes,  p.  35.  —  P.  476,.    S.J^i  «goutte 

d'eau»,  et  ensuite  «rien»,  cf.  frangais  goutte  dans  «je  n'y  vois  goutte».  —  P.  479.  iLxijtJ! 
est  un  mode  de  la  musique  arabe;  cest  le  ton  de  la  mineur  avec/a:|^et  sol  bccarre  (ces 
deux  dernieres  notes  quelquefois  naturelle  et  dieze  par  accident;. 

Cl.  Huart. 


I.  Ostadina  (Kindi  iüoLk^S,  Jäqüt  iüJ>»Li,oO  =  Konstantinopel. 
II.  Arwad  jS^  ,5  (Belädon,  Tabari,  Jäqüt)  =  Artaki,  Erdek. 

I. 

Jäqüt  (f  626  =  1229)  hat  in  seinem  unschätzbaren,  gerade  vor  dem  vernichtenden 
Mongolensturm  in  den  reichen  Bibliotheken  des  Ostens  zusammengestellten  großen  geo- 
graphischen Wörterbuch  Mu'gam  al  buldän  I,  299,  2—3  eine  kurze,  bis  heute  ganz  unbe- 
achtete und  unerkannte,  für  seine  Arbeitsweise  und  geographische  Sammeltätigkeit  charak- 
teristische Notiz  über  einen  dem  fleißigen  Sammler  selbst  nicht  mehr  klaren  geographischen 
Ort,  dessen  Namen  er  gewissenhaft  seiner  alten,  bündigen  Quelle  entnommen  und  dann 
in  seiner  Weise  geographisch  allgemein  sich  zurechtgelegt  und  unbestimmt  lokalisiert  hat. 
Der  Text  lautet  a.  a.   O.  so: 


"Ä     OV      Ä.Ä/.V      ,}>j^ä]S      LJ.>^ii      XJ»LxX     ,y.>^'S     ,--Xl      -Ai.^      ..Mi\ 

»  0  s  t  ä  d  i  n  a  2)  ist  eine  Gegend  im  Westen  (Abendland),  wohin  'Abis  ibn  Sa*id 
einen  Feldzug  machte,  wozu  ihn  Maslama  ibn  Mohallad,  der  Statthalter  von  Äg>T3ten 
von  Seiten  Mo'äwija's  (41 — 60  =  661 — 680),  kurz  vor  dem  Jahre  57  (beginnt  14.  November 

^)  So  schon  richtig  von  Wüstenfeld  selbst  für  kXxm  korrigiert  V,  33;  VI,  488;  aus 
Kindi's  Cadi's  und  Governors  wissen  wir  jetzt  sehr  viel  über  diesen  bedeutenden  Mann. 

,_5*:^äJ'    bei    Ibn   Tagriberdi  I  201,  8    1.       ^Ä>dixJt  Kindi.  Govcrn.  1.23,  Mo.stabih  430. 
-)  Die  Lesung  mit  ö  Ijci  Jäqüt    ist  wohl  sekundär  oder  verderbt  aus   O. 


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IC2  Kleine  Mitteilungen  und  Anzeigen. 

676)  ausgesandt  hatte. «  Der  Auszug  aus  Jäqüts  Wörterbuch,  Meräsid  al  Ittilä',  hat  nur 
die  drei  Worte  -in  L-JjL*J»j  K^^-Li  iLiOwLaAs!  (mitDäl  J,  nicht  Däl  v3).  Die  Jäqüts  geo- 
graphischer Notiz  zugrunde  liegende  Quellenstelle  ist  nun  erst  neuerdings  bekannt  geworden 
in  dem  von  König  flüchtig  herausgegebenen  ersten  Siebentel  von  Kindi's  tasmijat  vulät 
Misr  »The  History  of  the  Governors  of  Egypt«,  New  York  1908,  p.  23,  20  f.'): 


»Hierauf  [zuletzt  war  vom  Jahre  53  =  673  die  Rede]  enthob  Maslama  den  'Abis 
ihn  Sa'id  seines  Kommandos  über  die  [Leib-  und  Polizei-]  Wache  und  übertrug  ihm  (dafür) 
den  Oberbefehl  zur  See,  wonach  dieser  die  Expedition  gegen  Ostädina  [mit  Sin  (j*  und 

Dal  O]  machte;  den  [früher  zugunsten  des  'Abis  abgesetzten]  al  Säib  ihn  Hisäm  machte 
er  wieder  zum  Obersten  seiner  [Leib-  und  Polizei-]Wache.  und  er  behielt  dies  Kommando 
bis  zum  Jahre  57,  wo  er  al  Säib  ab-  und  'Abis  wieder  einsetzte.«  Diese  Stelle  Kindi's 
(welchen  Jäqüt  an  acht  Stellen  namentlich  zitiert,  s.  VI,  625,  gest.  350  =  961  2),  den  aber 
J.  Heer,  »Die  historischen  und  geographischen  Quellen  in  Jäqüt's  geographischem  Wörter- 
buch«, 1898,  nicht  kennt)  ist,  wie  man  sieht,  von  Jäqüt  gut  verwertet,  nur  ist  ihm  das 
nackte  Ostädina  nicht  mehr  klar,  und  so  schließt  er  nun  im  allgemeinen,  daß  es  eine  Gegend 
im  Westen  sein  müsse,  nach  der  'Abis  von  Alexandrien  aus  die  Razzia  macht.  Die  nackte 
Nennung  von  Ostädina  setzt  aber  gerade  auch  voraus,  daß  es  seinerzeit  allbekannt  war, 
und  der  Synchronismus  53 — 57  =  673 — 677  führt  uns  in  die  Periode  der  alljährlich  sich 
wiederholenden  Feldzüge  der  Araber  zu  Wasser  und  zu  Lande  gegen  die  Romäer  oi  Vwi^Oiloi. 
*».;!.  Byzantiner  in  Konstantinopcl,  wozu  auch  Ägypten  sein  Kontingent  zu  stellen  hatte, 
zumal  da  der  energische  Statthalter  Maslama  ibnMohaliad  (47 — 62  =  687 — 682,  Wüsten- 
feld, Statthalter  von  Ägypten  I,  29- — 32)  neben  dem  gewaltigen  Chalifen  Mo'äwija  selbst 
die  Seele  der  Expeditionen  gegen  Bj^zanz  war.  Ostädina,  wenn  wir  das  unvokalisierte 
W^ort  so  aussprechen,  ist  so  nichts  anderes  als  Verderbnis  aus  der  sonstigen  arabischen 
Form  (al)  Qostantin(i)a,  woneben  Jäqüt  auch  schon  Istanbul  Oj^ÄiiAa!  kennt,  I,  300, 
IV,  95.  S61  (vgl.  zur  Etymologie  stt^v  -oXi  Krumbacher,  Geschichte  der  byzantin. 
Literatur  -412;   Enzyklopädie  des  Islam  I  904.) 

Eine  ähnliche  Verderbnis  findet  sich  in  der  recensio  vulgata  der  Patriarchengeschichte 
von  Alexandrien  in  meiner  Ausgabe  I  106,  i:  Severus  ben  El  Moqaffa*:  Historia  Patriar- 
charum  Alexandrinorum,  im  Leben  des  Patriarchen  Benjamin,  wo  der  Kaiser  Heraclius 
die  Beute  vom  Perserkrieg  bringt  ^IdLLiav_5>  -Ji.  Dies  ..yL?Lh.«iv-^  haben  die  großen  Geo- 
graphen Evetts,  Nau  und  Genossen  3)  in  der  Patrologia  Orientalis  I  4,  489  [225]  (»History  of 
the  P  atriarchs  of  the  Coptic  Church  of  Alexandria«)  kurzer  Hand  in  die  barbarische  Form 
iö.A.A.aÄlxwfcS  »Constantinople«  verwandelt,  sachlich  zufällig  mit  einigem  Recht,  aber  gra- 
phisch unerlaubt,  da  das  häufige  und  allbekannte  JL<>ÄA.iaÄJa.w«g(^i')  sonst  in  der  Patriarchen- 
geschichte richtig  geschrieben  wird  und  das  rätselhafte  ^^„«2*«.^  doch  anderes  voraus- 
setzt. In  der  von  mir  1912  herausgegebenen  ältesten  Rezension^des  Hamburger  Unikums 
(geschrieben    1266  D.)    steht    nun    auch    schon  verderbt    .^IsL-^i*    Jü,  woraus  dann  das 

')  Vgl.  meine  Besprechung  ZDMG  66  (1912),  747 — 751. 

-)  Wüstenfeld,  hier  und  Geschichtschreiber  Nr.  124  richtig,  während  Brockel- 
mann, Gesch.  der  arab.  Lit.  I,  149  ihn  mit  dem  nach  360/971  gestorbenen  Sohne  Kindi 
zusammenwirft. 

3)  Vgl.   Revue  critique   1905   II  235;  ZDMG  63  (1909),  3301)- 


( 


Kleine  Mitteilungen  und  Anzeigen.  j  -  -^ 


.IdLLi^-P  der  Vulgata  entstanden   ist.     Die   ältere  Form   wird  wohl    nur  Verderbnis 


aus 


^y^h.Xjj.M*.'i  .A.2.5  »Schloß  Konstantins«  sein:  also  auch  etwa  Qasr  Ostätin  für  Qostätin, 
wie  Ostädina  =»Qostantin(i)a.  Mit  dem  persischen  asitän  und  äsitäne  Schwelle  (Tor), 
Hof,  Palast,  welch  letzteres  im  Türkischen  oft  für  die  Hauptstadt  Konstantinopel  ge- 
braucht wird,  hat  Ostädina  iüJLii<wi  wohl  gar  nichts  zu  tun. 

IL 

Zur  gleichen  Zeit  wie  jenes  i'-ot;  /.iyoixEvov  Ostädina  aus  Kindi  spielt  eine  Kon- 
stantinopel naheliegende  Insel  Arväd  oi^.i  eine  Rolle  (welche  natürlich  nicht  mit 
Arväd,  Ruäd  =  Aradus  an  der  syrischen  Küste  zu  verwechseln  ist)  bei  Jäqüt  I  224,  6 — 10 
(noch  einmal  genannt  ebenda  336): 

»Arwädu  —  mit  Fath,  dann  Sukün  und  Wäw  und  Elif  und  unpunktiertem 
Däl  —  ist  der  Name  einer  Insel  im  Meere  nahe  bei  Konstantinopel,  welche  die  Muslime 
bei  einer  Expedition  im  Jahre  54  unter  Gunäda  ibn  Abi  Umejja  in  den  Tagen  des  Mo'äwija 
ihn  Abi  Sufjän  eroberten  und  welche  Mo'äwija  [mit  Muslimen]  besiedelte;  unter  den  Er- 
oberern war  auch  der  Qoränlehrer  Mugähid  ibn  Gebr  und  Tubei',  Sohn  der  Frau  Ka'b 
alAhbär's  [des  Rabbiner-Ka'b],  und  dort  lehrte  Mugähid  denTubei'  den  Qorän  lesen;  man 
sagt  aber  auch:  nein,  er  lehrte  ihn  den  Qorän  vielmehr  inRhodus.«  Jäqüt  hat  diese  Stelle 
ganz  dem  Eroberungsbuch  (kitäb  futüh  al  buldän)  Belädori's  236  entnommen  (das  ..^>>.*.Jl,w^j! 

nach  is.j»Lx/i  \.^k1s.M}\*^   ist  bei   Jäqüt  ausgefallen):  Gunäda  (b'J>lx.>   Tag  2,   326,6   v.  u. 

^A:a.wJ,  nicht  &OLÄ:>.,  wie  de  Goeje  noch  bei  Belädori  hat)  ibn  Abi  Umejja  al  Azdi  war 
der  kühne  Seeheld  und  Admiral,   der  das  Ägäische  Meer  samt  Hellespont  und  Propontis 

beherrschte,    im  Jahre  52  Rhodus   (»,0»,,  54  (Tabarl  53)  Arväd  und  auch  Kreta  (ji;.iaj.s! 

vorübergehend  eroberte.  Die  Ereignisse  von  Rhodus  und  Arväd  sind  dann  nur  in  Einzel- 
heiten durcheinandergeworfen,  indem  Belädori  von  einem  siebenjährigen  Aufenthalt 
der  Muslime  auf  Rhodus  spricht,  während  Tabari  II  163  (vgl.  157)  von  siebenjähriger 
Besetzung  von  Arväd  redet  und  die  Qoränlehrertätigkeit  des  Mugähid  hierher,  nicht  nach 
Rhodus,  verlegt,  wie  jener.  Mit  der  Konstantinopel  so  naheliegenden,  durch  die  arabische 
Besetzung  so  gefährlichen  Insel  oder  Halbinsel  (gezira  ö-Ji:>-)  kannnur  Artake  'ApTci(xr|,  heute 

griechisch  Artaki,  türkisch  Erdek  ^CiS  gemeint  sein,  westlich  von  Kyzikos  auf  der  Halb- 
insel Arktonnesos  mit  dem  Dindymus  Mons,  heute  Kapu  Daghi  -iLia  j.>jä,  gegenüber  der 
nordwestlichen  Insel  Prokonnesos  =  Marmara  in  der  Propontis,  heute  Marmarameer,  tür- 
kisch Marmara-Denizi  tc:jSC>  üs-aJ-Xj  Kyzikos-Artake  war  ja  auch  nach  sonstigen  Zeug- 
nissen gerade  in  diesen  Jahren  das  feste  Standlager  (arabisch  ribät,  räbita,  -blJ,,  iüaj!,) 
und  zugleich  Flottenstützpunkt  gegen  Konstantinopel,  vgl.  Aug.  Müller,"  Islam  351; 
Krumbacher  a.  a.  O.  954.  Die  Form  oL,!  Arwäd  ist  daher  nur  graphisches  Ver- 
derbnis aus   u5^So  j  Ardäk  =  Artaki.  C.   F.    S  c  y  b  o  I  d. 


I  ^4  Kleine  Mitteilungen  und   Anzeigen. 

Schech  Madbüir. 

In  Kairo,  nahe  beim  Hauptbahnhofe,  am  Platz  Bdb  el-Hadid,  steht  ein  kleines  ver- 
fallenes Heiligengrab,  in  dem  der  Schech  el-MadbülI  begraben  ist.  Durch  die  Anlage  der 
elektrischen  Straßenbahn  hat  dies  Gebäude  sehr  gelitten,  seine  Mauern  sind  geborsten,  und 
man  hat  es  durch  Holzbalken  stützen  müssen,  um  den  Einsturz  zu  verhindern.  Der  Schech 
liebte  den  Lärm  der  von  den  Ungläubigen  gebauten  Bahnen  durchaus  nicht  und  war 
auch  über  die  Beschädigung  seines  Grabes  sehr  erzürnt.  So  entschloß  er  sich  seine  bisherige 
Ruhestätte  zu  verlassen  und  nach  der  griechischen  St.  Konstantinskirche  in  Bulak  über- 
zusiedeln, die  in  der  Nähe  des  deutschen  Konsulats  erbaut  wird.  Sein  Geist  flog  vor  kurzem 
durch  die  Luft  nach  Stambul,  um  dem  dort  weilenden  Khediven  von  seinem  Entschluß 
Kenntnis  zu  geben.  Er  forderte  *Abbäs  II.  Hilmi  auf,  die  Kirche  den  ungläubigen  Griechen 
zu  nehmen  und  sie  ihm,  dem  frommen  Schech  Madbüli,  zu  geben.  Der  Khedive  antwortete, 
das  sei  leider  nach  den  jetzt  in  Ägypten  geltenden  Gesetzen  unmöglich.  Darauf  flog  der 
Geist  des  Schechs  nach  Kairo  zurück,  entschlossen  seinen  Plan  mit  Hilfe  der  Gläubigen 
auszuführen.  Am  30.  Oktober  1912  siedelte  er  in  die  Kirche  über.  Sein  Schatten  erschien 
des  Abends  an  den  Fenstern  der  Kirche.  Ein  Arbeiter  rief :  yä  Madbült  !  Da  kam  die  Antwort 
aus  der  Kirche  'ädtnl  g^t  »siehe,  ich  bin  gekommen!« 

Diese  Kunde  verbreitete  sich  wie  ein  Lauffeuer  in  Bulak,  und  bald  waren  Hunderte 
von  Muslimen  bei  der  Kirche  versammelt,  um  sie  für  den  frommen  Schech  in  Besitz  zu 
nehmen.  Volksprediger  schürten  die  Begeisterung.  Der  griechische  Konsul  wurde  be- 
nachrichtigt; er  erschien  bei  der  Kirche  und  suchte  die  Menge  zu  beruhigen.  Als  seine 
Worte  nichts  fruchteten,  benachrichtigte  er  die  Polizei.  Harvey  Pasha  kam  mit  einer 
Abteilung  Polizei  und  stellte  vorläufige  Ruhe  her. 

Aber  am  Morgen  des  31.  Oktober  versammelte  sich  eine  noch  größere  Volksmenge. 
Zwischen  zehn  und  zwanzigtausend  Menschen  drängten  sich  in  der  Nähe  der  St.  Kon- 
stantinskirche zusammen.  Da  kam  Harvey  Pasha  mit  einer  noch  größeren  Polizeiabteilung 
und  ließ'auch  Captain  Blake  mit  der  Feuerwehr  und  einer  Spritze  anrücken.  Die  Polizei 
war  gegen  die  Menge  machtlos.  Die  Feuerspritze  versagte  zuerst  ihren  Dienst  und  einige 
Defekte  mußten  ausgebessert  werden.  Darauf  entstand  eine  große  Begeisterung  unter 
der  Menge  und  aus  vielen  Kehlen  erscholl  der  Ruf:  »Dank,  Dank,  o  Schech  Madbüli,  daß 
du  deine  Verehrer  schützest  und  die  Maschinen  der  Ungläubigen  zu  Schanden  werden 
lassest  !<<  Als  dann  die  Spritze  in  Tätigkeit  trat,  kühlte  sich  die  Begeisterung  merklich 
ab,  und  bald  stoben  die  Gläubigen  auseinander.  Aber  der  Heilige  hatte  doch  das  Kreuz 
von  der  Kirche  heruntergeholt. 

Von  anderer  Seite  wird  berichtet,  daß  ani  Abend  des  30.  Oktober  ein  Arbeiter  bei 
der  Kirche  sich  eine  Zigarette  anzündete,  daß  dabei  sein  Schattenbild  auf  das  Kirchen- 
fenster fiel,  daß  er  dann  einenanderen  in  der  Kirche  beschäftigten  Arbeiter,  der  Madbüli 
hieß,  rief,  und  daß  dieser  ihm  antwortete  'ädinl  get;  außerdem  kann,  da  die  Kirche  noch 
im  Bau  ist,  auch  bis  jetzt  kein  Kreuz  auf  ihr  gewesen  sein.  Einige  betrunkene  /lassäsin 
sahen  den  Schatten  und  hörten  den  Ruf  und  die  Antwort.  Da  kam  ihre  religiöse  Phantasie 
ilmen  zu  Hilfe:  bald  war  ihnen  die  ganze  Legende  klar  und  sie  sorgten  für  die  Verbreitung, 
wie  wir  gesehen  haben,  mit  Erfolg.  Auch  an  den  folgenden  Tagen  pilgerten  viele  Gläubige 
zu  dem  Schech,  teils  in  seiner  alten,  teils  in  seiner  neuen  Wohnung. 

Obige  Darstellung  gründet  sich  auf  Berichte  in  den  Ägyptischen  Nachrichten  vom 
I.  und  2.  November  1912,  die  mir  mein  Freund  Dr.  Meyerhof  zusandte.  Ein  weiterer 
Kommentar  ist  überflüssig.  Aber  das  Ganze  ist  außerordentlich  typisch  und  instruktiv: 
es  lehrt  uns,  i.  daß  die  ältesten  Sagenmotive,  wie  das  Fliegen  durch  die  Luft,  das  Auftreten 
•vor  dem  Herrscher  und  das  Erscheinen  im  Schatten,  sich  bis  auf  den  heutigen  Tag  im 
Volksbewußtsein  erhalten  haben;  2.  daß  auch  heute  noch  im  Islam  neue  Heiligenlegenden 
entstehen,  und  3.  wie  sie  entstehen  können.  E.    L  i  1 1  m  a  n  n. 


Kleine  Mitteilungen  und  Anzeigen.  j  -  - 

Einige  Bemerkungen  und  Notizen  über  die  Krymtataren. 

Die  in  Rußland  gelegenen  Gebiete  des  Islams  pflegen  im  allgemeinen  bei  weitem 
weniger  beachte'^  zu  werden,  als  z.  B.  die  (im  weitern  Sinn)  dem  Mittelmeerkreise  zu- 
gehörenden islamischen  Länder.  Diese  Tatsache  erklärt  sich  einesteils  freilich  ungezwungen 
aus  dem  kulturell  inferioren  Kulturniveau  der  nördlichen  Islambekenner,  andererseits 
aber  auch  dadurch,  daß  die  Forschung  für  diese  Gebiete  sich  vorwiegend  des  Russischen 
als  Medium  bedienet,  so  daß  tatsächlich  die  Resultate  der  wissenschaftlichen  Arbeit  doch 
wieder  dem  westeuropäischen  Leserkreis  im  wesentlichen  vorenthalten  bleiben.  Ledig- 
lich aus  diesem  Grunde  —  aber  nicht  um  kompetenteren  russischen  Forschern  vorzu- 
greifen —  möchte  ich  einige  kurze  Bemerkungen  und  Feststellungen  in  ungezwungener 
Weise  zusammenstellen,  um  sie  zur  Kenntnis  unserer  deutschen  Islamforschung  zu  bringen. 

Leider  kann  ich  natürlich,  ohne  über  die  Hilfsmittel  einer  wissenschaftlichen  Biblio- 
thek zu  verfügen,  zunächst  nicht  feststellen,  in  wieweit  die  vorhandenen  Monographien 
der  Krym  auch  für  die  Islamforschung  speziell  von  Wert  sind;  auf  jeden  Fall  wird  man 
aber  gut  tun,  Sodoffskys  Streifzüge  durch  die  Krym  (Leipzig-St.  Petersburg  191 1)  ge- 
legentlich zu  Rate  zu  ziehen,  da  in  diesem  Werkchen  die  gesamte  Literatur  über  die  taurische 
Halbinsel  in  erschöpfender  Weise  zusammengestellt  ist.  Natürlich  sind  aber,  wie  schon 
bemerkt,  die  meisten  Angaben  der  Statistik  (Bevölkerung,  Grundbesitz,  Handel  usw.) 
zunächst  ohne  eine  spezielle  Scheidung,  nur  in  den  Mitteilungen  über  das  religiöse  Be- 
kenntnis wird  der  islamischen  Bevölkerung  von  der  Gesamtbevölkerung  gesondert  Rech- 
nung getragen.  —  Nach  den  Angaben  des  Autors  soll  die  Zahl  der  Islambekenner  rund 
200000  betragen;  sie  wäre  also,  relativ  betrachtet,  die  stärkste  der  einzelnen  millet's  der 
krymschen  Halbinsel;  doch  ist  bei  diesem  Zensus  natürlich  auch  dem  Umstand  Rechnung 
zu  tragen,  daß  das  Verhältnis  durch  Auswanderung  der  Moslems,  ungleiche  (d.  h.  schwä- 
chere) Bevölkerungsvermehrung  (gegenüber  dem  fruchtbaren  Russentum)  sich  leicht  in 
kurzem  zuungunsten  des  islamischen  Elements  verschieben  kann;  ferner  besitzt  das 
Russentum  auch  in  seiner  stärkeren  Assimilationsfähigkeit  (besonders  der  religionsver- 
wandten Griechen,  Bulgaren)  eine  Werbekraft,  die  das  mohammedanische  Element  für 
die  Zukunft  in  Nachteil  setzen  kann.  Freilich  ist  demgegenüber  trotz  des  doppelten  Vor- 
teils, über  den  das  Russentum  verfügt:  Höhere  Zivilisation  und  stärkere  (z.  T.  auch  durch 
Kolonisation  begünstigte)  Bevölkerungszunahme  an  eine  Aufsaugung  des  moslemischen 
Elements  weder  im  Augenblick  noch  überhaupt  in  absehbarer  Zeit  zu  denken;  wird  es 
auch  in  den  Städten  (besonders  den  neu  aufblühenden  Badeorten)  allmählich  in  den 
Hintergrund  bzw.  in  der  sozialen  Schichtung  nach  abwärts  gedrängt,  so  wurzelt  es  doch 
zu  stark  auf  dem'  Lande,  um  so  leicht  eine  Beute  des  Russentums  zu  werden;  die  »kom- 
pakte Majorität«,  die  das  Tatarentum  auf  dem  Dorfe  und  im  Gebirge  bildet,  sowie  der  Islam 
schützen  es  aufsnachdrücklichste  gegen  den  in  den  Städten  unleugbar  vorhandene  äußer- 
liche Russifizierung.  Eine  solche  tritt  zunächst  dadurch  in  Erscheinung,  daß  der  Krymtatare 
anfängt,  doppelsprachig  zu  werden;  daneben  hat  er  aber  auch  angefangen,  die  russische 
Kultur  —  und  nicht  zum  wenigsten  ihre  Schattenseiten,  wie  das  »Wodkatrinken«  —  sich 
zu  eigen  zu  machen.  Andererseits  wird  die  Lage  der  Tataren  dem  Russentum  gegenüber 
außerdem  noch  dadurch  in  ungünstigem  Sinne  beeinflußt,  daß  die  Krymtataren  (im  Gegen- 
satze zu  ihren  Stammgenossen  im  Kaukasus)  keine  Alilitärtreiheit  genießen;  ihre  Stellung 
würde  also  natürlich  in  einem  (ja  stets  möglichen)  Krieg  zwischen  Rußland  und  der  Türkei 
zweifellos  schwierig  und  zweideutig,  da  sie  sich  den  aus  ihrer  Stellung  als  russische  Staats- 
bürger resultierenden  Pflichten  doch  in  keiner  Weise  entziehen  können  '). 

')  Freilich  mögen  sie  wohl  in  einem  solchen  Falle  statt  vor  die  Front  zum  Garnison- 
dienst im  Innern  des  Landes  abkommandiert  werden,  wodurch  das  Peinliche  ihrer  Stellung 


j  c5  Kleine  Mitteilungen  und  Anzeigen. 

Als  ihren  geistigen  Mittelpunkt,  wie  Sodoffskv  sich  ausdrückt,  betrachten  die 
Tataren  Bachschi- Saraj,  ein  sehr  romantisch  und  pittoresk  gelegenes,  im  Innern  jedoch 
recht  orientalisch-schmutziges  Türkennest  von  etwa  10—15  000  Einwohnern.  Der  historisch 
berühmte  Ort  ist  dadurch  ganz  unbedeutend  geworden,  daß  die  Regierung  das  nahe  Sim- 
feropol  (tat.  Ak-mecet)  heute  zum  Regierungssitz  gewählt  hat;  doch  befinden  sich  in 
Bachschi-Seraj  verschiedene  M  e  d  r  e  s  e  n  ,  die  in  erster  Linie  für  den  Unterricht 
der  krymschen  Tataren  in  Betracht  kommen;  für  eine  weitere  Ausbildung  würde  aller- 
dings schließlich  doch  ein  Aufenthalt  in  Stambul  vonnöten  sein.  Außerdem  besteht  eine 
Druckerei '),  die  eine  Tageszeitung  {Tergümän)  als  Orga;i  der  Interessen  der  moslemischen 
Bevölkerung  erscheinen  läßt.  Die  außerdem  in  ihrer  Druckerei  erscheinenden  tatarischen 
Drucke  sind  an  Qualität,  Quantität  und  äußerer  Ausstattung  höchst  unbedeu- 
tend; außer  einigen  wenigen  speziell  für  Schulzwecke  hergestellten  Elementarwerkchen 
ist  buchstäblich  nichts  zu  finden;  für  weitere  literarische  Bedürfnisse  (soweit  und  wenn 
solche  überhaupt  vorhanden  sind  !)  muß  Stambul  und  Cairo  aushelfen.  Auch  das  hand- 
schriftlich vorhandene  Material  scheint  über  alle  Maßen  dürftig  und  unbedeutend  zu  sein. 
Leider  hatte  ich  den  Bibliothekar  der  Chan-Sera)  Moschee  nicht  antreffen  können;  eine 
jedoch  mir  vorgelegte  (in  Bleistift  ausgeführte  !)  Liste  erweckte  den  Eindruck,  daß  außer 
einigen  ganz  und  gar  belanglosen  \Yerkchen  über  fiqh,  tafsir  usw.  überhaupt  absolut  gar 
nichts  anzufinden  ist.  Daneben  scheinen  noch  einige  historische  Bände  vorhanden  zu 
sein,  von  denen  ich  mir  einige  Notizen  in  Eile  zusammenstellte:  [v^:^./«^   V-jLcXj!   \0\^ 

^.,L:>  ^\/  ^  lÜX  ^  ^.,lr>  ^\/  -  auf  dem  Vorsatzblatt:  ^\ill  o^_^^ 
^)  xLJU"  ^ii  ^  -^  ,-^  J^^  —  Unterschrift:  \\Kf.]\  die  eigentliche  Biblio- 
thek  scheint  im  Laufe  der  Zeit  offenbar  verschleudert  worden  zu  sein;  vielleicht  ist  auch 
ein  Teil  ihres  Bestandes  durch  die  Russen  nach  Petersburg  verschleppt  worden  3). 

Nach  alledem  erhellt,  daß  die  Bedeutung  Bachschi  Seraj's  als  »Zentrum  der  neueren 
Kulturbestrebungen  der  Krymtataren«  (Sodoffsky)  für  unsere  Begriffe  doch  eine  recht 
bescheidene  ist.  Sollte  überhaupt  je  eine  ernsthafte  Kulturbewegung  unter  den  Tataren 
zu  erwarten  sein,  so  dürfte  eine  solche  auch  sicher  eher  vom  Kaukasus  (Tiflis)  oder  den 
Wolgagebieten  (Kasan)  aus  zu  erwarten  sein;  aber  auch  in  diesen  Gebieten  würde  eme 
literarische  oder  wissenschaftliche  Bewegung  sehr  schwer  neben  und  gegen  das  über- 
mächtige Russentum  sieb  durchsetzen  können;  ja,  es  dürfte  schon  viel  sein,  wenn  das 
Tatarentum  oder,  allgemeiner  gesprochen  das  moslemische  Element  überhaupt,  d.  h.  rein 
defensiv,  seine  wirtschaftlich-soziale  Stellung  ungeschmälert  behaupten  kann.  —  Im 
übrigen  aber  möchte  ich  die  Hoffnung  aussprechen,  daß  nach  diesen  nur  flüchtig  hin- 
geworfenen Notizen  und  Bemerkungen  einmal  von  kompetenter  Seite  in  nichtrussischer 
Sprache  eine  Zusammenfassung  all  der  Elemente,  die  den  Islam  in  Rußland  ausmachen, 
versucht  würde,  um  ihn,  in  Ergänzung  der  älteren  Arbeiten  V.\mbery's  u.  a.,   nach  dem 

etwas  gemildert  würde.  Im  übrigen  ist  freilich  zu  bemerken,  daß  die  Mohammedaner 
trotz  Scheriat  auch  aus  freiem  Willen  sich  doch  immer  gegenseitig  befehdet  haben,  und 
daß  andererseits  auch  wieder  die  Stellung  der  Tataren  nicht  ungünstiger  ist  als  z.  B.  die 
der  russischen  (Ostseeprovinz)  Deutschen  in  einem  eventuellen  Zusammenstoß  Rußland- 
Deutschlands. 

0  Eine  zweite  soll  in  Karasubasar  (Schwarzwasser-Markt)  existieren. 

"-)  Was  allerdings  mit  dem  Vorhergehenden  in  keiner  Weise  zusammenzupassen 
scheint. 

3)  Wahrscheinlich  werden  russische  Gelehrte,  z.  B.  Smirnow,  darüber  Bescheid  zu 

geben  v\?issen. 


Kleine  Mitteilungen  und  Anzeigen.  ^  jzy 

heutigen  Stand  der  Dinge  darzustellen  und  daraus  did  Prognose  seiner  Zukunft  aufzu- 
stellen; freilich  würde  die  Lösung  dieses  Problems  sich  im  wesentlichen  um  die  eine,  aber 
desto  wichtigere  Frage  drehen,  inwieweit  der  russische  Islam  fähig  ist,  einen  Anschluß 
oder  doch  einen  Kompromiß  mit  der  europäischen  Kultur  einzugehen;  denn  in  einem 
Kampf  gegen  sie  dürfte  ein  negatives  Resultat  kaum  zweifelhaft  sein. 

0.   R  e  s  c  h  e  r. 


Einige    nachträgliche   Bemerkungen    zur  Zahl   40   im  Arabischen, 

Türkischen  und  Persischen. 

Leider  hatte  ich  seinerzeit,  als  ich  in  der  ZDMG.  65/517  meine  Notizen  zusammen- 
stellte, von  den  türldschen  Sprichwörtern  nur  die  (\Vien  1865  gedruckten)  Osmanischen 
Sprichwörter  im  Originaltext  vergleichen  können,  da  S  i  n  ä  s  i  im  Buchhandel  fast  ver- 
griffen und  die  (Stambul  128S  anonym  gedruckten  '^)  atalär  sözü  wohl  überhaupt  gar  nicht 
mehr  erhältlich  sind.  Von  diesen  beiden  Sammlungen  möchte  ich  nun  noch  einiges  als 
Ergänzung  und  Öeleg  zu  Decourdemanche's  iooi  proverbes  hircs  (die  nicht  immer  ganz 
richtig  wiedergegeben  sind)  im  Originaltext  zitieren :  I.  S  i  n  ä  s  i  (2865)  •  .is 
(Vs^t  -J  Xj3»0  (»Auf  40  Kamele  ein  Esel«);  2866:  tD,  «J  j  ,.,i^*-^^-aw  ■•^  J5  (»Aus 
40  Spatzen  eme  Pastete«  —  vgl.  dazu  Weissbach:  Irak-Arabisch  11172  und  mein  Zitat 
ZDMG.  65/520);  2867  ^.jJO_b  ,  JöJ^^  .J.^^:i^  -J  ,  ^JLä£  ^^.s.  :i,  .ä  (»Der  Ver- 
stand  von  40  Negern  füllt  noch  nicht  einmal  einen  Feigenkern«  —  vgl.  ZDMG.  ibd. 
pag.  519  Note  2  und  Isla})!  III-179  Note  4;  vgl.  dazu  auch  atalär  sözü,  wo  man  pag.  130 

paen.  ein  d  e  u  ti  g  liest:  ^Jl  ,  JLäc  -#L>uw  ,'», -i);  2868:  \i  ,.,X«,!  .J  »O,  ^j  ►  .ä 
(J,_j.aw.jLj  (»Was  soll  ein  Löwe  gegen  40  Wölfe  machen  ?«  —  im  Sinne  von:  Viele  Hunde 

sind  des  Hasen  Tod);  2869 jL.^'S  tJiX.h  }>^^kj^^jS'  j_j.i     •  .ä  (zitiert  ZDMG.  pag.  519 

aus  Merx  Nr.  231);  2870:  ;.^j^  ^j^  »S\^\  ^Jkkz  j^.,J^ä.'j  (»Wer  mit  40  Jahren 
nicht  vernünftig  geworden  ist,  dem  ist  nicht  mehr  zu  helfen«  - —  vgl.  unser  »Schwaben- 
alter «und  den  Vers  Suhaim  s^)  in  Ibn  Ja'i  s  pag.  613:  _^  iljt-iXjl  i5,Jsj!3Lo»^ 
•6^  j.^-otjAM  Cs.^^  O:  »L^  Jö  •  .  .  .  und  ähnlich  bemerkt  auch  ez-Zamahsari 
in  seinen  Maqdmät  (Cairo  1325    pag.  31):^    J<wÜ^^    '^i>.iJb    JvJis   J^i    Jo>S    \JsS>  Lj 

^i  ^AXi.^M  iLfJ^  \L>'Jds>  (d.  h.  nun  heißt  es,  nachdem  man  ins  gesetzte  Alter  ge- 
kommen ist  (i.  e.  die  Vierzig  überschritten  hat),  vernünftig  und  verständig  sein);  3)  2871 : 
jjSLij-  8jsJ»L^L>jä  ..Lj^LüLj  »:L<w  8.XÄi-S  (»Wer  mit  40  Jahren  musizieren  lernt, 
spielt  am  jüngsten  Tage  auf«  — vgl.  dagegen  Osm.  Sprchiu.  Nr.  257:  »Wer  mit  80  Jahren« 
usw.);  2872:  jj.J^  O^  ^yl.X.iii  eNÄj.Iaj  ,0j-o  'ij  .5  (»40  Jahre  ist's  schon  her, 
daß    er    des   Patriarchen  Esel    füttert«    [eigentlich:  weiden  läßt]   —  sc.   ohne  noch  bis 

jetzt  etwas   dafür  zum  Entgelt  bekommen  zu  haben);  2873:    .,^S!     ^^^>-»!  sjJLu  ,V, -S 

(»Jemand,  der  nach  40  Jahren  Rache  nimmt«  vgl.  519;  von  Mohammed  b.  Cheneb  zur 

Charakeristik  der  Beduinen  zitiert  —  vgl.  auch  alalär  sözü  (pag.  231)  ^LäJoi  sjJLu  V  J£ 
'       '  ■■■■  <^'^ 

')  Autor  ist  W  e  f  i  q    P  a  §  ä. 

*)  Cfr.  Bacher,  Nizämi  p.  13  Note  i. 

3)  Ähnlich  ibd.  139/2. 


I  cg  ^  Kleine  Mitteilungen  und  Anzeigen. 

^ci.«».jO  *>Jt  yAJ  xi  ,.,'^i  »Jemand,  der  nach  40  Jahren  Rache  nimmt  und  sagt:  Wie 
habe  ich  mich  (dabei)  beeilt«);  2874:  .JyJxJb'^^  ^J:•,_^^  kS}^  —  -^  '**-^'*^  r*)-^ 
(pag.  520  —  ein  Ausspruch  Nasr  ed-din  liogäs);  2875:^  ^.jJüÜJ^l  i*)*^  »-^  f^J'* 
JOs.j  ,  ^i^,!  (j*5-i>  ,M_ji^  (»Besser  ein  Tag  als  Hahn,  denn  40  Jahre  als  Henne«); 
2876:  ,^^^;^3i  .yU  ^Jviä-!  ,i;.4J^i  i)  .,1,5  Jyjj  ,  •  ,»  (ein  fatalistischer  Spruch:  »40 
Jahre  hauste  die  Seuche  und  (oder:  doch  nur  ?)  wem's  bestimmt  war  (wörtlich :  dessen 
letzte   Stunde   kommen    sollte)  mußte  ihr   crUegen«);    2877:    ,J    »>>wwiiLj    /  iii-o     V  .'s 

^.y>£.jh  ,.jv^;^L/ii.5>i  ^^i  »JsJsJi  /iJo^i  ,  ^»Ji>J>-  silij^ji'  *~>^^  (Auf 
jemand,  der  keine  »Chancen«  hat:  »Nachdem  wir  einmal  in  40  Jahren  eine  Spitz- 
büberei zur  Nacht  aushecken  wollten,  mußte  gerade  in  ihr  der  (Voll-)Mond  aufgehen«); 
287S:  .U|  iMj.^  -J  (  ^J^-l^  '•, -*  (»In  40  Jahren  kommt  schon  einmal  ein  Tag«  [wo  du 
mich  nötig  hast  oder  ich  es  dir  heimzahlen  kann]);  2879:  .J  .LX-?LÄi  ,  ^Ji-o  'i  .1 
JSüJ^  i^^jS'  (»Nach  40  Jahren  Sünde  ein  Tag  Reue«) »);  2880:  /^|^^  ^J* 
S  ^Lj  ^jj-^^i  (jH*"^  (»Kann  man  nach  40  Jahren  Kam  (ein  türkischer  Name  —  d.  h. 
Moslem)  zum  Janni  (d.  h.  Griechen,  Christen)  werden  r)  —  Vgl.  dazu  noch  aus  ataldr  sözii 
(pag.  130-131):  ^JJ^J  l5^l5^^  O^J^"^  'J^  'y  ^^''^  Wortspiel:  »Indem  er 
q{yyq,  q(yyq  [anscheinend  also  qyrq  (=40),  es  nandelt  sich  hier  um  das  Gurgeln  des  Er- 
trinkenden] sagte,  hat  er  auch  noch  elli  [d.  h.  50  —  in  diesem  Falle  wohl,  anklingend  an 
ölüm  =  Tod]  gefunden«);  .  «.x^J.  «J  (C^X^ii.L'J  ^^  s.JLä.s  (»Er  hat  sich  wohl  den 
»Vierzigern«  [einer  mit  Unsichtbarkeit  begnadeten  Heiligengruppe]  angeschlossen,  daß 
man  ihn  (gar)  nicht  (mehr)  zu  Gesicht  bekommt«  ■ —  im  Gespräch  von  jemand,  der 
längere  Zeit  einem  aus  den  Augen  gekommen  ist);  i*..>  J  »w«,x  *»*«.iLj  ._j-«>e.Lj  ^}~^j  •  J 
(vgl.  ZDMG.  pag.  519;  zitiert  in  Merx  Nr.  233;  dem  Sinn  nach  gegen  unser:  gutta 
cavat  lapidem);  ^i^JlXj  aJ^i  (j;JiJLj^  ■.j^  _j  »wXJLo  'i^.s  (»In  40  Jahren  hat 
er  nur  ein  Wort  geäußert  und  auch  das  war  ein  Irrtum«).  — 

Soweit  die  Sprichwörter;  nebenbei  findet  sich  die  Zahl  überaus  häufig  in  den  türki- 
schen Volksmärchen,  Abenteurerromanen  usw.  Es  genügt  das  Sachregister  zu  KuNOS 
Türkischen  Volksmärchen  aus  Stambul  nachzuschlagen  oder  den  türkischen  Volksroman 
Sajjid  Batthal  (übersetzt  von  Ethe)  durchzublättern,  wo  uns  die  Zahl  40  (nebst  ihren 
Ableitungen)  auf  Schritt  und  Tritt  begegnet;  so  die  einfache  Zahl  im  Teil  I  auf  pag.  61,  64. 
66,  74,  86/87,  90,  95,  100  und  III,  sowie  II/9S  usw.;  die  verzehnfachte  Zahl  in  Teil  I  auf 
pag.  84,  127  usw.,  die  verhundert-  und  vertausendfachte  auf  pag.  31,  34  (Teil  I)  und  11/88 
usw  usw..  —  Außerdem  kann  man  auch  in  der  Türk.  Bibl.  weitere  Parallelen  dazu  auf- 
finden; so  V/33  (jOva-j/j^^^O  ^jJ  1»^^  if^^  (  "t^^  i*)J^  Cf^)'  V/95 (40 Mädchen 
im  Zaubergarten),  V/99  (4°  Maultiere  mit  ebensovielen  Goldlasten);  V/107  (der  im  Bade 
verwandelte  Padischah,  der  40  Oka  Kehricht  auf  seinen  Rücken  nehmen  muß);  V-5  ff. 
(in  der  einleitenden  Räubergeschichte);  IV/42  Anm.  6  (die  40  [strengsten]  Wintertagc 
[als  Gegenstück  zu  den  40  Hundstagen  —  vgl.  ZDMG.  65/519).  3) 

Fürs  Persische  vgl.  man  die  Skizze  Horns:  Zahlen  im  Sdhiäme,  wo  diese  Zahl 
auf  pag.   100  besprochen  wird. 

Fürs  Arabische  möchte  ich  noch  auf  folgende  Stelleri  verweisen:  A.  Bel  (La 
Population  miisulmane  de  Tlemcen  S.-A.  pag.  22  Mitte:  C'est  le  quarantieme  jour  apres 


1)  Samy  Bej  schreibt  .-^-f^  (epidemie  etc.). 

2)  Ich  weiß  nicht,  soll  der  Sinn  positiv  oder  negativ  sein;  wahrscheinUch  das  erstcre. 

3)  Vergl.  auch  noch  Nasreddin  (übers,  von  MÜLi.ENDORF-Reclam  2735)  im  Anhang 
(Anekdoten  von  Buadem)  Ni'o  47  und  77. 


Kleine  Mitteilungen  und  Anzeigen.  I  rg 

l'enterrement  qua  l'on  place  sur  la  tombe  les  deux  pierres  funeraires. ....  woraus  die  Be- 
deutung der  Zahl  bei  Totenbräuchen  erhellt;  weiter  sei  für  das  Vorkommnis  der 
Zahl  in  religiösen  Anschauungen  auf  die  Beschreibung  des  muselmanischen 
Antichrist,  des  Daggäl  verwiesen,  der  auf  einem  Maultier,  dessen  Schultern  und  Ohren 
40  Ellen  Abstand  haben,  in  40  Tagen  die  Erde  durchziehen  soll  (vgl.  Rüling,  Beiträge 
zur  Eschatolegie  des  Islam  pag.  45)  und  ebenso  wird  die  Zahl  auch  (vgl.  ZDMG.  65/51 8 
Note  4)  mit  dem  Mahdi-Glauben  in  Verbindung  gebracht  (Rüling  pag.  49).  i) 

Für  die  Überlieferung  der  Sendung  des  Propheten  im  40.  Jahre  vgl.  man  außer  der 
aus  Ibn  Hisäm  (vgl.  ZDMG.  65/518  Note  2)  zitierten  Stelle  auch  die  Hamäsa  (Bülaq) 
II/50/3  und  Bokhäri  (Houdas)  III/25  Mitte  und  45  oben;  ferner  sei  die  Stelle  aus  Ibn 
Hisäm  noch  erwähnt  (Weil  11/203),  wo  f"'"  einen  nicht  absichtlichen  Totschlag  100  Kamele, 
wovon  40  trächtige,  (als  Sühne)  fixiert  werden.  Für  die  Tradition  vgl.  man  auch  den 
Mostatraf  (7.  Tradition  des  letzten  Kapitels  — ■  vgl.  Rat  II/802),  wo  es  heißt:  Wer  morgens 
10  Gebete  für  mich  spricht,  dem  werden  die  Sünden  von  40  Jahren  getilgt  (d.  h.  ver- 
geben) und  die  Trad.  Variante  in  SojGti's  Maqämen  (Stambul  1298)  pag.  S4/13. 

Außer  den  ZDMG.  65/519  Z.  16  und  18 — 25  zitierten  Sprichwörtern,  die  sich  auch 
Freytag,  proverbia  III/1114  bzw.  1039  finden,  vgl.  man  auch  Freytag  Nr.  270:  Wer 
seinen  Freund  um  40  (von  ihm  begangener  Fehler)  willen  verkauft  (d.  h.  aufgibt),  ver- 
kauft ihn  billig;  auch  in  Na'fnn  Soqair  (Cairo  1324)  finden  sich  Belege  zur  Zahl  40;  vgl. 
(3iL3Jl  O.S>  Nr.  4  pag.  24  und  ,-yAJiii  v_5.;>  Nr.  5  pag.  31.  —  Dazu  mag  man  noch  zur 
Zahl  44  die  Bemerkung  und  den  Vers  bei  Burkhardt  (Arab.  Sprchw.  deutsch  Weimar 
1834)  von  Nr.  274  heranziehen. 

Selbstverständlich  sind  die  angeführten  Stellen  »cum  grano  salis«  zu  verstehen. 
Mag  aber  die  Zahl  40  auch  nicht  gerade  in  jedem  einzelnen  Fall  in  ihrer  Bedeutung  be- 
wußt gefühlt  werden,  so  kann  es  andererseits  doch  nach  all  den  angeführten  Beispielen 
kaum  mehr  bezweifelt  werden,  daß  die  Zahl  in  der  Psychologie  der  Orientalen  einen  typi- 
schen Wert  repräsentiert;  so  erklärte  sie  mir  auch  ein  Türke,  sie  habe  einfach  die  allgemein- 
typische Bedeutung  einer  ungewissen  zeitlichen  Frist  und  sei  andererseits  als  Ausdruck 
einer  nicht  näher  bestimmbaren  Masse,  Anzahl  usw.  zu  verstehen:  äJjü)  ^-^  KjLo  .  — 
Und  ähnliche  Stellen  ließen  sich  als  Parallelen  ja  schließlich  auch  aus  der  europäischen 
Literatur  zitieren:  »Auf  günstigerem  Terrain  schlug'  ich  gar  leicht  —  wohl  ihrer  vierzig.. 
(Coriolan  im  3.  Akt);  sodann  die  Stelle  in  der  4.  Novelle  des  8.  Tages  im  Decamerone,  wo 
es  (in  einer  alten  französischen  Übersetzung  vom  Jahre  1801  —  Paris)  am  Schlüsse  heißt: 
Le  prelat  lui  fit  pleurer  (d.  ih.  dem  sündigen  Abbe)  sa  faute  pendant  40  jours;  oder  die 
Stelle  in  dem  kleinrussischen  Phantasiestück  Gogol's,  der  Zauberer,  wo  dieser  sein  Gut 
den  Mönchen  zu  hinterlassen  verspricht,  damit  diese  40  Tage  und  40  Nächte  für  ihn 
Totenmesse  lesen  sollen  . . .  usw.  —  Zitate,  die  sich  leicht  um  ein  Vielfaches  vermehren 
ließen;  doch  mag  es  damit  billig  mit  der  »Zahl  40«  sein  Bewenden  haben. 

0.  R  c  s  c  h  e  r. 


Zum  Titel  und  zur  Abfassung  von  Ghazäli's  Ihja. 

Daß  Ghazäli  bei  der  Abfassung  seines  Hauptwerkes  an  einen  höheren  Beruf  glaubte, 
läßt  sich  mit  einer  gewissen  Wahrscheinlichkeit  schon  aus  der  Einleitung  zur  ///ja  so- 
wie aus  etlichen  anderen  von  geradezu  prophetischem  Pathos  getragenen  Stellen  dieses 
Werkes  entnehmen.  Nahezu  zur  Gewißheit  erhoben  wird  m.  E.  diese  Annahme  durch 
eine  Stelle  im  Munqid,  die,  soviel  ich  sehe,  noch  nicht  in  diesem  Zusammenhange 
verwertet  worden    ist.     Über  die  Aufforderung  des  Sultans,    einen  Lehrstuhl   in  Nisäbür 

')  Vergl.  ferner  af.ch  es-SiblVs  Dschinncnbuch  pag.  9,10;   10/4  etc. 


j^Q  Kleine  Mitteilungen  und  Anzeigen. 

anzunehmen,  sagt  er  nämlich  daselbst  (ed.  Kairo  1309,  S.  31):  »Ich  ging  darüber  eine 
Reihe  von  innerlichen  und  erleuchteten  Männern  um  ihren  Rat  an.  Sie  rieten  mir  ein- 
stimmig, das  zurückgezogene  Leben  aufzugeben  und  aus  meiner  Klause  herauszugehen. 
Dazu  kam,  daß  fromme  Leute  mehrmals  nacheinander  Träume  hatten,  worin  ihnen  ge- 
offenbart wurde,  daß  dies  eine  von  Gott  beschlossene  Sache  sei,  die  den  verheißungs- 
vollen Anfang  des  folgenden  Jahrhunderts  bedeute.  Hat  doch  Gott  versprochen,  bei 
Beginn    eines   jeden  Jahrhunderts  seine  Religion  neu  zu  beleben  {»J.J^    i^.>J>l).« 

Man  kann  doch  wohl  kaum  den  Gedanken  von  der  Hand  weisen,  daß  zwischen 
der  so  formulierten  Aufgabe  des  »Erneuerers«  und  dem  Titel  seines  Hauptwerkes  ein 
innerer  Zusammenhang  besteht,  um  so  weniger,  als  der  verheißene  Erneuerer  sonst  nicht 
als  mn/ijT,  sondern  als  vmgaddid  bezeichnet  wird').  Darnach  wäre  also  Ghazäli  nicht 
nur  der  von  der  Gemeinde  nachträglich  einstimmig  anerkannte  fünfte  Mugaddid, 
sondern  er  selbst  schon  hätte  sein  Werk  aus  dem  Bewußtsein  heraus  ge- 
schrieben, dieser  von  Gott  verheißene  und  gesandte  Erneuerer  tat- 
sächlich zu  sein.  Auch  ein  Ghazäli  durfte  so  etwas  nicht  offen  auszusprechen  wagen, 
aber  an  jener  Stelle  hat  er  doch  wohl  sein  Inneres  verraten. 

Müssen  wir,  wenn  diese  Erwägung  richtig  ist,  daraus  die  Folgerung  ziehen,  daß 
die  Ihjä  erst  um  500  abgefaßt  sei?  Ich  glaube  nicht.  Die  Biographen  Gh  azäl  i '  s  kommen 
darin  überein,  daß  er  das  Werk  während  seines  Einsiedler-  und  Wanderlebens  (4S8— 499) 
geschrieben  habe,  wenn  auch  dereine,  Ibn'Asäkir  (bei  Subki,  Tabaqrä  al-SäfiHjja 
IV,  105)  Bagdad,  'Ab  d  al  -  Ghäf  ir  hingegen  (ebenda  IV,  108)  Syrien  bzw.  Damaskus 
als  Ort  der  Abfassung  nennt.  Diese  würde  mithin  auch  so  in  das  letzte  Jahrzehnt  des 
fünften  Jahrhunderts  fallen,  wo  man  recht  wohl  bereits  nach  dem  fünften  Erneuerer  aus- 
schauen und  der  geeignete  Mann  sich  als  solcher  berufen  fühlen  konnte.  Übrigens 
brauchen  wir  vielleicht  gar  nicht  anzunehmen,  daß  er  die  Vorrede  der  Ihjä,  wenn  sie 
auch  den  Plan  des  ganzen  Werkes  enthält,  wirklich  zuerst  geschrieben  hat.  Es  ist  recht 
wohl  möglich,  daß  er  einzelne  Abschnitte  schon  früher  ausgearbeitet  (vielleicht  kommen 
Damaskus  und  Bagdad  dafür  in  Betracht)  und  sie  in  das  erst  nachträglich  von  ihm 
aufgestellte  Schema  von  vierTeilen  mit  je  zehn  Unterabteilungen  eingefügt  habe.  Von 
der  in  Jerusalem  geschriebenen  al-risäla  al-qudsijja  sagt  er  ja  ausdrücklich,  daß  sie  in 
sein  Werk  aufgenommen  wurde,  wo  sie  jetzt  den  dritten  Abschnitt  des  zweiten 
Buches  bildet.  H.  Bauer. 


Gema'at  Abu  Gerid. 

Durch  die  Güte  Herrn  Geh.  Rat  Stuhlmann's  ist  es  möglich,  aus  den  Tagebüchern 
Emin  Pascha's,  deren  Veröffentlichung  vorbereitet  wird,  an  dieser  Stelle  folgende 
interessante  Notiz  mitzuteilen.  Unter  dem  4.  Oktober  1881  2)  heißt  es  unter  anderm: 
»Schon  vor  ziemlich  langer  Zeit  hatte  ich  von  ganz  eigenen  Gebräuchen,  einer 
eigenen  Religionssekte  (Djemaat  Abu  Djerid)  und  ganz  sonderbaren  arabischen  Ausdrücken, 
von  den  Arabern  am  blauen  Nil  gebraucht,  gehört:  heut  gelang  es  mir  die  Namen  der 
Monate  zu  eruieren,  die  ich  hier  mit  den  currenten  arabischen  Äquivalenten  genau 
transkribiert  gebe : 

I)  Das    betreffende  Hadlt    lautet    bei  Murtadä,    It/iäf  al-säda  al-muttaqin  1,   26 
nach  Abu  Dä'üd  und  anderen   von  Abu  Huraira: 

-)  Geschrieben  während  des  Aufenthaltes  in  Biti ;  vgl.  Pct.  Mitt.  29.  Band  VII  (1883). 


Kleine  Mitteilungen  und  Anzeigen.  j5i 


Schevval:  El-fitr  el-evvel. 


Zilkaade:  El-fitr  et-täni. 
Zilhidje:   Edt'^ahie^)    el-evvele. 
Muharrem:  Ed-dahie  et-tänie. 


Ssefer:   el-Vahld.   ' 

Rebbi  evvel :        4    ,  ,  ,  , 

I  et-telate 
Rebbi  ul  achir  ■  ' 


D  j  u  m  a  d  achir:  ssaik  e 
keramat. 
Redjeb:  Redjeb 
Schaaban:  El-Kussair. 
Ramadan:  El  maalüm .« 


T-, .  j      ,  ■,    \  keramat 

Djumad     e  vv  ei:  J 

—  Ich  möchte  fragen,  ob  über  die  genannte  »Sekte«  sonst  irgend  etwas  bekannt 
ist.  Was  die  Namen  der  Monate  anlangt,  so  sind  es  in  der  Hauptsache  die  von 
den  Tschadseearabern  gebrauchten  (Rev.  Afr.  LVI,  370).  Merkwürdig  scheinen 
»el-Wahid«  and  »el-Kussair«.  Mit  ersterem  wurde  der  Safar  vielleicht  als  ein- 
zelner   zwischen   größeren    Gruppen   stehender  Monat  bezeichnet;  der    andere   Ausdruck 

ist  wohl  =  .-oi^äi!  und  könnte  sich  möglicherweise  darauf  beziehen,  daß  der  Sa'bän 
mit    seinen    nur  29  Tagen    zwischen    dem  Ragab    und    dem  Ramadan    mit    je  30  steht. 

»Ssaik  el-keramat«]  ließe  sich  als  »haftend  an  den  Kerämät-Monaten«  (von  1^5  L^a) 
erklären,  doch  ist  dies  eine  ziemlich  seltene  Wurzel;  Prof.  Beck£r  liest  scViq  el-ke7-ä- 
mät  von  ]/  '•  ««w  (der  die  K.-Monate  vor  sich  hertreibt).  Derselbe  verweist  auch  zum 
Sauwäl  als  dem  Monat,  der  hier  das  Jahr  beginnt,  auf  die  Benennungen  der  ersten  10 
Monate  bei  den  Suaheli,  die  ebenfalls  von  jenem  ausgehen.  Dort  sagt  man  »Mfunguo 
mosi,  Mf.  pili,  Mf.  tatu«  usw.  =  erster  Fastenbrecher  (Sauwäl),  zweiter  Y.  (Dü'1-Qa'da), 
dritter  F.  (Dü'I-Higga)  etc.  Sonst  ließe  sich  noch  zu  einigen  Bezeichnungen  vergleichen: 
Snouck-Hurgronje,  The  Achehnesc  I,  194 f.;  Türk.  Bibliothek  XIII,  S.  106  (Anhang); 
Raquette,    Eastern    Turki   Grammar   MSOS    XV,    IVestasiaf.    Sind.  S.    179,  sowie  die 

Ausführungen  Th.  Menzels  auf  S.   126  dieses  Heftes. 

E.  Graefe. 


Sagarat  al-'Abbäs. 

Bei  Bearbeitung  des  Artikels  »Dendera«  für  die  En:.yklopädic  des  Islai/t  stieß  ich 
in  der  Literatur  an  zwei  Stellen  auf  den  Vermerk,  daß  an  dem  genannten  Orte  das 
Wunder  des  /wLAxit  Js.ii*'  zu  sehen  gewesen  sei.  So  heißt  es  bei  Maqrizi,  Ililat 
I,  S.  233:  »Dort  befand  sich  auch  der  unter  dem  Namen  sagarat  al-'-abbäs  bekannte 
Baum.  Er  war  von  mittlerer  Größe  und  seine  Blätter  grün  und  rund.  Sprach  man  bei 
ihm  die  Worte  aus:  Yä  sagarata  ''l-'-Abhäs  gä^aka''l-fäs  (O'Abbäs-Baum,  zu  dir  ist  die 
Axt  gekommen),  so  schlössen  sich  seine  Blätter  zusammen,  und  er  war  traurig  diese 
Zeit.  Danach  nahm  er  wieder  sein  früheres  Aussehen  an.«  Eine  ganz  ähnliche  Ge- 
schichte findet  sich  bei  Ibn  Duqmäq,  Kitäb  al-ifttisär  V,  31  f.  Als  ich  mich  nun 
an  Herrn  Prof.  Schweinfurtii  deshalb  um  Auskunft  wandte,  erhielt  ich  von  ihm  in  lie- 
benswürdigster Weise  die  folgenden  Mitteilungen:  »Der  von  Makrisi  erwähnte  Strauch 
(Baum,  Strauch  und  Gestrüpp,  ja  sogar  auch  Kraut  sind  ja  im  Arab.  alle  mit  dem  Aus- 
druck .i^  bezeichnet)  ist  höchst  wahrscheinlich  nicht  schegeret-erAbbäs,  sondern 
schegeret-el-Habbäss !  !  Habbäss  ist  der  im  arabisierten  Sudan  und  in  Oberägypten  (heute 
wächst  die  Pfl.  nur  noch  bei  Kom-Ombo,  bei  Assuan  etc.)  gebräuchliche  Name 
für  Mimosa  asperata  W.  (  =  M.  Habbas  Del.),  ein  am  Flußufer  wachsender,  stark  be- 
dornter  Strauch,    der    in    hohem  Grade    an    seinen  Blättern    die   Sensibilität  der  Mimosa 

pudica   verrät,    die    wir    in    den    botanischen  Gärten  bewundern  können Heute 

ist  die  Mimosa  asperata  bei  Dendera  nicht  mehr  zu  finden,  jedenfalls  auch  nicht  weiter 


0  '^ 

Islam.     IV.  '  ' 


j^2  Kleine  Mitteilungen  und  Anzeigen. 

stromabwärts,    aber    im    nubischen  Niltal    und    im  Ost-Sudan  sehr    verbreitet.«   —  Diese 

Deutung  (j*l->c-  =  ,  wwL.=> ')  trifft  gewiß  das  Richtige;  hinsichtlich  der  Verschiedenheit 
der  Anfangskonsonanten  bei  beiden  Wörtern  ist  vielleicht  die  Annahme  erlaubt,  daß 
der  ursprüngliche  Name  {habbäs)  von  dem  bekannteren  {^abbäs)  volksetymologisch  oder 
durch  schlechte  Überlieferung  verdrängt  worden  ist.  In  der  Literatur  und  in  den 
Wörterbüchern  habe  ich  sonst  nichts  zur  Aufklärung  finden  können,  auch  Herrn  Prof. 
RuSKA  sind,  wie  er  mir  gütigst  mitteilte,  sonstige  Erwähnungen  des  Strauches  nicht  be- 
kannt. Erwähnt  möge  noch  werden,  daß  einige  Araber  von  der  ägyptischen  Truppe, 
die  sich  im  Sommer  1912  hier  aufhielt,  mir  sofort,  als  ich  mit  ihnen  über  die  Sache 
sprach,  erklärten:  »Das  ist  cs-sitt  el-viibtisiye  (die  sich  schämende  Frau).«  Nach  den 
Angaben  des  hiesigen  Lektors,  Zed  Efendi,  bezeichnet  man  so  aber  den  libläb  (Dolichos 
Lablab  L.  hortensis  Sf.)»);  r\achzuweisen  ist  der  Ausdruck  sonst  nicht.  —  Jedenfalls  ist 
oben  wiedergegebene  Erzählung  auch  ein  ganz  interessanter  Beleg  für  die  volkstümliche 

Ausschmückung  einer  merkwürdigen  Erscheinung  in  der  Pflanzenwelt. 

E.  Gr aefe. 


Wem  verdankt  man  die  erste  Darstellung  des  Weingeists? 

Der  Umstand,  daß  wir  den  »Weingeist«  mit  dem  arabischen  Wort  »Alkohol«  be- 
zeichnen, hat  sicherlich  mehr  als  irgendeine  andere  Tatsache  zur  Verbreitung  der  Ansicht 
beigetragen,  daß  die  Destillation  des  Weingeists  eine  arabische  Erfindung  sei.  Das  Wort 
erscheint  so  untrennbar  von  dem  Begriff,  daß  man  selbst  bei  Historikern  der  Chemie  einem 
komischen  Erstaunen  begegnet,  wenn  sie  feststellen  müssen,  daß  es  »früher«  eine  ganz 
andere  Bedeutung  hatte,  sofern  man  damit  (Berthelot  nach  der  Apotheker-Zeitung  1892 
Nr.  43,  zitiert  in  Kobert's  Hist.  Studien  III  S.  366)  »nicht  nur  unsern  Alkohol,  sondern 
auch  pul  verförmiges  Schwefelantimon,  welches  man  zum  Schwärzen 
der  Augenlider  verwandte«,  bezeichnete,  oder  (E.  v.  Meyer,  Gesch.  d.  Chemie,  1905  S.  89) 
die  Bezeichnung  Alkohol  »seltsamerweise«  für  einen  fein  zerteilten  Körper  sowie  für 
verschiedene  Substanzen,  z.  B.  Schwefelantimon,  Essig  usw.,  gebrauchte.  Tatsächlich 
hat  das  Wort  Jo^jCJi  im  Arabischen  nie  etwas  anderes  bedeutet  als  die  schwarze  Augen- 
schminke aus  fein  zerteiltem  Schwefelantimon  bzw.  Bleiglanz.  Die  Übertragung  des 
Worts  auf  den  Weingeist  ist  eine  gelehrte  Schöpfung  des  16.  Jahrhunderts  (Paracelsus, 
LiBAVius),  die  nicht  anders  zu  beurteilen  ist,  als  wenn  wir  heute  chemischen  oder  phar- 
mazeutischen Produkten  griechische  Namen  beilegen;  und  es  ist  eine  Irreführung,  wenn 
es  in  dem  eben  angeführten  Aufsatz  von  Berthelot  heißt,  daß  Arnaud  de  Ville- 
n  e  u  V  e  der  erste  dem  Namen  nach  bekannte  Autor  gewesen  sei,  der  von  »Alkohol«  (im 
Sinne  von  Weingeist)  sprach. 

Eine  ganz  andere  Frage  ist  aber  die,  wann  und  von  wem  die  Destillation  des  Wein- 
geists wirklich  zuerst  ausgeführt  wurde.  Die  Kenntnis  des  Weingeists  läßt  sich  bis  ins 
13.  Jahrhundert,  so  bei  dem  bereits  genannten  Arnaldus  de  Villanova  und 
bei  Albertus  Magnus  mit  Bestimmtheit  nachweisen.  Haben  aber  diese  Autoren 
ihr  Wissen  aus  arabischen  oder  aus  andern  Quellen  ?  Ist  die  Destillation  des  Weingeists 
eine  Erfindung  islamischer  oder  christlicher  Alchemisten  ?  Dies  ist  der  strittige  Punkt 
der  Frage.    Sie  ist  neuerdings  durch  zwei  auf  dem  Gebiet  der  Geschichte  der  Naturwissen- 


')  S.  jetzt  auch  G.  Schvveinfurth,  Algerische  Pßanzennameti  aus  Ägypten,  Algerien 
und  Jemen.     (Berlin   19 12)  S.  63=1   (unten). 
*)  vgl.  Schweinfurth,  a.  a.  O.  S.  69*. 


Kleine  Mitteilungen  und  Anzeigen.  j^-. 

Schäften  hochverdiente  Gelehrte  wieder  in  Fluß  gebrächt  worden;  Herrn  Privatdozent 
Dr.  Elze  in  Heidelberg  verdanken  wir  den  Hinweis  auf  die  Literatur.  H.  Schelenz  ver- 
tritt in  der  Schrift  Zur  Geschichte  der  pharmazeutisch-chemischen  Destilliergeräte  (191 1)  die  An- 
sicht, daß  schon  Abu  MüsäDschäbir  im  S.Jahrhundert  mittels  besonderer  Destillierappa- 
rate ein  von  ihm  zuerst  Lebenswasser  genanntes,  belebend  auf  den  Organismus  des  Trinkers 
wirkendes  Destillat  aus  Weißwein  dargestellt  habe.  Ebenso  habe  R  h  a  z  e  s  zweifellos 
'Araq  al-khamr  as-sakar,  Arrak  »durch  Gährung  aus  Zucker«,  gekannt,  der  »nur  in  schon 
recht  vollendeten  Geräten  destilliert  werden  konnte«.  Ihm  tritt  in  einem  Vortrag  Zur 
Geschichte  des  Alkohols  und  seines  Namens  (Z.  /.  angeu:  Chemie  1912,  Heft  40,  S.  2061  ff.) 
E.  O.  V.  Lippmann  entgegen,  indem  er  zeigt,  daß  in  der  älteren  chemisch-pharmazeutischen 
Literatur  der  Perser  und  Araber  nirgends  mit  Sicherheit  die  Kenntnis  des  Weingeists 
nachzuweisen  ist,  die  Entdeckung  des  Alkohols  vielmehr  aller  Wahrscheinhchkeit  nach 
italienischen  Ärzten  und  Alchemisten  verdankt  wird.  Jedenfalls  ist  sicher,  daß 
al-Räzi  in  seiner  Abhandlung  »über  die  Weine«  zwar  alle  möglichen  gegorenen  und 
berauschenden  Getränke  anführt,  aber  nichts  von  destilliertem  Weingeist  weiß.  Noch 
Ibnal-Baitär,  der  den  Rhazes  bei  ^£>  und  (A>^  zitiert,  hat  um  i2;o  seinen 
Angaben  nichts  Wesentliches  hinzuzufügen.  Sehr  einleuchtend  ist  auch  der  Hinweis  auf 
die  Tabelle  der  spezifischen  Gewichte  bei  A  1  -  K  h  ä  z  i  n  i  (um  11 20).  Hätte  dieser  sorg- 
fältige Beobachter  den  Weingeist  gekannt,  so  hätte  er  nicht  Olivenöl  mit  0,915  als  die 
spezifisch  leichteste  Flüssigkeit  anführen  können  (E.  v.  Lippmann,  Zur  Gesch.  des  Sac- 
charometers  und  der  Senkspindel,  Chemikerztg.  1912,  Nr.  68,  S.  629  ff.).  So  lange  also  nicht 
beweiskräftigere  Belege  für  das  Gegenteil  beigebracht  werden  können,  värä  man  sich 
E.  V.  Lippmann's  Ansicht  anschUeßen  müssen,  daß  der  arabischen  Wissen- 
schaft der  Weingeist  nicht  bekannt  war.  Richtigzustellen  wäre  in  dem 
Vortrag  die  Bezeichnung  der  Kosmographien  von  D  i  m  i  s  k  i  und  K  a  z  w  i  n  i  als  »viel- 
bändiger Enzyklopädien«  und  die  Auflösung  von  Arrak  in  AI  Rak,  da  »Schweiß«  ^arak 
also   »d  e  r  Schweiß«  al-'-arak  heißt. 

Ist  nun  aber  die  Destillation  des  Weingeists  erst  eine  Erfindung  des  ausgehenden 
Mittelalters,  und  war  sie  dem  klassischen  Altertum  fremd,  so  gehören  Schilderungen, 
wie  wir  sie  bei  Fr.  Delitzsch  (Handel  und  Wandel  in  Altbabylonien,  1910)  lesen,  in  das 
Reich  der  Phantasie.  Wenn  es  a.  a.  0.  S.  48  in  einer  Note  zu  dem  Wort  »Dattelschnaps« 
heißt:  »Neben  dem  Traubenwein  hatten  die  Babylonier  eine  ganze  Reihe  berauschender 
Getränke,  die  aus  Bergobst  oder  Honig  bereitet  und  mit  Hilfe  von  allerlei  anderen  In- 
gredienzien, z.  B.  Sesam,  nach  Wohlgeruch  oder  Wohlgeschmack  gesteigert  wurden.  Alle 
diese  gewöhnlichen  Schnäpse  und  feineren  Liköre  dienten  auch 
...  als  Opfergaben«,  oder  wenn  von  dem  »Haus  einer  Schnapshändlerin«  die  Rede  ist, 
so  hat  bei  solchen  Vorstellungen  offenbar  das  berühmte  Lied  vom  »schwarzen  Walfisch 
zu  Askalon«  mit  seinem  »Baktrerschnaps«  Pate  gestanden;  wobei  nicht  ohne  Interesse 
ist,  daß  dies  Wort  nach  Ausweis  des  Lahrer  Kommersbuchs  eine  »neuere  Lesung«  ist,  da 
V.  v.  Scheffel  ursprünglich  »Dattelsaft«  geschrieben  hat. 

Heidelberg.  Julius   R  u  s  k  a. 


Noch  einmal  al-Chutww. 

Durch  die  Untersuchungen  E.  Wiedemann's,  G.  Jacob's  und  W.  FvEINhart's  in 
Band  II  u.  III  des  »Islam«  ist  sichergestellt,  daß  al-Chutww  oder  Hulii  das  Rhinozeros- 
horn  bedeutet.  Das  Wort  selbst  scheint  nichts  anderes  zu  sein  als  das  von  G.  J.a.cob  an- 
geführte gu-du-si  (a.  a.  0.  III,  185)  bzw.  gu-du.  Die  Bestätigung  der  Vermutung  wäre 
aus  einer  naheliegenden   Quelle,  aus  K  a  z  w  i  n  i  ,    unmittelbar  zu  entnehmen  gewesen. 

n* 


164  Kleine  Mitteilungen  und  Anzeigen. 

Dieser  bemerkt  nämlich  s.  v.  Karkaddan,  daß,  wenn  dem  Hörn  des  Nashorns  Speisen  oder 
Getränke  genähert  werden,  in  denen  sich  Gift  befindet,  dieses  die  Kraft  des  Giftes  bricht 
(Wüstenfeld  I,  103). 

Ich  möchte  noch  auf  eine  andere  Quelle  hinweisen,  in  der  interessante  Nachrichten 
über  das  Hörn  und  seine  Verwendung  bei  den  Chinesen  erhalten  sind,  auf  M  a  s  '  ü  d  i. 
Im  ersten  Bande  der  Murüg  al-dahab  findet  sich  S.  3S5  fT.  folgende  Ausführung  über  das 
Nashorn:  »Es  hat  vorn  auf  der  Stirn  ein  einziges  Hörn.  Es  ist  kleiner  als  der  Elefant,  aber 
größer  als  der  Büffel  und  von  schwärzlicher  Farbe;  es  käut  wieder  wie  das  Rind  und  andere 
Wiederkäuer.  Der  Elefant  flieht  vor  ihm,  und  es  gibt  wohl  kein  stärkeres  Tier  als  es.  Weil 
die  meisten  seiner  Knochen  ver^'achsen  sind,  ohne  Gelenke  an  den  Beinen,  kann  es  nicht 
knien  und  (liegend)  schlafen,  sondern  lehnt  sich  zwischen  Bäumen  und  Dickicht  beim 
Schlafe  an.  Die  Inder  essen  sein  Fleisch,  ebenso  die  Muslime,  die  im  Lande  sind,  weil  es 
eine  Art  der  Rinder  und  Büffel  ist  im  Lande  Sind  und  Hind.  Diese  Tierart  findet  sich 
in  den  meisten  Waldgegenden  Indiens,  am  zahlreichsten  aber  im  Reiche  Rahmä;  dort 
sind  seine  Hörner  am  glänzendsten  und  schönsten.  Sein  Hörn  ist  nämlich  weiß,  und  in 
der  Mitte  ist  eine  schwarze  Figur,  entweder  die  eines  Menschen  oder  die  eines  Pfaus,  mit 
der  ihm  eigentümlichen  Zeichnung  und  Form,  oder  die  des  Nashorns  selbst  oder  eines 
der  Tiere,  die  in  dem  Lande  vorkommen.  Das  Hörn  wird  verkauft;  man  bringt  es  als 
Schmuck  auf  Ledergürteln  an  wie  Gold  und  Silber,  und  die  Könige  und  Vornehmen  Chinas 
tragen  es;  sie  legen  hohen  Wert  auf  das  Tragen  und  zahlen  die  höchsten  Preise,  so  daß 
der  Preis  eines  Gürtels  2 — 41000  Dinare  erreicht.  Die  Gürtel  haben  goldene  Gürtelschlösser 
von  größter  Schönheit  und  Vollendung,  und  bisweilen  werden  sie  mit  Hilfe  goldener  Stifte 
(Zwingen?  ,-.■  '"':*■)  niit  allerlei  Edelsteinen  besetzt.  Die  erwähnten  Figuren  sind  schwarz 
auf  weiß,  bisweilen  wird  in  den  Hörnern  aber  auch  weiße  Zeichnung  auf  schwarzem  Grund 
gefunden,  im  übrigen  findet  man  keineswegs  in  allen  Ländern  diese  Zeichnungen.« 

Das  weitere  —  eine  Kritik  an  dem,  was  a  1  -  G  ä  h  i  z  im  Kiläb  al-hajawän  über  das 
Tier  berichtet  —  mag  auf  sich  benihen.  Dreihundert  Jahre  später  schreibt  K  a  z  w  I  n  i  : 
»Man  sagt,  daß  sich  in  seinem  Hörn  eine  Verzweigung  (Faserung  ?  i\.*JL.ii)  befindet,  deren 
Krümmung  der  des  Horns  entgegengesetzt  ist;  sie  besitzt  besondere  Kräfte,  und  das 
Zeichen  ihrer  Güte  ist,  daß  darin  die  Gestalt  eines  Reiters  sichtbar  wird.  Diese  Verzwei- 
gung wird  indessen  nur  im  Besitz  der  Könige  von  Indien  angetroflen.  Zu  den  Kräften 
des  Horns  gehört,  daß  es  jeden  Knoten  löst;  nimmt  es  jemand,  der  an  Kolik  leidet,  in  die 
Hand,  so  hat  er  sofort  Öffnung;  ebenso  hilft  es,  wenn  es  eine  Frau  nimmt,  die  in  Wehen 
liegt.  Gepulvert  und  getrunken  hilft  es  gegen  Epilepsie,  als  Amulet  gegen  halbseitige 
Lähmung  und  steifen  Hals.«  Es  fehlt  also  die  ausdrückliche  Erwähnung  der  Anwendung 
des  Horns  zu  Räucherungen  gegen  Hämorrhoidal-Knoten. 

Damiri  endlich  berichtet,  daß  das  Nashorn  eine  Länge  von  100  Ellen  und  mehr 
erreicht  und  drei  Hörncr  hat,  eins  zwischen  den  Augen  und  zwei  über  den  Ohren  —  also 
der  reine  Triceratops.  Vom  Hörn  wird  gesagt:  »Wenn  es  der  Länge  nach  zersägt 
wird,  so  ergeben  sich  allerhand  Figuren,  weiß  auf  schwarz,  Pfauen,  Gazellen,  allerhand 
Vögel  und  Bäume  und  Figuren  von  Menschen  u.  dgl.  Man  benutzt  Tafeln  davon  zum 
Bekleiden  der  Königsthrone  und  zu  Gürteln,  die  teuer  bezahlt  werden.«  Später  bringt 
Damiri  ohne  Nennung  der  Quelle  auch  den  Bericht  des  K  a  z  w  i  n  i  fast  wörtlich,  nur 
daß  er  die  iöouii  auf  die  Spitze  des  Horns  versetzt  (ioJs  (wl .  g\x-).  Als  Amulet  hilft 
das  Hörn  gegen  den  bösen  Blick  und  gegen  das  Straucheln  der  Pferde,  in  heißes  Wasser 
geworfen,  macht  es  dies  wieder  kalt. 

Bei  Dimiski  (ed.  Mehren  S.  157)  findet  sich  nur  eine  Beschreibung  des  zwei- 
hörnigen  Nashorns  und  seiner  Feindschaft  mit  dem  Elefanten,  aber  nichts  von  den  Heil- 
kräften des  Hornes.  Julius  Ruska. 


Kleine  Mitteilungen  und  Anzeigen.  jg-- 

Al-Husejn  b.  Mansür  al-Halläg. 

Unter  den  Momenten  des  erfreulichen  Fortschrittes,  den  unsere  Islamwissenschaft 
aus  den  jüngsten  Jahren  verzeichnen  kann,  darf  aii  hervorragender  Stelle  die  geschärfte 
Einsicht  erwähnt  werden,  die  uns  in  das  Wesen  und  in  die  Entwicklung  des  S  ü  f  i  s  m  u  s 
immer  mehr  ermöglicht  wird.  Während  wir  vor  noch  nicht  langer  Zeit  auf  die  »  T  h  e  o  - 
Sophia  Persarum  pantheistica«,  wie  sie  1831  Tholuck,  der  erste  wissen- 
schaftliche Erforscher  dieses  historischen  Elementes  des  Islam,  bezeichnete,  nicht  viel  mehr 
als  gleichsam  aus  der  Vogelperspektive  blickten  und  uns  auf  Grund  ihrer  Hterarischen  Er- 
zeugnisse und  ihrer  praktischen  Betätigung  eine  allerdings  nicht  unzutreffende  Vorstellung 
von  ihrem  Durchschnitt,  von  den  allen  ihren  Kundgebungen  gemeinsamen  Motiven 
und  Tendezen  bildeten,  wird  uns  jetzt  die  Differenzierung  des  Süfismus,  nach  seinen  ver- 
schiedenen Entwicklungsschichten,  nach  den  Wirkungen  der  Bestrebungen  und  Lehren 
seiner  hervorragendsten  Meister,  die  in  entscheidenden  Zügen  der  süfischen  Begriffswelt 
zuweilen  untereinander  wesentliche  Varietäten  aufweisen,  immer  näher  gebracht.  Auch 
auf  dem  Gebiete  des  Süfismus  können  wir  jetzt  tiefer  in  die  den  Anfängen  nahe  stehende 
Literatur  blicken,  als  uns  dies  der  bisher  zugängliche  Apparat  möglich  machte. 

Namentlich  sind  es  zwei  unserer  Fachgenossen,  denen  wir  in  der  Förderung  dieses 
Fortschritts  viel  verdanken:  der  Cambridger  Professor  Reynold  A.  Nicholson  und  der 
französische  Gelehrte  Louis  Massignon.  Die  jüngste  Veröffentlichung  des  letzteren  ') 
ist  die  Veranlassung  gegenwärtiger  Anzeige. 

M.  hat  sich  zur  Aufgabe  gesetzt,  die  Lehre  und  Wirkung  des  zu  Bagdad  309/922 
unter  der  Beschuldigung  der  Blasphemie  grausam  hingerichteten  H  a  1 1  ä  g  auf  Grund 
der  authentischen  Daten  seiner  Selbstbezeugung  darzustellen.     Während  der  letzten  vier 
Jahre  hat  er  in  wertvollen  Vorstudien  einige  spezielle  Punkte  seines  umfassenden  For- 
schungsgegenstandes behandelt.     In  den  Melanges  Derenhourg  (1909)  untersucht  er  die 
nach   der  Passion  des  Halläg  hervorgerufenen   Richtungsverschiedenheiten  unter  seinen 
Anhängern;  in  Revue  de  IHistoire  des  Religions  1911.  LXIII  195 — 207  legt  er  die  doketisti- 
schen  Gesichtspunkte  der  //allägijja  dar  und  erforscht  fernere  Anknüpfungen  für  dieselbe; 
die  Leser  dieser  Zeitschrift  (III  24S— 257)  konnten  hier  seinen  Athener  Kongreßvortrag 
über  Sinn,  Tragweite  und  verschiedene  Deutungen  des   dem  Halläg  zugeeigneten  und  so 
übel  vermerkten  Dictum  Ana  al-hakk  kennen  lernen.     Auch  das  vorliegende  Werk  wird 
als  Vorarbeit  für  eine  demnächst  erscheinende  Halläg-Monographie  vorgelegt.    Uns  freilich 
erscheint  sie  auch  an  sich  als  selbständig  abgeschlossene  Studie  über  die  Lehren  dieses  wunder- 
baren (die  Schüler  selbst  nannten  ihn  al-sejkh  al-garib)  Mannes.    Was  wir  bisher  über  ihn 
wußten,  ist  außer  den  betreffenden,  nicht  eben  erschöpfenden  Artikeln  in  den  Süfi- Biogra- 
phien und  den  apologetischen  Exkursen  über  sein  von  der  Orthodoxie  verfehmtes  Ana  al- 
Iiakk  zumeist  auf  die  Nachrichten  der  Historiker  gegründet,  die  in  mehr  oder  minder  ausführ- 
licher Weise  bei  Gelegenheit  der  Jahresnotierung  seiner  Hinrichtung  einige  Allgemeinheiten 
über  seine  Selbstglorifizierung  mitteilen  und  dieselbe  im  besten  Falle  mit  einigen  ihm  zu- 
geschriebenen mystischen  Versen  belegen.     Solche  Gedichtchen  scheinen  auch  in  weiten 
Kreisen  Popularität  eriangt  zu  haben.    Als  Zeichen  dafür  können  wir  die  Tatsache  erkennen, 
daß  eins  dieser  poetischen  Stücke,  dasselbe,  das  auch  im  ArTb  ed.  de  Goeje  106 — 107  von 
ihm  angeführt  wird,   in   einer   GenJzah-Yiznäschnit  in  hebräischer  Transskription 
anonym  vorhanden  ist  (JQR.  XV  180,  vgl.  ibid.  52S). 

0  Kitdb  al-  Tawäsin  par a  1  -  H  a  1 1  a  j  .  .  .  .  Texte  arabe  public  pour  la  premiere 

fois  d'apres  les  Manuscrits  de  Stamboul  et  de  Londres  avec  la  Version 'persane  d'al-Baqli, 
l'analyse  de  son  commentaire  persan,  une  introduction  critique,  des  notes  et  trois  indices, 
par  Louis  M.\ssignon  (Paris,  P.  Geuthner,  1913)  XXIV  -f  223  SS.  gr.  8». 


2^5  Kleine  Mitteilungen  und  Anzeigen. 

Zu  allererst  erhalten  wir  durch  Massignon  die  Möglichkeit,  in  ein  zusammenhängendes 
schriftstellerisches  Produkt  des  Halläg  Einblick  zu  nehmen  und  daraus  einen  unmittelbaren 
Eindruck  von  seiner  mystischen  Lehre  zu  gewinnen.  M.  hat  mit  eiserner  Ausdauer  alle 
Reste  aufgesucht,  die  an  Reden,  Briefen,  mystischen  Dichtungen  und  sonstigen  Kund- 
gebungen des  Halläg  in  arabischem  Original  oder  in  persischer  Übersetzung  Bakli's 
(st.  606/1 209),  in  dessen  Werken  sie  erst  entdeckt  werden  mußten,  mühsam  aufzustöbern  waren. 
Die  Mitteilung  dieser  ReHquien  des  Corpus  Hallägianum  hat  M.  für  seine  spätere  Mono- 
graphie zurückgelegt.  Den  Kern  des  vorliegenden  Bandes  bildet  die  Ausgabe  und  Erklärung 
eines  der  merkwürdigsten  Produkte  des  H.,  des  Kiiäb  al-TawäsTn.  (so  genannt 
nach  den  an  der  Spitze  dreier  Koransuren  stehenden,  als  mystisch  betrachteten  Buch- 
staben Tä-STn),  in  welchen  sich  H.  in  11  Abschnitten  über  die  zentralen  Lehrstücke  seiner 
mystischen  Weltanschauung  ausspricht.  Außer  einer  Hschr.  des  arabischen  Originals  im  Bri- 
tish Museum,  in  der  M.  das  J^awäsln-Buch  erkannte,  ist  es  ihm  geglückt,  in  einer  Stam- 
buler  Hschr.  der  Sathiijät  des  BaklT  ein  Kapitel  zu  entdecken,  das  eine  im  Verhältnis  zum 
arab.  Original  nicht  ganz  lückenlose  persische  Übersetzung  und  Interpretation  dieses 
Werkes  des  Halläg  enthält.  Um  die  Ediüon  dieser  beiden  Texte  (9 — 79)  gruppieren  sich 
die  gründlichen  und  scharfsinnigen  Erörterungen  des  Verf.  Nach  seinem  Nachweis  von 
17  Zitaten  aus  diesem  Werke  seit  dem  4.  Jahrh.  <1.  H.,  die  sich  in  den  von  M.  bearbeiteten 
Texten  wiederfinden,  kann  an  der  Authentie  der  auch  durch  B  a  k  1 1  kontrollierbaren 
Tawästn-Zchnit  nicht  gezweifelt  werden,  wenn  auch  die  Annahme  gelegenthch  durch  An- 
hänger des  H.  geschehener  kleinerer  Einschübe  nicht  vollends  ausgeschlossen  ist. 

Wir  glauben  uns  keiner  Überschätzung  schuldig  zu  machen,  wenn  wir  unserer 
Bewunderung  dafür  Ausdruck  geben,  was  M.  in  der  Erklärung  dieses  von  Rätseln  über- 
strömendenBuches  (»das  Zend  und  Päzend  der  mit  Gnade  erfüllten  Seele«  nennt  es  Bakli, 
S.  107)  geleistet,  das  er  durch  seine  Vertiefung  in  dieses  uferlose  Gedankenmeer  dem  Verständ- 
nis näher  gebracht  hat  (125 — 199).  Er  hatte  wohl  am  persischen  Kommentare  Bakli's, 
den  er  zur  Erklärung  benutzt  (79 — 108),  einige  Hilfe;  jedoch  die  verschlungene  Exposition 
dieses  mystischen  Erklärers  hat  nicht  weniger  Schwierigkeiten  zu  überwinden  gegeben 
als  che  exaltierte  Sprache  seiner  Vorlage  selbst,  die  —  wie  mir  scheint  —  zuweilen  auch 
die  Grenzen  des  arabischen  Wortvorrats  überschreitet,  um  in  jene  Ausdrucksart  zu  ver- 
fallen (die  Süfis  selbst  bezeichnen  sie  als  iLo'wj-*«)  ')>  ^^  jenseits  der  lexikalischen  Iber- 
Heferung  Hegt.  Die  Süfl-Tabakät  enthalten 'manche  Beispiele  solcher  mysüschen  l'n- 
sprache  (vgl.  ZDMG.  XXVI  771—775;  Nöldeke-Feslschrift  319);  auch  Halläg,  Tawäshi 
VI,  32,  XI  22  läßt  sich  zu  solcher  Glossolalie  hinreißen. 

Man    erwart?    nicht,    daß    wir    nach    Anleitung   M.s    hier    einen    Abriß    auch    nur 
der    Grundlehren,    zu    denen    die  Schwärmerei    Halläg's    führte,    folgen   lassen.     Dafür 


I)  I b  n  '  A  r  a  b  i ,  Tag  aUrasffil  (in  Maginu'at  al-rasä'il,  ed.  S  a b  r  i  a  1  -  K  u  r  d  i ,  Kairo 
1328)  556,  7    i\uMJ>    ÄmoLj.>w    v.;>JLä    wZJl,L.ii!     i5  O^-JJ  ^•,^;     564,  I    X.-0   'wJ^  iy^ 

i:L^-i>;    626,   5   v.u.  'i^.M*l\     ■^^\     ^^*^Ji.     \'g\.    K  e  1 1  ä  n  i ,     Salwat    al-anjäs 

(Fesi3i6)  II  198  s.  V.  'Abdal-'Aziz  al-Dabbäg;  dieser  verkehrte  mit  einem  Ahmed  b.'Ubejd 

\lläh  al-Misri  Nj     N£;.4^.>'     Js.jO    1\.>J . j ..«i^J 5     Kxi.^!     ^.♦.Xc    ,  c^Xl\    ».$,    J'St^    ,.,J 


Kleine  Mitteilungen  und  Anzeigen.  j57 

muß  ich  auf  das  Buch  selbst  verweisen,  das  jedem,  der  an  der  islamischen  Mystik 
interessiert  ist,  reichen  Ertrag  bringt.  Halläg  leistet  die  anschaulichste  Vergegen- 
wärtigung der  Synthese  zweier  scharf  gegensätzhcher  Anschauungen;  einerseits  der  von 
der  schroffsten  Transzendenz,  ja  sogar  der  intellektuellen  Unerreichbarkeit  der  Gottheit 
(S.  i88.  192),  andererseits  der  von  der  Infusion  ihres  Geistes  in  den  menschlichen  Geist, 
wodurch  der  Träger  des  letzteren  dazu  gelangt,  eine  Vergegenwärtigung  des  ersteren  zu 
werden.  Nicht,  wie  bei  gewöhnlichen  Süfis,  wird  durch  die  Abstreifung  der  Persönlichkeit 
das  Aufgehen  in  die  Gottesidee  angestrebt;  oder  wie  in  der  Conjunctio  (ittisät)  des  Ibn 
R  0  s  d  von  der  Möglichkeit  des  Eingehens  des  individuellen  Geistes  in  den  \Veltintellekt 
gesprochen.  Der  Fall  des  Halläg  zeigt  eben  einen  umgekehrten  Vorgang.  Der  auf  die 
höchste  Stufe  emporgestiegene  menschliche  Geist  nimmt  den  göttlichen  Geist  in  sich 
ein:  ein  erhöhter  Seelenzustand,  der  den,  der  ihn  erlebt  (und  Halläg  hatte  die  Sicherlieit 
davon  in  seinem  Bewußtsein),  zum  Ausruf  ana  al-hakk  befähigt.  Letzteres;  hakk  ist 
nicht  im  Sinne  des  Gottessynonyms  (es  ist  sonst  einer  der  99  asmä  Iiusyiä)  gemeint ;  M.  hat  die 
Evolution  dieses  Begriffes  S.  174  (und  öfters,  vgl.  Index  s.  v.)  dargestellt.  Die  Süfis  lehnen 
ihre  verschiedenartigen  Theorien  über  diesen  Begriff  zumeist  an  ihre  Exegese  zu  Sure  24 
V.  25  an.  Daran  möctite  ich  die  Xotiz  anknüpfen,  daß  auch  in  einem  ganz  trocken  gramma- 
tischen Texte  aus  dem  6.  Jahrh.  d.  H.  die  Bezeichnung  Gottes  als  V  «.Ä^^  -i->-  anzu- 
treffen ist  (  A  n  b  ä  r  i  ,  Kitäb  al-insäf  fl  masä  'il  al-chiläf,  ed.  Gotthold  Weil  199,  10). 
Dies  Einströmen  des  göttlichen  Geistes  in  den  menschlichen,  wodurch  der  begnadete 
Mensch  »zum  Zeugen  wird,  den  Gott  erwählt  um  ihn  gegenüber  aller  übrigen  Kreatur  zu 
vergegenwärtigen«  (S.  175),  ein  Hochgefühl,  dem  Halläg  in  den  aufs  höchste  gestimmten 
Tönen  jubelnder  Exaltation  in  dem  am  Vorabend  seiner  Hinrichtung  gesprochenen  Gebet 
(M.  teilt  es  in  fünf  Versionen  mit,  S.  201 — 208,  mit  Übersetzung)  Ausdruck  gibt,  steht  für 
ihn  nicht  im  Widerspruch  mit  den  äußersten  Forderungen  des  tanzJh.  Es  wird  uns  Pro- 
fanen schwer,  zu  begreifen,  wie  die  Ausgleichung  dieses  Widerspruches,  der  in  verschiedenen 
Formeln  durch  den  gesamten  SOfismus  zieht  (vgl.  hier  III  251),  von  den  Lehrern  desselben 
verstanden  \\ird.  Ihr  tan2th-'Btgx\ü  ist  im  allgemeinen  ein  anderer  als  der  der  philosophi- 
schen Spiritualisten.  Wie  die  Süfis  überhaupt  stets  darauf  Gewicht  legen,  daß  ihre  Wahr- 
heiten nicht  Ergebnisse  spekulativer  Arbeit,  sondern  intuitiver  Selbstvertiefung  sind 
(vgl.  meine  Vorlesungen  172  f.  und  besonders  noch  die  Rubä  'ijjäi  des  Abu  Sa'Td  ibn  abi-l- 
Chejr  nr.  291.  36^.  Journal  of  the  Asiat.  Soc.  of  Bengal  VII  65.;.  663),  so  ist  auch  ihr 
/aüsJ/i- Begriff  von   dem   der   Rationalisten   grundsätzlich  verschieden.      Ich   möchte   den 


Spruch  beiM.  187,  unten,  in  diesem  Sinne  anders  deuten  als  ihn  M.  versteht:  !».PiJ    ä,J;X 


y 


.^X^j) 


••  LJ  ^  j  ••  ^       >      -^  -  ••  <j      , 

)».J>.a3>.5  *.JLsiJt;     nicht     »Les    mo'tazilah     ont    pousse    le    t.    jusqu'a    retirer    ä    Dieu 

l'intellect  —  et  ils  ont  peche  en  cela;  les  soüfiyah  ont  pousse  le  t.  jusqu'a  retirer  ä  Dieu  la 
Science  et  en  cela  ils  ont  vu  juste«,  sondern:  »DieMu'taziliten  haben  da&  ianzTh  Gottes  aus 
Vernunftgründen  erschlossen  und  sind  dadurch  in  die  Irre  geraten;  die  .Süfis  haben  das 
tamJh  Gottes  aus  (intuitivem)  Wissen  ('//;»  die  höchste  Wissenschaft,  höher  als  ma'rifa, 
S.  194)  erkannt  und  haben  dadurch  das  Richtige  getroffen«.  Die  Stufen  im  Vordringen 
zur  höchsten  Erkenntnis  sowie  andere  mystische  Vorgänge  hat  Halläg  in  den  'fawäsJn 
durch  geheimnisvolle  geometrische  Figuren  veranschaulicht;  M.  gibt  hierfür  östliche  und 
westliche  Parallelen  (S.  166),  wozu  noch  die.  Darstellung  des  neuplatonischerv  Emanations- 
prozesses in  den  dazvä'ir  luahDii/ja  des  I  b  n  S  i  d  a  1  -  B  a  t  a  1  j  ü  s  i  (st.  521/1 127)  (hebr. 
Übersetzung  ed.  Kaufmann)  hinzugefügt  werden  könnte. 


j  53  Kleine  Mitteilungen  und  Anzeigen. 

In  den  dem  Texte  und  der  Erklärung  der  TaiväsJn  beigegebenen  Exkursen  hat  M.  eine 
Fülle  von  wichtigen  Gesichtspunkten  für  das  Verständnis  der  Formeln  des  Halläg  {huwa 
huwa  u.  a.)  und  der  islamischen  Mystik  im  allgemeinen  eröffnet.  Überraschend  ist  der 
Nachweis  des  Zusammenhanges  der  mystischen  Midakallim-Schule  der  Sälimijja,  über 
die  erst  in  jüngster  Zeit  wiederholt,  freilich  in  tastender  Weise,  gehandelt  wurde  (ZDMG. 
LXI  73  IT.  LXV  365,  JRAS.  1912,  573  ff.)  mit  den  Lehren  des  Halläg,  sowie  die  Zuweisung 
des  Verfassers  des  Küt  al-kulüb  zu  jener  Schule  (s.  die  Stellen  im  Index  s.  vv.),  wodurch 
ganz  neues  Licht  für  das  Verständnis  des  Standpunktes  des  A  b  ü  T  ä  1  i  b  a  1  -  M  e  k  k  i 
gewonnen  ist.  Überaus  wichtig  ist  der  Nachweis  christlicher  Anknüpfungen  des  Halläg 
{lähüt  und  näsüt,  zwei  Naturen,  S.  131),  sowie  die  Erklärung  der  in  den  T<iK<äsTn  wiederholt 
vorkommenden  Rechtfertigung  des  IhlTs  in  seiner  Weigerung,  dem  Adam  die  Prostration 
zu  leisten,  und  des  Pharao  in  seiner  Selbstvergötterung;  eine  auch  späteren  süfischen  Schulen 
eigentümliche  Anschauung  (die  Nachweise  S.  173^-).  <^ie  ihnen  von  der  Orthodoxie  als 
eine  ihrer  ketzerischen  Verirrungen  vorgeworfen  vird.  In  einer  Streitschrift  des  I  b  n 
T  e  j  m  i  j  j  a  {al-Furkän  bejna-l-liakk  wal-bä/il,  in  der  größeren  Magmü'ai  al-rasä'il, 
Kairo  1324,  I  146)  wird  eine  Episode  über  die  Pharaoverehrung  der  Süfileute  erzählt  (vgl. 
ZDMG.  LH  548). 

Ein  hervorragender  Vorzug  der  Arbeitsmethode  Massignon's  besteht  in  der  staunens- 
werten Fülle  des  Qucllenapparates,  den  er  für  die  Darstellung  seines  Untersuchungsgegen- 
standes sammelt  und  mit  kritischem  Blick  verwertet.  Abgesehen  von  den  europäischen 
Bibliotheken  hat  er  z.  B.  die  Handschriften  der  entlegensten  Stambuler  Bücherschätze 
durchforscht,  um  aus  der  Hailägtragödie  zeitlich  nahestehenden  Werken  Daten  über  Leben 
und  Lehren  des  Märtyrers  zu  erreichen,  die  Rätsel  seiner  Lehre  aufzuklären  und  die  aus 
derselben  hervorgegangenen  süfischen  Richtungen  (Hallägijja)  nach  ihren  Varietäten 
zu  kennzeichnen.  Der  Reichtum  dieses  Apparates  wird  erst  in  der  noch  ausstehenden  Mono- 
graphie voll  zur  Geltung  kommen;  er  kommt  jedoch  selbstverständlich  bereits  voriiegender 
Schrift  zugute,  und  von  seiner  Fülle  kann  uns  beispielsweise  der  auf  S.  178  angedeutete 
Quellenschatz  eine  Ahnung  geben.  M.  hat  im  Laufe  dieser  Studien  \%ichtige  süfische  Quellen- 
werke zu  allererst  verwertet.  Wir  nennen  außer  den  Werken  des  Kaläbädi,al-Hakim 
al-Tirmidi,  Ibn  Bäküjah,  Bakli  u.  a.  vorzugsweise  den  nur  noch  in  einer 
einzigen  Stambuler  Hschr.  vorhandenen  Korankommentar  des  S  u  1  a  m  i  aus  Nisäbür 
(st.  41 2/1 021),  vielleicht  das  älteste  umfassende  süfische  Ta/sfrwerk,  das  für  die  Kenntnis 
der  süfischen  Lehren  und  ihrer  Anpassung  von  großer  Wichtigkeit  ist  und  von  M.  in 
fruchtbarer  Weise  verwertet  wurde.  Es  sollte  doch  trotz  des  üblen  Leumundes,  mit  dem 
es  von  der  Orthodoxie  behaftet  wurde  (S.  iio,  n..l.,  vgl.  JRAS.  191 2,  584,  Anm.  5  v.  u.), 
durch  eine  orientalische  Druckerei  zugänglich  gemacht  werden.  Wie  wir  aus  den  vor- 
läufigen Aerweisungen  M.s  ersehen,  wird  seine  Halläg-Monographie  eine  Bibliographie 
von  mehr  als  tausend  Nummern  umfassen. 

Wir  gestatten  uns  zum  Schluß  noch  einige  wohl  nur  geringfügige  Additamenta  zu 
dem  reichhaltigen  Material  des  Verf.  hinzuzutun: 

S.  12S.      Über    die    Streitfrage:     Präexistenz    (ö^  ^    ,»0^)  oder   Erschaffensein 

der  Buchstaben  und  die  dogmatische  Motivierung  der  verschiedenen  Stellungnahme  in  dieser 
Frage,  s.  REJ,  L  1S8  ff.  und  meine  Anmerkung  zu  Kitäb  ma'äni  al-nafs  S.  26*;  vgl.  noch 
J  ä  f  i '  i  ,  Rand  al-rajä/nn  (Kairo  1297)  328    unten. 

S.  129,  Anm.  2.  Gazäli  führt  die  Tradition  mit  dem  Text  i^jj^^  A^-  an 
{Miskät  al-anwär,  Kairo  1322,  7,  8);  im  selben  Traktat  34—35  setzt  er  jedoch  als  einzig 
richrige  Lesart  . 'l*:>-JI  5,.>o  ^Jlc  voraus  und  knüpft  mystische  Erwägungen  an 
dieselbe  an. 


Kleine  Mitteilungen  und  Anzeigen.  "  i5q 

S.  136,  Anm.  2.  Die  Frage  über  Präexistenz  oder  Erschaffensein  des  rü/i  wird  von 
Ibn  Kajjim  al-Gauzija,  in  seinen  Kitäb  al-rüh  (ed.  Haidarabad)  249  ff.  mit 
Angabe  der  einai^der  entgegenstehenden  Meinungen  eingehend  behandelt.     Unter  den  Be- 

kennern   der   ersteren   Ansicht   (j.iAs)  wird    Ibn    H  a  z  m  erwähnt.     Dahabi,  Mlzän 

al-iHidäl  (ed.  Lucknow  1S84)  I  36  s.  v.  A  h  m  e  d  b.  T  ä  b  i  t  a  1  -  T  a  r  k  i  :   i3yij    ,-\.^ 

Ä.JbL>L=?.  OLa:>-  (c!^  ^-Le  is..*.JiAi  —  ».Jl.  Eine  interessante  Nachricht  darüber  bei  Täfi'i 
1.  c.  329  unten. 

Das  Verzeichnis  S.  222  könnte  noch  um  einige  Kleinigkeiten  vermehrt  werden; 
doch  dies  kann  getrost  jedem  Leser  überlassen  bleiben.  Das  der  Behandlung  der  Texte 
beigegebene  Glossar  der  termini  technici  und  der  selteneren  \Yürter  (iio — 123)  ist  ein  nütz- 
licher Beitrag  zur  Kenntnis  der  Süfisprache,  die  ja  in  den  Lexicis  nur  mangelhaft  in  Be- 
tracht gezogen  ist. 

Die  in  diesem  Buche  in  so  origineller  Weise  aufgezeigten  neuen  Gesichtspunkte  lassen 

uns  ahnen,  welche  erfreuliche  Bereicherung  die  Geschichte  des  Süfismus  auf  Grund  der  von 

Massignon  erschlossenen  Materialien  von  ihm  zu  erwarten  hat. 

I.   G  0  1  d  z  i  h  e  r. 


Islamisches   und  modernes  Recht  in  der  kolonialen  Praxis. 

Im  folgenden  veröffentliche  ich  ein  Gutachten,  das  ich  für  ein  ostafrikanisches  Ge- 
richt erstattet  habe,  da  es  sich  mit  allgemein  interessierenden  Fragen  beschäftigt.  Dem 
Fachmann  wird  zwar  sachlich  nichts  Neues  geboten,  doch  dürfte  der  Versuch,  die  Stellung 
des  islamischen  Rechtes  im  modernen  Rechte  zu  präzisieren,  manche  Theoretiker  wie 
Praktiker  interessieren. 

Gutachten 

in  Sachen  N.  N.  gegen  X.  Y.  über  die  strittige  Behauptung  der  Parteien, 

1.  daß  nach  dem  Rechte  der  Sultane  von  Zanzibar  dem  regierenden  Sultan  die  Verfügung 
über  das  Krongut  oder  Staatsgut  durch  Verkauf  oder  Schenkung  usw.  entzogen  war 
oder  nicht  zustand;  , 

2.  daß  alles  Vermögen,  welches  die  regierenden  Sultane  mit  den  Einnahmen  aus  Zoll- 
oder  sonstigen  Steuererträgnissen  durch  Kauf  usw.  erwarben,  Krön-  oder  Staatsgut 
wurde. 

Die  Beurteilung  dieser  Behauptungen  hängt  ab  von  der  Vorfrage:  »Welches  Recht 
Avar  für  di  "  Sultane  von  Zanzibar  maßgebend?«  Diese  Frage  ist  nicht  einfach  mit  der 
Antwort:  »das  islamische  bzw.  ibaditische  Recht«  gelöst;  denn  das  Sultanat  Zanzibar 
war  kein  Rechtsstaat,  in  dem  das  islamische  Recht  als  autoritative  Rechtsnorm  der  Ge- 
setzeskodifikation irgendeines  europäischen  Staates  entsprach.  Die  Lage  war  viel  primi- 
tiver und  erscheint  gerade  deshalb  für  unser  an  europäische  Rechtsverhältnisse  gewöhntes 
Urteil  nicht  ohne  weiteres  durchsichtig.  Vor  allem  wird  man  sich  hüten  müssen  durch 
Übertragung  europäischer  Staats-  und  privatrechtlicher  Begriffe  und  Termini,  w'ie  Kron- 
gut, Vor-  und  Nacherben  usw.  auf  orientalische  Verhältnisse  den  wahren  Sachverhalt 
zu  verschleiern  und  zu  verwirren. 

Grundlegend  für  die  Beurteilung  der  Rechtslage  ist  die  richtige  Stellung  zum  islami- 
schen Recht,  der  Sckeri'a.  Durch  die  unglückliche  Verdeutschung  »islamisches  Recht« 
bekommt  die  ScherPa,  die  richtiger  als  »Pflichtenlehre«  zu  übersetzen  ist,  den  Charakter 
einer  normativen  Gesetzsammlung  wie  Deutsches  oder  Römisches   Recht,   die  aus  dem 


1 70  Kleine  Mitteilungen  und  Anzeigen. 

Rechtsbewußtsein  und  der  Rechtspraxis  der  betreffenden  Völker  erwachsen  sind  und 
staatliche  Anerkennung  oder  gar  Kodifizierungen  erlebt  haben.  Das  sogenannte  islamische 
Recht  ist  etwas  völlig  a  n  d  e  r  e  s.  Es  ist  das  Produkt  der  freien  Spekulation  der  Studier- 
stube. Aus  Sätzen  des  römischen  Rechts  und  aus  talmudischen  Forderungen,  aus  korani- 
schen Vorschriften  und  altarabischem  Gewohnheitsrecht  ist  die  Schert'a  in  einem  das  wirk- 
liche Leben  völlig  ignorierenden  schulmäßigen  Ausbildungsprozeß  als  reine  Idealpflichten- 
lehre theologischer  Eiferer  entstanden.  Seit  Jahrhunderten  wird  sie  von  den  religiösen 
Lehrern  als  ideales  Lebensregulativ  dem  Volke  gepredigt,  aber  die  staatlichen  Instanzen 
wie  die  praktische  Rechtsübung  des  Volkes  haben  sich  diesen  in  der  Praxis  in  extenso 
völjig  undurchführbaren  religiösen  Postulaten  gegenüber  stets  ablehnend  verhalten,  wenn 
sie  auch  ihre  theoretische  Gültigkeit  nie  zu  bestreiten  gewagt  haben.  Das  sogenannte 
islamische  Recht  hat  also  nicht  die  Bedeutung  eines  kodifizierten  Rechtes,  ja  nicht  einmal 
die  eines  Gewohnheitsrechtes,  sondern  nur  die  eines  religiösen  Lebensideals. 

Das  islamische  Recht  darf  nun  aber  trotz  dieser  Sachlage  nicht  völlig  außer  acht 
gelassen  werden ;  denn  gewisse  Teile  der  Schcri'a  sind  von  dem 
Gewohnheitsrecht  der  islamischen  Völker  rezipiert  worden. 
Da/.u  gehört  in  weitestem  Umfange  das  Ehe-  und  Erbrecht,  das  als  Teil  des  im  engeren 
Sinne  religiösen  Rechtes  fast  überall  die  alte  Volkssitte  verdrängt  hat.  Aber  selbst  hier 
hat  sich  gelegentlich  das  alte  Gewohnheitsrecht  {'äda,  desluri)  als  stärker  erwiesen.  So 
ist  z.  B.  nach  der  Scherl'a  die  Testierfähigkeit  des  Erblassers  auf  ein  Drittel  seines  Ver- 
mögens beschränkt,  nach  der  gültigen  Suahelipraxis  aber  darf  der  Erblasser  über  die 
Hälfte  seines  Vermögens  testamentarisch  verfügen,  ol.ne  dadurch  sein  Testament  rechts- 
ungültig zu  machen.  Hier  durchbricht  also  das  Gewohnheitsrecht  die  Rechtsgültigkeit 
der  Schert'a  selbst  auf  einem  im  übrigen  vom  Gewohnheitsrecht  rezipierten  Teilgebiet. 
Also  darf  man  nirgends,  ohne  die  lokale  Praxis  zu  berücksichtigen,  schematisch  die  Regeln 
der  Scherl'a  in  Anwendung  bringen,  selbst  wenn,  wie  beim  Erbrecht,  dieser  Teil  der  reli- 
giösen Forderung  im  allgemeinen  in  die  Volkspraxis  übergegangen  ist. 

Noch  viel  weniger  darf  man  aber  diejenigen  Teile  der  Schert'a  der  Rechtsprechung 
zugrundelcgen,  die  nie  und  nirgends  in  der  Praxis  durcl geführt  worden  sind,  und  die  zum 
Teil  direkt  dem  Rechtsempfinden  des  Volkes  widersprechen.  Zu  diesen  rechtlich  völlig 
u  n  w  i  r  k  s  a  m  c  n  Gebieten  der  Schert'a  gehört  aber  in  erster  Linie  das  Staats- 
recht. 

Das  islamische  Staatsrecht  —  darin  stimmen  alle  Schulen  mit  der  ibaditischen  über- 
ein —  kennt  einen  Staatsschatz  {bau  el-mäl),  dessen  Einnahmen  und  AusgaDen  genau 
geregelt  sind.     Es  kennt  auch  eine  scharfe  Trennung  zwischen  Staatsbesitz  und  Privat- 
besitz des  Herrschers.   Die  Einnahmen  aus  den  Zöllen  fließen  nach  seiner  idealen  Forderung! 
in  den  Fiskus,  und  das  Staatsoberhaupt  hat  kein  Recht,  den   Staatsbesitz  in  privatem 
Interesse  zu  veräußern.    Aber   alle   diese   sc  honen    Bestimmungen   sind 
rein   ideelle  Forderungen,   die   für   die   wirkliche   Handhabung! 
der   Geschäfte   nie    und   nirgend   maßgebend   gewesen   sind.     Die 
Forderungen  des  islamischen  Staatsrechts  sind  selbst  in  der  Kalifenzeit  niemals  wirkliche! 
Rechtsnorm  gewesen,  ja  sie  sind  in  ihrer  Mehrzahl  ein  Protest  gegen  die  Wirklichkeit  und 
gegen  das  Gewohnheitsrecht.     Das  staatsrechtliche  Gewohnheitsrecht  war  aber  in  allen 
mohammedanischen  Ländern  der  Absolutismus,   der  vom   Rechtsempfinden  des  Volkes  i 
anerkannt  war.     Es  gab,  ebenso  wie  im  deutschen  Fürstenrecht  bis  an  die  Schwelle  der 
Neuzeit,    keinen   Unterschied   zwischen    Staatseigentum    und    Privateigentum   des    Herr- 
schers.   Nur  die  Theologen  haben  in  ihren  theoretischen  Spekulationen  dagegen  geeifert, 
aber  selbst  sie  haben  die  tatsächlichen  Verhältnisse  in  soweit  anerkannt,  als  sie  den  Ge- 
horsam selbst  dem  ungerechten  Herrscher  gegenüber,  sofern  er  nur  Muslim  war,  als  einj 
Gebot  der  SchcrT'a  hinstellten. 


Kleine  Mitteilungen  und  Anzeigen.  17  1 

Soll  man  unter  diesen  Umständen  als  europäischer  Beurteiler  islamischer  sein,  als 
die  Muslime  und  theoretische,  in  der  Wirklichkeit  nie  durchgeführte  Ansprüche  der  isla- 
mischen Religio*slehre  als  bindende  Rechtsnorm  anerkennen  ?  Oder  soll  man  die  fakti- 
schen Verhältnisse  nehmen  und  aus  der  Handhabung  der  Geschäfte  und  ihrer  öffentlichen 
Anerkennung  eine  Art  von  Gewohnheitsrecht  ableiten,  das  man  der  eigenen  Beurteilung 
zugrunde  legt  ?  Ich  möchte  mich  unbedenklich  für  diese  letztere  Behandlung  entscheiden. 
Wie  lagen  nun  die  Verhältnisse  in  Zanzibar  ?  Soweit  die  Schetl'-a  als  Gewohnheits- 
recht rezipiert  war,  galt  das  ibaditische  Recht.  Die  staatsrechtlichen  Bestimmungen  der 
ScherPa  wurden  aber  hier  ebensowenig  wie  sonstwo  durchgeführt,  da  sie  dem  Gew'ohn- 
heitsrecht  widersprachen,  vielmehr  hat  jeder  Sultan  von  Zanzibar  wie  die  Herren  aller 
anderen  islamischen  Staaten  die  Staatseinnahmen  als  Privateigentum  behandelt  und  frei 
über  den  aus  Staatsmitteln  erworbenen  Grund  und  Boden  verfügt.  Entsprechend  ver- 
erbten sich  die  von  ihm  erworbenen  Schätze  und  Besitzungen  nach  dem  gültigen  Privat- 
erbrecht des  ibaditische-n.  Ritus.  Gewiß  mag  es  vorgekommen  sein,  daß  der  neue  Sultan 
seinen  Miterben  ihre  Erbschaftsanrechte  erheblich  beschnitt.  Auch  mag  es  üblich  ge- 
wesen sein,  daß  Kanonen,  Gewehre  und  ähnliches  auf  den  neuen  Herrscher  übergingen. 
Keinenfalls  darf  man  aber  aus  einer  solchen  Praxis  die  Existenz  einer  Art  von  Krongut 
ableiten;  denn  bei  Lebzeiten  hätte  keine  Macht  der  Welt  den  Sultan  verhindern  könnep, 
Waffen  oder  den  Sultanspalast  oder  die  Zolleinnahmen  oder  irgendwelche  Schamben  zu 
veräußern,  und  im  Todesfalle  fiel  nach  dem  Gewohnheitsrecht  der  ganze  Besitz  des  Fürsten, 
ja  selbst  die  Kriegszwecken  dienenden  Schiffe,  unter  das  ibaditische  Privaterbrecht. 

Literarische  Belege  für  diese  Praxis  sind  allerdings  schwer  beizubringen,  doch  kann 
ich  eine  autoritative  Zeugin  nennen,  nämlich  Frau  Emily  Ruete,  geb.  Prinzessin  von 
Oman  und  Zanzibar,  die  Tochter  des  Sultans  Sa'id,  die  Schwester  der  Sultane  Bar- 
gasch und  ]\I  a  d  i  i  d.  In  ihren  1886  erschienenen  Memoiren  einer  arabischen  Prinzessin 
(Berlin  W.,  Rosenberg.  3.  Aufl.)  Bd.  I,  142  spricht  sie  sich  anläßlich  des  Todes  ihres  Vaters 
ausführlich  über  diese  Verhältnisse  aus.     Sie  sagt: 

»Einen  Staat  nach  europäischen  Begriffen  gibt  es  bei  uns  nicht;  es  fehlt  also  auch 
alles,  was  hier  aus  diesem  Begrift'e,  aus  dieser  Auffassung  sich  ergibt;  vor  allem  weiß 
man  nichts  von  Staatseinnahmen  und  Staatsausgaben.  Alles,  was  die  Zölle  einbrachten, 
war  einfach  reines  Privateigentum  des  Herrschers,  unseres  Vaters.  Aus  diesen  und  aus 
den  Erträgen  seiner  Plantagen  besonders,  indem  er  zugleich  der  größte  Grundbesitzer 
auf  der  Insel  war,  besti-itt  er  alle  Ausgaben  und  füllte  seinen  Schatz.  Dafür  gab  es  aber 
auch  zu  meiner  Zeit  wenigstens  weder  Einkom.men-,  noch  Grund-,  noch  Gewerbe-  und 
andere  Steuern,  wie  man  sie  hier  in  Fülle  hat.  Dieses  ganze  Privateigentum  wurde  unter 
uns  Geschwister  verteilt;  selbst  die  Kriegsschiffe  wurden  als  solches  behandelt  und  Tueny 
und  Madjid,  welche  dieselben  übernahmen,  nach  einer  gewissen  Taxe  auf  ihren  Anteil 
angerechnet.« 

Diese  Darlegung  stimmt  zu  allen  anderen  Nachrichten,  die  sonst  über  die  Verhält- 
nisse in  Zanzibar  bekannt  sind,  und  sie  entspricht  durchaus  der  Praxis,  die-  in  anderen 
derartigen  muhammedanischen  Staatswesen  geübt  wurde. 

Auf  Grund  des  entwickelten  Gedankenganges  glaube  ich  die  eingangs  aufgestellten 
Fragen  so  beantworten  zu  sollen: 

1.  daß  nach  dem  absolutistischen  Gewohnheitsrecht  der  Sultane  von  Zanzibar  keinerlei 
Hinderung  bestand,  daß  der  regierende  Fürst  über  Einnahmen  und  Liegenschaften, 
die  wir  als  Staats-  oder  Krongüter  bezeichnen  würden,  frei  verfügte  und 

2.  daß  alles  Vermögen,  welches  die  regierenden  Sultane  mit  den  Einnahmen  aus  Zoll- 
oder sonstigen  Steuererträgnissen  durch  Kauf  usw.  erwarben,  zweifellos  nicht  als 
Krön-  oder  Staatsgut  im  europäischen  Sinne  des  Wortes  galt,  sondern  als  Privat- 
eigentum der  Fürsten  behandelt  wurde. 


J72  Kleine  Mitteilungen  und  Anzeigen. 

Ein   Urteil  darüber,  ob  diese  Rechtslage  durch  die  Tatsache  der  deutschen  resp. 
englischen    Besitzergreifung   Ostafrikas   modifiziert   wird,    liegt   außerhalb    meiner    Kom- 

Peten^-  C.    H.    Becker. 


Mir  Islama  (^IipT>  IIcjiaMa)  Bd.  I,  Heft  2. 

Die  neue  Nummer  des  Mir  Islama  bietet  ein  weil  reichhaltigeres  Programm  noch  als 
das  erste  Heft  und  erfüllt  in  ihrer  Zusammensetzung  durchaus  die  im  vorigen  Hefte 
dieser  Zeitschrift  ausgesprochenen  Wünsche  und  Erwartungen. 

E.  W.  I\Ioi,osTwo\vA  widmet  die  einleitende  Arbeit  der  vor  nicht  gar  zu  langer  Zeit 
in  Rußland  in  und  bei  Kasan  aufgetretenen  tatarischen  Sekte  der  Waissiten  oder,  wie 

sie  sich  selber  nennen :  BancOBl.  oO'Aiiil  llO.lK'h,  das  GoUesheer  des  Waiss,  &;0>-'ü  ä.S-5  {firka-i- 
vägia).  —  Die  Legende  berichtet:  Noch  als  Zeitgenosse  Muhammeds  lebte  ein  heiliger 
Mann  mit  Namen  Waiss,  der  Begründer  der  Lehre  des  »Gotlcsheeres«.  Nach  Rußland 
drang  diese  Lehre  im  9.  Jahrhundert,  als  an  der  Wolga  noch  die  Bulgaren  residierten, 
und  ihr  Prophet  v.ar  Sjubjager  Binidshegeda  (ävA*:>-  ^J  -u ;),  der  die  Tochter  des 
Bulgarenchans  heiratete.  Von  den  Bulgaren  übernahmen  den  Islam  die  Tataren  unter 
Berkaj;  die  reinste  Ausbildung  der  waissitischen  Lehre  aber  blieb  den  Nachkommen  der 
Bulgarenchanc  vorbehalten,  unter  denen  immer  wieder  neue  Lehrer  aufstanden.  Einer 
von  diesen  war  —  und  damit  beginnt  die  Geschichte  —  Derdemcnd  Derwisch  Bagaatdin 
f^juXiiJ  i:L^)  Waissoff,  der  Vater  des  jetzigen  sartfa^-s,  Ginanutdin  (qJiA^!  ,.,LÄc)Wai3sorf, 
geboren  1804  in  Malwina,  Guv.  Kasan.  Seine  Ausbildung  erhielt  er  auf  Reisen,  die  ihn  weit 
in  das  Innere  Asiens  führten.  Als  er  nach  Kasan  zurückkehrte,  gründete  er  im  Jahre 
1S62  das  »Kaiserliche  Gebetshaus«,  wo  er  die  »wahre  Lehre«  gleichsam  mit  Wissen  und 
Billigung  Alexanders  II.  verkündete.  In  seinen  Predigten  griff  er  die  orthodoxe  tatarische 
Geistlichkeit  heftig  an,  die  wiederum  Gleiches  mit  Gleichem  vergalt,  so  daß  Bagautdin 
genötigt  war,  sich  von  der  Orthodoxie  endgültig  loszusagen.  Mit  der  russischen  Regierung 
kam  er  in  Konflikt  auf  Grund  seiner  Lehre,  daß  er  zwar  dem  Zaren,  nicht  aber  der 
Zivilverwallung  zu  gehorchen  habe.  Diese  Lehre  führte  kcnsequenterweise  zur  Steuer- 
verweigerung, die  von  ihm  und  seinen  Anhängern  bis  zum  Äußersten  durchgehalten  wurde. 
Nach  einer  heftigen  Schießerei  zwischen  der  Polizei  und  den  Sektierern  wurden  die  über- 
lebenden Waissiten  verhaftet  und  im  Jahre  1884  nach  Sibirien  gesandt;  das  kaiserliche 
Gebetshaus  aber  wurde  von  den  Tataren  geplündert,  Bagautdin  starb  in  der  Verbannung 
im  Jahre  1S93.  Seine  Lehre  aber  wurde  von  seinen  Anhängern,  die  in  jenen  Pogrom  nicht 
verwickelt  waren,  im  geheimen  weiter  gepflegt  und  trat  wieder  stärker  hervor,  als  sein  Sohn 
Ginanutdin  im  Jahre  1905  in  das  geplünderte  Haus  zurückkehrte  und  sich  als  Nachfolger 
seines  Vaters  bekannte.  Das  Haus  hieß  jetzt  »Kaiserliches  Gebetshaus  der  ganzen  Welt, 
unabhängige  geistliche  \'erwaltung  und  Kanzlei  des  sardars  des  Waissschen  Gottesheeres 
und  muhammedanische  Akademie«.     Den  sardar  nennen  seine  Anhänger:    ->0  jI  J>^Li^,i 

...Lac  lA^.^  ü^:>-i».j>  »L>r,A./ww  \_5.^ji  v.^jJiÄ,l  \>.;>-wi  iö.5  ,iJ-^  -jLwJ)  v_^j..c 
k. )  •  -^  y     ••  ^  ■   ■•  ••  ■  ^   j   ^      \  •  "^ 

,.-jiAJ),  den  mächtigen  Kämpfer,  den  Sprachgewaltigendes  Islams,  den  sardar  der  rettenden 
Abteilung(des  Gottesheeres),  den  erhabenenFührer,  kraftgeborenen  Meister Muhammed'Inän 
addin.  Aber  auch  diese  Herrlichkeit  dauerte  nur  kurze  Zeit,  da  auch  der  Sohn  getreu 
den  Fußstapfen  des  Vaters  folgte;  er  redete  gegen  die  Duma,  weigerte  sich,  sich  Pässe 
ausstellen  zu  lassen,  fertigte  vielmehr  solche  selber  aus,  erbat  sich  vom  Zaren  100  000 
Rubel,  um  mit  seiner  Gemeinde  sich  im  alten  bulgarischen  Reiche  an  der  Wolga  nieder- 
lassen zu  können,  verweigerte  Militärdienste  und  Ab."abcn. 


Kleine  Mitteilungen  und  Anzeigen.  j-:? 

Die  Verfasserin  erzählt  noch  von  einer  sehr  fessehiden  Episode,  einer  Begegnung 
zwischen  dem  sardar  und  Tolstoj,  die  dieser,  enthusiasmiert  durch  so  viel  Negativismus, 
herbeitreführt  hatte,  und  die  ihn  reichlich  enttäuschte. 

Zum  Aufruhr  kam  es  auch  dieses  Mal,  als  man  der  Sekte  wegen  Militärdienstver\vei<^e- 
rung  den  Prozeß  machte.  Ihre  Führer  wurden  wegen  Zugehörigkeit  zu  einer  verbotenen 
Gesellschaft  zu  Gefängnisstrafe  verurteilt,  die  sie  zurzeit  verbüßen.  Damit  wurde  dieser 
Sekte,   die  immerhin   einige   tausend  Mitglieder  zählte,    der  Mittelpunkt  genommen. 

Die  Lehre  der  Waissiten  unterscheidet  sich  nach  dem  Gutachten  des  im  Strafprozeß 
vernommenen  gerichtlichen  Sachverständigen  kaum  von  der  des  hanefitischen  Sunnismus, 
wie  ihn  die  Tataren  der  Krim  in  Orenburg,  Astrachan  und  Kasan  bekennen.  Auf  mancherlei 
kleine,  fast  möchte  man  sagen,  individuelle  Abweichungen  einzugehen,  die  die  Verfasserin 
aufzählt,  verbietet  hier  der  Raum. 

Der  zweite,  in  seiner  Kürze  und  GHederung  vorzüglich  geschriebene  Aufsatz  von 
Chaschtschab  behandelt  die  »udrischafilicke  Lage  des  neuzeitlichen  Persiens  und  seinen 
Handel  mit  den  übrigen  Ländern«. 

In  der  Einleitung  weist  der  Verfasser  darauf  hin,  wie  wichtig  und  bedeutsam  für  eine 
richtige  Erkenntnis  des  Orients  nicht  nur  die  Erforschung  der  Geschichte  und  Bevölkerung 
in  ihren  Entstehungsbedingungen,  sondern  auch  im  Zusammenhange  damit  die  Kenntnis 
der  wirtschaftlichen  Lage  und  Möglichkeiten  sei,  da  die  geographische  Lage  eines  Landes 
immer  einen  bedeutenden  Einfluß  auf  die  erstgenannten  Faktoren  ausübe. 

Nach  einem  kurzen  Überblick  über  die  geographische  Lage  Persiens,  seine  Grenzen 
und  ihre  ZugängHchkeit  geht  der  Verfasser  dazu  über,  die  Hauptverkehrsstraßen  und  die 
Verkehrsmöglichkeiten  auf  ihnen  zu  behandeln;  wobei  der  Schiffahrtsunternehmung 
der  früheren  Firma  »Companie  Aleman«  auf  dem  Urmiasee  und  ihrer  Straßenbauten  ins- 
besondere gedacht  wird.  An  der  Hand  der  von  der  persischen  Zollbehörde  unter  Leitung 
belgischer  Instrukteure  herausgegebenen  Statistique  commerciale  de  la  Perse,  commerce 
avec  les  pays  etrangers,  bespricht  dann  Chaschtschab  den  persischen  Außenhandel  und 
seine  Entwicklung   bis    in    das  Jahr  191 1,    das  letzte,    für  das  die  Statistiken  vorliegen. 

Bei  den  engen  politischen  Beziehungen  und  der  geographischen  Lage  Persiens  zu  Ruß- 
land kann  es  nicht  wundernehmen,  daß  Rußland  sowohl  der  größte  Abnehmer  wie  auch  der 
größte  Importeur  für  Persien  ist.  70  %  der  persischen  Ausfuhr  gehen  nach  Rußland, 
und  45  %  des  gesamten  Imports  kommen  dorther.  Die  zweite  Stelle  nimmt  naturgemäß 
England  ein,  vor  allem  auch  wegen  der  nachbarlichen  Beziehungen  zwischen  Persien 
und  Indien;  ihm  gehört  insbesondere  die  Einfuhr  der  Südküste.  Schon  an  dritter  Stelle 
erscheint  nach  den  Ausführungen  des  Verfassers  Deutschland  als  ein  um  so  ernster  zu 
nehmender  Konkurrent,  als  es  diese  Position  erst  in  den  letzten  fünf  Jahren  sich  erobert 
hat  und  zu  ihr  von  zehnter  und  elfter  Stelle  aufgerückt  ist.  Aus  den  Angaben  der  Statistik 
ist  dies  nicht  ohne  weiteres  ersichtlich;  dort  figuriert  nämlich  an  dritter  Stelle  die  Türkei. 
Bei  einer  näheren  Betrachtung  der  von  der  Türkei  eingeführten  Waren  erweist  sich  indes, 
daß  es  sich  meist  um  fertige  Fabrikate  und  Gebrauchsgegenstände  handelt,  die  in  der 
Türkei,  die  in  ähnlicher  wirtschaftlicher  Lage  sich  befindet  wie  Persien,  nicht  hergestellt 
werden  und  die  zumeist  deutscher  und  österreichischer  Provenienz  sind.  Die  kleinste 
Verschiebung  der  ImportzifEern  bedeutet  in  diesem  Falle  (Türkei  2748,3,  Deutschland 
2516  tausend  Rubel)  für  Deutschland  ein  Aufrücken  in  den  dritten  Platz.  Alle  übrigen 
Länderspielen  sowohl  bei  der  Einfuhr  wie  bei  der  Ausfuhr  den  genannten  gegenüber  keine 
Rolle. 

Es  ist  bezeichnend  für  den  verhältnismäßig  unentwickelten  Handelsverkehr  Persiens, 
daß  die  Einführung  der  Paketpost  —  nach  deutschem  Muster  —  in  Rußland  im  Jahre 
1897  und  das  dadurch  bedingte  Fallen  von  mancherlei  Ausfuhrschranken  zwischen  beiden 


j«.  Kleine  Mitteilungen  und  Anzeigen. 

Ländern  bereits  genügt  hat,  um  eine  erhebliche  Verschiebung  der  Zahlen  zugunsten  Ruß- 
lands,   insbesondere  als  Transitland,  aber  auch  Deutschlands  zu  bewirken. 

Der  Verfasser  bespricht  dann  die  einzelnen  Waren  nach  ihren  Ursprungsländern  und 
schließt  mit  einer  allgemeinen  Betrachtung  über  die  persische  Zahlungsbilanz,  die  seit 
langem  dauernd  einen  stark  passiven  Charakter  aufweist  und  unweigerlich  eine  steigende 
Verschuldung  mit  sich  bringt  und  so  immer  den  Kei]n  zu  einer  Krisis  birgt. 

Es  fo'gt  die  Fortsetzung  der  auf  pg.  309  Bd.  III  der  Ztschr.  besprochenen  Arbeit 
von  A.  E.  Schmidt  Abriß  der  Geschichte  des  Islams  als  Religion,  über  die  im  Anschluß 
an  den  ersten  Teil  eine  Notiz  erscheinen  wird,  wenn  die  ganze  Arbeit  vorHegm  wird. 
Im  Schlußaufsatz  endlich  hefert  Barthold  eine  staatsrechtliche  Untersuchung  von 
großem  Interesse.  Er  behandelt  unter  dem  Titel  Xa.llKj)-!!  II  Cy.lTaii'l.,  Chalif  iir.dSullau, 
anknüpfend  an  eine  frühere  Arbeit:  Die  theokratische  Idee  und  die  weltliche  Macht  im 
miihammedanischen  Reiche  (St.  Petersburg  1903)  die  geschichtliche  Entwicklung  der 
genannten  Begrifle,  insbesondere  seit  den  Abbassiden,  als  der  per.sische  Titel  sah-in-Sah 
seine  neue  Bedeutung  erhielt  und  die  welthche  Macht  von  den  arabischen  Chalifen 
überging  auf  Herrscher  persischen  und  türkischen  Ursprungs. 

Die  Nachfolger  Muhammeds  waren,  wie  er,  nicht  nur  E  m  i  r  (d.  h.  Kriegsführer), 
sondern  auch  I  m  a  m  (Führer  des  Gottesdienstes).  Ihr  Titel  war  meist  nicht  »Chahf  <-, 
sondern  »Emir  der  Gläubigen«,  so  auch  z.  B.  bei  Theophanes  (i^xr^rAi),  die  Regierungszeit 
aber  hieß  schon  in  früher  Zeit  Chalifat.  Die  Spaltung  des  Islams  in  Sunniten,  Schi'iten 
und  Charidjiten  änderte  zunächst  an  diesen  Auffassungen  nichts;  sie  bereitete  aber  den 
Boden  für  die  spätere  Spaltung  der  Gewalten  in  weltliche  und  geistliche  insofern  vor,  als 
unterschieden  wurde  zwischen  rechtmäßigen  Chahfen  und  Usurpatoren.  Diese  Unter- 
schiede wurden  weiter  verstärkt  durch  die  ständigen  Bemühungen  der  Abbassiden,  ihre 
Vorgänger,  die  Omejjaden,  zu  verkleinern. 

Mit  der  steigenden  Machtenlfaltung  der  Chalifen  wuchs  auch  das  in  Titeln  und  staats- 
rechthchen  Theorien  sich  ausdrückende  Selbstbewußtsein.      Bereits  unter  den  Omejjaden 
wurde  wohl  durch  byzantinischen  Einfluß  aus  dem  Chalifen  als  Stellvertreter  Muhammeds 
der  Chalif  als  Stellvertreter  Allahs.     Auf  den  Münzen  erscheint  dieser  Titel  zuerst  unter 
den  Abbasiden,  als  sich  bereits  der  Westen  des  Reiches  losgerissen  hatte.    Die  Omejjaden 
in  Spanien  und  die  schi'itischen   Idrisiden  in  Marokko  nannten  sich  anfangs  zwar  nicht 
Emire  der  Gläubigen  oder  Chahfen,  —  denn  sie  besaßen  ja  nicht  die  heiligen  Stätten,  — 
sondern   nur    »Söhne    der    Chalifen«    und     »Söhne    des    Gesandten    Gottes«,    erkannten 
freilich   auch    den  Abbasiden  den  Chalifentitel  nicht  zu.    Die  charidjitischen  Rustemiden 
in  Alger  dagegen  hatten  von  vornherein  keine  Bedenken,  sich  den  Titel  Chalif  beizulegen. 
Immerhin  bildete  das  Abbasidenreich    bis   zum'    Beginn  der  zweiten  Hälfte  des  9.  Jahr- 
hunderts noch  insofern  eine  Einheit,  als  der  Name  der  abbasidischen  Chalifen  auf  den 
Münzen  erschien  und  in  der  Chutba  genannt  wurde,  so  unabhängig  auch  die  einzelnen 
Emire  in  den  Provinzen  sein  mochten.     Erst  in  der  zweiten  Hälfte  des  Jahrhunderts  trat 
eine  Scheidung  ein.    Das  Münzrecht  und  Recht  der  Chutba  ging  auf  die  Provinzemire  über, 
zuerst  bei  denTuluniden  in  Ägypten  und  Syrien  und  den  Saffariden  im  östlichen  Persien. 
Welthche  Macht  und  geisthche  Macht  trennten  sich.     Zu  gleicher    Zeit    erhielt    das   Wort 
»Sultan«,  das  bis  dahin  nur  die  Bedeutung  »Macht«  gehabt  hatte,  eine   neue   Bedeutung, 
die   allmählich  sich  fortentwickelte  zu  der  des  weltlichen  Herrschers  im  Gegensatze  zum 
Chahfen,    dem    Vertreter    der    geisthchen    Macht,    dessen    tatsächhcher  Einfluß   immer 
mehr  abnahm.    Ende  des  10.  Jahrhunderts   nannten  sich  die  Abbasiden,   die  Fatimiden 
und    die    Omejjaden    gleichzeitig    »Emire    der    Gläubigen«.      Im    Jahre    946  verlor  der 
Abbaside    in    Bagdad     seine    weltliche    Machtstellung    an    die   aus    Persien    gekomme- 
nen Bujiden.     Die  Fatimiden  vereinigten  noch  eine  Zeitlang  die  Stellung  als  Sultan  und 


Kleine  Mitteilungen  und  Anzeijjen. 


175 


Imam,  und  ihr  Name  wurde  seit  9S1  in  der  Chutba  in  Mekka  genannt.  Als  aber  später  die 
Eroberer  aus  dem  Osten  selber  den  Islam  annahmen  und  der  kulturelle  Schwerpunkt  der 
islamitischen  Welt  nach  Persien  verlegt  wurde,  erbhckten  die  islamitischen  Völker  in  den 
fremden  Herrschern  das  Ideal  der  Vereinigung  von  Staat  und  Kirche,  und  im  1 1 .  Jahrhundert 
wurde  in  Mekka  neben  dem  Namen  des  'Abbasiden  ah  Chalifen  Alp-Arslan  als  Sultan 
genannt.    Damit  ist  die  Entwicklung  des  Begriffs  Sultan  für  diese  Periode  abgeschlossen. 

Sehr  interessant  sind  die  Parallelen,  die  man  damals  im  Orient  wie  im  Abendlande 
zwischen  der  Stellung  des  Papstes  und  des  Imams  einerseits  und  des  Kaisers  und  Sultans 
andererseits  zog,  und  die  von  Barthold  wiederholt  zur  Erläuterung  angeführt  werden. 
Hier  wie  dort  findet  sich  der  Kampf  um  die  Vorherrschaft.  Die  Trennung  selbst  aber 
bleibt  bestehen.  Dabei  ändert  sich  die  Einflußsphäre  der  Chalifen  nach  Osten  wie  nach 
Westen,  je  nach  den  politischen  Ereignissen,  in  die  sie  selber  indes  kaum  eingreifen. 

In  Spanien  folgten  auf  die  Almorawiden  im  12.  Jahrhundert  die  Almohaden,  die  von 
neuem  Emirat  und  Imamat  in  sich  vereinigten.  Nur  die  Herrscher  von  Murcia  prägten 
Münzen  auf  den  Namen  des  abbasidischen  Chalifen.  Im  Jahre  1171  fand  das  Chalifat 
der  Fatimiden  sein  Ende;  Sultan  Saladin  riß  die  weltliche  Macht  ihres  Reiches  an  sich  und 
führte  die  Chutba  mit  dem  Namen  des  Abbasiden  ein.  Der  letzte  Abbaside  Musta'sim 
wurde  im  Jahre  1258  von  den  Mongolen  getötet,  sein  Sohn  in  die  Gefangenschaft  geführt. 
Damit  war  ihre   Rolle  zu  Ende,  obgleich  später  die  Mongolen  zum  Islam  übertraten. 

In  einem  weiteren  Teile  beabsichtigt  Barthold,  die  letzten  Versuche,  die  Idee  des 
Chalifats  als  des  geistlichen  Oberhauptes  der  muhammedanischen  ^^'elt  zu  verwirklichen,  und 
die  weitere  Entwicklung:  den  Übergang  des  Imamats  auf  den  Sultan,  d.  h.  die  Bindung 
der   geistlichen    Gewalt  an  die  weltliche  Macht,   darzustellen. 

Die  sehr  ausführliche  Kritik  und  Bibliographie,  deren  Darstellung  im  einzelnen  hier 
zu  weit  führen  würde,  enthält:  eine  Besprechung  von  Goldzihers  Vorlesungen  über  den 
Islam  von  A.  E.  Schmidt;  Adolf  Thalasso:  Die  orientalischen  Maler  der  Türkei  von 
W.  Gordlewskij;  D.wis  Trietsch:  Deutschland  und  der  Islam,  Orientalischer  Verlag, 
Berlin;  N.  Seignette:  Code  Miisulman  par  Khalil.  Rite  Malekite.  Statut  reel.  Texte 
arabe  et  traduction  frangaise.  Paris  191 1;  A.  G.  Tumanskij:  Die  arabische  Sprache  und  die 
Kaukasusforschung  (KaBKaaOBBABHie),  Tiflis  191 1,  von  I.  Kratschkowskij  El 
Machriq:  Revue  CathoUque  Orientale  Mensuelle  19 11,  Jahrg.  XIV  von  dem.  gleichen 
Kritiker;  The  Moslem  World  vol.  II,  19 12  von  A.  Sch.(midt);  Revue  du  Monde  Miisulman 
191 1,   vol.  XIII,   XV,   XVI,   von  demselben. 

Daran  schließt  sich  eine  außerordentlich  wertvolle  und  interessante  Übersicht 
vom  Samojlowitsch  über  die  «muhammedanische,  periodische  Presse«.  In  dieser  Über- 
sicht sind,  wie  eine  kurze  Einleitung  besagt,  nur  solche  Artikel'  berücksichtigt,  die 
sich  auf  die  allgemeine  muhammedanische  Kultur  beziehen  unter  Ausschluß  aller 
Fragen  der  äußeren  und  inneren  Politik,  die  nicht  die  muhammdeanische  Allgemein- 
heit berühren.  Im  einzelnen  soll  sich  die  Auswahl  der  Aufsätze  und  die  Art  ihrer  Be- 
sprechung erst  durch  die  Praxis  ergeben.  Berücksichtigt  werden  in  erster  Linie  die  russische 
und  die  türkische  Presse;  für  die  folgende  Nummer  der  Zeitschrift  ist  auch  eine  Besprechung 
der  ägyptischen  Presse  in  Aussicht  genommen.  Es  sind  im  ganzen  fünf  russische  und  eine 
türkische  Zeitung  besprochen,  und  zwar  die  Nummern  vom  Januar  und  Februar  des  laufen- 
den Jahres.  Im  einzelnen  sind  wieder  sachhche  Unterabteilungen  gemacht,  wie  in  der 
Folge  angegeben: 

Besprochen  sind  i.  Wakt,  c^-'s^  erscheint  viermal  die  Woche  in  Orenburg,  seit  1006, 
Abonnement  5  Rbl.  Herausgeber  M.  S  a  k  i  r  und  M.  S  a  k  i  r  R  a  m  ä  j  e  f  f ,  in 
literarischem  Kasantatarisch  mit  osmanischen  und  russischen  Einschlägen.  Die  Einfluß- 
sphäre des  Wa/ct  erstreckt  sich  bis  weit  nach  Sibirien,  es  ist  die  leitende  Zeitung  für  alle 


T76  Kleine  Mitteilungen  und  Anzeigen. 

Muhammedaner  türkischen  Stammes.  Im  Kaukasus  und  in  der  Krim  ist  die  Zeitung 
weniger  gelesen,  weil  dort  eigene  Organe  existieren.  Von  den  vier  Seiten  ist  etwa  eine 
Annoncen  gewidmet.  Einen  breiten  Raum  nehmen  Telegramme  der  Petersburger  Tele- 
graphenagentur ein.  Der  Inhalt  der  Januar-  und  Februarnummern  ist  zusammengefaßt 
unter  den  Überschritten:  Volksbildung;  Literatur,  Wissenschaft  und  Kunst;  Religion, 
Sitten,  Gebräuche;  ökonomische  Fragen,  gesellschaftliche  Tätigkeit,  Wohltätigkeit,  Volks- 
gesundheit; Nachrichten  über  das  Leben  verschiedener  muhammedanischer  Völker  in 
Rußland  und  außerhalb. 

2.  Siirä  Ij  »..vi  (Gewissen),  erscheint  zweimal  monatlich  in  Orenburg  als  literarische 
wissenschaftliche  und  politische  Beilage  zu  Zeitschrift  i,  Herausgeber  wie  i,  Redaktion 
Rizä-ed-din  ben  Fahr-ed-din,  Sprache  ebenfalls  wie  i.  Dies  Blatt  bringt 
neben  Übersetzungen  aus  den  türkischen,  persischen,  arabischen  und  europäischen  Sprachen 
auch  zahlreiche  Originalaufsätze. 

3.  DTn  wema^isal  ^^y^j-xA»,  ,.-.jl>  (Glaube  und  Leben):  geistliches,  wissenschaftliches, 
literarisches  und  politisches  Journal,  einmal  wöchentlich  in  Orenburg  erscheinend;  Jahres- 
preis .}.  Rbl. ;  Herausgeber  M  0  h  a  m  m  e  d  W  a  1  i  H  u  s  e  i  n  o  f  f  ,  Redaktion  F  a  i  z  h  a  n 
D  a  u  t  o  f  f  ,  Sprache  wie  i.  Jede  Nummer  enthält  eine  Reihe  von  Rechtsfällen  aus  dem 
russisch-muhammedanischen  Recht. 

4.  Bajän  al  hakk  ,  ii>-  c.waJ  (Die  Erklärung  der  Wahrheit),  erscheint  täglich  in, 
Kasan,  Jahrespreis  5  Rbl.,  Herausgeber  A.  I.  S  a  i  d  a  s  c  h  e  f  f  ,  Redaktion  M.  A.  S  a  i  d  a  - 
s  c  h  e  f  f ,  Sprache  wie  i ;  vier  Seiten,  davon  zwei  mit  Anzeigen,  weiter  Telegramme, 
äußere  und  innere  Nachrichten  und  Nachrichten  aus  Kasan.  Der  Inhalt  wird  unter  fast 
den  gleichen  Überschriften  besprochen  wie  in  Zeitschrift  i. 

5.  Nagät  Cj'l.>Ü  (Rettung):  politische,  literarische  und  gesellschaftliche  mu- 
hammedanische  Zeitung,  erscheint  wöchentlich  einmal  in  Baku,  Jahrespreis  3  Rbl.  in 
Baku,  sonst  4  Rbl.,  Organ  der  gleichnamigen  muhammedanischen Gesellschaft,  Redaktion: 
Isa-beg  Asur-bekoff;  Sprache  literarisch-osmanisch  mit  aserbeidjanischcm 
Einschlag,  hin  und  wieder  auch  russische  Aufsätze. 

Türkische  Presse,  Sirät-i-miisiakTm  j^sü.MMi  _b!->.3  (Der  wahre  Weg). 
Die  Zeitung  ist  gewidmet  »der  Religion,  der  Philosophie,  den  Wissenschaften,  der  Juris- 
prudenz, der  Literatur,  der  Geschichte,  der  Politik  und  besonders  Vorgängen  der  islami- 
schen Welt<'.  Sie  erscheint  täglich  in  Konstantinopel,  Redaktion  Abü-l-Ali  Zein- 
ul-abidin  und  H.  Asraf  Adlb,  Sprache  osmanisch-türkisch,  auch  arabische 
Artikel.  Seit  der  Februarnummer  183  heißt  die  Zeitung  sabtl  urreSäd  >3L.ii.-5  J»^«« 
(Der  Pfad  der  wahren  Richtung).  Seit  eben  der  Zeit  umfaßt  das  Blatt  3  Abteilungen: 
I.  Wissenschaften  (Auslegung  des  Koran,  Hadite,  Philosophie,  Sozialwissenschaft,  reli- 
giöses Recht  und  Fetwas,  Literatur,  Geschichte,  Erziehung  und  Bildung,  Chutben  und 
Predigten,  Kritiken.  2.  PoHtik  und  Leben  des  Islam  (Kritiken,  PoUtik,  das  Leben  der 
islamischen  Völker,  wissenschaftliche  und  ideelle  Bewegungen,  Schulen,  Presse,  Chronik). 
3.   Kritik,    Handelszentren  des    Islam,    Kunst. 

Über  die  Sprache,  in  der  diese  türkische  Presse  erscheint,  macht  der  Kritiker 
(Samojlovvitsch)  einige  interessante  Angaben.  Er  unterscheidef  folgende  fünf  Literatur- 
sprachen: I.  Osmanisch-Türkisch,  2.  Aserbeidschanisch-Türkisch  (in  Persien  und  Trans- 
kaukasien),  3.  Kasan-Tatarisch,  4.  Dschagataisch  in  Mittelasien.  2  und  3  sind  stark  vom 
Türkischen,  3  auch  vom  Russischen  beeinflußt.  5.  Neuerdings  erst  entstehend  Kasak- 
kirgisisch.  Die  Krimtataren  sprechen  zwar  einen  eigenen  Dialekt,  schreiben  aber 
'  Osmanisch-Türkisch. 

Das  Heft   schheßt   mit   Nachrichten   der   Gesellschaft.  F.  F.  Schmidt. 


Kritische  Bibliographie. 


E.  G. 

=  E. 

Graefe 

E.  H. 

=   E. 

Herzfeld 

E.  L. 

=  E. 

Lüders 

E.  S. 

=  E. 

Seidel 

F.  F.  S. 

=  F. 

F.  Schmidt 

H.  R. 

=  H. 

Ritter 

Vorbemerkung:  Hier  sollen,  wenn  möglich,  alle  für  Geschichte  und  Kultur 
der  islamischen  Länder  wichtigen  Neuerscheinungen  kurz  charakterisiert  und  kritisiert 
werden.  Ist  das  vorerst  nicht  möglich,  so  werden  sie  wenigstens  genannt.  Man  möge 
entschuldigen,  wenn  die  Darstellung  im  ersten  Jahrgang  noch  nicht  erschöpfend  ist. 
Alle  Kollegen  werden  freundlich  gebeten,  durch  Einsendung  von  möglichst  zwei  Separaten 
dies  gemeinnützige  Unternehmen  zu  unterstützen.  Neben  dieser  kritischen  Bibliographie 
sollen  umfangreichere  Anzeigen  nach  wie  vor  ihren  Platz  unter  den  kleinen  Mitteilungen 
und  Anzeigen  finden.  Die  ständigen  Mitarbeiter  zeichnen  mit  Siglen,  die  gelegentlichen 
mit  vollem  Namen.     Die  Siglen  sind: 

C.  H.  B.  =   C.  H.  Becker  J.  P.  =  J.  Pedersen 

J.  R.  =  J.  Ruska 

M.  H.  =  M.  Heepe 

R.  M.  =  R.  Mielck 

Th.  W.  J.  =   Th.  W.  Juynboll 
VV.  B.  =-.   VV.  Barthold 

W.W.         =    Walther  Windfuhr 
Die  Erklärung  der  gebrauchten  Abkürzungen  findet   man  auf  der  dritten  Seite  des  Um- 
schlags.    Die  Eingliederung  der  Arbeiten  unter  bestimmte  Überschriften  ließ  sich  nicht 
ohne  Inkonsequenzen  .durchführen.     Mich    leitete    der  Grundsatz :    Lieber  praktisch    und 
inkonsequent,  als  unpraktisch,  aber  konsequent.  C.  H.  B. 

I.    Allgemeines 
(Zeitschriften  S  Sammelwerke). 

1.  Die  Welt  des  Islams.  Zeitschrift  der  Deutschen  Gesellschaft  für  Islamkunde,  heraus- 
gegeben von  Prof.  Dr.  Georg  Kampffmeyer.  Bd.  i,  Heft  i,  BerHn  1913.  Dietrich 
Reimer  (Ernst  Vohsen)  XVI,  84  S. 

Auf  die  vor  kurzem  von  Martin  Hartmann  in  Berlin  begründete  »Deutsche  Gesell- 
schaft für  Islamkunde«  wurde  schon  Bd.  III,  317  hingewiesen.  Sie  hat  inzwischen  ver- 
schiedene Vorträge  in  Berlin  veranstaltet  und  veröffentlicht  jetzt  eine  eigene  Islamzeit- 
schrift, die  in  vier  Jahresheften  mit  einem  Gesamtumfang  von  20  Bogen  erscheinen  soll. 
Den  vorgedruckten   »Nachrichten  über  Angelegenheiten  der  Gesellschaft«  folgt  der  ein- 


0  Sofern  nicht  die  einzelnen  Aufsätze  gesondert  besprochen  sind. 
Islam.   IV.  12 


173  Kritische  Bibliographie. 

leitende  Aufsatz  des  Herausgebers  unter  dem  Titel  Plane  perspicere.  Es  ist  eine  vorsichtige 
Abgrenzung  gegen  die  älteren  Islamzeitschriften.  Die  Welt  des  Islams  stellt  »die  lebendige 
Gegenwart«  in  den  Mittelpunkt,  will  das  Philologische  ausscheiden  und  nur  allgemein- 
verständliche Abhandlungen  und  Mitteilungen  bringen.  Sie  will  dem  Islam ^  dem  freund- 
liche Worte  gewidmet  werden,  keine  Konkurrenz  machen.  Daran  schließt  sich  das  Pro- 
gramm der  Gesellschaft  und  ihrer  Zeitschrift.  Das  Gesellschaftsmoment  soll  besonders 
betont  werden  durch  Schaffung  einer  Bibhothek;  weiter  soll  die  Gesellschaft  »die  Zen- 
tralstelle sein,  an  der  alle  für  ein  Studium  des  Islams  w^ünschenswerten  Informa- 
tionen in  erster  Linie  gewonnen  werden  können«.  Lebendige  Beziehungen  zu  den  Ländern 
des  Islams  sollen  unterhalten  werden  und  allerlei  Beobachtungen  auch  von  Laien  zur 
Darstellung  kommen.  Besondere  Aufmerksamkeit  wird  den  deutschen  Kolonien  und 
den  speziell  für  Deutschland  wichtigen  Islamländern  gewidmet,  Politik  aber  nicht  getrieben 
werden.  Die  Beiträge  werden  sachlich  sein  und  sollen  nicht  durch  religiöse  Abneigung 
entstellt  werden.  Zur  Behandlung  von  Fragen  des  islamischen  Rechts  sollen  auch  Ein- 
geborene als  Mitarbeiter  herangezogen  werden.  Der  leitende  Gedanke  ist  das  Erkennen 
der  islamischen  Zustände,  wie  sie  wirklich  sind.     Darum:  Plane  perspicere. 

Dem  Vorwort  folgen  die  ersten  Originalbeiträge:  i.  Ernst  Feder,  Islamisches  Schei- 
dimgsrecht,  ein  hübscher  Versuch,  die  bekannten  Tatsachen  des  islamischen  Rechts  nach 
modern  logischen  Gesichtspunkten  zu  systematisieren.  2.  Ein  Abdruck  des  österreichischen 
Reichsgesetzes  vom  15.  Juli  1912  über  die  staatliche  Anerkennung  des  Islams.  3.  Missions- 
superintendent Klamroth,  Der  literarische  Charakter  des  ostafrikanischen  Islams,  eine 
ärgerliche  Antwort  auf  eine  ärgerliche  Kritik  des  Referenten.  In  Wirklichkeit  differieren 
unsere  Ansichten  gar  nicht  so  stark.  Diesen  Originalartikeln  folgen  Mitteilungen,  die 
meist  aus  anderen  Zeitschriften  übernommen  sind.  Das  \\'ichtigste  sind  die  Fragebogen 
über  den  afrikanischen  Islam,  deren  Resultate  in  der  Welt  des  Islams  veröffentlicht  werden 
sollen.  Den  Schluß  bilden  umfangreiche  und  wichtige  Referate,  darunter  ein  eingehendes 
und  wohlwollendes  über  Islam  Bd.  III  aus  der  Feder  M.  Hartmann's  und  eine 
Bibliographie. 

Man  wird  zum  Schluß  mit  Recht  wissen  wollen,  was  der  Herausgeber  des  /s/a»t 
über  die  neue  Gründung  denkt.  Ich  sage  ganz  offen,  daß  ich  mir  von  der  fort- 
gesetzten Zersplitterung  der  Kräfte  keinen  Segen  für  die  Islamkunde  versprechen  kann. 
Wenn  einst  die  3.  und  4.  Islamzeitschrift  noch  als  Bedürfnis  empfunden  werden  konnten, 
so  ist  das  gleiche  Urteil  der  6.,  nach  ihrer  eigenen  Zählung  sogar  8.  oder  9.  gegenüber 
nicht  mehr  am  Platze.  Daß  einige  deutsche  Laien  mehr  für  den  Islam  interessiert 
•werden,  wiegt  den  dadurch  bedingten  Kräfteverbrauch  und  die  Gefährdung  bestehender 
Forschungsstätten  nicht  auf.  Der  mit  Dank  anerkannte  gute  Wille  des  Herausgebers 
wird  daran  kaum  etwas  ändern  können.  C.   H.  B. 

2.  Basset,  R.,  Bulletin  des  Periodiques   de   l Islam  (1911).     RHR  LXVI  C1912)  1 — 55. 

Unentbehrlich,  da  uns  viele  der  hier  behandelten  Zeitschriften  kaum  je  zu  Gesicht 
kommen.  C.  H.   B. 

3.  Geist  des   Ostens.      Monatsschrift  für   Asiatenkimde,   mit    Bildern,    i.    Jahrgang   19 13. 

Heft  I,  herausgeg.  von  Dr.  phil.  Hermann  von  Staden. 

Diese  hübsch  ausgestattete  Monatsschrift  will  mit  ihren  durchaus  populär  gehaltenen 
Artikeln  weiteren  Kreisen  Kenntnis  und  Verständnis  orientalischer  Eigenart  vermitteln  und 
möchte  zu  diesem  Zwecke  Leute  aller  Berufe,  die  im  Orient  Erfahrungen  und  Eindrücke  ge- 
sammelt haben,  zur  Mitarbeit  heranziehen.  Auf  diese  Weise  will  sie  als  »Zeitschrift  für  asi- 
atische Völker-Psychologie  die  Erforschung  und  Kenntnis  der  Denkart,  des  Empfindungs- 
lebens und  des  Strebens  der  Völker  Asiens  in  Vergangenheit  und  Gegenwart  fördern  helfen.« 


I 


Kritische  Bibliographie  jjg 

Aus  dem  Inhalt  sei  als  für  uns  in  Betracht  kommend  hervorgehoben  die  Skizze  von  Prof. 
D^  E.  DÜRiNG.  Die  rassebildende  Kraft  des  Islam,  sowie  die  beiden  anschaulichen  Augen- 
■qlicksbilder:  Fritz  Köhler,  Cairo:  Arabische  Bräuche,  i.Teil  Hochzeiten,  und  Ella  Jansen, 
Zürich:  Im  arabischen  Frauenbad.  H.   R. 

4.  Hartmann,  Martin,  Das  Seminar  für  orientalische  Sprachen  in  Berlin,  Internat.  Monats- 

schrift VII  Nr.  5  (Februar  1913)  4  S. 

5.  Lammens,  Henri,  Bulletin  Oriental,  Etudes,  Revue  fondee  par  des  peres  de  la  Compagnie 

de  Jesus,  49^  annee  (191 2)  t.   133,   253 — 273. 

Wir  heben  hervor  die  Besprechung  von  Huart,  Histoire  des  Arabes,  und  Casanova, 
Mohammed  et  la  ßn  du  monde.  C.  H.   B. 

6.  Mecheroutiette,    Constitutionel  Ottoman.      Organe   du   Parti   Radical   Ottoman  sous   le 

patronage  du  General  Cherif-Pacha.    Nr.  39,     40,  Fevrier,  Mars  1913. 

7.  Revue  Historique  publiee  par  l'Institut  d'histoire  Ottomane  Nr.  18  1./14.  Febr.  1913. 

Efdal-ud-Din  Bey,  Alemdar  Moustafa  Pacha  (suite).  —  Abdur-Rahman 
E  f  f.,  Ahmed  Midhat  Effendi.  —  Ahmed  Refik  Bey,  Ambassade  de  Morali  Ali 
Effendi  a  Paris.  — ^  S  a  f  v  e  t  Bey,  Un  evenement  aiix  iles  »Bahrein«.  —  Ahmed 
Tevhid  Bey,  Inscriptions  sur  les  Etablissements  de  bienfaisance  d' Ahmed  Ghazi- 
Bey,  des  Princes  de  Menteche.  —  Aarif  Bey,  Coumbaradji-Bachi  Ahmed  Pacha 
(Bonneval).  —  SafvetBey,  Dona  Gracia  Mendes.  —  AarifBey,L£'  deuxihne 
des  anciens  Codes  Ottomans. 

II.    Religion 

(Anfänge  des  Islam,  Dogma,  Recht,  Mystik,  Zauberwesen,  Kultus, 
Philosophie,  Beziehungen  zu  anderen  Religionen). 

8.  Abdul  Majid,  Syed  H.  R.,  A  Historical Study  of  Mohammedan  Laie,  1  (The  Law  Quarterly 

Review  XXVII,  28—42),  II  (XXVIII,  355—371). 

Die  erste  der  beiden  Studien,  denen  weitere  folgen  sollen,  behandelt  in  gemein- 
verständlicher Darstellung  die  Anfänge  des  islamischen  Rechts,  indem  einmal  —  unter 
dem  Gesichtspunkt  einer  Apologie  der  durch  den  Islam  herbeigeführten  Umgestaltung 
—  das  heidnisch-arabische  Recht  (besonders  Eheschließung  und  Ehescheidung, 
Adoption,  Intestat-  und  Testamentserbfolge,  Sachen-  und  ObUgationenrecht,  Strafrecht, 
Strafprozeß  und  Strafvollstreckung)  und  ferner  die  Quellen  des  mohammedani- 
schen Rechts:  Qoran,  Hadith,  Idjmä'  und  Qijäs  geschildert  werden. 

Der  zweite  Aufsatz  betrachtet  nach  einem  geschichtlichen  Überblick  über  die  Vor- 
gänge beiden  ersten Chalifenwahlen  die  hieraus  abgeleiteten  gesetzhchenBestimmungenüber 
das  Chahfat.  Nicht  ohne  Originalität  ist  der  Gedanke,  das  Verhältnis  des  ChaUfen  zum 
Volke  als  Verwirklichung  der  Lehren  Hobbes',  Locke's  und  Rousseau's  vom  contrat  social 
zu  betrachten,  gewagt  und  auch  nicht  im  einzelnen  durchgeführt  der  Versuch,  lediglich 
aus  der  zeithchen  Priorität  des  Chahfats  und  dem  Eindringen  arabischer  Philosophie  in 
die  abendländische  Gedankenwelt  einen,  wenn  auch  nur  unbewußten  Einfluß  des  islami- 
schen Staatsgedankens  auf  die  Magna  Charta  von  1215  und  Locke's  Staatsideen  zu  kon- 
struieren. E.  L. 
9.  Abdul  Majid,  Syed  H.  R.,  The  Moslem  International  Law,  The  Law  Quarterly  Review, 

vol.  XXVIII,  89—93. 

Im  Vergleich  mit  den  gleichzeitigen  Kriegsgebräuchen  des  mittelalterHchen  Abend- 
landes sichert  nach  Ansicht  des  Verfassers  das  Verhalten  der  Moslems  gegenüber  ihren 
Feinden   (Schonung  der  Frauen,   Kinder   und  Greise,    menschliche  Behandlung   der   Ge- 

12* 


jgQ  Kritische  Bibliographie. 

fangenen  und  der  unterworfenen  christlichen  Bevölkerung,  strikte  Wahrung  freien 
Geleits,  gewissenhafte  Einhaltung  der  Verträge)  dem  Islam  einen  hohen  Rang  in  der 
Geschichte  des  Völkerrechts.  Die  apologetische  Tendenz  des  Aufsatzes  spricht  aus 
jeder  Zeile.  ^-  ^• 

10.  Amedroz,  H.  F.,  Notes  on  some  Süfi  Lives.  JRAS  Oktober  1912,   1087—1089. 

Nachträge  und  Verbesserungen  zu  seinem  Artikel  JRAS  Juh  19 12,  551.     H.  R. 

11.  Andrä,  Tor,  DieLegenden  von  der  Berufung  Mu/iammeds,  MO  VI,  fasc.  1,  1912,  5 — 18. 

Der  Verfasser  analysiert  die  Berichte  über  die  Berufung  des  Propheten,  die  aus 
vier  Legenden  bestehen:  i.  ta//aiiniii,  2.  iqra',  3.  ufiiq,  4.  waraqa;  diese  werden  alle  von 
«U  r  w  a  überhef ert.  Bei  B.  H  i  s  ä  m ,  B  u  h  ä  r  i  und  T  a  b  a  r  i  sind  sie  in  verschiedener  Weise 
verknüpft.  Bei  'Urwa  sind  sie  also  nicht  verknüpft,  sondern  einzeln  überhefert  gewesen. 
Das  wird  dadurch  bestätigt,  daß  die  i'^ra'-Legende  in  zwei  Sondertraditionen  bei  B.  S  a  'd, 
die  M/»i7-Legende  in  einer  Tradition  bei  B  u  h  ä  r  i  und  einer  bei  T  a  b  a  r  i  fehlt.  Der 
Verfasser  meint,  die  Legenden  seien  von  Z  u  h  r  i  (in  der  Überlieferungskette  Z  u  h  r  i  - 
'U  r  w  a  -  'Ä'  i  s  a  )  zusammengeknüpft.  Diese  beiden  Legenden  betrachtet  der  Verf. 
als  historisch  gleichwertig,  oder  vielmehr  gleich  wertlos.  Die  «/«^-Legende  ist  von  Sur.  53, 
6_io,  wenn  nicht  geschaffen,  dann  jedenfalls  stark  beeinflußt.  Objekt  der  Vision  sei 
hier  Allah  selbst.  Gegen  die  Historizität  der  i^a'-Legende  führt  der  Verf.  verschiedene 
Argumente  an,  und  um  die  Unsicherheit  in  der  Tradition  klarzumachen,  gibt  er  eine  Über- 
sicht über  die  (7)  Qoranstücke,  für  welche  in  der  Tradition  die  Ehre  beansprucht  wird, 
daß  sie  die  erste  Offenbarung  enthalten.  Als  erste  Offenbarung  wäre  am  nächsten  eine 
Gerichtsschilderung  zu  erwarten.  J-  P- 

12.  Bauer,  Hans,  Dr.,  Die  Dogmatik  al-Ghazält's,  nach  dem  II.  Buche  seines  Hauptwerkes. 

Halle,  Habilitationsschrift,   191 2. 

Vielversprechender  Anfang  einer  zu  erhoffenden  Übersetzung  von  G  h  a  z  ä  H  '  s 
Ihjä.  Nach  einer  allgemeinen  Würdigung  der  Bedeutung  des  Meisters  für  Vergangenheit 
und  Gegenwart  wird  die  handschriftliche  Überlieferung  untersucht.  Die  zahlreichen 
Cairoer  Drucke  scheinen  auf  eine  Handschrift  zurückzugehen.  Besser  als  diese  erscheint 
die  dem  Kommentar  des  Murtadä  (Cairoer  Ausgabe;  die  Fezer  konnte  nicht  benutzt 
werden)  zugrunde  liegende  Version,  die  mit  der  Berliner  Handschrift  in  den  wichtigsten 
Punkten  übereinstimmt.  Die  Übersetzung  —  ich  habe  sie  nicht  im  einzelnen  nachgeprüft 
—  macht  einen  sehr  soliden  Eindruck.  Schwierige  Ausdrücke  der  Terminologie  sind  mit 
den  Entsprechungen  der  lateinischen  Scholastik  sehr  glücklich  wiedergegeben  (z.  B. 
tanzth  =  remotid).  Nach  den  Anmerkungen  erscheint  der  Verf.  für  seine  schwierige  Aufgabe 
wohl  vorbereitet.   Möge  es  ihm  vergönnt  sein,  das  große  Werk  zu  vollenden.         C.   H.   B. 

13.  Betz,  P.  Paul,    Die  wichtigeren  sogenannten  »Orden«  im  Islam.     »Gott  will  es*,  Ztschr. 

d.  Afrika-Vereins  deutscher  Katholiken.     XXIV,  Heft  8/9. 
*  Eine  oberflächliche  Kompilation  aus  Riva,  Petit  u.  ä.,  reich  an  Fehlern  im  einzelnen. 
Als  einen  Hauptpunkt  im  Tugendideal  der  Orden  bezeichnet  der  Verf.  von  seinem  ganz 
einseitigen  Standpunkte  aus  den  Haß  gegen  die  Christen;    ein  Verständnis  für  das  Wesen 
und  den  Gehalt  der  islamischen  Mystik  geht  ihm  völlig  ab.  E.  G. 

14.  Buhl,  Fr.,  ^/«^«rn«  Stilling  til  de  shiHtiske  Bevcegelser  under  Umajjaderne,  Oversigt  over 

det  kgl.  danske  Videnskabernes  Selskabs  Forhandlinger  19JO,  Nr.  5;  p.  355—94- 
Die  Abhandlung  »Die  Stellung  der  'Aliden  zu  den  siHtischen  Bewegungen  unter  den 
Umajjaden«  gibt  zuerst  (p.  355 — 66)  eine  Darstellung  von  den  si'itischen  Ideen,  von  denen 
der  gemäßigten  Si'iten  und  denen  der  gulät.  Die  gemäßigten  bilden  keine  scharf  abge- 
sonderte Partei,  sie  wie  andere  sehnen  sich  nach  einem  gottgefälligen  Herrscher;  die  Aus- 
drücke dafür,  z.  B.  bei  Kumait,  erinnern  an  die  Psalmen  des  Alt.  Test.;  in  dieselbe 
Richtung  deutet  die  Bezeichnung  der  Umajjaden  als  »böse  Hirten«,  sowie  die  Schilderung 


Kritische  Bibliographie.  rgj 

von  der  Wirkung  des  gerechten  Herrschers.  Man  sucht  den  Erwarteten  in  »der  heiUgen 
Famiüe«,  während  die  Ümajjaden  es  wiederholt  vergebens  versuchen,  die  Erwartungen 
auf  sich  selbst  tu  übertragen.  Bald  glaubt  man  den  Erwarteten  (al-Mahdi,  al-Wali  usw.) 
zu  haben,  bald  ist  man  auf  die  HofTnung  hingewiesen.  Außer  jüdischen  Messiasvorstellungen 
(vgl.  K  u  t  a  j  j  i  r  ^g.  VIII  33)  bilden  christliche  eschatologische  Erwartungen  die  Wurzeln. 
Im  Anschluß  an  friedländer  wird  die  mehr  radikale  sT'a  von  'Abdallah  b.  Sabä 
und  die  EntWickelung  des  Begriffes  al-rag'a  bis  zur  Lehre  vom  versteckten  Imäm  ge- 
schildert. Diese  Richtung,  in  welcher  persischer  Einfluß  nachgewiesen  wird,  wird  durch 
Gedichte  von  a  1  -  K  u  t  a  j  j  i  r  und  S  a  j  j  i  d  a  1  -  H  i  m  j  ä  r  i  beleuchtet.  Die  Stellung 
der  'Ahden  (p.  368—94)  ist  allerdings  nicht,  wie  B.  S  a  'd  es  tendenziös  darstellt,  ablehnend. 
Doch  stehen  sie  im  ganzen  den  phantastischen  Anschauungen  fern,  ihre  Ansprüche,  be- 
rechtigte Herren  des  Islam  zu  sein,  vereinigen  sich  mit  der  Tendenz  der  gemäßigten  sT'a. 
Durch  eine  Charakteristik  der  »heiligen  Familie«  wird  ausgeführt,  warum  sie  nicht  fähig 
waren,  diese  Ansprüche  durchzusetzen;  ihre  Kämpfe  und  die  Mißerfolge  der  verschiedenen 
Prätendenten,  bis  es  den  'Abbäsiden  gelang,  durch  Verbindung  mit  A  b  ü  H  ä  s  i  m  den 
Sieg  für  sich  zu  gewinnen,  werden  dargestellt.  j    p 

15.  Casanova,  P.,  Mohammed  ei  la  fin  du  Monde,  Etüde  critique  siir  l' Islam  primiiif,  ler  fasc 

Paris,  Geuthner,   1911;  8».  , 

Besprechung  von  R.  Dussaud  RHR  LXVII  (1913)  79- 

Besprechung  von  H.  Lammens  siehe  Nr.  5. 

Der  »Islam«  wird  eine  ausführliche  Kritik  bringen. 

16.  Christensen,  Arthur,  En  moderne  onentalsk  Religion,  Nordisk Tidskrif t,  191 1  p.  343—60. 

Der  Verfasser  schildert  in  seinem  Aufsatz  (»eine  moderne  orientalische  Religion«) 
die  Geschichte  des  Babismus,  die  äußere  wie  die  innere.  Das  Schicksal  des  B  a  b  M  i  r  z  a 
'AllMuhammed,  sein  Verhältnis  zum  Seikhismus  und  die  Fortsetzung  der  Bewegung 
unter  SubhiEzelundBehä-ulläh  werden  dargestellt.  Die  Hauptideen  im  Bejän 
werden  beschrieben  und  als  »eine  Mischung  von  Islam,  neuplatonisch  -  süfischen  Vor- 
stellungen, zarathustrischen  Ideen,  altorientalischer  Zahlenmagie  und  modernen  europä- 
ischen Humanitätsideen«  charakterisiert.  »Den  Gott  manifestieren  will«  ist  der  Saoschyans 
der  Zarathustrier  und  der  Mahdl  des  Islam.  Der  Bejän  ist  nach  dem  Verf.  »eine  ganz 
ärmliche  Nachahmung  des  Qorän«.  ,  r    p 

17.  Christensen,  Arthur,  Et  Besag  hos  de  »hylende  Dervischer«,  Berlingske  Tidende,  Aben"d- 

ausgabe  18.  Mai  19 12. 

Dr.  C.  beschreibt  »einen  Besuch  bei  den  , heulenden  Derwischen'«,  d.  h.  den  Der- 
wischen aus  dem  Rufai-Orden  in  Skutari,  teilt  ihren  Ritus  und  einige  Gebete  in  Über- 
setzung mit.  Interessant  ist  die  Schilderung  von  der  Wirkung,  die  die  Extase  der  Derwische 
auf  die  Zuschauer  ausübte.  Nach  der  Seance  heilte  der  Scheich  kranke  Kinder  dadurch, 
daß  er  auf  sie  hintrat.  j    p 

18.  deFontenay,Fr.,  Buddhisme  og  Islam,  Östasiens  Kultur  IV,  673—77  (aus  »Verdens- 

kulturen«).     Köbenhavn,  Gyldendalske  Boghandel.     1912. 

Der  Einfluß  der  beiden  Religionen  »Buddhismus  und  Islam«  auf  die  chinesische 
Kultur  wird  dargestellt.  Der  frühzeitige  Eingang  des  Islam  in  China,  seewärts  und  land- 
wärts, sowie  die  Verbreitung  in  den  Provinzen  wird  in  aller  Kürze  beschrieben.  Der  Verf. 
fuhrt  aus,  daß  der  islamische  Geist  den  Chinesen  zu  fern  liegt,  um  einen  stärkeren  Einfluß 
auf  die  Kultur  ausüben  zu  können.  T    p 

19.  Forte,  A.,  De  l'influence  de  l'abolition  de  l'esclavage  siir  le  droit  successoral  du  patron  ou 

afjranchisseur  en  droit  musulman.     EC  1913  März  Nr.   14,  201—206. 

20.  Friedländer,  I.,   Jewish-Arabic  Studies,  JQR  NS.  II,  4S1— 516;  III,  235—300,  Phila- 

delphia 19 12. 


jg2  Kritische  Bibliographie. 

Fortsetzung  der  Studie  Shiitic  Elements  in  Jewish  Sectarianism  (i.  Stück  ib.  I,  183  ff.). 
1.  The  Raj'a  Doctrine.  2.  Docetism.  Beide  gehören  aufs  engste  zusammen.  Die  schiitischen 
Einflüsse  auf  jüdische  Häretiker  zeigen  sich  nicht  nur  in  Persien,  sondern  bis  hinein  in 
den  noch  heute  lebendigen  Glauben  gewisser  Dönmehsekten  in  Saloniki.  3.  The  one  true 
Prophet:  Die  Unendhchkeit  der  prophetischen  Manifestationen  von  den  Pseudo-Clemen- 
tinen  bis  zu  den  Babis,  ihre  Bedeutung  bei  den  Schiiten  und  Einflüsse  auf  jüdische  Sektierer. 
Nach  Friedländer  hat  der  Islam  diese  Lehre  durch  die  Manichäer.  Damit  hängt  zu- 
sammen 4.  Siiccessive  Incarnation.  5.  Tafivid.  Die  neuplatonische  Lehre  des  Demiurgen  und 
ihr  Fortleben  in  Islam  und  Judentum.  Die  weiteren  Abschnitte  lauten:  6.  Prophet  and 
Messiah,  7.  The  Dä^T  S.  Succession,  9.  Anointment,  10.  Inspiration,  11.  Social  Position, 
12.  Jihäd,  13.  TabdJl,  14.  Prohibition  of  Meat,  15.  Number  of  Prayers.  Der  Inhalt  ist  zu 
reich,  um  im  einzelnen  skizziert  zu  werden.  Der  Gedankengang  ist  klar.  Der  Verf.  sieht 
deuthch,  daß  nicht  immer  Entlehnungen,  sondern  häufig  Parallelen  auf  Grund  gemein- 
samen historischen  Gedankengutes  vorliegen.  Die  erfolgreiche,  gelehrte  Arbeit  des  mit 
seinen  Interessen  in  Amerika  ziemlich  isolierten  Forschers  verdient  uneingeschränkte  Be- 
wunderung. C.  H.    B. 

21.  Friedländer,  F.,  The  Jews  of  Arabia  and  the  Gaonate.     JQR  NS  I,  249 — 257. 

Im  Anschluß  an  Caetani  wird  besprochen,  daß  die  Juden  unter  Omar  nicht  völlig 
aus  Arabien  vertrieben  wurden,  sondern  sich  nach  Belädhorl  in  Wadi'l-Qurä  und  Taimä 
hielten.  Aus  gaonitischen  Responsen  wird  dann  nachgewiesen,  daß  Beziehungen  zu  den 
jüdischen  Kulturzentren  noch  lange  bestehen  bleiben.  Eine  letzte  Erinnerung  hat  Benjamin 
von  Tudela.    Diese  Juden    werden  als  Rechabiten  bezeichnet  (Jeremias  35).       C.  H.  B. 

22.  Friedländer,  Israel,  Ein  Gratulationsbrief  an  Maimonides.  Festschrift  Cohen:  Judaica, 
Berlin  191 2,  S.  257  ff. 

Friedländer  veröffentlicht  hier  ein  Schriftstück  aus  der  Sonderkollektion  maimo- 
nidischer  Genisahtexte  in  Cambridge,  das  eine  Beglückwünschung  des  Maimonides 
zu  seiner  Ernennung  zum  Oberhaupt  (hebr.  NägTd,  arab.  Ra'Ts)  der  ägj-ptischen  Judenheit 
enthält,  vermutlich  von  einem  seiner  Schüler  (Joseph  Ihn  *Aqnim)  verfaßt.  In  den  ein- 
leitenden Bemerkungen  Friedländer's  finden  wir  einiges  über  die  inneren  Angelegen- 
heiten der  damaligen  jüdischen  Gemeinde  in  Ägypten  und  über  die  Lebensgeschichte  des 
Maimonides,  »den  die  philosophische  Welt  und  die  jüdische  Gemeinschaft  mit  gleichem 
Stolze  den  ihrigen  nennt«,  der  aber  auch  wegen  seiner  einflußreichen  Stellung  am  Hofe 
des  Sultans  und  seiner  Beziehungen  zum  Vezir  al-Qädi  al-Fädil  das  Interesse  des  Histo- 
rilfers  beanspruchen  darf.  R.  M. 

23.  Goldziher,  S.,    Die  Zurechtweistmg   der  Seele,  Studies  in  Jewish  Literature  issued  in 

Honor  of  Professor  Kaufmann    Kohler,  Cincinnati,  Ohio;  Sep.   i — 7. 

Es  wird  nachgewiesen,  daß  die  in  der  neuhebräischen  Literatur  häufige  »Zurecht- 
weisung der  Seele«  in  dem  mu'ätabat  al-nafs  der  arabischen  Literatur  ihr  Vorbild  hat. 
Diese  schon  im  ältesten  Islam  nachgewiesene  literarische  Form  wird  beim  Eindringen 
neuplatonischer  Gedanken  befruchtet  und  vertieft.  Eine  große  Rolle  spielt  dabei  die  Ein- 
leitung zu  Kaiila  wa  Dimna,  ein  Werk,  das  ja  z.  B.  bei  den  Ichwän  al-safä  hohe  Wert- 
schätzung fand.  Eine  Steigerung  der  mii'ätaba  war  die  mnhäsaba,  die  Rechenschafts- 
forderung von  der  Seele,    der  man  täglich  eine  Stunde  widmen  soll.  C.  H.   B. 

24.  Gardner,  W.  R.  W.,   Jihad.  MW  Oktober  1912,   II  4,  347—357- 

Zwei  moderne  Muslime,     Scheich  Muh.   Resid  Ridä    und  Dr.   Muh.    B  a  d  r 

möchten    gerne  den  Begriff  des  djihäd  für  die  moderne  Zeit  etwas  passender  gestalten. 

.    ersterer,  indem  er  ihn  spiritualisiert,  letzterer,  indem  er  einen  Unterschied  macht  zwischen 

Verteidigung    des  Glaubens  und  Verteidigung  des  Landes  des  Sultans,  und  jedem  Mushm 

das  Recht    zugesteht,  bei  jedem  Aufruf  des  Sultans  oder  Chalifen  zum  djihäd  selbst  zu 


Kritische  Bibliographie.  jg^ 

entscheiden,  ob  gemäß  dem  angegebenen  Unterschied  der  Aufruf  berechtigt  und  ver- 
bindhch  ist  oder  nicht.  Daß  der  djihäd  nicht  nur  die  Verteidigung  des  Glaubens,  sondern 
auch  den  Angrifi  auf  die  Ungläubigen  in  sich  schlösse,  wird  von  beiden  Autoren  in  Abrede 
gestellt.  Der  Verf.  hebt  hervor,  daß  man  bei  aller  Sympathie  für  die  neue  Anschauung 
nicht  vergessen  dürfe,  daß  der  ursprüngliche  und  überlieferte  Begriff  des  djihäd  eben 
doch  ein  anderer  ist.  H.   R. 

25.  Grimme,  Hubert,  Strömungen  im  neueren  Islam,  Hochland  X,  (191 2 — 13),    189 — 204. 

Sachverständiger  populärer  Aufsatz:  i.  Panislamismus  inkl.  Mahdismus  u.  Senus- 
sismus,  2.  Konstitutionelle  Bewegung  in  der  Türkei  und  in  Persien  (Babismus),  3.  Indischer 
Modernismus  (Kaiser  Akbar,  Ahmadijja,   Sajjid  Ameer  Ali  und  Khuda  Bakhsh). 

C.  H.  B. 

26.  Grisworld,  H.  D.,  The  Ahmadiya  Movement,  MW   1912,  373 — 379. 

Ein  B  lick  in  die  eigentümlichen  Gedankengänge,  mit  denen  Mirzä  Ghuläm  AJinied 
seinen  Anspruch  auf  seine  Mahdi-Messias-Avatarwürde  begründet.  Die  gegenwärtige 
Zahl  seiner  Anhänger  wird  auf  50  000  geschätzt.  H.  R. 

27.  Güterbock,  Dr.  Carl,  Professor  der  Rechte,  Der  Islam  im  Lichte  der  byzantinischen  Polemik, 

Berlin  191 2,  J.  Guttentag,  72   S. 

Der  durch  sein  Buch  Byzanz  und  Persien  in  ihren  diplomatisch-völkerrechtlichen 
Beziehungen  im  Zeitalter  Justinians  auch  den  Orientalisten  bekannte  Königsberger 
Rechtslehrer  hat  hier  die  Hauptpolemiken  des  byzantinischen  Kulturkreises  zusammen- 
gestellt und  gewürdigt.  Er  beginnt  mit  Johannes  Damascenus  und  Theodor  Abu'l-Qurra. 
Es  folgt  Bartholomaeus  von  Edessa,  den  er  wohl  mit  Recht  erst  in  der  Kreuzzugszeit 
ansetzt.  Ihm  folgen  die  höfischen  Polemiken  aus  der  Zeit  der  makedonischen  Dynastie 
und  der  Normannen  (Niketas  von  Byzanz,  Euthymios  Zingabenos,  Niketas  Akominatos 
dann  der  ItaHener  Ricoldus  de  Monte  Cruzis  (Mitte  des  14.  Jahrhts.),  dessen  Hauptwerk 
nur  in  Übersetzungen  vorhegt.  Weiter  werden  die  Schriften  der  beiden  Kaiser  Kanta- 
kuzenos  und  Manuel  IL  Palaeologos  und  schließlich  die  spärlichen  Nachrichten  der  Histo- 
riker über  den  Islam  besprochen.  Daß  das  große  Kulturproblem  Islam  und  Christentum 
seit  MiGNE,  Kremer  und  Sprenger  doch  noch  von  manchen  Orientahsten  gefördert  ist, 
daß  speziell  über  Johannes  Damascenus  und  Theodor  Abu'l-Qurra  ziemlich  viel  gearbeitet 
worden  ist  (vgl.  Z.  Ass.  XXVI,  175  ff.  und  die  dort  zitierte  Literatur)  scheint  dem  Verf. 
unbekannt  zu  sein,  doch  ist  das  Büchlein  eine  nützliche  Anregung  für  Islamkenner,  die 
angeschnittenen  Fragen  einmal  wirklich  zu  studieren.     (Bespr.  v.  Goldziher  ThLZ  38,5.) 

