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Full text of "Der katholische Charakter der Wiener Universität: Eine Denkschrift der ..."

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DER 



KATHOLISCHE CHAEAKTER 



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WIENER UNIVERSITÄT. 



EINE DE:iSrK.SCHRIET 



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TIIEOWIGISCHEN FACÜLTÄT. 



WIEN, 1863. 

VÜRLAIJ IH!II ^lIECiriTlI.VHISTF.N-^IOStiHKli.lTlftSi.S-llllftHBAKDM!»«. 





LIBRARY 

UNIVERSITY OF 
CALIFORNIA 





DER 



KATHOLISCHE CHARAKTER 

DER 

WIENER UNIVERSITÄT. 

EINE DENKSCHRIFT 

DER 

THEOLOGISCHEN FACDLTÄT. 



t)^c>'. n^rv^ 1 1 •. •.n-.'i gC/«».^'. I^r^t^^io-t ic /fi^v/.-',>. 



WIEN, 1863. 

VERLAG DER MECHITHARISTENCONOREGATIONS-BUCnHANDUJNO. 



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LFirif- 



DER 



KATHOLISCHE CHARAKTER 



DER 



WIENER UNIVERSITÄT. 



572 



Al-ui 22. September 1364 hatte Papst Vrbaii \. von dem 
Bischöfe Johann von Brixen, Kanzler des Herzogs taddf IV. von 
Oesterreich, nähere Auskünfte verlangt, ob die Verhältnisse 
zur Errichtung einer IJiiif ersit&t in Wien günstig und von wel- 
cher Art die, ihr von dem Herzoge zugedachten, Privilegien 
und Freiheiten seien. Der Herzog hatte nemlich dem Ober- 
haupte der Kirche die Absicht kund gegeben, in seiner Resi- 
denz eine Hochschule zu gründen. 

Am 17. März 1365 erwiederte der Bischof, dass er Stadt 
und Umgegend für diesen Zweck sehr tauglich erachte und 
die Stadtgemeinde hiefür sehr günstig gefunden habe. lieber 
den Inhalt der Stiftung aber schliesse er eine Abschrift des 
herzoglichen Briefes bei [Klnk, Oesckickte der kaiserlichen Uni" 
versitäi zu Wien, Erster Bandy erster Theil (Wien, 1854J, S. 4. 5; 
zweiter Theil ^ 8. 1 — 3]. 

Dieser herzogliche Brief war eine förmliche SUftungs- 
Urkunde^ datiert vom 12. März 1365. Schon am 7. März 1365 
hatte Bischof Albert von Passaa, zu dessen Sprengel Wien ehe- 
mals gehörte, für sich und seine Nachfolger, in die Errichtung 
einer hohen Schule zu Wien gewilligt [Schlikenrieder, Chronolo- 
ffia diplomaUca ühiversitatis Vindobonensis ab anno 1237 — 1384 
(ViennaBy 1763. 4.)ypag. P], die eben erwähnte Urkunde sofort 
nach Ortolf, Erzbischof von Apamea, nach dem. päpstlichen 
Nuntius, Agapit von Colonna, nach Paul Bischof von Freising, 
Stephan Bischof von Agram, und vor dem herzoglichen Kanz- 
ler, Johann Bischof von Brixen, vor den Bischöfen Johann von 
Gurk und Petrus von Markopolis, vor den Achten Johann von 
Melk, Conrad von St. Paul im Lavantthale, Ulrich von Obern- 
burg, Clemens zu den Schotten in Wien, wie vor den Pröpsten 
Ortolf von Neuburg, Ulrich von St. Polten und vor einer lan- 
genReihe von Grafen und Herren aus den herzoglichen Landen 

1 



mit unterfertigt, nachdem gegen den Schlus? des Documentes 
bereits die nachstehende Erklärung eingebracht war: 

»Que cum omnibus punctis, articulis et capitnlis in ea compre- 
hensis per consensum, scitum et vohmtatem nee non per patentes 
litteras Reuer endi in Christo Patris Domini Alberti Patauiensis Ec- 
clesie Episcopi tanquam ludicis ordinarij tocius Cleri in sua diocesi 
et dicta villa Wiennensi constituti confirmata, approbata dinoscitur 
et firmata**. [Cf. Zeitschrift für die gesammte katholische Theologie^ 
herausgegeben von der theologischen FacuUät zu Wien^ 2. Band 
(Wien, 1851), S. 313 f., Änm. 1; dann Kliik, zweiter Band, S. 21], 

Der Herzog hatte in der sichern Erwartung der nachfol- 
genden förmlichen päpstlichen Bestätigung, statt eines dem 
Papste erst zu übersendenden Entwurfes, gleich die endegiltige 
Ausfertigung der Stiftu^gs-Urkunde verfügt und in diese sel- 
ber die erhoffte Beistimmung des Papstes antidpando aufge- 
nommen. P. irbaii T, ertheilte, am 18. Juni 1365, zwar die nach- 
gesuchte Zustimmung zur Errichtung einer Universität in 
Wien im Allgemeinen, nahm aber hievon die theologische Fa- 
eultät aus, wie diess sein Vorgänger Nicolaus IV. schon in den 
Jahren 1289 und 1290 bei den Universitäten Montpellier und 
Lissabon, und Urban selber im J. 1364 bei jener von Krakau 
gethan hatte, da einerseits bei dem aufrechten Fortbestehen 
theologischer Studien in den Dom- und Klosterschulen ein 
diessfälliges Bedürfniss weniger vorlag, und die Vermehrung 
der theologischen Facultäten auch aus andern Gründen eine 
gewisse Vorsicht erheischte, wie denn die uralte Universität zu 
Bologna erst im J, 1362 durch P. Innocenz VI., jene zu Padua 
erst hundert Jahre nach ihrem päpstlich privilegierten Be- 
stände, nemlich im J. 1363, durch Urban V. eine theologische 
Facultät erhalten hatte (cf. Kink, 7., i., 8. 4. 6. 10. lly Text und 
Anmerkungen). 

Die diessfällige päpstliche Bulle lautet, hieher gehörig, 
(Kink,n., 8. 26—28): 

„llrbaiiTs EpUe«pD8 semos seruoram dei ad perpetnam rei me- 
m^rlam« Tn suppreme dignitatis apostolice specula licet immeriti 
disponente domino constituti ad vniuersas ßdelium regiones eorumque 
profectus et commoda tanquatn vniuersalis gregis dominici pastor 
commisse nobis speculacionis aciem, qvantum nobis ex aho permittitur, 
extendentes fidelihus ipsis ad querenda literarum studia, per que 
diuini nominis suequefidei cath^lice cultus protenditur, iusticia co- 



litar, tarn publica qvam pri^ata res geritur vtiliter omuisque prospe- 
ritas humane condicionis i^fugetur libenter fauores graciosos impendi- 
mus et oportune comoditatis auxilia liberaliter impertimur. Cum ita- 
que sicut nuper pro parte dilectj filij nobilis Viri Rudolfi Ducis Austrie 
fuit propositum in consistorio coram nobis ipse Dux non solum ad vti- 
litatem et prosperitatem huiusmodi rei publice et incolarum Ducatus 
sui Austrie, sed eciam aliarum parcium vicinarum laudabiliter inten- 
dens in villa sua Viennensi Patauien, diocesis in Ducatu predicto 
consistente tanqvam insigniori et magis ad hoc accomoda et ydonea 
plurimum desideret fieri et ordinari per sedem apostoUcam Studium 
generale in qvalibet Udta facultate^ vt ibidem fides ipsa dilatefnr, eru- 
diantur simplices, equitas seruetur ludicij, crescat racio et inteilectus 
hominum augeatur. Nos premissa ac eciam eximiam fidei et deuodanis 
sinceritatem qvam tarn ipse Dux qvam progenitores sui Duces Au- 
strie ad sanctam Romanam ecclesiam gesserunt^ prout ipse Dux ge- 
rere dinosdtur^ attente considerantes feruenii desiderio ducimur, 
quod Ducatus et viUa predicti scienciarum muneribus amplienter, vt 
viros producant consilij maturitate conspicuos, virtutum redimitos 
omatibus ac diuersarum facultatum dogmatibus eruditos sitque ibi 
scienciarum fons irriguus, de cuius plenitudine hauriant vniuersi V* 

terarum cupientes imbui documentis. Hijs igitur omnibus 

diiigenti examinatione pensatis de fratrum nostrorum consilio 

auctoritate apostoUca statuimus et eciam ordinamus, vt in dicta villa 
de cetero sit stvditmt generale iUudque perpetuis temporibus inibi vi- 
geat tarn in iuris Canonici et ciuilis qvam alia qvalibet licita preter* 
qvam theologica facultate^ et quod legentes et studentes ibidem Omni- 
bus priuilegijs libertatibus et immunitatibus concessis Doctoribus le- 
gentibu^ et studentibus comorantibus in studio generali gaudeant et 
vtantur. Qvodqve illi qvi processu temporis bravium meruerint in illa 
facultate, in qva studuerint, obtinere sibique docendi licenciam vt alios 
erudire valeant, ac Doctoratus seu Magisterij honorem pecierint elar- 
giri, per Doctores seu Doctorem ac Magistros seu Magistrum illius 
facultatis, in qva examinacio fuerit facienda^ Preposito ecclesie omnium 
SanctoTum. dicte viUe^ qvi pro tempore fuerit vel prepositura ipsius 
ecclesie vacante Uli qvi ai hoc per dilectos filios capitulum eiusdem 
Ecclesie deputatus fuerit, presententur. Idem (^o^yq prepositas aut 
d^utatus vt prefertur Doctoribus et Magistris in eadem facultate 
actu inibi regentibus conuocatis illos in hijs qve circa promouendos 
ad doctoratus seu Magisterij honorem reqviruntur , per se uel alium 
iuxta modum ^et consuetudinem , qui super talibus in generalibus 



studijs obseruantur, examiitare studeat diligenter eisque si ad hoc 
sufficientes et ydonei reperti fuerint, huiusmodi iicenciam tribuat et 
Doetoratus seu Magisterij conferat honorem. Uli vero qoi in eodem 
studio dicte ville examinati et approbati fuerint ac docendi Iicenciam 
et lionorem huiusmodi obtinuerint vt est dictum, ex tunc absque exa- 
mine et approbacione alia regendi et docendi tarn in viUa predicta 
qvam singulis alijs generalibus studijs, in qvibus voluerint, regere 
uel doeere, statutis et consvetudinibus qvibuscunque contrarijs apo- 
stolica uel qvacunqve firmitate alia vallatis neqvaqvam obstantibus, 
plenam et liberam habeant facultatem. NuUi ergo omnino hominum 
liceat haue paginam nostre constituciohis et ordinacionis infringere 
uel ei ausu temerario contraire. Si qvis autem hoc attemptare pre- 
sumpserit, indignacionem omnipotentis Dei et beatorum Petri et 
Pauli apostolorum eins se nouerit incursurum". 

»Datum Auinione XIIII. Kai. Julij Pontificatus nostri Anno 
tcrcio«. r)Q. de Romanis«. 

Der Eingang zu dem herzoglichen Stiftbriefe lautet 
(Kink, II, S. 1 — 5), wie folgt: 

»In Nomine Saiiete St IndlTidae Trinltatis Amen«, 

»RudolfFus quartus, Albertus et Leupoldus Fratres vterini Dei 
gracia Archiduces Austrie Styrie Karinthie et Carniole Domini Mar- 
chie Sclauonice ac Portus naonis Comites in Habspurg Tyrolb Fer- 
reti et in Kyburg Marchiones Burgouie et Landgrafij Alsacie omnihus 
Christi ßdelibus presencium auditoribus seu lectoribus nunc et tem- 
poribus in futuris Saluteni in Domino cum noticia subscriptorum. 
Omnipotentis Dei dementia que de sue Dimne Maiestatis throno et 
celsitudine nos a cunctis nostris prioribus in hec tempora natural! 
propagine et antiquo stipite principatus decorauit tytulo, et commit- 
tendo nobis sue gentis multitudinem et terre latitudinem non modicas 
nos eciam uoluit principari, pro quo tenemur ex debito sibi graciarum 
acciones multiplices et genti nobis commisse ad defensionem Judicij 
equitatem, fauores, beniuolencias ac ad cetera pietatum opera obliga- 
mur, Nos pronos reddit et beniuolos ac interno quodam instinctu exi- 
git ea ordinäre , statuere et disponere in subiectie nobis terris et gen- 
tibus, per que Creatoris nostri clemenda laudetur in ceUs et eins «r- 
thodoM Me^dilatetur, erudiantur simplices^ equitas seruetur iudicij, 
humanus illustretur intellectuSy augeatur racio, crescat respuhlica et 
ad Sancti Spiritus illustracionem corda dispOTiantur hominum, Quod 
propulsis ignorancie tenebris et errorum deuijs diuinam sapienciam, 
que maUvolam non ingreditur animant^j aptati de thesauris suis noua 



producant et veter a et fructificent multipliciter super terra. Hinc est 
quod nos tanquam doiiatorimi bonorum grati receptores, volentes 
quoque pretactis pronitati et instinctui satis facere saltem aliquantu- 
lum ad dei laudem et ffloriam, utilitatem et profectum humani gene- 
ris, %h salüteiii aninamm n^stre prioritatis inelile ac n^straram nee 
non ob augmentum Reipublice et ob speeialemprerogatiuam et digni* 
tatem Ducatus Austrie et ville nostre Wiennensis matura deliberacione 
et diligenti consilio preuijs adhibitis eciam solemnitatibus verborum, 
operum et gestumn consuetis et debitii» ad hoc oportunis et necessa- 
rijs pro exigencia Kbertatum, lurium et consuetudinum nostrorum Du- 
catuum et specialiter nobis et predigne Terre Austrie, quibus iuxta 
continenciam priuilegiorum et litterarum' nostrarum a Diuis Romanis 
Imperatoribus et Regibus sumua priuilegiati , dignificati et in Princi- 
pes sublimati, de gracia, concessione et tndvMo Sanctissimi in Chri- 
sto Patriß et Domini nostri Domini Vrbani quinU sacrosancte Ro- 
mane ac Vniuersalis Ecclesie summi Pontificis, nostro ac nostrorvm 
heredvm et posterorum omnium in perpetuum nomine dotauimus et er- 
reximus rite et legitime et de certa sciencia dotamtis et erigimus pub- 
licas et priuilegiatas scolas et Studium generale in dicta VUla nostra 
Wiennensiy quam ob incolarum suorum fidem puram^ deuocionem sin- 
ceram et probitaiem eximiam singvJari fav^ore prosequimur ^ In cuius 
eciam ville parochiaU Ecclesia Sancti StepJiani in breui temporis spa- 
cio Deo Äuspice in Preposituram seu collegiatam Ecclesiam sub Tio- 
nore Sanctorum omnium redigenda sepulturam nostram eUgimus ibi 
aduentum iusti ludieis expectaturi. Ita videlicet qaod in dicta villa 
Wiennensi ex nunc in antea perpetuo iuxta ordinaciones et consue- 
tudines obseruatas et habitas retroactis teraporibus, Primo' scilicet 
Athenis ciuitate precipua Grecie , deinde Rome que caput est orbis 
et po&t hec Parisijs, Regni Francie ciuitate principali scole publice 
ac generale et priuilegiatum Studium obseruentur, Ibique legantur, 
doceantur et discantur Diuina sciencia ^ quam Theoloycam. vocamus^ 
artes et seiende naturales^ morales et liberales^ Iura Canonica et cm- 
liaj Medidna et alie facuUates licite et permisse^ , 

»Ceterum quia amma quiescendo sciens et prudens efficitur nee 
passionata sciendam possidebit^ tum pro Magistrorum studio et lec- 
tura peragenda tum eciam pro studencium et scolarium dicti studij 
tarn de remotis quam de vicinis partibus adueniencium profeetu et 
augmento discipline scolastice, qui Diuino aspirante lumine continui- 
tate studij de bono in melius y de meli^ori in Optimum <, de virtvie in 
virtutem ad sublimia scienciarum et virtutum cuncio tempore debent 



6 

et possunt proiAßhi j Reputamus summe necessarium dicti studij Vni- 
tiersitatem ac docencium et discencium colUgium specialibus defen- 
sionibus et comodis indigere et precipue quod comunium et vulga- 
rium hominum habitacione semoti in loco distincto firmis septis inclu- 
dendo actus scoiasticos exercere, et peragere valeant non prepediti 
strepitu populari«. 

Im weitern Verlaufe des herzoglichen Stiftbriefes heisst 
es sodann (Kink , IL^ S. 11 und 12), hieher gehörig: 

})In hat; eciam ordinacione statuentes, omnes Magistros, Studen- 

tes et Scolares dicte Vniuersitatis eximimus et absoluimus 

ab omni steura, exaccione, onere et seruicijs oppidanorum Wiennen- 

sis Ville seu oppidi Volentes eos exemptos fore omnino 

tum a dicto exaccionis genere, tum eciam a strepitu ludicij secularis, 
tali determinacione addita, si, quod absit, aliquis Magistrorum, Stu- 
dencium uel Scolarium dicte Vniuersitatis in sacris constitutorum or- 
dinibus siue non pro tali excessu nephario, ob quem de iure, si foret 
laycus membrum Vniuersitatis non existens, esset ad mortis exicium 
condempnandus, vbicunque in nostris terris deprehensus fuerit, debet 
R^ctori dicte Vniuersitatis et studij presentari, cor^m quo, si de eo- 
dem excessu, prout Ins uel consuetudo loci exigerit, conuictus fuerit, 
idem Rector debet ipsum ludici Curie Prepositi Ecclesie omnium 
Sanctorum Wiennensis presentare contradiccione qualibet non ob- 
stante de eodem fore factore conuicto vt predicitur facturo lusticiam 
prout consuetum ftierit iuxta canonicas SancdoneSy qui prepositus 
erit nostri Duoatus Äustrie et dicte Vniuersitatis supremus Can- 
cellarius*^. 

Sodann liest man (Kink, 11.^ S. 18) weiterhin: 

nSane vt magis disciplina Scolastica eleriealis reliffionis, Ka- 
tholice institucionis ac humane discrecionis cerimonie a membris dicte 
Vniv^ersitaüs purius et rigidius ohsertientur, declarantes presentibus 
quo supra nomine volumus, quod si quis in Magistrum uel Studentem 
dicte Vniuersitatis sue honestatis et salutis immemorem cum sua 
uxore agentem turpiter deprehensum manus violentas iniecerit uel sibi 
offensam irrogauerit, pro eo per nos, Rectorem uel ipsam Vniuersi- 
tatem non est aliqualiter puniendus, Nolentes, aJiquam personam dicte 
Vniuersitatis quo ad hunc casum indultis sibi priuilegijs et iuribus 
perfrui et gaudere«. 

Kurz hierauf aber (Kink, II,, 8, 19): 

nSi autem in iam tacta Rectoris eleccione inter dictos procura^ 
tores duo a duobus equaliter discordarent, Rector preteritus, cuius 






tunc expirauit officium, sit superior, qui si mortuus uel tante debili- 
tatis extiterit, qnod dicte eleccioni interesse non valeat, pr^ositus 
Ecchsie Sanctorum ommumin WienruZy qui vt predidtur VniuersUa- 
tis est CanceUaritiSySui^enor habeatur et in quemcnmque artistam dicti 
quatuor Procuratores concorditer uel eorum tres uel duo vna cum 
superiore concordauermt, tocius Vniuersitatis et Studij Rector erit in 
presencia Rectoris preteriti et quatuor Procuratorum anulo per noB 
ad hoc Vniuersitati donato specialiter per dictum prepositum inuesti- 
endus de Officio Rectorie«. 

Und wieder (Kink, IL, S. 19. 20): 

»Prenotata eciam Vniuersitas magnum sigiüum habeat pro Om- 
nibus suis causis in scriniolo ; id ipsum scrinioltun reponi 

debet in magno scrinio forti ferreis firmato ligaminibus et sexseris et 
clauibus comunito, quarum vnam Prepositus dicte Ecclesie omnium 

Sanctorum Vniuersitatis Cancellarius seruet. In quo eciam 

scrinio magno reponendo in interiori et secreta sacristia dicte Eccle- 
sie omnium Sanctorum priuilegia, Instrumenta et littere Vniuersitatis 
prebabite conseruentur«. 

Endlich (Itink, IL, S. 20): 

nNos Rudolftis, Albertus et Leupoldus fratres domini dictarum 
terrarum recognoscentes expresse et ex certa sciencia dicte Vniuer- 
sitati concessisse, indulsisse et dedisse Jura, Gracias, libertates et 
priuilegia prenotata promisimus et per presentes bona fide ac verbis 
nostre ducalis dignitatis promittimus pro nobis, nostris Heredibus et 
Successoribus Vniuersis, quos obligamus et astringimus firmiter ad 
horum ratihabicionem et obseruanciam inuiolabilem , ea omnia et sin- 
gula, prout sunt specificata superius, rata, grata, firma et inconuulsa 
habere perpetuo et serudre, quodque nos dicte Vniuersitati et studio 
eadem Jura, priuilegia et gracias iuxta ipsius necessitatem , pro tem- 
porum et negociorum qualitatibus meliorare, extendere et ampliare 
volumus ad Consilium dicti sui CanceUarij, Rectoris, quatuor procu- 
ratorum et trium Decanorum, quociens tota ipsa Vniuersitas ex cau- 
sis racionabilibus et legitimis nos requisierit et pecierit super eo. Se- 
nior quoque Dux Austrie primo sue recepcionis, admissionis et In- 
gressus tempore promittet ad manus Rectoris, qui tunc fuerit, se pre- 
missa omnia et singula absque dolo toto sue vite tempore inmarces- 
öibiliter seruaturum». 

In dem Stiftbriefe, Aveichen Herzog Rudolf IV. , am 
16. März 1B65, für die Dom-Propstei zu Wien causgefertigt 



8 

hatte, findet sich die nachstehende, hieher bezügliche^ Stelle 
(Kink , 71., S. 2ö; cf. /., i., S. 9 mb 3): 

„ An den grossen Hochzeiten, daz ist an dem 

Weihnacht Tag, an dem Oster Tag, an dem Phingstag, an allerheil- 
ligen Tag, an aller Seellen Tag Vnd an Vnser Frauen Tag zu ihr 
schiedtung, an gottsleichnamb Tag, vnd an Vnsern Jartag soll der 
Schnell Maister der gro^ssen Schnell mit ganzer Vniuersitet der Mai- 
cter, Studenten vnd Schneller bey sein vnd helffen zusingen vnd 
Vmzugan, in der vorgenanten Vnser Stüfft, vnd ander Ding da vol- 
bringen, alss Wür vnd die Vorgenanten vnser Vniuersitet darüber 
vnser brief der Eegenanten Vnser Stüfft geben, vnd soll Kein Schnel- 
ler bertihrn in die Eegenanten Vnser Kürchen zu allen Heiligen zu 
Gottesleich dienst ohn ein Korreckhl aussgenommen die grossse 

Maister vnd alt Studenten seyt der All- 

mechtig Gott die gnad auf Vnss gelegt hat, vnd Vnss darzue mit sei- 
ner barmherzigkait Erwöhlt hat, daz Wür Nun solten Stüfften vnd 
Pauen 2 löblich vnd Nuz-Stüfft der Christenhait, aines mit disfer vn- 
ser Stüfft, dauon Er Ewigclich gelobt soll werdten, die Ander mit der 
grosssen Schnell in vnser Statt ze Wienn , dauon seyn Christlicher 
glaub gemehrt soll werden, dauon Hainen wür, seyd wür die beede 
Stüfft gethan haben, dai aaek dieselbe 2 StAfft Bwlgcllek ca alnander 
laalner Terphlicbtan^ vad ainang heletbeii sollen vnd in Würden Ain- 
ander Halten, alss die brieff Sagend die darüber von Vns vnd in 
eegeben worden!«. 

Am 19. Juli 1365 hatte P. Urban V. gestattet, dass die 
Meister und Studenten der Wiener Universität auf fünf Jahre 
von der Residenz im Orte ihres Beneficiums dispensiert blei- 
ben sollen (Kink, i., 1., S. 10—12). 

Im Eingange der hieher bezüglichen Bulle heisst es 
(Kink, IL, S, 29. 80): 

„Trbanas Episeopas serna« seradram dei Düeetis filijs, vniuer- 
sis Doctoribus Magistris et Scolaribus Study Wiennen. Patauien. dio- 
cesis salntem et apostolicam benediccionem. Dum attente considera- 
cionis indagine perscrutamur , quod per litterarum studia eo<iperaBte 
illo a qTo 0miilain earismatim doaa manait, viri efficiuntur sciencrjs 
eruditi, per qvod equum ab iniqvo discernitur, erudiuntur rüdes, pro- 
uecti ad altiora concrescunt et fides catholiea roboratur, libenter non 
solum loca, vbi huiusraodi poUent studia, sed studentes in eis muni- 
mus gracijs etlibertatibus honoramus. Vestris itaqve supplicacionibus 
iiiclinati vobis auctoritate apostolica tenore presericium indulgemus, 



9 

vt uoß et uestrum singuli in loco Wiennensi patauien. diocesis litera- 
rum studio insistendo fructus redditus et prouentus vestrornm bene- 
ficiorum ecclesiasticoriim , eciam si digiiitates, peraonatus et officia 
existant et cur am habeant animarum, dummodo in catbedralibus post 
pontificales maiores et in collegiatis Ecclesijs principales dignitates 
huiusmodi non existant, cum ea integritate vsqve ad qvinquennium a 
data presencium computandum, cotidianis distribucionibus duntaxat 
exceptis, percipere libere valeatis, cum qva illos perceperitis , si in 
Ecclesijs, in qvibus beneficia ipsa fuerint, personaliter resideretis et 
ad residendum interim in eisdem Ecclesijs minime teneamini, neqve 
ad hoc a qvoqvam inuiti valeatis coarctari«. 