C.  H.   B. 

28.  Hirschfeld,  H,,   Besprechung  von:   i.  Duncan  Black  Macdonald,  Aspects  of  Islam, 

New  York,  Macmillan,  191 1.  2.  Arthur  Glyn  Leonard,  Islam,  her  Moral  and 
Spiritual  Value.  A  rational  and  psychological  study  with  a  Foreword  by  Syed  Ameer 
Ali.  London,  Luzac  &  Co.  1909.  3.  Claud  Field,  Mystics  and  Saints  of  Islam. 
London,  Griffiths,  1910.    JRAS  Oktober  1912,   1132 — 1136. 

ad  I.  Rez.  hält  im  Gegensatz  zum  Verf.  des  Buches  die  sog.  ältesten  Suren  nicht 
für  die  Äußerung  visionärer  Verzückung,  sondern  vielmehr  für  das  Produkt  wohlüber- 
legter Berechnung,  weist  die  Theorie,  daß  Muhammeds  Predigt  schon  ein  mystistisches 
Element  enthalten  habe,  zurück,  will  endlich  die  rabbinischen  Quellen  zum  Qoran  und 
Tradition  mehr  berücksichtigt  wissen. 

ad  2.  Eine  liebenswürdige  aber  dilettantische  Apologie  des  Islam, 
ad  3.   Im    wesentlichen  auf  fremde  Quellen  beruhende,  doch  gut  geschriebene  Dar- 
stellung. H.  R. 

29.  Hartmann,  Richard,    Al-Kadam  bei  Damaskus.     OL   1913  Nr.  3    115 — 116. 

Daten  zur  Geschichte  des  Masdjid  al-Qadam  südlich  von  Damaskus,  wo   die  an- 


j34  Kritische  Bibliographie. 

geblichen  Fußspuren  des  Propheten  verehrt  werden.  Interessant  ist  der  Nachweis,  daß 
die  Deutung  der  Reliquie  etwa  um  1400  gewechselt  hat;  aus  den  Fußstapfen  Moses  sind 
die  des  Propheten  geworden.  H.  R. 

30.  Horten,  Dr.  M.,    Die  spekulative  und  positive  Theologie  des  Islam  nach  Razi  (j  1209) 

und  ihre  Kritik  durch  Tiisi  (f  1273),  nach  Originalquellen  übersetzt  und  erläutert.    Mit 
einem  Anhang:  Verzeichnis  philosophischer  Termini  im  Arabischen.   Leipzig,  Harrasso- 
witz,   191 2,  V,  384  S.  8°. 
Besprechung  vergeben. 

31.  Kahle,  P.,    Gebräuche  bei  den   moslemischen  Heiligtümern   in  Palästina.      PJB  VIII, 

139—178. 

Dr.  Kahle  setzt  hier  seine  früheren,  für  die  Kenntnis  des  volkstümlichen  Islam  in 
Palästina  so  ungemein  wichtigen  Studien  über  die  moslemischen  Heiligtümer  des  Landes 
fort  und  behandelt  diesmal  zuerst  die  Gaben  beim  Heiligtum,  die  teils  als  Zeugnis  für 
den  abgestatteten  Besuch  aufzufassen  sind,  teils  auch  der  Erlangung  der  baraka  dienen 
sollen,  vor  allem  also  auf  Gelübde  zurückgehen;  diesen  ist  ein  besonderer  Abschnitt  gewid- 
met. Weiterhin  werden  Tieropfer  und  Regenprozessionen  behandelt,  und  den  Abschluß 
bildet  eine  sehr  lebendige  Schilderung  des  NebT  Müsä-¥tstts.  Besondere  Beachtung 
verdienen,  inhaltlich  und  sprachlich,  die  zahlreichen  eingestreuten  Proben  volkstüm- 
licher Lieder.  E.  G. 

32.  Kazem  Zadeh,  H.,  i?Wa/iO);  d'un  Pelerinage  a  la  Mecque en  i()io — 191 1.   Paris,  Ernest 

Leroux,   1912.     84  S.  mit  16  Tafeln  außer  dem  Texte.    (S.-A.  aus  RMM.). 

Der  Verf.,  der  als  Finanzbeamter  des  persischen  Generalkonsulates  in  Dschedda 
Gelegenheit  zum  gründlichen  Studium  der  Verhältnisse  hatte,  teilt  seinen  Bericht  in  drei 
Abschnitte:  i.  Die  wirtschaftliche  Organisation  der  persischen  Pilgerfahrt,  2.  Die  Be- 
hörden und  die  Städte  (Dschedda  und  Mekka),  3.  Die  Pilger  und  die  Zeremonien  der 
Wallfahrt.  Interessant  ist  an  dem  Aufsatz  besonders  zweierlei:  einmal,  daß  ihn  ein  Mann 
geschrieben  hat,  der  zwar  durchaus  als  Muhammedaner  fühlt,  aber  doch,  im  Besitze  euro- 
päischer Bildung,  —  er  ist  »Licencie  en  sciences  politiques  et  sociales«  —  vieles  mit  dem 
kritischen  Blicke  des  Modernen  betrachtet;  und  dann  haben  wir  hier  einmal  eine  Schilde- 
rung, die  speziell  den  /^agg  schiitischer  Pilger  berücksichtigt.  E.  G. 

33.  Kohler,    Die  Islamlehre  von  Rechtsmißbrauch.    Z.  f.  vergl.   Rechtsw.  29    Bd.  432 — ^444. 

Erörterungen  anschließend   an  das   Buch  von  Mahmoud  Fathy  (Nr.  36). 

34.  Lamtnens,  Henri,    Fätima  et  les  filles  de  Mahomet,   notes   critiques  pour  l'etude  de  la 

Stra.     Scripta  Pontificii  Instituti  Biblici,  Romae  191 2. 

Grundlegende  Studie,  zu  der  in  der  nächsten  Nummer  ausführlich  Stellung  genommen 
werden  soll.  C.  H.   B. 

35.  Macdonald,  Duncan  Black,  God  a  Unit  or  a  Unity.    The  Ansii'er  of  Islamic  Theology 

and  its  Lesson.     MW.  vol.  III  i,   11 — 20. 

Enthält  einen  Überblick  über  die  Entwicklung  des  abstrakt-monotheistischen  Gottes- 
begriffes in  der  islamischen  Theologie.  H.  R.. 

36.  Mahmoud  Fathy,    La  doctrine  musulmane  de  l'abus  des  droits.    Paris,  Geuthner,  1913. 

37.  Margoliouth,  D.  S.,  Pan-Islamism.  (Proceedings  of  the  Central  Asian  Society  12.  Jan. 
1912.     London,  S.   i — 24.) 

In  diesem  Vortrage  vor  der  Central  Asian  Society  gibt  Margoliouth  einen  Überblick 
über  die  bisherige  Entwicklung  des  sogenannten  Panislamismus.  Er  bespricht  eingehender 
die  Tätigkeit  der  vermeintlichen  Führer,  besonders  des  geistigen  Urhebers  der  panislami- 
tischen Ideen,  des  Gamäl-ad-din  al-Afghäni  (1S39 — 1896).  Auf  Grund  historischer  Tat- 
sachen kommt  er  zu  dem  Ergebnis,  daß  es  eine  panislamitische  Bewegung  in  dem  bei  uns 
üblichen  Sinne  nie  gegeben  hat,    nicht  gibt  und  auch  in  Zukunft    nicht    geben  wird.     So- 


Kritische  Bibliographie.  185 

genannte  »panislamische«  I  deen  sind  allerdings  vorhanden,  aber,  mögen  sie  auch  weiter 
um  sich  greifen,  eine  politische  Bedeutung  wird  ihnen  nie  zukommen.  Kurz,  der  Pan- 
islamismus  ist?in  abendländisches  Phantasiegebilde.  —  Margoliouth's  Vortrag  wird  all- 
gemein interessieren,    ebenso  auch  der  angeschlossene  Diskussionsbericht.  R.  M. 

38.  NiasslgnOTlfL.,  L'  histoire  des  doctrines  philosophiques  a  FUniversite  du  Caire.    RMM  1912, 

XXI,  149—157. 

Stenogramm  einer  am  23.  11.  12  an  der  »Universite  Egyptienne«  gehaltenen  Antritts- 
vorlesung über  die  Geschichte  der  philosophischen  Lehren  der  Araber:  Methode  der  Dar- 
stellung, Programm  der  Vorlesung.  H.  R. 

39.  Massignon,  Louis,  Kitdb  al  Tawdsin  par  al  Halläj.     Paris,  Geathner,   1913. 

Vgl.  das  Referat  von  Goldziher,  S.  165. 

40.  Meyer,  Eduard,   Ursprung  und  Geschichte  der  Mormonen  mit  Exkursen  über  die  Anfänge 

des  Islams  und  des  Christentums,  mit  5  Abb.    Halle  a.  S.,    Max  Niemeyer,  1912,  \'I, 

310  S.;  8°. 

Ein  Referat  in  Vorbereitung. 

41.  Mittwoch,  Eugen,    Abergläubische  Vorstellungen  und  Bräuche  der  alten  Araber.     Nach 

Hamza  al-Isbahäm.     MSOS  As.  XVI  (1913)  Sep.  i — 14. 

In  dieser  Arbeit  veröffentlicht  Mittwoch  den  Anhang  taläßn  huräfät  min  huräfät 
al-'Arab  zu  dem  Werke  Kitäb  al-'amtäl  des  Hamzaal-Isbahänl  (Münchner  Codex 
Aumer  Nr.  642).  In  den  einleitenden  Bemerkungen  wird  das  Verhältnis  anderer  Sprich- 
wörtersammlungen (  M  a  i  d  ä  n  i  ,  N  u  w  a  i  r  i  )  zum  Buche  des  I  s  b  a  h  ä  n  i  und  die 
Quellen  des  letzteren  besprochen.  Es  folgt  eine  kurze  Inhaltsangabe  der  taläßn  huräfät 
und  schließlich  der  arabische  Text.  Die  ersten  Abschnitte  (i — 9)  enthalten  Tiergeschichten 
zur  Erklärung  sprichwörtlicher  Redensarten,  die  anderen  (10 — 30)  handeln  »über  aber- 
gläubische Vorstellungen  und  Bräuche  der  alten  Araber,  besonders  über  Schutzmittel  gegen 
den  bösen  Blick,  über  Krankheiten  der  verschiedensten  Art  und  ihre  Bannung  durch 
Amulette  und  Zauber«.  R-   M- 

42.  Mittwoch,   Eugen,   Prof.   Dr.,    Zur  Entstehungsgeschichte  des  islamischen  Gebets  und 

Kultus.   Abh.  Pr.  Ak.  W.  1913,  Phil.-hist.  Kl.  Nr.  2,    Berlin  1913,  42  S. 

Geistvoller  Versuch,  die  Salät  aus  der  jüdischen  Praxis  abzuleiten.  Der  Abschnitt 
über  die  Salät  al-Djunni^a  in  vornehmer  und  freundschaftlicher  Auseinandersetzung  mit 
meiner  These  in  Bd.  III,  374  ff.  Es  scheint  mir  einwandsfrei  nachgewiesen,  daß  viel  engere 
Beziehungen  zwischen  Scheri'a  und  Judentum  bestehen,  als  man  bisher  annahm.  Das 
ist  ein  eminent  wichtiges  Resultat.  Trotzdem  ist  für  den  Aufbau  des  Freitagsgottesdienstes 
die  christhche  Hypothese  die  historisch  wahrscheinUchere.  Eine  ausführliche  Auseinander- 
setzung mit  Mittwoch's    grundlegenden  Darlegungen  behalte  ich  mir  für  später  \or. 

C.  H.   B. 

43.  Nicholson,  Reynold  A.,  The  goal  of  Muhammedan  Mysticism.     JRAS  1913,   Januar, 

55— 6S. 

Lehrreiche  Untersuchung  über  den  Begriff  des  fanü  bei  A  b  ii  N  a  s  r  a  1  -  S  a  r  r  ä  d  j 
(Kitäb  el-luma%  einem  der  ältesten  Vertreter  der  orthodoxen  Richtung  des  Sufismus  mit 
Ausblick  auf  die  spätere  Entwicklung,  in  der  aus  dem  fanä  =  »Aufgehen  des  mensch- 
lichen W  i  1 1  e  n  s  in  Gottes  W  i  1 1  e  n  «  (  H  u  j  w  i  r  i  )  ein  fanä  =  »Aufgehen  des  mensch- 
lichen Seins  in  Gottes  Sein«  (Hallädj)  wird.  Die  relativ  große  Toleranz  des 
Islam  pantheistischen  Sektierern  gegenüber  erklärt  sich  zum  Teil  daraus,  daß  die  Idee 
des  Gottesmenschen  dem  religiösen  Gefühl  gerade  der  persischen  Muslime  seit  langem 
vertraut  war  und  daher  ihnen  der  Anspruch  eines  Hallädj  lange  nicht  so  unerträglich 
erscheinen  konnte,  wie  es  dessen  Hinrichtung,  die  mehr  aus  politischen  Gründen  zu  er- 
klären ist,  auf  den  ersten  Blick  vermuten  ließe.  H.  R. 


l86  Kritische  Bibliographie. 

44.  Pedersen,  Jobs.,    Den  semitiske  Ed  ogieslägtede  Begreher  samt  Edens  Stillingi  Islam. 

Köbenhavn,  V.  Pio,  191 2.     195   S. 

Der  Verf.  sucht  in  seinem  Buche  Der  semitische  Eid  und  verwandte  Begriffe  samt 
der  Stellung  des  Eides  im  Islam  die  Wurzeln  des  Eides  der  Semiten  in  ihrem  Geistesleben. 
Er  findet  sie  vor  allem  im  Bund  und  im  Fluch.  Aus  dem  Begriff  des  Bundes,  in  welchem 
Menschen  durch  besondere  Riten  zusammengebunden  werden,  geht  der  Begi'ifE  des  Eides 
hervor,  was  der  Verf.  an  /«'//,  ^ahd  und  b^rtt  nachzuweisen  versucht.  Der  Fluch  ist 
dreierlei:  Verstoßung  aus  der  Gesellschaft  (so  bes.  "l"nN)'  Beraubung  des  Glückes 
und  der  Ehre  und  Besessenheit.  In  der  hypothetischen  Verfluchung  haben  wir  den  Über- 
gang zum  Flucheid.  Bei  diesem  wird  man  bedroht,  im  Bundeseid  gebunden.  Ferner  ent- 
wickeln sich  aus  dem  Gelübde  gewisse  Eidesformen,  was  aus  dem  Charakter  des  Gelübdes 
zu  verstehen  ist.  Zu  dem  genannten  kommt  noch  die  Vorstellung,  daß  man  im  Eide  ein 
starkes  Wort  spricht,  was  auf  einer  anderen  Auffassung  des  Wahrheitsbegrifies  als  der 
unsrigen  beruht.  Das  Wort  wird  dadurch  stark,  daß  man  bei  dem,  wovon  das  Leben  des 
Betreffenden  abhängig  ist,  schwört.  Durch  Lüge  würde  man  das  verlieren  (barä'a-Eid). 
Im  Islam  verliert  der  Eid  seine  Kraft,  was  mit  dem  islamischen  Geiste  zusammen  stimmt: 
Man  kann  nicht  durch  sein  Wort  Allah  zum  eventuellen  Strafen  zwingen.  Von  Qoran 
und  Sunna  an  läßt  sich  ein  Fortschreiten  in  dieser  Spur  nachweisen.         Autoreferat. 

45.  Roloff,  Max,    Der  Panislamismus.     Nord  und  Süd.  XXXVII.  Februarheft  1900. 

46.  Schaefer,  H.  E.,  Pastor,  Der  Rosenkranz  im  Islam.     Der  Sudan-Pionier,  März  1913, 

17 — 2('. 

Herkunft  des  Rosenkranzes  aus  Indien,  seine  Wanderung  über  Persien  zu  den  ost- 
römischen Christen  und  Übernahme  durch  den  Islam;  im  Katholizismus  seit  den  Kreuz- 
zügen. Einbürgerung  des  R.  im  Islam  vermutlich  als  Ersatz  für  die  vorher  benutzten 
kleinen  Kieselsteine.  Verbreitung  besonders  in  den  unteren  Volksschichten  und  bei  den 
Asketen.  Ablehnung  und  Bekämpfung  aber  seit  alters  und  noch  heute  bei  den  theologischen 
Führern  und  Gebildeten  (vgl.  den  jüngsten  Aufsatz  im  El-Manär  Nov.   191 2).         M.   H. 

47.  Schäfers,  Jos.,  Olivers,  des  Bischofs  von  Paderborn  und  Kardinalbischofs  von  S.  Sabiiia 

(j  1227),  Kenntnis  des  Mohammedanismus.  (Theologie  und  Glaube,  Zeitschr.  f.  d. 
kathol.  Klerus,  herausgeg.  von  den  Professoren  der  philos. -theolog.  Fakultät  in 
Paderborn,  Jahrg.  IV,   1912,  Heft  7   S.  535  tl.) 

Im  schroffen  Gegensatz  zu  all  den  fürchterlichen  Geschichten  und  Fabeleien  über 
den  Götzen  Mahom,  die  im  Mittelalter  die  Gemüter  der  abendländisch-christlichen  Welt 
verwirrten,  stehen  die  Äußerungen  des  Bischofs  Oliver  von  Paderborn  über 
Mohammed  und  seine  Religion,  mit  denen  uns  Verf.  in  vorliegender  Arbeit  bekannt  macht 
und  die  uns  die  größte  Hochachtung  vor  diesem  geistlichen  Würdenträger  abnötigen 
müssen.  Bischof  Oliver  ist  selbst  als  Kreuzfahrer  in  den  Orient  gezogen  (er  hat  dort 
12 19  die  Eroberung  von  Damiette  mitgemacht)  und  hat  sich  dort  mit  den  religiösen  An- 
schauungen der  Mohammedaner  vertraut  gemacht.  Seine  Beobachtungen  hat  er  dann 
mit  einer  für  jene  Zeit  geradezu  erstaunlichen  Objektivität  in  seinen  Schriften  niedergelegt. 
Natürlich  ist  er  als  Kind  seiner  Zeit  nicht  frei  von  allerlei  falschen  Vorstellungen.  So  glaubt 
auch  er  noch  an  das  Märchen  vom  abtrünnigen  Mönch  Sergius,  aus  dem  dann  später  ein 
Bischof,  ja  sogar  ein  abtrünniger  Kardinal  wird  —  die  Geschichte  dieser  Legende  wird 
ausführlich  behandelt  — ,  der  Mohammed  bei  der  Abfassung  des  Qorans  behülflich  gewesen 
sei.  Aber  im  großen  und  ganzen  gibt  er  ein  richtiges  Bild  des  Mohammedanismus.  Die 
Geschichte  Mohammeds  und  seine  Lehre,  die  Dogmatik  des  Islams  und  das  islamische 
Recht,  auch  die  Geschichte  des  Islam  nach  Mohammed  ist  im  wesentlichen  richtig  dar- 
gestellt.    Seine  Auslassungen  über  den  Islam  sind  dabei  ruhig  und  sachlich,  ohne  jede 


1 


Kritische  Bibliographie.  jgy 

Voreingenommenheit.     Kein  Wort  des  Hasses  oder  schimpflicher  Verleumdung.     Und  das 
im   Kreuzzugszeitalter  !  —  Wir  dürfen  dem  Verf.  für  diese  Arbeit  aufrichtig  dankbar  spin. 

R.  -M. 

48.  Snouck-Hurgronje,  C,   De  Islam  (Groote  Godsdiensten  II,  Nr.  6).    Baarn,    Hollandia 

Drukkerij,   1912.     43   S. 

Populäre  Gesamtdarstellung  der  islamischen  Religion:  Verbreitung,  Anfänge,  Sekten- 
gliederung, rechtliche  Entwicklung,  Inhalt  des  Rechts,  dogmatische  Entwicklung,  Inhalt  des 
Katechismus,  Mystik  und  Heiligenkult.  Wir  können  die  holländische  Öffentlichkeit  zu 
dieser  vorbildhchen  Einführung  nur  beglückwünschen.  C.  H.  B. 

49.  Snouck-Hurgronje,  C,  Over  Panislamisme  (Voordracht,  gehonden  op  21.  Dez.  i9io\ 

Archives  du  Musee  Teyler,  ser.  III,  vol.  I  Sep.   i — 19. 

50.  Swan,  George,  The  dhikr.  MW  Okt.  1912,  380 — 386. 

51.  Swan,  George,  The  Matbuli  Incident.     MW  April  1913,   175 — iSo. 

Zur  Sache  vgL  Prof.  Littmann,  dieses  Heft  S.  154.  Angehängt  ist  die  Übersetzung 
des  Kapitels   »Matbüli«  aus  S  a  'r  ä  n  i  's  Tabaqät  el-kubi'ä.  H.  R. 

52.  Swan,  George,  Monogamy  in  Islam.    MW  Jan.   1912,  75 — 77. 

Übersetzung  eines  im  Mo'ayyad  abgedruckten  Vortrags  des  Scheichs  M  o  h  a  m  m  e  d 
Farag  -elMinyawi  vom  April  19 12,  in  dem  er  die  Monogamie  empfiehlt.         H.  R; 

53.  Ulrich,  F.,  öj'e  V orherhestimmungslehre  im  Islam  und  Christentum.  Eine  religionsgeschicht- 

liche Parallele.   Inaug.-Dissert.  zur  Erlangg.  der  Lizentiatenwürde,  Heidelberg.  Druck 

von  C.  Bertelsmann  in  Gütersloh  191 2,   133  S.  8^    (S.-A.  aus  Beitr.  z.   Förderung 

Christi.  Theol.  XVI,  321  ff.) 

Die  Arbeit  muß  als  theologische,  nicht  als  philologische  Dissertation  eines  im  prak- 
tischen Amte  stehenden  Geisthchen,  der  mehrere  Jahre  im  Orient  gelebt  hat,  gewürdigt 
werden.  Der  Verf.  ist  unparteiisch  genug,  anzuerkennen  (S.  131  resp.  445),  daß  die  Be- 
deutung der  Vorherbestimmungslehre  und  ihre  verschiedene  praktische  Wirksamkeit  im 
Orient  und  in  Europa  auch  —  ich  sage  hauptsächlich  —  volkspsychologisch 
beurteilt  werden  muß.  Die  Verschiedenheit  ihres  Chrakters  im  Islam  und  Christentum 
kommt  richtig  zur  Darstellung.  Die  historische  Durchdringung  der  Quellen  (Moderner 
Katechismus,  Ghazäli,  Murdjiten  und  Mu'tazihten,  Asch'ari,  spätere  Dogmatik  und 
Philosophie,  Tradition,  Qorän,  nota  bene  in  dieser  Reihenfolge)  steht  nicht  ganz  im  Ver- 
hältnis zu  den  Erwartungen,  welche  die  reichliche  Anwendung  arabischer  Typen  en\'eckt. 
Der  natürliche  Ausgangspunkt  wäre  die  christlich  islamische  Polemik  gewesen.  Meinen 
diese  Frage  behandelnden  Aufsatz  in  ZA  XXVI  konnte  der  Verfasser  offenbar  nicht 
mehr  benutzen.  C.  H.   B. 

54.  Upson,  Arthur  T.,   A  Chinese  Apologetic,  DalTl  al  Islam.     MW  Jan.  1913,  67 — 70. 

Übersetzung  eines  in  China  geschriebenen  kleinen  Abrisses  mohammedanischer 
Glaubenslehre.  H.  K. 

55.  Zwemer,  Samuel  M.,    The   Moslem   Christ.      An  Essay  on  the  Life,   Character,   and 

Teachings  of  Jesus  Christ  according  to  the  Koran  and  Orthodox  Tradition.    Edinburgh 
and  London,  Oliphant,  Anderson  &  Ferrier,   191 2,   198  S. 
Besprechung  folgt  im  nächsten  Heft. 

III.  Geschichte  und  Kulturgeschichte. 

56.  Barthold,  W.,  Chalij  und  Sultan  (Xajiii^Jt  n  CyjiiaH'b).    MI  I  345 — 400.    Kap.  4 — 7. 

Fortsetzung  und  Schluß  der  bedeutsamen  Arbeit,  deren  Anfang  bereits  oben  S.  174  f. 
besprochen  wurde. 

Kap.  4.  Rolle  der  Abbasiden  im  Osten  (Turfan,  Karakorum);  die  Pseudoabbasiden 
in  Aleppo  und  Damaskus,    Übersiedelung  des  Pseudoabbsiden    von  Aleppo    nach  Kairo 


jgg  Kritische  Bibliographie. 

nach  dem  Tode  Baibars  1261  —  Versuche  der  Mameluken,  Sultanat  und  Chalifat  wieder 
zu  vereinigen;  Bedeutung  des  ägyptischen  Chalifats  weit  über  die  Grenzen  Ägyptens 
hinaus,  nicht  nur  poUtisch,  sondern  auch  in  der  Theologie.  Kap.  5.  Die  Mongolen  (Timur, 
Schachruch,  Turkmenen)  erkennen  die  ägyptischen  Abbasiden  nicht  an,  wohl  aber  ihre 
Gegner,  darunter  vielleicht  auch  die  Türken.  —  Mongolische  vergebliche  Versuche,  sich 
in  Mekka  durchzusetzen.  —  Entwicklung  der  Derwischorden.  Kap.  6.  Aufkommen  der 
Osmänen,  Eroberung  Ägyptens  und  der  heiligen  Stätten.  —  Unzulänglichkeit  aller  bis- 
herigen historischen  Darstellungen  über  diese  bedeutsamen  Vorgänge.  Nach  dem  Tode 
des  Sultans  Tuman-Bai  wird  der  Chalif  Mutawakkil  als  Gefangener  nach  Konstantinopel 
gebracht;  wo  er  ein  Scheindasein  führt;  nach  seinem  Tode  endgültige  Vereinigung  von 
Sultanat  und  Chalifat  unter  den  Osmanen.  Kap.  7.  Entstehung  der  Sage  von  der  Über- 
tragung des  Chalifats  auf  die  Osmanen  (Muraga  d'Ohsson)  spätere  Fiktion.  Am  Schlüsse 
Zusammenfassung  der  Resultate  der  Arbeit. 

Es  wäre  zu  wünschen,  daß  diese  hochbedeutsame  und  längst  erwünschte  Arbeil 
baldmöglichst  durch  Übersetzung  in  eine  einem  größeren  Gelehrtenkreise  geläufige  Sprache 
das  verdiente  Aufsehen  erregte.  F.  F.  S. 

57.  Bouvat,  L.,  Les  Barmccides  d' apres  les  historicns  arabes  et  persans.     RMM  XX  1912,. 

In  der  Einleitung  umfassende  Übersicht  über  das  gesamte  in  Betracht  kommende 
Quellenmaterial.  Von  den  wichtigsten  Handschriften  Proben  in  Faksimile.  Dazu  eine 
Tafel  mit  Abbildungen  barmekidischer  Münzen.  Kap.  I — VIII  Darstellung  der  Geschichte 
der  Barmekiden  zumeist  in  der  Form  von  fortlaufenden  Auszügen  aus  den  Quellen:  ihr 
Ursprung,  der  Noubehar,  ihre  Rolle  am  Omajjadenhofe,  am  Abbasidenhofe,  ihr  Fall^ 
Gründe  und  Folgen  ihres  Falls,  spätere  Träger  ihres  Namens,  die  Barmekiden  in  der  Volks- 
sage. Anhang  I:  Ursprung  und  Ableitungen  des  Namens  Barmek.  Anhang  II:  Biblio- 
graphie.    Index. 

Die  Arbeit  erscheint  durch  die  ausführlichen   Quellcnbclege  wertvoll.  H.  R. 

58.  Butler,  A.  J.,  The  Treaty  ot  Misr  in  Tahari.    Oxford,  Clarendon  Press  1913;  S7  S.    8°. 

Nachtrag  zu  seinem  vortrefflichen  Werke  The  Arab  Conqiiest  oj  Egypt.  Besprechung 
der  dort  vernachlässigten  Version  T  a  b  a  r  i  's  und  Auseinandersetzung  mit  einer  Kritik 
Lane  Poole's.  Abermalige  Erörterung  des  Muqauqisproblems.  Berechtigte  Verteidigung 
des  historischen  Wertes  der  Patriarchengeschichte  des  S  e  v  e  r  u  s.  C.  H.   B. 

59.  Leone  Caetani,  principe  di  Teano,  Chro>wgmphia   Islamica,  Paris,  Paul   Geuthner. 

Periodo  primo,  Fase.  I  u.   II  —  anno  45  H. 

60.  Lammens,  Henri,  Le  Calijat  de  Jazid  ler  (i,t  fasc).    MFOB  V,  590—724  (191 2). 

Fortsetzung  der  grundlegenden  Studien  des  Verf.  zur  Geschichte  der  frühen  Omaj- 
jaden.     Wir   werden  im  Zusammenhang  darauf  zurückkommen.  C.  H.   B. 

61.  Nemeth,  Julius,  Die  türkirch-nwngoliscke  Hypothese.     ZDMG  66,  4,  549  ff. 

Der  junge  Budapester  Gelehrte,  der  bereits  früher  in  ungarischen  Zeitschriften 
einige  Arbeiten  auf  diesem  wichtigen  Gebiete  veröffentlicht  hat,  bemüht  sich  hier,  eine 
größere  Zahl  von  Beweisgründen  gegen  die  Annahme  einer  sprachgeschichtlichen  Ver- 
wandtschaft zwischen  Türkisch  und  Mongolisch  zusammenzubringen.  Nur  auf  Entlehnung 
beruhen  nach  ihm  die  zahlreichen  Ähnlichkeiten  in  beiden  Gruppen.  Das  letzte  \\ox\. 
ist  mit  dieser  scharfsinnigen,  aber  nicht  durchweg  überzeugenden  Studie  wohl  noch  nicht 
gesprochen,  wie  ja  der  Verf.  selbst  bemerkt,  daß  noch  eine  Reihe  von  Einzeluntersuchungen 
dringend  erforderlich  sind.  E.  G. 

62.  Osztem,   S.  P.,   Volkssouveränität,    Araber   und  Kalifat.     Eine  staatsrechtliche  Skizze. 

Ungarische  Rundschau  für  histor.  u.  soz.  Wissenschaften  I,   i,   S.   123  ff. 

63.  Sobernheim,  Moritz,  Das  Zuckermonopol    unter  Sultan  Barsbät.    ZA  XXVII,   i — 3. 

(Goldziher-Festschr.) 


Kritische  Bibliographie.  jüq 

Monopole  und  Zwangskäufe  waren  unter  den  mamlukischen  Herrschern  zur  Be- 
schaffung neuer  Geldmittel  sehr  beliebt.  S.  behandelt  hier  die  wiederholte  Einführung 
eines  Zuckermonopols  unter  Sultan  Barsbäi,  der  sich  dieses  Ausweges  besonders  häufig 
bediente.  Im  i^ischluß  daran  wird  ein  die  Abschaffung  des  Monopols  in  Damaskus  be- 
treffender Erlaß  aus  dem  Jahre  836,  der  auf  einer  Säule  in  der  Vorhalle  der  Omaijaden- 
moschee  eingemeißelt  war,  und  dessen  Abschrift  Dr.  v.  Berchem  besorgt  hat,  im  Wort- 
laut und  Übersetzung  mitgeteilt.  Im  Anhang  finden  sich  die  Belegstellen  aus  Maqrizi 
(Ms.  Gotha)   und  b.  Hagar  al-Asqaläni  (Ms.   Berhn).  E.  G. 

64.  Della  Vida,  G.  Levi,  Bespr.  von  Leone  Caetani,  Principe  di  Teano,   Annali  dell' 

Islam,  vol.  V,  RSO.   IV  1057. 

IV.    Naturwissenschaften  (inkl.  Medizin). 

65.  Bergsträsser,  Dr.  Gotthelf,  Hunain  ihn  Is/iak  und  seine  Schule.   Leiden,  vorm.  E.  J.  Brill. 

1913- 

Die  Schrift  bezweckt  für  die  im  Titel  bezeichnete  Übersetzergruppe  aus  dem  9.  und 
Anfang  des  10.  Jahrhunderts  n.  Chr.  auf  Grund  der  Texte  ihrer  selbständigen  und  der 
von  ihr  aus  Hippokrates  und  Galen  übertragenen  Werke  nach  dem  Vorbilde  Klamroth's 
über  die  SxEiNscHNEiDERsche  Quellenforschung  hinausgehende  Ergebnisse  in  Form  van 
Charakteristiken  der  einzelnen,  von  der  einheimischen  Überlieferung  nur  rein  biobiblio- 
graphisch behandelten  MitgHeder  aus  deren  individuellen  Ausdruckseigentümhchkeiten  zu 
gewinnen.  So  heben  sich  als  besonders  scharf  umrissene  literarische  Persönlichkeiten  in 
erster  Linie  der  gewandte  und  elegante  Meister  selbst,  von  seinen  Schülern  aber  Hobais, 
und  zwar  dieser  infolge  einer  zur  Manieriertheit  ausgearteten  Sucht,  mit  synonymen  Sub- 
stantiven, Partikeln  und  adverbialen  Redensarten  bunt  abzuwechseln,  und  seiner  wohl 
durch  mangelhafte  Kenntnis  des  Griechischen  und  Unsicherheit  in  der  Beherrschung  der 
Fachterminologie  bedingten  Vorhebe  für  das  Ev  oia  o'jofv  vor  den  übrigen  heraus. 
Auch  wird  auf  demselben  Wege  ein  schärferer  Einblick  in  die  Arbeitsweise  und  Arbeits- 
teilung der  Schule  gewährt.  Im  einzelnen  ist  B.s  hypothetische  Entwicklung  des  Anteiles 
eines  jeden  der  eben  angeführten  beiden  Übersetzer  an  der  arabischen  Anatomie  G  a  1  e  n  s 
(S.  45)  eine  ebenso  scharfsinnige,  wie  überzeugende.  Einen  breiten  Raum  nimmt  die  Be- 
kämpfung Max  Simon' s,  seiner  linguistischen  Untersuchungen  und  seiner  Auffassung  von 
Sprachcharakter  und  Autortyp  der  von  ihm  edierten  »Sieben  Bücher  Anatomie  des  Galen« 
ein.  —  Dem  Herausgeber  standen  Quellentexte  von  recht  geringem  Umfange  zur  Ver- 
fügung. Um  so  anerkennenswerter  ist  der  Erfolg  seiner  Methode,  und  man  darf  seine 
schöne  Arbeit  mit  Recht  eine  Vollreife  Frucht  der  strengen  FiscHERschen  Richtung  nennen. 

E.   S. 

66.  Gabrleli,  G.,  Nota  biobibUografica  su  Qustä  ihn  Lüqä.  RRAL.,  Serie  V,  vol.  XXI  (1912), 

341— 3  S2. 

Der  Verf.  gibt  zunächst  ein  vollständiges  Verzeichnis  der  eigenen  Schriften  und 
Übersetzungen  Qostäb.  Lüqä 's  nach  dem  Fihnst,  al-  Q  i  f  t  i  s  Ta'rT/i  al-/iukamä 
und  Ibn  abi  Useibi'a's  Tabaqät  al-aiibbä,  den  bekannten  Quellen  für  Gelehrten- 
geschichte. Aus  den  gleichen  Quellen  werden  die  Daten  für  sein  Leben  mitgeteilt,  dann 
aber  mit  Hilfe  einer  Zusammenstellung  aller  bei  den  Titeln  erwähnten  Personen  der  Kreis 
der  Freunde  und  Gönner  Q  o  s  t  ä  b.  Lüqä's  gekennzeichnet.  Es  gelingt  dem  Verf. 
dadurch,  die  spärlichen  Nachrichten  der  genannten  Quellen  in  überraschender  Weise  zu 
beleben  und  insbesondere  auf  die  Übersiedelung  Q  o  s  t  ä  '  s  nach  Armenien,  die  in  vor- 
gerücktem Alter  stattfand,  Licht  zu  werfen.  Gabriel:  unterscheidet  drei  Hauptperioden 
seines  Lebens:  die  erste  mit  Reisen  im  byzantinischen  Reich,  die  zweite,  das  Mannesalter, 
am  Hof  der  Abbasidenchalifen  im   Kreise  arabischer  Gelehrter  und  Mäcene,     die  dritte 


jQQ  Kritische  Bibliographie. 

bei  den  christlichen  Herren  in  Armenien;  dementsprechend  auch  drei  Perioden  seiner 
schriftstellerischen  Tätigkeit:  die  Zeit  der  philologischen,  naturwissenschaftlichen,  medi- 
zinischen, philosophischen  Studien  und  ersten  Übersetzungen,  die  seinen  Ruf  begründen, 
die  ausgedehnte  wissenschaftliche  und  Übersetzertätigkeit  in  Baghdäd,  den  Abschluß 
seiner  literarischen  Laufbahn  in  Armenien. 

Auffallenderweise  erwähnt  Gabrieli  unter  den  handschriftlich  erhaltenen,  aber  von 
seinen  drei  Quellen  nicht  genannten  Schriften  nicht  das  Kitäb  al-falähat  ar-rümijja,  die 
Übersetzung  der  »Griechischen  Landwirtschaft«  (vgl.  Baumstark,  Lucubrationes  Syro- 
Graecae,  Leipzig  1894),  ein  Werk,  das  um  so  wichtiger  ist,  als  davon  ja  auch  eine  syrische, 
persische  und  armenische  Version  existiert,  und  das  Verhältnis  dieser  Ausgaben  zueinander 
noch  immer  der  vollen  Aufklärung  harrt.  Der  Leidener  Codex  stammt  aus  der  Mitte 
des  15.   Jahrhunderts  (Cod.  bibl.  Lugd.   Bat.   192).  J.   R. 

67.  Hosseus,  Dr.  CarlCurt,  Die  Beziehungen  zwischen  Tabaschir,  Bambus-Manna  oder  Bayyünis- 

Zucker  lind  dem   Xfi/yctpov  der  Griechen.     S.-A.    aus    »Beihefte   z.    Botan.  Zentral- 
blatt«   Bd.  XXX  (1912)  Abt.   IL 

Der  Verf.  zeigt  u.  a.,  daß  das  sctxyapov  der  Alten  mit  dem  sog.  Tabaschir,  einer 
Kieselsäureabscheidung  im  Innern  der  Bambuseen,  das,  wie  an  der  Hand  zahlreicher 
Belege  aus  der  Literatur  ausgeführt  wird,  im  Orient  eine  große  Rolle  als  Arzneimittel 
gespielt  hat  und  noch  spielt,  nichts  zu  tun  hat,  sondern  nichts  anderes  als  Rohrzucker 
war.  E.  G. 

68.  Karpinski,  L.  C,  The  algebra  of  Abu  Kämil  Shoja^  ben  Aslam.     BMath.     3.  Folge  12. 

Bd.     (191^)-     40—55- 

Der  Aufsatz  kann  als  Fortsetzung  von  Sacerdote's  und  H.  Suter's  Studien  über  Abu 
Kämil  (zw.  850 — 930  in  Ägypten)  bezeichnet  werden.  Wie  Suter  (BMath.  3.  Folge 
10.  Bd.  (1910)  S.  15  fT.)  den  Nachweis  führt,  daß  Leonardo  von  Pisa  nur  Abu 
K  ä  m  i  1  s  Abhandlung  über  das  Fünfeck  und  Zehneck  überarbeitet  hat,  so  führt  Kar- 
pinski den  Nachweis  der  Benützung  durch  AI  K  a  r  h  i  und  Leonardo  für  die  Alge- 
bra,   die  lateinisch  in  der  Pariser  Hs.    7377  A  erhalten  ist.  J.  R. 

69.  Mittwoch,  Eugen,  Die  älteste  Influenza-Epidemie  in  Persien  und  Mesopotamien  (im 

Jahre  855  n.  Chr.).     Berl.  klin.  Wochenschr.   1913,  Nr.   10.) 

Kurze  Besprechung  einer  Nachricht  des  Hamza  al-Isbahäni  über  eine  von 
Persien  der  Handelsstraße  entlang  nach  Mesopotamien  wandernde  epidemische  Krank- 
heit. Ursprung  und  Verlauf  dieser  Krankheit  lassen  Mittwoch's  Annahme,  daß  es  sich 
hier    um    eine  Influenza-Epidemie  handelt,  berechtigt  erscheinen.  R.  M. 

70.  Schweinfurth,  G.,  Arabische  Pflanzennamen  aus  Ägypten,  Algerien  und  Jemen.    Berlin 

1912.     D.  Reimer.     XXIV.     232  S. 

Der  erfolgreiche  Reisende  und  hervorragende  Botaniker  hat  mit  dem  vorliegenden 
Werk  der  arabischen  Wissenschaft  einen  ganz  außerordentlichen  Dienst  geleistet  und 
eine  Aufgabe  gelöst,  der  nur  jemand  gewachsen  war,  der  die  Botanik  vollkommen  beherrscht 
und  jahrelang  im  Orient  gewesen  ist.  Für  eine  große  Anzahl  von  arabischen  Pflanzennamen 
ist  durch  Schweinfurth's  Werk  authentisch  der  botanische  Name  festgestellt  und  dadurch 
eine  richtige  Übersetzung  arabischer  Texte  in  dieser  Richtung  gesichert.  Da  ein  Teil  des 
Werkes  sich  besonders  mit  der  Flora  von  Jemen  und  Südarabien  befaßt,  so  dürfte  sich  hier 
eine  wichtige  Ausbeute  für  die  Dichter  ergeben.  Die  Namen  sind  sehr  genau  nach  ihrem 
Laut  transkribiert,  was  für  die  Dialektforschung  wichtig  sein  wird,  außerdem  ist  auch 
in  einer  Reihe  von  Fällen  das  arabische  Wort  mit  arabischen  Schriftzeichen  wiedergegeben. 
In  den  ersten  fünf  Abteilungen  des  Werkes  sind  lateinisch-arabisch  und  arabisch-lateinisch 
zusammengestellt:  i.  arabische  Pflanzennamen  aus  der  Flora  von  Ägypten,  die  Kultur- 
pflanzen und  die  im  Handel  vorkommenden  inbegriffen,  2.  arabische  Pflanzennamen  aus 


Kritische  Bibliographie.  jqI 

der  Flora  von  Jemen,  zusammengestellt  nach  den  von  Peter  Forskal  in  seiner  Flora  ägyp- 
tiaca-arabica  (Havniae  1775)  gemachten  Angaben,  3.  arabische  Pflanzennamen  aus  der 
Flora  von  Jemen  und  Südarabien,  zusammengestellt  nach  den  auf  seinen  Reisen  1 88 1, 
1889  von  G.  ScHWEiNFURTH  gemachten  Aufzeichnungen,  4.  arabische  Pflanzennamen  aus 
der  Flora  von  Biskra  im  nördlichen  Saharägebiet  von  Algerien,  zusammengestellt  nach 
Aufzeichnungen  in  den  Jahren  1901  und  1908,  5.  arabische  Pflanzennamen  aus 
dem  Küstenland  und  dem  Teil- Bergland  von  Nordost-Algerien  (Bona,  La  Calle  und 
Hammäni  Meskutin)  zusammengestellt  nach  Aufzeichnungen  in  den  Jahren  1908  und 
1910,  Abschnitt  6.  enthält  die  in  Ägypten  und  Algerien  gebräuchhche  Nomenklatur  der 
Dattelpalme  (Phoenix  dactylifera  L.)  von  Prot.  Moritz. 

In  der  Einleitung  finden  sich  zum  Teil  wichtige  Betrachtungen  über  die  Herkunft 
der  Pflanzennamen  sowie  Hinweise  auf  die  Literatur.  Das  vorliegende  Werk  Schweinfurth's 
enthält,  da  es  nur  ein  beschränktes  geographisches  Gebiet  behandelt,  naturgemäß  nur 
einen  Teil  der  sämtlichen  in  arabischen  Werken  vorkommenden  Pflanzen.  Wenn  der 
Verf.,  wenigstens  soweit  seine  Sammlungen  reichten,  auch  noch  für  andere  eine  entsprechende 
Zusammenstellung  gäbe,  so  wäre  das  ein  gar  nicht  hoch  genug  einzuschätzendes  Verdienst. 

E.  Wiedemann. 
71.  Seidel,  Ernst,  Ein  neues  Exemplar  des  alten  Ayt'ark^  und  Allgemeines  zu  seinem  medizini- 
schen Abschnitte.     Huschardean,  Wien  191 1,  225 — 232. 

Ein  in  Konstantinopel  erworbener  armenischer  Frühdruck  entpuppte  sich  als  zweifel- 
los das  vierl^e  zu  den  bisher  bekannten  drei  Exemplaren  des  Ayt'ark' (Astrologie)  von  15 13/14, 
wahrscheinHch  aus  der  Feder  des  trotz  seines  Signetes  bis  auf  seinen  Namen  noch  immer 
geheimnisvollen  Venediger  Druckers  J^cob  St.\mmend.  Der  letzte  der  zehn  Abschnitte 
trägt  den  Titel  Galinos  Hakim,  jedoch  mit  Ausnahme  eines  geringen  Teiles  zu  Unrecht, 
da  der  größere  Rest  einmal  eine  nach  dem  Vorbild  der  spätgriechischen  Jatrosophien, 
angelegte  Sammlung  volkstümlicher  Rezepte,  von  denen  die  kulturhistorisch  wichtigsten 
in  extenso  mitgeteilt  werden,  sodann  aber  eine  ebensolche  von  Verordnungen  mehr  wissen- 
schaftlichen Charakters  darstellt,  deren  Ursprung  aus  dem  persischen  Tibb-i-Sifd'T  des 
Muzäffär  al-Husäini  (fiSSö),  bzw.  aus  dem  W'erke  eines  von  diesem  ausge- 
schriebenen Vorgängers  an  zahlreichen  Konkordanzen  nachgewiesen  wird.  Die  Sprache 
ist  mittelarmenisch.  Als  Quellen  werden  nur  Kalianos(Galenos)  und  A  h  a  r  o  n 
(7.  Jahrh.)  ausdrückUch  genannt.  (Autoreferat.) 

72.  Seidel,  Ernst,  Die  Lehre  von  der  Kontagion  bei  den  Arabern.  Arch.  f.  d.  Geschichte  der 
Medizin,   Bd.  VI,  Heft  2.     Leipzig  1912.     13   S. 

Die  Art  und  Weise  der  Seuchenübertragung  von  einer  infizierten  Person  oder  Sache 
auf  Gesunde  war  von  den  ältesten  Kulturepochen  an  bis  tief  in  das  Mittelalter  hinein 
unerkannt  gebheben.  Auch  die  hochintelligenten  Griechen,  ebenso  wie  die  in  deren  Kiel- 
wasser segelnden  Araber  der  ersten  sieben  Jahrhunderte  des  Islam  hatten  e^  nur  für  den 
Aussatz  und  einige  Haut-  und  Brustkrankheiten  zu  einer  der  Wahrheit  sich  nähernden 
Hypothese  gebracht,  sonst  aber  die  Auswahl  der  Opfer  auf  primitiver  Stufe  den  Dämonen, 
später  dem  rächenden  Gott  überlassen.  An  der  Hand  der  jeweiligen  Schicksale  der  moham- 
medanischen theologisch-philosophischen  Sekten,  wobei  namentlich  das  zeitliche  Zusammen- 
treffen des  Sieges  reaktionärer  Kirchen  und  Staatsmächte  mit  der  erwachenden  Neigung 
der  Medizin  zum  Loskommen  von  der  G  a  1  e  n  i  sehen  Schablone  und  zu  selbständiger 
Naturbeobachtung  ein  verhängnisvolles  Moment  bildete,  wird  nun  dargetan,  daß  ein  end- 
gültiger Umschwung  erst  durch  die  sich  mit  unwiderstehlicher  Gewalt  aufdrängenden 
bitteren  Lehren  der  furchtbaren  Pandemie  in  der  Mitte  des  14.  Jahrhunderts  im  Verein 
mit  dem  im  Geheimen  fortlebenden  Einflüsse  der  freidenkerischen  maurischen  Ärzte- 
Philosophen  herbeigeführt   werden   konnte.      Da  erst  erstand  der  Retter  in  Gestalt  des 


I  g2  Kritische  Bibliographie. 

grol3en  Staatsmannes  und  ärztlichen  Schriftstellers  Ibnu'l-Hatib,  der  mit  allen 
Waffen  des  Geistes  und  Gemütes  dem  Ansturm  der  das  Dogma  der  unveränderlichen  Prä- 
destination buchstabengläubig  festhaltenden  Orthodoxie  entgegentrat.  Bald  sollte  die 
Saat  seiner  von  allen  Schrecken  der  Passivität  befreienden  Lehre  auch  im  Abendlande 
aufgehen.  (Autoreferat.) 

73.  Semjonoff,  A.    Aus  dem  Anschauungskreise  der  Muhamme  daner  des  mittleren  und  süd- 

lichen Asiens  über  die  Eigenschaften  und  Bedeutung  einiger  kostbarer  Steine  und  Mine- 
ralien. (Ila-b  oöaacTn  BOäsp-üHin  MycyaLMaH'b  Cpe^Hefi  ii  IO>KHOfi  risui  na 
KanecTBO  h  BHaHenie  H-BKOTopwx-b  öaaropoAiiH.xi.  KaMHCft  n  MiiHepajioub ) 
MI  I  293—321. 

Kurze  Besprechung  der  Anschauungen  des  Volkes  und  der  in  der  Literatur  auf- 
gezeichneten Angaben  über  Entstehung,  Fundort,  Gewinnung  und  Bearbeitung  und  die 
wunderbaren  Eigenschaften  edler  Steine,  insbesondere  ihre  Verwendung  als  Heilmittel 
unter  der  Bevölkerung  von  Persien,  Afghanistan  und  Indien.  In  den  Ebenen  der  mittel- 
asiatischen Steppe  sind  die  Edelsteine  weniger  bekannt.  Im  einzelnen  werden  besprochen 
(in  der  Reihenfolge  des  russischen  Alphabets):  Diamant,  Granat  und  edler  Spinell,  Perle, 
Smaragd,  Koralle,  Lapislazuli,  Carneol,   Bernstein,  Corima,  Jaspis.  F.  F.  S. 

74.  Suter,  Heinrich,  Die  Abhandlung  über  die  Ausmessung  des  Paraboloides  von  el-IJasan  b. 

el-Hasan  b.  el-Haitham  übersetzt  und  mit   Kommentar   versehen.       BMath.    3.  Folge 

12.   Bd.  (1912)  289 — 332. 

Der  arabische  Text  dieser  Abhandlung,  die  Suter  »zu  den  ausgezeichneten  Erzeug- 
nissen des  mathematischen  Schaffens  der  Araber«  rechnet,  ist  bis  jetzt  nur  aus  einem 
Sammelband  des  India  Office  (Nr.  1270)  bekannt.  Die  Abschrift  scheint  aus  dem  16.  Jahrh. 
zu  stammen,  die  Übersetzung  ist  auf  Grund  der  im  Besitz  von  Prof.  E.  Wiedemann  be- 
findlichen Photographien  gemacht.  Während  Archimedes  nur  die  Berechnung  des 
Paraboloides,  das  durch  Rotation  der  Parabel  um  die  Achse  entsteht,  und  den  Inhalt 
eines  schief  abgeschnittenen  Segments  dieses  einfachsten  Paraboloides  kennt,  berechnet 
Ibn  al-Haitham  nicht  nur  die  Paraboloide,  die  durch  Rotation  der  Parabel  um 
einen  behebigen  Durchmesser  entstehen,  sondern  auch  diejenigen,  die  durch  Rotation 
eines  Parabelstücks  um  eine  Ordinate  erzeugt  werden.  Er  benützt  dazu  die  Exhaustions- 
methode  und  eine  Reihe  von  Hilfssätzen  über  die  Summen  der  vier  ersten  Potenzen  der 
natürlichen  Zahlen.  Damit  rückt  die  Kenntnis  dieser  Summen  um  400  Jahre  weiter 
hinauf  als  bisher  bekannt  war.  Das  Verhältnis  zu  der  von  Ibn  al-Haitham  erwähn- 
ten Abhandlung  von  Thäbitb.  Qurra,  die  als  weitläufig  und  schwierig  bezeichnet 
wird,  und  zu  der  von  Abu  Sahl  al-Kühi,  die  sich  nur  auf  die  leichteren  Fälle  er- 
streckt, ist  noch  zu  untersuchen;  die  betreffenden  Abhandlungen  sind  (in  Paris  und 
Cairo)  handschriftlich  vorhanden.  J.  R. 

75.  Taeschner,  Franz,  Die  Psychologie  Qazwinis.    Inaug.-Diss.  Kiel.   Tübingen  1912,  67  S. 

Die  Arbeit  enthält  die  Übersetzung  und  Erläuterung  der  Seiten  301  bis  322  der 
WüsTENFELDSchen  Ausgabe,  zu  der  eine  Handschrift  von  Prof.  Sarre,  der  Münchener  cod. 
ar.  464,  der  Berliner  cod.  pers.  345,  die  türkische  Übersetzung  der  Wiener  Hofbibliothek 
cod.  er.  1440,  der  als  Häsija  zur  großen  D  a  m  i  r  i  ausgäbe  gedruckte  Text  und  vor  allem 
Fleischer's  Bemerkungen  in  seinem  Handexemplar  beigezogen  wurden.  Unverständlich 
ist,  welche  Hilfe  die  türkische  Übersetzung  zur  Herstellung  des  ursprünglichen 
Textes  bieten  konnte,  wenn  der  Codex  schon  S.  218  der  WüsTENFELDschen  Ausgabe 
mitten  in  dem  Artikel  ^*-A*.i!  «:^  abbricht;  das  gleiche  gilt  von  der  persischen  Über- 
setzung, von  der  der  Verf.  ganz  richtig  bemerkt,  daß  sie  sehr  frei  sei  und  viele  Zusätze 
und  Auslassungen  enthalte.  Der  ursprüngliche  Text  wird  eben  nur  von  S  und  M  und  der 
Häsija   repräsentiert   —    abgesehen    von    vielen    anderen  Codd.,  die  ebenfalls  die   »Erste 


Kritische  Bibliogfraphie.  jq-, 

Ausgabe«  Wüstenfeld's  enthalten  —  und  der  WüSTENFELDsche  Text  selbst  ist,  was  dem 
Verf.  nicht  bekannt  sein  konnte,  eine  späte  Bearbeitung.  Eine  neue  Q  a  z  w  i  n  i-Ausgabe 
hätte  nur  danntauf  die  Übersetzungen  einzugehen,  wenn  sie  zugleich  die  späteren  Schick- 
sale des  Textes  aufzuklären  versuchte;  eine  Aufgabe,  die  erst  nach  der  Herstellung  des 
authentischen  ältesten  Wortlauts  in  Angriff  genommen  werden  könnte.  J.  R. 

76.  Wiedemann,   Eilhard,  Beiträge  zur  Geschichte  der  Naturwissenschaften  XXIV   XXV 

XXVI.  (SBPMSErl.    43.    Bd.   191 1.     Erlangen  1912.     72 — 131,  206 — 232.) 

Den  Kern  des  XXIV.  Beitrags:  fiZur  Chemie  hei  den  Arabern«  bildet  die 
Übersetzung  des  von  der  Chemie  handelnden  Kapitels  aus  den  Mafätih  al  'nlüm.  Er 
handelt  im  ersten  Abschnitt  über  die  chemischen  Apparate,  im  zweiten  über  die  in  der 
Chemie  gebrauchten  Reagentien  und  Stoffe,  im  dritten  über  die  chemischen  Operationen. 
In  zwischeneingefügten  Exkursen  und  Anmerkungen  stellt  der  Verf.  mit  einer  erstaun- 
Hchen  Belesenheit  zahlreiche  Mitteilungen  über  die  einzelnen  Gegenstände  aus  der  chemi- 
schen und  naturhistorischen  Literatur  des  islamischen  Kulturkreises  zusammen.  Sollte 
einmal  eine  Zeit  kommen,  wo  ein  neuer  Versuch  gewagt  wird,  die  Geschichte  der  Chemie 
oder  Mineralogie  im  Mittelalter  zu  schreiben,  so  wird  man  aus  dieser  reichen  Stoffsamm- 
ung  die  vielseitigste  Anregung  schöpfen  können,  wenn  auch  die  Entscheidung  über  gewisse 
jetzt  noch  strittige  Fragen  —  so  über  die  Notwendigkeit,  zwei  verschiedene  Richtungen 
in  der  Chemie  zu  unterscheiden,  eine  spekulative  und  eine  praktische  —  auch  aus  dem 
vorgelegten  Material  noch  nicht  gewonnen  werden  kann.  E.  Wiedemann  will  die  beiden 
Richtungen  scharf  auseinanderhalten,  aber  der  Verf.  der  Majätih  selbst  weiß  nichts  von 
einer  solchen  Trennung  und  führt  bei  den  Metallen  (S.  80)  die  alchimistischen  Geheim- 
namen, unter  den  Operationen  die  Darstellung  des  Steins  und  des  Elixirs  an,  ohne  sich 
im  geringsten  bewußt  zu  sein,  damit  aus  dem  wissenschaftHchen  in  das  okkultistische 
Gebiet  hinüberzugleiten. 

Ebenso  reichhaltig  sind  die  im  XXV.  Beitrag:  ))ijher  Stahl  und  Eisen  bei  den  mus- 
limischen Völkern«  zusammengestellten  Nachrichten,  die  sich  an  eine  in  Übersetzung  mit- 
geteilte Schrift  a  1  -  K  i  n  d  i  's,  die  Risäla  ft  gawähir  al-sujüf  anschließen. 

Der  XXVI.  Beitrag  beschäftigt  sich  wie  der  im  Islam  Bd.  III  S.  412  besprochene 
mital-Djaubari's  Kitäb  al-mnkhtär  fJ  kasf  al-asrär,  und  zwar  sind  hier  die  Kapitel 
über  Betrügereien  der  Ärzte,  Augenärzte  und  Zahnärzte  zusammengefaßt,  Charlatanerien 
aller  Art  erzählt  und  auch  bedenkhche  Praktiken,  wie  Anwendung  von  Einschläferungs- 
mitteln,  Giftkuchen  usw.  mitgeteilt:  ein  medizin-  und  sittengeschichtlich  gleich  inter- 
essanter Stoff,  dessen  Übersetzung  und  Erläuterung  besonders  dankenswert  ist.     J.  R. 

77.  Wiedemann,  Eilhard,  Über  die  Gestalt,  Lage  und  Bewegung  der  Erde,  sowie  philosophisch- 

astronomische Betrachtungen  von  Qiäb  al  Din  al  Schirdzu   Archiv  f.  d.  Gesch.  d.  Natw 

u.  d.  Technik,  3.   Bd.  (1912),  395 — 422. 

Eine  Fortsetzung  früherer,  an  gleicher  Stelle  veröffentlichter  Studien  über  die  Schriften 
QutbalDins  (geb.  1 236  zu  Schlräz).  Es  handelt  sich  um  den  Anfang  der  zweiten 
Ma.qäle  des  i.  Kapitels  des  Werkes  Nihäjat  al  idräk  fJ  diräjat  al  afläk,  eine  zusammen- 
fassende Darstellung  der  Lehre  von  der  Erde,  die  den  Kapiteln  II  bis  VI  des  ersten  Buches 
von    Ptolemaeus'   Abnagest  entspricht.  J.  R. 

78.  Wiedemann,  Eilhard,  Ibn  Sinä's  Anschauung  vom  Sehvorgang.     Archiv  f.  d.  Gesch.  d. 

Natw.  u.  d.  Technik,  4.   Bd.  (191 2)  239 — ^241. 

Übersetzung  einer  Stelle  aus  Ibn  Sinä's  Schrift  Tabrijät  min  'ujün  al  /likma, 
die  u.  a.  den  Beweis  erbringt,  daß  der  entferntere  Gegenstand  kleiner  erscheinen  muß 
als  der  nähere.  ■  J.   R. 

79.  Wiedemann,    Eilhard,    Die  Schrift  über  den   Qarastün.     B.    Math.    3.  Folge    12.   Bd. 

(1912),  21—40. 

Islam.     JV.  13 


IQA  Kritische  Bibliographie. 

Zu  den  im  lateinischen  Okzident  verbreitetsten  Schriften  aus  dem  Gebiet  der  Mechanik 
gehört  das  »liber  Carastonis«,  d.  h.  T  h  ä  b  i  t  b.  Q  u  r  r  a '  s  Buch  von  der  Schnellwage.  (Eine 
gleiche  Schrift  wird  auch  Qostä  b.^^Lüqä  zugeschrieben.)  Die  erhaltenen  Übersetzungen 
weichen  stark  voneinander  ab;  E.  Wiedemann  gibt  hier  eine  deutsche  Übersetzung  nach 
arabischen  Handschriften  von  Berlin,  aus  dem  India  Office  und  aus  Beirut.  Weitere 
Literatur  ist  in  den  Anmerkungen  mitgeteilt.  J.  R. 

80.  Wiedemann,  E.,  und  Hell,  J.,  Über  al  Berfmi.    Mitteilungen  zur  Geschichte  der  Me- 

dizin u.  Naturw.  XI.   Bd.  (191 2),  313 — 321. 

Enthält  die  Übersetzung  der  Biographie  al  Berünis  in  dem  biographischen 
Wörterbuch  von  Jäqüt  nach  Photographien  der  Oxforder  Handschrift.  J.  R. 

V.  Literaturgeschichte 
(Handschriftenkataloge  und  neue  Quellen)^). 

81.  Beveridge,  H.,  Nizämls  Haft  Paikar.     AQR  1913  vol.   I  Xr.   i,  70 — 80. 

82.  Boll,  Franz,  Eine  arabisch-byzantinische  Quelle  des  Dialogs  Hcrmippos.    Mit  einem 
Beitrag  von  Carl  Bezold.    (SB.  Ak.  Heid.,   1912,   18.  Abb.) 

Die  Abhandlung  enthält  den  höchst  interessanten  Nachweis  einer  der  Quellen  des 
von  Joh.  Katrarios  um  1322  verfaßten  Dialogs  "Epi/i-ro;  r^  ~zrA  äaTrvoÄoyiot;.  Als 
Kroll  und  Viereck  den  Dialog  1895  ß^"  herausgaben,  hielten  sie  ihn  noch  für  ein 
Werk  des  5.  oder  6.  Jahrh.  und  den  Katrarios  lediglich  für  den  Abschreiber.  Die 
Entdeckung  zweier  Turiner  Handschriften,  in  denen  der  Dialog  mit  zwei  andern  ver- 
wandten Charakters  dem  Katrarios  als  Autor  zugeschrieben  war,  durch  A.  Elter 
(ediert  als  Bonner  Univ.-Progr.  1898),  ließ  die  Wahrscheinlichkeit  einer  späten  Ab- 
fassung größer  werden,  aber  solange  der  Nachweis  spätgriechischer  Quellen  fehlte, 
mußten  doch  noch  Zweifel  bleiben. 

Nun  hatte  Ch.  E.  Ruelle  19 10  entdeckt,  daß  die  einzige  Hs.  des  Vettius  Valens 
(Cod.  gr.  Vat.  191)  auch  den  griechischen  Urtext  eines  1559  von  H.  Wölk  veröffentlich- 
ten Buches  Hermctis  pliilosophi  de  revoltitio7iibus  nativitatum  enthält,  und  wenn  auch 
das  I.Kapitel  keinen  Autor  nennt,  so  ergab  sich  doch  aus  der  Überschrift  des  4.  Buches 
und  dem  Zusammenhang,  daß  der  dort  genannte  'AzoiAocsap  d.  i.  AbüMa'sar  (f  886) 
der  eigentliche  Autor  des  Werkes  sein  müsse.  Die  Vergleichung  der  in  Oxford  befind- 
lichen arabischen  Handschrift  (Digby,  Cr.  5),  die  den  Titel  führt  »  Über  den  Umlauf 
der  Gebitrlsjahrevi,  bestätigte  vollkommen  die  \'ermutung.  F.  BoLL  hat  nun  durch 
Nebeneinanderstellung  des  Kapitels  I  15  des  Hc7-inippos  und  des  entsprechenden  Kapitels 
I  7  der  griechischen  Übersetzung  des  Abu  Ma*sar  den  Beweis  geliefert,  daß  der 
Dialog  die  Übersetzung  in  beträchtlichem  Umfang  wörtlich  ausschreibt,  und  C.  Bezold 
hat  den  arabischen  Urtext  mit  einer  deutschen  Übersetzung  des  genannten  Kapitels  — 
es  ist  dort  der  8.  Abschnitt  —  beigesteuert.  Aus  den  genaueren  Nachweisen  über  die 
Abhängigkeit  sei  wenigstens  die  falsche  Wiedergabe  von  > » ,•»"  iJÜJ,  Mangel  an  Ver- 
stand, durch  »Wenigkeit  der  Nahrung«,  (jAtyotpo'ftot,  cibi paucitas,  wie  es  ja  heißen  könnte 
hier  aber  nicht  heißen  kann,  erwähnt.  Auch  der  lateinische  Text  des  Kapitels  ist  als 
Anhang  beigegeben.  J.  R. 

83.  Christensen,  Arthur,  Remarques  criliques  sur  le  Kiiäb  bayäni-l-adyän  d'  Abu  'l-Ma^äli. 

MO  V,  191 1   205 — 16. 


')   Sofern    deselben    nicht    aus    besonderen    Gründen    in    den    anderen    Rubriken 
untergebracht  sind. 


Kritische  Bibliographie.  jg- 

Kritische  Bemerkungen  zu  diesem  von  Chr.  S chefer  in  seiner  Chrestomathie  per- 
sane  I  herausgegebenen  »ersten  persischen  Buch  über  die  Religionen,  ersten  uns  be- 
kannten islamischen  Buch  über  alle  Religionen  der  Welt*.  A  b  ö  - 1  -  M.  wird  als  weniger 
genau  und  weniger  objektiv  als  Sahrastäni  dargestellt,  er  hat  aber  betreffend  die 
si'a  und  die  126''  Imämlehre  einige  Details,  die  man  nicht  bei  S.  findet.  Der  Verf.  gibt  Argu- 
mente dafür,  daß  Ab  ü  - 1  -  M.,  äußerlich  Sunnite,  im  Herzen  der  12^^  Imämsekte  ange- 
hörte. Er  weist  nach,  daß  die  vor  bismilläh  gestellte  Liste  über  die  72  Sekten  unecht  ist, 
und  gibt  verschiedene  Erläuterungen  und  Anderungsvorschläge  zum  Text.  J.   P. 

84.  Destaing,  Ed.,  Notes  sur  des  maniiscyits  arabes  de  V  Afriqne  Occidentale  (suite).      RA. 

LVI  (1912),  447 — 469. 

85.  Friedländer,  Dr.  L,  Die  Chadhirlegende  und  der  Alexanderroman,  eine  sagengeschicht- 

liche und   literar-historische   Untersuchung.     Teubner,  Leipzig- Berlin   1913,    XXIH, 
338  S.  S°.     Besprechung  in  Vorbereitung. 

86.  Griffini,  E.,  Lista  dei  mss.  arabi,  nuovo  fondo,  della  Bibliotheca  Ambrosiana  di  Milano. 

RSO     Anno  IV  Vol.  IV  Fase.  IV  1021— 104S. 

Fortsetzung  von  vol.  III  253 — 278,  571 — 594,  901 — 921,  IV'  87 — 106. 

87.  G[uest],  A.  R.,  Besprechung  von  Abü'lMahäsin  ibnTaghrt  BirdTs  Antials.  Edited  by 

William  Popper.    University  of  Californias  publications  in  Semitic  Philology  vol.  II 
Part.  II  539  I.     JRAS  Oktober  1912,   1120 — 1125. 

Günstige  Besprechung  mit  Bemerkungen  über  die  Art  der  Komposition  des  Annalen- 
werkes,  Zusätzen  und  Verbesserungsvorschlägen  für  den  Text.  H.  R. 

88.  Haussleiter,  Hermann,  Register  zum  Qorankommentar  des  Jabari  (Kairo  1321).     Straß- 

burg, Trübner,   191 2,  47   S. 

Durch  diese  vortreffliche  Arbeit  wird  der  große  Cairo' er  TafsTr  des  Tabari  überhaupt 
erst  benutzbar.  Die  Flügeische  Verseinteilung  ist  zugrunde  gelegt.  Bei  den  ersten  9  Suren 
ist  jeder  Vers  verzeichnet,  später,  da  der  Kommentar  kürzer  wird,  immer  nur  der  die 
Seite  beginnende.  Der  Verf.  hat  sich  den  aufrichtigen  Dank  aller  Arabisten  verdient.  Sein 
Register  ist  ein  unentbehrliches  Seitenstück  zur  Konkordanz.  C.  H.   B. 

89.  Jacob,  Georg,  Stücke  ans  Ibn  Dänijäls  Taif  al-hajal.    3.  Heft.     Die  Eröffnungsrede 

aus  'Agib  wa-Garib     Berlin,    Mayer  u.  Müller,  191 2,  31   S.  8°. 

Eminent  schwieriger  Text  mit  größter  Akribie  herausgegeben.  Edition  soll  in  Cairo 
geplant  sein.  Was  dabei  herauskommen  wird  ?  Ob  Abhängigkeiten  von  der  Literatur, 
die  sich  anXaisäbüri's  Weise  Narren  anschließt,  bestehen  (vgl.  Loosen  in  ZA  XXVII)  ? 

C.  H.  B. 

90.  El-Kindi,    The  Govemors  and  Jiidges  of  Egypt  or  Kitäb  el-'umard  (el  Wiilah)  wa  Kitäb 

al  quddh  together  with  an  Appendix  derived  mostly  frorn  Raf  al  Isr  by  Ibn  Hajar  ed. 

by  Rhuvon  Guest  (Gibb  Mem.  Ser.  XIX).     Leyden  (Brill),    London  (Luzac)  19 12. 

Mit  2  Karten  u.  6  Tafeln,  72,  VI  S.  8». 

Ausgezeichnete  Ausgabe  dieser  wichtigen  Quelle  zur  Geschichte  Ag\-ptens.  Neben 
J  ä  q  ü  t  's  Dictionnary  und  Ibn  Djubair's  Ri/ila  die  wichtigste  und  nützlichste 
Publikation,  die  wir  bisher  den  Trustees  des  Gibb  Fund  verdanken.  Wir  werden  die  Arbeit 
Guest's  ausführlich  im  »Islam«  würdigen.  C.  H.   B. 

91.  Leander,  P.,  Al-BasJr  bin  Rustän:  Al-'agab  ft  lugat  al-'Arab  (übersetzt),  Xenia  Lide- 

niana,   Festskrift  tillägnad  Professor  Evald  Liden  pä  hans  femtioärsdag  den  3  Oktober 

1912.     Stockholm,    Norstedt  &  Söner,  66 — 73. 

Der  Verf.  bietet  in  dieser  Festschrift,  Professor  E.  L.  zu  seinem  fünfzigjährigen 
(Jeburtstag .  .  .  gewidmet,  eine  schwedische  Übersetzung  von  einem  Vortrag,  der  am 
Orientahstenkongreß  18S9  in  Kristiania  gehalten  wurde.  Das  Ms.  (11  Bl.),  am  9  Muharram 
1307  in  Stockholm  vollendet,  ist  der  Universitätsbibliothek  zu  Uppsala  vom  König  Oskar  II. 

13* 


jq5  Kritische  Bibliographie. 

übergeben.  Der  Vortragende,  Qädi  in  Tlemsen,  fängt  an  mit  den  gewöhnlichen  Lobprei- 
sungen und  einer  Lobrede  über  König  Oscar;  darnach  beweist  er  in  üblicher  Weise  aus 
Qorän  und  Sunna,  daß  Arabisch  die  trefflichste,  reichhaltigste,  deutHchste  usw.  von  allen 
Sprachen  der  Welt  ist.  Die  größten  Philologen  von  A  1  -  H  a  1  i  1  an  werden  aufgezählt, 
mit  Segensprüchen    über  den  Propheten  wird  abgeschlossen.  J.  P. 

92.  Macdonald,  Duncan  Black,  D.  D.,  The  Arabic  and  Turkish  Mamiscripts  in  ihe  Newberry 

Library.     The  Newberry  Library,    Chicago  Illinois  (19 12). 

22  wenig  bedeutende  Manuskripte:  4  Qorane,  3  JJalä'il  al-chairät,  Teile  von  Kom- 
mentaren zu  C  h  a  1  i  1  's  Muchtasar  (Charaschi,  Tatä  'i),  a  1  -  K  a  1  ä  '  i  's  Propheten- 
biographie K.al-ikiifä,  G  h  a  z  ä  1  i  's  K.al-chätam  /?/  badnh  mit  Kommentar,  S  u  b  k  i  's 
djam*  al-djawämi*  fi'l-usül,  Tüsi's  tai!ir7r  a/-.l//£j/z5/J(Ptolemäusbearbeitung),  eine  Sprich- 
wörtersammlung mit  franz.  Übersetzung,  einige  kl.  Traktate  von  S  o  j  ü  t  i  :  iJ  asbäb  al- 
/tadiih  (nicht  nachweisbar),  Kifäb  al-budür  (eschatol.),  Risäla  ft  'l-ahädith  al-miisalsalät, 
D  j  u  r  d  j  ä  n  i  s  'amämil  (Gramm.)  u.  Sarf-i-mlr  (persisch),  M  u  t  a  r  r  i  z  i  ,  Misbäh 
fi^l-na/m;  ein  türkischer  medizin.  Traktat  Manäfi'  al-näs  und  eine  türk.  Beschreibung  der 
Eroberung  Amerikas,  falsch  dem  Hadjdji  Chalifa  zugeschrieben.  Die  arab.  Hand- 
schriften meist  in  maghribinischem  oder  halbmaghribinischem  Duktus.  Ein  wesentlicher 
Beitrag  zu  dem  künftigen  Katalog  der  orient.  Handschriften  in  Amerika.         C.  H.   B. 

93.  Macdonald.  B.  Duncan,  Ftirther  Notes  on  ihe  »Ali  Baba  and  the  forty  Thieves«. 

Anmerkungen  zu  dem  vom  Verf.  entdeckten  und  JRAS  1910,  317 — 386  heraus- 
gegebenen Text  (MSBodl.  Orient  633)  vgl.  Torrey  JRAS  191 1,  222).  Galland's  Über- 
setzung wird  aus  dessen  Tagebuch  mitgeteilt  und  festgestellt,  daß  die  fragHche  Hand- 
schrift von  einem  Schüler  de  Sacy's  namens  Jean  Varcv  geschrieben  ist.  H.  R. 

94.  Margoliouth,  D.  S.,    Same  recent  Arabic  Literatiire  JRAS  191 2,  Jan.,  214 — 219. 

Besprechung  von  1.  Ignace  Kratchkovsky,  Abu  Hanlfa  al-Dlnawart,  Kitab  al 
akbär  al-tiwäl,  prejace,  variants,  et  index.  Leiden,  Brill,  191 2.  Dankenswerte  Ergänzung  zu 
der  Ausgabe  von  Gi;irg.\ss  1888. 

2.  Paul  Brönnle,  Monuments  of  Arabic  Philology  vol.  1—2:  Comtneniary  on  Ihn 
Hisams  Biography  of  Muhammed.     Cairo,  Diemer  191 1.     Wird  als  wertlos  bezeichnet. 

3.  Dr.  Hans  von  Mzik.  Reise  des  Arabers  Ibn  Batüta  durch  Indien  und  China. 
Hamburg,  Gutenberg -Verlag,  1911.  Einige  Verbesserungen  zu  der  nicht  ganz  zuver- 
lässigen Übersetzung. 

4.  Die  Presse  des  Saläm  in  Buenos  Aires  hat  zum  Gebrauch  für  die  syrischen  Aus- 
wanderer in  Argentinien  eine  Statistik  über  die  syrisch-arabische  Auswanderung  nach 
Argentinien  seit  1S90:  DalTl  es-Saläm  (enthält  S.  17 — 24  sehr  interessante  Einzelheiten 
über  die  Wirkung  der  Proklamation  der  osmanischen  Verfassung  im  Libanon),  ein  Ta^rtfi 
al-Ardjentln  und  ein  spanisch-arabisches  Wörterbuch  herausgegeben.  H.  R. 
95.  Salemann,   Zur  Handschrifteyikunde.      I.:   Al-Birünt's  al-Ätär  al-bäqiyah.      Bulletin 

de  l'Academie  Imperiale  des  Sciences  de  St.  Petersbourg.    VI.  Serie  (19 12.    Nr.  14). 
S.  fand  in  einem  ihm  aus  Teheran  gesandten  Verzeichnis  zum  Verkauf  angebotener 

Handschriften  ein  Werk,  das  als  ,«»:^A/i  ^^X^,yi\  ^i^JjLj  UJlä5^  bezeichnet  war.  Es  war, 
wie  sich  herausstellte,  eine  Kopie  der  »Chronologie«  al-Birüni's,  datiert  vom  i.  Gumädä 
II  616=  i<^.  8.  12 19,  also  älter  als  die  von  Sachau  bei  seiner  Ausgabe  benutzten  Abschriften. 
Fast  ein  Drittel  der  ursprünglichen  Blätterzahl  ist  verloren  gegangen,  doch  stehen  dem 
22  Blätter  mit  bisher  nicht  bekanntem  Text  gegenüber.  Dabei  werden  auch  verschiedene 
Lücken  bei  Sachau  ausgefüllt.  Es  folgen  einige  Proben  bes.  für  Iranisten  interessanter 
Abschnitte.  Am  Schluß  wird  noch  auf  eine  andere  (Stambuler)  Handschrift  verwiesen, 
die  Rescher  MFOB  V,  2  S.  539  erwähnt.  E.  G. 


Kritische  Bibliographie.  jq-t 

96.  Wiet,    G.,    El-Maqrizi,  al-MawdHz  wa^l-i'tibär  ti  dhikr  el-khifai  wa*l-äihdr,  tome  i", 

fasc.  2e,  chap.  XIII— XXX,  MIFAO  au  Caire.  t.  3oe. 

Dem  in  Bd.  II,  405  f.  besprochenen  i.  Faszikel  ist  inzwischen  das  2.,  den  i.  Bd. 
abschließende  gefolgt.  Der  veröffentlichte  Text  entspricht  der  i.  Cairoer  Ausgäbe  Bd.  I, 
I — 81.  Die  Benutzbarkeit  dieses  ersten  Teiles  des  gewaltigen  Unternehmens  wird  durch 
einen  guten  Index  erhöht.  Die  Anmerkungen  auch  dieses  zweiten  Faszikels  sind  alles 
andere  als  ein  trockener  kritischer  Apparat,  es  sind  oft  kleine  Realienabhandlungen  voll 
wertvoller  Informationen.  Meine  früher  geäußerte  kritische  Stellung  zu  diesem  Verfahren 
hindert  mich  nicht,  diese  gelehrte  und  nützliche  Arbeit  dankbar  anzuerkennen.  Ich  hoffe 
später  auf  die  Edition  selber  zurückzukommen.  C.  H.   B. 

97.  Wortabet,  Dr.  (Late),    Aphorisms  of  the  ßrst  four  caliphs  or  successors  of  Muhammed 

compüed  and  iranslated  (to  be  continued).     AQR  1913  vol.  I  Nr.   i,  64 — 69. 
Kritiklos.  H.  R. 

98.  Zettersteen,  K.  V.,    Some  chapters  of  the  Koran  in  Spanish  transliteration.     MO  V, 

191 1,  p.  39—41- 

Ein  mit  lateinischen  Lettern  transkribierter  Text  der  Suren  97,  99,  109,  113,  114 
aus  einer  Handschrift  (17.  Jahrhdt.,  Tunis)  von  der  Bibliotheca  Nacional  zu  Madrid. 
Die  Umschrift  zeigt  eine  stark  vulgäre  Aussprache  des  Arabischen  (ä  in  Endung  oft  fort- 
gelassen, sonst  meistens  durch  e  wiedergegeben,  c.  im  Silbenende  g,  Gutturalen  sonst 
fortgelassen  usw.).  J.  P. 

■99.  Zettersteen,  K.  V.,    Herrn  D.   W.   Myhrman's   Ausgabe  des  Kiiäb   Mu'Td  an-ni'am 

wa-mubTd  an-niqam.      Uppsala  u.    Stockholm,   Almqvist  u.   Wicksells   Boktryckeri, 

(in  Kommission)  19 13;  64  S. 

Eine  vernichtende  Kritik  und  sorgfältige  Nachprüfung  der  MYHRMAN'schen  Edition 
des  wichtigen  S  u  b  k  I  'sehen  Buches.  Jeder,  der  es  benutzt  hat,  hat  wohl  verwundert 
den  Kopf  geschüttelt,  und  man  kann  es  den  schwedischen  Arabisten  nicht  verdenken,  daß 
sie  energisch  dagegen  protestieren.  Zettersteen  weist  in  der  nicht  umfangreichen  Edition 
etwa  2500  Fehler  nach.  Die  unbarmherzige  Kritik  und  die  auf  sie  verwandte  Mühe  haben 
eine  Verbitterung  zur  Voraussetzung,  deren  Gründe  dem  Fernerstehenden  nicht  durch- 
sichtig sind. 

Besprechung  der  MvHRMAN'schen  Edition  von  Seybold  ZMDG  67,   168. 

C.  H.   B# 
100.  N,  N.,   Wie  die  arabische  Bibel  entstand.    Barmer  Missionsblatt  88.  Jahrg.  März  1913. 


VI.  Archäologie 
(Kunstgeschichte,  Epigraphik,  historische  Geographie  und  ähnliches). 

101.  Ahmed  Zeki  Pascha,    Le  passe  et  l'avenir  de  l' Art  musulman  en  Egypte.     EC  1913, 
Jan.  Nr.   13,  1—32. 

102.  Casanova,  Paul,  Essai  de  Reconstitution  topographique  de  la  ville  d'al  Foustät  ou  Misr. 
T.   ler,  fasc.   I   MIFAO  XXXV,  Le  Caire  19 13,  no  S.  4°- 

Casanova,  der  schon  so  viel  für  die  Topographie  Cairos  getan  hat,  beginnt  mit  vor- 
liegendem Hefte  eine  detaillierte  topographisch-archäologische  Studie  von  Fustät,  indem 
er  jede  Straße,  jeden  Platz,  jedes  Gebäude  einzeln  durchspricht  und  auf  beigegebenen 
Kartenskizzen  festlegt.  Wird  das  breit  angelegte  Unternehmen  wirklich  vollendet,  so 
ist  es  eine  ungemein  wertvolle  Arbeit;  denn  im  alten  Fustät  war  es  nicht  leicht,  sich  zurecht- 
zufinden, und  bei  der  Lektüre  der  Schriftsteller  stößt  man  immerfort  auf  unverständUche 
topographische  Voraussetzungen.      Eine    Beurteilung    wird  erst  möglich   sein,   wenn   die 


jgg  Kritische  Bibliographie, 

Arbeit  etwas  weiter  publiziert  ist;  für  heute  können  wir  nur  beste  Wünsche  für  ihren  Fort- 
gang äußern.  C.  H.   B. 
103.  Flury,  S.,  Die  Ornamente  der  Hakim- und  Ashar-Moschee,  Materialien  zur  Geschichte 
der  älteren  Kunst  des  Islam,  mit  34  Tafeln  und  ^Abbildungen  im  Text.    Heidelberg, 
Carl  Winters  Universitätsbuchhandlung,   1912,  52  S.  4°. 

Der  erste,  der  auf  die  Fatimidenkunst  aufmerksam  gemacht  hat,  war  Max  van 
Berchem,  dem  dies  Buch  mit  Recht  gewidmet  ist.  Später  hat  Strzygowski  sich  ein- 
gehender mit  ihr  beschäftigt.  Eine  wirklich  kunsthistorische  Eingliederung  dieser  Phase 
der  islamischen  Kunstentwicklung  war  aber  bisher  unmöghch,  weil  es  an  einwandsfreien 
Aufnahmen  des  authentischen  Materials  fehlte.  Zu  Ausfüllung  dieser  Lücke  ist  vorliegendes 
Werk  ein  ungemein  wertvoller  Beitrag,  da  hier  erstmalig  die  Ornamente  der  Häkim- 
moschee  mit  großer  Sorgfalt  wissenschaftlich  aufgenommen  und  mit  den  alten  Ornamenten 
der  Azharmoschee  verglichen  werden,  die  auch  noch  nie  so  gründlich  studiert  worden 
sind.  Durch  sorgfältigen  Vergleich  der  Ornamentik  verschiedener  fatimidischer  Bauten 
gelingt  es,  eine  gewisse  Stilentwicklung  aufzuweisen  und  undatierte  Bauteile  chronologisch 
einzuordnen.  Dabei  wird  naturgemäß  stets  die  Tulunidenornamentik  zum  Vergleich  heran- 
gezogen und  Herzfeld's  in  seiner  Genesis  (Bd.  I)  ausgesprochene  These  von  dem  Ver- 
hältnis der  Tulunidenkunst  zur  Fatimidenkunst  nachgeprüft.  Unter  Ablehnung  der  Herz- 
FELD'schen  Annahme  und  unter  starker  Anlehnung  an  Strzygowski  wird  der  Tuluniden- 
ornamentik nur  ein  ganz  sekundärer  Einfluß  auf  die  Fatimidenkunst  eingeräumt.  Auch 
der  Export  der  Tulunidenkunst  wird  bestritten.  Dagegen  lehnt  der  Verf.  vorsichtig  und 
mit  Recht  eine  Herkunftsdefmierung  der  Fatimidenkunst  ab.  Er  will  erst  eine  gründ- 
hchere  Durchforschung  der  östlichen,  d.  h.  mesopotamischen  Kunst  abwarten,  obwohl 
ihm  die  östliche  Heimat  der  Cairoer  Fatimidenkunst  schon  jetzt  wahrscheinlich  erscheint. 
Den  Schluß  bildet  eine  Untersuchung  der  Steinornamente  der  Häkimmoschee,  deren  große 
kunstgeschichtliche  Bedeutung  mit  Recht  hervorgehoben  wird.  Die  Tafeln  und  Zeich- 
nungen sind  erstklassig. 

Solche  Detailuntersuchungen  sind  von  großem  Werte,  und  alle  Interessenten  werden 
S.  Flury  Dank  wissen,  wenn  er  auch  gelegentlich  etwas  zuweit  geht  in  seiner  Skepsis 
gegenüber  inschriftlich  gesicherten  Baudatierungen  Herzfeld's  (Maqäm  'Ali).  Darin 
hat  er  gewiß  recht:  Erst  Denkmäleraufnahme  und  dann  Kunsttheorie.  Das  ist  aber  nur 
dann  durchführbar,  wenn  alle  Kunsthistoriker  diesen  richtigen  Grundsatz  befolgen. 

C.  H.  B. 
104.  Guest,  A.  R.,  The  Delta  in  the  Middle  Ages,  a  Note  on  the  Brauches  oj  Ihe  NiU  and  Ihe 
kurahs  of  Lower  Egypt,  with  Map.     JRAS  1912,  941—980. 

Eine  sorgfältige,  ergebnisreiche  Studie  zur  historischen  Geographie  des  Deltas  von 
berufenster  Seite.  Eine  starke  Änderung  der  hydrographischen  Basis  ist  eingetreten, 
trotzdem  gelingt  im  wesentlichen  die  Identifikation  mittelalterlicher  Orte  mit  modernen. 
In  Tabellenform  erhalten  wir  einen  guten  Überbhck  über  die  Itinerarien,  die  aus  dem  10. 
bis  12.  Jahrh.  erhalten  sind  und  Listen  der  verschieden  überlieferten  Kuränamen.  Die 
Karte  ist  äußerst  nützlich.  Möge  uns  der  verdiente  Herausgeber  a  1  -  K  i  n  d  i  's  noch 
manche  derartige  Studie  schenken.  C.  H.   B. 

105.  Guyer,  S.,  Surp  Hagop(Djinndeirmene),  eine  Klosterruine  der- Kommagene.  Ein  Beitrag 
zur  Bewertung  und  Datierung  der  nordmesopotamischen  Kunst.  Repertorium  f.  Kunst- 
wissenschaft XXXV,  483— 50S. 

Diese  Besprechung  einer  nordmesopotamischen  Kirche  gehört  deshalb  hierher,  weil 
sie  zu  wichtigen  Vorfragen  der  islamischen  Kunstgeschichte  Stellung  nimmt.    StrzygowsivI 
.  und  Miss  Bell  hatten  in  Amida  diese  Kirchen  sehr  hoch  hinaufdatiert  und  daran  weit- 
gehende Schlüsse  geknüpft.    Hier  wird  nun  der  Beweis  erbracht,  daß  Surp  Hagop  erst  dem 


Kritische  Bibliographie.  (qq 

9.  Jahrh.  entstammt,  daß  also  der  in  ihm  vorliegende  konservativ  klassische  Stil  bei  den 
syrischen  Christen  bis  tief  in  die  islamische  Zeit  hinein  gepflegt  worden  sein  muß.  Guyer 
bestreitet  gegen  Strzygowski,  »daß  Mesopotamien  auf  dem  Gebiete  des  Gewöjbebaues 
Führer  gewesen  wäre«.  Das  orientalische  Moment  in  diesen  Bauten  liegt  für  ihn  im  Grund- 
riß und  entspringt  praktischen  Bedürfnissen,  »alles  das  aber,  was  einen  Bau  zum  Kunst- 
werk macht,  wurzelt  in  hellenistischen  Bautraditionen«.  So  ist  diese  ausgezeichnete  Arbeit 
ein  wichtiger  Beitrag  zur  Frage  »Orient  oder  Hellas«,  eine  Frage,  von  deren  Beantwortung 
auch  das  Urteil  über  das  Wesen  der  islamischen  Kunst  abhängt.  C.  H.   B. 

106.  Herzfeld,  E.,  Erster  vorläufiger  Bericht  über  die  Ausgrabungen  von  Samarra,  mit  einem 

Vorwort  von  Friedrich  Sarre.     Herausgeg.  von  der  General-Verwaltung   der  Kgl. 

Museen.     Dieterich  Reimer  (Ernst  Vohsen),    Berlin  191 2;  IX,  49  S.,  15  Tafeln  und 

10  Textabbildungen,  4°. 

Über  die  von  Friedrich  Sarre  großzügig  ins  Leben  gerufene  und  von  Ernst  Herz- 
feld mit  ungewöhnlichem  Talent  und  ungewöhnUchem  Erfolg  durchgeführte  Ausgrabung 
der  alten  Kahfenresidenz  Samarra  haben  wir  öfters  berichtet  (II,  294;  314).  Hier  wird 
nun  ein  kurzer  Vorbericht  vorgelegt.  Nach  einer  kurzen  Skizze  der  Geschichte  von  Samarra 
behandelt  Herzfeld  die  große  Moschee  des  Mutawakkil.  Es  war  ein  flachgedeckter  Bau 
mit  gemauerten  Stützen,  in  deren  Ecken  Säulen  eingebaut  waren.  Zu  dieser  Moschee 
gehört  das  berühmte  Spiralenminaret  der  Malwijja.  Große  Überraschungen  brachten  dann 
weiter  die  Privathäuser  mit  ihrem  reichen  Stuckschrauck  der  Wände.  Drei  ganz  ver- 
schiedene Stile  sind  hier  nachweisbar,  die  unvermittelt  nebeneinander  stehen.  Vermutlich 
repräsentieren  sie  lokal  verschiedene  Kunstschulen,  die  dank  dem  Leiturgiebetrieb  in 
Samarra  gleichzeitig  vorkommen.  Die  unvergleichliche  Denkmälerkenntnis  Herzfeld's 
gestattet  ihm  eine  vorläufige  kunstgeschichtliche  Eingliederung,  die  uns  mit  Spannung 
der  definitiven  Publikation  entgegenblicken  läßt.  Das  folgende  Kapitel  behandelt  die 
Bauten  des  Westufers,  die  Burg  al-'Äschiq  und  das  hochinteressante  Mausoleum  dreier 
Kalifen,  die  Qubbat  al-Sulaibijja.  Die  historische  Identifikation  ist  unbestreitbar.  Das 
großartigste  Resultat  der  ganzen  Grabung  ist  aber  zweifellos  die  Feststellung  des  Planes 
des  Schlosses  Balkuwara,  das  von  Mn'tazz  erbaut  wurde.  Man  mache  sich  nur  einmal 
klar,  was  es  bedeutet,  eine  etwa  i  qkm  große  Ruinenflsche  als  einheitlich  gedachten  Plan 
zu  erkennen  !  Damit  nicht  genug,  hat  H.  auch  den  Namen  dieser  Bauform  als  »al-Hirl« 
bei  M  a  s '  ü  d  I  entdeckt  und  damit  literarisch  und  archäologisch  das  Prinzip  der  Kalifen- 
paläste jener  Zeit  —  über  das  wir  vorher  gar  nichts  wußten  —  einwandfrei  festgestellt. 
Die  ständige  Arbeit  mit  den  Meßinstrumenten  hat  ihm  dabei  nahegelegt,  über  das  Normal- 
maß, das  all  diesen  Bauten  zugrunde  lag,  nachzudenken.  Auf  Grund  unzähliger  Messungen 
steht  es  jetzt  fest,  daß  die  mansürische  Elle  51,8  cm  lang  war,  daß  sich  also  die  Doppelelle 
ungefähr  mit  unserem  Meter  deckte.  Ein  Bericht  über  die  schi'itischen  Heiligtümer  Samarras 
und  ihre  Inschriften  schließt  den  inhaltsreichen  Vorbericht.  Inzwischen  hat  in  Samarra 
die  zweite  Kampagne  begonnen  und  neue  erfreuliche  Resultate  ergeben.  Mit  freudigem 
Stolze  können  wir  konstatieren,  daß  die  erste  große  islamische  Ausgrabung  Deutschlands 
einem  Manne  anvertraut  worden  ist,  der  dieser  vielseitigen  und  schwierigen  Aufgabe  voll 
und  ganz  gewachsen  war.  C.  H.   B. 

107.  Herzfeld,  E.,  Die  deutschen  Atisgrabungen  in  Samarra.  Illustriete  Ztg.  Nr.  360S  vom 
22.  Aug.  1912.     S.  335—339. 

Populärer  Aufsatz  über  die  große  Unternehmung  mit  vorzüglichen  Abbildungen. 

C.  H.   B. 

108.  Hopf,  Carl,  Die  altorientalischen  Teppiche,  eine  Studie  über  ihre  Schönheitswerte.  20  S. 
(8  Tafeln,  28  Abb.  und  eine  »Erläuterung«  derselben  4  S.)  Privatdruck  (Stuttgart 
1912). 


200  Kritische  Bibliographie. 

Ein  sympathischer  Hymnus  auf  den  orientalischen  Teppich  mit  prachtvollen  bunten 
Reproduktionen.  Obwohl  keine  wissenschaftliche  Arbeit,  doch  voll  von  Anregungen, 
so  die  Anschauung,  daß  alle  erhaltenen  Teppichmuster  nur  Degenerationsformen  sind. 
Nur  wenige  seltene  Exemplare  sind  Zeugen  der  einstigen  Größe  dieser  Industrie.  Auch 
über  die  Farbe  ist  manches  hübsche  \^'ort  gesagt  (Naturfarben  im  Gegensatz  zu  den  Teer- 
farben). Hoffentlich  schenkt  uns  Hopf  einmal  ein  großes  wissenschaftliches  Handbuch 
der  Teppichkunde.  C.   H.   B. 

109.  Jacob,  Georg,  Säulen  vomTheater  in  Athen  alsSpolien  im  Vorhof  der  Selimja  zu  Adria- 

nopel.    Hermes  48.  Bd.     Berlin  1913,  S.   160. 

Kurzer  Hinweis  auf  eine  Mitteilung  des  türkischen  Geographen  E  v  1  i  j  a  ,  daß  zum 
Bau  der  Selimja  in  Adrianopel  Säulen  vom  Theater  in  Athen  verwandt  worden  seien. 

R.  M. 

110.  Le  Strange,  G.,  Descriptwn  of  the  Province  of  Fürs,  in  Persia,  at  the  beginning  of 
the  Twelfth  Century  A.  D.  Translated  froin  the  MS  of  Ihn  al  BalkhT  in  the  British 
Museum.     (Concluded.)     JRAS   191 2,  Oktober,  865—890. 

Fortsetzung  von  Jan.   19 12   i   und  April  191 2  339. 

111.  Lichtwark,  Alfred,  Der  Pabnettenfries.  Lehrbuch  der  Gesellschaft  Hamburgischer 
Kunstfreunde  XVIII  (1912),   S.  83—93. 

Technisch-künstlerische  Entwicklung  dieser  auch  für  die  islamische  Kunst  wichtigen 
Figur  unter  Verzicht  auf  die  historische  Methode.  Die  einzelnen  Elemente  werden 
zeichnerisch  entwickelt.  Schlußabschnitt:  Das  islamitische  Ornament.  »Der  Islam  dürfte 
die  Grundformen  seiner  Ornamentik  aus  Byzanz  übernommen  haben.  Die  Urformen  und 
Übergangsformen  nachzuweisen  ist  Sache  der  Geschäfte.  Sind  die  Bildungsgrundsätze 
erkannt,  lassen  sich  schematisch  alle  oder  fast  alle  Formen  der  Antike  in  islamische  über- 
setzen«. Beispiel  die  Tulunidenornamentik.  Es  wird  die  Historiker  interessieren,  wie 
hier  ein  Künstler  und  Ästhetiker  dies  vielumstrittene  Problem  behandelt.        C.  H.  B. 

112.  Massignon,  Louis,  Mission  en  Mesopotamie  (1907 — 1908),  tome  second:  ^pigraphie 
et  Topographie  historique.  MIFAO  t.  31,  Le  Caire  1912;  VIII,  144  S.  (mit  28  Tafeln). 
Dem  ersten  Bande  seiner  Mission,  in  dem  das  vom  Verf.  zuerst  der  Wissenschaft 

erschlossene,  viel  umstrittene  Schloß  Ukhaidir  behandelt  ist,  hat  Massignon  nach  zwei 
Jahren  den  vorhegenden  Schlußband  folgen  lassen.  Er  gliedert  sich  in  einen  epigraphi- 
schen und  einen  topographischen  Teil.  Die  wichtigsten  Inschriften  stammen  von  der 
auch  schon  von  M.  v.-\n  Berchem  in  Sarre-Hekzfeld's  Reisewerk  behandelten  Madrasa 
Mirdjanijja  in  Bagdad  (8.  Jahrh.  H.),  doch  scheint  mir  das  letzte  Wort  über  sie  noch  nicht 
gesprochen.  Es  fragt  sich  aber,  ob  ihre  inhaltreiche  Bedeutung  die  große  schon  auf  sie 
verwandte  Mühe  rechtfertigt.  Massignon  bringt  15  Inschriften  resp.  geordnete  Inschriften- 
teile der  Mirdjanijja  und  eine  Reihe  anderer  Bagdader  Inschriften.  Tritt  schon  bei  ihrer 
Behandlung  das  Talent  des  Verf.  für  topographische  Fragen  und  seine  Freude  daran  be- 
sonders hervor,  so  wird  man  den  zweiten  und  Hauptteil  des  Buches  mit  großem  Genuß 
lesen.  Im  Gegensatz  zu  der  rein  literarischen  Behandlung  der  Topographie  von  Bagdad, 
wie  sie  Le  Str.^nge  und  Streck  in  ihren  Büchern  befolgt  haben,  geht  Massignon  von 
den  archäologischen  Resten  und  von  der  Gegenwart  aus  und  schreitet  rückwärts  zur  lite- 
rarischen Überlieferung.  Natürlich  kann  ein  einzelner  immer  nur,  Beiträge  liefern;  denn 
die  topographische  Erforschung  einer  historischen  Weltstadt  wie  Bagdad  ist  eine  Aufgabe 
allergrößten  Stiles,  deren  Lösung  einen  gewaltigen  Apparat  erfordert.  Aber  Massignon 
tritt  an  seine  Aufgaben  mit  eigenen  Gedanken  und  mit  neuen  Methoden,  und  darin  scheint 
mir  der  Hauptwert  seiner  Leistung  zu  liegen.  So  hat  er  zuerst  konsequent  die  alten  Gau- 
und  Flurnamen  gesammelt  und  dann  vor  allem  ein  Grundgesetz  orientalischer  Stadtent- 
wicklung aufgestellt,  nämlich  das  von  der  Stabilität  der  Märkte.     Durch  Jahrhunderte 


Kritische  Bibliographie.  201 

bleibt  die  gleiche  Gegend  im  Besitz  der  gleichen  Zunft.  Dieser  Gedanke  ist  von  ihm  in 
seiner  Erstlingsschrift  zuerst  ausgesprochen  und  an  Fez,  später  an  Cairo  nachgewiesen 
worden.  Jetzt  findet  er  ihn  in  Bagdad  bestätigt,  und  dadurch  gewinnt  er  einen  sicheren 
Ausgangspunkt.  Einzelne  Punkte  des  alten  Stadtbildes  werden  ausführlich  behandelt, 
mit  besonderer  Liebe  das  Grabmal  des  Hallädj,  auf  den  sich  Massignon's  gelehrte  Arbeit 
während  der  letzten  Jahre  konzentriert  hat.  Sein  schönes  Buch  ist  oben  S.  165  von  Gold- 
ziHER  besprochen. 

Möge  das  große  von  M.\ssignok  begonnene  \\'erk  de.  topographischen  Untersuchung 
Bagdads  an  Ort  und  Stelle  bald  von  anderen  fortgesetzt  werden;  möge  es  ihnen  gelingen, 
was  M.  versagt  blieb,  die  zahlreichen  noch  erhaltenen  Waqfurkunden  für  diese  Zwecke 
auszunutzen.  Niemand  wird  sich  mehr  als  Massignon  freuen,  wenn  sie  über  ihn  hinaus- 
kommen, immer  aber  bleibt  ihm  das  Verdienst,  hier  mit  ernster  Arbeit  begonnen  und 
künftiger  Forschung  durch  geistreiche  Fragestellung  Ziele  gesetzt  zu  haben.       C.  H.  B. 

113.  Mittwoch,  Eugen,  Eine  hebräische  Grabinschrift  ans  dem  Orient  vom  Jahre  121 7.     Mit 
2  Abb.  MGWJ  19 12,  716  ff. 

Beschreibung  und  Erklärung  der  Grabinschrift  VA  2949  der  vorderasiatischen  Ab- 
teilung der  Kgl.  Museen  zu  Berlin.  R.  M. 

114.  Reitemeyer,  Dr.  Else,  Die  Städtegründimgen  der  Araber  im  Islam  nach  den  arabischen 
Historikern  und  Geographen.     Leipzig,  Harrassowitz,   191 2;   IV,   170  S.  8". 

Ein  hübsches  specimen  eruditionis  der  durch  ihr  anmutiges  populäres  Buch  Ägypten 
im  Mittelalter  bekannten  \'erf.  Es  ist  immer  erfreulich,  wenn  orientalistische  Disser- 
tationen über  die  engen  Schranken  des  rein  Philologischen  hinausstreben.  Etwas  Ab- 
schließendes wird  dabei  natürlich  kaum  je  geboten  werden  können.  Auch  diese  Arbeit 
ist  im  wesentlichen  eine  Sammlung  von  Bausteinen,  fleißig  zusammengetragen,  aber  es 
ist  unmöglich,  als  Doktorand  die  ganze  historische  Geographie  vom  Persischen  Golf  bis 
zum  Altantischen  Ozean  zu  beherrschen.  Die  Verf.  kennt  nicht  überall  ihre  Vorgänger, 
wohl  bei  Basra,  Bagdad  und  Samarra,  nicht  aber  bei  Fez  (Massignon)  und  merkwürdiger- 
weise nicht  bei  Fustät  (Casanova,  Butler,  Salmon).  Überall  stellt  sie  die  Original- 
quellen sorgfältig  zusammen  und  setzt  sich  kritisch  selbst  mit  anerkannten  Autoritäten 
auseinander.  So  erhalten  wir  die  Gründungsgeschichten  fast  sämtlicher  bedeutender  Städte 
des  Kalifenreichs.  Aber  sind  das  alles  »Gründungen«?  Cairo  gewiß,  aber  z.  B.  Fustät 
gewiß  nicht  (vgl.  meinen  Artikel  »Cairo«  in  der  Enzyklopädie  des  Islam).  Mir  fehlt  weiter 
die  Herausarbeitung  der  Prinzipiendes  Städtebau  es  im  orientalischen  Mittel- 
alter. Was  ist  der  L^nterschied  zwischen  khitta  und  hära?  Welche  Rolle  spielen  die 
Süq's  oder  die  Zentralmoschee  ?  Wie  weit  ist  der  Hiratypus  überwiegend  ?  Worin  lag 
die  Bedeutung  der  Qatä'i'  ?  Die  Verf.  konnte  allerdings  noch  nicht  wissen,  daß  hierüber 
die  Ausgrabungen  in  Samarra  überraschende  Auskünfte  geben  würden.  Auch  wäre  viel- 
leicht die  Lokaltradition  herauszuarbeiten  gewesen;  denn  die  runde  Stadt  Mansür's  hing 
gewiß  von  sassanidischen  Vorbildern  ab.  Stammte  die  Anlage  Cairos  etwa  aus  dem  Westen 
und  zeigt  sich  in  ihr  nicht  schließlich  auch  noch  der  alte  römische  Lagertypus  ?  Ich  deute 
nur  einiges  an.  Vielleicht  entschließt  sich  die  gelehrte  Verf.  auch  noch  einmal,  aus  ihrem 
reichen  Material  die  Synthese  zu  ziehen.  Für  heute  begnügen  wir  uns,  das  uns  Geschenkte 
mit  herzlichem  Danke  willkommen  zu  heißen.  C.  H.   B. 

115.  Richmond,  Ernest,  The  signipcance  of  Cairo.  JRAS,  January  1913,  23 — 40. 

Der  Artikel  will  nachdrücklich  den  Charakter  Kairos  als  Fremdenstadt  betonen. 
Es  wird  an  der  Hand  einer  Betrachtung  der  hauptsächlichsten  Bauwerke  Kairos  dar- 
gelegt, daß  die  Stadt  seit  ihrer  Gründung  bis  zum  heutigen  Tage  ein  Fremdkörper, 
ein  Brennpunkt  des  ausländischen  Elements  in  Ägypten  gewesen  ist  und  in  ihrem  Wachs- 
tum und  Gedeihen  durchaus  von  diesem  abhängig,  von  dem  Einfluß  einheimisch-ägypr 


202  Kritische  Bibliographie. 

tischer  Traditionen  freigeblieben  ist.  Diese  Erscheinung  wird  auf  die  Eigenart  Ägyptens 
zurückgeführt,  mit  einer  gewissen  Selbstgenügsamkeit  nie  mit  fremden  Elementen  eine 
wirkliche  Verschmelzung  einzugehen,  sie  vielmehr  abzustoßen  und  so  zu  nötigen,  sich 
einen  vom  einheimischen  Element  getrennten  Sammelpunkt  zu  schaffen.  Zur  Kritik 
dieser  These  vgl.  C.  H.  Becker's  Artikel  »Egjpten«  in  der  Enzyklopädie  des  Islam. 

H.   R. 

116.  Sarre,  F.,  Neuerwerbungen  der  islamischen  Kimsiabteilung.  Amtl.  Berichte  aus  den 
Königl.   Kunstsammlungen  XXXIV  Nr.  4,  Jan.   1913. 

I.  Koranfragment  auf  Pergament  mit  Schmuckleisten.  2.  Bronzelöwe  mit  Inschrift, 
vielleicht  aus  dem  12.  Jahrh.  7,.  Zwei  syrische  Fliesen  mit  Tierdarstellungen.  4.  Ein 
Bronzespiegel  aus  dem  12.  oder  13.  Jahrh.,  in  Ägypten  gefunden.  5.  Eine  getriebene  Silber- 
schale etwa  der  gleichen  Zeit.  ':.  Ein  Anhänger  aus  Bronze.  Sämtliche  Stücke  sind  ab- 
gebildet. C.  H.   B. 

117.  Sixtus,  Prinz  von  Bourbon  von  Parma,  u.  Musil,  Alois,  In  Nordostarahien  und  Süd- 
mesopotamien. Vorbericht  über  die  Forschungsreise  191 2.  Mit  einer  Kartenskizze 
Anz.  Wien  1913,  Nr.   i. 

In  diesem  Vorbericht  geben  die  Forscher  in  knappen  Umrissen  eine  Beschreibung 
ihrer  nicht  gefahrlosen  Reise  zu  Beginn  des  Jahres  191 2,  deren  Route  eine  beigefügte 
Kartenskizze  veranschaulicht.  Eine  ausführlichere  wissenschaftliche  Bearbeitung  des 
gesammelten  Materials  soll  später  folgen.  Wir  dürfen  auf  die  Ergebnisse  gespannt  sem, 
da  verschiedene  Ruinenstätten  besucht,  frühere  Aufnahmen  nachgeprüft  und  ergänzt 
!=ind.  R.  M. 

118.  Schoenfeld,  Hagohtvi,  Die  Mongolen  und  ihre  Paläste  und  Gärten  im  mittleren  Ganges- 
tale.    ZDMG  60,  577  iL 

Anschauliche,  etwas  populär  gehaltene,  zuweilen  stark  poetisch  gefärbte  Schilderung 
der  Paläste  von  Agra  und  Fatehpur,  letzteres  nach  den  Darlegungen  des  Verf.  Winter- 
residenz Akbar's,  sowie  des  Parkes  von  Labore,  —  in  Einzelheiten  nicht  immer  genau. 

E.  G. 

119.  Stube,  R.,  Zur  Geschichte  des  Hafens  von  Hormuz.  Xenia  Nicolaitana,  Festschrift 
zur  Feier  des  vierhundertjährigen  Bestehens  der  Nikolaischule  zu  Leipzig.  Leipzig, 
Teubncr,   191 2.   177 — 196. 

Inhalt:  i.  Hormuz  im  Altertum.  2.  Das  festländische  Hormuz  und  die  Verlegung 
der  Stadt  auf  die  Insel  (um  1300).  3.  Die  Inselstadt  Hormuz.  Vom  13. — 16.  Jahrh.  war 
Hormuz  »ein  Welthafen  ersten  Ranges*,  der  besonders  als  Umschlagsplatz  für  den  Handel 
zwischen  Indien,  China  und  dem  vorderen  Orient  Bedeutung  hatte.  Mustergültige  historisch- 
geographische Studie  mit  sorgfältiger  Verwertung  orientahscher  und  abendländischer 
Quellen.  C.  H.   B. 

VII.  Länder  und  Völker  des  Islam  0- 
a)  Rußland. 

120.  A,  L.  C,  M.  Pavlovitch,  R.  Majereczak,  Notes  sur  les  musulmanes  du  Caucase.  — 
Zelim  Khan.  —  Le  Mouridisme.     RMM  XX  191 2,   133. 

P.\yLOviTCH  berichtet  über  das  Leben  und  Treiben  des  kaukasischen  Räuberhaupt- 
manns Zelim-Khan.  F.  sieht  den  Hauptgrund  für  die  Machtlosigkeit  der  Regierung  diesem 
Räuberunwesen  gegenüber  in  der  Unzweckmäßigkeit  der  russischen  Verwaltung.  Ob 
und  wieweit  die  Erfolge  Z.-Kh.s  auf  seinem  Zusammenhang  mit  der  gewöhnlich  als  Muri- 
dismus  bezeichneten  religiösen  Bewegung  im  Kaukasus  beruhen,  untersucht  Majerecz.\k, 


')  Vgl.  auch  das  Referat  von  Menzel   S.  123  dieses  Heftes! 


Kritische  Bibliographie.  203 

))Le  Mouridisnie  au  Caucaseo.    i.  L'islamisation  au  Caucase.    2.  Les  debuts  du  Mouridisme. 

3.  Chaniil,    4.  La  Tariqat.    5.  Apres  Chamil.  —  Wenn  auch  der  Ertrag  der  Untersuchung 

für  die  aufgew^fene  spezielle  Frage  wegen  des  Mangels  an  zureichendem  Material  nicht 

sehr   groß  ist,  so  gewährt  sie  doch  einen  guten  historischen  Überblick  über  die  religiösen 

und  nationalen  Bewegungen,  deren  Schauplatz  der  Kaukasus  seit  der  Islamisierung  seiner 

Bewohner  gewesen  ist.  H.  R. 

121.  Andreas,  Bischof,  Die  ■wichtigsten  statistischen  Nachrichten  über  die  Fremdvölker  Ost- 

riißlands  und  Westsibiriens,  welche  dem   Einßuß  des  Islam  ausgesetzt    sind  (Naibolie 

vaznyja  statisticeskija  swiedienija  ob  inorodcach  vostocnoi  Rossii  i  zapadnoi  Sibiri, 

podverzennych    vlijaniju    islama).      Unter  der   Redaktion    des   Bischofs  Andreas 

(früher    in    Mamadysch,    jetzt    in    Suchum)    und    des    Lehrers    für    Ethnographie 

N.  W.  Nikol'skij  Kazan  1912.      LXXX,  320  S. 

Das  Buch  zerfällt  in  vier  Teile:  i.  Kurze  ethnographische  Skizze  über  die  betreffen- 
den Völkerschaften,  vorzüghch  über  die  Baschkiren,  Besermenen,  Wotjaken,  Mordwinen, 
Tataren,  Ceremissen  und  Cuwaschen;  darin  auch  statistische  Tabellen;  2.  (Hauptteil) 
ausführlichere  Zusammenstellung  des  von  den  Landgemeinden  (Wolost)  der  betreffenden 
Gebiete  im  Jahre  191 1  der  Redaktion  zugegangenen  statistischen  Materials;  3.  bibUo- 
graphische  Übersicht  der  auf  die  genannten  Völker  bezügHchen  Literatur,  vorzüglich 
der  von  der  russischen  Geistlichkeit  veröffentlichten  Schriften;  4.  Betrachtungen  (von 
demselben  Standpunkt)  über  die  Ursachen  der  Erfolge  des  Islam  und  die  Mittel  zu  deren 
Bekämpfung.  Die  Baschkiren  sind  vollständig  islamisiert,  auch  hat  die  muhammedanische 
Kultur  bei  diesem  Volke  weit  größere  Erfolge  aufzuweisen  als  man  bei  dessen  trauriger 
wirtschaftlicher  Lage  erwarten  könnte.  Von  den  Tataren  hat  ein  Teil  (die  »altgetauften«) 
schon  im  16.  Jahrhundert,  ein  anderer  (die  »neugetauften«)  später  das  Christentum  an- 
genommen; letztere  sind  jetzt  fast  sämtlich  zum  Islam  zurückgekehrt.  Unter  den  übrigen 
Völkerschaften  hat  der  Islam  erst  unter  russischer  Herrschaft  Verbreitung  gefunden. 
Leider  ist  das  hier  mitgeteilte  statistische  Material  offenbar  lückenhaft  und  wenig  zu- 
verlässig; die  im  ersten  Teil  angegebenen  Zahlen  befinden  sich  häufig  mit  den  Zahlen  der 
Haupttabellen  in  Widerspruch,  obgleich  die  Redaktion  sich  in  beiden  Teilen  auf  dieselbe 
Quelle  (die  Mitteilungen  der  Landgemeinden)  beruft.  Die  Gesamtzahl  der  vom  Christentum 
zum  Islam  abgefallenen  Tataren  beträgt  nach  dem  ersten  Teil  43  073,  nach  dem  zweiten 

34  431.  ^^'-   B- 

122.  Larson,  E,  J.,     Tiflis  as  a  Moslem  centre.     MW  Oct.   191 2  II,  4,  405 — 407. 

b)  Türkei. 

123.  Ali  Vahbi    Bey.     SuUaji    Abdul   Hamid  II.     Gedanken    und  Erinnerungen.     Tage- 
buchbläiter  herausgeg.  von  A.  V.   B.,     Nord  und  Süd  XXXVI,  Februarheft  1913. 
Durchsichtige  Mystifikation.  C.  H.   B. 

124.  Bourdarie,  Paul,  Les  Affaires  de  Tiirquie:  Paix  et  revolution.  La  paix  qui  venait.  Les 
suites  possibles  de  la  revolution.  Les  hommes  du  coup  d'  Etat.  Le  role  de  l'Alle- 
magne.     Le  probleme  de  la  Turquie  d'Asie.     RI  Nr.  81,  8°  annee,  Jan.  161 3. 

125.  Bouvat,  L.,  La  guerrc  balcanique  dans  la  presse  Ottomane.  RMM  1912  XXI,  222 — 237. 
Fortlaufende  Exzerpte  aus  den  Leitartikeln  des  TenJn  und  des  Iqdäm  vom  i.  Oktober 

bis  30.  November  1912.  H.  R. 

126.  Bouvat,  L.,    Quelques  Reviies  Ottomanes.     RMM  1912  XX,  2S2— 304. 
Besprechung  von  fünf  wichtigen  türkischen  Zeitschriften:    i.  Sebil-ür-reSäd,  religiös- 
wissenschaftliche  Zeitschrift,  Fortsetzung  des  Serät-i-MustekIm.    2.  Turk  Yurdu,  politisch- 
literarische, 3.  Sa'y  u  Teiebbii\  literarisch-politische  und  soziale  Rundschau.    4.  TedrTsät- 


204  Kritische  Bibliographie. 

i-Uniümiye  Medjmü'asi,  offizielles  Organ  des  Ministeriums  des  öffentlichen  Unterrichts, 
herausgeg.  von  den  Professoren  der  »Ecole  normale«,  in  einem  theoretischen:  Nazariyät 
u  Ma'lümät  Kismi,  und  einem  praktischen  Teile:  ^Amaliyät  u  Tatbikät  Kismi.  5.  Djeride- 
i-Felsejiye,  philosophische  Rundschau. 

127.  Coijic,  Prof.  Dr.  Joven,  Der  Zugang  zur  Adria.  Petermanns  Mittlgn.  Beilage  MiUtär- 
geographie  J912,  361 — 4. 

128.  de  Contenson,  Ludovic,  En  Turquie  d'Asie.  La  question  armenienne.  As.  Fr.  B.  19 13 
Xr.   142,  S — 16. 

129.  Duggan,    The  Balkan  Problem,  PoHtical  Science  Quarterly  vol.  XXVIII,  34 — 48. 

130.  V.  d.  Goltz,  Frhr.,  Die  politische  Natur  der  heutigen  Türkei.  Asiatisches  Jahrbuch 
1912,   II  ff. 

Der  Verf.  zeichnet  knapp  und  scharf  die  Verhältnisse  unter  Abdulhanüd  und  legt 
die  Ursachen  dar,  die  zu  dessen  Sturz  und  zum  Anbruch  der  neuen  Ära  führten.  Sodann 
erörtert  er  die  Aufgaben  und  die  Ziele  der  jungtürkischen  Regierung,  nicht  ohne  Vertrauen 
auf  die  Schaffung  eines  neuen,  starken  Staatswesens.  Allerdings  ist  der  Aufsatz  noch  vor 
den  großen  Wandlungen  der  letzten  3/^  Jahre  entstanden.  E.  G. 

131.  G[uyer],  H.,  Aus  einer  mesopolamischen  Reise.  Sep.  aus  der  Neuen  Züricher  Zeitung, 
32  S.     12«  (1913)- 

Feinsinnig  und  stimmungsvoll  geschriebener  Bericht  der  Schwester  und  Begleiterin 
Dr.  S.  Guyer's  über  eine  Reise  von  Takrit  nach  Hatra.  Die  Schilderungen  über  das  Ein- 
greifen der  türkischen  Regierung  in  die  Verhältnisse  der  um  Hatra  hausenden  Schammar- 
beduinen  sind  von  großem  Interesse.  Hier  scheint  die  junge  Türkei  dank  dem  Geschick 
eines  einzelnen  Offiziers  wirklich  einmal  segensreich  gewirkt  zu  haben.  Wir  sind  für  diesen 
lehrreichen   Bericht  aufrichtig  dankbar.  C.  H.   B. 

132.  Hippeau,  Edtnond,  Le  commerce  frangais  dans  la  Turquie  asiatique.  As.  Fr.  B.  1913 
Nr.   142,  22 — 27. 

133.  Jaeckh,  Ernst  Dr.,  Deutschland  im  Orient  nach  dem  Balkankrieg.     Berlin,  Mörikes 
Verlag,  München.     2.  Aufl.     (4.  Tausend.)  1913;   160  S.  8°;   i    Karte. 
Besprechung  erfolgt  später. 

134.  Jensen,  Alfred:  Kors  och  Halfmane.  Reiseskisser  frän  den  europeiska  Otienten.  Med 
38  Bilder.     Stockholm,  Alb.   Bonnier,   19 11.     208  S. 

Das  Buch  »Kreuz  und  Halbmond,  Reiseskizzen  aus  dem  europäischen  Orient<i  bean- 
sprucht nicht  von  wissenschaftlichen  Forschungen  zu  berichten,  sondern  erzählt  in  hübscher 
Weise  die  Beobachtungen  »eines  historisch  und  literarisch  gebildeten  Touristen«.  Er  hat 
besonders  mit  Bulgaren,  deren  Sprache  er  kennt,  verkehrt,  und  erzählt  von  ihren  Fort- 
schritten, vor  allem  durch  geordnetes  Schulwesen,  in  Makedonien.  Die  Jungtürken  werden 
als  Emporkömmlinge,  die  ihre  Herrschaft  in  diesen  Provinzen  nicht  behaupten  können, 
dargestellt.      Über  albanesische  Sitten  wird  verschiedenes  Interessante  mitgeteilt. 

J-   P- 

135.  Imhoff,  Generalmajor  z.  D.,  Die  Ereignisse  in  Arabien  im  Jahre  191 1  und  Personal- 
angaben über  Sejd  Jdris.  Nach  türkischen  Quellen  mitgeteilt.  Deutsche  Tagesztg. 
Nr.  511,  8.  Okt.  1912. 

Nützliche,  wenn  auch  bei  weitem  nicht  erschöpfende  Mitteilungen  über  diesen  wenig 
beachteten  Kriegsschauplatz.  Die  Türken  mußten  hier  ständig  gegen  zwei  Fronten  kämpfen: 
während  die  Italiener  die  Küstenplätze  beschossen,  hatten  sie  sich  auf  der  Landseite  der 
Angriffe  des  Saijid  Jdris  zu  erw'ehren.  Über  die  Abstammung  und  den  Lebensgang  des 
letzteren  werden  einige  interessante  Daten  gebracht.  E.  G. 

136.  Massignon,  Louis,  Notes  sur  le  Dialecte  Arabe  de  Bagdad  BIFAO  XI,  i — 24 
(19 12)  mit  2  Tafeln. 


1 


Kritische  Bibliographie.  20  "^ 

Überblick  über  die  sprachlichen  Resultate  der  Mission  cn  Mesopotamie  (vgl.  Nr.  112). 
I.  Interessanter  Versuch  einer  Differenzierung  des  Bagdader  Dialektes  nach  Stadtquartieren. 
Massignon  unterscheidet  7  sprachlich  verschiedene  Bezirke.  Über  die  Gliederung  gibt 
er  nur  Andeutungen.  Unterschiede  in  der  Sprache  der  Juden,  Christen,  Städter  und 
Beduinen  liegen  auf  der  Hand,  aber  ob  die  darüber  hinausgehende  Dialektspaltung  aus 
mehr  als  Individualismen  besteht,  muß  nachgeprüft  werden.  2.  Aufzählung  der  literari- 
schen Quellen  in  Bagdader  Mundart.  3.  Dialektproben:  Straßenrufe,  Sammlung  von 
Melodien  mit  ihrer  Bennenung  (sehr  interessant,  aber  für  Unmusikalische  nicht  zu  würdigen), 
Sprichwörter  und  ähnliches.  4.  Versuch  einer  allgemeinen  Charakterisierung  des  Dialekts. 
—  Wie  alles,  was  Massignon  schreibt,  etwas  zu  kurz  gefaßt  und  philologisch  im  einzelnen 
anfechtbar,  aber  sehr  gedankenreich  und  originell.  C.  H.   B. 

137.  V.  Massow,  W.,  Das  werdende  Albanien.    Die  Grenzboten,  72.  Jahrg.  (1913),  Nr.  15. 

138.  Mohamed  Farid  Bey,    Eiude  sur  la  crise  ottomane  actuelle.     Genf  1913,  60  S. 

Der  erste  Eindruck,  als  ob  der  Verf.  sich  wirklich  einmal  bemühen  wolle,  objektiv 
zu  urteilen,  ist  gar  bald  dahin.  In  seinem  weiteren  Teile  entpuppt  sich  dies  Büchlein  als 
eine  Hetzschrift  gefährlichster  Art.  Die  ganze  Schuld  an  dem  Zusammenbruche  der  Türkei 
wird  dem  bösen  christlichen  Europa  in  die  Schuhe  geschoben,  das  natürlich  systematisch 
vorgeht,  um  die  Religion  des  Islams  auszurotten.  Wie  es  im  Kopfe  des  Verf.s,  Advokaten 
am  Appellgerichtshof  in  Cairo  und  am  Internat.  Gerichtshof  in  Alexandria,  aussieht,  dafür 
möge  als  einziges  Beispiel  seine  Beurteilung  wissenschaftlicher  Islamzeitschriften  (Revue 
du  Monde  Musulman,  The  Muhaynmedan  World  und  dieser  Zeitschrift,  die  er 
in  Berlin  erscheinen  läßt,  also  wohl  noch  nie  gesehen  hat)  genügen  (S.  31):  »tout  ces 
publications  ont  pour  but  de  faire  connaitre  ITslam  pour  le  mieux  conquerir«. 
(Vgl.  Le  Chatelier's  Conquete  du  monde  Musulman !)  Daß  das  Büchlein  mit  einem 
warmen  Appell  an  alle  Moslims  zum  Zusammenschluß  gegen  die  böse  Christenheit  schließt, 
ist  wohl  selbstverständlich.  R.  M. 

139.  von  MÜHneu,  Dr.  E.  Graf,  Der  Zusammenbruch  des  jungtürkischen  Staates.  Deutsche 
Revue  Dez.    1912. 

Knappe   und   gut   orientierte   Darstellung   der   Gründe   des   Zusammenbruches    der 
Türkei.  C.  H.   B. 

140.  Nord,  Erich,  Das  türkische  Strafgesetzbuch  vom  28.  Zilhije  12"]^  (9.  August  1858)  mit 
Novelle  vom  6.  Djemazi-Ül-achyr  1329  (4.  April  191 1)  und  den  wichtigsten  türkischen 
Straf nebengesetze'n.  Deutsche  Übersetzung  nebst  Einleitung  und  Anmerkungen. 
Berlin,  Guttenberg,  1912.  (Sammlung  außerdeutscher  Strafgesetzbücher  in  deut- 
scher Übersetzung  Nr.  34)  107   S. 

141.  Oestrup,  J.,    Verdens  oeldste  Kulturland,  GeografLs]i  Tidsskrift  1911,  IV,   132 — 44. 
In  dem  Aufsatz  »Das  älteste  Kulturland  der  Welt«  gibt  der  Verf.  Mitteilungen  über 

einige  seiner  Beobachtungen  auf  einer  Forschungsreise,  die  er  Anfang  191 1  in  Mesopo- 
tamien unternommen  hat.  Er  beschreibt  besonders  die  sozialen  Verhältnisse  in  dieser 
türkischen  Provinz.  Während  die  Türken  zwischen  Eufrat  und  Tigris  ordentliche  Zu- 
stände geschaffen  haben,  sind  die  Verhältnisse  südlich  vom  Eufrat  unsicher  und  armselig. 
Die  Beduinen  dieser  Gegend,  Bnl  Lam  und  Muntefiq,  leben  primitiver  als  die  syrischen, 
für  Poesie  2.  B.  haben  sie  keinen  Sinn.  Der  Islam  spielt  gar  keine  Rolle.  Durch  schlaue 
Politik  hat  'Abdul  Hamid  die  meisten  Grundstücke  erworben;  seit  1909  sind  sie  staatlich. 
Die  türkischen  Beamten  sind  wohlwollend  und  tolerant  (dies  im  Gegensatz  zu  den  sehr 
fanatischen  Si'iten).  Die  Regierung  hat  eingesehen,  daß  das  alte  Kanalisations-  und 
Bewässerungssystem  wiederhergestellt  werden  muß.  Die  Beduinen,  sind  nicht  abgeneigt, 
feste  Ansiedler  zu  werden.  Eine  Übersicht  über  die  Arbeiten,  die  bis  jetzt  von  Will- 
cocKs  (bes.  mit  dem  Damm  bei  Musajjib)  gemacht  worden  sind,  wird  angefügt.    J.   P. 


2o6  Kritische  Bibliographie. 

142.  Poignant,  Georges,  Les  interels  frangais  en  Syrie.  QDC  17°  annee  Nr.  385,  263 — 274, 
Nr.  386,  321—334. 

143.  Raunkiar,  Barclay,  Det  kongelige  danske  geografiske  Selskabs  Ekspedition  til  Arabien. 
Forelöbig  Oversigt,  Geogr.  Tidsskrift  191 2,  VI,  215 — 16. 

In  diesem  Vorbericht  über  »die  Expedition  der  Königl.  dänischen  geographischen 
Gesellschaft  nach  Arabien«  gibt  Herr  R.  eine  vorläufige  kurze  Übersicht  über  seine  Reise 
in  Nordostarabien.  Am  16.  Jan.  19 12  verließ  er  Bagdad,  von  Quweit  aus  folgte  er  einer 
Kaufmannskarawane  gegen  Negd.  Sein  Plan  war  nach  Oneize  zu  gehen;  dieser  Plan  wurde 
vereitelt,  er  mußte  Palgraves  Rute  nach  Riad  über  Zilfe  und  Megma'a  einschlagen;  von 
dort  kam  er  gegen  Mitte  April  nach  Bahrain.  Seine  Expedition  wurde  von  Beduinen 
sehr  gefährdet,  der  Gebrauch  von  komplizierten  Instrumenten  war  unmöglich.  Aus- 
führliche Publizierung  über  die  Ergebnisse  wird  versprochen.  J.   P. 

144.  Scheltema,  N.,  Determination  of  the  geographical  Latitude  and  Longitude  of  Mecca 
and  Jidda,  executed  in  1910 — lOU,  K.  Akad.  v.  Wetenschappen  te  Amsterdam  X\^ 
1912,  527—572. 

Auf  Veranlassung  von  C.  Snoltk-Hurgronje  hat  der  Verf.  als  holländischer  Konsul 
in  Djidda  in  Zusammenarbeit  mit  dem  muhammedanischen  Konsulatsangestellten  Salim 
und  bei  astronomischer  Leitung  von  Prof.  Bakhuyzen  unter  unendlichen  Schwierig- 
keiten die  genaue  geographische  Lage  der  Ka'ba  auf  21°  25' 18"  NB  u.  39°  50' 59"  östl. 
Greenwich  bestimmt.  Die  Sekundenbruchteile  sind  von  mir  außer  acht  gelassen.  Damit 
ist  zugleich  ein  wichtiger  Ausgangspunkt  für  die  weitere  Vermessung  Arabiens  gegeben. 

C.  H.   B. 

145.  Schouboe,  C.  F.,  Nutidetts  Mesopotamien.  Geogr.  Tidsskrift  1912,  VI,  219 — 28; 
VII,  264—72. 

Der  Verf.,  Teilnehmer  an  der  Xr.  1 43  erwähnten  Expedition,  gibt  eine  geographische 
Beschreibung  vom  »Mesopotamien  der  Gegenwart«  auf  Grund  vonWiLLCOCK's  und  seinen 
eigenen  Beobachtungen  und  Messungen.  Höhenlage,  landschaftliche  Eigenart,  Klima, 
Flora  und  Fauna  werden  untersucht,  besonders  auf  der  Strecke  Diwanie-Samawa-Nasrle- 
Satra-Qut  el-Hai.     Von  der  Gegend  wird  eine  Karte  gegeben.  J.   P. 

146.  Turkey,  Report  for  the  year  191 1  on  the  trade  of  Baghdad.  Edited  at  the  Foreign  Office 
and  the  Board  of  Trade.  —  Diplomatie  &  Consular  Reports.  Nr.  4999.  Annual 
Series. 

147.  Uebersberger,  Hans,  L'niversitätsprofessor  Dr.,  Wien,  Die  Orientkrisis.  Die  Neti- 
belfbiiui:  der  Türkei.     Handbuch  der  PoHtik  Bd.   II  (191 2/13)  763 — 767. 

148.  Wirth,  Albrecht,  Das  Erwachen  der  asiatischen  Völker.  Handbuch  der  Politik  Bd.  II 
(1912/13),  767—778. 

Die  '>panislamische  Gefahr«  wird  S.  774  ff.,  die  Türkei  S.  777  f.  besprochen.     E.  L. 

149.  Wirth,  Albrecht,   Ursprung  der  Albaner.     OA  III,   10 — 12. 

Vom  Hindukusch  bis  an  den  Atlas  wohnten  als  Urbevölkerung  die  Kas,  zu  denen 
die  Tscherkessen,  Berber,  Basken  gehören,  die  überall  lokale  Differenzierungen  durch 
Blutmischung  erfuhren.  Zu  ihnen  gehören  auch  die  Albanier,  an  deren  vorarische  Zeit 
Sprachreste,  kulturelle  und  physische  Momente  gemahnen.  Sie  sind  indogermanisierte 
Kas.     Dieser  .\rbeit  gegenüber  empfiehlt  sich  die  größte  Vorsich't.  C.  H.    B. 

150.  Eine  deutsche  Hochschule  in  der  Türkei.    Akadem.  Rundschau  I,  i,  35  ff. 

Über  die  bekannte  Anregung  des  »deutschen  Vorderasienskomitees«  zur  Gründung 
einer  deutschen  Hochschule  in  der  Türkei  äußern  sich  nach  einleitenden  Ausführungen 
Wilhelm  Baum's  die  Orientalisten  C.  Brockelm.ann,  A.  Fischer,  G.  Steindorff  und 
P.  ScHROEDER.  Die  beiden  ersteren  stimmen  dem  Plane  durchaus  zu,  während  sich  Stein- 
dorff ablehnend  verhält  und  rät,  lieber  deutsche  Volksschulen  zu  gründen,  die,  wenn 


Kritische  Bibliographie.  207 

sie  gedeihen,  zu  Realschulen  erweitert  werden  mögen.  Schroeder  empfiehlt  gleichfalls 
die  Einrichtung  einer  Hochschule,  doch  wird  der  von  ihm  gegebene  Rückblick  auf  die 
Schicksale  des»)>Lycee   Imperial  de  Galata  Sarai«   manchen  etwas  pessimistisch  stimmen. 

E.  G. 
c)  Persien. 

151.  Ghilan,   Abdoul-Beha  et  la  Situation.     RMM  XXI,   261 — 267. 

Übersetzung  eines  Artikels  aus  dem  Fikr  (Tebris),  der  sich  über  das  z\vischen  Regierung 
und  Volk  mißtrauensäende  Treiben  der  Behäis  entrüstet.  Zum  Beweise  ihrer  Verlogenheit 
wird  ein  Brief  Abdul  B  e  h  ä  's  an  seinen  Schüler  Mirza  G  h  a  f  f  a  r  ,  und  einer  Mirza 
Ghaffar's  an  seinen  Meister,  letzterer  mit  einer  phantastischen  Bekehrungsgeschichte, 
veröflentlicht.  Der  ganze  Haß  der  Nationalisten  gegen  die  Behäis  hallt  aus  dem  Artikel 
wieder.  H.   R. 

152.  von  Hahn,    Bazare  und  Wohnhaus  r  in  Persien.     Asien  1913  Nr.  4,  71 — 72. 

153.  von   Hahn,  Feier  des   Kurban-Bairam  in  Teheran.    Nach  einem  Bericht  der  Kawkas. 
Ib.  73—75- 

154.  Nicolas,  A.  AI.,  Controverses  persanes.  Le  livrc  »In  Cha  Allah!«  refuie  par  Seyyed  Borhan 

ed-Din  Balkhi.'    RMM  XXI  23S— 260. 

Ein  modern  gerichteter  Perser,  guter  Muslim,  aber  voll  Haß  gegen  die  unw-ssende 
Anmaßung  der  Ulemäs,  die  in  der  Geographie  des  Himmels  besser  Bescheid  wissen  als 
auf  der  Erde,  richtet  sich  in  scharfen  Worten  gegen  den  trägen  persischen  Fatalismus. 
Anlaß  zu  seiner  Schrift  gibt  ihm  eine  Disputation  über  ein  in  dem  unklaren  Stil  der  Scheichis 
verfaßtes  Buch:  In  schä  Allah,  der  er  bei  der  Soiree  eines  sunnitischen  Paschas  beiwohnte. 
Das  Büchlein  gewährt  einen  interessanten  Einblick  in  die  Denkungsweise  und  Eigenart 
des  »modernen«  Persers.  Man  kann  für  die  von  A.  L.  M.  Nicolas  gebotene  Übersetzung 
nur  dankbar  sein.       .  H.  R. 

155.  Persia,  Nr.  3  (1912),  Further  Correspondence  respeciing  the  affairs  of  Persia.    Presented 

to  both  Houses  of  Parliament  by  Command  of  His  Majesty.    March  19 12.    London. 
Published  by  His  Majesty's  Stationery  Office.     XX  und  177  S. 

156.  Persia.  Report  for  thc  year  igii — 12  on  theTrade  of  Persia.   Diplomatie  and  consular. 
reports  Nr.  5037.     Series.     London  1913. 

157     Persia.  Report  for  the  year  ended  March  20,  1912,  on  the  Trade  of  the  Consular  District 
of  Kermanshah.     Diplom,  and  Consul.   Rep.   Nr.  4994. 

158.  Woodman  Stocking,  Annie.   The  new  woman  in  Persia.    MW   Okt.  1912,  367—372. 

Die  Verf.  gibt  einen  interessanten  Einblick  in  die  Emanzipitationsbewegung  der 
persischen  Frauen,  speziell  in  Teheran.  Man  sieht,  wie  doch  nach  und  nach  auch  in  den 
Enderüns  sich  ein  neuer  Geist  zu  regen  beginnt.  Das  beweist  auch  die  große  Zahl  neu 
entstandener  Mädchen-  und  Frauenschulen,  mögen  sie  einstweilen  auch  noch  mit  marigel- 
haften  Lehrkräften  und  Methoden  arbeiten.  Bei  Gelegenheit  des  russischen  Ultimatums 
ist  es  sogar  zu  einer  politischen  Demonstration  durch  die  Teheraner  Frauen  gekommen. 

H.  R. 
d)  Indien. 

1 59.  Cabaton,  A.,  Pays  Malais.  (Indes  Neerlandaises,  Malaisie  Britannique.  lies  Philippines.) 
RMM  XXI,  330-365- 

Inhalt:  i.  Die  einheimische  Presse  in  Niederländisch-Indien.  Überblick  über  die 
stattliche  Anzahl  der  in  einheimischen  Sprachen  erschienenen  Zeitungen  und  Zeitschriften 
ihren  Charakter,  ihre  Schicksale. 

2.  Die  »Sarekat  Islam«.  —  Ein  Bund  muhammedanischer  Kaufleute  mit  der  Tendenz, 
der  Ausbeutung  des  Landes  durch  die  ohnehin  von  der  Regierung  begünstigten  Chinesen 
planmäßig  entgegenzuarbeiten. 


208  Kritische  Bibliographie. 

3.  Besprechung  einiger  wichtiger  die  »malaiischen  Länder«  betreffenden  Publikationen, 
OssENBRÜGGEN,  De  versprcide  geschriften  van  Prof.  Dr.  G.  A.  Wilken\  Adaire chtbundel  .  .  . 
besorgt  door  de  commissle  voor  het  adatrecht.  Uitgegeben  door  het  Koninklijk  Institut  voor 
de  taal-,  land-,  en  volkenkunde  von  Nederlandsch-Indie;  —  Repertoire  oiiTable  systimatiqiie 
de  tont  ce  qui  a  parii  sur  les  colonies situees  a  l'est  du  Cap  de  Bonne-esperance  dans  lesmelanges 
ou  revues  piibliees  de  1595  a  1S65  en  Hollande  et  ses  possesions  d'ontre-Mer.  Huykaes, 
Du  RiEu,  Hart  MANN.  H.  R. 

160.  Froidevaux,  Henri,  I^es  Fonctionnaires  administratifs  des  Indes  nierlandaises.  As.  Fr. 
B.  191 3  Xr.   143,  61—67. 

161.  Menant,  A  propos  de  V universite  musulmane  d'Aligarh.     RMM  XXI,  26S — 289. 
Die  indischen  Muslime  glaubten  sich  vergangenen  Sommer  der  Erfüllung  ihres  seit 

30  Jahren  gehegten  Wunsches  nahe,  der  Gründung  einer  muslimischen  Universität  in 
Aligarh.  Das  Gründungskapital  war  durch  freiwillige  Spenden  zusammengebracht,  und 
die  anfangs  nicht  ganz  zweckmäßigen  Satzungen  einer  endgültigen  Revision  unterzogen. 
Die  Regierung  hat  jedoch  den  Punkt,  auf  den  es  den  Muslimen  wesentlich  ankam,  die 
Angliederung  auswärtiger  »Colleges«  an  die  neue  Universität,  nicht  genehmigt.  Jetzt  sind 
die  Meinungen  geteilt,  ob  man  der  Regierung  nachgeben  oder  auf  die  Universität  ver- 
zichten solle.    So  der  Stand  der  Sache  im  August  191 2.   (Fortsetzung  folgt.)  II.  R. 

162.  Mylrea,  C.  G.,  Lucknow  as  a  Moslem  Centrc.     MW  Jan.  1913,  31 — 36. 

Gut  orientierender  Überblick  über  die  Entwicklung  Lucknow-s  aus  einer  unbedeuten- 
den Landstadt  im  iS.  Jahrb.  zu  seiner  jetzigen  Bedeutung  als  einer  der  wichtigsten  Mittel- 
punkte des  indischen  Islam.  H.   R. 

163.  Thurston,  Edgar,  Omens  and  Superstitions  of  Southern  India,  London  1912.  320  S. 
Der  auf  dem  Gebiete  der  Ethnographie  bereits  vorteilhaft  bekannt  gewordene  Ver- 
fasser hat  im  vorliegenden  Buche  auf  der  Grundlage  früherer  Veröffentlichungen  all  da 
Material  zusammengefaßt,  welches  er  auf  ausgedehnten  Wanderungen,  durch  münd- 
lichen und  schrifthchen  Bericht  vertrauenswerter  Gewährsmänner,  aus  den  Schriften 
von  Fachkollegen,  amtlichen  und  nicht  amtlichen  Kundgebungen  der  Presse  im  Laufe 
vieler  Jahre  gesammelt  hatte.  Ein  überraschend  großer  Anteil  des  Inhalts  kommt  auf 
Rechnung  der  populären  Medizin,  in  erster  Linie  natürlich  der  Hindus,  doch  fallen  von 
dem  reichbesetzten  Tische  auch  einige  gewichtige  Brosamen  für  die  Kenntnis  der  moham- 
medanisch-indischen Volksarzneikunde  ab.  Wir  wollen  die  interessantesten  davon  hier 
kurz  anführen:  i.  (p.  29)  Blick  und  Atem  der  vom  Gebet  kommenden  Mohammedaner 
gilt  als  heilsam  für  leidende  Kinder,  was  von  Hindus  und  Eurasiern  vor  den  Moscheen 
weidlich  ausgenützt  wird.  2.  (p.  119)  Rotfarbige  Abdrücke  von  Händen  mit  gespreizten 
Fingern  sieht  man  an  den  Wänden  von  Moscheen  und  Wohnhäusern  als  Schutz  gegen 
den  bösen  Blick,  ebensolche  aus  Santalpaste  an  den  Türen  beim  Ausbruch  von  Cholera 
u.  dgl.  3.  (p.  163  f.)  Leidet  ein  Mohammedaner  starke  Schmerzen  an  Hand  oder  Fuß, 
so  stiftet  er  zuweilen  ein  silbernes  Abbild  des  leidenden  Gliedes  an  das  Grab  eines  Heiligen; 
ein  solches  Grab  liegt  in  Timmancheria,  Distr.  Anantapur,  nämlich  das  des  Masthan  'Ali, 
dem  zu  Ehren  im  April  ein  von  Mohammedanern  und  Hindus  gleicherweise  stark  besuchtes 
Fest  abgehalten,  und  besonders  zur  Bannung  von  Kinderlosigkeit  manche  Votivgabe 
gespendet  wird.  4.  (p.  187)  Am  Freitage  schreibt  man  die  Xamen  heiliger  Personen  und 
ihre  Aussprüche  auf  Mango-  oder  Palmyrablätter  mit  Reiskohlentinte,  nach  deren  Ein- 
trocknen das  Blatt  gewaschen  und  das  Wasser  gegen  hartnäckige  Krankheiten  getrunken 
wird.  5.(p.  188)  Dasvonlbn  Batüta(ed.  Defremery  et  Sanguinetti IV 85)  erwähnte 
»Blatt  vom  Baume  des  Glaubensbekenntnisses«  findet  wegen  seiner  Heilkraft  heute  noch 
Gläubige,  die  den  Baum  auf  dem  Berge  DeH,  Malabar,  lokalisieren.  6.  (ibid.)  Metallschalen, 
denen  innen  und  außen  Qorantexte  eingraviert  sind,  wurden  nach  Mekka  mitgenommen,. 


Kritische  Bibliographie.  200 

zu  Häuplen  des  Prophetengrabes  (sie  !)  geweiht  und  zur  Darreichung  von  Arznei  oder 
Nahrung  an  Kranke  benutzt.  • —  Man  wird  aus  dem  Vorstehenden  einerseits  Anklänge 
an  anderweit  rflehr  oder  weniger  verbreitete  Aberglauben,  dann  aber  auch  das  Bestehen 
eines  gewissen  religiös-kulturellen  Synkretismus  entnehmen,  für  welchen  auch  sonst  noch 
(pp.  30.  64.  99.  128.  143.  161.  170.  274)  Belege  vorhanden  sind.  —  Das  Buch  ist  trotz 
seiner  Fülle  an  Stoff  sehr  übersichtlich  geschrieben  und  mit  16  vortrefflichen  Illustrationen 
geschmückt.  E.  S. 

164.  Moquette,  P.  J.,  De  grafsteenen  tePase  en  Grissee  vergeleken  inet  dergelijke  moniimenten 

uit  Hindoestan  (Tijdschrift  van  het  Bataviaasch  Genootschap  van  Künsten  enWeten- 

schappen  LIV,   19 12,  536 — 54<S). 

Die  in  Pasc  (N.-Sumatra)  und  Grissee  (O.-Jav?.)  befindlichen  Grabsteine  mit  arabi- 
schen Inschriften  vom  Anfang  des  15.  Jahrh.  sollen  —  wie  vom  Verf.  ausführlich  nach- 
gewiesen wird  —  aus  der  Umgegend  von  Cambay  (Gudjrat)  herrühren.  Die  Meinung, 
daß  die  muslimische  Kultur  letzterer  Gegend  den  Islam  in  Niederländisch-Indien  damals 
stark  beeinflußt  habe,  wird  dadurch  wieder  bestätigt.  Th.   J. 

e)  Ostasien. 

165.  Huart,  Q.,  et  Vissiere,  A.,  Eludes  Sino-Mahomkanes.     Deuxieme  Serie  VI.     ^tele 
sine-mahoniHane  de  Tienisin.     RMM  XX  269 — 281. 

Fortsetzung  der  früheren  an  gleicher  Stelle  veröffentlichten  Studien.  Behandelt 
Xr.  5  der  BERTHOLET'schen  arabisch-chinesischen  Inschriften  (T'oung  pao  VI,  Serie  II.  s.) 
Die  Tientsiner  Inschrift,  datiert  vom  7.  April  1732,  bezieht  sich  auf  die  genaue  Festsetzung 
des  Anfangs  der  Fastenzeit  und  bericht-et  von  einer  Streitigkeit,  die  damals  über  diesen 
Punkt  unter  den  chinesischen  Muslimen  herrschte.  Der  arabische  Teil  enthält  Auszüge 
aus  theologischen  Autoritäten.  H.  R. 

f)  Ägypten. 

166.  Choukri  Tambay,  Examen  critique  de  la  loi  modifianl  Vari.  692  dti  Code  civil  mixte. 
EC  19 13  März  Nr.   14,  161 — 199. 

167.  Cohen,  Marcel,  Le  parier  Arahe  des  Juifs  d'  Alger.  (Collection  linguistique  publice  par 
la  societe  linguistique  de  Paris  4.)     Paris   1912. 

168.  Craig,  J.  I.,  The  distribution  of  landed  property  inEgypt.    EC  19 13  Jan.  Nr.  13,  33 — 39. 

169.  Davidsen,  M.,  Fra  Nilen  til  det  rode  Hav.   Politiken  23.  Mai  191 2. 

Mit  dem  Direktor  des  geologischen  Museums  zu  Kairo,  Dr.  W.  F.  Hume,  hat  der 
Verf.  eine  Expedition  durch  die  Wüste  »vom  Nil  bis  zum  Roten  Meer«  im  Zeitraum  vom 
20.  Februar  bis  9.  April  19 12  unternommen.  Die  Expedition  bewegte  sich  von  As-siüt 
I.  durch  die  Wüste  zwischen  dem  Niltal  und  Wädi  Qene,  2.  von  Wädi  Qene  durch  die 
östlichen  Berge,  ihnen  entlang  gegen  Norden  bis  Gareb  und  zurück  an  der  Küste  entlang. 
U.  a.  wurde  festgestellt,  daß  Wädi  Habib  und  die  anderen  Wädis  zwischen  dem  Niltal 
und  Wädi  Qene  sämtlich  auf  der  östlichen  Seite  des  Kalksteinplateaus  bei  Bir  Umm 
'Abbäs  entspringen.  J-  P- 

170.  Forgeur,  A.,  Chroniqae  judiciaire  de  l'Egypte  (annee   191 1 — 1912).     EC    1913   März 
Nr.  14,  272—295. 

171.  Goadby,  P.  M.,   Asportalion  and  delivery  in   the  offence   of  theft   and  other   criminal 
niisappropriations.     EC  19 12  Nov.  Nr.  12,  531 — 549. 

172.  Legrand,  F.,  Note  sur  l'appUcation  de,  l'article   692  du  Code  civil  mixte- et  les  theories^ 
relatives  a  la  retroactivite.     EC  1913  März  Nr.   14,  225 — 255. 

173.  Lambert,  E.-Amos,  M.  S.,  et  Maunier,  R.,  Notes  sur  un  pretendu  conflict  entre  les  prin- 

cipes  du  Statut  personnel  et  le  Systeme  de  la  transcriplion.  EC  1913  Mars  Nr.  14,  207 — 224. 
Islam,     IV.  14 


2IO  Kritische  Bibliographie, 

174.  Levy,  Edwin,  Les  evenemenis  de  1907  ei  la  Situation  acliwlle  de  VEgypte.  EC  1912 
Nov.  Nr.   12,  503—530. 

175.  Maunier,  R.,  Chronique  fmanciere  de  l'Egyple  {afinee  1912)  {avec  cinq  graphiques  hors 
texte).     EC  1913  März  Nr.   14,  257 — 271. 

176.  Muhamed  Hilmi  Issa  Bey,  Les  demüres  rejormes  introduites  dans  la  procediire  en  vue 
d'accelerer  la  »larche  de  la  justice  devant  les  juridiclions  indigenes.  EC  19 13  Jan.  Nr.  13, 
91- — 112. 

177.  Sage,  Henry,  VEgypte  dans  l' Orient  nouveau.     QDC   17°  annee  Nr.  384,  209 — 220. 

178.  Schwally,  Friedrich,  Beiträge  zur  Kennttiis  des  Lebens  der  mohammedanischen  Städter, 
Feilachen  und  Beduinen  im  heutigen  Ägypten.     SB.  Ak.  Heid.   191 2,   17.     44  S. 
Der  Verf.  hat  Frühjahr  191 2  einige  Wochen  als  Gast  im  Hause  eines  Angehörigen 

des  wohlhabenden  Mittelstandes  in  Cairo,  danach  die  gleiche  Zeit  bei  einem  Beduinen- 
scheich im  SW  des  Fajjüm  und  schließlich  noch  14  Tage  bei  Fellachen  zugebracht  und 
schildert  seine  Eindrücke.  Dabei  hatte  der  Verf.  Gelegenheit  zu  manch  neuer  Beobachtung, 
aber  diese  Resultate  waren  doch  bitter  erkauft.  Auszüge  aus  der  orientalischen  Presse 
ergänzen  gelegentlich  das  Selbstgesehene.  Inhült:  Leben  im  Hause,  Eheschluß,  Defloration, 
Stellung  der  Frau,  Polygamie,  Ehe  mit  einer  Europäerin  wird  von  den  Orientalinnen 
ungern  gesehen,  Gebräuche  bei  Geburten,  Mülid  Hosin,  verschiedene  Zikrartcn,  die  i)r()- 
jektierte  Reform  der  Derwischorden  [Auszug  aus  Muajjad  Nr.  6641  (7.  IV.  1912)].  Bei 
den  Beduinen:  Kleidung,  Verbreitung  der  Zwcichc,  großer  Einfluß  des  seh  Kabile,  der  auch 
als  Richter  fungiert.  Dichter,  Nahrung,  Lugnat  al-*urbän,  Gliederung  der  Stämme  (vor- 
läufige Mitteilungen),  alle  Beduinen  sind  Senüsi,  Beteiligung  am  Krieg  gegen  die  Italiener, 
Nachrichten  über  die  Organisation  Enver  Beys  im  Hinterland  von  Tripolis.  Der  ganze 
Aufsatz  liest  sich  sehr  glatt  und  bringt  mancherlei  Neues.  C.  H.   B. 

179.  Arnos,  Maurice  Slieldon,  Directcur  de  Tccolc  Khcdiviaic  de  droit,  Essai  sur  la  proce- 

dure  cii'ile.     EC    1913   Jan.   Nr.    13,   75 — 90. 

g)  Nordafrika. 

180.  Amar,  Emile,  L' Organisation  de  la  propriete  jonciere  au  Maroc,  rapport  au  Comiti  du 
Maroc.     Afr.   Fr.  RC  1912,  381 — 393;  452 — 462. 

181.  Armatte,  La  Situation  actuelle  du  protectorat  marocain.  (^DC  17"  annce  Nr.  3S5,  279 
bis  2S7. 

182.  Armatte,  La  prise  de  Dar  Anfious  et  la  liaison  du  I\hiroc  avec  la  Mauritairie.  Ibd. 
Nr.  3S4,  228 — 236. 

183.  Arning,  Wilhelm,   Marokko — Kongo.     Leipzig,  Wigand,   191 2.     1S7   S. 

184.  De  Caix,  Robert,  V Oeuvre  jrangaise  au  Maroc.     Afr.   Fr.  RC  1912,  249 — 69. 

185.  Esquer,  E.,  Les  debuts  de  l' ädministration  civile  a  Alger  (le  personnel).  RA  LVI  (191 2), 
301—338. 

186.  Ismael  Harnet,  Sur  les  affmites  entre  Frangais  et  Araho-Berberes.  RI  Nr.  8,  8"  annee 
Jan.    1913- 

187.  Kampffmeyer,   G.,   Marokkanische   W irlschajlsjragen.     KR   1913,    Heft  3,    129—133. 

188.  De  Lacharriere,  J.  Ladreit,  Les  termes  marocains  usuels.    Afr.  Fr.  RC  1912,   376  bis 

379- 

189.  De  Lacharriere,  J.  Ladreit,  Le  developpemeni  et  les  ressources  du  Maroc  occidenlal 
en   1912.     Afr.   Fr.   RC   1913,   26 — 37. 

190.  Van  Loo,  Rodolphe,  La  renovation  du  Maroc  (Suite).  Bulletin  de  la  Soci6te  Beige 
d':£tudes  Coloniales.     20"  annee  Nr.   i    Jan.   1913,  52 — 69. 

191.  Mangin,  Charles,  Colone!,  La  delivrance  de  Marrakech  et  les  Operations  de  pacification. 
I.  Operations  aux  environs  de  Souk-el-Arba.    II.  Combat  de  Bcn-Gucrir.    III.  Opera- 


Kritische  Bibliographie.  2 1  T 

tions  de  ];i  colonnc  du  Sud,  combat  de  Sidi-bou-Othman  et  cnlrcc  a  Marrakcch. 
IV.  La  tournee  de  Marrakech-Mogador.  V.  Colonne  de  Deuniat.  Afr.  Fr.  RC  1913, 
49—72.     * 

192.  Marocco.    7'^''"'  Report  for  ihe  years  1910— 11   on  the  Trade  of  the  Consular  District 
of  Casablatica.      Ib.   Nr.   5003. 

193.  Michaux-Bellaire,  Ed.,  Notes  sur  le  Gharb.     RMM  XXI  1912,  I  ff. 

Es  wird  dargestellt,  welche  Veränderungen  die  europäische  Herrschaft  in  der  marok- 
kanischen Provinz  Gharb  und  der  wirtschaftlichen  Lage  ihrer  Bewohner  bis  jetzt  her- 
vorgerufen hat,  wieweit  der  europäische  Einfluß  unter  der  Bevölkerung  des  Landes  tat- 
sächlich reicht,  und  welches  die  Stellung  und  Stimmung  der  Eingeborenen  der  europäi- 
schen Herrschaft  gegenüber  ist.  Die  Entwicklung  der  Dinge  in  Tanger  und  El-Qsar  el- 
Kcbir  ist  besondex-s  behandelt.  H.   R. 

194.  Michaux-Bellaire,    Ed.,     Consultations   Marocaines.     I.    Terrains   vendiqnis  par  les 
Clior/a  Alaoujin  de  Rabat.     RMM  XXI,   1912  41 — 73. 

»Viele  marokkanische  Eingeborene,  zumal  der  besseren  Stände,  versuchen  die  Locke- 
rung der  festen  Aufsicht,  die  der  Übergang  der  Macht  von  einer  alten  Herrschaft  in  die 
Hände  einer  neuen  unvermeidlich  mit  sich  bringt,  dadurch  auszunutzen,  daß  sie  Besitz- 
tümer, die  ihnen  gar  nicht  gehören,  auf  Grund  von  Urkunden,  deren  Größe  und  Alter 
in  keinem  Verhältnis  zu  ihrem  wirklichen  Wert  steht,  an  die  Europäer  zu  verkaufen 
suchen.«  M.-B.  geht  einem  dieser  Fälle  nach  und  weist  nach,  daß  die  Kaufvertragsurkunden, 
auf  Grund  deren  die  Familie  Schorfa  Filala  in  Rabat  weitläufige  Ländereien  in  Marokko 
als  ihr  Eigentum  beansprucht,  um  sie  dann  an  Europäer  verkaufen  zu  können,  keinerlei 
Wert  haben. 

2.  Les  proieclorats  et  les  reveniis  Marocains.     Ibd.,   74 — 99. 

Übersicht  über  die  Haupteinnahmequellen  des  Landes  mit  Vorschlägen  für  die  Ab- 
schaffung von  Mißständen  und  für  eine  Revision  der  gesamten  Finanzverwaltung.  Im 
Anhang  Übersichtstafel  über  die  Steuerreglements  {Tertibs)  von  18S1   und  1903. 

3.  Notes  siir  le  domaine  public  au  Maroc.     Ibd.,   100  ff. 

Um  dem  marokkanischen  Staat  den  Ertrag  des  Strandgutes  und  des  Alluviallandes 
zu  sichern,  will  Verf.  den  gesamten  marokkanischen  Strand  zur  Staatsdomäne  mit  ge- 
nauer Verwaltung  und  Überwachung  gemacht  wissen.  Eine  solche  Einrichtung  würde 
dem  muslimischen  Gesetz,  das  ja  das  Meer  mit  dem,  was  es  ans  Land  schwemmt,  als  Fai' 
betrachtet,  durchaus  entsprechen.  Zum  Muster  könnte  der  entsprechende  Artikel  im 
tunisischen  Staatsgesetz  dienen.  PI.  R. 

195.  Moreau,  Les  terres  agricoles  de  la  Chaouia.     Afr.  Fr.  RC  310 — 313. 

196.  Noray,  F.,  Les  officiers  indigenes  algeriens  (suite).    RI  Nr.  81,  8"  annce  Jan.  1913. 

197.  Seroka,  Commandant,  Le  Sud  Constaniinois  de  1830  a  1855.  RA  LVI  (1912),  375—446. 

198.  Stuhlmann,  Franz,  Dr.,  Ein  kulturgeschichtlicher  Auflug  in  den  Aures  {Atlas  von  Süd- 
Algerien)  nebst  Betrachtungen  über  die  Berber-Völker,  mit  2  Karten,  32  Abb.  auf 
17  Tafeln  und  40  Textfiguren.  Hamburg,  L.  Friederichsen  u.  Co.,  1912.  (Abhdlgn. 
des  Hamburg.    Kolonialinstituts   Bd.   X)  XII,   205   S. 

Dies  schön  ausgestattete  enzyklopädische  Werk  ist  von  hoher  kulturgeschichtlicher 
Warte  aus  konzipiert.  Es  wird  im  Rahmen  der  neueren  Literatur  zur  Geschichte  Afrikas 
noch  in  diesem   Bande  ausführlich  gewürdigt  werden.  C.  H.   B. 

199.  N.  N.,  Les  Tribus  dii  Maroc  Oriental.  Notice  dressee  par  les  officiers  de  renseignements 
du  cercle  de  Fez  (suitc).     Afr.   Fr.  RC  1912,  209 — 217,  289 — 94. 

h)  Das  übrige  Afrika  und  die  Inseln. 

200.  Abyssinia,  Report  for  the  year  1911  on  the  Trade  of  Gambela.  Diplom,  and  Consul. 
Report  Nr.  5000. 


2  I  2  Kritische  Bibliographie. 

201.  Ardaillon,  T-ieviteii;int,   L'oasis  de  Djamt.     Afr.   Fr.   RC.    i<ji2,  321 — 336. 

202.  Beiträge  zur  Geschichte  der  Niedersächsischen  Familie  Röscher,  i.  Lebenslauf 
des  Dr.  Albrecht  Röscher  von  Heinrich  Röscher.  2.  Albrecht  Röscher,  Die  Er- 
forschung des  Niger  Stromes.  Als  Manuskript  gedruckt.  Hamburg,  L.  Friederichsen 
&  Co.,  1912.  132  S.  (Mit  I  Bildnis  von  A.  Röscher,  3  Karlen  und  19  Textfiguren.) 
Dies  Buch  ist  ein  Werk  der  Pietät.    Albrecht  Röscher  ist  der  berühmte  Entdecker 

des  Nyassa,  der  am  20.  März  1 860  im  Alter  von  24  Jahren  ermordet  wurde.  Sein  Bruder 
zeichnet  hier  liebevoll  sein  Streben  und  seine  Erfolge.  In  seinem  Nachlaß  fand  sich  eine 
Studie  über  den  Niger,  die  sich  gibt  als  »Versuch  einer  Kritik  sämtlicher  Schriftsteller, 
welche  als  Quellen  für  die  Kunde  dieses  Stromes  zu  betrachten  sind«.  Auch  die  arabischen 
Quellen,  Ihn  Batüta,  Ibn  Hauqal,  El-Bekri,  Edrisl,  Abul  Fidä, 
werden  verwertet,  weshalb  das  Buch  hier  genannt  wird.  In  der  Kritik  dieser  Quellen 
findet  sich  mancherlei,  das  noch  heute  wertvoll  ist,  wie  überhaupt  aie  ganze  Schrift  als 
bequeme  Orientierung  über  die  Entwicklung  des  Nigerproblems  bis  1854  den  Druck  wohl 
verdient  hat.  Dies  Werk  eines  iS  jährigen  läßt  uns  den  frühen  Tod  dieses  Forschers 
doppelt  bedauern.  C.  H.   B. 

203.  Carbou,  Henri,  Methode  praliqne  fyour  l'Etude  de  l'Arabe  f>arle  an  Ouaday  ei  a  l'Est  du 
Tchad.     Paris,  Geuthner,  1913,  251   S. 

Über  die  Araber  des  Tschadseegebietes  hat  man  seit  Barth  und  Nachtigal  eigent- 
hch    nur  von   Kampffmeyer   (MSOS  As.  II,    143  ff.)  und  von   Decose   et  Gaudefrov- 
Demombynes,  Rabah  ei  les  Arabes  du  Charit  erfahren.  Henri  Carbou  hat  nun  das  Problem 
von  der  ethnographischen  und  von  der  linguistischen  Seite  her  angefaßt.    Sein  zweibändiges 
ethnographisches  Werk  wird  hier  ausführlich  gewürdigt  werden.    Sein  sprachliches  Hand- 
buch erfüllt  ein  dringendes  Bedürfnis  und  wird  auch  in  deutschen  Kolonialkreiscn  mit 
Freuden  begrüßt  werden.    Es  ist  nicht  wissenschaftlichen  Dialektstudien  gewidmet;  denn 
es  kommt  nicht  die   Sprechweise  eines  bestimmten   Stammes  zur  Darstellung,   sondern 
vielmehr  die  arabische  xoivtj  des  Tschadseegebietes,   wie  sie  dort  von  Arabern  und  Nicht- 
arabern  gesprochen  wird.      So  dient  das  Büchlein  in  erster  Linie  der  Praxis,  aber  auch 
die  Wissenschaft  kann  sich  hier  zum  erstenmal  ein  ungefähres   Bild  von  diesem  neuen 
Zweige  des  arabischen  Sprachstammes  machen.     Eins  ist  auf  den  ersten  Blick  deutlich: 
Diese  Araber  kommen  nicht  aus  dem  Maghrib.    Ihre  Sprache  steht  der  Ägyptens  viel  näher 
als  der  Nordafrikas.    Die  alte  Tradition  einer  Einwanderung  von  Osten,  die  bei  allen  diesen 
Stämmen  lebt,  ist  also  richtig.    Natürlich  ist  die  Sprache  kein  reines  Ägyptisch;  sie  enlhült 
mancherlei  Eignes  und  Altertümliches,  aber  auch  fremde  Worte  und  Bildungen.     Eine 
sprachliche  Studie  kann  hier  nicht  gegeben  werden.    Der  Zufall  hat  gewollt,  daß  gleich- 
zeitig ein  anderer  Franzose,   Leutnant  R.  Derendinger  (s.  Nr.  207)  etwas  weiter  südlich 
an  die  gleiche  Aufgabe  ging;  so  erhalten  wir  eine  gewisse  Kontrolle.     Carbou  gibt  eine 
Grammatik  in  der  üblichen  Einteilung,  dann  einige  wenige  poetische  Texte  mit  Umschrift 
und  Übersetzung  und  schließlich  ein  sachlich  geordnetes  sehr  nützliches  Vokabular.    Praxis 
und  Wissenschaft  werden  ihm  aufrichtig  Dank  wissen.  C.   H.    B. 

204.  Carbou,  Henri,  La  Region  du.  Tchad  et  du  Ouadai.    Etudes  ethnographiques,  Dialeclc 
toubou.     Paris,  Leroux,   191 2,  2   Bd.   II,  380  S.,  279  S. 

Diese  sehr  wichtige  Publikation  wird  ausführlich  gewürdigt  werden. 

205.  Clozel,  Letlres  de  Korbous.    Politique  musulmane  au  Soudan.    Pacification  du  Sahara 
soudanais    (ä  suivre).     Afr.  Fr.   B.  32  (1913)  60 — 61. 

206.  Delafosse,    Maurice,    Tradiiions   musulmanes  relatives  a  l'origine  des  Penis  RMM 
XX,  242 — 267. 

Erschöpfende  Zusammenstellung  von  Legenden  nach  Art  der    oben  Bd.    III,  352  ff. 
mitgeteilten.     Vortreffliche  Arbeit.  C.  H.  B. 


Kritische  Bibliographie.  o  j  -> 

207.  Derendinger,  R.,  LcuUuuit,  Nülcs^sur  le  dialecte  arabe  JiiTchad.  RA  LVl  (1912), 
339—370. 

Gleichzeitig  mit  Carbou's  Handbuch  erscheinen  diese  Studien,  die  man  ebenso  wie 
die  Carbou's  um  so  höher  bewerten  muß,  als  die  Franzosen  meist  mit  maghribinisch- 
arabischcn  Kenntnissen  in  den  Sudan  kommen  und  sich  erst  in  den  »caractere  nettement 
bedouin  et  oricntal  du  vocabulaire«  eingewöhnen  müssen.  Derendinger's  Studien  sind 
an  den  Daqäqira-  und  Salamätarabern  Baghirmis  also  zwischen  dem  10  und  ii«  N.  B. 
gemacht.  Die  Rassenmischung  wird  als  Grund  der  Barbarisierung  des  Arabisch  dieser 
Stämme  dargestellt.  Der  Aufbau  seiner  Arbeit  erfolgt  nach  linguistischen  Gesetzen.  Das 
dominierende  Negerarabisch  führt  zu  zahllosen  phonetischen  und  grammatikalischen  Ver- 
einfachungen. Die  wichtige  Studie  wird  durch  einige  Textproben  beschlossen.  Dabei 
sind  von  größtem  Interesse  —  sprachHch  wie  sachlich  —  die  drei  Prosatextproben  S.  363  ff. 
Hier  berichten  nacheinander  einer  der  besten  arabischen  Gelehrten  des  Landes,  ein  Ver- 
treter der  eingewanderten  arabischen  Herrenschicht  und  ein  Mitglied  der  autochthonen 
Bevölkerung  über  die  Anfänge  des  Reiches  Baghirmi.  Ein  sehr  kurzes  nach  Sachen  ge- 
ordnetes Vokubular  beschließt  diese  lehrreiche  Arbeit.  C.  H.   B. 

208.  Ferrandl,  Leutnant,     Abeche,  capüale  du  Ouadai.     Afr.  Fr.  RC  191 2,  349 — 369. 

209.  Frobenius,  Leo,  Und  Afrika  sprach  II,  An  dt,r  Schwelle  des  verchrungswürdigcn 
Byzanz.  Mit  51  lllustr.  u.  Tafelbildern,  i  mehrfarb.  Tafel,  2  Kupferdr.  u.  4  Plänen. 
Vita,  Deutsches  Verlagshaus,     Berlin-Ch.  (19 13). 

Eine  ausführliche  Rezension  ist  in  Vorbereitung. 

210.  Gassita,  R.  N.,    L'islam  ä  l'tle  Maurice.     RMM  1912  XXI,  290—329. 
Umfassendes  statistisches  Material  über  die  islamische  Bevölkerung  der  Insel  Mau- 
ritius.   Religion,  Sekten,  Sprache,  Kultur,  Bildungsanstalten,  Vereine,  Zeitungen,  Handels- 
firmen usw.  Zahlreiche  Photographien  und  Karten.  Anhang  über  die  Zeitschrift  L'islamisme. 

H.   R. 

211.  Goulven,  J.,  L-  developpement des possessions  anglaisesde  l'Ouest  africain  en  1911 — 12. 
Afr.  Fr.  B.  32  (19 13)  26 — 34. 

212.  Griffini,  Dr.  Eugenio,  L'  Arabo  parlato  dclla  Libia,  Ccnni  grammaticalie  repertorio  di 
oltre  10  000  vocaboli,  frasi  c  viodi  di  dire  raccoüi  in  Tripolitania,  con  appendicc:  Primo 
saggio  di  un  elenco  alfabetico  di  tribii  della  Libia  italiana.   Milano,  Ulrico  Hoepli,  19 13. 

213.  Haut-Senegal-Niger,  (Soudan  Framjais),  Series  d'etudes  publiees  sous  la  direclion  de 
M.  le  Gouverneur  Clozel.  7^«  serie,  Delafosse,  Maurice,  Le  Pays,  les  Peuples,  les 
Langues,  l'Hisloire,  les  Civilisations.  3  Bde.  Paris,  Emile  Larose,  1912,  428,  42S, 
316  S. 

Dies  ungemein  wichtige  Werk  wird  ausführhch  gewürdigt  werden. 

214.  Humblot,  P.,  Une  ville-champignon  au  Foutadjallon:  Manion.  Afr.  Fr.  RC  1912, 
-97—3'"». 

215.  Largeau,  Colone!,  La  Situation  du  lerritoire  niilitaire  du  Tchad  audebut de  1912.  Afr. 
Fr.  RC  1913,  3—19,  73—91. 

216.  Mac  Michael,  The  Tribes  of  Northern  and  Central  Kordofän,  Cambridge,  University 
Press,  1912;  XV,  259  S.  8°.  (Cambridge  archaeological  and  ethnological  Series.) 
Ein  ganz  ausgezeichnetes  Werk  voll  einzigartiger   Informationen.   Die  historischen 

Überheferungen  der  arabischen  und  halbarabischen  Stämme  Kordofans,  die  das  Mittel- 
glied bilden  zwischen  den  Arabern  Ägyptens  und  denen  des  östlichen  Sudan,  sind  mit 
Sorgfalt  und  Kritik  gesammelt.  Alle  einschlägige  Literatur,  arabische  wie  europäische, 
ist  benutzt,  auch  lokale  historische  Handschriften  sind  verwertet.  Einem  kurzen  Abriß 
der  allgemeinen  Geschichte  Kordofans  folgt  die  Detailbehandlung  der  einzelnen  Stamm- 
gruppen.      Seit    Nachtigal    neben  Carbou    die  erste  völlig  originelle  und  autoritative 


2  i  A  Kritische  Bibliographie. 

Behandlung  der  arabischen  Stämme  des  östlichen  Sudan.  Möchte  dies  vortreffliche  Buch 
Schule  machen  !  Nur  mit  solchen  Vorarbeiten  kommen  wir  zu  einer  wirklichen  Geschichte 
Afrikas  und  der  arabischen  Wanderungen.  C.  H.   B. 

217.  Merlin,  M.,  Gouverneur  general  de  la  colonie,  La  Situation  generale  de  l' Ajrique  cqua- 
toriale  frangaise:  Discours  au  Conscil  de  gouvcrnement.     Afr.  Fr.  RC  1912,  337  bis 

345- 

218.  Modat,  Capitaine,  Une  iournee  en  pays  Fertil  (suite  et  fin).  Afr.  Fr.  RC  1912,  218 
bis  236;  270 — 289. 

\\'ichtige  Studie,  besonders  Abschn.    llf  L'histoire.  C.  H.   B. 

219.  Terrier,  Auguste,  La  poUce  frangaise  au  Sahara.    Afr.  Fr.  B.  23  (1913)  1 — 3. 

220.  Ponty,  Discours  du  gouverneur  general,  La  Situation  generale  de  V  Ajriqiie  occidentalc 
Fraiifaise.     Afr.  Fr.  RC  1912,  417 — 28. 

221.  Tremearne,  A.  J.  N.,  Major,  Hausa  Superstitions  and  Custonis,  anintroduction  to  Ihc 
Folk-lore  and  ihe  Folk,  with  41  Illustr.,  over  200  fig.  in  thc  tcxt  and  a  Map.  London, 
John  Bale,   Sons  &  Danielsson  Ltd.   191 3,  XV,  548  S. 

Der  Hauptinhalt  dieses  umfangreichen  Bandes  sind  Hausaerzählungen  in  Über- 
setzung (Bd.  II  soll  die  Originale  enthalten).  Ihnen  voran  geht  eine  im  wesentlichen  diesen 
Erzählungen  entnommene,  aber  aus  anderen  Quellen  und  durch  eigene  Beobachtung  er- 
gänzte Darstellung  der  Sitten  und  Gebräuche  der  Hausa  (S.  i — 182).  Fast  alle  Hausa 
sind  Muhammedaner;  trotzdem  lebt  bei  ihnen  noch  das  ganze  vorislamische  Heidentum; 
nur  diesem  gilt  das  Interesse  des  Verf.  Vom  Islam  weiß  er  wenig,  und  doch  wäre  es  wichtig 
festzustellen,  was  z.  B.  im  Eherecht  islamischer  Import,  was  alte  Volkssitte  ist.  Das  Verbot 
zwei  Schwestern  gleichzeitig  zu  heiraten,  ist  gewiß  islamisch,  erscheint  aber  auf  einer 
Stufe  mit  altheidnischen  Familiensitten.  Auch  im  Zauberwesen  gehen  die  alten  Bräuche 
und  der  höhere  Zauber  des  Islams  bunt  durcheinander.  Jedenfalls  wird  eine  künftige 
Darstellung  des  Islams  der  Hausa  mit  dem  hier  aufgespeicherten  Rohmaterial  zu  rechnen 
haben.  Auch  bei  den  Erzählungen  \\ird  man  kritisch  scheiden  müssen,  allerdings  ist  das 
sehr  schwer.  C.  H.   B. 

VIII.  Islam  und  Mission. 

222.  Awetaratlian,  P.  Joh.,  Die  nndiammedanischen  Weissagungen  vom  Fall  Konstantinopels, 
vom  Mahdi  und  vom  Antichrist.  »Der  christl.  Orient  u.  d.  Muhammedaner-Mission« 
XIV,  2. 

A.  teilt  nach  einer  kurzen  Einleitung  aus  den  türkischen  Volksbüchern  Ahmedtye 
und  I\Io//ammedTye,  die  sich  mit  den  bekannten  Vorstellungen  von  den  letzten  Dingen 
befassen,  zwei  Abschnitte,  »Die  Vorzeichen  des  jüngsten  Tages«  und  »Das  Auftreten  der 
Beni  Asfer  und  der  Fall  Konstantinopels«,  in  Übersetzung  mit.  E.  G. 

223.  Bury,  Wyman,  Capt.  (Abdullah  Mansur),  Islam   and  Civilizatiou.    MW  April  19 13, 

140,  14S. 

Allerhand  in  Südarabien  gesammelte  Erfahrungen  veranlassen  den  \'erf.  zu  der  etwas 
allgemeinen  These:  Zivilisation  und  Islam  können  keine  Verbindung  eingehen  ohne  Nach- 
teil für  beide.  H.   R. 

224.  Carr  D.  W.,      Evaugclization  oj  the  Bakhtiaris.    MW  Jan  1913,  47 — 51. 

225.  Clair-Tisdali,  W.  St.,    An  english  apologist  for  Islam.    MW  April  1913,  128 — 139. 
Ablehnende  Besprechung  von  Leeder's  Islamapologetik:   Veiled  Mysteries  0)  Egypt 

and  the  Religion  of  Islam.    »Was  richtig  ist,  ist  niciit  neu,  und  was  neu  ist,  ist  nicht  richtig.« 

H.  R. 

226.  Descriptive  Guide  lo  thc  Nile  Mission  Press  Publications  suitable  jor  Workers  among 


Kritische  Bibliographie.  21'^ 

Moslems,  Jews  and  Christians.    31   S.      New  York  (1913).      The  Nile  Mission  Press, 

Cairo,  Egypt. 

Dieser  Kaftilog,  der  jedem  Interessenten  gratis  und  franko  zugesandt  wird,  gibt 
einen  kleinen  Begriff  von  den  immerhin  beachtenswerten  Versuchen,  außer  durcli  die 
Bibel  auch  sonst  auf  literarischem  Wege  die  Leute  arabischer  Zunge,  und  zwar  Anhänger 
aller  drei  Religionen  gleicherweise,  missionarisch  zu  beeinflussen.  S.  26/7  sind  auch  einige 
enghsche  Bücher,  S.  28/9  einige  Khutben  in  asiatischen  Sprachen,  eine  auch  in  Suaheli 
zu  gleichen  Zwecken  angezeigt.     S.  31   verzeichnet  die  Mitarbeiter  an  dem  Werk. 

M.  H. 
227—230,  Gairdner,  Rev.  W.  H.   T.,   The  vital  forces  oj  Christianity  and  Islam.     IRM  I. 

[    Jan.   1912,  44—61- 

Shedd,  Rev.  W.  A.,  D.  D.,  Dasselbe  II.     IRM   I.  2  April  1912,  279 — 293. 
Simon,  Gottfried,  Pastor,  Dasselbe  III.     IRM.   I.  3  Juh  1912,  452 — 473. 
Crawford,     Professor  J,  Stewart,  Dasselbe  IV.  IRM  1.  4  Oktober  1912,  6oi- — 617. 

Unter  dem  wohl  an  J.  W'arneck's  »Die  Lebenskräfte  des  Evangeliitms<<  anknüpfenden 
Titel  bringt  das  neue  Organ  des  Continuation  Committee  der  Edinburger  Weltmissions- 
konferenz, ihe  International  Reviiiv  of  Missions,  in  den  vier  Heften  des  ersten  Jahrgangs 
je  einen  Aufsatz  über  den  Islam  aus  der  Feder  von  berufenen  Missionsarbeitern_  Während 
Simon  im  einzelnen  nachzuweisen  sucht,  wie  die  evangelische  Botschaft  der  islamischen 
überlegen  ist,  und  Shedd  im  ganzen  nur  Eindrücke  wiedergeben  will,  bemühen  sichG.MRDNiiR 
und  Crawford  um  eine  möglichst  objektive,  theoretische  Wertung  der  islamischen  Gedanken 
und  Institutionen.  Crawford's  Ausführungen  besonders  sind  ein  glänzendes  Zeugnis  meister- 
haften Einfühlens  in  die  religiösen  Empfindungen  anderer,  wie  es  wohl  nur  bei  so  langem 
Aufenthalt  im  Lande  möglich  ist.  Auf  dem  Missionsfelde  geboren  und  aufgewachsen, 
war  er  15  Jahre  Missionar  und  wirkt  seit  10  Jahren  als  teacher  of  the  Bible  and  ethics 
am  Syrian  Protestant  College  in  Beirut. 

Die  Unterschiede  in  der  Beurteilung  erklären  sich  z.  T.  aus  der  Verschiedenheit 
des  Beobachtungskreises:  Simon  war  in  Sumatra,  Shedd  ist  in  Persien,  Gairdner  in  Ägypten, 
Crawford  in  Syrien  tätig.  Doch  weichen  die  Verf.  auch  in  ihrer  Auffassung  des  Begriffes 
»Lebenskräfte«  voneinander  ab.  Nach  Simon,  dem  Verf.  von  »Islam  und  Christentum <' 
(vgl.  Islam  I.  104)  besitzt  der  Islam  zwar  noch  propagandistische  Kraft  gegenüber  dem 
Heidentum  in  seinern  Gottesglauben,  aber  keine  Lebenskräfte  im  Sinne  des  Evangeliums. 
Shedd  betont  für  die  Shi'a  die  besondere  Bedeutung  des  Imamglaubens  und  des  Autoritäts- 
verhältnisses zwischen  mudjtahid  und  murid.  Übereinstimmend  bewerten  Gaird^jer  und 
Crawford  (z.  T.  auch  Shedd)  neben  dem  Gottesglauben  die  Persönlichkeit  des  Muhammed 
der  Tradition,  das  Einheitsbewußtsein  der  Gläubigen  und  die  dhikr- Übungen  als  religiös 
wirksam.  Crawford  allein  aber  reiht  dem  noch  adhän,  salät,  qibla  und  säum  an,  die  als 
»Channel  for  religious  activity«  wirkliche,  nur  zu  oft  unterschätzte  religiöse  Bedeutung 
besitzen.  Er  erkennt  auch  die  pohtische  Ungefährlichkeit  des  Panislamismus  und  wünscht 
ein  Zusammenarbeiten  mit  den  ernstgesinnten  Muslimen  auf  moralischem  Gebiet.  Die 
Überzeugung,  daß  gegenüber  dem  Islam  der  Tatbeweis  zu  führen  und  alle  Lehrkontro- 
versen möglichst  zurückzustellen  sind,  ist  Gemeingut  aller  Beurteiler.  M.  H. 

231.  Gardner,  W.  R.  W.,    Ajter  the  war.     MW  April  1913,  120^—127. 

232.  Hartmann,  Martin,   Islam,    Mission,   Politik.     Leipzig,    Otto  Wigand,    19 12,    XVII, 

162  S.      12°. 

Wiederabdruck  der  Aufsätze:  Mission  und  Kolonialpolitik  (KR  191 1),  Dj,e  Mission 
und  die  Kulturvölker  Vorderasiens  (ib.  191 2)  und  Die  Eroberung  der  Islamwelt,  eine  fran- 
zösische Beleuchtung  der  angelsächsischen  und  germanischen  protestantischen  Missionen 
(Internat.  Monatsschr.  1912,  Heft  10).    Das  Vorwort  enthält  eine  ausführliche  Auseinander- 


2i6  Kritische  Bibliographie. 

setz.ung  mit  meiner  Kritik  Hartmann's  in  ARW  XV.  Da  wir  nun  beide  zu  Wort  gekommen, 
sind  und  keiner  seinen  Standpunkt  ändern  wird,  erübrigt  sich  eine  weitere  Erörterung. 
Das  ganze  Buch  trägt  von  dem  ersten  bis  zum  letzten  Wort  den  charakteristischen 
Stempel  einer  eigenartigen  Persönhchkeit.    (Bespr.  von  L.  Bouvat  RMM  XXI  366 — 370.) 

C.  H.   B. 

233.  Kittlaus,  Ed.,  Die  Mission  des  Islam,  Mittlgn.  Geogr.  Ges.  zu  Jena.  Bd.  30  (1912) 
1S7 — 194.     Mit  3  Karten  auf  einer  Tafel. 

Es  handelt  sich  hauptsächlich  um  Islamgeogr.aphie  auf  Grund  ausschheßlich  missio- 
narischer Quellen.  Studiert  sind  besonders  die  malaischen  Inseln  (nach  Simon)  und  Afrika 
(nach  Klamroth,  Würz  und  Kumm).  Der  Text  wird  durch  zwei  Karten  dieser  Gebiete 
und  eine  dritte  Gesamtkarte  illustriert.  Darauf  sind  Zentralasien  und  einzelne  Gebiete 
Afrikas  wohl  nicht  ganz  richtig,  doch  sind  die  Karten  im  allgemeinen  brauchbar.  Einige 
allgemeine  Fragen  (Warum  und  wie  treibt  der  Islam  Mission?)  gehen  voran.  Einseitiger 
Missionsstandpunkt.     Vom  Islam  fehlt  dem  \'crf.  jede  selbständige  Kenntnis. 

C.  H.  B. 

234.  Klamroth,  M.,  Islam.  Korrespondenzblatt  für  die  evangelischen  Missionen  Deutsch- 
ostafrikas.    Nr.  3,  Nov.   1912. 

Missionssuperintendent  Klamroth  berichtet  über  zwei  arabische  Drucke,  die  er  bei 
einem  Scheich  in  Daressalam  fand,  mit  dem  er  häufiger  disputiert.  Es  sind  dies:  i.  Niigüm 
al-miihtadin  wa  riigüm  al-mit'ladin  von  Yüsuf  b.  Ismä'ii  an-Nabhäni  (vgl.  »Der 
Islam«  II,  25).  2.  I^här  al-haqq,  das  Werk  des  indischen  Eiferers  Rahmal  Allah  (Snouck 
IIuRGRONjE  Mekka  II,  233;  Brockei.mann  II,  504).  Titel  und  Verfassernamen  sind  sehr 
fehlerhaft  wiedergegeben.  — Weiter  wird  mitgeteilt,  daß  einige  walimu  in  Udjidji  für  das 
laufende  Jahr  den  Weltuntergang  vorausgesagt  haben;  auch  ist  im  Süden  der  Kolonie  ein 
»Tunis-Brief«  aufgetaucht,  in  dem  die  Ilerabkunft  Jesu  und  die  muhammedanischc  ^^'clt- 
herrschaft  noch  vor  Ablauf  der  nächsten  15  Jahre  angekündigt  werden.  Die  Ereignisse  auf 
dem  Balkan  werden  von  Arabern  und  Indern  mit  unruhiger  Spannung  (wohl  etwas  zu 
stark  ausgedrückt)  verfolgt;  dabei  sei  übrigens  bemerkt,  daß  hier  die  in  Sansibar  erschei- 
nende Zeitung  »el  Nadja«  (=  aii-nagäh)  eine  gewisse  Rolle  zu  spielen  scheint,  die  die  Ver- 
breitung lügenluiflcr   Berichte  über  türkische  Erfolge  betreibt.  E.  G. 