In dem Statute der Universität über die Eintheilung ihrer 
Angehörigen in vier Nationen, vom 6. Juni 1366 {Kinkj IL^ 
S, 32 — 34)y heisst es unter Anderm: 

„Rector et Vniuersitas Doctorum Magistrorum et Scolarium 
studij Wyennensis Patauien. Dyocesis salutem et noticiam subscrip- 
torum. Quia diuine sapiencie inestimabilis altitudo Vniuersitatem en- 
cium qve a primordio rerum processere, mira connectens compagine 
congruo mjroqve ordine voluit coUigari, id quoque cunctis a se con- 
ditis prestitit appetere , ne limites exeant ordinis sibi diuinitus preta- 
xati, vt sie tocius nature bonitas omnisque bonitatis natura in quadam 
ordinacione consistere videatur, recte hominum prudencia circum- 
specta nature vniuersalis imitatrix sollicita cuncta humanitns agibilia 
perstringere certa ordinacione conatur«. 

Am 17. Juli 1366, also beiläufig ein Jahr nach dem Tode 
des Herzogs Rudolf IV. (f 27. Juli 1366), hatten dessen Brüder 
Albrecht III. und Leopold III. einen Brief erlassen, durch 
welchen die landesfürstliche Patronatspfarre Laa in Nieder- 
Osterreich der Universität zu Wien incorporiert sein sollte. — 
Am 5. December 1383 liess Bischof Johann von Passau, über 
das Ansuchen des damaligen Universitäts-Rectors, Donald, Abt 
zu den Schotten in Wien , eine authentische Abschrift dieser 
Urkunde ausfertigen (Kink, ü., S. 34—39; cf. J., i., 8. 13 f,). 

In diesem herzoglichen Briefe liest man unter Anderm 
(Kink, L c, S. 36 und 37): 

V Volentes idem Studium (de novo erectum in villa seu 

opido nostro Wiennensi} ad vniuersalis ecclesie fructum desideratum 
suscipere incrementum, de eorumdem maiorum et sapientum nostro- 
rum maturo consilio deliberatis animis et ex certa sciencia dictum 
Studium instaurare decreuimus sibique ac eins Magistris et Rectori- 



10 

bus subnotatis modis et vijs de oportuno et necessarie sustentacionis 
presidio prouidere, videlicet, qvod qaociens nunc in antea perpetuo 
Ecclesiam parochialem in Laa Patauiensis diocesis nostri Patronatus 
seu presentacionis, cuius verus plebanns ad presens existit peritus 
vir Magister Albertus RignnstorfP de Saxonia dicti Studij Rector, per 
decessus, cessiones uel quouis alio modo legitime vacare contigerit, 
nos et nostri Heredes honestum et ydoneum virum actu sacerdotem 
offerendum per Vniuersitatem dicti Studij Loci ordinario pro vero et 
perpetuo vicario eiusdem ecclesie debebimus presentare, qui Subdi- 
tos et parochianos habeat et debeat regere, curam animarum gerere, 
diuina ibidem consueta hactenus absque diminucione qualibet cele- 
brare et peragere, bospitalitatem teuere, Iura Papalia et Episcopalia 
persoluere ac alia incumbencia sibi onera supportare. Et eidem cedet 
et cedere debet medietas omnium reddituum, censuum, fructuum, 
obuencionum et prouentuum Ecclesie antedicte in decimis , dote , an- 
niuersarijs, oblacionibus , secretalibus ac remedijs quibuscunque. Re- 
liqua vero medietas prouentuum et fructuum eiusdem Ecclesie cedet 
et debet cedere consimiliter Magistris et Doctoribus Studij prenotati, 
que medietas inter eosdem annis singulis circa festum Sancti Martini 
ad consilium Rectoris et quatuor procuratorum nacionum Vniuersita- 
tis prefate, nee non Cancellarij, Marscbalci prouincialis Ducatus 
Austrie et Magistri Ciuium Wiennensium, qui pro tempore fuerit, 

fideliter diuidatur. Idcirco Sanctissimum in Christo patrem et 

dominum nostrum dominum Vrbanum digna Dei prouidencia Sacro- 
sancte Romane ac Vniuersalis Ecclesie summum Pontificem tenore 
presencium humiliter exoramus, quatenus ob causas pretactas pre- 
missa dignetur auctoritate apostolica confirmare^. 

Die bisher angeführten Documente beziehen sich sammt 
und sonders auf die erste^ die sogenannte Rudolfinische Stiftung 
der Wiener Hochschule. Aus diesen Documenten, resp. aus 
den hier excerpierten Stellen derselben, erhellt zur Genüge, 

1. dass diese Stiftung unter der ausdrücklichen, von dem 
Stifter selber nachgesuchten, Mitwirkung des Papstes und des 
Diöcesanbischofes zu Stande gekommen, und dass ihr, schon 
bei ihrer Errichtung das, nach damaliger Auffassung, lediglich 
ab auctoritate apostolica resultierende Promotionsrecht zuerkannt 
und in dem jeweiligen Dompropste von Si Stephan, aus päpst- 
licher, wie aus landesherrlicher Machtvollkommenheit, ein 
Kanzler bestellt worden ist; 



11 

2. dass In den landesfürstli<jhen Erections- und Bestif- 
tungs-Urkunden schon im Allgemeinen ein wohlthuender, christ- 
lich-religiöser Ton vorherrscht, im Besondern aber, ausser der 
förmlichen Anerkennung der nothwendigen HrMifh^autoritaUven 

Ooncurrenz bei der Gründung -einer jeden Hochschule, 

a) die Stiftung selber, als eine causa pia^ als ein Werk der 
schuldigen Dankbarkeit gegen Gott und zur Mehrung des or- 
thodoxen, christlichen Glaubens, wie zum Seelenheile der ver- 
storbenen, und der lebenden Mitglieder des herzoglichen Hau-* 
ses betrachtet, mit der Propstel und der GoUegiatkirche bei 
St Stephan, welche dereinst das Grab des Stifters umschllessen 
wird, in Verbindung gebracht ist und thellweise aus kirch- 
lichen Einkünften erhalten werden soll, während 

b) die ühiversitätS'Oemeinde in Strafsachen unter geistUche 
Gerichtsbarkeit und unter das Erkenntniss nach geisüichem 
Rechte gestellt, wie, als in eigentlicher geistlicher Zucht, nach 
katholischen Satzungen stehend, zur Anwesenheit bei dem feier- 
lichen Gottesdienste in St. Stephan an den höhern Festen des 
katholischen Kirchenjahres verpflichtet erscheint; 

3. dass P. Urban V., obwohl er die Errichtung einer 
theologischen Facultät nicht bewilligt hatte, in der Wiener- 
Universität dennoch ein Institut erblickt, durch welches 
der Name Gottes geehrt und der kaihoUsche Glaube gemehrt 
werden soll; wesshalb er auch keinen Anstand nimmt, alle Be- 
neficiaten, ndummodo in cathedraUbtts post pontificales mc^ores et in 
eollegiatis Eccksiis prindpales dignitates ht^usmodi non existarU^j 
welche in Wien studieren wollen , auf fünf Jahre von der Re- 
sidenz an dem Orte ihrer Pfründe zu dispensieren. 

Die Rudolfinische Stiftung war durch zwanzig Jahre un- 
voUzogen geblieben; nur die Artlstenfacultät, und diese selbst 
noch in nothgedrungener Verbindung mit der Bürgerschule 
bei St. Stephan, hatte es zu etwelchen Lebensäusserungen ge- 
bracht. Erst vom Jahre 1377 ab vermochte Herzog Albreehtlll. 
der Universität seine Aufmerksamkeit zuzuwenden. Er be- 
rief mehrere Doctoren von der Pariser Universität nach Wien, 
errichtete das CoUegium ducale und erwirkte zwei Bullen 
IJrbaa^s VI., datiert aus Neapel vom 20. Februar 1384, durch 
welche In die Errichtung der theologischen Facultät gewilligt 
und die fünfjährige Dispense von der Residenzpflicht für in 



12 

Wien studierende Beneficiaten erneuert ward (Kink /., i., 8. 
16—19; IL, 8. 43—48). 

Die er&te dieser Bullen lautet, hieher gehörig: 
nYrbaaiis SpUeopss Seraii« Seranram dei. Ad perpetsam rei 
memoriam« Dum gener osos palmites et fructus über es , quos in domo 
Dommi uitis ahundan» et arbor ferÜlis Yniuersitas videlicet dilecto- 
rum filiorum Doctorum, Magistrorum et Scolarium Studij ville Wien- 
nensia Patauiensis Diocesis retroactis temporibus ad decus et presi- 
dium singulare^ eadesie müitantis et rei publice sedulo et amene pro- 
duxit et continue producit, volumus attenta meditacione et grata me- 
moria recensere, existimamus profecto nos non immerito debitores, 
vt Vniuersitatem eandem sicnt indesinenter de bono in melius pro- 
pagatur, ita precipuis graciarum impendijs et honoribus specialibus 
decoremus, firma spe fiduciaque eonceptis, quod qutoto Yniuersitas 
ipsa preciosioribtts monilibus se conspexerit venustatam, tanto plures 
et excellenciores propagines producere ac auauiores fructus conabitnr 
enutrire. Dudum siquidem pro parte quondam Rudolphi Ducis Austrie 
exposito felicis recordacionis Vrbano pape V. Predecessori nostro, 
quod ipse Dux non solum ad rtüitatem et prosperitatem rei publice 
et incolarum Dueatus sui Austrie, sed eciam aliarum parcium vicina- 
rum läudabiliter intendens in dicta villa Wiennensi in eodem Ducatu 
consistente tanquam insigniori et magis ad hoc accomoda et ydonea 
plurimum desiderabat fieri et ordinari per sedem Apostolicam Stu- 
dium generale in qucdibet licita facvMaie, vt ibidem ides calholiea di' 
latetur^ erudirentur simpUces, equitas seruaretur iudioijy cresceret ra- 

cdo et intellectus hominum auger&turj idem predecessor de 

fratrum suorum sancte Komane ecelesie Cardinalium consilio auc- 
toritate apostolica statuit et eciam ordinauit, vt in dicta villa de ce- 
tero esset Studium generale, illudque perpetuis temporibus inibi vi- 
geret tam in iuris canonici et ciuilis quam in alia qualibet licita pre- 

terquam in Theologica facultate prout in dicti predecesso- 

ris litteris inde confectia plenius continetur" (cf. oben 8, 2 — 4). 

»Cum autem, sicut exhibita nobis nuper pro parte dilecti lilij 
Nobilis viri Alberti Ducis Austrie germani dicti Rudolphi Ducis pe- 
ticio continebat, post statutum et ordinacionem huiusmodi ipsius pre- 
decessoris Studium generale in predictis facultatibus in eadem villa 
inlroductum per Dei graciam felicibus snccessibus vsque ad moderna 
tempöra semper de bono in melius perseverans multipliciter auctum 
sit adeo, quod retroactis temporibus multi eximij in eisdem facultati- 
bus prouecti inde prodierunt et prodeunt cotidie ad magnum decus 



13 

et presidium vniuersalis ecclesie et rei publice, ac ad presens solenne 
et frequens existat, pro parte ipsius Alberti Ducis nobis fuit humili- 
ter supplicatum, ut ad hoc quod Studium ipsum iuxta ipsius Alberti 
ducis et suorum fidelium in hac parte desiderium peramplius et per- 
feccius decoretur, quod in eodem Studio sacra Theohg^ta publice 
legi possit et ibidem in eadem Theologia Studentes disputare et 
alios actus Scolasticos exercere ac Baccallariatus et Licencie ac Ma- 
gisterij bonores et gradus alios in ipsa Theologia recipere et ad illos 
promoueri possint, prout in Bononiensi uel Parisiensi aut Oantabrigie 
uel Oxoniensi Studijs gener alibus insimilibus est fieri consuetum, 
concedore de benignitate apostolica dignaremur. Nos igitur, qui Stu- 
dium sacrarum litterarum, per quas fides catholiea roboratur et au- 
getur, et rüdes ac indocti perducuntur ad agnicionem veri dei, ac- 
crescere temporibus nostris feruenter appetimus, huiusmodi ipsius 
Alberti Ducis in hac parte supplicacionibus inclinati auctoritate apo- 
stolica tenore preseneium Statuimus et eciam ordinamus, quod de 
cetero in villa predicta in eadem Theologia sit Studivm generale^ et 
quod legentes et studentes ibidem in Theologia predicta omnibus et 
singulis gracijs, immunitatibus, prerogatiuis, libertatibus et priuilegijs 
concessis Magistris, Licenciatis, Baccallarijs ac legentibus et stu- 
dentibus in dicta Theologia commorantibus in Bononiensi uel Pari- 
siensi aut predictis alijs Studijs generalibus, in quibus quod huius- 
modi Theologia legi possit, a sede apostolica est indultum, gaudeant 
et vtantur, quodque illi, qui processu temporis Baccallariatus seu 
licencie aut Magisterij uel alium gradum seu honorem in dicta Theo- 
logia meruerint, voluerint et pecierint sibi elargiri per Magistros seu 
Magistrum facultatis eiusdem prefato Preposito uel deputato huius- 
modi presententur , ipseque Prepositus uel deputatus Magistris in 
eadem facuUate actu inibi regenUhus seu alias commorantibus conuo- 
caMs illos in hijs , que circa promouendos ad Magisterij seu licencie 
vel Baccallariatus seu alium honorem et gradum in dicta Theologia 
requiruntur, per se uel alium iuxta modum et consuetudinem, qui 
super talibus in predictis Bononiensi seu Parisiensi uel alijs genera- 
libus Studijs obseruantur, examinare studeat diligenter eisque si ad 
hoc sufficientes et ydonei reperti fuerint, huiusmodi Baccallariatus 
seu licencie uel magisterij aut alium honorem seu gradum largiatur. 
Illi autem qui in eodem Studio dicte ville examinati et approbati fue- 
rint ac docendi licenciam et honorem seu gradum alium huiusmodi 
obtinuerint, vt est dictum, ex tunc absque examine et approbacione 
alia regendi et docendi tarn in villa predicta, quam in quibusuis alijs 



14 

generalibus Studijs, in quibus voluerint, regere vel docere Statutis et 
consuetadinibus quibuscunque contrarijs apostoHca uel alia quauis 
firmitate vallatis nequaquam obstantibus plenam et liberam babeaut 
facultatem. Nulli ergo omnino hominum liceat banc paginam nostre 
constitacionis et ordinacionis infringere uel ei ausu temerario con- 
traire. Si quis autem hoc attemptare presumpserit , indignacionem 
Omnipotentis Dei et beatorum Petri et Pauli Apostolorum eius se 
nouerit incursurum« *). 

»Datum Neapoli apnd malorem ecclesiam Keapolitanensem 
X. Kai. Marcij Pontificatus nostri Anno Sexto'^. »B. de Giuitate^. 

Durch die eben vorgelegte Bulle , resp, durch die Zu- 
stimmung des Papstes, l-rban Tl., war Herzog Albreeht lil. in 
den Stand gesetzt, die Wiener Universität mit der theologi- 
schen Facultät zu vervollständigen; Letztere bildet, nach der 
päpstlichen Bulle, wie nach der neuen landesfürstlichen Erec- 
tionsurkunde einen integrierenden Bestandtheil dieser Hoch- 
schule, die von nun an, rechtlich und/ac<t5cA, aust;ier Facultäten 
besteht, mit ihren Decanen an der Spitze (KinJcL, /., S. 22 sub 3), 

Der Herzog verordnet diesfalls im Stiftbriefe: 

nBli vero, qui presunt in qvxituior facnltatibus , uel ex elec- 
cione, uel ex antiquitate, Decani vocentur, quemadmodum in Pari- 
siensi studio« (Kink, Il.y S. 52; c/. 8. 63. 61 f.). 

Im Uebrigen weist die Älbertinische Erections-Ürkunde 
vom Jahre 13.84 auf die ncmliche christlich-religiöse Auffassung 
und kcdholische Qualität der neuaufgenommenen Universitäts- 
Stiftung, wenn es im Eingange heisst: (Kink IL, S. 49 und 60): 

nln a«fliine sanete et Individae trliiUatis Ameii. Albertus Ter- 
cius Dei gracia Dux Austrie, Styrie, Carynthie et Gamiole. Dominus 
Marchie Slauonice, ac Portus naonis. Gomes in Hapspurg T3rrolis, 
Ferretis et in Kyburch, Marchio Burgouie , ac Landgrauius Alsacie, 
Omnibus Christi fideUhus presencium auditoribus seu lectoribus nunc 
et temporibus in futurum salutem in Domino cum noticia perpetua 
Bubscriptorum. Sancti Spiritus qmmxmicione in mcmoriam reuocato 



*} Der nahezu wöttliche Gleichlaut der beiden päpstlichen BeBtätigung»- 
Bullen für die neu errichtete Universität und resp. für die theologi- 
sche Facultät zu Wien, von 1365 und 1384, ist unverkennbar (c/. oben 
S. 2 biß 4); es wurde aber die Bulle Urban^s VI. hier dennoch fast 
nach ihrem vollen Inhalte aufgenommen, weil sie die unentbehrliche, 
Mrchenrechtliehe Grundlage der theologischen Facultät bildet. 



15 

quomodo dudum alias in annis minoribus constituti vna cum serenis- 
simo quondam Principe, Germano nostro dilectissimo Domino Ru- 
dolfo , celebris memorie , Duce Austrie etc. tunc supergtite sancta et 
salubri coffitacione maturaque deliberacione , ac consilio diligenti 
preuijs. Adhibitis eciam circa id verbonim operum et gestuum solen- 
nitatibns consnetis et debitig ad hoc quomodolibet oportnnis, de gracia 
quoqiie, concessione^ et induUo specialibiis Sanotissimi in Christo patria 
etdomini nostri domini Yrbam Quinti Sacrosancte Rßmane (tc VniueT' 
salis ecclesie summi Pontificis, nostro ac omnium nostrorum Heredum 
et successorum in perpetuum nomine y felici auspidoy dotatumus et 
ereximus, rite et legitime, ptiblicas et priuilegiatas ScolaSj et Studium 
generale in opido seu villa nostra Wiennensi , Fatauiensis Diocesis. 
Indignum arbitramur, et incongruum, Nog, diuina clemeficid tot prin- 
cipatuum, tot dominiorum tituiis sublimatog, tantigqne prerogatiuis 
Imperialibus insignitos, rem hanc grandem et altam^ qtuz creatoris 
clemencia landabiliter in ceUs, eitisque fides orthodoxa dHatabitur in 
terris, augebitur racio, crescet respublicay et in subieciis nobis populis 
luxfulgebit iusticie et veritatisy per incuriam aut ignauiam negligere, 
sed pocius diuinalium beneficiorum gratos receptores, rem huiusmodi 
summo feruore prosequi, et pro viribus liberaliter et magnifice ad 
perfectum usque deducere complementum. Cupientes igitur apud nos 
prefatas litterarum Scolas generales incrementis semper felicibus pro- 
sperari, et tanquam hicemas in domo domini aceendi lucifiuas caU- 
ginem tenebrarum excecancium ignorande et malicie, a finibus vni- 
uer salis ecclesie, claro lumine proscriptfiras , Volumus, statuimus et 
decernimus priuilegia, libertates, gracias et ordinaciones singulas, 
racioni consonas, quibus tempore predicti quondam fratria nostri Du- 
cis Rudolph!, videlicet anno natiuitatis domini Millesimo trecentesimo 
sexagesimo quinto, prefatum Studium nostrum, notorie, autenticis lit- 
teris nostris dotauimus et disposuimus, valere et obtinere perpetui 
roboris firmitatem. Singulariter quoque, prout ea et eas in presenti 
pagina, superfluis resectis, et ambagibus succiasis, enucleacius poni- 
mus, ac moderando breuius perstringimus in hac forma". 

»In primis voluimus in villa nostra Wiennensi pre- 

dicta, disponi et esse Studium generale litterarum nobis y sicut pre- 
mittitur, a sancta sede apostolica indulttmif^. 

Ferner y wenn von dem neuerrichteten CoUegium Dttcale 
und von dem Rechte der CoUegiaten auf acht Canonicate bei 
St Stephan oder wenn von den feierlichen Kirchenprocessio- 
nen die Rede ist (Kink, IL, S. 62, 63, 64, 65): 



16 

7?Eidem Vniuersitati studij nostri presenti anno, vidftlicet a 
natiuitate Domini Millesimo trecentesimo octuagesin[io quarto, de 
speciali liberalitate domum circa claustrum fratrum Predicatorum st- 
tuatam, proprio nostro preeio per nos comparatam et solutam, atqne 
in Oolhgium certis dotatam redditibus redactam, deputamus, assigna- 
inns, ac pro nobis omnibusqne nostris Heredibus et Succedsoribus 
irreuocabili dono tradimus distribuendam, pro duodecim Magistris 
arciiim, quorum vnus sit Baccallsrins in Theölogia, atque pro vno 
aut duobus Doctoribus in eadem facnltate. Yolentes, quod sapl*a 
dicti, in Collegio prefato, pront decet, Ordinate viuant et inter se 
coriuersentur faoneste. Et ne in posterran violenta precium instancia, 
aut corrupta bominum affeccio intrudere possit dicto nostro collegio 
personas inutües, ordinamus, ut quociens ibi locus vacauerit, Theo- 
logi si ibi iuerint et omnes Magistri conueniant, et ille Magister ar- 
cium in quem maior eorum pars consenserit, recipiatur. Item ad Dei 
laudemprecipuey nee non nostre ammimculum saluMs instituimus in 
predicto Collegio Cape^feTn, in qua misse dicantur a Studentibus et 
Magistris presbiteris, commorantibus ibidem^, 

nCeterum cogitantes de implecione sancti desiderij, pro sahUe 
antecessorum nostrorum etnostra, quatenus quoque viri sciencijs et 
doctrinis altis prediti, saltem spe alicuius certe promocionis alecti, 
amplius prouocentur dictum Vniuersitatis nostre Studium accedere, 
ibique ad erudicionem fidelium laborare, ordinamus, quod deinceps 
de octo Canonieatibus et prebendis Collegij nostre fundacionis in 
Ecciesia Omnium Sanctorum, alias Sancti Stephani Wiennensi proxi- 
me vacaturis , tunc et iterum perpetuo ^ tociens quociens easdem va- 
care contigerit, disponi, et proiuderi per nos et Successores nostros 
debeat solummodo pro Regentibus et Magistris supradicti nostri Col- 
legij Facultatis arcium, juxta tenorem et formam litterarum, quas 
ipsis super boc asslgnauimus speciales. Et adjicimus, ut Magistro 
arcium aliquo ad Canonicatum et prebendam cum plenaria percep- 
cione fructuum in dicta ecciesia promoto, suum vacet Stipendium. 
Nolumus eciam quenquam Magistrorum arcium in duobus Collegijs 
aut locis stipendia possidere«. 

n Ordinamus insuper quod processionibus CUri solennibus , vi- 
delicet in festo Corporis Christi, nee non funeralibus aut suscep- 
cionibus Principum Rector Vniuersitatis vna cum omnibus Magistris, 
Doctoribus et Scolaribus presencialiter debeant Interesse, lioc modo, 
quod Vniuersitas ceteris non misceatur, sed a latere dextro Collegij 
omnium Sanctorum ordinate procedat, sie quod Rector ex equo cor- 



17 

respondeat Preposito dicti CoUegij, et coniunctim suo ordine ince- 
dant Magistri, et Bacallarij singnlarum factiltatiiin, proiit et Parisijs 
obseruatur«. 

Einen feierlich ernsten Eindruck erzeugt die Ermahnung 
Herzog Albrecht'sIIl. an seine Nachfolger. (Kink^ 11,^8. 67.68): 

»Ferro cum naturale fedus atque legalis ordinis racio appro- 
baute consuetudine hoc iubeat, vt filiorum posteritas gratum habeat 
in eoque complaceat, quod Religiöse disposuit progenitorum prohitas 
imitanda^ neque deceat priucipum Successores legitimes a suorum 
predecessorum bonis institucionibus auersos ullatenus claudicare, sed 
gaudentes de huiusmodi ad patrum atque propriam salutem et hono^ 
rem eas custodire carius pariter gpt augmentare, verentes quod lex et 
natura filios exclamaut ignobiles et .d^generes ea preuaricantes, qae 
strenui tradidere Patres, Igitur Dux nouus Austrie quilibet ex uostris 
heredibus superueuiens in primo eiusdem sui principatus ingressu ab 
Vniuersitate studij Wiennensis solempniter vt decetaditus et suscep- 
tus , ipsam Vniuersitatem gratanter habet suscipere affirmaturus , se 
velle Studium prefatum in omnibus priuilegijs et ordinacionibus pre- 
decessorum suorum tueri et fouere firmiter, atque loco et tempore 
opportunis et congruis, prout occursura exegerint negocia, nouis eam 
honorare gracijs ac prerogatiuis, et priuilegijs ampliare*. 