235.  Mitchell,  Loretta  A.,      The  sorroic  oj  Egypl.     MW  Jan.   1Q13,  64—66. 

Allerlei  Material  zur  Beleuchtung  der  durch  die  häufigen  Ehescheidungen  bedingten 
traurigen  sozialen  Stellung  der  muslimischen  Frauen  in  l'>gypten.  H.  R. 

236.  Nielsen,  Alfred,  Skolemission  i  Syrien  og  Palceslina.  Nordisk  Missionstidsskrift  15. 
Oktober    1912,  Heft  V  p.  215 — 26. 

Der  \'erf.  berichtet  über  zwei  Konferenzen  der  \-crschiedencn  (18)  protestantischen 
Missionsgesellschaften  in  Syrien  und  Palästina.  Auf  der  einen  Konferenz  haben  die  Ge- 
sellschaften (darunter  eine  schwedische  und  eine  dänische)  einen  Verband  »The  Missionary 
Educational  Union  of  Syria  and  Palestine«  gebildet.  Man  wirkt  durch  ärztliche  Tätigkeit 
und  geordnetes  Schulwesen.  Die  Schulen,  hauptsächlich  mit  Englisch  als  Unterrichts- 
sprache, haben  ca.  20  000  Schüler.  Wie  viele  von  den  Kindern  muhammedanische  Eltern 
haben,  wird  nicht  angegeben.  Übrigens  bekommt  man  aus  den  dänischen  Berichten  \on 
der  Muhammedanermission  (»Fra  Arabien«,  Berichte  aus  der  dänischen  Kirchenmission 
in  Südarabien;  »Fra  Österlandsmissionen«  aus  Syrien)  den  Eindruck,  daß  die  Bevölke- 
rung die  kulturelle  Tätigkeit  der  Missionare  ziemlich  freundlich  aufnimmt;  aber  von  Er- 
folgen auf  religiösem  Gebiet  hört  man  sehr  wenig.  J.  P. 

237.  Nuesch,  Valentin,  Missionssekretär,  Der  Islam  ein  Konkurrent  des  Christentums. 
Illustrierte  Flugschrift  des  allgemeinen  evang.-protestant.  Missionsvereins,  herausg. 
vom  Schweizerischen  Landesverein.     Zweisimmen,  E.   Blessing,     32  S. 


Kritische  Bibliographie. 


217 


Kurze  Darstellung  von  Muhammeds  Leben  und  Lehre  i^S.  i  — 17)  und  der  Art  und 
Weise  der  Ausbreitung  des  Islams  einst  und  jetzt  (S.  17 — 27).  »Er  ist  kein  Wegweiser 
auf  das  Christentum«  (S.  28).  Darum  intensivere  Heidenmission  geboten,  um  seiner  Kon- 
kurrenz zu  begegnen.  Irrtümlich  ist  die  Schreibung  des  Namens  I  b  n  T  ü  1  ü  n  (S.  7). 
Die  Anstandssitte,  nicht  von  der  Frau  zu  reden,  ist  doch  noch  kein  Beweis  für  ihre  tiefe 
Stellung!  (S.  1-;.)  Den  Islam  fast  in  einem  Atem  »eine  Kloake«  und  Konkurrent  des 
Christentums  zu  nennen  (S.   19)  sollte  man  vermeiden.  M.  H. 

238.  Potter,  J.  L.,  Relis.ions  Liberty  in  Persia.     MW  Jan.    19 13,  41 — 4'"-. 

239.  Shedd,   W.  A.  0.  D.,  The  in-fliiencc  oi  a  Mohammedan  euviroiinient  on  the  Mis<-ionary 

MW   1913   Jan.   III,    I,   5 — 10. 

240.  Simon,  G.,  Missionar,   Der  islamische  Gottesbegriff  und  die  christliche  Trinilät.    AMZ 
XXXIX,   Heft  lo/ii,  Okt./Xov.   1912,   S.  433—440,  481—489. 

Simons  .Ausführungen  berühren  den  Leser,  auch  wo  er  vielleicht  noch  anders  ur- 
teilen würde,  darum  so  angenehm,  weil  sie  sich  durchweg  auf  gründlicher  Sachkenntnis 
aufbauen.  Er  sieht  im  Gottesglauben  »die  eigentlichen  Elemente  der  religiösen  Kraft 
des  Islams«  (S.  438),  findet  aber,  daß  er  gerade  seiner  Transzendenz  wegen  das  Weiter- 
bestehen des  Animfsmus  (bei  jungbekehrten  Völkern),  Polytheismus  (Propheten-  und  Hei- 
ligenverehrung) und  Pantheismus  (in  der  Mystik)  ermöghcht  und  befördert,  zudem  eines 
sittlichen  Prinzipes  entbehrt,  an  dessen  Stelle  einzelne  religiöse  Vorschriften  betreten 
sind.  Diese  Mängel  zu  decken  und  dem  vom  Islam  erstrebten  Ideal  gerecht  zu  werden, 
vermag  nur  die  trinitarische  Anschauung.  So  bildet  der  zweite  Teil  eine  Apoloo-ie  der 
Trinität  gegenüber  dem  Unitarismus,  als  dessen  typischer  Vertreter  der  Islam  erscheint. 

M.  H. 

241.  Simon,  Missionar,   Wieivirkt  der  Islam  in  religiös-kultureller  Beziehung  auf  die  kultur- 
armen  Völker?        Rhein.  Missionsschriften  Nr.   146.     15   S. 

Ein  knappes,  aber  anschauHches  Bild  des  »Heidenmohammedaners«  auf  Sumatra, 
wie  es  sich  dem  Verf.  während  seiner  elfjährigen  Wirksamkeit  dort  eingeprägt  und  wie 
er  es  in  seinem  Buche  »Islam  und  Christentum«  eingehender  begründet  hat.  Für  weiteste 
Missionskreise  bestimmt.  Tendenz:  »Nicht  einmal  Anregungen  oder  Ansätze  zur  kultu- 
rellen Erziehung,  geschweige  denn  zur  religiösen  Vertiefung  gehen  von  dem^  Islam  aus; 
er  erweist  sich  überall  als  ein  hemmendes,  störendes  Element«  (S.  3).  M.  H. 

242.  Simon,  Gottfried,  The  religions  and  civilizing  influence  of  Islam  upon  the  backward 
races  translated  from  the  German  by  Miss.  E.  J.  .M.  Boyd,  MA.,  MW  Okt.  1912 
II  4,  387—404. 

243.  Simon,  Missionar  und  Pastor,    Die  gegenwärtige  Krisis  in  der  Mohammedanermission, 
Rhein.  Missionsschriften  Nr.   146.      Barmen,  Verlag  des  Missionshauses.     31    S. 
An  den  gleichen  Leserkreis  gerichtet  wie  das  vorige  und  wie  dieses  mit  einigen  Bildern 

versehen,  von  denen  aber  das  auf  S.  22  »Mädchenschule  in  Persien«  mit  seinen  fünf  Neger- 
köpfen in  Wirklichkeit  »Girls  sewing  School  at  Doleib  Hill«  am  weißen  Nil  darstellt  (vgl. 
D.  Westermann,  The  Shilliik  people  p.  XLVIII/XLIX). 

Kurzer  Überblick  über  den  gegenwärtigen  Zustand  und  die  neuerliche  Ausbreitung 
des  Islam  in  England,  Rußland,  der  Türkei,  Persien,  Nordafrika  (teilweise  Wiedergabe 
von  SidiAhmed's  Aufruf  nach  Graefe  Islam  III.  146),  China,  Japan,  Englisch-  und 
Niederländisch-Indien,  Ägypten,  West-  und  Ostafrika.  Aufruf  zu  emsiger  Gegenarbeit 
m  Wortverkündigung  und  ärztlicher  Hilfeleistung  und  zu  rechtzeitiger  Erziehung  ge- 
festigter heiden-christlicher  Volkskirchen  wie  in  Uganda  und  Sumatra.  M.  H. 

244.  Simon,  G.,  Missionar,  Die  Lebenskraft  des  Islam  im  Lichte  des  Evangeliums.   Rheinische 

Missionsschriften  Nr.   161.      Barmen  1913.     23   S. 

Ein  weiteres  Heftchen  des  unermüdlich  auf  Verbreitung  einer  anschauhcheren  Kennt- 
Islam.     IV. 


2i3  Kritische  Bibliographie. 

nis   des  Islam  bedachten  Verf.:    Deutsche  Übersetzung   bzw.  Vorlage  des  obigen  Artikels 
aus  »The  Internat.   Rev.  of  Miss.«  M.  H. 

245.  Schultze,  Erich,  5o//  Deutsch-Ostalrika  christlich  oder  mohammedanisch  werden}  Eine 

Frage  an  das  deutsche    Volk,  zugleich  ein    Wort  der  Aufklärung  über  die  Gefahr  der 

Islamisieriing  unserer  größten  Kolonie  und  den  einzigen  Weg  zu  ihrer  Rettung.     Berlin, 

Berliner  ev.  Missionsgesellschaft  191 3,  66  S. 

Temperamentvoll  geschriebene,  gut  orientierte  Einführung  in  das  schwierige  Problem 
der  Islampolitik.  Nach  einem  kurzen  Überblick  über  die  Geschichte  des  Islams  in  Ost- 
afrika  werden  die  einzelnen  Bezirke  auf  die  Rolle  hin,  die  der  Islam  in  ihnen  spielt,  durch- 
gesprochen. Dann  wird  die  Frage  der  Gefahr  für  Staat  und  europäische  Zivilisation  er- 
örtert und  bejaht.  Die  zweite  Hälfte  der  Schrift  behandelt  die  Wege  zur  Rettung.  Die 
\'orschläge  des  Referenten  auf  dem  Kolonialkongreß  werden  im  wesenthchen  rezipiert 
und  die  Schaffung  christlicher  Negerkirchen  als  realisierbares  Ziel  hingestellt.  Nach  einem 
Überblick  über  die  vorhandenen  Missionskräfte  wird  die  rehgiöse  Bekämpfung  des  Islam 
als  eine  rein  missionarische,  nicht  staatliche  Aufgabe  hingestellt  und  die  Aufgaben  der 
Mission  im  einzelnen  erörtert.  Trotz  Abweichungen  im  einzelnen  kann  ich  Schultze's 
Schrift  nur  aufs  wärmste  empfehlen.     Sie  ist  wirklich  gut.  C.  H.   B. 

246.  Stern,  Missionssuperintendent,  Der  Kampf  mit  dem  Islam  im  Innern  von  Deutsch- 
Ostafrika.     Missionspädagogische  Bl.itter  i.  Nr.  2,  25 — 32.     Bethel  b.   Bielefeld. 
Verf.  hat  10  Jahre  in  l'nyamwezi  geweilt  und  versichert  uns  »aus  dem  Vergleichen 

der  alten  Zeit«  der  Araberherrschaft  »mit  der  neuen«,  d.  h.  der  deutschen  Herrschaft, 
manches  für  den  Kampf  mit  dem  Islam  gelernt  zu  haben.  Doch  berichtet  er  uns  hier  leider 
nicht  von  neuen  wertvollen  Einzelbeobachtungen,  sondern  gibt  eine  im  Stile  pragmati- 
scher Geschichtsbetrachtung  gehaltene,  erbauliche  Schilderung  von  dem  Eindringen  des 
Islams  und  der  Art  seines  Auftretens,  hält  sich  auch  nicht  ganz  frei  von  Widersprüchen. 
Sehr  störend  sind  die  immer  wiederkehrenden  Druckfehler:  »Kisuaheh«  (als  Bezeichnung 
der  Küstenleute)  und  »Wanzema«.  M.  H. 

247.  Watson,  Charles  R.,  Themoslem  of  Sumatra  as  a  Type.     MW  April  IQ13,   159 — 169. 
Lobende   Besprechung  und  ausführliche  Inhaltsangabe  von  G.    Simon's   Buch:  The 

Progress  and  Arrest  of  Islam  in   Sumatra. 

248.  Wellejus,  H,,  Fra  Kampen  mod  Islam,   Billeder  fra  Batak-Missionen,  Missionsbiblio - 
thekets  i — 2  Hefte,  Köbenhavn  1912.     61   S. 

»Aus  dem  Kampfe  gegen  den  Islam«  bietet  eine  geschichtliche  Übersicht  über  die 
christliche  Mission  unter  dem  Batakvolke,  wie  sie  durch  die  englisch-amerikanische,  die 
holländische  und  die  rheinische  Missionsgesellschaft  getrieben  ist.  Demgegenüber  wird 
das  Vordringen  des  Islam  und  die  Lage  in  den  gemischten  Gebieten  beschrieben.  Die 
Aussichten  für  diesen  Kampf  werden  in  einem  besonderen  Kapitel  erwogen,  und  der  Verf. 
kommt  zu  einem  für  die  christliche  Mission  sehr  optimistischen  Resultat.  Eine  objektive 
Darstellung  darf  man  hier  nicht  suchen,  aber  auch  keine  selbständige.  Besonders  ist  die 
Kenntnis  des  Verf.  vom  Islam  sehr  oberflächlich  und  ungenau.  J.  P. 

249.  Westermann,  Prof.,  Islam    in    the  West  and  Central  Sudan.     IRM  I    Nr.  4,  Oktober 

1912,  618 — 653.    Mit  Karte   »Islam  in  Afrika«  von  Bernhard  Struck. 

Historischer  Überblick  (die  drei  islamischen  Völker  Mandingo,  Hausa  und  Fula 
als  Träger  der  weiteren  Propaganda  des  Islam)  und  Versuch  einer  Statistik  des  heutigen 
Standes  der  Islamisierung.  Anschauliche  Darstellung  der  politischen  und  sozialen  Mo- 
mente, welche  bisher  die  Ausbreitung  des  Islam  bedingten,  und  Angabe  der  Hauptgründe, 
die  noch  heute  zur  Annahme  des  Islam  führen.  Weiteste  Anerkennung  der  pohtischen, 
sozialen  und  kulturellen  Bedeutung  des  Islam,  aber  entschiedene  Betonung  seiner  morali- 
schen Unzulänglichkeit  und  Unfähigkeit  zu  religiöser  Entwicklung  aus  eigener  Kraft. 

M.  H. 


V(\' 


Animismus  und  Dämonenglaube  im  Unter- 
grunde des  jüdischen  und  islamischen  ritu- 
ellen Gebets. 

Von 

A.  J.  Wensinck. 

Die  Bestimmungen  über  das  rituelle  Gebet  bei  Juden  und  Mu- 
hammedanern  haben  fast  alle  ihren  Grund  in  Dämonenfurcht,  die 
ihrerseits  in  den  meisten  Fällen  auf  animistische  Anschauungen  zu- 
rückgeht. 

Der  Dämonenglaube  ist  uns  aus  den  Literaturen  der  semitischen 
Völker  bekannt;  dennoch  glaube  ich,  daß  er  noch  wirksamer  gewesen 
ist,  als  bisher  angenommen  wurde.  Die  animistische  Sphäre  aber, 
die  hinter  der  dämonischen  schwebt,  ist  von  den  Forschern  auf  semi- 
tischem Gebiet  noch  sehr  wenig  beachtet  worden.  Wichtig  ist  hier 
Eerdmans'  Rektoratsrede,  welche  in  Theologisch  Tydschrift,  1913, 
S.   112  ff,  abgedruckt  worden  ist. 

Der  Übergang  vom  Animismus  zum  Dämonenglauben  ist  ein 
allmählicher  und  sehr  naheliegender,  wie  ich  versuchen  werde  im  nach- 
stehenden mit  Beispielen  zu  beleuchten.  Der  Übergang  vom  Ani- 
mismus zum  Geisterglauben  ist  denn  auch  in  anderen  Religionen 
schon  nachgewiesen  worden  ^). 

Im  folgenden  wird  bei  den  verschiedenen  Bestimmungen,  die 
beim  Gebet  gelten,  deren  dämonologischer  Untergrund  nachzuweisen 
versucht.  Dann  wird  dieser  auf  animistische  Anschauungen  hin  ge- 
prüft. 

I. 

Die    Vorbereitungen    zum    rituellen    Gebet. 

Eine  Vorbedingung  zur  Verrichtung  eines  gültigen  Gottesdienstes 
ist,  daß  man  kultisch  rein  sei.     Bei  der  Besprechung  der  kultischen 


0  Kruyt,  Het  Aniviisme  in  den  indischen  Archipel  (Haag  1906),  S.  78,  246.  Vor 
allem  sind  zu  vergleichen  De  verspreide  geschriften  van  G.  A.Wilken  (ed. van  Ossenbruggen)»' 
III,  231  ff. 

Isbm.     IV.  16 


2  20  A.  J.  W  e  n  s  i  n  c  k , 

Reinheit  findet  man  in  den  einschlägigen  Werken  auf  semitistischem 
Gebiet  noch  immer  die  Freude  an  Sauberkeit  als  Urgrund  der  be- 
treffenden gesetzlichen  Bestimmungen  angegeben.  Schon  Schwally 
hat  in  seinem  Buche:  Das  Leben  nach  dem  Tode  gegen  diese  Auf- 
fassung mehrfach  Einspruch  erhoben.  Sie  ist  denn  auch  wissen- 
schaftlich unhaltbar;  auf  zahlreiche  Fälle  läßt  sie  sich  überhaupt  gar 
nicht  anwenden.  Oder  wird  man  durch  den  Schlaf  oder  den  Verlust 
des  Bewußtseins  etwa  schmutzig.?  Und  doch  verursachen,  diese  Zu- 
stände kultische  Unreinheit.  Vielleicht  kann  man  die  kultische  Unrein- 
heit so  definieren:  Alles,  was  und  jeder,  der  in  Ver- 
bindung s  t  c  h  t  m  i  t  \V  i  r  k  u  n  g  e  n  ,  K  r  ä  f  t  e  n  u  n  d  K  u  1  - 
ten,  \\' eiche  als  mit  dem  Monotheismus  unver- 
einbar erachtet  werden,  ist  kultisch  unrein. 
Diese  Unreinheit  kann  in  einigen  Fällen  aufgehoben  werden.  Das  Mit- 
tel dazu  ist  Waschung  mit  Wasser.  Goldziher  hat  ein  reiches  Mate- 
rial zusammengebracht,  aus  welchem  hervorgeht,  daß  nach  semiti- 
scher Anschauung  Wasser  Dämonen  abwehrt  ^).  Auf  diesem  Glau- 
ben beruht  m.  E.  auch  die  Verwendung  des  Wassers  zur  Entfernung 
der  kultischen  Unreinheit,  denn  letztere  steht  mit  Kräften  in  Verbin- 
dung, welche  für  dämonisch  gehalten  werden.  Hier  folgen  die  Bei- 
spiele insofern  sie  sich   auf  das  rituelle  Gebet  beziehen. 

I.  Das  Geschlechtsleben.  Die  Wirkung  des  Ge- 
schlechtslebens verursacht  im  Judentum  sowie  im  Islam  kultische 
Unreinheit. 

Für  das  A.  T.-hche  Zeitalter  ist  z.  B.  Lev.  15  zu  vergleichen. 
Für  die  spätere  Zeit  z.  B.  Mischna,  Berakot,  III,  4:  »Wer  eine  Pol- 
lution gehabt  hat,  denkt  [das  Glaubensbekenntnis]  in  seinem  Herzen. 
Er  darf  die  Beraka*s,  welche  vorhergehen  und  folgen,  nicht  rezitieren  2). « 

Daß  dieses  Verbot  sich  auf  das  Gebet  erstreckt,  geht  aus  Ber. 
III,  5  und  aus  der  bab.  Gemara  zu  beiden  Mischnastellen  hervor. 
Diese  Bestimmungen  finden  sich  auch  im  Islam  3). 

Wie  sind  nun  diese  Bestimmungen  zu  erklären?  Daß  hier  ur- 
sprünglich der  Gedanke  an  »Schmutz«  oder  dergleichen  wirksam  ge- 
wesen sein  sollte,  das  wäre  sogar  für  uns  kaum  zu  verstehen,  die  wir 
doch  mehr  auf  Sauberkeit  halten  als  die  Orientalen.  Man  hat  viel- 
mehr .das  Geschlechtsleben  als  zu  fremdem  Kult  gehörig  aufgefaßt 
und  somit  für  dämonisch,  kultisch  unrein  gehalten.     Das  kann  nicht 


1)  Archiv  f.  Religionswissenschaft  191  o,   S.  20  ff. 

3)  Nawawi,  Minhädj,  ed.  v.  d.  Berg,  I,  32.     Juynboll,  Handbuch,  S.  71  ff. 


Animismus  und  Dämonenglaube  usw.  221 

wundernehmen;  sind  doch  Daten  für  diese  Auffassung  in  Menge 
vorhanden.  Das  Geschlechtsleben  stand  im  semitischen  Heidentum 
unter  dem*Schutze  gewisser  Götter  und  war  ihnen  somit  geweiht. 
Die  männlichen  und  weiblichen  Prostituierten  bei  den  palästinischen 
und  babylonischen  Heiligtümern  sind  ja  bekannt  genug.  Ich  brauche 
darüber  kein  Wort  zu  verlieren.  Weil  nun  der  betreffende  Gott  für 
den  Monotheismus  Dämon  geworden  ist,  so  ist  auch  sein  Kult,  das 
Geschlechtsleben,   dem  Monotheismus  dämonisch. 

Die  sakrale  Auffassung  des  Geschlechtslebens  liegt  aber  tiefer  als 
das  Heidentum;  sie  wurzelt  im  Animismus.  Schon  G.  A.  Wilken  ^) 
hat  sie  mit  dem  Ahnenkult  in  Zusammenhang  gebracht.  Ich  kann 
noch  Kruyt  anführen,  der  gezeigt  hat,  daß  die  geschlechtliche  Be- 
tätigung im  Animismus  als  unerläßliche  Pflicht  gilt.  Die  Ent- 
haltung gilt  als  tadelnswert  und  verursacht  im  Jenseits  für  die 
betreifende  Person  allerhand  Unannehmlichkeiten  ^).  Es  ist  hier 
nicht  der  Ort,  auf  diese  Anschauungen  näher  einzugehen:  es  genügt 
für  meinen  Zweck,   sie  nachgewiesen  zu  haben. 

2.  D  e  r  S  c  h  1  a  f .  Wer  geschlafen  hat,  ist  zur  Beteiligung  am 
Gottesdienste  unfähig;  er  ist  »unrein«;  nur  eine  Waschung  mit  Wasser 
kann  ihn  kultfähig  machen. 

a)  Im  späteren  Judentum  ist  es  Vorschrift,  nach  dem  Er- 
wachen und  vor  dem  Morgengebet  sich  zu  waschen  3). 

Schon  in  talmudischer  Zeit  war  das  so,  wie  aus  folgender  Stelle 
hervorgeht :  »Du  sollst  dein  Untergewand  morgens  nicht  aus  der  Hand 
des  [ungewaschenen]  Dieners  annehmen  und  anziehen,  noch  dir  die 
Hände  waschen  durch  Vermittelung  dessen,  der  seine  Hände  nicht 
gewaschen  hat... .weil  Taksephit,  man  sagt  auch  Istalganit,  Engel 
des  Verderbens,  auf  den  Menschen  lauern  und  sagen:  Sobald  sich 
ein  Mensch  eins  dieser  Dinge  zu  schulden  kommen  läßt,  wird  er  ge- 
fangen 4).«  Daß  hier  der  ungewaschene  Diener  gemeint  ist,  ist  klar, 
wird  aber  in  einer  Handschrift  noch  hinzugefügt. 

b)  Im   Islam  ist  jeder  der  geschlafen  oder  das   Bewußtsein  ver- 


')  De  verspreide  geschriften  van  G.  A.  Wilken,    ed.  v.    Ossenbruggen   (1912)  III, 

313  ff- 

-)  Kruyt,  Animisme^  S.  351,  353,  vgl.  auch  De  verspreide  geschriften  van  G.  A.Wilken, 
III,  223  f.     Man  vergle  che  auch  Doutte,  Magie,   S.  558  ff. 

3)  Orach  Chajim,  §  4. 

4)  Berakot  51  b:  -|i-;i  ^li^H  'PvXI  ü'^'pm  l^QlJ'n  "i^C  n^^nLJ'2-  fpi^H  bllDD  bü 

"•DN^D  bu'  n^::'7nD\x  nb  n?2Ni  n^^DrniJ'  ''JDd t"!^  b'^:  ix'pii'  ^rzD 

"iDb^i  )bbr\  Dn2^c  -nN  ^i^b  diwS  vSZ^  \"i?2\x  ünoxsi  Dixb  nb  p^yc  rh2n 

16* 


222  A.  J.  VVensinck, 

loren  hat;  kultisch   unrein  und  verpflichtet,   sich  vor   dem  Gebet  zu 
waschen  ^). 

Daß  diese  Vorschriften  auf  Dämonenfurcht  zurückgehen,  er- 
hellt schon  aus  der  Erwähnung  des  Taksephit  und  seines  Genossen  in 
der  Talmudstelle.  Es  gibt  aber  Traditionen,  welche  deutlicher  sprechen. 
Bodenschatz  =)  zitiert  aus  dem  Zohar  folgende  Stelle:  »Jeder,  der 
nachts  in  seinem  Bette  schläft,  kostet  den  Geschmack  des  Todes. 
Denn  seine  Seele  verläßt  ihn,  und  wenn  der  Körper  ohne  heilige  Seele 
zurück  geblieben  ist,  ist  der  unreine  Geist  zur  Hand  und  wohnt  auf 
dem  Körper,  und  dieser  wird  verunreinigt.  Ja,  ich  bestätige  auch 
das,  daß  es  dem  Menschen  nicht  freisteht  morgens  [bevor  er  sich  ge- 
waschen hat]  mit  seinen  Händen  die  Augen  zu  berühren,  denn  der 
unreine  Geist  sitzt  auf  ihnen.« 

Derartige  Traditionen  hat  auch  der  Islam  bewahrt.  »Der  Prophet 
sagte:  Wenn  einer  von  euch  aus  dem  Schlaf  erwacht,  so  soll  er  drei- 
mal [Wasser]  aufschnauben,  denn  der  Satan  übernachtet  in  seinen 
Nasenflügeln  3).« 

Und  nach  einer  Tradition  bei  Bukhärl  soll  Mohammed  den  Gläu- 
bigen empfohlen  haben,  vor  dem  Schlafengehen  die  rituellen  Waschun- 
gen zu  verrichten  4). 

Schon  Wellhausen  hat  bemerkt,  daß  auch  nach  den  heidnischen 
Arabern  der  Schlaf  mit  den  Djinnen  in  Verbindung  steht  5). 

Interessant  ist,  daß  in  der  zitierten  jüdischen  Tradition  animistische 
und  dämonologische  Anschauungen  vermischt  sind. 

Die  Parallelen  bei  den  Völkern,  welche  noch  auf  animistischer 
Stufe  stehen,  sind  schlagend.  Es  ist  der  allgemeine  Glaube  im  indi- 
schen Archipel,  daß  im  Schlaf  die  Seele  den  Körper  verläßt;  darum 
soll  man  einen  Schlafenden  vorsichtig  wecken,  damit  die  Seele  recht- 
zeitig in  den  Körper  zurückkehren  könne  ^).  Auch  in  diesem  Kreise 
findet  man  den  Übergang  zum  dämonologischen  Standpunkt:  bei  den 
Javanen  ist  die  heraustretende  Seele  zum  Geist  geworden  7). 

')  Minhädj,  I,  15. 

2)  Kirchliche  Verfassung  (1748),  II,  S.  40. 

3)  M  u  s  1  i  m    apud    N  a  w  a  w  i    I,    316.     Nasä'i    apud    Sujüti    I,    27.       13? 

L)     ••  o  ^  ^  ■•  _LJ       r 

4)  K.  al  \Vu4U',  bäb  75:     ö^^Aali     ^s-yis»,    L/i^^s    eW^^Ai=X!    c>^j5    5öi 

5)  Reste'^,  163  f. 

6)  Verspr.  geschrifien  van  G.  A.  Wilken,  III,  17.    Adriani  en  Kruyt,  De  Bare'e- 
sprekende  Toradja's  van  Midden-Celebes  (Batavia  1912)  I  252.    Wellhausen,  ].  c. 

7)  Kruyt,  Aniviisme,   S.  78. 


Animismus  und  Dämonenglaube  usw.  22^ 

Nicht  nur  im  Schlaf,  sondern  auch  bei  Krankheit  verläßt  die 
Seele  den  Körper,  und  ein  böser  Dämon  nimmt  ihren  Platz  ein  ^). 
Daß  diese'  Anschauung^  auch  bei  den  Israeliten  geherrscht  hat,  ist 
daraus  ersichtlich,  daß  gewisse  Krankheiten  kultisch  unrein  machen^). 
Und  in  Ägypten  glaubt  man,  daß  eine  kultisch  unreine  Person  nicht 
zu  einem  Augenleidenden  hereintreten  darf,  weil  sonst  die  Krank- 
heit schlimmer  wird.    (Lane,  Manners,  [Ausg.  1899],  S.  266.) 

3.  Der  Stoffwechsel.  Nachdem  man  sein  Bedürfnis 
verrichtet  hat,  kann  man  ohne  Waschung  kein  gültiges  Gebet  ver- 
richten. Der  Kürze  wegen  verweise  ich  für  die  genaueren  Bestim- 
mungen auf  diese  Zeitschrift,  Bd.  I,  S.  loi  f.;  aus  einigen  dieser  Ver- 
ordnungen geht  schon  hervor,  daß  menschliche  Exkremente  für 
dämonisch  gehalten  werden. 

Diese  Anschauung  geht  auch  auf  den  Animismus  zurück;  Kruyt 
hat  in  seinem  oben  zitierten  Werke  3)  nachgewiesen,  daß  im  Animismus 
Urin  und  Fäzes  als  Sitz  der  psychischen  Materie  betrachtet  werden. 
Daran  knüpfen  sich  viele  abergläubische  Bräuche,  welche  beweisen, 
daß  sich  auch  hier  wieder  der  Übergang  zum  Dämonenglauben  bereits 
vollzogen  hat. 

Wie  Urin  und  Fäzes  werden  auch  andere  Exkremente  des  mensch- 
lichen Körpers  betrachtet,  in  erster  Linie  das  Blut.  Ich  brauche  hier 
keine  Einzelbestimmungen  anzuführen;  jeder  weiß,  daß  im  Judentum 
und  im  Islam  die  Wöchnerin  und  die  Menstruierende  zur  Teilnahme  am 
Kultus  unfähig  sind.  Beide  Zustände  sind  im  Volksglauben  von 
Geistern  umwoben  4).  Für  die  animistische  Erklärung  der  gesetz- 
lichen Vorschriften  brauchen  wir  uns  nicht  zu  den  indonesischen 
Völkern  zu  wenden:  wir  finden  sie  wiederholentlich  im.  Alten  Testament 
mit  Worten  ausgedrückt  wie:  »Denn  die  Seele  des  Fleisches  ist 
das  Blut«  5).  An  diese  animistische  Anschauung  knüpfen  sich  un- 
zählige andere  Gebräuche  und  Vorschriften,  welche  man  in  der  ein- 
schlägigen  Literatur  nachlesen  kann.  Mir  genügt  es  auf  diese  An- 
schauung als  Grund  für  eine  Gebetsbestimmung  hingewiesen  zu  haben- 

Hiermit  haben  wir  die  hauptsächlichsten  Verordnungen  über 
die  kultische  Reinheit  besprochen.  In  allen  genannten  Fällen 
haben  wir  Dämonenglauben  auf  animistischer  Grundlage  gefunden; 
und  jedesmal    wird    die    dämonische    Sphäre    durch    Waschung    mit 

')  Verspr.  geschr.  van  G.  A.  Wilken,  III,  1 2  ff.      3 

2)  Ein  Rest  dieser  Anschauung  ist  auch  enthalten  in  dem  bekannten  Ausdruck 
IS'Djn  D^IiTI   »erquicken«.  .  '  _ 

3)  S.  47  ff. 

4)  Ich  zitiere  nur  Kruyt,  S.  245  ff.   u  id  Doutte,  85  f.,   131. 

5)  Lev.   17,   II.     Vgl.   10,  4.     Geyi.  9,  4. 


224  A.  J,  Wensinck  , 

Wasser  gereinigt.  Man  wird  angesichts  obiger  Ausführungen  wahr- 
scheinlich meine  Deutung  der  kultischen  Waschung  billigen.  —  Wir 
kommen  jetzt  zu  den  Vorschriften  über 

4.  D  i  e  K  1  e  i  d  u  n  g.  Es  ist  religiöser  Brauch,  während  des  ritu- 
ellen Gebetes  den  Kopf  bedeckt  zu  halten.  Wenn  das  unter  den  gewöhn- 
lichen Vorschriften  nicht  ausdrücklich  gesagt  wird,  so  ist  das  wohl 
daraus  zu  erklären,  daß  es  für  selbstverständlich  gilt.  In  der  Tradition 
finden  sich  aber  diesbezügliche  Äußerungen  ^).  Diese  Gewohnheit 
hängt  nicht  zusammen  mit  der  im  Alten  Testament  bezeugten  An- 
schauung, daß,  wer  die  Gottheit  sieht,  sterben  muß;  denn  es  wird 
nirgends  gesagt,  daß  beim  Gebet  die  Augen  bedeckt  sein  sollen,  und 
das  geschieht  auch  nicht.  Was  bedeckt  wird,  das  ist  der  Scheitel, 
der  Ober-  und  Hinterkopf.  Die  Juden  verwenden  dazu  die  Xallit, 
»die  Schützende«,  die  Muslime  den  Turban.  Daß  speziell  der  Hinter- 
kopf bedeckt  werden  soll,  ersieht  man  z.   B.  aus  der  Überschrift  des 

soeben  zitierten  »bäb«  bei  Bukhäri  nl:  lääJ!  .JLc  .\\i\  Aäc  v-Ju. 
Warum,  ist  nach  Goldziher's  Abhandlung  über  das  Hidja  nicht 
zweifelhaft  ^).  Dort  ist  gezeigt  worden,  daß  Käftya  ursprünglich  ein 
den  Hinterkopf  verwundendes  Gedicht  bedeutet.  Die  Araber  glaubten 
also,  daß  Fluch  worte  in  den  Hinterkopf  des  Verfluchten  eindrangen  und 
ihn  so  schädigten.  Noch  deutlicher  spricht  sich  über  diesen  Punkt  der 
Talmud  aus.  Dort  wird  erzählt  3),  daß  Astrologen  der  Mutter  eines 
Knaben  gesagt  hatten,  er  werde  ein  Dieb  werden.  Da  ließ  sie  ihn  nie 
mit  unbedecktem  Kopfe  gehen.  Eines  Tages  saß  er  unter  einer  Palme; 
da  verlor  er  das  Kopftuch.  Sofort  überwältigte  ihn  sein  böser  Trieb; 
er  stieg  hinauf  und  biß  mit  den  Zähnen  eine  Traube  ab.  —  Hier  liegt 
noch  klar  der  Glaube  zutage,  daß  der  böse  Geist  durch  den  Hinter- 
kopf hineinkommt. 

Es  ist  also  Furcht  vor  feindlichen  Mächten,  was  Juden  und 
Muslime  dazu  veranlaßt  hat,  beim  Gebet  den  Hinterkopf  zu  be- 
decken. Der  animistische  Hintergrund  dieses  Brauches  ist  nicht 
schwer  zu  finden.  In  der  Talmudstelle  ist  der  Hinterkopf  der  Ein- 
gangsort der  Dämonen  in  den  Körper.  Auf  der  animistischen  Stufe 
ist  er  der  Ein-  und  Ausgangsort  der  Seele;  die  Toradja's  nennen  den 
Scheitel  einfach  Seele,  weil  diese  dort  ein-  und  ausgehe  4).  Auch  im 
ganzen  indischen  Archipel  herrscht  diese  Meinung  5). 


J 


I)  Vgl.   Bukhäri,    A'.  al-Sqläl,  bäb  2. 
^)  Abhandlungen  z.  arab.  Philologie  I,   103  ff. 

3)  Shabbät,   i  56  b. 

4)  Adrian I  en  Kruyt,  De  Toradja's,  S.  240. 

5)  Kruyt,   Animisme,  S.   17. 


Animismus  und  Dämonenglaube  usw. 


225 


Ein  anderer  Teil  des  Körpers,  der  beim  Gebet  bedeckt  sein  soll, 
ist  der  Oberkörper. 

a)  Für*  das  Judentum  finden  wir  die  Vorschrift  beim  Rezitieren 
des  Glaubensbekenntnisses  schon  in  der  Mischna:  »Wenn  einer  ins 
Bad  hinabgestiegen  und  imstande  ist,  vor  Sonnenaufgang  das  Bad 
zu  verlassen,  sich  anzuziehen  und  zu  rezitieren,  so  tue  er  das.  Wenn 
er  dazu  nicht  imstande  ist,  so  bedecke  er  sich  mit  Wasser  und  rezi- 
tiere so  1).« 

Für  den  Islam  ist  die  Sitte  bezeugt  in  Traditions-  und  Fiqh- 
werkcn  im  Kapitel   B.yiJ!    -X*« 

Im  Judentum  und  im  Islam  wird  diese  Vorschrift  zurückgeführt  auf 
Dezenzrücksichten.  Ursprünglich  ist  es  aber  nicht  Dezenz,  was  erzielt 
werden  soll,  sondern  Dämonenabwehr.  Die  Wurzel  ._j.c,  welche  dem 
Worte  bjj.£  zugrunde  liegt,  bedeutet  »rauben,  angreifen«.  Ebenso 
die  Wurzel  ^^.^  »überfallen«,  von  der  das  hebräische  Synonym 
von  ö^^£,  nl.  r\r)V^,  abgeleitet  ist  2).  M.  E.  sind  a,  ^  und 
r(\;p,y!__  ursprünglich  die  Teile  des  Körpers,  wo  die  Seele  feindlichen 
Angriffen  ausgesetzt  ist,  wo  sie  am  leichtesten  geraubt  werden  kann  3). 

Es  hat  also  seine  Gründe,  daß  man  diese  Körperstellen  beim 
Gottesdienst   verhüllt;    die   Vorschrift    steht   wohl    auf   gleicher   Linie 


0  Berakot  III,  5:  xbiT  "W  xw^'yh)  niDDPHbi  n^hv^  ^12''  Dx  ^i:::^  it 
Nip"»!  D^DD  norn''  \x'?  CN1  iSip^i  norn^i  rhv^  nenn  v'Jn  {<nn 

2)  Lisän  al-'-Arab,  s.  .v.      ^\    ^jJi    '\^^    iu    v*-^'-^^     8Äi>t     ^^\     ^jj-*^.     »j'^^ 
(VI. 296)  .\Xip|  ^\  s^Lü  ^y^*-^  i3i-ÄJ3 »iÄi>l  ^^lJI    (^!    ^\    5,L£    jL:S^J! 

O^'  JJ^  ^^-^  xIasJ!  (ib.,  293).  Im  Einklang  hiermit  stehen  die  Definitionen 
des    Subst.    »_j_jJi.     So    bedeutet    s^j.c     l-ÄJj.-o    nach    dem  Z-i'^äH,   ib.  295:    K^üC^x    ^\ 

>,L^'.  Weiter:  .j^JCäJi  *.Ä/i  ^..i^:Cj  jJli*  V^jr^^  i^-'^  Jj^''^  ^_f^  't)^*^^ 
Es  scheint  mir,  daß  die  Bedeutung  der  Wurzel  ^c  auf  denselben  Begriff  zurückgeht, 
insofern  »schmähen«  auch  »verletzen«,  »verwunden«  ist;  man  denke  nur  an  Goldziher's 
Untersuchung  über  Ä-^lS.  Auch  3  .£.  bedeutet  »überfallen«,  syrisch  auch  »entreißen«. 
Sollte  nun  i^j;^  die  Grundbedeutung  »nackt  sein«  haben?  Es  ist  mir  wahrscheinlicher, 
daß   »berauben«  das  Ursprüngliche  ist. 

3)  Beachtung  verdient  der  syrische  Ausdruck  m  a  <^  1  /•  V  »er  fiel  in  Ohnmacht«. 
Nach  primitiver  Anschauung  ist  die  Ursache  davon,  daß  die  Seele  den  Körper  verläßt. 
Das  kann  geschehen,  weil  die  Seele  geraubt  wird.  Ob  hier  |j^  im  Sinne  von  »geraubt 
werden«  vorliegt?  Ich  wage  es  nicht,  diese  Frage  zu  bejahen;  vgl.  ZDMG,  Bd.  25,  S.  672 
wo  NÖLDEKE  die  Form  von  der  Wurzel  p^  ableitet. 


2  26  A.  J.  VV  e  n  s  i  n  c  k , 

mit  dem  Brauch,  sich  den  Hinterkopf  während  des  rituellen  Gebets 
zu  bedecken. 

Daß  nun  die  Nacktheit  des  Körpers  als  gefährlich  gilt  wegen 
dämonischen  Einflusses,  dafür  gebe  ich  folgende  Beispiele: 

1.  Der  Ort,  wo  man  seine  Notdurft  verrichtet,  gilt  als  Vereini- 
gungsort für  Dämonen.  Wenn  nun  vorgeschrieben  wird,  daß  man 
sich  dort  nicht  stehend  entblößen  soll,  sondern  auf  den  Boden  ge- 
kauert ^),  so  ist  aus  dieser  Vorschrift  ersichtlich,  daß  man  den  nackten 
Körper  als  dämonischer  Einwirkung  ausgesetzt  betrachtet. 

2.  Der  Aufenthalt  im  Badehaus,  also  dem  Ort,  wo  man  sich  ent- 
kleidet, gilt  für  lebensgefährlich,  wie  aus  folgender  Tosephtastelle 
hervorgeht  ^):  »Wer  ins  Badehaus  hineingeht,  soll  zwei  Beraka^s  beten, 
eine  bei  seinem  Eintritt  und  eine  bei  seinem  Austritt.  Bei  seinem 
Eintritt  soll  er  sagen:  Möge  es  dir  gefallen,  Jahwe,  mich  unbeschadet 
hinein-  und  hinausgehen  zu  lassen;  und  möge  mich  nichts  Verderb- 
liches treffen.  Und  wenn  mich  etwas  Verderbliches  treffen  sollte,  so 
sei  mein  Tod  eine  Sühne  für  alle  meine  Verschuldungen.  Aber  rette  mich 
vor  diesem  und  was  damit  auf  gleicher  Linie  steht  in  der  zukünftigen 
Welt.  —  Wer  unbeschadet  hinaustritt  soll  sagen:  Ich  danke  vor  deinem 
Angesicht,  Jahwe  mein  Gott,  daß  du  mich  unbeschadet  hinausgebracht 
hast.« 

Daß  Dämonenfurcht  der  Grund  dieser  Anordnung  ist,  geht  hervor 
aus  den  Worten,  welche  im  bab.  Talmud,  wo  diese  TosephlasteWe 
zitiert  wird,  folgen,  nl.  daß  Rabbi  Jose  das  Aussprechen  dieser  Formeln 
im  Badehause  verboten  habe,  denn  »nie  und  nimmer  soll  der  Mensch 
vor  dem  Satan  den  Mund  auftun  3)«.  An  anderer  Stelle  schreibt  der 
Talmud  eine  Beraka  vor,  sobald  man  aus  dem  Wasser  kommt, 
also  wenn  man  ganz  nackt  dasteht  4).  Den  späteren  Juden  ist  es 
verboten,  nackt  aus  dem  Bette  zu  steigen;  man  soll  sich  im  Bett  sclion 
anziehen  5). 

3.  Im  Islam  ist  diese  Anschauung  ebenfalls  lebendig,  wie  man 
aus  einer  Tradition  ersieht,  welche  Nasä*i  uns  erhalten  hat  ^), 
und  worin  verboten  wird,  im  Badehause  zu  urinieren.  »Denn  dort 
versammeln  sich  die  Dämonen  weil  man  sich  dort  entblößt«  erklärt 


')  Diese  Zeitschrift  Bd.   I,  S.  lOi  ff. 
^)  Berakot  VII,  17. 

3)  Ber.  60  a:  p\L^h  VD  DIN  nnD"»  ^N*  übivb. 

4)  Ber.  51  a. 

5)  Orach  Chajim  §  2. 

6)  -  I,  15- 


Animismus  und  Dämonenglaube  usw.  22" 

4.  Weiter  ist  Dämonenfurcht  noch  zu  spüren  in  der  Kleidung 
der  Braut.  Die  Hochzeit  ist  bekanntlich  außerordentlich  gefährlich 
der  DämonÄi  wegen.  Man  sucht  sie  durch  das  Schlagen  von  Musik- 
instrumenten, durch  das  Klatschen  der  Hände,  durch  Stampfen  mit 
den  Füßen  zu  vertreiben.  Sollte  da  nicht  auch  die  übertriebene 
Kleidung  der  Braut  zur  Abwehr  der  bösen  Mächte  dienen.?  Man  sehe 
sich  die  mekkanische  Brauttracht  an  im  Bilderatlas  zu  Mekka,  Nr.  XXV. 
Wenn  man  dann  dabei  die  genauere  Beschreibung  liest  i),  kann  man 
kaum  umhin,  hier  an  Dämonenfurcht  zu  denken.  Ich  könnte  die  Bei- 
spiele vermehren,  will  es  aber  beim  obigen  lassen;  doch  weise  ich 
noch  darauf  hin,  daß  auch  bei  den  Hebräern  das  besondere  Kostüm 
für  die  Braut  als  unerläßliche  Tracht  gilt  2). 

Jetzt  kommen  \yir  zum  animistischen  Hintergrund  der  Bekleidung 
beim  Gebet. 

Als  Mindestmaß  der  Bedeckung  wird  in  jüdischen  und  musli- 
mischen Gesetzbüchern  die  der  Strecke  zwischen  Nabel  und  Knien  an- 
gegeben 3).  Das  ist  auch  die  Vorschrift  für  die  israelitische  Priester- 
bekleidung 4).  Wir  sahen,  daß  der  Hinterkopf  geschützt  wird,  weil 
er  Ein-  und  Ausgangsort  der  Seele  ist.  Als  solcher  werden  aber  eben- 
sogut die  andern  Öffnungen  des  Körpers  betrachtet.  Auch  der  Bauch 
gilt  als  Sitz  der  Seele  5).  Wenn  die  Gegend  zwischen  Nabel  und  Knien 
bedeckt  sein  soll,  so  hat  das  also  denselben  Grund  wie  die  Bedeckuno- 
des  Hinterkopfes. 

5.  Das  Fasten.  Ein  weiteres  Mittel,  beim  Gebet  alles  Dä- 
monische fernzuhalten,  ist  das  Fasten,  das  vor  den  täglichen  Gebeten 
zwar    nicht    obligatorisch,    aber   vor    den    Festgebeten    mehrfach    be- 


zeugt ist. 


a)  Für  das  Judentum  ist  der  Talmud  Zeuge,  wo  er  sagt:  »Es 
ist  dem  Menschen  verboten  etwas  zu  essen,  bevor  er  das  Zusatzgebet 
verrichtet  hat  ^).« 

b)  Im  Islam  besteht  diese  Vorschrift  nicht.  Sie  wird  aber  in 
der  Tradition  diskutiert,  und  so  wird  berichtet,  daß  Mohammed  vor 
der  Festsalät  am  Schlachtfest  gefastet  habe  7).  Vor  derRegenerbittung 
wird  in  beiden  Religionen  gefastet. 

0  Snouck  Hurgronje,  Mekka,  II,  164  ff. 
')  Jes.  49,   18.     Jer.  2,  32. 

3)  Berakot  24b,  25a.     Shiräzi,  Tanblh,  ed.   Juynboll,   S.   iS. 

4)  Ex.  28,  42. 

5)  Kruyt,   Animisme,   S.   19. 

^)  pDDICn   n'psn   hbün^W   D-np   Wh^   U^V^-^W    DIN^   t>   IIDN.     Berakot 
28  b,  vgl.  Tosephta,  Ber.  V,  i. 

7)  T  i  r  m  i  d  h  I  ,     Saht/i,   I   107. 


228  A.  J.  Wensinck, 

Speisen  können  leicht  ein  Sitz  böser  Geister  sein,  wie  Goldziher 
erwiesen  hat  ^).  Man  hütet  sich  also,  vor  dem  Gottesdienst  Dämoni- 
sches in  sich  aufzunehmen,  weil  sich  solches  mit  der  göttlichen  Sphäre, 
in  welche  man  einzutreten  beabsichtigt,  nicht  verträgt.  Ein  analoger 
Fall  ist  das  Fasten  vor  der  Schlacht,  denn  auch  den  Krieg  führt  man 
in  geweihtem  Zustande. 

Der  Zusammenhang  zwischen  Dämonologischem  und  Animisti- 
schem  ist  hier  wieder  leicht  zu  ersehen.  Dem  Animismus  zufolge  sind 
Tier  und  Pflanze  beseelt.  Beim  Essen  und  Trinken  nimmt  man 
also  die  Tier-  oder  Pflanzenseele  in  sich  auf.  Später  ist  diese  Seele 
dann  Geist  und  Dämon  geworden. 

Gleichartig  mit  dem  Fasten  vor  dem  Gottesdienst  ist  der  Gebrauch 
des  Zahnstochers,  der  in  muslimischen  Gesetzbüchern  empfohlen  wird  ^). 

6.  Zur  Fernhaltung  dämonischer  Einflüsse  dienen  weiter  folgende 
Gebräuciie: 

a)  Die  Errichtung  einer  (oder  das  Sichanlehnen  an  eine) 
Scheidewand  oder  auch  einen  beliebigen  Gegenstand,  was  sowohl  im 
Judentum  wie  im  Islam  üblich  ist  3).  Diese  Sutra  ist  schon  von  ^^'ELL- 
HAUSEN  als  der  Rest  einer  Einfriedigung  zur  Abwehr  der  Dämonen  4)  ge- 
deutet worden.  Diese  Meinung  wird  verstärkt  durch  einen  Ausspruch 
Mohammed*s,   wo   die  Errichtung   einer  Sutra  empfohlen  wird,   denn, 

wenn  das  geschehen  ist,  kaS^   ^   ^   »wsisj  ^   »wird  iiin   (den  Betenden) 
nicht  schädigen  dasjenige,  was  an  ihm  vorübergeht«  5). 

b)  Die  Ankündigung  des  Gottesdienstes.  Die  muslimische 
Tradition  weiß  zu  berichten,  daß  von  den  Juden  das  Hörn  dazu  ver- 
wendet wurde.  Mohammed  habe  aber  das  Ausrufen  vorgezogen. 
Das  Hornblasen  ist  schon  von  Eerdmans^),  der  Ruf  des  Mu'adhdhin 
von  Wellhausen  7)  als  Mittel  zur  Vertreibung  der  Dämonen  gedeutet 
worden.  Die  muslimische  Tradition  selber  gibt  dieser  Erklärung  Recht. 
So  hat  B  u  k  h  ä  r  I  folgenden  Ausspruch  des  Propheten  überliefert  ^) : 
»Wenn  zum  Gottesdienst  gerufen  wird,  weicht  der  Satan  zurück 
und   furzt,   bis  er  den  Ruf  nicht  mehr  hört.    Wenn  der  Ruf  zu  Ende 


I)  Abh.  z.  arah.  Philologie  I,   iio.     Doutte,  S.  455. 
*)  S  h  i  r  ä  z  i ,    TanbJh,  S.  3. 

3)  Vgl.  Mittwoch,  Zur  Entstehungsge schichte  des  islamiscfien  Gebets  und  Kultus  (Sit-  ^ 
zungsber.   Berl.  Akad.  191 3).     SA.   S.  15. 

4)  Reste'^,  S.   150. 

5)  Sunan   Abt  Däwüd,   Bäb:  mä  jasturu  ^l-niiisallT. 

6)  Alttest.  Studien,  IV,  79. 

7)  a.  a.  0. 

8)  Kitäb  al-Adhän   Bäb  4.     Vgl.  auch  die  anderen  Traditionssammlungen. 


Animismus  und  Dämonenglaube  usw.  220 

ist,  kommt  er  wieder  näher,  bis  der  zweite  Ruf  ertönt:  dann  weicht 
er  wieder  zurück,  bis  dieser  zu  Ende  ist.  Dann  aber  kommt  er  so  nahe, 
daß  er  sich  zwischen  dem  Mann  und  seiner  Seele  befindet,  und  sagt: 
Erwähne  dies,  erwähne  das  (bezüghch  dessen,  was  er  noch  nicht  er- 
wähnt hat),  bis  schließlich  der  Mann  nicht  mehr  weiß,  wieviel  er  ge- 
betet hat.« 

c)  Im  Talmud  wird  das  Beten  im  freien  Felde  als  frech  verur- 
teilt ^).     Das  offene  Feld  gilt  bekanntlich  als  Dämonenheim. 

d)  Jede  Qoranrezitation  soll  nach  Süra  l6,  lOO  anfangen  mit  den 
Worten:  »Ich  suche  Schutz  bei  Allah  gegen  den  verfluchten  Satan«, 
und  es  wird  berichtet,  daß  Mohammed  auch  beim  Beginn  der  Salät 
oft  eine  derartige  Formel  gebraucht  habe  ^). 

e)  Die  Juden  legen  die  Gebetsriemen  an,  welche  den  Namen  ntt' 
sichtbar  tragen.  Bekanntlich  dienen  die  Gebetsriemen  zu  abwehrenden 
Zwecken;  über  """ti'  vgl.   Theol.   Tydschrijt  191 3,   S.  267. 

Die  unter  6  genannten  Fälle  dienen  nicht  zur  Herstellung  der 
kultischen  Reinheit.  Sie  erwecken  den  Eindruck,  daß  die  Dämonen 
gerade  das  Gebet,  jedenfalls  den  Weihezustand,  welcher  eine  Ver- 
einigung mit  Jahwe-Allä:i  bezweckt,  nicht  dulden.  Es  ist  nicht  schwer 
einzusehen,  was  die  Ursache  davon  ist.  Dämonen  sind  zum  Teil  ent- 
thronte Götter;  als  solche  können  sie  natürlich  nicht  vertragen,  daß 
ihre  früheren  Anbeter  sich  jetzt  zu  einem  andern  wenden.  Zum  andern 
Teil  sind  die  Dämonen,  wie  wir  gesehen  haben,  Geister  oder  Seelen. 
Auf  der  niedersten  Stufe  der  Religion  werden  diese  Seelen  verehrt. 
Auch  sie  haben  also  Veranlassung  genug,  den  neuen  Kult  zu  hassen 
und  seine  Anhänger  zu  verfolgen. 

Diese  Erklärung  der  unter  6  genannten  Fälle  reicht  auch  aus 
als  Motivierung  der  Bekleidung  gerade  beim  Gebet. 

IL 

Das    eigentliche    rituelle    Gebet. 

Sind  alle  vorbereitenden  Handlungen  verrichtet,  so  kann  der 
Weihezustand  {Ihräm)  eintreten.  Das  wird  veranlaßt  durch  die  Nen- 
nung des  göttlichen  Namens.  Der  Muslim  sagt:  Allah  Akhar,  »Allah 
ist  der  größte«,  d.  h.  größer  als  alle  Dämonen.  Wie  Mittwoch  neuer- 
dings gezeigt  hats),  ist  der  Takhir  ein  Rest  der  jüdischen  ersten  Beraka, 
welche  auch   die  Worte  br^n  b>^r\  enthält. 


^)  GoLDziHER,   Abhandlungen,  I,  7  ff. 
3)  a.  a.  0.   S.   iGf. 


2^0  A.  J.  Wensi  nck, 

Diese  Nennung  des  göttlichenNamens,  und  zwar  dieses  besonderen 
Namens  ist  ohne  Zweifel  ursprünglich  ein  Machtmittel  des  Betenden, 
durch  welches  die  Gottheit  herbeigerufen  wird^).  Ich  finde  aber  nirgend- 
wo eine  Äußerung,  welche  auf  die  wirkliche  Gegenwart  der  Gottheit 
schließen  läßt.  Der  Rest  dieser  Anschauung  tritt  in  den  Quellen  aber 
noch  deutlich  zutage,  insoweit  als  die  Engel  beim  Gebet  anwesend  sein 
sollen.  So  sagt  die  Bah.  Getnara:  »Wenn  irgendeiner  um  Erfüllung 
seiner  Bedürfnisse  in  aramäischer  Sprache  betet,  so  schließen  sich  ihm 
die  Dienstengel  nicht  an,  denn  die  verstehen  die  aramäische  Sprache 
nicht  2).« 

Die  Gegenwart  der  Engel  bei  der  Salät  ist  nach  einer  Auffassung 
im  Qoran,  17,  80,  bezeugt,  wo  gesagt  wird,  daß  der  Morgenrezitation 
beigewohnt  wird.  Man  sagt  dann,  daß  die  Engel  dem  Gebet  bei- 
wohnen. 

Gleichzeitig  mit  der  Herbeirufung  der  göttlichen  Wesen  werden 
die  Dämonen  noch  einmal  abgewehrt,  durch  das  Erheben  der  Hände. 
Daß  dieser  Gestus  abwehrende  Bedeutung  hat,  hat  Goldziher  ge- 
zeigt 3). 

Der  eingetretene  Weihezustand  muß  natürlich  ängstlich  ge- 
wahrt werden,  da  jede  Berührung  mit  Dämonischem  ihn  zerstören 
und  das  Gebet  ungültig  machen  kann.  Äußerungen  des  Geschlechts- 
lebens, Stoffwechsels  usw.  sind  selbstverständlich  zu  unterdrücken. 
Es  gibt  noch  andere  Bestimmungen,  welche  dazu  dienen,  den  Weihe- 
zustand zu  erhalten,  aber  nach  dem  oben  Gesagten  nicht  sofort  klar 
sind. 

I.  Im  Talmud  heißt  das  Niesen  während  des  Gebets  ein  böses 
Zeichen  4).     Auch  den  Arabern  gilt  das  Niesen  als  ominös  5). 

Diese  Auffassung  geht  auf  die  animistische  Vergangenheit  zurück. 
Animistischen  Völkern  ist  das  Niesen  ein  Zeichen  davon,  daß  die  Seele 
den  Körper  verläßt  oder  dorthin  zurückkehrt  ^).  Auch  bei  denjenigen 
dieser  Völker,  welche  auf  eine  höhere  Kulturstufe  kommen,  gilt  das 


»)  Vgl.    GoLDzraER,    Zauberelemente   im    islamischen   Gebet    (Nöldeke-Festschrift),    I, 
S.  316  (14). 

=)  shabbät  12  b:  ib  rpp^:  niz'n  ^jahü  pa  ^c-^n*  pi^*'?:  vdih  bi<^^'n  ^d 

"»DIN  p:i''?D  j^TD  niU'n  TN^O  pXtf.  Der  Islam  hat  diese  Bestimmung  ebenfalls: 
der  Gebrauch  einer  andern  Sprache  als  der  arabischen  bei  der  Salät  wird  nur  ausnahms- 
weise gestattet  (Minhädj,   I,  91). 

3)  Zauberelemente,  a.  a.  0.  I,  321   [19]  ff. 

4)  Ber.  24  b.  ]b  y-1  ]ü^D  mbsn^  ^"cvT^ün- 

5)  Wellhausen,  Reste  ^,  163.     Vgl.  Doutte,   367  ff. 

6)  Kruyt,   Animisme,  S.  92  f. 


Animismus  und  Dämonenglaube  usw.  2^1 

Niesen  als  eine  dämonische  Wirkung.  Also  wieder  derselbe  Über- 
gang, den  wir  schon  öfter  gefunden  haben. 

Im  Alten  Testament  ist  ein  typischer  Rest  der  rein  animistischen 
Auffassung  des  Niesens  bewahrt  in  der  Geschichte  2.  Kon.  4.  Als 
Elisa  sich  über  den  toten  Knaben  gebeugt  hat,  um  ihn  zu  erwecken, 
niest  der  Tote  siebenmal,  dann  schlägt  er  die  Augen  auf  (V.  35);  die 
herausgetretene  Seele  ist  also  durch  die  Nase  wieder  hineingekommen. 

2.  In  jüdischen  und  muslimischen  Quellen  wird  weitläufig  die 
Frage  besprochen,  ob  es  während  des  Gebets  erlaubt  sei,  zu  grüßen 
oder  einen  Gruß  zu  erwidern.  »Selbst  wenn  ein  König  den  Betenden 
grüßte,  so  wäre  es  ihm  nicht  erlaubt,  den  Gruß  zu  erwidern«,  heißt  es 
in  der  Mischna  ^).  Und  ein  muslimischer  Jurist  sagt:  »Wenn  der 
Betende  gegrüßt  wird,  so  antworte  er  nur  mit  einer  Gebärde  2).« 

Ich  gebe  einige  weitere  Beispiele  des  Grußverbots  im  W'eihe- 
zustande: 

a)  Wenn  heutzutage  der  Priester  einem  Sterbenden  die  Eucha- 
ristie bringt,  darf  er  unterwegs  niemand  grüßen.  »Er  hat  den  lieben 
Herrgott  bei  sich«,  heißt  es  populär.  Inwieweit  dieses  Verbot  offiziell 
ist,  kann  ich  im  Augenblick  schwer  ermitteln;  es  ist  jedenfalls  die 
Volksanschauung. 

b)  In  der  oben  zitierten  Geschichte  2.  Kön.  4  wird  der  Propheten- 
jünger von  dem  Meister  geschickt,  den  toten  Knaben  zu  erwecken. 
Auf  seinem  Wege  darf  er  niemand  grüßen,  noch  irgendwelchen  Gruß 
erwidern  (Vs.  29). 

c)  Lukas  10,  4,  wo  Jesus  die  Apostel  zur  Verkündigung  seiner 
Lehre  aussendet,  sagt  er:   »Und  grüßet  niemand  auf  dem  Wege.« 

Aus  diesen  Beispielen  geht  hervor,  daß  das  Grüßen  die  Wirkung 
der  göttlichen  Kraft,  welche  der  Priester,  der  Prophetenjünger,  die 
Apostel  bei  sich  tragen,  verringern  könnte.  Man  meint  offenbar,  daß 
beim  Grüßen  etwas  von  der  Seele  des  Grüßenden  in  die  des  Gegrüßten 
hinübertritt.  So  ist  es  auch  zu  erklären,  daß  der  heutige  Muslim  von 
einem  Ungläubigen  nicht  gerne  das  al-Saläm  "alaik  hört,  sowie,  daß 
der  Jude,  der  trauert,  während  der  ersten  sieben  Tage  weder 
grüßen,  noch  einen  Gruß  erwidern  darf  3).  Er  lebt  dann  nämlich 
ganz  in  der  Sphäre  der  Totenseele  und  darf  andre  darein  nicht 
mischen.  Hier  haben  wir  schon  wieder  den  Übergang  von  animistischen 
zu  dämonologischen  Anschauungen.     Merkwürdig  sind  auch  die  Vor- 


0  Ber.  V,  I :    UD^K^''  N^  }^)bW2  h^W  "[bOH  l'p^DvX- 
')  Tanbih,   S.  29,  2.   16:    ö.L.i;^Sb    O.    \JL&    *-Lw  ,.,1». 
3)  Bodenschatz,  IV,  179. 


232  A.  J.  Wensinck, 

Schriften,  welche  in  der  Tosephta  bewahrt  sind  ^):  Wenn  man  (im  Bade- 
haus) nackte  Leute  sieht,  darf  man  nicht  grüßen.  Wo  sie  sich  noch 
nicht  entkleidet  haben,  darf  man  grüßen,  wo  nackte  und  bekleidete 
untereinander  gemischt  stehen,  auch  ^). 

Ist  das  Gebet  zu  Ende,  so  bekommen  die  anwesenden  Engel 
ihren  Abschiedsgruß,  sowohl  im  Judentum  3)  wie  im  Islam  4).  Hier- 
durch ist  der  Weihezustand  aufgehoben  und  tritt  man  aus  der  gött- 
lichen Sphäre  hinaus. 

III. 
Die    Gebetszeiten. 

,  Judentum  und  Islam  haben  ursprünglich  3  Gebetszeiten;  es  ist 
auffallend,  daß  im  Islam  nur  eins  dieser  Gebete  am  Tage  verrichtet 
wird.  Morgen-  und  Abendgebet  sind  vor  Sonnenaufgang  und  nach 
Sonnenuntergang  zu  verrichten,  undzwarwirdausdrücklich  der  Moment 
des  Auf-  und  Untergehens  der  Sonne  verboten. 

Die  Mischna  bestimmt  die  Zeit  für  das  Rezitieren  des  Glaubens- 
bekenntnisses am  Morgen  zwischen  Morgengrauen  und  Sonnenauf- 
gangs). Und  am  Abend  fällt  es  nach  der  Tosephta  zusammen  mit 
dem  Sichtbarwerden  der  Sterne  ^).  Der  Islam  ist  bei  der  Bestimmung 
der  Gebetszeiten  dem  Judentum  hierin  nachgefolgt,  er  hat  also  seine 
Gebete  festgesetzt  gleichzeitig  mit  dem  Rezitieren  des  jüdischen  Glau- 
bensbekenntnisses (ycif  r.Nnp;.  Eine  Erinnerung  an  diese  Abhän- 
gigkeit ist  noch  im  Qorän,  Sfira  I7,  80  enthalten,  wo  vom  ..^\sLi\  ,..Ls 
die  Rede  ist. 

Ebenso  ist  das  am  Tage  zu  verrichtende  Gebet  auf  die  jüdische 
Mmhazcxt  gelegt  worden.  Später  hat  es  sich  zu  zwei  Gebeten  diffe- 
renziert, der  ZiiJir-  und  der  '■Asr-salät,  entsprechend  einer  (vielleicht 
nicht  allgemein  befolgten)  jüdischen  Gewohnheit:  Zuhr-  und  ^Asr- 
salät  entsprechen  der  großen  und  der  kleinen  Minhai). 

Diese  Nachmittagsgebete  dürfen  nun  nicht  gehalten  werden,  bevor 
die  Sonne  ihren  höchsten  Punkt  am  Himmel  überschritten  hat.  So 
wird  die  Minha  in  neuerer  Zeit  um  12.30  angesetzt,  was  sicher  auf 
alter  Tradition  beruht;  die  Zuhr-salät  wird  erst  gehalten,  wenn  die 
Sonne  ihren  Niedergang  beginnt. 


•)  Ber.  II,  20. 

^)  Vgl.  oben  S.       o. 

3)  Mittwoch,  a.  a.  0.   S.   18. 

4)  Minhädj,  I,  91  f. 

5)  Berakot,   I,   2. 

6)  Ber.  1,   I. 

7)  Mittwoch,  a.  a.  O.   S.   11  f. 


Animismus  und  Dämonenglaube  usw. 


233 


All  diese  Bestimmungen  haben  ihre  Gründe.  In  alter  Zeit  ist 
die  Sonne  ein  Gott  gewesen,  der  seinen  eigenen  Kultus  hatte.  Nach- 
her ist  er  im  Judentum  und  im  Islam  ein  Dämon  ^)  geworden,  der 
natürlich  auf  den  monotheistischen  Kultus  eifersüchtig  ist.  So  ist 
es  zu  erklären,  daß  dieser  hauptsächlich  ausgeübt  wird,  wenn  die 
Sonne  abwesend  ist;  und  daß  der  Gottesdienst  am  Tage  nicht  gehalten 
werden  darf,  wenn  dieser  Dämon  seine  größte  Kraft  entwickelt,  d.  h. 
am  Mittag.  Diese  Anschauung  ist  auch  in  der  Literatur  vertreten, 
wie  aus  folgenden  Daten  hervorgeht. 

a)  Mittagsgebet.  Daß  das  alte  semitische  Heidentum  gerade 
am  Mittag  (D^inü)  die  Wirkung  des  Sonnengottes  erwartet,  ist 
aus  der  bekannten  Eliasgeschichte,  i.  Kön.  18,  27,  ersichtlich,  wo  die 
heidnischen  Priester  sich  bis  zur  Mittagszeit  quälen,  um  ihrem  Gotte 
ein  Zeichen  abzuringen;  wenn  das  aber  nicht  gelingt,  werden  sie  von 
Elias  verhöhnt  mit  den  Worten:  »Vielleicht  schläft  der  Gott  und  er- 
wacht [jetzt].«  Es  wird  also  erwartet,  daß  er  wenigstens  am  Mittag 
erwachen  und  ein  Zeichen  geben  wird.  Dann  quälen  sich  die  Priester 
noch  bis  zur  Zeit,  wo  die  Min  ha  geopfert  wird  (V.  29). 
Nach  dieser  Zeit  aber  erwartet  offenbar  niemand  mehr  ein  Zeichen 
des  Gottes,  und  die  enttäuschten  Priester  haben  abgetan.  Zur  Minha- 
zeit  hält  man  also  die  Wirkungszeit  des  Gottes  für  beendet;  der  Gott 
ist  also  der  Sonnengott.  Es  versteht  sich  jetzt,  warum  die  Minha 
erst  nach  dem  Mittag  angesetzt  worden  ist.  Es  versteht  sich  auch, 
warum  das  Steinwerfen  beim  Hadjdj,  das  mit  Prof.  Houtsma  als 
eine  Steinigung  des  Sonnendämons  aufzufassen  ist  2),  ursprünglich 
erst  anfing,  nachdem  die  Sonne  ihren  höchsten  Punkt  überschritten 
hatte:  weil  man  dann  den  Mittagsdämon  3) ,  der  seine  größte  Kraft 
verloren  hatte,  nicht  mehr  fürchtete. 

Auch  die  muslimische  Tradition  hat  Äußerungen  verzeichnet, 
welche  beweisen,  daß  man  die  Mittagshitze  für  dämonisch  hielt.  So 
finden  sich  bei  B  u  k  h  ä  r  1  4)  verschiedene  Traditionen,  welche  alle 
den  gemeinsamen  Satz  enthalten:  »Der  Prophet  sagte:  Schiebet  die 
Zuhr-Salät  auf  bis  zu  einer  kühleren  Tageszeit,  denn  die  große  Hitze 
[am  Mittag]  gehört  zur  Hitze  der  Hölle.« 

Man  versteht   von   diesem   Gesichtspunkt   aus   auch   die   überaus 


^)  Houtsma,  Over  eenige  israelitische  Vastendagen,  {Versl.  en  Meded.  Akad.  Amster- 
dam), IV.  Reihe,  Teil  2,  S.  24  f.     Goldziher,  Abh.  z.  a.  Phil.  L,  113  fE. 

-)  Versl.  en  Meded.   Akademie  Amsterdam,  IV.  Reihe,  VI.  Teil,   S.  207. 

3)  Von  den  Juden   NTHtO  genannt  {Targum  z.  Hohenlied,  4,  6). 

4)  MaimkJt  al-Salät,    bäb  9:    f>-*-^^    /-PVjS     ^.^     .^.Jl    i>A^    ,.,L5    -.fiiii.J     '3^-f^ 


2^4  A.  J.  VVensinck, 

hohe  Schätzung  der  Nachmittagszeit  im  Islam,  welche  von  Gold- 
ziHER  eingehend  erörtert  worden  ist  ^).  Die  Motivierung  der  Tradition 
(S.  300)  scheint  mir  sekundär. 

b)  Abendgottesdienst.  Auf  gleicher  Motivierung  wie 
die  Zeitbestimmung  des  Nachmittagsgottesdienstes  beruht  diejenige 
des  Abendgottesdienstes:  nach  Sonnenuntergang  meint  man  von  Seiten 
der  Dämonen  nichts  zu  fürchten  zu  haben.  Das  wird  mit  einer  Deutlich- 
keit, die  nichts  zu  wünschen  übrig  läßt,  im  Adamsbuch  gesagt,  wo 
es  heißt:  »In  der  ersten  Stunde  der  Nacht  findet  die  Lobspendung  der 
Dämonen  statt.  Während  der  Zeit  ihrer  Lobspendung  können  sie 
niemandem  etwas  zuleide  tun,  ihn  weder  schädigen  noch  verderben, 
bis  sie  von  ihrer  Lobspendung  entlassen  werden.  Denn  die  verborgene 
Kraft  des  Weltschöpfers  hat  sie  gebunden. «  =) 

Schließlich   haben  wir  zu   fragen,   warum   gerade   der   Unter- 
gang der  Sonne  eine  für  den  Gottesdienst  ungeeignete  Zeit  ist. 
Es  scheint,  weil  man  sich   in  jener  Zeit  schädlichen  Einflüssen  aus- 
gesetzt wähnt.     In  Psalm  91,  6  ist  die  Rede  von  der  Pest,  welche  in 
dieser   Zeit   herumschleicht  wie   ein   Dämon  3).      Dieser   Glaube   geht 
wahrscheinlich  auf  animistische  Anschauungen  zurück,  wie  auch  die  Auf- 
fassung der    Sonne    als    eines   belebten    Wesens    animistisch  ist.     Im 
indischen  Archipel  ist  der  Glaube  verbreitet,   daß   die  untergehende 
Sonne  in  das  Seelenland  untertaucht  und  die  Lebenden  in  den  Tod 
mitnehmen  will  4).    Anderweitig  findet  sich  die  Meinung,  daß  mit  dem 
Abendrot  die  Seelen  der  Toten  sich  nahen,  um  die  Lebenden  mit  sich 
in   das   Seelenland  zu  führen  5).     Vielleicht  bedeutet    das  hebräische 
'Z'DWn  nX2     »die    Sonne    geht    hinein«,     vom     Sonnenuntergang    ge- 
braucht, eigentlich  »die  Sonne  geht  in  das  Seelenland  hinein«.    Irgend- 
ein solcher  Gedanke   muß    ursprünglich    dagewesen    sein.     Man  sagt 
auch    vom   Sonnenaufgang   ^i/üWn  nkSH"»    »die   Sonne   kommt    heraus«. 
In  Ägypten  verrichtet   man   gewisse  Zauberriten  beim   Sonnenunter- 
gang (Lane,  S.  259). 

1)  Archiv  f.  Religionswissenschaft  1906,  S.  293  ff. 

2)  Ausgabe  von  Renan,  Journal  Asiatiqne,  V.Serie,  T.  II,  S.  349:  ]Lj^£)f£)  ]b.^^^ 

ÜDj    |?C_0-1.?    I  ^  m  V    mV...     aj|.      Vgl.  auch  den  arabisch  -  äthiopischen  Text  bei 
Bezold  in  der  Nöideke-Feslschrift,  II,  893  ff. 

3)  Vgl.  Theol.  Tydschrifi,  1913,  S.  261, 

4)  Sie  wird  am  Tage  iiLx5>  »lebend«  genannt,  B  u  k  h  ä  r  i ,    Man'äkTl,   bäb  11,  13.  39- 

5)  Kruyt,   Animisnie,  S.  240. 


I 


Animismus  und  Dämonenglaube  usw.  2^' 

Die  untergehende  Sonne  wird  offenbar  ebenso  gefürchtet  wie  ein 
sterbender  Mensch;  das  kann  auch  nicht  wundernehmen,  da  sie  am 
Tage  tatsächlich  als  lebendes  Wesen  betrachtet  wird.  Der  Westen 
ist  bei  dieser  Anschauung  die  Unglücksgegend,  der  Osten  die  glückliche 
Gegend.  Daß  dies  die  altsemitische  Anschauung  ist,  geht  noch  jetzt 
daraus  hervor,  daß  man  sich  nach  dem  Osten  orientiert.  Wie  lan^^e 
solche  Anschauungen,  vielleicht  unverstanden,  fortleben,  sieht  man 
z.  B.  aus  der  Tatsache,  daß  noch  heutzutage  auf  dem  jüdischen  Mizrah, 
das  die  Qibla  angibt,  neben  dem  Worte  Misra/i  »Osten«,  sich  findet: 
»Von  dieser  Seite  kommt  der  Lebensodem.« 

Erst  nachdem  die  Sonne  als  Gott  entthront  worden  war,  hat  man 
angefangen  die  Zeit  ihres  Aufgangs  für  ungeeignet  zu  kultischen 
Zwecken  zu  erklären,  offenbar  weil  man  ihre  Eifersucht  fürchtete. 


Islam,     IV. 

17 


Kazwinistudien. 

Von 

Julius  Ruska. 

(Schluß.) 

Es  ist  wiederholt  gesagt,  daß  das  Kennzeichen  der  dritten  Text- 
klasse die  Hinzufügung  eines  7.  und  8.  Nazar  in  dem  Kapitel  über  den 
Menschen  ist.  Die  Handschrift  A  ist  nun  offensichtlich  verstümmelt, 
und  zwar  muß  sie  nach  einem  schon  verstümmelten  Exemplar  ange- 
fertigt sein.  Sie  enthält  nur  einen  Teil  des  8.  Nazar,  an  den  dann  jener 
unechte  Schluß  angehängt  ist.  und  es  fehlen  die  Kapitel  über  Dschinnen 
und  Tiere.  Die  kritische  Untersuchung  muß  sich 
also  in  erster  Linie  auf  die  persischen  Hand- 
schriften stützen.  Aus  ihnen  allein  kann  der  vollständige 
Plan  des  8.  Nazar  entnommen  werden,  ihre  Vergleichung  wird  es  erst 
ermöglichen,  den  Text  der  dritten  Bearbeitung  endgültig  festzustellen 
und  die  Beziehungen  der  Handschrift  A  zu  ihr  zu  ermitteln. 

Meine  ersten  Bedenken  gegen  die  Authentizität  der  Handschrift  A 
stützten  sich  auf  den  Gesamtinhalt  der  neuen  Abschnitte,  der  nun 
einmal  nicht  in  den  ursprünglichen  Plan  des  Werkes  zu  passen  schien. 
Aber  damit  allein  war  kein  Beweis  gegen  die  Echtheit  zu  führen. 
Wüsten  FELD  führt  es  als  Grund  für  die  Echtheit  an,  daß  der  größte 
Teil  der  neuen  Abschnitte  nur  aus  einer  Zusammenstellung  dessen  be- 
stehe, »was  in  dem  übrigen  Werke  über  einen  solchen  Gegenstand 
zerstreut  vorkommt  <(.  Ich  könnte  darin  höchstens  einen  Grund  für 
die  Unechtheit  sehen;  denn  was  sollte  einen  Autor  veranlassen,  in  einem 
und  demselben  Werke  sich  selbst  wieder  abzuschreiben?  Nun  trifft 
aber  die  Beobachtung  Wüstenfelds  nur  zum  geringsten  Teile  zu. 
Eine  genauere  Untersuchung  des  Textes  von  A  läßt  nicht  nur  sehr 
viel  neues  Material  erkennen,  sondern  führt  außerdem  zur  Aussonderung 
von  Textstücken,  die  auch  dieser  dritten  Fassung  von 
Haus  aus  fremd  sein  müssen.  Als  einen  solchen  Fremd- 
körper hatte  ich  vor  allem  die  Einschaltung  des  Berichtes  des  Abu 
D  o  1  a  f  über  die  Türkenstämme  empfunden,  die  den  Rhythmus  des 


Kazwlnlstudien. 


237 


ganzen  Kapitels  unterbricht.  Auch  äußere  Anzeichen,  wie  die  auf- 
fallend groüe  und  verzierte  Überschrift  ^jj,\  J.jL*i  LxL  und  die  Ein- 
führung des  Berichtes  durch  die  Worte  £:.'uJ.il  J^Ai^-iS  ^i  jt^^v^'^ 
^j1oLc_^  *_i.»»v.l^_5  ^^^jÜLjO^  J.jL>.Äil  d^lö  jS  3  (jr^  xi^Ä^iX^  ÄJ-*«, 
^$>  Uy  L.i;ü>:*j  xJ'uwJi  e^Ja  A-iü  üf.  ^^^L«.  *4b^'L/«»  schienen  auf 
eine  fremde  Hand  hinzuweisen.  Im  8.  Nazar  war  die  Einschaltung  eines 
selbständigen  mineralogischen  Abschnittes  in  dem  Kapitel  über  den 
Handel,  dann  ein  von  VVüstenfeld  als  Bruchstück  des  medizinischen 
Kapitels  angesehenes  Stück  als  fremder  Bestandteil  verdächtig.  In  der 
Tat  habe  ich  diese  Vermutungen  vollkommen  bestätigt  gefunden,  als  ich 
in  die  Lage  kam,  sie  an  der  Handschrift  Q  nachzuprüfen.  Doch  ich  will 
hier  die  Ergebnisse  nicht  vorwegnehmen,  sondern  meine  Beobachtungen 
jeweils  an  der  betreffenden  Stelle  der  Inhaltsübersicht  des  7.  und  8. 
Nazar  einfiechten.  Sie  mögen  für  andere,  die  das  Problem  interessiert, 
eine  Anregung  zu  w^eiterem  Suchen  sein. 


Der  /.Nazar,  nach  seiner  vollständigen  Bezeichnung  in  A  und  Q 
^j.j1oLcj  ^j^j^j^  j*-g.jüLjO  vJ^x^l^  (j*'i.;J!  oL;jol  ^5  ^l^1\  J^^,  zerfällt 
auf  Grund  der  Handschriften  und  der  Ausgabe  von  Teheran  in  neun 
Kapitel  nach  den  neun  darin  behandelten  Völkern:  den  Arabern, 
Persern,  Oströmern,  Türken,  Indern,  Zeng,  Nubiern,  Berbern  und 
Gil(äniern).  Eine  allgemeine  Einleitung  über  die  klimatischen  Ursachen 
der  Verschiedenheit  der  Naturen,  Gewohnheiten,  der  äußeren  Gestalt 
und  der  Sprachen  der  Menschen,  erläutert  an  dem  Gegensatze  der 
Bewohner  heißer  und  kalter  Zonen,  geht  voraus  und  stimmt  in  A  und  Q 
im  ganzen  überein  ^).  In  dem  Kapitel  über  die  Araber  zeigen  sich 
aber  schon  tiefgreifende  Unterschiede  zwischen  A  und  Q,  derart,  daß 
A  einen  durchweg  erweiterten  und  ausgeschmückten  Text  darstellt. 
So  gleich  in  den  Eingangsworten,  wo  an  die  Stelle  der  Aufzählung  der 
verschiedenen  Fasl,  die  0  gibt,  bei  A  eine  Anekdote  tritt  -),  die  nach 


238  Julius  Ruska, 

Zurückweisung  der  Perser,  Römer,  Chinesen,  Hindu,  Neger,  Türken 
und  Hazaren  (A  ö  Ji)  die  Araber  für  das  gescheiteste  Volk  erklärt. 
In  dem  ersten  Fasl  über  die  Religionen  der  Araber  steht  bei  A 
eine  Reihe  von  Geschichten,  die  bei  Q  kaum  angedeutet  sind;  der 
zweite  Fasl  über  die  genealogischen  Kenntnisse  der 
Araber  *_jju*öl  j*-^^jix  j.  fehlt  in  Q  vollständig;  der  dritte  über  die 
arabische  Sprache  und  Rede  (A  ^*-f:CA^il  >UJC>  ^5,  Q 
*-pJL*«Jl  X.>l.xas  J.),  der  in  A  4  Folioseiten  zu  31  Zeilen  umfaßt,  ist  in 
Q  mit  20  kurzen  Zeilen  erledigt.  Im  vierten  Fasl,  der  über  die  Sitten 
und  Gewohnheiten  der  Araber  handelt  und  zuerst  ihre  Ruhm- 
redigkeit ^Li^-asl  mit  Beispielen  belegt,  schickt  A  eine  nahezu  zwei 
Seiten  umfassende  Anekdote  von  Nu*män  ibn  Al-Mundir  und  Kisrä 
voraus.  Erst  von  einer  Anekdote  an,  für  die  Anas  ibn  Mälik  als  Ge- 
währsmann genannt  ist,  gehen  die  Texte  A  und  Q  eine  Strecke  weit 
zusammen,  um  dann  in  der  Aufzählung  der  Gewohnheiten  zu  differieren 

und  erst  wieder  gegen  Ende,  wo  ofjJI,  yiJI  (yiäjl),  ^J5,  jy^\  o^^ 
und  «Aoiijl  als  Gewohnheiten  angeführt  und  erklärt  sind,  zusammen- 
zustimmen.  Der  fünfte  Fasl  »über  ihre  verderblichen  Überzeu- 
gungen« SAwvLfiJt  ^'IjwäXci  ^  hat  annähernd  den  gleichen  Umfang, 
wenn  auch  vielfach  abweichenden  Inhalt;  der  sechste  Fasl  über  die 
Dinge,  wodurch  sie  sich  speziell  von  andern  Völkern  unterscheiden, 
schließt  mit  seinen  sechs  Seiten  bei  A  und  10V2  Zeilen  bei  O  wieder 
jede  Vergleichung  aus. 

Die  Perser  sind  in  drei  Fasl  behandelt.  Der  einleitende  Ab- 
schnitt, in  A  etwa  -/^  Seiten  mit  historischen  Exkursen,  beschränkt 
sich  in  Q  auf  4  Zeilen.  Der  erste  Fasl  über  die  Religion,  bei  A 
5  Seiten,  umfaßt  in  Q  wenig  über  eine  Seite;  der  zweite  über  die 
Sitten,  bei  A  5^2  Seiten,  wird  in  Q  auf  2  Seiten  behandelt.  Eine 
größere  Annäherung  der  Texte  finden  wir  erst  im  dritten  Fasl,  der  die 
zehn  Männer  aufzählt,  deren  sich  die  Perser  vor  allen  andern 
Völkern  rühmen.     Es  sind: 

1.  Ferldün   (T:  b.  Äbtln  b.  Kaikobäd)  b.  6am§Id. 

2.  A  1  i  s  k  a  n  d  e  r  (T:  b.  Därä)  b.  Däräb  b.  Bahman. 

3.  Kisrä    Anü§irwän    b.  Kobäd. 

4.  Bahr  am    b.   Jezdegerd  (A:  o^^Jj).  ' 

5.  R  u  s  t  a  m  b.  Zäl. 

6.  G  ä  m  ä  s  p    der  Sterndeuter,    der  Wezir  des  Gu§täsp  b.  Loh- 
räsp  (A:  ,.ju.L^  ^j  ■^Jl>^j^\   «j^»    ..S  ^^^t  ■w-w  IaI^)- 

7.  B  u  z  u  r  g  m  i  h  r    (A  •  j),  der  WezIr  des  Chosrau  Anü§irwän. 

8.  Bärbud,    der  Sänger  des  Chosrau  (A:   Ju^). 


Kazwinistudien. 


239 


9.   Der  Verfertiger  (des  Bildes)  von  Sabdiz  (A:  _.cX,^   ^w>o). 

10.   Farhäd,    der  Qasr  Schirm   (A:  ,.^j.^^   Jü  »uJ,l^)    erbaute. 

Es  ist  charakteristisch,  daß  Q  zu  Feridün  und  Rustam  Verse  von 
FirdausT  zitiert  und  zu  9.  und  10.  ausführlicher  ist  als  A,  der  hier  fast 
nur  die  Namen  anführt  und  dann  die  Bemerkung  L*p.^i>  SJ>  Aäj 
«Jujü  ^j   %.*o\ji\  (iUj  (3  zufügt. 

Die  Oströmer  füllen  bei  A  etwa  drei  Seiten,  bei  Q  etwas 
weniger,  in  zwei  Abschnitten  über  ihre  Religion  und  über  ihre  Sitten. 

Mit  dem  Kapitel  über  die  Türken  beginnen  die  beiden  Hand- 
schriften vollständig  auseinanderzugehen.  Zwar  stimmt  die  allgemeine 
Einleitung  über  Wohnsitze  und  Gebräuche,  wie  die  Anekdote  von  den 
Bekehrungsversuchen  des  Hisäm  ibn  *Abd  al  Malik  im  wesentlichen 
noch  überein,  aber  schon  der  Fasl  über  ihre  Gewohnheiten  enthält  in  Q 
Material,  das  bei  A  vollständig  fehlt,  und  während  das  ganze  Kapitel 
über  die  Türken  bei  Q  (und  T)  mit  dem  Regenstein  abschließt,  beginnt 
hiernach  in  A  jene  große  Einschaltung  aus  dem  Berichte  des  Abu 
Dolaf,  die  schon  1842  von  Wüstenfeld  i)  übersetzt  und  1845  von 
Schloezer3)  mit  lateinischer  Übersetzung  herausgegeben  worden  ist. 
Daran  schließen  sich  Auszüge  aus  Ibn  Fadlän3)  über  die  Slaven, 
Baschkiren,   Hazaren,   Russen,   Tataren,    Jägüg  und  Mägüg,   die  sich 

auch  durch  die  Form  der  Einführung:  (,^c  J^^  .  .  .  ^^•^  deutlich  von 

den  stets  mit  .  .  .  v_Ju>o  'J«l  beginnenden  echten  Beschreibungen  des 
Völkerkapitels  abheben.  Dann  folgt  —  an  falscher  Stelle  —  das  Ka- 
pitel über  die  Gllänier  (A  ^-LJ-t  ^Jü^,  Q  J-^,  T|^.,^>.>),  hierauf  das 
über  die  Inder  mit  auffallender  Hervorhebung  des  Abschnitts  ^^ 
*.pioLc.  Es  bricht  auf  Fol.  163  plötzlich  ab  —  der  Abschreiber  be- 
merkte das  Fehlen  eines  Blattes  und  hielt  eine  Seite  frei,  ohne  sich  zu 
erinnern,  daß  er  das  fehlende  Blatt  schon  vorher  (Fol.  40 r;  vgl.  die 
Fußnote  oben  S.  15)  mitten  in  die  Beschreibung  des  persischen  Meeres 
hineingebracht  hatte: 

iju^  o.Lxis  dU3  J^Uj     ^äJULxj  _fcP»    *Ljf   Ä-xJ,^  !^'^i\j  ^c''^^  ''^''  <s^tA^^ 

(_,         <J^  ■•     J  ^  -^         <J  '-'II  ..  ^  ■■  u-.  i     •• 

0  Des  Abu  Dolef  Mis'ar  Ben  el-Mohelhel  Bericht  über  die  türki- 
schen Horden  in  der  Mitte  des  zehnten  Jahrhunderts.  Aus  dem  kosmographischen  Werke 
des  Zakerija  Ben  Muhammed  al-Cazwini,  übersetzt  von  Dr.  Ferdinand  Wüstenfeld. 
Zeitschrift  für  vergleichende  Erdkunde  Bd.  2,  1S42. 

-)  KuRD  DE  ScHLOEZER,  Äbu  DoUf  Misuris  ben  Mohalhal  de  itinere  asiatico  commen- 
tariiis.     Diss.  inaug.,  Berlin  1845. 

S)  Der  Autor  wird  erst  in  dem  Abschnitt  über  die  Gewohnheiten  der  Slaven  genannt: 


240  Julius  Ruska, 

Die  Inder  werden  nun  zu  Ende  geführt,  die  Zeng,  Nubier  und 
Berber  schließen  sich  an;  dieses  letzte  Kapitel  bricht  wieder  unver- 
mittelt ab  und  setzt  sich  Fol.  163  hinter  der  Lücke  richtig  fort: 

^•i  ^jt^'l  ^x  Lvii  ^^5-''  Q'»  :^-^'  e5^  ~'  ""-^^  ^''-'"'^'  ^-^  '^^^  ^  '^-^-  ^^ 
j-bLä   ,-ti*_j    ^3    ^   s^^t    JJaJ  ^.5'l\Jj    ^:?o    ^3     »Ji^^^    ^^3    ^I^'^i   v^I:»   3-  1 

Jo>^   ^J^3    ^    ^.^53    [«j^^]  II  *^^    i^j    C)^^    ^>^    -^'    ^"^-^    v^vVil 

^5'!^  ooLi"  ^^  c>o-^  _^3    H:>^   '^'^    q5   ^J    "^3    VjL^    vM*^    *J   (*-'^-^->-5  I 

In  den  persischen  Übersetzungen  0  und  T  schließt  die  Beschrei- 
bung des  Brauches  mit  jj.^  J^J  ^Uc  =  sy>i  J^,  worauf  das  Ka- 
pitel über  die  Gllänier  folgt.  Der  Autor  der  Bearbeitung  A  bringt 
aber  außer  dem  oben  mitgeteilten  Schlüsse  noch  interessante  Mit- 
teilungen über  das  Pfeilgift:    o'Jl^-iw*ll  wWa  j.    j^.,_J'J::>r.    ^^^   ^r^i 

(Ms.  ^^\  ^  .>  ,.,U  sLsisj  ^^  xvLx  J.^J!  JJi  53.5  ^J.i  w-.^  x-u 
,OsJ5     ...5     ^533    x>.>.A3    oUP    XvL/«'  w^    iyi     iLj3     -iSiS     \J^   j5j.iUj     wx^j^ 

53^  K^  %^:^..*  wJIä:5  15  J^j  ^^  ^^\  53^P  ^^  (Ms.  ^^^)  ^^„e^j 
53ws  \Äww  (Ms.  sJ^S5  ^_^w5jj  -j:^)  sjr?^5  ^_^w.5^.j  ^  ::>.  v,u:ci>5  *J^wV=>5  01,5 
0»L*j  *.]  ...5  ^Jl.-:^•-i  LJlIo  -^^j  ^^  ^"^  ^^^^-5  A-3  v_jj5  *Ai5  iUx  0--^ 
l^^jLxi^yjS    >._^w:>jt-5    ^   j.j?3    Nbli     5;;^ 5     ^c     (.''iOU^wo)     x;Ojj<-s-o     ^i.5 

p'w*^5  ^^  ^^ui  ^  _^./5  5353  Q^j5_^  ^  \.3^S^  ^.^^  ^\j  ^  ^LJ.i  x;-» 
^3vÄi>'w^5  xXiJ  o./!  \/5J  _li^-i>  53w5  ^^-5  aOÄj  iöy^J  ,^i;.>jJ53 
xL'53   LPjd:^  ■ns5^J5   ^.«3  Ni.s    ^•,Ai^xJ5    ^^^3    (Ms.    iüLi)    \j.i    oV.^-5    ^^^ 

.0.^53   «->-15   x>.J53  oLxiii  (J|i^5 

»Und  dazu  gehört,  daß  sie  eine  List  anwenden  bei  der  Jagd  auf 
Tiere;  es  entgeht  ihnen  nichts  davon.  Sie  haben  nämlich  eine  Art 
Holz,  das  kochen  sie  und  extrahieren  daraus  etwas  wie  Pech.  Wenn 
ein  Mann  davon  ißt,  so  schadet  es  ihm  nicht;  wenn  er  aber  eine  Stelle 


Kazwinistudien. 


241 


verwundet,  die  nicht  größer  ist  als  ein  Nadelstich,  und  etwas  von  dem 
Gift  daran  bringt,  so  kommt  er  um;  denn  das  Blut  fließt  zitternd  wegen 
dieses  Giftes  weg,  bis  es  zum  Herzen  gelangt  und  darin  sich  sammelt  ^). 
Wenn  es  einer  von  ihnen  erproben  will,  so  verwundet  er  seinen  Schenkel 
mit  einer  Nadelspitze.  Fließt  nun  Blut  heraus,  so  nähert  er  ihm  dieses 
Gift,  dann  weicht  das  Blut  nach  seinem  Ort  zurück;  kehrt  es  aber 
nicht  zu  seiner  Entfernung  (Rettung?)  von  der  Stelle  um,  so  tötet  das 
Gift  den  Mann;  und  das  gehört  zu  den  wunderbaren  Dingen.  Sie 
bringen  nur  Weniges  davon  verborgen  (?)  an  die  Spitze  des  Pfeils, 
dann  legen  sie  sich  in  einen  Hinterhalt;  wenn  dann  ein  Raubtier  oder 
Wild  an  ihnen  vorbeikommt,  schießen  sie  es  mit  diesem  Pfeil,  und  wenn 
sich  sein  Blut  damit  mischt,  stirbt  es  sofort.  Und  sie  nehmen  vom  Ele- 
fanten das  Elfenbein,  vom  Nashorn  das  Hörn  und  von  der  Giraffe  das 
Fell.    Gott  leitet  zum  Rechten,  zu  ihm  ist  die  Rückkehr  und  Zuflucht.« 

Schon  diese  summarische  Inhaltsübersicht  und  Vergleichung  der 
Texte  des  Völkerkapitels  zeigt,  daß  der  Bearbeiter  von  A  den  Text 
der  dritten  Stufe,  den  die  persischen  Übersetzungen  repräsentieren, 
von  Anfang  bis  zu  Ende  überarbeitet  und  durch  zum  Teil  umfang- 
reiche Zusätze  erweitert  hat.  Wir  haben  es  mit  einer  vierten  Stufe 
der  Textbearbeitung  zu  tun,  die  keinenfalls  als  Werk  des  K  a  z  w  i  n  1 
angesprochen  werden  kann.  Gegen  den  Inhalt  des  Kapitels  an  sich, 
besonders  in  der  kürzeren  und  geschlossenen  Form,  in  der  es  in  den 
persischen  Übersetzungen  auftritt,  wäre  kaum  etwas  einzuwenden, 
da  man  ja  die  verschiedenen  Völker  als  Arten  der  Gattung  Mensch 
auffassen  und  so  der  Aufzählung  der  Stein-,  Pflanzen-  und  Tierarten 
parallelisieren  könnte.  Aber  der  7.  Nazarist  vom  8.  nicht 
zu  trennen,  und  die  Gründe,  die  gegen  die  Echt- 
heit dieses  letzten  Nazar  sprechen,  entscheiden 
auch    gegen    das    Völkerkapitel. 

Zwischen  den  7.  und  8.  Nazar  ist,  wie  bereits  bemerkt,  vom  Ab- 
schreiber ein  Blatt  eingeschoben,  das  Wüstenfeld  als  ein  Bruchstück 
des  Kapitels  über  die  Medizin  im  8.  Nazar  ansieht  (Vorrede  S.  X).  Daß 
davon  keine  Rede  sein  kann,  lehrt  ein  Blick  auf  den  Text,  den  ich  hier 
vollständig  mitteile: 


0  So    nach  A:    «..♦JO^».     Es    ist  aber  nach  der  geltenden  Gifttheorie  Js^.>^»,   »ge- 
rinnt«  zu  erwarten  und  zu  verbessern. 


242  Julius  Ruska, 

1^     ^'.iuji    0.5    ^t    *Ju5    !^J^    ...1    ^^^w    iolj    «J'i^'    viUö    '^-ÄJ    ^    LK>'-*3;    ^j-* 

iJLo    !_)     ».P»     'ujÄJLi>     -y«     Jü'»     s^^    iJ    w«.>^    ♦XCI     ^.JLäj     äj     Lj!,I 

^L>JlA/«     \J>3-/<.»      c>>^>'J"      »^        .,wx-sit      c:l,ö      ,^W      LäJLc»      ,Lj1      JJL.>       --/S      XjtliS      JL 

,.,«^;->'^!  ,i.c  c^^äJU  13!  J.-«.^!  JLJI  "x-i',  .-Y-^»  ^.i:>».xil^l  KjIS  «-»JCs-i  LA4-5«'>-ij 
Lj-JLc     j.!j     Lxi    J^xjS'ö    *j    äl^il    ^Vx:    .  iLc»     iJLij    ,.j3l     j:;^^^     Xx5     Ja5>-^     L\i>i 

,  ^j-^ji  i5  »^wfl,  j*.^  Nv^  J^-'i   ft^^•^^  x«.^  13!   J«Äxi!  Jo3  ...I    \y.kS^\*   ,  i^ijw 


XJwxi!    ..y/«    (Ai>!     -y/o    ^^JLxjI    i^ii!    ^_J.j     V.::>,    i£.    \JiJ!    -,3,J    'wxj_a«    *-^    iUjtxji 

,»^Ä£:    eU3    «,_x^3    X~iÄxj*'   J-^   f^y^  *i-   C'>^*^-    •r^'^J^   i-)'^-!vy^^   ci^^   L^-Äic^ 

(  w.L2^ü     >.ij.y     o,.x3»     vi>.jJwo    '^^^^3    l.\->^xä>o    ,\c    c>-J^»     i>.j\i-/«    o>X:>u 
]- -  ^      ^  ■•  ■  ••  L?  ■■      ^         J^  ^ 

*.xJ>'Ji       *^-J       !,!.J     ♦wCfci      J.     ,.,  «.C-A2J      ,.^Äi!      ...LxxxiJi      ,\ü     i^Jwxil      Vi>.iLU:       .,!. 
-xw.j'b!!    o\->ÄJ!      ,ivE.     cV^      Xo3      jj^      X.kS>-      LÄxIjtJ       «.jj!         <.^^1      r>A     <^xJ    Oi  .S>- 

^xAi    j^iiLäi!    ;J.    OvxJ    L?*^''^      c*:*^^    Ä^i    (JvC    J^u);     ,.jl»     ijvxj(     ijj^Laxv     ^^•U.j 
iAjA^       .,b       \;^      V-%     ♦i^'Ju!     iJ^^      *-5      iAj:      ^^      Äi>i      J^>j      wijl^      d^'-> 

♦i    vAj;    q/s    ^i>JL*:>.    ,.j!.    \Jixxxvo    *Jij   ^S    '>-tv^>-^    ^->    Jy-N-'S    -^>j^    wJJi-i 


S.ft,v^5 


Kazwinlstudien.  o  .  -> 


3Juj\  i-f*^  __r**^J  (_t^v^"^^  «AjuX.^  (3^  ^r?^  ^  c>Jli>0  LPuXJI:>.  j_5>jo«I 
is.Ä>w    KjL/0     -4JIJ     J*>r^_»     '-J"?'-^-^     i3»i     ic>^.J»J      >-*^      sJ\.jJo^    cjL^     a^i3    c>.Jlji5 

^JLjjLil  j.?.   (j^jJ-lil  o-Lfl   ^i-yj^i  ^'sU'J  q1    ojy   IÖ.5  i.>;^  ^.Jv.4J;^LJi  ^U 

(jöj^!  c:^<\j  U^!  J.  ,jA?>J>  \3\*  Ä.^»  'CJ-S  w*.-3j  ij^4.==-  }^*s>\  iOp-  .^ 
c;/.b' U  is..«.J.Ij  Lil^  \3  '■^^>5  'w/>^r»;-i^  t^_Ä-y^l  ^_•,i->■  j*.'i>  LÄ^j5  i^j-b  c>^/«LsL 
&,Ä/i    c^-jS'^Ä^w.l    ,.»1~'-^    ,.,LwwJ!    Kjl=-    C-'L    ,.,!»     Lp_ij     A^v>Lji.5     '^A.rjJi     ^OLj;Lii 

^  .    .       ..  ..  V    i.'^        •>         r 

Vl^-^^)     J^i.=^      lZ-^x^"      i3)      z')^-*«'!      ^J      i^  ^t^l,      *>^-^       -T^^-^r^      ...LAvi^i 


<» 


^iwC    c^^äic;,    is.^:>      ^^_^    c:/>».Xs    i35    ^-;^^=^    ^rV*--?^    ,.jL>Lwl_»      VOwaj    J>.>,    A^'Äj 

*-J        "-^  ^  ■■  ^1/  ^  •  i -^  l_>  •      LJ 

/  ilc     o!     ^äÄJ        '  rä.i  -  x^«!      .^^Ij!     (^jL^.        ^^      '"^t^^^^      -^3      ^■S'*^^      X.äÜ^      (  ^^*' 

Wir  haben  es  mit  dem  Bruchstück  einer  Liste  zu  tun,  die  im 
wesentlichen  eine  Aufzählung  von  spezifischen  Eigenschaften  der  Teile 
der  Tiere  darstellt  und  zwar  in  Einzelheiten  mit  den  von  K  a  z  \v  i  n  i 
in  dem  Abschnitt  über  die  Tiere  Beigebrachten  übereinstimmt,  aber 
doch  auch  manches  Neue  enthält,  so  besonders  in  dem  von  der  Schlange 
handelnden  Teile.     Den  Eingang,    der   in   der  Handschrift  oAx^«     \J>\ 

^\    .x^    .Ai  lautet,  habe  ich  so  geändert,  daß  übersetzt  werden  kann  : 


.AvOi' 


O 

»Wenn  man  Wasser  mit  Menschenhaar  destilliert  und  damit  Eisen  ab- 
geschreckt wird,  so  wirkt  es«  usw.  Wie  das  Stück  in  die  Handschrift 
geraten  ist,  ob  es  Abschrift  aus  einem  ähnlichen  Werk  oder  ein  Auszug 
aus  KazwTnT  mit  neuen  Zusätzen  ist,  muß  einstweilen  dahin- 
gestellt bleiben. 


2A.A  Julius  Ruska, 

Über  den  Bau  des  8.  Nazar  »Von  den  Künsten«,  der  in 
den  persischen  Texten  nicht  weniger  als  21  Kapitel  umfaßt,  von  denen 
nur  die  zwölf  ersten  in  A  erhalten  sind,  soll  die  folgende  Zusammen- 
stellung nach  dem  Index  von  Q  und  dem  Texte  von  Q  und  T  eine  erste 
Orientierung  geben.  Ich  bemerke  vorher,  daß  die  Indices  und  ihre 
Zählung  persisch  abgefaßt  sind,  die  entsprechenden  Stichworte  und  die 
Zählung  der  Kapitel  im  Text  aber  arabisch,  und  daß  der  Index  von  T 
besonders  besprochen  wird.  Wo  die  Ausdrücke  in  den  persischen 
Indices  wesentlich  von  den  arabischen  verschieden  sind,  sind  sie  in 
den  Klammern  mitangeführt. 

1.  Von  der  Landwirtschaft   (^;^=>>^) 

2.  Von  der  Viehzucht  (xj-i^  —  J>-^•^) 

3.  Von  der  Jagd  (;jo->LXsi  —  ^■f:^) 

4.  Von  der  Weberei  (XJ  .x>) 

5.  Von  der  Baukunst  (t->o) 

6.  Von  der  Schmiedekunst  (soL\.:>  —  ^J:j^\) 

7.  Von  der  Zimmermannskunst  (0,^0  —  ^j:^ j>»,o) 

8.  Vom  Handel  (bjl^ö  —    JLi'^juj) 

9.  Von  der  Rechenkunst  (:\juv*s>) 

10.  Von  der  Schreibkunst  (njJü') 

11.  Von  den  Versmaßen  ((v:r»-£  —  .xXi) 

12.  Von  der  Musik  (  Ji-y^^^^) 

13.  Von  der  Heilkunst  (w*~j) 

14.  Von  der  Körperpflege  (c:^;jj) 

15.  Von  der  Beseitigung  der  (sexuellen)  Gebrechen  (v-J^c  ^^^'}) 

16.  \'on  der  Sterndeutung  (j^^jJi   ^S.z>\  —  i^-^^^  ^^^J^^) 
ly.  Von  der  Anwendung  des  Astrolabs  {\^''iJ.cuS'}\  \*s:) 

18.  Von  den  magischen  Quadraten  (j^^_^-l  JlcXc!   S) 

19.  Von  den  Talismanen  (oL*.*^Ai:j) 

20.  Von  den  Beschwörungen  (o..>.i^^) 

21.  Von  den  Feinheiten  der  Zauberkünste  (J^   ^lIx) 

Man  könnte  denken,  daß  diese  Liste  von  Künsten  genügt.     Allein 

der  Index  von  T  verspricht  noch  viel  mehr  —  dreißig  Kapitel  — ,  nur 

daß  der  Text  nicht  hält,  was  der  Index  uns  in  Aussicht  stellt.    Er  geht 

•  bis  10  mit  dem  Index  von  0;  dann  fehlen   11,  12,  13,  14.  offenbar 

■  weil  von  dem  Lithographen  eine  Zeile  übersprungen  wurde,  dann  folgen 


Kazwinistudien. 


245 


die  weiteren  Artikel  vom  15.  bis  zum  20.     Zwischen  diesem  und  dem 
21.  sind  aber  noch  die  folgenden  9  Artikel  eingeschoben: 

21.  Von  der  ,magia  praestigiatrix'   (.-^.♦-y.v) 

22.  Von  der  Chemie  (^^^^) 

23.  Von  der  Beschreibung  der  Edelsteine  ^)  {^\,^  '^::,JüJ) 

24.  Von  der  Beschreibung  der  Drogen^)  (^ä  u>äx3) 

25.  Von    dem  Vertilgen   der    Spuren   (,LS1    ^JL*) 

26.  Von  der  Vertreibung  lästiger  Tiere  ((^öj^  oJLx:>   ^iS) 

27.  Von  den  Werken  der  Geometrie  (    ^JJS>  S^*-^^) 

28.  Von  den  Rätseln  {Ju) 

29.  Von  den  ,praestigiae'  (»tX>jt^) 

[30  =  21.     Von  den  Zauberkünsten  (j>w^)]. 

Es  wären  nun  die  einzelnen  Kapitel  nach  ihrer  teilweise  sehr  weit- 
gehenden Gliederung  vorzuführen  und  der  Text  von  A  mit  den  persi- 
schen Texten  zu  vergleichen.  Man  wird  es  mir  aber  kaum  verdenken, 
wenn  ich  mir  Beschränkung  auferlege  und  nach  Vorlegung  einiger 
dem  8.  bis  I2.  Kapitel  entnommener  Stichproben  zum  Schluß  komme. 

Das  8.  Kapitel  ist  dem  Handel  und  der  Warenkunde 
gewidmet.  Q,  T  und  A  beginnen  in  gleicher  Weise  mit  einer  Ein- 
leitung über  die  Unentbehrlichkeit  des  Handels,  die  bei  A  mit  den 
Worten  schließt: 

Dann  werden  die  besten  Arten  verschiedener  Kategorien  von 
Waren  aufgezählt,  und  zwar  zuerst  Gold,  Perlen  und  Edelsteine,  dann 
Sklaven  und  Tiere,  dann  Drogen,  dann  Gewebe  und  dergleichen, 
schließlich  »einzelne  Gegenstände«.  Die  Listen  wimmeln  von  Ent- 
stellungen, und  es  ist  hier  nicht  der  Ort,  sie  in  Ordnung  zu  bringen; 
doch  sei  wenigstens  der  Anfang  als  Probe  mitgeteilt: 


-^^\      .xÄE    

J)    ot-^ 

■^^^      .^£.    

j^    ot-^ 

...-übt.)        j^i    Q-A*^L)    V 

')  Die  Titel  23  und  24  entsprechen  zwei  neuen  Abschnitten  der  Handschrift  A  in  dem 
Kapitel  über  den  Handel. 


246  Julius  Ruska, 

T      —      —    Qj-^  ^^^    o-j^^       —       ~     —     —       ~~      — 

Q  '^^=^ji)         Ot-^^  L^^jr^         J^-       »^-^^^^        ^^f^^Jri        0^:T^:         ~~ 

T  (A:>-j-, »  -j^j_i/a  «^j  —  —  

Q      —     ^ö^     —  —        —        ^^xÄ£    Qj^-^3    —    —      cLj>^ 

A       —    ^Ax>C:i    —  —     ^>S\     ^ys^\     j*s>,     ^1\   ^-i    ^^^_^\ 

O  ^»      lXJ;        -^-**'-j     iOCii        >w.j         <  c.Jb         (  w.-.t      •-j;Ä^» 


_o-J 


T       — -        vAJ;        ^3».^wj        .0         J>«j    ,^,Uj    ()*'-•  ^     .-r-? 

A    ^L.,fjtli    ,  i^lc    Jj_»    '■'j^^*       '"^.^-^      L.~"^'      '^•^  l5'-?"^  U'*'^         J^^-^ 

(^    J^     -r^.,.    j.^     *^     ,c^»>      — 

A  ^^5    —     —    —    —         —       —     lu^L     LÄ^    ,.,^    !it      -Pl*Ü-     .-»^ 

,i^j)    /  ixiSwi      .x;>»         —        —     —       —      ^>.zjU    -««I 

Es  mußte  nun  auffallen,  daß  in  A  nach  dieser  reichhaltigen  Auf- 
zählung von  Kostbarkeiten  und  Handelswaren  bis'zu  Papier  und  Tinte 
herab  mit  den  Worten  »und  da  nun  diese  kostbarsten  Waren  die  Sklaven, 
Edelsteine  und  Drogen  sind,  so  wollen  wir  einem  jeden  einen  besonderen 
Abschnitt  widmen«  drei  umfangreiche,  die  ganze  Disposition  des  Ka- 
pitels störende  neue  Abschnitte  eingeführt  werden.  Ich  hatte  das 
Kapitel  über  die  Edelsteine  längst  übersetzt  und  seine  Herkunft   er- 


Kazwinistudien.  ^  ,  - 

-4/ 

kannt,  als  ich  die  persischen  Übersetzungen  erhielt  und  die  Tatsache 
der  Interpolation  bestätigt  fand.  Q  und  T  schließen  an  die  Auf- 
zählung der  Waren  noch  zwei  kleine  Anekdoten;  an  ihre  Stelle  sind  vom 
Autor  der  Bearbeitung  A  jene  neuen  Abschnitte  eingesetzt.  Der  Ab- 
schnitt über  die  Sklaven  enthält  nichts  Erwähnenswertes.  Der  Ab- 
schnitt über  die  Edelsteine  stimmt  zum  Teil  wörtlich  mit  dem 
von  Geh.  Rat  E.  Wiedemann  in  dieser  Zeitschrift  Band  II  (191 1) 
S.  345  ff.  in  Übersetzung  veröffentlichten  Auszuge  des  a  1  -  H  ä  z  i  n  T 
aus  a  1  -  B  I  r  ü  n  T  überein.  Es  ist  mir  durch  sein  liebenswürdiges  Ent- 
gegenkommen ermöglicht  worden,  den  Petersburger  Text  nach  seinen 
Photographien  mit  dem  Texte  von  A  zu  vergleichen,  und  ich  teile  hier 
den  Text  von  A  mit,  indem  ich  einige  Anmerkungen,  die  Emendationen 
und  sachliche  Erläuterungen  enthalten,   hinzufüge. 

lj;a:oNt3    ^^i>^!|3     ^^S]^     0JJ^^3    j^^^i    ,-*>^Jt     O^LJt     ^^\j.l\^)      41^ 

i^   ^[^j^^  r^   ^^^''   r^'   ^'^j'^  öbj^'^5  ^__^>^jJ    Q    (5  0^^?^ 


»)  Der  Auszug  aus   al-Häzini  (H)  beginnt  in  der   Übersetzung  von  E.  Wiedemann 
mit  S.  347  letzte  Zeile,  in  der  Handschrift  Fol.  90  r.     Zusätze  von  A  sind  in  (  )  gesetzt. 

3)  Fehlt  in  der  Petersburger  Handschrift. 

5)  Folgt  bei  H  nach  Aufzählung  der  roten  Varietäten. 

*)  i*.>-ö-J  mit  Bezifferung.     Der  Originaltext  bei   a  1  -  B  i  r  ü  n  1 ,    der  mir  zu  dieser 

Stelle   zufällig  zu  Gebote   steht,   hat  si.V:>.L5  und  *.j  wie  oben,  dazu  noch   ..yA    *-^;^% 

^O^VawÄxJ    Li^     -«.jS^iil»      -i[^>.^S!     .jjO  _i3.wjj*;  diese  siebente  Art  ist  als  Nr.  4  in 

dem  von  Cl.-Mullet  benutzten    Ms.  S79,  dem    ,L^^!L     .^\^    '\ijLA    ,%    .\.jj^\    .^ 
eines    unbekannten    Verfassers,  aufgeführt. 

7)  Lies       ÄjJü).     Die  beiden  letzten  Farben  als  Nr.  2  und  4  auch  im    ,i.*w'l^'i   ..v* 
(Cl.-Mullet  a.a.O.    S.  36;  Ms.  S69   ist  wohl  Druckfehler  für  S79). 


24.8  Julius  Ruska 

3^^^iLÄix   ^,^1   UJ    iUxi   ^S_,  ^.>Ljj  3.äJ!  ^^sl^^  Uu^,  ^,.-oj  ^^'1  x.**.-»^ 

.'JülO.    i,w>oJ)    ^,j.i^li     -  ,^ttAi^    j*^'^^     ä-zi^fi    (^t'^'^     Oi-^^3    j*r^^^     iö*..4.;> 
^c.j     1^5,     -^^^^3     ^j*:^       c-^^     ^j'^h     "^X^-y^     ^      ^^Pjs.-'      ^A     0-Äi/a     xjwo 


^L*.ACU    ^^yiASJUj  ^-^^^-''3    ^<^'--*^-y'3   ^-♦-'-'    ^J-'3  O" 


.A>     ^5 


I)  Von  Cl.-Mullet  nicht  erwähnt,  fehlt  also  vermutlich  im  JijmJ^\  .*h  Ob 
a  1  -  ß  i  r  ü  n  i  die  Unterarten  nennt,  kann  ich  jetzt  nicht  feststellen.  Diese  überschießenden 
Stellen  machen  es  zweifelhaft,  ob  der  Auszug  aus  a  1  -  B  i  r  ü  n  i  von  A  unmittelbar  a  1  - 
JJ  ä  z  i  n  i  entnommen  ist.  Es  spricht  aber  auch  nichts  für  direkte  Abhängigkeit  von 
a  1  -  B  i  r  ü  n  i  ,    da  sonst  viel  größere  Abweichungen  zu  erwarten  wären. 

=)  H  ^^_;r<-J^ 

3)  H     ^ä-l    und     ..^JÜ^a 

■f)  H     O.S  ist  ,  O.S   »Siegelstein«  zu  lesen. 

5)  y  fehlt  ».1;  A  hat  offenbar  die  bessere  L?sart:    »quadratisch  oder  länglich«. 

6)  y  ^j^i^'l;  A  ^yi-ijT  Vgi.  WiEDEM.^NX  a.  a.  0.  S.  34«,  Note  4  zu  dieser 
Stelle!     Die  Tabelle  beginnt  also  mit  •/+  Dänik. 

7)  y  setzt  die  Tabelle  fort:   ^jj     ^Jsü^\*    j-ÄjJ     xj.x:    ^^,-J    J-ä^x     ^äa=j. 

^Jsl^\    v3wäj*     ,-oJ       JJ-J     _ÄAi^'»    ^-^slj^*  j-v:>^ 


„^,    ^^-    •^.,.^^,    uw--_5    ;.~-     ij: 


«)  U  dafür:  <^^iS^\    x^-^i    Jo:.*    N^U^S    Ok5w>j-l    5^-^^|^ 

9)  Fehlt  vollständig  bei  ^i;  ob  aber  aus  a  1  -  B  i  r  ü  n  1  ? 

«°)  9  hat  diesen  Satz  nicht,  spricht  aber  direkt  vom  ^.Xj>L\^i  J»xLL  Die  Identi- 
fikation des  L  a  '  i  mit  dem  B  a  1  a  h  s  ,  d.  h.  dem  Stein  aus  Badahsän,  und  weiter  mit 
dem  ruhin  balais  (Balasrubin,  eine  Varietät  des  edlen  Spinells)  durch  Cl.-Mullet  (a.  a.  0. 
S.  109  ff-)  ^vird  durch  a  1  -  A  k  f  ä  n  i  (vgl.  al-Machriq  190S,  S.  755)  bestätigt.  Das  schließt 
einen  freieren    Gebrauch    des   Wortes   JoiJ    für   alle   möglichen   roten   Edelsteine   nicht 


Kazwinlstudien.  249 

iLjuoÄj!     c>^*ij     /M^»     ^  -xJJO    S.Xi.E.    X/Uw^s     |.,L^,J>     klj      w^s      ♦^.uXj.j     li'JtH 

jjjj!  w«U  ^j^i-l-i  J-5  CT"-;'^  C7-   '^  f^J^  "^  O"^  ^"''  ^^  a^^"^'  o^ 

,^»>L;ü  ^_5^Jul  ^^.>A^1  ^Ui^l»  OJ->^^  6^ii:i;i  J.  ^'^^Xc^i^  5^^:>^JL^J5^ 
7  ,'lÄjJ     äjUJ      liJLj»      Läxii     ,.,u5^    ^3L     ,Läji3     o^j^     ii.Ä^-<ÄS     ^LäJOo     ,.,-J''      ^-^^ 

aus;  denn  wer  möchte  behaupten,  daß  das  einzige  damals  bekannte  und  zuverlässige 
Mittel  ihrer  Unterscheidung,  die  Bestimmung  des  spezifischen  Gewichts,  stets  angewandt 
worden  ist  ?  Die  ausführlichen  Angaben  der  von  Cl.-Mullet  zitierten  Autoren  gehen  im 
wesentlichen  auf    a  1  -  B  i  r  ü  n  I    zurück. 

i>)  y  fügt  hinzu:  -i'jLuJJ  !tA.*~>-  "^r*"!^'  ^^  ''^^  von  Wiedemann  mit  j'jLx-^jl 
der  Lexica  identifiziert;  der  Kznz  al-Tigär  liest  nach  Cl.-Mullet  offenbar  irrtümlich 
i'jL^ÄÜ,  die  A k  f  ä  n  I  -  Handschrift  J  :L-Ji.  Sonst  gilt  der  skorpionsfarbige  (  ^J-Ä^^, 
/sOii^)  als  die  beste  Art.  Da  liJ-.LxJ  der  Name  des  Distrikts  sein  soll,  in  welchem  dieser 
Stein  gefunden  wird,  jlxJ  aber  die  Zwiebel  bedeutet,  so  erklärt  sich  daraus  die  Über- 
setzung JLij  »zwiebelartig«.  Diese  Erklärung  (Wiedemann  S.  349)  steht  aber  nicht 
im  Texte  des    al-Häzini. 

0  Dafür  genauer  H:     Lx     is-«,v^i     *.>■!, iA*.J     ikxi-)      ,.,''•'      ,l>.Ä£:1      ^     ^aw-jI» 
/  »  .  ..       ^      ^        .      <j  Cv^>'  ^'      \     ^   ^ 

.K.j_5  ^    -^'^'-^    jj-^c-    /»Pj>3    ,mJ_5    ^^!>    i^'^^T'    3-/i^c    *-s-*    C>-?^" 

2)  Werm  auch  „  .=>0  »wälzen«  bedeutet,  so  ist  „  .5>-iA.«.j1  doch  gewiß  nicht  di.* 
»walzenförmige«,  sondern  die  kugelige  Perle,  als  die  Normalform  zuerst  genannt.  Vgl. 
isJ>^,s>J»,  die  Mistkugel  des  Pillendrehers. 

3)  H    ...  ».>jtiL,    ebenso   Q.  T  usw.;    vermutlich  doch    .jj.ÄxÄJt,    die  augenförmige 

(DozY  II,  19S  »globulaire«).  Leider  hat  Cl.-Mullet  die  im  ,l.jw.^i  .^m  enthaltene  Ter- 
minologie nicht  in  seinem  Essai  wiedergegeben. 

4)  Da  ^^l*il  mit  Js^  ..:*='>.*il  ^  erklärt  wird,  so  i^t  an  einen  kegelförmigen 
Gegenstand  zu  denken  und  schwerlich    -x^ij!   »die  jugendliche«  zu  lesen.    Aber  ich  finde 

».  > 

nur  j,^£.  »the  kernel  of  the  stone  of  the    fruit    (,  i*J)  . . .  of  thc  .lXaw«. 

5)  Nicht  die  »große«,  sondern  die  »rübenförmige«.  Es  handelt  sich  bei  all  diesen 
Bezeichnungen  offenbar  um  Abweichungen  von  der  Normalform,  die  nach  entsprechenden 
Naturobjekten  benannt  sind.  —  Ich  sehe  nachträglich,  daß  a  1  -  A  k  t  5  n  I  aus- 
drücklich von  verschiedenen  Formen  spricht,  offenbar  nach  derselben  Quelle:  das 
hier  stehende    ^/s'^i  beweist  nur,  daß  die  Bedeutung  des  Terminus  nicht  mehr  bekannt 

ist.     Als  weitere  Formen  der  Perlen  werden  angeführt  (^53«.^'',    i^'t:'-^^^    ^^.iC^a-j), 

6)  So  nach  H;  A  i3_5^1  J.!  Der  Text  ist  gegen  H  stark  gekürzt;  insbesondere 
fehlt  der  Vergleich  mit  den  Pferden,  \Yiedemann  S.  349. 

7)  A  falsch;  H   ,'-.L;l>    '>^.a    ,-j-*-'-i    S-'Jik^i    ^'Js^    -,i>.).i»    v,.Ä>oi    ^^■.'i\    !3U. 


2  =  0  Julius  Ruska, 


LpLs>!    J.1    ,jJ!    vi>N.4-Cij!    !jt^    J^LÄ-'!    x^«-*.^»     AÜju!     xiia^I^    4joi:>JÜ     SfvAj^i 


l.  )^  1     >  i.  v-^  ••  -^      ^  "-^  •     ^      .  •  ^^        l_r        "^ 


w 


O' 


XA-wlii5^    ^o_^\^    ^    j^^-*^'   j^^^  -^r^    L"*-*'     '^'^   j^^H^   ^-^   ^^,Jsj1   X-«^ 


>)  So  y;  A     ^^.ij    und 

»)  Vgl.  die  weiteren  Angaben    a  1  -  H  ä  z  i  n  i  '  s  a.  a.  0.   S.  .149. 

3)  Der  Satz  bei  H:  iP-sIiiJ  ci*^Ac  \j>\  !Aj.s  La^j!  Ljiix  ^,*^j  muß 
übersetzt  werden:  »und  ähnlich  wird  sie  auch  »Aj^  genannt,  wenn  kein  Gegenstück  zu  ihr 
vorhanden  ist«.  Die  Ausdrücke  Fand  und  JatTma  entsprechen  also  unserem  »Solitär*. 
Über  die  Jatima  lesen  wir  bei    a1-Akfäni  :      -ÄJi    X.».*,<LaJi    \Xji    lAi»»    'wC    >  nc)^ 

c^oiy^  Jy^-^  ^■^^'■^"    ^"H-3    cr^    -T^^    r^"-^   i-)''3r^    i'T^    dU-«JI    >A>.t    uXlc   ^.:^S 

AJL\i»     MJjl,     l\..i^-J,     K>Jü     X.:s-j>wX/« 
^         ^  ^        •    >       ■•  •  ^ 

5)  Für  die  hier  genannte  Tabelle  wie  für  die  beim  Smaragd  ist  bei  A  ein  leerer  Raum 
gelassen.     Alles  über  die  Perlen  weiter  von  a  1  -  y  ä  z  i  n  i  Gesagte  fehlt. 

6)  Nach  Tifäsi  bei  Cl.-Mullet  S.  78  heißen  die  unmittelbar  aus  den  Minen 
gewonnenen  Smaragde  v— Ajkoä.  Der  Ausdruck  paßt  auf  die  von  Natur  säulenförmigen, 
im  Querschnitt  rundlichen  Kristalle,  auch  wenn  von  einer  Durchbohrung  keine  Rede  ist. 
Die  von  Wiedemann  nach  Cl.-Muli.et  zitierte  Nachricht  über  das  Aufreihen  der  Sma- 
ragde auf  Elefantenhaaren  (!)  —  doch  wohl  nach  Art  röhrenförmiger  Glasperlen  —  stammt 
aus  P  1  i  n  i  u  s  und  ist  höchst  unglaubwürdig. 

7)  Hier  folgt  bei  y  noch  eine  Reihe  von  Angaben. 

8)  Die  Tabellen  bei  a  1  -  B  i  r  ü  n  i  stammen  vermutlich  aus  einer  persisch  verfaßten 
Macula  des  N  a  s  r  b.  J  a'k  ü  b  a  1  -  D  i  n  a  w  a  r  I  oder  aus  dem  Kitäb  ß  'Igawähir  waHashäh 
des  a  1  -  K  i  n  d  i  ,  da  der  erstere  als  ^jS\  ^5  ^^^iS^^  <tJjl  bezeichnet  wird  und  sein 
Buch  mit  den  Namen  der  Juweliere  aus  den  Tagen  des  *  A  b  b  ä  s  und  M  e  r  w  ä  n  beginnt. 

9)  Offenbar  aus  dem  bei  H  erhaltenen     ^Aj,^jl    d.   i.      _oJo--*«j!  verschrieben; 

sonst  würde  man  eher  auf  die  Korrektur  5-*i^    (Aj>X.cio!  verfallen. 


I 


Kazwinistudien.  ,  .  . 

-  1 1 


•      XaaJ 


a''   J-^^     Vy^jj     iö^lxJU     iülj^Jb     oL^w^l     yjs!     o^L^'!     ^^j 

,P'j      V^^-?^J     Lf^^^^-b   ^-i=3.^'^   >3^^U    ^:.:^J.^^N5    ^it^Jt^    ^.^j^;i 

^'.iJ    xj    o-^^-^^^^    L-^-^^    C^*^3)     -»r^;^     '^^     3^5.50     ^^     ^^^o     :<^^ 

^^^.^  ^jj!  ä^.o  ^;  j^^u  ^.,5  ^Ä.^.i^j  _.L:^y!3  s^^uji^  ^^^p\  o.iu:t 

Ö-JJ^  -^  -"^^  ^ j^j^^  ^^b  (^  c^^:ä;<:j  (^^U!  ^.^  ^g.  Va  J^<5  Li_^^s  b'^.^ 
^-^j  ^i  ^^y^i>  ^.z^  J.C  ^Ulj  e^  j^^Äj  7^.,L^Li.  ^  ^JL^o 
^^J-^^  JwxiüJ5  ^;^^.^!  ^,^IJt   ^.^1    ^ä.-.^_^^J53  j^y^NI    ^U^^rj^    ^^^\^^ 

^\^^\  )^\^  ^\^^  -u;^  ^jxi\  ^j3  v;,^3  ^V^t-^^  ^3;*:!  ^^^Ji:!  ;:-i 


J)  Die  Farben  fehlen  auffallenderweise  bei  H.  Vgl.  Wiedemann  S.  352  Nr.  i.  Da 
die  Edelsteinarten  nur  nach  den  Farben  unterschieden  werden,  kann  ^Lii  und  .  Li! 
als  synonym  gelten.  ^ 

-)  H  fügt  hinzu    ^„j^^^S^  ;  vgl.  K  a  z  w  i  n  i  s.  v.  ^j^^\ 
3)  A  *J5U3  ^A  4)  H  hat  Dinare  statt  Dirhem!  5)  A   .^^'L 

6)  A  c:.A.xä-o.  Die  Stelle  fehlt  bei  H,  stammt  aber  wahrscheinlich  auch  aus 
a  1  -  B  I  r  ü  n  i  :  »Manche  Leute  mischen  Splitter  von  weißem  Jäküt,  Bergkristall  und 
Glas  unter  den  Diamanten.  Die  Methode  dafür  (zum  Erkennen  der  Fälschung)  ist,  daß  er 
in  einen  Beutel  aus  Ziegenleder  getan  und  stark  geknetet  wird;  alles,  was  nicht  Diamant 
ist,  wird  dadurch  zerbröckelt«. 

7)  Genauer  bei  H. 

8)  Der  Text  ist  bei  H  gestört:  ^^>  CT^'^  J^  l5^  ^'^'^  ^'•*^^  ^" 
Zunächst  ist  ^jj^,*i  wie  q..«*«.5>  aus  ^.^Jj:*^  oder  ,-».ii3-  verdorben.  Es  kann  aber 
auch  nicht  heißen,  er  nimmt  das  »Wasser«,  d.  h.  Durchsichtigkeit  und  Farblosigkeit,  durch 
Reiben  an,  sondern  »er  läßt  sich  m  i  t  Wasser  auf  einem  rauhen   Stein  abreiben«. 

9)  H  vollständiger:  ^^Jb  O-av«  JLc  j^xJLj;  auch  der  Satz  iS^  .  'i^  U  J^i^^, 
•^y>-\  jjä    \-^^  fehlt  in  A. 

")  Wörtlich  ,der  als  »milchfarbig«  bekannte'  oder,  wenn  die  Angabe  zu  ^jLs    jj    .j^ 

bei  VuLLERS  »genuscoloris  caerulei  inalbum  vergens«auch  auf   jX£,jjji    ausgedehnt  werden 

darf,  der  »blaßblaue«.     Bei    a  1  -  A  k  f  fi  n  i    ist  falsch    [»l'itv*«    gedruckt  (S.  762),  in  dem 
allgemeinen  Teil  über  den  Handel  hat  A     ^'J-fc^l, 

")  A  OVJÄ4-SL,   H  &>5JI    («.a^^äJI^ 

")  Die  Texte  weichen  stark  ab;  H  hat^cijj.     Das  Kapitel  über  denjilai-  fehlt  bei  A.' 
Islam.     ly.  r. 


21^2  JuliusRuska, 

An  den  Abschnitt  über  die  Edelsteine  schließt  sich  unmittelbar 
der  über  die  Arten  und  die  Herkunft  der  wohlriechenden  Drogen: 
der  Aloe,  des  Kampfers,  des  M  o  s  c  h  u  s  und  der  Ambra. 
Da  diese  Dinge  in  das  Gebiet  der  Botanik  und  Zoologie  gehören,  will 
ich  sie  jetzt  nicht  weiter  verfolgen. 

Das  9.  Kapitel  über  die  Rechenkunst  nennt  diese 
notwendig  für  den  Menschen  in  geistlichen  und  weltlichen  Dingen; 
es  gebe  darin  Vorteile,  die  nur  die  Spezialisten  kennen,  und  viele  Arten, 
aber  jeder  müsse  das  Fingerrechnen  verstehen.  Dann  wird  bemerkt, 
daß  die  Finger  sich  zum  Rechnen  eigneten,  als  ob  sie  dafür  geschaffen 
seien,  und  daß  es  wunderbar  sei,  wie  zur  Darstellung  der  größten  Zahlen 
zwölf  Zahlwörter  ausreichten;  endlich  wird  eine  Art  Anweisung  zum 
Fingerrechnen  gegeben. 

Aus  dem  Abschnitt  über  die  »Bestimmung  von  Unbekannten« 
-j..*^!  -,t-^JC*.!  A  sei  die  erste  der  drei    »Methoden«  nach   der  Hand- 

Schrift  A  angeführt:   x.,^\  ^\   J.    ^^-Jl    (A   ^.,!)    ^x   ^jü'  ^\   ^\   \J\ 


^Z^^s>^^>^      )Js.>-'»      i\.*>*«.J      ,^XJ      ^XJ>.J       OJl»       Xjlww^J       l\Jl.wj' 

is.J-AAw.^1     ;J.      A.J»J-w5      !A^-L     (5)vAäX     r-^'i       .-twi     *i)-xP      ^Jwi>wS      xx.wj'        ^aJ     ^ 

»Wenn  du  wissen  willst,  an  welchem  von  den  Fingern  sich  der 
Siegelring  befindet,  so  heiße  ihn  (den  Besitzer)  vom  Daumen  bis  zum 
Siegelringfinger  zählen,  dann  die  Zahl  verdoppeln  und  mit  5  verviel- 
fachen, dann  immer  wieder  9  abzählen;  nimm  dann  für  jede  Neun 
eins,  und  wenn  nicht  mehr  neun  übrig  bleiben,  so  ist  da  der  Siegel- 
ring. Wenn  (sein)  Gezähltes  eins  ist,  so  ist  der  Ring  am  Zeigfinger, 
wenn  es  zwei  ist,  am  Mittelfinger  und  so  weiter. «  Also  eine  kindliche 
und  dazu  in  den  Beispielen  verkehrte  Anwendung  der  Neunerprobe. 

In  dem  Abschnitt  über  »wunderbare  Fragen«  Ä.>yj^vc  Jo'-»*««  J: 
werden  fünf  primitive  Rechenaufgaben  gestellt,  die  es  nicht  lohnt,  im 
Original  abzudrucken;  doch  seien  sie  in  Übersetzung  mitgeteilt: 

I.  (Es  waren  einmal)  zwei  Männer;  der  eine  von  beiden  hatte 
drei  Brote  und  der  andere  zwei.  Sie  wollten  sie  essen,  da  kam  ein 
dritter  und  aß  mit  ihnen.  Hierauf  hinterließ  er  bei  ihnen  fünf  Dirheni 
und  sagte:  »Dies  zwischen  euch  nach  dem  Maß  dessen,  was  ich  von 
eurem  Brot  gegessen  habe. «0    Da  sagte  der  Besitzer  der  beiden  Brote: 

*)  Die  Voraussetzung  ist,  daß  jeder  gleich  viel  von  den  Broten  ißt,  also  5/j  Brote; 
dann  steuert  A  y^  und  B  Y3  Brot  bei  und  A  muß  vier,  B  einen  Dirhem  erhalten. 


Kazwinistudien. 


253 


»Mir  zwei  Dirhem  und  der  Rest  dir!«  Da  gingen  sie  zurück  zu  den 
Leuten  des  Brotes,  und  diese  sagten:  »Dem  Besitzer  der  drei  (Brote) 
vier  Dirhem  und  dem  Besitzer  der  zwei  einen!« 

IL  Es  kaufte  ein  Mann  ein  Stück  Land  um  1000  Dirhem,  unter 
der  Bedingung,  daß  seine  Länge  100  Ellen  und  seine  Breite  ebenso 
groß  sei.  Da  sagte  (der  Verkäufer) :  »Nimm  dafür  zwei  Stücke  Land, 
jedes  davon  50  Ellen  lang  und  ebenso  breit.«  Da  dachte  er,  daß  dies 
das  Entsprechende  sei,  und  diese  gingen  zusammen  vor  den  Richter, 
ohne  zu  rechnen,  und  er  schloß  den  Vertrag  in  dieser  Weise.  Da  gingen 
sie  zurück  zu  den  Sachverständigen,  und  diese  urteilten,  daß  das  die 
Häufte  des  Entsprechenden  sei. 

IIL  Es  mietete  sich  jemand  einen  Mann,  der  ihm  einen  Teich 
graben  sollte,,  dessen  Länge  (und  Breite)  4  Ellen,  in  der  Tiefe  4  Ellen, 
um  8  Dirhem.  Da  grub  er  ihm  je  zwei  Ellen  nach  Länge,  Breite  und 
Tiefe  und  verlangte  von  ihm  4  Dirhem  als  Hälfte  seines  Lohns.  Sie 
stritten  sich  darum  vor  dem  Richter,  ohne  zu  rechnen,  und  er  urteilte, 
daß  dies  das  Entsprechende  sei.  Darauf  gingen  sie  zusammen  zu  den 
Sachverständigen,   und  diese  sprachen  ihm  einen  Dirhem  zu. 

IV.  Es  mietete  sich  jemand  einen  Mann,  um  einen  Brunnen  zu 
graben  von  10  Ellen  um  10  Dirhem.  Da  grub  er  9  Ellen  und  ver- 
langte 9  Dirhem,  neun  Zehntel  des  Lohns;  da  gingen  sie  zusammen  zu 
den  Sachverständigen,  und  sie  sprachen  ihm  acht  Dirhem  zu  und 
etwas  vom  neunten  Dirhem. 

V.  Es  ging  eine  Frau  zum  Fürsten  der  Gläubigen  *Ali  ben  Abi 
Tälib  —  möge  Gott  ihn  in  Gnaden  annehmen  — ,  als  er  schon  den  Fuß 
im  Steigbügel  hatte,  um  wegzureiten,  und  sagte  zu  ihm:  »0  Fürst  der 
Gläubigen,  ich  habe  einen  Bruder,  der  ist  gestorben  und  hat  600  Dirhem 
hinterlassen,  aber  er  hat  mir  nichts  davon  gegeben  außer  einem  einzigen 
Dirhem.«  Da  sagte  er:  »Er  hat  doch  zwei  Töchter  hinterlassen  und 
eine  Mutter  und  seine  Frau  und  zwölf  Brüder  und  Schwestern!«  Da 
sagte  sie:  »Ja,  o  Fürst  der  Gläubigen!«  Da  sagte  er:  »Das  ist  Dein 
Anteil«,'  und  ritt  weg. 

Die  beiden  letzten  Beispiele  können  ihrer  Natur  nach  nicht  rechne- 
risch behandelt  werden  und  gehören  in  das  Gebiet  der  »salomonischen 
Urteile«.  Die  beiden  vorangehenden  stehen  als  Beispiele  für  die 
Notw^endigkeit  mathematischer  Kenntnisse  schon  bei  den  Ikwän 
as-safä  in  der  Risäla  über  die  Geometrie  (ed.  Bombay  I,  52);  das 
erste  Beispiel  findet  sich  in  verschiedenen  Varianten  in  unseren  Auf- 
gabensammlungen zur  Arithmetik  und  Algebra.  Es-  kam,  wie  ich 
einer  gütigen  Mitteilung  von  Prof.  G.  Eneström  entnehme,  mit 
Leonardo  Pisano's    Über  abbaci    (Ed.    BONCOMPAGNI,    Rom   1857, 

iS* 


254  Julius  Ruska, 

S.  283)  in  der  hier  vorliegenden  Fassung  mit  den  Zahlen  3,  2,  5. 
nach  Europa  und  fehlt  seitdem  in  keiner  ausführlicheren  Arbeit  über 
»Recreations  mathematiques«.  Daß  es  auf  eine  griechische  Quelle 
zurückgeht,  ist  nicht  wahrscheinlich^  da  es  weder  unter  den  bekannten 
griechischen  arithmetischen  Epigrammen  noch  sonst  zu  finden  ist*). 
Hierauf  folgt  ein  als  äJjCJU  jIlXc^!  Js^uis  J.  J.*^  bezeichneter 
Abschnitt,  der  von  der  Berechnung  von  Kreis  und  Kugel  han- 
delt, weshalb  ich  glaube,  daß  die  Überschrift  aus  »jvil.  ,LobS!  J^u^  Ä 
korrumpiert  ist.  Er  stimmt  —  von  falschen  Zahlen  abgesehen  — 
fast  wörtlichmit  Fol.  47''  der  Petersburger  Hand- 
schrift des  al-Häzini;  ich  beschränke  mich  auch  hier  auf 
den  Abdruck  des  Textes,  zu  dem  E.  Wiedemann's  Übersetzung  in 
den  Sitzungsberichten  der  Phys.-nied.  Sozietät  in  Erlangen,  40.  Bd.  (1908) 
S.  46  verglichen  werden  mag.  Der  Abschnitt  fehlt  in  den 
persischen   Übersetzungen,  wie  vorauszusehen  war. 

U^j    O^^t    -i^Joa    SS    J.    ,3-.*j:l     x^.     i^y^'S»   ji^O"^!     Ja>./:o      t%    ^.AiS 

;3w>wfii  Ki^iii  v.y.  ci,3  o^'i  Nxjj  J^5. 

r.f..    o^^(l  ^.j.    [9|,_j.j   -W^'    ^'S   3A=>I^Ji 

*)  Karte  vom  2.  VI.  13.  Nach  Mitteilung  von  Prof.  Dr.  H.  VVieleitner  steht  die 
Aufgabe  noch  in  fast  der  gleichen  Form  bei  J.  Ghersi,  Maicinatiea  dikücvole  c  curiosa, 
Mailand  1913,  wo  sie  wie  folgt  beginnt:  »Due  viaggiatori  arabi,  uno  dei  quali  ha 
5  pani  e  l'altro  3  . . .  «.  In  der  Sammlung  von  Hei.s  ist  die  Aufgabe  klassisch  stilisiert 
—  die  Partner  heißen  Caius,  Sempronius  und  Titus,  und  es  handelt  sich  um 
eine  Mahlzeit;  bei  Bardey  sitzen  drei  Reisende  im  Wald  beim  Essen,  und  es  kommt 
ein  vierter  hinzu. 

0  A  öJcxJtj    olAt^l  '-)  A  ^  3)  A  iJÜ5 

4)  A  io    IjsJCsi;  H  fügt  den  Rest  des  Koranverses  (3,  85)  hinzu. 

5)  Der  ganze  Satz  fehlt  H  bis  hierher. 

6)  So  nach  H;  A  iALs^^-JI  ohne  '^.S'JCSi^       7)  A  iJ,  H  om.     jjt         «)  A  ^-jjS^^ 
9)  Dieser  gar  nicht  in  den  Zusammenhang   passende   und   von  \Yiedem.\nn    in   der 

Übersetzung  unterdrückte  Satz  in  A  und  H! 

'°)  H  om.;  es  muß    »Meilen«  heißen. 

»)  H  rw  ^x  !n  j:^»,  Ifil*',  von  WiEDEMANN  in  649339/77  verbessert,  das 
auf  u  =  3,  1416  führt.  '^)  H  35  973  474;  A  hat  die  Millionen  richtig. 


Kazwinistudien.  255 


J- 

.^X*il  ^\yC*l\   Jvr'sl.i'«  J-  ^^'^3    ->o^-^    lols    Js-jCl      4xi:5-  ^-ty*^-^j'    i}>*^:^^-J    -PJiä 
(.L'i.^!     ä-iJCi»    JwJsLiU.-?    ^^    C->^^^^     '*>^^-'     J;.*'^^^    j^^^     -— aJ>3   ^^   ^^'^  _J 

Den  Schluß  des  Kapitels  bildet  die  bekannte  Geschichte  von  der 
»Verdoppelung  der  Felder  des  Schachspiels«,  die  wieder  auf  al- 
H  ä  z  i  n  1  hinweist,  obgleich  sie  gegen  den  von  E.  Wiedemann  in 
Übersetzung  gegebenen  Text  stark  verkürzt  ist  und  insbesondere  den 
zweiten  und  dritten  Abschnitt  (a.  a.  O.  S.  52,  53)  nicht  enthält.  Eine 
direkte  oder  indirekte  Abhängigkeit  von  a  1  -  H  ä  z  i  n  i  ergibt  sich 
insbesondere  aus  der  völligen  Übereinstimmung  in  der  Methode,  die 
großen  Zahlen  in  »Behälter«  einzuschließen,  die  von  der  aus  a  1  - 
B  1  r  ü  n  T'  s  Chronologie  bekannten  abweicht,  und  aus  der  Identität 
des  gewählten  Beispiels.  Ich  gebe  den  Text  nach  A  mit  Beifügung 
derjenigen  Varianten  von  H,  die  zur  Emendation  des  Textes  dienen 
können: 


I)  Auf  die  Zahl  folgt  in  A  JAxI!   ^O    ;;^.5,  in  H   ^*^^^    ^    f^^' 


o 


=)  H  ^jJxm.  3)  A  Ki^i  1)  A  \Xi>  ^..w.>o    H__-wj;x  5)  H  j^Jj 

6)  A  xy,Jl;  H  nur  ^^.'A^    i3-     A  läßt  eine  Zeile  frei,  H  gibt  die  Tabelle. 

7)  Hier  ist  ein  längeres   Stück  ausgelassen,  dessen  letztes  Wort  bei  IJ  'i^^-gi^  lautet; 
vgl.  die  Übersetzung  a.  a.  0.  S.  4S. 

9)  A  ^jW    H   J.;^>    ^^U         >°)  A  '^i 


2C6  Julius  Ruska, 

ii;.y^    CC-T^^    '"^    ^''^    ^"^^    '^''''    "^^^    "''^  ^^    ^^'    r'"^'^    *.Ni;IiiJI 

L|I->*Xo     ,.-c     (ii.j)     JoäJLiuJ!      i:>ou      ,„sJ'^)!      »^'!^      Jji'»     38_^'   m  d  r'  ^  ^ 

J!  ^  Ijt    -L>  x^.^1  ^a^'i     9jA*j   loJuJl    J.    ,.A^^>!5    »w^^ 

Jl    .s.wUo    rol    '4^:^^    \i'    j    .;:^    fo^    'S^tj    j.5     j    l^tj    L-ii-«    l^^-S    J^     J- 

k^s»  '-J  JLIjuJ!     JLo.t    ^^!a>!    u>=,j>    '5iw5   UoiÄJ    *.i    ( ,  ^  jc«.ii)    'w;iÄ^i 

')  Es  fehlen  zwei  Nullen,  und    einige  Ziffern  sind   falsch;  sie  sind  in  der  folgenden 

richtigen  Zahl  herausgehoben:  iS  446  "44  O73  709  55I  615.  ')  A  wC»i^  H  L^»i^ 

3)  y   hat    für  „  einen  Schnörkel  (Interpunktionszeichen  ?),    der  Null  bedeuten  soll, 

und  ÄJ  für  »,  außerdem  die  Zahl  selbst  in  J»4-s»    v_j».s>-  ausgedrückt.     Vgl.  Übers.  S.  50. 

6)  Vielmehr  c;^-s^"l    J-    (  t^^->*^';  statt  oyO  hat  H  ^r^'j^^    ioiii^    j. 

7)  Es  müßte  ^^LÜ    ^5  heißen;   y  hat^,AJi_5    (lies  ^|jJ!    j.)  ^,jJ!    ^t. 

*)  A   .wcw^'l    j.       9)  A  lXxj      '°)  A  5-UL*-«Ji     >i)  Die  Tabelle  fehlt  wie  immer  in  A. 

'^).H  spricht  auch  vorher  fast  durchweg  in  der  ersten  Person;  ich  habe  die  Punktation 
von  A  nicht  geändert. 

•3)  Hier  stimmt  A  mit  H  gegen  sich  selbst  in  der  ersten  Aufzählung. 
'4)  y  beide  Male  XJ^i^  '5)  A  L^    wU-^wJij 

'6)  A  und   H  IlXjI      Die    Summenformel     der     geometrischen    Reihe    i=  a , 

q—\ 

angewandt  auf  a  —  \.  q  =^  2. 


257 


-«.£i 


K^azwinistudien. 

'"H^  ^-XXÄ.M*j    ^^xXxJ    OLij     [3^>.X;CX>^    qJ    0_5„«.j>'^/S    ^lt\/»]     .ÄL/iÜI    ^^.AJiXxl\ 
^^,J>     ^Jj     fj.J    ^S'    KääJ    c>-:r-_~>    '-^t4^    „si.l2^j5     /*>|;^      OixCL^^j    Vi; 

Die  angekündigten  Verse  und  die  Tabelle  fehlen;  unmittelbare 
Abhängigkeit  des  Bearbeiters  von  al-Häzini  ist,  wie  bereits 
bemerkt,   hier  kaum  von  der  Hand  zu  weisen. 

Meine  Vermutung,  daß  auch  dieser  Abschnitt  dem  Kapitel  über 
die  Rechenkunst  ursprünglich  fremd  sei,  hat  sich  insofern  nicht  be- 
stätigt, als  die  Geschichten  von  dem  Philosophen  und  von  *Unsuri  als 
kurze  Anekdoten  am  Schluß  des  Kapitels  auftreten.  Aber  gerade 
dieser  Umstand  beleuchtet  wieder  das  Verfah- 
ren des  letzten  Bearbeiters:  denn  wie  er  jene  beiden 
Anekdoten  am  Schluß  des  Kapitels  über  den  Handel  durch  größere 
sachliche  Exkurse  ersetzt  hat,  so  hat  er  hier  die  Schachanekdoten 
durch  den  Exkurs  über  die  Berechnung  von  Kugel,  Kreis  und  geo- 
metrischer Reihe  ersetzt  und  erw^eitert. 

Im  10.  K  a  p  i  t  e  1  wird  von  der  S  c  h  r  e  i  b  k  u  n  s  t  gehandelt, 
der  edelsten  der  Künste;  ich  übergehe  die  von  A  gegen  Q  und  T  lang 
ausgesponnenen  Betrachtungen  und  bemerke,  daß  auch  dem  Abschnitt 
über  die  verschiedenen  Schriftarten  von  A  eine  längere 
Einleitung  über  die  arabische  Schrift  vorangesetzt  ist,  die  mit  den 
Worten  schließt:  >>Was  andere  Schriftarten  betrifft,  wie  die  hebräische, 
syrische,  koptische,  indische,  slawische  und  himjarische,  so  kenne 
ich  die  Art  ihrer  Erfindung  (t^^)  nicht  und  nicht  die  Weisheit,  die 
darin  niedergelegt  ist;  Gott  kennt  am  besten  die  Geheimnisse,  und  dies 
sind  ihre  einzelnen  Zeichen.« 

Es  werden  nun  in  0  —  diese  Handschrift  hat  die  ursprüngliche 
Aufzählung  und  Anordnung  am  besten  bewahrt  —  die  hebräischen, 
syrischen,  koptischen,  indischen,  aber  nicht  die  slawischen  und 
himjarischen   Buchstaben   in   schwarzer  Tinte   nebeneinander   und   die 


')  Hier  springt  der  Auszug  auf  den  vierten  Abschnitt  über;  dieser  ist  ohne  Ver- 
gleichung  mit  al-Häzini  unverständlich,  da  die  Difinition  der  »königlichen«  Jahre 
usw.  in  A  verdorben  ist. 

^)  So  richtig  gegen  H  '^i .liÄ.Af.W .  3)  Dies  ist  ein  Zusatz  von  A  gegen  H. 

<)  So  nach  H;  A  hat  ■■J^JsJi.^    .  .  .   .j.^^    q;V^    -^^3 


258  Julius  Ruska, 

arabischen  Äquivalente  in  roter  Tinte  darunter  gesetzt.  Einige  he- 
bräische und  syrische  Buchstaben  sind  noch  zu  erkennen,  von  kopti- 
schen nichts,  und  als  »indische  Buchstaben«  werden  die  Zahlen  i,  2,  3 
...  10,  20  .  . .  100  .  . .  1000  angegeben,  deren  arabische  Äquivalente 
nach  dem  j^:>o!  richtig  darüber  stehen  (mit  Vertauschung  der  Farben 
in  einer  Zeile).  In  A  ist  durch  das  Hintereinanderschreiben  der  Zeilen 
ein  Chaos  entstanden,  aus  dem  nur  die  indischen  »Buchstaben«  heraus- 
leuchten; die  slawischen  Buchstaben  sind  vollkommener  Unsinn,  die 
himjarischen  fehlen.  Bei  T  ist  der  Wirrwarr  durch  Wegfall  der  ver- 
schiedenen Farben  noch  größer  geworden,  die  Reihe  der  Zahlen  ist  um 
die  von  11  bis  19  vermehrt  und  das  Ganze  wird  als  »koptische«  Schrift 
ausgegeben. 

Hieran  schließt  sich  als  ein  Glanzstück  unserer  vermehrten  und 
verbesserten  KazwTnlausgabe  ein  Abschnitt  (Q,  T  '\j^2::^xj\)  'o^L*l-*.il  j. 
über  wunderbare  Korrespondenzen.  Er  umfaßt  in  A  nicht  weniger 
als  5  Folioseiten,  in  0  24,  in  T  20  Zeilen.  An  die  Briefsammlung 
schließt  sich  ein  kürzerer  Abschnitt  (O,  T  KvLw^.^JI)  oL***»^!  j., 
der  bei  A  gegen  0  und  T  nicht  wesentlich  geändert  ist. 

Im  II.  Kapitel  werden  die  Versmaße  charakterisiert.  Den 
Anfang  macht  das  Tawil,  den  Schluß  das  Mutakärib  (A  '\.!i.XA). 
Daran  schließt  sich  ein  in  A  nicht  besonders  hervorgehobener  Abschnitt 
über  die  fünf  »Kreise«  (Q,  T  Ji^iAJ!  J.  J.-o.s),  durch  die  gewisse  Vers- 
maße ineinander  übergeführt  werden  können.  Es  wird  in  A  auf  bild- 
liche Darstellungen  hingewiesen,  für  die  große  Lücken  gelassen  sind; 
in  Q  sind  an  den  betreffenden  Stellen  Bilder  eingefügt,  die  mir  ganz 
unverständlich  sind:  als  erstes  ein  roter  Kreis  mit  blaßvioletter 
Füllung,  in  der  ein  gelber  Affe  steht;  als  zweites  ein  schwarzer 
Kreis  mit  roter  Füllung  und  knieendem  Mann  in  blaugrünem  Kleid; 
als  drittes  ein  in  ein  blaues  Quadrat  eingeschriebener  roter  Kreis 
mit  moosgrüner  Fläche  und  knieendem  Mann  in  gelbem  Kleid;  als 
viertes  ein  roter  Kreis  mit  blaugrüner  Fläche  und  einer  hunds- 
köpfigen  violetten  Menschengestalt,  als  fünftes,  ohne  Kreis  und 
farbigen  Hintergrund,  eine  bärenköpfige,  schwarzbraune  Menschen- 
gestalt mit  gezücktem  Schwert  und  sonderbarem  Kopfputz. 

Endlich  ist  das  12.  Kapitel  der  Musik  gewidmet.  Es 
umfaßt. in  0  2^/2  Seiten,  in  T  eine  Folioseite  ohne  Einteilung  in  Ab- 
schnitte, in  A  nahezu  5  Seiten.  Die  Texte  stimmen  ungefähr  zu- 
sammen bis  zu  den  Versen 

L^.      ^JLftil      .4.-C2X      j      .J         ,JU>u. 


1 


Kazwlnlstudien, 


259 


Dann  schaltet  A  einen  theoretischen  Abschnitt  über  den  Gesang 
ein,  der  sich  besonders  noch  mit  der  Art,  der  Anordnung  und  den  Namen 
der    oioj,  d.i.  der  persischen  b0.j  (Singweisen),  beschäftigt: 


Lf 


/slii»     ,\^.>».i      Js.ä\sLj;     ^jLÜ»     ,.,'wJ.ä>o1    ^ii^jwij!»     ,vt_»jl     ,  -JLijL    O^J, 


^j«v/au^_»     c^-rj"'      ^^■^-^^'jr'.j)    ;^-;'j-"z    (j)'-r'^'    ^-^-^'^■"^    oL>         l?' 


.Ä^iLxJU     ii\.Ai<w».J      ^<wL>ij)_»     »L/fl       -^/aLÄJ)»      \^kSj\^      «.jLav.jU       'viJ  ,iJ      (w.iJL.w.ji»i      /C  »^ , 


V>  ...  •;.•.>■(  ..1    ...  .-.  .1  V^ 


Von  den  angegebenen  Namen  sind  als  Verschreibungen  richtig- 
zustellen der  vierte,,  der  ^üjl  .j;  und  ^sV^^^.i'  zu  lesen  ist,  der  fünfte 
,5  »Lp.  und  der  siebente,  der  nach  den  Lexikographen  J.>ü;,  i<lj.sji\ 
oder   ,.,|jjsj;  lautet. 

Nach  der  Aufzählung  werden  die  vj.,j  noch  genauer  beschrieben, 
darauf  folgt   ein  Abschnitt  über  die   Harmonie  o^cLäj^S!  J.,  der  über 

eine  Seite  umfaßt,  ein  paar  Zeilen  über  o^^^^l  o.>,o  v^t^^j  und 
endlich  die  Hätima,  die  A  wieder  mit  O  und  T  im  wesentlichen  bis 
zu  den  Schlußworten  gemeinsam  hat: 

c>.ii5*    \j>\    (j^aÄÜ     ,.,L5     KÄ,wvr^    oL/Oo^    «..♦.Ä.w.-J.J    C'j"^    O'*    (^)j-— '^*'    J^*3 

»Und  es  sagt  Plato:  Wer  bekümmert  ist,  höre  schöne  Weisen; 
denn  wenn  die  Seele  bekümmert  ist,  so  erlischt  ihr  Licht,  wenn  sie 
aber  hört,  was  ihr  Freude  macht,  so  entzündet  sich  wieder  von  ihr,  was 
erloschen  war.<( 

Hier  schließt  die  Handschrift  A  ab  —  was  nachfolgt,  ist  ein  fremder 
Zusatz  — ,  und  damit  kann  auch  die  Untersuchung  als  beendet  gelten. 
Es  liegt  auf  der  Hand,  daß  die  Dinge,  von  denen  die  letzten  Kapitel 
der  Handschrift  handeln,  mit  einer  Naturgeschichte  im  allgemeinen 
und  mit  KazwTni's  olsUj^vJ!  ^l:>^s.  im  besonderen  nichts  zu  tun 
haben.  Die  vollständige  Liste  der  Zutaten  in  O  und  T,  wie  das 
Weiterwuchern  dieser  unmöglichen  Stoffe  in  dem  Index  von  T 
muß  auch  den  vorsichtigsten  Beobachter  überzeugen.  Fällt  aber 
das  Kapitel  über  die  Künste,  so  fällt  mit  ihm 
das  über  die  Völker,  und  damit  k  o  m  .m  t  für  die 
ganze  dritte  und  vierte  Bearbeitung  l^azwinl 
nicht     mehr    in     Frage.       Daß    ein    Autor    in    einer   spätem 


2  6o  Julius  R  u  s  k  a  , 

Bearbeitung  Stücke  zusetzt  und  wegläßt,  die  innerhalb  seines  Themas 
liegen,  ist  eine  alltägliche  Sache;  daß  er  aber  ganz  auf  Abwege 
kommt  und  sich  in  völlig  heterogene  Gebiete  verliert,  ist  eine  An- 
nahme,  die  keine  innere  Wahrscheinlichkeit  für  sich  hat. 

Als  sicherer  und  durch  die  Existenz  zahlreicher  zum  Teil  sehr  alter 
Handschriften  gesicherter  Text  kann  nur  die  Ausgabe  erster 
Hand  gelten.  Bei  einer  Neuausgabe  des  K  a  z  w  I  n  T  müßte  vor 
allem  die  München  er  Handschrift  464  zugrunde  gelegt 
werden,  die  —  nach  gütiger  Mitteilung  von  Prof.  Dr.  C.  F.  Seybold 
—  am  24.  Sawwäl  6/8  =  28.  Februar  1280,  also  3  Jahre  vor  dem 
Tode  Kazwinl's  in  Wäsit  unter  dessen  Augen  i)  geschrieben 
ist.  Schon  die  erweiterte  und  allem  Anschein  nach  auch  noch 
von  K  a  z  w  1  n  T  besorgte  zweite  Ausgabe-)  ruht  auf  einer  viel 
geringeren  Anzahl  von  Handschriften;  die  beiden  auf  dieselbe 
Vorlage  zurückgehenden  Handschriften  B  C  enthalten  Lücken  und 
müßten  mit  etwa  weiter  noch  vorhandenen  Handschriften  der- 
selben Klasse  erst  verglichen  werden.  Ob  die  dritte  Bearbeitung 
mehr  auf  der  zweiten  als  auf  der  ersten  ruht,  und  wie  diese  Ausgaben 
im  einzelnen  benutzt  wurden,  ist  eine  Frage,  zu  deren  Beantwortung 
umfassendere  Vergleichungen  nötig  sind,  als  hier  gegeben  werden 
konnten.  Das  arabische  Original  der  dritten  Bearbeitung  scheint  ver- 
loren; wir  wissen  nicht,  wann  und  von  wem  es  ausgearbeitet  worden 
ist.  Es  müßte  ebenso  als  der  Ausgangspunkt  der  persischen  Über- 
setzungen wie  als  Grundlage  der  in  A  enthaltenen  Bearbeitung  gelten. 
Eine  persische  Bearbeitung  ohne  arabische  Grundlage,  also  Rück- 
übersetzung von  A  aus  dem  Persischen  ist  sehr  unwahrscheinlich. 
Welche  Tendenzen  bei  dieser  Bearbeitung  und  Erweiterung  der 
Kosmographie  wirksam  waren,  konnte  sowohl  für  ein  großes  Gebiet 
wie  für  einen  Einzelfall  in  vollkommen  übereinstimmender  Weise  ge- 
zeigt werden;  die  Signatur  des  Ganzen  ist  der  Verfall  echt  wissen- 
schaftlicher Interessen  und  das  Überwuchern  der  Geheimwissenschaften. 
Von  den  mir  bekannt  gewordenen  persischen  Übersetzungen  gibt  die 
schwer  lesbare  Handschrift  Q  den  besten  Text,  P  scheint  weiter  vom 
Original  abzuliegen,  T  ist  ein  schon  stark  verdorbener  Text,  der  aber 
doch,  wie  mir  scheint,  näher  zu  O  als  zu  P  gehört. 


j8 


■)  Von  dem  Arzt  Jsjj>j.j  ..^L*v.J! «  JuXxjJ)  ^c-  ^  J^.*^  -yJ  Js.«.:S!^ 
»  Vjjiit  Ja^!«J  [Gratzl]  Katalog  der  Ausstellung  von  Handschriften,  .München  1910, 
S.  21  (und  danach  Saxl,  Islam  III  152)  76S  —  1366  [1.  778  =  1376];  Aumer  678 
oder  7 78!  C.   F.   S. 

»)  WÜSTENFELD,  Vorrede  S.  VII,  VIII;  Dcdikation  an  *Alä  ed-din  'Atä  Mulk  b. 
Muhamn.ad  al-GuwainI,    gest.   12S2. 


Kazwinistudien. 


261 


Eine  ganz  eigenartige  Stellung  muß  der  Bearbeitung  A  zuerkannt 
werden.  Sie  ist'  von  einem  Gelehrten,  der  ein  gediegener  Kenner 
älterer  Literatur  war,  ausgeführt  worden.  Er  hat  offenbar  in  manchen 
Kapiteln  den  Status  quo  ante  wiederhergestellt,  wie  das  in  der  Em- 
bryologie und  Anatomie  zutage  trat.  Zahlreiche  Kapitel  sind  von  ihm, 
ohne  daß  etwas  am  Gesamtaufbau  geändert  wurde,  durch  stoffliche 
oder  theoretische  Ergänzungen  bereichert  worden.  Anderseits  haben 
aber  auch  gewisse  apologetische  Tendenzen  noch  weiter  gewirkt  und 
befestigen  den  Eindruck  einer  relativ  späten  Entstehung  der  Bear- 
beitung. Dürfen  wir  annehmen,  daß  die  schwer  beschädigte  Vorlage 
von  A  das  Original  darstellt,  so  wäre  mit  seinem  Verschwinden  die 
Einzigkeit  der  Handschrift  A  leicht  zu  erklären.  Zweifellos  war  das 
Original  wie  alle  größeren  K  a  z  w  i  n  I-  Handschriften  reich  illustriert 
und  mit  Tabellen  versehen;  das  beweisen  die  in  A  allenthalben  an  den 
betreffenden  Stellen  offen  gelassenen  Lücken. 

Nachdem  nun  festgestellt  ist,  daß  der  in  A  unvollständig  vor- 
liegende Text  eine  vielfach  umgearbeitete  und  wesentlich  erweiterte 
Fassung  des  alten  KazwTni- Buches  ist,  erscheinen  gewisse  Sonderbar- 
keiten   der  Handschrift  A    doch    in    einem  wesentlich   andern  Lichte. 

Wir  werden  wohl  annehmen  dürfen,  daß  der  Schluß  des  Werkes, 
der  die  weiteren  Kapitel  des  achten  Nazar  und  die  Naturgeschichte 
der  Dschinnen  und  Tiere  umfaßte,  ursprünglich  auch  vorhanden,  aber 
bereits  verloren  war,  als  der  Abschreiber  die  Reste  der  verwahrlosten 
Handschrift  rettete.  Aber  es  berührt  doch  eigentümlich,  daß  auch 
die  charakteristischen  Vorreden  fehlen,  in  denen  sich  der 
Verfasser  nennt  i)  und  durch  Erklärung  der  vier  Worte  des  Titels  diesen 
sicherstellt  2).  Wollte  der  Bearbeiter  das  Werk  als  sein  eigenes  aus- 
geben, wozu  er  ja  ein  gewisses  Recht  hatte,  so  war  die  Beseitigung  der 
Vorreden  und  ihr  Ersatz  durch  eine  andere  jedenfalls  ein  gut  gewähltes 
Mittel,  die  Aufmerksamkeit  abzulenken.  Selbst  die  persischen  Hand- 
schriften haben  noch  die  Vorreden  mit  dem  Abschluß  durch  die  Verse 
des  Abu  '1  'Atähija  und  darauf  den  Index;  A  allein  hat  dafür  die  von 
Wüstenfeld  S.  15  abgedruckte  Vorrede,  und  zwar  mit  der  üblichen, 
wenn  auch  recht  roh  ausgeführten  A'erzierung  des  Blattanfangs.  Der 
Schluß   ^^y^LöA  ^^^Ic  Ix^v^   ^jl   (.t■^^  ^*5'    ^^^   ^^^^  Wüstenfeld  zum 

0  Wüstenfeld  S.  I :  J^.4.^.xi    ^j     ojo=-^      ^^j     AjS'^    ^.*>o^^     JyjiJI   ^^-äj 
2)  Wüstenfeld  S.  5:    ^^    ob^j^^^j)    woLi.    OcäJLi^^.Ji'    u-^j..=^    ».Xj.^^^ 


2^2  Julius  Ruska, 

Beweise  der  Echtheit  von  A  so  viel  Gewicht  legt,  kann  sich  ebensogut 
auf  einen  früheren  Index  als  auf  die  zweite  Mukaddama  beziehen. 
Daß  das  Werk,  das  nur  in  der  Handschrift  A  erhalten  ist,  tatsäch- 
lich einen  andern  Titel  führte,  und  den  früheren  Besitzern  nicht 
als  das  Werk  des  K  a  z  w  i  n  I ,  sondern  höchstens  als  eine  erweiterte 
Bearbeitung  desselben  galt,  lehrt  ebenso  der  neue  Titel  auf  dem  ersten 

Blatte:  öTZ=^Ii3r~I33^!I~ZTJi  Ow>aiX;l  äT^^  ^^  wie  der  in 
der    Nachschrift    erhaltene    ältere   Titel    IJ     oLobCI     xä^ö     uj.xi' 

oL*-i^.JI.  Ow^jCJLäil  ..^x)  .c^=>.  Ich  lasse  die  Frage  offen,  ob  der  Schluß 
der  Nachschrift,  die  schon  Wüstenfeld  in  seiner  Vorrede  zitiert,  der 
Wahrheit  entspricht  oder  nicht:  »Der  Verfasser  des  Buches,  Ahmed 
el-Takruri  el-Schafi  'i,  sagt:  Die  Anordnung  und  Abfassung 
desselben  wurde  vollendet  am  7.  Rebi'  I.  I154  (12.  Mai  1741),  dann 
bat  ich  Gott  um  einen  passenden  Titel  für  dasselbe  und  hörte  darauf 
jemand  flüstern:  O  Ahmed,  nenne  dieses  Buch:  Geschenk  an  die  vor- 
handenen Wesen,  welches  umfaßt  die  Himmelskreise  und  die  ver- 
borgenen Dinge.«  Sollte  aber  Ahmed  al-Takrürl  wirklich 
der  Verfasser  sein,  so  fänden  die  aus  der  Vergleichung 
der  Texte  gewonnenen  Ergebnisse  damit  ihre  voll- 
kommene   Bestätigung. 


Prinzipielles  zu  Lammens'  Sirastudien. 

Von 

C.  H.  Becker. 

Mit  bewundernswertem  Scharfsinn  hat  Henri  Lammens  in  den 
letzten  Jahren  die  Leben-Muhammed-Forschung  betrieben  und  nach- 
gewiesen, daß  die  landläufige  Geschichtsschreibung  sich  zu  sehr  von 
dem  angeblich  historischen  Quellenmaterial  der  Sfra  hat  imponieren 
lassen.  Ihm  gebührt  das  große  Verdienst,  uns  erneut  auf  die  mangelnde 
historische  Grundlage  unserer  scheinbar  so  detaillierten  Kenntnisse 
von  der  Genesis  des  Islam  aufmerksam  gemacht  zu  haben.  Ich  habe 
mich  mit  seinen  Arbeiten  in  ARW.  XV,  540  ff.  kurz  beschäftigt  ^). 
Inzwischen  ist  eine  neue  umfangreiche  Studie  aus  seiner  unermüd- 
lichen Feder  geflossen:  Fätima  et  les  Filles  de  Mahomet,  notes  critiques 
pour  Vetude  de  la  Sira  (Romae,  sumpt.  Pontifici  Instit.  Bibl.  191 2). 
Hatte  ich  schon  im  ARW  gewarnt,  so  gibt  mir  dies  neue  glänzend 
geschriebene  Werk  Anlaß,  meine  Bedenken  gegen  die  LAMMENs'sche 
Ouellenverwertung   etwas  ausführlicher   zu   begründen. 

Die  Sira  ist  in  ihrer  oft  breiten  Detailschilderung  keine  selb- 
ständige historische  Quelle.  Sic  ist  nichts  anderes  als  biographisch 
aneinander  gereihtes  //«j^z^Ämaterial.  Die  Einzelhadithe  aber  sind 
entweder  exegetische  Ausgestaltungen  qoränischer  Andeutungen  oder 
dogmatisch-juristische  Tendenzerfindungen  späterer  Zeit.  Das  exege- 
tische und  dogmatische  Interesse  ist  älter  als  das  historische.  Letzteres 
erwacht  erst,  als  gegenüber  den  christlichen  Geschichtsquellen,  die 
Jesu  Wundergestalt  und  Göttlichkeit  beglaubigen,  analoge  historische 
Quellen  auch  für  den  Stifter  des  Islam  erwünscht  erscheinen.  Die 
wirklich  geschichtliche  Überlieferung  ist  äußerst  gering.  Da  greift 
man  zu  den  Andeutungen  des  Qoräri's  und  spinnt  sie  aus;  vor  allem 
aber  sammelt  man  die  bereits  existierenden  dogmatischen  und  juristi- 
schen Hadithe  und  ordnet  sie  chronologisch.      So  entsteht   die  Sira. 


')  Den  besten   Überblick  über  seine  Theorie  gibt  der  Aufsatz    Qoran  et  Tradition, 
comment  fiU  composee  la  vie  de  Mahomet,   Recherches   de  Science  religieuse   Nr.    i  (1910). 


264  ^--  H-  B  e  c  k  e  r , 

Das  ist  in  wenigen  Worten  die  LAMMENs'sche  Sfratheorie,  der  man 
in  dieser  Allgemeinheit  wird  zustimmen  dürfen.  Tafsir,  Hadith  und 
Sira  enthalten  ein  und  dasselbe  Quellenmaterial,  nur  jeweils  nach 
anderen  Gesichtspunkten  geordnet.  Das  ist  handgreiflich  und  wohl 
schon  allgemein  anerkannt.  Neu  ist  bei  Lammens  vor  allem  die  Er- 
kenntnis, daß  die  Sfra  erst  das  Produkt  von  Tafsir  und 
Hadith  ist  und  nicht  etwa  diesen  als  Quelle  gedient  hat.  Wenn  ich 
dieser  These  auch  zustimme,  so  möchte  ich  doch  darauf  hinweisen, 
daß  damit  über  die  wirkliche  geschichtliche  Überlieferung  nichts  aus- 
gesagt ist;  denn  wenn  auch  das  historische  Interesse,  das  zur  Aus- 
bildung der  Stra  als  Literaturform  führte,  erst  spät  erwachte,  so  ist 
doch  im  Tafsir  und  im  Hadith  eine  Unmenge  historischer  Über- 
lieferung erhalten,  die  alt  sein  muß,  oder  doch  wenigstens  alt  sein  kann. 
Es  läuft  also  die  Frage  nach  den  historischen  Grundlagen  der  Genesis 
des  Islam  hinaus  auf  die  Frage  nach  dem  historischen  Wert  des  Hadith 
und  des  Tafsir.     Beim  Tafsir  muß  man  nun  zweierlei  unterscheiden: 

1.  Die  Stücke,  welche  eine  dogmatische  Tendenz  haben,  etwas 
hineininterpretieren  wollen.      Sic  sind  unhistorisch. 

2,  Die  Stücke,  die  rein  exegetisch  sind.  Wenn  z.  B.  in  gewissen 
Stellen  Andeutungen  auf  die  Schlachten  von  Badr,  Uhud  usw.  ge- 
funden wurden,  so  beweist  das  doch,  daß  neben  dem  Wortlaut  des 
Qorän^s  eine  historische  Überlieferung  herlief,  durch  die  man  ihn 
illustrieren  wollte.  Also  eine  von  aller  Tendenz  freie  Überlieferung 
muß  bestanden  haben,  aber  es  war  eine  orientalische  Überlieferung, 
die  —  wie  alle  alte  Geschichtstradition  —  Wirkliches  und  Bildliches 
verband.  Ähnlich  liegen  die  Dinge  im  Hadith.  Gewiß  ist  der  größte 
Teil  des  Hadith  freie  Tendenzerfindung,  die  ein  dem  späteren  Bild 
der  goldenen  Zeit  des  Islam  entsprechendes  Kolorit  empfing,  also 
historisch  unbrauchbar  ist.  Daneben  stehen  nun  aber  sehr  zahlreiche 
Hadithe,  die  alte  Nachrichten  für  spätere  Problemstellungen  aus- 
schlachten. Sic  bilden  die  Grundlage  für  ein  wirklich  historisches 
Bild  der  Anfänge  des  Islam.  Hier  zu  scheiden,  vermag  nur  der  histo- 
rische Instinkt,  und  deshalb  wird  man  immer  nur  zu  subjektiven 
Resultaten  kommen.  Wenn  der  Skeptiker  Lammens  zu  sehr  erheb- 
lichen positiven  Resultaten  gelangt,  so  ist  Gefahr,  daß  man  dies  Er- 
gebnis seiner  Skepsis  nun  für  objektive  Wahrheit  hält.  Meine  hier 
folgende  Untersuchung  soll  nun  aber  beweisen,  daß  Lammens'  Resultate 
rein  subjektiv  sind.  Vor  allem  will  mir  scheinen,  daß  seine  Skepsis 
nicht  konsequent  genug  ist,  und  daß  sie  da  aufhört,  wo  die  Quellen 
seine  positive  Theorie  zu  stützen  scheinen.  So  groß  Lammens  in 
seiner  Skepsis  ist,  so  wenig  vermag  ich  ihm  in  seinem  positiven  histo- 


Prinzipielles  zu  Lammens'  Sirastudien.  -7^- 

rischen  Aufbau  zu  folgen.     Dafür  einige   Belege  aus  seinem  jüngsten 
Buche ! 

Ich  stell?  das  Resultat  der  LAMMENs'schen  Forschun«-  voran-  Wir 
wissen  von  Fätima  sicheres  nur,  daß  sie  eine  Tochter  des  Propheten, 
mit  *Ali  verheiratet  und  die  Mutter  der  Prophetenenkel  war.    Die  um 
Abu  Bekr  und  'Omar  sich  gruppierende  medinensische  Tradition  läßt 
Fätima  vollkommen  auf  Kosten  der  'Ä*ischa  zurücktreten.     Erst  die 
'iräqische  Schule  in  ihrer  'Allverehrung  zeichnet  ein  idealisiertes  Bild 
auch  von  Fätima.     Hier  wird  sie  zum  Muster  der  islamischen  Frau, 
während  sie  in  der  nicht  schi'itischen  Tradition  wenig  sympathische 
Züge  trägt.    Erst  in  der  'Abbäsidenzeit  übernimmt  auch  die  Orthodoxie 
das  idealisierte  Bild  von  'All  und  Fätima,  als  deren  Gönner  dann  immer 
'Abbäs  erscheint.    Gehen  die  Verherrlichungen  Fätima's  unverkennbar 
auf  schi'itische  Kreise  zurück,  und  sind  sie  damit  unhistorisch,  so  ist 
umgekehrt  kein  Grund  zu  sehen,   warum  das  unerfreuliche   Bild  von 
Fätima.  das  sich  im  orthodoxen  HadUh  findet,  unhistorisch  sein  soll, 
es    sei    denn,    daß    es    eine    Reaktion    gegen    Über- 
treibungen    von     der     anderen      Seite     darstelle 
(S.  133 — 140).    Diesen  Thesen  stimme  ich  im  wesentlichen  zu,  und  es 
wäre    erfreulich,    wenn    das    ganze    Buch    den    nüchtern    historischen 
Sinn  des  Schlußkapitels  bekundete.    In  den  Ausführungen  aber  werden 
alle    ungünstigen    Züge    ohne    weiteres    als    historische    angenommen, 
und  man  ist  bei  der  Lektüre  des  letzten  Satzes  im  Buche  einigermaßen 
erstaunt  zu  hören,    daß  es  auch  anders  geht.      Ungünstige  Züge  in 
Heiligenleben  haben  ja  allerdings   die  Wahrscheinlichkeit   der   Histo- 
rizität für  sich.     So  z.  B.  beim  Propheten,  doch  selbst  hier  wird  man 
wohl  gewisse  Reserven  machen  müssen.     Wer  aber  weiß,  was  für  ein 
Schibboleth    die    Stellung   zur    Schlacht    von    Siffln    durch    die   ganze 
Omajjadenzeit  gewesen  ist,  wer  sich  von  Lammens  über  die  Fälschungen 
der   'Alidenverehrer   hat    belehren   lassen,    soll    der    so    ohne   weiteres 
glauben,  daß  die    Gegner    der  'Aliden  —  und  das  waren  doch  die 
herrschenden  Gruppen  —  ganz  historisch   und   objektiv  vorgegangen 
sind,  wenn  sie  die  Rolle  der  Fätima  möglichst  gering  erscheinen  lassen 
und   sie   mit  wenig  liebenswürdigen   Zügen  ausstatten.^      Die  Araber 
bekämpften  sich  durch  Beleidigung  der  Mütter.    Vor  dem  Schlimmsten 
ist  Fätima  als  Tochter  des  Propheten  bewahrt  geblieben,  aber  was  war 
natürlicher,   als   daß   man   ihren   Einfluß   auf   den   Propheten   und   ihr 
Ansehen  bei  ihm  als  gering,   ihr  Äußeres  als  unansehnlich,   ihre  Ehe 
mit  dem  Erzfeind  'All  als  unglücklich,   ja,    unwürdig  hinstellte.      Mit 
diesen  Hadithen  traf  man  die  'Aliden,   ohne  den  Propheten  zu  ent- 
würdigen, der  sich  ja  immer  bemüht  hatte,   ein  leidliches  Verhältnis 


266  C.H.Becker, 

zwischen  der  mißratenen  Tochter  und  dem  Nonvaleur  von  Schwieger- 
sohn herzustellen.  Man  vergesse  doch  nicht,  daß  in  der  Entstehungs- 
zeit der  meisten  liadithe  'Ali  auf  den  Kanzeln  verflucht  wurde.  Wie 
empfindlich  die  *Aliden  gegenüber  solchen  oft  harmlos  aussehenden 
Anekdoten  waren,  illustriert  Lammens  S.  l8  selbst  durch  ein  glänzendes 
Beispiel,  ohne  daraus  die  notwendigen  Konsequenzen  zu  ziehen.  In 
diesem  Punkte  bin  ich  noch  viel  skeptischer,  als  der  große  Skeptiker 
Lammens.  Bei  allen  Hadithen,  die  mit  'Ali  und  seiner  Familie  zu- 
sammenhängen, ist  nur  die  Tendenz,  nicht  der  Inhalt  historisch  ver- 
wertbar. 

Lammens  geht  aus  von  der  unleugbaren  Tatsache,  daß  die  Über- 
lieferung die  Zahl  der  Kinder  des  Propheten  vermehrt  hat,  indem 
sie  Beinamen  als  Eigennamen  anderer  Personen  nimmt.  So  sind  viel- 
leicht Ruqajja  und  Umm  Kulthüm  die  gleiche  Person  (S.  3).  So  be- 
ruhen auch  vielleicht  die  Söhne  des  Propheten  auf  Erfindung;  denn 
Muhammed  durfte  nach  Qorän  108,  3  doch  nicht  abiar  sein,  vielmehr 
war  Kinderreichtum  ein  Zeichen  der  Prophetenwürde.  Ob  nun  aber 
wirklich  die  ganze  Lebensgeschichte  und  Chronologie,  die  unzähligen 
Details  aus  dem  Leben  der  wirklich  existierenden  Töchter,  ja  ihre 
Reihenfolge,  nach  tendenziösen  Gesichtspunkten  konstruiert  sind, 
scheint  mir  mehr  als  zweifelhaft.  Lammens  sieht  hier  überall  kunst- 
volle Komposition.  Gewiß  ist  manches  beschönigt,  aber  ein  großer 
Teil  der  Widersprüche  stammt  doch  einfach 
aus  mangelnder  Kenntnis,  die  der  eine  so,  der  andere 
anders  auszufüllen  sich  bemühte,  als  man  anfing,  sich  auch  für  die  unbe- 
deutendsten Mitglieder  der  Prophetenfamilie  zu  interessieren.  Der 
späteren  Geschichtschreibung  fehlte  dann  der  kritische  Sinn.  Man 
nahm   die  überlieferten  Nachrichten   und  harmonisierte   sie. 

Auf  Grund  einiger  unfreundlicher  Traditionen  über  Fätima*s 
physische  Reize  zeichnet  Lammens  ein  abscheuliches  Bild  dieser 
armen  Person.  »A  moins  d'avoir  pour  eile  les  ycux  de  la  Sl'a,  on  sc 
demande,  comment  on  a  cherche  ä  rendre  interessante  cette  ombre 
de  femmc  gemissante.  On  devine  ses  malheurs  et  ceux  de  sa  posterite; 
on  comprend  ä  son  egard  l'indifference  de  Mahomet,  on  excuse  presque 
la  durete  de  Ali  envers  son  infortunee  compagne«  (S.  17).  Nun  aber  ist 
Tränenreichtum  ein  typischer  Zug  in  Heiligenleben;  ihre  Magerkeit  — 
als  Gegensatz  zum  dicken  Schönheitsideal  —  kann  mindestens  ebenso 
gut  böswillige  Erfindung  als  historische  Wahrheit  gewesen  sein.  Für 
diese  reizlose  alte  Jungfer  kann  natürlich  Muhammed  keinen  Mann 
finden  und  muß  sich  dann  mit  dem  dickbäuchigen,  unbedeutenden 
und  armen  Verwandten  'Ali  begnügen.     Nach  dem  Schibboleth   von 


Prinzipielles  zu  Lammens'  Sirastudien.  207 

Siffin      braucht     man     Lammens     nach     dieser    Skizze    nicht    mehr 
zu    fragen. 

In  der  Schilderung  dieser  Eheschließung  arbeitet  Lammens  nach 
den  Methoden  eines  Ibn  Jshäq,  eines  W  ä  q  i  d  i.  Er  nimmt 
ganz  typische  Tendenztraditionen  und  zimmert  daraus  ein  historisches 
Bild.  Es  ist  wirklich  die  gleiche  Methode,  wie  sie  die  islamische  Historio- 
graphie anwendet  —  man  lese  nur  einmal  ruhig  S.  34  ff.  und  vergleiche 
die  Zitate  und  ihren  Zusammenhang  — ,  nur  daß  die  islamischen  Autoren 
ein  Idealbild  haben,  zu  dem  sie  Belege  sammeln,  während  Lammens 
Freude  daran  zu  finden  scheint,  die  nächste  Umgebung  des  Propheten 
wie  diesen  selbst,  so  verächtlich  und  unwürdig  wie  möglich  darzustellen. 
Für  *Ali-Fätima  bietet  die  Überlieferung  Züge  genug,  sie  wirken  aber 
noch  viel  schrecklicher  in  der  unbarmherzigen  Gruppierung,  in  die 
Lammens'  meisterhafte  Darstellungskunst  die  isolierten  Daten  zu 
bringen  versteht.  Unbewußt  wird  hier  der  scheinbar  objektive  Histo- 
riker zum  dogmatischen  Polemiker. 

Ich  sage  —  unbewußt;  denn  Lammens  will  objektiv  sein,  aber 
der  Zufall  hat  es  gefügt,  daß  sein  natürliches  und  berechtigtes  christ- 
liches Oppositionsgefühl  gegen  den  Islam  in  seiner  wissenschaftlichen 
Hypothese  eine  glänzende  Stütze  fand;  und  wer  hält  nicht  nur  zu  gern 
die  eigene  Hypothese  für  historische  Wahrheit,  von  den  Einflüssen 
des  religiösen  Unterbewußtseins  ganz  zu  schweigen  !  ?  So  deutet 
Lammens  wohl  gelegentlich  an,  daß  auch  feindliche  Tendenz  vorliegen 
könne,  ohne  aber  die  Nutzanwendung  auf  sein  literarisches  Porträt 
zu  ziehen. 

Alle  ungünstigen  Züge  aus  dem  Haremsleben  des  Propheten  oder 
'Alfs  sind  für  Lammens  Geschichte.  Ist  es  nun  nicht  merkwürdig, 
daß  auf  der  einen  Seite  nachgewiesen  wird,  daß  die  wichtigsten  Tat- 
sachen aus  dem  Leben  der  Prophetenfamilie  erfunden  und  entstellt 
sind  und  auf  der  anderen  Seite  die  intimsten  Details  aus  dem  Umgange 
des  Propheten  mit  seinen  Frauen  und  aus  dem  Leben  von  'Ali  und 
Fätima  für  historisch  gehalten  werden.?  Ich  habe  die  größten  Zweifel 
über  die  Historizität  all  dieser  Haremsgeschichten.  Wenn  Lammens 
schon  die  Geschichtlichkeit  des  Tafsir  gegenüber  den  Hauptereignissen 
des  Islam  bezweifelt,  verdienten  da  nicht  die  zahllosen  Berichte  von 
Ereignissen,  bei  denen  kein  Zeuge  dabei  war,  die  größeren  Zweifel } 
'Ä'ischa  war  gewiß  ein  gefährliches  Frauenzimmer,  aber  diese  Summe 
von  Indiskretionen,  die  ihr  das  Hadith  zuschreibt,  ist  einfach  über- 
menschlich. Hier  ist  alles  Tendenz.  Aber  nicht  nur  Tendenz.  Mir  will 
scheinen,  daß  die  Andeutungen  des  Qoran^s  durch  den  ganz  gemeinen 
Stadtklatsch  von  Medina  reich  ausgestattet  worden  sind.     Der  Araber 

Islam.   IV.  19 


268  C.H.Becker, 

liebt  die  erotische  Erzählung.  Der  Prophet  wird  sich  wohl  gehütet 
haben,  die  Details  seines  Ehelebens  an  die  große  Glocke  zu  hängen. 
Nun  kamen  Störungen  vor;  der  Qorän  ist  dessen  Zeuge,  aber  wie  dezent 
und  dunkel  ist  der  Qorän  !  Schon  die  Zeitgenossen  mögen  die  Gerüchte, 
die  Späteren  die  qoranischen  Andeutungen  romanhaft  ausgestaltet 
haben.  So  entsteht  das  Badlth  al-ifk  und  ähnliche  Erzählungen,  die 
deutlich  zeigen,  daß  nicht  etwa  religiöse  Tendenz  und  gewiß  nicht 
historische  Gewissenhaftigkeit,  sondern  Lust  an  pikanten  Geschichten 
•und  vor  allem  der  Volkshumor  bei  ihrer  Entstehung  mitgewirkt  haben. 
Aber    das   alles   ist    doch    nicht    Geschichte. 

Unseligerweise  entscheidet  in  allen  diesen  Fragen  nur  das  histo- 
rische Gefühl,  und  meinem  Empfinden  nach  verwechselt  Lammens  fast 
auf  jeder  Seite  die  historischen  und  unhistorischen  Hadithe,  deren 
Scheidung  wir  eingangs  vollzogen  haben.  Trat  das  schon  bei  der  Haupt - 
these  des  Buches  in  Erscheinung,  so  erlebt  man  es  bei  den  zahlreichen 
eingestreuten  Sonderabhandlungcn,  die  das  Leben  Muhammed's  und 
seiner  Genossen  reizvoll  illustrieren,  erst  recht.  Lammens  malt  Muham- 
med  mit  den  Zügen,  die  man  aus  dem  Hofleben  der  späteren  Omajjaden 
gewöhnt  ist  [6t>  ff.;  besonders  68  ff.):  Wie  ein  König  auf  dem  Thron, 
um  ihn  die  Schar  der  Kämmerer  und  Leibwächter.  Er  selbst  im  Purpur 
mit  dem  königlichen  Zepter  usw.  Manches  ist  in  einfacheren  Formen 
gewiß  historisch.  Aber  viele  dieser  Traditionen  sollen  doch  nur  die 
spätere  Omajjadenpraxis  rechtfertigen  gegenüber  den  Postulaten 
orthodoxer  Einfachheitsapostel.  Ich  halte  auch  die  Toilettenfragen 
für  spätere  Probleme,  meistens  frei  erfunden,  aber,  wie  gesagt,  es  kann 
ja  auch  gelegentlich  eine  historische  Nachricht  verwertet  sein,  und 
meine  These  ist  eben  so  subjektiv,  wie  die  von  Lammens.  Ich  möchte 
nur  konstatieren,  daß  auch  die  von  Lammens  subjektiv  ist.  Am 
deutlichsten  wird  die  prinzipielle  Verschiedenheit  unserer  Verwertung 
des  Hadith,  wenn  man  Lammens'  Ausführung  über  die  Kleider  und 
Stoffe  mit  Darstellungen  lebender  Wesen  (S.  74  f.)  vergleicht  mit  dem, 
was  ich  in  der  Goldziherfestschrift  (Z.  Ass.  XXVI,  191  ff.)  gesagt  habe. 
M  i  r  scheinen  alle  diese  Traditionen  erfunden,  um  in  der  späteren 
Omajjadenzeit  unter  dem  Drucke  christlicher  Fragestellungen  als 
Belege  für  oder  gegen  die  Bilder  zu  dienen.  Für  Lammens  sind  sie 
historische  Dokumente  dafür,  daß  im  Prophetenhaushalt  diese  kost- 
baren Stoffe  etwas  Alltägliches  waren.  Ich  halte  das  für  ganz  unmöglich. 
Die  spätere  Zeit  fragte  sich,  ob  man  derartige  Stoffe  als  Teppiche, 
als  Kleider  und  w  i  e  man  sie  benutzen  dürfe  —  folglich  müssen  sie 
schon  in  Medina  so  und  nicht  anders  gebraucht  worden  sein,  und  das 
Hadith  oibt  Antwort  auf  alle  Fragen.     Damit  ist  aber  doch  nicht  das 


Prinzipielles  zu  Lammens'   Sirastudien.  200 

mindeste  über  die  wirklichen  Zustände  im  Hause  des  Propheten  gesagt. 
Das  ganze  sich  darauf  aufbauende   Bild  ist  falsch. 

Wo  L'^MMENs  aufbaut,  scheiden  sich  unsere  Wege  prinzipiell, 
und  ich  glaube  nicht  zu  viel  gesagt  zu  haben,  wenn  ich  ihm  eine  gewisse 
Inkonsequenz  in  der  Anwendung  seiner  Methode  vorgeworfen  habe. 
Er  sieht  überall  Tendenz  und  Konstruktion;  nur  da,  wo  alle  Kenner 
des  Fiqh  greifbare  Tendenz  sehen,  findet  er  wertvolle  Bausteine  zu 
positivem  Aufbau.  Müssen  wir  so  seine  positiven  Resultate  ablehnen, 
so  gebührt  unsere  uneingeschränkte  Bewunderung  seiner  negativen 
Kritik.  Er  hat  uns  aufgerüttelt  und  das  ganze  5lraproblem  auf  eine 
neue  Basis  gestellt. 


19* 


T^'iQ  Fm*ag  bwd  asSiäda-LiitvdiiviY. 

Von  MadäMni  (f  225  H)  bis  Tanühi  if  384  H). 
Ein   Beitrag  zur  arabischen  Literaturgeschichte. 

Von 

Alfred  Wiener. 

Bezeichnungen  für  die  /rtrag-Verfasser: 

Mad.  =  Madä'ini  (f  225H). 

I.  a.  D.  =  Ibn  abid-Dunjä  (fzSi). 

A.  H.  =  Abul-Husain  (j  328). 

Tan.  =  Tanühi  (f  384). 
Bezeichnungen  für  die  /ara^-Werke: 
B  =  Handschrift  Berlin  8731   vom  farag  ba'd  aS-iidda  des  Ibn  abid-Dunjä. 
I  =  Indischer  Druck  des  farag  ba'd  aS-Sidda  des  Ibn  abid-Dunjä. 
Bi  =  Handschrift  Berlin  8737  vom  farag  ba'-d  as-sidda  des  Tanühi. 
B:  =  Handschrift  Berhn  8738  vom  farag  ba^d  as-Sidda  des  Tanühi. 
G  =  Handschrift  Gotha  2687  vom  fara^  ba'd  aS-Sidda  des  Tanühi. 
Tan.  (mit  Zahlenangabe)  =  Fara^  bd^d  as-sidda  des  Tanühi.     Druck  Kairo.    2  Teile. 
1903-04. 

I.Geschichte  und   Inhalt  des  Begriffes:  al-farag  ba'd 
ai-Hdda.    Von   derEntstehung    der  jarag-l.  i  t  e  r  a  t  u  r  i). 

Al-farag-  ha^d  ai-Sidda^)   »Auf  Leid  folgt  Freud«  3)  begegnet  uns 
zuerst  in  dieser  Verbindung  als  Titeleiner  Schrift  des  Ibn  abid-Dunjä 

I)  Meine  verehrten  Lehrer,  Herr  Professor  Mittwoch  und  Herr  Dr.  Kern,  R-iesen 
mich  auf  die  Berliner  farag  ba'-d  as-iüWa-Handschrift  des  Ibn  abid-Dunjä  hin,  die  als 
erstes  erhaltenes  Werk  dieser  Literaturgattung  eine  Herausgabe  verdiene.  Die  Vorarbeiten 
zu  dieser  Edition  nahmen  jedoch  bald  einen  solchen  Umfang  an  und  griffen  soweit  in  die 
/arag-Literatur  ein,  daß  ich  mich  entschloß,  ihre  Erträge  zu  einer  literaturgeschichtlichen 
Behandlung  der  gesamten  farag  ba'-d  ai-iüWa-Literatur  zu  verwerten.  Der  erste  Teil, 
der  von  Madä'ini  bis  Tanühi,  von  dem  Entstehen  bis  zum  Höhepunkt  geht,  liegt  hier 
vor.  Ein  zweiter  Teil  hätte  die  Ausläufer  dieser  Literatur  und  dann  ihren  Einfluß  auf 
das  persische,  türkische  und  hebräische  Schrifttum  zu  untersuchen.  In  der  Arbeit  mußte 
ich  mich  im  großen  und  ganzen  darauf  beschränken,  die  äußere  Entwicklung  dieser 
Literaturgattung  aufzuzeigen.  Jedoch  versuchte  ich,  soweit  es  möglich,  darzutun,  wie 
die  einzelnen  erhaltenen  Werke  (Ibn  abid-Dunjä,  Tanühi)  von  dem  Lebensgange  ihrer 
Verfasser  beeinflußt  sind,   indem  ich   eine    Biographie   des  Verfassers   der    Beschreibung 


Die  Farag  ba*d  as-Sidda-hiteTatur.  2  71 

(t28i  H),  Während  die  erste  Schrift  dieser  Litcraturgattung,  die  des 
Madä'inl  (f  225),  den  Titel:  al- farag-  ba'd  as-sidda  wad-dfka  trägt. 
Von  Ihn  abid-Dunjä  an  führen  alle  Werke  dieser  Richtung  den  Titel: 
al-farag  ba'-d  as-sidda^).  Der  Begriff  wird  dann  so  fest  und  so  bekannt, 
daß  spätere  Werke  dieser  Gattung,  selbst  wenn  sie  anders  benannt 
sind,  doch  unter  diesem  Begriffe  überliefert  werden  oder  er  ihnen 
zur  Verdeutlichung  beigefügt  wird.  Das  beobachten  wir  bei  dem  Buche 
des  Kadlb  al-bän  (f  1096  H)  2).  Ähnliches  sehen  wir  auch  bei  al- 
Kasida  al-munfariga,  der  verbreiteten  poetischen  Bearbeitung  des 
Themas  von  Ibn  an-NahwI  (f  505  oder  513)  3).  Zur  Festigung  des 
Begriffes  und  zu  seiner  Verbreitung  hat  vor  allem  das  fara£-\Nerk 
des  TanühT  (f  384)  beigetragen.     Von  Tanühi  an  weisen  eine  Anzahl 

des  Buches  vorangehen  ließ.  Die  biographischen  Untersuchungen,  die  zum  großen  Teil 
aus  handschriftlichen  Quellen  geflossen  sind,  dürften  bei  dem  Wenigen,  was  wir  vorher 
von  den  einzelnen  Verfassern  wußten,  und  bei  der  allgemeineren  Bedeutung  der  letzteren 
nicht  unerwünscht  sein. 

Die  Verwaltungen  der  Handschriftenabteilungen  in  Berlin,  Gotha,  Heidelberg, 
Leipzig,  Paris  stellten  mir  in  Hebenswürdigstem  Entgegenkommen  ihre  Schätze  zur  Ver- 
fügung. Die  gütige  Teilnahme  meiner  verehrten  Lehrer,  der  Herren  Professoren  Barth 
und  Mittwoch,  begleitete  den  Verlauf  der  Arbeit.  Herr  Professor  Bezold  gab  mir  wert- 
volle Ergänzungen;  Herr  Professor  Becker  wichtige  Anregungen.  Ihnen  allen  hierdurch 
der  ehrerbietigste  Dank.  Herzlichen  Dank  besonders  Herrn  Dr.  F.  Kern.  Sein  geschätztes, 
stets  hilfsbereites  Interesse  förderte  diese  Arbeit  mannigfach. 

-)  Quellen  für  das  farag  ba^d  as-sidda.  a)  Die  Einleitung  Tanühl's  in  sein  farag; 
kritischeWürdigungdervor  ihm  erschienenen  /arag-Schriften.  Druck  Kairo  1903-4.  I  5 — 8. 
Das  wichtigste  daraus  abgedruckt  von  R.  Dozy.  Katalog  Leiden.  Bd.  i,  213 — 216 
(2.  Ausgabe  i,  254—257).     b)  HäggT  Haifa   ed.    G.    Flüge..     IV   410— 11,   siehe   auch 

V  570. 

3)  Auch  durch:  »Post  nubila  Phoebus«,  »sunshine  after  rain«,  »solace  after  suffering« 
wiedergegeben.  Das  zweite  nach  Sprenger  (Berlin  8731),  das  letzte  nach  de  Slane, 
Ibn  Khallikan's  hiographical  dictionary,  II  565.  Man  vergleiche  auch  (nach  Herrn  Prof. 
Bezold)  Tobias  III  23  (Luther)  . .  .  Denn  nach  dem  Ungewitter  läßt  du  die  Sonne  wieder 
scheinen Büchmann,  Geflügelte  Worte,  25.  Aufl.,   S.  415. 

')  Eine  Ausnahme  ist  as-Sujüti's:  al-arag  fil-farag. 

^)  Der  Titel  seiner  Schrift  ist  wohl  ursprünglich:  //all  al-'ikäl,  »Lösung  der  Fuß- 
fessel«, gewesen;  so  BerUn  8849  und  Druck  Kairo  1317  wie  auch  ein  anderer  Kairiner 
Druck  ohne  Jahr.  Die  Cambridger  Handschrift  dagegen  (Browne  726)  hat  den  Titel:  a/-/a>-ög 
ha*d  as-sidda;  Berlin  8849  den  Zusatz:  ein  Gegenstück  (Jö\.X^\)  zum  kitäb  al-farag  ba^d  as- 
sidda.  Die  bisher  nicht  bekannte  Handschrift  der  Beiruter  St.  Josephs-Universität  hat 
nach  L.  Cheikho  {Masrik.  VIII.  Band.  Beirut  1905.  S.  760)  den  Titel:  Hall  ar-rumüz 
wamiftäh  al-ktmüz  aw  al-farag  ba'd  as-sidda. 

3)  Von  as-Subki  al-farag  ba'-d  as-sidda  genannt  (Berlin  7638).  Erwähnt  in  den 
Studiengängen  Berlin  10  213,  223  b  als  Kastdat  al-farag,  ebenso  Gotha  178,  13  b.  Paris 
4473»  13  a;  i>KasTdat  al-farag  und  das  ist  die  munfari^a  genannte  (äL^..*«^]!  ^» 
is.2»-,ftA.*.J))«.    Berlin  208,  30  b:   inunm  al-farag  und  sie  wird  al-tnjinfariga  genannt  (     ♦.■rt-.j'. 


i^^i- 


>JJU.i!)«. 


2^2  Alfred  Wiener, 

Adabhüchcr  Kapitel  auf,  die  entweder  al-jarag  ha'-d  as-sidda  über- 
schrieben sind,  oder  aber,  wenn  auch  mit  ein  wenig  abweichender, 
meist  ausführlicherer  Überschrift,  doch  dasselbe  Thema  bearbeiten  ^). 
Den  Kern  der  gesamten  jarag  ha'-d  as-Hdda-lÄttr2.t\xr  bilden 
Erzählungen  von  wundersamen,  unerwarteten  Rettungen  aus  höchster 
Not,  Erzählungen,  vor  denen  Aussprüche  des  Propheten  und  der  Ge- 
nossen dieses  Inhaltes,  auch  darauf  bezügliche  Kur'änstellen  gehen, 
und  denen  Verse  gleichen  Themas  folgen.  Daß  solche  Erzählungen 
unter  dem  Namen  ahhär  al-jarag  ha'-d  as-sidda  bekannt  waren,  wird 
uns  zuerst  durch  Tanühi  berichtet  ^).  Außer  ihm  haben  wir  noch 
einen  späteren  Zeugen,  a§-§arisi  (t  619),  den  Kommentator  der  Makä- 
mät  des  Harirl.  Zum  Ausdruck  ahhär  al-jarag  ba'd  as-Hdda,  der  in 
der  26.  Makame  vorkommt,  sagt  er  (2.  Druck.     Büläk  1300.     Teil   II 

39):      ^JlJi     ^J.j     ^-i    ^^^1     ^^     '^i^    ^jr^-^     '^^^    ^.,..s^^L?    v^j    q5 

sl^il    JoL.    ^Ji^\  j^i-   ^j*^.    ^    eoJ^LS    l^.^.iu    ,XLxi-.    »Überfällt 
jemand  ein  Leid  und  wird  er  dadurch  dem  Untergang  ganz  nahe  ge- 
bracht, da  aber  sendet  ihm  Allah  freudige  Erlösung  davon,  so  wird  der 
Bericht  darüber:  /lahar  al-jarag  ha' d  aS-sidda  genannt.«    Damit  haben 

')  Solche  sind,  zeitlich  geordnet: 

a)  Siräg  al-midük  des  Turtüsi  (f  520  H).     Druck  Kairo  1306.     Kap.  59,  130—138. 

b)  Kitäb  rabi'  al-ahrär  des  Zamah§ari  (t  538).  Berlin  8351.  Kap.  67,  235  b— 237  a. 
Paris  3499.     Kap.  68,  266  a. 

c)  Kiläb  raw4at  al-ma^älis  wanuzhat  al-musta^ nis  von  Ihn  al-Gawzi  (f  597).  Berlin 
8361.     Kap.  74,   149  b— 167  b. 

d)  Al-miistatraf  des  AbSihi  (f  um  850).    Druck  Kairo  1308.    Kap.  57.    II.  Teil.  S.  62. 

e)  Kitäb  rai/iän  al-kulüb.    Verfasser  fehlt.    Abschrift  vom  Jahre  987  H.    Berlin  8452, 

121  b — 124  a. 

f)  Raiv4  al-ahjär  des  Muhji  ad-Din  M.  b.  al-Käsim  al-Amäsi  Ahwin  (?  )  (f  904).  Aus- 
zug aus  rabJ"-  al-abrär  des  Zamahsari.  Berlin  8357,  134  a— 139  a.  Ein  Auszug  aus  diesem 
Auszuge  ist: 

g)  Berlin  8358.     Angefertigt  von  einem  Unbekannten,  der  zwischen  900  und  980 

den  Auszug  verfaßt  hat.     45  a  ff. 

h)  Nushat  al-ahjär  wamagma^  an-nawädir  walahbär  des  M.  b.  abil-Wafä,  bekannt 
als  al-yalwati  al-Hamawi;  lebte  um  1040  H.     Berlin  8424,  84  b— 127  a. 

i)  Awrä^  ad-dahab  fi  '■Um  al-mukädarät  waladdb  von  M.  Amin  b.  Ibrahim  b.  Jünus 
b.  Jäsin  al-Mawsili.     Verfaßt  um  1203.     Berlin  8437,  95  b. 

i)  Tan.    I    122.     Die    Stelle  lautet  nach   einer  voraufgehenden   Erzählung:  KtJ^^») 

»Und  ist  ähnlich  dieser  Erzählung  und  kommt  ihr  nahe,  in  Wahrheit  aber  gehört 
sie  nicht  (zu  den  Erzählungen)  aus  dem  Kapitel:  »Leute,  die  aus  der  Gefangenschaft  ent- 
ronnen sind«  (d.  i.  das  5.  Kap.  des  Tan.,  in  dem  diese  Stelle  sich  findet),  sondern  sie  stammt 
aus  den  ahbär  al-farag  ba'd  as-sidda  im  allgemeinen.  .  .  . 


Die  Farag  ba^d  as-Stdda-L,\XQxzx\ir.  27'? 

wir  sogleich  den  Begriff:  habar  al-farag;  ba^d  as-sidda  aus  arabischem 
Munde  gewonnen. 

Weicht  Gründe  die  Entstehung  dieser  Literatur  veranlaßt  haben, 
läßt  sich  ungefähr  sagen.  An  äußeren  Druck,  Krieg,  wirtschaftliche 
Not,  religiöses  Bedürfnis  als  Ursachen  hat  man  wohl  kaum  zu  denken. 
Ein  guter  Nährboden  für  die  Anschauung,  daß  Gott  in  höchster  Not 
urplötzlich  unerwartete  Hilfe  schickt,  ja  daß  die  Erwartung  solcher 
Hilfe  geradezu  »religiöse  Pflicht«  {^ibädu)  ist,  waren  die 
asketischen  Neigungen,  die  den  jungen  Islam  durchzogen, 
die  Ȇbertreibung  des  Gottvertrauens,  das  diese 
muslimischen  Asketen  bis  zum  äußersten  Grade  des  untätigen  Quie- 
tismus  gesteigert  haben«  ^).  Daß  Ibn  abid-Dunjä  solchen  Stimmungen, 
auf  die  der  überwiegende  Teil  seiner  Schriften  abgestimmt  ist,  eifrig 
nachhing,  wissen  wir  sicher. 

Leise  Anklänge  an  die  /ar«/- Stimmung  finden  sich  schon  im 
Kur^än.  Die  Verse  5  und  6  der  94.  Sure  {Alam  nasrah),  wo  das  ^usr 
zwischen  zwei  jusr  steht,  das  Schwere  auf  beiden  Seiten  vom  Leichten 
gestützt  wird  2]^  und  der  Vers  2  der  65.  Sure  {At-taläk),  wo  Allah 
den  auf  ihn  Vertrauenden  einen  guten  Ausgang  bereiten  wird,  konnten 
mit  dem  jarag-  in  Verbindung  gebracht  werden,  und  diese  Verse  haben 
auch  in  den  erhaltenen  /«ra/- Schriften  eine  gewisse  Bedeutung.  Das 
Hadit,  in  dem  »die  auf  die  Moral  des  Korans  gegründeten  weiteren 
Entfaltungen  zum  Ausdruck  gelangt  sind«  3),  bot  dann  die  willkommene 
Handhabe,  der  /«r«/- Stimmung  bestimmtere,  wirkungskräftigere  For- 
mulierung zu  geben.  Von  Madä'ini's  /arß^- Schriftchen  sind  nur  wenige 
Bruchstücke  auf  uns  gekommen,  und  das  sind  schon  kleine  Geschicht- 
chen. Sie  stammen  kaum  aus  dem  Anfange  seines  Büchleins,  wo 
gewiß  wie  bei  Ibn  abid-Dunjä  kurz  umrissene  Aussprüche  —  die 
in  der  Form  charakteristischen  /ara^-Hadite  —  über  die  religiöse 
Bedeutung  des  farag,  seine  Vorzüge  und  dergleichen  gestanden  haben 
werden.  Bei  I.  a.  D.  sind  sie  für  die  Einleitung  maßgebend.  Die 
Annahme,  daß  diese  Hadite,  in  denen  gewissermaßen  der  für  die  reli- 
giöse Praxis  notwendige  Extrakt  aus  den  /Äm/-Erzählungen  kristal- 
lisiert  war,    aus   späterer    Zeit    als    die   /ara^- Erzählungen   stammen. 


')  Diese  Darstellung  nach  Goldziher's,  Vorlesungen  über  den  Islam:  Asketismus 
und  Süfismus.  S.  139  ff.  Siehe  dazu,  was  Kremer  vom  Grundsatz  der  »Schule  von 
Bassora«  mitteilt.  {Herrschende  Ideen.  S.  56.)  Über  die  Erwartung  des  farag  als  re- 
ligiöse Pflicht  hier  S.  2S5,    I.  a.  D.  als  Asket  S.  281. 

^)  Siehe  hier  S.  285  f.  Daß  diese  Sure  häufig  zu  Gebetzwecken  benutzt  wird,  sagt 
Ahlwardt,   Berliner  Katalog  III  398,  Vorbemerkung. 

3)  GoLDZiHER,   Vorlesungen  S.  44. 


274 


Alfred  Wiener, 


scheint  berechtigt.  Der  Erzählungen  von  wunderbaren  Rettungen  in 
größter  Gefahr  gab  es  in  der  Jugendblüte  des  Islam  sicher  viele.  Was 
wurde  da  auf  den  immerwährenden  Kriegszügen,  was  in  unbekannten 
Ländern,  was  unter  fremden  Völkern  nicht  alles  Wunderbares  erlebt. 
In  welche  schweren  Gefahren  geriet  da  nicht  so  mancher.  Die  weit- 
verbreiteten Erzählungen  darüber  aber  in  den  Dienst  der  religiösen 
Sache  zu  stellen,  asketischen  Stimmungen  nutzbar  zu  machen,  schien 
gewiß  verlohnend.  Und  das  beste,  viel  benutzte,  schematische  Mittel 
bot  ein  entsprechendes  Hadit  ^). 

Literargeschichtlich  von  größter  Bedeutung  ist  dann  die  Frage, 
ob  und  wie  weit  die  einzelnen  /am/- Erzählungen  auf  ein  fremdes 
Vorbild  zurückgehen,  und  wer  dabei  den  Mittler  gespielt  hat.  Allem 
Anscheine  nach  werden  sich  zu  einem  Teile  jüdische  Vorbilder  aus 
talmudisch -midraschischer  Zeit  aufzeigen  lassen,  und  eine  Vermittler- 
rolle scheinen  die  in  den  Anfängen  des  Islam  hervortretenden  Juden  — 
verschiedenes  deutet  auf  Wahb  b.  Munabbih  —  gespielt  zuhaben.  Über 
die  Abhängigkeit  von  fremdem  Gute  mögen  diese  spärlichen  Andeu- 
tungen genügen,  die  auszuführen  und  zur  Gewißheit  zu  gestalten  ich 
einer  umfassenden  Arbeit  vorbehalte. 

II.   Abul-Hasan  al-Madä'ini,   der  erste  Verfasser 

einer    farag  -Schrift    (f  225). 

Abul-Hasan  *Ali  b.  M.  b.  ^Abdallah  b.  abi  Saif  al-Madä'inl  ist  uns 
durch  das  Kitäh  al-fihrist  und  durch  JäkOt's  Irsäd  am  ausführlichsten 
bekannt  -).  Aber  schon  dieser  frühen  Quelle  im  Fihrist,  ist  weder  sein 
Geburts-  noch  sein  Todesjahr  sichergestellt.  Mad.  selbst  soll  nach  ihr 
135  H  als  sein  Geburtsjahr  —  auch  Jäküt  nennt  135  —  angegeben 
haben;  gestorben  soll  er  215  sein.  Dagegen  sagt  der  Verfasser,  man 
erzähle  und  er  habe  auch  selbst  in  einer  Handschrift  des  Ibnal-Küfi3j 


1)  Wie  schematisch  manchmal  dabei  verfahren  wurde,  hier  S.  285,  Anm.  5.  Wer  diese 
/ßj-flg-Hadite  fabriziert  hat,  läßt  sich  natürlich  nicht  sagen.  Soweit  wirnoch  nachprüfen  können, 
erscheinen  manche  bei  I.  a.  D.  zuerst.  In  Haditsammlungen  werden  verschiedene  nach  ihm 
als  erstem  Gewährsmann  zitiert,  hier  und  da  in  anderer  Form,  z.  B.  Kam  al-himmäl  II 
57  Nr.  4079,  4080,  4081,  4082,  siehe  auch  Nr.  4093. 

2)  Fihrist  I  100 — 104.  Dazu  de  Slane  {—  hier  wie  auch  sonst  seine  englische  Über- 
setzung des  Ibn  Hallikän),  I  438.  Nr.  8.  Über  sein  Leben  ferner:  Jäküt's  Irsäd  ...  ed. 
Margoliouth  V  309 — 318  (verschiedene  Berichte  und  dann  Abschrift  aus  dem  fihrisl 
mit  der  Liste  seiner  Schriften).  Eine  kurze  Bemerkung  in  Ibn  Coteiha's  Handbuch  der 
Geschichte  ed.  Fr.  Wijstenfeld  S.  267.  Dann  Ibn  al-Attr  ed.  Tornberg  VI  32S. 
F.  Wüstenfeld,  Geschichtsschreiber  16,  Nr.  47.  Brockelmann  I  140. 

3)  Siehe  Julius  Lippert,  Ibn  al  KüjT,  ein  Vorgänger  Nadüns.  WZKM  11,  147  ff. 
Danach  (S.  155)  wäre  die  Aufzählung  der  Werke  Mad.'s  aus  dem  Bibliothekskataloge  Ibn 
al  Küfi's,  der  um  300  blühte,  erfolgt. 


Die  Farag  ba'-d  ai-Siäda-Liteia.tm.  27!; 

gelesen,  daß  Mad.  im  Jahre  225,  93  Jahre  alt,  in  der  Behausung 
Ishäk  b.  Ibrähim  al-Mawsili's  i),  dem  er  sehr  ergeben  war  ver- 
schieden äti.  Sein  Lebensalter  auf  93  Jahre  und  als  sein  Todes- 
jahr 225  gibt  auch  Ibn  al-Atlr  (f  630  H)  an,  dazu  bezeichnet  JäkQt 
(t  626)  225  als  das  Jahr  seines  Todes,  so  daß  diese  Mitteilung 
aus  drei  Quellen  eine  gewisse  Sicherheit  hat  -).  Von  seinem 
Leben  fließen  die  Nachrichten  spärlich.  Nach  ihnen  war  er  ein  Frei- 
gelassener der  Familie  Sams  b.  'Abd  al-Manäf.  Er  gehörte  zu  den 
sechs  Schülern  des  Mu'ammar  b.  al-A§*at.  Als  »Mutakallim«  »Religions- 
philosoph«,  bezeichnet  ihn  das  Fihrist.  Unter  denen,  die  nach  ihm 
überlieferten,  führt  Jäküt  den  bekannten  az-Zubair  b.  Bakkär  3)  an. 
Ibn  al-Atlr  berichtet,  er  stamme  aus  Basra,  von  seinem  Aufenthalte 
in  Madä'in  aber  erhielt  er  seinen  Beinamen;  und  nach  Jäküt  (S.  309) 
ist  Mad.  in  Basra  geboren,  dann  nach  Madä*in  gezogen  und  schließlich 
nach  Bagdad  übergesiedelt,  wo  er  bis  zu  seinem  Tode  lebte. 

Seine  schriftstellerische  Tätigkeit  war  außerordentlich  umfancr- 
reich;  hauptsächlich  entstammen  geschichtliche  Schriften  seinem 
Schreibrohre.  Im  Fihrist  werden  in  neun  Abteilungen  nicht  weniger 
als  239  Titel  aufgezählt,  und  das  dürften  noch  nicht  alle  sein.  Der 
Prophet  und  seine  Geschichte,  die  Kurai§  —  er  war  ja  Freigelassener 
einer  vornehmen  Familie  dieser  — ,  die  großen  Siegeszüge  des  jungen 
Islam,  die  Überlieferungen  über  die  Poeten,  dies  und  anderes  zoeen 

o 

ihn  an.  Allerdings  waren  seine  Schriften  wohl  alle  von  keinem  großen 
Umfange  und  sicher  nicht  das,  was  wir  unter  einem  Buche  verstehen  4j. 
Er  ist  ungemein  häufig  ausgeschrieben  worden,  und  es  gibt  nicht  allzuviel 
Werke  der  klassischen  Periode,  die  ihn  nicht  zitieren  5).  Von  allen 
seinen  Schriften  ist  nichts  Vollständiges  auf  unsere  Tage  gekommen. 
Ja,  H.  H.  erwähnt  ihn  mit  keinem  Worte,  so  daß  er  nach  berechtigter 

0  Gesellschafter  der  Halifen,  gründlicher  Kenner  der  Traditionen,  gefeierter  Sänger. 
Ein  Sohn  von  ihm  im  farag  des  Tan.  einige  Male  erwähnt  (II  157,  165,  182).  Brock.  I 
78;  dazu  noch  Jäküt.  Irsäd  .  .  .  ed  Margoliouth  II   197  (nicht  157  wie  im  Index). 

^)  Abul-Mahäsin  nennt  231   als  Todesjahr. 

3)  Brock.  I  141. 

4)  Das  farag  des  Mad.  umfaßte  nach  Tanühi  (I  5)  fünf  oder  sechs  Blatt  {awräk). 
Damit  ist  aber  nur  ein  ungefährer  Maßstab  gegeben,  da  wir  weder  Blattgröße  noch 
Zeilenzahl  kennen.  Über  die  schriftliche  Aufzeichnung  des  hadit  und  den  Begriff  kitäb 
in  älterer  Zeit,  siehe  Goldziher,  Muh.  Sind.  II  196.  Herrn  Professor  Bezold  verdanke 
ich  den  Hinweis,  daß  sich  eines  der  ältesten  »Bücher«  wohl  in  Heidelberg  befinden  dürfte 
(C.  H.  Becker,  Papyri  Schott  Reinhardt  I.  Heidelberg  1906.  S.  8).  Über  die  ältesten 
arabischen  Druckversuche  siehe:  Kar.-vb.^cek,  Papyrus  Erzherzog  Rainer  247. 

5)  Auch  auf  Jäküt  (f  626)  ist  er  von  Einfluß.  Darüber:  Die  historischen  und  geogra- 
phischen Quellen  in  Jäkül's  Geographischem  Wörterbuch  von  F.Justus  Heer.  Straßburg 
1898.     S.   5  und  6. 


276  Alfred  Wiener, 

Annahme  schon  damals  nicht  mehr  bekannt  war.  Wertvoll  ist  das 
Urteil,  das  al-Mas'üdi  (f  345)  fällt,  der  120  Jahre  nach  ihm  dahinge- 
sans^en  ist  und  gewiß  die  Mehrzahl  seiner  Schriften  wie  auch  den  Ein- 
druck,  den  sie  hervorriefen,  kannte.  Er  sagt:  »Es  ist  wahr,  daß  Abul 
Hasan  al-Madä*inI  auch  eine  große  Zahl  von  Werken  geschrieben  hat, 
aber  dieser  Autor  beschränkt  sich  darauf,  das  zu  berichten,  was  er 
empfangen  hat,  während  die  Schriften  des  Öähiz  trotz  ihrer  wohl- 
bekannten ketzerischen  Tendenzen  den  Geist  des  Lesers  entzücken«  0- 

III.    Das  jarag-  ha'-d  as-sidda  wad-4ika  des    M  a  d  ä  'i  n  T. 

Das  jarag  des  Mad.  wird  weder  vom  Fihrist  noch  von  li.  H.  er- 
wähnt. Seine  Existenz  erfahren  wir  aus  der  Einleitung  Tanühi's  zu 
seinem  jarag  ^),  der  es  als  erstes  Werk  dieser  Gattung  bezeichnet.  Bei 
einem  Unglück,  das  ihn  betroffen,  habe  er  das  Büchlein,  das  fünf 
oder  sechs  Blätter  umfasse  und  al-jara^  ha'd  as-sidda  wad-dlka 
betitelt  sei,  gelesen.  Tan.  findet  das  Büchlein  nicht  übel,  jedoch  sei 
es  kein  in  Kapitel  eingeteiltes  Werk  3).  Auch  wisse  man  nicht,  warum 
es  von  so  kleinem  Umfange  sei.  Vielleicht  solle  es  nur  ein  Versuch 
sein,  für  diesen  Zweig  der  ahhär  einen  Weg  zu  eröffnen  4).  Danach 
dürfen  wir  also  annehmen,  daß  Mad.'s  jarag  eine  Sammlung  von  aller- 
hand Überlieferungen  dieser  Art  war,  die  jeglicher  Einteilung  ent- 
behrte. 

Aber  Tan.  beschreibt  nicht  nur  das  Schriftchen,  er  hat  uns  auch 
in  seinem  /am/-Werk  eine  Anzahl  Stücke  daraus  erhalten.  Eine  Reihe 
kurzer  Erzählungen  und  einzelne  Aussprüche  sind  es,  die  Tan.  in  seinem 
Werke  je  nach  dem  Inhalt  in  das  entsprechende  Kapitel  eingeordnet 
hat,  und  die  als  Stücke  aus  dem  ältesten  /<2ra/-- Büchlein  eingehender 
beschrieben  werden  sollen. 

A.    Stücke  aus  Mad.,   die   sich    im    Kairiner  Drucke 

des   Tan.    b  e  f  i  n  d  e  n  5). 

I.    Mitteilung   von    einem    Abu    Sa*id,    wozu    Mad.    hinzugesetzt 
hat:  »Ich  glaube,^es  ist  al-Asma*T«;  also  der  berühmte  Philologe  (f  etwa 


')  Al-Mas'-üdt  ed.   Barbier  de  Meynard  VIII  34. 

^)  Tan.  15.  '■  . 

5)  Für  Tanühi  ist,  wo  dies  nur  möglich  war,  der  Kairiner  Druck  herangezogen  worden, 
weil  er  nicht  schwer  zu  beschaffen  ist.  Doch  da  die  Kairiner  Handschriften  einerseits 
von  den  andern  mir  bekannten  sich,  wie  aus  dem  Drucke  ersichtlich,  sehr  unterscheiden 


Dia  Fa7-ag  ba'-d  as-Sz'dda-LiteiatuT. 


277 


216).  Dieser  erzählt  folgendes  (Tan.  I  62,  3.  Kapitel).  Eine  zeltende 
Sippe  der  Kulaib  litt  großen  Wassermangel.  Täglich  sah  sie  zwar 
eine  dünkte  Wolke  heraufziehen,  aber  diese  ließ  keinen  Tropfen  zur 
Erde  fallen.  Da  rief  eines  Tages  eine  alte  Frau  von  ihnen  von  einer 
Höhe  laut  zu  Gott  und  erinnerte  ihn  an  seine  Pflicht,  die  Menschen 
zu  erhalten,  worauf  das  lang  entbehrte  Naß  niederging  i). 

2.  Tan.  (I  64,  3.  Kapitel)  bemerkt  einleitend,  daß  auch  der  Kädl 
Abul-Husain  diese  Erzählung  nach  Mad.  in  seinen  farag--Tei^t  auf- 
genommen habe  2.);  jedoch  ohne  Isnäd,  wovon  aber  Tan.  auch  nichts 
gibt.  Inhalt:  Die  Sklavin  einer  Frau  des  Propheten  kommt  in  den 
Verdacht,  einen  ihrer  Herrin  gehörigen  Gürtel  gestohlen  zu  haben, 
den  in  Wirklichkeit  ein  Adler  in  die  Lüfte  entführt  hat.  Auf  ihr  Gebet 
bringt  der  Adler  das  Schmuckstück,  und  die  Ärmste  ist  so  vom  Ver- 
dachte gereinigt.     Die  Erzählung  enthält  einen  Vers. 

3.  Erzählung  ohne  Gewährsmänner  (Tan.  I  87,  4.  Kap.).  Inhalt: 
Einer  von  den  Banü  Tamlm,  der  zu  den  »nicht  gewaltsam  auftretenden 
Hawäng-{<~  gehörtes),  wurde  zu  Zijäd  berufen;  dieser  aber  entließ  den 
Mann  seiner  freimütigen  Rede  wegen  unversehrt  4). 

4.  Ohne  Gewährsmänner  (Tan.  I  186,  6.  Kap.).  Inhalt:  Tawba 
al-'Anbari  schmachtete  lange  Zeit  im  Gefängnis  des  Jüsuf  b.  *Umar. 
Da  erschien  ihm  im  Traum  eine  Gestalt,  die  ihm  ein  dreimaliges  Gebet 
und  Verzeihungsbitte  verordnete.  Nachdem  er  gebetet,  wurde  er  am 
folgenden  Morgen  aus  dem  Gefängnisse  entlassen. 


—  die  andern  sind  viel  umfangreicher  — ,  andrerseits  die  nachlässige  Herausgabe  des 
Druckes  oft  keine  Gewähr  der  Richtigkeit  bot,  so  mußten  häufig  die  mir  zugängHchen 
Handschriften  um  Rat  gefragt  werden. 

')  Siehe  über  '»Regenrogation«  Ignaz  Goldziher,  Zauberelemente  im  islamischen 
Gebeie.  NÖLDEKE-Festschrift  I  308;  femer  C.  Brockelmann,  Ein  syrischer  Regenzauber. 
Archiv  für  Religions-^-issenschaft.  Bd.  9,  518,  wo  weitere  Literatur  angegeben  ist.  Auch. 
EijuB  Abela,  Beiträge  ■zur  Kenntnis  abergläubischer  Gebräuche  in  Syrien.  ZDPV  1884, 
94  und  Paul  Kahle,  Gebräuche  bei  den  moslemischen  Heiligtümern  in  Palästina.  Palästina- 
Jahrbuch  1912,  162.  Auch  E.  DouTTE,  Magie  et  religion  dans  V Afrique  du  Nord,  S.  582  ff. 
Zum  Vergleich  mit  der  oben  mitgeteilten  Erzählung  regt  eine  Stelle  an  in:  Petronii  cena 
Trimalchionis  (herausg.  u.  übers,  von  Ludwig  Friedländer.  Leipzig  1891.  S.  in),  wo 
es  heißt:  »Wenn  sonst  Dürre  war,  dann  gingen  die  Frauen  in  langen  Kleidern  barfuß  auf 
den  Berg,  mit  aufgelöstem  Haar  und  reinem  Gemüt,  und  erlangten  von  Jupiter  durch 
Beten  Wasser  vom  Himmel.  Und  dann  regnete  es  mit  Kannen,  dann  oder  niemals,  und 
alle  freuten  sich  und  waren  naß  wie  gebadete  Mäuse.« 

^)  Siehe  S.  294  Nr.   3. 

3)  »Vjl^i^  öiAxi«  (R.  DozY,  ^M/j/j/f'jM.  n379.  MuM  al-mu/ili  U,  i-jt,S  Z.4).  Gegen- 
satz dazu  »Surät«.  Über  diese  Spaltung  der  Hawärig  vor  allem:  R.Brijnnow,  Die  Charid- 
schiten  unter  den  ersten  Omayyaden.     Leiden  1S84.     S.  29.     Auch  Müller,  Islam  I  341. 

t)  Über  Zijäd  und  die  Hawärig:  Brünnow  S.  25  ff.,  Müller,  Islam  I  388  fT.  ' 


278  Alfred  Wiener, 

5.  Mad.  hat  die  Erzählung  von  Abul-Mutannä  *AlT  b.  al-Käsim, 
dieser  von  dem  Helden  der  Geschichte  (Tan.  I  187,  6.  Kap.).  Während 
einer  Pestepidemie  sah  er  im  Traume,  daß  man  12  Totenbahren  aus 
seinem  Hause  trug.  Seine  Familie  von  1 1  Köpfen  wurde  dahingerafft. 
Das  12.  Opfer  war  jedoch  nicht  er,  wie  er  sicher  geglaubt,  sondern 
ein  Dieb,  der  im  Hause  von  der  Pest  ergriffen  und  auf  der  12.  Bahre 
herausgetragen  wurde. 

6.  Ohne  Gewährsmänner  (Tan.  H  71.  8.  Kap.).  Inhalt:  ^aggäg 
und  der  Genosse  des  Ibn  al-As*at,  der  unmittelbar  vor  seiner  Hin- 
richtung dem  Tode  entrinnt  ^). 

7.  Nach  Ma^mar  b.  al-Mutannä  =)  (Tan.  H  71,  8.  Kap.). 
Inhalt:  Haggäg,  ^Anbasa  3)  und  der  Gefangene. 

8.  OhneGewährsmänner  (Tan.  II  144,  12. Kap.).  Inhalt4):  (.?).x^t 
-*.UiJI    hatte    2    Schmähverse,     die    mitgeteilt    werden,    auf    Walld 

b.  *Abd-al-malik  gedichtet,  war  dann  geflohen,  kehrte  aber  wieder 
nach  Damaskus  zurück,  wo  er  alsbald  erkannt  und  vor  Walld  ge- 
bracht wurde,  der  ihn  schließlich  freiließ.  Die  Erzählung  enthält  drei 
Verse. 

B.     Stücke  aus  Mad.,   die  sich   nicht  im   Kairiner 
Drucke  des  Tan.  befinden. 

9.  Bi  (=  Berlin  8737)  18  b,  2.  Kap.  Zwei  kurze  Aussprüche 
über  jarag;  der  eine  wird  überliefert  nach  Ga*far  b.  Sulaimän.  Sie 
finden  sich  auch  im  Druck  (I  41);  doch  tragen  sie  dort  keine  Her- 
kunftsbezeichnung. 

10.  Bi  34b,  G  (=  Gotha  2687)  53  a,  3.  Kap.  Ohne  Gewährs- 
männer. Geschichte  von  M.  b.  JazTd  und  Jazid  b.  ab!  Muslim,  dem 
Sekretär  des  Haggäg.  Wie  M.  b.  JazTd  gefangen  gesetzt  wird  und 
dann  unverhofft  frei  kommt. 

11.  Bi  54a  und  B2  (=  Berlin  8738)  32  b,  4.  Kap.  Mad.  be- 
richtet das  Ereignis  nach  Ibn  abi  *Ukba  und  dieser  nach  seinem  Vater. 
Ein  Brief  des  *Abd  al-malik  b.  Marwän  an  Haggäg  mit  einem  Verse 
des  Farazdak. 

12.  Bi  54  a  und  B2  32  b,  4.  Kap.  Ohne  Gewährsmänner.  Haggäg 
und  der  Jamanite,  der  sich  über  H.'s  Bruder,  M.  b.  Jüsuf,  beklagte. 

I)  Ibn  al-As*at  *Abd  är-Rahmän  b.  M.     Über  seinen  Aufstand  gegen  Haggäg:  Kitäb 
al-agäm  X  iio,  iii,  65.     Auch  sonst  noch,  siehe  Index  (ed.   I.  Guidi  u.  a.)  S.  230. 
-)  D.  i.  Abu  'Ubaida  Brock.  I  103  Nr.  9. 

3)  Wohl  'Anbasa  b.  Sa'id  b.  al-'Äsi  (Kitäb  al-Agäm  Yll  -o;  auch  sonst  noch  Index 

523)- 

4)  Der  Name  ist  zweifelhaft.     Jedenfalls  haben  Bz  135  a  und  G  438  b  nicht  so  wie 

der  Druck. 


Die  Farag  ba'-d  ßs-iVüWa-Literatur.  270 

12.  B2  93  a.  7.  Kap.  Überliefert  von  'Abel  al-malik  b.  *Umair. 
Erzählung  von  Mu'äwija  und  *Abd  ar-rahmän  b.  abi  Lailä. 

13.  Bei  dieser  Erzählung  ist  es  zweifelhaft,  ob  sie  überhaupt  aus 
Mad.  stammt.  Nur  Bi  hat  sie  (46  a.  4.  Kap.)  direkt  nach  Mad.,  B2 
hat  sie  nach  al-Isbahänl  und  dann  nach  Mad.;  G  wie  der  Druck  haben 
sie  überhaupt  nicht.  Vielleicht  rührt  sie  auch  aus  einem  anderen 
Werke  Mad. 's  her.  Es  ist  eine  umfangreiche  Erzählung  von  Walld 
b.   JazTd  mit  vielen  Versen. 

IV.  Abu  Bakr  Ibn  abId-Dunjä  (208—281  H). 
Nach  Mad.  (-f  225)  ist  Ibn  abid-Dunjä  der  erste,  der  mit  einer 
/ara/- Schrift  auf  den  Plan  tritt.  Wir  wollen  uns  zunächst  mit  seinem 
Leben  beschäftigen.  Über  ihn  besitzen  wir  eine  Anzahl  biographischer 
Notizen  überwiegend  geringen  Umfanges  und  meist  gleichen  Inhaltes  i). 
Er  wird  'Abdallah  -)  b.  M.  b.  *Ubaid  b.  Sufjän  b.  Kais  Abu  Bakr 
Ibn  abid-Dunjä  3)  al-Kurasi  al-Bagdädl,  Freigelassener  der  Bänü 
Umajja,  genannt  und  erblickte,  darin  stimmen  die  biographischen 
Quellen,  die  das  Geburtsjahr  anführen,  überein,  im  Jahre  208  das 
Licht   der  Welt.      Ebenso   sicher   dürfen  wir   281    als   sein  Todesjahr 


1)  Es  sind  die  folgenden: 

a)  Fihrist  I  185. 

b)  Ihn  al-Atir  ed.  Tornrebg  VII  324. 

c)  Mirfat  az-zamän  fi  ta'rJh  al-a^jän  des  Sibt  b.  al-Gawzi  (f  654  H),  Enkel  des  be- 
kannten Polyhistors  Ibn  al-Gawzi  (Brock.  I  347).     Paris  1505,  227  a. 

d)  Tadkirai  al-hufjäz  des  DahaVji.  Haidaräbäd  s.  a.  II  248.  de  Slane  I  531,  wo 
al-Hatib's  Notiz  über  I.  a.  D.  nach  der  Pariser  Handschrift  übersetzt  wird. 

e)  Faioat  al-wajajät  des  Kutubi  (t  764).     Druck  Buläk  1283.     I  301. 

f)  Ta'rJh  (auch  al-hidäja  wan-nihäja  genannt)  des  Ibn  Katir  ("f  774).  Berlin  9449. 
Sprenger  Nr.  60,  237  b.  Herrn  Dr.  F.  Kern  verdanke  ich  die  Aufklärung,  daß  die 
beiden  Handschriften  (Sprenger  60  und  61)  nicht,  wie  Ahlwardt  irrtümlich  annimmt, 
von  al-Birzäli  (f  738),  sondern  Ibn  al-Katlr  stammen;  eine  Tatsache,  die  schon 
Wüstenfeld  (Geschichtsschreiber  Nr.  434  S.  181)  erkannt  hat.     Brock.   II  49. 

g)  Abul-Mahäsin  II  92. 
h)  H.  H.   IV  410. 

I.  a.  D.  bei  Brock.   I  154. 

2)  Nur  so;  schon  August  Müller  bemerkt  {Fihrist  II  76),  daß  I.  a.  D.  häufiger 
'Abdallah  als  'Ubaidalläh  genannt  wird.  Der  Fehler  (Fihrist  I  185)  ist  scheinbar  durch 
Verwechselung  mit  dem  anderen  Vornamen  'Ubaid  entstanden. 

3)  Wahrscheinlich  ist,  daß  Dun  ja  im  gewöhnlichen  Sinne  von  »Weite  zu  erklären 
ist.  Eine  Umm  ad-Dunjä  findet  sich  bei  Hiläl  (=  The  historical  remains  of  Hiläl  al-SähT 
ed.  Amedroz,  Leyden  1894)  S.  63;  dazu  ]VI.\rtin  Hartmann,  Aus  der  Gesellschaft  des 
ver fallenden  'Abbäsidenreiches.  In:  Le  monde  oriental  1909,  261.  Im  K.  al-ogänJ 'kommt  eine 
Sklavin,  namens  Dunjä,  vor.  Siehe  Index  337.  Herr  Professor  'Bezold  weist  gütigst 
auf  diese  bei  Ibn  Qotaiba  hin  (Liber  poesis  et  poetarum  ed.  de  Goeje  S.  558  Z.  18). 
Auch  später  ist  der  Name  nicht  unbekannt:  Abüd-Dunjä,  ein  Betrüger.     Mtzän  al-Hiidäl 


28o  Alfred  Wiener, 

annehmen  i),  und  zwar  ist  er  in  einem  der  beiden  Gumädämonate  2) 
gestorben.  Sein  Todesort  ist  Bagdad,  wo  er  auf  dem  SünIzTja- Fried-, 
hofe  3)  begraben  wurde.  Die  Totengebete  sprach  über  ihn  Jüsuf  b. 
Ja'küb,  der  Kädl  und  das  wahhamaka  Allah«  *Abd  ar-Rahmän  b. 
*Umar  abü  Zar*a  ad-Dimaskl,  ein  in  seiner  Zeit  angesehener  Traditions- 
gelehrter. Daß  I.  a.  D.  eine  ansehnliche  Stellung  eingenommen  haben 
muß,  scheint  diese  aktive  Beteiligung  hervorragender  Personen  zu 
beweisen.  Und  diese  Vermutung  wird  zur  Gewißheit,  wenn  wir  hören, 
daß  dieser  Mann  der  Lehrer  einer  Anzahl  'Abbäsidenprinzen  w'ar. 
Unter  seinen  Schülern  werden  namentlich  der  Halif  al-Mu*tadid 
(regierte  279 — 289)  und  dessen  Sohn  al-Muktafi  (reg.  289 — 295)  er- 
wähnt 4).  Ein  Unterricht,  der  ihm  fünfzehn  Dinar  monatlich  ein- 
brachte 5).  Aber  nicht  nur  diese  ehrenvolle  Stellung  gereichte  ihm 
zum  Ansehen,  vielmehr  waren  es  wohl  seine  umfassende  Kenntnis  der 
Traditionen,  seine  gelehrte  Tätigkeit  und  seine  ganze  Lebensweise.  Er 
wird  uns  als  ein  Mann  geschildert,   der  sich  von  allem  Verbotenen 

oder     Zweifelhaften      fernhielt      (^  ,^)      und      ein      zurückgezogenes, 

gottgeweihtes    Leben    führte    (j\^!;)-       Und    dieses    Leben    füllte    er 
mit   seiner   sehr   ausgebreiteten   gelehrten   Tätigkeit   aus.      In   seinen 
Biographien   wird   gesagt,   wie   seine   nützlichen    Schriften   vielen   als       J 
Muster  dienten,  und  wie  sehr  sie  verbreitet  waren.     Wir  hören  von      ■ 
über  100  Schriften,  die  er  verfaßt  hat,  und  Sibt  b.  al-GawzT  (f  654  H) 

des  Dahabl.  Kairo  1325.  II  Nr.  1425;  III  Nr.  3143.  Ma^iarT  tdDozY,  116.  Ihn  kennt 
auch  I.  GoLDZiHER,  Abhandl.  II  67  der  Einleitung.  Schließlich  noch  die  Herrin  Dunjä  in 
der  Geschichte  von  Tag  al-mulük  in  looi  Nacht  (R.  F.  Burton,  Arabian  Nights  II  263). 
Lane  (The  Thonsand  and  One  Nights.  London  1839.  I  523)  bemerkte  dazu  (Anm.  52  zu 
p.  568):  »Dunyä«  signifies  the  world.  über  »Ibn  ad-Dunjä«  siehe  M.  Grünbaum,  Die 
beiden  Welten  bei  den  arabisch-persischen  itnd  bei  den  jüdischen  Autoren.     ZDMG  42,  277. 

1)  Nur  im  wafät:  282.  Sibt  b.  al-Ga\vzI  sagt,  daß  3  verschiedene  Todesjahre  ge- 
nannt werden:  281  nach  Abul-Husain  b.  al-Münädi  (starb  334  oder  336.  Fihrist  I  38, 
II  27  Anm.  15),  282  nach  Ibn  Käni'  (351  H  getötet.  Verfasser  einiger  Werke  H.  H.  II 
104  V  627,  630),  und  außerdem  noch  283.     Die  erste  Zahl  sei  aber  die  korrekteste. 

2)  Die  Tadkirat  al-hufjäz  wie  tä*rTh  des  Ibn  Katir  sagen:  im  ersten  Gumädä.  Diesem 
zweifachen  Zeugnis  steht  aber  das  Alter  des  Fihrist  gegenüber,  der  Dienstag,  den  14.  des 
II.  Gumädä,  als  Todestag  bezeichnet. 

3)  Friedhof  in  Karh,  der  Vorstadt  Bagdads.  Siehe:  Guy  i.e  Strange.  Baghdad 
during  the  Abbasid  Caliphate.     Oxford  1900.     S.  79. 

4)  Die  Erzählung  eines  Vorfalles  während  des  Unterrichtes  bringt  al-Kutubi,  ebenso 
einen  Brief  an  Vater  und  Sohn  (2  Verse). 

5)  H.  Keller  {VI.  Band  des  Kitäb  Bagdad  von  A/imad  ibn  ahl  Tähir  Taifür.  Leipzig 
1908.  Teil  2.  Deutsche  Übersetzung.  S.  VI,  Anm.  11)  schreibt:  »Nach  Gähiz,  Kitäb  al- 
baiän  I  100,  gab  es  drei  Arten  von  Lehrern:  des  Volks,  der  Vornehmen  und  der  Prinzen; 
nach  S.  151  verlangte  der  Volksschullehrer  60,  der  Lehrer  der  Vornehmen  aber  mehr  als 
1000  Dirham. « 


Die  Farag  ba'-d  as-Sidda-V.Sx^xdiX.'üx.  28 1 

Spricht  sogar  von  mehr  als  130,  die  er  selbst  gekannt  habe.  Gegen 
100  Titel  ließen  sich  noch  aus  dem  Fihrist  und  H.  H.,  die  sich  beide 
in  dieser  Beziehung  ergänzen,  und  aus  den  »Studiengängen«, 
wovon  weiter  unten  die  Rede  sein  soll,  feststellen.  Eine  Liste  dieser 
Titel  folgt  im  Anhange;  sie  gewährt  ein  Bild,  welche  Fragen  damals 
durch  die  religiöse  Zeit  gingen.  Von  seinen  Schriften  sind  nicht  viele 
auf  uns  gekommen.  Welches  Inhaltes  die  verloren  gegangenen  waren, 
kann  man  oft  aus  ihren  Titeln  schließen.  Neben  wenigen  Büchern 
geschichtlichen  Inhaltes^),  z.  B.  ahbär  al-Kurais,  kitäb  at-ta^rih,  tazuig 
Fäfima,    und    vereinzelten    scheinbar    grammatikalischen  2)    sind    es 

hauptsächlich  Schriften,  die  js^JI  betreffen.  Das  ist  wohl  nicht 
Askese  im  strengen  Sinne,  sondern  mehr  ein  weltabgeschiedenes, 
fromm.er  Betrachtung  gewidmetes  Leben,  und  unter  Schriften  az- 
zuhd  wird  man  gewiß  solche  zu  verstehen  haben,  die  aus  diesen 
fromm-erbaulichen  Stimmungen  heraus  zusammengestellt  sind,  die 
den  Genüssen  der  Welt  nicht  gerade  freundlich  gegenüberstehen,  diese 
Welt  vielmehr  als  Vorbereitungsort  für  die  jenseitige  betrachten. 
Dahin  sind  zu  rechnen  die  Anzahl  von  Schriften,  die  über  Geduld 
und  Festigkeit,  über  Freud  nach  Leid,  über  Gebete  und  deren  Vorzüge 
handeln,  die  dämm  (Tadel) -Schriften  als  da  sind  »Tadel  der  Musik- 
instrumente«, »Tadel  des  Weingenusses«  u.  a.,  dann  Schriften  wie 
»Beschreibung  der  Hölle«,  »Beschreibung  des  Paradieses«,  »das  Buch 
von  den  beiden  Festen«  (d.  s.  das  große  und  das  kleine  Fest)  u.  dgl. 

Wir  wir  aus  den  uns  vorliegenden  Schriften  L  a.  D.'s  ersehen 
können,  sind  es  nicht  etwa  Bücher  in  unserem  Sinne,  vielmehr  im 
wesentlichen  Sammlungen  von  Traditionen  verschiedenster  Art  über 
den  betreffenden  Gegenstand.  Hier  und  da  gibt  auch  der  Verfasser 
etwas,  was  ein  Zeitgenosse  ihm  als  sein  Erlebnis  erzählt  hat.  Ge- 
wöhnlich geht  er  bei  den  Traditionen  in  die  frühe  Islämzeit  zurück 
und  eine  peinlich  geführte  Überliefererreihe,  die  niemals  fehlt,  führt 
dort  hinauf. 

Man  darf  nicht  glauben,  daß  L  a.  D.  in  allen  seinen  Erzeug- 
nissen jeweils  Neues  geboten  hat.  Es  ist  anzunehmen,  daß  er  sich 
wiederholt.     So  wird  in  der  Berliner  Handschrift  8934,  2    f.  130  a  3) 


1)  Bei  Mas'üdi  wird  er  (I  12)  unter  den  Historikern  aufgezählt. 

2)  Siehe  die  Nr.  44  u.   87  des  Anhangs. 

3)  Dieses  Bruchstück  (Sammlung  Sprenger  1962,  17.  f.  125 — 31)  bringt  kleine 
Geschichten  erbaulichen  Inhaltes,  durch  A'ur'äri-,  Traditionstellen  und  sonstige  Aussprüche 
belegt,  die  vom  Werte  der  Geduld  handeln.  Ahlwardt  vermutet  daher  als  Titel  kitäb 
as-fabr  oder  vielleicht  noch  allgemeiner  kiläb  al-farag  ba^d  as-sidda  und  meint,  es  kann 
ein   Stück  aus  einem    größeren   Werke  sein.     Näheres  darüber  ließ  sich  nicht    ermitteln. 


282  Alf  re  d  \Vi  en  er, 

bezeugt,  daß  sich  ein  Stück  aus  dem  miigäbz  ad-da'"wa  auch  im  jarag- 
befinde  und  ebenso  in  der  Berliner  Handschrift  10  218,  171a,  daß 
ein  Stück  gleichen  Inhaltes  im  fara£-\\ie  im  kitäb  addu^ä^  enthalten  sei. 
Genoß  I.  a.  D.  schon  bei  seinen  Zeitgenossen  dank  seiner  Stellung 
am  Fürstenhofe  und  mehr  wohl  seines  »eingezogenen«,  frommen  Le- 
benswandels und  seiner  großen  Traditionskenntnisse  wegen  Hoch- 
achtung, so  zollt  ihm  in  noch  höherem  Maße  die  wissenschaftliche  Welt 
des  Islam  in  späteren  Jahrhunderten  ihre  Verehrung.  Das  erschließen 
wir  aus  den  »  S  t  u  d  i  e  n  g  ä  n  g  e  n  «.  Die  Studiengänge  sind 
Schriften,  in  denen  gelehrte  Männer  zu  Nutzen  und  Frommen 
der  Nachfolgenden  angeben,  bei  wem  sie  gelernt  und  welche  Bücher 
sie  studiert  haben.  Die  Anordnung  ist  verschieden.  Die  studierten 
Bücher  werden  hier  nach  ihren  Titeln  alphabetisch  geordnet,  dort 
wieder  nach  ihren  Verfassern,  oft  auch  in  noch  andrer  Weise,  wie  z.  B. 
in  Berlin  10  218.  Ein  frühes  Werk  dieser  Literaturgattung  ist  das 
fihrist  mä  rawähii  '^an  sujühihi  mm  ad-dawäwfn  al-musannaja  ji  durüh 
al-Hlm  wa  anwä"^  al-ma^ärif  des  Abu  Bakr  b.  abi  Hair  al-I§bili  (f  575  H 
in  Sevilla),  das  wir  gedruckt  besitzen  ^).  In  dem  Abschnitte:  »Von  den 
Büchern  über  sm/^ö^  und  ra^ä'z'X'«  (I  268)  widmet  der  Verfasser  unserm 
Ibn  abid-Dunjä  einen  besonderen  Artikel  (S.  282).  Er  zählt  darin  über 
dreißig  seiner  Schriften  mit  vollständigen  Isnäden  auf.  Gewiß  ein  Beweis, 
wie  angesehen  I.  a.  D.'s  Schrifttum  im  Spanien  des  6.  Jahrhunderts 
war,  und  welche  Bedeutung  ihm  im  zünftigen  Studium  beigelegt 
wurde.  Aus  späterer  Zeit,  nämlich  aus  dem  9.,  10.,  II.,  12.  Jahr- 
hundert, besitzt  die  Königliche  Bibliothek  in  Berlin  vier  Handschriften, 
die  für  unsere  Zwecke  in  Betracht  kommen  -).  Wir  ersehen  aus  diesen 
Werken,  einen  wie  breiten  Raum  das  Studium  der  Schriften  I.  a.  D.'s 
bei  der  Schulwissenschaft  in  noch  so  später  Zeit  eingenommer  hat. 

')  Bibliotheca  Arabico-Hispana  Tomus  IX  et.X.  Index  lihrorum  de  diversis  scie-ntiaruni 
ordinibiis  ouos  a  niagistris  didicit  Abu  Bequer  Ben  Khair,  ecliderunt  Franciscus  Codera 
et  J.  Ribera  Tarrago.  Cacsaraugustac  189.1/95.  (Brock.  I  499).  Abkürzung:  Isblll  I 
(=  Tomus  IX).  Im  i.  Bande,  S.  385  u.  415,  wird  sogar  Tanühi's  farag  als  gehört  er- 
wähnt. 

*)  Das  sind: 

a)  Nr.  10  213.  Sehr  umfangreicher  Studiengang  des  Ibn  Hagar  al-*Askaläni  (773  bis 
S52  H),  siehe  den  »überaus  gelehrten«  Traditionarier  bei  Brock.  II  67.  Die  Berliner  Hand- 
schrift ist  ein  Unikum. 

b)  171.  Studiengang  des  Sammä'  (oder  Ibn  as-Sammä*)  f  936  H. 

c)  308.  Studiengang  des  Rudäni  (f  1093).  Auch  sonst  noch  vorhanden,  z.  B.  Paris 
4470  und  anderswo. 

d)  10  218  (Mq  718,  f.  147 — 214).  Studiengang  des  Budairi  (j  1140).  Er  ist  wichtig, 
w-eil  sein  Verfasser  auch  die  Anfänge  der  acht  I.  a.  D.  Werke,  die  er  studiert  hat,  und  die 
wir  teilweise  nicht  mehr  besitzen,  mitteilt. 


Die  Farag  ba^a  as-Sidda-\ÄX.QX2X\xx.  28^ 

Der  gelehrte  Ibn  Hagar  al-'Askalänl  (y  852  H)  hat  nicht  weniger  als 
55  Schriften  I.  a.  D.'s  gehört.  Wie  groß  muß  also  seine  Bedeutung, 
muß  der  Wert  I.  a.  D.'s  für  das  theologische,  d.  h.  das  gesamte  wissen- 
schaftliche Studium  noch  im  9.  Jahrhundert  H.  gewesen  sein  !  Und 
auch  die  vorhergegangenen  Geschlechter  müssen  ihn  nicht  niedrig  ein- 
geschätzt haben,  sonst  hätten  sie  kaum  eine  solche  reiche  Anzahl 
seiner  Schriften  bis  dahin  überliefert.  A§-Sammä*  (f  963  H)  hörte 
im  10.  Jahrhundert  7  Werke  unsres  Verfassers;  seine  /am/- Schrift 
in  der  großen  Moschee  zu  Damaskus.  49  verschiedene  Schriften  hat 
ar-Rudäni  (f  1094  in  Damaskus)  durchgenommen;  also  auch  im 
II.  Jahrhundert  war  noch  I.  a.  D.  geschätzt.  Und  von  al-Budairi 
(f  I140)  erfahren  wir  aus  dem  12.  Jahrhundert,  daß  er  8  Werke  des 
Meisters  gehört  hat.  Vor  einiger  Zeit  (1328  H)  hat  die  rührige  Haida- 
räbäder  Druckerei  mehrere  Studiengänge  meist  auf  Grund  von  Hand- 
schriften, die  in  Europa  unbekannt  waren,  zum  ersten  Male  gedruckt. 
Und  zwei  von  diesen  geben  weitereBeweise  dafür,  welchen  hervorragenden 
Platz  der  bei  uns  wenig  beachtete  Ibn  abld-Dunjä  in  der  Schulwissen- 
schaft zu  beanspruchen  hat.  Al-Kauränl  (f  loii  H)  ^)  führt  9  Schriften 
mit  den  Anfängen  an,  mit  denen  er  sich  beschäftigt  hat.  Der  im  Jahre 
1245  H  verstorbene  aä-Saukänl^)  nennt  drei  Schriften  I.  a.  D.'s,  die 
er  kannte. 

V.    Das    Farag  ba'^d  aS-Sidda    des    Ibn    abid-Dunjä. 

Unter  den  Schriften  Ibn  abId-Dunjä's,  die  das  Kitäh  al-flhrist 
aufführt  3),  fehlt  das  farag.  Dagegen  nennt  es  H.  H.  als  erstes  Werk 
dieser  Art  4).  Ausführlich  behandelt  es  Tan.  in  seiner  Einleitung  5). 
Isbili,  alle  vier   Berliner  und  die  beiden  Haidaräbäder   Studiengänge 


Diese  Handschriften  sind  bisher  fast  gar  nicht  verwertet  worden,  obwohl  sie  für 
die  Geschichte  des  wissenschaftlichen  Lehrbetriebes  wie  auch  für  die  Bibliographie  reiche 
Ausbeute  versprechen.  Die  in  Leipzig,  Gotha,  Paris  befindlichen  Handschriften  dieser 
Gattung  können  sich  mit  denen  in  Berlin  nicht  messen.  Über  Schulwissenschaften  und 
Studiengang  siehe  A.  Sprenger,  Die  Schulfächer  und  die  Scholastik  der  Muslime,  ZDiVIG 
1878,  I — 20  und  Martin  Hartmann,  Die  arabischen  Handschriften  der  Sammlung  Haupt 
in:  Rudolf  Haupt.  Katalog  VIII.  S.  III  bis  XII.  Auch  W.  Ahlwardt,-  Verzeichnis 
der  arabischen  Handschriften  I  54. 

I)  Brock.   II  385.     Unsre  Schrift  unter  Nr.  6. 

^)  Wohl  identisch  mit  Brock.  II  485.  Allerdings  nennt  der  Haidaräbäder  Druck 
als  Todesjahr  1255,  aber  schreibt  ihm  wie  Brock.  (Anm.  zu  II  S.  485  §  5  auf  S.  713)  das 
Werk:  Nail  al-außär  zu.  Der  Titel  unseres  Studienganges  lautet:  It/täf  al-akäbir  bi-isndd 
ad-dafätir.    Auf  die  Haidaräbäder  Drucke  machte  mich  Herr  Dr.  F.  Kern  aufmerksam. 

3)  Fihrist  I  185.  ■  •  '  - 

4)  IV  410,  auch  V  129. 

5)  Tan.    I  5  u.  6. 

Islam.     IV.  20 


284  Alfred  Wiener, 

erwähnen  es  als  studiert  ^).  Nach  Tan.  hat  das  Schriftchen  einen 
Umfang  von  20  Blatt  gehabt.  Was  I.  a.  D.  mit  dieser  Schrift  eigentlich 
gewollt  hat,  das  habe  er  nicht  geoffenbart.  Tan.  gibt  dann  ihren  Inhalt 
mit  allgemeinen  Begriffen  an  (Aussprüche  des  Propheten,  der  ashäb 
und  der  täbi'^üti,  Nachrichten  über  das  Gebet,  die  Geduld  usw.)  und 
fügt  hinzu,  daß  sie  Verse  enthalte.  Hat  nun  I.  a.  D.  JMad.'s  fara£-  ge- 
kannt? Wir  wissen  es  nicht  sicher.  Schon  Tan.  hat  gesehen,  daß 
zwar  I.  a.  D.  einiges,  wenn  auch  sehr  weniges,  habe,  was  Mad.  bringe, 
aber  die  Isnädkette.  so  setzt  er  hinzu,  sei  eine  andere.  Ein  günstiger 
Zufall  hat  gewollt,  daß  von  den  Stücken,  die  Tan.  aus  Mad.  mit- 
teilt, zwei  Stücke  zwei  anderen  aus  I.  a.  D.  entsprechen.  Es  sind 
die  Erzählungen  von  Tawba  al-^\nbarl  im  Gefängnis  des  Jüsuf  b. 
*Umar  -)  und  vom  Raubvogel  und  dem  Schmuckgürtel  3).  Zwar 
bringt  Tan.  nicht  die  Isnäde  Mad. 's,  aber  sie  müssen  bei  I.  a.  D.  einer 
anderen  Überlieferung  entstammen,  weil  sie  in  anderer  Fassung  vom 
La.  D.  berichtet  werden.  Es  ergibt  sich  daraus,  und  wenn  man  auch 
Tan. 's  oben  angeführte  Worte  hinzunimmt,  daß  sich  in  der  Tat  keine 
direkten  Entlehnungen  aus  Mad.  bei  I.  a.  D.  nachweisen  lassen  und 
die  Frage,  ob  er  ihn  gekannt  habe,  bleibt  offen.  Sollte  er  ihn  nicht 
gekannt  haben,  so  findet  das  Tan.  schon  »eigenartig«  {^juJ^)  und 
hat  er  ihn  doch  gekannt,  so  findet  er  es  noch  »eigenartiger«,  daß  er 
ihn  totschweigt,  etwa  um  sein  Werk  auf  solche  Art  herauszustreichen. 
Jedenfalls  hat  er  seine  Schrift  genau  so  benannt  wie  die  Mad. 's,  eine 
Tatsache,  für  die  Tan.  nicht  ungeschickt  nach  Gründen  sucht. 

Das  jarag^  des  Ibn  abid-Dunjä  liegt  uns  in  zwei  Texten  vor.  Der 
eine  ist  die  Handschrift  der  Königlichen  Bibliothek  in  Berlin.  Sie 
galt  bisher  als  Unikum.  Außer  ihr  gibt  es  jedoch  noch  einen  indischen 
Druck,  dem  eine  von  der  Berliner  Handschrift  verschiedene  zugrunde 
gelegt  ist  4).    Der  indische  Druck  ist. in  Kairo  nachgedruckt  worden  5). 

')  Siehe  Anhang  Xr.  6S.  Alle  diese  Schriften  bringen  jedesmal  die  Isnädkette 
von  I.  a.  D.  bis  zum  Verfasser  des  Studienganges.  Der,  der  die  immittelbare  Überlieferung 
I.  a.  D.  hat,  ist  beim  farag  ■«•ie  auch  bei  anderen  Schriften:  Abu  'Ali  al-Husain  b.  Safwän 
al-Barda*i  (daneben  kommt  auch  al-Barda*i  vor  »Packsattelfabrikant  und  -händler*). 
Nach  ihm  überliefert  dann  —  und  auch  dieser  ist  gewöhnlich  in  den  uns  erhaltenen  Schriften 
1.  a.  D.'s  zu  finden  —  Abul-Husain  *Ali  b.  M.  b.  'Abdallah  b.  Bisrän,  Indischer  Druck 
von  I.  a.  D.'s  farag  S.  2  wie  München  8S5,  9  {man  *äsa  ba^d  aZ-^M^a:'/)  mit  dem  Zusätze: 
al-Mu*addal. 

^)  Ibn  abid-Dunjä  in  Berlin  S731,  40  a.  Mad.  in  Tan.  I  1S6.  Siehe  hier  S.  2S9  und 
S.  277  Xr.  4. 

3)  Indischer  Druck  des  I.  a.  D.  S.  30.  Mad.  in  Tan.  I  64.  Siehe  hier  S.  290  und  S.  277 
Nr,  2.     Dieselbe  Erzählung  im  farag  des  IK^ädi  Abul-Husain,  siehe   S.  294  Xr.  3. 

•i)  Von  der  Existenz  dieses  Druckes  erfuhr  ich  durch  Herrn  Professor  J.  Horovitz 
m  Aligarh,  durch  dessen  freundliche  Vermittelung  ich  auch  in  seinen  Besitz  kam. 

5)  Siehe  über  diesen  S.  289  Anm.  2. 


Die  Farag  ba'-d  as-SiddaAJ\itX2.\XiX .  285 

Die  Handschrift,   die  sich  in  Damaskus  (az-Zaijät  30,  Nr.  20,2)   be- 
finden  solL  war  mir  nicht  zugänglich. 

I.  Die  Handschrift  der  Königlichen  Bibli- 
othek in  Berlin  Nr.  8731  (Sammlung  Sprenger 
Nr.  911;  Ahlwardt  Vn,  S.  628)^).  Abkürzung:  B. 
Hinter  verschiedenen,  nicht  immer  ganz  durchsichtigen  Isnäden  2), 
die  die  f.  i  b — 3  a  der  Handschrift  einnehmen,  beginnt  f.  3  a  der  Text. 
Nach  einer  sorgfältig  gegebenen  Überliefererreihe  bis  auf  den  Propheten 
hinab  3)  bringt  I.^a.  D.  dessen  Ausspruch:  »Die  Erwartung  der  Freude 
(zu  ergänzen:  nach  dem  Leide)  ist  religiöse  Pflicht,  und  wer  mit  wenig 
Nahrung  zufrieden  ist,  bei  dem  ist  Gott  zufrieden  mit  wenig  guten 
Taten4)<(.  Und  in  einem  anderen  Ausspruche  (3  b)  heißt  es  sogar: 
-  Jil\  ,lJiXJl  öOLxjtil  J-AisiL  »Die  vornehmste  religiöse  Pflicht  ist  die 
Erwartung  der  Freude  (nach  dem  Leide)«  5 j.  Diesem  Ausspruche 
folgen  noch  eine  Reihe  anderer  Aussprüche  des  Propheten,  alle  mit 
eingehender  Überliefererreihe,  ähnlichen  Inhaltes :  über  den  Wert 
der  Geduld  im  Leide  und  über  die  Belohnung  von  Geduld  und  Gott- 
vertrauen (3  b :  w>^.j^vo  i,.\  Joi:>  *JU1  /  iL  ^3  »Wer  auf  Allah  ver- 
traut, dem  macht  er  einen  guten  Ausgang.«  Sure  65,  2.  Auch 
5  b,  wo  noch  'Li=-.5  ^)  hinzugesetzt  ist),  über  die  Macht  Gottes  gegen 
jedes  Unheil  u.  a.  Diese  Aussprüche  und  kurzen  Erzählungen  laufen 
bis  7  a.     Daraus  seien  hervorgehoben: 

4  a.      Gespräch   des  Propheten  mit   Ibn  *Abbäs,   dann   (4  b) 
dasselbe  Gespräch  in  etwas  erweiterter  Form,  zum  Schlüsse  sagt 

1)  Der  ÄHLWARDTSchen  Beschreibung  wäre  noch  nachzutragen,  daß  viele  Zusätze 
von  gleicher  Hand  wie  der  des  Schreibers  in  der  Handschrift  vorhanden  sind,  und  zwar 
alle  am  Rande,  z.  B.  auf  dem  Titelblatte  i  a,  ferner  2  b,  4  a,  5  b  und  öfter,  auch  solche 
abergläubischer  Natur,  so  7  a  eine  kurze  Notiz  über  die  Heilung  des  Kranken  nach  1 1 1  - 
maligem  Aussprechen  von  as-saläm  (siehe  dazu  35  a  Rand).  Die  Handschrift  geht  bis 
42  b.     Dann  folgen  44  b  Anhänge  und  allerhand  Sonstiges. 

*)  2  b  die  Schreiberin  Suhda,  die  574  H  fast  100  Jahr  alt  in  Andalusien  starb,  als 
Überlieferin  genannt.  Siehe  über  diese  sehr  berühmte  Traditionarierin  Goldziher,  Muh. 
Stud.  n  406.  Ebenfalls  2  b  eine  »Igäza  in  absentia**,  LcL^-w  ^.^^^J  *i  q^  '^j'^-^^  ^i^^^ 
darüber  bei  Goldziher,  Muh.  Studien  II  191. 

3)  I.  a.  A.  hat  den  Spruch  von  Abu  Sa'id  'Abdallah  b.  Sabib  b.  liälid  al-Madä'ini. 
Vom  Propheten  hat  ihn  'AU  b.    abl  Tälib  gehört. 

')  C')jr^  a'*  ^^'^  l5^j  0^*3  ^^^^  ^^3  i-  ^"'  a"  cT-"^'  ^'■^^' 

5)  Der  Ausdruck  darf  aber  nicht  wörtlich  genommen  werden.  Er  ist  reines  Schema, 
siehe  z  B.  Kanz  al-'ummäl  I  168.    Nr.  3140;   II  30.    Nr.  718. 

6)  Der  Ausdruck  L::^.^^»  l:i- j  1)"*^=^  Ci..>.S  noch  nicht  im  Kur'än)  kommt  öfter 
vor.     Er  scheint  in  dieser  Verbindung  bekannt  zu  sein,  z.  B.  Ibn  Saad  II  i.    b.  71  Z.  13; 

20* 


286  Alfred  Wiener, 

der  Prophet:  ,.,L  o.^Ji    «^    „  ^Jl    ,.,L    ,j^\    «^    .^aJ!    ,.,!    JLcL 

5ww.j  »vv*.xJI  «-»  i.^j  ,^xi!  ,«^  ^).  »Und  wisse,  daß  Sieg  liegt  bei 
Geduld,  Rettung  bei  Not,  bei  Schwerem  Leichtes,  ja  bei  Schwerem 
Leichtes.« 

6  a.  Eine  Erzählung  von  einem  Manne,  dem  die  Kamele 
und  der  Sohn  geraubt  werden  und  dem  schließlich  durch  das  Ein- 
greifen des  Propheten  geholfen  wird.  Im  Anschluß  daran  offen- 
bart der  Prophet  einen  Kur'änvers   (Sure  65,  2)  2). 

6  a.  Ein  Ausspruch  des  Propheten,  daß  Gott  selbst  bei 
99  Krankheiten  Erleichterung  bringt  3). 

Von  7  a — 12  a  werden  Überlieferungen  gebracht,  die  sich  nicht 
mehr  ausschließlich  um  den  Propheten  bewegen,  sondern  wo  die  be- 
kannten Größen  des  jungen  Islam  im  Mittelpunkte  stehen  und  sich 
zu  den  oben  bereits  genannten  Themen  äußern,  so  Habib  b.  Maslama 
8  b,  Ibn  *Ujaina  9  b,  Mälik  b.  Dinar  ii  b  u.  a.  Auch  hier  wie  überall 
in  der  Handschrift  ist  die  Überliefererkette  ausführlich  gegeben. 
Daraus  seien  angeführt: 

8a.  Die  Erzählung  von  (?)  ...piOjM)  und  seinen  80 
Elephanten,  die  M.  b.  al-Käsim  in  eine  üble  Lage  brachten,  und 
Ibn  al-Käsim's  Errettung  durch  Gott. 

I2a— i8a.    Erzählungen  von  Propheten,  denen  in  höchster  Not 
Gottes  Hilfe  zuteil  wurde,   und  zwar:    12  a — 14  b   Jünus,    14  b — 18  a 
Ja*küb  und  Jüsuf. 
Daraus: 

12  a.  Erzählung  nach  Anas  b.  Mälik,  der  sie  auf  den  Pro- 
pheten zurückführt,  von  Jünus  im  Fischbauche,  seinem  Gebete, 
dem  Gespräche  der  Engel  mit  Gott  darüber  und  seiner  schließ- 
lichen Errettung.  Ihr  ist  eine  Fortsetzung  nach  Abu  Huraira  an- 
gefügt über  ä.-L^Lä*jI,  dem  ]y'\^'^'\^,  der  Bibel  (Jona  IV  3),  die  mit 
einem  Verse  des  Umajja  b.  abls-Salt  endigt  5). 

I)  Das  dritte  Glied  gleicht  Sure  9.),  5  u.  6;  daher  die  Verdoppelung.  Wie  angeblich 
'Ali  diese  erbaulich  auslegt,  siehe:  M.  Hartmann,  Der  Islamische  Orient  I,  332  und  dazu 
Hartmann's  Anm.  2. 

^)  Siehe  dazu  Kassäf  des  Zamahsari  ed.  W.  Nassau  Lee?.     Calcutta  1276  H.      II 

1497- 

3)  99  wie  auch  das  S.  285,  Anm.  i  vorkommende  11 1  sind  magische  Zahlen.    Siehe 

E.  DouTTE,   Magie  et  relip.ion  dans  V Afrique  du  Nord  1S9. 

4)  Die  gleiche  Erzählung  hat  Tanühi  I  50.     Hier  ist  der  Name  (wohl  verschrieben) 

5)  Diese  Erzählung  ebenso  wie  die  folgenden  kürzeren  sind  in  dieser  Fassung  nicht 
in  den  Alsas  al-anhija*  des  Ta'labi  enthalten.  Siehe  Druck  Kairo  132.1.  S.  229 — 231.  Kap. 
.("'J?'?^*  "  |2  r\y\^)  =  ^'^L^\  &JLc       ;0a    ^j    ^-^J^    ä-^s     über  Umajja  b.  abis-Salt 


Die  Farag  ba^d  «i-Ä'^aa-Literatur.  ^gy 

14  b.  Der  Engel  Gibril  besucht  Jüsuf  im  Gefängnis  und  lehrt 
ihn  das  Gebet  um  Erlösung. 

ifb.  Besuch  GibrU's  bei  Ja^küb,  dem  er  auch  ein  Hilfsgebet 
mitteilt  M. 

17  a — 20  b  werden  dann  eine  Anzahl  /am/-Gebete  des  Propheten 
aufgeführt;  das  sind  Gebete,  die  irgend  jemand  den  Propheten  hat 
als  besonders  wirksam  in  Not  und  Gefahr  sprechen  und  empfehlen 
hören.    Man  begegnet  solchen  Gebeten  nicht  selten  in  der  Literatur  2). 

Eines  der  bekanntesten  ist  das  durch  Ibn  *Abbäs  überlieferte, 

18  b:      JLxJl  xJLJI  -^l  kW  ^  ^j.iCit  ^.jC^   ^JLJI    ^'f    ^.Jl    ^   „  .äJ!    oUJLT 

»Die  farag^-W orte:  Es  gibt  keinen  Gott  außer  Gott,  dem  weisen, 
dem  hoheitsvollen,  es  gibt  keinen  Gott  außer  Gott,  dem  hohen,  dem 
erhabenen,- es  gibt  keinen  Gott  außer  Gott,  dem  Herrn  der  sieben 
Himmel  und  dem  Herrn  des  hoheitsvollen  Throns.« 
Von  20  b — 34  b  folgen  dann  eine  Reihe  von  Erzählungen,  längerer 
und  kürzerer,  in  denen  fast  ausschließlich  die  Rettung  durch  ein  Hilfs- 
gebet das  Wesentliche  ist. 

Zuerst  sind  es  eine  Anzahl  Geschichten  von  Haggäg  b.  Jüsuf  3) 
(20  b — 24  b),  von  seinen  Gefangenen  und  deren  wundersamer  Er- 
rettung nach  einem  Gebete  um  Erlösung.  In  den  meisten  von 
ihnen  spielt  Ibrähim  at-TaimI  als  Gefangener  eine  Rolle,  z.  B. 
21  b  Ibrähim  at-Taimi  und  die  Gefangenen,  die  zu  zweien  zu- 
sammengefesselt waren   (.^.ä^). 

Es  folgen  nun  allerhand  Einzelerzählungen   (bis  34  b),  so 
24  b.    Sulaimän  b.  Mälik  und  der  gefangene  christliche  General 
{hitrik)  aus  Rüm. 

siehe  F.  Schulthess  in  Nöldeke-Festschrifi  I  71   und  des  gleichen  Verfassers  Abhandlung: 
Umajja  ibn  Abi  s  Salt    (Leipzig  191 1),    wo    sich  der  erwähnte  Vers  S.  65,    Fragm.  7,  2 
findet;  auch  Powels  in  Melanges  de  la  Faculte  Orientale  de  Beyrouth  I. 

')  Zu  den  bei  I.  a.  D.  angeführten  Geschichten  vergleiche  man  die  bei  Ta'labi:  Zu 
17  a  Z.  10,  S.  76  Z.  24  (verschiedene  Fassung,  verschiedene  Gewährsmänner);  die  14  b 
Z.  9  beginnende  Geschichte  wird  S.  78  Z.  25  nach  Abu  Huraira  und  in  erweiterter  Form 
(siehe  dazu  noch  S.  76  Z.  35)  gegeben.     Über  Jüsuf  überhaupt  siehe  S.  61 — So. 

*)  Z.  B.  al-H^d  at-fartd  Büläk  1293,  I  396.  Man  vergleiche  auch  J.  Goldziher, 
Zauberelemente  im  islamischen  Gebet.  Nöldeke-Festschrift  I  304.  Im  dalä'il  al-bairät 
(Lithographie  s.  1.  1 298  H)  wird  in  einem  Verzeichnis  der  Namen  des  Propheten  als  deren 
letzter  (S.  31)  sähib  al- farag  aufgeführt. 

3)  Des  Haggäg  kraftstrotzende  Erscheinung  muß  auf  die  islamische  Welt  großen 
Eindruck  gemacht  haben.  Selbst  in  looi  Nacht  erscheint  er,  siehe  R.  F.  Burton,  Supple- 
mental  Nights  V,  39.  History  of  al-Hajjaj  bin  Yusuf  and  the  Young  Sayyid.  Auch  im 
Persischen:  Schlechta-Wssehrd.  Der  Frühlingsgarten  des  Dschatui.  Wien  1846.  Text 
S.  74.     Übers.   S.  23,  Anm.   16  S.   144. 


288  Alfred  Wiener, 

25  b.  Erzählung  von  'Amr,  dem  Syrer,  seinem  Ringkampfe 
in  Kleinasien  (hiläd  ar-Rüm)  und  dem  unvermuteten  Tode  seines 
christlichen  Gegners  infolge  eines  Gebetes,  das  dann  'Amr  über- 
all verbreitet  hat  ^). 

27  b.  Ein  Brief  von  al-Walid  b.  'Abd  al-Malik  wegen  Al- 
Hasan  b.  al-Hasan  und  dessen  Rettung  durch  das  jarag-Gehet. 

28  b.  Eine  Notiz,  daß  die  Notgebete  von  Müsä,  Muhammad 
und  jedem  Betrübten  dasselbe  Gebet  seien  wie  das  oben  (S.  287) 
angeführte. 

29a.    Gebet   eines  Gefangenen  des  Zijäd.     Beginn:  vj.   A.AJli5 

i3*a5-w)^       (}»_JüCiy«j       J.J-.*J>-     ^\^    ^jÄXJi»       ,VL^ww(l_»       J>-^L«-w.l_5      *ywp!jl 

.^)  ^*.>Jisti!  ^-jiyi^J^  jJ^i"^'-5  litv^^^i  öK_^i  ^--^^ 
»O  Gott,  Herr  Abrahams,  Ismaels,  Isaaks,  Jakobs,  und  Herr 
Gabriels,  Michaels,  Israfels  und  Herabsender  der  Thora,  des  Evan- 
geliums,  des  Psalters  und  des  erhabenen  Korans.« 

30  a — 32  a.  Längere  Geschichte  von  Abu  Ga'far,  der  im  Jahre 
47  zur  Pilgerfahrt  nach  Madina  zog  und  öa'far  b.  M.,  den  er 
töten  wollte. 

32  b — 33  b.  Erzählung  des  M.  b.  Jazid,  den  Sulaimän  b. 
*Abd  al-Malik  gesandt  hatte,  die  von  Haggäg  Gefangengesetzten 
zu  befreien,  von  seinem  wechselvollen  Geschick  und  seiner  schließ - 
liehen  Befreiung;  von  ihm  selbst  erzählt. 

34  b.  beginnt  der  poetische  Teil,  der  bis  zum  Schlüsse,  42  b, 
reicht.  Die  mitgeteilten  Verse  haben  auf  die  schon  bekannten  Themen: 
Wert  der  Geduld,  Erwartung  der  Rettung  nach  Unheil  u.  a.  Bezug. 
Oft  stehen  sie  am  Ende  einer  Erzählung  oder  sind  darin  eingeschlossen, 
eine  Erzählung,  die  angibt,  wie  oder  wo  sie  entstanden  oder  fielen. 
Allerdings  sind  auch  hier  Erzählungen  vorhanden,  die  überhaupt  keine 
Verse  enthalten,  was  ja  bei  dem  Fehlen  jeglicher  äußerer  Einteilung 
nicht  weiter  wunder  nimmt  3). 

Beginn  34  b.    4  Verse  des  Fulän  b.  M.  und  das  ist  ^Abdallah 
b.  M.  b.  ^Abdallah   b.  Hasan  b.  Hasan.  Jeder  beginnt  mit    ^.w^. 
35  a.   Verse  auf  einem  Pfeil,  bei  Belagerung  einer  Burg  durch 
Härün  ar-Rasid,  und  Erwiderung  des  Herrschers. 

35  a.  2  Verse  von  al-Husain  b.  *Abd  ar-  Rahmän,  die  I.  a.  D. 
selbst  hört. 


^)  Dieselbe  Erzählung  findet  sich  im  Kommentar  des  Sarisi  zur  26.  Ma^äme  des 
Hariri  unter  den  afibär  al-farag.     Druck  Büläk  1300.     Teil  II  40. 

-)  Ohne  Quellenangabe  bei  Tan.   I  57. 

3)  Andere  Werke  I.  a.  D.'s  weisen  eine  gewisse  Einteilung  auf,  wie  das  kitab  al-hawätif 
(Kairo  I  449),  kitäb  inda*  al-hawäig  (Berlin  5389),  doch  ist  sie  nicht  streng  durchgeführt. 
Eigenartig  ist  die  Einteilung  in  makärim  al-a^lä^  (siehe  Anhang  Nr.  76). 


Die  Fa7-ag  ba^d  ßi-5/^i/a-Literatur.  28q 

36  a  teilt  ihm  dieser  Dichter  zwei  andere  mit,  39  b  wie  42  b 
(Schluß)  noch  je  zwei  andere. 

35  b.  Vers  eines  Verrückten,  den  M.  b.  al-Husain  I.  a.  D. 
mitteilt. 

36  a.  3  Verse,  die  der  betrübte  M.  b.  abl  Ragä',  Freigelassener 
der  Bänü  Hä§im,  auf  einem  Zettel  geschrieben  findet  und  I.  a.  D. 
mitteilt  ^). 

36  b.    4  Verse,  die  Ahmad  b.   Jahjä  I.  a.  D.  vorträgt. 

37  a.    5  Verse,  die  M.  b.   Ibrahim   I.  a.  D.  vorträgt. 
37  a.    3  Verse  nach  einem  Kuraisiten. 

37b.  Abu  Bakr  al-Warräk  (Ob  Ibn  abld-Dunjä.?)  hat 
Mahmud  al-Warräk  6  Verse  rezitieren  hören. 

n  b — 39  £i-  Erzählung  vom  Vater  des  'Abdallah  b.  Ja'küb 
b.  Dä'üd,  der  unter  Mahdl  und  RasTd  Gefangener  war,  dem  eine 
wunderkräftige  Traumgestalt  erschien,  und  der  dann  eine  Begeg- 
nung mit  Raäid  hatte.    Die  Erzählung  enthält  verschiedene  Verse. 

39  b.    2  Verse  aus  einem   Brief. 

40  a.    Tawba  al-*AnbarT  im  Gefängnis  "des  Jüsuf    b.  *Umar. 

41  a.  Ein  Vers,  den  abO  'Amr  b.  al-'Alä'  in  den  Tagen  des 
Haggäg  rezitieren  hörte. 

41  a.    2  Verse,  die  sich  auf  einem  Stein  geschrieben  fanden. 

41  b.    3  Verse  nach  einem  Kuraisiten. 

42  a.    3  Verse,  die  Ga*far  b.  M.  einem  der  Kaufleute  Madina's 


sagte. 


42  a.    3  Verse,  die  al-Kazim  b.  M.  b.  GaTar  häufig  rezitierte. 

2.  Das  in  Indien  1323  H  gedruckte  Farag  ba'^d  as- 
sidda  des  Ibn  abid-Dunjä^).     Abkürzung:   I. 

Aus  dem  Titel  geht  hervor,  daß  es  sich  bereits  um  einen  zweiten 
Druck  handelt.  Über  die  zugrunde  liegende  Handschrift  wird  nichts 
gesagt,  ebensowenig  war  darüber  etwas  in  Erfahrung  zu  bringen. 
Auch  der  erste  Druck  ist  nicht  zu  beschaffen  gewesen.  Der  vorliegende 
Druck  umfaßt  40  Seiten,  wovon  39  Seiten  Text  sind.     Auf  Seite  40 


')  Auch  in  Tan.     14.  Kap. 

2)  Zum  Kairiner  Nachdruck  wäre  zu  bemerken,  clai3  das  Druckjahr  nicht  angegeben 
ist;  ebensowenig,  daß  es  sich  um  einen  Nachdruck  handelt.  Trotzdem  sind  »die  Druck- 
rechte gewahrt«.  Das  Buch  umfaßt  40  Seiten.  Die  erste  Überheferereihe  (I.  S.  2)  fehlt, 
ebenso  die  I  angehängte  Biographie  I.  p.  D.'s.  Der  Text  beginnt  sogleich  mit  I  S.  3.  Wäh- 
rend sich  in  I  zuweilen  Vokale  finden,  hat  der  Nachdruck  gar  keine  mehr.  Der  Beginn 
einer  neuen  Überlieferung  ist  auf  keinerlei  Weise  kennthch  gemacht,  so  daß  cheser  Nachdruck 
noch  dazu  bei  den  kleinen  unscharfen  Buchstaben  auf  gelbem  Papier  ganz  unübersicht- 
lich geworden  ist. 


2QO  Alfred  Wiener, 

befindet  sich  eine  Biographie  I.  a.  D.'s  nach,  so  sagt  die  Unterschrift, 
wajät  al-wafajät  und  tadkirat  al-/mfläs.  Am  Rande  des  Textes  stehen 
häufig  erklärende  Anmerkungen. 

Nach  einem  Isnäd  (Seite  2)  von  I.  a.  D.  an  bis  auf  den  Abschreiber, 
einem  Isnäd,  in  dem  schon  der  Gewährsmann  dritter  Schicht  von  dem 
der  Berliner  Handschrift  verschieden  ist,  beginnt  S.  3  der  Druck  mit 
der  Gewährsmännerreihe  bis  auf  den  Propheten  hinunter  und  dem- 
selben Ausspruch,  wie  wir  ihn   B  3  a  Z.    I    ff.  finden. 

Die  Unterschiede  der  beiden  Texte  sind  nicht  sehr  groß.  B  ist 
jedenfalls  völlig  in  I  enthalten.  Durchgehend  fehlt  in  I  das:  »Es 
überlieferte  uns  Abu  Bakr,  er  sagte«  (d.  i.  I.  a.  D.),  womit  in  B  eine 
jede  Überlieferung  eingeleitet  wird.  Hier  und  da  finden  sich  Ab- 
weichungen in  den  Namen,  ab  und  zu  auch  im  Texte.  Sehr  oft  ist 
dabei  I  der  Vorzug  zu  geben.  Der  Abschreiber  in  B  scheint  zuweilen 
mit  den  diakritischen  Punkten,  wie  ja  so  häufig  in  den  Handschriften, 
fiüchtis:  umgegangen  zu  sein.     Manchmal,  jedoch  selten,    ist  I  in  den 

0000  '     J  ' 

Aussprüchen  oder  Erzählungen  ein  wenig  ausführlicher.  Bedeutend 
umfangreicher  ist  er  im  letzten,  im  poetischen  Teile  (I  von  Seite  26, 
B  von  f.  35  a  ab).  Hier  bringt  er  oft  Erzählungen  und  Verse,  die  B 
nicht  hat. 

Das  ist  folgendes: 

S.   26.    Ein  Zusatz  zu    den    mit   ^.^ji    beginnenden    Versen 

in  B  34  b. 

26.  Erzählung  von  Jazid  b.  Mu'awija  und  dem  Härigiten 
(mit  einem  Verse). 

27.  Erzählung  von  Abu  *Amr  b.  al-'Alä',  der  auf  der  Flucht 
vor  Haggäg  einen  Vers  hörte.  Die  Erzählung  ist  wohl  eine  Variante 
der  S.  38  (B  41  a)  wiedergegebenen.  Der  Vers  ist  in  beiden  der 
gleiche. 

27.  Die  Erzählung  von  Dänijäl  (dem  Propheten  Daniel)  in 
der  Zisterne  und  der  Hilfe  Gottes. 

28.  Kurze  Erzählungen  und  Aussprüche  Verschiedener. 

29.  Erzählung  von  einer  Traumgestalt,  die  einem  in  Not 
befindlichen  2  Verse  mitteilt. 

30.  Erzählung  vom  Weibe,  Raubvogel  und  Gürtel.  Die  Er- 
zählung ist  inhaltlich  gleich  der  von  Mad.  mitgeteilten.  Der 
Vers  ist  derselbe;  jedoch  hat  die  Geschichte  hier  eine  andere 
Fassung. 

31.  Etwas  über  Ja'küb  b.  Dä'üd  und  al-Mahdl,  im  Anschluß 
an  die  auch  in   B  befindliche  Erzählung   (B  37  b,    I  32). 

32.  2  weitere  Verse  des  al-Husain  b.  *Abd  ar-Rahmän.       j 


Die  Farag  ba'-d  as-Sidda-L\'izx3X\xx.  2QI 

y:^.  Geschichte  von  *Umar  b.  Hubaira,  dem  Statthalter  des 
*Iräk,  ^und  Hälid  b.  'Abdallah  al-Kasrl,  seinem  Nachfolger  zu 
Zeiten  Hisäm's  ^). 

34  u.  35.  Zwei  weitere  Erzählungen,  in  denen  *Umar  b. 
Hubaira  ^j  eine  Rolle  spielt;  die  erste  mit  4  Versen  des  Farazdak  3). 

35 — n-  Längere  Geschichte  von  Katr  b.  Mu'äwija  al-*Aläsi, 
der  den  Ibrählm  getötet  hatte,  und  Abu  Öa*far  (reg.  136  bis  158). 

VI.  Abul-Husain,  der  Kädl  (j  328  H). 
Einige  Jahrzehnte  nach  dem  Tode  Ibn  abid-Dunjä's  schreibt  der 
Kädl  Abul-Husain  ein  neues  /am/- Buch.  Er  heißt  mit  seinem  voll- 
ständigen Namen:  'Umar  b.  abl  'Umar  b.  M.  b.  Jüsuf  b.  Ja*küb  b. 
Ismä'Il  b.  Hammäd  b.  Zaid  b.  Dirham  Abul-Husain  al-Azdi  al-Fakih 
al-Mälikl  al-Kädi  ibn  al-Kädi  ibn  al-Kädi  4j.  Von  unserm  Abul-tiusain 
kennen  wir  ganz  sicher  das  Todesjahr;  es  ist  328,  darin  stimmen  alle 
Quellen  überein.  Ibn  Katir  gibt  sogar  an,  daß  er  am  Sonntag,  dem 
18.  des  I.  Gumädä,  verschieden  sei,  und  zwar  in  Kurtuba.  Ob  dieses 
Datum  richtig  ist,  ist  zweifelhaft.  Ibn  Katir  teilt  nämlich  weiterhin 
eine  Erzählung  aus  al-Hatib  mit,  wie  den  Freunden  des  Kädl  dessen 
Tod  vorher  angekündigt  wurde,  und  dieser  gleichzeitig  selbst  ein 
beängstigendes  Traumbild  hatte,  und  am  Ende  dieser  Erzählung 
heißt  es:  Er  starb  am  Donnerstag,  den  17.  Sa'bän,  39  Jahre  alt,  und 
die  Totengebete  sprach  über  ihn  Abu  Nasr,  der  ihm  im  Amte  folgte. 
Ist  sein  Lebensalter  mit  39  Jahren  richtig  angegeben,  so  wäre  er  289 

I)  Siehe  auch  S.  297  Nr.  24. 

*)  Der  Sekretär  'Umar  b.  Hubaira's  war  der  bekannte  Ibn  al-Mukaffa*  (Th.  Nöldeke 
ZDMG  59,  794)- 

3)  Auch  bei  Tan.   I  129,  jedoch  in  anderer  Fassung  und   Überlieferung. 

4)  Über  sein  Leben  Wichtiges  in: 

a)  Berlin  9433.  Kompendium  der  Geschichte  bis  zum  Jahre  422  H,  verfaßt  von 
al-Kudä'i  (f  454).  Ausführliches  darüber  bei  Ahlwardt  IX  43  und  Brock.  I  343.  Femer: 
C.  H.  Becker.     Beiträge  zur  Geschichte  Ägyptens  unter  dem  Islam.     Erstes  Heft.     S.  19. 

b)  Berlin  9852,  54  b.     Abkürzung  des  3.  Teils  von  mu'gam  ah!  al-adab  des  Jäküt. 

c)  Ibn  Katir.     Sprenger  61,  266  a.     Sonst  nicht  Bekanntes. 
Kleinere  Beiträge  in: 

d)  Fihrist  I  115. 

e)  Ibn  Hall.  ed.  Wüstenfeld.  Vita  des  Ibn  Sanabüd  Xr.  639  (de  Slane  IV  16). 
Die  gleiche  Geschichte  in  Abul-Makäsin  II  266  und  Ibyi  Katir   (Sprenger  61,    266  b). 

f)  Ibn  al-Atlr  ed.  Tornberg  VIII  273. 

g)  H.  H.   IV  326  u.  410. 

Über  seinen  Vater  zwei  kurze  Notizen  in  Berlin  9910,  29  a  u.  134  b.  ^ädihste  im 
Kollektaneenhefte  eines  Unbekannten,  der  um  121 1  H.  lebte,  und  ferner  in  Tagärib  al- 
umam  des  Ibn  Miskawalh  (f  421).  Bd.  V  319  (noch  nicht  erschienen).  Herr  Prof.  Amedroz 
in  London  war  so  gütig,  mir  diese  Stelle  mitzuteilen. 


2Q2  Alfred  Wiener, 

oder  288  H.  geboren.  Den  größten  Teil  seines  Lebens  hat  er  in  Bagdad 
verbracht.  A.  H.  entstammte  einer  alten  Kädifamilie,  in  der  auch 
die  Wissenschaft  zu  Hause  war.  Sein  Vater  (f  320  H)  war  Kädi  und 
wurde  kurze  Zeit  nach  dem  Aufstand  gegen  Muktadir  296  wegen  eines 
Dienstes,  den  er  diesem  geleistet,  zum  OberkädT  ernannt  ^).  Er  ver- 
faßte Bücher  und  Verse  -).  Zwei  Erzählungen  im  Werke  seines  Sohnes, 
soweit  es  uns  erhalten  ist,  werden  nach  seiner  Überlieferung  erzählt 
(Tan.  II  27  u.  31),  und  in  einer  dritten  (B3  94  a)  spricht  er  von  sich 
selbst  und  von  einer  Zeit,  wo  es  ihm  sehr  schlecht  erging  3).  Sein 
Sohn  studierte  Kur^än,  Hadlt  und  Fikh  nach  der  Lehre  Mälik's,  zu 
dessen  Schule  die  Familie  gehörte.  Ebenso  beschäftigte  er  sich  mit 
Erbrecht,  Arithmetik,  Grammatik,  Lexikographie  und  Poetik  und 
außer  seinem  jarag\i-aX  er  noch  ein  Carzö  al-hadlt  al-kahir  geschrieben, 
das  aber  nach  Fihrist  wie  H.  H.  unvollendet  blieb. 

Über  die  richterliche  Tätigkeit  unseres  Abul-Husain  sind  wir 
einigermaßen  durch  al-Kudä'i's  unterrichtet,  der  bei  jedem  HalTfen 
zum  Schlüsse  die  Kridi's  nennt.  In  den  verschiedenen  Berichten  ist  zu 
lesen,  daß  er  seinem  Vater  (f  320)  im  Amte  folgte.  Dem  widerspricht 
die  Angabe  al-Kudä'i's  (S.  206),  A.  H.  wäre  sechster  Kädi  (von  acht) 
während  derRegierungszeit  (295 — 320)  Muktadir's  gewesen.  Indessen 
mag  man  diese  Zeit  aus  irgendeinem  Grunde  nicht  in  Rechnung  ge- 
zogen haben  4).  Jedenfalls  hat  er  320  (al-Kudä'i  S.  209)  wirklich 
das  Kädiamt  angetreten,  war  alleiniger  Kädi  unter  Kähir  billäh  (reg. 
320 — 22),  und  unter  Rädi  billäh  (reg.  322 — 29)  werden  er  und  Jüsuf 
b.  *Umar  (sein  Sohn.?)  5)  als  Kädi  angeführt.  Gewiß  ist,  daß  A.  H. 
im  Jahre  323  seine  richterlichen  Funktionen  ausübte.  Nach  Ibn 
Hallikän  war  er  bei  der  Verhandlung  amtlich  zugegen,  die  vor  dem 
Wazir  Abu  'Ali  M.  b.  Mukla  im  Rabi*  al-ähir  323  gegen  den  Kur'än- 
leser  Ibn  Sanabüd  stattfand,  weil  dieser  ungewöhnliche  Lesarten 
einführen  wollte  6).     Auch  noch  im  Jahre  327  hören  wir  von  ihm  7), 

•)  Die  Erzählung  bei  Ibn  Miskawaih.     Siehe  die  vorhergehende  Anm.   1. 
-)  Berlin  9910,  wo  vier  Verse  von  ihm  angeführt  werden. 

3)  Ein  Bruder  des  Vaters  hieß:  Abu  Jüsuf  b.  Ja%üb  b.  Täbit,  berichtet  dem  Vater 
eine  Erzählung  (siehe  S.  296  Nr.  14).  A.  H.'s  Onkel  (?)  hieß  Abul-Taijib  M.  b.  Jüsuf  b. 
Ja'küb.     Eine  Erzählung  nach  seiner  Überlieferung  S.  297  Nr.  32. 

4)  Sehr  wahrscheinlich  ist,  daß  er  seinem  Vater,  der  ja  Oberkädi  war,  in  dieser  Eigen- 
schaft nachfolgte  und  daher  die  frühere  Tätigkeit  nur  als  Kädi  übersehen  wurde.  Daß 
er  als  Oberkädi  gestorben  ist,  bezeugt  Ibn  al-Atir. 

5)  Es  scheint  naheliegend,  daß  der  oben  genannte  Abu  Nasr  mit  diesem  Jusüf  b. 
*Umar  identisch  ist. 

*)  Über  die  Verhandlung  und  besonders  über  das  im  Wortlaut  angeführte  Schrift- 
stück, auf  das  sich  Ibn  §anabüd  verpflichten  mußte,   siehe  die  Quellen  in  Anm.  unter  e. 
7)  Abul-Mahäsin  II  2S5. 


Die  Farag  ba^d  as-Sidda-lAx.&x'aXxix.  203 

SO  daß  als  gewiß  gelten  kann:  er  ist  bis  zu  seinem  Tode  im  Amte  ge- 
blieben. Und  so  angesehen  war  er,  daß  der  Halif  bei  der  Nachricht 
von  seinerft  Tode  erschüttert  in  Weinen  ausbrach. 

VII.    Das    Farag   ba''d    as-sidda    des    A  b  u  1  -  H  u  s  a  i  n. 

Schon  das  Kitäb  al-fihrist  i)  führt  das  farag-  des  A.  H.  an,  und 
Tan.  bespricht  es  des  breiteren  in  der  schon  mehrfach  erwähnten 
Einleitung  -)  zu  seinem  farag-Buch.  Auch  H.  H.  kennt  es  3).  Aus  Tan. 
erfahren  wir,  daß  A.  H.'s  Buch  50  Blatt,  also  wohl  über  das  Doppelte 
von  I.  a.  D.'s  Schrift  betrug.  Tan.  fährt  dann  fort,  daß  A.  H.  sehr  viel 
von  Mad.'s  farag  bringe,  wozu  er  noch  andere  Nachrichten  hinzu- 
gefügt habe,  aber  es  sei  darin  manches  enthalten,  was,  so  meint  Tan., 
sich  nicht  mit  A.   li.'s  Absicht  vertrage. 

Wie  weit  ist  nun  A.  H.  von  seinen  Vorgängern  abhängig  .f'  Mad. 
ist,  wie  eben  erwähnt,  reichlich  von  ihm  benutzt  worden.  Von  I.  a.  D.'s 
farag  bringt  A.  H.  nichts.  Ob  er  ihn  nicht  gekannt  oder  ihn  absicht- 
lich unerwähnt  gelassen,  weiß  Tan.  nicht.  Merkwürdig  sei  aber,  daß 
Mad.  für  A.  H.  wie  auch  schon  für  I.  a.  D.  nicht  zu  existieren  scheine, 
und  darüber  sagt  Tan.  das  gleiche,  was  schon  bei  I.  a.  D.  (S.  284) 
wiedergeben  worden  ist. 

Leider  besteht  keine  Möglichkeit,  die  Richtigkeit  all  dieser 
Angaben  zu  prüfen,  da  das  farag  des  Abul-Husain  als  Ganzes  ver- 
loren gegangen  ist.  Doch  liegt  andrerseits  kein  Grund  vor,  Tanühi's 
Aussagen,  die  sich  sonst  als  zuverlässig  ausgewiesen  haben,  in  Zweifel 
zu  ziehen.  Als  Ganzes  ist  A.  H.  zwar  nicht  mehr  auf  uns  gekommen, 
aber  Tan. 's  Sammeleifer  hat  uns  wenigstens  noch  beträchtliche  Par- 
tien seines  Werkes  erhalten.  Erzählungen,  größere  und  kleinere, 
und  eine  Anzahl  Verse  sind  es,  die  Tan.  in  seinem  Buche  verstreut 
überliefert  hat.  Leider  bringt  er  nur  solches  Material,  das  die  in  Tan. 
erhaltenen  Mad. -Stücke  nicht  berührt,  und  so  ist  die  intimere  Ab- 
hängigkeit A.  H.'s  von  seinem  Vorgänger  nicht  mehr  feststellbar.  Ein 
einziges  Mal  erwähnt  Tan.  bei  einer  Geschichte  nach  Mad.,  auch  A.  H. 
führe  sie  an,  jedoch  ohne  Isnäd;  der  Wortlaut  bei  beiden  sei  ähnlich  4). 
Die  Erzählungen  selbst  w-erden  teils  nach  dem  letzten  Gev/ährsmann, 
teils  ohne  Isnäd  beigebracht.  Ihr  Inhalt  ist  durch  das  Thema  ge- 
geben; bei  der  und  dieser  wird  man  aber  das  Gefühl  nicht  los,  wie 

0  I  115- 

2)  Tan.  I  5  u.  6. 

3)  IV  411.     Hier  ist  vor  J)*!    (nach  Berlin    9852,    54  b    [Jäküt])    ein    wo*^;*!  zu 
setzen,  was  die  Stelle  verständlicher  macht. 

4)  Siehe  S.  277  Nr.  2. 


294 


Alfred  Wiener, 


gering  der  Zusammenhang  mit  dem  Thema  ist;  eine  Tatsache,  die 
schon  Tan.  tadelnd  hervorhebt.  Zum  größten  Teile  spielen  sie  unter 
den  *Abbäsiden  und  sie  dürften  mitunter  anziehend  und  wertvoll  sein 
durch  die  Beleuchtung,  die  so  manche  Zustände  im  Halifenreiche  in 
ihnen  erfahren,  so  Tan.  I  65  (Nr.  4),  G  281  b,  284a  (Nr.  34  u.  35) 
als  Beiträge  zur  Barmakidengeschichte,  Tan.  II  31  (Nr.  14)  als  Beitrag 
zur  Verwaltungsgeschichte  u.   dgl. 

Nunmehr  folgen  die  erhaltenen  /ara/- Stücke  im  einzelnen  ^). 

A.    Stücke  aus  Abul-Husain,   die  sich  im  Kairiner 
Druck    des    Tanühl    befinden. 

1.  Im  ersten  Kapitel  seines  /ara/ berichtet  Tan.  eine  Geschichte 
(I  25),  worin  zwei  Verse  vorkommen.  Er  setzt  dann  hinzu,  auch  A.  H. 
habe  diese  zwei  Verse,  er  habe  aber  noch  einen  dritten  Vers,  den  Tan. 
nunmehr  anführt,  zugesetzt. 

2.  Erzählung  (I  63,  3.  Kap.)  mit  Isnäd  nach  M.  b.  Müsä  b.  al- 
Furät,  wohl  der  Vater  des  berüchtigten  Wazir's  'AU  b.  M.  b.  Müsa  b. 
al-Furät*)  unter  al-Muktadir  (reg.  295 — 320).  *A1I  b.  Zaid  hatte 
sich  den  Zorn  des  *Abbäs,  Sohnes  Ma*müns  zugezogen,  der  ihm  all 
sein  Hab  und  Gut  bis  auf  weniges  genommen  hatte.  Nach  einem 
Stoßgebete  anläßlich  eines  merkwürdigen  Vogelkampfes,  den  er  beob- 
achtet, erhält  er  sein  Vermögen  zurück  und  noch  Geld  dazu. 

3.  Die  Geschichte  (Tan.  I  64,  3.  Kap.)  von  der  Sklavin  einer 
Frau  des  Propheten,  dem  Schmuckgürtel  und  dem  Raubvogel.  Tan. 
erzählt  sie  nach  Mad.  und  fügt  hinzu,  daß  sie  A.  H.  nach  Mad.  ohne 
Isnäd  bringe.     Der  Wortlaut  aber  sei  ähnlich. 

4.  A.  H.  hat  die  Geschichte  (Tan.  I  65,  3.  Kap.)  von  Abul- 
Husain  b.  Numair  al-Huzä*i  gehört.  Die  beleidigende  Behandlung 
ad-Fadl  b.  ar-Rabi'a's  durch  den  Barmakiden  al-Fadl  b.  Jahjä  in 
einer  Gesellschaft  bei  Jahjä  b.  Hälid,  seinem  Vater.  Am  Schlüsse 
heißt  es:  »Und  zwischen  diesem  Ereignis  und  dem,  daß  ar-Ra§id  auf 
die  Barmakiden  zornig  wurde   (187),  lagen  nur  wenige  Tage.« 

')  Von  den  folgenden  Erzählungen  befinden  sich  die  unter  6,  i6,  i8  auch  in  zwei 
Berliner  An thologiehandschrif ten :  8451  und  8466,  und  zwar  6  in  8451,  17S  a  und  8466, 
135  a,  16  in  8451,  47  a,  18  in  8451,  11 1  b  und  8466,  52  b.  Die  beiden  Handschriften  bringen 
außerdem  noch  viele  Stücke  aus  Tanühi's  /arag,  die  fast  ganz  übereinstimmen.  Ein  Zu- 
sammenhang beider  scheint  sicher.  Ebenso  sicher  aber  auch  die  Tatsache,  daß  A.  H.'s 
Stücke  nicht  unmittelbar,  sondern  mittelbar  über  Tan.  geflossen  sind.  Wenn  Ahlwardt 
bei  8466  (VII  439)  ausspricht:  die  am  meisten  benutzte  Quelle  besonders  gegen  Ende 
des  Werkes  sei  das  farag  des  Abul-Husain,  so  ist  das  unrichtig.  Nach  Ahlwardt  sind 
die  Handschriften  um  1600  anzusetzen. 

^)  Siehe  M.  Hart.mann,  Le  monde  oriental  Jahrg.  1909,  254  (genauer  Titel  S.  279 
Anm.  3)  und  Müller,  Islam  I  533. 


Die  Farag  ba'-d  ai-^/a'a'a-Literatur,  20 ^ 

5.  Eine  Erzählung  (Tan.  I  137,  5.  Kap.)  ohne  Isnäd  von  *Amr 
b.Ma'dikarib^)  und  seiner  Befreiung  der  Gefangenen  mit  zwei  Gedichten, 
das  eine  von  vier,  das  andere  von  neun  Versen. 

6.  Erzählung  (I  187,  6.  Kap.)  ohne  Isnäd  des  Wahb  b.  Munabbih, 
dem  in  größter  Not  eine  Traumgestalt  erscheint  und  ein  Stück  Seiden- 
stoff mit  einem  dreizeiligen  Spruche  zu  seiner  Aufrichtung  überreicht. 

7.  Erzählung  (I  187,  6.  Kap.)  nach  Wäkidi  (130 — 207  H)  von 
seiner  großen  Not,  seinen  Freunden,  und  wie  seine  Bedürftigkeit  Jahjä 
b.  Hälid  im  Traume  offenkundig  wird,  der  ihm  unverzüglich  hilft  und 
das  Kädiamt  überträgt  -). 

8.  Erzählung  (II  26,  7.  Kap.)  von  *Amr  b.  Hubaira,  seiner 
Krankheit  und  ihrer  Heilung  durch  Jazid  b.  'Abd  al-Malik  b.  Marwän 
(reg.   loi — ^105). 

9.  Die  Erzählung  (II  26,  7.  Kap.)  wird  A.  H.  von  Maimün  b. 
Mü>ä  berichtet.  Einer  der  »Finanzbeamten«  3)  entfernte  sich  vom 
Heere  Mu*tasim  billäh's  (reg.  218 — 27)  nach  Ägypten,  wo  es  ihm  recht 
übel  erging  '^).  Als  die  Not  am  größten  ist,  erhält  er  durch  absonder- 
liche Umstände  Anteil  an  einem  Goldfunde,  so  daß  er  vom  Unglück 
erlöst  nach  dem  *Iräk  zurückkehrt. 

10.  Erzählung  (II  27,  7.  Kap.)  nach  dem  Vater  A.  H.'s.  Abu 
Kiläba,  der  Hadltüberlieferer  5),  war  samt  seiner  Familie  in  eine  üble 
Lage  gekommen,  aus  der  ihm  dreißig  Dinare  einer  vorüberreitenden 
Frau  befreien. 

11.  Erzählung  (II  28,  7.  Kap.),  A.  H.  mitgeteilt  von  Abu  Ishäk 
Ibrahim  b.  al-Kä?im  al-Haijät.  Sie  spielt  zu  Zeiten  Muktafi's  (reg. 
289 — 95)  und  seines  Wazir's  *Abbä5  b.  al-Husain  und  handelt  von 
dem  in  Not  geratenen  Türken,  dem  Bäcker  und,  wie  der  Türke,  als 
das  Elend  seinen  Gipfel  erreicht,  sein  Vermögen  vom  Diwan  zurück- 
erhält. 

12.  Erzählung  (II  29,  7.  Kap.),  die  A.  H.,  so  schreibt  Tan., 
mit  Isnäd^)  nach  Abul-Fadl  b.  *Ijäd  hat.  Ein  armer  Mann  kommt 
auf  allerhand  Umwegen  in  den  Besitz  eines  Fisches.  Bei  der  Öffnung 
des  Fisches  findet  die  Frau  im  Bauche  eine  Perle,  durch  deren  Erlös 
die  Familie  aller  Not  ledig  ist. 


')  Über  ihn:  AgänT  VI  80    und    sonst    noch,    und    Ihn   Qotaiba.      Liber   poesis   ^t 
poclarum  ed.  de  Goeje  S.  21Q. 
^)  Brock.  I  135. 

3)  al-mutasarrij  Dozy,  SuppUm.   I  830. 

4)  Der  Anfang  dieser  Erzählung  steht  nicht  sicher  fest,  siehe  G  275  a. 

5)  muhaddit. 

*)  Die  völlige  Isnädkette  in  G  2S1  a. 


2q5  Alfred  Wiener, 

13.  Erzählung  (II  29 — 31,  7.  Kap.)  nach  einem  Manne  aus  dem 
Katrabbul -Viertel  ^).  Ein  vornehmer  Mann  hatte  seine  Vermögen 
eingebüßt  und  war  so  bei  der  bevorstehenden  Geburt  eines  Kindes  in 
doppeltes  Elend  geraten.  Verzweifelnd  verläßt  er  sein  Haus;  da  wird 
ihm  die  Kunde,  er  habe  eine  größere  Erbschaft  gemacht.  So  hat  alle 
Not  ein  um  so  freudigeres  Ende  als  ihm  ein  Sohn,  der  erste  nach  vier 
Töchtern,  geboren  wird. 

14.  Dem  A.  H.  erzählt  das  Begebnis  (II  31,  7.  Kap.)  sein  Vater 
nach  einem  seiner  (des  Vaters)  Brüder,  »und  ich  glaube«,  sagt  A.  II., 
»es  war:  Abu  Jüsuf  b.  Ja*küb  b.  Täbit«.  Die  Geschichte  handelt  vom 
verarmten  Sekretär,  der  dann  Sekretär  des  Gouverneurs  von  Adar- 
baigän  und  Arminija  wird,  und  davon  wie  sich  damals  (unter  ar-Ra§ld) 
der  Wechsel  der  Gouverneure  abspielt. 

15.  Erzählung  (II  32,  7.  Kap.)  eines  Mannes  nach  seiner  Groß- 
mutter^), deren  Gatte  nach  Ägypten  gezogen  war,  während  sie  da- 
heim in  große  Not  geriet.  Ein  Brief  mit  einer  größeren  Geldsumme 
verwandelt  Leid  in  Freude. 

16.  Erzählung  (II  32,  7.  Kap.)  vom  bedrängten  Kur*änleser 
und  wie  er  bei   Sa'id  b.  al-'Asi  Hilfe  fand. 

18.  Längere  Erzählung  (II  35—38  oben,  7.  Kap.)  von  'Amr  b. 
Mas*ada  und  dem  Halifen  Mä'mün. 

17.  Längere  Erzählung  (II  32—35,  7.  Kap.)  nach  al-Asma*i, 
wie  dieser  lange  im  Tore  des  Hallfcn  gestanden  und  schließlich  durch 
einen  günstigen  Zufall  vor  Raäid  und  Ga'far  b.   Barmak  auftritt. 

19.  Es  handelt  sich  um  eine  Erzählung  (II  49,  8.  Kap.),  die  zu 
Zeiten  Rasid's  spielt  und  die  Tan.  dem  kitäb  al-wuzarä^  des  M.  b. 
*Abdüs  entlehnt  hat.  Sie  enthält  zwei  Verse,  und  Tan.  bemerkt 
dazu,  daß  A.  H.  in  seinem  Buche  die  zwei  Verse  des  Abul-'Atähija 
(130—213  H)  3)  bringe,  ohne  die  Geschichte  dazu  zu  erzählen.  Da- 
gegen habe  er  zwischen  dem  ersten  und  zweiten  Vers  noch  einen  anderen 
zu  stehen,  den  Tan.  nun  anführt. 

20.  Erzählung  (II  72,  8.  Kap.)  ohne  Isnäd  von  einem,  der  zum 
Tode  verurteilt,   dennoch  sich  frei  zu  machen  wußte. 


0  Der  Druck  hat  fälschlich  ^JL-b.ftJ!.  Katrabbul,  Bezirk  im  Nordwesten  Bagdads, 
siehe  G.  de  Strange,  Baghdad  during  the  Abbaside  Caliphate  S.  50  und  die  Karte  vor 
S.  47.     In  G  292  a  hat  die  Erzählung  eine  eigenartige  Einführung. 

2)  Der  Druck  läßt  A.  H.  die  Erzählung  von  seiner  eigenen  Großmutter  vernehmen. 
Dagegen  haben  Bj  99  b  und  G  297  b  einen  Mann  zu  stehen,  der  sie  A.  H.  nach  seiner  (des 
Mannes)  Großmutter  mitteilt. 

3)  Brock.  I  77.    Von  Tanülii  mehrere  Male  im  14.  Kap.  seines  farag  zitiert. 


Die  Farag  ba'-d  as-Sidda-\AXtX3X\x\ . 


297 


B.     Stücke    aus    Abul-Husain,    die    sich    nicht    im 
*       Kairiner    Drucke    befinden. 

21.  Bi  18  b,  2.  Kap.  Kurzer  Ausspruch  des  Propheten.  Er  ist 
zwar  auch  im  Druck  (I  41)  enthalten,  doch  steht  hier  fälschlich  Abul- 
Hair  für  Abul-Husain. 

22.  Bi  19a,  2.  Kap.     Kurzer  Ausspruch  *Ali's  zum  Thema. 

23-  B2  93  b  und  G  273  b;  diese  wie  alle  folgenden  aus  dem  7.  Kap. 
des  Tan.;  kurze  Erzählung  von  *Utmän  b.  Talha  und  den  1000  Dinaren. 
Nach  G  stammt  sie  aus  dem  Buche:  Nasah  al-Kurais. 

24.  B2  93  b;  G  274  b.  Hälid  b.  ^Abdallah  al-Kasri  i)  und  Hi§äm 
b.  *Abd  al-Malik,  der  ihm  die  Statthalterschaft  in  'Irak  anträgt. 

25.  ■  B2  93  b.    .Was  'All  b.  al-Haitam  alles  sieht. 

26.  Bz  94- a.     *Amr  b.  'übaid  bei  Abu  Ga'far. 

27.  B2  94  a;  G  277  a.  Erzählung  von  Hälid  al-BathäwI  2),  Frei- 
gelassenem des  Geschlechts  Ga*far  b.  abi  Tälib,    und    den  zwei  Frauen. 

28.  B2  94  a.  Erzählung  nach  dem  Vater  A.  H.'s,  wie  es  ihm 
einmal  sehr  schlecht  erging. 

29.  B2  97  a;  G  288a.  Geschichte  von  ^Abdallah,  dem  Wazir  al- 
Mahdi's. 

30.  B2  98  a.  Längere  Erzählung  von  einem  Manne,  der  ins 
Unglück  geriet. 

31.  B2  99  a;  G.  291  a  Geschichte  von  einem  Sekretär,  dem  es 
sehr  übel  erging. 

32.  B2  100  a;  G  298  b.  Erzählung  nach  dem  Onkel  A.  H.'s,  Abul- 
Taijib  M.  b.  JOsuf  b.  Ja'küb  von  der  Notlage  *Abdalläh*s  b.  (B2)  ^^l\ 
(G)  t^y^\  in  Ägypten. 

33.  G  279  b  und,  aber  ohne  Quellenangabe,  B2  94  a.  Geschichte 
von  Husain  b.  Müsä,  dem  Bruder  Ibrahim  b.  Müsä's,  der  in  den  Tagen 
al-Mu'tamid's,    (reg.  256 — 79)  nach  Persien  zieht. 

34.  G  281  b.  Geschichte  von  Hälid  b.  Barmak  und  seinem  Sohne 
Jahjä. 

35.  G  284  a.  Längere  Erzählung  von  M.  b.  Ahmad  b.  al-HasIb 
aus  der  Barmakidenzeit. 

36.  G  295  b,  auch  ohne  Quellenangabe  B2  99  a.  A.  H.  hat  die 
Geschichte  von  Abul-Hasan  *A1T  b.  Ahmad  al-Kätib,  dem  sie  Ahmad 
b.  Isrä'il,  der  Sekretär  M.b.  'Abd  al-Malik  az-Zaijät's  berichtete.     Er- 


')  Bzrj^AxJl,    G:      ,.w,äJ5,    aber   nur  ^^,M*sl\    ist    richtig,    über'ihn    .Müller 
Islam  I  445. 

-)  B2:  J,L^.liJI  G:  ^J.<^:^1\. 


2g8  Alfred  Wiener,  Die  Farag  ba^d  as-Sidda-L,\texzX\xx. 

Zählung  von  Ibrähim  b.  ^Abdallah  b.  al-Hubaira,  dem  Sohne  'Urnar 
b.   al-Hubaira's. 

'^'J.    G  297  a.     Geschichte  von  einem  Saih  aus  Kofa. 

38.  G  298  a,  auch  ohne  Quellenangabe  B2  99  b.    Geschichte  von 
Sa'ri  b.  *Amr  b.  al-'Äsi,  der  nach  Kü'a  zieht. 

39.  Bz  135  b;  G  441  b.    12.  Kap.   Zweite  Version  einer   Erzählung 
von  Zainab  bint  Sulaimän  b.  *Ali  b.  'Abdallah  b.  'Abbäs. 

(Schluß  folgt.) 


Kleine  Mitteilungen  und  Anzeigen. 

Eugen  Prym. 

Eugen  Prym,  am  13.  Dezember  1843  in  Düren  geboren,  studierte  nach  Absolvierung 
des  Gymnasiums  seiner  Vaterstadt  in  Berlin,  Bonn  und  Leipzig  vergleichende  Sprach- 
wissenschaft und  orientalische  Sprachen  und  promovierte  im  Sommer  1867  in  Bonn  mit 
der  Dissertation:  De  enimtiatioyiibiis  relativis  semiticis  (Bonn  1868).  Nach  kurzen  hand- 
schrifthchen  Studien  in  Oxford,  London  und  Paris  trat  er  im  November  1868  mit  seinem 
Freunde  Albert  Socin  (damals  in  Basel,  später  Professor  in  Leipzig  1900  |)  eine  andert- 
halbjährige Reise  in  den  Orient  an  (Ägypten  und  Syrien,  hauptsächlich  in  Kairo,  Damaskus, 
Maraba  und  Malula  verweilend).  Der  Zweck  derselben  waren  linguistische  Studien  (vgl. 
ZDMG  1868  S.  742),  und  die  nüchterne  Feststellung  sprachlicher  Formen  ist  bis  an  sein 
Lebensende  seine  Lieblingsbeschäftigung  gewesen.  In  hervorragendem  Maße  war  er  daher 
für  eine  präzise  Aufnahme  moderner  Dialekte  aus  dem  Volksmunde  geeignet.  In  Damaskus 
(Frühjahr  1869)  lernten  die  beiden  Gelehrten  einen  jakobitischen  Christen  kennen,  aus 
dessen  Munde  sie  eine  große  Menge  neu-aramäischer  und  auch  kurdischer  Sprachproben 
sammelten.  Sie  wurden  als  grundlegende  und  bahnbrechende  Arbeiten  auf  diesem  Gebiete 
1881  (Göttingen)  und  1887/90  (Petersburg)  mit  Unterstützung  der  dortigen  Akademien 
veröffenthcht.  Eine  Probe  aus  diesen  Studien  bildete  die  Arbeit,  mit  der  sich  Prym 
1870  in  Bonn  habilitierte. 

Seit  dieser  Zeit  ist  er  in  Bonn,  seit  1875  als  außerordentlicher  und  1890  nach  Ab- 
lehnung eines  Rufes  nach  Tübingen  als  ordentlicher  Professor  tätig  gewesen,  indem  er 
in  der  ersten  Zeit  neben  den  semitischen  Sprachen  auch  Sanskrit  und  Persisch  las.  Seinen 
Schülern  war  er  nicht  nur  ein  vorbildHch  gewissenhafter  Lehrer,  sondern  auch  ein  wohl- 
wollender Freund.  Ihre  Fragen  veranlaßten  ihn  vielfach  zu  mühevollen  Untersuchungen, 
deren  Resultate  er  den  Fragestellern  dann  mit  dem  Bemerken  mitteilte,  sie  möchten  sich 
derselben  ohne  Nennung  seines  Namens  bedienen.  Selbstlose  Bescheidenheit  war  die 
charakteristische  Eigenschaft  seines  Wesens,  die  ihn  jedem  lieb  und  wert  machte,  der  ihm 
nähertreten  durfte.  Unbesiegbar  war  seine  Geduld  bei  der  Nachprüfung  von  Dissertationen, 
die  er  mit  ihren  Verfassern  oft  viele  Monate  lang  in  täglicher  Arbeit  Wort  für  Wort  durch- 
ging. Die  selbstlose  und  ganze  Hingabe  an  den  Beruf  als  Lehrer  war  es,  die  aus  seinem 
Unterrichte  sprach,  und  seine  zahlreichen  Schüler  werden  ihm  für  seine  große  Aufopferung 
zeitlebens  tief  gefühlten  Dank  wissen.  In  der  Mitarbeit  an  der  Herausgabe  des  »Tabari« 
fielen  ihm  die  letzten  1460  Seiten  der  ersten  Serie  zu  —  eine  Aufgabe,  die  er  in  muster- 
gültiger Weise  löste.  In  hochherzigster  Weise  förderte  er  auch  dadurch  die  orientahschen 
Studien  an  der  Bonner  Liniversität,  daß  er  ihr  die  Bibliothek  seines  Freundes  Professor 
Aufrecht  durch  Schenkung  zukommen  ließ.  Wenn  er  auch  nur  selten  und  ungern  in  der 
Öffentlichkeit  hervortrat,  so  war  doch  sein  Leben  im  stillen  sehr  arbeitsam.  Es  wurde 
durch  ein  glückliches  Familienleben  verschönt,  bis  ihn  der  Tod  am  6.  Mai  1913  unerwartet 
"^i'te.  M.   Horten. 

Islam.    IV.  21 


2QQ  Kleine  Mitteilungen  und  Anzeigen. 

Friedrich  Veit  f. 

Am  13.  Mai  dieses  Jahres,  morgens  7^4  Uhr,  starb  zu  Tübingen  Dr.  phil. 
Friedrich  Veit  nach  längerem  Krankenlager,  an  das  er  durch  sein  Herzleiden  gefesselt 
war.  Auch  die  Islamkunde  hat,  da  er  ein  vortrefflicher  Kenner  der  persischen  Sprache 
und  Literatur  war,  durch  seinen  Tod  einen  schweren  Verlust  erlitten. 

Veit  war  am  3.  März    1871   zu  Sternenfels  in  Württemberg  geboren,  als  Sohn  des 
dortigen   Pfarrers.      Vom    8.   bis   14.  Lebensjahre    besuchte  er    das  Gymnasium  in  Lud- 
wigsburg;   dann   mußte    er   seines  Herzleidens   wegen   zwei  Jahre  lang   der  Schule  fern 
bleiben.    Bereits  in  dieser  Zeit  zeigte  sich  in  ihm  eine  große  Sprachbegabung:  er  trieb  für 
sich  allein  Hebräisch,  Arabisch,  Persisch  und  Türkisch.    Darauf  besuchte  er  bis  1891   das 
Stuttga:ter  Karlsgymnasium  und  von  1891—95  die  Universitäten  Straßburg  und  Göttingen. 
Dort    studierte  er  orientalische  Philologie    im    weitesten  Sinne    des  Wortes.       Aber  wie- 
derum zwang   ihn  die  tückische  Krankheit  dazu,  seine  Arbeit  auszusetzen.    Er  verbrachte 
den  Winter    1895/96  in  Ostdorf,  im  Oberamt  Balingen,    auf  den  Vorbergen  der  schwä- 
bischen Alb,  wohin  sein  Vater  im  Jahre  1893  versetzt  war.     Hier  gewann  Veit  ein  tiefes, 
dauerndes    Interesse    an    der  Sprache,     den    Sitten    und    den   Menschen    seiner    Heimat, 
und  er  wandte  dem  nun  einen  großen  Teil  seiner  wissenschaftlichen  Tätigkeit  zu.    Aus 
diesem  Grunde    studierte    er    1896—99    deutsche  Philologie    in  Straßburg.      Von  da  ab 
lebte  er  abwechselnd  in  O^tdorf  und  Tübingen,  machte  aber  auch  große  Reisen  durch  ganz 
Europa,  ja  auch  nach  Nordafrika  und  Vorderasien.     In  den  Jahren   1907  bis  1913  blieb 
er  jedoch    meist    in    der  Heimat.      Nur    der  Orientalistenkongreß    1908    führte  ihn  noch 
nach   Kopenhagen.      Aber   auch,    als    er  schon  das  Zimmer   und    dann    das    Bett    nicht 
mehr  verlassen  konnte,  machte  er  noch  Pläne  für  weite  Reisen.     Für  dieses  Jahr  hatten 
wir  beide  eine  gemeinsame  Reise  nach  Finnland  geplant.     Sein  innerstes  Wesen  wurzelte 
doch  in  seiner  schwäbischen  Heimat,  die  er  kannte  wie  selten  einer  und  die  er  von  ganzem 
Herzen  liebte.     Vieles  davon  hat  er  mich  während  der  Jahre  unserer  Freundschaft  kennen 
gelehrt;    und  wie    er  und    sein   Freund    EUTING    sich    in    der  Liebe  zum   Schwabenland 
eins   wußten,    so    begegneten  wir   beide  uns  in    der  Wertung    des  freien    Bauernstandes. 
Veit   sagt    von    sich    selbst    (im  Balingcr    Volksfreniid  1910,  Nr.  40),  daß  er  Zeit  und 
Kraft,    die    ihm    neben    seiner  wissenschaftlichen    Tätigkeit  übrig  bleiben,    konzentrieren 
möchte  »auf  die  Erhaltung  des  Landlebens  und  des  Bauernstandes,  und  zwar  eines  ge- 
sunden, auf  sich  selbst  stolzen  Bauernstandes,    nicht   ländlicher  Heloten,    die    beständig 
nach  dem  Paradies  der  Stadt  schielen«. 

Veit  war  ein  ganz  ungewöhnliches  Sprachgenie.  Er  kannte  nicht  nur  fast  alle  indo- 
o-ermanischen  Sprachen,  er  war  auch  ein  sehr  gründlicher  Semitist,  kannte  Ägyptisch 
und  finnisch-ugrische  Sprachen.  Namentlich  Finnisch  kannte  und  sprach  er  vortrefflich. 
Bei  all  dieser  formal-linguistischen  Begabung  und  Arbeit,  in  der  er  auch  gerade  die  inne- 
ren Fäden  des  Sprachlebens  zu  erfassen  und  zu  entwirren  suchte,  hatte  er  doch  immer 
ein  großes  sachliches  Interesse  und  beschäftigte  sich  eindringend  und  gründlich  mit 
literarischen  Fragen  und  vor  allem  auch  mit  Volkskunde.  Davon  legen  seine  Doktorarbeit 
Platens  Nachbildungen  aus  dem  Diwan  des  Hafis,  seine  Ostdorfer  Studien  und  seme 
zahlreichen  Artikel  im  »Schwäbischen  Merkur«  und  im  »Balingcr  Volksfreund«  Zeugnis 
ab.  Der  kompetenteste  Beurteiler,  Prof.  H.  v.  FiscHER,  sagt  im  »Schwäbischen  Merkur« 
(1913,  No.  2x6),  Veit  habe  »sich  die  genaueste  formelle  und  lexikalische  Kenntnis  eines 
geographischen  Sondergebiets  erworben,  die  —  wenigstens  in  unserem  Südwesten  —  jemals 
ein  einzelner  Mensch  besessen  hat«.  Von  einer  unendlich  mühsamen  und  gewissenhaften 
Einzelforschung  zeugt  auch  seine  Festschrift  zur  Haug-feicr  in  OstdorJ  a}?i  2g.  Atigust  jgog. 
Sie  enthielt  eine  Biographie  Haug's,  em  Verzeichnis  seiner  Schriften,  eine  Autobiographie 


Kleine  Mitteilungen  und  Anzeigen.  ^01 

seines  Helden,  auf  Martin  Haug  bezügliche  Briefe  und  Urkunden,  eine  Studie  zur 
Ostdorfer  Ortsgeschichte  und  Genealogie,  und  die  Geschichte  der  Gedenktafel  für  Haug, 
die  damals  in  Ostdorf  eingeweiht  wurde.  In  diesem  letzten  Abschnitte  setzte  er  seinem 
1908  verstorbenen  Freunde  Paul  Hörn  ein  schönes  Denkmal  der  Freundschaft.  Veit 
nennt  dieses  Buch  in  der  Vorrede  anspruchslose  Blätter;  er  will  »einerseits  Martin  Haug's 
Ostdorfer  Landsleuten  erzählen,  was  einer  der  Ihrigen  draußen  in  der  Welt  geleistet, 
wie  er  gelebt,  geliebt,  gelitten  hat;  andrerseits  seine  Fachgenossen  und  Freunde  aus 
späteren  Jahren  auf  den  in  mehr  als  einer  Hinsicht  merkwürdigen  Mutterboden  hinweisen, 
in  welchem  sein  Wesen  wurzelte«.     Das  Motto  der  Biographie  war  aus  Hafis  entnommen 


^i>..«Ä/0»    u\j.*    ^äävLc    x^.i    i'Y"^ 

\^.    J^    ob^:^     ^'   ^    }f' 

das  Schlußwort  aus  Firdusi 

Ju^    uX..;^L>J    .-v^li-i   O-^Xj 

Mit  Hafis  fühlte  Veit  sich  innerlich  verwandt,  mit  dem  gewaltigen,  unabhängigen 
Menschen  und  Dichter.  Vieles  hätte  er  für  die  Wissenschaft  noch  leisten  können.  Er 
war  nicht  habilitiert,  er  hatte  kein  akademisches  Amt.  Aber  doch  hätte  man,  wie 
mir  einer  unserer  größten  Orientalisten  und  Gelehrten  schrieb,  »mehr  als  einen  Professor 
aus  ihm   machen  können«. 

Viele  Stunden  habe  ich  mit  ihm  in  seinem  Hause  in  Tübingen,  in  der  Tübinger 
»Orientalischen  Gesellschaft«,  deren  Gründer  und  Seele  er  war,  auf  Wanderungen  durch 
das  schöne  Schwabenland  verleben  dürfen.  Immer  war  sein  Geist  rührig,  tätig,  voll 
origineller  Einfälle  und  Gedanken:  jeder,  der  ihn  wirklich  kennen  lernte,  wußte,  daß  dies 
ein  ungewöhnlicher  und  bedeutender  Geist  war.  Trotz  aller  Schärfen  und  Härten,  die 
gelegentlich  auch  in  seinen  Schriften  hervortreten,  hatte  er  doch  ein  tiefes  Gemüt,  ein 
echtes  Freundschaftsbedürfnis  und  war  von  rührender  Aufmerksamkeit  und  Aufopferung 
für  seine  Freunde.  Sie  alle  werden  ihm  die  Treue  halten,  wie  er  sie  ihnen  gehalten 
hat.  In  den  Annalen  der  Wissenschaft  aber  bleibe  für  alle  Zeit  der  Name  eines  ihrer 
eifrigsten,  begabtesten,  wahrheitsliebendsten  Jünger  eingetragen,  der  ihr  viel  zu  früh  ent- 
rissen wurde  —  Friedrich  Veit. 

Enno   L  i  1 1  m  a  n  n . 


Hugo   Winckler, 

geb.  4.  Juli    1863  in  Gräfenhainichen, 
f    19.  April   191 3   in  Berlin. 

Wenn  auch  Der  Islam  an  dem  Grabe  dieses  Mannes  einen  Kranz  niederlegt,  so 
geschieht  es  aus  Dankbarkeit.  Er  war  nicht  Arabist,  der  Islam  war  ihm  fremd,  sein 
Lebensinteresse  gehörte  dem  alten  Orient,  und  doch  wird  er  stets  in  der  ersten  Reihe 
unter  denen  genannt  werden,  die  in  unserer  Zeit  einer  wahrhaft  historischen  Auffassung 
von  der  Entstehung  des  Islam  den  Weg  bereitet  haben. 

Als  Student  hatte  ich  bei  Winckler  eine  Vorlesung  über  die  Geschichte  des  alten 
Orients  gehört;  sie  war  matt,  und  diese  Enttäuschung  ist  mir  lange  in  Erinnerung 
geblieben.  Aber  unvergeßlich  wird  mir  stets  eine  andere  geistige  Begegnung  mit  ihm 
bleiben  —  persönlich  war  er  mir  nicht  näher  bekannt  —  das  war  im  Jahre  1902  oder  1903, 


^02  Kleine  Mitteilungen  und  Anzeigen. 

V  als  icli  sein  Buch  Arabisch — Semitisch — Orientalisch  las.  Dies  Buch  war  mir  ein  Erlebnis, 
und  ich  stand  wochenlang  fasziniert  in  seinem  Banne,  ja  ich  stehe  noch  heute  fast  ehr- 
fürchtig vor  dieser  intuitiv  wuchtigen  Geschichtsauffassung. 

Nicht  als  ob  ich  die  Schwächen  verkannt  hätte.  Schon  an  dem  Streit  um  den 
alten  Orient  war  mir  manches  unsympathisch  gewesen.  Ich  war  nicht  Fachmann, 
wußte  aber  genug,  um  die  Mangelhaftigkeit  der  historischen  Begründung  so  mancher 
Lieblingstheorie  der  Vorkämpfer  in  diesem  Streite  auch  aus  der  gewandtesten  Dar- 
stellung heraus  zu  empfinden.  So  ging  ich  auch  an  dies  neue  Buch  mit  einem  gewissen 
Unbehagen.  Hatte  ich  früher  nur  zugeschaut,  hier  mußte  ich  Stellung  nehmen.  Und 
wie  freudig  konnte  ich  es  tun.  Da  waren  zwar  arabistische  Unmöglichkeiten,  da  wurde 
der  Koran  wie  ein  sumerischer  Text  interpretiert,  da  wurde  auch  sonst  auf  jeder  Seite 
der  Widerspruch  erweckt,  aber  was  bedeutete  das  gegenüber  dem  klaren  und  über- 
zeugenden geschichtlichen  Gesamtbild,  für  das  ich,  seitdem  ich  es  in  diesem  Buch 
erlebt  habe,  immer  und  immer  wieder  mit  Begeisterung  eingetreten  bin,  und  andere 
mit  mir.  Auch  Caetani  hat  in  den  Annali  seinem  Vorläufer  ein  würdiges  Denkmal 
.~^  gesetzt.  Der  erlösende  Gedanke  der  arabischen  Völkerwandernng  war  geboren.  Arabien 
befand  sich  beim  Auftreten  Muhammed's  wie  der  ganze  Orient  auf  der  -/a-(u  öocls'jdie 
—/■  wirtschaftliche  Basis  der  großen  Weltkatastrophe  des  Arabersturms  lag  deutlich  vor  uns. 
Hatte  man  bisher  immer  nur  nach  der  Religion  gefragt,  so  traten  jetzt  andere  ebenso 
wichtige  Entwicklungsreihen  in  den  \'ordergrund.  Für  unkritische  Menschen  hat 
WiNCKLER  allerdings  nicht  geschrieben,  aber  was  bedeuten  Hunderte  von  Phantasien 
und  Fehlern  gegenüber  einigen  großen  problematischen  Fragestellungen  und  grund- 
legenden Erkenntnissen,  die  unsere  Wissenschaft  mehr  gefördert  haben  als  Tausende 
von  unanfechtbaren  philologischen  Fündlein ! 

Aber  nicht  nur  ein  Geschichtsbild,  auch  das  Bild  einer  Persönlichkeit  erwuchs 
mir  aus  diesem  Werke.  Da  war  viel  Kampf  und  Bitterkeit,  aber,  weiß  Gott,  das  Leben 
hatte  auch  keine  Rosen  auf  seinen  Weg  gestreut.  Da  war  aber  etwas,  das  mitriß:  der 
Zug  zum  Wesentlichen.  Über  den  engen  Gesichtskreis  der  Wurzelsucher  zwang 
es  ihn  hinauf  auf  eine  Höhe,  von  der  sich  der  Urwald  überschauen  ließ,  und  mochte 
er  auch  Bäume  und  Lianen  falsch  benennen  und  Wege  sehen,  wo  keine  waren,  —  das 
war  ihm  gleich ;  denn  auf  die  Gesamtstruktur  des  Urwaldes  kam  es  ihm  an,  und  die 
hat  er  richtig  verstanden.  In  dieser  geistigen  Veranlagung  lag  aber  auch  die  Tragik  seines 
wissenschaftlichen  Daseins.  Er  war  kein  Philologe,  er  war  auch  kein  vorsichtig  wägender 
Historiker;  er  bot  der  Kritik,  der  berechtigten  Kritik,  unendliche  Angriffsflächen.  Nicht 
nur  in  Details.  Seine  Phantasie  hatte  etwas  Großartiges,  aber  auch  etwas  Grenzenloses. 
Sie  hat  ihn  historische  Zusammenhänge  mit  intuitiver  Genialität  erfassen  lassen,  sie 
hat  ihn  aber  auch  dazu  verführt,  Produkte  seiner  geistigen  Gestaltungskraft  und  Kom- 
binationsgabe für  historische  Wahrheiten  zu  halten.  Er  war  ein  Meister  der  Geschichte, 
aber  er  meisterte  auch  die  Geschichte.  So  ergab  sich  seine  Stellung  in  der  Wissen- 
chaft  von  selbst.  Bewundert  und  verehrt  von  vielen,  von  vielen  aber  unterschätzt,  ja 
verurteilt,  ist  er  allzu  früh  der  Welt  des  Kampfes  entrissen  worden. 

Die  Wissenschaft  wird  weitergehen.  Wo  er  geirrt,  da  wird  man  seiner  vergessen. 
Wo  er  uns  aber  neue  Wege  gewiesen  hat,  da  wird  ihm  auch  die  Zukunft  den  Lor- 
beerkranz- nicht  versagen.  Es  wäre  ein  Verhängnis,  wenn  seine  Methode  Schule  machte, 
aber  der  Grundzug  seines  wissenschaftlichen  Wollens  möge  unsere  Wissenschaft  dauernd 
erfüllen:  der  Zug  zum  Wesentlichen.  — 

C.  H.  Becker. 


Kleine  Mitteilung-en  und   Anzeigen. 


Neue  Literatur  zur  Geschichte  Afrikas. 


3^3 


Bis  vor*kurzem  war  die  Afrikaforschung  noch  fast  ausschließhch  auf  die  grund- 
legenden Werke  eines  Barth  und  Nachtigal  angewiesen.  Einige  neue  Quellenwerke  in 
arabischer  Sprache  ')  und  einzelne  Detailstudien  waren  wohl  hinzugekommen,  aber  erst 
in  den  allerletzten  Jahren  sind  plötzlich  mehrere  umfangreiche  Werke  erschienen  die  uns 
zum  Teil  definitiv  über  Barth  und  Nachtigal  hinausführen,  ohne  daß  dadurch  der  Respekt 
vor  der  Leistung  dieser  zwei  bahnbrechenden  Forscher  zu  leiden  hätte.  Diese  neuen  Förderer 
der  Geschichte  Afrikas  sind  die  Deutschen  Frobenius  -)  und  Stuhlmann  3),  die  Franzosen 
Bertholon  4),  Carbou  5)  und  Delafosse  6)  und  der  Engländer  Mac  Michael  7).  Diese 
sämthchen  Männer  haben  an  Ort  und  Stelle  ihre  Untersuchungen  angestellt.  Als  reiner 
Buchgelehrter,  dessen  Resultate  aber  nicht  minder  bewundernswert  sind,  ist  ihnen  Mar- 
QUART  anzureihen,  dessen  großes  Werk  über  Benin  und  die  Geschichte  des  Sudans  nun 
schon  seit  Jähren  gedruckt  ist,  ohne  daß  es  der  ÖffentHchkeit  zugänglich  wäre,  also  hier 
auch  noch  nicht,  wie  es. verdiente,  gewürdigt  werden  kann.  Unsere  Kritik  beginnt  mit 
den  Werken  über  den  westlichen  Sudan  (Frobenius,  Delafosse),  behandelt  dann  die 
innerhch  sich  ergänzenden  Werke  von  Carbou  und  Mac  Michael  über  den  zentralen  und 
östhchen  Sudan,  um  mit  der  Behandlung  der  Vorgeschichte  Nordafrikas  durch  Bertholon 
und  Stuhlmann  zu  schließen. 

1. 

Leo    Frobenius    und    die    Brille    des    Islam. 

Frobenius  war  zwischen  1904  und  1912  fünfmal  in  Afrika;  von  seinen  mancherlei 
Veröffentlichungen  wird  hier  nur  sein  großes  Reisewerk  Und  Afrika  sprach  behandelt, 
in  dem  besonders  die  Ergebnisse  seiner  Reise  in  Britisch  Nigerien  (191 0 — -12)  niedergelegt 
sind.  Bisher  sind  zwei  reich  illustrierte  Bände  erschienen:  L  Auf  den  Trümmern  des  klassi- 
schen Atlantis;  IL  An  der  Schwelle  des  verehrungswürdigen  Byzanz  (Vita,  Deutsches  Verlags- 
haus, Berlin-Ch.  XXV,  402;  XV,  391).  Man  mag  diese  Titel  dem  Verfasser  verübeln,  man 
mag  sich  an  dem  künstlerisch-persönlichen  Charakter  seiner  Arbeit  stoßen,  man  mag  die 
herkömmliche  wissenschaftliche  Dokumentierung  vermissen,  ja  man  mag  über  den  Schwung 
seiner  Phantasie  entsetzt  die  Hände  zusammenschlagen,  —  eine  ernste  wissenschafthche 
Kritik  soll  sich  dabei  nicht  aufhalten,  sondern  auf  den  Kern  der  Sache  eingehen  und  die 
Probleme  dieses  gedankenreichen,  unermüdlichen  und  erfolgreichen  Forschers  unter  die 
kritische  Lupe  nehmen.  Da  wird  wohl  manches  schöne  Gebäude  zusammenbrechen,  aber 
immer  noch  genug  übrig  bleiben,   das  unseren  Dank  verdient. 

Der  Grundgedanke  ist  eine  Reaktion  gegen  die  herkömmliche,  besonders  durch 
Ratzel  vertretene  Auffassung,  daß  Staatenbildung  und  höher»  Kultur  in  Afrika  erst  mit 
dem  Islam  beginnen.    Von  der  gleichen  Reaktion  ist  übrigens,  wie  ich  hier  verraten  kann, 

')  Ich  denke  besonders  an  die  verdienstlichen  Veröffentlichungen  von   Houdas. 
^)  Und  Afrika  sprach,   Berlin  o.  J.,  bisher  2   Bde. 

3)  Ein  kulturgeschichtlicher  Ausflug  in  den  Axires  {Atlas  ovn  Süd-Algerien)  nebst 
Betrachtungen  über  die  Berber-Völker  (Abhandlungen  des  Hamburgischen  Kolonial- 
Instituts  X).     Hamburg  1912. 

4)  Bertholon  et  Chantre  Etudes  anthropologiques  sur  la  Berberie  Orientale,  Lyon 
1913. 

5)  La  Region  du  Tchad  et  du  Ouadai  Paris  19 12,  2   Bde. 
*)  Haut-Senegal-Niger,   Paris    19 12,    3    Bde. 

7)  The  Tribes  of  Northern  and  Central  Kordofan,   Cambridge   19 12. 


^04.  Kleine  Mitteilungen  und  Anzeigen. 

das  MARQUARTSche  Werk  getragen.    Wir  haben  bisher  Afrika  durch  »die  Brille  des  Islam« 
betrachtet.   Frobenius  macht  sich  davon  frei,  und  ein  lodernder  Haß  gegen  den  Islam  0 
durchzieht  das  ganze  Buch,  das  auch  darin  eine  merkwürdige  Ähnlichkeit  mit  dem  Mar- 
QUARTSchen  hat.   Marquart  kennt  nun  den  Islam  und  seine  Zivilisation  genau,  Frobenius 
leider  nur  sehr  oberflächlich,  und  diese  mangelnde  Islamkenntnis  rächt  sich  fürchterlich, 
wenn  auch  sein  Grundgedanke  zweifellos  berechtigt  ist.    Die  ganze  neuere  Islamforschung 
ist  ja  ein  Kampf  gegen  die  islamische  Geschichtskonstruktion,  und  wir  wissen  jetzt,  daß 
der  Islam  überall  meist  nur  die  vorgefundenen  Werte  konserviert  hat,  und  daß  schon  seine 
Blütezeit  unter  den  Kahfen  ein  Nachleben  der  Antike  und  des  alten  Orients  bedeutet.    Am 
längsten  herrschte  das  alte  Vorurteil  von  der  »Kultur  der  Araber«  dem  Lande  der  Neger 
gegenüber,  und  es  ist  ja  zweifellos,  daß  sie  hierhin  auch  verhältnismäßig  mehr  zu  bringen 
hatten  als  nach  Ägypten  oder  nach  dem  'Irak.    Frobenius  zeigt  uns  nun  auch  in  Afrika 
alte  Volkskulturen,  die  der  Islam  nur  übernahm,  wovon  übrigens  der  nicht  überrascht  ist, 
der  die  arabischen  Nachrichten  kennt,  ja  wer  nur  Nachtigal  genau  gelesen  hat.     Aber 
merkwürdigerweise  hat  nie  jemand  die  Konsequenzen  aus  diesen  Angaben  gezogen.    Dies 
Verdienst  von  Fr.  ist  unbestritten,  diese  These  ist  richtig,  leider  aber  sind  die  Beweise 
zum  großen  Teil  falsch;  denn  er  hält  öfters  Dinge,  und  sehr  wichtige  Dinge,  für  uraltes 
heidnisches   Volksgut,    die   nachweislich  islamischer   Import  sind. 

Prüfen  wir  nun  seine  zwei  Hauptthesen,  die  atlantische  und  die  byzantinische,  einmal 
unbefangen  nach;  zunächst  die  atlantische  These.  Piaton  spricht  im  Tiniäus  und 
Kritias  von  der  Insel  Atlantis,  dem  Reich  des  Poseidon  jenseits  der  Säulen  des  Herkules. 
Hierin  Hegt  für  Fr.  eine  historische  Erinnerung  an  eine  uralte  Kultur  in  Westafrika;  aus 
Westafrika  aber  kamen  vor  wenigen  Jahren  die  überraschenden  Bronzefundc  von  Benin, 
die  für  ihn  nichts  anderes  als  den  letzten  Überrest  der  glorreichen  atlantischen  Kultur 
darstellen.  So  zog  er  denn  aus,  sein  Atlantis  im  Hinteriande  von  Benin  zu  entdecken,  und 
er  hätte  nicht  Frobenius  sein  müssen,  wenn  er  es  nicht  gefunden  hätte.  Entkleiden  wir 
seine  poetische  und  oft  spannende,  ja  elegante  Darstellung  alles  Drum  und  Dran  und  fragen 
wir  uns  nüchtern:  Was  hat  er  in  Ibadan  und  Hife  gefunden? 

Erstens    eine  eigentümhche  und  gewiß  bodenständige  sozial-politische  Organi- 
sation, den  Ogbonibund,  einen  Bund  der  Ältesten,  den  unverkennbare  Spuren  von  Kanni- 
balismus doppelt  interessant  machen.      Die   Stellung  des   Bundes  zum   Stadtoberhaupt, 
die  ganz  abweichende  Stellung  des  Königs,  Ritus  und  Zeremoniell  hat  er  eingehend  unter- 
sucht und  eine  starke  autochthone  Kultur  nachgewiesen.  Zweitens  hat  er  trotz  mancher 
Schikanen    eines    englischen    Chauvinisten    erstaunliche    archäologische    Funde    gemacht. 
Er  hat  Ausgrabungen  in  einer  alten  Gräberstadt  veranstaltet  und  merkwürdige  Terra- 
kotten,   Steinskulpturen  und  einen  prachtvollen   Bronzekopf,   angeblich  den  Wassergott 
Olokun,  für  die  Wissenschaft  entdeckt. .   Überhaupt  ist  Fr.  auf  allen  seinen  Reisen  ein 
unvergleichlicher  Sammler  gewesen,  und  z.  B.  das  Hamburgische  Museum  für  Völkerkunde 
dankt  ihm  manche  seiner  besten  Stücke.     Drittens    hat  er  das  Religionssystem  der 
Yoruba  erforscht  und  seine  zahlreichen  Götter  als  Sippenahnherren  totemistischer  Clans 
(Speiseverbote,  Exogamie)  identifiziert.     Die  gleichen  Götter  sind  einzeln  Familiengötter 
mit  FamiHenpriestern  und  in  ihrer  Gesamtheit  Gemeindegötter  mit  Gemeindepriestern. 
Auch  ein  in  Afrika  sonst  unbekanntes  Brandopfer  ist  nachweisbar.    Viertens    hat  er 
entdeckt,  daß  die  Weltanschauung  dieser  Leute  durch  das  von  Heinr.  Nissen  »Tem- 
plumidee«  genannte  Weltbild  beherrscht  ist,  das  von  den  vier  Himmelsrichtungen  ausgeht 
und  durch  Unterteilung  zu  einer    1 6  fachen  Gliederung  führt.     Dies  Weltbild  liegt  dem 
»Ifadienst«  zugrunde,  einem  eigentümlichen  Orakeldienst,  der  wieder  mit  dem  Götterkult 


J)  Z.   B.   Bd.  II,  29:  Oh,  wie  ich  diese  Söhne  Mekkas  hasse. 


Kleine  Mitteilungen  und  Anzeigen.  ^O^ 

in  engster  Verbindung  steht.  Fünftens  weist  er  einen  besonderen  Bogen  und  in  der 
Architektur  den  Impluvialbau  nach,  wenn  ich  von  Einzelheiten  (z.  B.  Spuren  von  Glas- 
fluß) absehe,  lind  aus  all  dem  folgert  er  nun,  nachdem  er  von  vornherein  ohne  Zögern  den 
Olokun  mit  dem  platonischen  Poseidon  identifiziert  hat,  daß  Beziehungen  zwischen  Yoruba- 
Atlantis  und  den  Etruskern  oder  Voretruskern  bestehen  müssen,  weil  letztere  auch  ein 
ähnliches  Weltbild,  einen  ähnlichen  Bogen  und  den  Impluvialbau  besessen  haben.  Überall  hat 
er  die  Yorubakultur  als  unabhängig  vom  Hinterland,  als  eine  Küstenkultur  mit  Küsten- 
verbindungen darzustellen  gesucht,  die  allmählich  mit  ihrem  Poseidon,  dessen  Bedeutung 
man  darüber  etwas  vergessen  hat,  ins  Hinterland  hat  auswandern  müssen  und  dort  ver- 
niggert  ist.  Ursprünghch  aber  handelt  es  sich  um  die  Reste  einer  uralten  Atlantiskultur, 
die  mit  den  »Seevölkern«,  jener  berühmten  Unbekannten  der  altägyptischen  Geschichte, 
zusammenhängt.  Schon  zur  Zeit  der  Karthager  befand  sich  diese  große  Welt  in  der  Deka- 
denz. Jedenfalls  gehören  für  ihn  seine  Funde  der  Antike  an;  die  Beninkunst  ist  das  Verfalls- 
produkt des  Mittelalters,  und  heute  künden  nur  noch  dürftige  Rudimente  von  einstiger 
Größe.      ■ 

Das  ist  ungefähr  —  ihres  Schmuckes  und  Details  entkleidet  —  die  atlantische  These, 
die  Grundthese  des  i.  Bandes.  Und  nun  die  Kritik.  Ich  will  gar  nicht  auf  die  Etrusker 
eingehen  und  noch  weniger  auf  die  Seevölker,  die  schon  mancher  geschichtlichen  Hypothese 
haben  dienen  müssen.  Es  ist  gut  möglich,  daß  diese  Völker  mit  den  höheren  Rassen  Afrikas 
in  Beziehung  stehen,  aber  jedenfalls  rechtfertigen  die  gefundenen  Tatsachen  eine  solche 
Hypothese  nicht.  Die  Yorubakultur  ist  ferner  sicher  keine  Küstenkultur,  sondern 
hängt  mit  der  westafrikanischen  Binnenlandkultur  zusammen,  und  damit  fällt  die  ganze 
These.  Dafür  einige  Beweise.  Erstens  sind  wesentliche  Bestandteile  der  Yoruba- 
religion  islamisch.  So  der  ganze  Ifadienst,  der  nichts  anderes  ist  als 
die  arabische  Geomantik  in  etwas  abgewandelter  Form.  Der 
Oberpriester  des  Ifadienstes  heißt  Babalawo;  das  hat  mir  ein  gelehrter  Kanomann,  der 
lange  Jahre  im  Yorubalande  gelebt  hat,  folgendermaßen  ins  Arabische  übersetzt:  haha=  Abu; 
ala  =  sähib;  awo  =  chatt  d.  h.  also  der  Ausüber  des  Chati,  d.  h.  des  Sandzaubers.  Der 
gleiche  Mann  bestätigt  mir,  daß  der  andere  Name  für  diese  Priester,  Araba,  nichts  mit 
Araber  zu  tun  hat,  sondern  wie  Fr.  angibt,  den  großen  Baum  bedeutet,  was  dann  zu  einem 
Ehrentitel  wird.  Nun  weiß  Fr.,  daß  auch  die  Araber  einen  Sandzauber  haben,  aber  er  hat 
sich  ofl'enbar  nie  damit  beschäftigt;  denn-  alles  was  er  darüber  sagt,  beweist,  daß  er  die  Sache 
nicht  kennt.  Wer  sich  aber  in  dieser  Literatur  auskennt,  wer  den  Z  a  n  ä  t  i  -)  oder  die 
zahllosen  neueren  arabischen  Schriften  3)  darüber  gelesen  hat,  ja,  wer  nur  ein  deutsches 
Punktierbuch,  wie  es  unsere  Dienstboten  von  Kolporteuren  erstehen,  einmal  in  Händen 
gehabt  hat,  sieht  bei  Betrachtung  des  von  Fr.  Bd.  I,  281  gegebenen  Schemas  auf  den  ersten 
Blick,  daß  es  sich  hier  um  darb  el-raml,  um  Geomantik,  handelt  4).  Ich  erinnere  nur  an  die 
Erzählungen  in  looi  Nacht,  wo  vor  allen  wichtigen  Handlungen  das  Sandbrett,  tachi,  — 
das  Ifabrett !  —  gebracht  wird,  um  das  Schicksal  zu  befragen.  DieiöOdus  sind  nichts  anders 


')  Was  Fr.  I,  361  sagt,  zeugt  von  großer  Unklarheit  und  ist  zum  Teil  direkt  unrichtig. 
^)  Kitäb  al-]asl  fl  iisül  '■Um  al-raml,   oft  gedruckt. 

3)  Ich  greife  nur  das  heraus,  was  mir  gerade  in  meiner  Privatbibliothek  zur  Hand  ist : 
Mehrere  Anhänge  zu  al-Büni's  Schanis  al-ma'ärif,  Cairo,  Husainijje-Druckerei,  o.  J. ;  al- 
Zarqäni,  MafäiJh  al-ghaib,  Cairo  1325/1907;  al-Hädjdj  Muhammed  Ibrähim 
Izzet  al-Falaki,  al-futühät  al-üähijje  fi  ma'-rifal  al-qarvä'-id  al-ramlijje.  Die  Lite- 
ratur ist  sehr  groß. 

4)  So  hat  Prof.  A.  Warburg  in  Hamburg,  ohne  Arabisch  zu  können,  auf  den  ersten 
Blick  den  Zusammenhang  richtig  erkannt. 


^06  Kleine  Mitteilungen  und  Anzeigen. 

als  die  i6  Baits  (Häuser,  rjhm),  und  Odu  heißt  auch  nach  meinem  Gewährsmann  ein  Haus,  in 
dem  sich  ein  Schatz,  ein  Geheimes  befindet.  Aus  der  gleichen  Quelle  weiß  ich  auch,  daß  das 
Darb  el-Raml  im  ganzen  Yorubaland  verbreitet  ist  und  daß  man  es  dort  Ifa  nennt.     Der 
Mann   kannte    zwei  Arten,  und  es  ist  ja  auch  aus  der  pR.schen  Darstellung  deutlich,  daß 
es  verschiedene  Systeme   zur  Herstellung  der  Häuser  gegeben  hat.    Auch  auf  Madagaskar 
hat  man  ein  eigenes  System  (vgl.  Ferrand,  Les  musubnans  ä  Madagascar  I,  73  ff.).    Über- 
haupt ist  die  Geomantik  im  ganzen  Orient  verbreitet,  in  Ostafrika  sowohl  wie  im  Westen, 
in  Ägypten  wie  in  Indien,  und  an  den  indischen  Namen  läßt  sich  noch  deutlich  erkennen, 
daß  sie  aus  den  arabischen  entstellt  sind"),  und  etwas  Ähnliches  wird  sich  wohl  auch  bei  den 
Yorubanamen  nachweisen  lassen,  wenn  sie  einmal  philologisch  korrekt  aufgenommen  sind. 
Es  sind  wahrscheinlich   Bedeutungsübersetzungen.     Allen  diesen   Bedeutungen  liegt  ur- 
sprünglich eine  Sternkonstellation  zugrunde,    und  die  ältesten  arabischen  Namen  zeigen 
das  noch  deuthch.    Wir  fußen  also  hier  auf  hellenistischer  Tradition;  der  Sandzauber  selber 
tritt  uns  aber  erst  in  arabischer  Zeit  entgegen.    Seine  Anfänge  sind  noch  dunkel,  sie  können 
aber  keinenfalls  im  Yorubalande  hegen,  da  sein  Wesen,  das  übrigens  Fr.  nicht  verstanden 
hat,  die  ganze  antike  Astrologie  zur  Voraussetzung  hat.     Überallhin  ist  diese  Kunst  — 
ein  Geschenk,  das  Gabriel  dem  Propheten  Idris  überbracht  hat  —  erst  mit  dem  Islam 
gekommen.    Auch  nach  Yoruba,  und  zwar  durch  den  Gott  Edschu,  der  die  Stelle  des  Idris 
übernimmt.    Und  dieser  Edschu  ist  nach  der  Legende  vom  Niger  gekommen  (Bd.  I,  260). 
Diese  Angabe  ist  deutlich.     Erst  als  ich  dies  alles  konstatiert  hatte,  entdeckte  ich,  daß 
schon  im  Jahre  1864  Burton  den  Zusammenhang  zwischen  dem  Ifadienst  des  Yoruba- 
landes  und  der  islamischen  Geomantik  unwiderleglich  bewiesen  hat  =).     Wir    haben 
hier      also      keinen      alten      Weltbildgedanken,      sondern       eine 
eigentümliche    Verschmelzung    heidnischer    Götterlehre    mit 
islamischem    Zauber   vor   uns,    wie  wir  es  ja  auch  in  Madagaskar  so  grotesk 
beobachten  können.     Die  Zahl  16  und  der  Ifadienst  —  vielleicht  angepaßt  an  ein  altes 
Loswerfen  vor  dem  Gott  —  sind   also  importiert,   und  damit  kommt  das  ganze  Pantheon 
ins  Schwanken.    Es  bleiben  alte  autochthone  Göttervorstellungen,  gewiß,  aber  die  herriiche 
und  überzeugende  Geschlossenheit  des  Systems  bricht  zusammen.     Da  ganz  Westafrika 
aber  die  arabische  Geomantik  kennt,  haben  wir  hier  einen  unleugbaren  binnenländischen 
Einfluß  vor  uns,  der  unmöglich  auf  dem  Seewege  gekommen  sein  kann. 

Zweitens  ist  der  Ifadienst  nun  aber  nicht  das  einzige  Beispiel  dieses  islamischen 
und  damit  binnenländischen  Einflusses.  Fr.  selber  hat  in  einem  Falle  (Bd.  I,  209)  auf  eine 
Neubildung  unter  islamischem  Einfluß  hingewiesen.  Der  mit  Obatalla  identifizierte  Gott 
Olufan  ist  nach  ihm  nichts  anderes  als  »Alfa«,  womit  die  Yoruba  die  .Muhammedaner  be- 
nennen sollen,  wie  überhaupt  die  Priester  beim  Betreten  des  HeiHgtums  dreimal  »Allah« 
ausrufen.  Noch  deuthcher  sind  die  »Alledjenu«  (I,  229;  II,  209,  213,  215,  243  und  sonst\ 
von  anderen  Völkern  »Jine«  genannt,  die  Fr.  viel  zu  schaffen  machen.  Ausführiich  wird 
von  dem  Einzug  der  »Alledjenu«  berichtet,  ein  heidnischer  Gott  will  nicht  so  genannt  sein, 
•worin  Fr.  die  Mischung  verschiedener  heidnischer  Religionsformen  sieht,  während 
es  in  Wahrheit  wundervolle  Zeugnisse  sind  für  den  Kampf  zwischen  dem  bodenständigen 
Götterkult  und  dem  Vorläufer  des  Islam,  seinem  Dämonen-  und  Zauberglauben,  der  ihm 
in  ganz  Afrika  Pionierdienste  geleistet  hat.  Diese  für  das  Verständnis  des  Islams  in  Afrika 
grundlegende    Erkenntnis  ist  Fr.   verschlossen  geblieben,  weil  er  sich  überhaupt 


I)  Albrecht  Weber,  Indische  Studien  Bd.  II,  236—287  (Beriin  1853).  Andere 
Formen  bei  Steinschneider  ZDMG  XXI  (1877),  762  ff. 

-)  Richard  F.  Burton,  A  mission  to  Gelele,  hing  of  Dahomey  I,  330  ff.;  mir  bekannt 
durch  den  Auszug  bei   Ferrand   o.   c.    III,   147  ff. 


Kleine  Mitteilungen  und  Anzeigen.  ^07 

um  den  Islam  nicht  kümmert.  Wie  verhängnisvoll  das  namentlich  für  Bd.  II  geworden 
ist,  werden  wir  noch  zu  betrachten  haben.  Im  augenblicklichen  Zusammenhang  konstatieren 
-wir  eme  innige*Verbindung  zwischen  der  Yorubarehgion  und  dem  Binnenlande. 

Diese  ist  aber  nicht  erst  ein  Produkt  des  Islam;  denn  Fr.  lehrt  uns  ja  überall,  daß 
der  Islam  auf  den  ausgetretenen  Pfaden  anderer  gewandert  ist.  Darin  hat  er  unbedingt 
recht.  Damit  kommen  wir  aber  zu  einem  dritten  Gegengrunde.  Nehmen  wir  nun 
den  vorislamischen  Yorubakult,  wie  er  in  der  von  Fr.  nachgewiesenen  Bestattungsform 
der  Könige  zutage  tritt,  genau  das  gleiche  ist  uns  schon  von  a  I  -  B  e  k  r  i  für  Ghana, 
die  große  Vorläuferin  Timbuktu's,  berichtet.  Auch  Skulpturen  und  Glasfenster  hat  es, 
wie  Marquart  ausführiich  nachgewiesen  hat,  am  Palaste  in  Ghana  gegeben,  und  die  tote- 
mistischen  Geheimbünde  sind  schließlich  eine  ganz  Westafrika  eignende  Erscheinung. 
Die  lybischen  Einschläge,  die  Fr.  selber  hervorhebt,  sind  m.  E.  noch  viel  stärker  als  er 
glaubt.  Also  statt  einer  isolierten  atlantischen  Kultur  haben  wir  deutliche  Beziehungen 
zum  Binnenlande.  Damit  fällt  die  ganze  atlantische  These.  Als  Resultat  unserer  Kritik 
ergibt  sich  also,  daß  Fr.  wichtige  Denkmäler  und  Mythenreste  einer  vorislamischen  Kultur 
des  Yorubalandes  entdeckt  hat,  und  daß  hier  zweifellos  Beziehungen  zu  den  Beninbronzen 
vorliegen  (vgl.  dazu  auch  JAnthr.  I.  XL,  525  ff).  Die  Wurzeln  dieser  Kultur  liegen  nicht  im 
Islam,  sie  sind  aber  auch  nicht  an  der  Küste,  sondern  im  Binnenlande  zu  suchen;  sie  sind 
alt,  aber  nicht  so  alt,  wie  Fr.  glaubt,  und  haben  ganz  gewiß  nichts  zu  tun  mit  den  See- 
völkern oder  mit  dem  platonischen  Atlantis.  Aber  trotz  aller  Kritik  muß  anerkannt  wer- 
den, daß  hier  ein  großes,  rätselreiches  Material  erstmals  zusammengebracht  ist.  Dies 
heidnische  und  prähistorische  Material  zu  werten,  kann  nicht  die  Aufgabe  einer  An- 
zeige in  unserer  Zeitschrift  sein.  Die  archäologischen  Funde  sind  nicht  wegzuleugnende 
Zeugen  einer  großen  alten  Kultur,  aber  die  mythologischen  Sammlungen  lösen  bei  dem 
Philologen  doch  manch  bedenkliches  Kopfschütteln  aus.  Sie  sind  alle  durch  einen  oder 
mehrere  Dolmetscher  gegangen,  und  wenn  Fr.  auch  mit  Recht  die  Praxis  befolgt  hat, 
die  abgesprengten  Volksglieder  auszufragen,  so  ist  doch  rein  sprachlich  eine  Unsumme  von 
Fehlerquellen  möglich,  wie  sie  nur  der  beurteilen  kann,  der  selbst  ähnliches  und  zwar  mit 
Beherrschung  der  betreffenden  Sprache  versucht  hat.  Fr.  wird  mir  nicht  verdenken,  . 
daß  ich  nach  meinen  Erfahrungen  mit  seiner  Islamkenntnis  bei  einem  Buche,  daß  mit 
solchem  Pathos  die  Islamfrage  behandelt,  auch  für  andere  Fragen,  wo  mir  der  Boden 
schwankend  erscheint,  eine  große  Dosis  von  Skepsis  mitbringe.  Überdies  wäre  es  doch 
wohl  auch  richtig  gewesen,  wenn  Fr.  seiner  Vorläufer  auf  diesem  Gebiete  gedacht  hätte. 
Ich  erinnere  an  die  Arbeiten  von  Monteil,  Contes  Soiidanais;  Dupuis-Yakouba,  Legendes 
Songa'i  de  la  region  de  Tomboticlou;  Berenger-Ferand,  Contes  de  la  Senegarnbie  u.  a. 

Der  zweite  Band  bringt,  wie  schon  der  Titel  An  der  Schwelle  des  verehrungswürdigen 
Byzanz  ankündigt,  eine  neue  These,  die  byzantinische.  Der  Ertrag  dieses  zweiten 
Bandes  ist  reicher  und,  wie  mir  scheinen  w\\\,  solider  als  der  des  ersten,  wenn  man  auch 
nicht  allen  Visionen  des  Verfassers  folgen  wird.  Auch  hier  will  ich  nicht  seinem  schwer 
übersichtlichen  Gedankengang  nachgehen,  sondern  das  Problem  schildern,  ■wie  es  bisher 
lag,   und  danach   Fr. 's    Ansicht  skizzieren. 

Im  Sudan  kreuzen  sich  zwei  Völker  und  Kulturströme,  der  eine  kommt  vom  oberen 
Nil,  Nubien  und  geht  über  Därfür,  ^^'adä'i  nach  Bomu,  der  andere  kommt  von  Nordafrika, 
umgeht  die  Sahara  im  Westen  oder  durchquert  sie  wohl  auch  und  stößt  bis  an  den  Niger- 
bogen, in  späterer  Zeit  sogar  bis  ins  Hausaland,  ja  nach  Adamaua  vor.  Dieser  Gedanke 
ist  nicht  zuerst  von  Fr.  ausgesprochen,  sondern  schon  seit  langem  Gemeingut  der  Wissen- 
schaft. Er  wird  am  deutlichsten,  wenn  man  die  Verbreitung  der  Araber  betrachtet,  die  ja 
zuerst  kritisch  und  übersichtlich  von  Kampff.mever  in  SOS  As.  II,  143  ff.  dargestellt 
und   jetzt   neuerdings   wenigstens    für   die    Ostströmung   von  .MacMichael   und  Carbolt 


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untersucht  worden  ist.  Vgl.  auch  meine  Studie  Bd.  I,  153  ff.  Die  Verschiedenheit  der 
Kulturströme  wird  noch  heute  dadurch  dokumentiert,  daß  der  westlich  einfallende  Islam 
rein  malikitisch  ist,  während  von  Osten  her  schäfi'tische  Elemente  eingewandert  sind  (vgl. 
Bd.  III,  264).  Neu  an  der  pR.schen  These  ist  nun,  daß  diese  Kultur-  und  Völkerströme 
nicht  erst  islamisch  sind,  und  darin  hat  er  zweifelsohne  recht.  Er  nennt  es  die  »Brille  des 
Islam«,  daß  man  immer  nur  an  den  Islam  und  die  Araber  gedacht  hat,  statt  sich  klar  zu 
machen,  daß  solche  Ströme  und  Wanderungen  doch  natürlichen,  d.  h.  geographischen 
Gesetzen  folgen,  und  daß  es  höchst  wunderbar  wäre,  wenn  nicht  auch  schon  in  vorislamischer 
Zeit,  ja  schon  im  grauesten  Altertum,  Kulturelemente  und  Völker  aus  den  Kulturreichen 
Nordafrikas  durch  die  gleichen  Einfallspforten  in  den  Sudan  eingetreten  wären.  So  sind 
der  Oststrom  und  der  Weststrom  die  Grundfaktoren,  auf  denen  sich  neben  der  atlantischen 
Kultur  die  afrikanische   Geschichtstheorie  von   Fr.   aufbaut. 

Weiter  ist  bei  ihm  neu,  daß  die  Mischung  beider  Ströme  in  vorislamischer  Zeit  nicht, 
wie  ich  auf  Grund  der  Verbreitungsverhältnisse  der  islamischen  Riten  annahm,  im  Tschadsee- 
gebiet zu  suchen  ist,  sondern  im  Nigerbogen,  doch  wird  diese  These  noch  nachzuprüfen 
sein.  Die  im  inneren  Nigerbogen  sitzenden  Mossi  und  die  im  nördlichen  Nigerien  lebenden 
Nupe  sind  ihm  die  am  weitesten  nach  Westen  vorgeschobenen  Vorposten  der  Ostströmung, 
während  ihm  die  Songhai-Mande  am  äußeren  Nigerbogen  die  Westströmung  verkörpern  , 
die  sie  in  der  Form  des  Islam  bis  in  das  Hausaland  hineingetragen  haben.  Im  vorliegenden 
Buche  interessiert  ihn  besonders  die  Ostströmung,  deren  Völker  dem  Islam  besonders 
lange  Widerstand  geleistet  und,  wenn  sie  ihn  schließlich  angenommen  haben,  dies  taten, 
ohne  die  wesentlichen  Elemente  ihrer  alten  Kultur  aufzugeben.  Selbst  islamische  Eroberer 
wie  die  Fulbe  haben  sich  in  allen  wesentlichen  Punkten  der  vorgefundenen  Nupekultur 
angepaßt.  Welches  sind  nun  die  Wurzeln  dieser  alten  Kultur  ?  Sie  sind  nach  Fr.  christlich- 
byzantinisch, und  zwar  ist  die  Kraftquelle,  von  der  alles  ausgeht,  der  Ausgangspunkt  der 
Ostströmung,    der   Obernil,    das   christliche   Reich   Nubien. 

Also  der  Oststrom  ist  nubisch,  während  der  Weststrom  lybische  Charakterzüge  trägt, 
die  übrigens  auch  dem  Oststrom  nicht  fehlen  sollen.  Vom  Weststrom  hören  wir  vor  allem 
Sagenzüge,  wie  die  Perseussage  (der  Kampf  mit  dem  Drachen  in  mannigfacher  Version), 
die  sich  bei  den  Mande  mit  der  Einführungssage  des  Islams  verknüpft  hat.  Ähnliche 
Legenden  werden  bei  den  Lybiern  der  Sahara  und  bis  weit  ins  Hausaland  hinein  nach- 
gewiesen. Andere  lybische  Züge  waren  schon  im  i.  Bande  aufgezeigt  (Sonnenwidder). 
Über  den  Oststrom  werden  \\'ir  genauer  orientiert.  Hier  sind  es  nicht  nur  Legenden,  sondern 
auch  staatliche  Institutionen,  die  eine  gewisse  Beziehung  zu  den  Ländern  des  östlichen 
Sudan  und  Nubien  besitzen.  In  diesen  Gedankengang  reihen  sich  ein:  i.  die  wertvolle 
Geschichte  der  Mossivölker  (Kap.  VIII).  Hier  kommt  Fr.  mit  seinen  Datierungen  bis  1289 
zurück;  2.  die  charakteristische  Geschichte  des  Eindringens  dieser  Völker.  Namentlich 
in  dieser  letzten  Gruppe  von  Tatsachen  sieht  Fr.  wichtige  Fingerzeige  nubisch-byzan- 
tinischer  Einflüsse;  so  kommen  z.  B.  als  Insignien  der  Herrscherwürde  Kronreif,  Goldkugel 
(Reichsapfel),  Stab  vor;  auch  das  Kreuz  ist  sehr  häufig  vertreten,  wie  Fr.  durch  zahlreiche 
Abbildungen  (Sättel,  Schwerter)  nachweist.  Ziemlich  allgemein  ist  der  Sonnenschirm 
als  Sjonbol  der  Herrschaft.  Femer  spielen  die  vier  Erzämter  in  seiner  Überlegung  eine 
große  Rolle.  Hier  kann  ich  ihm  zwar  nicht  ganz  folgen;  denn  die  vier  Erzämter  sind  meines 
Wissens  weder  in  Nubien,  noch  in  Abessinien,  noch  in  Därfür  so  ohne  weiteres  nachweisbar, 
dafür  aber  hat  der  ganze  Aufbau  der  Hofchargen  und  des  Zeremoniells  (z.  B.  Verborgensein 
des  Herrschers,  namentlich  beim  Essen)  und  anderes  auch  im  Osten  Parallelerscheinungen, 
sogar  bis  herunter  zu  den  Watussi  in   Ruanda. 