Eben so ernstreligiös lauten die Mitfertigungen der Ur- 
kunde von Seite des Herzogs Leopold HL, des Metropolitans 
von Salzburg und des DiÖcesanbischofs von Passau (Kinky IL, 
8.69—70): 

tjNos quoque Leapoldus, Dei gracia Dux attendentes, 

quod ex Amdacione et ereccione huius Studij nedum aUissimo crea- 
iori honor et gloria, sed edam nobis et nostris svhditis animarum 
Salus pariter et profectris rerum- et corporum poterunt multipliciter 

prouenire, Eidem fandacioni, consensum imo bene placitum no- 

strum fauorabiliter adhibentes, Ipsam porpetuo approbamus**. 

nCeterum et nos Pllgrlnss Dei gracia Saltzburgensis Archi- 
episcopus, apostolice sedis legatus, loci Wyennensis prehabiti Metro- 
politanus , Et Johannes eadem gracia Patauiensis Episcopus eiusdem 
loci Ordinarius, plantacioneito eiusdem Studij multipliciter in Domino 
commendantes , approbamu« pro nobis nostrisque Successoribus". 

Wer möchte, der vorliegenden päpstlichen und landesfürst- 
lichen Mothieriing gegenüber, in Abrede stellen, dass die Wie- \ 
ner Universität^ als Rvdolfinische ^ wie als Älbertinische Stiftung, 
einen spedfisch katholisckeft Charakter an STch habe?! — — 

2 



18 



Dieser specifisch katbolUche Charakter eignet ihr aber auch 
nach ihrer ersten und ursprünglichen statatarisehen Einrichtung, 

Ain.5. October 1384 hatte Herzog Albrecht IIL der Uni- 
versität das Recht ertheilt, sich ihre Statuten mit Rechtskraft 
selbst zu geben (Kink^ //., S. 72. 73; cf. i., i., S. 29, 30), 

Im Eingange der allgemeinen^ im Jahre 1385 gegebenen, 
UniversitätS' Statuten wird die Doppclaufgabe der Schulen jeder 
Art, nemlich die lehrende und die erziehende^ mit christUch-reU- 
giöser Weihe hervorgehoben, wenn es unter Anderm hcisst 
(Eink, IL,S. 74. 76): 

»Et rursus in verba sapientis intuitum dirigentes, inuenimus: 
Quod in malevolam animam non introibit Sapiencia, nee habitabit in 
corpore subdito peccatis, Obnubilat etenim viciorum squalor et ca- 
ligo aciem intelJectualis oculi, et luscum reddit suo modo et cecu- 
tientem, ut subtiliter verum discernere nequeat; et si in hoc statu 
quo quo modo scienciarum apices apprehenderet, erunt ei arma seve 
iniquitatis, et non adminicula adipiscende virtutis. Vöi ergo debent 
esse gener ales Scole erudieionis scienäaliSj necesse esty ut et ibi sit 
rigorosa disciplina moralis. Quäle hierum erit Sande nosire Eccle- 
sie ex Studio litterarum, si plures in eo corrumpantur et excolantur 
vicijs, \{\\am illumiuentur doetrinis^ cum malus malum sit vnius anime 
per diclo finalis, quam »it bonum Iniinitarum animarum sciencialis illu- 
stratio. Eclam quid aliud sunt Scole generales scienciarum sine cor- 
reccione.et disciplinis morum, quam'prostibula innocentium anima- 
rum, in quibus etsi quidam luce aliqua irradientur doctrine ad cogni- 
cionem veritatis, plurimi tamen tenebris deturpantur viciorum ad 
perditiouem salutis. Et certe ob hoc melius censetur, iuuenes inno- 
centes et puros in suis partibus mauere nescios, quam tales-visitare 
Scolas, vicijs corrumpendos. Magni vtique periculi res est, vt iuve- 
nis, cui iam parentaJis Correccionis frenum laxatur, in loco Studij 
litterarum nullis discipline loris stringatur. Certum ergo sit^ quod 
ibi non prosperabitur^ nee crescit litterarum Studium ^ vbi non sunt 
Scole vvrtutum. Summe ergo ^t ante omnia uecessaria est ibi opor- 
tuna ordinacio morum,. vbi esse debet coucursus generalis Scolarium; 
et quia tanti mali, vt ptemittitur, participes fieri contremiscimus , co- 
uamur, quantum nobis possibile est, morum institutis et honestatis 
regulis prouidentes , vt , sicut in nostro Studio florere debet literalis 
cruditio, simul floreat in Studentibus laudabilis conuersatio y et serue- 
ttir in cunctis ordo legitimus, et racio prevaleat equitatis, Ea pro- 



19 

pter graui solicitudine ot inatnro ac diuturno racioeinationis disputa- 
cionisqne libramine preuijs, juxta Serenissimi Principis prouidutn et 
landabile desiderium, Vniuersitatem Wiennensem, per enndem nuper 
löagnifice exaltatam, curauimtis diligenter pro temporis et rerum qua- 
litate Statutis landabilibus et ordinacionibus decentibus per omnia 
ordinäre, etrectis legibus Ordinate sab scripto disponere et reguläre". 

Im ersten Titel, nod ea, que morum sunt etdiuinicultus^, finden 
sich folgende, hieher gehörige, Stellen (Eink, IL]8.76.77, 78) : 

»Quod quilibet Scolaris incedat in uestimentis Chricalihus^ 
non incisis, non irreuerenter accurtatis aut dispositis, non in caligis 
bipartitis, non in vestibus stragulatis, non in capucijs incisis, nee 
cum torquetibüs aut omamentis colli more Militum aut armatorum in- 
decenter; nee portent Scolares, sine vrgente causa rectori et decano 
sue facultatis exponenda, arma aut gladios; non portentur post eos 
per eorum famulos uel sodales" (cf, Kink^ ^.y-^-» ^- ^^ — 34,Anm, 42). 

nltem, Si Contigerit aliquem de Doctoribus, Magistris uel li- 
cenciatis , actu legentibus , mori , aut aliquem de decanis aut procura- 
toribus, quod tota Vniuersitas intersit eins exequijs, et ante pran- 
dium die, qua Missa, et post prandimn die, qua vigilie fuerint, non 
legatur. Dum vero.aliquis alius in Vniuersitate moritur, exequias 
ejus Nacio peragat, que, si defecerit in suppositis, supplicet aliarum 
Nacionum suppositis iuxta honestatem ftmeris, vt intersint exequijs". 

»Item quod in omni festiuitate virginis gloriose fiat Missa so- 
lemnis cum offertorio presente Rectore cum tota Vniuersitate. Prima 
fiat in feste Purificacionis in Ecclesia Sancti Stephani, si fieri potest 
conuenienter: Secunda in Annunciacione apud fratres Predicatores : 
In Assumpcione vero apud iratres ordinis Beate Marie de Carmello, 
in Natiuitate in Monasterio Scotorum: in Concepcione in Capeila 
Beate virginis in littore, in vigilijs eorundem festorum Vniuersitas 
conueniat solemniter ad officium Vesperarum". 

«Item quod quolibet anno in commemoracione animarum fiat 
Missa in domo Predicatorum , uel in Sancto Stephano, si conuenien- 
ter fieri potest«. 

»Item quod Facultas Theologie de certis sermonibus ad de- 
rum Vniuersitatis per annum fiendis disponat et ordinet, quantum ad 
loca, personas, predicaturas et dies prout magis ad Dei honorem et 
profectum Studij iudicauerit expedire«. 

»Item quod quilibet decanus, vt simul vigeat Disciplina et 
Correccio morum, vbi esse debet generale Studium litterarum, visitet 
semel in dimidio anno omnes domos Scolarium sue Facultatis, exhor 

2* 



20 

tando, vt siut studiosi et in ntoribad compositi, cauentes insolenciaSy 
et ante omnia offensiones ciuiuiii, et popularium opidi Wiennen&is, 
öub penis super talibus excessibus in statutis VniuerBitatis expressis*'- 

»Im dritten Titel, vde Rectore et pertinentibus ad ipsum^j 
liest man unter Anderm (Kink,II., S. 86; cf. J., i., 8. 21 f., ȟb 2 
und S. 190-114): 

nitem quod in diebus Dominicis et alijs festinitatibus nun fiant 
actus Scolastici per Doctores aut Magistros, vt publice disputaciones> 
deterrainaciones, repeticiones et huiusmodi. — Item quod in die Ci- 
nerum non legatur, nee a die Palmarum septimane penose vsque ad 
crastinum Quasimodo ordinarie legatur. — Item a die Pentecostes 
vsque ad octauam non legatur, — . Item in die Sancti Cholomanni non 
legatur ordinarie ;> item post diem Sancti Thome vsque ad crastinum 
Epiphanie non legatur ordinarie, nee disputetur. — Item in diebus, in 
quibus populus buius ciuitatis communiter celebrat, non legatur or- 
dinarie, nee in festo Cathedre Sancti Petri legatur, Similiter in festo 
quatuor Doctorum Ecclesre, et in vigilijs Ascensionis, Pentecostes 
Sacramenti et Omniuro Sanctorum, et festorum quatuor Beate Marie 
Virginis post meridiem non legatur«. 

Hieher gehört auch das Statut vom 15. März 1387 (Kink, 
IL^ 8. 88 f.) y des Inhaltes: 

«in congregacione doctorum, Magistrorum, procuratorum et ali- 
orum Virorum quos vltra predictos Rector causa consilij consueuit ad 
Congregacipnem uocare Venerabilis Pater Donaldus Abbas Monaste- 
rij beate Marie Scotorum Wienn. alme Vniuersitatj nostre humiliter 
supplicauit, quatenus Sermonem ad Clerum Vniuersitatis y qui per 
Facultatem Theologie alias fuerat ordinatus, vt fieret per Vnum de 
Magistris Theologie in die sanctj Gregorij Pape, decetero in Mona- 
sterio Scotoriun singulis annis eodem die ad Dej Genitricis honorem 
ac Beatj Gregorij, qui secundus Patronus eiusdem Monasterij existit, 
fierj ordinaret. Ea propter ahna Vniiiersitas principalem oculum ha- 
hens ad ea que Diuinj CuUus existunt grauj soUicitudine et maturo 
ac diuturno raciocinacionis disputacionisque libramine preuijs eundera 
Sermonem in dicto Monasterio fiendum singulis annis et eodem die 
per Vnum de Magistris quem Facultas Theologie ad hoc deputauit et 
Ynam Missam solennem pro Yninersitate ibidem per Abbatem Mona- 
sterij aut eins Priorem celebrandum eodem die vnanimiter ordinauit.^ 
Item ipsa Yniuersitas Cultum Diuinum cupiens plus augerj ad instan- 
tes preces Dominj Abbatis Voluit et ordinauit festum Natale Sancti 
Benedictj Abbatis per totam Vniuersitatem festiuarj sicut alia festn 



21 

Vniuersitatis et Sermonem m dicto Monasterio singulis annis eodem 
die fiendum per Vnura de Dominis Theologis de quo Abbas Moiiaste- 
rij prouidebit ad Missam solennem pro Vniuersitate per Abbatem aut 
eins Priorem dictj Monasterij celebrandam. Acta sunt hec in Collegio 
ÄrHstarum Dominj Ducis Austrie Albertf Tercij anno Dominj Mil- 
lesimo trecentesimo octuagesimo septimo feria sexta proxima post fe- 
stum SanctJ Gregorij Pape^, 

Auch das Ünivcrsitäts-Statut, vom 24. März 1388, ^de 
ordine Suppositorum Vniuersitatis in K9tü\9 ponendorum^ (Kink,II.y 
fS, 89 — 93), zählt hieher, in wie fern hiedurch nicht bloss die 
»Rangordnung« der Uni versitäts- Angehörigen überhaupt be- 
stimmt wurde, sondern in wie fern diese Rang-Ordnung (»Ro- 
tulus") selber für die Erlangung kirchlicher Beneficien ehemals 
von praktischer Bedeutung war (Kink, L, 1., S. 150; /. , 2., 8,- 
40—43, suh Nr. XVI), 

Die ältesten Statuten der theologischen Facultät (Kink, IL, 
S. 93 — 127) müssten begreiflicher Weise für den katholischen 
Charakter der Wiener Universität das eminenteste Zcugniss 
geben, und namentlich würden der erste und zweite Titel dersel- 
ben: nDehijs que ad deilaudemetcultumpertinentimmediate'-^j dann 
7)D€ morihus in generali suppositorum Theohyce Facultaüs^ unmit- 
telbar hieher gehören. 

Der Raum verbietet jedoch die Aufnahme dieser ur- 
sprünglichen und im J. 1449 vermehrten Statuten; es mag 
hier übrigens die blosse Erwähnung genügen, da es sich hier 
noch und zunächst um den katholischen Charakter der Universi- 
tät, als eines Ganzen^ resp. um den katholischen Charakter dieser 
Hochschule in ihren drei (n weltlichen'^) Facultäten handelt. 

Aus den Statuten der juridischen Facultät (nSacre atrlas- 
qie Juris Sapientie vener ahilis Facultas*^, nJasticie mater illay cuius 
s'acratissimis constitucionum oraculis disponitur totus Orbis in spirl- 
taalibos pariter et terrcnlsj"^, welche ihre Anordnungen aus- 
drücklich nad gloriam et honorem Omnipoientis Dei sancteque ma- 
tris Ecclesiae ad profectum^ gegeben wissen will (bei Kinky II, j 
S, 127 — 155) j eitleren wir, hieher gehörig, bloss Einiges aus 
dem ersten Titel, nde his, que ad Oultum Divinum spectant^: 

r»In primis igitur in Dei nomine ordinamus, quod in quolibet 
anno in principio Ordinarij, videlicet sancti Cholmanni, statim post 
principium lecturc dccrctoriim fiat Missa solemnis Facultatis de 8pi- 
ritu Sancto apud Prcdicatores pro bono initio Studij et conseruacione 



22 

Facultatis, cui üiteresse et offerre toneantur per iuramenta sua omiies 
Doctores, Nobiles, Licenciati, Baccalarij et Scolares Facultatis ipsius 
et vsque ad finem in ea mansuri". 

9 Item quod omni anno in crastino commemoracionis Animarum 
statim post leccionem ordinariam que eo breuior tune legatur, Facul- 
tas Missam faciat decantari apud Predicatores spccialiter pro defun- 
ctis Facultatis ipsius Studij Wiennensis, cui interesse teneantur per 
iuramenta sua et offerre omnes Doctores, Nobiles, Licenciati, Bacca- 
larij et Scolares«. 

»Item quod Doctores fideliter obseruent dies Dominicos et fe- 
stiuos, quos Vniuersitas et populus Ciuitatis ad honorem Dei et San- 
ctorum celebrare consueuit, ne in ipsis disputent, repetant siue le-« 
gant quemadmodum et hoc specialiter statruit Vniuersitas de Doctori- 
bus et Magistris; Licenciatis vero loco Doctorum non legentibus, 
Baccalarijs et Studentibus non interdicitur in diebus festiuis preter- 
quam in Summis Festis exercitare, seu repetendo uel legendo deuoto 
ex proposito et iusta de causa, puta si non pateant ejs alijs diebus 
tempus et hora, quod ipsorum committimus arbitrio et discrecioni 
prouiso tarnen, quod eadem die Missarum solemnijs interfnisse singulj 
teneantur". 

»Item quod omnes Doctores, Nobiles, Licenciati, Baccalari| et 
Seolares fideliter vi^itent Missas, Vesperas, Sermones Vniuersitatis 
sub pena ejs a Rectore uel Decano indicenda. Similiter Processiones 
Vniuersitatis, maxime in Die Benedicti Corporis Christi et Principum 
exequijs et recepcionibus , in quibus teneantur stare contenti de locis 
sibi assignatis in eundo secundixm formam Statuti Vniuersitatis super 
hoc facti sub pena predicta permansurj in ejsdem ad finem. Rebelies 
vero et turbaciones in ipsis Processionibus facientes teneantur penam 
subire, quam ejs Facultas duxerit infligendam«. 

«Item si aliquem Doctorem, Nobilem, Licenciatiim, Baecala- 
rium uel Scolarem rebus eximi contingat humanis, singuli de Facul-' 
täte funus eiusdem teneantur ad Ecclesiam comitari et ad oblacionem 
accedere et vsque ad finem exequijs interesse. Prouideat eciam Fa- 
cultas, ut tempore suo pannos habeat et cereos, per quos suppositis 
ipsius in exequijs honor debitus impendatur«. 

Aus dem siebenten Titel heben wir hervor: 

nitem quod Facultas prouideat singulis annis solemniter legi 
in Scolis Facultatis m Crastino Palmarum C. Omnis Vtriusque. De 
Penit. et Kemiss. In crastino sancti Thome Apostoli C. Firmiter de 



23 

summa Trinitate et fide Catholica. Feria quinta post Pontecosten 
G. Cum Marthe de celebr. Missar. Vel. C. Maiores de Bapt. Ad cjuas 
L^cciones singuli de Facultate cönuenire teneantur et nihillominus 
Lecciones ille in aliaram Facultatum leccionibus ordinanjs retinentur. 
Valeat autem Facultas disponere et ordinäre de dictis Capitulis per 
aliquem ex Doctoribus in Theologia legendum presertim de C. Fir- 
miter, nisi pocius velit quod aliquis ex Doctoribus uel Licenciatis 
Facultatis ipsius ipsum legendi onus habeat et honorem«. 

Die auffallend kurzen, ältesten, Statuten der viedicinischen 
Facultät zeugen offenbar von christlich-religiösem Ernste, wenn im 
Eingange zu denselben die leibliclie Gesundheit als eines der 
nothwendigsten und grössten Geschenke Gottes und die Arznei- 
ktmde als vom himmlischen Throne stammend erachtet wird. Es 
heisst nemlich diesfalls (Kink, IL, S. 156) : 

»Quoniam Medicina est, que corpus uej tuetur uel re- 

staurat salutem, Et quia eciam Sanitätern ac salutem corporis frequen- 
tius adoptamus deprecantes altissimum in quam raultis, ut salutem cor- 
poris et anime in presenti tribuat et in futuro, Pro eisdem uota nostra 
ad ipsum mittentes tanquam magis necessarijs in vita gerenda. Miser- 
tus ergo nostri misericordiarum Deus et salutis in fragilitatis solo 
fecit nobis crescere de celesti solio Medicinam«. 

Der dritte und vierte Titel (Kink, IT,, S, 164 — 165) ordnet 
die strenge Prüfung unter dem Vorsitze des Kanzlers und die 
feierliche Doctors-Promotlon im Dome zu St, Stephan an; der 
siebente verpflichtet den Licentiandus zur schuldigen Ehrfurcht 
gegen den Kanzler (Kink^ II,, S, 169), 

Nach Kink (I,, 1,, S. 128, Änm. 141) rief die medicinisclie 
Facultät in den ersten Zeiten ihres Bestandes vg^g^n Curpfu- 
scher sogar den Ausspruch des geistlicnen Ordinarius zu Hilfe 
und hielt sie an, durch eine eigene Urkunde zu bekennen, dass 
sie gegen ihr Seelenhell gefehlt haben ; ja sie verurtheilte der- 
lei Leute sogar, auf dem Freithofe von St. Stephan eine Stunde 
lang ausgestellt zu bleiben«, »nweil sie auch öffentlich gesün- 
digt "haben««. 

Als Schutzheilige der medicinischen Facultät galten die 
Heiligen: Cosmas und Damianus; im Jahre 1429 wurde, nach 
dem Muster der übrigen Facultäten, die Patrociniums-Fcier 
auch bei den Medicinern eingeführt (Kink, I,, 1,, S, 97). 

Diese Vorkehrungen hängen doch wohl mit katholischen 
Auffassungen des eigenen Facultätswesens zusammen! 



2^ 

Die Statuten der nAi'tisten-F SiCixlt&t^ enthalten viele und 
sehr sprechende Zeugnisse für den christlich-religiösen Ernst, 
für die nicht bloss lehrende und unterrichtende, sondern zugleich 
erziehende Aufgabe und für den katholischen Charakter der Wie- 
ner Hochschule. 

Schon im Eingange wird die Weisheit als von Oben stam- 
mend bezeichnet, wenn es bei Kink (IT,, S. 170) heisst: 

nOmnes querunt Sapienciam, quia omnes homines naturaliter 
seire desiderant. Sapiencia vero ex dito: nam et altissimorüm cogni- 
cio, etsiipsa cordibus humanis »e totam in simul, aut partim infundi 
pateretur, Ordinem tarnen rebus inditum reperiendi sapienciam seien* 
ciamue non confundit ille, qui ex alte prospiciens rite cuncta guber- 
nat: Omnibus namque sie operatur in agentibus, ut et sinat ipsa pro- 
prijs accionibus gratulari«. 

Der erste Titeln mit der bekannten Ueberschrift: rtDe his, 
que ad Laudem Dei et cuUum Divinum noscuntur pertinere^, moti- 
viert zuerst die Verehrung der Schutzheiligen dieser Facultät 
mit folgenden Worten (Kink, IL, S. 174 f.), 

n Quoniam ut ait Plato , siue in maximis siue . in minimis diui- 
num auxilium debet implorari, Quia et ipso pretermisso nullum rite 
fundatur exordium, Primum querere cupientes, que Dei sunt, ut iti- 
nere prospero transituri valeamus peruenire ad finem'omnibus preop- 
tatum. Summe igitur Deo in membris suis seruiendo credimus et ipsi 
gratum sefuicium prestitisse, nuUo tarnen celestis Patrie pretermisso, 
sed insimul omnes, quantum in nobis est, in persona Ynitts volumus 
venerari. Quare ad Laudem et Reuerenciam Dej omnipotentis to- 
ciusque celestis exercitus oculos deuote nostre mentis ad quandam 
matris nostre, scilicet Philosophie, filiam Deo summo gratissimam di- 
rigentes, ut et ipsa nos sibi gratos efficere et Studium nostrum philo- 
sophicum dirigere ad Studium illud dignetur, quod est Sapiencie et 
, Veritatis eterne« (cf. Kink, JI., S. 217). 

nPrimo igitur ordinamus et statuimus volufnusque ita amplius 
per nos et nostros successores obseruari, ut omni Anno Festum beate 
Katharina Virginis et Martyris cum Vesperis et Missa simul et Ser- 
mone latino solemniter celebretur per totam nostram Facultatem, Die 
sancto Festi ipsius beate Viriginis Katharine Missarum solemnia et 
in Die precedente Vespere decantentur, nisi aliquid obstiterit magni, 
Ita quod pro tunc Festa non valeant decenter peragi. Nee tarnen pro 
quocunque cciam- magno negligere volumus, quin cum commode et 
quam cito fieri poterit, predicta Festa cum debita Reuerenoia pera- 



25 

gantur. Quibus quidem Festis, Vesperiß, Missis, Sermoni et Offerto- 
rio omues Magistros, Baccallarios et Scolares nostre Facultatis Inter- 
esse Yolumus a principio vsque in finem permansnros, singulos in ha- 
bitibus suis decentibus pro gradu suo et ordine, quem in facultate 
obtinent. Ita quod iuniores maioribus deferant honorem et Beueren- 
ciam, et e conuerso, ne Doctores, Magistri et aliarum facultatum 
Studentes, quos ad premissa Solemnia proponimus inuitare, aliquid 
inter nos, qui Philosophie deseruimus, queant annotare, quod ipsos 
•et ceteros intuentes aliqualiter valeat molestare. 8i qui vero in non 
veniendo, aut ante finem festorum pretactorum recedendo legittima 
sine causa aut alias quouis modo culpabiles, eciamsi sint Magistri aut 
inferiores de nostra Facultate reperti fderint, stabunt pene ipsis aut 
alicui ipsorum infligende per Decanum et alios quatuor Magistros pro 
adiutorio Decano deputatos, ut infra tangetur. Qui eciam quinque 
Magistri iam pretacti singulis annis et satis tempestiue prouidebunt 
de aliquo faciente Sermonem ad Clerum in Feste pretacto et similiter 
de loco et Ecclesia, in qua solemnia nostra ordinacius simul et deuo- 
cius iuxta qualitatem facultatis et Temporis peragantur non ad fa- 
stum et pompam, sed pocius ad Dei et tocius Ourie celestis laudem 
et honorem. Prouidebunt eciam de Cantoribus, de Campanarum pul« 
sibus et ceteris pro ornatu et omnibus alijs necessario ad premissa et 
quodlibet ipsorum requisitis**. 

n Item Yolumus et ordinamus, ut cuilibet Magistro in Artibus 
tunc presenti per receptorem Facultatis de communi Fisco eiusdem 
detur presencia, sicut inter Canonicos Ecelesiarum fieri consueuit, ad 
minus Vnius grossi tempore Missarum pro Ofltertorio, et similiter cui- 
libet Doctori cuiuscunque Facultatis ftierit et Nobilibus Statum ta- 
lium hie tenentibus detur tantum, sicut Magistro nostre facultatis. 
Quos tamen omnes hortamur in Domino, ne tantillum respuant, sed 
si placuerit, offerant, aut pauperibus, quorum intuitu illud fieri per- 
mittimus , misericorditer largiantur « . 

Der zweite Titel handelt nde Änniversarijs et Exequijs Fa- 
cultatis^ und lautet (Kink, IT., S. 176 bis 178): 

?)Item considerantes, quam pium et salubre sit exorare pro mor- 
tuis, ut ipsorum sancte anime in ergastulo Purgatorij forte pro mino- 
ribus peccatis detente liberentur, Volumus omni anno, Die scilicet 
Morcurij Quatuor temporum Quadragesime pro Redempcione Anima- 
rum Magistrorum et omnium aliorum Facultati nostre Studij Wienn. 
incorporatorum eciam vbicunque terrarum defunctorum nee non 
omnium in Christo quiescencium peragere memoriam mortuorum cum 



26 

Missa et ea soleinnitate , que in talifous deuote fieri consueuit, et in 
Vosperis precedentibus decantare Vigilias cum nouem Leccionibus. 
Et hortamur et obsecramus Magistros nostros, Quatenus disponant 
se humiliando coram Domino, qui fecit nos, taliter qnod vnns eorum 
decantet Missam, Secundus Euangelium, Tercins Epistolara, tarn in 
Missa solemnitatis nostra Festiuitatis sancte Katharina, et similiter 
de Missa pro DefunctiSj.in Vigilijs eciam Lecciones omnes, nel sex, 
aut ad minus tres posteriores, in quo obediant Decano, si quos ad 
prenjissa duxerit requirendum sine omni proteruia, quam in publico 
et in omni nostra congregacione reprobamus fieri, sed benigne se 
excusent et honeste«*. 

nistam quidem solemnem memoriam animarum cum Missa et 
Vigilijs volumus peragere annuatim tempore pretacto in Ecclesia 
Sancti Stephani, dummodo fieri poterit congruenter, nara ibidem com- 
munis est nostra Sepultura et certe ex ipsa recipimus diuina «acra- 
menta, Si tamen ibidem fieri non possit commt>de , quia solam deuo- 
cionem intendimus et non pompam, ex tunc pro illa Vice in quacun-^ 
que ecciesiarum huius Ciuitatis Decanus cum quatuor Magistris sibi 
pro adiutorio deputatis , ut infra patebit , uel ipsorum maior pars pe- 
ragere decreuerit, illic omnes Magistri nostre Facultatis, Baccallarii 
et Scolares venire et Offerre teneantur et vsque ad finem cum tota 
deuocione permanere* Sed non venientes aut diuinum Officium per- 
turbantes aut ante finem recedentes stabunt penis per Decanum et 
alios quatuor Magistros Coadiutores ipsis imponeudis et, quod absit 
a vobis, si qui rebelies in premissis penis soluendis reperti fuerint, 
sint suspensi ab omnibus actibus seolasticis, donec Veniam meruerint 
a tota Facultate Arcium obtinere, nisi forte legittime se valeant 
excusare coram ipsa"« 

nitem Facultas prouidebit de Candelis, pannis serieeis et alijs 
sumptibuB funerura , ut si datore formarum animas suppositorum Fa- 
cultatis siue maiorum, siue minorum in Matrxculam nostre Facultatis 
ascriptorum reuocante, ex tunc conuocata per Decanum tota nostra 
Facultate seeundum qualitatem defuncti exequie honeste peragantur, 
pro diuitibus quidem moderati Sumptus exsoluantur pro Candelis, 
pauperibus vero grati« et propterDeum pure concedantur«. 

»Vt igitur Facultas Arcium ab hedis agnos valeat dinoscere, 
decreuit sine tamen quocunque Vniuersitatis preiudicio, habere matri- 
culam quandam specialem, in qua onmia sua süpposita possit assi- 
gnare, in qua Magistri teneantur ascribi, cum primo ad Facultate m 
assumuntur, et pro intytulacione dabit quilibet duos grossos, Bacal- 



27 

larius similiter teneatur ascribi et dabit Vnum grosauin. Scolaribus 
vero liberum sit, sed qui petit inscribi, debet ässuini et soluerc) Vnum 
grossum, Dummodo in plena congregs(cione Facultatis petat per seip- 
sum et in Begistro Vmuersitatiä sit ascriptus. Ex quibus quidem pe- 
cunijs Funeralia et cetera que ad diuiuum cultum spectant, proponi- 
mus instaurare. Et si Deo disponente aliquem Magistram, Baccalla- 
rium seu Scolarem nostre Matricule ascriptum contingat migrare ab 
hoc seculo, Quia per Ascripcionem in matricula frater noster effectas 
est, et post mortem fratemitatem ipsi exhibebimus omnes ad exe- 
quias ipsius veniendo. De alijs autem fiat iuxta Statuta Vniuersitatis, 
que eciam de exequijs mortuorum faciunt mencionem". 

Wie in den Statuten der tkeqlQgischen und der juridischen 
Facultät ein eigener Titel: »-D« Morihus"^ sich findet, so ist 
auch in jenen der philosophischen Studien- Abtheilung der sechste 
Titel: nde Vita et moribus scoIarium^Facultatis Arcvum^ über- 
schrieben und wird eingeleitet, wie folgt (Kinky IT,y 8, 186 f,): 

nNon modicum differt sie uel sie assuesci a iuuentute , scilicet 
bene uel male. Bone etenim Indolis est se flectere secundum Doctri- 
nam sui Preceptoris. Volumus igitur Faciiltatis Discipulos sicut et 
doceraus, fore morigeratos, mansuetos et pacificos, et studiosos con- 
tinuos et obedientes Magistris et suarum Bursarum Rectoribus. In 
Leccionibus et Disputacionibus sine murmure, cachinno et sibilis et 
Vlulatibus: Sed more Virginum et constanter et modeste persistere 
a principio vsque ad finem. Idem Volumus in pronunciatura qualibet 
obseruari«. 

Der Schluss zum zwölften Titel lautet (Kink, IL, 8. 196): 
»Quamuis Diuinum Officium sicut non debemus, ita nolumus 
perturbare, tamen sanius reputamus, quod nostri Scolares simul et 
Baccallar\j eciam Diebus festiuis visitent S2olas quam Tabernas, di- 
micent disputando lingua quam gladio. Ergo Baccailarij noatre Fa- 
cult^tis disputenty legant gratis et propter Deum comput9S et alia 
mathematicalia, precipue tamen Ecclegie Catholice deseruienciq Die- 
bus festiuis post prandium, Maioribus tamen Festis exceptia, Quibus 
omnes volumus et precipimus festiuare". 

Im siebzehnten Titel steht unter Anderm (Kinkj 11,^ 8, 202): 

»Item, quod si contingat aliquem Vestrum determinare xxel re- 

spondere in materia tangente Veritates Fidei, ut de creacione uel 

Mundi eternitate uel huiusmodi, partem Fidei tenebitis et contrarias 

Raciones pro possse dissoluetis''. 



28 

Am 21. December 1388 war, zur Prüfung der einzelneu 
Facultäts-Statute, in einer eigens hiezu veranstalteten Univer- 
sitäts-Congregation, unter dem Vorsitze des eben fungierenden, 
Rectors, Dt. Gerhard Vischbeckj Domherr zu St. Stephan, eine 
eigene Commission aus Mitgliedern aller vier Facultäten er- 
wählt worden, welche in täglichen Sitzungen vom 29. Decem-' 
ber 1388 bis zum 1. April 1389 dieser Arbeit sich unterzogen 
hatte. An dem letztgenannten Tage erfolgte, n Christi nomine 
invocato^, die feierliche Bestätigung ('wcaw^rwacio c^ap^o6acio"^ 
der sämmtlichen Statuten aller vier Facultäten durch eine 
zweite Universitäts-Congregation. 

In der diessfälligen Urkunde (Kink, II., S. 226—230) 
heisst es unter Anderm (l. c. 8. 227) : 

n Serenissimus et Metuendissimus Princeps Dominus noster 
Dux predictus (v Albertus Tercius^) erexit hanc sublimem Vniuersi- 
tatem Studij Wiennen. ad lavdem et gloriam Dei, ad Sancte Matris 
Ecciesie profectum et ad Domus sue tociusque Patrie decus et 
honorem^: 

Für die theologische Facultät, resp. für die an der Wiener 
Universität studierenden Cistercienser, hatte Herzog Albrecht 
inzwischen (am 23. Juli 1385) von den Klosterfrauen zu St. 
Nikolaus ein Haus sammt Capelle erworben, worin »geistlich 
leutt grawes Ordens die Heilig^chrifft ewigcklich lesen und 
hören sullen« (Kinkj L,2., 8. 7. 8, Nr. V). 

Auch die juridische Facultät besass ein eigenthümliches, 
vom Herzog ihr zugewiesenes, Haus, die nJuristenschule^ ge- 
nannt, sammt Capelle. ^ Am 1. Juli 1397 schenkte M. Coloman 
Kolbj früher Rector der Hochschule, nun Pfarrer inProbstdorf, 
sein, an die Juristenschule anstossen des , Haus , gleichfalls mit 
einer Capeüe, der Wiener-Universität, die es hinwieder der ju- 
ridischen Facultät zur Nutzniessung überliess. Eine dieser 
Capellen, welche um 1448 mit Wochenmessen bestiftet und 
am 30. Jänner 1474 feierlich eingeweiht worden war, erhielt 
einen eigenen Capellan, brannte ab, wurde aber zu Ehren des 
Schutzheiligen der juridischen Facultät, 8t, Ivo^ wieder herge- 
stellt und bestand bis 1788 *). 



*) Auch Jede der vier akademieehen Nationen der Wiener Universität 
{ef. oben S. 8) feierte j&hrlich eine Seelenmesse für ihre verstorbenen 
Mitglieder und den Tag des von ihr erwählten Schutzheiligen. Diese 
waren: bei der österreichischen Nation der heilige Koloman^ später 



29 



Aus allen diesen avthentischen Belegen folgt unumstÖsslich, 
dass die Wiener Universität bei ihrer Gründung und nach ihrer 
ursprünglichen statutarische Einrichtung ein bestinimtes kaitholi'^ 
sches Gepräge empfangen, dass sie, als Schule und Corporaüon, 
den Glauben und das Leben der katholischen Kirche angestiftet er- 
halten und beide thaisächlich mitgeübt und mitgelebt habe. 

Ihre katholische Eigenschaft wurde aber bis zur grossen 
abendländischen Glaubens- und Kirchen-Spaltung fortan nur 
noch gemehrt und erhöht, wie diess schon der flüchtigste Einblick 
in die urkundlichen Beilagen und in die Actenstücke darthut, wel- 
che Kink theils dem ersten Bande seiner Universitäts-Geschichte 
(sub VIII— XI, 8ub Xni—XIX, subXXn—XXIV, sub XXVI, sub 
XXX— XXXV, sub XXXIX) angefügt, theils Jm zwdtm Bande 
(8. 231 — 831) gesammelt hat. 

So hatte Papst Bonifaz JX am 27. Mai 1399 den, an der 
Wiener Universität studierenden, kirchlichen Beneficiaten, ohne 
Ausnahme, selbst der Dignitäten nfsipontificales^, vrie^ohne 
Fristbestimmung, die Dispense von der Residenzpflicht er- 
neuert und resp. gemehrt (cf oben S, Sy S, 11 sul> 3 und am Ende; 
Kink, n., Nr. 16. — Cf Concil. Trident. Sess. F., Cap. 1,, de Ref). 

Papst Johann XXIII. bestellte am 11. August 1411 die 
Bischöfe yon Regensburg und Olmütz, dann den Abt zu den 
Schotten in Wien, auf 25 Jahre, als kirchliche Conservaioren; 
das Concilium von Basel erneuerte diese Bestellung y^r immer- 
währende Zeiten (vperpetuis temporilms^), indem es, am 21. Mai 
1434, den jeweiligen Bischof von Regensburg, den Propst zu 
St. Stephan und den fürstbischöflich Passauischen Official in 
Wien zu Conservatoren für die Wiener Hochschule ernannte 
(Kink, 27., Nr. 19 und 29). 

Eine neue nConservatoria^ erhielt diese Universität von 
Papst Leo X, datiert vom 12. März 1513, nachdem «ben dieser 
Papst am nemlichen Tage diesem n Studium generale'*, über An- 
suchen des Kaisers^ Maximilian /., das Recht der geistlichen 
Gerichtsbarkeit und der Exemtion von der Jurisdiction des 
Wiener Bischofs bestätigt und erweitert hatte. Als Oonservato- 



der heüige Leopold, bei der rheiniaehen die heilige Ursula, bei der 
ungarischen der heilige Ladislaus, bei der säehsische» der heilige 
Mauritius {Kinh, 1., 1., S, ßö f,). 



30 

reti wurden der Bisehof von Olmütz und die Aebte von Melk und 
Heiligenkreuz beistimmt (Kink^ IL, Nr, 49 und 50), 

Es hatte nemlich schon iim 27. Mai 1420 Papst Martin V. 
dem ßector der Wiener Universität das Recht ertheilt, über 
die Angehörigen derselben, im Vereine mit den vier Decanen, 
die geistliche Gerichtsbarkeit und Strafgewalt zu üben, und 
von den verhängten Kirchenstrafen auch wieder zu entbinden; 
das Ooneilium von Basel hatte dieses Recht am IG. Februar 1441 
erneuert und Papst Alexander VL alle von frühern Päpsten der 
Universität ertheilten Rechte und Exemtionen im Allgemeinen 
am 6. Mai 1600 bestätigt (Kink, 27., Nr. 26, 33, 41). 

Am 1. Juni 1517 (Kink, 21., Nr. 52) wiederhoUe Papst 
Leo X. die Bestätigung der Jurisdictions-Rechte und Privile- 
gien der Universität, welche mit dem Bischöfe von Wien diess- 
falls in einen Streit gerathen war, der erst durch eine Schlu^s- 
entscheidung des Königs, Ferdinand /., vom Jahre 1537 sein 
definitives Ende fand (Zeitschrift für katholische Theologie ^ her- 
ausgegeben von der theologischen FacuUtU zu Wien, 1851, Band II. 
8. 379 f.; Kink, IL, Nr. 57). 

Es -bleibt bemerkenswerth, daas fast in allen, hier ange- 
zogenen, päpstlichen Btdkn die katholische Eigenschaft der Wie- 
ner Universität hervorgehoben und dass die Mehrung der Ehre 
Gottes und des kaihoUschen Glaubens (jtdiuini nominis et fidei 
CathoHce cuUus^) als Eine der Hauptaufgaben dieser Hochschule 
hingestellt wird. 

In Betreff der klerikalen Eigenschaft des Rectors heisst es 
in dem, oben erwähnten, Erlasse des Papstes Martin V. noch 
ausdrücklich; 

»Düectorum filier um Rectoris et Yniuersitatis studij oppidi 

Viennensis pätauiensis diocesis supplicationibus inclinati, Rec- 

tori Yniuersitatis eiusdem pro tempore existenti, etiamsi dignitatem 
vel personatum non obUneat,. aut Canonicus Ecclesie Cathedralis 
non fixistat, et in minoribtis fuerit dumtaxat ordinibus constittdus, 
TBaettn eonsilio et assensu quatuor decanorum siue consiliariorum 
dicte Yniuersitatis, qni per illam iuxta ipsius consuetudinem ad hoc 
pro tempore extiterint electi, de omnibns et singulis tarn ciuilibus 
quam criminalibus, ac etiam iniuriarum in oppido predicto irrogata- 
Tuin pro tempore causis et actionilus, que inter quoscunque de mem- 
bris ac suppositis dicte Yniuersitatis, seu contra illos aut quemvis ex 
eis per ciues habitatoresque etincolas oppidi prefati moueri et iatentari 



31 

contlgerit mris obseruato rigore cognoscendi , illasque audiendi, deei- 
dendi et üne debito terminandi in eis quoque , prout facti poposcerit 
qualitaB^ ac Bectori et eligendis eiadem yidebitur pro tempore, etiam 
summarie, simpliciter et de piano, nee non sine strepitn et iigura 
iadicij procedendi de qnibuscunque etiam criminibas^ delictis et ex- 
cessibus per quoscnnque membrorum et snppositorum huiusmod^ 
cuiuscnnqne etiam dignitatis, Status, gradus, ordinis, conditionis, sett 
preeminentie existant, interim quod de liuiusmodi membris et suppo- 
sitis fderint in&a moros oppidi predieti eiusqne districtnm pro tem- 
pore commissis inquirendi, et etiam an ea perpetrantes , si derlei de- 
gradandi, si vero illorum'non gauderent prinilegio, alias morte plec- 
tendi snadente institia forent, absque tarnen pronuntiatione condem- 
nationis, desaper per ipsnm sententialiter faciendi, sciucitandi et 
cognoscendi, Ülaque nisi buinsmodi degradationem siue mortem d^ 
iure exegerint, ac ipsos perpetrantes etiam, si opus fuerit, cum secu- 
laris bracbij inuocatione auxilij corrigendi et puniendi, nee non car- 
ceres publicos et priuatos pro huiusmodi eorrectionibus et punitioni- 
bos faciendis in aliquo loco dicti oppidi ad hoc iuste acquirendo te- 
nendi et deputandi, ipsaque membra et sttpposita ac ex eis quem» 
Übet, qaoties legittima suberit causa, eanonids seruatis sancHonibus 
excommunicandi ei ßxcommunicatos publice denwntiandi^ alijsque 
cefMuris et penis ecclesiasHcis percellendi et ab Ulis ahsoluendi pU- 
nam et Über am autoritate presentium facuUatem concedimus et etiam 
potestatem*^*. 

Aus der klerikalen Eigenschaft und aus den canonis^en 
Befugnissen des Bectors ergab sich ganz unwillkürlich sein 
eheloser Stand, welcher bereits in einem Universitäts-Statute 
vom 17. December 1419 (Kink^ 11.^ Nr. 24) voraus gesetzt er* 
scheint und bis zum 9. März 1534 absolut erforderlich war. 
König Ferdinand I. dispensierte von diesem Erfordernisse nur 
unter dem ausdrücklichen Vorbehalte: »»Doch wan ad Censu- 
ras ecdesiasticas procediret werden solle, das der heheyrat Rektor 
alsdan seinen gewalt derselben Zeit einem, der in sacris ist, 
vbergebe** (Kink, J7. , Nr. 56), Die Universität bediente sich 
noch am 7. August 1725 ihres geistliehen Strafrechtes (Kink, 
/., /., 8. 154). 

So hohen Aufgaben, so wichtigen Rechten und Privile- 
gien suchte die Wiener Universität, seit ihrer zweiten Grün- 
dung, nach Innen wie nach Aussen, möglichst zu genügeh, in- 



32 

dem sie, zu ihrer eigenen nnAinnern Förderung und zur wosent- 
liehen Hebung ihrer Lehrzwecke durch parallele christliche Er- 
aieÄ«tw^s-»Thätigkeit, vor Allem und wiederholt (IS. Juli 1410; 
S. October 1413; 81. Juli 1414; 13. Juli 1509) für die Studie- 
renden in und ausser den Bwrsen (Kink, J., l.y S. 36 — 41) 
eigene DiscipUnar- Ordnungen erscheinen liess, welche von acht 
katholischem Sittenernste Zeugniss gehen (Kink, 11. j ^r. 18^ 
21, 22, 46y 47; cf. Nr. 49 ex 1513). 

Die Promotionen sammt der feierlichen LMjena-Ertheilung 
erfolgten, vom Jahre 1388 an, unter kirchlichen Formen und 
Segens-Sprüchen, im Dome zu St. Stephan (Kinkj /., 1,^8. 129 f.); 
die ältesten' »ForweZn/lKr Oraduszeugnisse^ der Wiener Univer- 
sität beginnen mit der Ueberschrift: n Vniuersis Chrisü fidelihus et 
singulis Sancte matris Ecclesie khik%\ic^ ßlijs^ (Kink, J., 2.,Nr.IXj. 

Das, im Jahre 1378 entstandene, grosse päpstliche Sc^isfna 
bot auch der Wiener Universität wiederholte Veranlassung 
zur Entfaltung ihrer katTioUsch-kirchUchew Tli&tigkeit. Sie blieb 
1395 bei der Obedienz für den rechtmässigen Papst J^onifa^iX. 
(cf. oben S. 29; dann: Kink, /., /., 8. 151; /., 2., Nr. VIII), be- 
trieb die Einigung der Kirche bei den österreichischen Herzo- 
gen und Prälaten im Jahre 1404 (Kink, L, 2., Nr. X)y nahm 
1406 ein Wahl-Notificationsschreiben des P. Gregor XII. ent- 
gegen (Kink, L c, Nr. XIII), beschickte aber auch im J. 1409 
das Concil von Pisa (Kink, Z, 1., 8. 151; /., 2., Nr. XIV), erhielt 
von den Cardinälen und von P. Johann XXIIl. Notifications- 
Schreiben über dessen am 17. Mai 1410 erfolgte Wahl, eine 
Kreuzzugs-BuUe dieses Papstes wider Ladislaus von Neapel, 
dd. 3. December 1411 , und eine Einladungs-Bulle desselben, 
dd. 3. März 1412, zu dem beabsichtigten Concil in Rom (Kink, 
L,2.y Nr. XV; L, 2., Nr. XVU, sub 3r-'5). 

In der Kreuzzugs-Angelegenheit schien die Universität 
dem päpstlichen Kreuz- und Ablass-Prediger, Johannes Pace, 
nicht genugsam thätig zu sein; Letzterer verklagte jene, bei 
dem Concil von Constanz, als geheime Anhängerin Wicliffe's 
und veranlasste selbe zu einer eigenen Schutzschrift (cf. Kink, 
I., 2., Nr. XVH sub 5). — Wie sich übrigens die Wiener Uni- 
versität zu der Ketzerei Wicliffe's gestellt hatte, geht aus den 
Daten hervor, welche Kink (I., 2., Nr. XI, sub 3, adannuml410 
und sub 8—11 ad annos: 1420, 1421, 1426, 1434) gesammelt 
hat, und nicht minder aus dem, gleichzeitig eingeführten. 



33 

Eidschwure^ welchen, im Jahre 1421, alle Stipposiia ünkfer^üa- 
tis an Einem Tage (ef, Kink, /., /., S. 236; /., 2., Nr. XI, 9ub 9) 
und von da ab Jeder zu leisten hatte , der in die Universitäts- 
Matrikel eingetragen werden wollte. Selbst öffentliche Bitt- 
gänge mit Hochämtern *) hatte die Hochschule in den Jahren 
1420 und 1434 gegen das Umsichgreifen der husitischen Irr- 
lehre angeordnet (Etnky L, 2., Nr. ZJ, svb 8 und 11), 

Der genannte Eidschwur lautete : 

rtSextOj inrabitis, qaod perfidiae et haeresi Hussücarum mo- 
derne firmiter nelitis resistere, ac eormn nefandos eirores et opera 
uitare, tanqnam ueri fideles et orthodoxae fidei ehrisHanae euÜore9j 
quodqne si qaamcimqae personam, cajngcmiqiie Status, dignitatis, 
conditionis aut sexus de presenti noveritis , aut in foturmn uos nns- 
cere contingit, ejusdem Husgitarwn haeresis labe respersam aut 
suspectam, ipsam uelitis indicare, denuneiare uel notificare, Yenera- 
bili patri dno ofßdali Curiae PaiauiensiSy aut inquisitori haereticae 
prauitatis, aut alteri iudici competenti, null! parcendo ex assertione 
qnalibet. Neque moti prece, precio, odio uel fama, sed in hoc fideliter 
agere sine dolo^ (Archiv der theologischen FacuUät, Statuten- Codex), 

Die päpstliche Einladung zum Condl in Constanz empfing 
die UniTcrsität am 25. Juli 1414, und lud, im Auftrage des 
Papstes, hinwieder die österreichischen Prälaten zur Be- 
schickung dieser wichtigen Kirchen Versammlung ein. Ihren 
eigenen Abgesandten gab sie bestimmte Weisungen mit, in 
Betreff der Simonie, der geistlichen Pfründenbesetzung und 
anderer Mängel und Gebrechen in der Kirche Gottes ein ern- 
stes Wort zu sprechen fXinfc, Z, /., S. 153 f.; L, 2., iVr. XVUI). 

Auch zu der Provinzialsynode in Salzburg ^ vom Jahre 1418, 
hatte der Metropolit, Eberhard HL, die Universität geladen und 
von selber die Abfassung einer Kirchenagende für seine Provinz 
begehrt. nPetivit, per TBiiersitoteii componi quendam UbeUum de am- 
ministracione sacramentorum , gyi ommbus curatis per provinciam 
communicaretur*^ , — Gf. Kink, /., 2., Nr. XIX •*). 