Woher  alle  diese  Züge  kommen,  ist  nicht  leicht  zu  entscheiden;  Fr.  steht  so  stark 
im  Banne  seiner  Theorie,  daß  er  alles  für  christlich-nubisch  erklären  will.    Mir  scheint  ein 


Kleine  Mitteilungen  und  Anzeigen.  309 

gewisser  Teil  autochthon,  einzelne  Züge  islamisch  —  davon  %\-ird  weiter  unten  die  Rede 
sein  — ,  aber  unzweifelhaft  findet  sich  manches,  das  sich  nur  aus  christlichen  Einflüssen 
erklären  läßt.  Beweisend  ist  für  mich  das  Vorkommen  des  Kreuzes,  das  hier  nicht  etwa 
ein  heidnisches  Symbol  —  auch  das  kommt  vor  — ,  sondern  unzweifelhaft  das  christliche 
Kreuz  ist.  Auch  ist  es,  wenn  man  sich  die  geographische  Situation  einmal  überlegt,  nur 
wahrscheinlich,  daß  christliche  Anregungen  von  Nubien  aus  in  den  Sudan  gedrungen  sind, 
aber  —  und  damit  berühre  ich  einen  Gedanken,  den  Fr.  auszuschheßen  scheint  —  nicht 
nur  von  Nubien.  Nordafrika  war  doch  jahrhundertelang  christlich,  als  der  Islam 
erschien.  Die  Karawanenstraßen  sind  uralt,  Verkehr  hat  immer  bestanden.  Also  können 
byzantinische  Traditionen  und  christliche  kreuzgeschmückte  Güter  ebensogut  von  Norden 
aus  eingedrungen  sein,  ja  eine  unbefangene  Einreihung  der  von  Fr.  abgebildeten  Kreuz- 
knaufschwerter legt  diese  These  besonders  nahe.  Es  hätte  auch  Erwähnung  verdient,  daß 
nicht  erst  Fr.,  sondern  kein  geringerer  als  Heinrich  Barth  die  christliche  Unterschicht 
des  westlichen  Sudan  und  der  Sahara  entdeckt  und  richtig  gewürdigt  hat  (ZDMG  X 
[1856],  2S6).  Das  sind  aber  klare  n  o  r  d  afrikanische  Einflüsse  und  nicht  nubische. 
Die  ganze  Frage  ist  also  noch  nicht  spruchreif,  und  ich  befürchte,  daß  sie  durch  die 
stimmungsvolle,  aber  leider  auch  phantastische  Darstellung  von  Fr.  nur  noch  verwirrt 
wird.  Noch  für  lange  Zeit  werden  -wir  vorsichtig  Zug  um  Zug  sammeln  müssen,  ehe  wir 
zu  so  sicheren  Resultaten  kommen,  wie  sie  Fr.  zu  besitzen  glaubt.  Über  die  Beziehungen 
zwischen  dem  christlichen  Nubien  und  dem  westlichen  Sudan  läßt  sich  sogar  noch  mehr 
sagen  als  Fr.  weiß.  Wenn  erst  einmal  das  große  MARQUARTSche  Werk  erschienen  sein 
wird,  wird  auch  auf  diese  Frage  zurückzukommen  sein  '). 

Also  die  nubisch-christliche  Theorie  von  Fr.  scheint  mir  mit  den  gegebenen  Ein- 
schränkungen historisch  haltbar,  und  man  muß  ihn  zu  dieser  großen  Erkenntnis  beglück- 
wünschen. Leider  vermischt  er  sie  nun  aber  mit  einer  zweiten  Theorie,  der  persischen, 
der   ich    mich   nicht    anzuschließen    vermag. 

Hier  hat  Fr.  einen  Roman  zusammengebraut,  -wie  er  ähnlich  wohl  selten  in  wissen- 
schafthchen  Werken  angetroffen  werden  dürfte.  Die  christhch-nubische  Ostströmung  ist 
ihm  nämlich  gleichzeitig  eine  persische.  Als  der  vorübergehenden  Besetzung  Äg>-ptens 
unter  Chosrau  IL  im  Anfang  des  7.  Jahrhunderts  durch  die  Byzantiner  ein  Ende  bereitet 
wurde,  sei  ein  Teil  der  Perser  nach  ihrer  Christianisierung  in  Ägypten  und  Nubien  in  den 
Sudan  gezogen  und  hätte  hier  als  Chosrauleute  das  Christentum  und  persische  Traditionen 
verbreitet.  Sie  sind  zu  Gründern  der  Nupestaaten  geworden  und  haben  diese  Erinnerung 
an  Chosrau  und  das  Christentum  bis  in  die  Gegenwart  hinübergerettet.  Als  dann  später 
die  Islamisierung  einsetzte,  seien  die  Namen  des  Chosrau  zu  K  i  s  r  ä  ,  Jesus  zu  *I  s  ä  und 
der  Perser  zum  Bagdader  (Bagdadji)  geworden.  Wenn  man  so  etwas  drucken  kann,  muß 
es  wohl  auch  nicht  überflüssig  sein,  es  zu  widerlegen.  Zunächst  ist  es  gegen  alle  Gesetze 
historischer  Entwicklung,  daß  importierte  Begriffe  mit  Fremdnamen  bei  Einbruch  einer 
neuen  Völkerwelle  alle  sinngemäß  übersetzt  werden.  Sollten  sich  die  Nupeta  wirklich 
ihren  Ahnherrn,  dessen  Eigenname  Chosrau  war,  jahrhundertelang  in  der  Erinnerung 
bewahrt  haben,  um  ihn  beim  ersten  Aufkommen  islamischer  Einflüsse  restlos  gegen  das 
arabische  Nomen  appellativum  Kisrä  zu  vertauschen  ?  Nun  ist  aber  der  Sudan  voll  von 
Kisrälegenden,  aber  eben  nicht  nur  der  Sudan,  auch  Ostafrika  und  alle  Länder,  über  die 
der  Islam  seinen  Einfluß  ausgebreitet  hat,  und  immer  ist  es  Kisrä,  während  die  Byzantiner 


I)  Hier  nur  eins.  Die  nach  Fr.  für  den  Westsudan  charakteristischen  kleinen  Pferde 
kamen  auch  bei  den  Nubiern  vor.  Schon  die  Kopten  des  8.  Jahrhunderts  haben  sich  über 
diese  Tiere  gewundert  und  sie  mit  Eseln  verghchen;  Severus  vonAschmOnain 
ed.   Seybold,  Corp.  Script.  Or.  ser.   III,  t.  IX,  185,  15;    Hamb.  Ausg.  S.  177  pu. 


r<iQ  Kleine  Mitteilungen  und  Anzeigen. 

ihren  XoapoTj?  richtig  erhalten  haben,  weil  sie  ihn  kannten.  Die  isolierten  Angaben,  die  Fr. 
und  seine  Kisräkommission  (!!)  zusammengefragt,  verarbeitet  er  zu  einem  pragmatischen 
Geschichtsbild.  Ich  möchte  ihm  empfehlen,  das  gleiche  mit  einem  der  anderen  arabischen 
geschriebenen  oder  ungeschriebenen  Volksromanj  zu  versuchen.  Die  Banu  Hiläl  und 
besonders  Saif  b.  Dhu  Jazan  ergäben  eine  ebenso  sensationelle  Geschichte  Afrikas  wie  die 
Kisrälegende,  und  bei  einer  Abu-Zaid-  oder  Saifkommission,  mit  ein  oder  zwei  Dolmetschern 
pro  Einzelzug  und  pragmatischer  historischer  Zusammenfassung  durch  Fr.,  würde  das 
Resultat  wohl   ebenso    »historisch«  ausfallen. 

Aber  ich  will  auch  einige  Einzelheiten  widerlegen.  S.  341  sagt  Fr.  wörtlich:  »In 
Kordofan,  also  im  Nachbarlande  Nubiens  und  im  Süden  Ägyptens,  gibt  es  nun  aber  einen 
Stamm,  der  sich  selbst  Bagada  nennt  und  erzählt,  sein  Stammherr  Bagadi  sei  mit  seinem 
Weibe,  und  zwar  diese  mit  einem  Kinde  auf  dem  Rücken,  dereinst  aus  Persien  nach  Ägypten 
gekommen.  Wir  finden  also  in  der  direkten  Umgebung  Nubiens  Reste  persischer  Stämme, 
so  daß  die  Wahrscheinlichkeit,  daß  zu  Heraklius'  Zeiten  nicht  alle  Perser  nach  Asien  zurück- 
kehrten, viele  dagegen  in  Afrika  blieben  und  nach  Süden  nilaufwärts  zogen,  wächst.«  Fr. 
gibt  seine  Quelle  nicht  an,  doch  kenne  ich  die  Tradition  in  ihrer  ursprünglichen  Naivität 
aus  Mac  Mich.'\el,  The  Tribes  of  Northern  and  Central  Kordofan  119.  Es  handelt  sich  um 
eine  Episode  aus  der  Zeit  der  arabisch-berberischen  Einwanderung 
nach  Nubien  (11.  bis  13.  Jahrhundert),  und  die  Frau  stammt  aus  Bagdad.  Wenn  man 
aber  einmal  Bagdad  dem  sassanidischen  Persien  gleichsetzt  und  außerdem  alles,  was  seine 
Nisbe  von  Bagdad  hat,  für  ein  und  dasselbe  erklärt  —  und  das  tut  F"r.  — ,  dann  kann  man 
freilich  alles  beweisen. 

Ein  anderes  Beispiel  !  Einer  der  Beweise  für  den  christlich-persischen  Charakter 
Nupes  (S.  348)  ist  nach  Fr.  der  Satz:  »Nupeta  forderte  das  Gute  und  verbot  das  Schlechte«. 
Das  ist  natürlich  nicht  christlich,  sondern  typisch  islamisch  amara  bil-ma'rü/  wa  nahä  ^an 
al-munkar.  Ich  unterdrücke  die  Versuchung,  almohadische  Beziehungen  zu  wittern  ■). 
Man  sieht,  wie  man  entgleist,  wenn  man  alle  sittlichen  Züge  immer  gleich  für  christlich 
erklärt.  Dieser  eine  Zug  ist  nun  wegen  seines  typischen  Charakters  sofort  richtig  zu  erkennen. 
Bei  den  anderen  Belegen  kann  es  zweifelhaft  sein. 

Aber  es  gibt  ja  noch  so  viel  anderes  Persisches  im  Sudan.  Vom  Sonnenschirm,  der  erst 
mit  den  Fatimiden  nach  Afrika  kommt,  will  ich  gar  nicht  reden.  Aber  Kisrä  ist  einst  mit  zahl- 
reichen Leuten,  die  Lifidi  (Wattepanzer)  und  Sulke  (Panzerhemden)  trugen,  in  das  Land 
Nubien  gekommen  (Bd.  II,  336).  Die  Versuchung  liegt  nahe,  die  ganze  ritterHche  Kultur 
des  Sudan,  deren  Entstehung  ja  schon  so  viel  Kopfzerbrechen  gekostet  hat,  von  den  Persem 
abzuleiten.  Indirekt  ist  das  auch  gewiß  richtig,  auch  das  Abendland  hat  charakteristische 
Züge  seines  Rittertums  von  den  Sassaniden.  Aber  trotz  dieser  Kulturbeziehungen  sind  die 
Perser  nicht  nach  Frankreich  und  Deutschland  eingewandert  und  ebensowenig  sind  sie 
in  den  Sudan  gekommen.  Die  Vermittler  waren  Byzantiner  und  Araber,  für  das  Abend- 
land mehr  die  Byzantiner,  für  den  Sudan  hauptsächlich  die  Araber.  Fr.  möge  nicht  glauben, 
daß  ich  hier  durch  die  Brille  des  Islam  schaue.  Ich  halte  mich  an  den  Tatbestand  der 
Sprache.  Die  charakteristischen  Waffen  dieser  sudanesischen  Ritter,  die  Panzer  und  Pferde- 
panzer, werden  im  ganzen  Sudan  mit  arabischen  Namen  genannt.  Barth  und 
Nachtigal  stimmen  mit  Neueren  wie  Carbou  darin  überein,  daß  der  Wattepanzer  lubbäda 
heißt.  Lubbäda  ist  ursprünglich  ein  Kleidungsstück  aus  Filz  (libd,  libda,  liibda)  und  wird 
z.  B.  zum  Schutz  gegen  Regen  getragen  {Lisän  s.  v.).    Auch  die  oben  nach  Fr.  gegebene 


I 


1)  Bekanntlich  war  dieser  Satz  die  eigentliche  Parole  Ibn  Tümart's,  vgL 
GoLDzmER,  Le  Livre  de  Mohammed  ibn  Tomnert  85  ff.  Schon  Ghazäli  hatte  diesen  Satz 
für  den  wichtigsten  Pol  des  Islam  erklärt,  ib.  96. 


Kleine  Mitteilungen  und  Anzeigen.  ■jn 

Bezeichnung  Lifidi  ist  nichts  anderes  als  ein  von  Fr.  verhörtes  oder  von  einem  nicht  Arabisch 
sprechenden  Volke  abgewandeltes  luhhäda  resp.  libda.    Das  gleiche  gilt  für  sulke,  das  mit 
dem  arabischen  5z7^,  Eisendraht,  zusammengehört  und  den  Ringpanzer  bedeutet.     Gewiß 
sind  die  Araber  nicht  die  Erfinder  beider  Techniken,  aber  schon  zur  Zeit    Muhammed's 
hatten  sie  die  persische  Sitte  der  Schutzwaffen  für  Reiter  und  Pferd  übernommen.  Man 
nannte  diese  Panzerreiter  resp.  gepanzerten  Pferde  mndjaffaf,  d.  h.  mit  dem  Tidjfäf,  dem 
persischen  Filzpanzer,  bekleidet ').   Die  Schuria  der  Omajjaden  bestand  aus  solchen  Panzer- 
reitern 2).    Tidjfäf  wird  von   den  Arabern  als  persisches  Fremdwort  empfunden  (Mu'arrab 
ed.  Sachau  s.  v.)  und  ist  es  auch  ZM'eifellos.    Schon  die  Araber  der  Eroberungszeit,  ja  die 
des  Heidentums  hatten  aber  auch  Eisenpanzer,   Ringpanzer,  wie  für  die  Anfänge  des  Kalifats 
aus  Papyri  von  Karabacek  nachge^siesen  wurde,  aus  den  Erklärungen  zu  den  alten  Dichtern 
aber  auch  so  hervorgeht.    Die  Geschichte  der  Panzerung  im  Islam  ist  noch  zu  schreiben, 
aber  aus  der  Kreuzzugsliteratur  wissen  wir,  daß  die  Sarazenen  gepanzert  waren.     Jahr- 
hunderte lang  haben  in  Ägypten  und  Xordafrika  arabische  Ritter  geherrscht,  noch  heute 
ist  der  Sudan  voll  von  Arabern,  und  wir  kennen  ihre  Wanderungen  aus  Ägypten  über  Nubien 
genau.     Sie  verließen  Äg\-pten  im  Zeitalter  der  Kreuzzüge.      Die  sudanesischen  Waffen- 
namen sind  nun  arabisch,  und  zwar  sind  es  nicht  die  alten,    aus  dem  Persischen  über- 
nommenen Namen,  sondern  gute  relativ  moderne  Bildungen.     Ist  es  da  wahrscheinlich, 
daß  der  Import  nach  dem  Sudan  ausgesucht  in  dem  uns  so  dunklen  Jahrzehnt  erfolgte, 
in  dem  die  Perser  eine  kurzlebige  Herrschaft  über  Ägypten  besaßen  ?    Der  gleiche  Grund 
spricht  auch  gegen  einen  byzantinischen  Import.     Die  persischen  Panzerreiter,  die  schon 
die  Kyropädie  des  Xenophon  kennt,   die  dann  bei   Seleukiden,  Parthern  und  Sarmaten 
auftreten,  sind  nach  Domaszewski  (Pauly-Wissowa  sub  Catajracta)  schon  durch  Hadrian 
auch  im  römischen  Heerwesen  nachgeahmt  worden,  trotzdem  tritt  der  entscheidende  Bruch 
mit  der  infanteristischen  Tradition  erst  nach  Heraklius  ein.    Erst  dadurch  wird  der  Weg 
frei  für  eine  ritterliche  Kultur  der  Byzantiner  nach  persisch-arabischem  Vorbild.     Den 
Panzer,  auch  den  Pferdepanzer,  aber  haben  sie  natüriich  schon  viel  früher  gehabt.    Auch 
diese   Importmöglichkeit  muß  erwogen  werden,   wenn  auch  der  Namensbefund  dagegen 
spricht.    Man  vergesse  doch  nicht  das  Jahrtausend  arabischer  Ritterzeit  in  Ägypten  und 
Nordafrika.    Hat  diese  Kultur  schon  Europa  beeinflußt,  um  wie  mehr  erst  die  primitiven 
Völker  des  Sudan.     Der  Pilgerfahrt  als  Hebel  zur  Einführung  islamischer  Sitten  hat  die 
byzantinische  oder  römische  Zeit  nichts  Analoges  zur  Seite  zu  setzen.    Also  persische  Ein- 
flüsse, gewiß,  —  abe-r    verbreitet    durch    den     Islam. 

Genau  das  gleiche  gilt  nun  für  ein  anderes  wichtiges  Gebiet,  auf  dem  Fr.  im  Sudan 
Spuren  der  Perser  entdecken  will,  für  das  Zauberwesen,  die  sonderbaren  Tieropfer,  die 
schwarzen  und  weißen  Dämonen,  die  Alledjenu,  wie  er  sie  nennt.  Jeder  Islamkenner,  der 
Kap.  XI  (Die  Religion  der  Besessenheit)  liest,  der  hört,  daß  diese  eigentümliche  »Bori- 
rehgion«  im  ganzen  Sudan  verbreitet  ist,  daß  ihr  alle  Völker  anhangen  mit  Ausnahme 
der  uralten  Splitterstämme,  daß  sie  im  Osten  sogar  »Islam  der  Schwarzen«  genannt  wird, 
im  Westen  dagegen  im  Gegensatz  zum  (wohl  zum  offiziellen  und  gebildeteren)  Islam  getreten 
ist,  wer  dann  weiter  die  beschriebenen  Opfer  (schwarzer  Hahn,  schwarzer  Bock,  schwarzer 
Stier  usw.  oder  rot  oder  weiß)  betrachtet,  wer  einzelne  Züge  dieser  Dämonen  (Beziehung 
zu  den  Exkrementen)  und  gar  ihre  Namen  mit  ihm  Bekanntem  vergleicht,  ja  der  kommt 
auf  den  Gedanken,  ob  nicht  ein  gläubiger  arabischer  Djinn  aus  Rache  in  unseren  Forscher 
gefahren  ist,  daß  er  aus  Angst  vor  der  Brille  des  Islam  das  Nächstliegende  übersehen  hat. 


0  Schon  im  Hadith  von  Hudabija,  in  allen  Lexizis  zitiert;   z.  B.-  Niha^a  I,  167   apu. 
-)  Tabari  11,341  pu. ;  345,  2;  924,13;  1076,6;  III,  235,  8.    Das  persische  Vorbild 
ib.   I,   964,   14;  vgl.  NöLDEKE,   Sassaniden  248  ult 


-5 1  2  Kleine  Mitteilungen  und  Anzeigen. 

Der  von  Fr.  geschilderte  Tatbestand  beweist  von  neuem,  was  jeder  wußte,  der  die  massen- 
hafte Verbreitung  arabischer  Zauberbücher  über  ganz  Afrika  kannte,  daß  das  islamische 
Zauberwesen  den  Sudan  beherrscht  und  hier  groteske  Verbindungen  mit  einheimischen 
religiösen  Vorstellungen  eingegangen  ist.  Einiges,  wie  vielleicht  der  Zär  (Bori),  ist  wohl 
heidnisch  und  dann  auch  in  die  islamischen  Kulturländer  gedrungen.  Über  diesen  arabi- 
schen Veitstanz  sind  die  Akten  aber  noch  nicht  geschlossen.  Das  arabische  Zauberwesen 
selber  stammt  aber  gewiß  aus  dem  Hellenismus  und  wahrscheinlich  aus  dem  vorislamischen 
Ägypten.  Von  dort  könnte  das  Zauberwesen  schon  in  vorislamischer  Zeit  in  den  Sudan 
gekommen  sein,  wenn  nicht  die  arabische  Nomenklatur,  die  Djinnen  usw.  die  islamische 
Herkunft  deutlich  verrieten.  Durch  die  Beziehungen  der  Dämonen  zu  gewissen  Tagen 
und  Farben  ist  die  antik-astrologische  Basis  gesichert.  Aber  das  ist  doch  im  Islam  etwas 
Alltägliches.  Die  schwarzen  Hähne  und  Böcke,  die  Räucherungen  usw.  —  all  das  hätte 
Fr.  in  Tausenden  arabischer  und  in  afrikanische  Sprachen  übersetzter  Traktätchen  wieder- 
gefunden, von  denen  Doutte's  Magie  et  Religion  dans  V  Ajrique  du  Nord  eine  gute  Vor- 
stellung gibt.  Gerade  die  großartige  und  überraschende  Einheitlichkeit  der  Vorstellungen 
beweist  die  Macht  der  islamischen  Gedankenwelt.  Das  war  aber  alles  als  be- 
kannt vorauszusetzen.  Wertvoll  wäre  es  nun  gewesen,  wenn  Fr.  aus  der  Bori- 
religion  (vgl.  dazu  Tremearne,  Hansa  Su [»erstitions  and  Cnsloms  S.  145  ff.)  alle  islami- 
schen Elemente  ausgeschieden  und  den  Rest  untersucht  hätte.  Da  Fr.  aber  den 
Islam,  den  er  bekämpft,  nicht  kennt,  lehnt  er  die  Einflüsse  des  Islam  glatt  ab  und  gibt 
nur  zu,  daß  die  Borireligion  sich  in  gewissen  Gegenden  dem  Islam  assimiliert  habe.  Gewiß, 
offizieller  Islam  ist  wohl  der  Djinnenglaube,  aber  nicht  das  umfangreiche,  damit  verknüpfte 
Zauberwesen,  das  die  Orthodoxie  bekämpft.  So  kann  je  nach  der  Bildung  des  Befragten 
oder  nach  dem  Grade  der  Islamisierung  eines  Landes  die  Beurteilung  dieser  Praktiken  ver- 
schieden sein.  Gerade  die  Art  der  Verbreitung,  in  der  Fr.  den  Beweis  für  die  Unabhängig- 
keit vom  Islajn  erblickt  (II,  248),  ist  für  mich  die  Probe  aufs  Exempel;  denn  die  Einzelzüge 
wären  schon  Beweis  genug.  Und  viele  davon  sind  auch,  wie  Fr.  bestreitet,  gerade  in 
Nordafrika  zu  Hause,  wie  Doutte's  Buch  zur  Genüge  dartut. 

Und  all  das  soll  nun  persisch  sen  ?  Gewiß,  in  letzter  Instanz  haben  die  Djinnen  ihre 
Einteilung  und  ihr  Wesen  den  persischen  Div's  entlehnt.  Aber  was  kommt  an  allgemeiner 
religiöser  Anregung  nicht  alles  aus  Persien  ?  !  Ich  erinnere  nur  an  die  Jenseitsvorstellungen 
von  Judentum,  Christentum  und  Islam.  Aber  alle  diese  Anregungen  treten  uns  in  Afrika 
im  islamischen  Gewände  entgegen,  und  diese  islamischen  Elemente  sind  nur 
aus  dem  Hellenismus  erklärbar. 

Was  also  bleibt  von  dem  fesselnden  historischen  Roman  —  und  als  solcher 
muß  das  Fr. sehe  Werk  bezeichnet  werden  ?  Zunächst  das  Material,  das  auch 
gesammelt  sein  wollte.  Dann  aber  auch  ein  gut  Stück  neuer  oder  neu  begründeter  Er- 
kenntnis. Große,  starke  Negerkulturen  und  Negerstaaten  vor  dem  Islam  —  christliche 
Einflüsse  von  Norden  und  Osten  —  Kulturwege  durch  den  ganzen  Sudan  —  und  vor 
allem  die  Gewißheit  von  der  alle  vorangegangenen  Einflüsse 
in  Schatten  stellenden  Wirksamkeit  des  Islam,  nicht  seiner 
offiziellen  Orthodoxie,  wohl  aber  des  von  ihm  über  die  ganze  Welt  getragenen  hellenistischen 
Zauberspuks  in  arabischer  Verkleidung. 

C.    H.    Becker. 


Kleine  Mitteilungen  und  Anzeigen.  i  j  '> 

Zu  Hofmeier's  Papyrusstudien  Bd.  IV  97  ff. 

An  die  ^höne  und  eindringende  Arbeit  von  Hofmeier  möchte  ich  hier  einige 
Bemerkungen  anschließen,  nicht  als  ob  ich  an  der  These  des  Verfassers  etwas  zu  ver- 
bessern fände,  sondern  um  meine  freudige  Teilnahme  zu  bezeugen;  denn  es  wäre  ein 
großes  Glück  für  die  Wissenschaft,  wenn  die  Erschließung  der  Wiener  Papj'ri,  die  einst 
durch  Karabacek  so  vielversprechend  begonnen  wurde,  durch  Hofmeier  jetzt  enero-isch 
in  die  Hand  genommen  würde.  Welche  Rätsel  uns  diese  Urkunden  noch  bieten,  weiß 
ich  aus  eigner  Erfahrung  zu  würdigen,  und  der  Grund,  warum  bisher  noch  keine  größeren 
Publikationen  vorliegen,  ist  doch  hauptsächlich  der,  daß  die  Resultate  nur  selten  im 
Verhältnis  stehen  zu  der  unsäglichen  Mühe  der  Entzifferung.  Unverstandene  oder  halb- 
verstandene Texte  mag  aber  kein  Mensch  veröffentlichen.  Um  so  erfreulicher  ist  es, 
wenn  es  einem  Forscher  wie  Hofmeier  gelingt,  gleich  mit  dem  ersten  Papyrus,  den 
er  vorlegt,  unsere  Erkenntnis  des  arabisch-ägyptischen  Steuerwesens  zu  fördern.  Hoffent- 
lich bestätigen  spätere  Funde  seine  überzeugenden  Thesen. 

Die  Urkunde  gibt  uns  einen  Überblick  über  die  verschiedenen  Steuerarten.  Wir 
hören  von  der  Grund-,  Kopf-,  Weide-  und  Wiesensteuer.  In  den  übrigen  Rubriken 
handelt  es  sich  nicht  um  Steuern,  sondern  um  Sportein  und  Gebühren.  Eine  identische 
Urkunde  ist  mir  nicht  bekannt.  Die  Weide-  und  Wiesensteuer  ist  in  zwei  Heidelberger 
Urkunden  mit  der  sadaqa  zusammengestellt,  die  in  der  HoFMEiER'schen  nicht  genannt 
ist.     So  notierte  ich  mir: 

I.  PSR  Inv.  563 


L^^        ,.»,x.v,s.4.^»» 

t    N 

2.  PSR  Inv.  170 

XÄav 

i<Xt. 


Zur  Zeit  kann  ich  die  Originale  allerdings  nicht  vergleichen.  Nach  Hofmeier's 
Darlegungen  (besonders  S.  Ii8  unten)  ersieht  man,  daß  alle  Steuern  kumulativ  auferlegt 
und  dann  auf  die  einzelnen  Steuerarten  verrechnet  wurden.  Das  Vorgehen  war  so 
kompliziert,  daß  die  Araber  es  nie  gelernt  haben;  wie  ein  roter  Faden  zieht  sich  durch 
die  Historiker  die  Klage,  daß  die  koptischen  Schreiber  sich  auf  dem  Wege  über  das 
Steuerwesen  an  den  arabisch-islamischen  Herren  gerächt  hätten.  Da  brauchen  wir  uns 
nicht  zu  wundern,  daß"  auch  wir  das  System  noch  nicht  ganz  verstanden  haben. 

Besonders  drückend  scheinen  die  Sportein  gewesen  zu  sein.  Sie  sind  ein  Erbstück 
der  Antike  und  haben  im  Islam  als  muküs  gegolten.  Der  H.'sche  Papyrus  kennt  al- 
barä'a,  al-wadat'-  und  al-sarf.  Al-baraa  ist  sicher,  wie  H.  feststellt,  die  Quittungsgebühr. 
Alle  Steuerquittungen  beginnen  mit  diesem  Wort.  Nach  Severus  von  Aschmünain 
wäre  die  barä'a  eme  Einführung  des  Kalifen  Hischäm  (s.  oben  Bd.  II,  371).  Die 
ägyptischen  ^ß;-ä'ß-Sporteln  sind  wohl  identisch  mit  dem  thaman  al-suhuf,  dem  Preis 
für  die  Quittungsblätter,  den  Abu  Jüsuf  49,  15  für  das  'Iräq  belegt.  Während  ich  zu 
den  Wadä'i'-  zurzeit  nichts  Sicheres  beizubringen  vermag,  möchte  ich  hier  die  dritte 
Sportelart  al-Sarf,  durch  einige  literarische  Belegstellen  verdeutlichen,  die  uns  die  all- 
gemeine Verbreitung  dieser  ja  schon  von  H.  richtig  gedeuteten  Praxis  illustrieren.  Vor 
H.  hatte  sich  schon  Karabacek  damit  beschäftigt.  Es  handelt  sich  dabei  wohl  um  den 
Unterschied  zwischen  den  £yoij.sv7  und  dcpt9iAta  vo|j.''aij.c(TC(  der  griechischen  Papyri  (vgl. 
Bell,   Catalogue  IV  S.  84  ff.). 

I.    Chilai  I,   272,    13 


T^iA  Kleine  Mitteilungen  und  Anzeigen. 

^,LÄXi5_5  -^j^^^  1?^^-^'  (  t^3  ^^&^3  O-A^Li"  i3Lii    »j-^r-»    Vl?-^'    Ct^    x=>Lav>.1! 

y*.LÄjl    ^-*r*-^    Olaü^    ,  ^^--43    K;>L.w^t3i 

2.  Abo  Jüsuf  62,   16 

-«LiJb    iüLs    7-^-^    i3    ^-P^^J    (*"^^;^    '■■r^'3;    \i»^.w.j    Jv.s    U    *-f.^<i     iAi>^j     "b^ 

3.  A.  V.  Kremer,  Einftahmehudgct  des  Abbasidenreiches  32,   7 

Die  Konjektur  \_5„»j2Jl  wird  zur  Evidenz,  wenn  n)an  die  von  Kremer  ange- 
gebenen Lesarten  (^wJ-:=^.,  (^'-^-j  ... -is-)  mit  der  C////a/stelle  vergleicht.  Yi'ie  Djahbadha 
ist  vermutlich  das  gleiche  wie  die  Barä'a.  Ob  man  al-Sarf  mit  der  Idhäbat  al-fiüa 
(Abo  Jüsuf  46,   15)  zusammenstellen  darf,  scheint  mir  nicht  sicher,  aber  möglich. 

Es  wird  noch  mancher  Sammlung  von  Literatur  und  noch  mancher  Papyrusstudie 

bedürfen,    ehe    hier    alles    klar  ist.     Herrn  Hofmeier  aber  gebührt  unser  Dank,  daß   er 

uns  ein  Stück  weitergebracht  hat. 

C.  H.  Becker. 


Bemerkungen  zu  Eutings  Darstellungen  des  arabischen  Kamelsattels 
und   des   arabischen  Brunnens  in  »Orient.  Studien  .  .  Th.  Nöldeke 
.  .  .  gewidmet     393  ff.  u.  seinem    Tagebuch   einer  Reise  in  Inner- 
arabien <<  89. 

Während  diese  vortrefflichen  Zeichnungen  EuTiNGs  eine  gute  Anschauung  der  dar- 
gestellten Gegenstände  vermitteln,  haben  sich  in  den  begleitenden  Beschreibungen  resp. 
Legenden  mehrere  Fehler  eingeschlichen,  deren  Berichtigung  vielleicht  denjenigen,  die 
sich  für  diese  Realien  interessieren,  von  Nutzen  sein  kann. 

Abkürzungen:  o  =  *Otäbe,  q  =  Hadar  von  el-Gasim,  g  =  Gehatän,  dz  =  pa- 
latalisiertes    V    ts  =   palatalisiertes  "i),  y  =    dumpfes  kurzes  i. 

I.  Der  Kamelsattel. 

394,  Z.  2.  Obschon  ich  hunderte  von  Malen  vom  sidäd^)  habe  sprechen  hören, 
ist  mir  doch  ein  plur.  sudud  nie  vorgekommen.  Bei  'Otäbe,  Gghatän  u.  Hadar  des 
Negd  lautet  der  plur.  isiddc.  sidäd  pl.  isi'dde  ist  absolut  synonym  mit  kür  pl.  akwär 
in  denselben  Dialekten. 

394,  Z.  6.  ütär  ist  Fehler  für  ausär  q  =  'wusiir  o  plur.  von  unsir'^)  oq  ,die 
aus  Sehnen    od.  Streifen    von   ungegerbter  Haut  (dzidd  oq)  hergestellte   V'erbindung  der 


')    S.    DOZY,    SOC,    DOUGHTY. 

*)  Ebenso  Soc. 


Kleine  Mitteilungen  und  Anzeigen. 


Holzteile  der  Reit-  u.  Packsättel".     Tvülr  verhält    sich  zu  klass.   Jll 


wie  wiimar,  -wenn, 


wunis  zu  klas^yiS,    ^1,    \j^-*^^- 

395>  2.  X.  Als  Name  der  Plättchen  wurde  mir  von  Hadar  u.  Beduinen  angegeben: 
byrs  pl.  hrf<s ')  qo.  damgc  ^-)  oq  ist  ,der  Stempel  auf  dem  hintern  Teile  des  Gewehr- 
Laufes'  ;   ein  Wort  tamge  habe  ich  nie  gehört. 

395,  Z.  5.  Lies  nnfiir  statt  7>ieliir.  Ich  kenne  übrigens  für  Sattelpflock  nur  gazalei) 
(fem.),  der  .hintere  Sattelpflock'  ist  'ötebisch  el-gazäie  cl-nmhre. 

395,,  Z.  8.  bäbür  pl.  Jiaiuäbir  heißt  in  Syrien,  Ägypten  u.  .Mekka  ,Pflock'  im 
allgemeinen,  das  Querholz,  das  beide  dalfen  verbindet  u.  zusammenhält,  ist  bei  den 
Hadar  von  el-Gasim  detiäs^)  pl.  —ät,  bei  Gehatan  misdäd  pl.  mcMdU  u.  bei  den  'Ötäbe 
nezävi  pl.  enzum ;   ein  Serif  aus  Mekka  nannte  mir  neben  letzterm  Ausdruck  auch  bäbür. 

395,  Z.  2o.  Statt  dirwe  ist  dirwc  (mit  ö)  zu  lesen  u.  dies  bedeutet  im  'ötebischen 
Haarschopf  auf  der  Höhe  des  Höckers'  5),  also  nicht  diese  i^räs  cs-sanävi)  selbst  wie  im 
klass.   (s.  Lane  s.  v.). 

395,  letzte  Z.     Lies  mizzuide  statt  vieziüide. 

396,  Z.  5.     Lies  mh-ake  statt  iiierakc. 

396,  Z.  9.     Lies  gäHd  statt  gä'-ad  pl.  guioä'-id  .gegerbtes  Fell'   (mit  Haaren)' 6). 

396,  Z.  16.     Der  Kniestrick  der  Kamele  heißt  'ögäll)  oqg  (ohne  Tesdid)  pl.  <hgul. 

396,  Z.  19.     Lies  '■ödär  statt  '■adär. 

396,  Z.  23.  wi^g/  pl.  megüt  oq  (so  zu  sprechen)  ist  bei  Hadar  u.  'Ötabe  das 
Hanfseil,   ein  Seil  aus  Wolle  (von  ganem  od.  Kamelen)  heißt  häbil  pl.  hibäl. 

396,  Z.  9  v.  u.  Statt  masüg  habe  ich  immer  nur  miswugc  pl.  mesdwidz^)  oq  ge- 
hört. Dies  ist  bei  den  Hadar  ein  langer  dicker  Stock  aus  gerid  (Palmenblattrippe, 
Wedelstiel),  bei  den  'Ötäbe  der  lange  dicke  Stock  der  Frauen,  den  sie  gebrauchen,  um 
vom  gabit  aus  das  Kamel  anzutreiben  u.  der  ihnen  auch  beim  Webestuhl  als  nirc  dient. 

396,  Z.  8.  V.  u.     nahbüt^)    ist    ein  Wort,    das  in  dieser  Bedeutung  in  Ägypten  u. 

')  Ebenso   Soc. 

^)  Aus  dem  türkischen  LjUj,    Li*.ij  Stempel,  s.  DozY. 

3)  Ebenso  Soc. 

4)  Ebenso  Soc. 

5)  Ebenso  Soc. 

6)  Das  Wort  hat  also  nicht  nur  den  speziellen  Sinn  von  .Satteldecke',  den  ihm 
Soc.  gibt. 

1)  Dasselbe  Wort  bezeichnet  bei  den  Hadar  des  Negd  u.  Beduinen  Syriens  u. 
Ägyptens  die  wollene  Kopfschnur,  die  das  Kopftuch  am  Kopfe  festhält.  S.  DozY,  Burck- 
HARDT  38,  DoüGHTY  s.  V.  '■agäl,  HuBER  134,  192,  247.  Obschon  die  drei  letzten  Au- 
toren sowie  die  Emyclop.  des  Islam  s.  v.  die  Aussprache  'aqäl  haben,  so  ist  diese  doch 

unrichtig,    diese    ist  vielmehr  überall  nur  ^ögdl,  d.  i.  ^Läc  wie  Burton  schreibt.     Alt- 
arab.  ^  ergibt  in  den  negdischen  Dialekten  bald  '■ö  bald  V,  die  übrigens  mit  dem  Ohre 
schwer  von  einander  zu  scheiden  sind  (ö  =  franz.  eu  in  leur,  y  =  türk.  y  in  alty  .sechs"). 
^)    Ä.i»..w./i  pl.  ,■»,  »L.W.A)  bei  Lane  u.  Dozy. 

9)    nabbt'it   auch    nabbiid   (s.    Dozy)    bedeutet    in    Syrien    (s.  Berggr.  804)    einen 

dicken,  langen  od.  kürzern  Stock  mit  einem  Kopf  am  Ende. 

Islam.     IV. 

22 


^  1 6  Kleine  Mitteilungen  und  Anzeigen. 

Mekka  vorkommt,  die  Negdier  brauchen  statt  dessen  sunt  oq  oder  sümT  og  pl.  swüme '), 
die  'Änize  inedrüb  pl.  jnedärib  2). 

396,  Z.  6  V.  u.     Lies  tnihgän  3)  pl.  mehägm  og  statt  jnähgan. 

396,  Z.  2.  V,  u.     Der  Hammerstock  heißt  nur  klenk  pl.  — ät^)    q    mit  lii  aus  dem 

tlirkischen  ^iV.ÄJLi  küliink;  danach  ist  auch  Burckhardts  kolong  Beduinen  44  zu  be- 
richtigen. 

396,  letzte  Z.     tubar   pl.  tcbär  q,    ein  mehr  *iräqisches  Wort  (aus  pers.   _*j'  teber 

s.  HoRN,   Grundr.  d.  neupers.  Ethymol.    No.  374),  für    das  im  Negd  häufiger /«?•«?*  pl. 

fawäri'-  gebraucht   wird,    ist    eine  Beil-Hacke,   d.  h.  ein  Instrument,    das  am  Ende  eines 

längern    Stieles    auf  einer  Seite    eine  Hacke  zum  Graben,    auf  der  andern  ein  Beil  zum 

Abhauen  von  Stämmen  od.  Wurzeln  trägt. 

398,  Z.  I.  Der  Sattel,  den  Euting  als  gabU  bezeichnet,  ist  in  Wirklichkeit  eine 
schlechte  mesänie  o,  d.  i.  ein  Last-  oder  Packsattel,  u.  wird  daher  mescijme  genannt.  Der 
gabip  ist  bei  den  *Otabe,  wie  schon  im  klass.  Arabisch  ein  Frauensattel,  der  sehr  ver- 
schieden von  dem  dargestellten  Lastsattel  geringer  Qualität  aussieht. 

398,  Z.  6.     Statt  (läS  ist  das  oben  erwähnte  debäS  zu  lesen. 

398,  Z.  3  V.  u.  serit  pl.  lyrtän  ist  bei  den  *Otabe  ein  dünner  zweisträngiger  Strick 
aus  dem  Baste  {leha)  von  seletn  ,Acacia  Ehrenbergiana  Hayne',  sämür  ,A.  spirocarpa 
Höchst.'  oder  tal/i  A.  seyal  Del.,  bei  den  Hadar  ein  ebensolcher  Strick  aus  dem  Faser- 
gewebe am  Grunde  der  Palmblattstiele  (Jif  cn-naf}al  oq).  Mehrere  solcher  Stricke  dreht 
man  zu  einem  Palmbastseile  zusammen  {käser  jikäsir  el-mrise)  5). 

n.  Der  Brunnen, 
der  von  Euting  abgebildet  ist,  heißt  bei  den  Hadar  dzeUb  pl.  gylbän^  bei  den  Beduinen 
bir  pl.  bijär.     Auf  der  Zeichnung  sehen  wir: 

zirnüg    pl.  zerä7Üdz^)    (/iAJi. ;  nicht  ti)wJL3)   ,die  gemauerten  Pfeiler. 

dar/Ige  pl.  dawämig  ,die  Längsthölzer  oben  auf  den  Pfeilern'.  Das  vordere,  dem 
Brunnen  zugewendete  Langholz  heißt  viidzidmije,   das  hintere  ?nTf}rijc. 

I)  Der  negdische  süm  ist  (bei  Hadar  u.  Beduinen)  ein  langer  Stock,  der  meist 
aus  Rohr  {dzcnä),  aber  auch  aus  anderm  Material  besteht.  In  Syrien  dagegen  u.  Ägyp- 
ten bezeichnet  *asä  Süm  resp.  fiabbtH  sunt  einen  langen,  dicken  Stock  aus  einem  be- 
stimmten Holz  (nach  Dozv  Esche),  das  süm  heißt.  Bei  den  'Ötabe  Bargä  1  eißt  ein 
langer,  dicker  u.  runder,  d.  h.  wohl  gerundeter  Stock  si7n  pl.  swäne,  Doughty's  sün 
,quarter-staft"'   braucht  also  nicht  in  h'nn  korrigiert  zu  werden. 

^)  Der  medrüb  der  Rüwala  (nicht  aus  Rohr)  hat  oft  eine  eiserne  Spitze.  Ich 
vermuthe,  daß  SociNS  meirüb  (I,  294  R.  4)  , dicker,  kurzer  Prügel'  aus  tiiedrüb  ver- 
hört ist. 

3)  Soc,   der    bäkiir  (so  ist  zu  lesen)  damit  zusammenwirft,  gibt  fnehgäne,  DOUGHTY 

mehjän,  das  Wort  hat  jedoch  die  Form  i^Lxäxi. 

4)  Berggr.  804  gibt  \S-^  gi^fig  ,baton  ä  hache  ou  niasse  d'armes  tranchante 
ä  long  manche',  aber  diese  Ansprache  kommt  im  Negd  nicht  vor. 

5)  viaras  nom.  un.  emrise  og  (s.  Soc.  I  291  k.  22)  bedeutet  ,Palmfieberseir,  das 
von  Soc.  damit  kombinierte  mahlias  Burckhardts  36  ist  viahass  pl.  viehüss  og  ,ein  aus 
dünnen  Kamellederriemen  zusammengedrehtes  Brunnenseil. 

6)  Klass.  »,  «Jj;  s.  Lane.  Die  Beduinen  nennen  die  Pfeiler  der  Hadarbrunnen 
grü?t  el-bir. 


Kleine  Mitteilungen  und  Anzeigen. 


317 


rdbc'-  pl.  ?ichic'-  ,die  Querhölzer'  oder  , Stecken',  die  die 

me/täie  , Rolle'  tragen. 

^amüd  ^1.  ymdäti    ,die  Hölzer',  die  an  ihrem  untern  Ende  den  miktvar,  d.  i.  die 

mit  der  derräge  , Drehwelle'  fest  verbundene  eiserne  Axe  aufnimmt;  tsaffe  (ä.sLj')  der 
Balken  zwischen  den  beiden  Pfeilern,  an  dem  die  untern  Enden  der  ^ymdan  festge- 
macht sind. 

i^rsä  (Brunnenseir,  pl.  ersijät  u.  ersje  og. 

zcmäm  häufiger  sirt/i,  bei  Socin  ungenau  serik,  Nachlaßstrick. 

garb  pl.  gerüb  heißt  der  große  Schöpfeimer  der  Hadar,  den  Euting  abgebildet 
hat.     Derselbe  wird  aus  gegerbter  Kuhhaut  gefertigt  u.  hat  folgende  Teile: 


a)  '■örgäh  o,  '■'örgat  q  pl.  '■M-adzi  ,die  gekreuzten  Traghölzer', 

b)  krube  pl.  karab  ,der  Strick,   der  sie  zusammenhält', 

c)  dge7te  pl.  dygen   ,die  Riemen,  die  die  Traghölzer  mit  dem  Rande  des  garb 
verbinden', 

d)  giibbe  ,der  Bauch  des  garb\ 

e)  kuinm  ,das  untere  spitze  Ende  desselben'. 

debi  pl.  deli  bezeichnet  bei  Hadar  einen  vom  garb  durchaus  verschiedenen  Schöpf- 
eimer, der  aus  gegerbter  ganem-SAaxX  gemacht  wird  u.  zylindrische  Form  hat.  Der  delu 
der  Hadar  ist  höher  als  breit,  der  der  Beduinen  ist  etwa  50  cm  breit  u.  20  cm  hoch  u. 
hat  '■aradzl^  krube  u.   dygen. 

Bei  den  Brunnen  der  Beduinen  resp.  den  Wüstenbrunnen  sind  keine  gemauerten 
Pfosten  vorhanden.  Die  Beduinen  führen  vielmehr  hölzerne  Pfosten  (dzijam  sing,  gäme 
o,  beide  zusammen  auch  megam  g)  mit  sich.  Es  sind  zwei  flache,  etwas  über  manns- 
lange Balken,  die  oben  zur  Aufnahme  der  Axe  {iniihiar)  der  Rolle  {»w/iäle)  durch- 
bohrt sind. 

Die  beiden  Balken  werden  in  einem  Loche  am  Brunnenrande  befestigt  in  der 
Weise,  wie  dies  Schema  zeigt: 


22' 


3i8 


Kleine  Mitteilungen  und  Anzeigen. 


Am  Brunnen  selbst  unterscheidet  man:  a)  teij  die  Mauerung,  ,die  gemauerte  Wand', 
b)  gä/')  ,die  Innenwand  der  Mauer',  c)  'öger  ,die  Sandfütterung  zwischen  der  ursprüng- 
lichen Grabung  u.  der  Mauerung',  d)  das  Wasser  heißt,  wenn  reichlich  vorhanden,  gamme, 
wenn  spärlich,  gerlf.  Man  sagt  el-bir  gämme  o  ,der  Brunnen  hat  reichliches  Wasser', 
el-hir  gerif  o  ,der  Brunnen  hat  wenig  Wasser',  el-bir  cmgärif  oder  gdrfet  o  ,das  Wasser 
des  Brunnens  hat  abgenommen',  e)  gä'a^)  og  Grund  des  Brunnens,  f)  ursprüngliche 
Grabung  resp.  Wände  des  Brunnens. 


si/a  oder  stfei  el-bh-  o  ist  der  Rand  resp.  die  Kante  der  Brunnenöfifnung  (_/^rw  el- 
bir),  gibä  der  Teil  der  Brunnenwand  (ga/),  der  von  der  Wasseroberfläche  beiührt  u. 
daher  durch  einen  Ring  von  Moos  {mydar)  grün  gefärbt  ist. 

Zu  Eutings  Tagbuch  83.  Der  dort  abgebildete  Herd  heißt  nur  tsir,  wie 
Huber,  Jout-nal  S.  131,  die  augenscheinlich  von  Eutings  Hand  stammt,  angegeben  ist. 
VL:>-»5  ist  ziemlich  richtig  defmiert  Huber  122  (s.  auch  91)  , Ouvertüre  oblongue  dans 
e  sol  du  qhauah  d'hiver,  dans  lequel  on  fait  du  feu  pour  se  chaufifer';  aber  die  Form 
ngäq  (aus  dem  türk.  vLii-ji  ogak~)  ist  syrisch,  in  Innerarabien  lautet  das  Wort  nur 
wugar,  das  allerdings  wie  das  'iräqische  wugäg  zeigt,  auf  das  türk.  ogak  zurückgeht. 
Der  negdische  Herd  ist  aus  c.  20  cm  hohen  Thonmauern  nach  folgendem  Grundrisse  gebaut: 


Auf  dem  eigentlichen  [-förmigen  Herd,  dessen  Thonmauern  nach  innen  hinunter 
treppenförmig  abfallen,  werden  Eisenstäbe  viurkat  pl.  marätsl  (a)  als  Unterstützung 
der  Töpfe  gelegt.  Bei  b  eine  Vertiefung  im  Boden,  die  die  Asche  aufnimmt  und  mit 
einem  Deckel  von  gerid  bedeckt  wird :  hct  er-rumad. 

Bei    dem    ersten    der    drei    von  Euting    dargestellten    Mörser    steht     die    Legende 

o  ^  o 

.,.:>•»!    -äi.  Huber  S.  131   lesen  wir  bei  dem  dritten,   der  im  Tagbuch  vorkommenden 


')  Bedeutet  auch  , Abhang'  eines  Berges. 

*)  Bedeutet   auch    ,Fuß'  eines  Berges,  d.  h.  die  Ebene,  die  unmittelbar  daran  liegt. 


Kleine  Mitteilungen  und  Anzeigen.  ^  j  q 

Mörser  ,:p.i.  In  Wirklichkeit  heißt  der  erste  (5  a)  ein  Holzmörser  der  syrischen  Be- 
duinen, gurn  {gurtin)  pl.  gert'm,  gerän,  agrän^)  (so  auch  bei  Berggr.  573,  DöZY,  Soc. 
I,  294  Qßa;,  der  zweite  (5b)  ein  Messing  oder  Eisenmörser  nigir-)  mäwi)  resp.  nigir 
hadid  pl.  negür  ogq,  der  dritte  (5  c)  der  Steinmörser  der  Hadar  ncdzire  pl.  negäjir 
(s-xÄJ).  Der  Stämpfel  des  nigl  heißt  zwar  jcd  ogq  oder  jnihxvä  o,  der  der  nedztre 
jedoch  'amiid. 

Andere  Ausdrücke  für  Mörser  sind:  häwin  pl.  haiuäwm^)  (Syrien)  ,Metallmörser', 
bei  ägyptischen  Beduinen  kann  pl.  huwäu,  in  Mekka  /la-wands)  (sie)  plur.  — ät\  myhbäs 
pl.  mehäbU^)  og  , Holzmörser  zum  Enthülsen  des  'iräqischen  Reises  (/lebis  o)^)  und  Zerstampfen 
von  Heuschrecken' ;  7nihräs  pl.  inehär'is  o  , Holzmörser  zum  Zerstampfen  der  Pulverbestand- 
teile'; -üudtl)  o  , kleine  Holzmörser  zum  Zerkleinern  der  Gewürze  {Jiawäjig). 

Von  den  Kaffeekannen  heißt  die  größte  misfat<\misfah  o9),  der  Name  der  klein- 
sten ist  abgeleitet  von  bchär  oq  =  .Gewürz'  u.  zwar  das  Kaffeegewürz  heil  oq,  äg. 
habbehän  ,Cardamomum  minus'  i.  e,  die  Samen  von  Elettaria  cardamomum  White. 

Der  Name  der  Röstpfanne  tiii/imisel)  ogq  wird  in  Negd  wie  das  Verbum  hamas 
jihämis  og  , rösten'  nur  mit  ^  gesprochen.  Die  mit  einer  Kette  an  der  miJimäse  be- 
festigte Spatel  wird  jed  el-mihmdse  oq '")  genannt. 

Für  den  Kühlteller,  auf  dem  der  geröstete  Kaffee  zum  Abkühlen  ausgebreitet  wird, 
habe  ich  von  Hadar  immer  nur  7nehärrad  gehört,  mibrdde  wird  also  wohl  syrisch  sein. 
J.  J.  Hess. 

1)  In  Syrien  wird  ebenso  der  Steinmörser  zum  Zerstampfen  der  hibbe  (National- 
gericht der  Syrer  s.  Almquist  Kleine  Beiträge  374,  Berggr.  260)  gtirn  {kubbe)  genannt. 
Vgl.  Harfouch  Drogman  98  u.  Doughty  s.  u.  Jiirn. 

2)  Der  Stamm  deutet  darauf  hin,  daß  das  Wort  urspr.  einen  Holzmörser  bezeichnete, 
jetzt  hat  das  Vv'ort  in  Zentralarabien  nur  den  angegebenen  Sinn;  Hubers  Definition 
(S.  122)  als  ,mortier  en  marbre'  ist  unrichtig. 

3)  miw  wird  als  ,Messing-  oder  Bronzeguß'  erklärt.  Woher  kommt  das  Wort? 
Huber  125  hat  (^^L*  fnAwi  ,mortier  en  cuivre',  was  ungenau  ist,  da  es  keine  kupferne 
Mörser  gibt. 

4)  Klass.  q^LP  u.  ..^^LP  Tag  9,  369,  16 f.  aus  pehl.  hävan  (Horn,  Grundriß 
der  neu  per  s.  Ethymoiogie  Nr.  1089). 

5)  Das  d  des  mekkanischen  kawänd  hat  seinen  Ursprung  gewiß  in  der  falschen 
Zerlegung  des  pers.  dvandva-Kompositum  hävan  dasta  »JLm^ö    (M^LP  , Mörser  u,  Stempel' 

6)  Vgl.  Huber  125,  u.  Burckhardt  36,  Bergg.  631,  Socin  I,  294  Q  4,  4a,  7. 
welche  ,Kaffeemörser'  od.  , Stämpfel'  übersetzen;  die  Form  mihbäg,  welche  die  drei 
letzten  Autoren  geben,  habe  ich  nur  von  Syrern  gehört. 

7)  hebis  o  =  tymnien  oq  'iräqischer  Reis  (vgl.  zu  letzterm  Worte  Socin,  der  s.  u. 
alle  frühern  Stellen  anführt),  ryzz  oq  ist  der  indische  Reis. 

8)  Ist  wohl  klass.  -cC)\  apparatus,  gear,  tool  (Lane). 

9)  Dieselben  Namen  der  drei  Kaffeekannen  finden  sich  Huber  122,   der  ebenfalls 

o 

ungenau     ^^^^^  schreibt.     Soc.  I  294  Q  hat  richtig  äLftAi/«  u.  gibt  statt  mibhäre,  mizel, 

lies  mizelle  von  zell  jizill  o  , vorsichtig  abgießen,  dekantieren  '.Ich  füge  noch  hinzu,  daß 
die  zweite  Kanne  auch  lugnie  q  genannt  wird. 

'°)  Ebenso  bei  Huber  125,  Socin  s.  v.  schreibt  ungenau  mihmds,  dagegen  das 
zur  selben  Wurzel  gehörige  hainis  q  ,eine  Art  von  Fleischkonserve'  richtig  mit  /  w. 


5  20  Kleine  Mitteilungen  und  Anzeigen. 

Ein  neuer  Beitrag  zur  Geschichte  des  Alkohols. 

Durch  die  Untersuchungen,  welche  Hermann  Diels  in  den  »Abhandlungen  der 
Kgl.  Preuß.  Akademie  der  Wissenschaften«  veröffentlicht  hat'),  hat  die  Frage  der  Ent- 
deckung des  Alkohols  eine  überraschende  Wendung  genommen.  Da  immerhin  Zweifel 
bestehen,  ob  die  an  der  entscheidenden  Stelle  von  H.  Diels  gegebene  Deutung  allge- 
mein anerkannt  werden  wird,  so  ist  ein  Referat,  das  die  strittigen  und  dunkeln  Punkte 
des  Gegenstands  hervorhebt,  wohl  gerechtfertigt. 

Wie  E.  V.  LippMAKN,  so  geht  auch  H.  Diels  von  den  grundlegenden  Untersuchungen 
Berthelots  aus,  die  dieser  in  La  Chiniie  au  Mayen  Age,  besonders  in  dem  Kapitel  Sur  la 
decoiiverte  de  l'alcool  niedergelegt  hat.  Danach  läßt  sich  aus  klassischen  Quellen  zwar  die 
Beobachtung  belegen,  daß  starker  Wein  aufflammt,  wenn  er  in  Feuer  gegossen  -wird,  oder 
auch  angezündet  werden  kann,  aber  von  einer  Erklärung  der  Erscheinung  oder  gar  von  der 
Gewinnung  des  Weingeists  durch  Destillation  ist  nirgends  die  Rede.  Die  erste  einwandfreie 
Erwähnung  der  Destillation  findet  sich  in  einer  Handschrift  der  Mappae  clavicula 
aus   dem   12.    Jahrhundert  in   der  rätselhaften   Form: 

De  commixtione  puri  et  fortissimi  xknk  cum  HI.  qbsuf  tbmkt  cocta  in  eius 
negocii  vasis  fit  aqua,  quae  accensa  flammans  incombustam  servat  materiaöi. 
Die  drei  seltsamen  Buchstabengruppen  sind  aus  vini,  parte,  salis  durch  Einsetzen 
des  nächstfolgenden  Buchstabens  im  Alphabet  entstanden; «nur  beim  n  ist  die  Versetzung 
vergessen.  Der  Sinn  des  von  Berthelot  (a.  a.  0.  I,  61)  enträtselten  Rezepts  ist  also: 
»Stärkster,  unverfälschter  Wein  wird  mit  dem  dritten  Teile  Salz  vermischt  und  in  den  zu 
dieser  Operation  geeigneten  Gefäßen  erhitzt.  Daraus  entsteht  ein  Wasser,  welches  an- 
gezündet eine   Flamme  entwickelt,   aber  den   Stoff  unverbrannt  läßt.« 

Dieses  Rezept  gehört  aber  nicht  der  ursprünglichen  Fassung  der  Mappae  clavicula 
an,  da  es  in  der  ältesten,  aus  dem  9.  Jahrhundert  stammenden  Schlettstadter  Handschrift 
nicht  enthalten  ist. 

Ausführlichere  Vorschriften  finden  sich  dann  in  Handschriften  des  Liber  ignium, 
das  einen  Marcus  Graecus  zum  Verfasser  hat.  Eine  Pariser  Handschrift  aus  dem 
Ende  des  13.  oder  Anfang  des  14.   Jahrhunderts  enthält  das  folgende  Rezept: 

27.   Aquam  ardentem  sie  facies. 
R.  Vinum  nigrum,  spissum  et  vetus;  et  in  una  quarta  ipsius  distemperatis  s.  H 
sulfuris  vivi  subtilissime  pulverizati;  1.  vel  p.  H  tartari  extracta  a  bono  vino  albo, 
et    s.  II  salis  communis  grossi;  et  supradicta  ponas  in  Cucurbita  bene  plumbpta,  et 
alembico  superposito    distillabis   aquam   ardentem,    quam   servare 
debes    in    vase    vitreo    clauso. 
In  einer  Münchener  Handschrift,  die  aus  dem  Jahr  1438  stammt  und  einen  vielfach 
abweichenden  Text  desselben  Werkes  bietet,  ist  als  Anhang  unter  anderen  Rezepten  das 
folgende    über   die   Darstellung   des   Weingeists   mitgeteilt: 

Aqua  ardens  ita  fit.  Vinum  antiquum  Optimum,  cuiuscunque  coloris  in 
Cucurbita  et  alembic  iuncturis  bene  lutatis  lento  igne  distilla  et  quod 
distillabitur  aqua  ardens  nuncupatur.  Eius  virtus  et  proprietas  ita  fit:  ut  si  pannum 
lini  in  ea  madefeceris  et  accenderis,  ardebit  ad  modum  candelae  sine  lesione.  Si  vero 
candelam  accensam  sub  ipsa  aqua  tenueris,  non  extinguetur.  Et  nota  quod 
illa  quae  primo  egreditur  est  bona  et  ardens,  postrema 
vero  est  utilis  medicinae.  De  prima  etiam  mirabile  fit  collirium  ad  macu- 
lam  vel  pannum  oculorum. 

')  Hermann  Diels,  Die  Entdeckung  des  Alkohols.  Abh.  d.  Kgl.  Pr.  Ak.  d.  W.,  Jahr- 
gang 1913.    Phil.-hist.  Klasse  1913,  Nr.  3.    Ausgegeben  am  25.  IV.  1913. 


1 
I 


Kleine  Mitteilungen  und  Anzeigen.  ^21 

Weiter  folgt  dann: 

Vinum  in  potto  ardens  fit  hoc  modo:  vinum  Optimum  rubeum  vel 
album  in  ^otto  aliquo  pone  habente  caput  aliquantulum  elevatum  cum  coperculo  in 
medio  perforato,  cumque  calefieri  et  bullire  inceperit  et  per  foramen  vapor  egrediatur, 
(ac)  candela  accensa  applica(tur),  et  statim  vapor  ille  accenditur  et  tandiu 
durabit,  quandiu  vaporis  egressio;  et  est  eadem  cum  aqua  ardente. 
In  allen  Rezepten  ist  deutlich  von  einer  wässerigen,  durch  Destillation  aus  Wein 
zu  gewinnenden  Flüssigkeit  die  Rede,  die  entzündet  werden  kann.  Wenn  man  will,  so 
kann  man  aus  der  Vergleichung  der  Rezepte  auch  herauslesen,  wie  die  Destillation  erst 
nur  mit  Salzzusatz  ausgeführt  wurde,  wie  man  dann  mit  künsthcheren  Zusätzen,  wie 
Schwefel  und  Weinstein,  das  Ergebnis  zu  verbessern  suchte,  und  wie  man  schließlich,  von 
all  diesen  überflüssigen  Umständen  abkam  und  den  Betrieb  auf  das  Wesentliche  zu  be- 
schränken wußte.  Aber  wer  möchte  auf  diese  zusammenhanglosen,  durch  Zufall  erhaltenen 
Rezepte  eine  Geschichte  der  Weingeistbereitung  vom  12.  bis  15.  Jahrhundert  gründen? 
Nur  soviel  scheint  klar,  daß  die  im  14.  und  15.  Jahrhundert  den  alten 
Texten  angehängten  oder  eingeschobenen  genauen  Be- 
schreibungendes Verfahrens  mit  einer  lange  geübten  Praxis 
in  engster  Verbindung  stehen  und  von  Schreibern  herrühren,  die  die  Dinge 
aus  eigener  Anschauung  kennen.  Schon  zu  Anfang  des  14.  Jahrhunderts  hatte  ja  Ar- 
naldus  de  Villanova  die  Heilkräfte  des  »Lebenswassers«  gepriesen  und  den 
Höfen  und  Fürsten  die  Anfertigung  von  Likören  aus  Weingeist  empfohlen  (Berthelot 
a.  a.  0.  I,  143,  144;  DiELS  a.  a.  0.,  Sonderdruck  S.  19,  20).  Ich  komme  daher  mit  H.  Diels 
zu  dem  Schluß,  »daß  spätestens  im  12.  Jahrhundert  die  Alkoholbereitung  zuerst  als  tiefstes 
Geheimnis  auftaucht,  um  dann  in  Werken  und  Hss.  des  14.  Jahrhunderts  genauer  be- 
schrieben und  gewürdigt  zu  werden.  Die  Quellenanalyse  versagt,  da  sowohl  in  der  Mappae 
clavictila  wie  in  dem  Marcus  Graecus  die  betreffenden  Notizen  sich  als  Nachträge 
herausstellen«.  Dagegen  sehe  ich  keinen  Grund,  die  jungen  Zusätze  direkt  oder  indirekt 
auf  arabische  oder  gar  griechische  Quellen  zurückzuführen.  Das  Vorkommen  des  Wortes 
alembicus  beweist  gar  nichts  für  arabischen  Ursprung  der  Rezepte,  da  es  damals  längst 
eingebürgert  war.  Den  Durchgang  der  alten,  ursprünghch  griechischen  Rezepte  des  Liber 
ignium  durch  das  Medium  des  Arabischen  beweisen  dagegen  Ausdrücke  wie  alkiiran  und 
alchitrav,  d.i.  .^I_liäj!  für  das  Pech,  oder  oleum  zambac,  d.i.  /  iM-3^'i  i'T^*^  ^^"^  "^^s  Jas- 
minöl.  Die  Claviciila  steht,  wie  die  scharfsinnigen  Untersuchungen  von  Berthelot  und 
Diels  beweisen,  ganz  außerhalb  der  arabischen  Überlieferung.  Nur  die  jüngere  der  beiden 
Handschriften  enthält  in  den  Rezepten  195 — 200  einen  handgreiflich  aus  arabischen  Quellen 
geflossenen  Einschub,  wie  schon  von  Berthelot  (a.  a.  0.  S.  59)  festgestellt  wurde.  Das 
von  ihm  und  H.  Diels  nicht  erklärte  Wort  für  Silber,  al-menbuz,  d.  i.  ^il\  wird  nichts 
anderes  sein  als  eine  Verlesung  aus  -xÄJ,i  al-muuTr,  das  Leuchtende,  was  dem  al-mubrik 
(Diels  S.  9  Note)  entspräche  und  durchaus  in  der  Richtung  der  alchemistischen  Geheim- 
namen und  Umschreibungen  liegt.  Der  Verfasser  oder  Kompilator  der  Clavicula  ist  aber  — 
entgegen  der  Annahme  E.  v.  Lippmanns  ■ —  auch  nicht  auf  italienischem  Boden  zu  suchen, 
sondern  im  Frankreich  der  Karolingerzeit,  etwa  zu  Anfang  des  9.  Jahrhunderts.  Er  muß 
ein  oder  mehrere  vulgärlateinische  Sammelwerke  exzerpiert  haben,  die  ihrerseits  auf 
griechische  Sammlungen  etwa  des  7.  Jahrhunderts  zurückgehen,  also  in  eine  Zeit,  wo  die 
alexandrinische  Alchimie  noch  lebendig  war  (Diels  a.  a.  0.  S.  12).  Schon  Berthelot 
hat  an  zahlreichen  Beispielen  gezeigt,  daß  der  Wortlaut  des  mittelalterhchen  Buches  vielfach 
ganz  genau   mit  den  griechischen   Urquellen   zusammengeht. 

Können  wir  nun  die  Entdeckung  des  Alkohols  nicht  dennoch  über  das  12.  Jahrhundert 
zurückverfolgen  ?    In    arabischen    Quellen  konnte  bis  jetzt  keine  Nachricht  über  die 


022  Kleine  Mitteilungen  und  Anzeigen. 

Entdeckung  und  medizinische  Verwertung  des  Weingeists  nachgewiesen  werden;  darum 
hat  E.  V.  Lippmann  den  Ausgangspunkt  der  Destillation  in  Italien  gesucht  (vgl.  den 
oben  S.  163  besprochenen  Vortrag  Zur  Geschichte  des  Alkohols  und  seines  Namens).  H.  Diels 
überrascht  uns  aber  mit  der  Entdeckung  einer  Stelle  bei  dem  Kirchenvater  Hippolytus 
(f  etwa  230),  die  er  als  Beweis  betrachtet,  daß  die  Darstellung  des  Weingeists 
schon  den  alexandrinischen  Alchemisten  bekannt  war.  Der  Text,  der 
in  einem  Abschnitt  der  Refutationes  omniiim  haeresiiim  über  die  Schwindeleien  der 
Zauberpriester  steht,  hat  den  folgenden  Wortlaut: 

Ko(i  t6  Wx  iffi  fxk\>.rfi  OE  -dv'j  ypTjCi(j.ov.  e'sTi  0£  dcppö?  i}o(>,C(aaTj;  Iv  (jaxpazivu)  gtcziavu) 
jj.£Tä  Y>,'jyio;  Tfj'i;rj[A£Vo;,  lij  CsOavxi  h'jyyo^  iäv  T.poaayr^i  7.c(io[JtEvov,  äp-ctaav  t6  Trüp  izriTZTtTxi, 
■Aod  ■AoiroLyyU'j  ttj;  -/.öcpaX^;  06  xai'st  tö  aüvoXov.  zi  0£  y.ott  [j.dvvr|V  ^riTidaaEi;  C^C'^^'^i.  "oXXoT 
fxäXXov  £;d7:TeTai.     pE^-iov  o£  op5,  £?  xcti  %zio'j  ti  zposXct'ßoi. 

Nach  Diels:  »Auch  das  Seesalzrezept  ist  recht  brauchbar.  Man  kocht  Schaum  des 
Meeres  in  einem  irdenen  Gefäße  mit  Süßwein.  Wenn  dieses  Gemisch  siedet  und  mit  einem 
brennenden  Lichte  in  Berührung  kommt,  so  erfaßt  es  rasch  das  Feuer  und  entzündet  sich, 
und  wenn  man  es  auf  das  Haupt  schüttet,  so  verbrennt  es  dieses  nicht  im  geringsten.  Streut 
man,  während  es  siedet,  noch  Manna')  darauf,  so  entzündet  es  sich  noch  leichter.  Besser 
ist  aber  die  Wirkung,  wenn  man  noch  etwas  Schwefel  dazu  nimmt.« 

Wie  man  sieht,  ist  hier  mit  keinem  Wort  von  der  Destillation  des  Weingeists  die  Rede. 
Sie  wird  von  Diels  lediglich  zur  Erklärung  der  Stelle  xata/'j&Ev  Tr^  v.z'soLhri^  o<j  7.ai£i  tö 
O'JvoXov  gefordert,  indem  er  argumentiert,  daß  es  sich  hier  nicht  um  das  Aufschütten  sieden- 
den Weines  handeln  könne,  sondern  nur  um  den  erkalteten,  irgendwie 
destillierten  wäßrigen  Weingeist,  der,  auf  das  Haupt  geschüttet,  mit 
unschädlicher  Flamme  abbrennt. 

Ich  kann  diesem  Schluß  nicht  beipflichten.  Zu  welchen  Konsequenzen  würde  es 
führen,  wenn  wir  alle  in  Rezepten  überlieferten  Geheimmittel  durch  Hineininterpretieren 
von  technischen  Kenntnissen  späterer  Zeit  zurechtrücken  oder  als  richtig  erweisen  wollten  r 
Ich  lege  gar  kein  Gewicht  auf  die  auch  von  Diels  in  Erwägung  gezogene,  aber  als  künstliche 
Deutung  abgelehnte  Möglichkeit,  daß  die  Verbrennung  des  Schädels  durch  eine  besondere 
Präparierung  der  Kopfhaut  unschädlich  gemacht  sein  könnte.  Denn  was  bei  Marcus 
Graecus  im  Liber  ignixan  und  bei  den  Arabern  von  Mitteln  angegeben  wird,  die  »feuer- 
fest« machen  sollen,  ist  ebenso  schwindelhaft  wie  zahllose  andere  Vorschriften*).     Und 


1)  Nach  R.  G.\üscHTNiEZ,  Hippolytos'  Capiiel  gegen  die  Magier  (Leipzig  191 3)  S.  74 
ist  Manna  feingepulverter  Weihrauch.  G.  zitiert  auch  eine  P  1  i  n  i  u  s  stelle,  in  der  von 
aqiiae  ardentes  die  Rede  ist:  aber  doch  kaum  von  Weingeist.  Das  Wort  yX-jxewv  ist  a.  a.  O. 
mit  »Most«,  aXiLiT]  mit  »Meerwasser«  übersetzt. 

2)  Ich  will  nur  folgende  Proben  nach  Marcus  Graecus  anführen: 

21.  Ut  ignem  manibus  gestare  possis  sine  ulla  laesione.  Cum  aqua  fabarum  calida 
calx  dissolvatur;  modicum  terre  de  Michna,  dico  messine;  post  partem  malvevisci  al  adicies. 
Quibus  insimul  commistis  palmam  illinias  et  desiccari  permittas. 

22.  Ut  aliquis  sine  laesione  comburi  videatur.  Alteam  cum  albumine  ovorum  confice 
et  corpus  perunge  et  desiccari  permitte.  Deinde  decoque  cum  \atelHs  ovorum  iterum  com- 
miscens  terendo  super  panum  lineum.     Post  sulphur  pulverisatum  superaspergens  accende. 

34.    Carbunculum   continue   lumen   praestantem  sie   facies: 

R.  Noctilucas  quam  plurimas;  ipsas  contritas  in  ampulla  vitrea  et  in  fumo  equino 
calido  sepelias  et  permitte  permorari  per  XV  dies;  post  ipsas  remotas  distillabis  per  alem- 
bicum,    et  ipsam  aquam  in   cristallo   concavo   reponas. 


Kleine  Mitteilungen  und  Anzeigen.  5  2'' 

ganz  auf  der  gleichen  Stufe  steht  es,  wenn  H  i  p  p  o  1  y  t  o  s  berichtet,  daß  man  sich  die 
Füße  nicht  verbrennt,  wenn  man  von  Fischleim  und  Salamandern  Gebrauch  macht  (IV,  3^: 
TO'j;  ol  -ooc«;  ^'j  xotiETOti  (yS'joxoXXa  xal  ac(ÄG([j.c<vop7.  /pr|3ä[j.avo;),  oder  daß  die  Hände  durch 
öfteres  Waschen  mit  Seewasser  u.  a.  m.  gegen  Brandwunden  geschützt  werden  können 
(ebenda :  cpi}c(Vci  ot  xotl  to:;  /^ipa;  roÄXazt;  aX[A7j  vt'I;o(ij.£vo;,  Sto  0  ü  t:  a  vj  t  i  7. 7  t  £  i ,  7. 7.  v 
•iXrj&w;  Csr,  •  £t  o£  [j.'jpatvrj  7«i  vtTpijj  xai  af;.'jpvr,  fAEx'  o|ou;  [j.t?c(;,  i-r/pfac(;  ötr^owln 
Tic  ystpa;  c(X[j.7j  -X£3T(Z7.i?,  o'j  vcai£Tai).  Man  kann  aber  zugleich  hieraus  folgern,  daß 
der  Zusatz  von  Seewasser  oder  Seesalz  auch  bei  dem  Ex- 
periment mit  dem  Wein  das  Mittel  ist,  das  die  Verbrühung 
der  Kopfhaut  hindern  soll,  während  Manna  und  Schwefel  offenbar  die  Ent  - 
zündbarkeit  und  wohl  auch  die  Leuchtkraft  der  Flamme  zu  vermehren  bestimmt  sind  '). 
Ob  das  Mittel  wirklich  zu  dem  Zwecke  taugte,  darauf  kam  es  damals  wohl  so  wenig 
an  wie  heute,  und  zur  Erklärung  des  Mißerfolges  werden  den  Geheimmittelschwindlern 
jener  Tage  Gründe  genug  zu   Gebot  gestanden  haben. 

Ein  Beweis  dafür,  daß  die  Darstellung  des  Alkohols  den  alexandrinischen  Chemikern 
oder  einer  Priestergilde  bekannt  gewesen  sei,  läßt  sich  also  auf  diese  Stelle  nicht  gründen, 
und  die  Kluft  zwischen  dem  3.  und  12.  Jahrhundert  läßt  sich  bis  jetzt  durch  keine  Tradition 
ausfüllen.  Wenn  in  Diels'  Abhandlung  auf  eine  Bemerkung  von  Berthelot  hingewiesen 
wird,  wonach  man  mittels  des  Destillierhelms  der  Griechen  (6  ä'fjißixo;  =  al-ambik)  und 
im  Marienbade  bei  sehr  mäßigem  Feuer  und  sehr  langsamem  Operieren  kleine  Quantitäten 
Weingeist  habe  herstellen  können,  so  steht  davon  nichts  in  der  als  Beleg  zitierten 
Stelle,   die  nur  von  destillierten   Flüssigkeiten  im  allgemeinen  spricht  -). 

Die  Ansichten  von  Berthelot  und  E.  v.  Lippmann  gehen  also  in  diesem  Punkte 
nicht  auseinander,  vielmehr  betont  Berthelot  1893  in  seiner  Chimie  au  Mayen  Äge  I,  138 
mit  aller  Entschiedenheit,  daß  »malgre  la  connaissance  de  ces  faits«  —  nämHch  der  Ent- 
zündbarkeit der  Dämpfe  von  Wein  usw.  — ,  »l'alcool  ne  fut  pasisole  par  les 
a  n  c  i  e  n  s  ,  quoiqu'  ils  sussent  dejä  condenser  certains  liquides  vaporises«.  Und  weiter 
unten:  »Mais  nous  ne  trouvons  chez  les  alchimistes  grecs  aucune  indication  precise  qui  soit 
attribuab'e  ä  l'alcool.    Les  Arabes,  en  tant  qu'  ils  nous  sont  connus  par  des  textes  traduits 

en  latin,    n'en    fönt   non    plus    aucune    mention,    .   du  moins  les  textes 

verifies  avec  precision  ne  m'ont  fourni  aucune  indication  de  ce  genre«3). 

Wir  verdanken  der  Abhandlung  von  H.  Diels  eine  Reihe  wichtiger  Aufschlüsse, 
aber  das  Geheimnis  de'r  Entdeckung  des  Alkohols  ist  noch  nicht  gelüftet.  Die  Vermutung 
E.  V.  Lippmanns  behält  ihre  innere  Wahrscheinlichkeit,  auch  wenn  der  Bearbeiter  der 
Mappae  claviciila,  der  das  Rezept  einfügte,  nicht  in  ItaHen  lebte.  Ein  unanfechtbarer 
Beweis  für  seine  These  läßt  sich  aber  bis  jetzt  auch  nicht  hefern.    Es  ist  mit  dem  Alkohol 


0  Auch  die  mitgerissenen  oder  im  Alkohol  gelösten  Salzteilchen  bewirken  bekannt- 
lich Gelbfärbung  der  sonst  kaum  sichtbaren  Flamme.  Daß  zugleich  theoretische  Er- 
wägungen für  die  Zusätze  maßgebend  waren,  will  ich  natürlich  nicht  in  Abrede   stellen. 

^)  Revue  des  deux  mondes  1892,  293:  Les  alambics  des  Grecs  permettaient  sans  doute 
d'obtenir  des  liquides  distilles,  mais  ä  la  condition  d'operer  tres  lentement 
et   avec   une    tres   douce   chaleur.  ^ 

3)  Bei  dieser  Gelegenheit  möchte  ich  bemerken,  daß  Berthelot,  wie  ich  in  meinem 
ersten  Referat  S.  162  nach  der  Apotheker-Zeitung  zitierte,  in  der  Tat  den  Ausdruck  ge- 
braucht: le  Premier  auteur  . . . ,  cjui  ait  parle  de  l'alcool...  c'cst  Arnaud  de  Villeneuve. 
Da  er  aber  selbst  vorher  feststellt,  daß  das'Wort  »Alkohol«  im  13-.  und  14.  Jahrhundert 
zur  Bezeichnung  des  Weingeists  noch  nicht  gebraucht  wurde,  so  ist  die  Unklarheit  des 
Ausdrucks  weniger  bedenklich. 


•3  24  Kleine  Mitteilungen  und  Anzeigen. 

ähnlich  wie  mit  anderen  chemischen  Entdeckungen,  über  die  Carra  de  Vaux  sich  kürzlich 
{Encyklop.  d.  Islam  I,  1030)  geäußert  hat:  »Die  abendländische  Überlieferung  hat  Geber 
sehr  bedeutende  Entdeckungen  in  der  Chemie  zugeschrieben  wie  die  des  Königswassers, 
der  Schwefel-  und  Salpetersäure  und  des  Höllensteins,  doch  findet  sich  keine  von  all  diesen 
Entdeckungen  in  den  seinen  Namen  tragenden  arabischen  Schriften;  sie  werden 
ihm  vielmehr  nur  in  lateinischen  Schriften  aus  dem  Ende 
des  XIII.  Jahrhunderts  beigelegt.  Die  Bewunderung,  die  das  christliche 
Mittelalter  der  orientalischen  Alchemie  zollte,  beruht  also  nicht  auf  feststehenden  und 
kontrollierbaren  Tatsachen.«  Wir  müssen  bei  aller  Hochachtung  vor  der  alexandrinischen 
und  arabischen  Wissenschaft  doch  immer  deutlicher  erkennen,  daß  das  Zeitalter  der  Ent- 
deckungen im  Westen  früher  einsetzt,  als  man  gewöhnlich  annimmt;  wir  haben  kein  Recht, 
dem  ausgehenden  Mittelalter,  das  in  so  vielen  Stücken  schon  die  Morgenröte  eines  neuen 
Tages  ankündigt,  die  Entdeckungen  zu  bestreiten,  die  in  jener  Zeit  zum  erstenmal,  wenn 
auch  oft  unter  falscher  Flagge,  in  der  Literatur  erwähnt  werden. 

Heidelberg.  Julius  Ruska. 


Sur  la  date  de  la  composition  des  »Rasail  Ikhwän  al  saf^«. 

La  discussion  est  encore  ouverte  sur  la  date  exacte  de  la  composition  de  cette 
Encyclopedie  du  Bätinisme  islamique.  II  est  regrettable  qu'on  n'ait  pas  ctudie,  ä  ma  con- 
naissance,  du  moins,  —  de  fagon  methodique,  ä  quels  auteurs  appartiennent  les  fragments 
poetiques  qui  s'y  trouvent  cites:  vers  arabes:  t.  I  (edition  de  Bombay),  p.  70,  t.  I '"^, 
p.  106;  t.  II,  114,  164,  165,  167,  169-170,  217,  231,  289,  353^'').  393;  t-  III.  P-  7. 
36,  48,  64(2),  66,  71,  73(3);  t.  IV,  p.  131,  148,  190-192;  et  vers  persans:  t.  I, 
p.  7o(3)-7i,  120.  —  Une  piece  en  moins  d'entre  cos  morceaux  poetiques,  le  celebre  decret 

O   -  ,  '  ^   '  ,  '         '  '' 

^IjO      [»li-^Ijtii      sXäJ      Js^       U-«J1      Ä.i^.Ci>.y9     c\äJ     (J^^Ä^IL      ^.^ÄJ^t 

est  ä  restituer  au  grand  poete  Ibn  al  Roümi  (f  283/S96),  selon  le  tcmoignage  formel 
du  iazyt/i  al  aswäq  d'al-AntakI  (ed.  Caire  1328,  p.  16),  et  du  dtwän  al  sabäbak  d'Ibn 
Abi  Hajalah  (meme  ed.,  en  marge  p.  146,  171).  Ce  qui  est  un  terminus  a  quo. 
Comme  icr minus  ad  qucfn,  nous  citerons  la  definition  du  sinus  trigononietrique  (^^>-5-i) 
utilisee  t.  I,  p.  46,  en  bas,  —  qui  n'est  pas  encore  la  definition  qu'en  donne,  ä 
I'exemple  des  Hindous,  l'ecole  d'al  Battäni  (1317,929)  (Albategnius,  comp.  Nallino 
Ulm  al falak,  III,  231-236).  —  Louis  Massignon. 


Zur  Hutbe  'Aeib  addins. 

->'    .  *-■ 

Der  Anregung  G.  Jacobs  Folge  leistend  übergebe  ich  einige  Bemerkungen  zu  seiner 
Übersetzung  der  ^utbe  *Agib  addins  der  Öffentlichkeit.  Die  Seitenzahlen  sind  die  der 
Übersetzung. 

S.  67,   5  v.u.    St.  »ich  wünsche«  1.   »hole«   (\^vXl3)). 

S.  68,   5   »Verkünder   usw.«.     Vielleicht  doppelsinnig  »dem  wahren  NäU^<s.. 

9  V.  u.  1.   »sie  bildet  eine  Bürde«.     (So  wird  ^  öfters  gebraucht.) 

7  V'.  u.  oL.^'  ist  hier  vielleicht  »abgemagertes  Kamel«. 

5  V.  u.    Statt  »zerstört«  1.   »auseinandergerissen«,  was  zur  »Trennung«  besser  paßt 


Kleine  Mitteilungen  und  Anzeigen.  ^2S 

und  Anspielung  auf  das  Schicksal  der  Sabäer  ist  (A«r.  34,  14  f.;   Vs.  18  ,»,iAi,  vgl.  Vs.  7). 
S.  69,  5.    Der  Wein  im  »Glase«  würde  wenig  nützen,  auch  reimt  .^)  nicht  genau 

auf   „^mS .     Man  lese    ^  ;    »Gelenk«  vgl.  Kur.  76,  28.     Jacob  weist  noch  darauf  hin, 
daß  Ibn  Dänijäl  Arzt  war. 

Z.  7.  Statt  »während  usw.«  1.  »Und  ihr,  o  ihr  fahrenden  Leute  (,.i;LÄ/s)  und  übrigen 

Landstreicher,  bittet  .  .  . « 

Z.  5  V.  u.  »Der  Brotbrocken  des  Klugen  ist  die  Tochter  des  Brotleibs«.  D.  h. 
der  Kluge  gibt  sich  mit  dem  vom  Brotleib  des  Reichen  abfallenden  Brocken  zufrieden. 

Anm.  II.     B    verstößt  nicht  gegen  diesen  Reim,    da  er  vorher  einen  andern  Text 

mit  passendem  Reim  hat,  verliert  aber  dadurch  den  Reim  auf  ,LaoO. 

S.  70  Z.  9-  »Reiset  mit  diesen  (soeben  genannten)  Beiden,  so  werdet  ihr  sicher 
sein  vor  gänzlicher  Verarmung  und  Schulden«. 

Z.  13.     ,..Law.j  scheint  hier  (wie  öfters)  in  der  Bedeutung  »die  Kunde«  zu  stehen. 

Z.  8  V.  u.    Der    ..Lj^P  ist  nicht  eigentlich  eine  Geldbörse,  sondern  wird  gürtel- 

artig  um  den  Leib  getragen,  also  »Geldkatze«. 

Z.  2  V.  u.  »Kleidet«.  Vm*S  würde  wohl  kaum  mit  UJ  verbunden;  1.  also  mit 
AC  ,  ^iLai  . 

S.  71  Z.  I.    St.  »mit  einer  Mirta«.  1.  »mit  seinem  Mirt<s.  (=  xb.4.j,  nicht  =  Kl3.4J). 

Das  Wort  kommt  nur  als  Mask.  vor. 

Z.  2.  Man  hat  vielleicht  an  die  »Rechtsformeln«  (j^^j  ~ii)  zu  denken,  s.  GoLU- 
ziHER,    Muh.   Sind.  II   233'.      Mit    dem    /  iJ-i^    ist    vielleicht  die  sufische  Lebensweise 

gemeint, 

Z.  3.     Statt  »als«  1.  »sobald«. 

Anm.  4.  Nicht  =  »Kanzel«.  Die  Predigt  selbst  ist  das  Reiftier  (wie  im  Fol- 
genden das  Wort  selbst  das  Schwert  ist).    Der  Genitiv  ist  ein  Gen.  epexegeticus. 

H.  Reckendorf. 


Ernst  Jäckh,  Deutschland  im  Orient  nach  dem  Balkankrieg.  München  1913  (Mörike).  158  S.  8°. 
Brosch.  M.  2. — . 

Diese  neuste  Schrift  des  verdienstvollen  Journalisten  und  Orientreisenden  ist  aus 
Vorträgen  herausgewachsen,  die  der  Verfasser  im  Oktober  bis  Dezember  191 2  vor  breiten 
Zuhörerkreisen  gehalten  hat.  Der  Abschluß  ist  im  Januar  d.  J.  erfolgt,  also  längst  ehe  der 
Friedensschluß  die  künftige  Lösung  der  Balkanfrage  erkennen  ließ.  So  glaubt  man  heute 
bereits  ein  Stück  weiter  in  die  Zukunft  hineinzusehen  als  Jäckh. 

Man  empfindet  das  besonders  deutlich,  wenn  man  nach  dem  politischen  Ziel  der 
Broschüre  fragt.  Die  Neugestaltung  der  europäischen  Orientpolitik  erscheint  im  Januar 
noch  so  ungeklärt,  daß  eine  bestimmte  Aussicht  auf  die  kommenden  Notwendigkeiten 
nicht  zu  gewinnen  ist.  Im  wesentlichen  scheint  Jäckh  in  seiner  früheren  Zuversicht  für 
die  Zukunft  der  deutschen  Orientpolitik  unerschüttert;  er  fühlt  sich  gedrängt,  »dem  leidigen 
Pessimismus  der  öffentlichen  Meinung  entgegenzutreten«.  Auch  heute  noch  vertraut  er 
durchaus  auf  die  Fähigkeit  der  verkleinerten  Türkei,  sich  in  den  anatolischen  und  arabischen 


5  20  Kleine  Mitteilungen  und  Anzeigen. 

Stammgebieten  zu  behaupten  und  zu  regenerieren,  und  fordert  die  tatkräftige  Unter- 
stützung solcher  Bestrebungen  durch  die  deutsche  Politik  —  in  Handel,  Technik,  Ver- 
waltung, Militär  und  Schulwesen.  Die  Gefahr,  daß  »die  Zufahrt  nach  Anatolien  für  Öster- 
reich und  Deutschland  durch  den  neuen  Balkanbund  gesperrt  werden  könnte«,  leugnet 
er  nicht;  aber  er  erwartet  den  raschen  Zerfall  des  Bundes  infolge  seiner  inneren  Gegensätze 
und  die  Abwendung  vor  allem  des  aufstrebenden  Bulgarien  von  dem  allzu  gefährlichen 
russischen  Beschützer  hin  zu  dem  österreichischen  Nachbar  ');  selbst  Serbien,  meint  er, 
werde  von  Europa  zu  einer  Verständigung  mit  Rußland  gezwungen  werden.  Die  lebhafte 
Entwicklung  der  Handelsbeziehungen  zwischen  den  Balkanstaaten  einerseits  und  Deutsch- 
land-Österreich andererseits  werden  in  gleicher  Richtung  wirken.  So  glaubt  er  Österreich 
das  Ziel  stecken  zu  können,  eine  wirtschaftspoHtische  Union  mit  den  selbständigen  (Balkan-) 
Staaten  zu  schaffen:  >>ein  Ziel  ebenso  nötig  wie  möglich«.  Schon  sieht  er  in  Zukunft 
Österreich  an  Stelle  Rußlands  »die  geistige  und  wirtschaftliche  Führung  der  Balkanvölker 
gewinnen«  (!).  Als  wichtigste  weltpolitische  Folge  des  Krieges  begrüßt  er  aber  »das  Ende 
der  deutschen  Einkreisungspolitik  Englands«  —  eine  Lieblingshoffnung  des  Verfassers, 
die  er  schon  mehrfach  seit  der  Potsdamer  Kaiserbegegnung  von  1910  ausgesprochen  hat. 
Das  Hauptverdienst  an  dieser,  nach  J.s  Meinung  planmäßig  vorbereiteten  »Entspannung« 
der  europäischen  Lage  weist  der  Verfasser  dem  Staatssekretär  von  Kiderlen-Wächter  zu  (seinem 
schwäbischen  Stammgenossen  !),  dessen  Politik  überhaupt  unbedingtes  Lob  erhält.  Die 
deutsch-russische  Annäherung  von  1910  und  die  deutsch-französische  Verständigung  im 
Marokkovertrag  von  191 1  hätten  zuerst  die  Einkreisungspolitik  durchkreuzt.  Dann  habe 
der  Balkankrieg  den  Gegensatz  zwischen  England  und  Rußland  in  ganz  Vorderasien, 
zwischen  England  und  Frankreich  in  Syrien  ans  Licht  gebracht,  eine  österreichisch-russische 
Verständigung  unter  deutscher  Vermittlung  herbeigeführt  und  den  Dreibund  —  infolge 
der  Festlegung  Italiens  in  Tripolis  —  enger  als  je  zusammengeschweißt.  Eine  deutsch- 
enghsche  Verständigung  über  den  Orient  wie  über  Afrika  sei  bereits  »im  besten  Zuge«. 
Man  sieht:  sehr  optimistische  Hoffnungen,  die  nicht  überall  ungeteilten  Glauben 
finden  werden.  Ihre  Begründung  wird  in  einer  Reihe  v^on  ziemlich  lose  zusammen- 
hängenden Einzelbetrachtungen  versucht  ■).  Die  Erwartung  einer  Wiedergeburt  der 
asiatischen  Türkei  gründet  J.  im  wesentlichen  auf  die  vielerörterten  Ideen  des  Freiherrn 
V.  D.  Goltz,  die  dieser  zuerst  1897  ausgesprochen  hat:  die  Türkei  könne  erst  dann  wahr- 
haft gesunden,  wenn  sie  ihre  unrettbar  siechen  europäischen  und  überseeischen  Glieder 
abgestoßen  habe.  Inzwischen  haben  aber  diese  Ideen  bereits  bedeutenden  Widerspruch 
erfahren.  Ich  kann  hier  nur  andeuten,  weshalb:  es  handelt  sich  um  die  Frage,  ob  noch  eine 
tragfähige  nationale  Bevölkerungsgrundlage  und  eine  tragfähige  nationale  Kultur  für 
einen  einheitlichen  »islamisch-türkischen  Kulturstaat«  auf  asiatischem  Boden  vorhanden 
ist.  Es  gibt  nicht  wenige  Islamkenner,  die  weder  das  zurückweichende,  verarmende  osma- 
nische  Volkstum  AnatoHens,  noch  den  heutigen,  gespaltenen  und  verblaßten  Islam  für 
zeugungsfähig  im  geschichtlichen  Sinne  halten.  Die  äußeren  Voraussetzungen,  die  J.  für 
nötig  hält:  Ruhe  von  außen,  Militärdiktatur  und  europäische  Verwaltungsreformen  im 
Innern  —  werden  für  die  Lösung  des  großen  Problems  schwerlich  hinreichen.  Von  dessen 
ungeheuren  Schwierigkeiten,  von  der  Zerklüftung  der  asiatischen  Türkei  in  ethnographischer, 


')  Die  merkwürdige  Nachricht,  die  J.  übernimmt,  daß  der  Balkanbund  ursprüngHch 
gegen  Österreich  statt  gegen  die  Türkei  gerichtet  gewesen  sei,  wird  jetzt  durch  neuere 
Zeitungsmitteilungen   anscheinend   bestätigt. 

-)  Die  ersten  Abschnitte  über  das  Bagdadbahnproblem  bringen  nichts  wesentlich 
Neues  gegenüber  früheren  Arbeiten  des  Verfassers  und  seines  Freundes  Rohrb.\ch  und 
werden  deshalb  hier  übergangen. 


Kleine  Mitteilungen  und  Anzeigen.  -?2  7 

sozialer,  wirtschaftlicher,  politischer  und  konfessioneller  Beziehung,  von  dem  Ernst  der 
armenischen  und  arabischen  Frage,  von  der  Gefahr  russischer  und  englischer  Einmischung 
erhält  man  bei«J.  keine  genügende  Vorstellung.  Sicherlich  sind  ja  unsere  deutschen  Inter- 
essen in  Vorderasien  aufs  engste  mit  dem  Fortbestand  des  türkischen  Staatskörpers  ver- 
knüpft —  und  selbst  England  soll  dem  schweroperierten  »kranken  Manne«  jüngsthin  wieder 
40  Jahre  Lebensfrist  vertraglich  zugesichert  haben.  Aber  selbst  wenn  wir  bereit  sind,  das 
Letzte  für  die  Erhaltung  der  türkischen  Selbständigkeit  aufzubieten,  so  werden  wir  doch 
gut  tun,  rechtzeitig  und  nüchtern  die  Möghchkeit  eines  künftigen  Zusammenbruches  ins 
Auge  zu  fassen.  Der  neuste  Koweitvertrag  Englands  deutet  bereits  an,  daß  »die  andern« 
nicht  gesonnen  sind,  den  asiatischen  Besitzstand  der  Türkei  allzu  sorgfältig  zu  schonen, 
und  gar  die  europäische  Presse  spricht  längst  offen  von  einer  künftigen  Aufteilung.    • 

Aber  der  lebenweckende  Einfluß  europäischer  Zivilisation,  das  Jungtürkentum, 
die  Bagdadbahn  .>  Für  die  Erneuerung  eines  Volkslebens  wird  niemand  von  den  rein  tech- 
nischen Hilfsmitteln  übertrieben  viel  erwarten;  zudem  fragt  sich  noch,  wem  die  Verbesserung 
der  Verkehrswege  zugute  kommen  wird,  ob  dem  Osmanen  oder  dem  Griechen  und  Armenier 
in  Anatolien  ?  ')  Die  jungtürkische  Bewegung  aber,  dieser  Umsturz  der  gebildeten  Jugend, 
diese  Revolution  ohne  sozialen  Hintergrund,  hat  noch  keineswegs  bewiesen,  daß  sie  im- 
stande ist,  die  Tiefe  des  ganzen  Volkes  zu  bewegen.  Soviel  ist  doch  heute  zweifellos,  daß 
ihre  Wirkung  —  zum  mindesten  deren  Geschwindigkeit  —  vor  dem  Balkankrieg  fast  all- 
gemein überschätzt  worden  ist  !  Man  könnte  Stellen  aus  früheren  Schriften  J.s  anführen, 
in  denen  er  die  Überlegenheit  der  türkischen  Armee  über  die  Heere  der  vier  Balkanstaaten 
für  ausgemacht  hält,  oder  in  denen  er  erklärt,  das  jungtürkische  Regiment  habe  bereits 
die  Albanesen  zu  »bereitwilligen  und  dankbaren  Mitarbeitern  der  Türkei«  erzogen  u.  a.  m. 
Aber  dieselbe  Überschätzung  ist  viel  zu  allgemein  verbreitet  gewesen  und  hat  auch  auf 
viel  zu  guten  Gründen  beruht,  als  daß  man  sie  heute  irgendeinem  einzelnen  vorwerfen 
dürfte.  Nur  wird  man  heute  aus  solchen  Irrtümern  die  nüchterne  Lehre  ziehen  müssen, 
daß  das  Jungtürkentum  —  trotz  zweifelloser  Verdienste  —  seine  aufbauende  Kraft  erst 
noch  zu  beweisen  hat.  Vorläufig  fühlt  sich  der  Betrachter  versucht,  auf  diese  Übernahme 
westeuropäischer  Ideen  in  den  alten  Osmanenstaat  die  Betrachtung  Leopold  Rankes 
anzuwenden,  der  gerade  den  Zerfall  des  osmanischen  Reiches  davon  herleitete,  daß  es 
»vom  christHchen  Wesen  übermannt  worden  sei«;  »der  Geist  des  muhammedanischen 
Staates  ist  an  sich  selber  irre  geworden;  seine  Farbe  verbleicht;  die  Geister  des  Okzidentes 
überwältigen  ihn«.  Ein  Vergangenheitsstaat  zu  bleiben,  mihtärisch  nicht  untüchtig,  aber 
ohne  lebendige  Kraft  —  das  ist  vielleicht  die  wahrscheinlichste  Zukunft  der  Türkei  in  den 
nächsten  Jahrzehnten. 

Diesen  Fragen  gegenüber  ist  es  verhältnismäßig  weniger  wichtig,  wie  man  die  jetzige 
Niederlage  der  Türkei  im  einzelnen  technisch-mihtärisch  beurteilt;  J.  möchte  sie  zum 
guten  Teil  auf  den  Verrat  der  ins  Heer  eingestellten  Christen,  zumal  in  der  Intendantur 
zurückführen.  Die  deutschen  Instruktionsoffiziere  verteidigt  er  mit  Erfolg  gegen  die  An- 
klagen der  Franzosen  -);  Hauptschuld  trage  die  Kürze  des  für  die  Reformen  zur  Ver- 
fügung stehenden  Zeitraums  von  drei  Jahren.  Die  persönhche  Haltung  der  türkischen 
Soldaten  wird  von  allen  Augenzeugen  sehr  gerühmt  gegenüber  dem  feigen  und  grausamen 
Blutdurst  der  Bulgaren  und  Serben,  für  den  J.  viele  —  teilweis  neue  —  Belege  sammelt. 

Die  politische    Beurteilung  des    Balkankrieges  durch  den  Verfasser  hat 


')  Selbst  die  Besiedlungsfrage  der  neuen  Bewässerungsgebiete  (Konia,  Adana,  Meso- 
potamien) scheint  nicht  so  leicht  durch  Einwanderung  balkanischer  Flüchtlinge  lösbar 
zu  sein,  wie  J.  annimmt  ! 

-)  Inzwischen  hat  v.  d.  Goltz  diese  Verteidigung  in  einer  eigenen  Schrift  selbst 
übernommen. 


o28  Kleine  Mitteilungen  und  Anzeigen. 

sich  ja  inzwischen  teilweise  bestätigt:  der  Weltbrand  ist  tatsächlich  vermieden  worden, 
hauptsächlich  weil  die  Balkaninteressen  des  Dreiverbands  nicht  in  einer  Richtung  gegen;  die 
erwartete  Entspannung  der  Lage  ist  schließlich  eingetreten  —  freilich  erst  nach  sehr  be- 
drohlichen Zwischenspielen;  der  Dreibund  hält  unerwartet  fest  zusammen.  Aber  ob  das 
schließliche  Ergebnis  für  Deutschland-Österreich  wirklich  so  günstig  ist,  wie  der  Verfasser 
glauben  möchte,  erscheint  gleichwohl  fraglich.  Es  ist  hier  nicht  der  Ort,  die  politischen 
Aufstellungen  des  Verfassers  im  einzelnen  nachzurechnen.  Nur  soviel  sei  nachgetragen, 
daß  inzwischen  der  Skutarihandel  deutlicher  als  frühere  Ereignisse  gezeigt  hat,  wie  wenig 
Aussicht  in  Wahrheit  besteht,  einen  Balkanstaat  wie  Serbien  für  Österreich  statt  für  Ruß- 
land  zu  gewinnen,  wie  gefährlich  dagegen  die  russischen  Kriegsstimmungen  eines  Tages  f 
für  Deutschland  und  Österreich  werden  können.  Und  die  deutsch-englische  Annäherung 
will  auf  dem  Hintergrund  eines  gewaltigen  englischen  Planes  zu  Erwerbungen  in  Vorder- 
asien betrachtet  werden,  die  über  kurz  oder  lang  das  Schicksal  unserer  türkischen  Freunde  — 
und  damit  unser  eigenes  wichtigstes  Auslandsinteresse  —  in  Frage  stellen  können.  Die 
Dringlichkeit  dieser  deutsch-türkischen  Interessen  den  Deutschen  wieder  einmal  vor  Augen 
zu  stellen  —  dazu  wird  die  vorhegende  Schrift  ihre  guten  Dienste  leisten. 

Mai  1913.  Gerhard  Ritter. 


Kritische  Bibliographie. 


Vorbemerkung  :  Vgl.   S.   1 77. 

Bücher  werden  in  der  Regel  nur  besprochen,  wenn  sie  als  Rezensionsexemplare  ein- 
gesandt werden. 

I.    Allgemeines  ' 

(Zeitschriften I),  Sammelwerke). 

250.  Mir  Islama  (Mip-b  HcJiaMa)  Bd.  I,  Heft  4 

beginnt  mit  folgender  Erklärung:  »In  dem  einleitenden  Artikel  des  Mir  Islama  im  laufenden 
Jahre  sind  die  hauptsächlichsten  Grundlagen  des  Programms,  dessen  Verwirkhchung  der 
Herausgeber  und  seine  Mitarbeiter  erstrebten,  auseinandergesetzt  worden.  Mit  dem  Er- 
scheinen des  vorliegenden  Heftes  hört  die  Ausgabe  der  Zeitschrift  auf  Grund  dieses  Pro- 
grammes  auf.  Die  Endesunterzeichneten  verlieren  nicht  die  HofTnung,  daß  es  ihnen  in  einer 
mehr  oder  weniger  nahen  Zukunft  vergönnt  sein  werde,  in  dieser  oder  jener  Form  unter 
der  Leitung  der  einen  oder  anderen  Persönlichkeit  das  Werk  zu  erneuern,  für  das,  wenn 
man  nach  der  freundschaftlichen  Teilnahme  der  Mitarbeiter,  der  Kritik  und  der  Leser 
urteilen  darf,  einiges  Bedürfnis  bestand.«  Unterzeichnet  ist  diese  Erklärung  von  W.  Bart- 
hold, A.  v.  Schmidt,  J.  Kratschkowsky,  A.  Samojlowitsch,  A.  Chaschtschab.  Es 
ist  hier  nicht  der  Ort,  den  tieferen  Ursachen  dieser  Erklärung  nachzugehen;  es  muß  aber 
ausgesprochen  werden,  daß  wir  uns  der  darin  ausgesprochenen  Hoffnung  nur  von  ganzem 
Herzen  anschheßen  können,  wenn  wir  es  auch  lieber  gesehen  hätten,  daß  das  Unternehmen, 
dem  wir  Westeuropäer  bereits  so  unendlich  viele  Anregungen,  Hinweise  und  wertvolle 
Arbeiten  verdanken,  in  der  bisher  uns  gebotenen  Form  hätte  weiter  bestehen  können. 
Möchten  die  Unterzeichner  des  Schlußwortes  sich  bei  ihren  weiteren  Arbeiten  vergegen- 
wärtigen, daß  sie  durch  Lüftung  des  Vorhangs,  der  für  Westeuropa  im  allgemeinen  über 
allen  Fragen  des  Islam  in  Rußland  liegt,  sich  nicht  nur  ein  Verdienst  erworben  haben, 
sondern  auch  halbwegs  eine  Verpflichtung  eingegangen  sind,  den  einmal  geweckten  Wissens- 
durst nun  auch  zu  befriedigen.  Am  Ende  der  oben  wiedergegebenen  Erklärung  flnden 
sich  dann  fett  gedruckt  die  Worte:  »Die  Mitteilungen  über  das  neue  Programm  der  Zeit- 
schrift finden  sich  auf  dem  Umschlage  des  gegenwärtigen  Heftes«,  und  da  heißt  es:  »Die 
Zeitschrift  der  Kaiserlichen  Gesellschaft  für  Orientforschung,  der  »Mir  Islama«  wird  all- 
monatlich, beginnend  vom  Januar  1913  nach  folgendem  Programm  erscheinen:  i.  Artikel, 
das  zeitgenössische  mohammedanische  Leben  betreffend,  2.  Telegramme,  3.  Übersicht  über 
die  mohammedanische  Presse  in  Rußland  und  außerhalb,  4.  Korrespondenzen,  5.  Chronik, 
6.  Kritik  und  Bibliographie,  7.  rechtUcher  Teil:  Verfügungen  der  Regierung  und  der  Gesetz- 
gebung, die  sich  auf  die  Mohammedaner  beziehen,  8.  Mitteilungen  der  Kaiserlichen  Ge- 


I)  Sofern  nicht  die  einzelnen  Aufsätze  gesondert  besprochen  sind. 


T-jQ  Kritische  Bibliographie. 

Seilschaft  für  Orientforschung,  9.  Anzeigen.     Über  die  Zusammensetzung  der  Redaktion 

und  die  Bezugsbedingungen  wird  besondere  Anzeige  ergehen.«  F.  F.   S. 

2  51.  Cabaton,  A.,  V Italic,  Puissance  Musiilmane.     RMM  XXI,   1912. 

Enthält  einen  lehrreichen  ÜberbHck  über  die  Geschichte  der  Kenntnis  des  Orients 
ni  Itahen  seit  dem  Mittelalter  bis  zur  neuesten  Zeit:  Der  venezianische  Handel  in  seiner 
Bedeutung  für  die  Kenntnis  des  Orients,  der  Anteil  des  Hohenstaufenhofes  in  Sizilien 
und  der  Mediceer  an  der  Förderung  der  orientahschen  Studien,  ihre  Befruchtung  durch 
die  Missionsbestrebungen  der  Päpste,  das  Schicksal  der  orientalischen  Druckereien  im 
17.  und  18.  Jahrb.,  das  »risorgimento«  der  orientalischen  Studien  im  19.  Jahrb.;  Italiens 
koloniale  Unternehmungen  in  Afrika  seit  1869,  endlich  eine  Übersicht  über  den  heutigen 
Stand  der  orientahschen  Studien  in  Italien  und  die  vorhandenen  einschlägigen  wissen- 
schafthchen  Institute  mit  besonderer  Berücksichtigung  des  »Reale  Institute  Orientale 
in  Napoli«.  Im  Anhang  Wiedergabe  des  die  Pflege  der  orientahschen  Sprachen  betreffen- 
den Dekrets  des  Wiener  Konzils  vom  Jahre  131 1  und  ein  Verzeichnis  der  jüngsten  itahe- 

nischen  auf  Tripolis  bezüglichen  Literatur  H.   R. 

252.  Cordier,  Henri,  Un  coin  de  Paris,  L'  £,cole  dis  Langues  orientales  Vivantes.  2  rue  de  Lille 
Paris  1913. 

253.  Correspondance  d'Orient,  Revue  bimensuelle  de  politique  etrangere,  Directeur:  Dr. 
Georges  Samnk,  Paris,  Rue  Pigalle  34,  6eAnnee,Nr.iio — 116, 16.  April  bis  16.  Juli  1913. 

254.  Enzyklopädie  des  Islam,  herausgeg.  von  Houtsma,  Arnold,  Basset  und  Hartmann. 

7.  Lieferung  (Schluß  des  i.   Bandes:  A — D). 

255.  Gordlewskij,  W.,  Der  Islam  auf  dem  1(3.  internationalen  Orientalisten-Kongreß  in  Athen 
(llcjiaM'b  na  X\T  Me/KAyHapo;;uOM'B  KonrpeccB  opieHTa.incTOu-b  bij  Aeniiaxi.) 
MI  I  pg.   sio- 

256.  el-Hiläl„  Vol.  XXI,  Xr.  4—9,  Jan.— Juni  1913. 

257.  el-Manär,  XVI.   Bd.  Heft  1—5,  Januar— Mai  1913- 

258.  Mecheroutielte,  5c  Annce,  Xr.  41 — 43,  April — Juni  1913. 

259.  Rivista  degli  studi  orientali  V,  5,  GH  stitdi  Orientali  in  Italia  negli  iiltinii  cin(jnant' 
a)uü  (1801  — 191 1),  parte  seconda,  fascicolo  1. 

Introduzione    I.  Affrica  p.  i — 16, 

II.  Lingue  semitiche  p.   17 — 183. 

260.  Sch(midt),  A.  E.,  Bespr.  der  Revue  du  Monde  Musiilman  XVI  191 1,  XVII,  XVIII, 
XIX    PM2.     MI  I  459. 

261.  Sch(midt),  A.  E.,  Bericht  über  Inhalt  von  Band  III  Heft  1—3  des  »Islam«  1Q12. 

F.  F.  S. 

262.  N.  N.,  Die  Umgestaltung  des  Seminars  jür  orientalische  Sprachen.  Die  Grenzboten, 
72.  Jahrg.  (1913)  Nr.  21,  382—385. 

II.    Religion. 

(Anfänge  des  Islam,  Dogma,  Recht,  Mj'stik,  Zauberwesen,  Kultus, 
Philosophie,  Beziehungen  zu  anderen  Religionen). 

263.  Abdul  Baha,  Abbas  Effcndi,   On  Ihe  importance  of  divine  civilizalion  AQRN.  S.  1,2, 

--3 — -3<i- 

264.  Barthold,  W.,  Bespr.  von  Roemer,  H.,  Die  Bäbt-Beha't,  die  jüngste  mohammedanische 
Sekte.     Potsdam  1912.     MI  I  425. 

Inhaltsangabe  und  günstige  Besprechung  der  verdienstvollen,  zusammenfassenden 
Arbeiten  des  Verf.  Barthold  bedauert  nur,  daß  der  Verf.  nicht  auch  die  russischen  Vor- 
arbeiten direkt  habe  benutzen  können.  F.  F.   S. 


Kritische  Bibliographie.  -?  ^  j 

265.  Benali  M'erad,  La   »Ziadah«  ou  Naissance  ä  Saft  (Maroc).    RA  LVII,  Nr.   288,   I^r 
Trimestre. 

Nützlich»  Ergänzungen  zu  Doutte.  Schilderung  i.  der  anläßlich  der  Geburt  eines 
Knaben  üblichen  Zeremonien  am  i.  (u.  a.  Rezitation  des  adän  ins  Ohr  des  Neugeborenen 
zur  Abwehr  der  Umm  es-sibyän),  am  7.  und  am  40.  Tage  (an  diesem  verläßt  die  Mutter 
zum  ersten  Male  mit  dem  Kinde  die  Wohnung  und  sucht  durch  Einkaufen  bestimmter 
Waren  auf  seine  späteren  Lebensumstände  einzuwirken),  2.  der  einfacheren  und  weniger 
zahlreichen  Gepflogenheiten  bei  der  Geburt  eines  Mädchens,  3.  bei  Kindern  beiderlei  Ge- 
schlechts geübter  Bräuche;  unter  den  hierzu  mitgeteilten  Wiegenliedern  finden  sich  viele 
an  Fätima  bzw.  deren  Söhne  gerichtete.  Unpraktischerweise  wird  der  \\'ortlaut  nur  mit 
arabischen  Lettern  gegeben;  bei  der  allzu  wörtlichen  Übersetzung  hätten  sich  etwas  mehr 
Erläuterungen   empfohlen.  E.  G. 

266.  Bruno,  H.,  Le  regime  des  eaux  en  droit  musulman.   200  S.  19 13. 

267.  Churi,  DschirgUS  J.,  Über  Scheidung  und  Wiedervereinigung  muhammedanischer  Ehe- 
gatten.    ZDPV  36,  2. 

Interessant  einige  Bemerkungen  über  die  ^äda  bei  den  Beduinen  von  Gaza  und  Ber- 
seba.      Im   übrigen  oberflächlich  und  reich  an   Irrtümern.  E.   G. 

268.  Edwards,  A.,    The  menace  of  Pan-Islamism.    North  American  Review,   May   19,13. 

269.  Faiz  Badruddin  Tyabji,   Principles    of   Muhammedan  Law.     Bombay,  D.  B.   Tara- 
porevala  Sons,   1913.     XXXVII  and  711    S. 

270.  Friedländer,  J.,  Bespr.  von  Duncan  Black  Macdonald  ^5^5 rf5  of  Islam,  New  York 
191 1.     JQR  IVi   115 — 117. 

271.  Gardner,  W.  R.  W.,  The  Doctrine  of  Man.   Christian  Literature  Society  1913.    Bespr. 
MW   III  3  315. 

272.  Joly,  A.,    Saints  et  Legendes  de  l'Islam.     RA  Nr.  288  7 — 45. 

Einige  Heiligenviten  aus  Nordafrika.  H.   R. 

273.  Le  Coq,  A.  V.,  A'yzylbasch  und  Y äschilbasch.    Mit  i  Abb.     OA  III  (1913)  S.  61 — 64. 
Gegenüber  Ausführungen  v.  Luschan's,  der  in  Aen  Kyzylbasch  eine  »mysteriöse  Sekte« 

sieht,  will  Verf.  in  dieser  Arbeit  durch  Zusammenstellung  einer  Reihe  von  Zitaten  aus 
alten  und  neuen  Werken  europäischer  Gelehrter  nachweisen,  daß  das  Wort  Kyzylbasch 
nichts  anderes  als  einen  Schiiten  persischer  Nationalität  bezeichnet,  und  ferner,  daß  im 
Gegensatz  zu  diesem  Ausdruck  das  Wort  Y äschilbasch  eine  —  heute  nur  noch  in  Zentral- 
asien übliche  —  Benennung  für  die  Sunniten  von  Buchara  ist.  —  Vgl.  auch  die  Bemerkung 
auf  S.  144.  —  Die  Studien  Jacob's  über  den  Orden  der  Bektaschi's  und  damit  die  dort  auch 
über  die  A'vzvlbasch  angegebene  Literatur,  waren  Verf.,  wie  es  scheint,  unbekannt.    R.   M. 

274.  Merkurjew,  K.  V.,   Handbuch  zur  Auslegung  und  Einführung  der  dogmatischen    und 
moralisch   praktischen  Lehre  des  Islams.     8°  russisch.     Gubernskaja  Orenburg.    1913. 

275.  Morelli,  C,  V Islam.     Studio   di  religioni  e  legislazioni  comparate.    Parte  I:  A'o3io«i 
gerierali  islamitiche.     Napoli   191 2. 

276.  Schäfer,  E.,    The  rosary  in  Islam.     MW   III  3  246 — 249. 
Vgl.   Krit.    Bibliographie  in  Heft  1/2   Nr.  46. 

277.  Snouck  Hurgronje,  C,  Over  panislamisme.  Archives  du  MuseeTeyler,  Ser.  III,  vol.  I, 
87 — 105.     Haarlem  1913. 

Populärer,  anregender  Vortrag.  Erst:  eine  historische  Einleitung  und  Übersicht; 
dann:  einerseits  eine  Warnung  vor  den  Gefahren,  mit  welchen  die  panislamische  Gesinnung 
der  einheimischen  Bevölkerung  die  holländische  Herrschaft  in  Indien  stets  bedroht  — 
andrerseits  aber  eine  kräftige  Ermahnung,  die  Javanen  und  andere  Muslime  durch  Inter- 
essenassoziation und  Unterricht  für  Holland   und  die  europäische   Kultur  zu  gewinnen. 

Th.  W.   J. 
Islam.     IV.  23 


5-3  2  Kritische  Bibliographie. 

278.  Stein,  Ludwig,    Die  Weltanschauung  des    Orientalen.    »Nord  und  Süd«  37   (Juliheft) 

S.  7-13- 

Die  Weltanschauung  des  Orients,  an  der  seine  Staaten  zugrunde  gehen,  ist  Passivität, 
wie  unter  besonderer  Bezugnahme  auf  Buddhismus  und  islamische  Mystik  ausgeführt 
wird.  Letztere  behandelt  der  Verf.,  dem  offenbar  eigene  Kenntnis  hier  abgeht,  in  engstem 
Anschluß  an  Fr.  Rosen' s  Yorwort  zur  Neuausgabe  der  Mesnewt-\jhtxseXz\xng  seines 
Vaters,  auf  das  im  »Islam«  noch  zurückzukommen  sein  wird.  Der  Verf.  übersieht,  daß 
bei  dem  Verfall  orientalischer  Staaten  auch  Momente,  wie  z.  B.  die  Rassenfrage  und  die 
klimatischen  Verhältnisse,  von  Bedeutung  sind,  andrerseits  der  Osten  durchaus  nicht  so 
»totmüde«  ist,  wie  in  dem  Aufsatz  angenommen  wird.  E.  G. 

279.  Wadjdi,  Muh.  Farid.,  Al-Madanija  wa^l-isläm.     Cairo  1330.     S".     138  S. 

280.  Wely,  J.  H.  van,  Panislamisme.     Koloniaal  Tijdschrift  I,  ii53ff. ;  II,   i  ff'. 
Vortrag  über  die  Bedeutung  Mekkas,  Konstantinopels,  der  Wallfahrt,  der  mystischen 

Bruderschaften  usw.  für  die  panislamischen  Ideen  in  Nieder!. -Indien;  hauptsächlich  aus 
verschiedenen  Schriften  Snouck  Hurgronje's  entlehnt.  Th.  W.  J. 

281.  Zwemer,  The  dock,  the  calendar  and  the  Koran.     MW  III  3  262 — 274. 

Klarer  praktischer  Überblick  über  den  mohammedanischen  Kalender:  Entstehung, 
Anweisungen  zur  l^mrcchnung,  Rcformvorschlag  von  A  1  -  Za  r  k  ä  w  i  im  5a*fr,  die  Zeit- 
rechnung im  heutigen  Orient,'Abdruck  der  »Table  of  concordance  of  civil  dates«  aus  dem 
Egyptian  Government  Almanac  1913.  H.   R. 

282.  X.,   Le  Panislamisme  et  le  Panturqiiisme.     RMM  Vol.  XXII.     März  191 3. 

An  die  Darstellung  der  Geschichte  und  des  jetzigen  Standes  der  panislamischen  Be- 
wegung, wobei  besonders  die  Persön'ichkeit  Geläl  ed-Dln  el-Afgäni's  ge- 
würdigt wird,  schließt  sich  eine  ausführliche,  sehr  kritische  Betrachtung  über  die,  vor 
allem  an  den  Namen  Ak  Cura  Oghl  u's  geknüpfte,  in  den  letzten  Jahren  mehr  und 
mehr  zu  Ansehen  gelangte  Bewegung  des  »Panturkismus«,  besser  Panturanismus,  die, 
dem  Panslawismus  vergleichbar,  ein  Band  um  alle  sogen,  turanischen  Völker  schlingen 
will,  und  deren  geschichtliche  und  kulturelle  Bedeutung  und  Mission  in  blind  einseitiger, 
chauvinistischer  Weise  in  den  Himmel  hebt;  was  ihr  Verhältnis  zum  Panislamismus  an- 
langt, so  ist  sie  diesem  naturgemäß  ein  Dorn  im  Auge.  Der  Verf.  fürchtet  von  diesen 
idealistischen  Träumereien,  über  die  man  wichtige  Gegenwartsfragen  vernachlässigt,  eine 
große  Gefahr  für  die  Zukunft  des  osmanischen  Reiches;  er  würdigt  aber  wohl  dabei  die 
gute  Seite  der  Sache,  nämlich  den  gesunden  nationalen  Gedanken  zu  wenig,  wie  er  sich 
in  dem  Streben  nach  Belebung  alter  türkischer  Sitte  und  Reinigung  der  Sprache  äußert; 
vgl.  auch  Menzel  über  Ak  Cura  0  g  h  1  u's.  Zeitschrift  Türk  jurdu  im  »Islam«  IV  1/2 
S.  139  f.  und  SzAMATOLSKi,  Aus  türkischer  Volks-  und  Kunstdichttmg  S.  27  ff.  E.  G. 


III.  Geschichte  und  Kulturgeschichte. 

283.  Amar,  E.,     Bespr.  von  Cl.  Huart,  Histoire  des  Arabes.     RHR  LXVII  2. 

284.  Cherfils,  Ch.,  Bonaparte  el  V Islam.     Etüde  sociologique  d'apres  les  documents.    Paris 
191 3,  Giard  &   Briere. 

285.  Dozy,  R.,   Spanish  Islam,  a  history  of  the  Moslems  in  Spain.   Translaied  with  additions 
and  cortections  by  Francis  Griffin.     London  1913,  Chatto  &  Windus. 

286.  Johnston,  Sir  H.,  A  history  of  the  colonisation  of  Africa  by  allen  races.  Neue  revidierte 
Ausgabe   S22   S.   1913. 

287.  Ismael  Hamet,  Termes  hippiques  frangais  empruntes  ä  l'arabe.    RI  Se  annec  Nr.  84, 
231 — 234  a  suivre. 


Kritische  Bibliographie.  ^'^'] 

288.  Littmann,  E.,   Bespr.    von    Rudolf  Leszvnsky,    Die   Juden    in    Arabien    zur  Zeit 
Mohammeds.    Hist.  Z.   3.  Folge  15.  Bd.   i.  Heft  192 — 195. 

289.  Lunt,  Theodore  R.  W.,  IsUnns  Svcerd  ogKärlighedens  Korslog.  A.\x\Qx\i&xe,\.0\-ä.x%xiX.t\st 
ved  Fru  F.   Brönsted.     Köbenhavn.     Det  danske  Missionsselskab  1912. 

»Das  Schwert  des  Islams  und  der  Krenzziig  der  Liehe  «ist  eine  dänische  Übersetzung  von 
Lunt's  Buch:  The  story  of  Islam  (London  1909).  Eine  unkritische,  aber  sehr  lebendige 
Darstellung  von  dem  Leben  Muhammeds  nach  den  muhammedanischen  Legenden,  sowie 
von  der  Entwicklung  seiner  Religion.  Die  Kreuzzüge  werden  als  »eins  der  schwärzesten 
Verbrechen  der  Geschichte«  und  eine  Verneinung  des  Evangeliums  dargestellt.  Dem- 
gegenüber wird  Raimundus  LuUus  aus  Majorka,  der  die  Kreuzzüge  ablehnte  und  für  fried- 
liche Mission  eintrat,  als  Vorbild  aufgestellt.  Das  Buch  will  zu  weiterer  Arbeit  in  seinem 
Geiste  anregen.  J.   P. 

290.  Michel  Bey  S.  Chacavat,  Mahomet  et  ks  Khalifes.     Paris  19 12,  Guilmoto. 

291.  Morelli,  C,  Califß,  tribunali,   hahits.     Napoli   iqi2. 

292.  Sarkar,  J.  N.,     Anecdotes  of  Aurangzib  and  historical  essays.     London   19 13,   Luzac 
(242   S.  8"). 

293.  Wasiljew,  A.,'  Karl  der  Große  und  Härün   al-Rashid.   Vizantijskij  Vremennik  XX, 
I,   1913,   S.  63—116. 

Im  Gegensatz  zu  der  vom  Schreiber  dieser  Zeilen  (vgl.  »Der  Islam«  III,  409  ff.)  ver- 
tretenen Ansicht  sucht  der  Verf.  zu  beweisen,  daß  die  Nachrichten  der  fränkischen  Annalen 
über  die  Gesandtschaften  von  Mansür,  Härün  und  Ma'mün  zu  Pipin,  Karl  dem  Großen 
und  Ludwig  dem  Frommen  unbedingt  Glauben  verdienen;  diese  Nachrichten  nur  deshalb 
zu  verwerfen,  weil  sie  bis  jetzt  durch  keine  orientalischen  Quellen  bestätigt  werden  können, 
sei  »Hyperkritik«.    Ohne  Wissen  und  Genehmigung  des  Kalifen  könnte  weder  der  Patriarch 
von  Jerusalem  in  Verbindung  mit  Karl  getreten  sein,  noch  Karl  Kirchen  und  Klöster  in 
Palästina  gebaut  haben;  deshalb  ließe  sich  der  Satz  aufstellen:  wenn  eine  Quelle  über 
das  Verhältnis  von  Karl  zu  Palästina  berichtet,  so  ist  darin  ipso  facto  auch  eine  N^-chricht 
über  den  Verkehr  zwischen  Karl  und  dem  Kalifen  enthalten.    Außer  dem  vom  Schreiber 
dieser  Zeilen  benützten  Material  werden  auch  einige  hagiographische  Quellen,  besonders 
Adonis  Martyrologium  und  die  anonyme  Erzählung   von  der  Übertragung  der  Religion 
des  heiligen  Genesius,  auch  Flori  Lugdunensis  Carmina  herbeigezogen;  auf  Grund  dieser 
Quellen  will  der  Verf.  den  Beweis  führen,  daß  die  Reliquien  S.  Cyprian's  und  anderer 
Heiligen  tatsächlich  utiter  Karl  dem  Großen  nach  Frankreich  übergeführt  worden  seien 
(wie  das  Schweigen  Einhards  und  der  fränkischen  Annalen  zu  erklären  sei,  wird  nicht 
gesagt),  obgleich  man  diese  Tatsache  irrtümlich  mit  der  Rückkehr  der  zweiten  Gesandtschaft 
(807),    statt    init    der    Rückkehr    der    ersten   (801)    in  Zusammenhang    gebracht    habe. 
Besonders  wichtig  seien  die  Nachrichten  über  die  Übertragung  der  Reliquien  des  heiligen 
Genesius ;  aus  dem  Bericht  darüber  könne  man  ersehen,  daß  die  Gesandten  Karls  aus  Jerusalem 
zum  Kalifen,  wahrscheinlich  nach  Rakka,  gereist  seien  und  dort  längere  Zeit  zugebracht 
hätten.    Der  Verf.  schließt  sich  der  Ansicht  des  Grafen  Riant  von  dem  »patronage  histo- 
riquement  incontestable«  Karls  des  Großen  über  alle  Christen  in  Palästina  ohne  Unter- 
schied der  Sprache  an,  dieses  »patronage«  sei  auch  vom  Kalifen  anerkannt  w'orden  und 
müsse  als  Anfang  des  späteren  Protektorats  Frankreichs  über  alle  lateinischen  Christen 
betrachtet  w-erden  (die  Tatsache,   daß  nicht  nur  die  muhammedanischen,   sondern   auch 
die  christlich -orientalischen  Quellen  nichts  derartiges  berichten,  wird  nicht  berührt,  ebenso 
wenig  die  Tatsache,   daß  den  arabischen  Geschichtsschreibern  selbst  die  Existenz  eines 
fränkischen  Kaisertums  unbekannt  geblieben  ist).     Für  die  Kalifen  seien  die  fränkischen 
Könige  erwünschte  Verbündete  gegen  den  gemeinsamen  Feind,  die  spanischen  Omejjaden 
gew-esen  (welche  Folgen  eine  solche  politische  Kombination  im  2.  Jh.  der  H.  für  das  An- 

23* 


■2  7  A  Kritische  Bibliographie. 

sehen  der  'Abbäsiden  gehabt  hätte,  wird  nicht  erwogen).  Im  Gegensatz  zu  Ponqueville's 
Behauptung,  der  sich  Barthold  anschheßt,  daß  in  »ernsthaften  Geschichtswerken«  für 
die  Nachrichten  über  die  Gesandtschaften  zwischen  Kar]  und  Härün  kein  Platz  sein  dürfe, 
spricht  der  Verf.  die  Überzeugung  aus,  daß  diese  Gesandtschaften,  die  so  wichtige  Folgen 
gehabt  hätten,  in  keinem  ernsthaften  Geschichtswerk  mit  Schweigen  übergangen  werden 
sollten.  W.   B. 

294.  Wellhausen,  Bespr.  von  Henri  Lammens,  Fäiima  et  les  flies  de  Mahomet.    Romi9i2. 

GGA  75.  Jahrg.  Nr.  V.  311— 315,  vgl.  auch  Bouv.\t,  RMM  XXII  316—18. 

IV.    Naturwissenschaften  (inkl.  Medizin). 

295.  Gubb,  A.  S.,  La  flore  algerienne,  naturelle  et  acquise,  282  Abbildg.  275  S.     191 3. 

296.  Lippmann,  Edm.  0.  v.,  Einige  Bemerkungen  zur  Geschichte  der  Destillation  und  des 
Alkohols.  Z.  f.  angew.  Chemie  1912,  S.   16S0. 

297.  Schelenz,  H.,  Einige  (wie  oben!).     Z.  f.  angew.  Chemie   191 2,  S.  2526. 

298.  Lippmann,  Edm.  0.  v.,  Einige  (wie  oben!).     Z.  f.  angew.  Chemie  1913,  S.  46. 
Auseinandersetzungen  zwischen  den  beiden  Autoren  über  das  genannte  Thema,  die 

sich  an  die  »Islam«  IV  S.  163  genannten  Schriften  anschließen.  Hier  sei  eine  andere  Streit- 
frage zwischen  beiden  Gelehrten  erwähnt,  die  ebenfalls  in  der  Polemik  berührt  wird. 
H.  Schelenz  leitet  das  caput  mortuum  der  Chemiker,  den  Destillationsrückstand  im  all- 
gemeinen und  das  unreine  Eisenoxyd  insbesondere,  von  ö^>j>  , Schlacke*  ab,  Edm.  v. 
L1PPM.A.NN  bringt  es  mit  dem  Haupt  des  toten  Osiris  in  Verbindung.  Das  mortuum  bleibt 
ein  unerklärlicher  Zusatz  zu  ^S>^jJ>,  wenn  es  nicht  in  chemischen  Schriften  der  Araber 
nachweisbar  ist.  Entscheidendes  für  oder  gegen  die  beiden  Ansichten  kann  ich  zurzeit 
nicht  hinzubringen.  J-   ^■ 

299.  Richter,  Paul,  Dr.  med.,  Beiträge  zur  Geschichte  der  alkoholhaltigen  Getränke  bei  den 
orientalischen  Völkern  und  des  Alkohols.  Archiv  f.  d.  Gesch.  d.  Natw.  u.  d.  Technik 
4.  Bd.  6.  Heft  (19 13)  S.  429—452. 

Der  Aufsatz  ist  die  Zusammenfassung  zweier  Vorträge,  die  der  Verf.  1909  und  1912 
in  der  Berliner  Ges.  f.  Gesch.  d.  Natw.  u.  d.  Med.  gehalten  hat.    Der  erste  Teil  handelt 
nach  neueren  Arbeiten   von  Orientalisten  über  die  berauschenden  Getränke  bei   Indern, 
Babyloniern,  Ägyptern  und  Juden,  besonders  auch  über  das  ägyptische   Bier  und  den 
DüMb;   der  zweite  vervollständigt  die  von  Berthelot,  E.  v.  Lippmann  u.  a.  gegebenen 
Nachweise  über  die  Destillation  des  Weingeists  und  die  Ableitung  der  Bezeichnung  »Alko- 
hol« durch  Zitate  aus  chemischen  und  pharmazeutischen  Werken  des  16.  und   17.   Jhd. 
(P.\RACELSus,  RoLFiNK,  Wedel).  Es  widerfährt  dabei  allerdings  dem  Verf.  das  Mißgeschick, 
iL>Uoi    von    |Jw:5=\]J  oder  gar    JwÄi    »ausdörren«  abzuleiten    und  unter  Verwerfung  der 
durchaus  richtigen  und  sachgemäßen  Erklärungen  Wedel's  die  falsche  Erklärung  Roi- 
fink's  vorzutragen.    Bei  der  etwas  stark  zur  Schau  getragenen  Kenntais  des  Arabischen 
berührt  es  seltsam,   daß  auch  an  anderer  Stelle  ^  und    3    nicht  unterschieden  sind  (S.  442 
s.  V.  huwwärä).    Für  die  Leser  des  Archivs  ist  es  gewiß  herzlich  gleichgültig,  ob  man  Koran 
oder  Qur^an  schreibt:  jedenfalls  aber  schreibt  man  nicht  Qur'än  (S.  43Q,  440).    Soll  einmal 
genau  transkribiert  werden,  so  ist  wenigstens  Konsequenz  zu  verlangen;  der  Verf.  hätte 
also  auch  das  Alfr.  v.  Kremer's  Kulturgeschichte  entnommene  mädy  mit  nu7di)]a  wieder- 
geben  müssen.      Daß  das  englische  gin  (=  genevre,  Wachholderschnaps)  mit  armenisch 
gini  zusammenhänge,  ist  eine  sehr  gewagte  Behauptung,  nicht  minder,  daß  das  deutsche 
»Rebe«  auf  altägyptisch  arp  zurückgehe.     Solche  Einfälle  wären  besser  nicht  gedruckt 
worden.     Die  aus  den  griech.  Geoponica  angezogene  Stelle  [xi%'jii...  'jowp  beweist  aller- 
dings nichts  für  aqua  ardens,  denn  sie  beruht  auf  der  im  klassischen  Altertum  verbreiteten 


Kritische  Bibliographie  ^  ^  c 

Ansicht,  daß  Wasser  trunken  machen  kann  (vgl.  die  Noten  bei  Niclas,  Geoponicomm 
etc.  libri  XX,  Leipzig  1781,  T.  I.  S.  523);  der  Satz  fehlt  in  der  arab.  Bearbeitung  des  Cod. 
Leid.  414  (lU,  .St>)-  j.   R. 

300.  Roloff,  Max.  Det  Isläm  und  die  W issenschajt.     Das  freie  Wort  XIII  (1913),  Heft  i 
S.    30. 

Der  temperamentvoll  geschriebene  Aufsatz  verficht  die  These,  daß  die  Wissenschaft 
dem  Islam  und  den  Arabern  gar  nichts  zu  verdanken  habe.  »Jene  schöne  wissenschaft- 
liche Bewegung  war  ganz  und  gar  das  Werk  von  Persern,  Christen,  Juden  und  von  Moham- 
medanern, die  innerlich  gegen  ihre  eigene  Religion  empört  waren.«  Der  Geist  dieser  Wissen- 
schaft hat  nichts  arabisches,  sie  bedient  sich  der  Sprache,  aber  diese  ist  ihr  eine  Fessel. 
Die  Überlegenheit  Syriens  und  Bagdads  über  das  lateinische  Abendland  rührt  nur  daher, 
daß  man  der  griechischen  Überlieferung  viel  näher  war  als  dort,  so  daß  die  griechische 
Wissenschaft  auf  dem  Umweg  über  Spanien  zu  uns  gelangte.  Vom  Jahr  1200  ab  war  aber 
die  theologische  Reaktion  im  Islam  ganz  und  gar  siegreich.  Die  abendländische  Theologie 
hat  den  wissenschaftlichen  Geist  nicht  erwürgt,  nur  in  Spanien  hat  sie  gesiegt.  —  Die 
Opposition  gegen  die  vulgäre  Ansicht  ist  zweifellos  sehr  berechtigt,  schießt  aber  doch  etwas 
über  das  Ziel.  Was  vom  Arabischen  gesagt  ist,  kann  ebenso  vom  Latein  gesagt  werden, 
und  die  Förderer  der  Naturwissenschaften  im  Abendland  waren  meist  in  Glaubenssachen 
nicht  minder  verdächtig  als  ihre  muslimischen  Genossen:  *iLxJl  V^>^3  l.-H^5  v^Äi" 
^•X.^j  J.  Das  Verdienst  der  christlichen  Theologie  ist  es  gewiß  nicht,  wenn  ihr  zum 
Trotz  der  wissenschaftliche  Geist  nicht  erstickt  wurde,  sondern  durchdrang.  J.  R. 

301.  Stegtnann,  Otto,  Die  Anschauungen  des  Mittelalters  über  die  endogenen  Erscheinungen 
der  Erde.  Archiv  f.  d.  Gesch.  d.  Natw.  u.  d.  Technik,  4.  Bd.  S.  243—269,  328 — 359, 
409 — 426. 

Diese  reichhaltige  Studie  zur  Geschichte  der  Geologie,  insbesondere  des  Vulkanismus 
und  der  Erdbebenkunde  behandelt  den  weit  zerstreuten  Stoff  nach  einer  Einleitung  über 
die  historischen  Grundlagen  der  Anschauungen  in  drei  Abschnitten:  I.  Die  Anschauungen 
über  den  innern  Zustand  unseres  Erdkörpers  —  mit  einem  Exkurs  über  das  Erdinnere 
als  Ort  der  Hölle,  bei  dem  man  ungern  das  klassische  Werk  des  Univ.-Professors  Dr.  Joseph 
Bautz  über  diese  interessante  Gegend  vermißt  (Mainz  1905).    II.  Die  Erklärungsversuche 
der  vulkanischen  Erscheinungen.     III.  Die  Erklärungsversuche  der  seismischen  Erschei- 
nungen.    Auch  die  arabische  Literatur  ist,  soweit  durch  Übersetzungen  zugänglich,  mit 
großem  Fleiße  beigezogen,  und  E.  Wiedemann  hat  eines  unbekannten  Verfassers  »Aus- 
führung über  die  Feuer  (Nlrän),  welche  auf  der  Erde  entstehen«  nach  der  Berliner  Hand- 
schrift We  1813  m  Übersetzung  beigesteuert.   Die  Studie  stellt  gegenüber  K.  A.  v.  Zittel's 
Geschichte  der  Geologie  und  Paläontologie  und  dem  geschichtlichen  Abschnitt  in  W.  H.  Hobb's 
Erdbeben  eine  erfreuliche  Bereicherung  unserer  Kenntnis  mittelalterlicher  Anschauungen 
dar.     Weniger  erfreulich  sind  die  vielen  stehengebliebenen  Druckfehler;  daß  es  überall 
»muslinisch«  heißt,  ist  eine  merkwürdige  Neuerung.  J.  R. 

302.  Wiedemann,  Eilh.,   Arabische  Studien  über  den  Regenbogen.     Archiv  f.  d.  Gesch.  d. 
Natw.  u.  d.  Technik.     4.   Bd.  6.  Heft  (19 13)  S.  453 — 460. 

Der  Aufsatz  enthält  die  gekürzte  Übersetzung  von  drei  Abhandlungen  über  den 
Regenbogen.  Die  beiden  ersten,  von  unbekannten  Verfassern,  hat  L.  Cheikho  im  Machriq, 
Bd.  15  S.  736 — 745  (1912)  veröffentlicht.  Die  dritte  Abhandlung  ist  auf  Grund  einer  von 
Dr.  Meyerhof  in  Cairo  besorgten  Abschrift  übersetzt  und  hat  den  ägyptischen  Rechts- 
gelehrten Öihäb  ed-din  Ahmed  b.  Idris  al-Qaräfi  (gest.  um  1 2S5)  zum 
Verfasser.  In  allen  drei  Schriften  macht  sich  der  Einfluß  von  Aristoteles'  Meteorologie 
stark  bemerkbar.  Es  wäre  nützlich  und  lohnend,  die  Vergleichung  einmal  genauer  durch- 
zuführen,  und   die   entsprechenden   Stellen   griechischer  und  arabischer  Autoren   neben- 


c^:'5  Kritische  Bibliographie. 

einanderzustellen,  um  die  Fortschritte  in  dem  Verständnis  des  Phänomens  zu  erkennen. 
Interessant  sind  die  Bemerkungen  über  kreisförmige  Regenbogen  auf  hohen  Bergen  und 
die  analogen  Erscheinungen,  die  bei  Springbrunnen  oder  an  Kerzen  in  dunstiger  Atmosphäre 
beobachtet  werden.  J-  R- 

303.  Wiedemann,  Eilhard,  Beschreibung  des  Auges  nach  al  Qaz'<dni.    Jahrbuch  für  Photo- 
graphie und  Reproduktionstechnik  für  das  Jahr   1912.     Sonderdruck,  8  S. 
Übersetzung  von   Kazwini   I,   332 — 335   mit  kurzer   Einleitung.      Das  '■aztmi'l- 

'■aini  würde  ich  nicht  mit  »Knochen«,  sondern  mit  »Hauptteil«  des  Auges  übersetzen, 
min  karnin  abjada  mit  »aus  hellem,  farblosem  Hörn«.  Statt  »Irisschicht«  S.  4  wäre  die 
wörtliche  Übersetzung  »Traubenschicht«  bzw.  »Traubenhautschicht«  vorzuziehen,  weil 
sie  der  Emendation  entspricht,  die  in  der  Fußnote  erwähnt,  aber  nicht  erklärt  ist.  Der 
am  Rande  des  Da  mir  I  abgedruckte  authentische  Text  des  Kazwin!  hat  übrigens 
an  den  gleichen  Stellen  wie  der  WüsTENFELo'sche  Text  'ainijje  statt  'inabijje;  die  späteren 
Stellen,  wo  bei  Wüstenfeld  'inabijje  steht,  können  nicht  zum  Vergleich  herangezogen 
werden,  da  sie  im  echten  Text  fehlen.  Fast  der  ganze  Abschnitt  über  den  Nutzen  der 
Schichten  und  Flüssigkeiten,  der  bei  Wüstenfeld  zwei  Seiten,  also  nahezu  zwei  Drittel 
des  Gesamttextes  ausmacht,  ist  ein  junger  Zusatz,  dem  im  alten  Text  kaum  eine  halbe 
Seite  —  hauptsächlich  der  Schluß  der  Ausführungen  —  entspricht.  Auf  die  übrigen  Vari- 
anten will  ich  hier  nicht  weiter  eingehen.  J.  R. 

304.  Wiedemann,  Eilhard,  Über  die  Fata  Morgana  nach  arabischen  Quellen.     Meteorolo- 
gische Zeitschrift  1913,  Heft  5. 

Erklärung  der  arabischen  Ausdrücke  al-Al  und  al-Saräb  nach  dem  Lisän  al  'Aralr 
und  Tag  al^Arüs,  Anführung  einiger  Dichterstellen  und  Übersetzung  der  Fragen  37  und 
38  aus  einer  Schrift  des  Q  a  r  ä  f  I ,  die  sich  mit  optischen  Problemen  beschäftigt  und  hier 
eine  Erklärung  der  Erscheinung  zu  geben  versucht.  Das  Wort  al-gauharl,  womit  die  Aiaber 
die  Erscheinung  auch  bezeichnen  sollen,  kann  hier  wohl  nur  die  Bedeutung  »das  Flim- 
mernde« haben,  nach  Art  der  »Damaszierung«  also,  und  nicht  iwie  ein  Edelstein  aus- 
sehend«, das  auch  zur  W'ahl  gestellt  ist.  J.  R. 

305.  Wiedemann,  Eilhard,  Beiträge  zur  Geschickte  der  N aturwissenschajten  XXVII — XXX. 

SPMSErlg.   1912,  I — 40,  113 — 125,  205 — 256. 

Die  erste  der  hier  genannten  Abhandlungen  enthält  eine  Sammlung  von  geographi- 
schen Beiträgen,  und  zwar  Geographisches  aus  verschiedenen  Schriften  von  Al-Berüni 
nach  Handschriften  des  Kitäb  al-tafhtm  und  Zitaten  bei  J  ä  q  ü  t  und  al-Charaqi, 
sodann  Auszüge  aus  al-SchiräzI's  vom  Verf.  wiederholt  schon  benutzten  Werke 
Nihäjat  al-idräk  ji  diräjal  al-ajläk  über  die  Meere  und  die  Klimate,  einiges  über  die  Größe 
der  Meere  nach  al  -  K  i  n  d  i  und  die  geographischen  Stellen  aus  den  Mafäü/i,  die  sich 
im  2.  Abschnitt  des  6.  Kapitels  des  zweiten  Buches  befinden,  das  über  die  Wissenschaft 
von  den  Sternen  handelt. 

In  der  XXVIII.  Abhandlung  sind  die  Biographien  von  a  1  -  B  a  i  h  a  q  I  nach  J  ä  q  ü  t 
und  die  von  al-Berünl  nach  Ibn  abi  Usaibi'a  mitgeteilt.  Mit  J.  Hell  zusammen 
hat  E.  Wiedemann  noch  einen  geographischen  Nachtrag  aus  dem  mas'üdlschen  Kanon 
von  a  1  -  B  e  r  ü  n  1  auf  Grund  der  Berliner  Handschrift  Nr.  275,  Ahlwardt  5667  in  Über- 
setzung als  Beitrag  XXIX  veröffentlicht.  Es  handelt  sich  darin  um  die  Beschreibung 
des  bewohnten  Landes  im  allgemeinen  und  die  Begrenzung  der  Klimate  nach  Länge  und 
Breite,  sowie  um  die  Einleitung  zu  dem  Tabellenwerk  a  1  -  B  e  r  ü  n  i's,  das  die  Längen 
und  Breiten  zahlreicher  Orte  angibt. 

Eine  sehr  umfangreiche  und  entsprechend  reichhaltige  Studie  ist  der  Beitrag  XXX: 
Zur  Mineralogie  im  Islam.  Er  beginnt  mit  einer  Zusammenstellung  der  wichtigsten  mine- 
ralogischen Schriften  in  arabischer,  persischer  und  türkischer  Sprache.    Hierauf  folgt  die 


Kritische  Bibliographie.  T^-iy 

Übersetzung  von  Ibnal-AkfänT's  (gest.  1348)  Buch  Nabb  al-dafiä^ir  jt  ahiväl  al- 
gaiväkir  nach  dem  von  Prof.  L.  Ch'^ikho  im  Machriq  veröffentlichten  Texte,  sodann  das 
Mineralogiscl«  aus  der  arabischen  Handels-  und  Warenlehre  des  A  h  ü '1  f  a  d  1  G  a' f  a  r 
b.  'AI  i  a  1  -  D  i  m  a  s  k  1 ,  die  um  i'75  vollendet  wurde.  Den  Schluß  der  Abhandlung 
bilden  Bemerkungen  über  einzelne  Edelsteine,  Mineralien  und  Mineralvorkommen,  die 
E.  WiEDEMANN  mit  erstaunlicher  Eelesenheit  aus  den  verschiedensten  gedruckten  und 
handschriftlichen  Quellen  zusammengetragen  hat.  Wir  haben  in  seinen  Studien  nun  wohl 
die  vollständigste  Sammlung  von  Nachrichten  übar  die  Mineralogie  der  Araber,  die  zur- 
zeit existiert;  nur  Textausgaben  mit  Kommentaren  unter  Heranziehung  der  klassischen 
und  indischen  Literatur  können  jetzt  noch  weiter  führen.  J.   R. 

V.  Literaturgeschichte 
(Handschriftenkataloge  und  neue  Quellen). 

306.  Abul  'Aiä  al  Ma'arri,  Le  poele  aveugle  Abii'l-'-Alä  al-JMa'arri,  un  precursuer  d'Omar 
Khayyam.  Extraiis  de  ses  pohnes  et  de  ses  leitres.  Traduit  de  l'arabe  p.  G.  Saljcon. 
Paris  1913. 

307.  Bittner,  Max,  Prof.  Dr.,  Die  heiUgenBücher  der  Jeziden  oder  Teufelsanbeter  (kurdisch 
und  arabisch).  Hrsg.,  übers,  u.  erläutert,  nebst  e.  gramm.  Skizze.  (98  S.)  Denk- 
schriften d.  Ak.  W.  Wien  19 13,   IV. 

308.  Clair-Tisdall,  W.  St.,  Shi'ah  additwns  lo  tlie  Koran.     M\N  IH  3,  227—241. 
Übersetzung  der  schiitischen  Koranzusätze  nach  einer  Kopie  des  Bankipur-Manu- 

skripts.  Der  Text  der  Surat  an-Nurain  in  dieser  Kopie  soll  bessere  Lesarten  als  der  von 
Canon  Sell  veröffentlichte  enthalten.  Eine  baldige  Edition  des  Bankipur-Manuskripts 
mit  Noten  und  der  persischen  Übersetzung  wird  versprochen.  H.  R. 

309.  Destaing,  E.,  Notes  sur  des  maniiscrits  arabes  de  l'  Ajrique  Occidentale {suite).  RALVH. 
Nr.  288,   ler  Trimestre. 

Verzeichnet  (zum  Teil  in  Versen  geschriebene)  Werke  über  Fiqh,  Grammatik,  Metrik, 
Astronomie,  Medizin,  sowie  zwei   Qasiden  über  die  Geschichte  des  Magrib.  E.  G. 

310.  El-Djäml',  Salamän  et  Absäl,  poenie  mystique  d'amour  traduit  du  persan  d'Al-Djämi 
par  Auguste  Bricteux  prof.     Paris  1913. 

311.  Juwaini,  The  Tärlkh  i  Jahän  Giishä.  Part  L  Edited  by  M  I  r  z  ä  Mohammed 
i  b  n  'A  b  d  i  '1  W  a  h  h  ä  b    i    Q  a  z  w  i  n  i.     London,    Gibb    Memorial  Series  XVIi. 

1 9 1 2 . 

312.  Dreyfuss,  Hipp.,  Bahäou'lläh,  L'epitre  au  fls  du  loup.  Traduction  frangaise. 
Paris,   Champion,   1913. 

313.  EUis,  A.  G.  and  Edwards,  E.,  Descriptive  list  of  the  Arabic  mss.  in  Ihe  British  Museum 
acquired  by  the  Trustees  since  18^4.     London  19 13.     8°. 

314.  Firdausi,  The  Shähnäma,  done  into  English  by  A.  G.  and  E.  Warner,    Vol.  6.    1913. 

315.  Gabriel!,  G.,  Manuale  di  arabo  letlerario.     Roma  19 13.     8°. 

316.  Greve,  F.  P,,  DjV  Erzählungen  aus  den  tausend  und  ein  Nächten.  Vollständige  deutsche 
Ausg.  in  12  Bdn.,  auf  Grund  der  BuRTON'schen  engl.  Ausg.  besorgt.  (2.  Aufl.  j[.  u. 
5.  Taus.)  (Titel  u.  Einbd.  zeichnete  Marc.  Behmer.)  i.  Bd.  (XIX,  393  S.)  8°.  Leip- 
zig,  Insel -Verlag  19 13. 

317.  G[uest],  A.  R.,  Besprechung  von :  Greek  Papyri  of  the  British  Museum.  Catalogue, 
with  Texts.  Vol.  IV:  The  Aphroditö  Papyri.  Edited  by  H.- J.  Bell,  M.  A.;  with 
an  Appendix  of  Coptic  Papyri  edited  by  W.  E.  Crum,  M.  A.    JRAS  19 13  S.  437 — 447. 

318.  G[uest],    A.  R.,    Besprechung  von:    Tarjimän  Al-Ashzcäq,   \>y  Mtihyi^d-Din   ihn-  AI- 


^^g  Kritische  Bibliographie. 

^Arabi.    Edited  by  Reynold  A.  Nicholson.    London:  Royal  Asiatic  Society,  191 1. 
JRAS   19 13   S.  447—452. 

319.  Ishäq  b.  Hunain,  Aristoteles.  Hermeneutik.  In  d.  arab.  Übersetzung  des  I  s  h  ä  k 

1  b  n  H  o  n  a  i  n  hrsg.  u.  mit  Glossar  der  philosoph.  Termini  versehen  v.  J.  Pollak. 
Leipzig,  Abh.  f.  d.  K.  d.  M.,   19 13.     8°. 

320.  El-Khazrejf,  The  Pearl  Strings.  A  History  of  the  Resüliyy  Dynasiy  of  Yemen  by  'Aliyyu' 
bnit  'l-Hasan  "el  Khazrejiyy.  The  Arabic  Text  edited  by  Shaykh  Muhammad 
'Asal.     Gibb  Memorial.     Series  Vol.   III4  1913- 

Enthält  die  erste  Hälfte  des  arabischen  Textes. 

321.  Ibn  al-Khatib,  Kiiäb  al-Wajayät.  Edited  by  M  a  w  1  a  w  i  M.  H  i  d  a  y  a  t  H  u  s  a  i  n. 
Journal  &  Proceedings  of  the  As.  Soc.  of  Bengal.  New  Ser.  VIII(i9i2)Nr.  i,  S.  i— 3S. 
Kurze  biographische  Notizen,  chronologisch  geordnet,  bis  807/1404.      Der   genaue 

Name  des  Verf.  ist  A  b  ü  '1  -  'A  b  b  ä  s  A  h  m  a  d  b.  H  u  s  a  i  n  b.  'A  1  I  b.  a  1  -  ^  a  t  i  b 
a  1  -  K  u  s  a  n  1 1  n  i.  Sein  Großvater  war  baßb  und  kädi  (f  733/1332),  sein  Vater  nur 
^a/Fi^  (t  750  1349).  Der  Verf.  hat  in  Cordova,  Marokko  und  Tunis  (1375)  studiert.  Laut 
einer,  in  der  einzigen  benutzten  Handschrift  verstümmelten,  Aufzählung  am  Schluß  des 
Werkes  hat  er  außerdem  verfaßt:  Takrtb  ad-daläla  jt  Sar/i  ar-risäla.  W.  Printz. 

322.  Ibn  'Askar,  La  »Daouhat  au-nächir«  de  Ibn  '■Askar  snrles  vertus  eminentes  des  Chaikhs 
du  Maghrib  au  dixihne  siede.  Traduction  par  A.  Graulle.  Archives  Marocaines, 
vol.  XIX.     Ernest  Leroux,  Paris   19 13. 

Wichtiger  Beitrag  zur  Kenntnis  der  maghrebinischen  Heiligenbiographie.  In  die 
Übersetzung  eingestreut  sind  allerlei  sufische  Regeln  und  Sprüche  in  arabischem  Faksimile 
mit  Übersetzung,  zu  denen  man  die  Quellenangaben  vermißt.  Angehängt  sind  Ergänzungen 
aus  anderen  Heiligenbiographien,  speziell  über  die  von  Ibn  'Askar  gänzlich  vernach- 
lässigte Familie  der  Fäsijln,  über  Al-Öazüll,  As-§ädill  und  Al-Öunaid. 

H.  R. 

323.  Comte  de  Landberg,  Etudes  sur  les  dialecles  de  PArabie  meridionale.  Datinah.  Troisieme 
partic.  Conmicntaire  des  textes  poeti(iues.  Articles  detaches  et  Indices.  Leiden, 
Brill,    19 13. 

324.  al-Sam'ani,  The  Kitäb  al-Ansäb  of  '■Abd  al-Kartm  Ibn  Muhammad  al-Sam^änt,  repro- 

duced  in  Facsimile  from  the  manuscript  in  the  British  Museum,  add.  23.  355.    With 
an   Introduction  by  D.  S.  Margoliouth.     Gibb  Memorial  Series.     Vol.  XX,   19 13. 

325.  Moberg,  C  Axel,  Bespr.  von  Horten,  Mystische  Texte  aus  dem  Islam.    DLZ  34,  iS. 

326.  Nicolas,  A.  L.  M.,  S  e  y  y  e  d   Ali    Mohammed    dit  le    Bab:    Le   Beyan   Persan, 

traduil  du  persan,  tome  II  174  S.     Paris  1913- 

327.  Nielsen,  Alfred,  Arabiske  Mundheld,   »Hovedstaden«,  Sonntag,   i.   Juni  1913. 
Einige   »arabische   Sprichwörter«,  die  der  Verf.  als  Missionar  in  Syrien  gesammelt 

hat.  J-  P- 

328.  'Omar  Khajjäm, :  deMarthold,  ]vi.es,  Le  livre  des  quatrainsd^Omar  Khäyydm  iraduii 
du  persan  en  ritnes  jrangaises.     (4°).     Paris  19 13,  Paul  Ferdinando. 

329.  'Omar  Khajjäm,  Rubaijat,  Aus  dem  Englischen  Edward  Fitzgerald's  übertragen 
von  Walter  Fränzl.     Diederichs,   Jena  1913- 

330.  Al-Quhaif  al-'Ugaili,  his  poeücal  remains  coüected  and  translated.  JRAS  19 13 
S.  341 — 368.     By  F.  Krenkow. 

Neben  arabischem  Text  und  Übersetzung  ausführliche  Einleitung  über  die  Ereignisse 
(Unruhen  und  Stammesfehden)  in  Zentralarabien  (Jemäma,  Bahrain)  nach  der  Ermordung 
des  Chalifen  Walid  b.  Jezid  (126  H),  die  den  Gedichten  des  Qu  ha  if  zugrunde  liegen. 

R.  M. 

331.  Ronkel,  Ph.  S.  van,  'Supplement  to  the  catalogue  of  the  Arabic  Manuscripts  preserved 


Kritische  Bibliographie.  ^SO 

in  the  Museum  of  ihe  Batavia  Society  of  arts  and  sciences.    Batavia  (Albrecht  &  Co.), 

The  Hague  (Nyhoff)  1913.     IX  554  S.  85. 

Wertvolles  Supplement  zu  Van  den  Berg's  Katalog  {Codicum  Arabicorum  in  biblio- 
theca  Societatis artimn  et  scientiariim  quae  Bataviae  floret  asservatorum  Catalogum  inchoatuni 
a  doct.  R.  Friederich  absolvit  L.  \V.  C.  van  den  Berg.  Bataviae,  Hagae  Comitis,  1873). 
Ungefähr  580  arabische  Manuskripte  aus  verschiedenen  Teilen  von  Niederl.- Indien  (aber 
hauptsächlich  aus  Atjeh)  sind  beschrieben.  Sie  handeln  fast  ausschließlich  über  die  reli- 
giösen Wissenschaften  der  Muhammedaner:  Koran,  Tradition,  Theologie  und  Mystik, 
Gesetz,  Biographie  des  Propheten,  der  Sahäbah  und  anderer  heiliger  Männer,  und  ferner 
über  die  propädeutischen  Wissensfächer:  Grammatik,  "Lexikographie,  Arithmetik,  Astro- 
nomie usw.  Nur  einige  merkwürdige  Handschriften  (ursprünglich  von  Arabern  aus 
Hadhramaut)  sind  ausführlicher  beschrieben. 

Es  gab  bisher  nur  vorläufige  Verzeichnisse  dieser  Manuskripte  in  »Notulen  van  het 
Bataviaasch  Genootschap«  (u.  a.  von  Snouck  Hurgronje,  Notulen  XXXIX,  S.  120 — 153, 
XLII,  S.  100 — 107)  und  in  Van  den  Berg's  »Verslag  van  eene  verzameling  Maleische, 
Arabische,   Javäansche  en  andere  handschrijten<i,   Batavia,   's  Hage,   1S77.         Th.  W.   J. 

332.  Sa'adi,  Lejaräin  des  Roses,  traduit  du  persan  par  Franz  Toussaint;  preface  de  la 
Comtesse  de  Noailles,     Paris  19 13. 

333.  Säle,  George,  The  Qoran;  or  Alcoran  of  Mohammed.  With  explanatory  noies  and 
preliminary  discourse,  also  readings  from  Savaray's  Version,  ^^'ith  maps  and  plans 
(538   S.).     London   1913,  Warne. 

334.  Szamatolski,  Ludwig,  Ans  türkischer  Volks-  und  Kunsidichiitng.  i.  Köroghi,  der 
verbreiteiste  der  anatolischen  Volksrmnane,  nach  einer  Stambuler  Lithographie  des 
Jahres  1302  h.  zum  ersten  Male  ins  Deutsche  übertragen.  2.  Ahmet  Hikmets  Üsümdji, 
eine  Charakteristik  des  anatolischen  Volkes,  aus  »Türk  Jurdu«  übersetzt.  Wiss.  Beil. 
z.  Jahresber.  d.  sechsten  Stadt.  Realschule  zu   Berlin.     Ostern  19 13.     32   S. 

Auf  eine  sich  an  weitere  Kreise  wendende  Einleitung,  in  der  die  türkische  Volks- 
literatur kurz  charakterisiert  und  sodann  über  die  Figur  des  Köroghlu  sowie  die  literar- 
geschichtliche  Stellung  des  nach  ihm  benannten  Volksbuches  ohne  tieferes  Eingehen  auf 
die  Probleme  gehandelt  wird,  folgt  die  Übersetzung,  die  poetischen  Stücke  erfreulicher- 
weise in  meist  recht  gewandten  Versen.  Als  Gegenstück  ist  A  h  m  e  d  H  i  k  m  e  t's  »Trauben- 
verkäufer« (aus  Tiirk  Jurdu  i)  übertragen;  der  hier  ausgesprochenen  Verherrlichung  des 
Anatoliers  schließt  sich  Sz.  in  seinem  temperamentvollen  Nachwort  begeistert  an. 

E.  G. 

335.  Wortabet,  Dr.  Late,  Aphorisms  of  the  f.rst  four  caliphs  or  successors  of  Muhammed 
(continued).     AQR  N.  S.  I2,    310—318;  vgl.  Krit.   Bibl.  Heft  1/2  Nr.  97. 

336.  Zeb-un-Nissa,  The  Diwan  of  Zeb-un-Nissa.     Rendered  from  the  Persian  by  Magan 

Lal  and  Jessie  Duncan  Westbrook.     With  an   Introduction  and  Notes.     New 
York,  E.  P.  Dutton  &  Co.     Wisdom  of  the  East  Series. 

VI.  Archäologie 
(Kunstgeschichte,  Epigraphik,  historische  Geographie  und  ähnliches). 

337.  Bachmann,  W.,  Kirchen  und  Moscheen  in  Armenien  und  Kurdistan.  29.  Wissenschaft- 
liche Veröffentlichung  der  Deutschen  Orient-Gesellschaft.  Leipzig,  Hinrichs,  19 13. 
80   S.,  71   Tafeln.     (Bespr.  folgt  später.) 

338.  Bei,  A.,  Fouilles  faites  sur  l' emplacement  de  V  Ancienne  Mosquee  d' Agadir  {Tlemcen) 
igio—ii.     RA  LVII,  Nr.  288,   i^r  Trimestre   1913. 


340  Kritische  Bibliographie. 

Enthält  Zusammenstellung  der  spärlichen  historischen  Nachrichten  über  die  einstige 
Moschee  von  Agadir  (gegründet  von  Idris  I.  174/790;  das  heute  einzig  noch  erhaltene 
Minaret  erbaut  bzw.  erneuert  von  Yagmoräsen,  dem  ersten  Ziyäniden);  ferner  genaue 
Angaben  über  die  Örtlichkeit  und  frühere  Funde,  sowie  den  Grabungsbericht,  den  ein 
Plan  erläutert.  Die  Maße  und  die  ungefähre  Anlage  der  Moschee  konnten  festgestellt, 
von  den  Dependenzen  nur  das  Bad  nachgewiesen  werden.  Zur  Geschichte  des  Baues  ergab 
sich  nichts.  E.  G. 

339.  Bell,  Gertrude  Lowthian,  Churches  and  monasteries  of  the  Tür  'Abdin  and  neighboiiring 
dislncls.  (56  S.,  40  Fig.,  28  Tafeln.)  Zeitschr.  f.  Gesch.  d.  Architektur,  9.  Beiheft. 
Heidelberg  1913,  C.  Winter. 

340.  Brehier,  L.,  A  propos  de  la  quesHon  »Orient  ou  Byzance«.     BZ  XXII  1/2. 
Während  die  Technik  der  byzantinischen  Kunst  in  jeder  Weise  von  orientalischen 

(pers.,  syr.,  islamischen)  Mustern  beeinflußt  und  fast  unverändert  bis  zum  Ende  im  Ge 
brauch  geblieben  ist,  zeigt  sich  im  S  t  i  1  durchaus  eine  selbständige  und  bedeutende  Weiter- 
entwicklung.  An  dem  Beispiel  der  byzantinischen  Skulptur  wird  die  These  näher  erläutert. 

E.  G. 

341.  Grothe,  H.,  Ein  Perserleppich  ans  Kermän.    (Aus  der  Sammlung  des  Herrn  Rudolph 

Said-Ruete,  London).     Mit  i  Abb.  auf  i  Tafel.     OA  III  (1913)  S.  84—85. 

Beschreibung  eines  Teppichs  aus  dem  Anfang  des  19.  Jhs. :  Darstellung  einer  Szene 

aus  dem  persischen  Epos  »Chosrou  und  Schirin«.  R.  M. 

342-  Gurlitt,  Cornelius,    Die  islamischen  Bauten  von  Isnik  {Nicaea).    Mit  34  Abb.  im  Text 

und  5  Tafeln.     AO  III  1913  S.  49 — 60. 

Populär  gefärbter  Bericht  über  einen  zweitägigen  Aufenthalt  in  Isnik  zwecks  Studiums 
der  dortigen  islamischen  Bauten,  durch  hübsche  Photographien  und  einige  Risse,  die 
jedoch  z.  T.  nur  ungefähre  Maße  geben,  illustriert;  aber,  wie  Verf.  nach  seiner  Angabe  es 
auch  nicht  beabsichtigt  hat,  durchaus  keine  erschöpfende  wissenschaftliche  Untersuchung 
der  einzelnen  Bauten.  —  Zu  dsr  Anm.  auf  S.  60  ist  die  Berichtigung  Jacob's  auf  S.  145 
zu    \ergleichcn.  R.   M. 

343.  Jacob,  G.,  Die  Herkunft  der  Silhouettenkunst  {ojmadschylyk)  aus  Persien.  (11  S.  mit 
2  Abb.  8°).     Berlin,  Mayer  &  Müller,  1913. 

Die  abendländische  Silhouette  —  die  älteste  dem  Verf.  bekannte  aus  dem  Jahre 
1631  stammend  —  hat  ihren  Ursprung  wahrscheinlich  in  Persien,  von  wo  sie  zunächst, 
nach  der  Türkei  gelangt  sein  dürfte.  Vorläufiges  Material  verschiedentlich  in  der  türki- 
schen Literatur,  bes.  bei  E  v  1  i  j  a  ;  Proben  z.  B.  in  dem  in  Wien  befindlichen  Album 
für  Muräd  III.  (vermutlich  von  dem  berühmten  Ausschneider  F  a  h  r  I).  Man  hat  der 
Schrift  reiche  Anregung  und  den  Hinweis  auf  ein  interessantes  Problem  zu  danken. 

E.  G. 

344.  Kahle,  Paul,  Das  islamische  Schattenthealer  in  Ägypten.  Mit  3  Abb.  u.  3  Tafeln.  OA  III 

1913   103—108. 

Populär  gehaltene  kurze  Darstellung  der  Geschichte  des  Schattentheaters  in  Ägypten 
und  Beschreibung  einiger  Schattenspielfiiguren.  Der  Artikel  bringt  zu  den  früheren  Arbeiten 
des  Verf.  in  dieser  Zeitschrift  (I,  264  ff.,  II  143  ff.)  nichts  Neues,  außer  einer  bisher  noch 
nicht  veröffentlichten,  auf  Tafel  XIX  abgebildeten  Schattenspielfigur,  die  Verf.  später 
mit  anderen  zusammen  eingehender  im  »Islam«  besprechen  will.  R.  M. 

345.  Martin,  F.  R.,  Tkc  miniature  painting  and  painters  of  Persia,  India  and  Turkey  from 
thg  VlII^^  to  the  XVII^^  ceniuries.  2  vol.  London  1912.  gr.  4°.  Lwdbed.  With  271 
collotype  plates,    42   text  illustrations  and  5  plates  in  chromoUthography. 

346.  Riviere,  Henri,  La  ceramique  dans  l'art  imisulmane.  Paris  1912 — 13,  Emil  Levy. 
(lüo  planches.) 


Kritische  Bibliographie.  -^aj 

347.  Ritter,  Erich,  Die  türkische  Teppichindustrie.     Deutsche  Lev.-Ztg.   III,  6. 

348.  Rosinthal,  J.,  Pendentifs,  Trompen  und  Stalaktiten.  Beiträge  zur  Kenntnis  der  islam. 
Architektur.     Mit  Abb.     Leipzig  1912. 

349.  Veläzquez  BOSCO,  R.,  Arte  del  califato  de  Cördoba:  Medina  Azzahra  y  Alamiriya.  ?kladrid 
19 12.     40.     Con  58  läminas. 

350.  Vincent,  P.  Huges,  and  Abel,  P.  F.  M.,  Jerusalem.  Recherches  de  topographie,  d'archeo- 

logie  et  d'histoire.    T.  I.    Jerusalem  antique.    T.  IL    Jerusalem  nouvelle.    2  vols.  en 
4°,   chacun  de  4  fasc.     Faris,  LecofTre,   1913. 

351.  Weinzelt,  R.,  Über  persische  Teppiche  I.     Mit  3  Abb.     OA  III  1913,  S.  65 — 83. 
An  einen  weiteren  Leserkreis,  Sammler  und  Liebhaber,  gerichteter  Artikel.    Versuch 

einer  Klassifikation  nach  den  Herstellungsgebieten.  Besprechung  der  Farben  und  Farb- 
stoffe (Hinweis  auf  den  unheilvollen  Einfluß  der  trotz  Einfuhrverbots  benutzten  Anilin- 
und  Alizarinfarben),  der  Knüpfungsart,  der  Dessins,  der  Wolle,  Seide  und  des  Formats. 
Zum  Schluß  manches  Interessante  über  die  Teppichmärkte.  R.  M. 

VII.  Länder  und  Völker  des  Islam. 

a)  Rußland. 

352.  Ernst,  Nikolaus,  Die  ersten  Einfälle  der  Krymiataren  in  Südrußland.  ZOEG  III  i, 
S.   1-5S. 

Behandelt  werden  nach  allgemein  orientierender  Einleitung  i.  Die  Einfälle  der 
Tataren  der  Goldenen  Horde  in  Moskau.  2.  Die  Einfälle  der  Krymtataren  nach  Polen 
und  Litauen.  3.  Die  Situation  des  moskauischen  Rußland  gegenüber  den  tatarischen 
Raubzügen.  —  Gründliche  historische  und  kriegswissenschaftliche  Stu-die;  bemerkenswert 
die  Ausführungen  über  die  Stellung  der  christlichen  Sklaven  bei  den  Tataren  (s.  S.  48  ff.) 

E.  G. 

353.  Uebersberger,  Hans,  Rußlands  Orientpolitik  in  den  letzten  zwei  Jahrhunderten.    Erster 

Band:   Bis  zum  Frieden  von  Jassy.     350  S.     Stuttgart  19 13. 

b)  Türkei. 

354.  Awetaranian,  P.  Joh.,  Philippopel,  Die  muhammedanischen  Weissagungen  vom  Fall 
Konstantinopels,  vom  Mahdi  und  vom  Antichrist,  nach  den  religiösen  Volksbüchern 
»Ahmedije«  und  »Mohamedije«.  Der  christliche  Orient  und  die  Muhammedaner- 
Mission  14.  Jahrg.  Heft  2,  Febr.   1913,   S.  30 — 35. 

I.  Einleitung.  2.  Die  Vorzeichen  des  jüngsten  Tages.  3.  Das  Auftreten  der  Banü 
Asfar  und  der  Fall  Konstantinopels.  Übersetzung  nach  türk.  Handschriften  der  Berliner 
Bibliothek.  M.  H. 

355.  Baldensperger,  Philip.  J.,  The  Immoveable  East,  studies  of  the  people  and  ciisioms  of 
Falestine,  with  biogr.  introduction  by  F.  Lees.  London,  Pitman  and  Sons,  191 3. 
309   S.     Bespr.  MW  III  3  315. 

356.  Bert,  Alexis,  Description  du  Desert  de  Siout  a  la  mer  Rouge  (d' apres  un  manuscrit 
de  la  Bibliotheque  royale  au  Turin).  Public  par  Jules  Coüyat.  (Comme  appendice 
ä  la   »Description  de  l'EgjqDte«.) 

357.  Biliotti,  A.  &  Ahmed  Sedad,  Legislation  ottomane  depuis  le  retablissement  de  la  Con- 
stitution (10  ]ui!h-t  1908).     T.  I  600  S.  8".     Paris  1912,  Jouve. 

358.  Le  Boulicant,  Albert,  Au  pays  des  mysteres.  PHerinage  d'un  chretien  ä  la  Mecque 
et  a  Medine.     Paris  1912,  Plom-Nourrit. 

359.  Bourdarie,  Paul,  La  legon  coloniale  des  Balkans.    I.  Les  rcformes  en  Turquie.    II.  Im. 


3  J  2  Kritische  Bibliographie. 

possibilite  des  reformes.     III.  Situation  des  Musulmans  dans  les  Etats  balkaniques. 
IV.  Les  reformes  en  Algerie.     RI  8,  Nr.  85,  281 — 308. 

360.  Brockelmann,  Carl,  Bespr.  von  Jorga,  Geschichte  des  osmanischen  Reiches  V.   LZB  64, 
16,    19.   April    1913. 

361.  Burton,  Richard,  F.,   Personal  narrative  of  a  pilgrimage  io  Al-Madinah  and  Meccah. 
2   vols.  (470,  488  S.,   12").     (Bohn's  populär  library.)    London   1913,   Bell. 

362.  De  Contenson,  L.,   En  Turquie  d' Asie.     La  queslion  syrierme.    As.  Fr.  B.   130.  annee 
Nr.   145,   164— 173- 

363.  V.  Diest,  Werdegang  der  Osmanen  I.    Asien  1913,  Nr.  S,  131 — 134. 

364.  Dwight,  Henry  Otis,  A  Muslim  Sir  Galahad.  A  prescnt-day  story  of  Islam  in  Turkey. 
London  1913,  Revell. 

365.  Fischer,  Hans,  Referat  über  die  moderne  Topographie,  Siedlimgs-  und  Verkehrsgeographie 
Palästinas,   besonders  für  die  Jahre  1910/1912  (mit  einer  Tafel).     ZDPV  36,  2. 

366.  Griessbauer,  Ludwig,  Bankdirektor,  Arabische  Wirlschafts-  und  V erkehr sproblevie. 
\VclUcrkehr  und  Weltwirtschaft  1912/13,  Nr.   12,  März  1913. 

367.  Heyck,  Ed.,  Prof.  Dr.,  Aufbau  und  Verfall  des  Os^manenreiches.  Velhagen  u.  Klasings 
Monatshefte,  XXVII.  Jahrg.,  I.   Bd.   S.  581—586. 

Eine  glänzend  geschriebene  gemeinverständliche  Darstellung  weniger  des  Aufbaus, 
als  des  \'erfalls  und  der  heutigen  äußeren   und  inneren  staatlichen  Probleme  der  Türkei. 

E.  L. 

368.  Kraelitz-Greifenhorst,  Friedr.  Dr.  von,,  Studien  zum  Armenisch-Türkischen  (46  S.) 
Wien   191 2.     A.   Holder.     SBAk.  Wien  168,   IIL 

369.  Lepsius,  Johannes,  Die  Zukunft  der  Türkei.  Der  Christliche  Orient  und  die  Muham- 
medancr-Mission.     14.  Jahrg.  Heft  3/6,  März- Juni  1913,  S.  37 — 60,  und  73 — 91. 

I .  Nikolaus  I.'  und  Lord  Seymour.  2.  Der  Rückgang  der  Türkei  (mit  Tabelle).  3.  Frhr. 
von  der  Goltz  über  die  Türkei.  4.  Die  orientalische  Frage.  5.  Die  arabische  Frage.  6.  Die 
Bevölkerung  der  asiatischen  Türkei  (mit  zwei  Tabellen).  7.  Christliche  und  muhammeda- 
nische  Bevölkerung.     8.  Die  armenische  Frage  (mit  zwei  Tabellen). 

370.  Lukach,  H.  C,  The  fringe  of  the  east.  A  journey  through  pasl  and  present  provinces 
of  Turkey.    With  many  illustrations.     Macmilian  and  Co.     London  1913. 

371.  Mattsson,  Emanuel,  TüHt  il'umr,  texte  arabe  vulgaire  transcrit  et  traduit  avec  intro- 
duction,  notes  et  commentaire,  MO  VI  fasc.  2,  p.  81  — 117  und  fasc.  3,  p.  207 — 31. 
Transkription  und   Übersetzung  eines  Dialogs    von  dem    in   Brasilien  wohnhaften 

Syrer  Sukrl  al-yOri.  Der  Dialog,  früher  erschienen  in  der  amerikanisch-arabischen 
Tageszeitung  al-Hudä  und  1904  als  selbständiges  Buch  in  Neu  York,  gibt  die  Stimmungen 
der  christlichen  Syrer  gegenüber  den  Muhammedanern,  der  türkischen  Regierung  und 
Europa   wieder.  J.   P. 

372.  Miller,  William,  The  Ottoman  Empire,  1801 — 1913.     564  S.     Cambr.  Univ.  Press. 

373.  Montet,  Ed.,  Islam  and  the  Turks. 

Inhaltsangabe  eines  am  6.  März  in  Genf  gehaltenen  V'ortrags.  Verteidigung  des 
Islams  und  der  Türkei.  H.   R. 

374.  Nikolaisen,  J.,  Balkankrigen  og  Islam.     »For  Kirke  og  Kultur«.    Kristiania,  Februar 

1913,  p.   109 — 12. 

Verf.  meint,  nach  dem  Balkankrieg  werde  die  Demokratie  die  reaktionären  Mächte 
in  der  Türkei  besiegen,  die  Freiheitsideen  würden  sich  verbreiten  und  das  Christentum 
Eingang  finden.  Im  politischen  Rückgang  des  Islam  sieht  der  \'erf.  einen  Beweis  dafür, 
daß  Gott  die  Geschichte  leitet.  J.  P. 

375.  Nord,  Erich,  Das  türkische  Strafgesetzbuch  vom  28.  Zilhidje  12/4  (9.  August  185S)  mit 
Novelle  vom  6.  Djemazi-ül-achyr  132g  (4.  April  1911)  und  den  wichtigsten  türkischen 


i 


Kritische  Bibliographie.  ^j^-j 

Strafnebengesetzen.  Deutsche  Übersetzung  nebst  Einleitung  und  Anmerkungen  von 
Erich  Nord.  (Sammlung  außerdeutscher  Strafgesetzbücher  in  deutscher  Über- 
setzung l*r.  34.)     Berlin  191 2,  J.  Guttentag.     (XIII  107  S.  8°.) 

376.  Raunkiär,  Barclay,  Beretning  om  min  Rejse  i  Centralarabien.  Foredrag,  holdt  i  det 
kgl.  danske  geogr.  SelskabsMöde  d.  aden  Dec.  1912.  Geografisk  Tidskrift  19 12,  Bd.  21, 
Heft  VIII,  p.  283—89. 

»Bericht  über  meine  Reise  in  Zentralarabien«;  in  diesem  Vortrag  schildert  der  Verf. 
seine  Route  und  die  Resultate  seiner  Reise:  die  bisherige  Auffassung  von  der  Lage  und 
Ausdehnung  der  est-  und  zentralarabischen  Sandwüsten  wird  berichtigt  und  erheblich  ver- 
ändert. Die  Lage  und  Ausdehnung  der  Stein-  und  Lehmwüsten  wird  festgestellt,  ebenso 
die  Lage  von  Brunnen  und  Oasen.  Die  Handelsbeziehungen  und  die  Wanderungen  der 
Nomaden  werden  untersucht:  den  Winter  verbringen  sie  in  den  südlichen  Wüsten,  im 
Sommer  gehen  sie  nordwärts,  um  Weide  und  Wasser  zu,  finden.  J.  P. 

377.  Raunkiär,  Barclay,  Central-  og  Östarabien.  Grundris  ved  folkelig  Universitetsunder- 
visning,  nr.  209.     Köbenhavn,  Jacob  Erslev,  1913.     16  pp. 

Die  gedruckte  Vorlage  für  eine  populäre  Vorlesungsreihe  über  die  Erforschung 
Arabiens  vom  Altertum  bis  zum  heutigen  Tag,  vor  allem  die  Expeditionen  der  neueren 
Zeit,  mit  Niebuhr  anfangend.  Auf  diesem  historischen  Hintergrund  gibt  der  Verf.  ,ein 
Bild  von  seiner  eigenen  Forschungsreie  und  deren  Resultaten.  J.   P. 

378.  Raunkiär,  Barclay,    i>Det   nafhängige   Arabien«.      »Gads   danske  Magasin«,    Februar 

1913,  p.  292 — 302. 

Der  Verf.  macht  in  diesem  Aufsatze  »Das  unabhängige  Arabien«  Mitteilungen  über 
seine  sehr  ungünstigen  Eindrücke  von  der  arabischen  Bevölkerung,  wie  er  sie  auf  seiner 
Forschungsreise  in  Zentralarabien  kennen  gelernt  hat.  Die  »humanen«  Reformen  haben 
nach  ihm  einen  demoralisierenden  Einfluß  geübt.  Am  meisten  interessiert  die  Mitteilung, 
daß  die  fruchtbaren  und  früher  gut  bebauten  Oasen  jetzt  allmählich  vernachlässigt  werden, 
weil  die  jungen  Leute  es  vorziehen,  als  Perlenfischer  nach  dem  Meer  zu  gehen.       J.  P. 

379.  Schröder,?.,  Die  rechtliche  Stellung  der  Fremden  in  der  Türkei.  Vortrag  des  General- 
konsuls a.  D.  Dr.  P.  Schröder  -  Berlin,  früher  Beirut,  gehalten  am  28.  Oktober  191 1. 
Aus  Blätter  für  vergleichende  Rechtsioissenschaft  und  Volkswirtschaftslehre,  hrsg. 
von  Dr.  Felix  Meyer.     R.  v.  Decker's  Verlag.     VII.  Jahrg.  Nr.  6,  Seite  171. 

380.  Soane,  E.  B.,  To  Mesopotamia  and  Kurdistan  in  Disguise.  With  histor.  notices  of 
thc  Kurdish  tribes  and  the  Chaldeans  of  Kurdistan.     London   19 12. 

381.  Strupp,  Karl,  Dr.,  Urkunden  zum  italienisch-türkischen  Frieden.  Zeitschr.  f.  Völker- 
recht und  Bundesstaatsrecht,  VI.   Bd.   S.  394 — 397. 

Es  werden  mitgeteilt:  der  (französische)  Text  des  Friedens  von  Lausanne  vom  18.  Ok- 
tober 19 12  —  eine  englische  Übersetzung  gibt  auch  The  American  Journal  of  International 
Law,  vol.  7  (19 13),  Supplement  pp.  58 — 62  — ,  das  italienische  Dekret  vom  17.  Oktober 
19 12  und  (in  italienischer  Übersetzung)  die  Proklamation  des  Sultans,  »agli  abitanti  della 
Tripolitania   e  della   Cirenaica«.  E.   L. 

382.  Ubicini,  A.  e  L.  Luzzatti,  La  costituzione  ottomana.    (Enthalten  in  der  »Biblioteca  di 

scienze  politiche  e  amministrative«,   Serie  II  vol.  X.     Torino  1912.) 

383.  Zwemer,  S.  AI.,  Arabia:  the  cradle  of  Islam;  studies  in  the  geography,  people  and  politics 
of  the  peninsula;  with  an  account  of  Islam  and  missionary  ivork.  New  revised  edition. 
New  York  1912.     8°.     With  illustr. 

384.  N.  N.,  Les  reformes  en  Syrie.     As.  Fr.  B.  Nr.   146,   S.  223 — 229. 

385.  N.  N,,    La  Situation  des  f,nances  turques.     As.  Fr.  B.   13.  annee  Nr.   145,  156—159. 

386.  X.,  Doctrines  et  Programmes  des  partis  politiques  ottomans.     RMM  vol.  XXII,  März 

1913- 


TAA  Kritische  Bibliographie. 

Da  bis  jetzt  über  Wesen  und  Lehren  der  politischen  Richtungen,  die  zurzeit  im 
osmanischen  Reiche  eine  Rolle  spielen,  fast  nirgends  noch  eingehender  gehandelt  worden 
ist,  so  muß  man  dem  Verf.  Dank  wissen,  daß  er  hier  eine  Übersicht  über  Programm,  Presse 
und  führende  Persönlichkeiten  der  wichtigsten  Parteien  gibt.  Am  ausführlichsten  sind 
die  Mitteilungen  über  das  Komitee  »Einigung  und  Fortschritt«;  sodann  werden  dessen 
erbitterte  Gegner:  die  »Entente  Liberale«  und  die  interessante  Neugründung  Lutfi 
Fikn's,  die  MägeJ^/dm  (seit  Dez.  1912)  besprochen;  Serif  Pascha's  »radikale  Partei« 
wird  nur  kurz  erwähnt.  Der  Artikel  ist  in  dieser  Zeit,  da  durch  die  Ermordung  Mahmud 
Sefket's  die  Aufmerksamkeit  wieder  zwingend  auf  die  schroffen  Gegensätze  innerhalb  der 
Parteien     der  neuen  Türkei  gelenkt  wird,  von  besonders  großem  Interesse.  E.  G. 

387.  X.,  Les  rapports  du  monvement  poliiique  et  du  mouvement  social  dans  l'empire  Ottoman. 

RMM  vol.  XXII,  März  19 13. 