*) Dasa derlei gottesdienstHche Feierliehkeiten bei der Wiener Umyer- 
Bität, überhAapt und seit ihrer Grfindong schon ^ in Uebung waren, 
wurde bereits oben S. 8, 16^ 19, 20, 21, 22, 23, 24—26 Dachgewiesen. 
Im Jahre 1472 schrieb Kaiser Friedrieh III, der Universität auch eine 
solche nStatiof^j am Feste des heiligen Augustinus, in der Augustiner- 
Kirche vor CXini, Il.y Nr. 38 J. 
**) Die an die Wiener Universität ergangene Aufforderung , die oben er- 

3 



34 

In dem Streite um den Bischofssitz zu Passau war die 
Universität zwischen 1423 und 1426 vom Papste sowohl, 



w&hnte Provimialsynode 2u beschicken , war, "wie ancli aus Andenn 
ersichtlioh ist, lediglich praktischer Natur nnd keineswegs in dem 
hanonUchen Rechte, als solchem, begründet. Die alten katholischen 
Universitäten konnten nemlioh, ihrer kirehlieh privilegierten Sttlhung 
gemäss, nur zu öhumenischen Concilien berHfea werden. 

Es beurkundet demnach keine besonders tiefe Kenntniss des 
hatholisehen Kirchenrechtes , wenn der, redegewandte, Referent eines, 
dem Aufnahmsgesuche des protestantisch-theologischen Lehrkörpers 
günstigen, Universitäts-Collegiums es als ein Argument gegen den 
katholischen Charakter der Wiener Uniyersität angesehen wissen will, 
dass eben diese Hochschule n bei der Provinzial 8ynode, welche im 
Jahre 1858 in Wien abgehalten wurde f sieh keiner Vertretung erfreute^. 

Eben so tritt ein bedauerlicher Mangel an den einfachsten katho- 
lischen Religions-Begriffen aus der Aeusserung eben dieses Mannes 
hervor, wenn er unter Anderm bemerkt: 

»Dem ungeachtet kann und soll nicht geläugnet werden, dass 
zwischen der Wiener Universität und der christlichen, Sfiäter kathali- 
scheD Kirche sich geschichtlich gewisse Beziehungen entwickelt haben**. 

Oder wenn er schon früher sich äussert: 

nEs bedarf aber auch überdless kaum der Bemerkung, dass gur Zeit 
der Gründung der Wiener Universität von einem kalMlschen Lehr- 
begrtflT, im Gegensätze zu dem efangelischen, füglich gar nicht gespro' 
chen werden konnte, und wenn daher in dem Gründungs-Diplome 
Herzog Rudolfs lY. , als Aufgabe der neu zu begründenden Univer- 
sität, unter Anderm auch ausgesprochen ivird: rtut ortkodsxa ^<2a« di- 
lateiurttj so ist diese Stelle eben nur im Gegensätze ketieriscker) hlre- 
ttseher(!) Bestrebungen mu verstehen. Gleichwie aber erst durch das 
Breve Urban's VI. vom Jahre 1384 die theologische Facultät der Wie- 
ner Universität incorporiert wurde, eben so steht auch der Ihcorporie- 
rung der evangelischen Theologie, als einer n » seien tia licita et per- 
missa««, die ja bereits an einer vom Staate begründeten Facultät ge- 
lehrt wird, vom Standpunkte des geschifhtlleben Rechfes kein Binder- 
nies entgegen*^. 

Demnach gäbe es eine n katholische Kirche* erst seit dem Abfalle 
der Lutheraner und der Calviner von eben dieser Kirche? — Ein »ka- 
tholischer LehrbegrijfV' bestände erst seit der yiConfessio Augusiana<^ 
(vom Jahre 1530) und seit den zahlreichen Bekenntniss-Schriften, wel- 
che unter den Sammelnamen: nConfessiones Helveticae** gestellt wer- 
den müssen? — Der nkatholische** und der ^evangelische Lehrbegriff« , 
wenn der Letztere, im autoritativen Sinne des Wortes, anders je mög- 
lich wäre, fielen gemeinsam unter den Begriff der »orihodoxa^c^estf, im 
offenen »Gegeiisatie zu häretischen <<, das ist, nkederischeu Bestrebun- 
gen*^, und trotz ihrer wechselseitigen Ausschliesslichkeit, trotz ihrer dia- 
metralen Entgegensiellung? Der römische Papst, Urban F., sollte 



35 

als vom Herzog Albrecht V. um ihre Vermittelung angegan- 
gen worden (Kink, I., 2., Nr. XVIl, sub S-^ld), 

Es gebricht hier an dem nöthigen Räume, um die Theil- 
nahme der Wiener Universität an dem Concilium zu Basel aus- 
führlicher zu würdigen und es muss diegsfalls auf Kink (L, i., 
8. 155 — 166; /., 2., Nr, XXIII, sub 1 — 70) verwiesen werden. 

Uebrigens möge hier die Bemerkung genügen, dass schon 
im Jahre 1429 üicr Abgesandte der Pariser Universität nach Wien 
kamen, um sich wegen des abzuhaltenden Conciliums zu be- 
sprechen; dass dieselben im Jahre 1431, von Basel aus, die 
Wiener Universität aufforderten, ihre Gesandten abzuschicken; 
dass hierauf der präsidierende Cardinal Julian, Tiiulo S, ÄngeU, 
bereits im November 1431, das Concilium selber am 26. Jänner 
und am 18. Februar 1432 die betreffenden Einberufungs- 
Schreiben nach Wien ausfertigten (n Vos ad hereticam pravitatem 
impugnandam credimus obnoxios esst^ — vos npugiles Christi ^fidei 
catholice zelatoreSy pro Dei honore et vestre rectisstme fidei ilUba- 
cione^); dass, P. Eugen IV, am 16. Februar 1432 Abgesandte 
der Universität bei dem Concilium verlangte (v Spectat ad vos 
quoque, qui estis studijs literarum et sapientiae dediti, lahores et di- 
Hgentiampro viribus impendere, ut ex agro domini hereses extirpen- 
tur et ecclesia dei in unitate et pacis dulcedine eonquiescat^) ; dass 
sich die Universität vorerst mit dem Ordinarius von Passau 
über jene nadvisamenta et defectus^ verständigte, welche in Ba- 
sel zur Sprache zu bringen wären; dass sie am 9. November 
1431 einen ständigen Ausschuss von eilf Magistern, aus allen 
FacuUäten, für diese Angelegenheiten zusammensetzte; dass 
ihr Abgesandter, Dr, Thomas Haselbach, bei den gleich anfangs 
ausgebrochenen Irrungen zwischen Papst und Concil, bis zu 
seiner Abberufung im Jahre 1434, mehr auf die Seite des 



die neTaogeltsche« Theologie der Qegemvart fär eine })nllcita /acu^ 
^a««« erachtet haben , vfofern sie im Jahre 1S65 schon bestanden 
hätte? — TTßi/ Papst Urhan VI, erst im Jahre 1384 eine, selbstver- 
ständlich, \9,ikL9\\%t\~theologiBehe Facultät im Organismus der Wiener 
XJniyersitat bewilligt hatte, «o soll nYom Standpunkte des geschieht- 
liehen Beehteef^f der nineorporierung»' des cenfessUaellen Widerpartes 
eben jener Facultät in ^i^%e fünf hundertjährige Hochschule, im Jahre 

des Heiles 1863, auch »kein — Tlinderniss entgegen stehen^i?/ 

Wahrlich, solchen — theologisier enden Aeusserungen. aus dem 
Munde und aus der Feder eines Katholiken gegenüber, wird man un- 
Willkür lieh an Joh, 3, 10 erinnert! — 

3* 



36 

Papstes , Eugen IV. , und gegen die Reichang des Kelches sich 
neigte; dass am 20. März 1436 vier^ vom Concilium zu Basel 
abgeordnete, Visitatoren und Rtformataren der Wiener Univer- 
sität, in Betreff der Letztern überhaupt und in Betreff der 
theologischen Facultät insbesondere, gewisse Verfügungen tra- 
fen, welche, auf Grundlage der vorhandenen Universitäts- und 
Facultäts-Statuten, wie der bisher gemachten Erfahrungen, 
etwelche Missbräuche abstellten und der ganzen Universität 
die genaue Beobachtung ihrer Statuten, mit hohem, religiösem 
Ernste, an das Herz legten (Kink, II., Nr, 30)] dass im Jahre 
1436 das Concil und im Jahre 1438 der Papst der Universität 
auftrug, an den Unions-Verhandlungen mit den Griechen sich 
zu betheiligen; dass am 13. Juli 1437 der päpstliche Legat, 
Cardinal Julian, von Basel aus, seine Zustimmung zu der In- 
corporierung der landesfürstlichen Pfarre Russpach in die 
Wiener Universität erklärte (Kink, II,, Nr, 31) ; dass diese Uni- 
versität, bei dem am 4. November 1439 neu ausgebrochenen 
Schisma, theilweise zu der Neutralität der deutschen Fürsten, 
theilweise zu dem Concilium hielt, von Eugen /F., wie von sei- 
nem Gegenpapste Felix V, und von dem Basler Concüium um 
1440 — 1442 Mittheilungen entgegen nahm, demErzbischofe von 
Salzburg und dem König Friederich III. in der Schisma-Frage 
Rathschläge ertheilte; dass der neue Papst Nicolaus V. (seit 6. 
März 1447) bei der Universität nur langsame Anerkennung fand 
(Kink, I,j 2.y Nr. XXXIII, sub 38—70), v 

Am 16. Februar 1441 erhielt die theologische Facultät in 
Wien von dem Basler Ooncilium das Recht, jene Prediger vor 
ihren Richterstuhl zu ziehen, welche in der Stadt und in deren 
Bezirk häretischer Lehren sich schuldig machen (Kink, II., Nr, 
35); ein Recht, welches P. Nikolaus V, am 28. Mäl:z 1452, von 
Rom aus, erneuerte, resp. kanonisch sicher stellte (l. c. Nr, 36). 
Der Inhalt der diessfälligen päpstlichen Bulle lautet: 
»Nieolans Spise«pas serans sern^rnm Del. Dlleetls filijs Decan« 
et lagistris FaeoUatis Tbeologieae Tninersitatis StndiJ Opidi WienH. 
Patanien. Di^eesis niittc et pro tempore eiistentibns Salntem et 
Apostolicain Benedietionem« Sincerae deuotionis affectus, quem ad 
nos et Romanam geritis Ecclesiam, promer etur, (ut) Yotis Vestris illis 
praesertim, per quae salubri statui et foelici Regimini Vestris consu- 
litur et peruersorum atque Rebellium conatus compeseuntur, fauora- 
biliter annuamus. Sane sicut exhibita nobis nuper pro parte Vestra 



37 

petitio continebat, ioxta statuta et Ordinationes Facultatis Theolo- 
giae ab Vniaersitate Stadij Wienn. dadum approbata, Ipsa Fac%dtcL8 
onmes gradnatos pro tempore etiam medijs Jnramentis constringere 
eonstAeuit. Qnod si quid ipsos tarn in Lectionibus, quam praedica- 
tionibus siue Collationibus audire contangat, quod sanae Doctrinae 
aut Fidei Christianae iudicauerint contrarium, siue piarum aurium 
offensiuum aut Scandalosum. Id infra certum terminum ad Decanum 
Facultatis Yel Magistros huiusmodi deferre teneantor. Quodque licet 
ipsa Facultas tales Praedicatores et Lectores a tanto tempore j de 
Guius contrario memoria kominum non existity accersierit, pateme 
docuerit, et ad reuocationem Yel Declarationem tarn exemptos quam 
aUos realiter et cum effectu informauerit, eisque persuaserit. Nihil- 
lominuB a paucis annis citra nonnulU exempH^ scandalosi Praedica- 
tores et Doctores informationes et declarationes huiusmodi subter- 
fugere praesumpserunt Asserentes Facultatem praedictam quoad hoc 
nuUa autoritate suffuUam foisse atque fore. Nos fidei, Statui Vestro^ 
et dictae Facultati in praemissis prout ex officii nostri debito tene- 
mur, Vobis in praemissis quantocius prouidere Volentes Vestris in 
hac parte supplicationibus inclinati Vobis et pro tempore existentibus 
Decanis et Magistris iuxta dictae Facultatis Statuta et Ordinationes 
praefatas qtuMCunque personas sanae Doctrinae aut fidei Christianae 
contraria, siue piarum aurium offensiua aut scandalösa in Ledtvoni- 
bus praedicationibus siue collationibus Vel alio quocunqtie modo 
praedicantes, legentes seu informantes siue exempte Vel non exempte, 
etiam cuiuscunque Status, ordinis Vel conditionis fuerini, qvotiens 
opus erit, cor am Vobis propterea eitocandi, et in hoc delinquentes ex- 
cedentes iuxta Delictorum et excessuum qualitates corrigendi et pU" 
niendi, et ad reuocationem eorundem sub censuris ecclesiasticis et 
poenis, ac alijs Juris remedijs compeUendi et compescendi, Äliaque 
eirca haec necessaria et qportuna faciendi et exequendi, Quodque si 
iUa quod absit, reuocare noluerint, processus desuper necessarios 
aggrauandi et reaggrauandi, nee non auxilium Brachij secularis in 
praemissis inuocandi, plenam et liberum Autoritate Apostolica tenore 
praesentium concedimi^ facultatem. Mandantes nihillominus Dilectis 
filijs Nobilibus Viris Ducibus Austriae ac Magistro Ciuium et Consu- 
latui Wienn. , nee non Vniuersitati et singularibus personis dieti 
Opidi, Quatenus sub Vir tute sanctae obedientiae qua nobis et Sedi 
Apostolicae tenentur et astricti existunt, quatenus Vobis contra tales, 
quotiens pro parte Vestra super hoc fuerint requisiti^ assistere de- 
bea^t ac teneantur, Datum Romae apud Sanctum Petrum Anno 



38 

iucarnationis Dominicae Millesimo Quadringentesinro, Qain<|uagesimo 
secundo. Quarto KaL Aprilis, Poniificatus nostri apno sexto**. 

Hatte die theologische FacuUät schon früher (rid tanto tem- 
pore'^) eine ähnliche Mission, als in ihrem Wirkungskreise ge- 
legen, angesehen und, im Namen des Ordinarius oder nach Um- 
ständen des Dompropstes, wenigstens eine Art Voruntersuchung 
geführt, so handelte sie seit diesem letzten päpstlichen Privi- 
legium unabhängig vom Passauer -Official, wie vom Propste 
zu St. Stephan, als nApostolieaAuctoritate Jiaeretkae pravitatis Inr 
quisitrix'* (cf. Kinky /., i., 8, 167 f.). Sie citierte, wie schon frü- 
her ilr^^««-Magister, Husiten , Prediger und Verbreiter aber- 
gläubischer Behauptungen, so auch in dieser neuen Eigenschaft 
wieder Prediger, Schriftsteller und Schatzgräber, ja selbst, 
der Heterodoxie verdächtige , Universitäts-Mitglieder und an- 
dere höher gestellte Personen, wie um 1486 den Priester, Me- 
diciner und Humamsteny Dr. Georg von CiUy^ resp. ein Buch 
dieses Mannes *), um 1492 den passauischen Official und Uni- 
versitätslehrer, Dr. J ohB.nn Kaltenmarktery um 1510 den Com- 
thuf des heiligen Geist-Spitales, Dr. Philipp Turriant^j vor ihr 
Forum und schritt 1514 selbst gegen eine Wiener- Ausgabe ge- 
wisser Öden des Humanisten Conrad Celtes ein (Kink^ /., i., Ä 
2B5f.; /., 2., Nr. XI, sub 19. 20. 24. 26). Kink hat überhaupt 
von 1404 — 1516 acht und zwanzig Fälle, zumeist aus den, ihm 
zugänglich gewesenen, Original- Acten der theologischen Facultät 
(cf. L, l.y Quellen Angabe y 8. XVI; Z, 2., Nr. XI y sub 16 y Anmer- 
kung), zusammengestellt (I., 2.; Nr.XI), in welchen dieselbe 
Facultät ihr diessfälliges Amt zu üben hatte. 

So stellt sich denn aus unsern bisherigen Deductionen, 
resp. AUegaten, ganz unzweifelhaft heraus , dass die Wiener Uni- 
versität, als ein Ganzes, während des ersten Zeitraumes ihres 



*) Die Censur über den Inhalt dieses Baches laatete: »«quedam incautd 
posita, scandalosa, A doctoribus et doctis minime recepta^ quin ymo 
omnium doctorum Catholicorum doctrine adaersa, heresim ab Ecciesia 
reprobatam innovancia, pessime sonancia, piarum aiirium quam pluri- 
mum ofifensiua, i. yeritate theoloica et moribus yere fidei deuiancia, in- 
digesta, d divino servicio retrahencia, habenaa vitiorum laxaneia, eri' 
minibua occasiones prestanciUf conaueiudinea prauaa excuaaneia, et 
leuitatea ineptaa inducencia»^ (Kink; /., /,, 6'. 235; 1., 2., Nr. XJ, auh 19). 
nWie trefifend ist doch diese (die humaniatiache) Geistesrichtung aus- 
gedrückt!«* — So schreibt Kinh zu dieser Censur (J., 1., S. 286). 



39 

Bestandes von 1365 bis zum Tode Maximilian's L (12, Jänner 
1619) eine spedfisch kathoUsche Aufgabe gehabt, bestimmte, suc- 
cessive sieb mehrende, kirchliche Privilegien genossen, resp, 
ausgeübt und einen spedfisch katholischen Charakter an sich ge- 
tragen habe; dass die theologische Facultät, selbstverständlich, 
ganz unmiMelhar^ die drei andern Facultäten aber wenigstens 
mittelbar^ nach und neben ihren nächsten Lehr- Aufgaben^ berufen 
waren, den angestifteten kathalisehen Charakter dieser Hochschule, 
im erhöhten Maasse (cf, oben S. 29) zur Anschauung zu bringen. 

RvdolfUA bemerkt (T., i., S. 125—133), im Hinblicke ^^ 
auf die ursprünglicJie ^ bis zur abendländischen Glaubens-Spal- 
tung andauernde, Stellung der Universität zur Kirche und ganz 
hieher gehörig, eben so schön, als wahr: 

«} Zweimal hat die Kirche während der Dauer des Mittelalters 

die Wissenschaft gerettet. Sie hatte die Wissenschaft als ein 

Findelkind getroffen und bei sich aufgenommen; folglich hatte sie 
denn doch das Beeht, su^ um ihr Loos zu bekümmern. Zu diesem 
Besitzes-Titel, dessen QiUigkeit zu bestreiten, selbst einem Barbarea 
schwer fallen würde, gesellten sich dann noch mehrere äussere und 
innere Anlässe, um den kirchlichen Einfluss auf die Schide zu moti- 
vieren. Wären aber auch all^ diese geschichtlichen Beweg- 
gründe nicht da gewesen, so musste doch das Eine entscheidend 
sein, dass, wie die Kunst, so auch die Wissenschaft, als zu Oottes 

Dienst gehörig, angesehen wurde. Man trug kein Bedenken, 

der Wissenschaft den höchsten Beruf zuzutheilen, und zu erklären, 
dass, so wie sie von Oott stamme, sie auch eben dahin, zu ihrem 
Ursprünge , wieder zurück führen müsse. Man erfasste aber diese 
Anschauung nicht in dem allgemeinen, abfertigenden, Sinne, dass 
ja überhaupt alles Endliehe* von Einem Unendlichen stamme und 

ihm zugehöre. Man blieb nicht dabei, bloss die allgemeine Idee 

auszusprechen; man stellte sie auch auf den Boden der Wirklich-' 
keit, gab ihr eine concreto Gestaltung und wies ihr eine bestimmte 
Stellung im Leben an. Zunächst sprach man aus, dass die Univer- 
sität für den Dienst und den Schutz der katholischen Kirche zu 
wirken habe und formulierte diese Aufgabe noch genauer, indem 
man der Schule auftrug, filr die Verbreitung und fttr die Vertheidi- 
gung des wahren Olavhens thätig zu sein. — — Für die Unter- 
suchung und Bekämpfung der Irrlehren war, des Faches wegen, 
die theologische Facultät insbesondere berufen; sie war das hiefär 
thätige Organ und Glied des ganzen Körpers. Für den Dienst der 



40 

Kirche und des Olaubena tu wirken^ war die Bestimmung der Schule 
im Allgemeinen; die theologische FacuUät war nur speeiell mit der 
Ausübung der richterlichen Functionen betraut. In Folge dieses der 
Universität, so oft und in klaren Worten zugevneseQen , Berufes 
hatte sie auch eine allgemein anerkannte klerikale Richtung; die 
Bürgerschaft selbst rief ihr später einmal die Zeit in das Gedächt- 
niss, wo sie n nclerica^ ^ gewesen sei** (im Jahre 1558; cf. Kink, /., 
/., Nr. LVUI, HL b, 8. 171). 

Es darf nicht in Abrede gestellt werden ^ dass der ältere 
Humanismus, selbst in den höchsten kirchlichen Kreisen ^ würdige 
Vertreter und Oönner zählte, dass er überhaupt mannigfache Be- 
rechtigung hatte und, was die Form betrifft, nicht ohne erspriess- 
lichen Einfluss auf die Neugestaltung der Wissenschaftj die theo- 
logische mit inbegriffen, geblieben ist. Es darf aber auch nicht in 
Abrede gestellt werden, dass eben dieser Humanismus selber 
wieder der bUsseni^orm absolut hörig wurde; dass er, gepaart mit 
der heidnischen Ueppigkeit und Liederlichkeit, mit der Eitelkeit 
und Hoffart des 15. Jahrhunderts, die Wissenschaß und das Leben 
als vom Dogma und von der Disciplin der Kirche unabhängig 
proclamierte und der bisherigen christlichen und katholischen 
Weltanschauung, wie der frühern christlichen Sittenstrenge mehr 
und mehr den Rücken kehrte; dass er der verhängniss vollen 
Glaubens- und Kirchenspaltung des Abendlandes, theils mit^ 
theils wider Absicht und Willen, nicht nur den Weg ebnete, 
sondern, im Bunde mit dem, zumeist aus ihm selber hervor- 
gewachsenen, in eben so stetiger, als principiell nothwendiger, 
Selbstauflösung und Selbstzersetzung begriffenen Protestantismus^ 
auch der hellen Gleichgültigkeit und offenen Feindseligkeit gegen 
jede j^^iltlj'christliche , resp. katholische Ueberzeugung Thüren 
und Thore eröffnete und so, wenigstens in seinen Nachwirkun- 
gen, die bedenklichen, religiösen, politischen und socialen Zu- 
stände mit hervorrief, in welchen der moderne Humanismus, von 
dem alten üeberall und Nirgends, dem ngrossen Orient^, ins 
Schlepptau genommen und offenbar höchst blöden Auges, hin- 
wieder nur seine eigene Transfiguration zu erblicken vermag. 

Dass die aüen Universitäten, und unter diesen auch jene 
von Wien, den oben bezeichneten Einflüssen, welche in der neu 
erfundenen Buchdruckerkunst zugleich ihre Locomotive entdeckt 
hatten, nicht ganz zu entgehen vermochten, liegt offen da. 



41 

Die Taktik der Heg atlf en Potenzen entwickelt sich zudem 
immer und überall in dem dreifachen Klimax: » Tolerari*^ — nAef ol- 
pararl^ — »Domiliari^, bis das Wort des Heilandes (Matth. 
7, 16): nA frictibas e^gi^scetls eas^ sich an ihnen immer wieder 
neu erwahrt und die Welt zeitweilig entntichtert. 

So kam es auch bei der Wiener Hochschule. Durch die 
Arüsten-F SLcnltät hindurch war der Humanismus mit seinem 
Classiker-Fanatismus , mit seiner glaubens- und sitten-losen 
Frivolität auch bei den Juristen und Medicinern eingezogen; 
selbst in der theologischen Facultät wirkten zeitweilig Humani- 
sten, wie Johann Camers, jedoch ohne, dass diese Corporation 
jemals mit den, factisch bereits nsäcularisierten^ ^ übrigen drei 
Facultäten durch Dick und Dünn gegangen wäre. 

Im Jahre 1499 war die ilr^'^few-Facultät schon vollends 
in den Händen der Humanisten; im Jahre 1509 erschien ein 
neues, schwülstiges, Studien- und Disciplinar-Statut für die 
Studierenden dieser Facultät (Kink, IL, Nr, 47. - - Oben S. 32, 8, 
Zeile V, O., ist Zahl: 47 zu tilgen und, statt: 49, zu setzen: 48^. 

Am 25. Juni 1511 hielt die Üniversitäts-Congregation 
die Aufforderung, ein Concilium zu beschicken, für eine unzeit- 
gemässe Zumuthung (nin negotio tempestate nostra insoHto*; cf, 
Kmk, L, i., 8, 226; /., 2., Nr. XXXII, sub 2), 

Schon um 1510 wurden nMiracula OhrieW'Mnd n Landes 
Herculis^ nebeneinander herausgegeben und 1514 erschienen 
acht (fingierte) Briefe des heiligen Paulus an Seneca, nebst sechs 
Antworten des Letztern; die Ausfälle gegen die Giltigkeit des 
Ablasses, gegen die Reliquienverehrung, gegen den schuldigen 
Gehorsam der Ordensleute hatten auf einzelnen Kirchenkanzeln 
in Wien, um eben diese Zeit, nicht bloss sich gemehrt, son- 
dern, nach Inhalt und Form, zugleich die Richtung angedeutet, 
in welcher die bevorstehende* Schilderhebung wider die Kir- 
che von Luther und seinen Vorläufern, darunter die lüderlichste 
Erscheinung unter den deutschen Humanisten des 16. Jahr- 
hunderts, Ulrich von Hütten, für ganz kurze Zeit auch in Wien 
verweilend, demnächst in die Scene gesetzt werden sollte. ' 

Rudolf Kink bemerkt, zugleich auf andere Begünstigun- 
gen der neuen, widerkirchlichen, Bestrebungen hinweisend 
(L, i., S. 237), eben so treffend, als wahr: 

n Bedenkt man, dass derlei Angriffe auf kirchliche Einrichtun- 
gen, welche, wenn sie auch nur als Vorschläge gegen Missbräache 



42 

gelten wollten, sowohl der Form, als ihrer weitern Consequenz nach, 
sich als Auflehnungen kundgaben , auf den Kanzeln der Kirche und 
auf den Lehrstühlen der Schule ihre Vertreter gefunden hatten: so 
bedarf es keines kühnen Schlusses , um daraus zu folgern , dass der 
Kampf, zu welchem seit 1517 von Wittenberg aus das Signal ge- 
geben und in erster Reihe von den Universitäten Rüstzeug und Käm- 
pfer geliefert wurden, auch in Wien zahlreiche und vorbereitete Par- 
teigänger finden musste. Die nach Maximilian''8 Tode ausgebroche- 
nen politischen Parteiungen waren in vorzüglichem Grade geeignet, 
eine solche Disposition zum Ausbruche zu bringen, weil darin eine 
willkommene Gelegenheit lag, dem ohnediess schan herheigefülyrten 
Gegensatze eine neue Formel und eine jeder Zeit so bequem auszu- 
beutende Solidarität mit Gewissenspflichten zuzubringen. Die neuen 
(nvon den Ständen eigenmächtig eingesetzten'^ ^ cf. 1. c, S. 232) Re- 
genteny welche sich selbst wohl nicht verhehlen konnten, in ungesetz- 
licher Weise zu ihrer Stellung gelangt zu sein, fanden ein Interesse 
daran, auch nach dieser Neuerung zu greifen, weil sie ihnen neue 
Anhänger zuführte und die Aussicht gewährte, ihre Absichten und 
Unternehmungen unvermerkt vor ein anderes Forum zu stellen. 
Das Gewährenlassen an sich kam schon einer Betheiligung am An- 
griffe gleich und die ünschlüssigkeit des damaligen Bischof Sj 

Georg Slatkonia, wie die wenig verdeckte Oonnivenz der Universität 
(in ihren drei weltlichen Facultäten) gegen die neuen Lehren förder- 
ten ihre Verbreitung in rascher Weise". 

Wie nothwendig erschien es nun, dass, durch die (oben 
S. 35) erwähnte jSjpccia^BevoUmächtigung von Seite des Pap- 
stes, die Wahrung der specifisch-katholischen Interessen der Uni- 
versität bereits jenem Theilkörper derselben zugefallen war, 
der, nach Zweck und Ziel seines Bestandes in der Hochschule, 
hierzu unmittelbar berufen und verpflichtet bleiben musste. 

In den Augen des Papstes aber galt die Wiener Univer- 
sität, trotz der, sich mehr und mehr vorbereitenden, innern 
Wandlung, fortan dennoch als eine kirchlich privilegierte Anstalt, 
mit specifisch katholischer Mission. Hiefür zeugen die, oben S. 29 
und 30 aufgeführten, vier Erlässe Älexander's VL und Leo^s X., 
vom 6. Mai 1500, vom 12. Juli (äIcW: März) 1513 und I.Juni 1517. 

Der zuletzt genannte Papst hatte überdiess am 19. März 
1512 der Wiener Hochschule seine, am 11. März 1512, erfolgte 
Erwählung angezeigt und am 7. Juli, dann am 6.November 1513 
die Lösung der Excommunication angeordnet, welche der Hu- 



43 

manist Thomas Resch über die theologische Faeultät verhängte, 
weil diese, ihn, den blossen Bcxkalarius der Theologie, als 
üniversitätS'Rectory nicht anerkennen wollte (Kink, 7., /., S. 209; 
L, 2., Nr. XXXIll und XXXIV), 

War bei der Errichtung des bischöflichen Stuhles zu 
Wien (1480) von Kaiser Friedrich IIL, im Einvernehmen mit 
dem neu ernannten ersten Bischöfe, Leo von Bpaur^ am 15. J'än* 
ner 1482 urkundlich festgestellt worden, dass der Dompropst 
von St. Stephan nach wie vor die Würde eines Kanzlers der 
Universität zu bekleiden habe (Kinkj H., Nr. 39), so focht hin- 
wieder der Bischof, Georg Siatkonia, bald nach seiner Inthroni- 
sation, das Jurisdictionsrecht der Universität, bezüglich der 
Verlassenschaft geistlicher Universitäts-Glieder, mit einer Hart- 
näckigkeit an, gegen welche selbst die (oben S. 29) erwähnte 
Bulle Leo^s X, vom 12. Juli 1513, nichts vermochte, obwohl in 
selber dieses Jurisdictionsrecht der Universität dem jeweiligen 
Recjtor ausdrücklich nobsque concurrenäa dicU Episcopi Viennensis*^ 
bestätigt und resp. erweitert worden war. Ja Bischof Georg 
antwortete auf die zweite, ganz allgemein gehaltene, päpstliche 
Bestätigung aller Privilegien der Wiener Universität, vom 
1. Juni 1517, mit einer Apellation an den römischen Stuhl. 

Dieses Zerwürfniss zwischen dem Bischof und der Uni- 
versität wirkte natürlich sehr lähmend auf das immer nöthiger 
gewordene, gemeinschaftliche, Vorgehen gegen die täglich 
mehr um sich greifenden Religions-Neuerungen. 

Der betagte Kirchenfürst entwickelte überdiess nicht je- 
nen Eifer und Muth, der durch die Zeitumstände geboten 
schien; ja er hatte selbst die Schwäche, den, wegen seiner lu- 
therischen Gesinnung bereits aus Salzburg gewiesenen, damals 
schon verehlichten Priester Paul Spretter (nSperatiis^)^ am er- 
sten Sonntage nach der Erscheinung des Herrn 1522, auf An- 
dringen des Vicedoms und des Stadtrichters von Wien, in der 
St. Stephanskirche predigen zu lassen. Die Predigt w^r gegen 
das ehelose Leben der Geistlichen gerichtet. 

Die tlie«Ug;i8che FacuÜät stand somit fast ganz allein da. 
Indem es auch bei den drei übrigen Facultäten sich täglich klarer 
herausstellte, von welchem Geiste sie bereits ergriffen waren. 

Rudolf Kink hat (L, 2., Nr. XXXV, sub 1—34) die diess- 
fälllgen 7) Original-Daten'^ zusammen gestellt und hierüber fJ., i., 
8. 238-^249) eine kurze üebersicht gegeben, die, wenigstens 



44 

theilweise und um so unbedenklicher, hieher gesetzt werden 
darf, als die meisten jener nDaten^ ohnehin den Original-Äcten 
der theologischen Facultät entnommen sind. 

Das hieher Gehörige jener Uebersicht lautet: 
»Zuerst im April 1520 war die theologische FacvUät darauf 
auftnerksam geworden, dass verschiedene, in religiöser Beziehung 
verdächtige und Aergemiss erregende Bücher in Wien gedruckt und 
unter dem Volke verbreitet würden. Sie beschloss, sich an den Bi- 
schof und die Bürgerschaft zu wenden, wenn gleich sie sich schon 
damals die Möglichkeit nicht verhehlte, dass von dieser Seite keine 
Abhilfe zu hoffen sei. Bestimmter aber zeichneten sich die Verhält- 
nisse, nachdem am 1. Jidi 1520 der römische Stuhl 41 von den 
Lehrsätzen Luther's verdammt hatte. — In den ersten Tagen des 
Novembers 1520 gelangte an die Universität ein Schreiben des ihr 
(von seiner Anwesenheit in Wien, im Jahre 1516) wohlbekannten 
Dr. Johann Eck aus Ingolstadt, vom 14. Octobef datiert, worin er 
sie kraft seines Amtes, als päpstlicher Commissär und Protonotar, 
von diesem Verdammungs-Urtheile verständigte und aufforderte, der 
Bulle gemäss, von welcher er ihr, zum Behufe der Affigierung, eine 
Abschrift übersendete, vorzugehen, d.h. ihre Angehörigen vor Luther's 
Lehrsätzen zu warnen , und alle lutherischen Bücher und Schriften 
von ihnen einzufordern und zu vernichten. Die Universität meinte 
zwar, man müsse hierin vorsichtig zu Werke gehen und das Verhal- 
ten des Bischofs vorerst abwarten; jedoch am 13. November 1520 
besann sich die theologische Facultät eines Andern , und beschloss, 
der päpstlichen Bulle zu gehorchen und auf deren Anerkennung und 
Verbreitung durch den Druck beim Bischöfe und beim Rector hinzu- 
wirken. Sie musste aber bald gewahr werden, dass sie allerorts mit 
ihrem Eifer auf Hindernisse stiess. Am 6. December 1520 machte 
sie dem Bischöfe, ihren Beschlüssen gemäss, bestimmte Vorschläge, 
welche darin bestanden, dass alle Prediger der Stadt zur Anhörung 
der Bulle vor den Bischof berufen und mit einer kurzen Instruction 
versehen , die ketzerischen Bücher bei den Buchhändlern und Kauf- 
leuten mit Beschlag belegt, dagegen die päpstliche Bulle an den ELir- 
chenthüren angeschlagen, durch den Druck verbreitet und zu allge- 
meinem Gebrauche ein Auszug in deutscher Sprache verfasst werden 
solle. Auch erachtete es die Facultät fär ihre Pflicht, ihr Richteramt 
gegen die Anhänger Luther's zu üben und seine Sätze durch eine 
eigene Schrift zu widerlegen. Der Bischof war jedoch ans seiner Un- 
schlüssigkeit und Lauheit nicht aufzurütteln. Am 8. December er- 



45 

klärten auch die Regenten ihr entschiedenes Missfaüen an dem Vor- 
gehen der theologischen Facnltät und der StaUhalter gab sich selbst 
offen als Anhänger Luther's und Widersacher des Papstes zu erken- 
nen. Eben so verfasste der Rector der ürdversität eine feierliche 
Verwahrung gegen die Promulgation der BuUe. Darin wurde sich 
darauf berufen, dass dieselbe an so manchen andern Hauptorten 
Deutschlands ebenfalls noch nicht kundgemacht sei, dass auch die 
Pariser Universität sich noch nicht gegen Luther ausgesprochen 
habe, und dass es überhaupt nicht angehe, der erst abzuwartenden 
Entscheidung des Kaisers und LandesfUrsten vorzugreifen. Anbei 
wurde aber mit Bestimmtheit hervorgehoben, dass die Universität weit 
entfernt sei, etwas in Schutz nehmen zu wollen, was gegen den ka- 
tholischen Glauben, die Kirche, oder das Evangelium *) gerichtet sei. 
Wenige Tage darauf, nachdem die theologische Facultät unter Be- 
rufung auf das ihr von Papst Nicolaus V. im Jahre 1452 eingeräumte 
Bichteramt gegen das Verhalten des Bectors Verwahrung eingelegt 
hatte, kam zwar ein Compromiss zu Stande, dem zufolge die Facultät 
sich herbei Hess, alle frühem Beschlüsse so lange zu verschieben, 
bis der Kaiser auf die von der Universität gestellte Anfrage geant* 
wertet haben würde ; nur die deutsche Instruction an die Prediger 
könne gleich jetzt abgefasst und hinausgegeben werden. Als aber 
die Facultät nun auch zur Ausführung schritt, verweigerte der Eec- 
tor nachträglich auch dazu seine Zustimmung und bedrohte sogar 
die Theologen mit dem Kirchenbannes woferne sie die beabsichtigte 
Instruction veröffentlichen wollten. Die Facultät, welche sich dadurch 
nicht abschrecken Hess, protestierte gegen das Verfahren des Rec- 
tors und wollte eben daran gehen, auf eigene Verantwortung die 
Drucklegung zu veranlassen, als sie plötzlich von Seite des Statthal- 
ters, den Auftrag, damit inne zu halten, und der Buchdrucker bei 
Verlust aller seiner Güter das Verbot erhielt, die fraglichen Publica- 
tionen in Druck zu nehmen. 

So war denn die theologische Facultät aller Mittel beraubt 
ihren Vorsatz auszuAihren, und es erübrigte ihr nichts mehr, als sich 
der Gewalt zu fügen. 

Am 9. Jäimer 1521 wurde sie vor die Regenten berufen und 



♦) »Der Ausdruck: j^aut Evangelium^ dürfte hier wohl nicht bloss iö sei- 
nem natfirlichen, unbedenklichen Sinne, sondern vielleicht in der Deu- 
tung SU nehmen sein, in welcher er damals zum Mchütpenden Schlag- 
Worte für die y» Evangelischen^ ausersehen worden war«. Kinh, a. a. O, 



46 

sie versah sich schon des Aeussersten, als unvermuiheter Weise die- 
selben si<;h milder gestimmt zeigten, in freundlichen Worten zur 
Geduld ermahnten und den Druck der Bulle gestatteten. Die Ur- 
sache des ge&nderten Benehmens war der eben eingetretene Tod 
des obersten Statthalters, welcher in eifrigster Weise den lutheri- 
schen Ansichten zugethan gewesen war. Noch an demselben Tage Hess 
die Facultät die Bulle in 500 Exemplaren auflegen und verbreiten. 

Am 30. Jänner 1521 gelangte das Antwortschreiben des Kai- 
sers Karl^ aus Worms vom 30, December 1520 datiert (Kink, /., i., 
JVr. XXXVj sub 11) , an die Universität, worin er in strengen Aus- 
drücken ihr bisheriges Benehmen tadelte und ihre Bedenken in Be- 
treff der Anerkennung der päpstlichen Bulle als leere Ausflüchte er- 
klärte. Denn, auch abgesehen davon, dass man in Sachen der Reli- 
^on und des Glaubens sich den Aussprüchen des Papstes zu unter- 
werfen habe, habe ihr doch nicht unbekannt bleiben können, dass 
sowohl in den burgundischen Provinzen, als zu Mainz, Trier und 
Cöln die Publication bereits vorgenommen worden sei. Auch scheine 
ihm sonderbar, dass so unterrichtete Männer, wie doch die Lehrer 
einer Universität seien , nicht schon aus eigener Erkenntniss in Lu- 
ther^s Lehrsätzen und Schriften die verderbliche Tendenz hätten her- 
ausfinden kennen, um so mehr, da sie sich nur di^v richtigen Verhol- 
tungsweise der theologischen Facultät hätten anschliessen dürfen, der 
in solchen Dingen ohnediess die erste Stimme gebühre. Sie sollen da- 
her ohne weitere Zögerung dem Wortlaute der Bulle gemäss vorgehen. 

Es war ein Beweis för die Ausdehnung, welche die religiösen 
Neuerungen bereits gewonnen, dass selbst dieser in so bestimmter 
Form abgefasste Befehl keine sonderliche Wirkung hervorbrachte. 

Erst nach längern Berathungen und mehrfachem Widerstreben 
konnte im Universitäts-Rathe eine Majorität erlangt werden, welche 
sich herbeiliess, dem Auftrage des Kaisers, wenigstens dem Buchsta- 
ben nach, zu gehorchen und sein Schreiben vor den versammelten 
Mitgliedern aller Facultäten zu promulgieren. Denn einerseits be- 
wies sich der Bischof so lässig, und so nur darauf bedacht, mit lee- 
ren Worten jeden Erfolg hinzuhalten und zu hintertreiben, dass die 
theologische Facultät schon am 2. Februar 1521 den Beschluss 
fasste, allen Verkehr mit ihm abzubrechen; andererseits war auch 
der Rector weit entfernt, die Sache des Glaubens zu fördern und sei- 
ner Pflicht durch die That nachzukommen. Vielmehr vereitelte er, 
wo er konnte, die Bemühungen der theologischen Facultät, und 
scheute sich sogar nicht, ihr den Hass des gemeinen Haufens und 



47 

der Bürgerschaft auf den Hals za laden. Diess gelang anch in dem 
Maasse, dass, als am 10. Jnni, an die Stelle des abtretenden Doctors 
Angustin Mayr (Mariutjj ein nener Decan zu wählen war, Niemand 
zur Uebemahme dieser Wnrde sich herbeilassen wollte, wegen der 
groben Insnlten, denen man hierbei ausgesetzt sei. Die Facnlt&t 
mnsste endlich verfilgen, dass Ydrlän£g das Amt des Decans unter 
ihren Doctoren nach der Seihe des Seniums wechseln solle. 

Unter solchen Verhältnissen durfte es nicht Wunder nehmen, 
dass die Irrlehren vngekindert^ ja von einßussreiühen Männern be-^ 
günsHgty mit reissender Sckndle um sich griffen, und dass die theolo- 
gische Facultat, vcn keiner SeUe unterstuizi^ nichts Erfolgreiches 
nntemehmen konnte'. 

Die Seele der theologischen Facnltät war damals der Pro- 
fessor, Dr. Johannes Trapp, wohlverdient um jene, durch sein 
festes Auftreten gegen den Rector, Dr. Johannes WenzOumsery 
wie diuch seine Stipendienstiftung. Er segnete jedoch das 
Zeitliche bereits am 11. November 1524. 

Am 14. Jänner 1522 beschloss die Facultat mit allem 
Ernste gegen den oben (8. 43) erwähnten Paul Speratus vorzu- 
gehen. Sic forderte ihn, unter Beiziehung des bischöflichen 
Generalvicars, vor ihr Gericht, und als er nicht erschien, 
belegte sie ihn am 20. Jänner 1522 mit der Excommuni- 
cation. Speratus floh später nach Wittenberg und schickte von 
dort, erst im Jahre 1524, eine Beantwortung der Artikel, we- 
gen denen er excommuniciert worden war, an die Facultat; 
diese erliess hinwieder durch ihr Mitglied, Johann Corners (cf. 
oben 8. 41 Jj eine Gegenantwort, unter dem Titel: nTheologicae 
FacultaHs 8iudii Viennensis Doctorum in Pauhim ■•■ Apostolum^ 
sed svae farinae hominibus 8peraium RetaUatio^ (Wien, 1524), der, 
nach B» Rinkes Auffassung, bei ythumamsÜscheT Witzelei^ und 
^chaotischen Oitaien aus der Bibel, aus Dichtem y Kirchenvätern 
und Philosophen'^ y die ^eigentliche 8chärfe und Eindringlichkeit 
der theologischen Polemik^ mangelt (l. c. /., i., 8. 248, Anm. 287). 

Mittlerweile (am 26. April 1522) war Bischof Georg, der 
übrigens als ein religiöser, sittlicher und redlicher Mann ge- 
rühmt wird, gestorben; am 29. November 1523 folgte ihm der 
Almosenier und Beichtvater des Erzherzogs Ferdinand, früher 
Domdechant zu Wien, Johann von RevelHs im Bisthume, wel- 
cher, in Verbindung mit Dr. Johann Fc^m, damals Rath des 
Erzherzogs, und mit der theologischen Facultat, der Verbrei- 



48 

tung des Lutherthums in und um Wien eifrig, wiewohl ver- 
geblich, zu steuern suchte. Der Prädicant des Herrn von Diet- 
richstein , Eckenperger, predigte sogar in der Burgkapelle und 
vereitelte das Einschreiten der theologischen FacvMät, indem er, 
mit Hilfe einiger Regierungsmänner, die Flucht ergriff. 

»Auch die übrigen FacvMäten^ ^ schreibt Kink (l. c. 8. 246 f,) 
weiter, »machten, da doch jetzt kein Zweifel mehr über die Bedeu- 
tung der Sache vorliegen konnte , kein Hehl aus ihrer zweideutigen 

Gesinnung. ■• Am 4. Juli 1524 hatte Erzherzog Ferdinand, aus 

Regensburg, der Universität aufgetragen, einen Auszug der in letzter 
Zeit in verschiedenen Büchern und Flugschriften verbreiteten häre- 
tischen Stellen zu verfassen und auf den zu Speier abzuhaltenden 
Reichstag einzusenden (Kink^ L, 2., Nr: XXXV, sub 27), Als am 
24. Juli in der Universitäts-Versammlung hierilber berathschlagt 
wurde, bemerkte die artistische Y9,c\A\M ironisch: nrt Es sei Ja vor 
drei Jahren verboten worden, lutherische Bücher im Besitze zu haben 
und zu lesen; diesem Verbote sei man pünktlich nachgekommen. Wie 
könne man von ihr verlangen, über Suchen ein Gutachten abzugeben, 
die sie nie gelesen^ ^, — Die Doctoren der Medicin meinten: vnEs 
solle Jeder vor seiner Thüre kehren; sie gehe die ganze Sache nichts 
an, sie verständen nichts davon und kümmerten sich auch nicht 
darum. Die Theologen, zu deren Metier es ja gehöre y Inquisitoren 
der Ketzer zu sein, sollten dieses Geschäft für sich ahmachen^^. — 
T>ie^ juridische Facultät verstand sich zwar dazu, bei dieser Unter- 
suchung sich zu betheiligen, jedoch mit der Clausel, dass auch die 
andern Facultäten dabei vertreten seien , und dass , wie aus der me- 
dicinischen Facultät, so auch aus ihrer Mitte nur drei solche Mitglie- 
der dazu abgeordnet würden, welche nicht Priester seien. — Nur die 
theologische Facultät begrüsate mit Freuden den Auftrag des Landes- 
försten, betheuerte , dass sie von jeher bereit gewesen wäre , dem um 
sich greifenden Uebel zu steuern, wenn man ihr nicht aller Orten 
Hindernisse in den Weg geschoben hätte und versicherte , sie wolle 
im Vereine mit den drei andern Facultäten dem gegebenen Auftrage 
mit allem Eifer nachkommen. 

In klarster Weise geht aus dieser Verhandlung hervor, dass 
die Universität in ihrer Ganzheit sich als eine weUli6he Anstalt be- 
trachtete, und die Vertretung kirchlicher Interessen nur mehr als ein 
speeieUes Fach der theologischen FacuUät überwies , zu geschweigen 
von der Feindseligkeit, mit der sie überhaupt solche Angelegenheiten 
ansah und besprach. Sie erwog hiebei nicht, dass sie den Stand- 



49 

puncty auf den ihr Stifter sie vor Zeiten gestellt, in seinen tiefsten 
Fundamenten erschütterte und dadurch einen Neubau selbst veran- 
lasste, von dem es wohl noch zweifelhaft sein mochte, oh seine Ge- 
mächer so geräumig, so sicher anf eigenen Stützen ruhend sein würden, 
als diejenigen gewesen waren, die sie nunmehr freithätig zerstörte. 

Die oben erwähnte Zusammenstellung scheint nicht zu Stande 
gekommen zu sein , wohl schon desshalb , weil es aus mannigfaltigen 
Gründen von der Abhaltung des Reichstages in Speier wieder abkam. 
Anch kam die theologische FacuUät den immer zunehmenden Stür- 
men gegenüber so selir in's Gedränge, dass sie endlich am 14. Juli 
1526 erklärte,' sie sei unvermögend fernerhin in Sachen des Glaubens 
etwas zu unternehmen; denn es fehle ihr nikht nur an Geld und Leu- 
ten, sondern man habe ihr auch die Localitäten für ihre Amtshand- 
lungen entzogen; ja ihre Mitglieder seien des Lebens nicht mehr 
sieher. Sie überreichte diese ErMärung in formeller Weise dem Bi- 
schöfe (de MevelUsJj der ihre Nothwendigkeit anerkannte und guthiess. 

Was daher die drei andern Facultäten vor zwei Jahren frei- 
willig gethan, das that die theologische Facultät nunmehr durch Noth 
gezwungen, d. h. sie entschlug sich diQr unmittelbar ennn^ privilegierten 
Dienstleistung für die Kirche, und legte ihre Mission in die Händ^ 
des Bischofs zurück (cf Kinh, i., 2., Nr\ XXXV^ sub 28 — 33). 

. Einzelne ihrer Mitglieder betheiligten sich zwar an deö Maass- 
regeln, welche der Landesfürst und der Bischof gegen die Verbrei- 
tung der Lrlehre trafen *) ; jedoch sank sie selbst bald darauf auch 
äusserUch so sehr zur ünbedeutendheit herab, dass seit 1529 durch 
mehrere Jahrzehente hindurch ihr ganzes ColUgium nur aus zwei 
Doctoren bestand, ja seit 1549 zeitweise völlig einging'^. 

Parallel mit diesen Zeitwirrnissen und dem zunehmenden 
Abfalle der drei uweltlichen^ Facultäten von ihrer ursprüng- 
lichen, wenigstens mittelbaren, Bestimmung ging ein bedauer- 
licher Streit mit dem Universitäts-Kanzler, aus dessen zehn- 
jährigem Verlaufe hier nur Ein Bild hervorgehoben werden 
soll, das die neue, humanistische, Richtung der Universität scharf 
kennzeichnet und treffend charakterisiert. 