Der  Verf.  entwirft  ein  zuweilen  allzu  pessimistisches  Bild  von  dem  speziell  türkischen 
Element  in  der  osmanischen  Bevölkerung,  das  sich,  altem  Herkommen  gemäß,  fast  nur 
in  Offizier-  und  Beamtenstellungen  findet,  so  daß  Handel  und  Industrie  durchweg  in  den 
Händen  der  Nicht-Muslime  und  Ausländer  liegen.  Mit  dem  sozialen  Tiefstand  der  türki- 
schen Gesellschaft  stehen  nach  dem  Verf.  die  neueren  politischen  Bewegungen  und  die 
Bestrebungen  der  politischen  Parteien  in  engem  Zusammenhange.  —  Bei  den  Ausfüh- 
rungen über  die  Orden  auf  S.  171  f.  merkt  man  an  verschiedenen  schiefen  Äußerungen, 
caß  der  Verf.  hier  nicht  mehr  auf  dem  ihm  vertrauten  Gebiet  weilt.  E.  G. 

c)  Persien  und  Zentralasien. 

388.  Bouvat,  L.,  La  re Organisation  de  l' adminislration  persane.  RMM  XXII,  275 — 256. 
Inhaltsangabe  des  ersten  Teils  von  M.  Demorgny's  (Jurisconsulte  fran^ais  du  mi" 
nistere  de  ITntcrieur  de  la  Perse)  großzügigen  Reformvorschlägen  für  die  persische  Regie- 
rung und  Verwaltung,  die  er  in  einer  umfangreichen  Publikation  in  Teheran  veröffent- 
licht. Inhalt:  Gouvernement  Imperial  de  Perse.  Introduction.  Les  Conseils  superieurs  ad- 
ministraiifs.  L  U Organisation  du  Ministere  de  rinlerieur.  IL  L' Organisation  de  l'admini- 
stration  provinciale.  III.  V enseignement  pratique  du  droit  administratif.  Les  examens  et 
le  personnel.    Teheran   1913.     114  p.  avec  cartes.  H.  R. 

389.  Zhr'xsitnSQn, kTi)XMT,  Et  KuUurfolks  Dödskamp.   »Ugens  Tilskuer«,  Maj  1913.  ^-'r-  I35. 
p.  24-2—44;  -^'i-.    13^  P-  251—52. 

Referiert  über  Browne,  The  Persian  Revolution  of  1905 — 09  undMoRGAN-SHusTER,  The 
Strangiing  of  Persia  und  schildert  die  Vorfälle,  welche  zu  der  jetzigen  Lage  und  der  Politik 
Rußlands  und  Englands  geführt  haben.  J-  P- 

390.  Demorgny,  G.,  Les  reformes  administratives  en  Perse.  Les  tribus  du  Pars.   RMM  XXII, 
85—150. 

Auszug  aus  Kursen,  die  Demorgny  an  der  »'Ecole  des  Sciences  politiques«  in  Teheran 
gehalten  hat.  Aufzählung  und  Charakterisierung  der  in  der  Provinz  Fars  wohnenden 
und  umherziehenden  Stämme.  An  einem  Überblick  über  die  Geschichte  der  Provinz  seit 
Ende  19 10  wird  gezeigt,  wie  wenig  es  die  Regierung  verstanden  hat,  der  großen  Schwierig- 
keiten, die  die  Verwaltung  dieses  Gebietes  bietet,  Herr  zu  werden. 

Refoirmvorschläge :  An  der  Stelle  der  Verwaltung  des  ganzen  Landes  durch  einen 
Generalgouverneur,  der  zur  Aufrechterhaltung  seiner  Macht  genötigt  ist,  die  verschiedenen 
mächtigen  Stammesgruppen  gegeneinander  auszuspielen,  hat  eine  Einteilung  der  Provinz 
inVilajets,  der  die  hauptsächlichsten  Stammesgruppen  entsprechen,  mit  gesonderter  Ver- 
waltung zu  treten.  Diese  Verwaltung  der  einzelnen  Vilajets  hat  in  den  Händen  der 
betreffenden   Ilchane  zu  liegen,  die  faktisch  doch  die  Macht  in  den  Händen  haben;  ihnen 


Kritische  Bibliographie.  -i/ic 

ist  je  ein  Gouverneur  als  RegierungSAcrtreter  zur  Seite  zu  stellen.  Aus  den  Vertretern  der 
verschiedenen  Stämme  ist  ein  »Conseil  des  tribus«  zu  bilden,  der  in  Schiras  über  gemein- 
same Angel egeijiieiten,  so  über  die  Mittel  zur  Ansiedlung  der  Nomaden,  zu  beraten  hat. 
Die  Bildung  einer  Regierungspolizei  unter  schwedischer  Leitung,  gute  Sicherung  der 
Straßen  ist  zu  befördern.  Angehängt  sind  drei  Karten  zur  Übersicht  über  die  Stämme 
und  ihre  periodischen  \Yanderungen.  H.  R. 

391.  Funke,  Max.  R.,  Dr.,  Das  Handelsstraßen-  und  projektierte  Eisenbahnsystem  in  Persien. 
\\'eltverkehr  und  Weltwirtschaft  März  191 3. 

392.  von  Hahn,  Der  persische  Kalender.     Asien  19 13,  Nr.  8,   138 — 39. 

393.  Hjuler,  A.,  The  Second  Danish  Pamir-Expedition  conducted  by  0.  Olufsen,  Lieutenant 
of  the  Danish  Army.  The  Language  spoken  in  ihe  Western  Pamir  (Shugan  and  Vakhan). 
Copenhagen,  Gyldendalske  Boghandel  (Nordisk  Forlag)  1912.     47   S.,  i  Karte. 
Eine  Grammatik  der  im  Titel  erwähnten  Sprache,  nebst  einer  kurzen  Einleitung. 

Der  östliche  Dialekt  von  Shugan  ist  von  Shaw  und  Saleman  behandelt  worden,  Hjuler 
untersucht  den  westlichen.  Bis  1895  gehörte  die  Bevölkerung  zu  Afghanistan,  jetzt  zu 
Buchara.  Schriftsprache  '  ist  Persisch,  einige  studieren  in  Faisabad.  Nach  dem  Verf.  ist 
das  Volk  wenig  von  den  umliegenden  Gebieten  beeinflußt  und  kümmert  sich  nicht  viel 
um  islamische  Pflichten  wie  salät  und  Fasten.  J.   P. 

394.  Litlmann,  E.,  Bespr.  von  Paul  Schwarz,  Iran  im  Mittelalter  nach  den  arabischen 

Geographen.     Hist.  Z.  3.  Folge  15.   Bd.   i.  Heft,  189 — 192. 

395.  Rabino,  H.  L.,  La  presse  persane  depuis  ses  origines  jiisqn'a  nos  jonrs.    RMM  XXH, 

287—315- 

Einleitung  über  die  Anfänge  der  persischen  Presse,  dann  Verzeichnis  aller  von 
1264- — 1329  H.  (1847 — 191 1)  in  persischer  Sprache  erschienenen  Zeitungen  und  Zeit- 
schriften.    Aus  dem  Persischen  übersetzt  von  Bouvat.  H.  R. 

396.  Schwarz,  Iran  im  Mittelalter  nach  den  arabischen  Geographen  III.  Quellen  und  For- 
schungen zur  Erd-  und  Kulturkunde.  Herausgeg.  unter  Mitwirkung  hervorragender 
Fachgelehrter  von  Dr.  R.   Stube.     Leipzig  1912.     290   S. 

397.  deWarzee,  Dorolhy,    Peeps   inlo  Persia.     London  1913.       Hurst  &  B.    (256   p.  8°.) 

398.  Wiedeniann,M.,  Eine  transasiatische  Bahn}     Asien   1913,  Nr.  7,    122 — 125. 

399.  N.  }i,,  La  Perse:  La  Situation  interieiire  —  L'ediicationd' Ahmed  Chah.  As.  Fr.  B.Nr.  146, 

244—245- 

d)  Indien. 

400.  Adatrechtbundel,  VL  Sumatra,     's  Gravenhage  191 3.     XVI,  454  S.  8°. 

Fortsetzung  dieser  großen  Sammlung  aller  Verordnungen  und  sonstigen  Dokumente, 
welche  sich  auf  das  sogen.  »Adatrecht«  in  Niederl. -Indien  beziehen  (d.  h.  das  einheimische 
Recht  mit  seinen  muslimischen  Bestandteilen),  herausgegeben  von  dem  »Koninklyke 
Instituut  voor  de  Taal-,  Land-  en  Volkenkunde  van  Nederl.-Indie«,  und  gesammelt  und 
bearbeitet  von  der  »Commissie  voor  het  adatrecht«  (Präsident:  C.  Snouck,  Hurgronje; 
Sekretär:  C.  van  Vollenhoven).  Inhalt  des  6.  Bandes:  Dokumente  bezüglich  Sumatra 
Atjeh,  die  Gajo-,  Alas-  und   Balak-Länder,  Minangkabau  und  Süd-Sumatra). 

Th.  W.  J. 

401.  Burgess,  J.,  The  chronology  of  Modern  India  for  400  years  froni  the  dose  of  the  lf,^h 
Century,  a.  D.   1494 — 189:].     Edinburgh  1913.     8". 

402.  Hoesein  Djajadiningrat,  Critische  beschouwing  van  de  Sadjarah  Banten.  Bijdrage 
ter  kenschetsing  van  de  Javaansche  geschiedschrijving.  Haarlem,  19 13.  XII  375  S.  8°. 
(Leidener  Doktordissert.) 

Ein  sehr  verdienstlicher  und  wichtiger  Beitrag  zur  Geschichte  von  Java.    Siehe  übet 


246  Kritische  Bibliographie. 

den  Verf.:  A.  Cabaton,  Une  hisioire  critique  du  Sultanat  d' Ach  eh  ecrite  par  im  Javanais 
(RMM  XIII,  65 — 78).  Das  i.  Kapitel  (S.  i — 72)  enthält  eine  wertvolle  Inhaltsübersicht 
der  javanischen  Chronik  von  Banten,  das  2.  Kapitel  (S.  73 — 194)  eine  sorgfältige  und 
scharfsinnige  Vergleichung  der  vielen  einheimischen  und  europäischen  Quellen  zur  Ge- 
schichte von  W.-Java  im  16.  und  17.  Jahrhundert  bis  zum  Jahre  1659  (=  Ende  der 
Chronik  von  Banten).  Im  3.  und  4.  Kapitel  (S.  195 — 311)  werden  die  in  der  Sadjarah 
Banten,  dem  Babad  Tanah  Djawi  und  vielen  anderen  javanischen  Werken  erhaltenen 
Traditionen  über  die  ältere  Geschichte  von  Java  in  der  Heidenzeit  kritisch  untersucht 
und  ihre  muslimischen  und  heidnischenBestandteilen  nachgewiesen.  8.312 — 375 :  Textstücke, 
Variae  lectiones,   Indices. 

Besprechung  von  H.   B.  in   IG   1913,   I,  802  ff.  Th.  W.  J. 

403.  Krom,  N.  J.,    Het  jaar  van  den  val  van  Majapahit  (TTLV,  LV,  252 — 258). 

Es  wird  nachgewiesen  (gegen  Rouffaer,  W anneer  is  Madjapahit  gevallen  ?  in  BTLV 
6e  Volgr.,  VI,  131  ff.),  daß  es  doch  unsicher  bleibt,  ob  das  mächtige  Hindu-Reich 
Madjapahit  (Java)  wirklich  schon  vor  dem  Jahre  1522  von  den  Muslimen  erobert 
worden  ist.  Th.  W.  J. 

404.  Monster,   Christine,    RejsebUledey      ji-a   Indien.       iNalionallidende<',   Sonntagsblatt, 
Märznummer   1912. 

Die  vor  kurzem  verstorbene  Schriftstellerin  Chr.  M.  hat  einige  Jahre  in  Nordindien 
im  Dienste  der  Mission  verbracht.  Sie  hat  vor  allem  mit  muslimischen  Frauen  verkehrt 
und  beschreibt  ihre  Eindrücke  und  Erlebnisse,  Hochzeitsgebräuche  u.  ä.  Die  gesellschaft- 
liche Stellung  der  Muhammedanerin  empört  sie,  aber  sie  bestätigt,  daß  die  indische  Frau 
selbst  mit  ihrer   Stellung  durchaus  zufrieden  ist.  J.  P. 

405.  Neerlands  Indie.    Onder  leiding  van  H.  Colyn  door  deskundigen,  met  cen  voorwoord 
van  J.   B.  VAN  Heutsz.     2  Teile.     Amsterdam  (Elsevier),   191 1  — 1912.     8°  maj. 
Handelt  über  Land   und   Volk,    Geschichte,  Kultur,  Gewerbe,  Regierung  usw.  von 

Niederl. -Indien.  Die  verschiedenen  Kapitel  sind  von  den  kompetentesten  holländischen 
Gelehrten  geschrieben.  Das  Werk  enthält  597  sehr  gute  Abbildungen.  Das  leider  nur 
kurze,  aber  ausgezeichnete  Kapitel  über  den  Islam  in  Niederl. -Indien  (23  Seiten)  ist 
von  Snouck  Hurgronje.  Th.  W.   J. 

406.  van  Ossenbruggen,   F.  D.  E.,  De  verspreide  geschriften  van  Prof.  Cr.  G.  A.  Wilken, 

verzanuid  door  Mr.  V.  D.  E.  van  Ossenbruggen.  —  G.  C.  T.  van  Dorp  &  Co.,  Sema- 

rang,  Soerabaja  en  's  Gravenhage,  1912. 

Die  sämtlichen,  wertvollen  kleinen  Schriften  des  Herrn  Prof.  Dr.  Wilken  (haupt- 
sächlich über  den  heidnischen  Glauben,  die  Sitten,  Bräuche  und  das  Recht  der  einheimi- 
schen Bevölkerung  in  Niederl. -Indien)  gesammelt  und  mit  Anmerkungen  und  ausführ- 
lichen Registern  versehen  von  Dr.  jur.  van  Ossenbruggen,  in  vier  stattlichen  Bänden. 
Eine  verdienstvolle  Arbeit !  Für  unsere  Kenntnis  der  muslimischen  Bevölkerung  in  Niederl. - 
Indien  sind  Wilken's  Schriften  geradezu  unentbehrlich,  da  der  alte  Glaube  und  das  ein- 
heimische Recht  auch  im  Islam  sich  noch  größtenteils  erhalten  haben.  —  Der  2.  Band 
enthält  u.  a.  Wilken's:   -»Matriarchat  bei  den  alten  Arabern«  (S.   i  ff.). 

Sehr  günstige  Besprechung  von  Snouck-Hurgronje:  Gids  1913,  I,  März-Lieferung. 

Th.  W.   J. 

407.  Rapson,E.  J.,  Heig.Morison,  The  Cambridge  History  of  India.  Under  the  editorship 
of  E.  J.  Rapson,  T.  W.  Ha  ig  and  Th.  Morison.  Vol.  I.  London,  gr.  8<=.  Hldrbd . 
With  maps  and  illustrations. 

I.   »Ancient  India«.     II.   »Medieval   India«.     III.   »Turks  and  Afghans«.     IV.   »The 
■  Mughal  Empire«.  V.  »The  Honourable  East  India  Company«.  VI.  »India  undsr  the  Crown«. 

408.  Rinkes,  D.  A.,  De  heiligen  van  Java  VI.  Het  graf  te  Pamlafen  en  de  Hoüandsche  heer- 
schappij.     TBGKW  LV,  i — 201.     1913. 


Kritische  Bibliographie.  -^47 

Forlsetzung  dieser  wichtigen  neuen  Beiträge  zur  Kenntnis  der  Heiligenverehrung  und 
der  mystischen  Literatur  der  Muslime  auf  Java.  Inhalt:  Das  Grab  des  Siti  Djenar  in  der 
Nähe  von  CheÄbon  und  die  in  den  Chroniken  von  Cheribon  erhaltenen  Leeenden  über  die 
Lehre,  die  Verfolgung  und  den  Tod  dieses  heiligen  Mannes;  seine  Prophezeiung  von  der 
zukünftigen  Herrschaft  der  Holländer  (die  eigentlich  teilweise  seine  Nachkommenschaft 
bilden  !);  Übereinstimmung  mit  der  arabischen  Tradition  über  al-Hallädj's  Verfolgung 
und  Tod.     Als  Beilagen:  Ausführliche  Textstücke  aus  den  javanischen   Quellen. 

Th.  W.  J. 

409.  Ronkel,  Ph.  S.  van,  Bantcnsche  genealogie  in  een  arabisch  geschrift  .  TTLV  259 — 266. 
Mitteilung  über  eine  auf  den   Schutzblättern  einer  arabischen  Handschrift  in  der 

Bibliothek   von    »Het    Bataviaasch    Genootschap«   geschriebene    Genealogie   des    Sultans 
Muhammed  Zain  al-*Abidm  von  Banten  (Java).  Th.  W.   J. 

410.  Wright,  Arnold  and  Reid,  Thomas  H.,  The  Malay  Peninsula:  a  record  of  British 
progress  in  the  middle  Fast.    London  19 12,  Unwin.    360  S. 

411.  N.  N.,  L' Agitation  miisulmane  dans  l'Inde;  ses  caitses.    As.  Fr.  B.  Nr.  146,  245  f. 

412.  N.  N.,    Sarikat  Islam.     Bataviaasch  Nieuwsblad  (Java)  Nr.  87,  17.  HI.  1913. 
Vgl.  dazu  Krit.   Bibliogr.  in    Heft  1/2,  Nr.   159. 

e)  Ostasien, 

413.  Vissiere,A.,   Etudes   Sino-Mahomitanes    (26  Serie).      RMM  vol.  XXH,    März    1913. 

Behandelt  den  Islam  in  Hang-cou :  auf  Materialien  des  Rev.  Moule  gestützte  Quellen- 
untersuchungen, speziell  über  die  muhammedanischen  Bauten  der  Stadt;  ausführliche,  durch 
Abbildungen  erläuterte  Mitteilungen  über  die  Große  Moschee.  Die  dort  befindliche  arabisch- 
persische Inschrift  (schon  19 11  von  Browne  übersetzt)  wird  von  Huart  nach  der  fast 
identischen  von  Si-ngan-fu  (s.  Tung-Pao,  Ile  Serie,  vol.  VI,  269  ff.)  erklärt;  dann  folgt 
eine  Anzahl  chinesischer  Inschriften.  —  S.  16  ff.  wichtig  für  die  Kenntnis  chinesisch- 
islamischer  Kalenderverhältnisse.  E.  G. 

f)  Ägypten. 

414.  Reports  by  his  Majesty's  agent  and  consul-general  on  thefinances,  administration, 

and  condition  of  Egypt  and  the  Sudan  in  1912.    Presented  to  both    Houses  of  Par- 
liament  by  Command  of  His  Majesty.    May  1913.    (Arabische  Ausgabe:  .-^s.  -J-ÄJ* 

(usw.    lüf      KiuM      ,.j1l>^aw.J!_»|     yLi/0      ^i      X.A^.*.ÄJi      ^.JL=^-_5       S.lobSl^j       X.xiLii 

415.  Cressary,  Comte,  L' Egypte  d'aujourd'htii,  so7i  agriculture,  son  etat  economique  et  poli- 
iiqiie,  ses  ressources  financieres,  sa  fortime  immohiliere  et  sa  dette  hypothecaire.  Paris 
1912,  M.  Riviere  &  Co. 

416.  Guest,  A.  R.,  The  Delta  in  the  Middle  Ages:  An  unpublished  Tenth  Century  Account 
of  the  Nile.     JRAS  1913,  305 — 314. 

Fortsetzung  der  historisch-geographischen  Studien  über  das  Nildelta  (vgl.  JRAS 
19 12,  941 — 980).  Eingehende  Untersuchung  über  den  Lauf  der  verschiedenen  Nilarme  im 
Anschluß  an  ein  Kapitel  aus  einer  bisher  nicht  veröffentlichten  Handschrift,  das  im  Auszuge 
im  arab.  LTrtext  und  in  Übersetzung  mitgeteilt  wird.  R.  M. 

417.  Kratschkowsky,  J.,  Aus  der  arabischen  Presse  Ägyptens.  (Ilai.  apaöCKOfl  neHaxil 
ErmiTa)  MI  Bd.   i   Nr.   3,   S.  492  ff. 

Im  Anschluß  an  die  Arbeiten  von  Washington-Serruys,  Mirante,  Hartmann 
und  Krymskij  gibt  Verf.  eine  Übersicht  über  die  Bedeutung  insbesondere  der  ägyptischen 
Presse,  der  christlichen  wie  muhammedanischen,  für  die  muslimische  Welt.  Kurze  Angabe 
der  gegenwärtig  %vichtigsten  Tageszeitungen  und  periodischen  Presse  sowie  ihrer  Redaktion. 
Besprechung  des  Inhalts  von  al-Mu^ayyad,  al-Liwä,  al-Ahräm,  al-MuqtafaJ  und  al-Hilä 
Islam.     IV.  24 


'^48  Kritische  Bibliographie. 

aus  den  ersten  drei  Monaten  des  Jahres  19 12,  nach  sachlichen  Gesichtspunkten  geordnet. 
Ägypten:  innere  Politik,  soziale  und  ökonomische  Fragen;  Schulwesen;  die  ägyptische 
Universität  und  ihr  Gegensatz  al-Azhar;  Wissenschaft  und  Literatur;  Orientalistenkongreß 
m  Athen;  neue  Bücher,  z.  B.  arabische:  Geschichte  der  mohammedanischen  Zivilisation, 
Geschichte  der  arabischen  Literatur  von  Zeidän,  ManfalutT:  Übersetzung  aus  dem  Persi- 
schen ('Omar  Hayyäm),  Türkischen  und  Werke  aus  europäischen  Sprachen;  Fragen 
religiösen  Charakters,  Interesse  für  die  christlichen  Missionen,  gegenwärtige  Lage,  Statistik 
des  I/agg,  der  Sufismus,  die  Frauenfrage.  F.  F.   S. 

418.  Martinowitsch,  N.,     Ein     Festtag    in    Tanta   (ripaBAHnK-L    BT,    TaiiTt).      MI    I 
S.  517. 

Kurze  und  sehr  anschauliche  Schilderung  auf  Grund  eigenen  Erlebnisses  der  Feste, 
die  anläßlich  der  Geburtstagsfeierlichkeit  {Maulid)  des  Sejjid  Ahmed  el  Bcdawl,  des  Be- 
gründers des  nach  ihm  benannten  Derwischordens,  in  Tanta  stattfinden.  F.  F.   S. 

419.  Nallino,  Carlo  Alfonso,  Larabo  parlato  in  Egitto,  2   ed.  Milano,  Hoepli   191 3. 

420.  Schaefer,  H.  E.,  Schech  Girbi.     Der  Sudan-Pionier  Nr.  6,  Juni  191 3,  S.  41  f. 
Kurze  Charakterisierung  eines  El-Azhar-Schechs,  der  als  Reiseprediger  mit  Regic- 

rungsunterstützung  (25  L  Gehalt  monatlich  und  freie  Fahrt  I.  Klasse)  durch  ganz  Ägypten 
hin  in  Moscheen,  auf  den  Wochenmärkten,  in  koptischen  Kirchen  seine  zündenden  An- 
sprachen hält,  von  der  Regierung  zur  Entspannung  des  Gegensatzes  zwischen  Kopten 
und  Mohammedanern  benutzt.  Verf.  meint  dazu:  »Trotz  allem  sind  solche  Männer  mit 
ihrer  Weite  und  die  Gewissen  schärfenden  Rede  erfreuliche  Erscheinungen,  die  vielleicht 
manchen   »Vorläuferdienst«  uns  Missionaren  tun  können.«  M.  H. 

421 .  Schanz,  Moritz,  Die  Baumwolle  in  Ägypten  und  im  englisch-ägyptischen  Sttdan.  Sonder- 
abdruck aus  »Beihefte  zum  Tropenpflanzer«.  Jahrg.  19 13.     Berlin  19 13. 

S.   Bespr.  in   »Deutsche  Kolonialztg.«  19 13,  Nr.  23  S.  382. 

422.  Sarkinian,  Gregoire,  Lc  Soudan  Egyptien.     lititde  de  droit  international  public.    Paris 

191 3,  Larose.     8". 

423.  Thompson,  Anna  J.  und  Franke,  Elisabet,  The  Zar  in  Egypt.   MW  IV  3,  275 — 289. 
Die  Verf.   des  ersten  Aufsätzchens  beschreibt  eine  Zarbeschwörung,  deren  Augen- 
zeuge sie  war,  die  Verf.  des  zweiten  gibt  mit  einigen  Zusätzen  den  Inhalt  von  Dr.  Kahle's 
Aufsatz  im  »Islam«  III,   S.  i  ff.  wieder.  H.   R. 

g)  Nordafrika. 

424.  Ajam,  dcputc,  Les  probUmes  algiriens.  Preface  de  J.  Caillaux,  ancien  ministre. 
Paris  19 13,  Larose.     iS"". 

425.  Alarcön  y  Santon,  M.,  Textos  ärabos  en  dialecto  vulgär  de  Carache,  publicados  con 

irauscripciün,  tradiiccion  y  glosario.     Un  volumen.     ^Madrid.      Imps.   Ibcrica    1913. 
192   S. 

426.  Alaude,  Jacques,    La   Queslion  indigene  dans  V Ajrique  du  Nord.     Grande  Revue, 

IG.  Febr.   1913,   10.  März  1913. 

427.  Amar,  E.,  L' Organisation  de  la  propriete  f andere  au  Maroc,  etudc  theorique  et  pratique 
accompagnee  du  Reglement  officiel  provisoire  siir  la  Propriete  Fonciere,  prcjacc  de 
P.   Baudin.     151    S.     Paul  Geuthner,  1913. 

428.  Ardaillon,  Lieutenant,  L'oasis  de  Djanet.     Afr.  Fr.  RC  1913,  Nr.  9,  321—337. 

429.  Bei,  A.  et  Ricard,  P.,  Le  travail  de  la  laine  a  Tlemcen.    i  pl.  231  fig.  359  pg.    1913. 

430.  Bernard,  Le  Maroc,  1913.  8°,  VIII  412  p.  avec  5  cartes.  Bibliotheque  d'histoire  con- 
tcmjioraine. 

431.  Bertholon,L.  et  Ernest  Chantre,  Recherches  anthropologiques  dans  laBerberie  Orientale 


Kritische  Bibliographie.  ^^q 

Tripolilaine,  Tunisie.  Algerie.    2  vol.  4°  (676  pp.,  385  photogr.,  5  cartes;  68  planches 

renfermant  174  portraits  ethniques).     Lyon  1913,  A.  Rey. 
432.  Bonnety^erre,  La  banque  d'  Etat  du  Maroc  et  le  probleine  mai-ocain.    8°.    LIX  396  pp. 

Arthur  Rousseau,   Paris  1913.     (Vgl.   »La   Quinzieme  Coloniale«  lo.  März  1913.) 
"^33.  Botte,   Louis,  Au  cceur  du  Maroc.    Paris  1913,  Hachettc.    61  grav.,  3  cartes,  16°. 

434.  Bretschger,  Jakob,  Die  Marokko-Konjcrenz  Algeciras  1906.  Zürich,  Leemann  &  Co., 
1913.      io(j  S. 

435.  Califano,  G.,  //  regime  dei  Beni  »Auqaf«  nella  storia  e  ncl  dirillo  delV  islain,  seguiio 
da  noie  ed  appunii  sugli  ))a,iiqal«  della  Tripolitania  e  da  uno  Schema  di  progetto  por  la 
riorganizzazione  della  amministrazione  degli  auqaf  el  giauama'  in  Libia.    Tripoli  19 13. 

436.  Ed.  L.  G.,  V Algerie  Constiiuiionelle.    France  Islamique  1913,  27.  IIL,  i.  IV.,  10.  IV. 

437.  Eguilaz,  Un  viage  por  Marruecos,  Ceuta,  Tetuän,  Tanger  y  breve  descriplion  de  la 
ciiidad  de  los  suüanes  y  algunas  curiosidades  ärabes.  Segunda  edicion;  un  vol.  en  4° 
con  grabados  de  240  p. 

438.  Fallex,  M.,  Carte  du  Maroc.  Paris  1913,  Delegrave.  i  :  i  000  000.  Neue  franz.-span. 
Abgrenzung,  geolog.'  Skizze,  Pläne  von  Tanger,  Fez  und  Marrakesch.     W.  Printz. 

439.  Falls,  J,,  Three  years  in  the  Libyan  desert:  iravels,  discoveries  and  excavations  of  ihc 

Menas  expediiion,  illustr.     368  S.     1913. 

Englische  Ausgabe  des  deutschen   Buches  von  Falls,   zu  welcher  die  Arbeit  von 
Kahle  im  folgenden  Hefte  zu  vergleichen  sein  wird. 

440.  Farina,  Giulio,  Grammatica  araba  per  la  lingiia  leüeraria  con  un'  appendice  sul  dialelio 
Iripoliuo.  (Metodo  Gaspey-Otto-Sauer.)  (VIII,  388  S.  m.  2  färb.  Karten.)  8°.  Heidel- 
berg, J.  Groos  1912.  C.  H.  B. 

441.  Perrandi,  Lieutenant,  Abeche,  capitale  du  Ouadai.   Afr.  Fr.  RC  19 13,  Nr.  10,  349 — 370. 

442.  Fischer,  Theobald,  Mitlelmeerbilder.  Gesammelte  Abhandlungen  zur  Kunde  der 
Mittelmeerländer.  2.  Aufl.  besorgt  von  Dr.  Alfred  Rühl.  2  Bde.  Leipzig  und 
Berlin,  Teubner,   19 13. 

443.  de  Fontenay,  Fr.  le  Sage,  Senusieme.    El  religiöslBroderskah  i  Nordafrika.    »Nordisk 

tidskrift«  1912,  p.  475- — 94. 

Eine  Übersicht  über  die  Entwickelung  des  Heiligenkults  und  Ordenswesens  im 
Islam  wird  auf  Grund  von  Goldziher's  Studien  gegeben,  auf  diesem  Hintergrund  das 
Leben  des  Stifters  des  Senüsiordens  geschildert  und  seine  religiöse  wie  politische  Bedeu- 
tung für  den  Islam  dargetan.  Schließlich  geht  der  Verf.  auf  die  Verbindung  des  Ordens 
mit  der  türkischen  Regierung  ein  und  auf  seine  Beteiligung  am  italienisch-türkischen 
Krieg.  Die  politische  Rolle  des  Ordens  stellt  er  jedoch  als  wenig  bedeutend  hin.  J.  P. 
444    Gonzalez,  P.  F.  R.,  Estado  social  de  los  IMahometanos  cn  Marruecos.    56  S.     19 13. 

445.  AI.  Gaudefroy-Demombynes  «Sc  L.  Mercier,  Manuel  d'arabe  marocain.  Paris  1913. 
Guilmoto. 

446.  Griffini,  Dott.   Eugenio,  Varaöo  parlato  della  Libia.  Milano,  Hoepli,   1913. 

447.  Guida,  Annuario  della  Tripolitania  e  Cirenaica.     1913.     392  S.  con  carte  geogr. 

448.  Guttieres,  E.,  Del  regime  fondiario  musulmano  inTiinisia.  (Diritto  Malechita  e  Hana- 
fita.)  Milano   1913.     8°. 

449.  Haug,  Emile,  L' exploralion  scientifique  de  la  Tunisie.  Revue  Scientifique  (Revue 
Rose)  5 IC  annee,  Nr.   12. 

450.  Hugon,  Henri,  Les  emblemes  des  Beys  de  Tunis.  Etüde  sur  les  signes  de  l' autonom ic 
Husseinitc.  .  .  avec  quaiorze  planches  hors  texte,  dont  une  en  couleurs,  et  de  nombreux 
dessins  de  l'auteur.  —  Preface  de  M.  C.  Alapetite.     Paris,  Leroux,  1913. 

451.  De  Lacharriere,  J.  Ladroit,  Les  tcrmes  marocains  usiiels.  Afr.  Fr.  RC  1913,  Nr.  10, 
376—379- 


-3  CQ  Kritische   Bibliographie. 

452.  Landrieux,    V Islam.    Les  Trompe-l ceU    de   V Islam.    La  France,  puissance   musul- 
mane.     1913.     16°.     107   S. 

453.  Michaux-Bellaire,  Ed.,    Itmeraire  de  Moulay  'Abd  el  HafiJ,  de  Marrakech  a  Fes  en 
ii)oy — igoS.     RMM  vol.  XXII.     März  19 13. 

Enthält  genauere  Mitteilungen  über  den  Zug,  den  Mülai  'Abdu'l-Hafid  nach  seiner 
Erhebung  zum  Sultan  in  der  Zeit  vom  28.  11.  1907  bis  7.  6.  190S  mit  unzuverlässigen 
Truppen,  unter  häufigen  Kämpfen  gegen  feindlich  gesinnte  Stämme,  von  Marrakesch  nach 
Fes  unternahm.  Als  Quelle  dienten  die  Angaben  eines  Sekretärs,  der  den  Herrscher  auf 
dieser  Fahrt  begleitete.  E.  G. 

454.  Milliot,  Louis,  Elude  stir  la  condition  de  la  feninte  musulmane  au  Maghreb  (Maroc, 
Algerie,  Tunisie).     These  de  Paris.     8"  330  S.     Paris  1910. 

455.  Montet,   E.,  Saintworship  in  North  Ajrica.     MW   III  3  242 — 245. 

»Die  Hauptfaktoren,  die  religiösen  Persönlichkeiten  den  Rang  von  Heiligen  ver- 
schaffen können.«  H.  K. 

456.  Moreau,  Les  terres  agricoles  de  la    Chaonia.     Afr.  Fr.  RC  1913,  Nr.  8,  310 — 314. 

457.  Navarre,  Albert,  t/n  woyage  ait  il'/aroc.  Paris  1913,  Delagrave.    32  planches,  18°. 

458.  Ostler,  Alan,  The  Arabis  in  Tripoli.     London  1912,  Murray.     326  pp.  8°. 

459.  Peroinquiere,  Leon,  LaTripolilaine  interdite:  Ghadames.      18°.     254  S.,  illustre  de 

55  gnivures  hors  texte  et  de   2  cartcs  en  noir.     Paris,  Ilachettc  1912.     Bespr.  von 
A.   B.  in  Afr.  Fr.  B.   19 13,  Nr.  2. 

460.  Plantet,  Eugene,  Mouley  Ismael,  empereur  de  Maroc,  el  la  princesse  de  Conti.    Paris 

1912,  Plon-Nourrit. 

461.  Recueil  de  Legislation  et  de  Jurisprudence  Marocaines.  Paraissant  tous  les 
deux  mois.  (Avec  la  coliabor.ition  du  Recueil  General  de  Jurisprudence,  de  Doctrine 
et  de  Legislation  Coloniales  et  Maritimes,  La  Tribüne  des  Colonies  et  des  Protcc- 
torats  public  depuis  1891  souslehaut  patronage  du  Ministere  des  Colonies.)  Uirectcur 
D.  Penant,  Paris,   33  Chaussee  d' Antin.  ireAnnee  No.  i — 6.  Sept.  1912  bisjulii9i3. 

462.  Roloff,  Max,  Frankreich  und  Italien  in  Nordafrika  und  der  Islam.  Nord  und  Süd  37, 
Juliheft    1913,  48—57- 

463.  Ruiz  Alb^niz,  Dr.,  El  Riff  (estiidio  de  itn  espaiiol  en  el  Norle  africano.    El  Riff  en  paz. 

La  guerra  del  Riff.     El  plcito  internacional).     4°    339  S. 

464.  Saint-Calbre,  Ch,,  Constantine  et  quelques  auieurs  Arabes  Conslantinois.  RA  L\'ll, 
Nr.  288.     I>^'   Trimestre  191 3. 

Behandelt  in  Vers  und  Prosa  abgefaßte  Schriften  einiger  Lokalpatriotcn  von  Kon- 
stantine über  ihre  Vaterstadt;  von  einem  derselben,  M  uhammed  es-Sädell,  wird 
auch  ein  Gedicht  zum  Preise  der  Stadt  Paris,  sowie  ein  poetisches  Beileidsschreiben  an 
'Abd  el-Qädir  mitgeteilt.  E.  G. 

465.  Savine,  Albert,  Dans  les  fers  du  Moghreb,  rccils  de  chreliens  esclaves  au  Maroc  (17*^ 
et  i8c  sieclcs).     Paris  1912,  L.  Michaud. 

466.  Schander,  Albert,  Dr.  jur.,   »Die  Eisenbahnpolilik  Frankreichs  in  Nordafrika.     XXVI 

und  594  S.     Band  12  der  »Probleme  der  Weltwirtschaft«.     Schriften  des  Instituts 
für    Seeverkehr   und   Weltwirtschaft  an   der   Universität   Kiel,   herausgegeben   von 
Professor  Dr.  Bernhard  Harms.     Verlag  Gustav  Fischer,  Jena  1913. 
S.   Besprechung  in  »Deutsche  Kolonialzeitung«  1913,  Nr.  23,  384. 

467.  Trenga,  Victor,  L'äme  Arabo-Berbere,  elude  sociologique  sur  la  societe  musulmane 
Nord- Afr icaine.     217   S.     Paris,  Gcuthner,  19 13. 

468.  Voinot,  L.  Cap.,  Odjda  et  l' Amalat  (Maroc).     Paris  19 12,  Challamel. 

469.  Westermarck,  E.,  Ceremonies  and  believes  connected  with  agriculture,  certain  dales  of 
the  solar  year,  and  the  weather  in  Morocco.     143  S.     19 13. 


Kritische  Bibliographie.  251 

470.  Yver,  G.,  Si  Hamdan  bcn  Othman  Khodja.  RA  LVII,  Nr.  288,  lerTrimestre,  19 13. 
Umfangreiche  Mitteilungen  über  Si  Hamdan,    jenen  eifrigen  und  bedeutenden 

Gegner  Frankr^hs  in  den  ersten  Zeiten  der  Besitzergreifung  von  Algier,  nebst  Veröffent- 
lichung einer  von  ihm  an  die  Mitglieder  der  »Commission  d'Afrique«  gerichteten  Denk- 
schrift. '  E.  G. 

h)  Das  übrige  Afrika  und  die  Inseln. 

471.  Friederichsen,  Max,  Prof.  Dr.,  Bespr.  von  Leo  Proben ius'  Forschungen  zur  Kullur- 
geographie  des  nördlichen  WesL-  und  Innerajrika.  Die  Naturwissenschaften  1913, 
Heft  7,  401—405. 

472.  Hartmann,  M.,  Zur  Geschichte  des  Tvesllichen  Sudan.      Wanqära.     MSOSAfr.   19 12, 

155— 161. 

Nach  einer  Zusammenstellung  der  Nachrichten  in  der  arabischen  Literatur  (Edrisi, 
Sa'di)  versucht  Verf.  die  Fragen  »i.  lebt  der  Name  Wanqära  heute  noch  in  irgendeiner 
Form?  2.  bietet  sich  eine  Erklärung  aus  den  Negersprachen?«  bejahend  zu  beantworten. 
Setzt  Wanqära  dem  heute  zu  Französisch-Dahomey  gehörenden  Wangara  gleich.  Schluß 
der  Abh.  bildet  ein  Exkurs  über  das  Staats-  und  Gesellschaftsleben,  nach  dem  bekannten 
HARTMANN'schcn  Gesellungssvstem  gegliedert.  R-  M. 

473.  Karstedt,  F.  0.,  Dr.,  Beiträge  zur  Praxis  der  EingeborcnenrechLsprcchung.  Verlag  der 
Deutsch-Ostafrikanischen  Zeitung.     Daressalam  19 13. 

\\"\Y  werden  auf  diese  sehr  wichtige  Arbeit  eingehend  zurückkommen. 

474.  Merlin,  M.,  Gouverneur  general  de  la  colonie,  La  Situation  generale  de  V  Ajrique  equa- 
loriale  jrangaise.  Discours  au  Conseil  de  gouvernement.  Afr.  Fr.  RC  19 13»  Nr.  9, 
337—346. 

475.  Mondain,  G.,  Islam  in  Madagascar.     MW  HI  3,  257 — 261. 

476.  Stigand,  C.  H,,  The  lojid  of  Zinj,  being  an  account  of  British  East  Africa,  ils  ancienl 
history  and  present  inhabitanis.  London  1913,  Constable.  364  pp.,  ill.,  S°.  Bespr. 
von  ZwEMER  MW  III  3,  312. 

477.  Tauxier,  Louis,  Le  noir  du  Soudan.  Pays  Mossi  et  Gourounsi.  Documents  et  analyses. 
Paris  19 12,  Larose. 

478.  N.  N.,  pK'anina  Bara,  AI  Najah  und  Kiongozi.  Korrespondenzblatt  für  die  evange- 
lischen Missionen  in  Deutschostafrika.  Nr.  4,  Mai  1913.  (Als  Handschrift  gedruckt.) 
Wiedergabe  einer  afrikanischen  Zeitungsfehde  aus  Anlaß  des  Balkankrieges.  Deutsche 

Übersetzung  der  Artikel  des  evangelischen  Missionsorgans  Pivani  na  Bara  (Suaheli)  vom 
Dez.  1912  »Der  Türkenkrieg«  und  vom  Febr.  1913  »Die  Zanzibarzcitung«;  der  arabischen 
Zeitung.  AI  Najah  (=  an-nagä/i)  vom  2.  Jan.  19 13  Nr.  49  »Das  Summen  der  Fliege«  und 
vom  27.  Febr.  1913  »Das  Kinder geschwätz«  und  des  Regierungsblattes  Kiongozi  vom 
Febr.  1913  »Zurechtweisung  der  Alnajah«.  Vgl.  hierzu  Heft  i,  S.  216,  Nr.  234  der  Biblio- 
graphie. M.  H. 

VII.    Islam  und  Mission. 

479.  Äurelius,  B.  0.,  Balkan  och  »det  heliga  krigei«.  »Ord  och  Bild«  1913,  Heft  2,  p.  107 
bis   117. 

Verf.  will  das  Christentum  und  den  Islam  als  absolute  Gegensätze  auffassen.  Das 
Christentum  sei  »Heilsreligion«,  dem  inneren  Leben  zugewandt,  der  Islam  dagegen  »Gesetz- 
religion«, aufs  Äußerliche  gerichtet.  Sie  können  nie  vereinigt  werden.  In  dem  Sinne  wird 
»der  heilige  Krieg«  immer  bestehen.  J.  P. 

480.  Enderlin,  Missionar,  iViVtferga«g  ^er  Törfeei.  DieEvangelischenMissionen  XIX.  Jahrg 
Heft  6,  Juni  1913,  S.  140/1. 

Übersetzung  eines  Artikels  aus  El-Manär  vom  8.  Jan.  1913.  »Die  Mohammedaner, 
die  sich  in  Unwissenheit  befinden,  wurden  durch  ihre  Regierungen  und  Landcsvcrwaltungcn 


352  Kritische  Bibliographie. 

getäuscht.«  «Besteht  nicht  in  der  Erschütterung  der  Selbsttäuschung  der  Mohammedaner 
aller  Welt  die  wahre  Bedeutung  des  Balkankrieges?«  »Es  wisse,  wer  es  bis  dahin  noch 
nicht  gewußt  hat,  daß  das  türkische  Reich  in  Europa  die  Ursache  aller  Täuschung,  aller 
unserer  Armut  und  aller  Aufstände  ist.«  »Mit  Recht  gehören  die  europäischen  Provinzen 
des  türkischen  Reiches  den  Europäern  und  nicht  den  Osmanen.«  »Unser  ganzes  Augen- 
merk müssen  wir  jetzt  richten  auf  unsere  Besitztümer  in  Asien.«  »Alle  Geldmittel,  die 
aufgebracht  werden  zur  Unterstützung  des  osmanischen  Reichs,  sollen  verwandt  werden 
zu  Festungsbauten  für  die  beiden  heiligen  Orte  Mekka  und  Medina.  Ferner  sollen  die 
beiden  Städte  Sitze  für  Kunst  und  Wissenschaft  werden  durch  Gründung  von  öffent- 
lichen Schulen.«  Diese  Neuschöpfung  soll  unter  die  Verwaltung  einer  wissenschaftlichen 
islamischen  Gesellschaft  gestellt  werden,  deren  Mitglieder  sich  aus  einer  Auswahl  der 
bedeutendsten  Mohammedaner  der  ganzen  Welt  rekrutieren.«  Die  Aufforderung  bei- 
zusteuern »für  die  beiden  Neugründungen«  ergeht  an  alle  verständigen  Muhammedancr 
unter  Arabern,  Türken,  Indern,  Persern  und  anderen.  M.  H. 

481.  Franke,  Elisabeth,  Missionslehrerin  in  Kairo,  Frauen  und  Mädchen  in  Ägypten.  Missi- 
onspädagogische Blätter  i.  Jahrg.  Nr.  3,  Mai  1913,  S.  44 — 47. 

482.  Frohnmeyer,  Missionsinspektor  Lic,  Die  gegenwärtige  Lage  der  Welt^nission  und  die 
alte  Christenheit.  Evangelisches  Missions-Magazin.  Neue  Folge.  57.  Jahrg.  4.  flefl, 
April  1913,  145—162. 

Handelt  S.  158 — 161  vom  Islam.  »In  mohammedanischen  Ländern  ist  ja  im  Grunde 
nur  indirekte  Missionsarbeit  durch   Spitäler  und  Schulen  möglich«  (S.    161).       M.  H. 

483.  Harnack,  Anna,  Bilder  aus  dem  mohammedanischen  Leben  in  Persien.  Der  Christliche 
Orient  und  die  Muhammedaner-Mission,  14.  Jahrg.  Heft  1/2,  Januar-Februar  1913, 
8—12,  35  f. 

484.  Kihato,  Lucius,  Lehrer,  Mohammedan  and  Christian  Teaching  at  Kizara  (Usambara) 
Central -Africa  Nr.  362   Jahrg.  XXXI,  Febr.   1913,  46 — 48. 

485.  Klamroth,  Missionssuperintendent,  Aus  der  Daressalanier  Gemeinde.  Berliner  Missions- 
berichte Juni  1913,  Nr.  6,  166  f. 

Ergebnis  der  ersten  vollständigen  Zählung  der  eingeborenen  Bevölkerung  der 
Stadt:  17  220  ständige  Bewohner  der  Eingeborenenstadt  und  schätzungsweise  3 — 4000 
Durchreisende. 

Von  jenen  sind:  2000  Inder,  194  Araber,  226  Sudanesen,  75  Komorcnser  und  14  500 
eingeborene  ostafrikanische  Neger.  Von  diesen  14500  sind  7100  (49  yo)  Männer,  5200 
(.^5i8  %)  Frauen,  2200  (15,2  %)  Kinder.  Von  den  7100  Männern  sind  2000  »boys«  (Diener), 
1800  Handwerker,  1400  Arbeiter,  600  »baharia«  (Bootsleute,  Boten  usw.),  573  Askari, 
50  kaufmännische  Angestellte,   125  Händler. 

Evangelische  Christen  sind  40  Männer,  20  Frauen,  24  Kinder  (ohne  Taufbewerber). 

M.  H. 

486.  Kriele,  Ed.,  Barmen,  Wie  die  arabische  Bibel  entstand.  Missionsblatt,  Barmen. 
88.   Jahrg.     März  1913,  22  f. 

487.  Lepsius,  Johannes,  Der  ^>Weg«der  muhammedanischen  Mystik.  Der  Christliche  Orient 
und  die  Muhammedaner-Mission.     14.  Jahrg.  H.  5-6,  Mai- Juni  1913,  S.  91 — 98. 
Auszüge  aus  W.  H.  T.  Gairdner's  gleichnamiger  Schrift.  M.  H. 

488.  Löbner,  M.  H.,  Arbejdets  Gang  i  Östajrika.  »Brödremenighedens  Missionsblad«, 
Christiansfeld  1913,   118 — 19. 

Bericht  \on  der  Mission  in  Tabora  unter  den  suahelisprechcndcn  Muhammedanern; 
meldet  von  Fortschritten  des   Islam  längs  der  Bahnlinie.  J.   P. 

489.  Nielsen,  Alfred,  Pra  Österland.     »Stiidcnlcrhjemmets  Jtilebog«  1912,  45—51. 

»Aus  dem  Orient.«   Eine  kurze  Charakterisierung  der  Lage  des  Missionars  in  Syrien. 

J-  I'- 


Kritische  Bibliographie.  •?  i^  -j 

490.  vanRensselaerTrowbridge,  S.,  Mohammed' sviewsofreligious  war.  MW  U^,  290 — 30s. 

Der  Titel  ist  irreführend.  Es  handelt  sich  um  die  Beschreibung  desChristenmassakres 
von  Adana  duith  einen  Augenzeugen.  Für  diese  schrecklichen  Ereignisse  wird  der  islami- 
schen DjihäcÜehrs  die  Schuld  zugeschoben,  und  auch  der  Balkankrieg  in  diesem  Sinne 
bewertet.  Der  islamischen  Kampftheorie  wird  in  der  üblichen  Weise  die  reine  christliche 
Lehre  gegenübergestellt  und  mit  einem  Missionsappell  geschlossen.  Die  Dji/iädih&orie  ist 
zweifellos  ein  dunkler  Punkt  im  Islam,  aber  sie  ist  historisch  zu  begreifen.  Die  Greuel 
von  Adana  werden  von  jedem  gebildeten  Muslim  ebenso  verurteilt  wie  von  uns;  denn  sie 
widerspricht  direkt  der  D/i/iädlehre.  Ein  fanatisierter  Pöbel  fragt  nirgends  nach  den 
Forderungen  der  Religion,  die  er  zu  verteidigen  glaubt.  In  Adana  sprachen  doch  auch 
noch  ganz  andere  Faktoren  mit  als  religiöse  Gegensätze.  Den  Balkankrieg  sollte  man- als 
christlicher  Missionar  lieber  ganz  aus  dem  Spiel  lassen;  denn  die  Christen  haben  hier  den 
Kreuzzug  erklärt  und  die  Türken  den  heiligen  Krieg,  den  einige  Fanatiker  proklamieren 
wollten,  sofort  wieder  dementiert.  C.  H.   B. 

491.  Richter,  Julius,  -4n  einer  Zeitenwende.    AMZ  .\o.  Jahrg.  i.  Heft,  Januar  1913,  3 — 10. 

Bespricht  die  neue  I-age  in  der  Türkei  und  auf  dem  Balkan.  M.  H. 

492.  Richter,  Julius,  Die  religiöse  Krise  in  der  nichtchristlichen  Welt  und  die  Mission  des 

Christentums.     AMZ  40.   Jahrg.    1913,  April-Mai,  Heft  4/5.   145 — 154  u.   193 — 2.04. 
Über  den  Islam  vgl.  besonders  152 — 154  u.  201 — 203. 

493.  Richter,  Paul,  Bilder  aus  dem  jilnj  zig  jähr  igen  Missionsdienst  eines  Missionars  in 
Syrien.  Die  Evangelischen  Missionen  XIX.  Jahrg.  Heft  2/3,  Febr. -März  1013, 
25—36,   57—67. 

494.  Rokey,  N.  L.,  Progress  of  Islam  in  Oudh.     MW  III  3,  250 — 256. 

495.  Smit,  G.,  Mohammedaansche  propagayida  en  christelijke  zending  in  onze  lost.  Bewerking 
van  G.  Simon's  Islam  und  Christentum  im  Kampf  um  die  Eroberung  der  animisti- 
schen  Heidenwelt.     Utrecht  1913,  Ruys.     8,  184  S.  gr.  8°. 

496.  Strub,  P.,  von  der  Lyoner  Missionsgesellschaft,  Die  Fortschritte  des  Islam  in  Nigeria. 

Echo  aus  Afrika,  katholische  Monatsschrift  der  St.  Petrus  Claver-Sodalität,  Salzburg 

XXV.  Jahrg.  Nr.  7,   Juli  1913,  140 — 142. 

Verf.  gründete  im  Auftrag  seines  apostolischen  Präfekten  im  Norden  Nigerias  mehrere 
Missionsstationen  und  gibt  hier  einen  kurzen,  nüchternen  Bericht  über  die  von  ihm  beobach- 
teten Verhältnisse.  »Nach  menschlicher  Voraussicht  wird  ganz  Nigeria  über  kurz  oder 
lang  muselmännisch  sein.«  »Es  braucht  Jahre  und  Jahre,  um  aus  einem  Neger  einen 
rechten  Christen  zu  machen.«  »Die  Jünger  Mohammeds  brauchen  weniger  Zeit  und  ge- 
ringere Mühe.«  M.  H. 

497.  Witte,  Missionsinspektor  Lic,  Islam  und  Islam-Mission.  Zeitschrift  für  Missions- 
kunde und  Religionswissenschaft  28.   Jahrg.  Heft  5/6,  129 — 147,  161 — 175. 

Verf.  gibt  einleitend  eine  gedrängte  Übersicht  über  die  heutige  Entfaltung  des  Islam, 
z.  T.  mit  Angaben  aus  seiner  Entwicklungsgeschichte,  so  besonders  für  China  und  Japan, 
und  nimmt  dann  im  einzelnen  Stellung  zu  den  Schriften  von  Martin  Hart  mann,  Fünf 
Vorträge  über  den  Islam  und  Islam,  Mission,  Politik  sowie  von  Julius  Richter,  Mission 
■U7jd  Evangelisation  im  Orient.  Der  zweite  Teil  behandelt  die  Frage  der  missionarischen 
Auseinandersetzung  mit  dem  Islam.  Hier  vor  allem  übt  er  als  Vertreter  der  »liberalen« 
Theologie  an  den  Ausführungen  Richter's  Kiitik  und  pflichtet  in  vielem  Hartmann 
bei,  auch  unter  Berufung  auf  die  Beschlüsse  der  Edinburger  Missionskonferenz.  Flem- 
mungen  wahrer  Religiosität  findet  er  im  Islam  in  der  »Idee  der  Theokratie«,  dem  »niedern 
sittlichen  Ideal«  und  dem  »kraß-sinnlichen  Endziel«.  Demgegenüber  hält  er  die  »Bot- 
schaft von  der  Liebe  Gottes«  und  deren  Betätigung  ohne  Dogmenzwang  für  allein  religiös 
wirksam  und  wertvoll.  M.  IL 


^c^  Kritische  Bibliographie. 

498.  Woodward,  Herbert  W.,  Islmn  in  Korogioe  Archdeaconry.    Central-Africa,  a  monthly 
rccord  of  the  work  of  Üie  Universities'  mission  April  1913,  Nr.  364,  105 — 108. 
Statistische  Ergebnisse  einer   bei   den  Missionslehrern  der  Universitätenmission  in 

Deutsch-Ostafrika  im   Bezirk  von  Korogwe  und  Umgegend  (Usambara,  Zigualand)  mit 
Hilfe  von  Fragebogen  veranstalteten  Umfrage;  bearbeitet  von  Padre  Hellier.         M.  H. 

499.  Würz,  Friedrich,  Missionsinspektor  a.  D.,  Dringende  Aufgaben  der  Mohammedaner- 

Mission.     Evangelisches  Missions-Magazin.     Neue  Folge.     57.   Jahrg.  7.  Heft,  Juli 

1913,  289—297. 

Nach  einem  Referat  bei  der  XHl.  Kontinentalen  Missionskonferenz  in  Bremen: 
I.  die  Lage,  2.  die  Aufgabe.  Hervorzuheben  ist  das  stetig  wachsende  Interesse,  das  von 
den  MissionsgeseUschaften  der  besseren  Vorbereitung  und  Ausbildung  der  aus  akademi- 
schen Kreisen  zu  gewinnenden,  zukünftigen  Mohammedanermissionare  für  ihren  speziellen 
Beruf  entgegengebracht  wird.  In  diesem  Zusammenhange  wird  die  Hilfe  dankbar  an- 
erkannt, die  die  jung  aufgeblühte  Islamwissenschaft  in  ihren  zahlreichen,  der  Erforschung 
auch  besonders  des  lebenden  Islam  dienenden  Fachzeitschriften  der  Mission  bietet. 

M.  H. 

500.  Zwemer,  S.  M.,    Kairo,  Eine  Kairener  Tageszeitung.    Evangelisches  Missionsmagazin. 

Neue  Folge.     57.  Jahrg.  3.  Heft,  März  1913,   121— 123. 

Inlialtsskizze  einer  Nummer  des  Nationalistcnorgans  Es-Sa'b  vom  6.  Januar  19 13 
=  28.  Moharram  1331. 

501.  Zwemer,  Samuel  M.,  Kairo,  Mekka,  Konslantinopel,  Kairo;  die  drei  strategischen 
Mittelpunkte  der  mohammedanischen  Welt,  und  das  Christentum.  Missionsblatt, Barmen. 
88.  Jahrg.  Mai  19 13,  36—40. 

Nach  »Missionary  Review  of  the  world«,  Jan.   1913. 

502.  N.  N.,  Die  Islamgefahr  in  Deiitsch-Ostafrika.   Hamburger  Nachrichten,  Dienstag,  8.  Ok- 

tober 191 2,  Morgenausgabe  Nr.  472. 

Eine  Korrespondenz  aus  Deutsch-Ostafrika,  die  das  schwierige  Thema  mit  ungewöhn- 
licher Objektivität  anfaßt.  Die  Mission  ist  zu  befördern,  um  ein  Bollwerk  gegen  den  Islam 
zu  errichten.  Hauptsache  ist  aber  Verbreitung  europäischer  Bildung  durch  die  neutralen 
Rcgierungsschulen.  Die  Opposition  der  Mission  gegen  die  reHgionslose  Regierungsschulc, 
die  angeblich  nur  dem  Islam  dient,  wird  mit  vortrefflichen  Gründen  als  kurzsichtig  charak- 
terisiert.    Im  übrigen  ist  der  Verf.  durchaus  missionsfreundlich.  C.  H.  B. 

503.  N.  N.,  Bctragtninger  i  Anledning  af  et  stört  historisk  Vendepunkt.  »Brödremenighedcns 
Missionsblad«.     Christiansfeld  1913,   114 — 18. 

»Betrachtungen  anläßlich  eines  großen  historischen  Wendepunkts«  fragt,  ob  der 
Islam,  wenn  seine  Weltmacht  gebrochen  wird,  ein  Gottesreich  geistiger  Art  errichten 
kann.  Der  Verf.  läßt  die  Frage  ohne  Antwort,  aber  spricht  die  Hoffnung  aus,  daß  die 
So    Jahre  alte  evangelische  Mission  neue  Fortschritte  machen  werde.  J.  P. 

504.  N.  N.,  Die  mohammedanische  Universität  El-Azhar  in  Kairo.  Missionsblatt,  Barmen. 
88.  Jahrg.  Januar  1913,  6  f. 

Von  einem  übergetretenen  Mohammedaner  (nach  The  Miss.  Rev.  Okt.   19 12). 

M,  H. 

IX.  Verwandte  Gebiete. 

505.  Banse,  Ewald,  Die  Isochronenkarte  des  Orients.  Mitteilgn.  K.  K.  Geogr.  Ges.  in  Wien 

1912,  Heft   3,   S.  127 — 145  mit  2  Karten. 

506.  Jorga,  N.,  I.  Les  hases  necessaires  d'iine  nouvelle  histoire  dunioyen  dge.  II.  La  siir- 
vivancc  byzantine  dans  les  pays  toumains.    Deux  Communications  faites,  le  7  et  8  avril 

1913,  au  troisieme  congres  international  d'ötudes  historiques,  ä  Londres.     Bucarest 
1913- 


15'/ 


Die  Aulad-'Ali-Beduinen  der  Libyschen  Wüste. 

Von 

Paul  Kahle. 

Martin  Hartmann's  Buch  »Lieder  der  Libyschen  Wüste «i)  zeich- 
net sich  in  dem,  was  es  bietet,  im  allgemeinen  durch  große  Zuver- 
lässigkeit und  Exaktheit  der  Angaben  aus  und  enthält  eine  Fülle 
von  wertvollem  Material  und  wichtigen  Beobachtungen.  Als  ganzes 
genommen,  macht  das  Buch  einen  etwas  unfertigen  Eindruck,  sowohl 
wegen  der  großen  Lücken,  die  die  Erklärung  der  Lieder  noch  auf- 
weist —  sie  könnten  bei  erneuter  Durchnahme  der  Lieder  an  Ort  und 
Stelle  fast  alle  beseitigt  werden  —  als  auch  weil  die  eigentliche  Ver- 
arbeitung des  Materials,  das  hier  aufgehäuft  liegt,  fehlt.  Diese  Ver- 
arbeitung ist  seinerzeit  begonnen,  aber  mit  Recht  nicht  zu  Ende  ge- 
führt worden  2) :  Vor  einer  erneuten  Nachprüfung  der  Lieder  w^ären 
die  Resultate  nur  zu  oft  zweifelhaft.  Und  Hartmann's  Ausführungen 
über  die  Beduinenstämme  Unteregyptens  geben  —  nach  seinem  eignen 
Urteil  3)  —  noch  kein  genügendes  Bild. 

So  konnte  man  mit  mancherlei  Erwartungen  die  neusten  Ver- 
öffentlichungen über  die  Libysche  Wüste  zur  Hand  nehmen,  die  wir 
J.  C.  E.  Falls  verdanken.  Er  hat  3  Jahre  lang  —  den  größten  Teil  der 
Zeit  als  Mitglied  der  von  C.  M.  Kaufmann  unternommenen  Expedition 
zur  Ausgrabung  des  Menasheiligtums  —  unter  den  Beduinen  der 
Libyschen  Wüste  gelebt  und  teilweise  unter  Verhältnissen  gearbeitet, 
wie  sie  sich  so.  günstig  wohl  schwerlich  wieder  bald  jemand  bieten  wer- 
den. Als  Ertrag  dieses  Auf  enthaltes  erschien  1908  in  Kairo  sein  Buch 
»Beduinenlieder  der  Libyschen  Wüste«  4),  als  Band  IV  der  wissen- 
schaftlichen   Berichte    der    KAUFMANN'schen    Expedition  5),    und    im 


')  Leipzigi899  =  Abh.  f.  d.  Kunde  des  Morgenlandes XI  3,   zitiert   als  »Hartmann«. 
-)  Vgl.  die  Vorrede. 

3)  S.    230. 

4)  Verlag  von  F.  Diemer,  Finck  &  Baylaendei",  Succ.  —  Zitiert  als  »Bed.  Lieder«. 

5)  Auf  dem  Titel  des  Buches  steht  das  nicht,  es  geht  aber  aus  dem  Vorwort  des  zweiten 
Buches  S.  XI  hervor.     Das  Buch  war  Anfang  191 1  bereits  vergriffen. 

Islam.    IV.  .25 


-jrg  PaulKahle, 

Jahre  1911  folgte,  sich  an  einen  größeren  Kreis  wendend,  sein  Buch: 
»Drei  Jahre  in  der  Libyschen  Wüste.  Reisen,  Entdeckungen  und  Aus- 
grabungen der  Frankfurter  Mcnasexpedition  (Kaufmann' sehe  Ex- 
pedition) von  J.  C.  Ewald  Falls.     Freiburg  i.   Br.  «i). 

Leider  bereiteten  beide  Bücher  eine  große  Enttäuschung.  Der 
vollkommene  Mangel  an  wissenschaftlicher  Schulung  bewirkte,  daß 
trotz  alles  darauf  verwendeten  Eifers  der  eigentliche  Ertrag  dieser 
Bücher  ganz  gering  ist.  Das  gilt  ganz  besonders  von  Falls'  erstem 
Buche:  Der  arabische  Text  der  Lieder  ist  durch  Druckfehler  ganz 
arg  entstellt,  so  daß  er  so,  wie  er  dasteht,  kaum  zu  verstehen  ist.  Die 
deutsche  Übersetzung  kann  man  eigentlich  nur  als  Phantasie  be- 
zeichnen. Und  wo  er  den  Versuch  macht,  arabische  Worte  zu  tran- 
skribieren —  bei  Eigennamen  und  auch  bei  Proben  von  Liedern  =)  — 
da  zeigt  sich,  daß  er  ganz  unfähig  ist,  die  arabischen  Laute  richtig 
zu  hören. 

Ich  hatte  lange  den  Wunsch  ein  paar  von  diesen  Liedern  mit 
einem  Auläd-*Ali- Beduinen  durchsprechen  zu  können,  kam  aber  bei 
meinem  letzten  Aufenthalt  in  Egypten  (1910)  nicht  dazu.  So  be- 
nutzte ich  eine  Gelegenheit,  die  sich  mir  im  Sommer  191 2  in  Ham- 
burg 3)  dazu  bot.  Unter  etwa  90  Egyptern,  die  zu  Schaustellungen 
für  Hagenbeck's  Tierpark  in  Stellingen  bei  Hamburg  verpflichtet  waren, 
befand  sich  eine  ganze  Anzahl  von  Auläd-*Ali-Beduinen.  Unter  ihnen 
war  der  Schgch  Muhammed  Huez  UojJ>)  für  meine  Zwecke' besonders 
c^eeienet.  Er  gehört  einer  der  besten  Familien  der  Auläd-*Ali-l-Ahmar 
an,  sein  Bruderssohn  ist  *Omdc  derselben.  Man  hatte  ihn  gebeten 
mitzugehen,  in  der  Hoffnung,  daß  er  —  als  Autorität  für  seine  Lands- 
leute —  diese  leicht  regieren  könnte.  Ihm  fehlte  aber  die  Rücksichts- 
losigkeit und  Energie,  die  dazu  in  Hamburg  gehört  hätte,  wo  die 
Gesetze  der  Wüste  nicht  galten.  So  hat  er  den  Erwartungen,  die 
man  dort  auf  ihn  setzte,  wohl   nicht  ganz  entsprochen  —  er  paßte 


1)  Zitiert  als  »Drei  Jahre«.  Vgl.  über  das  Buch  meine  Anzeige  dieses  Buches  in 
DLZ   191 1  Nr.  48. 

2)  Vgl.   »Drei  Jahre«  S.  367  ff. 

3)  Ich  möchte  bei  dieser  Gelegenheit  Herrn  Professor  C.  H.  Becker  in  Hamburg  meinen 
herzlichen  Dank  aussprechen  für  alles  mir  bewiesene  Interesse  und  die  mannigfache  Hilfe, 
die  er  mir  während  meines  Hamburger  Aufenthalts  zuteil  werden  ließ.  Herrn  Dr.  Graefe 
danke  ich  für  verschiedene  Auskünfte,  die  er  mir  sandte,  und  dem  Lektor  für  egyptisches 
Arabisch  beim  Hamburger  Seminar,  R.  R.  Zaid  Efendi,  dafür,  daß  er  mir  in  freundlicher 
Weise  seine  Zeit  und  sein  Wissen  zur  Verfügung  stellte  und  in  Stellingen  durch  seine 
persönliche  Kenntnis  der  Araber  und  seinen  Einfluß  bei  ihnen  meine  Arbeiten  dort  wesent- 
lich erleichterte. 


Die  Auläd-'Ali-Beduinen  der  Libyschen  Wüste.  -3 '7 

seinem  ganzen  Wesen  nach  nicht  zu  einer  derartigen  Ausstellung. 
Ich  denke  gern  an  die  Stunden  zurück,  an  denen  ich  mit  ihm  zu- 
sammen arbeitete  —  unter  oft  recht  schwierigen  Verhältnissen,  viel- 
fach gestört  durch  die  regelmäßigen  Vorführungen,  die  Musik,  mancher- 
lei Neugierige  • — •  und  freute  mich,  in  ihm  einen  wirklich  vornehmen 
Beduinen  zu  finden. 

Es  ist  ganz  erklärlich,  daß  er  von  Liedern,  wie  sie  Falj.s  und 
Hartmann  veröffentlicht  haben,  nicht  viel  hielt.  Das  sei  etwas  für 
junge  Leute  oder  für  Frauen  ^),  meinte  er,  und  er  konnte  nicht  recht 
begreifen,  wie  man  viel  Mühe  auf  solche  Lieder  verwenden  könne. 
Mein  Versuch,  von  ihm  andere  Lieder  oder  vielleicht  Erzählungen 
im  Dialekt  seines  Stammes  zu  erhalten,  war  aussichtslos.  Aber  er 
war  gern  bereit,  mir  diese  Lieder  zu  erklären  und  mir  Auskünfte 
über  die  Stammesverhältnisse  der  Auläd  *Ali  zu  geben.  Er  war  im 
allgemeinen  recht  gut  informiert,  und  meinen  nun  folgenden  Aus- 
führungen liegen  die  Verhandlungen  mit  ihm  zugrunde. 

Ich  werde  im  folgenden  zunächst  Hu5z's  Angaben  über  seinen 
Stamm  mitteilen  und  sie  für  unsere  Kenntnis  der  Beduinen  der  Liby- 
schen Wüste  verwerten  und  sodann  zwei  von  den  von  Falls  ver- 
öffentlichten Liedern  mitteilen,  in  Transskription  nach  dem  Diktate 
von  Huez,  mit  Übersetzung  und  den  notwendigen  Bemerkungen. 

I.    Die    Stamm  Verhältnisse    der    Auläd   'Ali. 

Die  Kenntnis  des  Schech  Huez  über  seinen  Stamm  erstreckt  sich 
bis  auf  den  Vorfahren  'Agar  (Iä^),  der  vor  ungefähr  200  Jahren 
gelebt  haben  soll.  'z\gär  war  verheiratet  mit  einer  gewissen  Sa'de 
(»Jot*«),  und  nach  ihr  heißen  seine  Nachkommen  Se'ädi  (j^ol**«). 
Den  Se'ädi  gegenüber  stehen  die  Mrabtin-),  die  von  dem  Bruder  des 
*Agär  3)  abstammen.  Der  war  ein  ordentlicher  Mann,  fragte  mehr 
nach  Allah  und  hielt  sich  von  Raub-  und  Kriegszügen  fern.  Sa*dc 
aber  war  mutig  und  kriegerisch  veranlagt,  sie  war  »swaije  maznünc«, 
und  so  wurden  ihre  Söhne  stark  und  kriegerisch.  Bis  auf  den  heutigen 
Tag  sind  die  Eigenschaften  der  Vorfahren  in  den  Nachkommen  zu 
erkennen. 

V 

'Agar  hatte  von  seiner  Frau  Sa'dc  vier  Söhne:  'Ali,  Zibrin,  Harb, 
Dris.     Von  ihnen  stammen  ab:  von  'Ali  die  Auläd  'Ali,  von  Zibrin 


')  Ähnliche  Urteile  bei  Hartmann  S.  70. 

^)  d.  i.    --lV^.'^  -•*,    also    eigentlich  mräbtin.     Huez  sprach  das  a  deutlich  offen  und 
kurz,  deshalb  schreibe  ich  im  folgenden  stets  Mrabtin. 
3)  Seinen  Namen  kannte  Huez  nicht. 

25* 


358  Paul  Kahle, 

die    Zbarna,    von    yarb    die    Heräbi    und    die    Brahsa    (äjcic\^!)  ^] 
von  Dris   die  Drise    (iC^o^jJ!)   und   die  Häse^    Die  Nachkommen  des 
Flarb    und   Drls  wohnen  am  Zebel  al-Ahdar,   die  andern   in  andern 
Gegenden  der   Berga   (XJJj),   wo  es  aber  auch  noch  die  *AwägIr  gibt, 
die  ebenfalls  auf  *Agär  zurückgehen. 

Die  Auläd  *Ali,  die  sich  in  die  vier  Stämme  *Ali-l-Abjad,  *Ali-l- 
Ahmar,  Sinene  und  Auläd  Harüf  teilen,  zogen  um  das  Jahr  IlooH. 
aus  der  Berga  in  Tripolis  nach  der  'Agabe  (x*Jic)  auf  der  Grenze 
von  Egypten  und  Tripolis.  Ihr  gemeinsamer  Schech  war  damals 
Abu  Hindi  von  den  Auläd  Harüf.  Im  Jahre  1202  H.  zogen  alle  dem 
Niltale  zu.  Die  Hauptstämme,  die  sie  dort  vorfanden,  die  Henädi, 
Beni  *Aune,  Zme'ät,  Nzime,  wurden  besiegt;  die  Henädi  und  Nztme 
wurden  vertrieben  —  erstere  wohnen  jetzt  hauptsächlich  in  Muderijet 

ergije,  letztere  in  Muderijet  Zize.  Die  Beni  *Aune  und  die  Zmg'ät 
schlössen  sich  den  Auläd  'Ali  an  und  blieben  unter  ihnen  wohnen 
in  Muderijet  cl-Bhera. 

Im  Jahre  1220 -)  wurde  IJamed  el-Mcgrähi  3)  (  r>jLjl)  *Omde  4) 
der  Auläd  *Ali.      Er  schloß  ein   Bündnis  mit  Muhammed  *Ali   Bäsä, 

sie  waren  wie  Brüder,  erschlugen  die  Mamluken  (JtJI),  die  die 
Herren  von  Egypten  waren,  und  Muh.  'Ali  wurde  Wäli  von  Egypten, 
Hamed  cl-Megrdhi  aber  blieb  *Omde  der  Auläd  *Ali  bis  zu  seinem 
Tode  im  Jahre  1234.  Sein  Sohn  Matrüd  el-Megrähi  folgte  ihm,  bis 
zum  Jahre  1250.  Dessen  Bruder  'Abdallah  el-Megrähi  folgte,  er  starb 
1259.  Sein  Nachfolger  wurde  'Ilewa  (sj^Jic),  der  aber  noch  in  dem- 
selben Jahre  starb.     Dann  wurde  Hairallah  ed-Dizn  *Omdc. 

Damals  war  'Abbäs  BääaWäli  von  Egypten;  der  liebte  die  Beduinen 

V 

von  Oberegypten  (jyjucJt  ,-,lj^)  und  veranlaßte  die  Zawäzi,  Fawä- 
jid,    Firzän,    Heräbi  5)    und    wer   ihnen   folgte,    über    die   Auläd    *Ali 

')  Über  diese  Bruderstämme  und  ihre  Fehden  berichtet  Hartmann  S.  54  ff.,  225, 
227. 

*)  Vgl.  zu  dem  Folgenden  die  nicht  ganz  deutlichen  Angaben,  die  man  Hartm.\nn 
über  die  Großscheche  der  Auläd  *Ali  machte,  S.  224. 

3)  Diese  Betonung  ist  charakteristisch  egyptisch. 

4)  Für  Huez  war  'Omde  durchaus  der  oberste,  von  der  Regierung  anerkannte  Schech 
des  Stammes.  Der  'Omde  steht  über  den  Schechs  der  einzelnen  Unterstämme.  Wenn 
Hartmann  über  einen  Mann,  der  ihm  allerlei  vorgeschwindelt -hatte,  später  erfuhr,  »er 
sei  auch  nicht  sech,  nicht  einmal  'omde«  (S.  23),  so  scheint  mir  die  in  diesen  Worten 
liegende  Abstufung  nicht  richtig  zu  sein. 

5)  Auch  von  den  Heräbi  und  Brä'sa  sind  Teile  nach  Eg\-pten  gezogen.  Im  Faijüm 
sind  Angehörige  von  ihnen  vorhanden,  vgl.  z.  B.  die  von  Fircks  (Ägypten  1894)  I  134 

■  abgedruckte  Statistik,  Hartmann  S.  225,  227  und  Schwally,  Beiträge  zur  Kenntnis 
des  Lebens  der  mohammedanischen  Städter,  Fellachen  und  Beduinen  im  heutigen  Ägypten 
(Sitzungsberichte  der  Heidelberger  Akad.  d.  Wiss.  1912,  17.  Abb.).   Heidelberg  1912.   S.  38. 


Die  Aulad-'Ali-Beduinen  der  Libyschen  Wüste.  ^cq 

herzufallen.  Sie  wurden  aber  bei  Abu  'z-ZeräzTr  von  den  Auläd'Ali 
unter  Führyng  von  Ma*imüd  Abu-smä'Tn  geschlagen.  Die  Auläd  *Ali 
setzten  darauf  ihren  *Omde  Hairallah  ed-Dizn  ^)  ab  und  machten 
Mahmud  Abu-smä*Tn  zum  *Omde  (1269). 

Sa*id  Bäsa  wollte  von  den  Beduinen  Oberegyptens  nichts  wissen 
und  ließ  90  000  (so!)  Auläd*Ali  gegen  sie  ausziehen  2).     Die  Auläd^Ali 

schlugen   sie  tüchtig  aufs   Haupt   und   machten  viele  Gefangene.   

1285  folgte,  nach  dem  Tode  des  Mahmud  Abu-smä'ln,  dessen  Sohn 
*Ulwäni  Mahmud  3)  als  *Omde,  und  als  der  im  Jahre  131 5  starb,  wurden 
an  seiner  Statt  sieben  Schechs  der  Auläd  *Ali  zu  *Omad  gemacht4). 

Diese  Angaben  des  Huez  sind  in  verschiedener  Hinsicht  bemerkens- 
wert. In  den  ersten  Ausführungen  haben  wir  typische  Stammessage. 
Die  näheren  oder  ferneren  Beziehungen  der  Stämme  zu  einander  werden 
durch  die  Verwandtschaften  der  Ahnherren  der  einzelnen  Stämme, 
die  ihnen  den  Namen  gegeben  haben,  erklärt,  und  in  sinniger  Weise 
wird  die  mehr  kriegerische  Veranlagung  der  Se*ädi-Stämme  ebenso 
wie  die  mehr  ruhige,  besinnliche  Art  der  Mrabtin- Stämme  auf  die 
entsprechende  Veranlagung  des  Ahnherrn,  oder  auch  —  sehr  beachtens- 
wert —  der  Ahnfrau,  zurückgeführt.  Es  ist  eine  schöne  Parallele  zu 
den  Stammessagen  der  Genesis  !  Historisch  wichtig  sind  derartige 
Sagen  insofern,  als  sie  uns  einen  sichern  Anhaltspunkt  über  die  Zu- 
sammengehörigkeit der  verschiedenen  Stämme,  die  Haupt-  und  Neben- 
stämme usw.  geben.  Interessant  ist  dabei  die  merkwürdige  Vorstellung 
von  Zeitepochen.  Vor  »200  Jahren«  habe  *Agär  gelebt,  so  meint  Huez 
und  setzt  sich  mit  sich  selbst  in  offenbaren  Widerspruch,  wenn  er 
gleich  danach  berichtet,  wie  die  bereits  in  Unterstämme  geteilten 
Auläd-'Ali  iioo  aus  der  Berga  auswandern.  »200  Jahre«  sind  eben 
nicht  wörtlich  zu  nehmen.  Es  ist  ihm  eine  Angabe  für  eine  sehr  lange, 
nicht  näher  bestimmte  Zeit;  ähnlich  verhält  es  sich  mit  den  andern 
ungefähren  Zahlenangaben. 

I)  Er  wird  identisch  sein  mit  dem  1277  im  Alter  von  58  Jahren  gestorbenen  Dichter 
und  Schech  gleichen  Namens,  von  dem  Hartmann  berichtet  wurde,  vgl.  Hartmann 
S.  287,  und  der  andere  Chairalla  Dign,  den  Hartmann  in  Damanhür  sah  (vgl.  S.  29),  wird 
ein  Nachkomme  von  ihm  sein.  So  würde  sich  jedenfalls  der  von  ihm  erhobene  Anspruch 
auf  die  Würde  des  Großschechs  der  Auläd  'Ali  (d.  h.  'Omde)  erklären. 

=)  Vgl.  Hartmann  S.  224.  Was  Falls  in  der  Vorbemerkung  zu  der  Übersetzung 
des  44.  Gedichtes  über  Said  Paschas  Verhalten  zu  den  Auläd  'Ali  berichtet  (Bed.  Lieder 
S.  93).  stimmt  zu  diesen  Ausführungen  Huez's  nicht.  Falls  wird  wohl  einige  Angaben 
verwechselt  haben. 

3)  Vgl.  Hartmann  S.  219. 

4)  Offenbar  war  der  Regierung  die  Konzentrierung  der  Macht  in  einer  Hand  un- 
bequem geworden. 


360  Paul  Kahle, 

Die  eigentlichen  historischen  Erinnerungen  beginnen  mit  der  Aus- 
wanderung der  Auläd  *Ali  aus  der  Berka  um  ^^das  Jahr  iioo  (1688/9). 
Das  ist  eine  sehr  wichtige  Nachricht.  Sie  zeigt  uns,  daß  die  Auläd  'Ali, 
heute  der  weitaus  wichtigste  Beduinenstamm  des  nordwestlichen 
Egyptens,  überhaupt  erst  seit  verhältnismäßig  kurzer  Zeit  zu  den 
Beduinen  Egyptens  gehören.  Sie  sind  aus  dem  Gebiete  von  Tripolis 
eingewandert.  Und  diese  Überlieferung  wird  durch  eine  Notiz  bei 
Pacho  in  sehr  dankenswerter  Weise  bestätigt.  Pacho  wurde  1823 
in  der  Pentapolis  von  seinem  dem  Stamme  der  yeräbi  angehörigen 
Führer  auf  Stammesmarken  der  Auläd  *Ali  aufmerksam  gemacht,  die 
dort  auf  alten  Denkmälern,  glatten  Felsen  usw.  angebracht  waren; 
der  Führer  bemerkt  dazu:  Allah  inallou  el-nicham  de;  hamdou-lilläh 
el  Aouldd  Aly  khallou  belednah,  »Maudite  soit  cette  marque  !  gräces 
ä  Dieu,  les  Aouläd-Aly  ont  quitte  notre  pays«  ^). 

Diese  Nachricht  ergänzt  die  Angabc  des  Huez  in  guter  Weise. 
Wir  können  annehmen,  daß  die  Auläd  'Ali  einst,  vor  »200  Jahren« 
und  mehr,  zusammen  mit  den  ihnen  verwandten  Heräbi  in  der  Berka 
wohnten.  Vielleicht  waren  es  Streitigkeiten  mit  ihren  bisherigen  Nach- 
barn —  das  Weideland  mag  für  die  stark  angewachsenen  Stämme 
nicht  ausgereicht  haben  — ,  die  die  Auläd  *Ali  zum  Zuge  nach  Osten 
veranlaßten.  Sie  scheinen  bei  der  großen  *Akabe  eine  Station  gemacht 
und  erst  von  da  aus  dann  weiter  den  Zug  zum  Niltale  unternommen 
zu  haben.  Pacho  fand  sie  bereits  in  dem  ganzen  heute  von  ihnen 
eingenommenen  Gebiet  bis  nach  Alexandria  zu  vor.  In  der  Ebene 
von  »Za'ra«  (bei  Sollum)  fand  er  die  am  weitesten  westlich  wohnen- 
den Auläd  'Ali.  In  der  Zeit  der  schwachen  türkischen  Herrschaft 
über  Egypten  scheinen  sie  dem  Kulturlande  von  Egypten  viel  zu 
schaffen  gemacht  zu  haben.  Daß  Muhammed  'Ali  sich  zur  Begründung 
seiner  Herrschaft  auch  mit  der  Auläd  'Ali  bedient  habe,  ist  wohl  mög- 
lich. Später  lag  ihm  daran,  seiner  Regierung  einen  maßgebenden 
Einfluß  auf  diese  unruhigen  Nachbarn  zu  sichern,  und  zu  dem  Zwecke 
siedelte  er  die  wichtigsten  Stammeshäupter  der  Auläd  'Ali  in  den 
Städten  und  Dörfern  des  Deltas  an^).  Er  scheint  das  recht  klug  an- 
gefangen zu  haben.  Die  Angaben  des  Huez  beweisen  jedenfalls,  daß 
ihm  die  Auläd  'Ali  ein  gutes  Andenken  bewahren. 

Wo  blieben  aber  die  Beduinen,  die  früher  auf  dem  jetzt  von  den 
Auläd  'Ali  besetzten  Gebiete  saßen  .i^  Huez  berichtet,  daß  die  Henädi 
und  Nzime   nach  Osten  bzw.    Süden  weitergedrängt  wurden,   und  in 

■)  Pacho,  Relation  d'un  voyage  dans  la  Marmarique,  la  Cyrena'ique  et  les  Oasis 
d'Audjelah  et  de  Maradch. . .      Paris  1827.     S.  26  Anm.  2. 

^;  Vgl.  Pacho,  a.  a.  O.  S.  30  f.  fl 


I 


Die  Aulad-'Ali-Beduinen  der  Libyschen  Wüste.  -26 1 

der  Tat  wohnen  erstere  heut  vorwiegend  in  der  Scherklje,  letztere 
vorwiegend  in  der  Provinz  Gize.  Andere  Stämme  aber  dürfen  mit 
Zustimmung  der  andringenden  Auläd  'Ali  in  ihren  Wohnsitzen  bleiben. 
Huez  nennt  die  Beni  'Aune  und  die  Zme*ät.  Erstere  kommen  wegen 
ihrer  geringen  Zahl  heute  wohl  kaum  noch  recht  in  Frage  ^).  Die 
Zme'ät  sind  aber  noch  in  erheblicher  Menge,  in  der  Tat  hauptsäch- 
lich in  der  Bhera,  vorhanden.  Sie  wohnen  unter  den  Auläd  'Ali  — 
als  M  r  a  b  1 1  n  ! 

Noch  von  einem  andern  Stamm,  dessen  Angehörige  heute  als 
Mrabtin  unter  den  Auläd  'Ali  wohnen,  ist  der  Nachweis  zu  führen, 
daß  er  schon  lange  vor  den  Auläd  'Ali  dort  in  der  Wüste  ansässig  war: 
Über  die  Beduinen,  die  im  15.  Jahrh.  in  Egypten  wohnten,  und 
über  ihre  mutmaßliche  Herkunft  besitzen  wir  ein  sorgfältiges  Werk 
von  MakrTzi  -).  Zu  seiner  Zeit  war  die  westliche  Wüste  —  von  Alex- 
andria bis  zur  großen  'Akabe  und  weiter  bis  nach  der  Berka  —  von 
den  Beni  Suleim  LJL-)  bewohnt.  Im  besonderen  scheinen  die  zu 
ihnen  gehörigen  Haijib  {^^^S^)  damals  etwa  die  Rolle  der  heutigen 
Auläd  'Ali  gespielt  zu  haben.  Einer  der  Unterstämme  dieser  Haijib 
sind  die  Hauwära  3)  {"ojj.^) ,  und  diese  wohnen  heut  noch  dort 
unter  den  Auläd  'Ali  —  als  Mrabtin. 

V 

In  den  Zme'ät  und  Hauwära  haben  wir  also  mit  Sicherheit  Be- 
duinenstämme vor  uns,  die  vor  den  Auläd  'Ali  in  der  Libyschen  Wüste 
wohnten,  und  die  bleiben  durften,  als  die  Auläd  'Ali  siegreich  dort 
eindrangen,  Ihre  Angehörigen  wohnen  heute  aber  als  M  r  a  b  t  1  n  unter 
den  Auläd  'Ali.  Die  Herkunft  der  Mrabtin -Stämme  scheint  mir  damit 
gegeben.  Es  sind  unterworfene  Beduinenstämme,  denen  von  den 
Siegern  die  Erlaubnis  gegeben  wurde,  im  Lande  zu  bleiben,  unter 
bestimmten  Bedingungen,  denen  sie  sich  fügen  mußten,  und  die  vor 


')  Im  Egypt.  Census  von  1S82  ist  die  Gesamtzahl  der  Angehörigen  dieses  Stammes 
auf  425  angegeben,  davon  sind  noch  36  in  der  Bhera  (vgl.   Hartmann  S.  226  f.). 

-)  el-Macrizi's  Abhandlung  über  die  in  Egypten  eingewanderten  arabischen  Stämme. 
Herausgegeben  und  übersetzt  von  Ferdinand  Wüstenfeld  (=  Göttinger  Studien  11^47 
n  S.  409 — 492). 

3)  S.  448.  Zeile  3  v.  u.  Ob  diese  Hauwära  mit  den  auf  S.  440  f.  behandelten  zusammen- 
hängen, die  behaupten,  von  den  alten  Berbern  abzustammen  ?  Wüstenfeld  hält  beides 
für  verschieden  und  transkribiert  einmal  Hawwära  und  das  andere  Mal  Hawära.  Da  die 
ersteren  ein  Unterstamm  der  zu  den  Beni  Suleim  gehörigen  Haijib  sind,  sollte  man  sie 
für  echte  Araber  halten.  Die  unten  (S.  364)  behandelte  Liste  erwähnt  die  El-Haouäräh 
als  einen  ursprünglich  berberischen  Stamm.  Und  in  der  Tat  waren  sie  einer  der  zur  Zeit 
der  arabischen  Eroberung  im  Osten  Nordafrikas  wohnenden  Berbernstämme,  ein  Unter- 
stamm der  Lowäta  (vgl.  Enzyklopädie  des  Islam  I  728).  —  Hartmann  S.  228  weist  noch 
auf  die  Hüwära   des  Wäd   süs  hin. 


0^2  Paul  Kahle ,  i 

allem   bezweckten,    jede   Auflehnung    gegen    das    Herrenvolk   —   die 
Se*ädi- Stämme  —  unmöglich  zu  machen. 

Es  ist  ganz  unzweifelhaft,  daß  die  Bedingungen,  unter  denen  die 
Mrabtinstämme   stehen,    ursprünglich  Degradation    bedeuten:    Wenn 
Beduinenstämmen  jede  Teilnahme  an  Raub-   und   Kriegszügen,  jede 
Einmischung  in  Stammesfehden  untersagt  ward,  so  wird  ihnen  etwas 
ganz  Wesentliches  genommen.     Freilich  tauschten  sie  etwas  anderes 
dafür  ein:   Das  Herrenvolk  garantierte  ihnen  ihr  Hab  und  Gut  und 
die  persönliche  Sicherheit.    Aber  gerade  damit  wurden  sie  aus  solchen, 
die  sich  selbst  beschützten,  Leute,  die  auf  die  Hilfe  anderer  angewiesen 
sind.     Daß  unter  solchen   Bedingungen  eine  völlige  Wandelung  ihres 
Wesens  die  Folge  war,   ist  wohl  erklärlich.      Sie  waren  einfach  g  e  - 
z  w  u  n  g  e  n  ,   die  »Gutgesinnten«,  die  »Stillen«  ^)  im  Lande  zu  werden. 
Aber  als  sie  dann  später  es  nicht  mehr  anders  gewöhnt  waren,  empfanden 
sie  das  Erzwungene  des  Verzichtes  auf  Kampf  und  Streit  gar  nicht 
mehr,  und  auch  die  andern  begannen  allmählich  in  ihnen  Menschen 
zu  sehen,  die  nicht  wie  sie  selbst  an  Raub  und  Beute  dachten,  sondern 
mehr  nach  Allah  und  seinen  Geboten  fragten.    Die  ihnen  zugesprochene 
Unverletzlichkcit  brachte  sie   in   den   Ruf   einer   gewissen   Heiligkeit, 
und  aus  den  ursprünglich   degradierten   Besiegten  werden  Leute,   die 
man  allenthalben  mit  Respekt  behandelt.    So  ist  es  heute  in  der  Tat, 
und  was  Hartmann  und    vor    ihm  Pacho    über   diese  Stämme  und 
ihre  Eigenart   berichten,   bestätigte  Huez  im  allgemeinen.     Ich  führe 
nach   seinen  Angaben   noch   folgende  Einzelheiten  an:    Begegnet   ein 
Se*ädi  einem  Mräbit,    so  küßt  er  ihm  die  Hand.     Tritt  zwischen  er- 
bittert   Kämpfende   ein   Mräbit,    seine    Kopfbinde    {*-emme)    an   einen 
Stock  gebunden,  so  läßt  man  vom  Kampfe  ab,  und  hört  auf  seine 
Mahnungen.     Nur  im  auswärtigen  Krieg  kämpfen  gelegentlich   auch 
Mrabtln    mit  —  so   im  Kampfe  gegen  die  Italiener  in  Tripolis.     Im 
gewöhnlichen   Leben    sind  heutzutage  die  Mrabtln-   von   den   Se*ädi- 
Stämmen  kaum   zu   unterscheiden.      Sie  ziehen  wie  jene  ihre  Schafe 
und   Kamele  auf    und    bebauen  wie  jene,   soweit  das  überhaupt   ge- 
schieht,  ihre  Äcker.      Es  gilt  heutzutage  durchaus  als  unbedenklich 
für  einen  Se*ädi  -),  wenn  er  die  Tochter  eines  Mräbit  heiratet,    oder 
wenn  er  seine  Tochter  einem  Mräbit  zur  Frau  gibt.     Bei  Todesfällen 
bittet   man   einen  Mräbit  herbei,    damit   er   über  'dem  Toten   Gebete 
spreche,  und  bei  Krankheiten  zieht  man  ihn  herzu,  damit  er  Weih- 
rauch verbrenne  und  seine  Ratschläge  gebe.   Sie  sind  eine  Art  y>daräwis 


')  Hartmann  S.  218. 

*)  so  Huez;  anders  scheint  es  Hartmann  berichtet  zu  sein;  s.   S.  218. 


Die  Auläd-'AIi-Beduinen  der  Libyschen  Wüste.  -363 

min  ger  /arzqa«,  »Derwische  ohne  Ordensregel«,  aber  von  den  eigent- 
lichen Derwischen,  die  in  jenen  Gegenden  vorkommen  —  es  sind  haupt- 
sächlich Se/^üsis,  daneben  auch  Medani-  und  Halweti-Derwische  — , 
die  auch  mrabtin  heißen,  streng  zu  scheiden.  Diese  kommen  von 
außen  und  sind  keine  Beduinen.^) 

So,  glaube  ich,  ist  das  eigenartige  Wesen  der  Mrabtin- Stämme  zu 
erklären.  Dann  haben  wir  in  den  Mrabtin- Stämmen  die  früheren  Be- 
wohner der  Libyschen  Wüste  vor  uns,  soweit  sie  nicht  von  den  Auläd 
*Ali  hinausgedrängt  wurden.  Aber  freilich  nicht  in  allen:  Bei  den 
Mrabtin- Stämmen   muß   man  noch   Unterschiede  machen. 

Sieht  man  die  unten  abgedruckte  Liste  der  Mrabtin- Stämme 
durch,  so  erkennt  man,  daß  bei  den  meisten  keine  besonderen  Stammes- 
häupter angegeben  sind  —  diese  Stämme  unterstehen  den  Stammes- 
häuptern der  Se*ädi- Stämme.  Nur  die  Sammälüs,  Lezd,  Tamäme, 
Zawäbis  und  Zme'ät  haben  eigne  Stammesverfassung,  und  der  Schech 
der  Sammälüs  ist  zugleich  *Omde  über  die  vier  erstgenannten  Stämme. 
Von  diesen  selben  Stämmen  und  dazu  noch  von  den  Hauwära  er- 
klärte Huez  ausdrücklich,  daß  diese  alle  ausschließlichMrab- 
tln  der  Auläd  *Ali  seien,  die  andern  von  ihm  angeführten 
Mrabtin- Stämme  gehörten  teils  zu  den  Auläd  *Ali,  teils  zu  andern 
Arabern.  Von  diesen  andern  Mrabtin- Stämmen  führt  Pacho  in  seiner 
Liste  die  Sawä*ir,  *Ait  *Amere,  Git*än,  Muälik  und  Habbün  als  Mrabtin 
der  Heräbi  an. 

Danach  scheint  mir  der  Schluß  sehr  nahe  zu  liegen,  daß  diese 
letzten  fünf  Stämme  zu  Mrabtin  wurden  zu  einer  Zeit,  als  die  Auläd 
*Ali  und  die  Heräbi  noch  einträchtig  als  verwandte  Stämme  in  der 
Berka  wohnten.  Gemeinsam  machten  sie  diese  Stämme  zu  Mrabtin. 
Bei  dem  Zug  der  Auläd  *Ali  nach  dem  Osten  zogen  Teile  dieser  alten 
Mrabtin- Stämme  bereits  mit.  Als  neue  Mrabtin- Stämme  bezeichne 
ich  demgegenüber  die  Stämme,  die  ausschließlich  zu  den  Auläd  *Ali 
gehören:  Es  sind  die,  welche  die  Auläd 'Ali  allein  unterwarfen  bei 
ihrem  Zusje  nach  dem  Osten.     Mit  andern  Worten:  In  den  Stämmen 

V  ^  _     _  1 

der  Sammälüs,  Lezd,  Tamäma,  Zawäbis,  Hauwära  und  Zme'at  haben 
wir  Beduinenstämme  zu  sehen,  die  die  Auläd *Ali  bei  ihrem  Zuge  nach 


I)  Wenn  Schwally  (Beiträge  S.  38)  sagt:  »Die  Beduinen  des  FaijQm  wie  die  des 
Gharb  überhaupt  sind  fast  ohne  Ausnahme  Anhänger  der  Sekte  der  Senüsija,  so  daß  Ferner- 
stehende dieses  Wort  oft  als  Stammesnamen  gebrauchen«,  so  gilt  das  jedenfalls  für  die 
Auläd  'Ali  —  und  auch  für  andere  Beduinen  der  Libyschen  Wüste  —  nicht,  wenn  man 
»Anhänger  der  Senüsija«  als  gleichbedeutend  mit  »Senüsi-Derwische«  braucht.  Daß  Senüsi- 
Derwische  unter  Umständen  einen  gewissen  Einfluß  auf  die  Beduinen  —  Se'ädi  wie  Mrabtin 
—  gewinnen   können,   leugnete   Huez   natürlich   nicht. 


364  Paul  Kahle, 

Egypten  in  der  Libyschen  Wüste  vorfanden  und  unter  gewissen  Be- 
dingungen —  zumeist  mit  Bewilligung  der  eignen  Verwaltung  durch 
Stammeshäupter  —  unter  sich  wohnen  ließen.  In  der  Sonderstellung 
des  Schechs  der  Sammälüs  ist  vielleicht  noch  eine  Erinnerung  an 
eine  alte  Oberherrschaft  erhalten. 

Aber  noch  weitere  Unterschiede  bestehn  offenbar.  In  seinen 
»Etudes  sur  le  folklore  bedouin  de  l'Egypte«  i)  hat  Ernst  Klippel 
eine  vonMr.W.  E.Jennings  Bramly,  ancien  commandant  et  inspecteur 
de  la  peninsule  sinaitique,  zusammengestellte  Liste  der  Beduinen 
Egyptens  —  87  nach  dem  arabischen  Alphabet  geordnete  »tribus  ou 
agglomerations«  —  abgedruckt  -).  Der  Verfasser  dieser  Liste  hat  dort 
bei  einer  Anzahl  von  Stämmen  Angaben  über  deren  Herkunft  gemacht, 
leider  aber  nirgends  bemerkt,  auf  welchen  Quellen  diese  Angaben 
beruhen.  Von  den  im  Westen  wohnenden  Stämmen  heißt  es  meist 
entweder:  »issus  probablement  des  Bcni  Souelim«  —  das  sind  natür- 
lich die  *-^JLw  des  Makrizi,  oder  »d'originc  herbere«  bzw.  »probablement 
d'origine  herbere«.  Das  erstere  gilt  von  3):  4  Aouläd  Kharouf,  7  Aouläd 
Aly  el-Ahmar,  9  EI-Bara'asah,  12  Beni  'Ounah,  20  El-Djami'ät, 
28  El-Haräby  we  el-Sobihät,  42  El-Sanäqrah,  43  El-Senanä,  87  El- 
Hanädy.  Ich  füge  hier  noch  hinzu  »17:  El-Tamämah,  sc  reclamant 
de  l'origine  de  Beni  Tamäm«. 

Dagegen  sind  als  »d'origine  herbere«  bezeichnet:  21  El-Djauäbis 
(so  !),  30  El-Haoutah,  33  El-Rabäi*,  40  Samalous,  70  El-Faouäkher, 
Jl   El-Qadadfah,   yj   Lozd,   81    El-Nedjmah,    86  El-Haouärah. 

Man  erkennt  in  4,  7,  42,  43  leicht  die  vier  Hauptstämme  der 
Auläd  *Ali  wieder,  9  und  28  gelten  nach  Huez  als  ihnen  verwandt  — 
sie  wohnten  ursprünglich  mit  ihnen  in  der  Berka  zusammen  4).  V^on 
den  Stämmen,  die  sie  in  der  Nähe  des  Niltals  vorfanden,  werden  hier 
12,  20,  87  als  arabisch,  81  (=  Nzime)  als  ursprünglich  berberisch 
erwähnt. 

Die  übrigen  oben  erwähnten  Stämme  sind  Mrabtin  der  Auläd  'Ali, 
und  es  ergibt  sich  die  interessante  Tatsache,  daß  sich  unter  ihnen 
sowohl  echte  Araberstämme  —  17,  20  — -  wie  auch  arabisierte  Berbern - 
Stämme  finden.  —  21,  30,  40,  70,  j^),  77,  86  — ;  leider  läßt  sich  mehr 
auf  Grund  der  etwas  dürftigen  und  unvollkommenen  Angaben  dieser 


•)  Bulletin  de  la  Societe  Khediviale  de  Geographie,  Vlle  Serie,  Numero  10.  Le  Caire 
1911,  S.  571 — 616. 

-)  a.  a.  O.  S.  574  ff. 

3)  Ich  führe  hier  natürlich  nur  solche  Stämme  an,  die  zu  den  Auläd 'Ali  gehören  oder 
zu   ihnen    Beziehungen    haben. 

4")  S.  oben  S.  357  f. 


Die  Aulad-'Ali-Beduinen  der  Libyschen  Wüste.  55c 

Liste  nicht  sagen.  Eine  sorgfältige  Untersuchung  dieser  Verhältnisse 
wäre  sehr  wünschenswert.  Vielleicht  war  es  Makrizi  noch  bekannt, 
daß  viele  von  diesen  Stämmen  berberischen  Ursprungs  waren;  jeden- 
falls würde  sich  so  die  Tatsache  erklären,  daß  sich  bei  ihm  viele  Namen, 
die  wir  erw^arten  sollten,  nicht  finden;  über  die  Berbernstämme,  die 
die  Araber  bei  der  Einwanderung  einst  vorfanden,  hatte  er  nicht  zu 
berichten.  Bei  den  eigentlich  arabischen  Stämmen  mag  es  in  den 
500  Jahren  manchen  Wechsel  gegeben  haben,  der  uns  vorläufig  noch 
nicht  erfaßbar  ist.  Bei  späteren  Schriftstellern  sollten  wir  allerdings 
diese  Namen  —  und  daneben  die  der  Henädi  und  Nzime  —  erwarten, 
wenn  von   Beduinen   der   nördlichen   Libyschen  Wüste   die   Rede  ist. 

Wie  wenig  die  heutigen  Auläd  'Ali  über  Entstehung  und  Herkunft 
der  Mrabtin- Stämme  im  klaren  sind,  zeigt  deutlich  jene  hübsche 
Geschichte  von  der  Abstammung  derselben  von  dem  ordentlichen  und 
frommen  Bruder  des  *Agär  (s.  o.  S.  357).  Einen  anderen  Versuch, 
ihr  Wesen  und  ihren  Charakter  zu  erklären,  hat  man  gemacht,  indem 
man  jeden  einzelnen  Stamm  der  Mrabtin  auf  einen  Heiligen  (Weli) 
zurückführte  I).  Diese  Abstammung  sei  der  Grund  für  ihren  eigen- 
artigen Charakter.  Das  sind  natürlich  —  übrigens  naheliegende  — 
spätere  Erklärungsversuche. 

Die  Grenzen  zwischen  Mrabtin-  und  Se'ädi-Stämmen  sind  keine 
ganz  festen  2).  In  der  unten  folgenden  Stammesübersicht  hat  Huez 
die  Muälik  und  Git'än  zu  den  Auläd  'Ali-l-Ahmar  gestellt  und  dabei 
bemerkt:  sie  waren  Mrabtin,  sind  aber  jetzt  Se'ädi.  Und  in  der 
Tat  führt  er  sie  unter  den  Mrabtin  nochmals  auf,  und  Pacho  kennt 
sie  als  Mrabtin  der  Heräbi  3).  Wir  haben  hier  offenbar  Stämme  vor 
uns,  die  schon  mit  den  Auläd  *Ali  zusammen  die  Wanderung  nach 
Osten  mitgemacht  haben,  sie  haben  sich  dann,  wie  es  scheint,  an  die 
Auläd  *Ali-l-Ahmar  eng  angeschlossen,  haben  diesen  vielleicht  sehr 
wesentliche  Dienste  geleistet,  so  daß  sie  von  diesen  schließlich  als 
gleichberechtigt  in  den  Stamm  aufgenommen  werden  konnten.  Es 
wäre  sehr  wertvoll,  wenn  man  im  einzelnen  die  Gründe  für  einen  der- 
artigen Übergang  an  Ort  und  Stelle  genau  untersuchen  könnte. 

Wenn  Hartmann  meint  4),  daß  die  Mrabtin- Stämme  unter  dem 
Einfluß  von  Senüsis  besonders  fanatisch  geworden  seien,  so  bestritt 
das  yuez  auf   das    Bestimmteste,   und   da   Pacho   die    »Maraboutins« 


')  Vgl.  auch  Falls,  Bed.  Lied.  S.  36  f.    Ich  führe  die  einzelnen  mir  genannten  Heiligen 
unten  bei  der  Aufzählung  der  Stämme  an. 
^)  Vgl.  Hartmann  S.  218. 

3)  S.  65,  siehe  oben  S.   363. 

4)  S.    218. 


Z66 


Paul  Kahle, 


bei  seiner  Reise  1824/5  schon  ungefähr  ebenso  beschreibt,  wie  sie 
heute  noch  sind,  so  ist  klar,  daß  die  Senüsis  sie  jedenfalls  nicht  zu 
dem  gemacht  haben  können,  was  sie  sind. 

Auch  das  halte  ich  nicht  für  wahrscheinlich,  daß  die  Mrabtin- 
Stämme  ein  Element  sind,  das  »für  die  künftige  Entwicklung  Egyptens 
von  der  größten  Bedeutung  werden  kann«^).  Schon  die  geringe  Zahl 
spricht  dagegen  —  Huez  meinte,  daß  von  lOO  Auläd  *Ali-Beduinen  etwa 
80  Se*ädi  und  20  Mrabtin  sind  —  und  das  oben  besprochene  Beispiel 
der  Muälik  und  Get*än  zeigt,  daß  eher  die  Mrabtin  Sc'ädi  werden,  als 
umgekehrt,  die  Se*ädi  Mrabtin. 

Ich  gebe  nun  auf  Grund  der  Angaben  Huez's  eine  Übersicht  über 
die  Se*ädi-  und  Mrabtin- Stämme  der  Auläd  *Ali.  Daß  die  Liste  der 
Se*ädi-Stämme  sich  fast  genau  mit  den  Angaben  Pacho's  —  die  sich 
auf  die  Verhältnisse  der  Jahre  1824/5  beziehen  —  deckt  2)^  beweist, 
wie  vollkommen  sicher  diese  Angaben  sind,  und  es  zeigt  deutlich, 
welches  Pech  Hartmann  bei  der  Wahl  seiner  Leute  hatte,  daß  es 
ihm  —  trotz  Pacho  —  nicht  einmal  gelang,  diese  Se*ädi-Liste  mit 
aller  Sicherheit  herauszufragen. 

Hinsichtlich  der  Mrabtin-Stämmc  weicht  Huef's  Liste  von  Pacho 
an  einzelnen  Punkten  ab;  im  allgemeinen  ergänzen  und  bestätigen 
sich  beide  Listen  aber  in  sehr  dankenswerter  Weise.  Damit  man  das 
Verhältnis  dieser  Liste  zu  der  Pacho's  gleich  erkennen  kann,  setze 
ich  bei  den  einzelnen  Namen  die  Angaben  Pacho's  bei,  und  füge,  wenn 
er  den  betr.  Stamm  als  zu  den  yeräbi  gehörig  3)  erwähnt,  ein  H 
hinzu. 

Über  die  verschiedenen  Heiligen,  auf  die  sich  die  einzelnen  Mrabtln- 
Stämme  zurückführen,  wußte  Huez  im  einzelnen  wenig  Bescheid, 
und  gerade  hier  hätte  ich  gern  nähere  Auskunft  gehabt.  Aber  es 
ist  ja  eine  Erfahrung,  die  man  immer  wieder  macht,  daß  man  über 
die  verschiedenen  muhammedanischen  Heiligen  nur  bei  ihren  direkten 
Verehrern  und  in  der  Nähe  ihres  »Makäm«  brauchbare  Auskünfte 
erhalten  kann.  Was  es  also  mit  diesen  einzelnen  Heiligen  auf  sich 
hat,  wie  sie  in  Beziehung  zu  den  einzelnen  Mrabtin- Stämmen  ge- 
kommen sind,  wann  —  und  ob  —  sie  gelebt  habend),  das  sind  Fragen, 
die  nur  an  Ort  und  Stelle  durch  sorgfältige  Erkundigungen  bei  den  in 
Betracht  kommenden  Stämmen  beantwortet  werden  können.    Ich  muß 


')  Hartmann,  a.  a.  0. 

^)  Ich  gebe  Pacho's  Namen  in  den  Anmerkungen. 

3)  S.  darüber  oben  S.   363. 

4)  Einige  machen  mir  den  Eindruck,  als  ob  sie  nur  heroes  eponymi  sind. 


Die  Auläd- 'Ali-Beduinen  der  Libyschen  Wüste,  ^6? 

mich  hier  also   im  wesentlichen  auf   die  Wiedergabe   der  von  yuez 
berichteten  Namen  beschränken. 

Pacho  hat  auf  S.  24  ff.  seines  Werkes  verschiedentlich  über  die 
Stammesmarken  {wusüm)  berichtet.  Da  yuez  in  diesen  Dingen  gut 
Bescheid  zu  wissen  schien,  setze  ich  neben  die  Stammnamen  diese 
Marken,  so  wie  sie  mir  Biuez  aufmalte.  Die  Mrabtin  haben  keine 
besonderen  Wusüm,  sondern  zeichnen  ihre  Kamele  usw.  mit  den 
Namen  xJÜI,  oder  ju-^/i^).  Eine  Ausnahme  machen  nur  die  Sammälüs, 
aber  deren  Wasm,  so  wie  Huez  es  aufmalte,  geht  ja  auch  deutlich 
auf  das  Wort  iJJI  zurück. 

Seit  Muhammed  'Alis  Zeiten  ^)  wohnen  die  Häupter  der  einzelnen 
Stämme  der  Auläd  *Ali  im  Kulturlande,  in  verschiedenen  Ortschaften 
der  Provinz  Bhera.  Ich  gebe  bei  jedem  Stamm  den  Namen  des  Schechs 
an  sowie  den  Ort,  an  dem  er  wohnt,  daneben  in  Klammern  den  Kreis 
(merkez)  i) ,  in  dem  der  Ort  liegt.  Sämtliche  Stammesnamen  gebe  ich 
in  Umschrift  (nach  der  Aussprache  von  liuez)  und  in  arabischen 
Typen,  die  Orts-  und  Personennamen  meist  nur  in  Umschrift.  Bei 
den  Stammesnamen  setze  ich  den  Artikel  da,  wo  ihn  Huez  setzte. 
Ein  Prinzip  ist  mir  dabei  nicht  ersichtlich.  Man  müßte  den  eigent- 
lichen Sprachgebrauch  in  dieser  Hinsicht  an  Ort  und  Stelle  noch 
einmal  genau  untersuchen. 

Die  Namen  der  Oberscheche  {''omad)  der  Auläd  *Ali  —  daß  es 
seit  13 15  (1897/8)  sieben  solche  gibt,  berichtete  ich  schon  oben 
S.  359  —  führe  ich  an  vor  der  Aufzählung  der  Stämme,  die  ihnen 
unterstellt  sind.  Nähere  Angaben  über  ihren  Wohnort  mache  ich  nur 
dann,  wenn  sie  nicht  auch  zugleich  das  Haupt  eines  der  folgenden 
Stämme  sind. 

Die  Reihenfolge  der   Stämme  ist  so,  wie  sie  Huez  angab. 

I.    Auläd  'Ali-1-Abjad  4). 
'Omad:    l.  Mahmud  Raswän,  2.  'Omar  Hairallah. 
I.    es-Sanägere  5)     »jl;^^!   A     —    'Omar    Hairallah     in     Zimrän  el- 

Köm  (Delinzät). 


')  Man  wird  ihnen  ihre  ursprünglichen  Wusüm  verboten  haben,  und  als  sie  später 
mit  solchen  Zeichen  wie  den  jetzt  üblichen  begannen,  hatte  man  dagegen  nichts. 
*)  Siehe  oben  S.  360. 

3)  Falls  schreibt  einmal  (Bed.  Lied.  S.  38)  »der  Mamur  Markaz  von  Amriah«,  hält 
also  Markaz  für  einen  Personennamen  ! 

4)  Pacho:  Les  Seneghreh,  en  Affrät.     Moughaoureh.     A.zaim.     Adjebälah.  — 
Bramly:  42  El-Sanaqrah.    ' 

5)  Die  von  Falls,   Beduinenlieder  S.  38,  berichtete  Geschichte  von  der  Abstammung 
der  Sanägere  von  einem  Deutschen  namens  Singer,    der  als  Kind  bei  Derna  aus  einem 


268  Paul   Kahle, 

2.  .  el-*Azäim  ^\m1\  A —  Seif  en-NasrSüsän  inRezemät(Abuyommos). 

3.  el-Megäure  »  ►LäJl  ^i  —  Min§äwi-s-Sakräni)  in  Dclinzät  (Delinzät). 

4.  Lefräd    ol-äJ!    m    —    Mahmud    Raswän    in   Köm  Zaif   U>->^  j^ 

(Delinzät). 

II.  Auläd  *Ali-l-Ahmar  2). 

*0  m  d  e  :    ^Abdallah  'Abdelgawi  Regaig  3)  ^^  in  Misen  ^^^^x^«^ 

(Delinzät). 

1.  Genäsät  oUl>Ü  ^1    —    Rahaim    Drls   in  'Ameijid  jy^^  (Mariüti. 

2.  Kimelät  c^L.^,f  w  —  *Ali  Regaig  .  ^  in  Saft  el-Mulük  (Delinzät). 
^.    Hegebät  o..*xXi.>  AI  —  *Ali  Drls  in  Rezäfa  (Delinzät). 

4.  Muälik4)  ^VJÜ|yi   lO  —  FinöSän  ^Lius  in  Mariüt  (Mariüt). 

5.  Git'än  4j    ,  Lt-iV  00  —  el-Fezzär  in  *Agaba  (Mariüt). 

III.  Auläd  cs-Sinöne5j  UJ 

*0  m  a  d  :     i.   Ibrahim    Bek    Mgaijib    >_,-yJw    in    Saft   el-Mulük 
(Delinzät).    2.  Mhämmed  Ltäijif  o^aJ   Jw.^v«  in  Zäwiet  liammür 

(Delinzät). 

1.  el-*Aräua  3.ijü|   De   —  *Ali  Smede  in  Hafs  (Damanhür). 

2.  el-Mahäfid    Jäxs'l.^:^!    bH  —  Smede  *Ali  Lahläh  in  Zäwiet  Ham- 

mür  (Delinzät). 

3.  cl-Gatifc  x.Ä>Iajiii    H    —  Abu  Galmün  in  Gamha  (Delinzät). 

4.  el-*Ezne  xX:^\      X  ^)  —  Smede  *Ali  Lahläh  (s.  Nr.  2). 

5.  es-§awälha7)  i;^_j^|  !<• — 'Abdellatif  in  Zäwiet  liammür  (Delinzät). 


Schiffbruch   gerettet,    Stammvater  dieses   Stammes   geworden  sei   und  ihm   den  Namen 
gegeben   habe,   war   auch   HueZ  bekannt.     Der   meinte   aber,   nur  die  'ait  zeballa  xLjC 

xJL>wO>.  (Pacho's  Adjebälah)  stamme  wirklich  von  jenem  Singer  ab. 

')  Hartmann  S.  221. 

-)  Pacho:  Les  A  1  y  -  e  1  -  A  k  h  m  a  r  ,  en  Kemeiliat.     Acheibeat.      Ghenächeat.  — 
Vgl.  Bramly  7. 

3)  Er  ist  der  Neffe  (Bruderssohn)  des  Mhammed  Huez.    Sein  Vater  ist  bei  Hartmann 
S.  221  erwähnt. 

4)  Diese  beiden  Stämme  waren  Mrabtin,  sind  aber  heute  Se'ädi.     S.  o.   S.  365. 

5)  PACHo:Les  Senen  eh,  enMahäffit.   Haräouah.  Hedjeneh.  Ghattifeh.  Couäbah. 
—  Bramly:  43  El-Senanä. 

6)  Dies  Zeichen  ist  auf  Abb.  28  von  Falls,  Bed.  Lieder  deutlich  zu  erkennen. 

7)  Von  einem  Angehörigen  dieser  Familie  stammen  die  von  Wilhelm  Czermak  in:  Ein 
5a7mgs^^>-flgy//i6■<:/V«ße?<f^(()^eK/J0('5^V^VZK^IXXVI(I9I 2) S.  253-262  veröffentlichtenLieder. 


Die  AuIad-'Ali-Beduinen  der  Libyschen  Wüste.  ■sgo 

IV.    Auläd  Harüf  i). 

*0  m  a  f^  :      i.    Sämih  Mhärib  in  Abu  Matämir  (Abu  Hommos). 

2.    *Abdelga\vi-l-Megrähi  in  Zezäir  (Delinzät). 

1.  Zeredät    o!vXj^.:?-    A    —   *Abdelgawi-l-gäsi    ^^Läil    (^j-äi!    Jy-c  in 

Zezäir  (Delinzät). 

2.  Auläd  Mansür    ,_j,a2.>Lx    obS^!     A    —  Abu  Bckr  Hetetc  in  Hös  *Esä 

(Abu  Hommos). 

3.  Abu  Zeijäna   kJLj;   ».j5  ^  — ■  Timäwi  Mansür  in  Teba  und  Gamha 

(Delinzät). 

4.  'Ait  KäsTk  ^^.^S  kJLc   ^  —  Slemän  Mhärib  2)  in  Abu  Matämir 

(Abu  yommos). 

fSa*Ide  äjooi^l 

5.  Ait^^  ,  _.  •  ..  •*        KJixfi   A  —  Mahmud 'Ärnir  in  Tebe   Delinzät). 

[Behije  ^s^    j     ••     .»  •  •         ^  ' 

6.  *Ait   Brähim  ,^^.^\   LnJUc  /^  — ■  Abu  Zagam  in  Abu   Smäde   (De- 

linzät). 

7.  *Ait  Dä'üd  JjIj  i;JLc    vA  —  Abu  Daggär  in  Tod  (Delinzät). 

M  r  a  b  tTn.3) 

1.  el-Bld  ;jl::>j».JI    [Nachkommen  des  Propheten  und  der  Ashäb]. 

2.  ez-Zräre  8  Lil  [nach  Seh  Zrär  (»vor  ca.  200  Jahren«),  Nachkomme 

des  Hasan  b.  *Ali] 
a)    Fawähir   ^Ls    (Br.    70),    b)     Sreihät    oL^j««  (Pa:  Srheet), 
c)  Häuwete  ä.j^>  (Br.  30),   d)  Sawä'ir  ^\^  (Pa:  Chouaerh  H). 
e)  Släwije,  ^J^^U:,  f)  *Ait  ^Amere  S-^^ji  kJL-o^  (Pa:  Heit-Meireh,  H). 

3.  es-Sammälüs  (wj.JL.«.^Jl  (Pa:  Sammalouss,  Br.  40)  [=  Auläd  Dimen 

(»vor  150  Jahren«)  b.  b.  HansTr  b.  b.  Husen  b.  *Ali].  Olli  — 
Schech:  Gäsim  Abu  *Abese  Dimen  4)  [zugleich  *Omde  über 
die  Sammälüs,  Lezd,  Tamäme  und  ZawäbTs]  in  Nzilc  (Abu 
Hommos). 

4.  Lezd  oJ  (Br.  yy)    [von  Sldna  *0kkä§e5)]  Schech:   BrähTm  *Omar 

in   Btüris  (Abu  Hommos). 


')  Pacho:  Les  Aouläd-Karouf,  en  Djeraidat.    Haddäout.    Aouläd-Mansour. 
Heit-Ibrahim.     Heit-Bou-Zaieneh.     Heit-Behieh.  —  Vgl.  Bramly  4. 
-)  Ein  Bruder  des  'Omde. 

3)  Im  folgenden  verweist  Pa.  auf  die  Angaben  Pacho's,  Br.  mit  einer  Zahl  verweist 
auf  die  betr.  Nummer  der  oben  (S.  364)  besprochenen  Liste  von  \V.  E.  Jennii^gs-Bramlv. 

4)  Hartmann  S.   220. 

5)  Vgl.  Hart  MANN,  Aus  dem  Religionsleben  der  Libyschen  Wüste,  Archiv  f.  Religions- 

wissensch.  I  (1898)  S.  263. 


270  PaulKahle, 

5.  Tamäme  iUuj  (Br.  17)  [nach  Tamlm  ed-Däri,  von  dessen  Nach- 

kommen   sie   sein   sollen].      Schech:    Abu   N^aize    in   Kafr 
ed-Dauwär. 

6.  Zawäbis    ^j^j^\jj>.    [nach    Sidna  Zaubas  ^jaJj.>   genannt].      (Pa: 

Djouäbis,    Br.  21).      Schech:    liamed   Mczhüd  i)    in    TerTje 
(Nzile)  2). 

7.  Mniffe  ä.Ll/j  (Pa:  Menefleh  !)   [nach  Sidna  Munif  von  den  Ansär]. 

8.  e§-§häibät  ouAj'utxiJJ  [nach   Sidna  Sihäb  ed-Dln  von  den  Ansär]. 

9.  Hauwara  ■■i\jß>  (Br.  86,  vgl.  oben   S.  361)    [von  Sidna  *Aun  her- 

stammend, der   einen  Makäm  in  Dcrna  hat 3)]. 

10.  Rbäje*  «_jLj     (Br.  ^t,)    [es  sind  die  Auläd   Sidna  Rcbi*  von  den 

Ansär]. 

11.  Gadädfe    ÄiJlÄä   (Br.  73)  [nach  Sidna  Gadäd,  der  in  der  Zeit  des 

Propheten  gelebt  haben  soll,  und  von  dem  man  berichtet: 
ein  jiühne  imüt    »wem   er  den  Tod  wünscht,  der  stirbt«]. 

12.  *Awäme   iO«l^   [nach  Zubeir  b.   al-*Awäm  von  den  Ansär]. 

13.  Git'än    .  wxlii   (Pa:  Ghettäan,  H)    [es   seien  Auläd    Sidna-1-Agta' 

von  den  Ansär;  vgl.  oben  Nr.   II  5,  und  S.  365]. 

14.  Muälik  eU!^    (Pa:    Mouälek,  \\)     [es    seien    Auläd   Sidna  Melik 

e§-§ar'i;   vgl.   oben  Nr.    II 4,   und   S.   365). 

15.  Sirasät  oLa3.j^  (Pa:  Echrousät)  [es  seien  Auläd  Sidna  Hatwa§]. 

16.  Zme'ät  c'^j->;.»--^  (Br.  20)    [nach  Sidna  Zime*]   Schech:    Sa'd  Bek 

el-Masri  4)   in  Gafle  (Abu  Hommos). 

a)    Gawäsim   ^\_^i,     b)  Muwese  'i^y»    c)  E§tür  ^yci^t    (Pa: 

Chtour). 

17.  Habbüni      j^_^  (Pa:    Habboun,  l\)    [nach   Sidna  liabbün]. 

18.  Ze'airät    o!.^;     [nach    Sidna-1-Az'ar    Säri     »einem    Großen    im 

Heere  Muhammed  *Alis«]. 

2.    Zwei    Lieder   aus    der    Libyschen   Wüste. 
Auf  die  Unzulänglichkeit  des  arabischen  Textes  der  von  Falls  ver- 
öffentlichten  Lieder    und    die  vollständige  Unbrauchbarkeit  der  von 
ihm  sesebenen  Übersetzung  habe  ich  bereits  oben  hingewiesen.     Ich 


t5^Ö^ 


■)  Sohn  des  bei  Hartmann  S.  227  genannten  Rohaijim  Te'elab. 

2)  Nicht  identisch  mit  dem  in  Nr.  3  genannten  Orte  gleichen  Namens  ! 

3)  Vgl.  Hartmann,  S.  228,  Religionsleben   S.  264. 

4)  Vgl.  Hartmans   S.  227. 


Die  Auläd-'Ali-Beduinen  der  Libyschen  Wüste.  ^yj 

möchte  durch  die  Veröffentlichung  von  zwei  Liedern  der  Falls- 
schen  Sammlung  ein  Verständnis  dieser  Lieder  und  einen  Einblick  in  ihr 
Wesen  und  ihre  Sprache  ermöglichen.  Die  Fehler  in  Falls'  Abdruck 
der  Lieder  korrigiere  ich  in  der  Transkription  stillschweigend,  nur  ganz 
gelegentlich  weise  ich  in  einer  Anmerkung  darauf  hin,  und  überlasse 
es  im  allgemeinen  dem  Leser,  meinen  mit  Hilfe  von  Huez  festgestellten 
Text  mit  Falls'  Druck  zu  vergleichen.  Nur  beim  Anfang  des  Liedes 
17,  von  dem  eine  Abbildung  der  Originalhandschrift  vorliegt,  berück- 
sichtige ich  dies  Original  sorgfältig.  Daß  ich  Falls'  Übersetzung 
im  allgemeinen  unberücksichtigt  lasse,  versteht  sich  von  selbst. 

Falls  hat  auf  S.  40  f.  seiner  Beduinenlieder  über  die  Personen 
gehandelt,  die  ihm  seine  Lieder  gesammelt  und  niedergeschrieben  haben. 
Die  Namen  sind  in  seiner  Umschrift  stark  entstellt,  und  bisweilen 
überhaupt  kaum  wiederzuerkennen.  Da  sie  alle  dem  Piuez  oder 
andern  Beduinen,  die  in  Hamburg  waren,  bekannt  sind,  kann  ich  seine 
Liste  hier  berichtigt  und  ergänzt  abdrucken: 

Falls'  Hauptmittelspersonen  beim  Sammeln  der  Lieder  waren: 

1.  'Alwäni  Hamed,  von  den  Hauw'ära. 

2.  Halil  Abu  Hebe,  von  den  Gne§ät  (*Ali-l-Ahmar).     Seine  Mutter 

Hebe  Umm  Halil  ist  die  Schwester  von  Huez. 

3.  'Abd  ez-Zawäd  Embeo    (»^^!)  von  den  Abu  Mter,  einem  Unter- 

stamm der  Auläd  Mansür  (Auläd  Harüf). 

4.  *Ali  yamed  von  Köm  el-Margab,  ein  yeräbi. 

5.  Ahmed  *Auad  ^)  von  den  Zaw^äbis. 

6.  Der  Schech  der  Zäuja  Sldi  Müsa,  in  der  kleinen  'Ag=»ba   [xjjic.) 

ein  Mräbit,  d.  h.  hier  ein  Derwisch,  also  kein  Beduine. 

7.  Faraz  Abu  ZhewTg  -)   (,  -jjj^j)  von  Mirsa  Matrüh. 

8.  'Otmän  Sa*d,  von  den  'Aräwa  (Sinene). 

9.  Halime  Embeo  von  den  Abu  Mter  3)  (zu  den  Auläd  Mansür — Auläd 

Harüf  gehörig). 

10.  TauwTda  Säleh  von  der  *Ait  Sa*ide  (Auläd  Harüf). 

11.  Fätme  bint  Mhammed,  el-Ehseblje,  d.  h.  zu  den  Hsebät  gehörig 

('Ali-l-Ahmar). 

Bei  der  Niederschrift  dienten  ihm: 


0  Falls:  Auert !     Sein   Bild  in    »Drei  Jahre«  S.  305. 

''■)  Falls:  Suik.  Der  Mann  sei  nicht  'Omde,  wie  Falls  S.  32  behauptet,  sondern 
nur  Wekil  des  *Omde. 

3)  Falls:  »Tochter  der  sehr  angesehenen  Alatrije  von  den  Abu'm  der«  !  !  Man  wird 
ihm  die  Frau   als  »bint  matrije«,  d.  h.  zu  den  Abu  Mter  gehörig,  bezeichnet  haben. 

Islam.     IV.  26 


372 


Paul  Kahle, 


12.  Mu|itär    Abu    Taijib,    Seh    der  Zäuja  E*sele  ^)    (xLy*^),    südlich 

von  Bhiz,  ein  Medani-Derwisch  2). 

13.  Mräif  von  El-Garn,   vom   Stamm  *Aräwa   (Sinene). 
Nach  Hauptstämmen  geordnet  gehören: 

1.  zu  den  Heräbi:  Nr.  4. 

2.  zu  den  Auläd  'Ali,  Se'ädi:  *Ali-l-Ahmar:  Nr.  2,  il,  Sinene:  Nr.  8, 

13,  Auläd  Harüf:  Nr.  3,  9,   10. 

V 

3.  zu  den  Mrabtin  der  Auläd  *Ali:  Hauwära:  Nr.  i,  Zawäbis:  Nr.  5. 

4.  Nicht  zu  den   Beduinen  gehörige  Derwische:  Nr.  6,   12. 
Wohin  Nr.  7  gehört,  weiß  ich  nicht. 

Auf  wen  von  diesen  Gewährsmännern  die  einzelnen  Lieder  zu- 
rückgehen, hat  Falls  nur  gelegentlich  angegeben.  Das  ist  schließlich 
kein  sehr  großer  Verlust,  denn  für  genauere  dialektische  Untersuchungen 
können  ja  seine  Aufzeichnungen  ohnehin  nicht  in  Frage  kommen. 

Mir  konnte  es  bei  der  Transkription  der  Texte  nur  darauf  an- 
kommen, die  Aussprache  im  allgemeinen  festzulegen,  und  ein  richtiges 
Verständnis  zu  ermöglichen.  Zu  einer  exakt  phonetischen  Aufzeich- 
nung war  Hamburg  nicht  der  richtige  Platz  und  Hug2  vielleicht  auch 
nicht  die  richtige  Persönlichkeit.  Huez  sprach  in  Hamburg  allgemein 
—  und  auch  mit  mir  —  egyptisches  Arabisch.  Auch  kannte 
er  die  Lieder  nicht  selber,  wir  waren  bei  der  Durchnahme  auf  die 
gedruckte  Vorlage,  die  Falls  bot,  angewiesen.  Ich  bemühte  mich, 
die  ihm  als  Angehörigen  der  Auläd  *Ali  geläufige  Aussprache  fest- 
zustellen, und  hoffe,  daß  mir  das  im  allgemeinen  gelungen  ist.  \\  ill 
man  auf  die  feineren  Nuancen  der  Aussprache  achten,  so  muß  man 
solche  Leute  vor  sich  haben,  die  von  dem  eigentlich  Egyptisch-Arabi- 
schen  möglichst  wenig  verstehen  und  vor  allem  die  Lieder  —  oder 
Geschichten  —  auswendig  wissen.  Eine  solche  genauere  Aufzeichnung 
würde  gewiß  auch  noch  manche  dialektische  Unterschiede  bei  den 
einzelnen  Stämmen  feststellen  können.  Daß  die  Auläd  *Ali  und  schon 
die  Heräbi  einen  dem  tripolitanischen  Arabisch  nahestehenden  Dialekt 
sprechen,  ist  nach  dem,  was  ich  oben  über  ihre  Herkunft  ausgeführt 
habe,  ganz  natürlich.  Wahrscheinlich  haben  aber  ihre  Vorgänger  in 
der  Libyschen  Wüste  bereits  wesentlich  denselben  Dialekt  gesprochen. 
Immerhin  müßte  man  zu  diesem  Zwecke  genauere  Untersuchungen 
anstellen,  sowohl  bei  den  Mrabtln-Stämmen,  die  vor  den  Auläd  *Ali 
dort  wohnten,  also  etwa  bei  den  Zme*ät,  den  Zawäbis,  den  Sammälüs, 
Hauwära  usw\,  als  auch  bei  den   Stämmen,   die  die  Auläd  *Ali  von 

I)  Falls:  Eisele. 

*)  Er  war  für  die  Gottesdienste  der  Arbeiter  engagiert.     Eine  Probe  seines  Ms.  ist 
in  »Drei  Jahre«  S.  304  abgebildet. 


Die  Auläd-'Ali-Beduinen  der  Libyschen  Wüste.  37^ 

ihren  Wohnsitzen  verdrängten,  bei  den  Nzime  i)  und  den  Henädi, 
die  jetzt  in  der  Scharkije  wohnen,  und  deren  Dialekt  man  ihre  einstige 
Herkunft"  aiJch  wohl  noch  anhört  2).  Wenn  Makrizi  berichtet,  daß 
das  ganze  Gebiet  westlich  von  Alexandria  bis  zur  Barka  hin  von  den 
verschiedenen  Unterstämmen  der  Sulaim  besetzt  war,  so  kann  man 
von  vornherein  vermuten,  daß  die  Sprache  dieser  Stämme  schon 
damals  dem  tripolitanischen  Arabisch  nahe  stand  3). 

Da  die  Sprache  dieser  Texte  dem  Dialekt  von  Tripolis  nahesteht, 
kann  ich  auch  hier,  unter  Hinweis  auf  Stumme's  Skizze  dieses  Dia- 
lektes —  in  »Märchen  und  Geschichten  aus  der  Stadt  Tripolis  in  Nord- 
Afrika«  4)  —  auf  die  Mitteilung  von  einigen  Ergänzungen  bzw.  Ab- 
weichungen beschränken.  Sie  erklären  sich  meist  daraus,  daß  es  sich 
hier  um  einen  Beduinen  dialekt  handelt  5). 

Als  Spiranten  werden  gesprochen  ^  (/)  J»  {(t)  und  Ji?  und  (j^^ 
{4}',  -.  spricht  man  i  (stimmhaftes  s),  v  wie  g,  doch  gelegentlich 
vor  emem  stimmlosen  Laute  auch  wie  k  [jaksam).  - —  Hamza  ist  fast 
überall  geschwunden.  Man  sagt  also:  lauiän  (18)  ^),  mahäi  (90)  mäbäsäi 
(94)  -ß  lauwal  (55)  Ifd  (H  10)  rete  (29).  Auch  beim  Anlaut  wird  es  nicht 
gesprochen:  Worte  wie  iiür  (87)  ijüh  (89)  usw.  sprach  Huez  mit  leisem 
Einsatz,  ebenso  wa-imäne  (7).  In  einigen  Formen  des  Verb  ^|  »sehen« 
hat  sich  aber  das  p  zu  c  potenziert.  Huez  sprach  ganz  deutlich 
und  bestätigte  das  bei  Falls  gedruckte  — :  ra'^äni  (34)  jir^üni  (47) 
jir'^aih  (62)  —  daneben  aber  ^^^^(29);  auch  in  Hartmann's  Texten  findet 
sich  einmal  durch  »säfät«  erklärtes  rä^'at,  anstatt  dessen  ich  lieber  ra'^a^ 
lesen  möchte  (S.  67).  Stumme  bezeugt  für  Tripolis  einen  ähnlichen 
Wechsel  in  ter^ämtä,  vgl.  S.  201.  —  Vielleicht  geschah  diese  Poten- 
zierung unter  Einfluß  des  vorangehenden  r  (Brockelmann).  Jeden- 
falls ist  diesem  Einfluß  die  Veränderung  des  s  zu  s  in  rase  (76)  zuzu- 
schreiben; dies  findet  sich  auch  in  andern  magrebinischen  Dialekten. 

')  Natürlich  nicht  gerade  bei  solchen  Vertretern  dieses  Stammes,  die  bei  den  Gize- 
Pyramiden  wohnen  ! 

-)  Das  sagte  mir  Herr  Schöne  in  Halle,  der  während  seiner  Tätigkeit  in  Egypten 
als  Inspektor  beim  Irrigation  Department  auch  mit  Henädi- Beduinen  oft  zusammenge- 
kommen ist. 

3)  Hartmann's  Behauptung  (S.  8),  >>daß  Alexandria  im  Mittelalter  hauptsächlich 
von  Maghrebinern  bewohnt  war,  ist  sehr  wahrscheinlich«,  ist  doch  wohl  eine  Übertreibung. 
Nach  Makrizi  wohnen  in  Alexandria  in  sehr  großer  Anzahl  Angehörige  der  Stämme  Gudäm 
und  Lahm  (S.  423  der  Ausgabe  Wüstenfelds),  und  beide  haben  mit  dem  Magrib  nicht 
das  Geringste  zu  tun. 

4)  Leipzig  1898,   S.   197 — 285. 

5)  Vgl.  W.  CzERMAK  in  WZKM  XXVI  (191 2)  S.  254. 

^)  Die  einfachen  Zahlen  beziehen  sich  auf  die  Verse  des  ersten  Gedichtes.  Die 
Verse  des  zweiten  Gedichtes  bezeichne  ich  durch  vorgesetzte  II. 

26* 


^  74  Paul  Kahle, 

Als  Beispiel  für  die  Assimilation  bzw.  Angleichung  zusammenstoßen- 
der Konsonanten  führe  ich  an:  lirjMi  für  lirjen  li  (38)  und  errtd  (Falls 
j>.j-j|)  für  enrfd  —  nrfd  (60),  doch  findet  sich  auch  enride  (94).  Unter 
dem  Einfluß  des  darauf  folgenden  n  wird  t  zu  d:  felledna  (23)  für 
felletna  und  nach  g  (  v)  ein  t  zn  d  {wagdan).  »Homoiophilie«  liegt  offen- 
bar vor  in  ncn  für  len  — lin  (_SS)  (24).   Die  alten  Diphthonge  sind  meist 

zu  ö  und  e  geworden,  vgl.  /Jg,  lön,  äöhar,  ges,  lel,  ma/et,  sere,  gehet, 
'^alena,  ^eSe,  gere.  Vorhanden  sind  Diphthonge  natürlich  in  Formen 
von  hauwiji  (80),  inhanwal  (41),  gaijätek,  ^kwaßü,  tinäi  und  all  den 
Endungen  des  zweiten  Teils  des  ersten  Gedichtes,  aber  auch  in  lau/än, 
ausifli,  /taumet,  gälauli  (103,  sehr  auffallend  !),  mau.  —  Kurze  un- 
betonte Vokale  in  offener  Silbe  fallen  gern  aus,  w^ie  sonst  im  Magre- 
binischen;  mir  scheint  das  auch  Formen  zu  erklären  wie  jala  (51), 
das  offenbar  für  -ß  jala  zu  denken  ist:  daraus  wurde  fjala  —  jala,  viel- 
leicht wurde  an  anderen  Stellen  das  i  von  /E  auch  nicht  gelesen;  so 
etwa  in  fi  ai  makän  (44)  oder  fi  ^alam  el  mitnän  (22),  bei  iina  Igawä^e 
(37)  steckt  in  dem  l  ein  li. 

Aus  j  und  w  mit  kurzem  Vokal  in  offner  Silbe  wird  i  bzw.  m, 
z.  B.  uräna  (19),  inild  (14),  izammü  (100)  usw. 

In  der  Verbalbildung  ist  besonders  zu  beachten,  daß  sich  — 
genau  wie  z.  B.  im  Fellachendialekt  in  Palästina  —  im  Perfektum  und 
Imperfektum  die  dritte  Person  Fem.  Pluralis  erhalten  hat:  z.  B.  zan 
(15),  ^a/jan  (65),  /irjelli  für  firjen  li  (33),  ferner  durch  Einfluß  von 
Akzent  und  Reim  gedehnt:  rähän  (für  rähan)  (26),  raizän  (für  räzsan 
24);  zu  säldn  (40)  vgl.  die  Bemerkung  daselbst. 

Für  die  entsprechende  Form  im  Imperfektum  führe  ich  an: 
jiUsjan  II  8,  iSikken  II  20.  \\"\c  in  allen  magrebinischen  Dialekten 
hat  die  erste  Person  des  Imperfekt  als  Praefix  n:  vgl.  für  den  Singular: 
nirgid  (2,  in),  nuskiir  (30),  emhf  (=  'tx>Jl)  (72),  winnd  (97),  niskäi 
(iindung  durch  den  Reim  verursacht,  56),  ennSssid  (für  nne'Ssid,  102), 
nansähän  (wegen  des  Reims  für  nansähan,  mit  Suff.,  8),  anwäri  (56), 
inhauwid  (57),  inhaddi  (90),  nätfhum  (mit  Suff.,  32);  für  den  Plural 
findet  sich  nur  das  eine  Beispiel  mit  Suffix  Jiedüha  (II  13). 

Das  angehängte  Personalpronomen  der  dritten  Person  Mask.  Sing. 
lautet,  außer  bei  vorhergehendem  Vokale  (b'etüh  57)  nach  Stumme 
in  Tripolis  gewöhnlich  äh;  da  ich  bei  Huez  jedoch  das  h  dahinter 
nie  hörte,  so  gebe  ich  es  durch  ein,  offen  zu  sprechendes,  e  wieder: 
;iibte  (17,  93),  masakte  (99),  ithi'-e  (69),  emhfe  (60).  Das  Suffix  der 
dritten  Person  Pluralis  Fem.  findet  sich  einmal:  nansähän  (8),  es  ist 
infolge  des  Reimes  betont  und  gedehnt;  aber  ich  führe  zum  Vergleich 


Die  Auläd-'Ali-Beduinen  der  Libyschen  Wüste.  375 

aus  Hartmann's  Texten  an:  binähan  (er  baute  sie,  die  ^arsät  vgl.  dazu 
unten  zu  Vs.  77)  Nr.  5416;  oder  tennlhayi,  sefjihan,  und  noch  mehrfach 
in  Nr.  5.  —  Das  Suffix  der  dritten  Person  Pluralis  Mask.  findet  sich 
einmal:  natfhum  (32). 

Für  die  Wahl  des  ersten  veröffentlichten  Gedichts  (Falls 
Nr.  17)  war  für  mich  maßgebend  der  Umstand,  daß  Falls  ein  Stück 
von  dem  Originalmanuskript  dieses  Liedes  in  »Drei  Jahre«  S.  304 
abgebildet  hat  ^).  Das  zweite  (Nr.  74)  wählte  ich,  weil  Falls  in  »Drei 
Jahre«  S.  307  eine  Transkription  davon  gegeben  hat. 

Das  erste  Gedicht  bezeichnete  ^uez  als  Mezrüde,  »weil  die  An- 
fangsverse am  Ende  wiederkehren«.  Es  hat  zwei  Teile,  die  deutlich 
durch  den  Inhalt  und  auch  durch  den  Reim  sich  von  einander  scheiden. 
Die  Verse  sind  Langverse,  die  den  Einschnitt  in  der  Mitte  haben; 
Falls  hat,  im  Anschluß  an  das  Manuskript,  Halbverse  gedruckt  und 
gezählt,  ich  drucke  und  zähle  ebenso,  rücke  aber  die  zweite  Vers- 
hälfte ein,  um  die  eigentlichen  Verse  besser  kenntlich  zu  machen.  Die 
durchgehende  Endung  der  zweiten  Vershälften  ist  im  ersten  Teile  an: 
diese  Endung  findet  sich  von  Vs.  7/8  ab  durchgehend  bis  Vs.  45  b. 
Die  Anfangsverse  (i — 6)  und  die  Schlußverse  (46 — 48)  stimmen  in 
ihrem  Reim  nicht  ganz  dazu. 

Im  zweiten  Teil  ist  der  von  49/50  bis  101/102  durchgehende  Reim 
der  zweiten  Vershälften  äi.  Den  Schluß  bilden  ein  paar  Verse,  die 
teilweise  an  den  Schluß  des  ersten  Teils  (Vs.  46 — 48)  erinnern,  teil- 
weise den  Anfang  desselben  wiederholen.  Daß  die  Verse  akzentu- 
ierendes Metrum  haben  und  nicht  quantitierendes,  ist  wohl  außer 
Zweifel.  Im  allgemeinen  haben  die  Halbverse  deutlich  je  drei  He- 
bungen. 

Das  zweite  Gedicht  (Falls  74)  ist  ein  Strophengedicht.  Es  hat 
nach  dem  aus  zwei  dreihebigen  -)  Versen  bestehenden  Auftakt  (matla*) 
6  Strophen  zu  je  3  Versen,  von  denen  je  der  letzte,  dreihebige,  den 
Hauptreim  hat,  während  die  beiden  andern  zweihebigen  unter  sich 
reimen.  Der  arabische  Text  dieses  Liedes  ist  in  einem  ganz  schlimmen 
Zustande  und  offenbar  von  jemand  aufgezeichnet,  der  weder  arabisch 
schreiben  noch  hören  konnte.  Die  sich  auf  S.  307  von  »Drei  Jahre« 
findende  Transkription  hat  zwar  auch  große  Mängel,  läßt  aber  doch 
gelegentlich  ahnen,  wie  der  Text  eigentlich  gelautet  haben  kann. 
Der  von  mir  gedruckte  Text  ist  durch  sorgfältige  Vergleichung  des 


0  Siehe  oben  S.  371. 

^)  In  der  Transkription  hat  Falls  die  »Rhythmik«  der  Verse  durch   einen  Akzent 
angedeutet. 


376  Paul  Kahle, 

arabischen  und  des  Transkriptionstextes  zustande  gekommen  ^).  Die 
beiden  letzten  Strophen  lassen  sich  kaum  herstellen.  In  der  Fassung, 
wie  ich  sie  abdrucke,  fehlt  in  jeder  Strophe  ein  zweihebiger  Vers.  Im 
übrigen  verweise  ich  hier  auf  meine   Bemerkungen  dazu. 

Falls  Nr.   17. 

1  gulfde  darsäh  g"rüne    Saget  ihr,   die  ihre  herabhängenden  Locken 

hin  und  her  bewegt, 

2  bähi  löne  die  schön  in  ihrer  Farbe  ist, 
[widdi]  nirgid  fi          ich  möchte  an  ihrem  Busen  ruhn, 

dabbüne 

3  äabbäl  ''ajäne  die  kokett  ihre  Augen  schließt, 

4  bu  sälif  dime  raijäne  die  mit  dem  Schläfenhaar,  das  immer  feucht 

ist, 

5  gaijätak  ja  sim'h         deine  Liebeserweisungen  !  du  mit  den  schönen 

anwäne  Augenbrauen  ! 

6  ja  l].azret  '■ain  is-  du  mit  dem  Umwenden  des  Falkcnauges  ! 

iaihäne 

7  tehlij  li  billa  wa-         Du  sollst  mir  schwören  bei  Allah  und  seinem 

imäne  Eide, 

8  umä  gaijätak  und  nicht  will  ich  deine  Liebeserweisungen  ver- 

nansähän.  vergessen  ! 

9  ma  bi  fög  häjil  0  wäre  ich  auf  einer  jungen,   noch   nie  ge- 

'^asräne  rittenen  Kamelin, 

10  willa  fi  tefi-  oder  auf  einem  jungen  Pferde,  das  Paßgang 

rhawän  geht, 

1 1  ^äjii  fi  /nie  bisnäne     das  sich  seinen  Unterhalt  immerdar  mit  seinen 

Zähnen  besorgt, 

12  jiV-ab  '■as-säje  unwillig  spielt  es,  wenn  es  angebunden  ist. 

seärän 

13  min  ges  il-jaijüm        Vom  Faijum  her  ist  seine  Heimat. 

makäne 

14  min    gabl    inüd    il-  Bevor    sich    der    Gebetsrufer    (zum    Morgen- 

meäään  Adän)  zu  erheben  pflegt, 

15  zan  guddäme  gür         kommen  vor  ihm  auf  gefärbte  Felsen, 

alwän 

16  mudlim  fi  lön  dunkel,  in  der  Farbe  des  Rauchs. 

id-duhän 


')  Man  kann  an  diesem  Beispiel  besonders  deutlich  sehen,  wie  unzulänglich  die 
Fall  «'sehen  Texte  sind.  Nr.  17  ist  immer  noch  besser,  wohl  wegen  der  von  Muhtär  Abu 
faijib  herrührenden  besseren  Handschrift, 


Die  Aulad- 'Ali-Beduinen  der  Libyschen  Wüste.  -377 

17  äihte  min  gibli   [teil]  Ich  holte  es  südlich  von  Teil  et-Taijär  her, 

it-taijär 

18  mifalti  häjiz  in  der  Höhe  die  bewohnten  Plätze  umgehend, 

lautän 

19  ras  il-mergib  tag  Ras  el-Mergab  ward  sichtbar  hinter  uns. 

uräna 

20  gulna  rä  l-'asr  Wir  sagten,  jetzt  wird  gerade  das  *asr-Gebet 

idään  ausgerufen. 

21  ihßlna  ul-lel  amsäna  Wir  machten  halt,  und  die  Nacht  kam  über  uns, 

22  hitna  fi  '■alam  wir  übernachteten  in  'Alam  el-Mitnän 

ü-ynitnän 

23  ashah  felledna  sin-  Am  morgen  eilten  wir,  als  ob  wir  Flügel 

häna  .  hätten, 

24  nen  m'-aläte  raz-  bis  seine  (des  Pferdes)  Hufeisen  einen  Klang 

San  gaben. 

25  gifle  tamm  itgfd  Seine  Eisen  konnte  man  schließlich  für  Ra- 

riibbän  baben  halten. 

26  läyimfätfhe  rä/iän  Es  flogen  seine  Nägel,  sie  fielen  ab  1 

27  mirsäl  il-gäli  lagäna  Ein  Bote  der  Geliebten  traf  uns, 

28  fi  nadfirat  bil/ierän  in  Sehweite  von  Abu*l-herän. 

29  gäl  na  ridak  rete  Er  sagte:  ich  habe  d-eine  Geliebte  gesehen, 

30  däbil  ma  nuskur  verschmachtend,  nicht  kann  ich  ihren  Zustand 

lü  käl  preisen 

31  gult  bess  ausifli  däre  Ich  sprach:  beschreibe  mir  nur  ihre  Wohnung, 

32  uäna  nätihum  und  ich  will  zu  ihnen  gehen  in  Eile  ! 

ba^'zäl 

33  gälu  tirjelli  rahläne  Sie  sagten:    Die  Kunde  von  ihrem  Aufbruch 

gelangte  zu  mir, 

34  rähil  wirzd  il-  sie  brach  auf  und  will  nach  el-Batnän. 

batnän 

35  malet  il-ma^tüb  Ich    stachelte   an    das   abgetriebene    Tier   in 

ibgeda  Leidenschaft, 

36  bitna  fi  haumat  wir  übernachteten  in  der  Ansiedelung  beim 

gadbän  Gadbän. 

^"j  asbakna  zina  Ig-awäse  Am  Morgen  kamen  wir  zu  ihren  Leuten. 

38  jigli  sere  makri-  Es  kocht  (das  Pferd),  da  sein  Lauf  überaus 

jän  schnell  war. 

39  sabba  wagdan  ma  Sie  stand  da,  sobald  sie  mich  sah, 

ra'-äni 

40  g-aunan  widmü^e  war  traurig,  und  ihre  Tränen  flössen  in  zwei 

sälän  Strömen. 


378  Paul  Kahle, 

41  min  g-ebat  miiälak  Weil  dein  Termin  mir  längst  vergangen  war, 

*^anni 

42  na  '■agii  häda  haz-  war  dieser  mein  Geist  betrübt. 

nän 

43  ma  ^omre  ynirsälak  Niemals  kam  mir  ein  Bote  von  dir, 

ään  i 

44  la  Iritilna  -ß[ai]  keine   Nachricht   von    dir    traf    uns,    wo    du 

makän  wärest. 

45  tammat  ''äd  itsäki  fi  Immerzu  höhnten  über  mich 

milli  särat  miäzl-  solche,  die  zu  den  Nachbarn  gehörten. 
rän 

46  [gälat]:  '■andak  näs  [Andere  sagten]:  du  hast  Leute,  die  uns  wert 

i^zäz  ^alena  sind. 

47  wagdan  jir'^üni  Wann  die  mich  sehen, 

48  jir^ru  büfäk  je'-fnüna  werden    sie    dir    zur    Erfüllung    deines    W-r- 

sprechens  zureden,  indem  sie  uns  helfen. 

49  ma  bi  jög  ra^Tb  O  wäre  ich  auf  einem  sich  noch  fürchtenden, 

imhauwal  noch   nicht  an  Arbeit  gewöhnten 

(Kamel), 

50  sinne  kän  kebfr  das  seinen  Zähnen  nach  sechsjährig  ist  ! 

dnäi 

5 1  jala  '■ese  ta/tt  umme  In  der  Wüste  findet  es  seinen  Unterhalt  immer- 

iill  dar  unter  den  Augen  seiner  Mutter, 

52  ma  tesha  gere  nicht  möchtest  du  ein  anderes  als  dies  wün-      J 

waläi  sehen,  wahrhaftig  nicht  ! 

53  ß  meS'je  jibga  fi  laiiwal  Beim  Marsche  ist  es  vorn  an, 

54  majäkulgeril-^ajäi  Nur  unberührtes  Gras  frißt  es. 

55  fil-hurma  jibga  In  der  Hurma  schlägt  es  die  Steine  mit  den 

isauwan  Füßen, 

56  anwäri  minne  ma  ich  zeige  mich  tapfer,  über  es  (das  Pferd)  be- 

niskäi  klage  ich  mich  nicht. 

57  win  kän  ma  b'-etüh  Und  wollt  ihr  es  nicht  verkaufen,  so  geh  ich 

inhauwid  fort  ! 

58  häda  gas'r  fi  Das  wäre  eine  Verkürzung  an  meinem  Leben. 

''omräi 

59  matgulli  hälif  be-  Aber  sagst  du  mir  nicht,  schwörend  bei  seinem 

imäme  (Gottes)  Eide: 

60  errid  embl'-e  min  ich  will  es  verkaufen  freiwillig? 

sa'-däi 

■61  ääbe  wosl  is-süg  Er  brachte   es   mitten  auf   den  Markt,   und 
usabba  stand  da, 


Die  Auläd-'Ali-Beduinen  der  Libyschen  Wüste.  570 

62  u'-äd  Uli  jir'-aih  und  wer  es  sieht,  der  kommt  herbei. 

iääi 

63  '■äd  in-näs  iiräh  shika  Die  Leute  standen  hinter  ihm  als  Kette, 

64  tatha'- ffh  uhü  jimsäi  folgten  ihm,  wenn  es  weiter  ging. 

65  "a/fan  fih/iamsmirjäl  Sie  wollten  für  es  geben  50  Real. 

66  gäl  ilhum  jirzig  Er  sagte  zu  ihnen,  mein  Herr  (Gott)   möge 

rahhäi  Gutes  geben  ! 

67  zina  mista'-sil  bil-hel     Wir  kamen  eilend,  mit  Eifer, 

68  ugulna  näwi  jak-       und  sagten,   wünschend,   er   (Gott)   möge  es 

sam  läi  mir  bescheren, 

69  gult  ja  Aäli  kän  übfe' sagte:  Oheim,  willst  du  es  verkaufen, 

70  hud  minni  hamsfn       so  nimm  von  mir  50  Gineen  ! 

zinäi 

71  gäl  israHi  hitaghid       Er  sprach:  Beeile  dich  mir  mit  der  Aufzählung! 

72  embf  uana  räsi  Ich  verkaufe,  während  mein  Kopf  noch  (yom 

hämäi  Reden)  heiß  ist. 

73  ekwaijis  kämil  fi  Es  ist  ein  schönes,  vollkommen  im  Ebenmaß, 

tardfa 

74  imsaggid  kef  it-targäi  geradeaus    gehend,    wie    jemand,    der   einen 

langen  Weg  vor  sich  hat. 

75  löne  lön  ddlm  ishüb     Seine  Farbe  ist  die  des  männlichen  Straußes 

in  der  Regenzeit, 

76  uräse  kellit  niis-         und  sein  Kopf  (so  schön)  wie  ein  Topf  aus 

ratäi  Misrät 

77  aiiräke  kef  il-'-arsät      Seine  Schenkel  sind  wie  die  (Marmor)säulen, 

78  izdäd  -ß  gubbat  neue,  in  den  Kuppelbau  eines  Schechs  ein- 

seh  mibnäi  gebaut. 

79  waltete -blebeb  wihzäm   Ich  legte  ihm  an  Brustriemen  und  Leibgurt, 

80  wahauwije  mil-  und  einen  Sattel,  wie  man  ihn  zum  Reiten 

"■akäräi  braucht. 

81  uhiäh  ckwaijis  timgile  Und  seine  Schritte  —  schön  ist's,  es  anzu- 

schauen ! 

82  ugult  ü-maula  Und  ich  sprach:  der  Herr  mache  es  gut  mit 

jehsin  läi  mir  ! 

83  uslähi  kämil  tardi^a     Und    meine    Waffen    waren    vollkommen    in 

Ordnung, 

84  söhar  dagg  istam-       ein  Metallglanz  —  Schmiedekunst  von  Stam- 

bfdäi  bul  ! 

85  gäHd  mä  li  se  häzät     Ich  saß  da,  ohne  daß  noch  irgend  etwas  fehlte, 

86  imjät  ismfiri  bil-        nicht  nötig  selbst  war  mein  Wachen  über  die 

g-almäi  Schafherden. 


TgQ  Paul   Kahle, 

87  min  ges  hararät  itiir     Von  Hararät  her  bricht  es  auf, 

88  halli  fil-wS/in  es-       das  im  östlichen  Lande  ist. 

sirgäi 

89  izbäde  '■al-'-örnen  ifü/i  Sein  Schaum  quillt  über  das  Nasenbein. 

90  in/iaddi  fth  uhü  Ich  zügle  es,  aber  es  will  nicht. 

mabäi 

91  '■and  salät  i^-duhr  il-  Zur  Zeit  des  Gebets  am  hohen  Mittag, 

'äli 

92  silt  unää  iddäH  häi    lud  ich  auf,  und  es  erhob  sich,   indem  es  mich 

fordert. 

93  uzibte  fi  der  imhaä-     Und  ich  brachte  es  zu  einem  mit  Grün  be- 

(far  standenen  Lande. 

94  enride  jerta'-  niä  Ich  will  es  weiden  lassen,  es  will  nichts. 

basäi 

95  imsakkar  '■äjif  Gegen  das  mit  Tau  bedeckte  Nüwär  hat  es 

nüwära  Abscheu, 

96  Uli  mau  näbit  Welches  nicht  in  Batnän  gewachsen  ist. 

hatnänäi 

97  dannete  winrzd  irkübe  Ich  trat  herzu,  will  es  reiten, 

98  säk  injäbe  äawahnäi   Es  knirscht  mit  den  Zähnen,  greift  mich  an. 

99  umasakte  dabbet  ^aleh  Ich  faßte  es,  schwang  mich  auf  es  herauf, 

100  unäd  izammil  sir-  und  es  stand  auf    und   geht  ärgerlich  brum- 

nänäi  mend  los. 

101  zibte  min  bahri-  Ich  brachte  es  nördlich  an  ez-lZaläl  vorbei, 

ladläl 

102  u'-äd  mn^ssid  und  fragte  nach  bei  dem  Saatenwächter. 

■fil-iarräi 

103  gälauli  gäsi  gälijak    Sie  sagten  mir,  die  Leute  deiner  Geliebten 

104  hunhu  fil-Hlu-l-        sind  da  auf  der  oberen  Höhe. 

fögäni 

105  'ag"b  nehär  auwän      Am  Schluß  des  Tages,  zur  Zeit  des  Schlafens 

imbät 

106  'andak  näs  i'-zäz       hast  du  Leute,  die  uns  wert  sind. 

'alena 

107  gawäli  wagdan  jir-    Meine  Teuren,  wenn  sie  uns  sehen, 

'■fina 

108  mil-beHd  ijüzu  werden  sie  von  weit  her  zu  uns  eilen  ! 

ilena 

109  gulüle  darzäh  g"rüne  Saget  ihr,  die  ihre  herabhängenden    Locken 

hin  und  her  bewegt, 
HO     bähi  löne  die  schön  ist  in  ihrer  Farbe, 


Die  Aulad- 'Ali-Beduinen  der  Libyschen  Wüste.  ^8l 

III  widdi  nirgid  fi  dab-     Ich  möchte  ruhen  an  ihrem  Busen. 
biine 

1  zu  derzäk  vgl.  Stumme,  Bed.  Tri  139,  Hartmann  S.  109.  —  g"mn  nicht  eigentlich 
»Zöpfe«,  sondern  lang  herabhängende  Locken;  vgl.   Hart  mann   S.  45. 

2  zu  ividdi  vgl.  Stumme,  Bed.  Tri  S.  153;  das  Wort  fehlt  hier  im  Ms.  wohl  aus  Ver- 
sehen; vgl.  Vs.  III.  —  äabbün  »Busen«.  Hartmann  (S.  iio)  wurde  das  Wort  durch  /ludn 
erklärt. 

3  dabbäl  ist  eine,  die,  fromm  tuend,  etwas  kokett  die  Augen  schließt,  wenn  man 
sie  anredet.  Vgl.  Stumme,  Bed.  Trip.  S.  140  (oböl  »schmachtende  Blicke«),  Hartmann 
S.  74,  84,  90  (Nr.  29  6)  ,  129  (55,). 

4  sälif  ist  das  Haar  an  den  Schläfen,  nicht  »Vorderlocke«,  wie  Hartmann  42, 
236,  291  usw.  übersetzt.  »Vorderlocke«  wäre  zimme,  das  würde  hier  nach  Huez  besser 
passen,  —  Die  Locke  tropft  von  Fett,  vgl.  Hartmann  zu  67  2. 

5  gaiie  wurde  Hartmann  (135)  durch  garäm  erklärt.  —  amcän  (Plural,  nicht 
Dual  !)  sind  die  beiden  Augenbrauen,  die  aussehen  wie  der  umgekehrte  arabische  Buch- 
stabe ...,  der  Punkt  ist  das  Auge. 

6  »,;:>  erklärte  Huez  für  das  plötzliche  Umwenden  (iltifät)  des  Blickes;  sehr  oft 
bei  Hartmann,  Stumme.  —  Die  sehän  genannte  Falkenart  ist  von  Hartmann  S.  96 
näher  beschrieben.    Das  iüL^iJl  des  Ms.  deutet  auf  die  Aussprache  es-shäne  hin. 

8  Zu  nansähän  (so  ist  für  .''S'lm^J^  des  Ms.  zu  lesen)  vgl.  oben  S.  374;  das  Suff, 
bezieht  ?ich  auf  gaijätak. 

9  yna  bi  —  jämä  bi,  vgl.  Spitta  §  84,  6,  Brockelmann  II  10.  häjil  ist  eine  junge 
Kamelin  (Hartmann  S.  114:  =  näga  'ägir,  das  paßt  hier  jedenfalls  nicht)  —  '■asräne  heißt 

sie,  weil  auf  ihrnoch  niemand  geritten  hat.  Vgl.  dazu  etwa  ..xaxxi   »maturaviro«  (Brockel- 
mann). 

IG  tep.  erklärte  Huez  als  ein  männliches  Pferd  im  Alter  von  2 — 3  Jahren.  »Es  sieht 
aus,  als  ob  ein     ^-ftjl-b  von  »Ju\Jo  drin  stäke«  (Stumme). 

11  d.  h.  es  braucht  niemand,  der  ihm  Futter  gibt. 

12  mit  sä  je  bezeichnet  man  Pflock  und  Seil,  mit  denen  es  festgebunden  ist.  zedrän  = 
zaHän,  das  Pferd  ist  unv\illig,  daß  es  nicht  fort  kann.  Hartmann  schreibt  S.  142:  gedrän 
=  za'-län,  gedär  —  za^l);  das  ist  natürlich  dasselbe  Wort.     Huez  sprach  deutlich  d. 

13  ges  wohl  Präpos.  »gegen,  hin  nach«.  Temporal  ist  es  in  Tripolis  häufig  gfs  sf'a 
»gegen  eine  Stunde«  (Stumme). 

14  zu  näd  vgl.  Mar^ais,  Tanger  S.  4S2.     Czermak  in  WZKM  XXVI  S.  256. 

15  die  gür  alwän  sind  einzelne  felsige  dunkle  (vgl.  Vs.  16)  Hügel  in  jener  Gegend. 
17  teil  et-taijär  (ich  hörte  auch  et-taijär)  ist  eine  Tagereise  südlich  von  Alexandria^ 

Das   Uell«  stört  nach  Huez  das  Versmaß,  darum  habe  ich  es  eingeklammert. 

19  ras  el-mergib.  Ms.  margab,  ist  ein  Hügel,  6  Stunden  südlich  von  Alexandria.  tag  = 
bän\  vgl.  Stumme,  Bed.  Trip.  S.  145  s.  v.  ,*\^-^,  auch  bei  Hartmann  häufig  als  tag  (22.3, 
77  6  usw.);  »hinter  uns«,  d.  h.  es  wurde  seitlich,  im  Norden,  sichtbar,  aber  der  Ritt  war 
so  schnell,  daß  es  gleichsam  schon   »hinten«  lag,  als  es  sichtbar  wurde. 

20  rä  »jetzt«,  eigtl.  »sieh«,  z.  B.  bei  Hartmann  13,  2,  Stumme  Tri  §  207,  Mar^ais, 

Tanger  305.    iddän  =    -^05  mit  Dehnung  der  letzten  Silbe  wegen  des  Reimes;   ,^2jJ5     ..Ö5 

vulg.  f.   «*ajiJLj  ...ö!  vgl.  Mar^ais,  Tanger  S.  302,  Orient.  Stud.,'  Nöldeke  I  216. 

22  ^alam  el-mitnän  liegt  3   Stunden  westlich  von  ras  el-margib. 

23  felledna  für  felleina  s.  0.  S.  374. 


382  Paul  Kahle, 

25,  26  gifle  »sein  Schloß«,  mfätthe  >>sein  Schlüssel«  sind  hier  Hufeisen  und  die 
Nägel.  Zu.  tamm  (auch  Vs.  45)  vgl.  Brockelmann  II  39;  itgül  »daß  du  meinst«.  Ähnlich 
bei  Hartmann  77  2. 3.  Die  Form  riibbdn  ist  auffallend.  H.  erklärte,  sie  sei  Plural  zu 
rabäb  (die  bekannte  einsaitige  Geige),     rä/iän  für  rähan  —  3  PI.  fem. 

28  bilherän  (=  abu-l-/ierän,  wörtl.  Vater  der  jungen  Kamelinnen;  heran  PI.  zu 
Jncära^  vgl.  Hartmann  S.  80,  150  (hier  hJräny)  ist  ein  Brunnen  südlich  von  Mirsa  Matrüh, 
auf  den  Karten  gel.  als  Bir  Hairam  bezeichnet.  —  nadürat  bilherän  ist  überall  da,  wo  man 
das  Charakteristikum  des  Brunnens,  vielleicht  ein  paar  danebenstehende  Bäume  oder 
einen  dabeiliegenden  Hügel  noch  sehen  kann. 

29  rld  ein  intimer  Freund;  im  Stadttunis,  ist  ja  ridi  »mein  Schätzchen«  Stumme, 
Bed.  Tri   141. 

33  :=  firjeii  U  rahläne,  letzteres  Plur.  zu  rahil;  wörtlich:  ihre  Aufbrüche  gelangten 
(3  Plur.  Fem.)  zu  mir. 

34  ilbatnän  »ein  weites  Land  auf  der  Grenze  zwischen  Tripolis  und  Egypten«;  vgl. 
Hartmann  S.  79:  »'agabel  elbafnän  d.  i.  'agabet  elkebtre,  die  15  Tage  lang  ist  für  den  Reiter«. 

35  ma^lüb  übersetzt  Hartmann  296  durch  »elend«,  »abscheulich«;  hier  ist  das 
sicher    nicht    der  Sinn. 

36  haiunal  gadbän  ist  das  Grab  eines  aus  dem  Westen  stammenden  Schechs,  der 
in  der  Gegend  von  Sollüm  starb,  hauma  ist  sonst  »quartier  d'une  ville,  vgl.  ^Iar^ais, 
Tanger  273  usw.     Wahrscheinlich  befindet  sich  bei  dem  Heiligengrabe  eine  kleine  An- 

"  siedelung. 

37  IgawäSe  —  ligawäSe  s.  oben  S.  374;  gawäS  (Sing.  göS)  sind  die  Leute,  die  an  einem 
Platze  wohnen  (Huez),  vielleicht  wegen  des  Lärms  so  genannt,  den  ein  Beduinenlager 
in  der  Stille  der  Wüste  verursacht;  vielleicht  hätte  man  aber  IgaiväSi  zu  lesen;  vgl.  dazu 

_.iiLi   »gens,  monde«  Beaussier.     Dies  Wort  findet  sich  in  dem  ähnlichen  Vers  103. 

38  mahrijän  erklärte  Huez  durch  gaumäm  sert'ilharaka.  Wahrmund  kennt  (modernes) 
mäharij  als  Bezeichnung  für  ein  Dromedar.  —  » In  mahrijän  wird  wohl  das  Mehri-Kamel 

stecken  (jc_ix)«  (Stumme);  vielleicht  also:  weil  sein  Lauf  der  eines  Mehri-Kamels  war. 

39  $abä  odtT  ?abbä  »dastehn«  auch  z.  B.  Vs.  61.  —  Hartmann  S.  55  übersetzt  wa?abbH 
wajä  ba's  sie  stürzten  gegeneinander  los«,  statt  »sie  standen  zusammen  da«,  nämlich 
vor  der  Schlachtreihe.  Für  msabbi  (Hartmann  Nr.  581),  erklärt  durch  »sie  steht  da«, 
ist  vielleicht  msabbi  zu  lesen. 

40  gaunan  »er  war  traurig*.  Man  sagt  z.  B.  ana  vigaunan.  —  »mgaunan  sieht  bei- 
nahe aus,  als  sei  diese  Fau'al- Bildung  ursprünglich  zur  Wurzel  ^i  gehörig.      Vgl.   maghreb. 

Ijammem  »denken«  für  ._.«j>«  (Stumme).  —  Zu  sälän  erklärte  Huez:  die  Meinung  sei, 
daß  die  Tränen  in  zwei  Strömen  fließen,  also  wohl  für  sailän  oder  säilän.  —  Ich  würde 
die  Form  sonst  lieber  zu  rühän  (26)  stellen  =  3.  PI.  fem.  mit  sekundärer  Dehnung  der 
zweiten  Silbe. 

41  tntzäl  »epoque  delai,  terme«  bezeugt  Beaussier  für  Constantine. 

42  haznän  »afflige«  Beaussier. 

43  zu  ma  'omre  vgl.  ...  ä^"    w«    ^■''  f-  »ne  volez  jamais«  bei  Beaussier. 

44  Das  ai  fügte  Huez  hinzu  und  erklärte:  »niemand  sagte  uns,  wo  du  bist«;  er  schien 
es  im  Interesse  des  Verses  für  nötig  zu  halten;  ohne  ai  müßte  man  wohl  übersetzen  'mirgend 
gelangte  eine  Kunde  von  dir  zu  uns«. 

45  Subjekt  zu  tammat  iSäki  usw.  ist  etwa  ein  aus  dem  Folgenden  zu  ergänzendes 
y*Lj,  das  z.  B.  64  als  fem.  Sing,  konstruiert  wird.  Zu  'äd  (auch  Vs.  62,  63)  vgl.  ^L\R9AIS, 
Tanger  S.  393  f.     In  Nr.  45  sind  natürlich  zwei  Verse  enthalten. 


Die  Auläd-'Ali-Beduinen  der  Libyschen  Wüste.  -jß^ 

46  gälat  »andere  sagten«;  das  Wort  gehört  nicht  in  den  Vers.  Der  Sinn  ist:  Böse 
Nachbarn  höhnten,  er  werde  nicht  kommen,  andere  trösteten  sie.  lizni  büfäk  erklärte 
Huez  so  wie  ^s  übersetzt  ist. 

49  via  hi  wie  Vs.  9.  —  ra^Tb  nennt  man  ein  etwa  fünf-  bis  siebenjähriges  Kamel, 
weil  es  noch  nicht  sehr  an  Menschen  gewöhnt,  vor  allem  Angst  hat;  Hartmann  wurde 
es  erklärt  als  »el  hakra  Uli  lissa  mä  salu  ^aleha«  (S.  149).  • — ■  hyifiauwal  ist  ein  solches,  das 
noch  immer  nach  eignem  Willen  hat  gehen  dürfen,  an  Arbeit  noch  nicht  gewöhnt  ist. 

50  kbtr  essinn  »alt«  vgl.  Marjais,  Tanger  S.  337.  —  iini  bezeichnet,  vom  Kamel  ge- 
sagt, ein  sechsjähriges,  weil  es  in  diesem  Alter  seine  Eckzähne  bekommt.  Bei  Pferden 
geschieht  das  früher,  so  wurden  tinäja  Hartmann  (57)  als  »zweijährige  Tiere,  die  noch 
nicht  reitbar  sind«,  erklärt.  Die  Namen  des  Kamels,  nach  dem  Alter  des  Tieres  geordnet, 
werden  verschieden  angegeben;  vgl.  Hartmann  S.  150,  Falls,  Bed.  Lieder  S.  77.  Huez 
nannte  folgende:  einjährig:  hK'är  (vgl.  Vs.  28),  zweijährig:  ben  ^asär,  dreijährig:  ben  lebün 

(Hartmann  122:  zweijährig),  vierjährig:  hagg{yg\.   /  ä.s>),  fünfjährig  2^^«*  (Falls:  getta, 

schetta),  siebenjährig:  rbä^  (Socm  verweist  in  seinem  Dozy  auf  Doughty  I  355,  wo  robba 
ein  sechsjähriges  Kamel  ist),  achtjährig:  /«/«>,  neun-  und  mehrjährig:  sevtel. 

51  fala  =  fil-^ala  (Huez),  wohl  aus  fi  fala  —  ffala  —  fala  entstanden,  s.o.  S.  374. 
Gemeint  ist:  alle  Milch  der  Mutter  ist  ihm  zugute  gekommen,  aber  auch  sonst  hat  es  sein 
Futter  unter  den  Augen  der  Mutter  sich  suchen  dürfen. 

54  ^afäi  »Gras«  (StuMME,  Bed.  Tri  S.  146)  ist  nach  Huez  speziell  solches  Gras,  von 
dem  noch  kein  Tier  gefressen  hat,  unberührtes  Gras. 

55  statt  Ä.'i_^  5J>  ist  nach  Huez  'iJs^  ^3  ^u  lesen,  el-fiurma  nennt  man  die 
etwa  10  Tage  lange  Strecke  von  Siwa  nach  Derna;  die  Wüste  ist  hier  ganz  eben,  nur  mit 
kleinen  Steinen  bedeckt  (»gepanzert«,  vgl.  Walther,  D.  Gesetz  der  Wüstenbildung  S.  186  f.), 
so  kann  das  Kamel  dort  sehr  schnell  laufen. 

56  anwäri  »ich  bin  zwar  müde,  aber  ich  sage  es  nicht«.  Ganz  ähnlich  Zaghlül's  Er- 
klärung bei  Hartmann  S.  41. 

57  Ciy>-  »laisser  a  cöte,  eviter«  Beaussier;  auch  in  Egypten  kommt  Oj.s>  neben 
Js_».>-  vor,  vgl.  Spiro  s.  v.  und  Almkvist,  Kl.  Beitr.  275  Anm.  2. 

58  1.  ^.  ■       - 

60  zu  errtd  (Falls  Joj!),  vgl.  die  Bern,  oben  S.  374,  vielleicht  liest  man  besser 
enrid  wie  in  Vs.  94;  das  danebenstehende  Njowo!  (embt'e)  ist  sowieso  verdruckt. 

61  u'ost  vielleicht  für  fi  wos.t  —  fwost,  vgl.   Stumme  Tri  §  16.     sabba  wie  39. 

65  1.  ^^lis-^   =   3-  PI-  fem. 

66  der  Sinn  ist  natürlich :  für  den  Preis  verkaufe  ich  es  nicht. 

70  Fünfzig  Guineen  ist  natürlich  ein  viel  zu  hoher  Preis  für  ein  Kamel. 

73  Huez  hält  den  Einschub  von  ^5  hier  für  notwendig,  Vs.  82  nicht.  —  Ich  über- 
setze iardi'a  so  wie  es  Huez  erklärte.     Belegen  kann  ich  das  Wort  sonst  nicht. 

74  msaggid   »ordnungsmäßig  geradeausgehend,    nicht    vom    Wege  abbiegend«,  vgl. 

Dozv  >>iL»*wa  »direkt«.      -S.Ip  ist  nach  Huez  ein  Mann,  der  einen  langen  Weg  vor  sich  hat. 

75  Der  männliche  Strauß  (*-Jüs)  ist  schwarz  (mit  einigen  weißen  Federn),  und 
sein  Gefieder  ist  in  der  Regenzeit  {sbüb  nl  maiar«  Hartmann  122),  wenn  es  frisches  Grün 
gibt,  besonders  schön.     Kamele  mit  schwärzlichen  Haaren  gelten  als  besonders  stark. 

76  Misräta  in  Tripolis  ist  berühmt  durch  seine  Töpferwaren. 


■1^4  PaulKahle, 

77)  78  vgl.  Hartmann  54 16:  auräkha  kel'arsät  (Var.  '■arsät)  halli  binähan  ustäwt 
»ihre  (des  Mädchens)  Schenkel  sind  wie  Säulen  (lies  ^arsäl),  die  ein  Meister  baute«. 

79  waltete:  man  sagt  tautijet  eszemel  (Huez).     Ich  kenne  das  Wort  sonst  nicht. 

80  hauiüTje  ist  allgemein  '■edde  und  bezeichnet  sowohl  den  ohne  Eisen  und  Holz 
gearbeiteten  Reitsattel  {^akäri,  'edde  '■akärlje),  als  auch  den  Packsattel  (sägir,  'edde  sawä- 
grlje). 

81  iinigJl  »Ansehen,  Beschauen <«,  wird  durch  Hartmann's  Bemerkung  S.  132  be- 
stätigt. 

84   »on  polit  une   lame  jusqu'ä    son  S't.:>-  apparaisse«  Dozy,  es  ist  eigentlich  das 

innere  Wesen  einer  Sache.     Zu  dagg  vgl.  Hartmann  66. 

86  A,jLi.  »Troupeau  de  100 — 300  moutons  (Sud)«  Beaussier.  Huez  meinte  ,JLc 
sei  gleich  .«.Äc.  —  Selbst  um  die  Schafe  braucht  er  sich  nicht  mehr  zu  kümmern,  er  kann 
losreiten. 

87  ges  wie  13.  —  Hararät  ist  bei  DamanhOr. 

91  d.  h.  im  letzten  Moment,  in  dem  das  Mittagsgebet  noch  gesetzlich  möglich  ist. 

92  Die  Schreibung  ^  ^cjJi  (1-  so  für  ^tjJI)  für  ^ö\  führt  Beaussier  als  im 
Magrib  oft  vorkommend  an.  —  Huez  erklärte,  es  bedeute  soviel  wie:  es  läuft  schnell  mit  mir 
los.  »Es  ist  wohl  zu  denken  wie  ,cs  fordert  mich'  (direkt  studentisch)  zur  Mensur, 
o.  ä. «    (Stumme). 

94  jerta'  für     ,-*J-j. 

95  Nüwär  von  der  Hatije  (vgl.  zu  diesem  Worte  die  Bern,  unten  zu  74 1)  bildet 
Falls  in  Bed.  Lieder  S.  75,  •>Drei  Jahre«  S.  306  ab.  Nach  H.  ist  dabei  nicht  sowohl  an 
die   Blüten,  sondern  an  die  in  der  Vorwüste  wachsenden  Kräuter  selbst  gedacht  (zum 

Worte  vgl.  Mar^ais,  Tanger  S.  323  unten).     Ist  es  mit  Tau  bedeckt  (jC*»>./a  eigentl.  »be- 
zuckert«), so  hat  es  einen  Geruch,  der  dem  Kamel  nicht  zusagt. 

96  mau  =  viahii;  bei  Hartmann  häufig  mö  (48,  545,  6810),  aber  auch  wu"  (Var. 
mai])  für  ina  hJji  (233).  —  Zu  Batnän  vgl.  die  Bem.  zu  Vs.  34. 

98  für  ^iLw./!  lies  i^yLo;  »j^ük  , knirscht  mit  den  Zähnen'«  (Hartmann  S.  119); 
daneben  findet  sich  aber  auch  zgFg  fn/rtört  »das  Knirschen  der  Zähne«  (Hartmann  264). 
—  dawa/mi  soll  =  'äuzni  sein. 

99  dabbet  ist  nach  der  Angabe  von  Fluez  übersetzt.     Er  sprach  das  Wort  mit  d,  es 

ist  aber  doch  vielleicht  zu  L-JO  zu  stellen. 

100  vgl.  J>.x;   »faire  une  expedition«  (Be.\ussier).     Das  Kamel  gibt  ärgerlich  den 

bekannten  gutturalen  Ton  von  sich,   als   es  losgehn  soll.     Vgl.    ry'^-^  »vibrer,  resonner« 
(Beaussier). 

101  i3^Aa]|  ist  ein  weites  Land,  3  Tagereisen  westlich  von  Alexandria. 

102  ennSssid  für  nen^ssid.  —  tarräj  ist  der  Mann,  der  auf  die  frischen  Saaten  (^^Js) 
aufzupassen  hat. 

103  gäsi  vgl.  die   Bem.  zu  Vs.  37. 

104  hunhu  besteht  wohl  aus  huna  hit  »da  ist  er«. 

Falls  Nr.  74. 

i       asbä/t  il-her  ja  nm  Guten  Morgen,  du  weiße  Gazelle  der  Hatije, 
ü- hatije 


Die  Aulad-'Ali-Beduinen  der  Libyschen  Wüste.  -331; 

jabu  garn  '■al-'-ätig       du  mit  den  herabhängenden  Haaren,  die  auf 
nedld  der  Schulter  zahlreich  sind  ! 

Ifdüdik  dauwije       Deine  Wangen  sind  leuchtend 
f,  ä^läm  '-asije  im  Abenddunkel, 

5  willa  gasrbunjänes'^dzd  oder  (wie)  ein  neuerbautes  Schloß. 
ulik  sadr  maSällah  Du  hast  eine  Brust  —  maschällah ! 
kef  sef  me/ialla  wie  ein  geschmücktes  Schwert, 

willa  gadäri  jiUsjan    oder  wie  Pistolen,   die  von  weitem  glänzen. 
min  b^ld 
tadjik  imsäkkar        Deine  Brustwarze  ist  verzuckert, 
10  düb  lid  imhakkar         so  groß  wie  die  Hand  genau  ! 

dua  lü-m^rid  Uli  Ein  Heilmittel  für  den  Kranken,  über  den  man 

käm^l  ü-teshzd  schon  das  Glaubensbekenntnis  gespro- 

chen. 
/iälif  büha  Es  schwört  ihr  Vater, 

hal-bint  ma  wdüha  dies  Mädchen  geben  wir  nicht  her, 
15  üla  bmü  zlne  willa      es  sei  denn  um  hundert  Pfund,  oder  um 
alj  gadid  tausend  Kamele, 

\willa  bjöm  mtfdb-   oder  an  einem  rauchgeschwärzten  Tage, 
bib] 

17 

18  uV'säs  darb  bit-tekmzd  und  das  Blei  —  ein  Schießen  in  der  Nähe, 
19 

20  wal-hräb  isikken  und  die  Lanzen  stoßen, 

21  nen  jibga  benheii  bis  es  zwischen  ihnen  heißer  Tag  wird. 

nehär  s^did 

22  win  sä  nebäk  räza"  jik  Wenn  eine  Kunde  von  dir  kommt,  so  denkt 

er  an  dich, 

23  win  ö-äb  ja  'aziz  und  wenn  sie  ausbleibt,  o  Geliebte,  so  macht 

ideblak  es  dich  krank. 

1  rlm  ist  eine  (weiße)  Gazelle,  die  sich  vom  Grase  nährt,  daher  nicht  in  der  eigent- 
lichen Wüste  lebt  (hier  lebt  der  arjel,  der  mit  Wüstenkräutern  vorlieb  nimmt,  und  nie 
Wasser  braucht),  sondern  in  der  haßje;  so  nennt  man  einen  weiten  Platz,  an  dem  Viehfutter 
wächst;  so  auch  Falls  (»Drei  Jahre«  S.  315  Anm.  2,  er  schreibt  allerdings  fälschlich  immer 
Hattje)  richtig  »Vorwüste  mit  Vegetation«.  Hartmann's  Erklärung  des  Wortes  (S.  69, 
134)  ist  schwerlich  richtig.  Über  die  verschiedenen  Gazellenarten  bringt  Hartmann  S.  62 
einige  Notizen. 

2  nedld  »zahlreich«.  Huez  lehnte  die  sonst  nahe  liegende  Übersetzung  »gleich  lang« 
ausdrücklich  ab. 

5  Dem  Beduinen  ist  leicht  ein  aus  Steinen  erbautes  Haus  »gasr«.  Die  abends  er- 
leuchteten Fenster  eines  solchen  imponieren  ihm  besonders.  Vielleicht  ist  aber  auch  an 
die  leuchtende  Farbe  eines  neuerbauten  Hauses  gedacht. 

6  ulik  sadr  schlug  Huez  für  sadrek  vor. 


286  Paul  Kahle,  Die  Aulad-'Ali-Beduinen  der  Libyschen  Wüste. 

7  1.     ^JLi^;  ein  Schwert  das  mit  Gold  und  Edelsteinen  (ä-JI>-)  geschmückt  ist. 

10  düb  Itd  erklärte  Huez  durch  »gadd  el-td<<.  Es  gehört  wohl  zu  düb  =  da'b,  vgl. 
Stumme  Tri  S.  298,  Dozy  I  419,  Mar^ais,  Tanger  S.  289;  die  hier  notwendige  Bedeutung 
ist  allerdings  sonst  nicht  belegt.  Wäre  es  urspr.  —  däb,  so  müßte  das  ö  in  diesem  Beduinen- 

text  sich  finden.     Huez  sprach   aber  düb.  —  Ji^  »habile  et  ränge  et  qui  ne  laisse  pas 
se  tromper«  (Beaussier);  es  bedeutet  hier  »exakt,  genau«. 

11  Das  Gesetz  empfiehlt,  das  Glaubensbekenntnis  und  andere  Gebete  über  dem 
Kranken  zu  sprechen,  wenn  er  im  Verscheiden  ist,  also  jede  Hoffnung  auf  Heilung  ge- 
schwunden ist. 

13  ndüha:  das  Wort  ist  wohl  aus  Egypten  (vgl.  zu  ada,  jidi  Spitta  236  f.,  Völlers 
ZDMG  XLI  396)  zu  den   Beduinen  gekommen. 

15  Der  gewöhnliche  Preis  für  ein  Mädchen  ist  20  Pfund,  die  oft  auch  in  Kamelen 
usw.  gezahlt  werden;  vgl.  Falls,  »Drei  Jahre«,  S.  318  Anm.  4.  —  Von  Vs.  16 — 21  ist  so, 
wie  die  Verse  bei  Falls  dastehen,  kein  Sinn  herauszubekommen,  obwohl  die  Strophen 
rein  äußerlich,  nach  dem  Reime  betrachtet,  richtig  sind.  Huez  vermutet  wohl  mit  Recht 
statt  der  bei  Falls  stehenden  Verse  etwas  ähnliches  wie  ))K'illa  bjöm  mdabbib«  »oder  an 
einem  Tage  dunkel  von  Pulverdampf «,  vgl.  <wJLaX3  »Nebel«,  das  Wort  wird  auch  in  solchem 
Sinne  gebraucht.  Derselbe  Gedanke  bei  Hartmann  Nr.  151.  —  Mit  diesem  Ersatz  für 
Falls' Verse  16  und  17  lassen  sich  dann  die  Verse  18,  20,  21  nach  Beseitigung  der  bei  Falls 
gewöhnlichen  Gehör-  und  Schreibfehler  gut  im  Zusammenhange  verstehen.  Der  Vater 
schwört,  nur  um  100  Pfund  oder  1000  Kamele  gebe  er  seine  Tochter  her,  oder  sie  müßte 
ihm  mit  Gewalt  genommen  werden.  Dann  gibt  es  aber  zwischen  den  Kämpfenden  ein 
heißes  Ringen.    Allerdings  fehlt  so  wieder  in  den  beiden  Strophen  je  ein  Vers. 

iS  iekmid  wird  meist  von  der  Erwärmung  eines  kranken  Gliedes  gebraucht,  wie 
es  zu  Heilzwecken  geschieht.     Nach  Huez  ist  es  das  Schießen  aus  der  Nähe. 