*) Noch am 12. Jänner 1530 hatte Ferdinand L vom nBector, den De- 
canen, Doctoren, Meistern unä Collegiaten des fürstlichen Collegiums 
zu Wtenfi eine Zusa/nimenstellung aller seit 12 Jahren veröflFentlichten 
häretischen Lehren und Bücher, mit besonderer Rücksicht auf jeöe 
itt^Äcr'fi. verlangt {Kinlc, L, 2., Nr. XXXV,suh 34), 

4 



50 

Kink bemerkt nemlich (L, i., 8. 251 f., Anmerkung 292): 

„Die Form, deren sich die Universität bei Abfassung • ihrer 
Schriften bediente , ist im höchsten Grade sonderbar und zugleich 
sehr bezeichnend. Der Kern der Frage, um die es sich handelt, wird 
darin stets nur sehr kurz berührt; der grössere Theil der Schrift 
besteht darin, dass sie das Actenstück des Gegners, unter Hinwei- 
sung auf Quintilian und Cicero, in stylistischer Beziehung tadelt, 
r)Miratur üniversitas adver sarium tarn inepte connectentem f)erba. 
Tritt sunt dicenfe Tullio lihro tertio de Gregore ^ qtme verbo simplici 
omatum faciunf^ u. s. f.; folgt dann mehrere Seiten lang eine Ab- 
handlung über die Tropen und rednerischen Figuren, wenn man ele- 
gant schreiben wolle. Avtch nennt sie sich selbst eine Anstalt, „ea? 
cujtis ' ludo litterario velut ex equo Trojano innumeri prodierunt lit- 
terarii Antistites et viri undiqice doctissimi^. 

Unter solchen schöngeistigen^ dem ernsten wissenschaft- 
lichen Streben wenig ziemenden, Tändeleien^ bei der gänzlichen 
Verkennung der ursprünglichen Aufgabe und corporativen Stellung, 
des kirchlich-privilegierten Standes der Hoehschule, ^und in Folgte 
der religiöS'poliÜschen Wirren, der Kriege und Epidemien, trat der 
g;ftiiilicke Verfall der Wiener Universität, in allen ihren ITieH- Or- 
ganismen, immer sichtbarer und rascher heran. 

„Schon im Jahre 1522«, schreibt Kink (L, 1., S. 253jff.Jj 
„hatten die Religions-Neuerungen einen grossen Ausfall in den Stu- 
dierenden bewirkt; auch unter denen, die geblieben waren, nahm 
Zuchtlosigkeit und Ungehorsam reissend überhand. So wie jeder 
privilegierte Bestand, so hatte auch die Universität, trotz ihrer Con- 
nivenz mit der Zeitrichtung, den Hass der Bevölkerung auf ihr Haupt 
geladen. Im Jahre 1525 mussten die Disputationen wegen Mangel 
an Studierenden eingestellt werden. In den Jahren 1527 und 1528 
war die Frequenz schon beinahe auf Null herabgesunken. Als 
daher im Jahre 1529 die Gefahren des Türkenkrieges un- 
mittelbar unter die Mauern von Wien rückten, fanden sie an der 
Universität nur mehr weniges zu zerstören vor, obgleich es anderer- 
seits wahr ist, dass sowohl die von da an permanenten Kriegszustände 
selbst, als auch, die im Gefolge derselben mit periodischer Regel- 
mässigkeit sich einstellenden Epidemien ein grosses Hinderniss fiir , 
das Wiedergedeihen der Universität wurden und blieben. 

Seit dem Jahre 1530 war der Schulbesuch auf das unglaub- 
liche' Minimum von 30 Studierenden herabgesunken, die theologische 
Facultät fast ganz, die juridische» vollkommen aufgelöst, im herzog- 



51 

liehen Artisten-Collegiutrf waren statt 12 Lehrer nur deren 2 — 3 
vorhanden, welche fiberdiess mit Weib und Kind ihre Wohtiungen 
daselbst aufgeschlagen hatten; die landesfürstlichen Gehalte und ge- 
stifteten Beneficien wurden an Leute rergaibt, welche gar nicht an- 
wesend, oder wohl gar als Prädicanten auf dem Lande thätig waren, 
die Bursen als Absteige-Quartiere für Handwerksbursche benutzt 
und darin statt der Studien Lanzknechts- Spiele getrieben, und wäh- 
rend die Frequenz aus dem Auslande fast gänzlich aufhörte, zogen 
die Söhne der ersten Familien des Landes an die Universitäten in 
Tübingen, Leipzig, Wittenberg, sogar nach Rostok und Hessen die 
heimische Anstalt leer" (cf. hieher auch: Kink, 11,, S. 334. 361). 

So stand denn die Zweitälteste Hochschule Deutschlands, 
Angesichts ^iner eben so schweren, als bedeutsamen Zeit- 
wende, durch die leichtfertige Verschuldung ihrer humanistisch- 
luiherisierenden Mitglieder in den n drei weltlichen^ Theilkörpern, 
wie durch die'Zeitbedrängnisse im Allgemeinen, in trauriger 
Verödung da, facHsch entkleidet ihrer frühern kirchUcIi-privile- 
gierten Stellung, ohne die, für die T?üege der Wissenschaft ehe- 
mals so förderliche, geistliche Zucht und Disciplin, ihren ange- 
stammten, katholischen, Charakter allein noch in der glattbens- 
und kirchen-treuen Facultät der Theologen mühsam festhaltend 
und bewahrend, bei der gewaltsamen Zerklüftung und Schädi- 
gung ihres corporativen Gemeinlebens geradezu unfähig, ihre 
Wiedergeburt aus und durch sich selber zu vollziehen. 

Schon unter Maximilian J. um ihr corporatives Bewusst- 
sein und theilweise selbst um ihre autonome Stellung gebracht *), 



*) ]}£s ist übrigens den Lesern schon aus dem ßisherigen bekannt, dass, 
zum Unterschiede Ton frühern Zeiten, unter Kaiser Maximilian die 
Jßepierung direei in die innern Angelegenheiten und in die Erfüllungs- 
art des wies enschaf fliehen Berufes der UniverBität eingriff. Nur ein- 
mal, am 27. November 150n, meinte die Universität, das Anbringen 
auch geringfügiger Angelegenheiten bei den Begenten könnte denn 
doch endlich zu ihrer eigenen Beeinträchtigung ausschlagen«^ (nCon- 
dusit TJniversitas , quod Beetor coerceret eos, qui ex facili causa do- 
minos Begentes Regiae Majestatis accederent, quoniam per talemfre- 
quentationem Univertitas non parum humiliaretur^ ; Kinh^ 7., 2,, 
Nr. XXXI j subö). «Dennoch gewöhnte sie sich immer mehr und mehr, 
jede w^ichtigere Anordnung nicht sich selbst zu geben, sondern von 
oben zu empfangen. Hiezu trug wohl am meisten der Umstand bei, 
dass gerade die Partei der Huinatiistei, welche nach Erlangung und 
Behauptung des Ueb er gewichtes rang, ihre wirksaTnste Unterstützung 

4* 



52 

nicht ohne das peinliche Gefühl der wachsenden absoluten Macht 
des Fürsten^ y,qui omnia agit ex s«a auctoritate^ (Kink, /., /., 
'/S. 26&y Anm. 301 J, konnte sie ihre Wiederherstellung doch nur 
von dem legitimen Nachfolger jener edlen Herzoge erwarten, 
welche sie, zu so klar bestimmten und erhabenen Zielen , in ein 
freudig selbstständiges Dasein gerufen hatten. 

Die Noth, wie der Geist und die Richtung der neuen Zeit 
brachte es aber auch mit sich, daäs diese WiederJierstellung unter 
jenen neuen Gesichtspuncten an das Licht trat, welche an die 
Stelle der autonomen, innern Selbstentwickelung die Norm und 
den Verordnungsweg AßT Regierung setztjsn und so allmUlig Al- 
les jenem abstracten Begriffe des mechanischen »Staates*' zu- 
drängten und zutrieben, der, in fortwährender Selbst-Steige- 
rung und in den entgegengesetztesten Formen und Formeln, 
binnen den letzten drei Jahrhunderten, auch der Ä'cÄufe und der 
Kirche^ der Wissenschaft und der Religion gegenüber, zur AH- und 
AlleU-lerrsekafI gelangt ist^ oder unermüdlich zu gelangen strebt 

»Die Reformgesetze'^ , welche K5nig Ferdinand I. in den Jäh- 
ren 1533 und 1537 erlassen hatte, »waren", nach Kink^ (L, /., 
8. 257 f. Jy »nur die Vorläufer der umfassenden, sogenannten, n Neuen 
Reformation^, vom 1. Jänner 1554, welche mit geringen Abänderun- 
gen durch zwei volle Jahrhunderte das Grundgesetz der Universität 
vorstellte (cf. Kink, II,, Nr. 54, 58, 62), Nebst diesen wurden noch 
mehrere andere ergänzende oder erläuternde Bestimmungen beigege- 
ben, so dass, wenn man sie alle zusammenfasst, ein ganz neues, ab- 
geschlossenes, System aus ihnen sich kundgibt". 

Dieses uSystem^ charakterisiert sich denn auch, in seiner, 
vorhin angedeuteten, Form und trotz der unentwegten Anhäng- 
lichkeit Ferdinand^s L an den katholischen Glauben und an die 
katholische Kirche, nach mehr als einer Seite hin, eben so unwill- 
kürlich, als unläugbar durch die, unbewusste, allmälige Anbah- 
nung jener höchst dehnbaren Theorie, welche später, unter dem 
gleissen den Titel: nJura tift% Sacra'*' zusammengefasst, der katho- 
lischen Religion einen unberechenbaren Schaden zugefügt hat. 

Dem zu Folge wurden selbst solche Rechte und Pflichten, 
die, in ihrer Mehrung und Minderung, zunächst nur von der 



von der Regierung erhielt, und daher, nachdem sie die Herrin an der 
Universität geworden war, deren bleibende EinßuBsnahme auch mit 
in den Kauf nehmen mussie^ {Kink, /., 1,, S. 230, Anm, 267), 



53 

kirchlichen Autorität abhängig sind, oder, wenigstens nach älte- 
rer Auffassung, abhängig waren, sowohl im Hinblicke auf die 
traurigen Zeitverhältnisse im Allgemeinen, als auf den facti- 
sehen Zustand der Universität selber (Kink, J., i., S, 293 — 296), 
von Staatswegen (vom v Landesfür sten^ , nah Stiftherrn*^ ] „de pleni- 
tudine potestatis nostrae*^] Kinky L, i,, S, 292, Anm, 365; JX, 
Nr. 62, S. 374) neu geordnet. So, z. B., die oben (8, 31) ange- 
deutete Dispense vom 9. März 1534, die oben (8, 30) erwähnte, 
8chluss-EntsQ\ieiAMng^ resp, Unterscheidung zwischen einfachen, 
geistlichen Universitäts-Mitgliedern und solchen, welche zugleich 
ein, unter bischöflicher Jurisdiction stehendes, Beneficium besas- 
sen; ferner die, in der nneiien Reformation'-^ (vom Jahre 1554) 
einseitig vollzogene, Reduction des nzweiten kirchlichen Privile- 
giums^ der Universität, vermöge welcher y^das, der theologischen 
Facultät zustehende, Recht, in Fällen von Irrlehren einzuschreiten und 
zu richten, nunmehr auf die Mitglieder der Universität zu beschrän- 
ken und jederzeit nur unter Beizug des Bischof s (nnut uidelicet 
slaial agant et inquiramf^^) auszuüben'^ war (Kink, U,, Nr, 62, 
sub 2; et. Kink, L, 1., 8. 294—296, und oben Ä 36—38), 

Kink bemerkt, bezüglich cZtc^er Richtung der nFerdinan- 
deischen Reformen^ j aber auch theils erklär end^ theils entschuldigend: 

»Mittlerweile traten jene Symptome immer sichtlicher hervor, 
welche die Universität^ gerade^ in Betreff ihres kirchlichen Berufes, 
in ganz anderer Gestalt erscheinen Hessen. 8ie (selber) zog ihr geist- 
liches Gewand ab, und es bedurfte nur eines Blickes, um zu erken- 
nen, dass sie nunmehr in gewöhnlicher, weltlicher Tracht einhergehe. 

— — Demnach konnte es sich auch nicht mehr darum handeln, jene 
Vorrechte, deren correspondierende Pflichten in ihrem ganzen Um- 
fange zu örfällen sie ablehnte, ungeschmälert zu bestätigen, sondern 
es ward eine entsprechende Ttansaction nöthig" (l,c, L, 1., 8. 293). 

— «In der That, das war es auch und darin bestand eben, nach ge- 
schehener Reorganisierung, die hauptsächlichste Äenderung, dass die 
Universität nicht mehr eine geistliche Genossenschaft war , welche in 
erster Linie* die Verbreitung und Vertheidigung des katholischen 
Glaubens zu ihrer Aufgabe zählte und den Betrieb der Wissenschaft 
vorzüglich nur für den Dienst der Kirche übte. Vielmehr war sie 
von da an eine, vom Staate aus geregelte, wissenschaftliche Anstalt, 
welche ihm unterthan, von seinen Terwaltongs-iifascmen abhängig 
und für seine Zwecke verwendbar zu sein hatte. Das Interesse der 
Religion und des Glaubens ward hiebet nicht beseitiget, es ward so- 



54 

gar zu wiederholten Malen auadrückUch hervorgehoben; aber es war 
nicht mehr das specifische^ den Kern der Bestimmung in sich fas- 
sende Moment Was die üniversüät an dieser Aufgabe fortan noch 
zu erfüllen hatte , (hat sie nur im DeUgations- Wege^ nicht als selbst- 
ständiges ^ unmittelbar berufenes Organ ^ wie vorhin* (l, c, I., /., 
S. 294 f). »Das« die Universität von dem Hähepuncte kirch- 
licher Stellung^ wie sie ihn im fünfzehnten Jahrhunderte inne gehabt, 
abgefallen war, Hess sich nicht mehr ignorieren; denn es war mit 
Händen zu greifen •). Das Streben des Landesfürsten ging daher dar- 
nach^ daSf was sich vom cUten Bau noch vorfand^ zu retten, zu recht 
zu stellen und zu stützen, und im üebrigen dafür zu sorgen, dass die 
8eliDle,, nachdem sie schon kein selksttkätlges, in auszeichnender 
Weise und für besondere Zwecke prif llegiertes, Glied der Kirche sein 
wellte oder kernte, doch wenigstens eine gekersane, den allgemeinen 
Gesetzen sich fügende, Teekter der Ureke sei*^ (L c. /., 1,, 8. 296). 

„Die thatsächlich erfolgte Selbst-Säcularisierung*^ der Wie- 
ner Universität, in ihren drei, dem Humanismus und dem LiUher- 
thume mehr oder weniger verfallenen und eben hiedurch nicht 
bloss verweltlichten, sondern zugleich absolut zu Grunde gerichte- 



*) nNoch im Jahre 1545 hatte die streng katholische, ihren alten Stand- 
punct festhaltende, Universität zu Ööln, aus Anlass des mit ihrem ab- 
trünnigen Landesfürsten entstandenen Streites, sich an die Wiener 
Uriversität gewendet, in der Meinung, in ihr eine gleich gesinnte 
Schwester und eine Corporation von specifisch katholischem Charakter, 
wie ehedem, zu finden (Kink, /., 2.^ Nr, XLIX), Die Wiener Univer- 
sität nahm sich aber der Sache gar nicht an. Aus ähnlichen Griinden 
kam es , dass sie zu dem^ in demselben Jahre eröffneten, Concilium 
von Trient weder eine Einladung erhielt, noch Gesandte schickte; sie 
stand bereits ausserhalb eines solchen Wirkungskreises, — Ja, so un- 
zweifelhaft bildete sich mehr und mehr diese geänderte Stellung her- 
aus, dass, als zu Ende des sechzehnten Jahrhunderts in Rom der Plan 
gefasst wurde, in Deutschland zur Regenerierung der katholischen 
Wissenschaft einige der Universitäten als Pflanz- und Muster- Anstal- 
ten ein zurichten, hiebe! nur C'öln und Ingolstadt in Vorschlag ge- 
bracht wurden. Auf die Universität in Wien, welche, die Zweit- 
älteste Deutschlands, im Kaisersitze gelegen, und ursprünglich zur 
Rein erhaltung der Religion und als Vorkämpferin des Glaubens gegrün- 
det war, hatte man bei diesem Plane schon gar nicht mehr reflectieri» 
(Kink, a. o. a. 0., Anmerkung 368J. — Es darf aber hier doch nicht 
versehwiegen bleiben, dass Papst Gregor Xlll.f im Jahre 1&73, dem 
Jesuiten-Convicte für arme Studenten in Wien jährlich 1380 ^cudi, 
zum Unterhalte für 40 Candidaten des geistlichen Standes, zu- 
gewiesen hatte (c/. Ballariuin Roinanum^ Edit, Lugdun,, IV,, S. 124). 



fe», Facultäten, fand, bei der Restauration durch König Ferdi- 
nand L, somit allerdings ihre nförmliche Anerkennung'^] doch nur 
iiMfern, als die ^klerikale'* Eigenschaft und die ^kirchlich be- 
vorzugte Stellung'^ des Oesammtkörper» unwiede^'bringlich ver- 
loren ging, während der katholiseke Chirieier desselben im All- 
gemeinen nur um so bestimmter und strenger wieder hergeetellt wurde. 

Die engen Gränzen dieser Denkschrift erheischen aucli 
hier wieder nur eine unvollständige, aber wörtliche Anführung 
des kurzen Berichtes, welchen Kink (L, /., Ä. 296—308) über 
Ferdinand* s L n Maassregeln zur Hebung des religiösen (katholi- 
schen) Oeistes^'y wie über dessen ^Berufung der Jesuiten*^ an die 
Wiener Hochschule geliefert hat.^inA: schreibt nemlich daselbst: 

»Wie sehr dem Landesftirsten daran gelegen war, den Geist 
der Frömmigkeit und Religiosität wieder zu wecken und den Samen 
der Irrlehre von der Universität /cme zu hcdten, bewies er durch die 
mehrfaltigen Anordnungen, die er zur Erreichung dieses Zweckes 
traf. Schon bei der im Jahre 1536 vorgenommenen Untersuchung 
aller Bursen war darauf gedrungen worden^ dass die gestifteten An- 
dachten von den Stiftungen genau eingehalten wtirden. Damit Sitte 
und Zucht durch Verwahrlosung nicht leide, wurde befohlen, dass für 
jede Burse ein Conventor und ein Provisor vom Consistorium be- 
stellt werde, bei welchen nicht, wie bisher, nur auf den Unterschied 
der Nationalität, sondern darauf zu sehen wäre, dass sie wissenschaft- 
lich gebildet, sittlich und vor Allem vom Gifte der Irrlehre frei seien 

(cf Kink, ü., Nr. 62, sub 8 *). Am 5. April 1548 wurde befohlen, 

dass die Landeskinder nur auf die zwei, in den Erblanden errichteten, 
Universitäten zu Wien und Freiburg, oder auf die bairische Univer- 
sität zningolstadt geschickt und dass die an den andern deutschen Uni- 
versitäten Verweüenden binnen zwei Monaten zurück gerufen wer- 
den sollen, und zwar bei Strafe der Landesverweisung {Codex Austr., 
P. ü., foL 396). Die kirchlichen Festlichkeiten und Andachten^ 
welche von Alters her b.ei der Universität ^ bei den FacuUäten und 
Nationen in Uebung gewesen, in letzter Zeit aber ganz vernach- 
lässigt worden waren, sollten wieder, wie ehedem, abgehalten werden 



♦) »Admonitos etiam Volumus omnes qui Bursarum Coutuberuijs paupe- 
rum domibus regendis praeficientur, tU quum hodie haeresium veneria 
paaaim terpant, diligenter inuigilent ne talis eontaffio ad suae Curae 
comraissos pcrveniat, Eius enim rei si aliter fiat, sciant, se Deo et 
iiobis rationcm eese reddituros« [Kink a, a. O.). 



56 

(KinkylL, Nr. 62ySub 10; cf, oben S, 33, erste Anmerkung), — Die ge- * 
hörige Persolvierung. der Stiftmessen bei der Universität war schon 
am 4. October 1528 (Kink, Z, 2., Nr. XLH) und noch umständ- 
licher am 4. Juli 1561 (Kinkj J., 2., Nr, LXI) angeordnet wor- 
den. — Die Universität sollte, so befahl )es ein Edict vom 1. August 
1551 (Cod. Aust., P. n.,fol. 293) j ihre frühere Autorität auch in 
dem Sinne wieder gebrauchen, dass in den Partikular schulen zu 
Wien kein Schullehrer angestellt werden sollte, der von ihr nicht 
— auch seines Glaubens halber als ganz kaiholisch befunden worden. 

Noch entschiedener waren, einige Zeit hindurch wenigstens, 
die Vorkehrungen, welche getroffen wurden, um von dem Lehrkörper 
der Universität und von den FacuUäten den Zutritt häretischer Mit- 
glieder ferne zu halten. Die Form, unter welcher diess geschah, war 
furerst nur eine Repressalie^ zu welcher das Verfahren der protestan- 
^>cÄC7i Universitäten nöthigte. Da an der Universität zu Wittenberg 
den Doctoranden die Eidesformel aufgetragen worden war: „ „se com- 
plecti incorruptam evangelii doctrinam et tueri Symbola acconfes- 
sionem Augustanam^ ^ , so konnten diie katholischen Universitäten 
nicht schweigen. Schon im Jahre 1537 war angeordnet worden, das» 
kein in Wittenberg promovierter Doctor bei der Wiener Universität 
zugelassen werden soll; nnhevorab dieweiU^auch PabstUch Heilig- 
keit^ auss welcher Gewalt alte Crradas in IJniTersiMibns verliehen wer- 
den, gedachter- Universität antherUatem eeoferendi Crrädos aufgehebt 
hat*^^. Am 30. März 1546 aber wurde noch weiter angeordnet, das» 
Niemand zum Professor an was immer fiir einer Facultät aufgenomr 
men werde, der nicht vorher vor der theologischen Facultät, im Vereine 
mit dem Bischöfe und dem Oanzler, eine Prüfung bestanden und be- 
wiesen habe, dass er der alten, wahren, christlichen Religion zugethan 
und ein gehorsames Glied der Kirche sei«*) (Kink, II., Nr. 59). 

Aus diesen Vorkehrungen Ferdinand! s I. geht doch klar 
genug hervor, dass selber, wenn er auch auf die totale Wieder- 
h&r Stellung der klerikalen oder geistlichen Disciplin und der kirch- 



*) Die nächste Veranlassung zu dieser strengen Vorkehrung hatte das 
Thun und Treiben des neuen Professors der hebräischen Sprache an 
der Universität, nemlioh des bekannten Sectierers Franz Stancarus, 
dann des landschaftlichen Präceptors, Wolf gang Marcius, gegeben. 
Der Biichof und der Dompropaf waren dem Examen nper faeultatem 
Theologicamit , bis auf ^gnädige Veränderung^ des Landesfärsten, 
bloss Ttadjungiert'* und hatten »darin nicht mehr Autorität, denn ein 
Jeder andere Theolog us Facultatis Theologicae^ (c/. L c, S. 370J, 



57 

lich'privilegierten Stellung der Wiener Hochschule verzichtete, 
wenigstens eine rein katholische Universität haben wollte. 
Kink bemerkt weiterhin (Ly 1., S. 300 f. j Anm. 380) : 
ff In den spätem Regienmgsjahren Ferdinand's I. wurde freilich 
von dieser Strenge wieder abgegangen; die auffallend mildere Ver- 
fahrtingsweise hatte jedoch nicht in geänderter Gesinnung^ sOndem 
in einem geänderten Plane bei der Wahl der Mittel ihren Grund. So 
wie überhaupt in den Maximen gegen die Irrlehren ein Systemwech- 
sei eintrat, so auch insbesondere bezüglich der Universität. Die obge- 
dachte Verordnung vom 30. März 1546 wurde im Jahre 1554 
(j^Neue Reformation'* j Kink, II., Nr. 62, sub 7) wieder aufgehoben 
und es wurde als ausreichende Bürgschaft angesehen, wenn der 
neue Professor, dem Kector ohne Eid erklärte, er sei orthodoxen 
Glaubens und ein Mitglied der katholischen Kirche*). Im Jahre 



*) TjTametsi superioribus annis constituerimus omnes Professorea prius- 
quam de fide et religione sua ab Episcopo examinentur probenturque, 
in Liectores non ease recipiendos, de sinpulari tarnen gratia eandem 
Colistitutionein, quoad nobia Ubuerit, saspendendam duximas decla- 
rantes, ut omisso deinceps haiasmodi examine Professores omnes 
sine aliunde hao recens adueniant, siue in hoc nostro Archigymnasio 
diutias uersäti edacatiue sint, prius quam profitendi munus suscipiant, 
fide Rectori data profiteantur, se esse orthodoxae religionis et Sanetcte 
Jiomanae Eeeleaiae eommunieatores et adhaerentea. Et tum demum 
recipi et ad Lectiones promoueri queant, quibus etiam iniungatar, 
ut nihil contra Oatholicam Beligionem temere doeeant^ defendant $eu 
diBBeminßnt aut alijs quoeunque modo inculeent, Sed professioni 
euae sub fidei suae praestatione faetae firmiter inhaereant**- (h e. 8. 
384 /.)• »In wie bequemer Weise die Andersgläubigen diese Conces- 
slon sich auslegten«, und wie sie selbst zu niederträchtigen Mitteln 
ihre Zuflucht nahmen, »um dem Eintritte der Protestanten in die Fa- 
cultäten jedes Hinderniss aus dem Wege zu räumen«, zeigt Kink 
(I,, 1., 8. 315) durch den Hinweis auf den Mector, Dr, Med. C. 
Piripach, welcher, im Jahre 1568,da8 Wort: »i^ontanac«, jn der hier 
angezogenen Stelle der »neuen Iie/ormation*if »verschlagener Weise 
ausradiert und dafür das Wort: nOhristianae**^ gesetzt hatte« (c^. Kink, 
I.y 2., Nr, LXIX, sub 11). Parallel mit der oben erwähnten Anord- 
nung -^«rciinand'«, in der nneuen Be/ormationfi, §. 7, geht auch die in 
§. 6, welche nde Tempore complendi ad gradum Doctoratus trium 
guperiorum Facultatumf* handelt und vor der Promotion, ausser der 
bestandenen strengen Prüfung, auch noch den gehörigen Nachweis 
eines Tollständigen/ö«^*äÄriy«n Fachstudiums »m hoc nostro, sive ali- 
bi inpublieo et. €atlioltGO Gymnasio»- verlangt {Kinh^ II«, Nr.. 62, sub 
5; ef. i., 3., Nr. LXIX, sub 10 \ Nr, XCII, S, 282 , sub 3), 



/ 



58 

1556 erwirkte der unkatholische Theil des landständischen Adels 
die Aufhebung der Verordnung vom 5. April 1548 {cf. oben 8, 56). 