Vs.    22,    23    gehören    nicht    mehr    zu    dem    eigentlichen    Gedicht.      ideblak    wird 

wohl   soviel   wie   idabblak  bedeuten.     Joj  ')rendre  malade«  (Beausster). 


DicFarag  ba'd  as-Sidda-LÜQYdiiuY, 

Von  Madä^ini  (f  225  H)  bis  Tanühi  (f  384  H). 
Ein   Beitrag  zur  arabischen  Literaturgeschichte. 

(Schluß.) 
Von 

Alfred  Wiener. 

Vill.   Abu  'Ali  al- Muh  assin  at-Tanühl^)  und  seine 

Familie. 

Wie  Abul-Iiusain  so  ist  auch  der  Mann  ein  Kädi,  der  mit  seinem 
Werke  den  Höhepunkt  der  /ar«^- Literatur  darstellt:  Abu  'Ali  al- 
Muhassin  at-Tanühi  (f  384).  Bei  der  Ungewißheit,  die  schon  bei 
arabischen  Schriftstellern  über  die  Beziehungen  der  Familienglieder 
untereinander  herrscht-),  schien  es  angebracht,  auch  Tanühi's  Vater 
wie  seinen  Sohn  mit  in  die  Erörterung  zu  ziehen,  zumal  beide  be- 
deutungsvolle Persönlichkeiten  ihrer  Zeit  waren.    . 


0  Die  Tanüh,  ein  südarabischer  Stamm,  Unterstamm  der  Kudä'a,  saßen  in  Bahrain 
und  zerfielen  in  drei  .Teilstämme.  Sie  wurden  Christen  ebenso  wie  die  beiden  anderen 
Stämme  Bahrä  und  Taglib.  Tanüh  soll  nach  den  arabischen  Erklärungen  (z.  B.  Lisän 
al-'arab  III  487)  von  »wohnen«  (tanaha)  herzuleiten  sein.  Nach  freundlicher  Mitteilung 
des  Herrn  Professor  M.  Hartmann  kommt  der  Name  noch  heute  bei  den  Drusen  vor. 
Siehe  über  den  Stamm: 

a)  Kitäb  al-agäm  Büläk  1285.  IX  161,  162;  Namen-  und  Stammesgeschichte,  Wande- 
rungen und  Wohnsitze. 

b)  al-'-ikd  al-farld  Büläk  1293,  H  81. 

c)  al-Bakn  (f  487)  ed.  F.  Wüstenfeld  I  16  und  dazu  F.  Wüstenfeld,  Register 
zu  den  genealogischen  Tabellen.      S.   444. 

-)  Nach  Abul-Ma/iäsinll  336-37  hat  der  Vater  das  farag  verfaßt,  sogar  die  mustagäd- 
Handschriften,  Tan.'s  eigenes  Werk,  nennen  (Leipzig.  Universitätsbibliothek  Nr.  590, 
24  b,  68  b,  73  a  und  Gotha  1596,  8  b)  Tan.'s  Sohn  als  Verfasser  des  farag.  Pertsch  sagt 
(Gotha,  Katalog  V  40  zur  Seite  223):  »Das  Verwandtschaftsverhältnis  der  verschiedenen 
Tanühi  untereinander  ist  nicht  klar.«  G.  Salmon  hat  die  Tanühi  durcheinander  geworfen 
{Introduction  topographique  a  Vhistoire  de  Bagdädh  d'Abou  Bakr  A/nnad  Ihn  Thäbit  Al- 
Khaßb  al-Baghdädht.  Paris  1904.  S.  29  u.  S.  75,  Anm.  i),  worauf  schon  de  Goeje  in 
der  Besprechung  hingewiesen  hat  (JA  1904,   III  158  ff.). 

Islam.     IV.  .27 


388  Alfred  Wiener, 

I.    Der    Kädi   Abul-Käsim   *A1I   b.  M.  b.  abil-Fahm 

at-Tanühl  (278 — 342  H),    der  Vater   unseres  fara£--Ver- 

fassers.      Abgekürzt:  T.   l^). 

Al-Kädl  Abul-Käsim  *Ali  b.  M.  b.  abil-Fahm  Dä'üd  b.  Ibrählm 
b.  Tamim  b.  Gäbir  b.  Häni'  b.  Zaid  b.  *Ubaid  b.  Mälik  b.  Murlt  b.  Sarh 
b.  Nizär  b.  *Amr  b.  al-Härit  b.  Subh  b.  *Amr  b.  al-Härit  b.  Fahm 
b.  Taimalläh  b.  Asad  b.  Wabara  b.  Taglib  b.  Hulwän  b.  Imrän  b.  al- 
Häfi  b.  Kudä*a  at-Tanühl  al-Antäki^)  lautet  sein  voller  Name3). 

T.  I  ist  am  Sonntag,  dem  25.  Dul-higga  des  Jahres  278,  in  Antiochia 
geboren  und  am  Dienstag,  dem  7.  des  ersten  Rabi*  342,  in  Basra  ge- 
storben, wo  er  am  folgenden  Morgen  in  einem  gekauften  Grabe  in  der 
^äri'^  al-mirbäd  ^)  beigesetzt  wurde.     In  Antiochia  wird  er  seine  Ein- 

^)  Der  Übersichtlichkeit  wegen  ist  Tanühi-Vater  mit  T.  I,  der  /arag- Verfasser  mit 
T.  II,  dessen  Sohn  mit  T.  III  bezeichnet. 

*)  Der  Name  Ibn  al-Husain  (Brock.  I  155)  findet  sich  nicht  belegt.  As-Sam'änl, 
abgedruckt  in  Jäküt's  IrSäd  ...  ed.  Margoliouth,  Bd.  5,  S.  301,  hat  eine  etwas  abweichende 
Namenreihe.  Es  fehlen  dort  Subh,  Fahm,  Imrän  und  statt  MurlJ  ist  Jju^  gedruckt.  Nach 
Einsicht  des  Faksimile  {Kitäb  al-ansäb  ed.  D.  S.  Margoliouth)  scheint  aber  die  Lesart 
Jl-n.-j  - j  durchaus  möglich. 

3)  Für  die  Lebensbeschreibung  von  Tan. 's  Vater: 

a)  Jaltma  des  Ta'ähbi.  Damaskus  1302,  II  105  ff.  mit  längeren  Gedichtproben. 
Der  Text  teilweise  abgedruckt  in  Jäküt  und  Ibn  ^allikän;  einzelne  Gedichte  daraus  in 
Berlin  7562  (nicht  7362  wie  Brock.). 

b)  al-Mas^üdi  ed.  Barbier  de  Meynard  VIII  305  ff.  Hauptsächhch  Gedicht- 
proben; einiges  davon  in  Ibn  Hallikän. 

c)  as-Sam*äni  (f  562  H).  Kitäb  al-ansäb.  Facsimile  ed.  by  D.  S.  Margoliouth.  Leyden- 
London  1912.     F.  110  b,  Z.  13. 

d)  Jäküt.  IrSäd .  .  .  ed.  D.  S.  Margoliouth.  Bd.  5,  332 — 47.  Bringt  auch  den 
Ta'älibi  und  den  Sam'äni. 

e)  Ibfi  al-Aflr  VIII  380.     Kurze  Notiz. 

f)  Ibn  Hallikän  ed.  Wüstenfeld  Nr.  476  (de  Slane  II  304).  Ziemlich  eingehende 
Lebensbeschreibung  mit  dem  Texte  des  Ta'älibi  und  des  IJatib. 

g)  Ibn  Katir  (Sprenger  61)  275  b  mit  wenigen  Versen.  Siehe  über  diese  Hand- 
schrift oben  S.  279  Anm.  i  f. 

h)  Ibn  Kutlubugä,  Die  Krone  der  Lebensbeschreibungen ....  Hrg.  von  Gustav 
Flügel.  Abhdlg.  für  d.  Kunde  des  Mglds.  2.  Band.  Leipzig  1862.  Nr.  135,  S.  33.  Bericht 
nach  as-Sam*äni. 

i)  Abid-Mahäsin  II  2>3(>/37' 

k)  Al-faiLiä?id  al-bahijja  fJ  tarägim  al-Zianafifja  jna^at-ta^ltiäl  as-sannijja  '■alal-jawä- 
*id  al-bahijja  von  Abul-Hasanät  M.  'Abd  al-Hagg  al-Laknawi  (f  1304  H).  Kasan  1903. 
Nr.  270,  S.  167.  Zusammenstellung  verschiedener  Quellen.  Auch  Kairo  1324  als  Band  i 
gedruckt. 

4)  Wüstenfeld  hat  iAj.4.ii  c  .Lio,  doch  hat  nach  de  Slane  Ibn  Hall.'s 
Londoner  Autograph:  Olj^I  ^  X^,  was  daher  vorzuziehen  ist.  Bei  as-Sam*äni, 
und  nach  ihm  bei  Jäküt,  scheint  Oo.Ii  zu  stehen,  der  Name  eines  bekannten  Stadt- 
viertels in  Basra  (Le  Strange,  The  lands  of  the  Easiern  Caliphate  S.  45). 


Die  Farag  ba'-d  as-Sidda-\A\.QivA.\.\.x.  -sSO 

führung  in  die  Wissenschaften  erhalten  haben.  Alle  Berichte  über 
ihn  zählen^Gebiete  auf,  mit  denen  er  vertraut  war.  Und  danach  war 
er  in  der  Rechtswissenschaft,  der  Grammatik,  der  Astronomie  und 
in  verschiedenen  anderen  Wissensgebieten  nicht  minder  bewandert 
wie  in  den  Dichtern.  Besonders  gerühmt  wird  sein  gutes  Gedächtnis. 
Sein  Sohn  ( Jäküt  S.  333 ,  Z.  4)  spricht  z.  B.  von  700  Kasiden  des  Stammes 
Tajji',  die  er  auswendig  gewußt  habe.  Seiner  poetischen  Neigung  ver- 
danken wir  einen  Diwan,  der  aber  bis  auf  die  in  den  verschiedenen 
Berichten  zerstreuten  Reste  verschollen  ist.  Al-Mas'üdl  sagt,  daß  er 
zu  denen  gehörte,  die  das  maksüra- Gedicht  des  Ibn  Duraid  (f  321  H) 
nachahmten,  und  bringt  dann  eine  Reihe  Verse  von  ihm,  die  in  einer 
Verherrlichung  seines  Stammes  ausklingen.  Auch  über  die  Theorie 
der  Dichtkunst  hat  er  Bücher  verfaßt  (Jäküt  S.  332,  Z.  11)  und  nach  Ibn 
Kutlubugä  hat  er  ein  Buch  über  -fi^h  und  hadit  geschrieben,  wovon 
jedoch  sonst  nichts  berichtet  wird.  Mit  dem  mu*tazilitischen  fikh 
hat  er  sich  beschäftigt.  Von  Antiochia  hat  er  sich  nach  Bagdad  be- 
geben. As-Sam'äni  berichtet  im  Jahre  306,  Ibn  Kutl.  im  Jahre  320. 
Seine  Käditätigkeit  begann  nach  Jäküt  (S.  347,  Z.  2)  im  Jahre  310 
in  'Askar  Mukram,  Tustar,  Gundaisäbür  i).  In  Ahwäz  wird  ihm  später 
—  dieser  Amtsantritt  muß  in  die  Jahre  316 — 18  fallen  2)  —  das,, Unter- 
suchungsamt für  unrechtmäßig  geleistete  Abgaben"  übergeben  3), 
dort  hat  er  auch  die  Aufsicht  über  die  Münze  4),  wahrscheinlich  war 
er  auch  dort  als  Kädl  tätig.  Nach  327  5)  hat  er  dann  einige  Aufsichts- 
ämter in  Wäsit  und  vielleicht  gleichzeitig  das  Kädiamt  inne.  In  diesem 
Jahre  scheint  er  dann  als  Kädi  nach  Basra  gekommen  zu  sein;  denn 
hier  wurde  ihm  327  sein  Sohn  geboren,  hier  war  er  noch  332,  so  schreibt 
al-Mas'üdi,  und  aus  dem  farag  ist  zu  ersehen  ^),  daß  er  335  dort  noch 
als  Kädi  amtierte.  Danach  ist  er  aus  dem  Amte  geschieden  und  begab 
sich  nach  Aleppo  an  den  Hof  des  'alldisch  gesinnten?)  Fürsten  Saif 

0  Alle  drei  Städte  in  I^uzistän.  'Askar  Mukram  siehe  G.  le  Strange,  The  lands 
of  the  Rastern  Caliphate  S.  237,  Tustar  S.  234 — 36,  Gundaisäbür  238. 

-)  Der  Wazir  Ibn  Mukla,  der  ihm  diese  Stelle  übertrug  (Jäküt  S.  332,  2.  Zeile  von 
unten),   war  nur   316 — 18   im  Amte. 

3)  *JLIiil  J,  _!i;JI    Siehe  zu  diesem  Amte:  De  Sacy,  Chrestomathie  arabe.    2.  Aufl. 

I  132  (nach  Makrizi).  Al-Mäwardi.   Al-a/ikäm  as-sultayiijja  ed.  Enger  (Bonn  1853)  S.  12S. 

4)  Alle  drei  Tanühi  nahmen  diesen  Posten  ein.     Siehe  Jäküt  S.  308  unten. 

•      5)  Abu  'Abdallah  al-Baridl  setzt  ihn  ein  und  der  kam  327  in  den  Besitz  von  Wäsit. 
Müller,  Islam  I  565. 

6)  Nach  Bodlejana  64,  103  a  (auch  Bj  97  a)  als  Testamentsvollstrecker  as-§üli's 
(t  335)'  Herr  Amedroz  hatte  die  Güte,  mir  die  Abschrift  der  ganzen  Stelle,  die  sich 
nicht  im  Kairiner  Druck  findet,  einzusenden. 

7)  J.  HoRoviTZ,  Die  Hamdaniden  und  die  Schl'a.     Islam  II  409. 

27* 


•2Q0  Alfred  Wiener, 

ad-Dawla  b.  Hamdän  (reg.  333 — 56)  ^),  wo  damals  für  jeden  Lite- 
raten und  Poeten  die  Türen  weit  geöffnet  waren.  Mit  dieses  sym- 
pathischen Fürsten  »zum  Teil  noch  seines  Nachfolgers  Regierung 
ist  unzertrennlich  der  letzte  wirklich  lebendige  Aufschwung  der 
arabischen  Poesie  und  Wissenschaft  im  Osten  verknüpft.  Die  ori- 
ginellsten Erzeugnisse  der  Kunst  und  Wissenschaft  dieser  Zeit 
sind  nicht  auf  dem  Boden  des  'Irak,  sondern  an  dem  Hofe  von  Haleb 
erwachsen,  wo  Saif  ad-Dawla  trotz  aller  Bedrängnisse  äußerer  und 
innerer  Kriege  mit  einer  seltenen,  für  die  Verhältnisse  seines  Standes 
geradezu  beispiellosen  Freigebigkeit  poetisch  und  wissenschaftlich 
begabte  Männer  um  sich  versammelte«  -).  Hierhin  zog  also  unser 
TanühT,  und  Saif  ad-Dawla  verwandte  sich  für  seinen  Schützling  in 
Bagdad  und  erlangte  seine  Wiedereinsetzung  ins  Amt  mit  Vorteilen 
gegen  früher.  T.  I  scheint  nun  in  Bagdad  tätig  gewesen  zu  sein.  Das 
war  wohl  die  Zeit,  wo  er  zu  den  Intimen  des  Wazirs  al -Muhallabi 
(291 — 352  H)  3)  gehörte,  der  ihm  wie  auch  andern  Wazire  seine  Gunst 
zuwandte.  Bestimmt  wissen  wir,  daß  er  in  Kar^i,  der  Vorstadt  Bagdads, 
und  in  Marg  und  Umgebung  als  Kädi  amtierte  (Tan.  II  107)  4).  Auch 
in  Idag  und  Gund  Hirns  5)  hat  er,  so  erfahren  wir  bei  as-Sam*änT,  nach 
335  das  Kädiamt  in  Händen  und  die  Berichte  über  ihn  nennen  noch 
verschiedene  Städte  und  Bezirke,  wo  er  seinen  Beruf  als  Richter 
ausübte  ^). 

Al-MuhallabI  muß  er  sehr  nahe  gestanden  haben:  Er  spricht 
über  den  Kädi  die  Totengebetc  und  bezahlt  dann  alle  seine  Schulden 
im  Betrage  von  50  000  Dirham  (Jäküt  2>33,  Z.  3j.  In  seinen  Gesell- 
schaften spielte  er  die  führende  Rolle;  und  wie  diese  Gesellschaften 
ausgesehen,  finden  wir  bei  Ibn  Hallikän  mit  breiter  Behaglichkeit 
beschrieben.  Zweimal  wöchentlich  versammelten  sich  bei  Mu- 
hallabi  des  Abends  eine  erlesene  Gesellschaft  von  WazTren,  Kädi 
u.    a.,    alle    mit    langen,    weißen    Barten    zum    frohen    Trinkgelage. 


I 


0  Siehe  über  ihn:  Jatima  I  8 — 22.  Der  Text  mit  Übersetzung  findet  sich  auch  in 
Fr.  Dieter ici,  Mutanahhi  und  Saifuddaula  aus  der  Edelperle  des  Tsaälibi.  Leipzig  1847. 
S.  77 — 132;  siehe  auch  noch  S.  135 — 142.    Müller,  Islam  I  570 — 78.     Brock.  I  86. 

*)  Müller,  Islam   I  575  und  576. 

3)  War  seit  339  Wazir  des  Mu'izz  ad-Dawla,  siehe  Jäküt,-  Iriäd  ...  ed.  Margoli- 
ouTH  3,  183 — 94  und  Ibn  Hallikän  Nr.  177  (de  Slane  I  410). 

4)  Es  ist  nicht  ausgeschlossen,  daß  diese  Tätigkeit  in  die  Zeit  seines  ersten  Auf- 
enthalts in   Bagdad,  also  nach  320,  fällt. 

5)  Gund  Hims  war  eins  der  fünf  Heerlager  von  Öäm.  Jäküt.  Geographisches  Wörter- 
buch ed.  F.  Wüstenfeld  I  136  unter  (»LüJi  oLac>-I 

*)  So  Küfa,  Arragän  u.  a.  Leider  ließ  sich  nicht  herausbringen,  in  welche  Jahre 
Tan. 's   Tätigkeit   dort   fällt. 


Die  Farag  ba'-d  os-SiMa-hiter^tUT. 


391 


Bei  Musik  und  Wein  verbrachte  man  die  Nacht.  Und  wenn  die  Alten 
durch  den  Weingenuß  ausgelassen  wurden,  dann  nahm  ein  jeder  von 
ihnen  einen  goldenen  Becher  zur  Hand,  füllte  ihn  mit  kostbarem 
Wein,  und  dann  tauchten  sie  ihre  weißen  Barte  hinein,  bis  sie  sich 
mit  Wein  vollgesogen  hatten.  Schnell  wurden  diese  dann  heraus- 
gezogen, und  in  ausgelassenen  Tänzen,  blumengeschmückt  und  in 
bunten  Gewändern,  bespritzten  sich  die  Alten  gegenseitig,  indem  sie 
kräftig  den  Kopf  schüttelten.  Der  andere  Morgen  sah  alle  wieder 
bei  ihren  gewohnten  Beschäftigungen,  und  der  dabei  gezeigte  Ernst 
und  die  übliche  W^ürde  ließen  nichts  von  den  Tollheiten  der  Zechnacht 
ahnen.  Fürwahr  ein  Bild,  wie  die  glühende  Phantasie  der  looi 
Nacht-Erzählungen  es  nicht  schöner  herstellen  könnte  ! 

2.    Abul-Käsim  'AU  b.  al-Muhassin  b.   *AlI  at-Ta- 

nühi,    der  Kädl.     Abkürzung:  T.   III  ^j. 

Der  Sohn  unseres  /^m,«^- Verfassers 2)  ist  nach  den  übereinstimmen- 
den Berichten  von  al-Hatib  al- Bagdad!  (f  463)  (in  Ibn  Hall.)  und 
Ibn  Hallikän  am  15.  Sa'bän  365  in  Basra  geboren.  Gestorben  ist  er 
am  I.  oder  2.  des  Muharram  447  oder  448  3);  begraben  wurde  er  nach 
al-Hatib  in  seinem  Hause  am  darb  at-tall  und  al-Hatib  selbst  sprach 
über  ihn  die  Leichengebete.  Schon  mit  fünf  Jahren  begann  er  zu 
hören  und  später  war  er  einer  der  Schüler  des  berühmten  Dichters 
und  Philosophen  Abul-'Alä*  al-Ma*arri  {363 — 449)  4),  der  auch  zum 
Stamme  Tanüh  gehörte.  As-Sam*äni  nennt  noch  als  seine  Lehrer: 
Abul -Hasan  'Ali  b.  Ahmad  b.  Kaisän  an-Nahwi  und  Ishäk  b.  Sa'd 
b.  al-Hasan  b.  Sufjän  an-Nasawi.  Durch  al-Ma*arri  wurde  er  mit 
dem  Philologen  Abu  Zakarijä'  at-Tibrizi  (421 — 502)  5)  bekannt.    Und 

')  Es  schien  zweckmäßig,  diesen  vor  seinem  Vater,  gleich  nach  seinem  Großvater, 
zu  behandeln. 

^)  Quellen:  a)  Jatlma  II  ii6;  b)  As-Sam'äni.  Al-ansäb  ed.  Margoliouth  f.  iiob, 
Z.  23;  c)  Jäküt.  Irsäd .  .  .  ed.  Margoliouth  5,  301 — 09.  Mit  den  Berichten  des  Sam'äni 
und  des  liatib;  d)  Ibn  Hall.  Nr.  567  (de  Slane  II  567)  im  Anschluß  an  die  Biographie 
seines  Vaters  (Nr.  567).  Mitteilung  einer  Stelle  aus  al-Hatib;  e)  Abul-Makäsin  ed.  W.  Popper 
II   218,   Z.    IG. 

3)  Al-Iiatib  bei  Jäküt  (S.  301,  4.  Z.  v.  u.)  nennt  allerdings  als  Geburtsjahr  370,  aber 
da  er  384  (nach  Jäküt  S.  306,  Z.   i)  schon  offen tHch  auftrat,  ist  365  wahrscheinhcher. 

4)  In  Bagdad  selbst  war  er  nur  zwischen  398 — 401  H,  erst  wenige  Monate,  dann 
ein  Jahr  und  sieben  Monate.  T.  III  hat  ihn  also  auch  anderswo  gehört.  Über  al-Ma'arri: 
Ibn  Hall.  Nr.  46  (de  Slane  I  94);  von  Kremer,  Kulturgeschichte  II  386;  Brock.  I  254; 
siehe  die  Bibliographie  S.  141  in:  Un  precurseur  d'Omar  Khayyam.  Le  poete  aveugle.  Ex- 
iraits  des  poemes  et  des  lettres  d' AbotVl-^Alä'  Al-Ma'arri  (363  A.  H.).  Introduction  et 
traduction  par  Georges  Salmon.  Paris  1904,  und  dazu  das  Vorwort.  S.  9  ff.  Eine  KasTde, 
die  der  Lehrer  an  den  Schüler  gerichtet  hat,  ist  ein  Beweis  der  Wertschätzung,  die  er 
für  ihn  gehegt  hat.     Siehe  auch  sikt  az-zand.     Büläk  1286.     Teil  II  112. 

5)  Brock.  I  279. 


5Q2  Alf  red  Wi  ener, 

auch  mit  al-Hatib  stand  er  im  engen  Verkehr.  Dieser  hat  nicht  nur 
vieles  in  seinem  großen  Geschichtswerke  nach  seiner  Überlieferung  ^) ; 
er  hat  auch,  das  bezeugt  er  selbst,  nach  seinem  Diktate  niederge- 
schrieben ^),  dem  Diktate  des  Mannes,  der  als  besonders  sorgsam  in 
der  Überlieferung  und  anerkannt  im  Zeugnisse  geschildert  wird.  Von 
384  an  war  T.  III  öffentlich  tätig  3);  er  war  Kädi  in  Madä'in  und  Um- 
gebung, in  Kirmisin  (Kirmän§ah),  in  Adarbaigän  4),  al-Baradän5) 
und  anderen  Orten.  Auch  Münzdirektor  ist  er  gewesen.  Und  von 
diesem  Amte  wie  von  der  Käditätigkeit  und  von  anderem  flössen 
ihm  monatlich  60  Dinare  zu  (Jäküt  S.  302,  Z.  l),  die  er  aber  völlig 
für  die  ashäb  al-hadit  aufbrauchte.  Er  war  Mu*tazilit,  ja  Abul-Mahäsin 
schreibt  sogar,  daß  er  zum  Abfall  {\jci>^  d.  i.  zur  Si'a  neigte.  Merk- 
würdig ist  das,  was  al-HatIb  (Jäküt  S.  301,  3.  Zeile  von  unten)  über 
ein  Buch  sagt,  das  sich  in  Tan. 's  Besitz  befand.  Es  war  das  kitäh 
al-kadar  des  Ga*far  al-Firjäbl.  Dieser  Gelehrte  ist  wohl  der  im  Fihrist 
I  232  erwähnte  Firijäbl  as-Sagir  6),  der  300  gestorben  ist.  Die  ashäb 
al-hadlt  scheuten  sich,  dies  Buch  von  ihm  zu  verlangen,  nur  er,  al- 
Hatib,  wagte  es.  Daß  er  Bücher  geschrieben  und  Verse  gemacht  habe, 
wird  berichtet.  Doch  sagt  schon  Ta*älibi,  er  habe  keine  Verse  von 
ihm  zu  hören  bekommen,  als  Überlieferer  von  solchen  7)  des  Abul- 
Matä*a,  Dul-Karnain  b.  Näsir  ad-Dawla  Abu  M.  habe  er  ihn  aber 
nennen  gehört.  Auch  als  Überlieferer  von  Hätim  at-Tä*i*s  Diwan 
wird  er  aufgeführt  8). 

Nur  Jäküt  berichtet  von  einem  Sohne  des  Kädi.     Er  hieß  Abul- 


1)  G.  Salmon,  Inlroduction  (genauer  Titel  S.  387  Anm.  2),  wo  er  im  arabischen 
Text  S.  4  (Übers.  S.  80),  11  (87),  57  (143),  73,  77  (164),  82  (170)  als  unmittelbarer  Über- 
lieferer angeführt  ist. 

Vermutlich  ist  der  bei  Salmon  i  (75)  und  84  (172)  erwähnte  Kädi  'Ali  b.  abi  'Ali 
al-Mu'addal  at-Tanühi  mit  T.  III  identisch.  Al-Mu'addal  dürfte  vielleicht  ein  ehrender 
Beiname  sein,  der  nicht  immer  dem  Namen  zugesetzt  wurde.  Z.  B.  wird  ein  Überlieferer 
I.  a.  D.'s  (siehe  S.  284,  Anm.  i  )gewöhnlich  Abul-Husain  'Ali  b.  M.  b.  'Abdallah  b.  Bisrän  ge- 
nannt, hat  aber  im  indischen  Druck  des  I.  a.  D.  S.  2  und  in  München  885, 9.f.  102  b  den  Zusatz: 
al-Mu'addal.  Zu  diesem  Namen  siehe  noch  Fihrist  I  165  und  Al-Moschtabih  des  Dahabi 
ed.  DE  JoNG  S.  49T. 

2)  Bei  Ibn  liallikän:  käla  wakatablii  'anhu. 

3)  Jäküt  S.  305,  letzte  Zeile. 

4)  Möglicherweise  aus  Darzigän  verschrieben,  was  Jäküt  (S.  302,  Z.  5)  hat.  Nach 
Jäküt's  Geographischem  Wörterbuch  (ed.  F.  Wüstenfeld  II  567)  war  das  ein  großes  Dorf 
an  der  Westseite  des  Tigris  unterhalb  Bagdäd's  und  der  Geburtsort  al-Hatib's. 

?)  Stadt  am  Tigris,  nicht  weit  nördlich  von  Bagdad  gelegen,  siehe  Ibn  Serapion 
ed.  G.  LE  Strange,     JRAS  1895.     Karte  vor  S.  33. 

6)  Siehe  auch  al-Moschtabih  ed.  de   Jong  S.  390  u.  405. 

7)  Angeführt  JatJma  I  64. 

*)  Ed.  Fr.   Schulthess.     Leipzig  1S97.     S.  ^. 


Die  Farag  ba'-d  as-5?^ö?ß-Literatur.  ^93 

Hasan  M.  b.  'Ali  b.  al-Muhassin,  ist  um  440  geboren  und  starb  494.. 
Mit   ihm  erlosch   das   Haus  Tanühi. 

Zwischen  den  beiden  vorhergehenden  steht  nun: 

3.  der  Kädl  Abu  *AlI  al -Muhassin  at-Tanühi,  der 
Verfasser  des  farag  ba^d  as-sidda  (327 — 384  H).  Ab- 
kürzung: T.  n. 

Sein  Lebensgang. 
Al-Kädl  Abu  'All  al-Muhassin  ^)  b.  abil-Käsim  *A1I  b.  M.  b.  abil- 
Fahm  Dä'üd  b.  Ibrähim  b.  Tamim  at -Tanühi  wird  er  mit  allen  seinen 
Namen  genannt  -).  Am  26.  des  ersten  Rabi'  327  H  erblickte  al-Muhassin 
in  Basra  das  Licht  der  Welt  3).  Mit  sechs  Jahren  hört  er  bereits  hadit 
und  mit  acht  Jahren  (335  H)  ist  er,  wie  mehrmals  im  farag  bezeugt 
wird  4),  der  Schüler  des  Geschichtsschreibers  as-Süli  (f  335)>  hört 
auch  bei  ihm  seine  Wazirgeschichte  und  bekommt  die  Igäza  dieses 
Buches  5).    Außer  Süll  kennen  wir  als  seine  Lehrer  in  Basra  aus  dem 


1)  Die  Schreibung  Muhsin  ist  für  Tan.  abzulehnen,  obwohl  Muhsin  sonst  als  Name 
vorkommt.  Der  von  Ibn.  Hall,  selbst  geschriebene  Londoner  wafajäl-Text  hat  nach 
Amedroz  (Hiläl.  Leyden  1S94,  S.  5)  Muhassin  in  der  Biographie  Tan. 's  vokalisiert.  Femer 
ist  in  der  Biographie  das  Wort  Muhassin  am  Schluß  zweifelsfrei  buchstabiert.  Die  gleiche 
Schreibung  hat  auch  ad-DahabI,  al-Moschtabih  ed.  de  Jong  468.  Übrigens  existiert  der 
Name  heute  noch  für  ein  Heiligtum.  (M.  Sobernheim.  Das  Heiligtum  Shaikh  Muhassin 
in  Aleppo  in  Melanges  Hartwig  Derenbourg,  Paris  1909.  S.-A.  S.  i.)  Wie  T.  I  als  Sunnit 
dazu  kam,  seinem  Sohne  einen  so  ausgesprochen  si'itischen  Namen  zu  geben  (Muhassin 
war  ein  jung  verstorbener  Sohn  'Ali's,  und  so  hieß  auch  ein  totgeborenes  Kind  einer  der 
Frauen  Husain's,  siehe  Sobernheim  S.  i  u.  2  und  dazu  J.  Horovitz.  Die  HamdanUen 
und  die  Schi'a.     Islam   II  410),  muß  auffallen. 

2)  Außer  vielen  Notizen  im  jarag,  vereinzelten  in  seinen  andern  Werken,  kommen 
für  seine  Lebensbeschreibung  folgende  Quellen  in  Betracht. 

a)  Jattma  des  Ta'älibl  II  115 — 16,  abgedruckt  bei  Ibn  Hallikäu. 

b)  Berlin  9963,  124  unter  ^a-^,  von  Herrn  Dr.  F.  Kern  durch  Stichproben 
mit  der  Kairiner  Handschrift  als  Bruchstück  des  IJatib  al- Bagdad!  erkannt.  Der  zweite 
Teil  darin  (siehe  Ahlwardt  IX  404)  ist,  wie  ich  fand,  vom  gleichen  Abschreiber  wie  Paris 
2130  (Hatib). 

c)  Berlin  9852,  70  a.    Abkürzung  des  3.  Teiles  von  Jäküt's  Mu'gam  ahl  al-adab. 

d)  Ibn  al-Atir  IX  74. 

e)  Ibn  Dukmäk,  Description  de  l'Egypte.  Part  4  et  5  ed.  par  K.  Völlers,  Le 
Caire  1893.    Part  5,    2.  Stelle  aus  den  nisrn^är  über  Tan.'s  II  Aufenthalt  in  Ägj'pten. 

f)  Ibn  Hallikän  Nr.  567  (de  Slane  II  564  ff.)",  der  Text  des  Ibn  yall.  auch  im  Ge- 
schichtswerk des  Jäfi'i  (f  768).     Berlin  9452,  244  b. 

g)  H.  H.     Seine  Werke:  III  269,  IV  4",  V  519,  VI  345- 

h)  Ibn  Kutlubugä  Nr.  229,  S.  56.     Er  hat  den  Ibn  Hall,  ausgeschrieben, 
i)  Berlin  9910  (siehe  S.  291.   Anni.  4.)  f-  30  a. 

3)  Nur  Jäküt  hat  329  H  als  Geburtsjahr. 

4)  Siehe  S.  403  und  Anm.  10  über  Süli.    Die  /arag-Stellen  I  40,  66,  84;  Bi  97  a. 

5)  Tan.   II  4  und  weitere  Stellen  bei  ihm. 


394 


Alfred  Wiener. 


[arag  den  bekannten  Abul-farag  al-Isbahänl  ^)  und  Abul-*Abbäs  al- 
Atram^).  Ibn  Hall,  nennt  zum  letzteren  noch:  Al-Iiusain  b.  M.  b. 
Jahjä  b.  'Utmän  an-Nawa\vI.  Das  Schulhaus  lag  in  Basra  recht  be- 
quem, ein  Ausbau  am  Hause  seines  Vaters,  der  in  der  säri'-  al-^abidfn 
wohnte  3).  In  Basra  hat  sich  T.  H  sicher  bis  345  aufgehalten.  Im 
Muharram  dieses  Jahres  hört  er  dort  noch  ein  geschichtliches 
Buch  4).  Dann  beginnt  seine  Beamtenlaufbahn.  346  ist  er  in  Sük 
al-Ahwäz  als  Direktor  in  der  Münze  tätig.  Das  sagt  er  im  farag 
selbst  5),  dagegen  ist  die  Stelle,  die  von  richterlicher  Tätigkeit  später 
in  öazirat  Ibn  *Umar  spricht  6),  weder  im  Drucke  noch  in  den  mir  zu- 
gänglichen Handschriften  aufzufinden.  Daß  er  aber  bald  nachher 
als  Richter  sich  betätigte,  schreibt  Ibn  Hallikän.  Danach  wäre 
er  349  Kädl  von  al-Kasr7),  Bäbil  und  Umgebung  gewesen.  350 
begegnen  wir  ihm  in  Bagdad  8),  auch  352  ist  er  noch  dort  9).  Er 
wird  dann  vom  Halif  al-Mutr  (reg.  334 — 63)  zum  Kädl  in  *Askar 
Mukram,  Idag  und  Rämhurmuz  eingesetzt.  T.  II  bestätigt  selbst 
seine  Amtsausübung  dort  für  355  H,  gibt  aber  noch  andere  Städte 
an,  die  zu  seinem  Bezirke  gehörten,  und  sagt  auch,  er  hätte  dieWuhlf- 
Verwaltung  in  Händen.  Sein  Amtssitz  war  sein  eigenes  Haus  in 
Ahwäz  10).  Aber  nur  bis  359  blieb  er  dort.  Als  M.  b.  al-*Abbäs  b.  al- 
Fasangis  sein  Wazirat  in  diesem  Jahre  antrat,  entfernte  er  T.  aus  dem 


0  Über  ihn  S.  405  und  Anm.  6. 

^)  Tan.  I  88.   Er  stammte  aus  Bagdad.    Über  seinen  andern  Lehrer  konnte  ich  nichts 
in  Erfahrung  bringen. 

3)  Nach  Bi  97  a  (=  Oxford.   Bodlejana  64,   103  a). 

4)  Tan.   I  132. 

5)  Tan.  I  25.     Seine  Stellung   ist  bezeichnet   als    »wi.*nj|    .tj    ^^  J^-fr*-'^    i^^* 
*)  Nach  Ibn  yall.  soll  das  beides  im  fara§  stehen.    Gazirat  Ibn  *Umar  ist  eine  Insel- 
stadt im  Oberlaufe  des  Tigris  (Ibn  Serapion    ed.  le  Strange.    Text  S.  9,  Übers.  S.  33). 

7)  Kasr  ist  die  Stadt  Kasr  Ibn  Hubaira.  de  Slanes  Vermutung  (II  568),  daß  sie 
die  sei,  welche  nach  Idrisi  zwischen  Wäsit  und  Basra  liege,  ist  wohl  nicht  richtig;  das 
ist  al-Katr  {Ibn  Serapion.  Text  8.  9,  Übers.  S.  33,  Anmerkungen  S.  46).  Schon  Ibn  Sera- 
pion nennt  einige  Male  Kasr  Ibn  Hubaira  kurz  Kasr  (Text  S.  16).  Die  Stadt  lag  an  einem 
Euphratkanal  unweit  Bäbil  (Übers.  S.  256,  Anm.  S.  25S),  was  ebenfalls  sehr  für  sie  spricht, 
da  nach  dem  Texte  des  Ibn  Ilall.  es  sich  nur  um  eine  Stadt  handeln  kann,  die  in  der  Nähe 
Bäbil's  sich  findet. 

^)  Nach  Paris  3482,  Niswär  des  Tanühi  11  a. 

9)  Jäküt.   Irsäd .  .  .  ed.  Margoliouth  3,   192,   Z.  10. 

")  Das  nahe  Zusammenliegen  dieser  Städte  veranschaulicht  die  Karte  nach  S.  24 
in  G.  LE  Strange,  The  lands  of  the  Eastern  Caliphate.  Cambridge  1905.  Über  die  wirt- 
schaftliche und  geschichtUche  Bedeutung  von  Ahwäz,  siehe  Strange,  S.  232 — 34,  'Askar 
Mukram  237,  Rämhurmuz  243,  Idag  245.  Tan.  spricht  von  diesen  Städten  in  B2  97  a 
(=  Oxford  103  a);  im  Drucke  II  63  eine  Geschichte,  die  ihm  355  H  in  'Askar  Mukram 
mitgeteilt  wurde. 


Die  Farag  ba'd  as-^zMa-hiterztUT.  qqc 

Amte,  nahm  ihm  all  sein  Hab  und  Gut  und  ließ  ihn  nach  Bagdad 
kommen  ^).  Hier  müssen  Feinde  oder  Neider  inzwischen  gegen  ihn 
gewühlt  haben.  Er  nennt  Abu  Bakr  as-Süli^),  der  ihn  in  allen  Ge- 
sellschaftskreisen der  Residenz  schlecht  gemaclit  habe.  Drei  Jahre 
und  einige  Monate,  also  bis  362  oder  363,  dauert  die  Ungnade.  Dann 
darf  er  wieder  in  seine  Ämter  eintreten,  und  zu  seinem  Amtsbezirke 
kommt  nun  noch  Wäsit  und  Umgegend.  In  diesen  Unglücksjahren 
war  er  jedoch  nicht  unausgesetzt  in  der  Hauptstadt.  359  H  finden 
wir  ihn  auch  in  Ägypten  3).  Das  Nächste,  was  wir  von  ihm  erfahren, 
ist  die  Geburt  eines  Sohnes,  365  H  in  Basra.  Dann  kommt  wieder 
eine  trübe  Nachricht.  'Adud  ad-Dawla  läßt  ihn  371  einkerkern, 
weil  er  Säfi*i  und  seine  Anhänger  geschmäht  hatte.  Später  wird  er 
jedoch  wieder  freigelassen.  4)  Daß  er  auch  sonst  Feinde  und  Un- 
gemach hatte,  erzählt  er  selbst.  Einmal  spricht  er  von  einem  Unheile 
infolge  Feindschaft,  das  monatelang  andauert,  und  das  er  mittels 
eines  eigenartigen  Gebetsrezeptes  wieder  zum  Guten  wendet  5).  Ein 
andermal  trifft  ihn  großes  Unglück  vom  Herrscher  her  6).  Und  ein- 
mal 7)  ist  es  gar  so  schlimm,  daß  er  nach  al-Batiha,  der  Provinz  der 
großen  Euphratsümpfe,  flieht,  wo  er  eine  Gesellschaft  Leidensgefährten 
aus  Wäsit  und  Basra  vorfindet,  und  wo  er  Monate  bleiben  muß,  ehe 
er  die  Rückkehr  wagen  darf.  Gestorben  ist  unser  Tanühl  in  Bagdad 
am  25.  Muharram  384. 

SeineSchriften. 
Wir  wissen,  daß  unser  Tanühi  in  einem  Hause  groß  wurde,  wo 
man  sich  eifrig  den  Wissenschaften  hingab,  wo  die  Literatur  ihren 
Platz  hatte,  wo  auch  die  großen  zeitgeschichtlichen  Bewegungen  ihren 
Widerhall  fanden.  Die  ursprüngliche  Persönlichkeit  des  Vaters, 
seine  geachtete  Stellung,  seine  wertvollen  Beziehungen  zu  den  Großen 
des  Reiches,  werden  gewiß  auch  dem  Sohn  zugute  gekommen  sein. 
Und  der  Sohn  selbst  war  durch  seinen  Beruf  in  den  Ländern  des  Hali- 


')  Siehe  dazu  die  Verse  Tan.  II  204,  205. 

*)  kommt  auch  im  Hiläl  ed.  Amedroz  142  vor. 

3)  Nach  Ihn  Dukmäk  war  der  Verfasser  des  Buches  Niswär  al-mithädarät  (d.  i. 
T.  II)  359  in  Absüg  in  Ägypten.  Er  erzählt,  daß  er  dort  an  einer  (koptischen?)  Kirche 
(Kjujj)  eine  Maus  aus  Stein  gebildet  gesehen  hätte.  Wenn  die  Ortsbewohner  deren  Ab- 
bild aus  Lehm  in  ihre  Häuser  brächten,  so  verließen  sofort  alle  Mäuse  die  Behausung. 
Anklänge  an  diesen  Aberglauben  finden  sich  schon  in  der  Bibel,  I.  Sam.  VI  4,  5. 

4)  Nur  in  Berlin  9910,  30  a.  'Adud  ad-Dawla  eroberte  367  H  Bagdad.  Über  ihn: 
Enzyklopädie  des  Islam.     3.  Lief.   S.   151.    Leiden-Leipzig  190S. 

5)  Tan.  I  25. 

6)  Tan.   I  35. 

7)  Tan.   I  41. 


3Q6  Alfred  Wiener, 

fat's  umhergekommen,  hatte  Ägypten  bereist,  erfuhr  vor  allem  »als 
Kädi  und  Sohn  eines  Kädi's«  vieles,  und  dann  waren  ihm  auch  die 
Schattenseiten  des  Lebens  nicht  fremd  geblieben.  Von  Feindschaft, 
Mißgunst,  Ungnade,  Kerker,  Flucht  wußte  er  zu  berichten. 

Auf  der  Grundlage  eines  solchen  Lebens  bauen  sich  Tanühi's 
literarische  Leistungen  auf.  Allerdings  hat  er  seine  Erfahrungen  nicht 
zu  rein  geschichtlichen  Werken  verarbeitet,  was  nahe  lag.  Er  ist  nur 
ein  »geschickter  Anekdotensammler«  geworden.  Trotzdem  sind  seine 
Werke  für  geschichtliche  Forschungen  verschiedenster  Art  gut  zu 
benutzen  und  vor  allem  die  *Abbäsidenzcit  dürfte  um  manche  wert- 
volle, intimere  Züge  durch  sie  bereichert  werden. 

Seine    Schriften    außer    dem    farag: 

Außer  dem  jarag-  ist  von  drei  anderen  Schriften  die  Rede,  von 
denen  eine  verloren  gegangen  ist:  der  Diwan  ^).  Ta*älibi  und  Ibn 
Hallikän  versichern,  dieser  war  umfangreicher  als  der  seines  Vaters. 
Beide  überliefern  auch  Verse  unseres  Kädl.  Das  farag-  selbst  enthält 
eine  Anzahl,  so  Tan.  II  192,  200,  204,  205,  216.  Und  wenn  mit  dem 
Kadi  at-Tanühi  unser  Muhassin  in  der  Jatima  gemeint  ist,  so  hätte 
er  am  schönsten  unter  vielen  Dichtern  das  Bild  des  Mondes  auf  dem 
Wasser  besungen. 

Von  den  erhaltenen  Werken  befindet  sich  eins  als  Unikum  in 
Paris.  Sein  Titel  lautet:  Kitäb  nüwär  al-muhädara  waa/ibär  al-mudä- 
kara  ^).  Es  ist  eine  große  Sammlung  (191  Blatt)  von  Erzählungen, 
meist  aus  der  *Abbäsidenzeit,  die  im  Gegensatz  zum  farag  keine  Ein- 
teilung zeigt.  Die  Erzählungen  haben  verschiedenen  Umfang,  ab  und 
zu  bringen  sie  eingestreute  Verse.     Seltener  schon  (z.  B.   156 — 158  a, 


^)  H.  H.  III  269. 

^)  Jatima  1 65.  Nicht  naswän,  wie  fast  überall  in  arabischen  wie  europäischen  Schriften 
steht.  Herr  Amedroz  hat  zuerst  die  richtige  Lesung  festgestellt.  In  der  Tat  lautet, 
wie  ich  selbst  sah,  zweifellos  so  der  Titel  der  Pariser  Handschrift  3482.  Dazu  kommt, 
daß  auch  Jäküt  70  a  den  Titel  so  angibt,  auch  Ibn  Hallikän  Saivär  hat.  Bei  H.  H. 
VI  345.  Brock.  I  155,  3.  Die  Pariser  Handschrift  ist  vom  Jahre  730  nach  191  b.  Ein 
Auszug  aus  niswär  ist  in  Berlin  8474,  64 — 109;  einiges  aus  einer  Abkürzung  des  M.  b. 
al-  Mukarram  al-Ansäri  al-Hazragl  in  Mailand  (Ambrosiana)  nuovo  fondo  Cod.  119  XXXV 
(134  b,  176  b)  nach  Rivista  degli  Studi  Orientali  1910.  Anno  III.  Vol.  III  916.  Zitate  in 
Jäküt.  Irsäd .  .  .  ed.  Margoliouth  Bd.  5,  175.  340.  344  u.  a.-  Damiri's  Al-haja'tvän. 
Büläk  1278  I  245 — 248.  Tier:  ta'-lab.  Ein  schon  erwähntes  in  Ibn  Dukmäk  V  2.  Nach 
freundlicher  Mitteilung  von  Herrn  Dr.  P.  Loosen  finden  sich  weitere  Zitate  in  Sujüti,  tu/ifat 
al-magälis.  Kairo  190S.  S.  242 — 6  u.  2S5 — 9.  Ferner:  Ibn  Higga  al-Hamawi  (am  Rande 
des  Mustatraf)  Tamarät  al-aivräk.  Kairo  1320-21.  S.  149.  Herr  Amedroz  stellt  eine 
Edition  der  nihvär  durch  Herrn  Professor  Margoliouth  in  Aussicht  (JRAS  1911,  671). 


Die  Farag  ba'd  as-Sidda-lAittdXnr.  oqj 

ly 2  h — 174a)  finden  sich  nur  Verse;  häufig  ist  der  Vater  sein  Ge- 
währsmann. Eine  Stelle  im  Jäküt  ^)  berichtet  uns,  T.  II  habe 
es  sich  zur  Bedingung  gemacht,  in  diesem  Werke  nur  mündlich  über- 
lieferte Erzählungen  aufzunehmen,  und  so  ist  im  Buche:  haddatani 
(Es  erzählte  mir)  gewöhnlich  der  Beginn  einer  neuen  Überlieferung. 
Weiter  sagt  Jäküt,  das  Werk  umfasse  li  Bände  [mug-allad]  und  jeder 
Band  habe  eine  besondere  Einführung.  Tan.  habe  daran  zwanzig  Jahre 
gearbeitet.  Das  erste  Jahr  sei  360  H  gewesen.  Ob  die  Pariser  Hand- 
schrift alle  elf  Bände  enthält,  ist  nicht  gewiß.  Nicht  von  Jäküt,  aber 
von  allen  übrigen  Biographen  wird  sein  anderes  Werk  aufgeführt: 
al-mustagäd  min  ja'^alät  al-agwäd,  das  in  mehreren  Handschriften  auf 
uns  gekommen  ist  ^).  Es  ist  eine  Sammlung  unterhaltender  Erzäh- 
lungen mit  vielen  Versen  aus  der  Zeit  der  Umajj«äden  und  *Abbäsiden 
und  weist  gleichfalls  keinerlei  Einteilung  auf.  Sehr  oft  ist  Abul- 
Farag  al-Isbahänl  der  Erzählers);  einige  Male  wird  auch  aus  dem 
/ara^  zitiert  4),  wenn  auch  Tan. 's  Sohn  (T.  III)  zu  dessen  Verfasser, 
jedenfalls  von  unkundigen  Abschreibern,  gemacht  worden  ist.  Auch 
andere  bekannte  Personen  treten  als  Berichterstatter  auf,  so  Ma- 
dä'ini  5),  Wäkidi  6)^  Asma'i  7),  §äfi*i  8).  Durch  die  far ag'-Zita.te  sehen 
wir,  daß  das  Werk  nicht  vor  Abschluß  des  farag;  d.  h.  nicht  vor 
373,  entstanden  ist. 

IX.    Das    Farag-  ba'^d  as-sidda    des    Tanühi. 

Das  farag-  ba'^d  as-sidda  des  Tanühi  liegt  uns  in  einer  beträcht- 
lichen Anzahl  Handschriften  vor,  von  denen  im  folgenden  ein,  so  weit 
wie  nur  möglich,  vollständiges  Verzeichnis  gegeben  sei. 


')  Berlin  9852,  70  a. 

2)  Brock.  1 155  Nr.2.  Hinzuzufügen  dort:  Laleli  1924,  Leipzig  590.  Herr  Dr.  P.  Loosen 
hat  erkannt,  daß  Gotha  1197  von  2  a — 11  a  gleich  1196  von  69  a —  72  b  Mitte  sei,  was 
Pertsch  seinerzeit  entgangen  ist.  Bei  H.  H.  V  519.  Völlers  schreibt  bei  Leipzig  590" 
»British  Museum  suppl.  1131  wird  eine  erweiterte  Redaktion  dem  Ta'älibl  (f  430)  zu- 
geschrieben.« Eine  Nachahmung  mit  ausdrücklicher  Angabe  dieser  Tatsache  ist  Berlin 
8433,  nach  Ahlwardt  von  as-Sukkari  (tii29H). 

3)  Leipzig  590,  9  a,  13  a,  33  a,  33  b  usw. 

4)  Leipzig  590,  24  b;  Gotha  1596,  S  b,  43  a  usw. 

5)  Leipzig  590,  4  b;  Gotha  1596,  2  a. 
')  Leipzig  590,  52  b,  86  a. 

7)  Leipzig  590,  58  a,  95  b,  113  a  usw. 

*)  Leipzig  590,  88  a.  .  ' 


398 


AI  fre  d  Wiener, 


-    Verzeichnis    der    Handschriften    von    Tanühl's 

jarag  ba'^d  as-sidda  ^). 

Berlin  8737  und  8738  2). 

Constahtine.     3  Exemplare.     (JA  1854,  435  Nr.   14). 

Constantinopel.    2.  Exemplare  in  Köpr. ;  i  Exemplar  in 'Umümije; 
I  Exemplar  in  Nür-i-Osm.      I  Exemplar  in  Top  Kapü  Seraj  3). 

Damaskus.     'Um.   S.  87  Nr.  34. 

Escorial   (Casiri)   71 1. 

Gotha  2687. 

Kairo  VI.  S.  161.  i  Exemplar  in  der  Bibliothek  des  Großvaters 
von  Mahmud  Rijäd  4). 

Leiden  ^  449  5).  J 

Bibl.  Lindesiana  p.  95  Nr.  306  6).  1 

Oxford   (Uri)  326.  ^ 

Paris  3483  und  3484. 

St.  Petersburg.     Asiatisches  Museum  p.  291. 

Vatican  yjy. 

Auszüge. 

Berlin  8739.     Anonym. 

Paris  3485,  verfertigt  von  *Ali  b.  abl  Tälib  b.  'All  al-Ha§ääb  al- 
Halabi. 

Paris  3486,   I  7).     Anonym. 

Paris  3486,  3.     Anonym. 

I)  Zusammengestellt  nach:  Pertsch.  Katalog  Gotha  IV  unter  Nr.  2687,  Leiden - 
unter  Nr.  449,  Brock.  I  155,  Chauvin,  Bibliographie  IV  126  und  eigenen  Notizen.  Dazu 
noch  folgendes:  Der  bei  Pertsch  angegebene  Auszug  Wien  1963,  21  ist  zu  streichen,  da 
er  nach  gütiger  Mitteilung  der  K.  K.  Hofbibliothek  persisch  ist.  Ebenso  ist  bei  Chauvin, 
Alger  S.  539-40  zu  streichen.  Nach  Angabe  des  Katalogs  ist  es  nicht  das  jarag,  sondern 
al-mustagäd  }I  fa^alät  al-agwäd  des  TanOhl.  Femer  ist  in  derselben  Bibliographie  bei 
Bibl.  Lindes,  p.  28  als  doppelt  zu  streichen;  zu  streichen  auch  p.  224  eine  Zahl,  die  das 
persische  farag  betrifft.  Für  gütigst  gegebene  Hinweise  schulde  ich  Herrn  Professor  Chauvin 
ergebenen    Dank. 

^)  8737  enthält  nur  den  ersten  Teil  des  Werkes  und  hört  im  7.  Kap.  auf. 

3)  Zu  Köpr.  und  *Umüm.  siehe  0.  Rescher,  Mitteilungen  aus  Stambuler  Bibliotheken. 
ZDMG  1910,  195  ff.  Daß  ein  Exemplar  in  Nür-i-Osm.  vorhanden  ist,  erfuhr  ich  durch 
freundliche  Mitteilung  des  Herrn  Dr.  0.  Rescher.  Das  in  Top  Kapü  Seraj  nach  0.  Rescher, 
Rivista  degli  Studi  Orientali  IV  1912.  S.  724  Nr.  2629.  Drei  weitere  Exemplare  noch  in 
den  von  G.  Flügel  beigebrachten  Bibliothekskatalogen:  H.  y.  VII  S.  130  Nr.  1048, 
S.  263  Nr.  388,  S.  346  Nr.  750. 

4)  Nach  Tan.  I  2. 

5)  Entspricht  Leiden  ^  Nr.  370. 

6)  Bibliotheca  Lindesiana  (Bibliothek  des  Lord  Crawford)  Hand-list  of  Oriental  Mss. 
Arabic,   Persian,  Turkish.     (Aberdeen)  189S. 

7)  Mit  dieser   Handschrift  hat   es   eine   eigene    Bewandtnis.      Im  Eskorial-Katalog 


Die  Farag  ba^d  as-Sidda-W\.tx2X\xx. 


399 


Von  diesen  Handschriften  sind  zwei  zu  einem  orientalischen 
Drucke  in  Kairo  verwendet  worden:  die  Handschrift  in  der  Bibliothek 
des  Großvaters  von  Mahmud  Rijäd  in  Kairo  und  die  der  Vizekönig- 
lichen Bibliothek  dort.  Der  Druck  erfolgte  auf  Kosten  des  Mahmud 
Effendi  Rijäd,  wurde  von  Saih  M.  az-Zuhri  al-GamräwT  besorgt  und 
in  der  Hiläl-Buchdruckerei  ^)  hergestellt.  Er  besteht  aus  zwei  Teilen, 
von  denen  der  eine  i88,  der  andere  220  Seiten  umfaßt.  Der  erste 
ist  1903,  der  zweite  1904  erschienen  ^).  Auf  S.  2  und  3  des  ersten  Teiles 
findet  sich  nach  einer  Bemerkung  Mahmud  Rijäd's  eine  Biographie 
Tanühi's,  verkürzt  aus  Ibn  Hallikän,  auf  S.  220  des  zweiten  Teiles 
ein  Verzeichnis  der  vierzehn  Kapitelüberschriften  3).    Leider  entspricht 


schreibt  Casiri  (11  213.  Nr.  711)  bei  der  TanOhi-Handschrift:  »In  eum  librum  perdoctos 
elucubravit  commentanos  Lotphalla  Ben  Hassan  Altocati.  Utrumque  opus  asservatur  in 
regia  Bibliotheca  Parisiensi.«  Und  H.  y.  bemerkt  IV  411  beim  farag:  Oiiii  ii-*«>.j5 
i  .  .  iwLw  J,  i3j.XÄ*i!  ^K'lJ^äj!  ^^av>.5>  Q.J  »JJ)\  Über  diese  angeblich  in  Paris 
befindliche  Handschrift  des  Lutfalläh  war  jedoch  nichts  mehr  zu  erfahren.  Da  fand  ich 
auf  dem  Vorblatte  des  verschiedene  Bücher  umfassendenPariser  Codex  3486  von  älterer  Hand 
die  Bemerkung:  »Al-farag  ba"ad  al-Scheddat.  Moeroris  et  calamitatis  solatium,  opus 
Abi  Ali  Hassan  Ben  "Ali  al-cadhi  al-tenoukhi,  qui  circa  annum  hegirae  484  (!)  fato  functus 
est.  Hujusce  libri  qui  partim  ex  regum  annalibus  partim  ex  Alcorano  ejusque  interpretibus 
consarcinatus  est,  explicationem  et  illustrationem  nobis  in  hoc  codice  suppedit,  ajut  Luth- 
fallah  Ben  Hassan  Altokati  sive  Tokatensis,  qui  anno  hegirae  900  occisus  est.«  Leider 
konnte  ich  in  keinem  der  beiden  Auszüge  einen  Hinweis  auf  die  Verfasserschaft  at-Tükäti's 
finden. 

I)  Die  Inhaber  dieser  Druckerei  wie  auch  der  gleichnamigen  Buchhandlung  sind 
der  in  Europa  wohl  bekannte  Girgl  Zaidän  (siehe  z.  B.  M.  Hartmann,  The  Arabic  Press 
of  Egypt.  London  1899.  S.  35  (nach  Prof.  Bezold);  I.  Goldziher  in  DL  1907,  Sp.  1505 — 08; 
Brock.  II  483,  9  a).  und  sein  Bruder. 

*)  Ob  Tan.  selbst  sein  Werk  in  zwei  Teile  zerlegt  hat,  ist  nicht  sicher.  Jäküt 
(Berlin  9S52)  spricht  von  drei  Teilen  (70  a).  Die  Gothaer  Handschrift  ist  nicht  geteilt. 
Fraglich  ist  auch,  wo  der  zweite  Teil  begonnen  hat.  Bi  hört  im  Anfang  des  7.  Kapitels 
auf,  und  es  wird  ausdrücklich  gesagt,  daß  hier  der  erste  Teil  beendet  sei.  Bei  B2  findet 
sich  gegen  Ende  des  7.  Kapitels  diese  Bemerkung.  Wo  die  Kapitel  im  Drucke,  B  2,  G 
und  Bi  beginnen,  zeigt  die, Tabelle: 


I. 
Kap. 

2. 
Kap. 

3- 
Kap.. 

4- 
Kap. 

5- 
Kap. 

6. 
Kap. 

7- 
Kap. 

8.    9. 
Kap.  Kap. 

10. 

Kap. 

II.   12. 

Kap.  Kap. 

13- 
Kap. 

14. 
Kap. 

Druck  Kairo 

I 

II 

1903/04 

7 

26 

44 

66 

88 

147 

2 

44 

73 

94 

104 

118 

148   190 

B2=  Berlin  8738 

2  b 

9a 

i6a 

24a 

33a 

53b 

65b 

103b 

1 1  5a 

122a 

125b 

130a 

136a 

149a 

G  =  Gotha  2687 

5a 

i8b 

31a 

57a 

85b 

139b 

177a 

312a 

356a 

381b 

394a 

409b 

443a 

479b 

B,=Berlin  8737 

3b 

13a 

19b 

37a 

55a 

93a 

io8b 

3)  Der  Druck  ist  besprochen  von  D.  S.  Margoliouth  JRAS  1905,  425  ff.,  wo  einige 
Erzählungen  übersetzt  sind;  und  ferner  durch  L.  Cheikho  in  arabischer  Sprache  im  Masri^. 


^QO  Alfred  Wiener, 

der  Druck  nicht   den  Anforderungen,   die  man  an  ihn  stellen  muß. 
Die  Druckfehler  sind  zahlreich,  Hinweise  über  die  Verwendungsweise 
der    Handschriften    mangeln.       Überhaupt    fehlt    eben    der   kritische 
Apparat.       Daß    einzelne    Erzählungen    und    zuweilen    beträchtliche 
Partien,  z.   B.  im  7.  Kapitel,  im  Vergleiche  mit  den  beiden  Berliner 
Handschriften  und  der  Gothaer,  teilweise  auch  mit  den  Pariser  Hand- 
schriften, nicht  vorhanden  sind,  liegt  wohl  —  wir  wollen  es  wenigstens 
annehmen  —  an  den  Kairiner  Vorlagen.     Ein  Vorzug  dieser  scheint, 
daß  sie  oft  Einleitungen  in  die  Erzählungen  über  Quellen,  Personen 
bringen,  die  in  den  andern,  abgesehen  vielleicht  von  Gotha,  fehlen. 
Die    Handschriften,    die   ich    untersuchte,    stimmen   aber   auch    nicht 
überein.    Bi  bringt  nur  sechs  Kapitel  und  vom  siebenten  einen  kleinen 
Teil,  wobei  aber  noch  verschiedenes  im  6.  Kapitel  fehlt.     Sie  ist  fast 
durchgängig,  oft  unrichtig,  vokalisiert.    B2  ist  dem  Drucke  gegenüber 
reichhaltiger,  ebenso  ist  es  G.    Doch  bringt  bald  Bi,  bald  Ba,  bald  G 
etwas,  das  in  den  anderen  fehlt.    Am  umfangreichsten  ist  G,  obwohl 
diese  Handschrift  sehr  jung  ist  ^).    Wann  T.  H  sein  farag  geschrieben 
hat,  wissen  wir  wenigstens  ungefähr.     I  132  spricht  er  als  Zeitgenosse 
von  Ereignissen,   die  in  den  Jahren  358— 68  H  spielen,  und  H   176 
nennt  er  das  Jahr  373,  so  daß  er  also  erst  nachher  das  Buch  fertig- 
gestellt hat. 

Infolge  des  immerhin  ziemlich  allgemein  gehaltenen  Themas  fand 
Tan.  ein  sehr  umfangreiches  Material  prosaischer  wie  poetischer  Art 
für  sein  Buch  vor,  dem  es  beizukommen  galt.  Er  hat  es  gesichtet, 
indem  er  es  geschickt  und  in  der  Ausführung  verhältnismäßig  streng 
auf  14  Kapitel  verteilt.     Es  sind  die  folgenden  2): 

1.  Was  im  Kur'än  von  »Freud  nach  Leid«  erwähnt  wird. 

2.  Was  in  den  Traditionen   [atär)  darüber  vorkommt. 

3.  Von  denen,  denen  farag  durch  ein  Omen  verkündet  wird,  und 
denen,  die  vom  Unglück  infolge  Rede  oder  Gebet  befreit  werden. 

4.  Von  denen,  die  den  Zorn  des  Herrschers  durch  ein  freimütiges 
Wort  oder  durch  eine  Ermahnung  besänftigen. 

5.  Von  denen,  die  aus  dem  Gefängnis  in  die  Freiheit  kommen. 

6.  Von  denen,  die  Rettung  nach  glückverheißendem  Traume 
finden. 


VIII  758  ff.  Beyrouth  1905.  Cheikho  gibt  dort  eine  Geschichte  des  farag,  behandelt  die 
Beziehungen  zwischen  dem  Isbahäni  des  farag  und  dem  des  kitäb  al-agänJ  und  druckt 
schließlich  einige  Geschichten  aus  dem  farag  ab. 

")  Für  eine  brauchbare  Herausgabe  des  farag,  die  wünschenswert  ist,  wären  noch 
einige  andere  Handschriften  heranzuziehen. 

*)  Die  Überschriften  sind  nicht  wörtlich  übersetzt. 


Die  Farag  ba^d  as-Sidda-\Ä\.QX3.\.\xx.  aq\ 

7.  Von  denen,  die  von  erstickender  Enge  planmäßig  oder  zufällig 
loskommen. 

8.  Von  denen,  die  nahe  daran  getötet  zu  werden,  dennoch  errettet 
werden. 

9.  Von  denen,  denen  der  Tod  durch  Tiere  droht,  und  die  dabei 
durch  Gott  Hilfe  finden. 

10.  Von  denen,  die  sehr  krank  sind,  und  die  Gott  heilt. 

11.  Von  denen,  die  in  die  Hände  von  Räubern  oder  Dieben  fallen, 
dann  aber  befreit  und  entschädigt  werden. 

12.  Von  denen,  die  aus  Furcht  geflohen  sind  und  sich  verborgen 
halten,  und  denen  dann  das  Heil  winkt. 

13.  Von  denen,   die  Liebesunglück  haben,  und  die  dann  durch 
Gottes  Hilfe  das,  was  sie  lieben,  in  den  Besitz  bekommen. 

14.  Auswahl   von   dem,   was   die   Dichter   zum   Thema:    »Freud 
nach  Leid«  sagen. 

Woher  ist  nun  Tanühi  der  Stoff  zugeflossen.''  Aus  mündlicher 
und  aus  schriftlicher  Überlieferung.  Wie  sehr  die  äußeren  Lebens- 
umstände seine  literarischen  Neigungen  begünstigten,  ist  schon  aus- 
geführt worden  ^).  Und  Tan.  nutzte  jede  Gelegenheit,  um  Material 
für  sein  Werk  zu  gewinnen.  Bald  sind  es  Christen^),  bald  §i*iten  3) 
bald  *Aliden4),  die  ihm  etwas  berichten.  Dort  tritt  ein  Einwohner 
von  Ahwäz,  hier  einer  der  Bagdäder  Kaufleute  als  Erzähler  auf.  Unter 
den  mit  Namen  genannten  Erzählern  ist  oft  sein  Vater  zu  finden  ^j, 
dann  Abul-farag  al-Isbahäni  5),  der  Verfasser  des  kitäb  al-agänl 
desen  Schüler  er  war,  und  von  dem  er  die  Igäza  besitzt,  sein  Lehrer 
as-Süli  und  andere  Gelehrte  und  Philosophen.  Am  häufigsten  sind 
aber  die  Sekretäre  und  die  Kädi  seine  Gewährsmänner.  Die  Sekretäre, 
die  in  den  verschiedenen  Diwanen  saßen  oder  auch  Privatsekretäre 
waren,  jedenfalls  aber  die  rechte  Hand  der  hohen  Beamten  darstellten, 
erfuhren  vieles,  und  vom  Leben  des  Volkes  gewiß  mehr,  als  ihre  vor- 
nehmen Herren,  da  sie  mit  der  Öffentlichkeit  in  steter  Fühlung  waren  7). 


0  S.  396. 
»)  Tan.  I  38. 

3)  Tan.  I  42. 

4)  Bi  25  a,  26  a. 

5)  Tan.  I  26,  44  und  öfter.     Bi  13  a,  13  b,  19  a  und  öfter. 

6)  Igäza  II  187.    Siehe  ferner  Tan,  II  2,  3,  157. 

7)  Über  das  Verhältnis  vom  Sekretär  zum  Juristen:  M.  Hartmann.  In:  Le  monde 
oriental.  Jahrg.  1909,  252;  dessen  wichtige  Einleitung  in  die  Literatur-  dieses  Zeitabschnittes 
247 — 49  und  auch  262 — 63.    Daß  die  Sekretäre  eine  Genossenschaft  waren,  berichtet  Ibn 


AQ2  Alfred  Wiener, 

Und  die  Kädi  hatten  dank  ihrer  Tätigkeit  reiche  Gelegenheit,  eigen- 
artige Geschichten  zu  vernehmen  und  den  Kollegen  als  »Curiosa«  zu 
erzählen-  Hier  und  da  treten  auch  Erzählungen  ohne  Angabe  der 
Herkunft  auf;  wenn  aber  nur  möglich,  bringt  T.  H  die  Überlieferer 
oder  setzt  wenigstens  hinzu,  die  Erzählung  sei  ihm  mit  Isnäd  mit- 
geteilt. Nicht  verschwiegen  darf  schließlich  sein  kritischer  Sinn  werden. 
Häufig  bringt  er  zu  Erzählungen  Varianten  aus  anderen  Quellen  und 
manchmal  setzt  er  hinzu,  er  habe  etwas  weggelassen  oder  gekürzt, 
weil  es  über  den  Rahmen  des  Buches  oder  des  Kapitels  hinausginge  ^). 
Daß  auch  sonst  sein  Buch  eine  über  das  Übliche  hinausgreifende 
persönlich  eNote  hat,  beweist,  abgesehen  davon,  daß  er  selbst 
in  einer  Anzahl  Fälle  als  Erzähler  aus  seinem  Erfahrungsschatze 
auftritt,  vor  allem  seine  schon  des  öfteren  erwähnte  literargeschicht- 
lich-kritrsche  Einleitung. 

Die  Benutzung  der  mündlichen  Überlieferung  findet  in  der  aus- 
gebreiteten Heranziehung  der  schriftlichen  Überlieferung  ihr  Seiten - 
stück.  Tanühi  hat  viel  gelesen;  Prosa  wie  Poesie,  Arabisch  wie  Per- 
sisch, zeitgenössische  wie  frühere  Schriftsteller  und  sich,  sobald  er 
etwas  für  seinen  Zweck  fand,  dies  notiert.  Diesem  Leseeifer  verdanken 
wir  die  Erhaltung  von  Bruchstücken  aus  Werken,  die  zum  Teil  ver- 
schollen sind. 

Unser  Verfasser  hat  gemäß  seiner  Einleitung  die  /ara^- Schriften 
des  Madä'ini,  des  Ibn  abid-Dunjä,  des  Abul-yusain,  vor  sich  gehabt, 
und  er  sagt  dann,  er  habe  ihm  geeignet  erscheinende  Überlieferungen 
aus  ihnen  in  den  betreffenden  Kapiteln  seines  Buches  untergebracht. 
Wie  er  Mad.  und  A.  H,  benutzt,  ist  bei  diesen  schon  dargestellt  worden. 
Auffällig  ist  seine  Stellung  zu  Ibn  abid-Dunjä.  Während  er  die  andern 
beiden  Verfasser  bei  seinen  Zitaten  aus  ihren  Werken  mit  Namen 
nennt  und  gewöhnlich  noch  den  Buchtitel  hinzusetzt,  ist  das  bei 
I.  a.  D.  nur  zweimal  der  Fall  (I  26,  H  204).  Auch  dann  ist  nur  der 
Name  genannt,  ohne  das  Buch  zu  erwähnen.  Sonst  bringt  T.  H  noch 
Verschiedenes,  was  auch  in  I.  a.  D.  steht,  aber  nicht  direkt  aus  seinem 
Buche  und  manchmal  mit  anderem  Isnäd,  wie  Tan.  I  20,  59  und 
sonst  noch. 

Über  die  anderen  von   ihm  benutzten  Werke  gibt   die  folgende 
Liste  Aufschluß. 


abi  Tähir  Taifür,  Kitäb  Bagdad  ed.  H.  Keller.    S.  13  a,  dazu  H.  Keller.   II.  Teil.    S.  IX. 
So  ist  auch  im  Tan.  von  den  siijüh  al-kiätäb  die  Rede:  II  132.     Bz  76  a. 
')  Z.   B.   II  118  und  öfter.     Bi  99  a  und  öfter. 


Die  Farag  ba'-d  as-Sidda-\Ä\.t.x2X\ai.  AO'K 

A.    Quellen,    von    denen  Verfasser    und    Titel    ge- 
nanntsind ^). 

Wazirgeschichten-). 

1.  Sehr  häufig  hat  Tan.  das  kitäh  al-wuzara'  des  abü  ^Abdallah 
M.b/Abdüs  al-Gahsijäri  (t33i)3)  benutzt,  dessen  Werk  bis  zum  Wazlrat 
des  al-*Abbäs  b.  al -Hasan  reichte,  der  im  Amte  war,  als  Muktadir  Halif 
wurde  (298  H)  4).     Folgende  Zitate  bringt  T.  II  daraus: 

Tan.  I  24,  Bi  27  b,  28b,  29  b,  Tan.  I  68,  G  58  a,  76  a  =  Bi  49  a 
=  B2  30  a,  G  76  b  -  Bi  49  b  =  B2  30  a  5),  G  78  b,  Tan.  I  1086), 
117,  118,  119,  155,  165,  B2  62  a  =  Tan.  I  188,  Tan.  II  5,  7;  B2  68  a, 
Tan.  II  48,  B2  82  b,  95  a,  95  b  7),  G  278  b,  282  a,  296  b  »),  B2  103  b 
(dreimal),  104  a,  lii  b.  Tan.  II  119,   128,   137  9). 

2.  Das  kitäb  al-wuzarä'  des  abü  Bakr  M.  b.  Jahjä  as-Süli  (f  335), 
seines  Lehrers,  zitiert  unser  Kädl  mehrere  Male  ^°).  Es  reichte  bis  zum 
Tode  des  Käsim  b.  *Ubaidalläh  (f  291),  und  Hiläl,  der  am  Eingange 


^)  Es  sind  nur  solche  Quellen  verzeichnet  worden,  aus  denen  Tan.  unmittelbar  ge- 
schöpft hat.     Eine  Ausnahme  ist  Nr.  3. 

^)  Wazirgeschichten  gab  es  in  großer  Anzahl,  doch  sind  fast  alle  verloren  gegangen. 
In  einem  bibliographischen  Werke,  Gotha  177,  fand  ich  2  b  vierzehn  verschiedene  der- 
artige Bücher  aufgezählt.     Siehe  auch  H.  H.  I  191  unter  ahhär  al-wuzarä'. 

3)  Über  ihn  und  seine  Werke:  Fihrist  I  127,  Ihi  al-Atlr  ed.  Tornberg  VIII  303, 
Ahul-Mahäsin  II  303,  H.  H.  I  69,  II  48,  V  168,  616,  617,  VI  285.  Im  Fihrist  I  12  wird 
er  als  erster  genannt,  der  ein  arabisches  samar-'Buch  geschrieben  hat.  Seine  Wazirgeschichte 
ist  als  Handschrift  der  K.  K.  Hofbibliothek  in  Wien  erhalten.  Siehe  Hans  von  Mzik 
im  Anzeiger  der  Kais.  Akad.  der  Wiss.  in  Wien.  Jahrg.  44  (1907),  S.  132  und  A.  von 
Kremer,  Verhandl.  des  VII.  Oriental.  Kongr.     Semit.  Sekt.    Wien  1888.     S.  2. 

4)  Nach  Hiläl  ed.  Amedroz  S.  |*. 

5)  hier:  ahhär  al-wuzarä'  genannt,  wie  auch  sonst  bisweilen  in  den  Handschriften, 
jedoch  nicht  im  Drucke. 

^)  Die  Stelle  auch  in  Bi  97  a,  doch  ohne  Quellenangabe. 

7)  Hier  ohne  die  Quelle  zu  nennen. 

8)  Die  Zitate  in  G  282  a  und  296  b  sind,  wie  Tan.  selbst  bemerkt,  Variantenerzäh- 
lungen zu  solchen  Abul-Husain's. 

9)  Weitere  Zitate:  Fihrist  I  12,  einige  am  Rande  von  Paris  3499  (Rabl^  al-ahrär 
des  Zamahsari),  z.  B.  153  b,  296  a.  Ihn  Ballikän  Nr.  394  (de  Slane  II  135),  Nr.  816 
(de  Slane  II  460).  Ferner:  Jäküt,  Geogr.  Wörterhuch  II  31,  Z.  21;  96,  Z.  5  ff.  IV  381, 
Z.  20  ff.;  796,  Z.  6  ff.  (nach  Heer,  Die  histor.  und  geographischen  Quellen  in  Jäqül's  Geogr. 
Wörterhuch  S.  18);  Jäküt,  Irsäd  .  .  .  I  154,  Z.  3;  275,  Z.  11.  II  127,  Z.  17;  129,  Z.  12; 
166,  Z.  3.  III  146,  Z.  2  (nach  Gottfried  Bergsträsser  ZDMG  1911,  800).  Weitere 
Autoren,  die  ihn  zitieren,  in  der  oben  genannten  Mitteilung  Mzik's  S.  134  am  Ende. 

'")  335  H  (Monat  Ramadan)  steht  nunmehr  nach  dem  Zeugnis  Tan.'s  als  Todesjahr 
fest  (B2  97  a,  Oxford  64,  103  a).  Über  Süli  und  seine  Werke:  hier  S.  393.  Ferner  Fihrist 
1  150/151,  sehr  oft  bei  H.H.  siehe  Index.  Auch  Wüstenfeld,  Geschichtsschreiber  Nr.  115^ 
Brock.  I  143.  Einiges  bei  Eugen  Mittwoch,  Die  literarische  Tätigkeit  Hamza  al-Isha- 
hänTs,  MSOS  XII,  1909.     S.-A.   S.  42. 

Islam.    IV.  28 


AQA  Alfred   Wiener, 

seines  Wazirbuches  davon  spricht,  stellt  Süli  kein  gutes  Zeugnis  aus: 
»Er  füllte  sein  Buch  mit  unnützem  Ballast  und  entstellte  es  durch 
seine  geschmacklosen  Gedichte«^).  Zitate:  Tan.  I  40,  66,  84.  B2 
83  a,  95  a  =  G  284  a,  114  b,  wohl  auch  Tan.   I  91  ^). 

3.  Nicht  von  Tan.,  sondern  von  Ihn  'Abdüs  wird  in  einem  Zitate, 
das  Tan.  von  ihm  bringt  (I  167)  das  kitäb  al-wuzarä^  des  abü  ^Abdallah 
M.  b.  Dä'üd  b.  al-öarräh3),  Wazirs  des  Hälifen  Ibn  al-Mu'tazz  (reg. 
I  Tag  im  Jahre  295),  erwähnt.  Vielleicht  entstammen  auch  die  dort 
genannten  Verse  seinem  Buche. 

4.  Ein  Zitat  ist  den  manäkih  al-wuzarä^  des  Sekretärs  abul- 
yasan  'Ali  b.  al-Fath  al-Mutawwak  4)  entnommen.  Er  hat,  wie  aus 
der  Einleitung  zum  Zitate  (I  132)  hervorgeht,  bis  nach  320  H  gelebt, 
und  sein  Buch  umfaßte  die  ahbär  al-wuzarä'  seit  dem  Tode  des  *Ubaid- 
alläh  b.  Jahjä  b.  Hakan  5)  bis  zum  Ende  der  Tage  al-Kähir  billäh's 
(reg.  320 — 22)  und  später.  Im  Fihrist  (I  129)  wird  gesagt,  daß  es  an 
das  Buch  des  M.  b.  Dä'Qd  b.  al  öarräh  anschloß  und  bis  in  die  Zeit 
des  Wazirs  al-Kalwadäni  reichte,  der  319  unter  al-Muktadir  das 
Wazirat  bekleidete  ^). 

Sonstige    Quellen. 

5.  Das  kitäb  al-ädäb  al-haynfda  wal-ahläk  an-najlsa  des  M.  b. 
öarlr  at-Tabari,  zitiert  Tan.  I  22.  Das  Buch  wird  bei  H.  H.  I  212 
unter  den  Büchern  über  die  Art  und  Weise  des  Kur*änlesens  angeführt. 
Nach  I.  GoLDZiHER  wäre  das  bei  H.  H.  genannte  identisch  mit  dem 
Buch  ädäb  an-nufüs,  das  Ibn  'Asäkir  unter  den  Schriften  Tab. 's  auf- 
zählt 7). 


I)  Hiläl  S.  f.     M.  Hartmann.     In:  Le  monde  oriental.     Jahrg.   1909,  253. 

^)  Sonst  wird  Soli  noch  oftmals  zitiert  mit  affbaram,  haddatant,  ^äla.  Welche  Zitate 
davon  den  wuzara*  zugehören,  ist  erst  festzustellen.  Zitate:  Tan.  I  44,  72,  89.  Bt 
51  b  =  Bj  31  b.  Tan.  I  147,  158,  II  4.  B2  78  b,  87  b.  Eine  Stelle  aus  den  wuzarä^\m 
Hiläl  219.  Ferner  Jäküt,  Irsäd  ...  II,  131,  Z.  15;  nebst  den  meisten  der  titellosen  Zitate: 
I  136,  Z.  18 — 140,  Z.  19  (über  Ahmad  b.  Sulaimän  al-Kätib),  271,  Z.  6;  273,  Z.  lO.  II  36, 
Z.  8,;  39,  Z.  8;  127,  Z.  4;  i43,  Z-  5;  161,  Z.  3;  163,  Z.  4;  221.  Z.  15;  366,  Z.  3,  6  (nach  G. 
Bergsträsser  in  ZDMG  191 1,  800).  Weiter  Ibn  at-Tiktakä,  al-fa(}ri  ed.  W.  Ahlwardt 
184,  Z.  6  (entspricht  der  Übersetzung  von  E.  Amar  in  Archives  Marocaines.  Vol.  XVI 
S.  249);  218,  Z.  13  (Übers.  308);  304,  Z.  15  (447);  31 '<  Z.  16  (458);  413,  Z.  15  (463). 

3)  Fihrist  I  128  u.  129  (Mutawwak);  Mittwoch,  Hamza  19  Anm.  4,  wo  weitere 
Quellen.     Sein  Sohn  Fihrist  I  129'". 

4)  Auch  Bz  91  b  erwähnt. 

5)  Anscheinend  der  Vater  des  bei  Hiläl  265  angeführten  Abü  'AU  M.  b.  'Ubaidalläh 
b.  Jahjä  b.  yäkän. 

6)  Über  ihn:  Fihrist  I  131.     Abul-Mahäsin  II  242. 

7)  I.  GoLDZiHER,  Die  literarische  Tätigkeit  des  TabarT  nach  Ibn  ^Asäkir  WZKM  IX 
359  ff.     Hierfür  S.  365. 


Die  Farag  ba'-d  as-Sidda-\ÄX^iz.\.\xx.  40  S 

6.  Einige  Verse  aus  kitäh  al-hamäsa  des  Abu  Tammäm  at-Tä'i 
stehen  mit  Quellenangabe  Tan.  I  39,  I  191;  das  Buch  erwähnt  B2 
105  a. 

7.  Ein  Zitat  aus  dem  (?)  .^aXÄj!  ljlX^  des  Abul  'Abbäs  Ahmad 
b.  ^Abdallah  b.  *Ammär  wird  I  132  angeführt;  es  bringt  etwas  aus  der 
*Alidengeschichte.  Ob  so  der  Titel  des  Buches  gelautet  hat,  ist  zweifel- 
haft, da  G  134  a  einen  andern,  nicht  erkennbaren,  sicher  aber  nicht 
denselben  Titel  hat.  Der  Verfasser  scheint  mit  dem  bei  Tüsi  ^)  ge- 
nannten Abul  *Abbas  Sähib  *Ammär  b.  Marwän  identisch  zu  sein. 

8.  Aus  dem  kitäb  al-awräk  des  Süll  wird  Bz  106  b  eine  Stelle 
zitiert.     Tan.  besitzt  danach  auch  die  Igäza  dieses   Buches  2). 

9.  B2  136  b,  G  443  b  wird  ein  Stück  aus  dem  kitäh  al-'^umarain 
des  M.  b.  Dä'üd  b.  al-Garräh  angeführt  3). 

10.  Das  kitäb  as-sumrnär  wan-nudamä^  4)  des  Ibn  'Ali  b.  M.  b. 
al -Hasan  b.  Gah war  al-*Agami  (?)5)  al-BasrI  al-Kätib  wird  II  160  als 
Quelle  eines  Zitates  angegeben. 

11.  Zitat  aus  dem  kitäb  as-samir  des  Madä*ini  II  174.  Ob  dieser 
der  bekannte  Madä^ini  ist,  ist  nicht  gewiß.  In  seiner  Bücherliste 
{Fihrist  I  loo — 104)  wird  das  Buch  nicht  aufgezählt. 

12.  Ein  größeres  Stück,  wenn  auch  in  verkürzter  Form,  aus  dem 
kitäb  al-ag-äm  al-kablr  des  Abul-Farag  al-Isbahänl  steht  Tan.  I 
177  ff.  Al-IsbahänT  wird  sehr  oft  als  direkter  Überlieferer  erwähnt  6); 
jedoch  außer  diesem  Stück  niemals  mit  einer  Angabe,  ob  und  aus 
welchem  Werke  die  Erzählung  herrührt  7). 

13.  Eine  Stelle  aus  der  risäla  fi  jadl  al-ward  wan-nargis  des  Abul 
yusain  M.  b.   Ga'far  al-Basri,  bekannt  unter  dem  Namen  ^lUCiJ  ^i\ 


')  Tusy's  list  of  Shy*ali  Books  and  *Alam  al-Hoda's  notes  oji  Shyah  biography  edited 
by  Dr.  A.  Sprenger  u.  a.  Calcutta  (Bibliotheca  Indica)  1853 — 55.  S.  377,  Nr.  851.  Der 
Titel  ist  leider  hier  nicht  angegeben. 

^)  Über  das  in  Kairo  (V  16)  erhaltene  Unikum  Ausführliches  bei  Joseph  Horovitz, 
Aus  den  Bibliotheken  von  Kairo,  Damaskus  und  Konstantinopel  MSOS  X  1907.  West- 
asiatische Studien  S.  35.    Zitate  aus  den   awräk  am  Rande  von  Paris  3499,  234  a,  267  b. 

3)  Siehe  S.  404  Nr.  3  vom  gleichen  Verfasser.  Das  hier  angegebene  Buch  ist  nicht 
im  Fihrist  aufgeführt. 

4)  Über  die  ^awar-Literatur :  Fihrist  I  12. 

5)  G  454  a  und  Bj  140  a:  ,£-*JtJ5. 

6)  Tan.  I  70,  71,  80,  81,  83,  87,  114,  117,  126,  130.  II  2,  3,  4,  10,  123,  157,  177,  180, 
181  (mehrere  Male),  182,  183,  187.  Außerdem  noch  eine  Anzahl  Überlieferungen  nach 
ihm  in  den  Handschriften,  die  der  Druck  nicht  enthält.  Über  al-Isbahäni  Brock.  I  146, 
hier  S.  394  und  S.  397. 

7)  Die  Geschichte  von  Kais  b.  Kaisaba  b.  Kultüm  I  130  findet  sich,  wie  Cheikho 
(Al-Masrik  VIII  760/61)  nachgewiesen  hat,  in  agänl  XI  130 — 31.  Cheikho  vergleicht 
auch  dort  die  beiden  Berichte,  wobei  der  /arag-Druck  schlecht  abschneidet. 

28* 


AQ^  Alfred  Wiener, 

wird  II  189  beigebracht.    Auf  derselben  Seite  folgt  dann  eine  andere 
Version  der  Erzählung  aus  dem 

14.  Kitäb  jadä'il  al-ward  *^ala  an-nargis  des  Ahmad  b.  abi  Tähir 
(t  280),  das  umfangreicher  als  die  risäla  war.  Damit  ist  ohne  Zweifel 
das  im  Fihrist  (I  146,  24)  erwähnte  kitäb  mujäharat  al-ward  wan- 
narg-is  gemeint,  wie  H.  Keller  mit  Recht  sagt  ^). 

15.  In  G  272  b  und  274  a  sind  zwei  Stücke,  dem  küäh  nasah 
al-Kuraü  des  Ahmad  b.  'Abdallah  b.  Ahmad  al-Warräk  entnommen, 
angeführt  -). 

B.     Quellen,    bei    denen     entweder    nur     die    Ver- 
fasser oder  nur   die  Titel   namentlich  angegeben 

sind. 

16.  Aus'einem(.')  lj|^aJL  1$^^-^^  v-jj^  werden  Verse  Tan.  II  94 
angeführt. 

17.  B2  79  a  und  b  sind  2  Stücke  einem  kitäb  ^atik  entnommen, 
in  dem  Ja'küb  b.  Bajän(?)3),  der  Sekretär,  Nachrichten  gesam- 
melt hat. 

18.  Bisweilen  hat  Tan.  Zitate  aus  einem  Buche  des  Abul-Farag 
*Abd  al-Wähid  b.  Na§r  al-Mahzümi  (mit  diesem  Namen  bei  T.  II 
gewöhnlich),  bekannt  unter  dem  Namen  al-Babbagä*,  der  Sekretär 
(t  398).  Nämlich:  Bi  11  b.  Tan.  I  73^),  91  5),  93^),  169.  II  8,  44- 
Tan.  spricht  immer  von  dem  kitäb,  sagt  aber  niemals  von  welchem.  Das 
Buch  muß  also  sehr  bekannt  gewesen  sein  und  die  übrigen  Werke 
des  Mahzümi  so  hinter  sich  gelassen  haben,  daß  der  Leser  schon  durch 
das  bloße  kitäb  wußte,  welches  Buch  gemeint  sei  7). 

19.  B2  102  b  wird  eine  Erzählung  aus  einer  Handschrift  des 
Gahza  zitiert.   Damit  ist  wohl  der  im  Fihrist  I  145,  20  und  ausführlich 


>)  6.  Band  des  kitäb  Bagdad  von  Ahmad  ibn  abi  Jähir  Taifür.  Leipzig  1908. 
Hrg.  von  H.  Keller.    2.  Teil.    Deutsche  Übersetzung  VII.    Über  faifür  Brock.  I  138. 

^)  Schon  Madä'ini  hat  ein  nasab  al-Kurais  verfaßt  {Fihrist  I  lOi).  Ähnliche  genea- 
logische Werke  sind  aufgeführt  bei  Ahlwardt  IX  9397.  Für  al-Isbahäni  siehe  H.  H. 
VI  340-41. 

3)  Der  Name  ist  nicht  deutlich  geschrieben.     Vielleicht  al-Bajjäni. 

4)  Ohne  Quellenangabe  Bi  42  a  =  Bs  26  b. 

5)  Ohne  Quellenangabe  Bi  58  b. 
^)  Ohne  Quellenangabe  B  i  60  b. 

7)  Al-Mahzümi  erzählt  noch  zweimal  Tan.  etwas:  I  152  und  182.  Er  ist  erwähnt 
als  Verfasser  von  rasiPil  und  Gedichten  Fihrist  I  169  und  172.  Ferner:  Jatima  I  173 — 205 
und  dazu  Ph.  Wolff,  Carminiim  Abuljaragii  Babbaghae  specimen  ex  codice  gothano  nunc 
primuni  ed.  etc.     Lipsiae  1834.     Sein  Diwän  H.  H.   III  257.     Siehe   auch  Brock.  I  90. 


Die  Farag  ba'-d  aS-Sidda-hiteratxiT.  407 

in  Jäküt's   Irsäd  ...  ed.  Margoliouth  (I  383)  genannte  Barmakidc, 
Dichter  und  Verfasser  mehrerer  Bücher  gemeint    (f  324)  ^). 

20.  B2  136  a  spricht  T.  II  von  einer  Geschichte,  die  in  einem 
Buche  des  Kädi  abü  Ga*far  b.  Bahlül  at-Tanühi  al-Anbäri  stände. 
Das  ist  der  in  Jäküt's  Irsäd  ...  ed.  Margoliouth  I  82  und  in  Sujütl's 
biigjat  al-wu'-ät  (i.  Druck.  Kairo  1326  H)  2)  unter  Ahmad  als  Ge- 
lehrter  und   Dichter   erwähnte   Tanühi    (231    bis  318  H)  3). 

C.      Quellen,     bei     denen     weder     Verfasser     noch 
Titel    namentlich    genannt    sind. 

21.  Am  häufigsten  zitiert  Tan.  aus  einem  Buche,  ohne  es  näher 
zu  bezeichnen.  Gewöhnlich  beginnt  er  dann:  »Ich  habe  in  einem 
Buche  gefunden«  und  geht  direkt  mit  an  in  die  Erzählung  über;  selten 
setzt  er  noch  mit  *aw  den  Gewährsmann  hinzu.  Solche  Zitate  finden 
sich:  Tan.  I  72,  y^,  79,  iio,  116,  Bi  81  a,  Tan.  I  158,  162,  178  (zweimal;, 
B3  63  b,  Tan.  I  183,  II  19,  B2  72  a,  Tan.  II  45,  47,  Bz  83  b,  84a 
(zweimal),  84  b,  85  a,  85  b,  Tan.  II  70,  71,  161,  172,  183,  B2  136  a, 
145  a. 

22.  Etwas  aus  einem  Buche,  das  ihm  von  einem  Sekretär  gegeben 
w^urde,  der  es  wiederum,  aus  einem  Buche,  das  er  empfangen  hatte, 
abschrieb:  Tan.   I  116  und  B-   141b. 

23.  Aus  einem  dajtar  '■atlk  wird  II  75  eine  Erzählung  berichtet  4). 

24.  Etwas  aus  den  kutuh  ad-dawla:   II   119. 

25.  Von  persischen  Büchern  ist  zweimal  ausdrücklich  die  Rede. 
Einmal  sagt  Tanühi  (II  6^),  er  habe  in  einem  persischen  Buche  eine 
Geschichte  von  AbarwTz  gelesen,  die  er  darauf  erzählt.  Und  bald 
danach  (II  69)  führt  er  etwas  aus  der  persischen  Königsgeschichte  an, 
das  er  in  einem  persischen  Buche,  was  ins  Arabische  übertragen  sei, 
gelesen  habe  5). 

Um  von  dem  ungefähren  Inhalt  der  einzelnen  Kapitel  einen  Be- 
griff zu  geben,  sollen  diese  näher  beschrieben  werden. 
I.  Kapitel.     Farag-  im  Kur*än.     Tan.   I  7 — 25. 
Beginn  S.  7  mit  der  vollständigen  Sure  94  [Alam  nasrah).    Dann 


')  II  10  erzählt   er   dem  Abul-Farag  al-Isbahänl   eine  Geschichte.    324  als  Todes- 
jahr auch  bezeugt  bei  Ihn  al-Atlr  VIII  245. 
^)  Brock.  II  156  Nr.  276. 

3)  Mehrfach  im  jarag  erwähnt. 

4)  Nach  Bs  115  b  ständen  die  dort  erwähnten  Geschichten  aiich  in  andern  Büchern. 

5)  Es  liegt  nahe,  zu  glauben,  daß  diese  Bücher  arabische  Übersetzungen  bzw.  Be- 
arbeitungen des  Hodäl-Nämeh  waren.     Siehe  Mittwoch,  Hamza  14. 


4o8  Alfred  Wiener, 

eine  ganze  Reihe  von  Kur'änstellen,  die  auf  das  Thema  Bezug  haben, 
fast  immer  mit  erläuternden  Bemerkungen. 

S.   10.     Etwas  nach  ^asan  al-Basri,  dem  bekannten  »Haupte  der 

Orthodoxie«^). 

S.  II  ff.  Über  Unglück  und  Rettung  bei  den  Propheten, 
immer  mit  den  betreffenden  Kur'änstellen. 

S.  II.  Adam  und  Nüh,  12.  Ibrähim,  13.  Lüt,  Ja'küb  und  Jüsuf 
und  Ajjüb,   14.  Jünus,   15.  Müsä,   16.  Su'aib-Jethro,   17.  Dänijäl. 

S.  18.  Die  bekannte  Geschichte  von  dem  aus  Mekka  fliehenden 
Propheten,  der  Höhle  und  dem  Spinngewebe. 

S.  20.  Jünus  im  Bauche  des  Fisches,  dann  die  Stelle  aus  I.  a.  D. 
mit  dem  Verse  des  Umajja  b.  abis-Salt. 

S.  21 — 22.  Eine  sonderbare  Erzählung  eines  jungen  Bagdäder 
Schreibers  über  die  Wirkung  des  Lesens  gewisser  Suren  unter  gewissen 
Zeremonien  bei  Unglücksfällen.  Er  hat  das  Rezept  dazu  in  einem 
Buche  gelesen. 

S.  22.    Ähnliches,  das  Tan.  bei  Tabari  (Nr.  5  S.  404)  gelesen  hat. 

S.  22-23.  Geschichte  von  einer  Geisterstimme  {hätij)  -),  die  über 
das  Wasser  setzenden  Leuten  verspricht,  ihnen  für  lOOO  Dinare  einen 
in  der  Not  sicher   helfenden  Spruch  mitzuteilen  (Verse  aus  der  65. 

Sure). 

S.  25.    Tan. 's   eigene    Erfolge    mit    Kur*änversen   während    einer 

Unglückszeit. 

2.  Kapitel.  Farn/ in  den  Traditionen.  S.  26— 43.  Zuerst:  Aus- 
sprüche über  das  Eintreten  von  Rettung  nach  Not,  von  Geduld  im 
Leide,  von  Gottvertraucn  u.  a.,  wie  sie  schon  L  a.  D.  3)  hat,  über- 
wiegend nach  dem  Propheten  und  Leuten  wie  'Ali,  Abu  Huraira,  Ibn 
*Abbäs  usw.     Auch  Erzählungen  darüber. 

S.  28.  Geschichte  von  drei  der  Banü  Isrä'il,  die  in  einer  Höhle 
eingeschlossen  sind,  eine,  wie  Tan.  bemerkt,  bekannte  Erzählung. 

S.  30,  31.  Die  /am/-Gebete  nach  dem  Propheten  4)  in  verschie- 
denen Versionen. 

S.  32,  33.     Farag-GthttQ  nach  'Ali. 

S.  35,  36.  Ein  längerer  Brief,  den  Abul-Farag  *Abd  al-Wähid 
b.  Nasr  al-Mahzüml  5)  an  Tan.  richtete,  während  ihn  ein  großes  Unglück 
vom  Herrscher  her  traf. 

I)  Sonst  noch  I  1 1,  41 ;  Bi  6  a  zitiert.  Möglicherweise  stammen  die  Stellen  aus  seinem 
verloren  gegangenen  Kur' ankommen tare,  Brock.  I  67. 

i)  Solche  Geistererzählungen  hat  I.  a.  D.  gesammelt,  siehe  Anhang  Nr.  98. 

3)  Siehe  S.  402  über  den  Einfluß  I.  a.  D.'s  auf  Tan. 

4)  Bei  I.  a.  D.  gleichfalls,  siehe  S.  287. 

5)  Über  ihn  S.  406  Nr.   18. 


Die  Farag  ba^d  as-Sidda-lAxtxzXxix,  400 

S.  42.     Erzählung  nach  einem  Sriten. 

S.  43.    Erzählung  aus  der  Wazirzeit  des  Muhallabl  ^), 

3.  Kapitel.     Farag  nach  einem  Omen  und  durch  Rede  oder  Gebet. 

s.  44—65- 

S.  45.  Poetischer  Briefwechsel  zwischei^  dem  Vater  des  'Abd- 
allah b.  Sulaimän  b.  Wahb,  der  im  Gefängnis  des  M.  b.  *Abd  al- 
Malik  az-Zijäd  zur  Regierungszeit  Wätik's  saß,  und  seinem  Bruder; 
der  Brief  fällt  Wätik  in  die  Hände  und  er  kommt  frei. 

S.  46.    Al-Iiasan  al-Basri  und  Haggäg. 

S.  49 — 52.  Längere  Erzählung  von  Mutawakkil,  Ishäk  b.  Ibra- 
him b.  Mas'ab  und  den  Gefangenen. 

S.  59.  Erzählung  von  Abul-Iiasan  b.  abi  Tähir  M.  b.  al-Hasan, 
dem  Sekretär,  und  seinem  Vater,  im  Gefängnisse  des  M.  b.  al-Käsim 
b.  *Ubaidalläh  b.   Sulaimän  b.  Wahb,  Wazir's  unter  Kähir  billäh. 

S.  62,  63 — 65.    Erzählungen  aus  Mad.  u.  A.  H. 

S.  65.  Erzählung  von  Ibn  Lu'lu',  der  ein  Heilungsgebet  während 
schwerer  Krankheit  vernimmt. 

4.  Kapitel.     Farag  beim  Zorne  des  Herrschers.     S.  66 — 88. 

5.  66.  Erzählung  von  Ma'mün,  *Amr  b.  Mas*ada  und  Ahmad 
b.  abi  Hälid. 

67.  S.  Erzählung  von  Abu  Ga*far  al-Mansür's  Pilgerfahrt  nach 
Madina;  auch  bei  I.  a.  D.  ^). 

S.  68.    Müsä  al-Hädi's  Zorn  gegen  einen  Sekretär. 

S.  72.  Erzählung  von  Mu'tasim,  der  auf  Al-Husain  b.  ad-Dahhäk 
zürnte,  und  wie  er  wieder  besänftigt  wurde. 

S.  72.  Von  dem  Statthalter  und  den  beiden  Männern,  von  denen 
der  eine  wegen  Zandaka,  der  andere  wegen  Weintrinkens  hingerichtet 
werden  sollte. 

S.  73  fT.  Geschichte  aus  dem  Buche  des  Mahzümi3)  mit  umfang- 
reichen Gedichten. 

S.  82.  Von  einem  Manne,  der  des  Diebstahls  überführt  schien, 
und  dem  Halifen  'Abd  al-Malik  b.  Marwän,  der  ihm  die  Hand  ab- 
schlagen lassen  wollte. 

S.  8y.  Vom  Halifen  Ma*mün,  der  zwanzig  Monate  nicht  hatte 
singen  hören. 

5-  Kapitel.     Farag  bei  Gefangenschaft.     S.  88 — 147. 

S.  89 — 91.  Erzählung  vom  Dichter  Buhturi  und  ibn  al-Mu*tazz 
mit  Gedichten   Buhturi's. 


0  Siehe  S.  34. 

2)  S.  288. 

3)  S.  406  Nr.  18. 


^JO  Alfred  Wiener, 

S.  91 — 93.  Längere  Geschichte  von  M.  b.  al-Fadl  al-Gurgänl, 
dem  Wazire  al-Mu*tasim's. 

S.  93 — 98.  Größere  Geschichte  aus  Mahzümi  von  Härün  ar- 
Ra§id,  dem  reichen  *Umaijäden  und  Manära,  dem  Freunde  des  Halifen. 

S.  103^ — 107.  Geschichte  von  Käsim  b.  *Ubaidalläh,  dem  Wazire 
Mu*tadid's,  der  das  Trinken  und  Spielen  liebte. 

S.  HO.  *Ubaidalläh  b.  Zijäd,  der  sich  nach  Husain's  Tod  in 
Basra  ein  neues  Haus  erbauen  ließ,  die  Malereien  daran  und  der  Be- 
duine, 

S.  127.  Vom  Manne  im  Gefängnisse  und  vom  Raben,  der  den 
Tod  des  Haggäg  anzeigte. 

S.  132.  Al-Käsim  *Ubaidallah,  der  Wazir,  der  Abu  'Abbäs  Ahmad 
b.  M.  b.   Bistäm  gefangen  hielt. 

S.  136.  Geschichte,  die  Tan.  als  Zeitgenosse  erlebt  hat.  Muham- 
mad, der  Bruder  des  Abu  Taglib,  war  von  diesem  gefangen  gesetzt 
und  wurde,  als  *Adud  ad-Dawla  Mawsil  eroberte,  von  ihm  befreit  ^). 

5.  138—147.  Aus  der  Zeit  *Abd  al-Malik's.  Handelt  von  den 
Kämpfen  mit  Ostrom. 

6.  Kapitel.     Farag-  nach  einem  Traume.     S.   147 — 188. 

S.  152.  Der  Mann  aus  Huräsän  und  das  deponierte  Geld;  danach 
dieselben  Erzählungen  in  anderen  Überlieferungen. 

S.   158.    Al-Mahdi  und  der  Oberste  der  Leibgarde. 

S.  158—162.  Mu'tamid  und  der  gefangene  MansQr  al-Gammäl. 
Nach  einer  anderen  Überlieferung  (S.  162)  hieß  er  Näsr. 

S.  165—67.  Ahmad  b.  Isrä'Il  und  Sulaimän  b.  Wahb  im  Ge- 
fängnis des  M.  b.  *Abd  al-Malik. 

S.   180—82.    Geschichte  aus  den  Kämpfen  in  Ägypten  mit  Ahmad 

b.  Tülün. 

7.  Kapitel.     Farag-  bei  erstickender  Enge.     H  2 — 44. 

S.  3.    Alexander  der  Große  und  der  Kaiser  von  China  ^). 

S.  II  — 13.  Der  Kaufmann  von  Karh  und  der  Kaufmann  aus 
Huräsän. 

S.  19—21.  Geschichte  von  al-Asma*i  während  seiner  Lehrzeit  in 
Basra  und  dem  Krämer. 

S.  25.  Geschichte  aus  dem  Persischen.  Vom  König,  der  auf  den 
Kammerherrn  erzürnt  war. 

S.  26—38.    Geschichten  aus  A.  li.'s  farag i). 


')  Müller,  Islam  1  569. 

»)  Abul-Farag  al-Isbahäni  erzählt  es  aus  den  atbär  al-awä'il. 

3)  Mit  einer  Unterbrechung  auf  S.  27. 


Die  Farag  ba'-d  as-Sidda-\Ä\.&xiXViX.  aw 

S.  38.  Geschichte  von  *Amr  b.  Mas*ada,  der  bei  großer  Hitze 
von  Wäsit  nach  Bagdad  reiste. 

8.  Kapitel.    Farag  kurz  vorm  Tode.     S.  44 — 72. 

S.  44 — 46.    Geschichten  von  Ma*mün  und   Ibrähim  b.  al-Mahdi. 

S.  49 — 52.    Geschichten  aus  Nisibin. 

S.  55.  Geschichte  von  einem  Manne  der  Banü  *AkTl,  der  seine 
Base  heiraten  wollte. 

S.  62.    Rasid  und  Sälih,  der  Herr  von  Mawsil. 

S.  67.    Geschichte  von  Abarwiz. 

S.  69.    Etwas  aus  der  persischen  Königsgeschichte. 

9.  Kapitel.    Farag  vor  Tieren.      S.   ']}^ — 93. 

S.  ^'^.  Erzählung  nach  Ibrähim  al-Hawäs,  vom  Schiffbruche  und 
dem  Elefanten. 

S.  78.    Sonderbare  Geschichte  von  einem  Affen. 

S.  83.    Geschichte  aus  der  Zeit  Näsir  ad-Dawla's. 

S.  85.    Geschichte  von  Ibn  at-Timsäh  (=  Krokodil),  dem  Ägypter. 

S.  87.    Geschichte  von  einem  Elefantenjäger  aus  Indien. 

S.  92.    Geschichte  vom  Esel  und  Löwen. 

10.  Kapitel.     Farag  bei  schwerer  Krankheit.     S.  94 — 104, 
S.  95  ff.     Ärztegeschichten  und  Wunderheilungen. 

S.  96  (oben).  Geschichte  von  Abu  Bakrar-Räzl  i),  dem  bekannten 
Arzte. 

S.  98.    Geschichte  von  einem  ägyptischen  Arzte. 

S.  103.  Geschichte  nach  Abu  Bakr  b.  Kärib  ar-Räzi,  dem  Schüler 
des  M.  b.  Zakarijä'  ar-Räzl,  nachdem  dieser  von  Huräsän  zurück- 
gekehrt war. 

S.  104.  Di'bil  b.  *Ali  al-Huzä'i,  der  Dichter  =j  und  die  Geschichte, 
die  sich  mit  einer  seiner  Kasiden  ereignete. 

11.  Kapitel.     Farag  bei  Diebstahl  und  Raub.     S.  104 — 118. 

S.  108.  Geschichte  vom  Räuber  Ibn  ^amdün,  der  zwischen 
Bagdad  und  Wäsit  hauste. 

S.   HO.    Geschichte  von  einem  Mehlhändler  aus  Basra. 
S.   117.    Geschichte  von  den  70  Mann  auf  der  Pilgerfahrt. 

12.  Kapitel.     Farag  bei  Flucht  aus  Furcht.     S.   I18 — 148. 

S.  118.  Rasid  und  der  Dichter  Jahjä  b.  Tälib  al-Hanafi  al- 
Jamämi. 

S.  122.  *Abd  al-Malik  und  ^Abdallah  b.  Kais  ar-Rukaijät  3),  der 
Dichter. 


i)  Brock.  I  233. 

^)  Starb  246.    Ihn   Qolaiba  ed.  de  Goeje  549.     Ibn  al-AlTr  VII  6o.w  Brock.  I  78. 

3)  Brock.  I  47. 


412 


Alfred  Wiener, 


S.   126.    Al-Fadl  b.  ar-Rabi'a  und  Ma'mün. 

S.   129,     Geschichte  von  einem  König  in  Indien. 

S.  138.  Geschichte  von  Marita  b,  Badr  und  dem  Halifen  'Ali 
auf  der  Kanzel. 

S.  142.  An-Näziri,  der  von  yalab  nach  Ägypten  geflohen  war, 
und  Saif  ad-Dawla. 

S.  147.  Ishäk  b.  Ibrahim  at-Tähiri  und  Abu  Gälib,  der  in  seinem 
Diwan  als  Sekretär  arbeitete. 

13.  Kapitel.     Farag  bei  Liebesunglück.     S.   148 — 190. 

S.  151.  Längere  Erzählung  vom  reichen  Jünglinge  aus  Bagdad, 
der  eine  Sängerin  leidenschaftlich  liebte. 

S.  157.  Längere  Erzählung  von  einem  Liebesabenteuer  des  Ga*far 
b.  Jahjä  al-Barmaki  und  des  Hammäd  b.  Ishäk  b.  Ibrahim  al-Mawsill 
am  Tage  des  Einzugs  RaSids  in  Basra. 

S.  163.  Geschichte  von  Abu  Bakr  b.  Abi  Hamid  aus  Bagdad 
und  der  Sklavin,  die  *Abd  ar-Rahmän  as-Sairafi  kaufte. 

S.  168.  Längere  Geschichte  vom  Stoffhändler,  der  sich  vierzig- 
mal die  Hände  wusch,  und  warum  er  dies  tat. 

S.  172.  Geschichte  von  'Isä  b.  Müsä  al-Hä§imi,  der  seine  Frau, 
die  er  sehr  liebt,  verstößt,  und  wie  die  Scheidung  durch  die  Findigkeit 
eines  hanafitischen  Gelehrten  wieder  aufgehoben  wird, 

S.  177 — 81.  Geschichte  aus  dem  küäb  al-agäni  in  verkürzter 
Form  von  Kais  b.  Darlh,  worin  *All  und  dessen  Söhne  eine  Rolle 
spielen  ^). 

S.  183 — 87.  Längere  Geschichte  mit  vielen  Versen  von  einer 
Gesellschaft  bei  *Umar  b.  abi  Rabi*a  ^  in  Mekka. 

14.  Kapitel.    Farag  in  der  Poesie.     S.   190 — 219. 

Von  den  hier  aufgeführten  Dichtern  mit  ihren  Versen  seien  die 
folgenden  erwähnt: 

S.   190.    Der  Halif  WM. 

S.   191.    GarIrS). 

S.   193.    Miskln  ad-Därimi  4). 

S.   193.    Az-Zubair. 

S.   194,   195,  209.    Abul-'Atähija  5). 

1)  Husain  w-ird  (S.  178)  als  »Sohn  des    Gottesgesandten«  angeredet.     Über    K:ais: 
Al-agäni   Index   S.    560.     Ibn  Qotaiba  ed.  de  Goeje  399. 
*)  Brock.  I  45. 

3)  Brock.   I  56. 

4)  Al-agänl  XVIII  68—72  und  sonst  noch  siehe  Index  I  33,  III  625.  Eine  Anekdote 
von  ihm  in  der  Tan. -Biographie  bei  Ibn  Hallikän  Nr.  567.  Auch  bei  Ibn  Qotaiba.  ed. 
DE  Goeje  347. 

5)  130 — 213  H.     ^/-agäni  Index  469.    Ibn   Qo/aiia  ed.  de  Goeje  497.  Brock.   I  77. 


s. 

196. 

s. 

197; 

s. 

203. 

s. 

209. 

s. 

210. 

Die  Farag  ba'-d  ßs-6Va^ü?ö-Literatur.  4J  -j 

Jahja  b.  Hälid  b.   Barmak. 

Abu  Tammäm  at-Tä'i  i), 

'Ali  b.  Mukla,  der  Wazir. 

Abul-Farag  al-Babbagä'  2). 

Inschrift  auf  einem  Grabsteine. 
Tanühi  selbst  wie  auch  Abul-Husain  sind  mit  verschiedenen  Bei- 
trägen vertreten. 

Wer  den  im  Auszuge  mitgeteilten  Inhalt  von  Tanühi' s  /ara^-VVerk 
überlesen  hat,  dem  wird  die  bunte  Mannigfaltigkeit  darin  aufgefallen 
sein.  Neben  Aussprüchen  des  Propheten  und  der  Genossen  stehen 
Geschichten  von  Wunderheilungen  und  Wunderbefreiungen,  neben 
Härün  ar-Ra§id  tritt  Alexander  der  Große  auf,  Garlr  und  Abu  Tam- 
mäm bringen  ihre  Verse  vor,  zu  komischen  Tiergeschichten  gesellen 
sich  solche  geschichtlichen  Inhalts.  Was  Wunder,  wenn  dieses  Werk 
mit  dem  Trost  verkündenden  Titel  so  weit  über  lange  Zeit  hin  ver- 
breitet 3),  so  allgemein  beliebt  wurde.  In  die  persische,  türkische, 
jüdische  Literatur  ist  es  unter  verschiedenartigen,  charakteristischen 
Veränderungen  von  Form  und  Inhalt  übergegangen.  Allerdings  fand 
Tanühi's  Buch  in  den  Kreisen  der  Schulwissenschaftler  keinen  Platz, 
was  nicht  weiter  erstaunlich  ist.  Es  hatte  zu  sehr  das  theologische 
Gewand  abgestreift,  hatte  Ibn  abid-Dunjä's  frommes  Erbauungsbuch 
weit  hinter  sich  gelassen  und  mußte  seinem  ganzen  Inhalte  nach  mehr 
leichter  Unterhaltung  als  religiöserErbauung 
dienen.  So  wird  denn  2Mz\i%c\\\\Q^\\Qki  al-jaragha^d  as-Hdda  zum  all- 
gemeinen Titel  von  Erzählungssammlungen  im  Persischen  und 
Türkischen. 

Im  Werke  Tanühi's  hat  die  /ara^-Literatur  ihren  Höhepunkt  er- 
reicht und,  was  nach  ihm  geschrieben  wird,  lehnt  sich  mit  verschwin- 
denden Ausnahmen  daran  an. 

A  n  h  a  n  g  4). 

Verzeichnis  der  Schriften  Ibn  abid-Dunjä's  (f  281). 

Die  mit  einem  *  bezeichneten  Werke  sind  noch  erhalten. 

1.  (ji^-'i  }.*:!>-\   v^;o''     Fihrist  I  185. 

2,  üLJI^  ijo^L=>^!  LjLxi'     Fihrist  I  185.    Als  studiert  erwähnt:  Berlin 

10  213,  20  b  und  47  b.     Berlin  208,  15  a. 

1)  Brock.  I  20,  siehe  hier  S.  405  Nr.  6. 

2)  Siehe  S.  406  Nr.   18. 

3)  Abul-Mahäsin  sagt  in  seinen  Annalen  (I  452),  die  Thronbesteigung  Müsä  al- 
Hädi's  sei  wert,  im  küäb  al-farag  ba'd  as-sidda  hinzugefügt  zu  werden.  Er  lebte  um  850  H 
in  Kairo,  Tanühi  starb  384  H  in   Bagdad. 

4)  Siehe  S.  281. 


414 

3- 


Alfred  Wiener, 


^1^^^!  v--^  y-  y-  ^'  36. 

4.  ol^^l  v_j'L;>Lr     SujOti.  Muzhir    II    163  19    nach    Brock.    I   154. 

Teilweise  vorhanden  in  Damaskus.    Az-Zaijät  40, 
Nr.   132,  2. 

5.  pLAI2o^it  v-j'uXi'     Als    studiert    erwähnt    Berlin   10  213,    27  a    und 

208,  28  b. 
X^\  ^^l;o5  U^    H.  H.  V  43- 
rrJJ^it  r-^o!   iwJw:^'    Als  studiert  erwähnt  Berlin  10  213,  27b  und 

Berlin  208,  28  b. 
olyo^t  v^l;;^     Fihrist  I  185. 
jC^JI  ,.^c     ^L  o^juJj   ^^i  ^L^     Fihrist  I  185.        Als  stu- 

diert    erwähnt    Berlin    10  213,    47  b    und    Berlin 

208,  28  b. 

oV^^  vL>^  y-  y-  ^^  56. 

^s-'us'^!    v-jücT     Als    studiert    erwähnt   Berlin  10  213,    36  b    und 

208,  25  b   (^^Lnj^!). 
Oj^J!  jcxJ  ^Kj   ^^  oLj^I   l-JwJü'     Isblli  I  283,  siehe  Nachträge. 


6. 

7- 

8. 
9- 

10. 
II. 

12. 

13- 

14. 

15- 
16. 

17- 

18. 

19. 


jj-^' 


J!. 


Lxii  ^.-ss  y.  H.  V  59. 


,i?oi:di  v-j'kJCi"     Erwähnt  Berlin  208,  34  a. 


Ol 


L 


H.  H.   II  250. 


20. 
21. 


22. 
23- 


Uäü  ^JÜI     -Ad.  iU-blj  ^j.fj  v^'w;j"     Fihrist  I  185. 

.Ljcc^I^   jCftjJ!  L-iLxi'    Als  studiert  erwähnt  Berlin  10213,  48a  und 

Berlin  208,  33  a. 
(jr«.äÄi?  <J^     Fihrist   I   185.    Als  studiert  erwähnt  I§bili  I  283, 

Berlin  10  213,  47  b  und  Berlin  108,  34  a. 

iA:^^j.:;J^  lj'lX/  Als  studiert  erwähnt  I§bill  I'  282,  hier  ..>uxJ!, 
und  Berlin  10  213,  25  a.  Diese  Abweichung  bei 
Isbill,  wie  die  hier  angeführten  übrigen  (bei  Nr.  ^6, 
jy),  wo  o  statt  .  steht  und  umgekehrt,  sind 
wohl  bloße  Schreib-  oder  Druckfehler. 

«^l_j.xJI  v-j'JCi'     Fihrist  I  185. 

4^^  ^l^il  V'^  W-  y-  ^'  ^5-  Zitiert  nach.  Brock.  I  154  bei 
Sujütl.  Muzhir  II  163  19.  Als  studiert  er- 
wähnt unter  dem  Titel:  jt^^\  i^Uc^.  Berlin 
10  213,   47  b  und  208,  33  a. 

io^^xJI  v.jIäS'     Berlin  10  213,  46  a  und  208,  34  a. 

J^_^xi!  vLxT     H.  H.  V66.    Isbili  I  283.    Berlin  10  213,  48  a  und 


Die  Farag  ba'd  as-Sidda-L.xitXTii'ar.  415 

208,  34  a  und  Berlin  10  218,  170  a.  Al-Kauräni 
45.  In  Berlin  10  218  der  Anfang  des  Buches, 
ebenfalls  in  al-KauränI. 

24.  uXxjyJI  o.^     Fihrist  I  195. 

25.  xftÄ^L  ^Ä^    V'u^     Isbili  I  283  und  Berlin  10  213,  46  a. 

26.  ^JÜuJ  ^^5  ^^.w^     H.  H.  III  68.     Isbili  I  282  ohne  ^JÜu.     Berlin 

10  213,  26  a  u.  46  b;  208,  48  a. 
*2y.  pj^  \^jS     Vorhanden  in  Damaskus.     *Um.  31.  Nr.   89, 

28.  ^JL^  ujl^cS'     Fihrist  I  185.    H.  H.  V  76.    Das  Berlin  10  213,  63  b 

erwähnte  xjj.x/a  A^  ist  wohl  mit  diesem  identisch. 

29.  ^w^äj'Ji  v-jLci"     Isbili  I  282,  danach  bestand  es  aus  zwei  Teilen. 

Berlin  10  213,  47  a  und  208,  52  a. 

30.  LcjJ!  ^ixi"     Berlin  10  213,  49  b;  208,  53  a;  10  218,  171a. 

mit  Buchanfang.     Dieser  auch  al-Kauräni  47, 

31.  _j'Jol  v-jL;:/     y.    H.    V   85.     Isbili    I   282.      Berlin    10  213,  49  a 

und  208,  54  a. 

32.  j_^^^  o^!   S3  v.jUi'     Fihrist  I  185.  —  Isbili  I  282  hat  jedoch: 

0^1  jS'c>  v_;LXi'  als  Titel  und  gibt  an,  daß  es 
aus  sieben  Teilen  bestand.  Das  ,j^\*i  im  Fih- 
rist ist  wohl  zu  streichen;  siehe  auch  Nr.  74. 
Allem  Anscheine  nach  fällt  Nr.  91  mit  Nr.  32 
zusammen. 

33.  0^:^    pi       H.    H.     III    335. 

*34.  LJJu5  ^3  oLx5'  Fihrist  I  185.    Berlin  10  213,  47a  und  208,  54  a. 

Vorhanden  in  Damaskus.  *Um.  29.  Nr.  46. 
Az-Zaijät  32.     Nr.  46,  i. 

35-  ^^:^\   r3     H.  H.   III  335.     Isbili  I  283. 

36.  :<^\  ^ö     H.  H.   III  335. 

37.  ;jix^ui!  jlö  v_j'jc5'     Fihrist  I  185.     Isbili  I  283. 

*38.  ^jCmmJ!  jli  ^1x5'   Fihrist  I  185.     Isbili  I  282.    Berlin  10213,  31b; 

208,  54  b.  In  letzterem  yC«JI  -3  genannt. 
Vorhanden  in  Damaskus.     *Um.  30  Nr.  60. 

*39.  ^^'i   ;Iö     Fihrist   1   185.     H.  H.    III  336.      Isbili   I   282   ohne 

jm3.  Berlin  10  213,  31b;  208,  54  b;  10  218, 
169  b.  Al-Kauräni  44.  Noch  erhalten,  siehe 
Brock.  I  153  Nr.  3.     Damaskus.    Az-Zaijät  33. 

Nr.  59,  2. 


4i6 


Alfred  Wiener, 


40.  ^^J!   Uj^     Berlin   10  213,  47  b. 

41.  loLiJi   VJ^     Fi/im^  I  185. 

^2.  tüCJi^j    NiJ!   V'>-^    Berlin   10  213,  47  b.    Isblli  I  282  hat  nur  oi;:^ 

s-ikJil     Vorhanden  in  Damaskus.     Az-Zaijät  40, 
Nr.  132,3. 

43.  JJu^  ^j  ^.A  J.P3  ol^     FzAm^  I  185.     Mälik  t  127  H. 

44.  ^'l<uJ\   oUi'     H.    H.   V  94.     Isbili   I   282  hier:    o.^^i   o'JC^ 

•;  wJU  J^cJi^  Allem  Anscheine  nach  ist  Nr.  44 
mit  87  identisch.  Siehe  auch:  Nachträge.  Ver- 
gleiche: .i>^>oti!.  Ou.i=^-vJl  iLäo  v-Jw:ü"  des  Ibn  Du- 
raid  (f  321)  ed.  W.  Wright.  [Opuscula  Arahica) 
Leyden  1859,  das  identisch  ist  mit  Berlin  7050: 
uXj.J    ^^    l2^\    ^\jS 

45-  ^5^^^!  ■»;0^  V^     Ff/im/  I  185. 

46.  \^jh  »..^pJ;  v^-^     Fihrist  I  185. 

*47.  yC^t   ^.xy     H.H.    V  105.     Isblli   I   283.      Berlin    10  213,   48  b; 

171,  56  b;  208,  62  b;  10  218,  171a  mit  Anfang 
des  Buches,  Dieser  auch  bei  al-Kauräni,  S.  48.  Das 
ganze  Buch  noch  erhalten,  siehe  Brock.  I  154 
Nr.  8.  Dazu  O.  Rescher,  Mitteilungen  aus  Stam- 
buler  Bibliotheken  H.     ZDMG  64,  511. 

48.  ^-c^juüS^  v-t-i^'   ^^     y-  y-  ^^  ^°^-     ^'^^^  ^'■-  ^^• 

49.  ^.ju^Jüt  obL  ^-*.;^l  vl;^^     Fihrist  I  185.     Berlin  208,  65  a  v-^^ 

Jl  genannt. 


50.  Jzail    xi^AO  v-;'Jü      Fl/im/  I  185.     Berlin  10  213,  27  b  nur  ^j^ 

x2l\x=JI   J.>a25  genannt., 

51.  i;IU  Kä^  v'u^     Berlin  10  213,  65  a;  208,  64  b. 

52.  JslwcJi   ilftvo  <J^     Fihrist  I  185. 

53.  .LÜi   ÄÄA3  v^jLo'     Berlin  10  213,  65  a;  208,  64  b. 

54.  Ql~yJ5   Ä-äAS  L-JuCi'     Fihrist  I  185. 

55.  vi>«.*AJl  v^    y-  y-  m  68.    Berlin  10213,   48a;    171,  55a;    208, 

65a.    Vorhanden  in  Damaskus.    *Um.   29,  Nr.   31. 

56.  ^A^yj;    ^^    Fihrist  I  185.     Nach  August  Müller's  Anmer- 

kungen dazu  wäre  das  Wort  als  plur.  zu  q_*ä'uId 
pestilentia  aufzufassen  (siehe  Fihr.  H  76  Anm.  5). 
Wir  hören  ja  von  solchen  Pestepidemien,  z.  B.  die 
von  'Amwäs  im  Jahre  28  H.  Vergleiche  auch  das 
Kapitel:  ^.,_j.cLU{  ^  ^^  in  al-Hkd  al-farld. 
Druck   Büläk  1293.   I  381. 


Die  Farag  ha'-d  as-Sidäa-hiteTaXnT.  417 

57    QjJ^^i  V^^     Berlin  lO  213,  25  a; '208,  68  a. 

58.  .aaJL  iil^Jt  (^jcy     H.  H.  V  116.     Berlin  10  213,    26  a    und  208, 

69  a.      Beide  jedoch  nur:  i^lixJ!   Ojci  . 

59.  jLsJ^U   iJ^i*it   ^Ui'     Berlin   10  213,  47  a.     Auch  208,  69  b,   hier 

jedoch:  o-räJI^,  xJjäJ^  OtÄi . 
'60.  x4.12äj1  o'ay     Brock.    I  154,   Nr.  5.     Erhalten. 

61.  ^.w^Jl   L-JJ::'     Berlin  208,  69  a. 

62.  yxJI  '^i:^     F  ihr  ist  I  185. 

^63.  JJixil   L-JuÄi'       Berlin    208,    69  a.        Vorhanden     in     Damaskus. 

Az-Zaijät  29,  Nr.  15.  Hier  noch  Titelzusatz:  iOLi^s^. 

64.  .  xiL:>;*j!  tbläc  (  ,LJ>i)     Nach  dem  Anfange  der  Ahhär  Sihawaihi 

.  al-Misri  des  Ihn  Züläk  (f  387)  Kairo  V,  6.  Siehe 
J.HoROvnz,  Spuren  griechischer  Mimen  im  Orient. 
Berlin  1905.  S.  52.  Anm.  3.  Ihn  Züläk  siehe 
Brock.  I  149;  Richard  Gottheil,  AI-Hasan 
b.  Ibrähzm  b.  Züläk,  JAOS  28,  254;  und  Rhu- 
voN  GuEST  in:  The  Governors  and  Judges  of 
Egypt  by  El  Kindl.     S.  45. 

65.  oLjj.Äxi!  ujLx5'      Isbili   I  282  und   Berlin   10  213,  47  a. 

66.  .SIW  w>.x^U   ^l\  olJcT     Berlin  10  213,  48  a.     Siehe  48. 

67.  lXjUxÜ  ^L;:^'     Isbili  I  283. 

'68.  ä'ix^j!  Joij  „  ^Jl  ^^;S     H.  H.  IV  410  u.  V  129.    An  letzterer  Stelle 

nur  jiJ!  \J^  genannt.  Isbili  I  282.  Berlin 
10213,46  b;  171,  54  b;  208,  70  b;  IG  218,  169  a. 
Al-Kauräni   43.     As-Saukäm  75.     In  allen  v^L;c5" 

öJLciJl  l\*j  ^  -äJl  genannt.  Erhalten.  Brock. 
I  153,  I.  Dazu  indische  Handschrift  und  Damas- 
kus.    Az-Zaijät  30,  Nr.  20,  2. 

69.  ^-jL^a^^  ^  J^s     Fihrist  I  185.     H.  H.   IV  453  nur  ^.^L^iX;  J-^as. 

Berlin  IG  213,  29  a;  2g8,  72  a.    Im  letzteren  nur: 

70.  ^JLwj  ^JLc  i.JLJl  ^^JLo  ^xJl  ^JLc  ^^l>^Jl   J./üas     Berlin  2g8,  72  a. 

71-  x:^^  l5^  ^.>^c  J->^5  Berlin  10  213,  29  b;  208,  72  b.  Noch  er- 
halten, siehe  Brock.  I  154  Nr.  4.  Titel  dort: 
]i  jadäHl  '■asr  DiH-higga. 

72.  ^.<ijl  Jois  U^-jS     Fihrist  I  185. 

73.  |,^iAM.il  xJLc     ^x;.il  ^Äs  ^cjS     Fihrist  I  185. 
74  a.  ^j.>iül  ^Lx^!     Fz/^m^  I  185.     H.  H.   I  188. 


4i8 


Alfred  Wiener, 


* 


b.  ,^äJ!  ^jS  y.  H.  V  133.  Isbili  I  282,  danach  bestand  die 
Schrift  aus  vier  Teilen.  Diese  beiden  Schriften 
sind  wohl  identisch;  siehe  auch  Nr.  32. 

75.  »p5JiJ!  Uj^     F  ihr  ist  I  185. 

']6.  v^Xycsil  (j:Jj  o'uü"     Isbill  I  283.    Doch  hier  j^OJJ  Statt  ^3j5.    (Siehe 

Nr.  19.)  Berlin  10  213,  28  a.  Noch  erhalten, 
siehe  Brock.  I  154  Nr.  9.  Bei  Ibn  abid-Dunjä's: 
wa^«nmaZ-fl///«^'(Berlin5388)bemerkt  Ahlwardt: 
»Die  Einteilung  des  Werkes  (d.  i.  makärim  .  .)  ist 
abhängig  von  dem  Ausspruche  der  *Äi§a :  daß  der 
edlen  Eigenschaften  zehn  seien,  nämlich...«  usw. 
Dann  heißt  es:  »Unter  den  obigen  (zehn)  Kapiteln 
fehlt  das  v_iu>si2JI  ,  c Js«.  Soweit  Ahlwardt.  Der 
Grund  scheint  der  gewesen  sein,  daß  ^^JlajcoI^  ^^^i 
als  besondere  Schrift  erschienen  ist. 

*77-  Jws^i  j^    V'^      I^bill    I    282    u.    283    hier:    JLc^l  Ju^  ^'^ 

(siehe  Nr.  19);  Berlin  10  213,  47  a;  171,  56  a; 
10  218,  169  b  mit  Buchanfang.  Dieser  auch  bei 
al-Kauräni  44.  A§-§aukäni  83.  Vorhanden  in 
Damaskus.  *Um.  29,  Nr.  50.  Az-Zaijät  33, 
Nr.  50,  I. 

*78.  ^-ii^i^  ^^ä     y.    H.    IV    561.      Berlin   10  213,    28  a;    171.   56  a; 

208,  78  a.     Berlin   10  213:  ^j^  ^'^  genannt. 
Noch  erhalten,  nämlich   Berlin  5389. 
79-  NfiUäJ^  ^jS     y.  H.  V  137.    Berlin  10  213,  45  b;  171,  55  b;  208, 

77  a.       Bei    Al-Kauräni    48    (mit   Anfang)    beim 
Titel   noch:   Udix-^\y     Bei  I§blli  I  283   der  Titel: 

80.  ^^^vwLmUJI  v'w^     Berlin  10  213,  62  a;  208,  93  a. 

81.  ä^j^:5  ^L^  UjS  y.  H.  V146.    I§blli  I  282.    Berlin  10213,  47b 

u.  48b;  208,  93  a;  Gotha  178,  47  a. 

82.  ^j^süJi     'xj-wL^      y.     H.     V    143     jedoch     ^j^Jü^\     'iJ^l^.       Die 

Handschriften  dagegen  den  angegebenen  Titel, 
nämlich  Berlin  10  213,  46  a;  208,  93  a;  10  218, 
170  b  mit  Buchanfang.  Der  Anfang  auch  bei 
al-Kauräni  45.  Ebenso  I§bilT  I  282;  das  auf  der 
gleichen  Seite  erwähnte  iLu^L^wil  v-j'J^  ist  wohl 
mit  Nr.  82  identisch. 
83.   .,>:2;c.^^t  o'jii'     Berlin  10  213,  26  a;  208,  93  a. 


Die  Farag  ba'd  as-Sidda-\A\.txzX\i.x.  41 0 

84.  i^-wJ!  syjwJl  V^^^     \^\^\\\  I  283.     Berlin  10  213,   40a   ohne  ^^S^ 

85.  oI,wäxJU   vic^\   v^.;o      H.  H.    V   150    hat    noch    den  Zusatz:    Ä 

ö^JÜl  Berhn  10  213,  26  b;  208,  92  a.  Ein 
Zitat  daraus  in  Berlin  8822,  326;  ein  weiteres 
Berlin  8861,  38  a.  Hier:  ol^-äiCl^  ijc>\jC:i\  ^^i' 
betitelt. 

86.  ^.;^^:\  A^l>ox     H.  H.  V  576. 

87.  -^o^Ji^   /•j-^^'^   Js^jiW  jij^\   ^^    Berlin   10  213,  25  b;   208,  96  b. 
*88.    vir>^i   r,'j^     Fihrist   I   185.      H  H.   VI    98.      Noch    erhalten. 

siehe  Brock.  I  154.     Nr.  2.     Siehe  auch  Nr.  76. 
89.  ^.,.Ia>.;;xi!    Aj.w<^  Fihrist  I  185.    H.  H.  VI  98.    Berlin  10  213,  48  a; 

208,   94  b.      Die   Identität    mit  Nr.   86    ist    wohl 
sicher. 
*90.  ^j^i\  Axj  Jiwf.  j^xi  H.  H.  \'I  120  dagegen:    X.xjj'bl  o,./)  »A*j  (ji^c  ^^^^ 

Den  angegebenen  Titel  haben  jedoch  BerÜn 
10  213,  26  a;  208,  93  a,  und  auch  die  erhaltene 
Handschrift,  siehe  Brock.   I  154,  Nr.  6. 

91.  o^-^:!  o.;:.i      H.  H.  V  161.     Siehe  Nr.  32. 

92.  o.^L>U.ii   V-^      y-  y-  ^^  ^59-      Berlin  10  213,  62  b;    208,    97  a. 
93-  wäi^il  L-Jjcf     Fihrist  I  185. 

94.  iwäJiii  JäcLx  U^     Isbill  I  284. 

95.  ,oi_j.AJi   ^wXi      Fihrist  I  185. 

96.  LjIj^Ü   Vw^-^      Berlin   10  213,  30  a;   208,   lOl  a. 

97.  A4.XJU    ^.,i=l3    (Z.^-'    V-^'5      Fihrist   I   185.       Berlin   10  213,  47  a; 

208,    loi  a.      In  beiden  ohne:  juJJi.« 

*98.   .Jü'L^Jl     H.'H  \I    505  hat   ^11   ^jIj.P;  den  angegebenen  Titel 

dagegen:    Isbili   I  282;    Berlin   10  213,   33  b;  208, 
loi  a;   und  (nach  Brock.  I  154)  Damirl  I  247  30. 
Noch,  erhalten   in  Kairo.       Khedivial-Bibliothek 
I448. 
99.  J^^J!  ^Jü'     H.  H.  V  168.     Berlin  208,  10 16. 

100.  ■^V=>-j.^\   Vu^i'     Isblli  I  283.     Berlin  10  213,  46  b. 

lOi.  p^_jj!    ^L;cr     Isblli  I  282. 

102.  ^^^^\   ^j^S'     H.  H.  V  173  u.  VI  511-      iSblli  I    282.      Berlin 

10  213,  46  b;  171,  54  b;  208,  102  b;  10  218, 
170  b  mit  Buchanfang;  dieser  auch  bei  al-Kau- 
räni  46;  as-Saukäni  I17;  ferner  in  Leipzig  726, 
19  a.  Vorhanden  in  Damaskus.  Az-Zaijät  33, 
Nr.   50,  3. 

Islam.    IV.  29 


* 


2Q  Alfred   Wiener,  Die  Farag  ba'd  a^-Sidda-LherdituT. 

Was  bei  Ibn  abid-Dunjä  noch  Einzelschrift  ist,  kehrt  dann  später 
als  Kapitel  in  größeren  Werken  wieder;  vergleiche  z.  B.  die  Inhalts- 
angabe des  großen  Erbauungswerkes  tanblh  al-gäßln  von  Abul-Lait 
as-'samarkandi    (t  393),  Berlin  8735,  bei  Ahlwardt. 

Nachträge. 

Berlin  1674.  Ahlwardt:  »Der  Verfasser  Ibn  Bu§kuwäl  (Brock. 
I  340)  gibt  in  diesem  Werke  .  .  .  Auskunft  über  die  in  den  beglaubigten 
Traditionen   vorkommenden   und   nur   allgemein   angedeuteten,    nicht 

ausdrücklich  bezeichneten  Personen.«  114  a:  ^üxj'  ^  v-^'l^^  ^^  U^.J'Ö 
i^jJ!  ^i  ^j  ^.>o  ^^i  0^1  c\*^  Ob  identisch  mit  Nr.  90?  114b: 
^^^^^^  J^lji  V^  j'^^/3  Vergleiche  Nr.  44  und  87.  Beide 
scheinen  hiernach  identisch  zu  sein. 

Zu  Nr.  64.  Nach  freundlicher  Mitteilung  von  Herrn  Dr.  Loosen 
ist  das  Buch  auch  in  der  Einleitung  des  Naisäbüri  (Brock.  I  156), 
Berlin  8328,  erwähnt;  siehe  dazu  P.  Loosen,  Die  weisen  Narren  des 
Naisähüri.     ZA  191 2.     27.   Bd.     S.    191. 


Während  der  Korrektur  teilt  mir  Herr  Amedroz  freundlichst 
mit,  daß  im  6.  Bande  von  Jäküt's  Irsäd,  der  demnächst  erscheinen 
wird,  sich  eine  umfangreiche  Biographie  Muhassin  at-Tanühl's  be- 
findet. Die  Ergebnisse  daraus  —  für  diesen  Teil  des  Jäküt  konnte 
nur  die  in  Berlin  befindliche,  kümmerliche  Abkürzung  benutzt  werden 
—  sollen  mit  gütigst  gegebenem  Einverständnis  des  Herrn  Prof  Becker 
ev.  in  einem  Nachtrage  erscheinen,  worin  auch  etwaige  Berichtigungen 
und  Ergänzungen,  um  die  ich  höflichst  bitte,  ihren  Platz  finden 
werden. 


Samarra  und  die  Ornamentik  der  Moschee  des 

Ibn  Tülün. 

Von 

Samuel  Flury. 

Mit  acht  Abbildungen  im  Text  und  einer  Tafel. 
* 

Mit  den  Ausgrabungen  von  Samarra  hat  eine  neue  Ära  für  die 
Erforschung  der  alten  Kunst  des  Islam  begonnen.  Der  erste  vorläufige 
Bericht  von  E.  Herzfeld  gibt  ein  überraschendes  Bild  von  der  Ori- 
ginalität und  Vielseitigkeit  des  künstlerischen  Schaffens  unter  den 
Abbasiden  des  9.  Jahrhunderts.  Und  was  die  Hauptsache  ist:  wir 
erhalten  jetzt  eine  breite,  sichere  Basis,  von  der  aus  die  zeitliche  Ent- 
wicklung und  das  Verbreitungsgebiet  der  mesopotamischen  Kunst 
verfolgt  werden  kann. 

Daß  die  Kunst  der  Abbasidenresidenz  nach  dem  Westen  aus- 
strahlte, ist  seit  Jahren  bekannt.  Die  Abhängigkeit  der  Moschee  des 
Ibn  Tülün  in  Kairo  von  Samarra  hat  wiederholt  den  Gegenstand  leb- 
hafter Kontroverse  gebildet.  Jetzt  erst  ist  es  möglich,  den  Grad  dieser 
Abhängigkeit  genauer  zu  bestimmen. 

Da  Architektur  und  Ornamentik  in  der  älteren  Kunst  des  Islam 
nicht  immer  Hand  in  Hand  gehen,  sondern  häufig  am  gleichen  Monu- 
ment eine  verschiedenartige  Stufe  der  Entwicklung  aufweisen,  empfiehlt 
es  sich,  sie  gesondert  zu  betrachten  ^).  Die  architektonischen  Vergleichs- 
punkte zwischen  der  Moschee  des  Ibn  Tülün  und  den  Bauten  von 
Samarra  hat  E.  Herzfeld  eingehend  besprochen  2).  Es  ist  zweifellos 
eine  Reihe  prinzipieller  Verschiedenheiten  vorhanden,  welche  gegen 
die  wörtliche  Auffassung  der  von  Herzfeld  zitierten  M  a  q  r  I  z  i  - 
Stelle  sprechen  3).  Ein  unterscheidendes  Merkmal  sei  hier  noch  be- 
sonders hervorgehoben:  die  Fenster  der  Moschee  des  Ibn  Tülün  haben 
keine   gezackten,    sondern   einfache   Spitzbogen.      Diese  Vorliebe   für 


I)  Vgl.   die  Häkim-Moschee  und  die  spätfatimidischen   Qubben  in  Kairo. 
-)  Vgl.  Archäologische  Reise  im  Euphrat-  und  Tigrisgebiet  von  F.  Sarre  und  E.  Herz- 
feld, I,  S.  70,  90  ff.  und  Erster  vorläufiger  Bericht  von  E.  Herzfeld,  S.  6  ff. 
3)  a.  a.  0.  S.  102. 

29* 


/).22  Samuel   Flur y, 

einfachere  Bogenformen  scheint  eine  Eigenart  der  älteren  Kunst  des 
Islam  in  Ägypten  zu  sein.  In  den  beiden  ältesten  Fatimidenbauten 
sucht  man  auch  vergebens  nach  gezackten  Bogen,  während  sie  im 
Maghrib  und  in  Spanien  sowohl  in  der  Architektur  als  auch  in  der 
Ornamentik  sehr  häufig  vorkommen  ^). 

Die  ornamentale  Ausbeute  der  Ausgrabungen  von  Samarra  ist  so 
bedeutend,  daß  ihr  mehr  als  die  Hälfte  der  Tafeln  des  Vorberichtes 
gewidmet  ist.  Sie  fordert  daher  in  erster  Linie  einen  Vergleich  mit 
der  Moschee  des  Ibn  Tülün.  Eine  gründliche  Untersuchung  kann 
allerdings  noch  nicht  vorgenommen  werden,  da  die  vom  Comite  de  con- 
servation  des  monuments  de  l'art  arabe  seit  Jahren  in  Aussicht  ge- 
stellte Monographie  der  Moschee  des  Ibn  Tülün  noch  fehlt,  und  die 
Samarra-Matcrialien  noch  nicht  vollständig  sind  ^).  Trotzdem  kann 
man  schon  jetzt  die  wichtigsten  Verbindungslinien  zwischen  Samarra 
und  Kairo  feststellen. 

In  der  Dekoration  der  Privathäuser  finden  wir  den  prägnantesten 
Ausdruck  des  Samarra -Stiles  (S.  I4ff.).  Nach  Herzfeld's  vorläufiger 
Untersuchung  sollen  sich  mindestens  drei  grundverschiedene  Stil- 
gattungen  unterscheiden  lassen,  deren  getrenntes  Nebeneinander  nur 
durch  die  Kunstübung  verschiedener  Provinzen  erklärt  werden  könne. 
Im  ersten  Stil  scheine  der  koptische,  im  zweiten  der  irakenische  und 
im  dritten  der  nordmesopotamische  Charakter  zu  überwiegen.  Die 
Richtigkeit  dieser  Auffassung  wird  man  erst  später  nachprüfen  können. 
Wichtig  ist  jedenfalls  die  Betonung  des  prinzipiellen  Unterschiedes 
zwischen  Schrägschnitt  und  Tiefendunkel  beim  »ersten«  und  »zweiten 
Stil«.  Ein  weiteres  Unterscheidungsmerkmal  grundsätzlicher  Art 
soll  darin  bestehen,  daß  beim  zweiten  Stil  niemals  eine  Arabeske, 
überhaupt  keine  Ranke  vorkomme.  Man  sehe  sich  daraufhin  die 
Vierpaßfüllungen  auf  Tafel  V  des  vorläufigen  Berichtes  an.  Tangential  j 
entspringen  am  mittleren  Kreis  dünne  Stiele,  die  sich  oben  spalten  1 
und    nach    links    und    rechts    eine    wohlbekannte    Schnörkelarabcske       " 


')  Vgl.  Die  Ornamente  der  Häkim-  und  Azhar-Moschee  von  S.  Fi.ury  S.  34  Anm.  91 ; 
ferner  L.  de  Beylie,  LaKalaa  des Beni-HammaJ.  PI.  XVII  und  die  entsprechenden  Ton- 
scherben des  Musee  des  arts  decoratifs  in  Paris.  Ein  altes  Beispiel  eines  gezackten  Bogens 
zeigt  das  von  Strzygowski  beschriebene  Flügelpalmettenbrett  des  arab.  Museums  in 
Kairo  (vgl.  Mschatla  im  Jahrbuch  der  KiJnigL  Preuß.  Kunstsammlungen  1904,  Abb.  94). 
Die  Bogenform  spricht  auch  gegen  den  ägyptischen  Ursprung  dieser  ^olzskulptur. 

•)  Die  Publikation  von  H.  Viollet:  Un  palais  musulman  du  IX^  siede  191 1  bietet 
einstweilen  noch  wertvolle  Ergänzungen  zum  vorläufigen  Bericht  von  E.  Herzfeld,  be- 
sonders die  Photographien  von  Tafel  VII,  IX,  XIV,  XV.  XVI,  XX.  1,  XXI  und  XXII. 
Msine  ersten  Aufnahmen  von  der  Moschee  des  Ibn  fülün  stammen  aus  dem  Jahre  1901 ; 
vor  2   Jahren  habe  ich   sie  dann  genauer  untersucht. 


Samaria  und  die  Ornamentik  der  Moschee  des  Ibn  Tulun.  423 

entsenden.  Daß  es  sich  hier  um  arabeske  Blattverbindungen  (»Schnörkel- 
palmetten«), handelt,  unterliegt  nicht  dem  geringsten  Zweifel.  Be- 
achtenswert sind  besonders  die  Blattpaare  im  Vierpaß  links  unten, 
weil   sie   noch   zwei   deutliche   Palmettenlappen  aufweisen  ^). 

Die  ausgesprochen  malerische  Behandlung  der  Fläche  beim 
»zweiten  Stil«  sollte  in  erster  Linie  hervorgehoben  werden;  mit  der 
Bemerkung:  »der  Rest  des  Grundes  ist  durch  Modellierholz-Eindrücke 
rautenartig  genetzt«,  wird  Herzfeld  diesem  wichtigen  Dekorations- 
prinzip nicht  gerecht.  Man  bedenke,  was  für  eine  Rolle  die  geometrische 
Flächenmusterung  in  der  Folgezeit  spielt.  Hier  haben  wir  die  Grund- 
lage 2).  Die  modellierte  Oberfläche  der  Schrägschnittdekoration  sorgt 
für  eine  Abstufung  der  Farbtöne,  sofern  die  Dekorationsmotive  nicht 
zu  breitflächig  sind.  Bei  den  Tiefendunkelkompositionen  bilden  der 
schwarze  Grund  und  die  weiße,  ebene  Oberfläche  so  starke  Kontraste, 
daß  der  feiner  empfindende  Künstler  zur  Flächenmusterung  greifen 
muß,  um  eine  gewisse  Farbenharmonie  herzustellen.  Die  spärliche 
Verwendung  von  weißen  Tönen  bei  den  wenig  gegliederten  Schnörkel - 
motiven  von  Tafel  V  und  VI  ist  sehr  auffallend. 

Das  Vorherrschen  der  Weinranke  charakterisiert  den  »dritten 
Stil«.  Nach  Tafel  VI  zu  urteilen,  ist  Weinblatt  und  Traube  allerdings 
auch  im  »zweiten  Stil«  vertreten.  Die  Samarra-Weinblätter  machen 
einen  einheitlichen  Eindruck,  bezeichnend  sind  die  runden  Blatt - 
läppen  und  die  auffallend  großen,  durch  Bohrlöcher  gebildeten  Blatt - 
Winkel.  In  der  Detailbehandlung  scheinen  sie  auch  übereinzustimmen; 
eine  Ausnahme  bietet  vielleicht  Tafel  VIII  unten. 

Es  wäre  interessant  zu  wissen,  ob  in  Samarra  tatsächlich  nur  die 
durch  Rillen  hergestellten  Blattrippen  vorkommen;  die  ungefähr 
gleichzeitigen  außermesopotamischen  Parallelen  zeigen  statt  der  tief 

0  Vgl.  damit  die  Schnörkelarabesken  von  Sälihln  bei  Aleppo,  Islam  I,  Abb.  17  b  c, 
und  ihre  Erklärung  S.  52  f.  Meine  Ablehnung  ihres  ägyptisch-fatimidischen  Ursprungs 
wird  durch  Tafel  V  gerechtfertigt.  Es  ist  wenig  zutreffend,  wenn  diese  Schnörkelarabesken 
mit  den  irischen  Trompetenformen  verglichen  werden  (/5mm  I,  S.  49).  Man  durchblättere 
z.  B.  Les  manuscripis  avglo-saxons  et  irlandais  du  VII^  au  X«  siede  von  J.  0.  Westwood; 
nirgends  finden  sich  arabeske  Verbindungen,  häufig  dagegen  zwei  oder  drei  in  einen  Kreis 
komponierte  Schnörkelmotive,  wie  sie  in  Samarra  auch  vorkommen,  vgl.  Tafel  V  unten 
rechts  die  beiden  Kreise  zwischen  den  Vierecken.  Ob  tatsächlich  ein  Zusammenhang 
besteht,  kann  ich  allerdings  nicht  feststellen  (vgl.  die  STRZYGOWSKische  Hypothese  Mschatia 
S.  343).  Eine  alte  chinesische  Parallele  habe  ich  im  Musee  Guimet  in  Paris  gefunden.  Daß 
zwischen  China  und  Mesopotamien  in  der  Abbasidenzeit  Zusammenhänge  bestanden,  ist 
seit  Jahren  bekannt. 

2)  Vgl,  die  Ornamente  der  Azharmoschee  a.  a.  0.  S.  40  f.  Die  früher  ausgesprochene 
Vermutung,  daß  Mesopotamien  die  Heimat  der  geometrischen  Blattmusterung  sei,  be- 
stätigt sich. 


424  Samuel  F 1  u  r  y , 

geschnittenen  Rillen  häufig  eine  plastische  Mittelrippe,  so  der  Mimbar 
von  Sidi-Okba  in  Kairuan,  ein  Stuckfries  des  Deir-es-Surjäni  und  der 
Hauptfries  der  Moschee  des  Ihn  Tülün  ^).  Daß  die  verschiedenartigsten 
Weinblätter  nebeneinander  in  Mesopotamien  vorkamen,  beweist  der 
aus  Bagdad  stammende  Mimbar  von  Kairuan.  Seine  Weinblätter 
haben  aufgelegte  Beeren,  einzelne  Knollen  und  plastische  Rippen, 
daneben  die  typische  Flächenmusterung  mittelst  konzentrischer  Ringe. 
Man  darf  daher  auch  in   Samarra  ein  reicheres   Bild  erwarten. 

Es  ist  klar,  daß  mit  der  Bearbeitung  der  Samarratunde  eine 
intensivere  Untersuchung  der  ägyptischen  Monumente  Hand  in  Hand 
gehen  muß.  Wenn  man  die  kleine  Literatur  über  die  Moschee  des 
Ibn  Tülün  durchgeht,  so  fällt  einem  auf,  daß  erst  in  neuester  Zeit  die 
stilistische    Eigenart    der  Tülünidenornamentik   beachtet   worden    ist. 

Die  ältesten  Darstellungen  der  dekorativen  Ausstattung  der 
Moschee  gibt  P.  Coste  -).  Trotz  der  vielen  Ungenauigkeiten  im  Detail 
verdienen  sie  Beachtung.  Tafel  V  gibt  eine  Ecklösung  des  Haupt- 
frieses, eine  große  Bogenleibung,  die  nicht  mehr  erhalten  ist  und  eine 
noch  vorhandene,  aber  unbeachtet  gebliebene  Holzsoffite.  Palmette 
und  Weinblatt  sind  unrichtig  wiedergegeben,  und  der  Schrägschnitt- 
charakter der  Holzskulptur  ist  völlig  verkannt.  Auf  Tafel  H  tragen 
alle  Bogenleibungcn  den  ursprünglichen  Flächenschmuck.  Der  Zeichner 
hat  aber  offenbar  das  Fehlende  ergänzt;  er  verwendet  überall  dieselben 
Dekorationsmotive,  während  sie  tatsächlich  verschieden  waren.  Viel 
mehr  Material  bietet  das  Werk  von  Prisse  d'Avennes  3)  mit  seinen 
reichen  Ornamentproben.  Die  stilistischen  Mängel  von  Tafel  XLIV 
sind  bekannt;  zuverlässiger  ist  die  von  Girault  de  Prange y  ge- 
zeichnete Tafel  HI  4).  Sie  ist  für  uns  wichtig,  weil  sie  den  nicht  mehr 
vorhandenen  Schmuck  einer  Bogenleibung  wiedergibt  (Tafel  Hl.  7). 
In  der  Grammar  of  Ornament  von  Owen   Jones  5)   ist  die  stoffliche 

')  Zum  Problem  der  Weinranke  vgl.  Mschatta  S. 327  ff.;  das  veröffentlichte  Material 
genügt  nicht  für  eine  eingehende  Detailuntersuchung;  das  typische  Samarra-Weinblatt 
fehlt  auf  Abb.  109,  obschon  es  im  Deir-es-Surjänl  vertreten  ist.  H.  Saladin  bereitet  eine 
neue  Publikation  über  Sidi-Okba  vor.  in  der  das  ornamentale  Detail  besser  zur  Geltung 
kommen  wird. 

-)  Architecture    Arahe,    Paris    1839   (gezeichnet    1818 — 1826). 

3)  L'ari  arabe  d' apres  les  moniimenls  du  Caire,  1877  (die  ersten  Tafeln  bereits  1869 
erschienen).- 

■i)  Daß  der  Verfasser  des  Essai  sur  V architecture  des  Arabes  et  des  Mores  (Paris  1S41) 
sorgfältiger  zeichnete  als  Prisse  d'Avennes,  zeigen  die  verschiedenen  Friesproben.  Die 
klassische  Analyse  der  Tülünidenornamentik  von  A.  Riegl  {Stilfragen  302  ff.)  behält  ihren 
Wert  trotz  der  stilistischen  Ungenauigkeiten  des  zugrunde  liegenden  Materials;  nach  der 
historischen  Seite  hin  muß  allerdings  die  ästhetische  Untersuchung  ergänzt  werden. 

5)  Grammar  of  Ornament,  London  1856. 


Samarra  und  die  Ornamentik  der  Moschee  des  Ibn  Tulun.  425 

Anordnung  der  Tülünidenornamente  dieselbe  wie  bei  Prisse  d'Avennes, 
doch  besitzt  sie  wertvolles   Sondergut   (Tafel  XXXII.    14). 

J.  Strzygowski  hat  zuerst  die  stilistische  Verschiedenheit  des 
Hauptfrieses  und  der  die  Fenster  und  Entlastungsbogen  umrahmenden 
Ornamente  erkannt  und  zugleich  die  Ornamentbretter  in  Schrägschnitt 
mit  der  Tülünidenkunst  in  Verbindung  gebracht  ^).  E.  Herzfeld 
beschäftigte  sich  zuletzt  eingehender  mit  der  Moschee  in  seiner  »Genesis 
der  islamischen  Kunst«  [Islam  I).  Die  Holzsoffite  (Abb.  i)  und  die 
beiden  Bogenleibungen  von  Abb.  2  (S.  39)  bilden  wertvolle  Ergänzungen 
zum  spärlich  veröffentlichten  Material.  Die  Behauptung,  die  ganze 
Ornamentik  der  Moschee  könne  einheitlich  erklärt  werden  aus  dem 
Prinzip  des  Schrägschnittstiles  (S.  37  f.)  —  sie  hängt  zusammen  mit 
der  These  der  Bodenständigkeit  (S.  47)  -)  —  wird  der  Verschieden- 
artigkeit des  Dekors  nicht  gerecht;  schon  bei  der  genaueren  Analyse 
des    Hauptfrieses   versagt    die    einheitliche    Erklärung. 


Abb.  I. 


Wie  verhalten  sich  nun  die  verschiedenen  Stilgattungen  in  der 
Moschee   des    Ibn  TüIün   zu   den    Samarrafunden  .f* 

Eine  bedeutende  Gruppe  von  Ornamenten  kann  einstweilen  noch 
nicht  zum  Vergleich  herangezogen  werden:  es  sind  die  verschiedenen 
Entrelaksmuster  der  mit  Gipsgittern  überspannten  Fensteröffnungen 
in  den  Umfassungsmauern  der  Moschee  3).  Sie  gehören  wahrscheinlich 
in  ihrer  Mehrzahl  nicht  zum  ursprünglichen  Bau.  Die  Bestimmung 
ihres  Alters  hängt  in  erster  Linie  ab  von  der  Beurteilung  der  Schrift - 
bänder,  welche  die  durchbrochene  Arbeit  umziehen.  Wenn  das  Schrift - 
band  nicht  tülünidisch  ist,  kann  das  Gitterwerk  unter  keinen  Um- 
ständen dem  ursprünglichen  Bau  zugesprochen  werden,  da  der  feste 
Rahmen,  auf  dem  die  Schriftbänder  angebracht  sind,  auf  alle  Fälle 
W'Cniger  zerbrechlich  w^ar  als  die  durchbrochene  Arbeit.  Die  paläo- 
graphische  Untersuchung  muß  also  der  Analyse  der  verschiedenen 
Entrelaksmuster  vorangehen.  Abb.  i  gibt  eine  Schriftprobe,  die  zweifeb 


')  Mschatta  S.  346  f.,  Abb.   112  und  113;  koptische  Kunst  S.   159. 
^)  Vgl.  erster  vorläufiger  Bericht  S.   17  oben  und  S.  21   unten. 

3)  Eine  gute  Abbildung  gibt  Fr.\nz  Pascha,  Kairo,  S.  15.    Eine  Reihe  vorzüglicher 
Aufnahmen    hat    der   Kairoer  Photograph  Giuntini   gemacht. 


426 


Samuel  F I  u  r  y  , 


los  tOlünidisch  ist.  Die  scheibenförmigen  Füllmotive  sind  für  die  Gips- 
schriftbänder  besonders  charakteristi'^ch  i).  Beachtenswert  ist  auch 
die  gerade  Verbindung  des  Lam  und  Ha  in  Allah]  Bogenverbindung 
fehlt  auch  auf  der  Marmortafel,  welche  die  Stiftungsurkunde  der 
Moschee  enthält  -).  Abb.  2  zeigt  schon  entwickeltere  Schrift,  man 
vergleiche  die  beiden  Allah.  Die  Ornamente  sprechen  für  fatimidischcn 
Ursprung,  ausschlaggebend  sind  die  Dreiblätter  3).  Die  Schriftproben 
von  Abb.  3  und  4  sind  nachfatimidisch.  Das  völlig  schematische  Kuh 
auf  Abb.  3  —  man  beachte  die  durchgehende  horizontale  Linie  — 
muß  in  der  Mamlukenzeit  entstanden  sein.  Die  mehrfach  rechtwinklig 
gebrochenen    und    horizontal    auslaufenden    vertikalen    Buchstabcn- 


Abb.  2. 


HJij^-.^riiiiT^ 

Abb.  3. 


\^ 


>  < 


Abb.  4. 


Schäfte  sind  typisch  für  die  spätere  maghribinischc  und  spanische 
Kunst.  Daß  der  Sultan  Lägin  eine  Kopie  der  200  Jahre  älteren  Qibla  des 
fatimidischcn  Wesirs  El-Afdal  an  einem  Pfeiler  der  Moschee  anbringen 
ließ,  habe  ich  früher  schon  erwähnt  4).  Seiner  Restauration  dürften 
daher  auch  die  vielen  archaisierenden  unverzierten  Fenster-Schrift - 
bänder  zuzuschreiben  sein.  Man  erkennt  sie  am  hohen  Relief  und 
an  der  flüchtigen  Ausführung.  Die  Skizzierung  des  Schriftbefundes 
an  den  Fenstern  war  notwendig,  um  zu  zeigen,  daß  man  mit  Vorsicht 


')  Sie  finden  sich  noch  häufig  in  der  Azhar-  und  Hakimmoschee,  vgl.  a.  a.  0.  S.  19 
und  Abb.  6  und  8. 

-)  Vgl.  Corpus  inscr.  arab.  Tafel  XIII  und  Franz  Pascha,  Kairo,  S.  12  (verkehrt 
wie  in  der  entsprechenden  Publikation  der  Villes  celebres,  Le  Caire,  G.  Migeon). 

3)  Vgl.  die  Schriftornamente  der  Hakim-  und  Azhar-Moschee  a.  a.  0.  Tafel  V.  i 
und  Abb.  6,  rechts;  das  Fenster  könnte  also  ums  Jahr  1000  restauriert  worden  sein. 

^)  Vgl.  a.  a.  O.  S.  15  und  Tafel  XVI.   i. 


Samarra  und  die  Ornamentik  der  Moschee  des  Ibn  Tulun. 


427 


an  die  Untersuchung  der  verschiedenen  Stilgattungen  herantreten  muß. 
Es  ist  von^vornherein  wahrscheinlich,  daß  nicht  nur  die  Fenster,  sondern 
auch  andere  Teile  der  Moschee  im  Laufe  der  Zeit  viel  gelitten  haben 
und  dann  wieder  in  altertümlichem  Stil  ergänzt  worden  sind.  Kein 
einziges  Gebäude  in  Kairo  hat  ein  so  wechselvolles  Schicksal  gehabt 
wie   die  Moschee   des    Ibn  Tülün. 

Der  »erste  Samarrastil«  findet  sich  in  seiner  reinsten  und  primi- 
tivsten Form  an  den  Holzsoffiten  der  verschiedenen  Moscheetüren  ^j. 
Diejenigen  der  heutigen  Eingangstür  hat  Herzfeld  in  seiner  »Genesis« 
analysiert  (S.  37  f.).  Auf  Tafel  I  sind  zwei  weitere  Beispiele  reproduziert. 
Das  seltsame  zentrale  Motiv  von  Nr.  i  ist  besonders 
auffallend,  etwas  Ähnliches  ist  mir  in  der  älteren 
Kunst  des  Islam '  nicht  bekannt.  Die  Palmetten, 
Herzblätter  und  Schnörkelmotive  sind  völlig 
schmucklos;  auf  den  sonst  bekannten  Schrägschnitt- 
brettern kommen  gelegentlich  kleine  Kreise  und 
Kommaschlitze  vor.  Es  ist  wohl  kein  Zufall,  daß 
sich  der  primitive  Schrägschnittstil  in  Kairo  am  läng- 
sten in  dem  Material  gehalten  hat,  in  dem  er  zuerst 
aufgetreten  ist.  Die  frühfatimidischen  Holzskulp- 
turen sehen  viel  altertümlicher  aus  als  die  gleich- 
zeitigen Gipsmonumente.  Diese  Differenzierung  der 
ornamentalen  Entwicklung  im  verschiedenen  Mate- 
rial bahnt  sich  schon  in  der  Moschee  des  Ibn  Tülün 
An    den   Bogenleibungen    der   Pfeiler    und    an 


an 


^,„o.c«t.««^"^' 


den    Friesen    der    Fenster    und     Entlastungsbogen 
sind    mehrere  Schnörkelmotivc  schon  deutlich  pal-  Abb.  5. 

mettisiert.  Die  Palmettenlappen  werden  noch  hervor- 
gehoben durch  Schraffierung  oder  Punktierung  des  Grundes  -).     Da- 
neben kommen  auch  nach  Art  des  »zweiten  Stiles«  gemusterte  Schnörkel 
vor. 

Einer  anderen  Stilgattung  gehört  der  Hauptfries  an;  das  zeigen 
seine  Einzelmotive  und  die  Verschiedenheit  seiner  Technik.  Da 
J.  Strzygowski  und  E.  Herzfeld  den  Fries  analysiert  haben,  kann 
ich   die   allgemeinen   Merkmale   übergehen  3).      Abb.    5    gibt   zunächst 

')  Vgl.  die  einzige  bisher  veröffentlichte  Samarra-Holzskulptur,  Viollet  a.  a.  0. 
Tafel  XX.  i. 

-)  Vgl.  »Genesis«  a.  a.  0.  Abb.  2  b  oben;  die  Palmettenlappen  sind  in  Wirklichkeit 
nicht  schraffiert. 

3)  Vgl.  Mschalta  S.  346  und  »Genesis«  S.  42  f.  Die  HerzfeldscIic  Erklärung  der 
schmalen  Streifen,  welche  den  Fries  gliedern,  scheint  mir  zutreffender  zu  sein  als  diejenige 
Strzygowskis. 


428 


Samuel  F 1  u  r  y  , 


ein  auffallendes  Detail,  dessen  Vorkommen  schon  bestritten  worden 
ist.  Im  allgemeinen  stoßen  die  Friese  an  den  Ecken  unvermittelt 
aneinander.  Hier  findet  sich  nun  eine  schöne  Diagonalkomposition: 
Dreiblatt,  Herzblatt  und  Zweiblatt  ineinander  verwachsen  und  flankiert 
von  je  einem  arabesken  Blattpaar,  das  aus  dem  Ende  der  intermittieren- 
den Ranke  hervorwächst.  Wenn  Ecklösungen  in  der  Regel  nicht  vor- 
kommen, so  ist  also  die  Ursache  nicht  in  dem  Nochnichtkönnen  des 
Arbeiters  ^),  sondern  in  der  schnellen  Arbeitsförderung  zu  suchen. 
Die  Hauptsache  ist,  daß  die  farbige  Tonwirkung  des  Frieses  dieselbe 
bleibt  mit  oder  ohne  Ecklösungen.  Die  Diagonalkomposition  ist  auch 
deshalb  bemerkenswert,  weil  sie  dem  »ersten  Stil«  angehört,  der  im 
Hauptfrics  sehr  selten  vertreten  ist.      Ein  charakteristisches  Einzel- 


5SkSi^^^3^ 


IBNTÜLÜN    noSCHtfc' KRuPTFRlfeS  • 
Abb.   6, 


motiv  des  Frieses  ist  die  dünne  Ranke,  welche  zu  selten  der  Voll- 
palmette aufwächst,  sich  kreisförmig  einrollt  und  in  zwei  Blättern 
endic^t.  Das  Blatt  in  der  Einrollung  ist  hier  ein  deutliches  Weinblatt, 
in  selteneren  Fällen  eine  Halbpalmette.  Dünnstielige  Ranken,  welche 
Weinblätter  umschließen,  sind  dem  »ersten  Stil«  völlig  fremd,  der 
»dritte  Samarra-Stil«  bietet  die  nächstliegende  Parallele.  Die  technische 
Behandlung  des  Hauptfrieses  kommt  auf  Abb.  5  nicht  recht  zur 
Geltung-);  deutlicher  spricht  Abb.  6.  Hier  erkennt  man  sofort,  daß 
nicht  die  Schrägschnitt-Technik,  sondern  das  Prinzip  des  Tiefendunkels 
den  Hauptfries  charakterisiert.  Hier  kommt  auch  die  nahe  Verwandt- 
schaft mit  den  Formen  des  »dritten  Stiles«  klar  zum  Ausdruck.  Man 
achte  auf  die  großen  runden  Bohrlöcher,  mit  denen  alle  Blattwinkcl 

')  Vgl.  die  Bemerkung  von  E.  Herzfeld  a.  a.  0.   S.   54. 

-)  Die  zugrunde  liegende  photographische  Aufnahme  wurde  mit  künstlichem  Licht 
gemacht. 


^-Li 


Kairo,  Moschee  des  Ibn  Tulun. 
Holz-Soffitten. 


Phot.  Fliiry. 


Der  Islam,  Baud  IV,  Tafel  1. 

Zu  «S.  Flury,  Samarra  und  die  Ornamentik  der  Moschee  des  Ibn  Tülün». 

Verlag  von  Karl  .1.  Trübner  in  Straßburg. 


Samarra  und   die  Ornamentik  der  Moschee  des  Ihn  Tülün. 


429 


hergestellt  sind,  besonders  aber  auf  die  eigenartige  Verbindung  von 
Weinblatt^  und  Traube,  die  so  auffallend  an  Samarra  erinnert  ^). 

Zur  Erklärung  von  Abb.  6  kann  ein  ungefähr  gleichzeitiger  Fries 
des    Deir-es-Surjänl    herangezogen    werden    (Abb.    7);    er    bildet    den 
Abschluß   der   Wandfiäche,   an   der   sich   der 
von  Strzygowski  veröffentlichte  Baum  oder 
Kandelaber  befindet-).   Daß  diese  Ornamente 
auf  dieselbe  mesopotamische  Quelle  zurück- 
gehen,  ist  leicht   zu  erkennen.    Die  lanzett- 
lichen Teilstücke,    welche  den  Fries  gliedern 
und  scheinbar  eine  fortlaufende  Ranke  bilden, 
bestehen    aus     gefiederten     Halbblättern   zu 
Seiten    eines    schmalen    Streifens.      Sie   sind 
Varianten   oder  Fortbildungen  von  Motiven 
des  »zweiten  Samarrastiles«  3).    Man  könnte 
nun  die  starken  seitlichen  Einkerbungen  der 
intermittierenden  Ranke  von  Abb.  6  als  wei- 
tere Vereinfachung  der  geschweiften  lanzett- 
lichen   Samarrablätter   auffassen.     Die    vier 
Weinblätter  von  Abb.  7,  welche  die  typische 
Rankenumrahmung  und    die  mittelst  Bohr- 
löchern hergestellten  Blattwinkel  aufweisen, 
bieten    eine    Erklärung   für    die    plastischen 
Blattrippcn  der  Weinblätter  von  Abb.  5  und 
6.    Am  unteren    Ende    des    Frieses    ist    ein 
Weinblatt     mit     aufgelegtem      dreilappigem 
Halbblatt.   Da -Herzfeld  in  Samarra  Wein- 
blätter   mit    aufgelegter   Arabeske    gefunden 
hat    (a.  a.  0.    S.  19),     stammt    dieses    Detail 
wahrscheinlich  auch  aus  Mesopotamien.    Auf 
den  drei  übrigen   Blättern  erkennt  man  nur 
noch  die  plastische  Rippe,  die  für  das  Tülüni- 
denblatt  charakteristisch  ist ;  dasletztere  dürfte 
daher   auf   ähnliche   Weise   entstanden  sein. 

Zwei  eigenartige  Monumente  der  Moschee  des  Ibn  Tülün,  die  ich 


^^ 


%    * 


♦  ♦„••«♦ 


DeiR-eS-SUKIRNl 
Abb.  7. 


I)  Vgl.  a.'a.  0.  Tafel  VIII  rechts  oben. 

-)  Vgl.  Mschatta  Abb.  109. 

3)  Vgl.  a.  a.  0.  Tafel  VI  die  Achteckfüllung  links  unten.  An  mehreren  Wedeln  läßt 
sich  schon  die  antinaturalistische  Differenzierung  der  y.ugrunde  liegenden  Blattform  er- 
kennen. Auf  diese  Samarrablätter  geht  auch  ein  seltsames  Blatt  der  Azhar-Moschee  zurück, 
dessen  Ursprung  ich  früher  nicht  erklären  konnte  (a.  a.  O.  Tafel  XII  und  S.  36  oben). 


4^0  Samuel  Flury, 

voriges  Jahr  veröffentlicht  habe,  darf  man  wohl  mit  dem  ursprüng- 
lichen Dekor  der  Moschee  in  Verbindung  bringen;  es  sind  die  beiden 
Qiblen,  die  an  den  Pfeilern  neben  der  modernen  Dikke  angebracht 
sind  I).  Die  ältere  von  ihnen  (Tafel  XI.  2)  könnte,  was  die  Ornamente 
anbetrifft,  dem  Ende  des  3.  Jahrhunderts  angehören.  Allerdings  sind 
die  breitblättrigen,  flügelartigen  Palmetten  im  alten  Dekor  der  Moschee 
nicht  vertreten,  doch  darf  dieses  Argument  nicht  geltend  gemacht 
werden,  da  die  schmalen  Friese  und  die  Bogenleibungen  die  Ver- 
wendung dieser  Motive  ausschließen.  Im  »vorläufigen  Bericht«  sind 
keine  flügelartigen  Palmetten  zu  finden,  dagegen  kann  man  nach 
ViOLLET  (a.a.O.  Tafel  XVI.  l)  schließen,  daß  dieser  Typus,  wenn 
auch  in  einfacherer  Ausführung,  in  Samarra  vorhanden  war.  Die 
zahlreichen  Parallelen  im  Deir-es-Surjäni  ^)  sprechen  auch  für  die 
weite  Verbreitung  dieser  mesopotamischen  Blattform.  Der  Schrift - 
fries  bestimmte  mich,  die  Oibla  der  ersten  Hälfte  des  4.  Jahrhunderts 
zuzuschreiben.  Der  stark  gebogene  Lam-Schaft  und  die  Bogenver- 
bindung  in  Allah  kommen  meines  Wissens  nicht  in  den  alten  Schrift- 
bändern der  Moschee  vor.  Die  zweite  Qibla  (a.  a.  O.  Tafel  XV)  zeigt 
ebenfalls  eine  sehr  altertümliche  Ornamcnjkik;  die  Palmettisierung 
der  Blätter  ist  hier  noch  auffallender  als  beim  vorigen  Beispiel.  Pa- 
rallelen sind  im  alten  Dekor  der  Moschee,  in  Samarra  (Viollet,  a.  a.  O. 
Tafel  XIX.  2.  4)  und  im  Deir-es-Surjänl  (man  achte  besonders  auf 
die  mit  Punkten  verzierten  Palmettenlappen)  vorhanden.  Das  Schrift - 
band  spricht  auch  in  diesem  Falle  für  das  4.   Jahrhundert. 

Überaus  wertvolle  Ergänzungen  zu  dem  noch  vorhandenen  Material 
finden  sich  in  den  schon  erwähnten  Publikationen  von  Prisse  d' Avennes 
und  Owen  Jones.  Die  große  Bogenleibung  bei  Owen  Jones  (Tafel 
XXXII.  14)  deckt  sich  in  der  allgemeinen  Anordnung  der  Ornamente 
nahezu  mit  der  von  Girault  de  Prange y  gezeichneten  (Taf.  111.7)3).  In 
den  Einzelheiten  zeigen  sie  bemerkenswerte  Abweichungen.  Tafel  XXXII. 


0  a.  a.  0.  S.  19  und  Tafel  XI.  2  und  XV. 

•)  Mschatta.  Abb.  109.  Hoffentlich  werden  die  Ausgrabungen  von  Samarra  auch 
Aufschluß  geben  über  das  interessante  Problem  der  Flügelpalmette.  Das  bisher  veröffent- 
lichte Material  ist  noch  sehr  dürftig.  Immerhin  läßt  sich  schon  jetzt  erkennen,  daß  das 
Flügelmotiv  in  der  alten  Kunst  des  Islam  sehr  verbreitet  gewesen  ist  Die  rein  persischen 
Flügelornamente  der  ältesten  Kairoer  Korane  (vgl.  Moritz,  Arabic  Palaeography,  PI.  i.  2.  5) 
sind  in  Mschatta  nicht  erwähnt.  Nahe  verwandt  sind  die  Flügelpalmetten  der  Tonfliesen 
von  Sidi  Oqba  (vgl.  Manuel  d'art  Musulman  II  S.  256  Fig.  206).  Auf  die  Flügelpalmetten 
von  El-Gharra  (Islam  I,  Tafel  4)  habe  ich  früher  schon  hingewiesen  (vgl.  a.  a.  0.  S.  40, 
Anm.   1 1  o). 

3)  Die  beiden  Kompositionen  sind  treffliche  Beispiele,  um  den  teppichartigen  Charakter 
der  abbasidischen  Flächendekoration  darzutun. 


Samarra  und  die  Ornamentik  der  Moschee  des  Ibn  TQiün. 


431 


14  (vgl.  Abb.  8)  darf  als  zwingender  Beweis  für  das  Vorhandensein  des 
»zweiten  Samarrastiles«  an  breiteren  Flächen  angeführt  werden.  Man 
vergleiche  nur  die  Flächenmusterung  und  das  zentrale  Motiv  der  großen 
Vierecke  mit  der  Wanddekoration  der  Privathäuser  (a.  a.  0.  Tafel  V 
und  VI).  Als  eingestreutes  Elernent  des  »dritten  Stiles«  begegnet  uns 
wieder  das  von  einer  dünnen  Ranke  umrahmte  Weinblatt.  Kleinere 
Einzelheiten  übergehe  ich  absichtlich,  weil  die  Genauigkeit  der  Wieder- 
gabe nicht  kontrolliert  werden  kann.  Auf  der  von  Girault  de  Prangey 
gezeichneten  Bogenleibung  (a.  a.  0.  Tafel  III.  7)  sind  dieselben  Grund- 


Abb.  S. 


motive  anders  stilisiert;  die  einfache  Flächenmusterung  des  »zweiten 
Stiles«  ist  durch  vegetabilische  Gliederung  (vorwiegende  Palmetti- 
sierung)  ersetzt.  Alle  Weinblätter  haben  die  starke  Mittelrippe,  w^elche 
oben  schon  hervorgehoben  wurde. 

Die  folgenden  Feststellungen  dürfen  als  gesicherte  Resultate 
der  Untersuchung  betrachtet  werden.  Der  »erste  Stil«  (Schrägschnitt - 
Stil)  ist  nicht  die  einzige  in  der  Moschee  des  Ibn  Tülün  vertretene  Stil- 
gattung, man  darf  nicht  einmal  behaupten,  daß  er  vorherrsche.  Alle 
im  »vorläufigen  Bericht«  von  E.  Herzfeld  erwähnten  Stilgattungcn 
sind  in  Kairo  vertreten.  Was  in  Samarra  getrennt  ist  und  durch  die 
Kunstübung   verschiedener   Provinzen    erklärt   wird,    findet    sich    auf 


4.-2  2      Samuel  Flury,  Samarra  und  die  Ornamentik  der  Moschee  des  Ibn  Tulun. 

Kairoer  Boden  in  einem  Monument  vereinigt  und  so  gemischt,  daß 
der  vorgeschlagene  Erklärungsversuch  für  Kairo  abgelehnt  werden 
muß.  In  ornamentaler  Hinsicht  ist  die  Moschee  des  Ibn  Tülün  durch- 
aus von  Samarra  abhängig^).  Die  »TülQnidenornamentik«,  die  als 
ein  Produkt  der  abbasidischen  Reichskunst  des  9.  Jahrhunderts  auf- 
gefaßt werden  muß,  besitzt  keine  ausgesprochene  provinzielle  Eigenart. 


I)  Damit  ist  die  Herkunftsfrage  des  Schrägschnittstiles  natürlich  noch  nicht  er- 
ledigt. Daß  er  nicht  in  Ägypten  bodenständig  ist,  war  mir  schon  bei  der  Untersuchung 
der  ältesten  Fatimidenbauten  zur  Gewißheit  geworden.  Da  Schrägschnittbretter  nicht 
nur  in  Ägypten,  sondern  auch  in  Syrien  und  Mesopotamien  gefunden  worden  sind,  da 
absolute  Flächenfüllung  keine  Eigenart  der  koptischen  Kunst  ist,  und  da  die  einheitliche 
Erklärung  der  Ornamentik  der  Moschee  des  Ibn  Jülün  aus  dem  Prinzip  des  Schrägschnittes 
unzulässig  ist,  wüßte  ich  kein  einziges  Argument,  das  man  noch  für  die  Bodenständigkeit 
der   »TülQnidenornamentik«  geltend  machen  könnte. 


Kleine  Mitteilungen  und  Anzeigen. 


Hans  von  Mzik's  Übersetzung  von  Ibn  Battuta^)- 

Der  Reisebericht  des  Marokkaners  Ibn  Battüta^)  gehört  zu  den  Produkten 
der  geographischen  Literatur  der  Araber,  die  dauernd  auf  ein  Interesse  weiterer  Kreise 
werden  rechnen  können.  Seit  der  arabische  Text  1853 — 1858  von  Defremery  und  San- 
GuiNETTi  nebst  französischer  Übersetzung  herausgegeben  wurde,  ist  auf  dem  Gebiet  der 
mittelalterlichen  Geschichte  und  Geographie  viel  geleistet  worden.  Eine  neue  Bearbeitung 
des   Werkes   bedarf   darum   keiner  Rechtfertigung. 

Hans  v.  Mzik,  der  in  dem  vorliegenden  Band  des  Marokkaners  Reisen  in  Indien 
und  China  behandelt,  hat  die  Arbeiten  seiner  Vorgänger  sorgfältig  verwertet.  Er  gibt 
in  seinem  Kommentar  den  gegenwärtigen  Stand  der  historisch-geographischen  Forschung, 
wie  er  vor  allem  durch  das  Verdienst  Yule's  erreicht  wurde.  Die  topographischen  An- 
gaben Ibn  Battüta's  über  Vorderindien  haben  naturgemäß  seit  langem  die  eng- 
lischen Gelehrten  beschäftigt.  Für  die  Geschichte  der  Zeit  des  Muhammed  b.  Toghluq 
(725 — 752  =  1324 — 1351)  dürfte  Ibn  Battüta  stets  eine  Hauptquelle  bleiben.  Auf 
diesen  Gebieten  hat  v.  Mzik  die  Arbeiten  seiner  Vorgänger  auch  selbständig  weiterzuführen 
versucht.  Hier  sind  wohl  auch  endgültige  Resultate  erzielt.  Und  dasselbe  gilt  von  dem 
trefflichen    Bericht  über  die   Malediven. 

Nicht  so  glücklich  steht  es  bis  jetzt  mit  dem  Verständnis  der  Abschnitte  über  Hinter- 
indien und  den  Archipel.  Zwar  sind  von  holländischer  und  französischer  Seite  die  Nach- 
richten der  Araber  über  diese  Länder  zum  Gegenstand  der  Untersuchung  gemacht  worden 
(van  der  Lith,  de  Goeje,  G.  Ferrand;  für  Ibn  Battüta  vgl.  auch  Snouck  Hur- 
GRONjE,  Arabie  en  Oost-Indie),  aber  sie  sind  zu  spärlich  und  zu  nebelhaft,  als  daß  hier  so 
rasch  den  vagen  Vermutungen  ein. Ende  gesetzt  werden  könnte.  Hier  erhebt  sich  auch  die 
Frage  nach  Ibn  Battüta's  Glaubwürdigkeit;  und  nicht  besser  steht  es  in  betreff  Chinas. 
Gewiß  hat  sich  Ibn  Battüta  auch  Übertreibungen,  Mißverständnisse  und  Ungenauig- 
keiten  zuschulden  kommen  lassen  und  tischt  uns  gelegentlich  Seemannsfabeln  vor,  wie 
sie  sich  auch  sonst  finden.  Aber  die  Grenze  zwischen  Wahrheit  und  Unwahrheit  ist  keine 
feste  Linie.  Die  Heiligenwunder,  die  Ibn  Battüta  uns  erzählt,  sind  wirklich  persön- 
liche Erlebnisse  (vgl.  S.  258  f.,  387  ff.,  426).  • —  Vom  Standpunkt  des  Kultur-  und  Religions- 
historikers aus  wird  man  diese  Geschichten,  nebenbei  bemerkt,  nicht  so  wegwerfend  be- 
handeln wollen,  wie  v.  Mzik    es  S.  15  tut.  —  Wer  diese  Wunder  erlebte,  der  kann  aber 


')  Die  Reise  des  Arabers  Ibn  Baßüla  durch  Indien  und  China  (14.  Jahrhundert).  Be- 
arbeitet von  Dr.  Hans  von  Mzik.  Mit  2  Karten.  (»Bibliothek  denkwürdiger  Reisen«, 
herausgegeben  von  Dr.  Ernst  Schultze,  V.)  Hamburg,  Gutenberg-Verlag,  1911.  490  S. 
M.  9,-. 

^)  Das  ist  die  vom  Lisän  angegebene  richtige  Schreibweise  des  Namens  an  Stelle  der 
eingebürgerten,  aber  falschen  Form    I  b  n    B  a  t  ü  t  a. 


^^A  Kleine  Mitteilungen  und  Anzeigen. 

z.  B.  auch  den  Vogel  Ruch  (s.  S.  447)  gesehen  haben.  So  hat  v.  Mzik,  glaube  ich,  sicher 
recht,  wenn  er  über  die  Glaubwürdigkeit  des  I  b  n  B  a  1 1  ü  t  a  wieder  günstiger  urteilt, 
als   das  vor  allem   Yule   getan   hatte. 

Was  der  marokkanische  Abenteurer  über  China  sagt,  hat  neues  Interesse  bekommen 
im  Lichte  der  jüngsten  Forschungen  von  Marshall  Broomhall  und  besonders  der  »Mission 
d'Ollone«.  Gerade  bei  diesem  Kapitel  ist  Ibn  Battüta's  Zuverlässigkeit  besonders 
stark  in  Zweifel  gezogen  worden,  und  auch  v.  Mzik  hält  diese  Frage  noch  nicht  für  spruch- 
reif. Mir  scheinen  jedenfalls,  wenn  auch  die  historischen  Data  verdächtig  sind,  die  topo- 
graphischen Nachrichten  alle  Beachtung  zu  verdienen.  Die  Kernfrage  ist  die  der  Hydro- 
graphie  von  China.  Da  die  Anmerkungen  v.  Mzik's  nicht  völlig  deutlich  und  übersichtlich 
sind,  sei  es  hier  gestattet,  das  Bild,  das  uns  Ibn  Battöta  entwirft,  in  den  Haupt- 
zügen zusammeozufassen. 

Der  große  Fluß  Äb-i-Hajät  entspringt  nach  ihm  in  den  Bergen  unweit  Chän-bäliq 
(Peking),  durchquert  ganz  China,  um  dann  bei  .Sin  al-.SIn  (Canton)  zu  münden  (Text  IV, 
254  f.;  V.  MziK,  S.  414).  Bei  der  Schilderung  von  Sln-i-Kalän  oder  Sin  al-SIn  drückt  sich 
Ibn  B  a  1 1  ü  t  a  folgendermaßen  aus:  »Hier  ergießt  sich  der  Fluß  Ab-i-jF/ayät  ins  Meer, 
den  man  den  Zusammenfluß  der  beiden  Meere  nennt«  (Text  IV,  272;  v.  M/.ik,  S.  424). 
Es  kann  kein  Zweifel  sein,  daß  der  Äb-i-l/ajät  in  seinem  nördlichen  Teil  der  große  sog. 
Kaiser-Kanal  ist.  R  a  s  I  d  a  1  -  D  1  n  (s.  Yule,  Cathay,  S.  258  f.)  bemerkt  in  seiner  Dar- 
stellung der  Anlegung  dieses  Kanals  ausdrücklich,  daß  man  auf  ihm  in  einer  vierzigtägigen 
Fahrt  (die  40  Tage  zwischen  Chänbäliq  und  Chansä  auch  nach  Ibn  Fadlalläh, 
s.  QuATREiMERE,  Histoire  des  Mongols  par  Raschid-eldiii,  S.  LXXXIX,  Anm.;  Ibn 
Battüta  braucht  64  Tage)  »Khingsai  and  Zaitün«  erreichen  konnte.  Khivgsa'i  ist 
Ibn  Battüta' s  Chansä,  das  heutige  Hang-tschou-fu.  und  das  ist  ja  wirklich  auf  dem 
Wasserweg  zu  erreichen.  Ibn  B  a  1 1  ü  t  a  scheint  nun  als  eigentliche  Fortsetzung  des 
nördlichen  Kanals  vom  Zusammentreffen  mit  dem  Jang-tsze  an  diesen  Strom  und  dann 
den  Kan-Kiang  angesehen  zu  haben,  den  er  wohl  als  mit  dem  Pei-kiang  verbunden  dachte. 
So  kommt  er  dazu,  den  großen  Strom,  das  »Lebenswasser«,  bei  Canton  münden  zu  lassen. 
Da  er  die  südliche  Strecke  nicht  selbst  bereiste,  ist  ein  Irrtum  nicht  schwer  verständlich. 
Aber  auch  Zaitün  ist  nach  seiner  Darstellung  einerseits  mit  Sin  al-Sin  (Canton),  anderer- 
seits mit  al-Chansä  durch  einen  Binnenwasserweg  verbunden  und  diese  Wege  will  er  selbst 
auf  dem  Fluß  zurückgelegt  haben.  Das  scheint  sehr  verdächtig.  Jedoch  auch  bei  R  a  s  i  d 
a  1  -  D  i  n  kommt,  wie  wir  eben  gesehen  haben,  die  Vorstellung  vor,  daß  Zaitün  an  das 
große  Kanalsystem  angeschlossen  sei;  und  wenigstens  Ramusio's  Text  des  Marco  Polo 
charakterisiert  den  Fluß  von  Zaitün  als  einen  Arm  des  \\'asserlaufs,  der  bei  Kinsay  (Chansä) 
fließt  (s.  Yule,  Marco  Polo  3,  S.  242.  Anm.  5).  Die  Binnenwasserverbindung  von  Zaitün 
mit  al-Chansä  scheint  demnach  wirklich  gut  bezeugt  zu  sein.  Wie  sich  diese  Tatsache 
mit  der  doch  kaum  mehr  zu  bezweifelnden  Identifikation  des  ersteren  mit  Tsüan-tschou-fu 
(s.  auch  Martin  Hartmann  in  der  Enzyklopädie  des  Islam,  I,  878  b  u.  880  b)  vereinigen 
läßt,   ist   ein  noch  ungelöstes  Rätsel. 

Sicherheit  ist  in  diesen  Problemen  kaum  zu  erreichen,  so  lange  wir  nicht  neues  Material 
erhalten.  Weiterführen  dürfte  uns  wohl  der  Text  von  Ibn  Fadlalläh  al-'Omari's 
Masälik  al-Absär,  der  uns  nun  hofTentlich  recht  bald  in  einem  ägyptischen  Druck  zugäng- 
lich gemacht  wird.  Auch  jetzt  schon  hätte  v.  Mzik  mit  Vorteil  die  Auszüge  aus  dem  Werk 
dieses  Zeitgenossen  des  Ibn  Battüta  benützen  können,  die  Quatremere  in  den 
yiotices  et  Extraits  XIII  mitgeteilt  hat;  man  vergleiche  nur  seine  Angaben  über  die  indische 
Post  (S.  208  ff.)  mit  Ibn  Battüta' s  Mitteilungen  (v.  Mzik,  S.  25)  und  die  Schilderung 
der  indischen  Nutzpflanzen  {Not.  et  Extr.,  XIII,  173  IT.;  v.  Mzik.  S.  47  f=f.).  Auch  Ibn 
Fadlalläh  kennt  (S.  185)  den  Namen  des  indischen  A«(/2d/-Aw^ä/  Kamäl  al-Din, 


Kleine  Mitteilungen  und  Anzeigen.  a-}c 

der  den  Titel  führt  Sadr  al-Djihän  (vgl.  v.  Mzik,  S.  58  usw.);  auch  er  erzählt  die  Geschichte 
von  Burhän  al-Din  al-Säghardji,  den  Muhammed  b.  Toghluq  an  seinen  Hof  ziehen  wollte, 
der  aber  dan»  nach  China  ging  {Not.  et  Extr.  XIII,  196;  v.  Mzik,  S.  129  u.  388  f.). 

Die  Bearbeitung  I  b  n  B  a  1 1  ü  t  a'  s  durch  H.  v.  Mzik  ist  für  ein  weiteres  Publikum 
bestimmt.  Dementsprechend  geben  die  reichen  topographischen  und  kulturhistorischen 
Anmerkungen  meist  nur  positiv  des  Bearbeiters  Ansicht  wieder,  ohne  Berufung  auf  die 
Vorarbeiten  und  Auseinandersetzung  mit  anderen  Meinungen.  Als  Zusammenfassung 
des  gegenwärtigen  Standes  unserer  Kenntnis  sind  diese  auch  für  die  wissenschaftliche 
Arbeit  von  gewissem  Wert,  wenn  für  diesen  Zweck  auch  detailliertere  Begründungen  seiner 
Aufstellungen  nützlich  wären. 

Was  die  Übersetzung  selbst  betrifft,  so  kann  sie  im  einzelnen  leider  nicht  durchweg 
als  glücklich  bezeichnet  werden.  H.  v.  Mzik  ist  der  naheliegenden  Gefahr  nicht  überall 
entgangen,  nur  ganz  ungefähr  den  Sinn  des  oft  schwer  übersetzbaren,  aber  präzisen  arabi- 
schen Wortlauts  wiederzugeben,  was  natürlich  auch  dem  Stil  der  Übersetzung  schadet. 
Die  Bearbeitung  ist  nach  dem  arabischen  Text  angefertigt,  aber  die  französische  Wieder- 
gabe von  Dei-remery  und  Sanguinetti  hat  sehr  stark  auf  den  deutschen  Wortlaut  ein- 
gewirkt, wofür  unten  Beispiele  gegeben  werden.  Leider  aber  hat  der  Rezensent  auch  von 
Anfang  an  den  Eindruck  bekommen,  den  Margoliouth  im  Journ.  R.  As.  Soc.  1913,  S.  216 
in  den  Worten  ausdrückt:  In  general,  where  the  German  renderings  differ  from  the  French, 
the   latter   are    to   be   preferred. 

Die  Terminologie  der  spezifisch  islamischen  religiös-juristischen  Kultursphäre  scheint 
dem  Beai'beiter  etwas  fremd  zu  sein.  Wenn  man  die  Ehrenprädikate  der  verschiedenen 
homines  religiosi  wörtlich  ins  Deutsche  übersetzt,  so  entsteht  wirklich  ein  falscher  Eindruck. 
Am  ehesten  entsprechen  ihnen  noch  Wendungen  wie  »Hochwürden«  u.  ä.,  ich  glaube, 
vielfach  ist  es  das  Beste,  sie  einfach  wegzulassen.  Auf  keinen  Fall  kann  man  z.  B.  in  dem 
Ausdruck  Jv^!Ji  JoLxil  ^^-^.iÜl  das  Aj?!:  mit  »keusch«  wiedergeben.  Wenn  von  einem 
Scheich  gesagt  ist,  daß  er  sei  ^A^Lail  }^jS ^.yA  (Text  III,  116,  9),  so  heißt  das  nicht:  »er 
war  ein  hervorragend  rechtschaffener  Mann«  (v.  Mzik,  S.  41,  9),  sondern  eher:  er  war  ein 
großer  Heihger.  S.  2S0,  20  ist  j^x:^L^ijl  ^a  (Text  IV,  57,  7)  gar  übersetzt  mit  »ein 
wackerer  Mann«.  Es  schiene  mir  immer  noch  besser  ^JL^aJi  v_^IiÄJI  (Text  III,  136,. 
2  f.)  mit  »heiliger  Pol«  wiederzugeben,  als  mit  »frommes  Schuloberhaupt«  (v.  Mzik, 
S.  53-  18).         ■       -  , 

Wenn  es  von  einem  Asketen  heißt  J^-Jlji  ry^J  (Text  III,  139,4;  IV  217,  3),  so  denkt 
man  dabei  nicht  daran,  daß  der  betreffende  die  Nacht  stehend  zubrachte  (v.  Mzik,  S.  67,  30; 

386, 9  f.),  sondern  daß  er  bei  Nacht  gottesdienstliche  Übungen  verrichtete.  >.X.>^j"  (Text 
III,  447,  10)  ist  Terminus  technicus  für  die  gesetzlich  empfehlenswerte  nächtlich-e  Salät 
(v.  Mzik,  S.  244,  29:  »schlief,  so  lange  Gott  wollte«);  hier  wäre  ein  Hinweis  auf  ein  gang- 
bares Handbuch  -wie  Juynboll,  Handbuch  des  islamischen  Gesetzes,  S.  90,  nützhch 
gewesen.  Ebenso  wäre  zu  iöLÄÜ  (Text  IV,  51,  10;  v.  Mzik,  S.  277,  5)  besser  auf  Juynboll 
S.  73  f.  ver-wiesen.  Es  ist  doch  gar  zu  unbestimmt,  wenn  man  l\y ».•>•  (IV,  258,  3)  mit 
»Gebet«  überträgt  (S.  417,  i)  an  Stelle  von  »Freitagsgottesdienst«  .&ijl  S<}>  ,.,/«  ^^j*^  ^t-^i 
(III,  337,  10)  heißt  gewiß  nicht  »sie  rief  Gott  stundenlang  an«  (S.  17S,  20  f.),  sondern  eher: 
»sie  gebrauchte  bestimmte  D/ijfer-Formeln«. 

Im  folgenden  sei  noch  eine  Reihe  von  Einzelbemerkungen  gegeben,  die  zum  Teil 
das  oben  Gesagte  erläutern  mögen: 

Zu  S.  24,  3  (III,  93,  9):  Schon  Margoliouth  hat  auf  die  Unrichtigkeit  der  Über- 

Islam.     IV.  "JO 


436  Kleine  Mitteilungen  und  Anzeigen. 


'W 


Setzung  von  j^^-  ^.,l»i  ^3.  ^JcljJu  _».P»  «und  (der  Indus)  mündet  in  der  heißen  Zone« 
statt  des  richtigen  »il  deborde  dans  la  Saison  des  chaleurs«  der  französischen  Übersetzer 
aufmerksam  gemacht;  die  Übertragung  ist  um  so  auffallender,  als  v.  Mzik  gleich  nachher 

^ja-ö  richtig  mit  »Überschwemmung«  und  an  anderer  Stelle  (S.  95,  7)  JL  ..Ui  (Text  III, 
198,  3)  mit  »heiße  Zeit«  wiedergibt. 

Zu  S.  31,  10  f.  (III,   103,  8  f.)     JCJt  ry>r*-^   [•''-^  H:^r*-^    ^3^    c^3    ,jtiuÄ>*%J! 

i^.ii'  'x.ii~*.ÄS>  iü.Liii   L.ij>»*.v»«.j  — ÜEFRiMERY  und  Sanguinetti  und  nach   ihnen  Hai» 

geben  das    q.>j>~>    *!  mit  »Chamäleon«   wieder,  v.  Mzik  liest  i^>JL>    *l   »Mornviper«. 

Sollte   nicht   eher   an  den  in  Spanien  bezeugten  Namen  einer  Eidechsenart    ,  iw>;>J>"    J 

zu  denken  sein  (s.  Dozy,  s.  v.)  ?  Die  Übertragung  von  1\.>L>-  x..ii-J.>  mit  »kleine  Garten- 
schlange« ist  sicher  nicht  geschickt,  passender  Haig:    »small  garden-hzard«. 

Zu  S.  36,  2  (III,  109,  I)  j^;..^!  o>b  ^^A   bJw^iU  ^j:j^^   X^.X/1  s^|_ji    — 

V.  Mzik  merkwürdigerweise:  »und  dieser  hatte  ihn  zum  Gouverneur  der  Stadt  Lähari  in 
der  Provinz  Sind  gemacht  und  ihn  mit  der  Verwaltung  ihrer  Ein- 
künfte betraut«')  an  Stelle  der  richtigen  französischen  Übersetzung:  »celui-ci  le 
nomma  gouverneur  de  la  vilie  de  Lähory  et  de  s  e  s  d  e  p  e  n  d  a  n  c  e  s  ')  dans  le  Sind«. 
Zu  S.  57,  20  (III,  142,  4  f.):  Zu  »Kusäi«  (^^\.JMS) —  »Das  ist  in  ihrer  Sprache  der 
Name  Gottes«,  notiert  v.  Mzik:  »Die  französischen  Übersetzer  machen  dazu  die  Bemerkung: 
Krichna  (Krshna),  doch  dürfte  dies  wohl   kaum  richtig  sein«.     Einfaches  Nachschlagen 

eines  Hindostani-Wörterbuchs  hätte  weitergeführt.  Platts  z.  B.  sagt  s.  v.  ^L*J^ :  »tht 
master  or  possessor  of  cows  or  of  herds«;  an  epithet  of  the  Deit}-. 

Zu  S.  58,  4  (III,  143,  3)—  »yu«.c  LPJÜ'I  —  V.  Mzik  »die  zu  den  Städten  zählt,  welche 
die  meisten   Stiftungshäuser  haben«;    richtiger  Defremery:    »les  plus  peupiees«. 

Zu  S.  67,  II  f.  (III.  157  f.):  .X-»  J,.^  jt  <^j..>^i^  iuiy  heißt  nicht  »der  nach 
dem  Nil  in  Ägypten  benannt  ist«,  sondern,  wie  Defremery  sagt:  »on  dirait  que  ce  surnom 
lui  vient  du  nom  du  Nil«.  * 

Zu  S.  71,  I  (III,  161,  10):  Der  Lj!_i='^A)  ist  keine  »Kanzel«,  sondern  die  Gebets- 
nische. 

Zu  S.  73,  15  (III,  165,4)  —  liLlJ  ^  ^\  —  »Dann  aber  erlahmte  er  darin«  (Defre- 
merv:  »il  se  lassa  d'agir  ainsi«)  paßt  absolut  nicht  in  den  Zusammenhang;  es  handelt  sich 

um     -s.   IV  in   der  Bedeutung  »depasser  les  limites«,  »übertreiben«  (vgl.  Dozy,  s.  v.). 

Zu  S.  83,  32  (III,  181,  8)  —  K*s.  ^1\  LiyCiu  ^lij  bis  —  V.  Mzik  falsch:  »die 
Gattin  ....  hörte  nicht  auf,  sich  bei  seinem  Oheim  ....  zu  beklagen«  statt  des  richtigen 
»et  il  ne  cessait  de  s'en  plaindre  ä  son  oncle«  von  Defremery  und  Sanguinetti. 

Zu  S.  105  (III,  214):  Für  diese  Methode  der  Ansammlung  von  Schätzen  vgl.  auch 
Notices  et  Extraits,  XIIl,  219  ff. 

Zu  S.  112,  27  (111,222,  7):  Warum  v.  Mzik  das  s-^i.^\  .u5  »le?  principaux  descen- 
dants  de  Mahomet«  mit   »Adelsrichter«  wiedergibt,  ist  nicht  deutlich. 

')  Von  mir  gesperrt.     H. 


Kleine  Mitteilungen  und  Anzeigen.  A2y 


■Zu    S.  132,  34   (III,  261,  4)   —   sjL     ^[y-^     OiliiwJ     ,. 'ulaJLv^i! 


\ji 


Wenn  v.  Mzik  sagt:  »Der  Sultan  erwiderte  ihm  aufs  gnädigste  und  stimmte  ihm  zu«,  so 
liegt  der  Verdacht  nahe,  daß  er  s^l  als  verbum  finitum  ( j  IV^)  aufgefaßt  hat  statt 
als  bji  (parallel  zu  i^^LailJ).     Defre;mery   sagt   adäquater:    »le   sultan   repliqua   de  la 

maniere  la   plus   agreable   et   la   plus   bienveillante«. 

Zu  S.  195,8  (111,363,3):  »Fürst  der  Gelehrten«  ist  hier  Wiedergabe  von  i^L^XrL  (iXJU, 
ebenso  S.  200,  4  (III,  371,  10);  demselben  arabischen  Wortlaut  entspricht  S.  279,  2  (IV, 
54,  6)  »Vorsteher  der  Ärzte«;  es  handelt  sich  um  eine  und  dieselbe  Persönlichkeit;  ob  da- 
gegen der  »Fürst  der  Gelehrten«  iU-Jlstil  ^VJU  von  S.  139,  33  (III,  276,  4)  dieselbe  Person 
ist,  ist  fraglich. 

Zu  S.  211  (III,  389)  s.  Margoliouth  in  Journ.  R.  As.  Soc.  1913,  S.  216  f. 

Zu  S.  248,  5  (IV,  2,  10)  — ^b    Ks» jiil    -j JL    ^>-*^    i-y«    ÄJi^    isJ.x 


>  • 


iöt^ij  ^Ij"^^  ä.aw-«..:^:'^  Li^-*jcixi  L^^ljo!  j^.j^  C'J^"  u?^"^'^  L^*  —  ^''  ■'^^^'^• 
»dessen  unvergleichliches  Seidenmaterial  in  4  oder  5  Farben  gefärbt  ist«:  was  ist  hier 
doch  aus  dem  l:?liA5>!  -J-=="  geworden?  !  Gibt  den  Schlüssel  dazu  etR-a  Defremery: 
»dont  la  matiere  premiere  est  teinte  de  quatre  ou  cinq  couleurs  differentes«?  Der  Sinn 
ist  natürlich:  »wovon  die  Seide  jedes  einzelnen  Stückes  in  4  oder  5  Farben  gefärbt  ist«. 

Zu  S.  253  Anm.  7:  lies  »Vgl.  2.  Kap.,  Anm.   12«  (nicht:  2). 

Zu  S.  278,  9:  hier  fehlt  das  Ai^  ^J  ,.._j-»*^5Lääj^  (etwa  »um  die  Wette«)  des 
Textes    (IV,   53,   8). 

Zu  S.  382,  14  (IV,  210,  8):  »das  Pfund  von  Dihli«,  dazu  bemerkt  v.  Mzik  in  Anm.  17 
»genauer  das  Mann«;  im  Text  heißt  es  aber     Jl^jJ!    i}-^-^^ 

Zu  S.  383,  18  (IV,  212,  8):  Der  Text  hat  qj-^  j^-  So  nennt  I  b  n  B  a  1 1  ü  t  a 
sonst  die  Jumna  bei  Dihli;  auch  wenn  er  hier  fälschlich  an  sie  denken  sollte,  darf  man  in 
der   Übersetzung  doch  nicht  einfach  diesen  Namen  dafür  einsetzen. 

Zu  S.  396, 10  (IV,  231,2)  — •  ^JLiil  JLc  —  V.  Mzik:  »um  Frieden  zu  haben«;  Defre- 
mery  »pour  avoir  la  paix«;  genauer  wäre  wohl   »auf  Grund  des  Vertragsverhältnisses«. 

Zu  S.  405,  2  f.  (IV,  243,  8)  — •  l\.5,ww.JU  —  »für  den  Seeraub«,  »pour  la  piraterie«, 
grammatisch  ist  das  xi.M>  gewiß  Plural  von     »^  U»m  und  steht  in  Parallele  zu  dem  folgenden 

Zu  S.  421,  22  (IV,  267,  8):  lies  »9  Monaten«  statt  »7  Monaten«. 

Zu  S.  440,  iS  (IV,  298,  5  f.)  —  ^yÜ!    LiJ    JoiÄJ  ^\jjä>\  qLjO  —  V.  Mzik: 

»Dlwän  el-Asräf  »Adelsbureau«, »wo  der  Adelsmarschall  Sitzung  hält«;  richtiger  Defremery: 
»le  bureau  du  controle,  oü  siege  le  controleur«.    Nach  Dozv,  I,  750  ist  ^_5t_ü!  la  place, 

la  dignite  de  k_3_i;/)  surintendant,  specialement  du  tresor,  dans  un  sens  plus  restreint, 
receveur  des  droits  d'entree  et  de  sortie  des  marchandises,  inspecteur  de  la  douane.  S.  221,  26 
(III,  407,  7)  überträgt  v.  Mzik  v_s1-.Ü^!    n!>:^^  richtiger  mit  »Finanzintendantur«. 

Zu  S.  441,  Anm.  47:  Bis-Bäligh  ist  nach  den  neuesten  Untersuchungen  nicht  in 
Urumtschi  zu  suchen,  sondern  weiter  östlich  beim  Dorfe  Hu-pao-tse,  etwi),  10  km  nördlich 
von  Tsi-mu-sa;  vgl.  W.  Barthold  in  der  Enzyklopädie  des  Islam,  I,  758  f. 

Zu  S.  448,  8  (IV,  307,  2)  lies  »mit  der  Tochter  seines  Bruders«  statt  »mit  der  Tochter 
seiner  Schwester«  (\>3"i    c>-*J    5^)- 

30* 


A^S  Kleine  Mitteilungen  und  Anzeigen. 

Diese  Beispiele  —  sie  ließen  sich  bei  genauer  Durchnahme  des  Buches  gewäß  beliebig 
vermehren  —  genügen,  um  die  Schwächen  der  Übersetzung  zu  zeigen.  Es  ist  bedauerhch, 
daß  man  bei  einem  sonst  so  dankenswerten  Unternehmen  darauf  aufmerksam  machen 
muß.  Glücklicherweise  handelt  es  sich  fast  durchweg  um  Stellen,  die  den  nicht  orien- 
talistisch geschulten  Leser  kaum  berühren  und  den  Gegenstand  des  Hauptinteresses  nicht 
betreffen.  So  kann  man  dem  schön  ausgestatteten  Buch  trotz  seiner  Mängel  auch  im  Inter- 
esse  der  Wissenschaft  guten   Erfolg  wünschen. 

R.   Hartmann. 


Friedländer,  Dr.  I. :  Die  Chadirlegende  und  der  Alexanderroman.  Eine  sagengeschicht- 
liche und  literarhistorische  Untersuchung.  B.  G.  Teubner,  Leipzig- Berlin  1913.  X\'I 
und  338  S. 

Die  Chidrlegende  weist  Beziehungen  zu  so  vielen  anderen  Sagenkreisen  auf,  daß  alle 
auf  einmal  kaum  noch  überschaut  werden  können;  dem  Verfasser,  der  sich  auch  schon 
an  der  Lösung  des  Gesamtproblems  versucht  hat  (in  veränderter  Form  ist  sein  Versuch 
wieder  abgedruckt  als  Appendix  A  des  vorliegenden  Buches),  war  als  eine  der  wichtigsten 
dieser  Beziehungen  die  zur  Gestalt  Alexanders,  wie  sie  im  Pseiidokallisthenes  und  den 
verschiedenen  orientalischen  Versionen  des  Alexanderromans  erscheint,  aufgestoßen,  und 
diesen  Beziehungen  ist  er  in  seinem  neuen  Buche  nachgegangen.  Die  Beziehung  ist  gegeben 
vor  allem  in  der  Episode  vom  Zug  nach  dem  Lebensquell,  und  diese  Episode  wird  voa 
Friedländer  zunächst  nach  der  Darstellung  der  verschiedenen  Rezensionen  des  Pseudo- 
kallisthenes,  der  syrischen  Homihe  und  des  Talmud  untersucht  (S.  2 — 61).  Im  Qorän 
findet  sich  ebenfalls  eine  Anspielung  auf  die  Sage  vom  Zug  nach  dem  Lebensquell  {Süra  18 
V.  59 — 63).  Zwar  ist  dort  von  Moses  die  Rede  und  nicht  von  Alexander,  allein  ein  Ver- 
gleich mit  den  vorher  behandelten  Versionen  läßt  noch  die  Grundzüge  der  Erzählung 
erkennen,  die  dem  Propheten  unklar  vorschwebte  (S.  61 — 67).  Was  im  Cor<7«  Andeutung 
bleibt,  wird  im  Hadlt  weiter  ausgeführt,  und  die  Versionen  des  J/adlt  werden  vom  Verf. 
vorgelegt  und  mit  genauer  Berücksichtigung  ihrer  Herkunft  gewürdigt  (S.  67 — 96).  Die 
Traditionarier  lernten  die  Sage  in  einer  Gestalt  kennen,  die  der  der  vorislamischen  Versionen 
nahesteht,  wobei  Juden  und  Christen  des  'Iräq  die  Vermittler  spielten.  Waren  auch  die 
Traditionarier  durch  die  im  Qcrän  begangene  Verwechslung  zwischen  Moses  und  Alexander 
gebunden,  so  schimmert  doch  die  ursprüngliche  Form  noch  für  den,  der  die  älteren  Ver- 
sionen vergleicht,  deutlich  erkennbar  durch  (S.  97 — 107).  Hält  man  die  Angaben  des 
Hadlt  mit  denen  der  älteren  Versionen  zusammen,  so  ergibt  sich,  daß  Chadir  ursprüngHch 
mit  dem  Diener  Alexanders,  (im  Qorän  fälschlich  des  Moses)  dem  Koch  Andreas  identisch 
ist,  der  mit  dem  Lebensquell  in  Berührun^j  gekommen  und  dann  in  einen  Seedämon  ver- 
wandelt worden  war  (S.  107 — 109).  Die  Bezeichnung  dieses  in  einen  Seedämon  verwan- 
delten Dieners  als  »Al-Chadir«,  »der  Grüne«  deutet  auf  die  Gestalt  des  Glaukos  hin,  mit 
dem  ja  Chadir  schon  von  anderen  identifiziert  worden  war;  ob  nun  die  Gleichung  Chadir  = 
Glaukos  für  die  Namen  anerkannt  wird,  oder  nicht,  die  Gestalt  des  Chadir  trägt 
unbedingt  Züge,  die  auf  Glaukos  führen  (109 — iS),  und  der  maritime  Charakter  Chadirs, 
der  im  Volksglauben  so  deutUch  ausgeprägt  ist,  wird  auch  im  Hadlt  anerkannt  (119 — 23). 
Die  Gebundenheit  an  den  Qorän  machte  es  dem  Nadit  unmöglich,  die  Beziehungen 
zwischen  Chadir  und  Alexander  so  deutlich  darzustellen,  wie  es  der  sagengeschichtlichen 
Überlieferung  entsprach;  nur  in  spärlichen  Reminiszenzen  finden  sie  sich  angedeutet.  Auf 
anderem  Wege  fand  aber  die  Alexandersage  Einlaß  in  die  islamischen  Kreise  durch  die 
Qussäs,  die  auch  die  Sage  vom  Zug  nach  dem  Lebensquell  ausführlich  erzählten.    In  diesen 


Kleine  Mitteilungen  und  Anzeigen.  ^-iq 

Passungen,  die  später  literarisch  fixiert  wurden,  treten  die  Beziehungen  zwischen  Alexander 
und  Chaclir  unverhüllt  zutage;  es  ist  dort  Chadir  selbst,  der  vom  Lebensquell  trinkt.  Die 
arabische  S*ge  von  Alexanders  Zug  nach  dem  Lebensquell  ist  uns  in  zahlreichen  Versionen 
erhalten,  von  denen  Friedländer  die  des  I  b  n  B  ä  b  u  j  e  (S.  125—29),  eines  nicht  näher 
zu  bestimmenden  T  m  ä  r  a  (S.  129—62),  des  T  a  '  1  a  b  I  (S.  162—72),  der  maurischen 
Legende  von  Alejandro  xMagno  (S.  173—79),  des  I  b  r  ä  h  i  m  a  s  -  S  ü  r  I  (S.  179—91)  und 
des  Ibn  Hisäm  (in  seinem  Kitäb  at-iigän  (S.  191—204)  vorlegt  und  untersucht;  im 
Anschluß  an  diese  werden  auch  die  Versionen  der  persischen  Epiker  (FirdausI  und 
N  i  z  ä  m  I  S.  204—17)  sowie  des  äthiopischen  (auf  einer  muslimischen  Vorlage  beruhenden) 
Alexanderromans   besprochen.     Manche   von    diesen  Fassungen,    die   bisher    ungedruckt 

waren,  werden  auch  im  Urtext  zugänglich  gemacht  (s.  Textbeilagen  S.  306 22). 

Die  hier  gegebene  kurze  Inhaltsübersicht  macht  nicht  den  Anspruch,  den  Gang  der 
oft  recht  verwickelten  Untersuchung  mehr  als  in  ganz  allgemeinen  Umrissen  anzudeuten 
und  noch  weniger  den  Reichtum  an  wertvollen   Beobachtungen   auszuschöpfen,  die  wir 
dem  Spürsinn  des  Verfassers  verdanken.     Friedländer  hat  ein  schwer  zu  überblickendes 
und  vielsprachiges  Material,  das  er  zum  Teil  als  Erster  vorlegt,  mit  großer  Gründlichkeit 
durchforscht  und- ist  zu  wichtigen  Resultaten  gelangt,  die  er  in  einem  besonderen  Abschnitt 
zusammenfaßt  (S.  241 — 50).     Seine  Ergebnisse   werden    im  wesentUchen    auf  allgemeine 
Annahme  rechnen  dürfen,  soweit  sie  sich  auf  die  Entstehungs-  und  Entwicklungsgeschichte 
der  islamischen  Chadir-  und  Alexandersage  beziehen;  problematisch  bleibt  mir  der  Zu- 
sammenhang des  Chadir  mit  Glaukos:  nicht  nur  die  Namengleichung,  die  ja  der  Verf.  auch 
nur  mit  Reserve  vorträgt,  sondern  auch  diß  Glaukos  das  Prototj'p  Chadir's  sei.     Wenn 
Friedländer  meint,  imNorden  Indiens  habe  Chadir  noch  deutlich  die  Züge  seines  Proto- 
typs Glaukos  bewahrt  (S,  117,  242),  so  wäre  es  doch  gerade  in  indischer  Umgebung  be- 
fremdend, daß  seine  Gestalt  von  dem  Milieu  unbeeinflußt  geblieben  sein  sollte  (vgl.  auch 
Nöldeke's  Bemerkungen  S.  324),  und  die  indischen  Versionen  müßten  erst  selber  voll- 
ständiger gesammelt  und  untersucht  werden,  ehe  sich  Zusammenhänge  feststellen  lassen 
könnten  (besonders  die  in  Sukkur  in  Sind  umlaufenden  Versionen  scheinen  von  Bedeutung 
zu  sein). 

An  mehreren  Stellen  hebt  Friedländer  besonders  hervor,  gewisse  Berichte  der 
Traditionarier  wiesen  noch  Spuren  davon  auf,  daß  sie  ledighch  mündlich  überliefert 
wurden  (S.  76  Anm.  i;  81  Anm.  4;  98;  130  Anm.  i ;  131;  150  Anm.  i).  Er  übersieht  aber, 
daß  (vorausgesetzt;  daß  es  sich  nicht  um  literarische  Fiktion  handelt)  all  die  von  ihm  zum 
Beweis  zitierten  Ausdrucksweisen  nur  zeigen,  daß  der  betreffende  Überlieferer  bei  seinem 
Gewährsmann  »hörte«;  ob  der  letztere  aus  einem  KoUektaneenhefte  vorlas  oder  aus  dem 
Gedächtnis  vortrug,  ist  aber  an  sich  den  betr.  Ausdrücken  nicht  zu  entnehmen;  sicher  ist, 
daß  solche  KoUektaneenhefte  schon  früh  bestanden.  Er  beachtet  auch  nicht,  daß  Ibn 
G  u  r  a  i  g-  nicht  »als  der  Erste  gilt,  der  im  Higäz  den  Hadit  niederzuschreiben  begann« 
(S-  79),  sondern  »als  der  erste,  der  das  vorhandene  Material  nach  Kapiteln  anordnete« 
(s.  GoLDZiHER,  Studien  II  S.  211). 

Gelegentlich  finden  sich  recht  unwahrscheinliche  Annahmen;  die  Erklärung  von 
Chadir's  Kunja  Abu  TAbbäs  (266  Anm.  i),  wie  die  Herleitung  des  Namens  Ahasver  (276) 
sind  schon  von  Nöldeke  als  solche  bezeichnet  worden:  (s.  dessen  Nachträge).  Ich  rechne 
zu  diesen  Annahmen  auch  die  Bemerkungen  über  'Atijja  das  S.  87  Anm.  3  als  »der  wohl 
ursprünglich  griechische  Name«  eines  Traditionariers,  dessen  Mutter  eine  Christin  war  und 
als  Übersetzung  von  ©cooiopo;  angesprochen  wird.  Bei  einem  Namen,  der  so  häufig  ist 
und  im  Arabischen  selbst  ('Atä,  HibatuUäh)  wie  sonst  im  Semitischen  (Netanjä,  Netanel, 
Jahbailäh  usw.)  so  viele  Parallelen  hat,  e.scheint  dies:  Vermutung  sehr  weit  hergeholt. 
Es  fällt  auf,  daß  Friedländer,  der  sonst  die  Literatur  so  umfänglich  heranzieht, 


110  Kleine  Mitteilungen  und  Anzeigen. 

nirgends  die  Sira  des  Ibnishäq  in  Ibn  Hisäm's  Bearbeitung  (ed.  Wüstenfeld) 
zitiert;  was  er  S.  284  aus  D  a  m  1  r  1  und  D  i  j  ä  r  b  a  k  r  i  als  »aus  Ibn  Ishäqs  Bio- 
graphie Muhammads  stammend  anführt,  hätte  er  bequem  in  derWüsTENFELDschen  Aus- 
gabe auf  S.  197  finden  können,  wo  auch  sonst  allerlei  über  Du'l-Qamain  steht.  Auch  sonst 
sind  gerade  die  ältesten  Werke  nicht  immer  in  Betracht  gezogen;  so  z.  B.  fehlt  I  b  n  S  a  '  d 
ganz  in  der  Aufzählung  der  Werke  über  die  Traditionarier.  An  der  dem  Verf.  unver- 
ständlich gebliebenen  Stelle  aus  *Omära  (S.  311   Zeile  13)  schlage  ich    vor    zu    lesen 

Außer  dem  oben  erwähnten  Appendix  A  sind  der  Arbeit  noch  weitere  fünf  Appen- 
dices  beigegeben,  von  denen  vor  allem  der  zweite,  der  die  verschiedenen  Theorien  über 
die  Identität  des  Üu'1-Qarnain  übersichthch  zusammenstellt,  wichtig  ist.  Sehr  nützlich 
ist  auch  das  Verzeichnis  der  Varianten  der  Lebensquellsage,  das  einen  bequem  zu  be- 
nutzenden Überblick  über  alle  in  dieser  Sage  auftretenden  Personen  und  Motive  gewährt. 
Wichtige  Einzelheiten  sind  in  den  von  Nöldeke  beigesteuerten  und  schon  mehrfach 
zitierten  Nachträgen  besprochen  (S.  323 — 25).  Das  Buch  bedeutet  eine  sehr  wesent- 
liche Förderung  der  schwierigen  Probleme,  die  sich  um  die  Gestalt  des  Chadir  gruppieren. 

Josef  Horovitz. 


L.  Bouvat.    Les  Barmeeides  d'apres  les  historiens  arabes  et  persans.  Paris,  E.  Leroux,  191 2. 
146  S. 

Das  reiche  Material,  das  die  arabischen  und  persischen  Historiker  über  die  Barme- 
kiden  darbieten,  ist  noch  nirgends  in  einer  europäischen  Sprache  zusammengestellt  und 
noch  weniger  im  einzelnen  verarbeitet  worden.     Es  ist  uns  heute  längst  nicht  mehr  alles 
erhalten,  was  einmal  an  Monographien  über  die  berühmte  Wesierdynastie  vorhanden  war, 
und  der  Überblick  über  die  Quellen,  vorhandene  wie  verlorene,  den  uns  Bouvat  in  seiner 
Einleitung  bietet,  ist  sehr  dankenswert.    Sowohl  von  den  Originalquellen  als  auch  von  den 
Arbeiten  seiner  europäischen  Vorgänger  hat  Bouvat  guten  Gebrauch  gemacht,  so  daß 
seine  Arbeit  eine  bequeme  und  übersichtliche  Zusammenfassung  des  bisher  zugänglichen 
Materials    bietet.      Der   Stoff   ist  auf   zehn   Kapitel  verteilt,   von    denen   das  erste   der 
Herkunft  der  Familie,  ihrer  Bekehrung  zum  Islam  so's^ne  ihrer  Rolle  unter  den  Umajjaden 
gewidmet    ist;   die  vier    folgenden   Kapitel   stellen  das  Material   über    Khälid,    Jn.hyä, 
Fadl    und    Ga'far    zusammen;     Kapitel    VI — VIII    befassen    sich    mit   dem   Sturz   der 
Dynastie,   seinen    Ursachen   und   Wirkungen    und   das   neunte  Kapitel  »Les  Barmccides 
et  la  legende«    bespricht    hauptsächlich    die    'Abbäsa-Legende.     Es    folgen  dann  noch 
zwei  Anhänge,  einer  über  den  Ursprung  des  Namens  Barmek  und  seine  Derivate,  und 
ein  zweiter,  der  die  europäische  Literatur  über  die  Barmekiden  zusammenstellt;  ein  Index 
erhöht  noch  die  Benutzbarkeit.    Es  liegt  in  der  Natur  der  Sache,  daß  die  Quellen  in  Einzel- 
heiten einander  oft  widersprechen,  und  da  der  Verfasser  der  Diskussion  dieser  Widersprüche 
nicht  viel  Raum  widmet,  so  bleibt  es  manchmal  bei  einem  bloßen  Nebeneinander  ver- 
schiedener Angaben.    Herrscht  so  beim  Lesen  mancher  Kapitel  der  Eindruck  vor,  als  habe 
man  es  nur  mit  einer  Materialiensammlung  zu  tun,  so  zeigt  doch  das  knappe  und  geschickte 
Resume,  das  am  Anfang  der  Einleitung  steht,  daß  die  Synthese  nicht  vergessen  ist.     Im 
einzelnen  finden  sich  gelegentlich  kleinere  Irrtümer,  und  der  Verfasser  steht  manchmal 
seinen  Vorgängern  zu  vertrauensselig  gegenüber.     So  zitiert  er  auf  S.  53  Verse  aus  dem 
Aghänl  mit  Schefer's  Übersetzung,  ohne  an  dieser,  die  im  ersten  Verse  an  Joseph  von 
Hammer  erinnert,  irgendwelche  Kritik  zu  üben.     Seite  89  Anm.  i  ist  im  zweiten  Verse 
,.,LxJ»  und  ÖA,-o^o  zu  lesen.  Seite  124,  wo  von  den  angeblichen  Abkömmlingen  derBarme- 


Kleine  Mitteilungen  und  Anzeigen.  aaI 

kiden  die  Rede  ist,  hätte  auf  »Banü  Säsän«  als  parallele  Bezeichnung  der  Landstreicher 
verwiesen  werden  sollen.  Seite  62  Anm.  3  ist  wohl  zu  lesen  .UjjJ  s.S\^-^.^  , ;  .v.  ^  .-t,.:>.'' 
:.Jl  —  Niiht  Abu  Nuwäs  nennt  die  früheren  Gatten  der 'Abbäsa,  wie  es  Seite  114  heißt, 
sondern  sein  Kommentator.  —  Diese  und  ähnliche  Kleinigkeiten  bedeuten  aber  wenig 
gegenüber  der  nützlichen  Arbeit,  die  der  Verfasser  geleistet  hat. 

Josef  Horovitz. 


Das  Schicksal  des  Schech  el-Matbüli  (Madbüli). 

Die    »Nouvelles   Egyptiennes«  vom   13.   Juli    1913   schreiben: 

))0n  n'a  pas  oublie  les  desordres  que  provoquerent  les  soi-disant  apparitions  du  cheikh 
Madbouli  dans  la  cathedrale  grecque-orthodoxe  '). 

Avant-hier,  la  mosquee  cheikh  Madbouli  qui  menagait  ruine  depuis  longtemps  est 
tombee  sous  la  pioche  des  demolisseurs.  Des  femnies  se  lamentaient  et  embrassaient  les 
pierres   de  cette  mosquee  branlante,  mais  il  n'y  a  pas  eu  de  desordres. 

On  affirme  que  les  restes  du  cheikh  Madbouli  ne  reposent  pas  dans  la  mosquee  de 
Bab  el  Hadid,  mais  ä  Matarieh.  Dans  le  mausolee  de  la  place  de  la  gare  on  aurait  depose 
le  carcasse  de  l'äne  du  cheikh  Madbouli,  simplement.    II  serait  facile  de  s'assurer  du  fait.« 

In  Zukunft  wird  man  also  die  kleine  Grabmoschee  am  Bahnhofsplatze  in  Kairo  nicht 
mehr  sehen.  Sie  ist  dem  Erdboden  gleichgemacht,  da  die  Stätte  für  die  Erweiterung  des 
Bahnhofsplatzes  nötig  war.  Das  Volk  hatte  wohl  noch  in  Erinnerung,  wie  im  Herbst  1912 
die  Unruhen  wegen  des  Schech  in  Bulak  beigelegt  wurden,  und  verhielt  sich  deshalb  diesmal 
ruhiger.  Es  ist  aber  immerhin  auffällig,  daß  man  ohne  weiteres  ein  dem  Gottesdienste 
geweihtes  Haus  abgebrochen  hat,  da  in  letzter  Zeit  gerade  unter  den  Muslimen  in  Kairo 
eine  starke  Strömung  gegen  ein  solches  Vorgehen  herrschte.  Vielleicht  hat  man  deshalb 
auch  auf  die  —  übrigens  schon  aus  älterer  Zeit  bekannte  und  auch  heutzutage  öfters  wieder- 
holte —  Anekdote  von  dem  Esel  des  Heiligen  zurückgegriffen.  Wahrscheinlich  wird  der 
Schech  von  nun  ab  nur  noch  in  el-Matariya  wohnen.  Was  der  Volksmund  noch  alles  von 
seinen  Erlebnissen  in  Kairo  erzählen  wird,  das  aufzuzeichnen  bleibe  künftigen  Legenden- 
forschern überlassen. 

Es  sei  nur  noch  darauf  hingewiesen,  daß  Madbüli  natürlich  ^i^-«jdi  ist.  Das  t 
vor  dem  b  ist  in  der  Aussprache  partiell   assimiliert. 

E.  L  i  1 1  m  a  n  n. 


Zwemer,  Samuel  M.,  The  Moslem  Christ.  An  Essay  on  ihe  Li/e,  Charac/er,  and  Teachings 
oj  Jesus  Christ  according  to  ihe  Koran  and  Orthodox  Tradition.  Edinburgh  and  London 
191 2,  Oliphant,  Anderson  u.   Ferrier.      198   S. 

Der  als  Herausgeber  des  Missionsorgans  The  Moslem  World  rühmlichst  bekannte 
Verfasser,  der  längjährige  Führer  und  Vorkämpfer  der  amerikanischen  Mission  unter  den 
Muhammedanern  am  Persischen  Golf,  hat  seit  einiger  Zeit  seinen  Sitz  in  Kairo  genommen, 
um  dort  eine  Art  Alissionsseminar  einzurichten  zur  besseren  Einführung  der  europäischen 
und  amerikanischen  Missionsarbeiter  in  die  spezifisch  islamischen  Verhältnisse  und  zur 
gründlicheren  Schulung  für  die  ihrer  da  wartenden  besonderen  Missionsaufgaben.  Die 
gleichen  Absichten  verfolgt  auch  die  vorliegende  Studie  über  die  Christologie  des  Islam, 
die  der  Verfasser  seiner  bereits  früher  erschienenen  Arbeit  über  die  islamische  Gotteslehre 


■)  Vgl.   Islam  IV,   S.   15:1. 


AA2  Kleine  Mitteilungen  und  Anzeigen. 

(The  Moslem  Doclrine  of  God.  A  Treatise  on  the  Character  and  Attributes  of  Allah  according 
to  the  Koran  and  Orthodox  Tradition.  Edinburgh)  jetzt  folgen  läßt.  Es  soll  den  Arbeitern 
auf  dem  Missionsfelde  eine  genauere  Kenntnis  der  im  Koran  und  Hadith  niedergelegten 
Anschauungen  und  Aussagen  über  Christus  in  leichter  und  bequemer  Übersicht  vermittelt 
werden,  sodann  aber  auch  der  weiteren  Christenheit  im  allgemeinen  ein  anschaulicheres 
Bild  von  den  tatsächlich  im  Islam  lebenden  und  herrschenden  Vorstellungen  gegeben 
werden,  als  es  sich  leider  heute  noch  vielfach  findet.  »Not  our  ignorance,  but  our  accurate 
knowledge  of  the  Moslem  Christ,  will  enable  us  to  show  forth  the  glory  and  the  beauty 
(ff  the  Christ  revealed  in  the  New  Testament  to  those  who  ignorantly  honour  Him  as  a 
mere  prophet.  Moreover  at  a  time,  when  the  study  of  other  religions  is  so  common,  it  must 
be  of  interest  to  all  Christians  to  know  what  two  hundred  million  Moslems  think  of  their 
Lord  and  Saviour,  and  to  compare  His  portrait  taken  from  the  Koran  and  later  Moslem 
literature  with  that  given  in  the  Gospels«  (p.   8). 

Das  Buch  zerfällt  in  acht  Kapitel,  denen  am  Schluß  eine  Bibliographie  beigegeben 
ist.    Kap.  I — 4  sind  wesentlich  beschreibender  Natur.    Sie  breiten  vor  dem  Leser  das  dem 
Koran  und  den  Prophetengeschichten  entnommene  Quellenmaterial  aus.    Und  zwar  gibt 
Kap.   I   {His  Nantes  and  Their  significance)  zunächst  eine   Übersicht  der  verschiedenen, 
Jesus  im  Koran  beigelegten   Bezeichnungen,  während  in   Kap.   2 — 4  die  Angaben  über 
Jesu  Leben  zusammengestellt  sind:  in  Kap.   2  die   Koranstellen  nach  Palmer's   Über- 
setzung (Sacred  Books  of  the  East,  vols.  VI  and  IX.   Oxford  1880).  zum  Teil  parallellaufend 
gedruckt;  in  Kap.  3  und  4  eine  Übersetzung  der  hierhergehörigen  Abschnitte  aus   A  t  h  - 
T  h  a  *  1  a  b  I '  s   A'isas  al-''anbijä''  (Verf.  schreibt  immer  Kustts).  nach  einem  mir  vorliegen- 
den Druck  (Kairo  1324)  S.  239 — 252  enthaltend,  mit  einigen  Kürzungen.     In  der  zweiten 
Hälfte  des  Buches  wird  eine  Zusammenfassung  versucht,  die  sich  im  Schlußkapitel  {How 
to  preach  Christ)  darauf  zuspitzt,  einige  Grundlinien  für  die  missionarische  Tätigkeit  zu 
ziehen.     In  Kap.  5  (The  Person  and  Character  of  Jesus  Christ)  wird  bei  der  Darlegung  der 
Christus  vom  Islam  zugemessenen  Stellung  und  Bedeutung  —  im  Vergleich  zu  der  missio- 
narischen  Verkündigung  —  besonders   hervorgehoben:   die   Ablehnung  der   Gottessohn- 
schaft, der  Präexistenz  und  des  Versöhnungstodes,  dagegen  die  Anerkennung  seiner  außer- 
ordentlichen  Persönlichkeit,   seiner   Sündlosigkeit  und   Wundertätigkeit.     Aber   Kap.   6 
(His  Teaching)  und  7  (7^5/(5  Christ  siipplanted  by  Mohammed)  zeigen  sodann,  wie  die  schein- 
bar im  Islam  gegebenen  Anknüpfungspunkte  zu  einer  missionarischen  Verwendung  tat- 
sächlich unbrauchbar  sind,  weil  und  solange  die  Vorstellung  herrscht,     daß  Muhammed 
der  ErfüUer    der  Verheißung  Christi  ist.     Denn  ganz  abgesehen  davon,  daß  für  den  Mu- 
hammedaner  Jesu  Botschaft  nur  den  Juden  galt  und  der  Inhalt  des  N.  T.  nicht  et«'a  mit 
dem  Indjl  des  Korans  gleichgesetzt,  sondern  als  eine  Fälschung  der  Apostel  und  besonders 
des  Paulus  angesehen  wird,  dient  auch  die    Übernahme  christlicher  Vorstellungsinhalte 
nur  der  allmählich  durch  die  Tradition  im  Islam  immer  mehr  eingebürgerten  Verklärung 
Muhammeds  und  macht  daher  die  Ohren  taub  für  die  missionarische  Verkündigung.    Trotz 
der  vielen  in  den  letzten  Kapiteln  gegebenen  Belege  aus  der  älteren  und  neueren  islamischen 
Literatur,  welche  den  Beweis  dafür  liefern,  wie  manches  christliche  Element  hier  oder  dort 
von  islamischen  Autoren  übernommen  ist,  und  dem  Missionsarbeiter  reiche  Anregung  zu 
immer  eifrigerem  Studium  der  islamischen  Literatur  bieten,  kommt  d'er  Verfasser  zu  dem 
Ergebnis  »Islam  is  anti-Christian«  (S.  151,  iji),  »in  no  sense  a  preparation  for  Christian! ty« 
(S.  172).  Als  einziges  Hilfsmittel,  das  geeignet  erscheint,  den  Bann  der  Tradition  zu  brechen 
und  eine  tiefergehende  Wirkung  auf  den  Islam  auszuüben,  bezeichnet  er  —  das  schemt 
hier  besonders  wichtig  —  die  Hinführung  des  Muhammedaners  auf  den  Weg  historisch- 
kritischer  Betrachtung,   zurück  zum   geschichtlichen  Verständnis   Muhammeds   und   des 
Korans.     »We  must  compel  Moslems  to  go  back  to  Mohammed  with  us;  to  dig  beneath 


Kleine  Mitteilungen  und  Anzeigen.  443 

I 

the  rubbish  of  tradition  and  in  the  original  foundations  of  Islam  to  see  what  Mohammed 
taught  in  regard  to  Jesus  Christ,  and  what  he  himself  was,  on  the  testimony  of  his  own 
book«  (S.  i8'7). 

Auch  über  die  Missionskreise  hinaus  wird  man  Zwemer's  Arbeit  dankbar  begrüßen. 
Denn  seit  Gerock's  Versuch  einer  Darstellung  der  Christologie  des  Koran  (Gotha  1839) 
und  Sayous'  Jesus-Christ  d' apres  Mahomet  (Paris  1880)  ist.  wie  der  Verfasser  S.  10 
bemerkt,  keine  ^Monographie  mehr  über  diesen  Gegenstand  erschienen.  Die  auf  sorg- 
fältigen Studien  beruhende  und  unter  Berücksichtigung  der  seither  gemachten  Forschungen 
—  der  lehrreiche  Aufsatz  von  C.  H.  Becker,  Christliche  Polemik  und  islamische  Dogmen- 
bildung ZA.  XXVI,  175  ff.  war  dem  Verfasser  noch  nicht  zugänglich  —  unternommene 
Bearbeitung  ist  daher  geeignet,  eine  vorhandene  Lücke  auszufüllen.  Und  es  steht  zu  hoffen, 
daß  diese  Schrift  insbesondere  den  Missionsarbeitern  ein  immer  neuer  Antrieb  zu  wissen- 
schaftlichen Studien  sein  wird,  die  ihnen  ja  gerade  dem  Islam  gegenüber  von  so  unschätz- 
barem Werte  sein  müssen. 

M.  H  e  e  p  e. 


Druckfehler-Berichtigung. 

In  meinem  Artikel  »Russische  Arbeiten  über  türkische  Literatur  und  Folkloristik« 
und  »K.  I.  Basmadjian:  Essai  usw.«  Heft  1/2  S.  123 — 145.  bei  dem  ich  wohl  die  Kor- 
rektur, nicht  aber  die  Revision  lesen  konnte,  blieben  einige  störende  Druckfehler  stehen, 
was  mir  um  so  peinlicher  ist,  als  ich  selbst  in  Basraadjians  Literaturgeschichte  die 
Druckfehler  beanstandete. 

Zu  berichtigen  sind  neben  weniger  auffallenden  hauptsächlich: 
S.  127,     Z.  21   V.  o.      Tcvfiq  (st.   Teviq); 
S.  130.     Z.  9  V.  o.     Säufer  (st.   Sänger); 

Z.  21   V.  o.     AJy  (st.  Aß); 
S.  132.     Z.  7  V,  o.     Kors  (st.  Kors);    ebenso  S.  137  Z.  3  v.  u. 

Z.  7   V.  o.     Kirpicnjikow  (st.  Kirpicnjikow); 

Z.  15  V.  o.     Samojlovic  (st.  Samojlovic);    ebenso  S.  136  Z.  24  v.  o. 
S.  136.     Z.  6  v.o.     Orientalistes  (st.  Orienlatistes) ; 

Z.  10  V.  ü.     po  vostokovjedjeniju; 

S.  13S.     Z.  20  V.  o.     gel  Higanda.  (st.  yet); 

S.  144.     Z.  20  V.  o.     Thema  (st.  Themen); 

S.  145,     Z.  5   V.  o.     kaum  (st.  kann); 

Z.  7  V.  o.     schließlich  (st.  shließlich). 

Theodor  Menzel. 


Anm.  der  Redaktion.  Leider  sind  auch  sonst  zahlreiche  Druckfehler  stehen  ge- 
blieben, was  wir  freundlich  zu  entschuldigen  bitten.  Das  Meiste  wird  jeder  selbst  ver- 
bessern können.  Als  besonders  störend,  sei  hier  nur  Nr.  251  »Wiener«  in  »Vienner« 
verbessert.  Besonderen  Dank  schulden  wir  für  zahlreiche  Verbesserungen  den  Herrn 
GoLDZiHER  und  Snouck  Hurgronje.  C.  H.  B. 


Kritische  Bibliographie. 


I.    Allgemeines 
(Zeitschriften I),  Sammelwerke). 

507.  Bouvat,  L.,    Bespr.  der  Welt  des  Islams  h  mit  Auszügen.     RMM  XXIII  316—333. 

508.  Chaschtschab,  A.,  Übersicht  über  die  arabische  periodische  Presse  (Oöaop-b  apaöCKOft 
iiepiOAiiMecKoii  neMaxii).    MJ  I  644.    Vgl.  Kr.  Bihl.-'biT.  417. 

Ch.  berichtet  über  den  Inhalt  der  Zeitungen  al-Mu^ajjad,  al-Liwä  und  al-Ahräm, 
und  zwar  für  die  Zeit  von  Mai  bis  September  191 2  unter  folgenden  Rubriken:  das  politische 
Leben  (die  äußere  Politik,  die  innere  Politik);  das  religiöse  Leben,  Volksbildung  und  Sitten; 
die    Frauenfrage    (die    Abschaffung    des    Schleiers).  F.  F.  S. 

509.  G(uidi),  J.,    Bespr.    von   Melanges  de  la  Faculte  Orientale  de  Beyrouth.    V  fasc.  i. 
RSO  VIi.  1S4— 192. 

510.  Hartmann,  Martin,  Bespr.  von  Mir  Islama  Bd.  I.    Petersburg  1912— 13.    WI    I2, 

132—153. 

Diese  Besprechung  verdient  besondere  Beachtung,  weil  Hartmann  den  im  Islam 
Bd.  III  S.  307  ff.  inhaltlich  kurz  skizzierten  einleitenden  Aufsatz  Barthold's  zu  Mir  Islama  I 
hier    ganz    in    Übersetzung   wiedergibt.  R-  ^^• 

511.  Hartmann,  Martin,  Bespr.  von  The  Moslem  World  Bd.  I  u.  II.    London  191 1— 12. 

WI  12,  153—157. 

512.  el-Hilal,  Vol.  XXI,  Nr.  10. 

513.  Journal  Asiatique,  Table  des  matieres  de  la  dixieme  serie  comprenant  les  annees  1903 
ä  1912. 

514.  Krüger-Westend,  Herrn.,  Goethe  und  der  Islam.   Hamburger  Nachrichten  vom  7.  Sep- 
tember 1913,  Nr.  36. 

515.  Mecheroutiette  seAnnee  Nr.  44.      JuH   1913. 

516.  Samojlowitscli,  A.,    Die    muhammedanische    periodische    Presse    (Mycy:ibMaHCKaa 

nepioAHHecKaH  neMaib 

1.  Die  Presse   der  russischen  Muhammedaner  (J\eHdilh\)yQQ.K\i\'h-Siycj^W-iaMh) 

:MI  I  611.  Der  Verf.  bespricht  den  Inhalt  der  Nummern  —  von  Mai  bis  September  1912  — 
der  Zeitung  Wakt  »Die  Zeit«  (Orenburg)  (vgl.  Islam  IV  S.  175  ff.)  unter  folgenden  Rubriken: 
Volksbildung;  Wissenschaft,  Literatur  und  Kunst;  Religion  und  Geistlichkeit,  Sitten 
und  Gebräuche;  ökonomische  Fragen  und  gesellschaftliche  Tätigkeit;  die  Muhammedaner 
im  Auslande,  Türkei  und  China. 

2.  Die  osmanische  Presse  in  der  Türkei  (OcyianCKSiSl  neMaTb  Bt  Typum).  MI  I 
633.  Hier  beschränkt  sich  S.  auf  die  Besprechung  der  Zeitung  Türk  Jurdu,  Die  türkische 
Weltj  April-  bis  Septemberlieferungen,  wo  er  nach  einer  kurzen  allgemeinen,  ziemlich  ab- 

I)   Sofern  nicht  die  einzelnen   Aufsätze   gesondert  besprochen   sind. 


Kritische  Bibliographie.  j  ic 

sprechenden  Einleitung  —  S.  läßt  nur  die  Arbeiten  von  Gasprinskij,  Tewfik  Nur- 
eddin  und  Akyl  Muhtar  gelten  —  folgende  vier  Unterabteilungen  scheidet: 
Volksbilduni^;  ökonomische  Fragen;  die  nationale  Frage;  Literatur,  Wissenschaft  und 
Kunst.  p^  Y.  S. 

517.  Schmidt,  A.  E.,  Bespr.  des  Islam  Bd.  III  Heft  4.    MI  I  603. 

Insbesondere  sind  anerkennend  besprochen  die  Arbeiten  von  Amedroz,  v.  Stephan  i, 
Jacob  {Quellenbeiiräge  usw.),  Becker  {Zur  Geschichte  des  islamischen  Kultus);  die  letzte 
ist  besonders  ausführlich  wiedergegeben.  F.  F.   S. 

518.  Verzeichnis  der  auf  Kosten  der  Deutschen  Morgenländischen  Gesellschaft  veröffent- 
lichten Werke.     Mai  19 13.     Leipzig,   Brockhaus. 

519.  Wiener,  Alfred,  Bespr.  von  Deutsches  Orient-Jahrbuch  1913,  herausgegeben  von  Karl 

MüLLER-PoYRiTz.     Priem  am  Chiemsee  1913.     173  S.     WI  I2,  159  f. 

520.  Zimmerer,  H.,    Moltke   als  Orientalist.     Beiträge  zur  Kenntnis  des  Orients,  heraus- 
gegeben von  Dr.  Hugo  Grothe.    Bd.  X. 

II.    Religion. 

(Anfänge  des  Islam,  Dogma,  Recht,  Mystik,  Zauberwesen,  Kultus, 
Philosophie,  Beziehungen  zu  anderen  Religionen). 

521.  Alberti,  A.,  /  musulmani  e  la  Mecca:  i  riti.     12  pL.  102  S.  in  4",  1913. 

522.  Arnold,  T.,  The  preaching  of  Islam.     New  edition,  re-written  and  enlarged.     West- 
minster,  Constable  1913. 

523.  Blochet,  E.,    Etiides  siir    le    gnosiicisme    musulman    (Forts,    und    Schluß,    vgl.   II 
717—756,  III  177—203,  IV  47—79,  267—300).     RSO  VI,  5—67. 

524.  de  Boer,  T.  J.,  De  Ontimkkeling  van  Allah,   »De  Beweging«,  Mai  1913.  S.  191- — 204. 

525.  Bouvat,  L.,  Bespr.  von  M.  Hart  mann,  Die  islamische  Verfassung  und  Verwaltung 
(Kultur  der  Gegenwart  II   1911,  49—86).      RMM  XXIII  315  f. 

526.  Bouvat,  L.,  Un  essai  de  Cheikh  Sidia  sur  la  prononciation  rituelle  du  {jo  »Däd«  et  du 
Ij  »Dh&a.     RMM  XXIII  305—314. 

Inhaltsangabe  eines  ungedruckten  Manuskriptes  des  genannten  Scheichs.  Nach 
der  Wiedergabe  der  Meinungen  der  bedeutendsten  arabischen  Sprachgelehrten  über  die 
Phonetik  der  beiden  schwierigen  Laute,  werden  die  verschiedenen  Lehren  über  die  Un- 
gültigkeit eines  Gebets,  in  dem  diese  beiden  Laute  verwechselt  werden,  aufgeführt.  Die 
große  Mehrzahl  der  schafiitischen  Autoritäten  sieht  ein  derartiges  Gebet  für  ungültig  an. 
Derselben  Ansicht  sind  die  hanefitischen  Rechtsgelehrten,  doch  gilt  die  physische  Un- 
fähigkeit zur  richtigen  Aussprache  (z.  B.  der  'agam)  oder  bei  bloßer  Unwissenheit  die  Un- 
möglichkeit, sich  von  einem  geeigneten  Lehrer  unterrichten  zu  lassen,  als  Entschuldigung. 
Fachr  ad-Din  ar-Räzi  hält  die  Verwechslung  nicht  für  unzulässig,  da  beide  Laute 
mit  denselben  Organen  gebildet  würden.  Auch  die  Hanbaliten  neigen  einer  weniger 
strengen  Auffassung  zu.  H,  R. 

527.  Gauthier,  Leon,  Bespr.  von  Louis-German  Levy,  Maiwzom'ie  (Collection  des  Grands 
Philosophes).      Paris   191 1.      RHR  LXVII  3,   366—375. 

528.  G(uidi),  J.,  Bespr.  von  Strothmann,  Das  Staatsrecht  der  Zaiditen.    RSO  VIi  174  f.; 
vgl.  auch  HuART  JA   1913  Nr.   3,  711. 

529.  Hartmann,  Martin,  Bespr.  von  Hermann  Haussleiter,  Register  zum  Qorankommen- 
tar  des  Tß&arF  (Kairo  1321),  Straßburg  1912,  42  S.     WI  I  2,  157  f. 

530.  Houtsma,  M.  Th.,  Bespr.  von  A.  L.  M.  Nicolas,  Essai  sur  le  Cheikhisme;  A.  L.  M. 
Nicolas,   Le  Beyan  persan  traduit  du  persan.  Tome  I;  und  H.  Dreyfuss,  L'.Epitri^ 


AA^  Kritische  Bibliographie. 

au  fils  du  loup  par  Bahäou'llah.   Traduct.  frangaise.    Museum  XX  (Aug. -Sept.  19 13) 
442 — 444.     Zu  den  beiden  ersten  vgl.  auch  Huart  in  RHR  LXVIII^ioß — 109. 

531.  Huart,  CK,  Bespr.  von  Auguste  Comte,  L'Islamisme  au  point  de  vue  social.  Textes 
de  la  Philosophie  positive,  de  la  Politique  et  de  la  Synthese  subjective  publies  par  Christian 
Cherfils.     Paris  1911.     JA  1913,  Nr.  3,  702. 

532.  Krauß,  S.  F.,  Vom  Derwisch-Recken  Gazi-Se'idi  in  Beiträge  zur  Kenntnis  des  Orients, 
herausgegeben  von  Dr.  Hugo  Grothe.     Bd.  X. 

533.  Merkurjew,  K.  W.,  PyKOBOACTBO  K-b  iiajiOJKeHiio  y  ouanneHiiü  AorMaiimecKaro 

II  iiitaiiCTiu'Hiio-npaKTUHecKaro  yMeHia  MyxaMMPAancTBa 

(Handbuch  zur  Auslegung  und  Einführung  der  dogmatischen  und  moralisch-praktischen 
Lehre  des  Islams).     Orenburg  1912,  VIII  341    S. 

534.  Nores  et  Pommereau,  Etüde  sur  la  preuve  par  ecrit  d'apres  le  droit  koraniqite.    Paris 

1913- 

535.  Paccard,  A.,  Etüde  sur  l'islam  primitif:  la  morale  de  l'islam  d'apres  le  Coran.    128  S. 

1913- 

536.  Roloff,  M.,  Cie  muhammedanische  Propaganda  der  Neuzeit.   Nord  und  Süd,  Mai  1913, 

S.    174  1!. 

537.  Schmidt,  A.  E.,  Bespr.  von  P.  \V.  Antaki,  Sammlung  der  Bestimmungen  des  Schari'at- 
rechtes  über  das  Familien-  und  Erbrecht,  i .  Heft.  Über  die  Erbschaft  bei  den  sunnitischen 
Muhammedanern.  Herausgegeben  vom  Departement  der  geistlichen  Angelegen- 
heiten fremder  Konfessionen.  (C'ijopiiiiK'L,  iiocTaHüB.ieHifi  mapiaia  no  comoh- 
HOMy  II  iiacJiBACTBeiiiioMy  npasy.  Bbiiiych-b  I.  0  iiacjibAOBaiiiii  y  MyeyabMairb 
cyHHnTOB-b.  CocTaBii.i'b  n.  B.  AiiTaKii.  II^Aaiiie  ^^enapiaMenTa  JJyxoBiibix-b 
jn.bji'b  IInocTpaHHbix-b  IIcnoB-BAanüi  (X-yOkiL  öL-yU^  ^X  0»"^!  oLooi  m.^^ 

St.  Petersburg  1912.     MI  I  597. 

Der  Kritiker  bespricht  diese  Paraphrase  einiger  bekannterer  meist  hanefitischer 
Rechtsbücher  im  allgemeinen  günstig,  bemängelt  indes,  daß  in  keiner  Weise  ersichtlich 
sei,  auf  welche  Quellen  der  Verfasser  sich  im  einzelnen  stützt.  Nur  die  Fußnoten  gäben 
einige  freilich  bibliographisch  unzureichende  Anhaltspunkte.  Unerfindlich  sei  die  Nütz- 
lichkeit der  Beigabe  eines  arabischen  Textes,  da  dieser  zum  Teil  seinerseits  eine  Über- 
setzung der  angeblich  russischen  Übersetzung  sei,  das  Buch  also,  da  ersichtlich  auf  einen 
nicht-muhammedanischen  Verfasser  zurückgehend,  von  Muhammedanern  kaum  benutzt 
werden  würde,  man  also  füglich  diese  nicht  unerheblichen  Kosten  hätte  sparen  können. 
Im  übrigen  sei  die  Übersetzung  im  allgemeinen  gut  und  die  beigegebenen  Tafeln  beim 
Gebrauche  sehr  nützlich,  so  daß  das  Werk  den  in  muhammedanischen  Gebieten  tätigen 
Verwaltungsbeamten  wohl   nützliche  Dienste  leisten  könne.  F.  F.  S. 

538.  Semjonoff,  A.,  (Ce.MCHOB-b.  A.),  Aus  dem  Gebiete  der  religiösen  Vorstellungen  der 
Ismailiten  von  Schugnan  (lis-b  ooaacTU  peJinrioiiHbix-b  BBpoBaHifi  uiyrnaHCKiix-b 
HCManjinTOBij)  MI  I  523  ff. 

S.  hat  Gelegenheit  gehabt,  sich  im  Frühjahr  vorigen  Jahres  in  Taschkent  mit  einigen 
aus  Schugnan  im  Pamir  stammenden  Ismailiten  über  Fragen  religiösen  und  verwandten 
Inhalts  zu  unterhalten.  Was  er  dabei  gehört  hat,  weicht  zum  Teil  von  unseren  bisherigen 
Kenntnissen  über  die  Ismailiten  ab.  Diese  Abweichungen  mögen  aus  der  Abgeschiedenheit 
der  Landschaft  Schugnan,  aus  der  Sonderung  ihrer  Bewohner  von  ihren  Nachbarn,  wie 
sie  in  malitiösen  Anekdoten  z.  B.  über  die  Afghanen  zum  Ausdruck  kommt,  aus  ihrer 
Auffassung  endlich  von  der  hohen  Bedeutung  ihres  Stammes,  ihrer  Sprache  usw.  sowie 
von  ihren  Beziehungen  zu  den  übrigen  Muhammedanern  zu  erklären  sein.  —  Nach  der 
Auffassung  der  Ismailiten  von  Schugnan  ist  das  höchste  Wesen  in  der  Welt  Gott,  der  zwei 


Kritische  Bibliographie.  447 

Prinzipien  geschaffen  hat,  das  vollkommene,  den  Verstand,  und  das  minder  vollkommene, 
die  Seele.    Diese  Prinzipien  werden  auf  der  Erde  verkörpert  durch  die  Propheten  {nölik) 
und  ihre  Inia^ie  {imöni).  Zwischen  beiden  steht  ein  vermittelndes  Prinzip  (wösita).  Zwischen 
dem  ersten  nötik,  Adam,  und  dem  ersten  imöni,  Seth,  war  das  wösita  Eva  (Bibbi  Hawwa), 
zwischen  dem  letzten  nölik,   Muhammed,  und  seinem  imöm,  Ali,  Fatme.    Jeder  nö.iik  bat 
seinen  Helfer  söhid.     Das  Imamat  ist  überlieferbar.     Nach  Muhammed  gab  es  aber  nur 
sechs  sichtbare  Imame;  die  anderen  sind  unsichtbar,  d.  h.  treten  als  solche  anderen  Lehren 
gegenüber  nicht  auf.  Die  Lehre  vom  Mahdi  ist  unbekannt.  —  Der  Qoran  enthält  nur  Bruch- 
stücke   der  Muhammed  zuteil  gewordenen  Offenbarung.     Das  Originalwerk  ist  nach  der 
Schlacht  von  Badr  verbrannt.  —  Der  gegenwärtige  Imam  ist  der  Aga  Chan.   Neben  diesen 
beiden   guten  Prinzipien  hat  Gott  aber  auch  das  Böse  geschaffen,  und  jedem  nöfik  und 
imöm  steht  ein  daggäl,  als  Vertreter  des  Bösen,  gegenüber.     Neben  der  sichtbaren  Welt 
endlich  gibt  es  eine  ähnlich  gegliederte  unsichtbare,  Paradies  und  Hölle.    Die  Lehre  von 
der  Auferstehung  und  vom  jüngsten  Gericht  lebt  nur  beim  einfachen  Volke,  die  Gebildeten 
dagegen  vertreten  die  Lehre  von  der  Seelenwanderung.  —  Ausführlich  ist  die  eigenartige 
Stellung  erörtert,  die  der  »Gemeindevorstand«  (/?/>)  einnimmt.    Die  Pirs  stellen  die  Ver- 
bindung zum  Aga  Chan  her,  zu  dem  sie  alle  2  Jahre  einmal  mit  Geschenken  nach  Bombay 
wandern,  das  Volk  gehört  ihnen  mit  Leib  und  Seele  an,  wofür  S.  zahlreiche  Beispiele  anführt. 
Unter  anderem  äußert  sich  ihr  Einfluß  insbesondere  bei  den  feierlichen  Zeremonie^  und 
Gebräuchen  der  Schugnaner  bei  Geburt  und  Todesfall,  die  ausführlich  geschildert  werden. 
Endlich  geht  Verf.  noch  auf  die  weit  bedeutsamere  Rolle  ein,  die  die  Frau  im  Vergleich 
zu  anderen  Muhammedanern  hier  im  Leben  des  Mannes  und  in  der  Gesellschaft  spielt. 
Die  Bigamie  ist  zwar  erlaubt,  wer  aber  eine  zweite  Ehe  eingeht,  verfällt  der  Nichtachtung. 
Auch  bei  den  Zeremonien  der  Eheschließung  tritt  wieder  der  Pir  als  Berater  und  spiritus 
rector  auf.      Die  Ehescheidung  ist  erschwert.  F-  F-  S. 

539.  Stein,  Ludwig,  Friedrich  Rasens  Darstellung  der  persischen  Mystik.    Arch.  f.  Gesch. 
d.  Philos.    N.  F.   19,  4  (1913)- 

540.  Thorning,  Hermann,  Studie n  zu  Bast  Madad  et-Taiifiq,  ein  Beitrag  zttr  Kenntnis 
des  islamischen  VcrciHSKiesens,Diss.K\e:\  19 13,  Druck  von  Augustin,  Glückstadt,  221  S. 
An  der  Hand  eines  rifä'itischen  Traktates  und  auf  Grund  gründlicher  Hand- 
schriftenstudien sind  hier  zum  ersten  Male  die  Beziehungen  zwischen  dem  Derwisch- 
wesen und  den  Zunftorganisationen  untersucht.  Diese  von  G.  J.\cob  angeregte  Disser- 
tation wird  später  erweitert  als  Buch  erscheinen  und  dann  gewürdigt  werden,  aber 
schon  die  vorhegenden  Studien  sind  vortrefflich,  und  die  Resultate  reich  und  über- 
raschend. C-  ^-  ^• 

541.  Un  Mesopotamien,  Le  Programme  des  etiides  chez  les  Chiltes  et  principalement 
chez  eux  de  Nedjef,  übersetzt  aus  Loghat  al-Arab  II  439  und  599.  RMM  XXIII 
268—2879. 

Sehr  lehrreiche  Schilderung  des  heute  üblichen  und  in  dieser  Form  v.-ohl  schon  Jahr- 
hunderte früher  üblich  gewesenen  Studienganges  der  schiitischen  Muslime  durch  einen, 
der  ihn  aus  eigener  Erfahrung  kennt.  Der  Studienbeflissene  begibt  sich  nach  einem 
der  fünf  »Dar  el'ilm«  (Ispahan,  Aleppo,  Hilleh,  Komm,  Negef)  und  nimmt  dort  an 
den  »Vorlesungen«  (gi>a>Z  sal/nje  —  fortlaufende  Interpretation  eines  Schriftstellers  durch 
den  Lehrer)  oder,  wenn  er  im  Studium  fortgeschritten  ist,  an  den  »Übungen«  {al-/nidür 
al-/iärigi  —  Kolloquium  über  eine  bestimmte  Frage)  teil.  Studiert  werden  nur  die  »Religions- 
^v-issenschaften«,  die  Profanwissenschaften  gelten  nur  als  »Hilfswissenschaften«  {^ulüm 
älije).  Auf  das  sehr  reichlich  bemessene  Studium  der  Grammatik  folgt. das  der  Logik,  die 
aber  bei  vielen  Muslimen  in  Mißkredit  steht  {man  tamantaq  tazandaq).  Als  erstes  Lehrbuch 
im  Fiqh  wird  gewöhnlich  das  Buch  des  gerade  anerkannten  Mugtahids    gebraucht,  das 


aaS  Kritische  Bibliographie. 

den  ständigen  Titel  Risäla  'amalije  führt.  Auf  die  Anfangsgründe  des  Fiqh  folgt  die  Rhetorik, 
darauf  die  Lektüre  des  K.  es-sarä'i'  des  M  u  h  a  k  k  i  k  ,  dann  folgt  das  Studium  der  Usül  — 
neuerdings  gern  nach  Qäsim  al-Khorasänis  A'.  al-kifäja  — ,  das  meist  mit 
Übungen  im  igtihäd  nach  Murtadä  al-Ansaris  A'.  ar-rasä'ü  und  K.  al-makäsib 
abschließt.  H.  R. 

III.    Geschichte  und  Kulturgeschichte. 

542.  Bouvat,  L.,  Notes  agricoles  et  industrielles.     RMM  XXIII  166 — 212. 

Le  Commerce  et  l' Agriculture  dans  la  Ferse  du  Nord,  d' apres  MM.  H.-L.  Rabino 
et  F.  Lafont.     Inhaltsangabe  von  drei  Monographien  der  genannten  Verfasser: 

I.  L'indiistrie  sericicole  en  Ferse  (Montpellier,  Coulet  et  fils,  1910,  avec  une  carte  serici- 
cole  de  la  Perse  et  de  nombreuses  figures  dans  le  texte.    160  S.). 

II.  La  culture  du  riz  en  Guilan  {Ferse)  et  dans  les  untres  provinces  du  Sud  de  la  Caspienne 
(Extrait  des  Annales  de  lEcole  Nationale  d'  Agriculture  de  Montpellier.  Montpellier,  Coulet 
et   fils    191 1,    86    S.). 

III.  Culture  du  iabac  en  Guilan  {Ferse)  (Extrait  du  Frogres  agricole  et  vüicole.  Mont- 
pellier, impr.    Roumegous  et  Dchan  191 1.    S  S.). 

La  Culture  du  coton  en  Egypte.  Besprechung  von  Si  Ahmed  El  Alfi,  La 
Culture  du  coton  en  Egypte.  Travaux  de  culture,  maladies  ei  amehoration  des  varietes,  aus 
dem  Arabischen  übersetzt  von  A.  Sebbagh  und  Ch.  Lepiney  (Tunis,  Impnmerie 
Centrale,  Georges  Guinle  et  Cie.  1913,  134  S.).  Die  die  Terminologie  betreffenden  Ab- 
schnitte werden  wiedergegeben.  —  Les  Industries  indigenes  de  l' Alger ie.  Inhaltsangabe 
von  A.  Bel  et  P.  Ricard,  Les  Industr  es  indigenes  de  P  Alger  ie.  fasc.  prem. :  Le  Travail 
de  la  laine  a  Tlemcen  (Alger,  Adolphe  Jourdan).  Vgl.  Kr.  Bibl.  Nr.  429.  —  L' Agriculture 
dans  la  Macedoine  et  l'Epire  {vilayeis  de  Monastir  et  de  Janina).  Nach  P.  Rolley  et  de 
VisME  in  den  Annales  de  l' Institut  national  agronomique  2^  Serie,  t.  X  fasc.  2,  365 — 447, 
t.  XI  fasc.  I.  5 — 75.  —  Labourage  electrique  en  Tunisie  {Domaine  de  Kotidiai),  nach  Max 
Ringelmann,  Revue  de  culture  mecanique  S.  583 — 589  in  Bulletin  de  la  Societe  d'encoura- 
gemcnt  pour  Vindnstrie  nationale,  avril  1913.  H.  R. 

543.  Brooks,  E.  W.,  The  Arab  Occupatwn  oj  Cnte.  The  English  Historical  Review,  Juli 
1913,  S.  431—443- 

544.  The  Cambridge  Medieval  History,  planned  by  J.  B.  Bury,  edited  by  H.M.Gwatkin 
and  J.  l\  \\uitney,  vol.  II:  The  Eise  of  the  Saracens  and  the  joundation  oj  the  Western 
empire.     Cambridge,  Unlversity  Press,  1913.     XXIV,  889  S. 

Mit  einer  selbst  bei  Sammelwerken  ungewöhnlichen  und  für  die  daran  unschuldigen 
Mitarbeiter  sehr  schmerzlichen  Verspätung  ist  endlich  der  zweite  Band  der  CMH  erschienen. 
Ohne  hier  eine  Würdigung  geben  zu  wollen,  sei  auf  folgende,  für  unsere  Zeitschrift  wichtige 
Abschnitte  hingewiesen:  Ch.  Diehl,  Justinians  Restoration  im  Westen,  seine  Regierung 
im  Osten;  PFiSTER-Paris,  Gallien  unter  den  merovingischen  Franken;  ALTAMiRA-Madrid, 
Spanien  unter  den  Westgoten;  HARTMANN-Wien,  Das  Kaiserliche  Italien  und  Afrika;  Baynes, 
Die  Nachfolger  Justinians;  Bevan,  Muhammed  und  der  Islam  (302—328):  Entstehung 
des  Islam  bis  zum  Tode  des  Propheten;  C.  H.  Becker,  Die  Ausbreitung  der  Saracenen 
(329—390)  in  zwei  Kapiteln.  Kap.  XI:  Asien  und  Ägypten  vom  Tode  Muhammeds  bis 
zum  Ende  der' Omaj jaden;  Kap.  XII:  Nordafrika,  Spanien,  Sizilien,  Süditalien  bis  zum 
Aufkommen  der  Normannen,  Spanien  nur  bis  zur  Loslösung  vom  Osten.  Es  folgt  E.  \\. 
Brooks,  Die  Nachfolger  des  Heraklius  bis  717.  Auch  Seeliger  behandelt  in  dem  Abschnitt 
Karl  d.  Gr.  gelegentlich  orientalische  Fragen.  Eine  sehr  sorgfältige  Bibliographie  ist  jedem 
Kapitel  beigegeben.     Ein  besonderer  Band  enthält  das  nötige  Kartenmaterial. 

C.  K.   B. 


J 


L>wW.J..^^ 


Kritische  Bibliographie.  449 

545.  Huart,  CK,  Bespr.  von  H.  Lammens,  Fätimaet  les  (dies  de  Mahomet,  noles  critiques 
pour  l'etude  de  la  Sira,  Rom  1912,  VIII  +  170  S.     RHR  LXVII  3,  360 — 363. 

546.  Maspero,   Jean,   Graeco-j7-abica  1°  Les  titrcs  de  ^^Lii-w-Ji-,    i3^1i-««-i  et 
BIFa5  XI,    155— 161. 
Das  von  Karabacek  als  quacstor  gedeutete  giistäl,  gi/s/ä/  der  arabischen  Papyri  wird 

mit  dem  byzantinischen  a'jyo'jaTciXto?,  dem  Titel  eines  Dorfbeamten,  in  Verbindung  gebracht. 
Für  .Lä.»aoL>  wird  die  Ableitung  von  einem  hypothetischen  Äoyta-cz'pi'j;  vorgeschlagen. 
Beide  Lösungen  sind  geistreich,   die  erste  ist  wahrscheinlicher  als  die  z%veite.     C.  H.  B. 

547.  de  Morgan,  J.,  Contribution  a  l'eiude  des  ateliers  mone/aires  de  Perse  soits  la  dvnastie 
des  rois  Sassmiides.     Revue  Numismatique   IV   17,   15 — 41,   157 — 189. 

548.  Sarkar,  J.,  Anecdotes  of  Aiirangsib  and  historical  essays.     242  S.     1913. 

549.  Sarkar,  J.,  History  of  Anrahgzib:  mainly  based  on  Pcrsian  soiirces.    2  vol.     1913. 

550.  Seybold,  C  J.,  Abbariav.a  I.  A'^fes.  Rus^at.  Ondara.  Picasent,  en  Aben  Alabbär.  Sonder- 
abdruck aus  »La  Revista  del  Centro  de  Estudios  Historicos  de  Granada  y  su  Reino«, 
Granada  1912,  4  S. 

551.  Seybold,  C.  J.,  Maccariana  I.  Onteniente,  Coceyitaina,  Firiayia,  Alcaudete  en  Almaccari. 
Sonderabdjuck  aus:  »La  Revista  del  Centro  de  Estudios  Historicos  de  Granada  y  su 
Reino«.  Granada  1Q12,  4  S. 

552.  Snouck  Hurgronje,  C,  Bespr.  von  L.Caetani,  CÄrojFr^^ra/^/r/a /s/awnVa.  MuseymXX 
(Aug. -Sept.   1913)  423—425. 

553.  Stourdza,  L'Europe  Orientale  et  le  role  historique  des  Maurocordato  (1660 — 1830)  140  ill. 
I   tableau  genealogique.      Plon-Nourrit  et  Cie.      Paris  1913. 

554.  N.  N.,  Histoin  des  Khalifes.  Ins  Arabische  übersetzt  u.  d.  T.  »Tärich  al-Chulafä«. 
von    Nachla    Bek    Sälih    S  a  g  w  ä  t.     173  S.     Cairo.     A.  H.     1331. 

IV.   Naturwissenschaften  (inkl.  Medizin). 

555.  A(niedroz),  H.  F.,  Bespr.  von  Gotthelf  Bergsträsser,  Nunain  ibn  Ishäk  \ind  seine 
Schule.      Leiden    1913.      JRAS    1913,    736 — 738. 

556.  Elze,  Curt,  Privatdozent  und  Prosektor  Dr.,  Vom  ungeleckten  Bären.  Arch.  f.  d.  Gesch. 
d.   Natw.    u.   d.   Technik,   5.    Bd.   (1913)   S.   36 — 48. 

557.  Elze,  Curt,  Historisches  über  angeborene  imd  neugeborene  Bären  tind  die  Redensart 
)>wie  ein  ungeleckter  Bär«.  Verh.  d.  anat.  Ges.  auf  der  27.  Versammlung  in  Greifswald 
1913,  S-   133. 

Eine  mit  erstaunlicher  Belesenheit  und  Gründlichkeit  durchgeführte  Studie  über 
die  genannte  Redensart,  die  auf  die  Vorstellung  zurückgeht,  daß  der  neugeborene  Bär 
eine  formlose  Masse  ist,  die  erst  durch  die  Mutter  zurechtgeleckt  werden  muß  (P  1  i  n  i  u  s: 
hi  sunt  Candida  informisqne  caro  .  .  .  hanc  lambendo  paulatim  pgitrant).  Wir  müssen  dieser 
Arbeit  auch  hier  gedenken,  weil  auch  die  arabische  Literatur  (Kazwini,  Damiri) 
diese  Geschichte  übernommen  hat  und  mehrere  neue  Züge  hinzutreten:  die  Furcht  vor 
den  Ameisen  und  das  Gebären  über  einem  vom  Blitze  getroffenen  schwarzen  Stein  oder 
gegenüber  dem  Sternbild  des  kleinen  Bären.  Dieser  letzte  Zug  findet  sich  auch  bei  G  1  y  k  a  s 
(um  II 50),  und  es  wäre  interessant,  zu  untersuchen,  welcher  gemeinsamen  griechischen 
oder  arabischen  ( ?)  Quelle  die  beiden  zeitlich  einander  nahestehenden  Autoren  ihre  Nach- 
richt verdanken. 

Die  an  erster  Stelle  genannte  Studie  gibt  die  Belegstellen  ausführlich,  die  aus  Kaz- 
wini und  D  a  m  i  r  I  in  Übersetzung;  die  zweite  ist  ein  gekürzter  Bericht,  der  aber 
mehrere   Illustrationen  enthält.  ]•  ^• 

558.  Huart,  Cl.,  Bespr.  von  Gabriel  Colin,  Avetizoar,  sa  vie  ■'t  ses  oriivres.  These  pour  le 
doctorat  es  lettres.     Paris  191 1.     JA  19 13  Nr.  3,  713. 


ACQ  Kritische  Bibliographie. 

559.  Low,  J.,  Bespr.  von  J.  Ruska,  Das  Steinbuch  des  Aristoteles.    OLZ  i6,  8,  373. 

560.  Wiedemann,  Eilhard,  Kulturgeschichtliches  und  Klimatologisches  aus  arabischen  Schrift- 
stellern.   Arch.  f.  d.  Gesch.  d.  Naturw.  u.  d.  Technik,  Bd.  V  (19 13)  S.  56  ff. 
Enthält    eine   Zusammenstellung   von   Auslassungen    arabischer    Schriftsteller   über 

kulturelle  Verhältnisse  und  über  Klima  von  Ländern  und  Städten.  Mitgeteilt  sind  i.  Vor- 
wort und  Einleitungen  des  2.  Bandes  der  Kosmographie  von  Kazwini  (ed.  Wüsten- 
feld II,  I — 7).  Einzelne  Stellen  sind  stark  gekürzt,  andere  vom  Verf.  schon  in  früheren 
Arbeiten  mitgeteilt.  Daran  schließen  sich  2.  Betrachtungen  von  Abu  '1  Fadl  Ga*far 
b.  'All  al-DimaskI  (vgl.  Wiedemann,  Beiträge  XXX  S.  229)  über  die  Notwendig- 
keit des  Geldes,  aus  seiner  Handelskunde.  Weiter  3.  Schilderungen  der  einzelnen  KÜmate 
durch  MukaddasT,  in  verkürzter  Wiedergabe.  Ich  verstehe  aber  nicht,  was  der 
Satz  S.  64  bedeuten  soll:  »die  Leute  (von  Kirmän)  sind  braun,  bis  zur  Magerkeit«.  Ein 
4.  Abschnitt  gibt  Beispiele  über  die  an  einzelnen  Orten  auftretenden  Krankheiten,  be- 
sonders aus  T  a  'ä  1  i  b  i  s  Kitäb  lata'  if  al-ma^ärif.  In  den  Anmerkungen  ist  eine  eingehende 
Studie  über  Skorpione  enthalten,  der  Schluß  beschäftigt  sich  hauptsächlich  mit  dem  Klima 
von  al-Ahwäs.  J-  R- 

V.  Literaturgeschichte 
(Handschriftenkataloge  und  neue  Quellen). 

561.  Abderrahman,  M.,  Enseignemeni  de  V  Arabe  parle  et  de  T  Arabe  regulier  d' apres  la  methode 
directe.  Deuxihne  periode,  classes  de  quatrieme  et  de  troisieme.  Lectures  choisies,  contes, 
fables,  anecdotes;  recits  sur  la  vie  arabe,  les  mceurs  et  coutumes  des  Arabes.  VIII,  144  S., 

1913- 

562.  Alam  Nama,  Persian  Text,  ed.  by  Harinath.     Calc.  Bibl.  Ind.  1912. 

563.  Amedroz,  H.  F.,  The  ballad  of  Schiller  in  another  version.     RSO  VI  i,  99—101. 
Ergänzung  zu  des  Verf.  Aufsatz  RSO  III  557,  berichtet  über  eine  kürzere  Version 

der  Geschichte  von  »Ahmad  dem  Waisenknaben«,  dem  arabischen  »Fridolin«,  im.  Mir^  ät 
al-Zamän   des   Sibtibnal-Gauzi.  H.  R. 

564.  Apt,  Naftali,  Die Hiobser Zählung  in  der  arabischen  Literatur,  i.  Teil:  Zwei  arabische 
Hiobhandschrijten  der  Kgl.  Bibliothek  zu  Berlin,  herausgegeben,  verglichen  und  übersetzt. 
Heidelberger  Dissertation  1913,  71    S. 

565.  al-Beidhäwi,  at-Tafsir  al-mousammä  Anwär  at-tanzll  wa  asrär  ai-tavi'll.  Am  Rande : 
Häsia  des  Abul-Fadl  al-Qurasi  as-Siddiqi  al-Khälib, 
al-Kazerüni,  5  vol.  in-  8,  Cairo  1330. 

566.  Berge,  A.,  Dictionyiaire  Persan-Frangais  avec  une  Table  Alphabetique  p.  s.  de  Dic- 
tionnaire  Frangais-Persan  et  un  Tableau  Comparatif  des  Annees  de  PEre  Mahometane 
et  de  VPlre  Chretienne.     Neue  Ausgabe.     Leipzig  1913. 

567.  Della  Vida  G.  Levi,  Bespr.  von  Theodor  Nöldeke,  Burzöes  Einleitung  zu  dem  Buche 
Kaiila  wa  Dimna  übersetzt  und  erläutert.  Straßburg,  Trübner,  1912.  V,  27  S.  (Schriften 
der  Wissensch.  Gesellschaft  in  Straßburg,  12.  Heft).     RSO  VI  i,  200—202. 

568.  Della  Vida,  G.  Levi,  Bespr.  von  The  Tarjumän  al-ashwäq.  A  collection  of  mystical 
ödes  by  Mu/iyi  ^ddin  ibn  al-^Arabi.  Edited  from  three  manuscripts  with  a  literal 
Version  of  the  text  and  an  abridged  translation  of  the  authors  commentary  thereon 
by  Reynold  A.  Nicholson.  London,  Royal  Asiaric  Society,  1911.  VII  155  S.  (Orien- 
tal  Translation  Fund.    N.   S.    XX).     RSO  VI   i,   197—199- 

569.  Bourgeois,  H.,  La  transcription  arabe  du  Serbe.     RMM  XXIII  298 — 304. 

Da  seit  dem  Aufhören  der  türkischen  Herrschaft  in  Serbien  die  Kenntnis  des  Tür- 
kischen, das  bis  dahin  die  Schriftsprache  der  serbischen  Muhammedaner  gewesen  war, 
immer  mehr  verschwindet,  versuchen  die  konservativ  muhammedanischen  Kreise  die  ara- 


Kritische  Bibliographie.  4^1 

bische  Schrift  für  das  Serbische  einzuführen.  Sollte  der  Versuch  gehngen,  so  würde  Serbien 
ein  bemerkenswertes  Beispiel  für  die  Erscheinung  bieten,  daß  die  Sprache  durch  die  Nation, 
die  Schrift  durch  die  Religion  bestimmt  wird.  Dieselbe  Sprache  würde  von  den  römischen 
Christen  mit  lateinischen,  den  griechischen  mit  cyrillischen  und  den  Muhammedanern  mit 
arabischen  Lettern  geschrieben  werden.  Die  Art  der  Umschreibung  wird  ausführlich  er- 
läutert. H.  R. 

570.  Gordlewskij,  W.,  Bespi.von  Boga  Abd-ul-Bedi^:  /^^alkedebijatydan  (|^.jJöLoOi  /  4^) 
I.  Heft  I  Makallar')  (JÜLüx).     Kasan  1912.     Gesellsch.  Ma'arif.     MI  I  601. 

Das  angeführte  Werk  ist  die  erste  Lieferung  eines  breit  angelegten  dreibändigen 
Werkes,  dessen  erster  Band  Sprichwörter,  Rätsel,  Lieder,  Beschwörungen  und  Reime, 
dessen  zweiter  Band  Aberglauben,  Erzählungen  und  Entstehungsgeschichten  einiger  Sprich- 
wörter und  dessen  dritter  Band  endlich  ein  Wörterbuch  enthalten  soll.  Der  Kritiker  be- 
grüßt das  Werk  herzlich,  trotzdem  er  an  ihm  die  Wiederholung  einiger  früher  bereits  edierten 
Sprichwörter  und  die  ermüdende  alphabetische  Anordnung  auszusetzen  findet,  bedauert 
aber,  daß  die  Anregung  zu  diesem  Werke  nicht  von  einem  Russen,  sondern  von  dem  ungari- 
schen  Orientalisten  und  Turkologen    J.   MeszÄros   ausgegangen  ist.  F.  F.  S. 

571.  G[uidi],  J.,  Bespr.  von  Max  van  Berchem,  Arabische  Inschriften  (Sonderabdruck 
aus  »Die  Ausstellung  von  Meisterwerken  muhammedanischer  Kunst  in  München 
1910«).    F.   Bruckmann,  A.  G.   München.    Fol.  H,  20  S.,   12  Tafeln.   RSO  VI  181  f. 

Bespr.  von  Ibn  At-Tiqtaqä.  Al-Fakhri,  Histoire  des  dynasties 
musulmanes  .  . .  avec  des  proVgomenes  sur  les  principes  du  gouvernement,  traduit  de 
l'arabe  et  annote  par  ^mile  Amar  (Archives  Marocaines  vol.  XVI).     Paris  1910. 

Bespr.  von  Abou  Zakarya  Yah'ia  Ibn  Khaldoün,  Histoire 
des  Beni  'Abd-el-Wäd,  rois  de  Tlemcen  {regne  d' Abou  H'ammou  Moüsa  II)  texte  arabe 
ddite  ....  par  Alfreu  Bel  avec  la  collaboration  de  Si-l'Ghoütsi  Bouali 
vol.    II    fasc.    I.       Alger    191 1. 

Bespr.  von  A  b  ü  '1  M  a  h  ä  s  i  n  Ibn  T  a  g  h  r  i  B  i  r  d  i's  Aymals 
entitled  An-nujüm  az-Zähira  ...  ed.  by  William  Popper  vol.  II  part  2,  no.  3.  Berkeley, 
Üniversity  Press  19 12. 

Bespr.  von  A.  Raux,  Chrestomathie  persane  elementaire ,  morceaux  tires  du 
Bahäristän  de  D  j  ä  m  i  et  publies  avec;  les  voyelles  et  des  notes  en  fran^ais.  Paris 
1911.     JA  1913  Nr.  3,  697,  704,  706,  709- 

572.  Ibn-Schit  Mahalem,  ^/-Xito^jfl^  Arabic  Text.  Edited  by  P.  C.  Bacha.  192  S.  London. 

Luzac   1913. 

573.  Ai-Käli,  Indices  io  the  poetical  citations  in  the  Kitäb  al-Amäli  of  Abu  '■All  Ismä'tl  Ibn 
Al'Käsim  Al-A'äli  (Bulak-Edition,  A.  H.  1324).  I.  Names  of  Poets  by  Krenkow. 
IL  Rhymes  by  A.  Bevan.    Leiden,  E.  J.  Brill,  1913- 

574.  Köprüsadeh  Mehmed  Fuad  Bei,  Das  Natiotialgefühl  in  der  türkischen  Literatur.  Über- 
setzt   aus    Türk-Jiirdu,    Osmanischer   Lloyd    1913,    Nr.    179—181. 

575.  Maometto,  //  Corano.    Versione  tolta  direttamente  dal  testo  arabo,  da  E.  Branchi, 

437  S.    in  8,  1913- 

576.  Millet,  Santa  Olalla,  Compendio  de  Gramätica  arabe  vulgär  y  vocabulario  hispano  ärabe 
militar.      135    S.     Verlag  Linguistica   1913. 

577.  ar-Raba'i,  *isä  ibn  Ibrahim  ibn  M.,  K.  Nizäm  al-gar'ib.  Herausgegeben  von  P.Brönnle. 
Kairo  o.   J.  (1913)-     8=.     3,  3"    S. 

578.  Ronzevalle,  L.,  Un  traue  de  musique  arabe  moderne  {Lettre  de  M.  M  u  s  a  q  a)  preface, 
traduction  francaise,  texte  et  notes  7  pl.,  120  S.,  MFOB  1913.. 

I)  Hartmann    (VVI  I  S.  152)    verbessert    masallar  (-Ui>>),  was  >Märchen,  Erzäh- 
lungen« bedeuten  würde. 

Islam.     IV.  3» 


A^2  Kritische   Bibliographie. 

579.  Samojlowitsch,A.,Bespr.  von  Gordlewskij.W.,  Osmanische  Geschichten  und  Legenden. 
Abdr.  aus    der  Ethnographischen    Rundschau  H.  86 — 87,  90—91    (OcMaHOKiH  CKa- 

aanlH   H   JiereiiAt.1.     Ott.  h-s-b  3THorpa^mMecKaro  06o;3p-BHiH).    Moskau   19 12. 

MI  I  582.     (Vgl.  diese  Ztschr.  IV  1/2  129.) 

Der  Kritiker  tadelt  die  überhastete  Bearbeitung,  die  sich  in  manchen  kleinen  Uneben- 
heiten zeige,  erkennt  aber  die  große  Bedeutung  der  Veröffentlichung  für  die  ethnographische 
Forschung  an.  F.  F.   S. 

580.  Samojlowitsch,A.,  Bespr.  von  W.  Gordlewskij,  Abriß  der  neuen  osmanischen  Literatur 
{Arbeiten  zur  Orientforschung,  herausgegeben  vom  Lasarewskij -Institut  für  orien- 
talische Sprachen,  H.  XXXIX)  (OnepKn  no   ocMancKOfl   JinTepaTypB.     (TpyAW 

HO  üocTOKOBBABHiio,   ii3AaBaeMhie  JlaaapeBCKHM'i,  IIncTiiTyTOM'b  boctohhi.ixx. 

iiaUKOR-b).    Moskau  1912.    MI  I  582.    (Vgl.  diese  Ztschr.   IV  1/2   132.) 

Der  Kritiker  gibt  eine  kurze  Übersicht  über  den  Inhalt  des  Werkes,  das  gewisser- 
maßen eine  Fortsetzung  des  )) Abrisses  der  Geschichte  der  osmanischen  Literatur«  von  W.  D. 
Smirnoff  (OiepKTj  iicTopiii  TvperiKOil  (ocMaiicKofi)  :iiiTei)aTypbi  B.  ^.  CMiipuoBa) 
bildet.  Er  vermißt  ausreichende  Quellenangaben  und  eine  genaue  Fixierung  des  Zeit- 
punktes, bis  zu  dem  sich  die  Darstellung  des  Verfassers  erstreckt,  erkennt  aber  andererseits 
den  Wert  des  Werkes  als  Beitrag  zur  populären  russischen  Literatur  über  die  Türkei  an. 

F.  F.  S. 

581.  Seybold,  C.  F.,  I.  Die  Breslauer  Glossen  zu  SlwäsVs  Kommentar  zu  SegäwendVs 
Erbrecht  {aljaräid)  al-Sirägije.  II.  Der  Breslauer  türkische  Kommentar  zur  Sirägije 
{beide  fragmentarisch).      Mit  Faksimile.      RSO   VI    i,   89 — 98. 

582.  Seybold,  C.  F.,  El  Elngio  Anönimo  de  Cördoba  en  disticos  latinos.  Sonderabdruck  aus 
»La  Revista  del  Ccntro  de  Estudios  Historicos  de  Granada  y  su  Reino«,  Granada 
1912,  4  S. 

VI.    Archäologie 
(Kunstgeschichte,  Epigraphik,  historische  Geographie  und  ähnliches). 

583.  yonFaWiCy  0.,  Kunstgeschichte  der  Seidenweberei.  612  Fig.  10  farbige  Tafeln.  2  vol. 
in  4°.     Ernst  Wasmuth,  A.-G.,  Berhn  19 13. 

584.  Herz-Pacha,  Max,  Boiseries  fatimiles  aux  sculptures  fgurales.  Avec  1 9  illustrations 
sur  trois  planches.     OA  III  169 — 174. 

Im  Jahre  191 1  fand  Herz-Pascha  bei  Konservierungsarbeiten  am  Mausoleum  des 
Mohammed  en-Näfir  auf  der  Rückseite  einiger  Teile  des  Wandfrieses  Holzschnitzereien 
mit  verschiedenen  menschlichen  und  tierischen  Darstellungen,  umgeben  von  Arabesken 
und  einer  Borde  mit  Laubwerk.  Sie  zeigten  große  Ähnlichkeit  mit  einigen  Stücken  des 
Museums,  die  vom  Muristän  Kaläün  stammen  sollen,  die  aber  jedenfalls  ursprünglich  nicht 
für  dieses  Bauwerk  bestimmt  waren,  vielmehr  einst  ein  älteres  Gebäude  geschmückt  hatten. 
Über  Herkunftsort  und  Herstellungszeit  war  man  sich  bisher  nicht  klar.  Verf.  sucht  nun 
nachzuweisen,  daß  beide,  sowohl  die  älteren  Stücke,  als  auch  die  im  Mausoleum  des  Moh. 
en-Näsir  neu  gefundenen,  aus  den  verschwundenen  Faiimidenpalästen  stammen.     R.  M. 

585.  Herz-Pascha,  Quelques  observations  sur  la  commimication  de  S.  E.  A  h  m  e  d  Z  6  k  i 
p  a  c  h  a  ))Le  passe  et  l'avenir  de  l'art  musulman  en  Egypte«  (suivies  de  la  replique  de 
Z  e  k  i  p  a  c  h  a).     EC  Nr.  15,  387 — 402. 

586.  Hopf,  Carl,  Anatolische  Stickereien.  Mit  19  Abb.  im  Text  und  auf  2  Tafeln.  OA  III, 
186 — 192. 

Ein  aus  der  Begeisterung  für  die  Schönheiten  orientahschen  Kunstgewerbes  ent- 
standener, in  ansprechender  Form  geschriebener  kleiner  Artikel.  Eine  Lobrede  auf  den 
Formen«  und  Farbensinn  der  anatoUschen  Stickerinnen  und  die  Erzeugnisse  ihres  häus- 


Kritische  Bibliographie.  453 

liehen  Fleißes.  Verf.  legt  dar,  daß  bei  dem  weitaus  größten  Teile  es  sich  nicht,  wie  z.  B. 
bei  den  orientalischen  Teppichen,  um  eine  erstarrte  Kunst  handelt,  die  nur  »von  höheren 
ÜberlieferKngen  zehrt«,  sondern  daß  wir  es  hier  mit  einer  wirklich  lebendigen,  immer  neue 
Formen  schaffenden  Kunst  zu  tun  haben,  deren  »Ursprung  in  dem  ureigenen  Schaffen 
der  Stickerinnen  selbst  zu  suchen«,  die  »aus  dem  Innern  der  Frauen  selber  heraus,  aus 
ihrem  Schmuckbedürfnis  und  ihrer  natürlichen  Begabung«  gewachsen  ist.  R.  M. 

587.  Huart,  Cl.,  Bespr.  von  S.  Flury,  Die  Ornamente  der  Hakim-  und  Ashar-Moschee, 
Materialien  zur  Geschichte  der  älteren  Kunst  des  Islam.  Heidelberg  1912.  JA  1913 
Nr.  3,  708. 

VII.    Länder  und  Völker  des  Islam. 

a)  Rußland. 

588.  Barthold,  W.,  Bespr.  von  Die  wichtigsten  statistischen  Nachrichten  über  die  dem  Ein- 
flüsse  des   Islam   unterworfenen   fremden    Völkerschaften   des  östlichen   Rußlands  und 
westlichen  Sibiriens.    Herausgegeben  von  Andrej,  weiland  Bischof  von  Mamadysch, 
jetzt  von  Suchum,  und  von  N.  W.  Nikolskij,  Lehrer  der  Ethnographie.      Kasan 
1912  (HanöoJi'Be  BancHbia  cxaTncTUHecKlH  cB-BAüHia  oot  nnopoAiiax'b  boctoh- 
HOÄ   Poccifi  n  3anaAHon    CiiOiipn  no;;Bep:KeHHHX'b  BJiianiio  nc.iaMa.-   1103,1. 
peAaKi^ie»)   EnncKona  An^pea,  ötiBiuaro  MaMaABiuicKaro,  hmh-b  CyxyMCKaro 
H  npenoAaßaTeaa  3THorpa(|)iii  H.  B.  HiiKOJibCKaro.    Kasanb.  1912).    MIX 587. 
So  verdienstvoll  die  Arbeit  in  ihren  Zielen  sei   und  so  wertvoll  sie  bei  richtiger  Be- 
arbeitung der  den  Verfassern  zur  Verfügung  stehenden  Materialien  hätte  sein  können, 
so  wenig  entspreche  sie  leider  den  billigerweise  an  eine  wissenschaftliche  Arbeit  zu  stellenden 
Anforderungen.    Die  Statistiken  sind,  wie  B.  nachweist,  völlig  unzuverlässig  und  zum  Teil 
verworren,  v/omit  der  wissenschaftUche  Wert  der  Arbeit  gleich  Null  wird.    Den  Verfassern 
sei  zuzugeben,  daß  die  Bekämpfung  des  Islam  und  seiner  Proselytenmacherei  unter  christ- 
lichen Stämmen  im  Staatsinteresse  eine  höchst  wichtige  Aufgabe  und  die  nähere  Kenntnis 
der  in  Rußland  wohnenden  islamischen  Völkerstämme  zu  diesem  Zwecke  erforderlich  sei, 
indes  sei  zu  hoffen,  daß  mit  dem  Wachsen  unserer  Kenntnisse  in  dieser  Richtung  auch 
die   Herausgabe   einer   derartigen   Arbeit   unmöglich   werde. 

Ob  in  dieser  harten  Kritik  der  Schlüssel  für  die  Einstellung  der  Herausgabe  des  MI 
zu  sehen  ist,  wie. Hartmann  (WI  I  S.  152)  andeutet,  mag  hier  dahingestellt  bleiben.  Vgl. 
Kr.  Bibl.  Nr.  121.  F.  F.  S. 

589.  Huart,  Cl.,  Bespr.  von  Joseph  Castagne,  conservateur  du  Musee  d'Orenbourg, 
Les  Monuments  funeraires  de  la  steppe  des  Khirgizes.  Orenbourg  191 1.  JA  1913  Nr.  3, 
701. 

590.  Protokolle  der  Sitzungen  und  Berichte  der  Mitglieder  des  Vereins  der  Freunde 
der  Archäologie  von  Turkestan.  n.  Dezember  1912  bis  i.  April  1913,  Jahrg. 
XVII.    Taschkent  1913. 

Das  nach  längerer  Unterbrechung  ^)  erschienene  Heft  (54  S.)  enthält,  außer  drei 
Sitzungsprotokollen,  folgende  Aufsätze:  i.  L.  Zimin,  Muhammedanische  Sage  über  die 
Stadt  Osch  (in  Fergana);  Übersetzung  eines  schon  1885  in  Taschkent  gedruckten  osttürkischen 
Textes  {Os  sahri  risalesi)  mit  Anmerkungen,  darin  Mitteilungen  über  einige  Grabdenkmäler 
u.  a.  nach  eigener  Anschauung;  dazu  5  Tafeln  (Photographien);  2.  J.  Kastanje  (J.  Ca- 
stagne), Über  den  Schlangenkultus  bei  verschiedenen  Völkern  und  Spuren  desselben  in  Tur- 


0  Um  bibliographischen  Mißverständnissen  vorzubeugen-,  müßte  die  Tatsache,  daß 
Jahrgang  XVII  unmittelbar  auf  Jahrgang  XIV  folgt  und  daß  während  der  Jahre  191 1 
und  IQ  12  nichts  erschienen  ist,  in  einem  Vorwort  erwähnt  worden  sein. 


AKA  Kritische  Bibliographie. 

kestan  (dazu  3  Tafeln  und  Abbildung  im  Text);  3.  A.  A.  Semenow,  Kurze  Mitteilung  über 
einige  Denkmäler  der  materiellen  Kultur  aus  Djordjän  (Ruinen  am  Fluß  Gürgen  in  Nord- 
Persien);  dazu  2  Tafeln  (Hausgerät,  Gegenstände  aus  Ton  und  Glas);  4.  L.  Zimin,  Der 
Siegesspiegel  {Mirfat  al-Fiitüh)  und  seine  Bedeutung  für  die  Geschichte  des  Chanat  Khokand; 
ausführliche  Mitteilung  über  eine  neu  entdeckte  Handschrift  des  von  W.  Barthold  (Zap.  XV, 
273)  kurz  besprochenen  Werkes;  5.  A.  A.  Semenow,  Über  die  Hälfte  einer  Fliesenplatte 
mit  Figur  Zeichnungen  aus  Kunja-Urgentsch  (in  Khiwa);  die  nur  zur  Hälfte  erhaltene 
Platte  ist  von  dem  Offizier  Z.  Daschkow  gefunden,  von  Oberst  N.  Lykoschin  dem  Verein 
zugestellt  worden;  die  Figuren  Cbärtige  Männer,  mit  Nimbus)  scheinen  christlichen  oder 
manichäischen  Ursprungs  zu  sein;  für  die  Kunstgeschichte  kann  dieser  Fund  vielleicht 
von  großer  Bedeutung  werden;  dazu  Abbildung,  doch  ohne  Wiedergabe  der  in  dem  Artikel 
ausführlich  beschriebenen  Bemalung;  6.  W.  Milowanow,  jhtronomische  Kenntnisse  der 
Astronomen  von  Samarkand,  anläßlich  der  Ausgrabung  des  Observatoriums  von  Ulug-Bek 
(vgl.  den  ausführlichen  Bericht  über  diese  Ausgrabung  von  W.  Wjatkin  im  Bulletin  publie 
par  le  Comite  Russe  de  l'  Association  Internationale  pour  l'exploration  de  l'  Asie  Centrale  et  de 
r Extreme  Orient,  Sixie  II,  Nr.   1).  W.  B. 

b)  Balkan  und  Türkei. 

591.  Berard,  Victor,  La  mort  de  Stamboul.  Consid^ations  sur  le  gouvernemeni  des  Jeunes- 
Turcs.      Paris   1913,  A.   Colin.      XIV,  420  S. 

592.  Bouvat,  L.,  Le  vilayet  de  Bagdad  et  son  Organisation  administrative.  RMM  XXIII 
240 — 267. 

Ausführliche  Auszüge  aus  dem  Baghdäd  Wildyeti»  Makhsus  Sdlnämesi  für  1327 — 1329H 
=  1911.  Auf  allerlei  für  den  mohammedanischen  Kalenderleser  wichtige  Angaben  und 
Tabellen  von  allgemeiner  Bedeutung  folgt  eine  Übersicht  über  den  ganzen  Verwaltungs- 
apparat mit  Personalien,  die  Gendarmerie,  das  Zollwesen  mit  Angabe  der  Einnahmen, 
die  aus  den  verschiedenen  Zöllen  eingekommen  sind,  die  Banken,  Konsulate,  die  Polizei  usw. 
Darauf  folgt  eine  Beschreibung  des  Wiläjets:  Aufzählung  der  Qazäs  und  Nähijes,  Be- 
völkerung, Wirtschaftsleben,  dann  die  Geschichte  und  Geographie  des  Wiläjets,  eine 
Statistik  der  Stadt,  eine  Liste  aller  Wälis  vom  Jahre  1048  d.  H.  ab,  ein  Verzeichnis  sämt- 
licher, im  ganzen  W'iläjet  vorhandenen  Heiligengräber,  endlich  ein  Verzeichnis  der  nicht- 
muslimischen  Schulen  in   Baghdad  und  eine   Übersicht  über  die  Garnison.  H.  R. 

593.  Chatir,   D.,    L'etat  actuel  du  Chemin  de  Fer  de  Baghdad.     QDC  Nr.  397,  279—281. 

594.  de  Contenson,  Ludovic,  Les  reformes  en  Turquie  d'  Asie.  La  question  arm^nienne, 
la  question  syrienne.     Avec  carte.     Paris  1913,  Plon-Nourrit. 

595.  Diena,  Giulio,  Die  Erwerbung  Tripolitaniens  durch  Italien  und  deren  völkerrechtliche 
Bedeutung.  Zeitschr.  f.  Internationales  Recht  1913,  Abt.  II:  Völkerrecht.  S.  1—20. 
Es  werden  (S.  15  ff.)  nicht  nur  die  in  Kr.  Bibl.  Nr.  380  angeführten  Urkunden,  sondern 

auch  der  wichtige  Präliminarakt  vom  15.  Oktober  1912  mitgeteilt  (vgl.  jetzt  auch  Kr.  Bibl. 
Nr.  598).  Dem  geht  voraus  eine  Würdigung  des  Friedens  vom  völkerrechtlichen  Standpunkt. 
Hervorgehoben  wird  mit  Recht,  daß  aus  politischen  Gründen  die  Überantwortung  der 
lybischen  Kolonien  seitens  der  Türkei  an  Italien  nicht  in  der  Form  einer  ausdrücklichen 
Abtretung  des  türkischen  Gebiets,  sondern  in  der  Weise  stattgefunden  hat,  daß  die  Türkei 
ihren  bisherigen  Provinzen  eine  völlige  Autonomie  verlieh,  die  dann  sofort  der  Souveränität 
Italiens  wich.  Die  rechtliche  Bedeutung  dieser  politischen  Maßregel  überschätzt  der  Verf. 
(anders  als  Strupp,  vgl.  Kr.  Bibl.  Nr.  6n)  jedoch  sehr.  E.  L. 

596.  V.  Diest,  Werdegang  der  Osmanen  II.  Asien  XII 10, 163— 166  mit  Forts.  Vgl.  Kr.  Bibl.  363. 

597.  ?e\Amtmn,\^\\\\..,  Kriegstage  in  Konstantinopel  171  S.  Straßburg  191 3,  Karl  J.  Trübner. 

598.  Der  Friede  von  Lausanne  vom  iS.  Oktober  191 2  nebst  dem  modus  procedendi  und  den 

Proklamationen.    Zeitschr.  f.  Völkerrecht  und  Bundesstaatsrecht  Bd.  VI  S.  488 — 493- 


Kritische  Bibliographie.  455 

Die  in  derselben  Zeitschrift  S.  394 — 397  wiedergegebenen  Urkunden  (vgl.  Kr.  Bibl. 
Nr.  380)  werden,  diesmal  in  französischer  Sprache,  nochmals  abgedruckt,  vermehrt  um 
den  anfangs  geheim  gehaltenen  Präliminarvertrag  vom  15.  Oktober  1912.  Dieselben  Ur- 
kunden finden  sich  auch  im  Nouveau  Recueil  General  de  Traites,  3™^  serie,  tome  VII,  3 — 10. 
Vgl.  ferner  Kr.  Bibl.  Nr.  595.  E.  L. 

599.  O[ordlewskij],  W.,  Bespr.   von  Wirth,  A.,  Geschichte  der  Türken.     MI  I,  602. 
Kurze,  sehr  absprechende  Kritik,  die  das  Werk  als  fehlerhaft  und  völlig  unwissen- 

schaftHch   bezeichnet.  —  Der  Kritiker  warnt  vor   der  Lektüre    des    Buches.      Vgl.  auch 
Carl  Niebuhr  OLZ  16.  9,  419.  F.  F.  S. 

600.  Graevenitz,  G.  v.,  Geschichte  des  Italienisch-Türkischen  Krieges.  2.  Lieferung:  Bis 
zur  Einnahme  von  Gargaresch  (20.  Januar)  und  den  Gefechten  von  Mergheb  bei  Homs 
(27.  Februar),  Uadi  Derna  (3.  März)  und  Zwei  Palmen  bei  Bengasi  (12.  März).  — 
Mit  7  Karten  und  sonstigen  Skizzen  im  Text  und  2  Truppenübersichten  als  Anlagen.  — 
HO  S.     Berlin  1913,  R.  Eisenschmidt. 

601.  Grothe,  H,,  Die  asiatische  Türkei  und  die  deutschen  Interessen.  Beiträge  zur  Kenntnis 
des  Orients,  herausgegeben  von  Dr.  Hugo  Grothe,   Bd.  X. 

602.  Gurlitt,  "C,  Die  Sklaverei  bei  den  Türken  im  16.  Jahrh.  nach  europäischen  Berichten. 
Beiträge  zur  Kenntnis  des  Orients,  herausgegeben  von  Dr.  Hugo  Grothe,  Bd.  X. 

603.  Hartmann,  Martin,  Bespr,  von  Mohamed  Farid  Bey,  Etüde  sur  la  Crise  Ottomane 
Actuelle  (Genf)  1913,  62   S.     WI  I  2,   158  f. 

604.  Heß,  J.  J.,  Beduinetinamen  aus  Zeritralarabien  (lU,  S4  ^-^  SBAk.  Heid.  1912.  19.  Abh; 
Heidelberg,  C.  Winter. 

605.  Imhoff,  Generalleutnant  z.  D.,  Der  Bündnisabschluß  zinschen  Izzet  Pascha  und  dem 
Imam  Jahja  von  Jemen  im  Jahre  191 1.  Aus  dem  Tanin  (8./21.  Nov.  1327)  übersetzt. 
Deutsche  Tageszeitung  (Berlin)  Nr.  392,  394,  5.  und  6.  August  19 13. 

606.  Levy,  Sam.,  ancien  redacteur  en  chef  du  Journal  de  Salonique,  Le  declin  du  Croissant. 
Paris  19 13,  B.  Grasset. 

607.  Mach,  Richard  v.,  Briefe  aus  dem  Balkankrieg  1912— 1913,  Kriegsberichte  der  Köl- 
nischen Zeitung.  Mit  7  Bildnissen  und  3  Kartenskizzen.  VIII,  144  S.  Berlin  19 13, 
R.  Eisenschmidt. 

608.  Pinon,Rene,  Conference  sur  la  Turquied' Asie  et  les  provinces  armeniennes.  As.  Fr.  B. 
Nr.  148,  290 — 296. 

609.  Roloff,  Max,  Die  türkischen  Sultane  als  Kalifen.    Nord  und  Süd,  März  1913. 

610.  Stavenhagen,  W.,  Salonikis  Bedeutung.     Nord  und  Süd,  Januar  1913,  S.  14. 
Geschichte   der  Entwicklung   Salonikis   als   Handelsplatz,   einstige   Bedeutung  und 

Niedergang  mit  Entdeckung  des  Seeweges  nach  Indien  und  Verlegung  der  Völkerhandels- 
straße, erneute  Blüte  mit  der  Eröffnung  des  Suezkanals  und  der  Wardarbahn.  Bedeutung 
Salonikis  insbesondere  für  Österreich-Ungarn,  daher  Gefahren  bei  der  neuen  politischen 
Gliederung  für  die  Entwicklungsmöglichkeiten,  S.  6.  —  Lage  und  Verkehr,  Verbindungen 
zu  See  und  zu  Lande,  Bevölkerung.  —  Bedeutung  der  geplanten  Bahnbauten  in  Bosnien 
und  im  Sandschak  für  den  Weltverkehr,  insbesondere  die  Strecke  Berlin— Suez  und  damit 
für  Saloniki.  ^-   ^-   ^• 

611.  Strupp,  Karl,  Der  Friede  von  Lausanne.  Zeitschr.  f.  Völkerrecht  und  Bundesstaats- 
recht Bd.  VI  S.  578—581. 

Besprechung    des    türkisch-italienischen    Friedensschlusses    vom    Standpunkt    einer 
realpolitisch  denkenden  Völkerrechtswissenschaft.    Vgl.  auch  Kr.  Bibl.  Nr.  595.         E.  L. 

612.  Vambery,  H.,  Das  Erwachen  der  Mohammedaner  in  Asien.  Beiträge  zur  Kenntnis 
des  Orients,  herausgegeben  von  Dr.  Hugo  Grothe,   Bd.  X. 

613.  V\mnrA,nQnr\,  Les  chemins  de  ferd'Anatolie  et  de  Bagdad.  As.  Fr.  B.Nr.  1 48,,  300— 309 


A'^O  Kritische  Bibliographie. 

c)  Persien  und  Zentralasien. 

614.  Demorgny,G.,  En  Ferse.  Les  reformes  administratives.  —  Les  tribus  du  Pars  (2^  partie). 
RMM  XXIII  I— 109. 

(Vgl.  Kr.  Bibl.  Nr.  388.)  Abdruck  der  verschiedenen  von  191 1 — 1913  in  Teheran 
erlassenen  Verfügungen,  die  sich  auf  die  Bildung  und  Zusammensetzung  einer  »Commission 
de  la  carte  administrative  et  du  budget  provincial«  beziehen.  Darauf  folgt  die  Wieder- 
gabe des  zweiten,  im  Druck  befindlichen  Teils  des  von  D.  verfaßten  Blaubuches  über  die 
Verwaltungsreformen  in  Persien  (vgl.  Kr.  Bibl.  Nr.  388).  Es  enthält  die  Reformvorschläge 
für  die  Verwaltung  der  Provinz  Fars,  mit  einem  historischen  Überblick  über  die  früheren 
Bevölkerungs-  und  Verwaltungsverhältnisse  der  Provinz,  der  den  jetzigen  Zustand  und 
die  Notwendigkeit  einer  Änderung  der  Landeseinteilung  begreiflich  macht.  Angehängt 
ist   die   neue   politische   Übersichtskarte   der   Provinz. 

Die  Grundsätze  der  neuen  Einteilung  sind  im  wesentlichen  diese:  Die  vorhandenen 
großen  Stammesgruppen  werden  in  ihrer  Ausdehnung  entsprechenden  Wiläjets  zusammen- 
gefaßt, doch  so,  daß  den  Stämmen  innerhalb  des  ihnen  angewiesenen  Bezirks  die  genügende 
Bewegungsfreiheit  für  ihre  periodischen  Wanderungen  bleibt.  Zwischen  diese  Stammes- 
wiläjets  und  um  sie  herum  werden  andere,  zum  Teil  unmittelbar  von  der  Zentralregierung 
in  Teheran  aus  verwaltete  Wiläjets  gelegt,  die  die  politische  Bedeutung  haben,  als  Puffer- 
bezirke zwischen  den  verschiedenen  Stämmen  zu  dienen  und  ein  Vordringen  derselben 
über  ihr  Gebiet  hinaus  zu  verhindern. 

Die  drei  Hauptwiläjets  sind  i.  Kuh-Gulije  und  Mamassani,  als  Pufferbezirk  zwischen 
den  Gaschgais  und  den  von  Nordwesten  her  vordringenden  Bakhtjaris,  2.  Casch^ai,  2-Khamseh. 
Ein  »Conseil  des  Tribus«  in  Schiraz  bzw.  der  »Conseil  superieur«  hat  Angelegenheiten, 
die  alle  drei  Bezirke  gemeinsam  betreffen,  zu  beraten  (vgl.  Kr.  Bibl.  Nr.  390).  —  Wilä- 
jets mit  wesentlich  politischer  Bedeutung  sind  i.  ein  von  Teheran  aus  verwaltetes 
Zentral wiläjet,  als  Pufferbezirk  zwischen  Gasch^ai  und  Khamseh  liegend;  2.  ein  Wiläjet 
in  der  Gegend  von  Abadeh,  mit  der  Aufgabe,  die  seßhaften  Khalägcn  gegen  die  Araber 
zu  schützen,  sowie  Einfälle  der  Araber  und  Gaschgais  nach  Jezd  zu  verhindern;  2.  ein 
W.  in  der  Gegend  von  Neiriz,  als  Bollwerk  gegen  die  Einfälle  der  Nafar,  Baharlus, 
Inanlus  und  Araber  nach  Kirman;  3.  ein  W.  Larestan-Abbassi  am  Meer,  das  die  Zollver- 
waltung unterstützen  und  die  kriegerischen  Scheiche  der  Inseln  des  Golfs  in  Schach  halten 
soll;  4.  zwei  weitere  W.  zwischen  Larestan  und  Kiih-GHuje  an  der  Küste  mit  der  Aufgabe, 
die  Gaschgais  bei  ihren  Winterwanderungen  innerhalb  ihrer  Grenzen  zu  halten.  Wiläjet 
3  und  4  treten  an  die  Stelle  des  bisherigen  »Hafengouvernements«,  das  sich  wegen  seiner, 
von  einem  einzigen  Gouverneur  gar  nicht  zu  übersehenden  Ausdehnung  (Muhammerah 
bis  zum  Golf  von  Gw'atar)  als  unzweckmäßig  erwiesen  hat. 

Die  Boluks  und  Gärijas  der  einzelnen  Wiläjets  werden  mit  ausführlichen  geographi- 
schen und  historischen  Notizen  einzeln  aufgeführt.  Das  fertig  ausgearbeitete  Budget  für 
die  Provinz  Fars  beschließt  diesen  Teil  der  interessanten  Publikation.  H.  R. 

615.  Dunlop,  H.,  Perzi'e  voorheen  en  thans.  Met  161  afbeeldingen,  platen,  haarten  en  eene 
Beschrijving  van  de  Karoenrivier  door  D.  L.  Graadt  van  Roggen.  Haarlem,  De  erven 
F.  Bohn,  191 2.     XXII,  597  S. 

Persien  in  älterer  und  neuerer  Zeit;  eine  sich  an  weitere  Kreise  wendende,  verdienst- 
volle Übersicht  über  die  Geschichte  Persiens  seit  den  Achämeniden  bis  zur  neuesten  Zeit. 
Der  Verfasser,  der  viele  Jahre  in  Persien  gelebt  hat  und  sich  für  die  heutigen  und  älteren 
politischen  und  gesellschaftlichen  Verhältnisse  Persiens  lebhaft  interessiert,  hat  sich  eifrig 
in  die  historische  Literatur  über  dieses  Land  eingelesen  und  die  Resultate  seiner  Studien 
in  diesem  Buche  zusammengefaßt.    C.  Snouck  Hurgronje  hat  eine  Korrektur  der  Druck- 


Kritische  Bibliographie.  457 

bogen  gelesen.  Viele  gut  ausgeführte  Abbildungen  und  Karten  nebst  einigen  Beilagen 
sind  dem  schönen  Werke  beigegeben.  Th.  W.   J. 

616.  von*Hahn,  Die  Bachtiaren.     Asien  XII  10,   170 — 172. 

617.  Martell,  Paul,  Das  Verkehrswesen  in  Persien.     Asien  XII  10,  167 — 170. 

618.  Rabino,  H.,  Nomenclature  des  journaiix  de  Perse.  Persisch.  29  S.  in  folio.    Resht  1231. 

Vgl.  Kr.  Bibl.  Nr.  395. 

d)  Indien. 

619.  Huart,  Cl.,  Bespr.  von  Dr.  Hans  von  Mzik,  Die  Reise  des  Arabers  IbnBatüta  durch 
Indien  mk^  C/zwa  (Bibliothek  denkwürdiger  Reisen  Bd.V).  Hamburg  1912.  JA  1913, 
Nr.  3,  700  f. 

620.  Martineau,  A.,  Etat  poUtique  de  VHinde  en  1777.   RI  8°  annee,  Nr.  84,  234 — 238,  Nr.  85, 

326—329,  Nr.  86,  387—391- 
621-.  Vinson, Julien,  La  domination  musulmane  dans  le  sud  de  l'Inde.  RMM  XXIII 213 — 239. 
•  Ein  Beitrag  zur  französischen  Kolonialgeschichte.  Behandelt  wird  in  großen  Zügen 
die  Geschichte  der  Reiche  von  Südindien  vom  Beginn  unserer  Zeitrechnung  an,  die  mus- 
limische Eroberung  und  die  Geschichte  der  französischen  Unternehmungen  in  Indien  bis 
zur  Übergabe   von  Pondischery  an  die  Engländer  am  15.  Januar  1761.  H.  R. 

622.  Wady,  St.,  The  Great  Moghul:  stories  of  Akbar  the  Mighty,  Emperor  of  Iiidia,  320  S., 

1913- 

e)  Ostasien. 

623.  Adatrechtbundel  VII.  's  Gravenhage,  Martinus  Nijhoff  1913.  XVI  und  398  S.  8". 
Fortsetzung  der    oben  (Kr.  Bibl.  Nr.  400)  schon  erwähnten  Sammlung.     Inhalt  des 

7.  Bandes:  Dokumente  über  das  einheimische  Recht  in  Niederl. -Indien  — ■  im  besonderen 
auf  den  Inseln  Borneo,  Ternate,  Ambon,  Timor  und  Sumatra  (38 — 238,  332 — 391)  —  und 
in  den  englischen,  französischen  und  anderen  Kolonien  (13 — 35);  ferner  über  das  Recht 
der  in  Niederl.-Indien  eingebürgerten  Chinesen  (239 — 268)  und  über  das  islamische  Gesetz 
in  Niederl.-Indien  (270 — 331).  Letzterer  Teil  enthält  u.  a.  kritische  Bemerkungen  über  die 
indische  Jurisprudenz  vom  Schreiber  dieser  Zeilen  (276 — 296)  und  sehr  wertvolle  (größten- 
teils direkt  oder  indirekt  aus  der  Feder  C.  Snouck  Hurgronje's  stammende)  offizielle 
Dokumente  bezügHch  der  finanziellen  Administration  der  sogen.  »Moschee-Kassen«  und 
der  Zakät  (297.fi.).  Th.  W.  J. 

624.  Cabaton,  Antoine,  Pays  Malais  (Indes  Neerlandaises,  Malaisie  Britannique,  Philip- 
pines).    RMM  XXIII  HO— 165. 

Inhalt:  Les  tombes  des  walis  musulmans  de  Grissee.  Les  tombes  musulmanes  de  Pase 
(Sumatra)  et  de  Grissee  (Java)  comparees  aux  monuments  de  ninne  espece  de  l'Hindoustan  nach 
J;  P.  MoQUETTE's  Aufsatz  in  TTLV  IV  5,  6,  1912,  S.  536.  Die  Vergleichung  beweist,  daß  die 
Grabsteine  aus  der  Gegend  von  Cambaye,  dem  wahrscheinlichen  Ursprungsort  des  javanischen 
Islam,  stammen.  Die  wichtigsten  Denkmäler  sind  abgebildet,  vgl.  &.  Si^/.  Nr.  164. —  Les 
Saints  de  Java.  III.  Soenan  Geseng  par  le  docteur  D.  A.  Rinkes.  Ausführliche  Inhalts- 
angabe des  in  TBGKW  LIII  3—4,  269  ff.  erschienenen  Aufsatzes.  Auch  diese  Legenden- 
motive stammen  zum  großen  Teil  aus  Indien.  —  Une  exposition  de  cuivres  anciens  a  Batavia, 
vgl.  dazu  W.  J.  F.  DE  Ryck  van  der  Gracht,  Oud-Indisch  Koperwerk  in  Weekblad  voor 
Indie,  Surabaja  15.  und  22.  Sept.  19 12.  —  Indes  Neerlandaises  et  Japan  berichtet  von 
japanischen  Bestrebungen,  sich  nach  dem  Archipel  hin  auszudehnen,  vgl.  Henri  Labroue, 
l'Expansion  japonaise  au  Siam  et  a  Java  (Rev.  polit.  et  pari.  10.  Juli  1910).  —  U Islam 
et  le  Christianisme  aux  Indes  Neerlandaises.  Durch  Errichtung  von  Schulen  und  Berufung 
arabischer  Prediger  suchen  die  reaktionären  und  nationalistischen  Kreise  die  islamische 
Bildung  des  Volkes  zu  heben.    Die  römisch-katholische  Mission  macht  aus  verschiedenen 


458  Kritische  Bibliographie. 

Gründen  (reichere  finanzielle  Unterstützung,  Zölibat)  größere  Fortschritte  als  die  pro- 
testantische. Die  Stellung  der  Eingeborenen  zum  Christentum  läßt  eine  möglichst  vor- 
sichtige Haltung  der  Regierung  in  diesem  Punkte  erwünscht  erscheinen.  —  Un  ami  des 
indigenes:  M.  H.  H.  van  Kol.  Sein  Leben,  sein  Wirken,  seine  Ideen.  —  Le  Docteur  J.  Grone- 
man  (gest.  2.  XII.  191 2  in  Djokjakarta  in  Niederländisch-Indien).  Kurzer  Nachruf  (vgl. 
RMM  XV  339).  —  Papers  on  Malay  Subjects  (Second  series,  published  by  direction  of  the 
Committee  for  Malay  Studies,  F.  M.  S.).  Bespr.  von  A.  Caldecott,  Jelebu  its  history  and 
Constitution.  —  Timor  porlugais  et  Philippines.  Besprechung  eines  portugiesischen  und 
eines  spanischen  literarischen  Erzeugnisses  der  »Insulaner«:  i.  Alberto  Osorio 
de  Castro,  Flores  de  Coral.  Poematos  e  impressöes  da  Oceania  portuguesa  (Dilli, 
ilha  de  Timor-Insulindia,  Imprensa  nacional).  Das  Buch  soll  zahlreiche  wertvolle  Be- 
merkungen über  Timor  und  seine  Bewohner  enthalten.  2.  Die  Cultiira  Filipina.  Revista 
mensual.  Artes,  ciencias  (Imprimerie  de  la  Cultura  filipina:  Cabildo,  Manille),  seit 
2  Jahren  erscheinend,  soll  recht  gute  Leistungen  der  »Insulaner«  auf  geschichtlichem, 
politischem,  soziologischem  und  ethnographischem  Gebiet  nebst  Beiträgen  spanischer 
Gelehrter   enthalten.  H.  R. 

625.  Gfuidi],  J.,  Bespr.  von  C.  Snouck  Hurgronje,  Nederland  en  de  Islam  vier  voor- 
drachten  gehouden  in  de  nederlandsch-indische  bestuursacademie.  Leiden,  Brill,  1911. 
loi  S.  und  Politique  miisulmane  de  la  Hollande.  Quatre  Conferences  . . .  par  .  .  .  con- 
seiller  du  ministere  des  colonies  neerlandaises  pour  les  affaires  indigenes  et  arabes 
(Collection  de  la  Revue  du  Monde  musulman).  Paris,  Leroux,  191 1.  133  S.  RSO 
VI,  176  f.    Vgl.  auch  E.  Basset  in  RHR  LXVIII  Nr.  i,  S.  115. 

626.  G|uidi|,  J.,  Bespr.  von  Mission  d'Ollone  1906 — 1909.  Recherches  sur  les  Musulmans 
chinois.     Paris,  Leroux,  191 1.     XII  471   S.     RSO  VL  193 — 197. 

627.  Huart,  CI.,  Bespr.  von  Commandant  d'Ollone,  Recherches  sur  les  musulmans  chinois: 
eiudes  de  A.  Vissiere;  notes  de  E.  Blocket  et  de  divers  savants.  Ouvrage  orn^ 
de9i  photographies,  estampages,  cartes,  et  d'une  carte  horstexte.  Paris  1911.  XII. 
471   S.     RHR  LXVII  3,  363—366. 

628.  Kern,  H.,  Javaansche  geschiedschri  ving.     De  Gids   191 3,   III,  364 — 368. 
f>Java7iische  Geschichischreibung«;  günstige  Besprechung  von    Hoesein    Djaja- 

diningrat's    Doktordissertation  (vgl.   Kr.   Bibl.   Nr.   402).  Th.  W.   J. 

629.  Scheltema,  J.  F.,  Monumental  Java.  With  illustrations  and  vignettes  after  drawings 
of  Javanese  Chandi  ornament  by  the  aiilhor.  London,  Macmillan  and  Co.,  1912.  XVIII 
und  302  S.    8". 

Über  die  Ruinen  der  prachtvollen  vorislamischen  (hinduistisch-buddhistischen) 
Tempel  auf  der  Insel  Java,  mit  Ausflügen  auf  die  Gebiete  der  Folklore,  Literatur  und 
Geschichte  des  javanischen  Volkes. 

Bespr.  von  C.  Snouck  Hurgronje  DLZ  1913  Nr.  31  Sp.  1959 — 1963.       Th.  W.  J. 

630.  Vissiere,  Etudes  sino-mahometanes.  Collection  de  la  Revue  du  Monde  Musulman, 
deuxieme  serie.     Paris  191 3. 

f)  Ägypten. 

631.  Boulad,  Propositions  de  reformes  legislatives  en  Egypit.  Paris,  Larose  etTenin,  1913. 

632.  Duboscq,  Andre,  L'Egypte  et  la  loi  des  cinq  feddans.  QDC  Nr.  397,  273— -278. 

633.  Georgi-Dufour,  Urkunden  zur  Geschichte  des  Suezkanals.  Dietrichsche  Verlagsbuch- 
handlung.  Theodor   Weicher,   Leipzig,    19 13.      200    S. 

634.  Grandmoulin,  J.,  Traite  elementaire  de  droit  civil  egyptien  indigene  et  mixte.  Thanoux, 
Rennes,  1912. 

635.  Organic  and  electoral  laws  of  Egypt.  Bioebook  Cd.  6878,  Egypt  Nr.  3  A  (1913)- 
London   iQn. 


Kritische  Bibliographie.  ajzq 

Das  Blaubuch  enthält  in  englischer  Übersetzung  das  »organische  Gesetz«  vom  i.  Juli 
19 13,  durch  das  eine  Legislative  Assembly  (bisher  Legislative  Council  und  General  Assembly) 
und  wie  früher  Provincial  Councils  eingerichtet  werden,  und  das  »Wahlgesetz«  für  die  Legis- 
lative Assembly  und  die  Provincial  Councils  vom  gleichen  Tage.  E.  L. 

g)  Nordafrika. 

636.  L'Afrique  du  Nord.  Conferences  faites  a  l'Ecole  libre  des  Sciences  politiques.  V  Algerie 
et  la  Tmiisie,  par  A.  Bernard.  —  Le  Maroc,  par  Ladreit  de  Lacharriere.  — 
L'Afrique  occidentale,  par  C.  Guy.—  L'Egypte,  par  A.  Tardieu.  —  La  Tripolitaine, 
par  R.  PiNON.     Paris  19 13,  F.  Alcan. 

637.  Chauvin,  E.,  La  justice  pscale  en  Algerie,  50  S.     191 3. 

638.  Ducati,  Grammatica  pratica  della  lingua  araba  parlata  in  Tripoliiania.  19S  S.  1913. 
CappelH,  Bologna. 

639.  Ghisleri,  Arcangelo,  TripoHtania  e  Cirenaica.  Dal  Mediferraneo  al Sahara.  III.  edizione 
interamente  riveduta  dall'  autore  con  parecchie  aggiunte.     Milano,   Bergamo. 

640.  Ismael  Harnet,  Les  musulmanes  de  l' Afriqne  du  Nord.     RMM  XXIII  280 295. 

Der  Verf.  setzt  die  Bestimmungen  des  muhammedanischen  Eherechts  auseinander 

und  sucht  deren  Zweckmäßigkeit  darzutun.  Die  weitgehenden  Befugnisse  des  Vaters  haben 
ihren  Gnmd  in  der  großen  Jugendlichkeit  und  Unerfahrenheit,  in  der  die  Töchter  ver- 
heiratet zu  werden  pflegen.  Die  Vielweiberei  ist  aus  den  wirtschaftlichen  Bedingungen 
des  Nomadenlebens  zu  verstehen,  wo  diese  Bedingungen  fehlen,  verschwindet  sie  mehr 
oder  weniger  von  selbst.  Die  Harems  asiatischer  Prinzen  können  nicht  als  Normalfälle 
betrachtet  werden.  Trotz  ihrer  anscheinend  zurückgesetzten  Stellung  habe  die  Frau  auch 
in  den  islamischen  Ländern  von  jeher  eine  entscheidende  Rolle  gespielt.  Das  notwendigste 
Mittel,  die  islamischen  Rassen  zu  heben,  sei  die  Bildung  und  Erziehung  der  Frau,  ein  be- 
scheidener Anfang  sei  mit  den  Hausarbeitsschulen  in  Algerien  schon  gemacht  worden. 
Viel  erhofft  d^r  Verf.  von  den  Mischlingen  aus  Ehen  zwischen  Europäern  und  Eingeborenen- 
Sie  seien  berufen,  einst  eine  führende  und  die  Kluft  zwischen  beiden  Rassen  überbrückende 
Rolle  zu  spielen.  Ähnliche  Gedanken  finden  sich  in  dem  vielbesprochenen  Buche  des  Ver- 
fassers Les  Musiilmans  frangais  du  Nord  de  l'Afriqw;.  H.  R. 

641.  De  Lacharriere,  Ladreit,  Le  long  des  pistes  moghrebines,  voyage  au  Maroc  1910 — -ir, 
avec  prcface  du  marquis  de  Segonzac.    300  S.    Paris,  Larose. 

642.  de  La  Courbe,  Premier  voyage  du  sieur  de  La  Coiirbe  fait  a  la  coste  d'  Afrique  en  1685, 
publie  avec  une  carte  de  Delisle  et  une  introduction  par  P.  Cultru.   LVIII.  222  S.    19 13. 

643.  Le  Fran9ais,  Capitaine,  UneErreur  militaire,  une  faute  politique,  le  service  obligatoire 
pour   les  musulmans  d' Algerie.      Paris.    Berger-Levrault. 

644.  Martin,  Pr^'m  de  sociologie  nord-africaine  (premiere  partie).     208  S.  Paris  19 13. 

645.  Millet,  R.,  La  conquete  du  Maroc:  la  question  indigene.     1913. 

646.  Monchicourt,  Ch.,  La  region  du  Haut  Teil  en  Tunisie  (Le  Kef-Tebotirsoiik-Mactar- 
Thala).     Paris  1913,  A.  Colin.     14  cartes,  12  planches. 

647.  de  Neveu,  E.,  Les  Khouan  ches  les  mtis-ulmans  d'  Algerie.  nouv.  dd.,   1913. 

648.  Rohlfs,  G.,  TripoHtania:  viaggio  da  Tripoli  all'  oasi  di  Kufra,  secunda  edizione  con 
introduzione  sulla  Libia  ed  appendice  intorno  alla  confraternitä  degli  Snussi  per  cura 
del  prof.  G.  Cora.     i  Tafel,  LI,  279  S.,  191 3. 

649.  Schabinger,  Karl  E.,D;V  Kulturträger  in  den  maurischen  Staaten.  WI  I  1913  S.  109 
bis  126. 

650.  Strupp,  Karl,  Der  spanisch-französische  Marokkovertrag  vom  27.  November  1912. 
Zeitschr.   f.   Völkerrecht  und   Bundesstaatsrecht   Bd.   VI   S.   5S1— 5S5. 

Eine  völkerrechtliche  und  politische  Würdigung  des  Vertrags  (vgl.  Kr.Bibl:  Nr.  r-51") 
und  besonders  seiner  nicht  eben  klaren   Bestimmungen  über  die  durch  Frankreich  und 


Aßo  Kritische  Bibliographie. 

Spanien  erfolgende  v5lker;-echtliche  Vertretung  des  Scherifen,  dessen  einziges  Recht  in 
der  spanischen  Einflußzone  übrigens  nur  noch  in  der  Ernennung  eines  Vertreters  (Kalifa) 
in  Zivil-  und  Religionsangelegenheiten  besteht,  wobei  »le  choix  du  Sultan  se  portera  sur 
celui  des  deux  candidats  qui  aura  les  preferences  du  gouvernement  royal«  !         E.  L. 

651.  Le  traite  franco-espagnol   du  27  novembre  1912.     Le.  Memorial  Diplomatique   191 2 
Nr.  40,  41,  42. 

Der  wichtige  französisch-spanische  Vertrag,  durch  den  die  Teilung  des  Scherifen- 
reichs  unter  Frankreich  und  Spanien  endgültig  geworden  ist,  wird  hier  abgedruckt  nebst 
dem  Protokoll  über  die  Eisenbahn  Tanger — Fez  und  einem  Notenwechsel  zwischen  dem 
spanischen  Minister  des  Äußeren  und  dem  französischen  Botschafter.  Dieselben  Urkunden, 
sämtlich  vom  27.  November  1912,  sind  auch  wiedergegeben  in  der  Revue  Generale  de  Droit 
International  Public  1913  (Documenis  S.  9 — 19)  und  in  der  Zeitschrift  für  Völkerrecht  und 
Bundesstaatsrecht  Bd.  VI  S.  473 — 487.  Vertrag  und  Protokoll  allein  (in  englischer  Über- 
setzung) in  The  American  Journalof  International  Law,  vol.  7  (1913),  Supplement  S.  81 — 99. 

E.  L. 

652.  Trombetli,  Alfr.,   Manuale  d^lV  arabo  parlato  a  Tripoli,  grammatica,  lelture,  e  voca- 
bulario.     Puntata  I.     Bologna  1912,  L.   Beltremi.     64  S. 

653.  Westermann,  Diedrich, /5/am  in  the  Eastem  Sudan.    IRM  vol.  II,  Nr.  7,  July  1913, 
S.  454— 4S5. 

1.  Statistische  Angaben  und  geschichtliche  Orientierung  über  die  Entwicklung  des 
östlichen  Sudan  bis  auf  Zubeir,  Rabeh  und  den  Mahdi.  2.  Betrachtung  der  verschiedenen 
Gebietsteile  und  Stämme  im  einzelnen,  und  zwar  zunächst  des  muhammedanischen  Nordens 
und  sodann  des  heidnischen  Südens.  3.  Überblick  über  die  Vielgestaltigkeit  der  islamischen 
Einflüsse,  die  alle  in  mehr  oder  weniger  hohem  Maße  bei  einer  Bewertung  der  gegen «vartigen 
Bedeutung  des   Islam  in   diesen  Gebieten    Berücksichtigung  verdienen.  M.  H. 

654.  Winkler,-Em  Jahr  französisches  Protektorat  in  Marokko.    »Deutsche  Kolonialzeitung« 
30.   Jahrg.  Nr.  34,   Berlin,  23.  Aug.   1913,   S.   562. 

Kurzer  Bericht  nach  Mitteilungen  der  Quimaine  Coloniale,  des  Organs  der  »Union 
Coloniale  Francaise«.  Für  Islampolitiker  sind  von  Interesse  die  Angaben  über  die  Zivil- 
organisation: »Es  wurde  neben  dem  Großvezier  ein  französ.  Generalsekretariat  errichtet, 
um  die  lokale  und  Landesverwaltung,  das  Gerichtswesen  und  den  öffentlichen  Unterricht 
zu  leiten.  Französische  Fachleute  traten  an  die  Spitze  der  Finanzen  und  der  öffentlichen 
Arbeiten.  In  den  Küstenstädten  wurden  die  Stadtverwaltungen  neu  organisiert  und  in  den 
Städten  des  Innern  die  Mcdjlis  wiederhergestellt.  Die  Schaflung  eines  Korps  von  Zivil- 
kontrolleuren ist  in  der  Schauja  in  Angriff  genommen  worden.«  Über  die  Regelung  des 
Gerichtswesens,  soweit  Eingeborene  in  Frage  kommen,  werden  folgende  Angaben  gemacht: 
Man  will  »den  marokkanischen  Angelegenheiten  eine  Eingeborenenjustiz  sichern,  die  gerecht 
ist.  Zu  diesem  Zwecke  hat  man  den  Kadis  eingeschärft,  Register  über  ihre  Urteile  zu  führen 
und  die  Kaids  einer  Kontrolle  unterstellt.«  —  Während  in  Tunesien  ein  gemischter  Gerichts- 
hof mit  den  Grundstückseintragungen  beauftragt  ist,  will  man  »in  Marokko  damit  den 
Kadi  beauftragen.  ...  Es  wird  ihm  lediglich  ein  gesetzeskundiger  französischer  Beamter 
beigegeben.  Wenn  der  französische  Appellationshof  errichtet  sein  wird,  wird  er  auch  zu 
entscheiden  haben  über  Beschwerden  betreffend  die  Immatrikulationen.«  Zum  Schluß 
wird  noch  auf  die  Ordnung  der  Finanzangelegenheiten  hingewiesen:  Regelung  der  Steuern, 
Sicherstellung  der  Stiftungen.  R.  M. 

h)  Das  übrige  Afrika  und  die  Inseln. 

655.  Delafosse,  Maurice,  Traditionshistoriqnesct  legcndaires  du  Sudan  occidental.  Traduite 
d'un  manuscript  arabe  inedit.   Afr.  Fr.  RC  August  1913  Nr.  8  S.  293 — 306  (a  suivre). 


r 


Kritische  Bibliographie.  A^i 

656.  Laing,  Alexandre  Gordon,  Major,  Tombouciou  (1S26),  texte  et  documents  nouveaux, 
decouverts  a  Tombouctoii  et  Araouan,  par  M.  Marc  Bonnel  de  Mezieres.  Textes 
arafes  tradnits  par  ^I.  O.  Houdas.  Lettre-prcface  de  M.  le  gouverneur  Clozel.  Paris 
1913,  Larose. 

657.  Karstedt,  F.  0.,  Beiträge  zur  Inderfrage  in  Deutsch-Ostajrika.  Koloniale  Monats- 
blätter 15,  8,  337—354- 

658.  Marquart,  J.,  Die  Beninsammlimg  des  Reichsmuseums  für  Völkerkunde  in  Leiden, 
beschrieben  und  mit  ausführlichen  Prolegomena  zur  Geschichte  der  Hattdelswege  und 
Völkerbewegungen  in  Nordafrika  versehen.    2  Karten,  14  Tafeln.    Leiden,  Brill,  1913. 

659.  Sarkissian,  G.,  Le  Soudan  Egyptien:  etude  de  droit  public.     Carte.  1913. 

660.  Simar,  T.,  La  geographie  de  l'  Afrique  centrale  dans  l'antiquite  et  au  moyen-  äge,  fig. 
cartes,   133   S.,   1913- 

661.  Storbeck,  Friedrich,  Die  Berichte  der  arabischen  Geographen  des  Mittelalters  über  Osi- 

afrika.     Tübinger  Dissertation  1913,  74  S. 

662.  Westermann,  Diedrich,  Der  Islam  im  West-  und  Zentralsudan.    \\l  I  85 — 108. 
Deutsche  Übersetzung  des  in  IRM  I  Nr,  4  S.  61 8 — 653  erschienenen  und  in  Kr.  Bibl. 

Nr.  249  angezeigten  Artikels  unter  Weglassung  des  historischen  Überblicks  über  die  Ein- 
führung  des    Islams   im   westlichen   und   zentralen    Sudan.  R.  M. 

663.  N.  N.,  La  Situation  des  Indiens  dans  l'  Afrique  austräte.    As.  Fr.  B.  Nr.  148,  310 — 313. 

VIII.    Islam  und  Mission. 

664.  Albrecht,  Franz  P.,  Umschau  am  Kilimandscharo.  Echo  aus  den  Missionen  der  Väter 
V.  Hl.  Geist.    14.   Jahrg.,  Heft  9,  September  1913,  S.  273 — 283, 

S.  277  heißt  es  von  Neu-Moschi,  dem  Endpunkt  der  Usambara-Bahn:  »Zwei  Moscheen 
stehen  schon  in  der  jungen   Stadt.«  M.  H. 

665.  Awetaranian,  Die  Ketten  des  Islam.  Der  christliche  Orient  und  die  Muhammedaner- 
Mission,   14.   Jahrg.,  Heft  7,   Juli  1913,   S.    115 — 121. 

Ein  in  der  evangelischen  Kirche  zu  Sofia  gehaltener  allgemein  orientierender  Vortrag. 
S.  118  ein  Exkurs  über  die  Tätigkeit  des  »Urhebers  der  panislamischen  Idee«,  Djemäl 
ed-Din   al -Afghani.  ^I-  H. 

666.  Bock,  W.,  Missionar,  Bericht  über  eine  neue  Erkundungsreise  in  Uha  (April  1913). 
SchleswigrHolsteinisches  Missions-Blatt,  27.  Jahrg.,  Nr.  7,  Juli  1913,  S.  107 — iio. 
S.    110   wird  von   einer   größeren   Muhammedanerniederlassung  berichtet:    »Birira, 

die  Börse  für  Felle  in  Uha :  5  Araber,  3  Inder  und  über  50  Manyema  machen  die  Bevölkerung 
aus.  Eine  Moschee  ist  dort  (die  zweite  im  eigentlichen  Uhalande,  die  erste  ist  in  Kassulo), 
ein  muhammedanischer  Lehrer  unterrichtet  und  ein  Araber  ist  Dorfvorsteher.«       M.  H. 

667.  Christ-Socin,  H.,  Politisches  und  Soziales  aus  dem  türkischen  Reich.  Evangelisches 
Missions-Magazin.  Neue  Folge.  57.  Jahrg.,  9.  Heft,  September  1913,  S.  408 — 412. 
Referat   über  RevM  du  Monde  Musulman  1913,  S.  151—220.     Vgl.  Kr.  Bibl.  2S2, 

386,  387-  '  ^^-  ^^• 

668.  Dale,  Godfrey,  TÄe  Vital  Forces  of  Christianity  and  Islam.    VI.     IRM  vol.  II,  Nr.  6, 

April  191 3,   S.  305—317- 

Verf.  teilt  seine  in  Zanzibar  gemachten  Beobachtungen  zu  dieser  Frage  mit.  Unter 
»vital  forces«  versteht  er  »those  religious  forces  in  Islam  which  a  Christian  missionary  can 
make  use  of  as  a  stepping-stone  to  the  Christian  faith,  because  not  antagonistic  to  the 
spirit  of  bis  own  religion«,  p.  305  (vgl.  Kr.  Bibl.  227 — 2,;o).  _  M-   H. 

669.  Frease,  Edwin  F.,  Die  Welt  des  Islam  in  Zürich.  Der  Sudan-Pionier,  Aug.  1913, 
S.  60 — 63. 

Bericht  von   der  Weltsonntagsschulkonferenz,   die   »lebendigstes   Interesse   für  die 


A.62  Kritische  Bibliog^raphie. 

Arbeit  in  islamischen  Ländern  bezeugte«  und  einen  Generalsekretär  für  die  muhamme- 
■danische  Welt  mit  dem  Wohnsitz  in  Kairo  sowie  besondere  Sekretäre  für  die  Türkei  und 
andere  Gebiete  anzustellen  beschloß.  M.  H. 

670.  Gleiß,  Missionar,  Siegesbotschaft-Gefechte.       Nachrichten    aus    der    ostafrikanischen 
Mission,  27.  Jahrg.,  Nr.  5,  Mai  1913,   S.  71  f.,  75 — 79. 

Einzelheiten    aus    der   Missionsarbeit    unter    der    muhammedanischen    Bevölkerung 
■des  Digolandes  in  Deutsch-Ostafrika.  '  M.  H. 

671.  Henry,  P.,  Politik  und  Religion  in  der  Auffassung  des  Muhammedaners.  Afrika-Bote, 
19.    Jahrg.,  8.   Heft,  Mai   1913,   S.   234 — 237. 

672.  Klamroth,  Missionssuperintendent,   Religionsgespräche  mit  einem  Führer  der  Dares- 
salatner  Mohammedaner.     Beiblatt  zur  AMZ  1913,  Nr.  5,  September,  S.  65 — 80. 
Ausführlicher  Bericht  über  die  mit  einem  eingeborenen  Muhammedaner  gepflogene, 

-mehrfache  Zwiesprache  (vgl.  Kr.  Bibl.  Nr.  234).  Neu  ist  dabei  die  Art  der  »Disputation 
auf  offener  Straße«  (S.  73)  und  die  sich  hier  erstmalig  zeigende  Aggressive  gegen  die  Mission. 
Der  in  Kilwa  geborene  Scheich  Idris,  jetzt  etwa  Mitte  der  Dreißiger,  versuchte  die  Unwahr- 
heit bzw.  Unglaubwürdigkeit  des  Christentums  dadurch  zu  erweisen,  daß  er  besonders 
im  Anschluß  an  R  a  h  m  a  t  a  1  1  ä  h's  Izhär  al-fiaqq  (Brockelmann  II  504)  auf  Wider- 
sprüche im  A.  T.  aufmerksam  machte,  und  zwar  entweder  zwischen  dem  hebräischen  und 
dem  griechischen  Text  oder  zwischen  Parallelberichten  in  Chron.  und  Sam.  bzw.  Kön.  Auf 
die  ihm  gestellte  P'rage  nach  einem  Zeugnis  dafür,  daß  Muhammed  ein  Prophet  gewesen 
sei,  berief  er  sich  auf  Deut.  18,  15.  18  und  auf  Muhammeds  Wunder  (und  zwar  i.  Mond- 
spalten, 2.  Wiederkehrenlassen  der  Sonne,  3.  Wasserbeschaffung  in  der  Wüste,  4.  Nacht- 
reise nach  Jerusalem).  M.  H. 

673.  Mensching,  Nachrichten  aus  der  ostafrikanischen  Mission,  27.  Jahrg.,  Nr.  7,  Juli  1913, 
S.   120. 

Missionar  Mensching  berichtet  aus  Rubengera  in  Ruanda  von  »einer  großen  Kara- 
wane von  Muhammedanern«  (Arabern,  Indern  und  Küstenleuten),  die  in  der  Woche  nach 
Ostern  an  den  Kiwu-See  zogen,  und  zwar  nach  dem  Norden  und  Süden  des  Sees,  um  die 
islamischen  Missionsstationen  zu  verstärken.  M.  H. 

674.  Röseler,  Missionar,  Der  falsche  Prophet  vor  den  Toren  von  Kirinda.   Nachrichten  aus 
der  ostafrikanischen  Mission,  27.   Jahrg.,  Nr.  6,   Juni   1913.   S.  93 — 98. 
Interessanter  Einzelbericht  über  die  Tätigkeit  eines  muhammedanischen  Händlers 

in  Ruanda  und  über  die  Stellung  der  Ruandaleute  zur  Polygamie.  M.  H. 

675.  Schimming,  Missionar,  Die  erste  Erkiindigungsreise  von  Jendi  aus.   Der  evangelische 
Heidenbote,  86.  Jahrg.,  Nr.  9,  September  1913,  S.  134 — 135. 

Im  Hinterland  von  Togo,  dem  Gebiete  der  Dagomba  und  Konkomba,  fand  man  in 
Gnani  sechs  mohammedanische  Gebetsplätze,  in  Sanzugu  einen,  dagegen  zwei  Moscheen, 
von  denen  eine  nicht  mehr  im  Gebrauch  zu  sein  scheint.  In  beiden  Orten  könne  man  sich 
auf  Tscbi  verständigen.  M.  H. 

676.  Simon,  G.,  Missionar,  Die  Polemik  des  Islam  gegenüber  dem  Christentum.    AMZ  1913, 
40.  Jahrg.,  9.  Heft,  S.  385—399- 

Referat  über  das  Werk  des  einstigen  Missionars  Gottlieb  Pfander,  Mhänu'l  Haqq 
in  der  von  Clair  Tisdall  1910  besorgten  neuen  Ausgabe  nebst  einigen  Andeutungen  und 
Hinweisen  für  eine  etwaige  spätere  Er\veiterung  des  Inhalts.  Das  ungedruckte  deutsche 
Original    befindet   sich    im    Basler    Missionsmuseum.  M.  H. 

677.  Siraj  ud-Din,  R.,  The  Vital  Forces  of  Christianity  and  Islam.    V.    IRM  vol.  II,  Nr.  5, 
Januaiy  19 13,  S.  96 — 117. 

Zu  den  früheren  Beurteilern  dieses  Problems  (vgl.  Kr.  Bibl.  227 — 230)  gesellt  sich 
hier  »an  Indian  convert  from  Islam«.    Es  ist  charakteristisch,  in  wie  weitem  Umfange  und 


Kritische   Bibliographie.  Aßr 

mit  welch  lobender  Anerkennung  er  sich  gerade  den  Ausführungen  CIkawford's  anschließt: 
»I  make  his  account  my  own«,  »I  believc  that  the  sources  and  depth  of  the  vitality  of  Islam 
at  its  b?st  are  not  generally  understood  by  missionaries«  (S.  98).  M.  H. 

678.  Stübler,  H.,   Missionsanfänge  in   Arabien.      Evangelisches  Missions-Magazin,  Neue 
Folge,  57.   Jahrg.,  8.  Heft,  August  1913,  S.  342—353- 

»Den  Anstoß  zur  Mission  im  eigentlichen  Arabien  gab  der  Pioniermissionar  Mäckay 
von  Uganda.«  Aber  längeren  Bestand  gehabt  hat  weder  der  (1885)  unter  Vermittlung 
des  englischen  Generals  Haig  gemachte  Versuch  der  C.  M.  S.  (Church  Missionary  Society) 
in  Aden  und  Hodeida,  noch  das  von  dem  greisen  anglikanischen  Bischof  French  von 
Labore  nach  vierzigjähriger  Tätigkeit  in  Indien  1891  in  Maskat  begonnene  Unternehmen. 

Die  an  beiden  Stellen  heute  bestehenden  Missionszentren  sind  unabhängig  von- 
einander und  von  jenen  ersten  Versuchen  geschaffen.  Die  Arbeit  in  Scheich  Othman,  eine 
halbe  Stunde  von  Aden,  wird  von  der  schottischen  Freikirche,  die  Mission  am  Persischen 
Golf  von  Amerikanern  im  Anschluß  an  die  Missionsgesellschaft  der  hoUändisch-reformierten 
Kirche  von  Nordamerika  unterhalten.  Beide  Neugründungen  gehen  auf  die  Anregung 
bzw.  Mitwirkung  von  Professoren  zurück.  An  den  schottischen  Edelmann,  Professor  der 
orientalischen  Sprachen  in  Cambridge  Jon  Keith-Falconer,  der  1886  nach  Aden  ging, 
und  bereits  1887  starb,  erinnert  heute  das  1909  eröffnete  Keith-Falconer-Gedächtnis- 
Krankenhaus  m.it  drei  Missionsärzten  und  jährlich  rund   11  000  Patienten. 

An  den  bei  der  Gründung  der  viel  bedeutenderen  amerikanischen  Mission  an  erster 
Stelle  mitbeteiligten  Professor  des  Arabischen,  Dr.  Lansing,  erinnert  seit  1910  das  Lansing- 
Gedächtnis-Krankenhaus  in  Basra.  Die  Führer  der  amerikanischen  Bewegung,  James 
Cautine  undCAMUEL  ZwEMER  (jetzt  Herausgeber  von  The  Moslem  World,  Cairo),  gingen 
aus  dem  theologischen  Seminar  zu  New  Brunswick  N.  J.  hervor.  Zuerst  (1891)  wurde 
Basra  besetzt,  1892  kam  Bahrein  hinzu,  1893  Maskat;  in  jüngster  Zeit  entstanden  neue 
Stationen  in  Amara  am  Tigris,  Kuweit  und  Matra,  eine  halbe  Stunde  von  Maskat.  »Die 
sechs  Missionsstationen  der  Amerikaner  waren  19 10  mit  etwa  34  Missionaren  und  Missions- 
ärzten beiderlei  Geschlechts  besetzt.«  »Neben  den  Missionaren  stehen  über  40  eingeborene 
Evangelisten,  Lehrer,  Kolporteure,  ärztliche  Assistenten,  Krankenpflegerinnen  und  Bibel- 
frauen.« »Die  Amerikaner  haben  jetzt  zwei  große  Krankenhäuser.  Bald  werden  es  vier 
oder  fünf  sein.«  »Bis  1909  sind  25  000  Patienten  mit  der  Mission  in  Berührung  gekommen.« 
»Das  Schulwesen  ist  noch  ziemlich  in  den  Anfängen.  1909  waren  es  135  Schüler  in  fünf 
Werktagsschulen.«   »Die  Frauenmission  findet  fast  überall  dankbare  Aufnahme.«      M.  H. 

679.  N.  N.,  Sind  die  Pomaken  freiwillig  Christen  geworden  ?  Evangelisches  Missions-Magazin ,. 
neue  Folge,  57.   Jahrg.,  8.  Heft,  August  1913,  S.  376  f. 

Gegenüber  einer  früheren  Bejahung  (S.  287  des  Blattes)  wird  die  Frage  jetzt  ver- 
neint bzw.  teilweise  unentschieden  gelassen  auf  Grund  einer  Zuschrift  der  Frau  Pastor 
Awetaranian  in  Philippopel.  ^^-  "• 

680.  N.  N.,   Islam   und   Muhammedanermission.      Evangelisches   Missions-Magazin,   neue 
Folge,   57.   Jahrg.,  9.  Heft,  September  1913,  S.  427. 

Kurze  Nachrichten  über  den  Islam  auf  Madagaskar.  M.  H. 


Zu  dem  Aufsatz  Bd.  IV,  355  ff. 

Zu  meinem  Artikel  »Die  Auläd-'Ali-Beduinen  der  Libyschen  Wüste«  (oben  S.  3  5  5— 3S6) 
bemerke  ich  noch  folgendes :  S.  369 :  Der  zweite  <Omde  der  Auläd  hjarüf  und  der  Schcch  der 
Zeredät  sind  dieselbe  Person.  Lies  in  beiden  Fällen:  «Abdelgäwi-l-GSsi-l-MegrShi.  — 
S.  373  Z.  9  1.  mich  statt  auch.  —  S.  37«  Vers  56  1.  Kamel  statt  Pferd.  -  S.  3S2 
Z    I   1.   seine  Schlüssel.   -   S.  384  z"  Vs.  66  ergänze:  vgl.  Brockei.ma.nn  1  224  unten. 

Kahle. 


AUTORENVERZEICHNIS. 


Die  kursiven  Zahlen  bedeuten,  daß  der  betreffende  Autor  an  dieser  Stelle  als  Mit- 
arbeiter erscheint. 


Aarif  Bey   179. 

Abbas    Effendi,  Abdul  Behä 

207,   330. 
Abderrahman  450. 
Abdul  Majid   179. 
Abdur-Rahman  Eft".    179. 
Abel   341. 
Abou    Zaharya     Yah'ia     Ibn 

Khaldoün  451. 
Abul  'Alä  al  Ma'arri  337. 
Abül     Mahäsin    ibn    Taghri 

Birdi   195,  45 1- 
Ahmed  Hikmet  339. 
Ahmed  Zeki  Pascha   197. 
Ahmed  Sedad  341. 
Ahmed  Tevhid   Bey   179. 
Ahmed  Refik  Bey    179. 
Ajam  348. 

Ak  Cura  Oghlu   332. 
Alapetite  349. 
Alarcön  y  Santon  348. 
Alaude  348. 
Alberti  445. 
Albrecht,  Fr.  461. 
Ali  Vahbi  Bey  203. 
Amar    210,    332,    34S,    451. 
Amedroz  180,  449,  450. 
Arnos  210. 
Andrä   iSo. 

Andreas,  (Andrej)  203,  453. 
Antaki   446. 
Apt  450. 

Ardaillon  212,  348. 
Armatte   210. 
Arning  210. 
Arnold  330,  445. 
Aurelius   351. 
Awetaranian    214,   341,  461. 


Bacha  451. 
Bachmann  339. 
Badr,  Muh.    182. 
Bahäou'lläh   337. 
Baldensperger  341. 
Banse  354. 

Barthold  20J,  333,  454,  174, 
187,    329.  330,   333,  444, 

453- 

Basset   178,   330. 

Basmadjian   142  flf. 

Bauer  /J9,    180. 

Baum,  Wilhelm   206. 

Baynes  448. 

Becker  lög,  777,  178,  779, 
180,  182,  183,  1S4,  18 s, 
187,  j88,  igj,  796,  197, 
198,  igg,  200,  201,  202, 
203,    204,  2oj^  206,  210, 

21 J^     212,    213,    214,    213, 

216,    218,  263,  301,  303, 

313,   349>  3S3,  334,  447, 

448,  44g,  448. 
Bei  339,  348,  45  «• 
Bell,  G.  L.  340. 
Bell,  H.  I.  87,  337. 
Benali  M'erad   331. 
Berard  454. 
von  Berchem  451. 
Berge  450. 

Bergsträsser  189,  449. 
Bernard  348,  459- 
Bert,  Alexis  341. 
Bertholon,  L.  348. 
Betz   iSo. 
Bevan  448. 
Beveridge    194. 
Bezold   194. 


Biliotti  341. 

Bittner  337. 

Blochet  445. 

Bock  461. 

de  Boer  445. • 

Boll    194. 

Bonnet  349. 

Borhan    ed-Din    Balkhi   207. 

ßotte  349. 

Boulad  458. 

Le  Boulicant  341. 

Bourdarie  203,  341. 

Bourgeois  450. 

Bouvat    188,   203,   216,  334, 

344,    345,  440,   444,  445, 

448,  454. 
Bramly  364. 
Branchi,  E.  45t. 
Brehier  340. 
Bretschger  349. 
Bricteux  337. 
Brockelniann  206,  342. 
Brünnle    196. 
Brönsted  333. 
Brooks  448. 
Browne  344. 
Bruno  331. 
Buhl    i8o. 
Burgess,  I.  345. 
Burton  337,   342. 
Bury,   1.   B.   448. 
Bury,   \V.    214. 
Butler    188. 

Cabaton   207,   330,  457. 
Caetani,   Leone    188,    189. 
Caillaux   348. 
de  Caix  210. 


Autorenverzeichnis. 


465 


Caiifano  349- 

Carbou  212. 

Carr  214. 

Casanova   179,    181,   197. 

Castagne,  I.  453- 

Chantre  348. 

Chaschtschab    173,  329.  444. 

Chatir  454. 

Chauvin  459. 

Cherfils  332. 

Choukri  Tambay  209. 

Christensen    181,    194,    344- 

Christ-Socin  461. 

Churi   331. 

Clair-Tisdall   214,   337- 

Clozel   212,   213. 

Cohen  2^19. 

Coijic  204. 

Colin  449. 

Comte  446. 

de  Contenson  204,  342,  454 

Coia  459. 

Cordier  330. 

Couyat  341. 

Craig  209. 

Crawford  215. 

Cressary,  Comte  347. 

Crum   337. 

Dale  461. 

Davidsen  209. 

Delafosse  212,   213,  460. 

Della  Vida   189,  450. 

Demorgny,  M.  344,  456. 

Derendinger  212,   213. 

Destaing   195,  337- 

Diehl  448. 

Diena  454. 

v.  Diest  342,  454- 

el-Djämi'  337. 

Dozy  332. 

Dreyfuß  337,  445- 

Duboscq  458. 

Ducati  459. 

Duggan  204. 

Dunlop  456. 

Düring   179. 

Dussaud    181. 

Dwight  342. 


Edwards   331,   337 
Efdal-ud-Din  Bey   179. 
Eguilaz   349. 
Ellis  337. 
Elze  449. 
Enderlin  351. 
Ernst  341. 
Esquer  210. 
Euting    121,   3  1 4  ff. 

Faiz  Badruddin  Tyabji    331 

v.  Falke  452. 

Falles  349. 

Falls  349.  355  ff. 

Farina  349. 

Feder   178. 

Feldmann  454. 

Ferrandi   213,  349- 

Field,  Claud   1S3. 

Firdausi   337. 

Fischer,   H.   342. 

—  Th.  349- 

Flury  421  ff;   198,  453. 

de  Fontenay   181,   349. 

Forgeur  209. 

Forte   181. 

Franke  348,   352- 

Franzi   338. 

Frease  461. 

Friederichsen   351. 

Friedländer    181,     182,    195, 

331,  438  ff. 
Frobenius    213,    303  ff.    351. 
Frohnmeyer  352. 
Froidevaux  20S. 
Funke  345. 

Gabrieli    189,   337. 
Gairdner  215. 
Gardner   182,   215,   331. 
Gassita  213. 
Gaudefroy-Demombynes,    M. 

349. 
Gauthier  445. 
Georgi  -  Dufour  458. 
Geyer  122 
Ghilan  207. 
Ghisleri  459. 
Gleiß  462 


Goadby  209. 

Goldziher  /6j-,  182,  183,  185. 

v.  d.  Goltz  204. 

Gonzalez  349. 

Gordlewski  123  ff.,  330,  451 , 

452,  455- 
Goulven  213. 
Graadt  van  Roggen  456. 
Graefe    160,    ibi,  iSo,  1S4, 
188,    18g,  igo,  igt,  202, 
204,   206,   214,  216,  sji, 
332,   337^   339,  340,  341, 
344<  347,  350,  331- 
V.  Graevenitz  455. 

Grandmoulin  458. 

Graulle  338. 

Greve  337. 

Griessbauer  342. 

Griffini   195,  213,  ■349- 

Grimme   183. 

Grisworld,   183. 

Grothe  340,  455- 

Gubb  334. 

Guest    195,    19S,    337,    347- 

Guida  349. 

G[uidi]   444,    445,   45',  458. 

Gurlitt  340,  455- 

Güterbock   183. 

Guttieres  349- 

Guy  459. 

Guyer,  H.  204. 

Guyer,  S.   198. 

Gwatkin  448. 

von  Hahn  207,   345,  457- 
Haig  346. 
al-Halläg   165  ff. 
Harinath  450-     ■ 
Harnack  352. 

Hartmann  M.  I45  ff-,  '78,  i79, 
215,  351,  353,  355  ff"  444. 

445,  455- 
Hartmann    R.    433  ff-,     '83, 

208,   330. 
Hartmann,  L.  M.  448. 

Haug  349- 

Haussleiter    195,   445- 
Hecpe    1S6,    21s,    217.  21S, 
341,   34^y  33',  33-,  333, 


466 


Autorenverzeichnis. 


462, 


ff. 


345. 


338. 


209, ; 

453,  ! 


334,  441  ff;  4(^0,  461, 

4^J- 
Hell  336. 
Henry  462. 

Herzfeld   198,    199,  421 
Herz-Pacha  452. 
Hess  314—319,  455- 
van  Heutsz  346. 
Heyck  342. 
Hippeau  204. 
Hirschfeld   183. 
Hjuler  345- 
Hoesin    Djajadiningrat 

458. 
Hofmeier  97—120,  313. 
Hoga  Abd-ul-Bedi'   451. 
Hopf  199,  452. 
Horovitz  43^ ff-,  440- 
Horten  / — 4,  ^gg,  184, 
Hosseus   190. 
Houdas  461. 
Houtsma  330,  445. 
Huart    J48 — /j/,    179, 

332,    445.    446,  449. 

457- 
Hugon   349. 
Humblot  213. 
Huykaes  208. 


Ibn  Battüta  433  ff- 
Ihn  Dänijäl  67. 
Ibn-Schit  Mahalem  451. 
Ibn  At-Tiqtaqä  451. 
Imhoff  204,  455- 
Ishäk  Ibn  Honain  338. 
Ismael     Harnet      210,     332, 

459- 

Jacob     67—71,      195,     200, 

324,  340. 
Jaeckh  204,  325  ff. 
Jansen   179. 
Jensen  204. 
Johnston  332. 
Joly  331- 
Jorga  342,  354- 
Juwaini  337. 
Juynboll  20g,  331,  332,  33g, 

345,   34(>,  347,  457,  45^. 


Kahle  184,  340.    355  ff,  ; 

Al-Käli  451. 

Kampffmeyer   177,   210. 

Karpinski   190. 

Karstedt  351,  461. 

Kazem  Zadeh    184. 

Kern  458. 

el-Khazreji  338. 

Kihato  352. 

al-Kindi   195. 

Kittlaus  216. 

Klamroth  178,  216,  352.462. 

Klippel  364. 

Kohler   184. 

Köhler   179. 

Köprüsadeh  45'- 

V.  Kraelitz-Greifenhorst  342. 

Kratchkowsky  196,  329,  347. 

Krauß  446. 

Krenkow  338, 

Kriele  352. 

Krom  346. 

Krüger-Westend  444. 

de     Lacharriere     210,      349. 

459- 
de  La  Courbe  459. 

Laing  461. 

Lal  339- 

Lambert  209. 

Lammens     179,      184,     188, 

263 ff.,  334,  449- 
de  Landberg,  Comte  338. 
Landrieux  350. 
Lane  Poole   188. 
Largeau  213. 
Larson  203. 
Leander   195. 

Le  Chatelier  (A.  L.  C.)  202. 
Le  Coq  331- 
Leeder  214. 
Lees  341- 
Le  Frangais  459. 
Legrand  209. 
Leonard   183. 
Lepsius  342,   352, 
Le  Strange  200. 
,  Leszynsky  333. 
I  L^vy,  E.   210. 


Levy,  L.-G.  445- 

Levy,  Sam.  455. 

Lichtwark  200. 

Lippmann  334. 

Littmann      134,     300 — 301, 

441,   333.  345- 
Löbner  352. 
van  Loo   210. 
Low  450. 
Lüders  17g,    iSo,  206,  342, 

343,    454,  455,  459,  4(>o. 
Lukach  342. 
Lunt  333. 
Luzzatti  343. 

Macdonald     183,     184,    196, 

331- 
V.  Macli  455. 
Mac  Michael  213. 
Mahmoud,  Fathy   184. 
Majereczak  202. 
Mangin  210. 
Mar^ais    149IT. 
Margoliouth    184,    196. 
Marquart  303,  461. 
Martell  457. 
de  Marthold,   338. 
Martin   340,   459. 
Martineau  457. 
Martinowitsch  348. 
Maspero  449. 
Massignon  324,   165  ff.,  185, 

200,   204. 
V.  Massow  205. 
Mattsson  342. 
Maunier  209,   210. 
Mawlawi  M.  Hidayat  Husain 

338. 
Menant  208, 
Mensching  462. 
Menzel  123 — 142,  142 — 143, 

443. 
Mercier  349. 
Merkurjew  331,  446. 
Merlin  214,   351. 
Meyer,  Ed.    185. 
Michaux-Bellaire  211.  350. 
Michel  Bey  S.  Chacavat  333. 
Mielck  182,    183,    iSä,  190, 


Autorenverzeichnis. 


467 


■200,  20 r,  202,  20J,  S31-, 
33^,  3-fo,  S4r.  347-  3Jf' 
444,  n33,  4('(>,  4^1- 

Miller  342. 

Millet  451.  459- 

Milliot  350. 

Milowanow  454. 

Mitchell   216. 

Mittwoch   1S5,    190,   201. 

Moberg  338. 

Modat  214. 

Mohamed    Farid     Bey     205 

455- 
Molostwowa   172. 

Monchicourt  459. 
Mondain  351. 
Monster  346". 
Montet  342,   350. 
Moquette  209. 
Moreau  211,  350. 
Morelli  331,   333- 
de  Morgan  449. 
Morgan-Shuster  344. 
Morison  346. 
Moritz   191. 

von  Mülinen,  Graf  305. 
Müller,  D.  H.   122. 
Müller-Poyritz  445. 
Muhammed  *Asal  338. 
Muhammed    Hilmi    Issa  Bey 

2  10. 
Muhammed  Farag al-Minyawi 

187. 
Muhammed  es-Sädeli  350. 
Musil  202. 
Myhnnan    197. 
Mylrea  208. 
V.  Mzik   196,  433  ff>  457- 

an-Nabhäni,  Vüsuf  b.  Ismä'il 

216. 
Nallino  348. 
Navarre  350. 
Nemeth    188. 
de  Neveu  459. 
Nicholson   185,   338,  450. 
Nicolas  207,  338,  445. 
Nielsen  216,  338,   352. 
Nikolaisen  342. 
Islam.     I\'. 


Nikolsky  453. 

Nöldeke  12 j — 122,  314,  450. 

Noray   211. 

Nord  205,   342. 

Nores  446. 

Nuesch   216. 

Oestrup   205. 

Olesnjicki   123  ff. 

d'Ollone  458. 

'Omar  Khajjam  338. 

van  Ossenbruggen  208,   346. 

Ostler  350. 

Osztern  188. 

Paccard  446. 

Pacho  365  ff. 

Pavlovitsch  202. 

Pedersen  iSo,  181,  186,  igj, 
796,  797,  204,  20s,  206, 
20g,  2j8,  333,  33S,  34-- 
343,  344.  345,  34(>,  349> 
3SI.    352,  334,    186. 

Pervinquicre  350. 

Pfander  462. 

Pfister  448. 

Pinon  455,  459- 

Plantet  350. 

Poignant  206. 

Pollak  338. 

Pommereau  446. 

Ponty  214. 

Popper   195,  451- 

Potter  217. 

Printz  338,  34g, 

Prym  299. 

al-Quhaif  al-'Ugaili  338. 

ar-Raba'l  451. 
Rabino-  345,  457- 
Rapson  346. 
Raunkiär  206,   343. 
Raux  451. 
Reckendorf  324. 

Reid  347- 

Reitemeyer  201. 

van    Rensselaer  Trowbridge, 

353- 


Rescher  ijjy  ijj- 

Kesid  Ridä,  Muh.   182. 

Ricard   348. 

Richmond  201. 

Richter,  J.   333. 

Richter,  P.  334.  353 

du  Rieu  208. 

Rinkes  346. 

Ritter,  E.    341 

Ritter,  G.  323—328. 

Ritter,  H.  77<?,  779,  180^  182. 
1S3,  184,  185,  187,  188, 
195,  ^96,  197'  202,  203, 
20J,  208,  20g,  211,  213, 
214,  216,   330,  331,  332, 

"'  337,  338,  342,  344y  345, 
348,  350,  44J,  447,  448. 
450.  45(>-    457-  438,  459- 

Ri viere  340. 

Roemer  330. 

Rohlfs  459. 

Rokey  353. 

Roloff    186.    335-    350.  446. 

455- 
van  Ronkel  338,  347. 

Ronzevalle  451. 

Röscher  212. 

Röseler  462. 

Rosinthal   341. 

Rühl  349- 

Ruiz,  Albeniz  350. 

Rusk2ii4— 66,162,163— 164. 
igo,  192.  193,  194, 
236—262,  320—324,  334, 
335-  336,  337,  449,  45o, 
450- 

Saadi  339- 

Safvet  Bey    179. 

Sage  210. 

Saint-Calbre  350. 

Säle  339. 

Salemann   196. 

Salmon  337. 

al-Sam'äni  338. 

Samojlowitsch  329,  444,  452. 

Sarkar '333,  449- 

Sarkinian  348. 

Sarkissian  461. 


3-' 


468 

Sarre    199,   202. 

Savine  350. 

Schabinger  459. 

Schaefer    186,  331,   348. 

Schäfers   186. 

Schander  350. 

Schanz   348. 

Schelenz  334. 

Scheltema  206.  458. 

Schimming  462. 

Schmidt,    A.    E.     174.    329, 

330,  445,  446. 
Schmidt,     F.     F.     77^ — 776, 

7^7,    ig2,  S2g,  SSO,  S48, 

444,    445,  44(>,  45',  452, 

453,  455. 
Schoenfeld,  202. 
Schouboe  206. 
Schroeder  206,  343. 
Schultze  218. 
Schwally   210. 
Schwarz   345. 
Schweinfurth   190. 
Seeliger  448. 

Seidel    iSg,    igj,  208,   191. 
Semjonoff,    (Semenow)    192, 

446,  454- 
Seroka  211. 

Seybold  iSJ—^5J,  449.  452- 
Shedd   215,  217. 
Simar  461. 

Simon  215,    217,   218,    462. 
Siraj   ud-Din  462. 
Sixtus,  Prinz  v.  Bourbon  202. 
>;niit  353. 
Snouck  Hurgronje  77J — 14S, 

187,    206,  331,  346,  449, 

457,  458. 
Soane  343. 
Sobernheim   1S8. 
V.  Staden   178, 
Stavenhagen  455. 


Autorenverzeichnis. 

Stegmann  335. 
Stein  332,  447. 
Sleindorff  206. 
Stern  218. 
Stigand  351. 
Storbeck  461. 
Stourdza   449. 
Strothmann  72 — 86,  445. 
Strub  353. 
Struck  218. 
Strupp  343.  455>  459. 
Stube  202. 
Stübler  463. 
Stuhlmann  211,  303. 
Sukrl  al-Hüri  342. 
Swan   187. 

Taeschncr   192. 
Tardieu  459. 
Tauxier  351. 
Terrier  214. 
Thompson  348, 
Thorning  447. 
Thurston  208. 
Toussaint  339. 
Tremcarne   214. 
Trenga  350. 
Trombetti  460. 

Ubicini  343. 
Uebersberger  206,   341. 
Ulrich    187. 
Upson    187. 

Vambery  455. 
Veit  300  f. 

Veläzquez  Bosco  341. 
Vimard  455. 
Vincent  341. 
Vinson  457. 
Vissiere   209,  347,  458. 
Voinot  350. 


I 


Wadjdi,  Muh.  Farid.   332. 
;  VVady  457. 
1  Warner  337. 
I  de  Warzee  345. 

Wasiljew  333. 

Watson  2 1 8. 
'  Weinzelt  341. 

Wellejus   218. 

Wellhausen  334. 

van  Wely  ^t,2. 

Wensinck  2i()ß'. 

Westbroük  339. 

Westermann   218,    460,  461. 

Westermarck  350. 
j  Whitney  448. 

Wiedemann,   E.  j — is,  Jgo, 

193.    194-  335.  Uf',  450. 
I  Wiedemann,  M.  345. 
Wiener    2jo Jf.,  s^Tf.,  445- 
Wiet   197. 
Wilken   208,   346. 
Willcock   205,   2ü6. 
Winckler  301  f. 
Winkler  460. 
Wirth  206,  455. 
Witte  353. 

Woodnian  Stocking  207. 
Woodward  354. 
Wortabet   197,  339. 
Wright  347. 
Würz  354. 

Yver  351. 

Zavarin    i  23  ff. 
Zeb-un-Nissa  339. 
Zettersteen    197. 
I  Zimin  453,  454. 
Zimmerer  445. 
Zwemer  332,  343,   351,  354, 
441  ff. 


4 


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DS 
36 
17 

Bd. 4 


Der  Islam 


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