Es kam die Ansicht zur Geltung, dass man sich grössere 

Erfolge versprechen dtUrfe , wenn man einerseits den Gegnern einige 
Canceasionen mache, anderseits in positiver Weise der katholischen 
Sache durch Zuführung neuer Kräfte und durch Ausbildung der vor - 
handenen zu Hilfe komme. Vielen Einfluss mögen hiebei die Rath- 

schlage gehabt haben, welche Friedrich Siaphylus dem Kaiser 

ertheilte und die er in seiner Schrift: nDe instauranda in terris 
Atuttriads SeHgione Romtmo-CcUhoUca ad Aug. Imp, Ferdinandum 
L ConsuUatio*^ und in mehrern andern Abhandlungen niederlegte <<. 

Zu den nnetun Kräften*^ rechnete Ferdinand I. etliche, an 
die Wiener Universität berufene, belgische und bayerische Ge- 
lehrte von bewährter katholischer Gesinnung, dann die, seit 1551 
in Wien befindlichen, Jesuiten] darunter Claudius Jajus, Niko- 
laus GaudonuSy und den berühmten Petrus Oanisius, dessen ka- 
tholischer Katechismus für das Volk, im Jahre 1555, die erste 
und später sehr viele Auflagen erlebte. Am 17. November 
1558 übergab der Kaiser den Jesuiten für beständige Zeiten 
zwei Lehrkanzeln der Theologie an der Universität, welche 
die vorhin Genannten schon früher eingenommen hatten. 
/ Hatte schon Carl V. in der Formel einer Kirchenrefor- 

mation, die er am 14. Juni 1548 den geistlichen Reichsständen 
in Augsburg vorlegte, und in der Formula Reformationis für 
Schulen und Universitäten auf die Nothwendigkeit wohl- 
eingerichteter und gründlich reformierter katholischer Univer- 
sitäten oder Akademien hingewiesen, so setzte Ferdinand I., 
noch am 11. März 1562, in seiner nConsuHatio adConcilium Tri- 
dentiamm^^ unter die, auf diesem Ooncilium bereits beantragten 
oder noch zu beantragenden, Artikel, sub Nr, 5, die katkeliseke 
Redintegration der deutschen Universitäten*), 

In dem ersten Reformgesetze vom 2. August 1533 hatte Fer- 
dinand den Vorsatz ausgesprochen, das Stift Heiligenkreuz in 
Niederösterreich, nmit verwiUigung Babstlicher Heyligkhait bey 



*) nValde expediret in AoademUs juramentorutn,iotiXi\}\9k% reformari et 
profesiorei sectarios exterminari penitus, atqine severe in posterum 
mandari ne ullumferant vaI in stnatu aeademico, vel in numero pro- 
feisorumy qui non et eon/easione $ua et ipso aciu sese gereret vere 
eathoHcumfi, Y ergleichei nOorbinianiikktinWy Corpus Juris Eeelesiastt ei 
Öatholiei nopiorisu (Salisburgi, 1799, Tom. II., pag. 307). 



5n 

wellcher sich »ein Kkn. Mi, deshalben genedigcklieh bemüen will der 
VnitLersiiet eintztUeiben vnnd Zu zeaigen mit ainer mass vnnd Ord- 
nung die sein ML darnach dar Inen fumemen vnnd geben wirrt was 
dan sein Khn, Mt vorhin von gots gaben oder geistlichen pfrien- 
ten darzu Zugeben bewilligt hat last Es Ir Khn, Mt, nachmaln gene- 
digklichen beleyben^ (Kink II,, Nr. 54, üt. k, S. 333), 

In eben diesem Gesetze wird angeordnet, dass nam Montag 
nach palmnacht Ain gelerter Schüler das Oapitulvm Omnis Vtrius- 
que SexuSj so die peicht vnnd Oommunion berurn — repetirn ^ ^ 
ferner dass, in den ndreg wochen*^ Yacanz nach nSanndt Mar- 
grethen Tag^^ „in der Facultet Jurisf^, »durch ein gelerter 
Sch\ieler arbor de Oonsanguineitate vnnd affinitate gelesen wer- 
den soll« (c/. oben 8. 22 f,; Kink, IL, Nr, 64, S. 337). 

Nicht minder dringt dieses Gesetz (/. c„ 8. 338) auf die 
Wiederherstellung der nStationes'^ , „Sermones^, nOrationesi^j 
y^PeracHones^, „Lecturae*^; »zu den gewonndliehen Zeiten und ta- 
gen^ , »durch Zwen Lector In Theologia^^ auf die gehörige Ein- 
theilung der einzelnen Facultäten »zu der Process Corporis^, 
auf die Visitier ung des nfürsfUehen Collegiums*^, der »Wursen 
vnnd Stipendiat*, nBeschlislichf*, »aber sollen sonnst alle iS^^a^uia 
gtiet gewanhaiten vnnd hergebracht gebreuch wider vemewt vnnd 
aufgericht werden — mit sitten geberden Claiden**. , 

Es macht allerdings einen seltsamen Eindruck, wenn 
man aus dem zweiten Reformgesetze Ferdinand^ s /., vom 16, Sep- 
tember 1637 (Kink, IL, Nr. 68), ersehen muss, wie nOanntzler 
vnnd Regennten der Nider Österreichisch Lannde^^ nAuf Irer Mt, 
sonndern Beuelch^, auch ndar Innen Ordnung vnnd m/iss geben^, 
vwie sich die Theohgi oder Doctores der Heilligen Schrifft in Iren 
lesen halten, was sie lesen, vnnd t^iemZ derselbigen sein sollen«. 
Man darf aber hiebei nicht übersehen, dass die Details dieser 
» Ordnung^ ein katholischer Theologe concipiert hat. 

In der n Ordnung^ der n Fundation f* und der. nPrivilegien^ 
des n fürstlichen CoHegiUms** ist von dem Genüsse i> geistlicher 
Beneficien oder derselben Expectanzen^ für die geistlichen CoUe- 
giaten und von einer n Pesserung*^ der Besoldungen für nvier 
beheürat Collegiatn'* aus der n Prelaten-Coniribution'*^) die Rede 
(Kink. IL, Nr. 68, S, 363. 364), 



) Man versteht unter dieser n Prälaten- Contribution*^ die jährlichen 
Beiträge, welche die ober-^ unter' und inner- österreichischen Sfi/ie 



60 

Eben so findet sich in diesem zweiten Reformgesetze eine 
eigene n Ordnung wie sich die Siben CoUegatn dergleichen die 
Magistri auch Stipendiatn in den Buraerv, mit den Stationes vnnd 
Sermones in sanndt Steffano vnnd anndern Kirchen halten sollen*- 
(cf, oben S, 19). Auch liest man daselbst die Weisung: nDie ge- 
boUen Va^ttäg, daran soll man 6j«(im fürstlichen CoUegium, mit 
dem Essen) nHälUn wie die Ordnung Cristlicher Kirchen^ ist (cf. 
Kink, TT., 8. SeS-Seö und 8. 367). 

In der nneuen Reformation*^, vom 1. Jänner 1554 (Kink, H.^ 
y Nr. 62jj zählt K, Ferdinand I. unter die vielen andern grossar- 
tigen Stiftungen des frommen Eifers seiner Vorfahren auch die 
Stiftung der Wiener Universität. Der Eingang dieses Statutes 
enthält nemlich folgenden Vordersatz (l. c, S. 373 f): 

„Quum faelicissimae qaondam recordationis Serenissimi maio- 
fes, et progenitores nostri Archiduces Austriae, Sancto Beligionis et 
pietatis Zelo, nee non Studio promouendj omnia ea quae usl ad lau- 
dem Dei Opt. Max. uel in Beneficium. commodumque Reipublicae 
Chriatianae pertinere iudicarunt, inter multas alias praeclaras fan- 
ditienes siuis etiam Studium generale, tanquam praecipuum propa- 
gandae BeHgioniSy et Reipublicae recte gub&rnandae Seminarium in 



und Klöster seit 1628* zur Erhaltung der Wiener Universität, zu 
leisten hatten. Die Aufhebung des Stiftes Heiligenkreuz, zu Gunsten 
der Letztern, erfolgte zwar nicht; dagegen kamen die Güter des auf- 
gelösten Chorherrenstiftes zu St. Ulrich in Neustadt von 1535 — 1551 
ungeschmälert der Hochschule zu, später gewisse Antheile aus den 
hin terlassenen Einkünften der aufgehobenen Präceptorei des heiligen 
Geistordens vor dem Kärnthnerthore und des eingegangenen Nonnen- 
klosters zu St. Nicolaus in der Landstrasse, ein Legat des Pfarrer« 
A. Steidele von Alt-Lichtenwerth, ältere und neuere Stiftmessen u.s. w. 

Vergleiche: Kiiik, 7., i., 8. 278 ^ 2S3 ; 474 — 418, Text und 
Anmerkungen; dann: /., 2., die Beilagen: XLI, XLII, XLV, XL VI 
(aub 2.3. 4), XLVIII, L — LIJ, LIV, LXI — LXllI, LXXII, 
LXXV, LXXVJl (Buh 1. 2), LXXlX.(mit sehr vielen Daten), 
LXXX.V—LXXXVn, LXXXIX, die aämmtlich hieher gehören. 

Selbst der flüchtigste Blick auf diese Doqumente belehrt hin- 
länglich, dass die Wiener Universität, in älterer Zeit, keineswegs 
nu/r aus sogenannten nStaatS' Mitteln« erhalten worden sei, und dass 
den 565, 852 Gulden, welche die Universität am 31. October 1751 vom 
n Staate^, als y,BüehbtändeD und für geleistete n Darlehen»- zu fordern 
h.9X\A, tin. nicht unbeträchtlicher Theil hellen \xn^ reinen Kirchen- 
Gutes zur j^asis -diente {Kink, I. , 1., S, ^7 5 f.; I., 2., Nr. LXXXIX). 



61 

Oiuitate nostra Viennensi erexerinty atque pro liberalitate sua do- 
tarint, nee non SancUssimis qmbusuis Legibus, OonsUtuHonibus et 
StatuUs illustre reddiderint, Ita sane . . . «. x 

In §. 2. des.nettöTi Statutes wird den Theologen die besonde- 
re Rücksicht auf alle Momente empfohlen, nquae — pro prae* 
sentis temporis conditione haeresiumque extirpatione commoda visa 
fuerint"; fernear a.\i( alles üebrige, was nod insütvMonem Christi- 
anae Vitae et obseruationem Ctdtus Divini f^ j zur Rechtfertigung 
Vertheidigtmg und Stärkung der n Fides ac Religio Christiana'^*)^ 
nicht so fast nadversus Judaeos et paganos^ y als vielmehr »ad- 
versus omnium temporum Scismaticos^ geeignet sein möchte/ 
Von einer einseitig verfügten Restriction des, der theologischen 
Facultät vom Papste selber ertheilten, Inquisitions-Rechtes nin 
haereticam pravitatem^ j so wie von der Abschwächung der Verord- 
nung vom 30, März 1546 war übrigens bereits oben (8. 53 und 
8. 57) die Rede (cf. Kink, II,, Nr. 62, sub 2 und 7). 

Den Professoren beider Rechte wird (L c, 8. 378) beson- 
ders ans Herz gelegt: «Nee titulos idriusque Juris, de rebus 
spvrituaUbus traetantes omnino ut hactenus negligant, sed suis loco 
et tempore pariter explicent" (§, 5, r^de Jvre consvltis^). 

Der %, 10 Tide 8tationibus publicis<i lautet (L c, 8, 388 f.): 

„Stationes tarn Vniuersitatis quam singularum etiam facultatum 
et Nationum Solennes in diuersis templis et Caenobijs ab antiquo 
habitas sed temporum iniquitate aliquandiu intermissas omnino instau 
randas ac imposterum sub mand9,to Rectoris iniunctaque poena ob- 
seruandas sancimus; sed quum cultum diuinum in monasterijs prop- 
ter personarum defectum Valde inminutum esse constet, ordinamus 
stationes eas omnes ad Oaenobium praedicatorum tanquam locum 
Stüdiosis ualde accommodum transferendas esse Exceptis saltem his 
Stafionibus, quae in aede 8ancti 8tephani fieri solebant, quae etiam 
deinceps tum pro Ecclesiae, tum etiam Vniuersitatis dignitate illic con- 
seruari poterunt. Orationes etiam. in praefatis Stationibus publice ha- 



*) Seltsamer Weise hatte der Referent eines, der Einverleibung der|?ro- 
testantiaeh'theologiaehen Lehranstalt in den Verband der Wiener- 
Hochschule gümtigen, Universitäts-CoUegiums diese Worte: nfides 
ac religio Christiana«, im Gegensatze zu dem kathoHscheD Charakter der 
Universität, betonen zu dürfen geglaubt, als wenn Ferdinand L nur 
die nchristliche^ , xin.^ mxM zugleich , ja lunächst die kathollsehe Be- 
Stauration dieser ehi würdigen Stiftung seiner Altvordern im Auge 
gehabt hätte! — Vergleiche oben (Ä. 33 — ^5) dx^ Anmerkung **). 



62 

bendae morc hactenas consueto distribuantur exhibeanturquo primo 
Rectori, qui unacum Deeano uel alio Theologiae Doctore diiudicet, 
an et quomodo emendandae ac pronuntiandae sint^. 

Die oben (S, 31) angezogene Dispense von der klerikalen 
Eigenschaft für den jeweiligen Üniversitäts-Rector ist , nach 
§.11 des Statutes, npropter praesentem Clerieorum paudtatem*^ 
und bloss, n^noid frequentior eorwm ftterit numert^fi, gegeben 
(l c, 5. 389). Eben so wird in §.20 {l c, 8, 395^397) die prie- 
sterUche oder cölibatäre Eigenschaft der Mitglieder des fUrstli» 
chen CoUegivms neuerdings in feste Aussicht genommen. /In 
§. 18 wird den Wiener Buchhändlern strenge aufgetragen, [die 
neu eingelangten Bücher dem Universitäts-Rector und ^em 
Decan der <Ä«oto^ÄCÄenPacultät, zur vorläufigen Revision,^or- 
zulegen und diesen Censoren das Recht eingeräumt, schlechte 
Bücher in' Beschlag zu nehmen {l, c, S, 394). 

Bei der Reduction der Domherrenstellen zu St. Stephan 
von 24 auf 16 blieben der Universität, resp. dem fürstlichen Col- 
legium, noch sechs Canonicate^ mit hesondern Rechten, z. B.: 

n Vacante eorum Canonicatu aliqvx) parentibtis et Collegis ins 
nominandi et praesentandi aliquem ex numero et gremio eorum com- 
petatj Nemine autem inter Collegas existente, qui vacantem Cano- 
nicatum petat uel acceptare velit, tunc liceat illis aliquem alium ho- 
nestum Preshtfterum de Vniuersitate , Sacrae Theologiae, Oanonum 
uel artium Studijs incumbentem nominare" (§. 21 y l. c. , 8, 397). 

In Betreff der Manual-Beneficien und der mit diesen ver- 
bundenen Stiftmessen (cf. oberiy 8. 66 und 8. 60^ Anm.) werden 
in §. 21 (L c, 8. 398, 399 ; «de avihoritate ordiiar^ deque Ciui- 
tajtis nostrae consensu*^) besondere Anordnungen getroffen *). 



*) »Porro cum pleraque manualia Beneficia partim de Jure patronatus 
Ciuitatis nostrae Viennensis, partim uero de CoUatione Archiducalis 
Collegij nostri existentia habeantur, quorum quodlibet pro tempore 
vacans iuxta fundationes suas aeniori Collegae id ipsum acceptare 
volenti conferendum sit, at propter defectum CoUegarum ad Sacros 
ordfnes adspirantium fructas beneficiales nonnunquam in pröphanos 
usus uertantur nee non in supplementum Stipendiorum imputentur 
adeoque piae Fundatonim Voluntati nulla ex parte satisfiat , Quamo- 
brem de authoritate ordinarij, deque Ciuitatis nostrae consensu Statai- 
mus, praememoratorum Beneficiorum iam nunc vacantium, uel per 
Collegas non Sacerdotes usurpatorum, et quae proxime uacabunt. bona 



63 

Für die Stipendienstiftungen werden in §. 22 (L c, 8.399 f.) 
eigene landesfürstlidie Conimissionen angeordnet *). 

In der „Instruction^ für den landesfürstUchen Superinten- 
denten der Men«r-UniversitUt, dd, 19. Mai 1556 (Kink^ 27., Nr. 
63), "Wird diesem sub 16 von Ferdinand 7. die Aufsicht über die 
Bursen , >^ie über die gesammte Universitöt, resp, über die 
Einhaltung der „wcm aufgerichteten Reformation*^ bei dieser, in 
allen ihren Theilen, eifrig an das Herz gelegt, ndamit bei den 
Studiosen desto stattlicher beständtige Ordnung^ auch guette hilei, 
erbarkkait vnnd lehre dem ÄUmechtigen Ghtt zu ehren vnnd Zu hi^f 
vrmd aujfnehmung seiner h. Christlich. CattitUseliei lirekeB gepflannzt 
vnnd erliaUen werden müge^ {L c, T? und: fünfzehn, S. 407). 

Am 29. Jänner 1534 (Kink, 77., Nr, 56) hatte der Kanzler 
unmittelbar nach dem Rector, Sitz xxnd Stimme Tjinter« nnProce- 
re^a« „Venerabilis" nnConsistorii^ft nUniversitatis« erhalten fcf. 
KinkyI.,l.yS.261, 290), nUebrigens war es erstKhlesl, welcher als 
Kanzler einen thätigern Antheil an den Innern Angelegenhei- 
ten der Universität nahm, und seine Stellung vom Standpunctc 
kirchlicher Controlle auffasste« (Kink, l, c, Änm. 360). Einen 
wichtigen Beleg hiefür bildet KhhsVs Bericht vom Jahre 1591, 
^in welchem die i^Yrsachen vnnd Argumenta warumbeü die Candi- 



et prouentus omnes publico Ynineraitatis nostrae Aerario incorporandos 
esse, Hoc scilicet ordine et ratione , ut multitudine quadraginta octo 
missarum lAtione praedictorum beneficiorum omnibus singulisSeptima- 
nis celebrandarum inpaucioremnumerum nempe triginta duas missasre- 
dactacuilibet Oollegae Saeerdoti, uel ipsis Yolentibus alija hoijestis Pres- 
bytern pro qualibet missa suo loco babenda sex crueiferi numerentur. 
Quod si nee coUegae nee alij Sacerdotes, qui missas eas persoluant 
(utnunc sunt tempora), baberi queant^ tunc retineantur sex iUK'tuciferi) 
qui singulatim pro missa expendendi erant, quae pecunia coUecta 
deinde pro parentHm, uel ipsis deficientibus, Theologorum et Colle- 
garum arbitrio, aut in pauperum aut aliospiosusus erogetur. Superstites 
uero eorundem Benefieiorum prouentus omnes Aerario Vniuer«itati9 
cedant, Vtide tune Bing^lis OoUegi« perinde ac alijs Professoribus 
certa sua stipendia connumerentiLr« (jSTtti^, IL, Nr. €2^ sub 21). 
*) »Caeterumcum varias wc^lertatiutStipendiorufnfundaiionesBJib dluer- 
sis etiam Statutis in Academia nostra reperiri constet, Etprueterea nouj 
illi Stipendiati per Praelatos et opida Patriarum Jn/erioris nostrae 
Auttriae non exiguo admodum numero alendi bis accedant, operae 

pretium esse putamus ut praedicta SUpendiorum Statuta per Com- 

missarlos nostros — omni cara et diligentiareuideantur« (l. c, sub 22). 



dati der AUiieigen Ertzfüratiichen Uniuersitet einem Thunibprobsien 
als uäncellario zuuor vnnd ehe 8y Licentiam entpfahen^ Profes- 
sionem fidei zu fkuen schuldig'^' (Kink, /., 2., Nr. LXIX), 

Das eben erwähnte Document, auf welches bereits oben 
S. 57 hingewiesen wurde , bietet in 25 Puncten den glänzend- 
sten historischen Nachweis des katholischen Charakters der Wie- 
n«r-Hochschule. Es bezieht sich sub 6y dann stib 8 — 14 noch 
gans» besonders auf die „neue Beformationf^ Ferdinand's L, vom 
1. Jänner;|;1554, und zählt aüe die Puncte noch weitläufiger auf, 
welche hier aus den Verfügungen Ferdinand's Z hervorgeho- 
ben wurden, um die katholische Tendenz der Ferdinandeischen Re^ 
Stauration haarscharf darzulegen. 

KhUsl schliesst den 14, Punct dieses Berichtes also : 
n Sintemalen dann die ganze Kaisers Ferdiiandl Reformation 
CalholUeke Statuta, Cithtllsche Professores, Cath^Ilsehe Membra ha- 
ben, Vnd sonst niemandts andern zuelassen will, so werden die Facul- 
tates in dem Sie sich des Joraments beschweren, nit so fast wider 
den CanceUarium, sonder vil mehr die liy, lt. Selbsten setzen^. 

So hatte denn die Wiener-Universität ihren kathelischen 
Ckaraeter durch ihren dritten Gründer, E, Ferdiiaid L, neuer- 
dings angestiftet^ rein und vollständig wiederhergestellt erhalten I 

Ferdinand' s Nachfolger, ■aiimiliiB II., dessen Hinneigung 
zum Protestantismus geschichtlich feststeht, erliess bald nach 
seinem Reglerungsantritte, nemlich am 5. September 1564, 
aus Anlass eines speciellen Falles, die auf einer seltsamen Di- 
stinction beruhende Verordnung, dass für die Zulassung zur 
Promotion an der Wiener-Universität nicht mehr die Able- 
gung eines förmlichen röwiiÄCÄ-katholischen Glaubensbekennt- 
nisses („professio Oatholicae et Romanae Religionis^ ) 'voraus zu 
gehen habe , sondern dass es genüge , wenn der Candidat er- 
kläre, er sei Katholik und ein Mitglied der katholischen Kirche 
(nsi sese Oatholicum esse et cum Tnatre Caiholica Ecclesia communis 
care professus fuerit, ad Romanae insuper Ecclesiae fidem speciatim 
prpfitendam minime astringatur « . Cf. Kink , /., 1, , 8. 308 f ; lI.yNr. 68). 

• Kink bemerkt (l, cj hieher mit Grund, dass die Neuerer, 
welche dem Kaiser diese Distinction anriethen, das Wort: 
^kathoUschtt lieber im etymologischen, als im dogmatischen Sinne 
genommen haben möchten. Auch darf nicht übersehen bleiben, 



65 

dass kaum mehr, als zwei Monate später, nemlich am 13. No- 
vember 1564, die Bulle des Papstes, Pius IV,, erschienen 
war, welche von jedem Graduanden die Ablegung der gleich- 
zeitig herausgegebenen nProfessio Fidei Tridentijia** fordert. 

Die drei weUUchen Facultäten kümmerten sich nicht im 
Mindesten um diese Bulle; nur die Theologen leisteten ihr Fol- 
ge, vor dem Kanzler und bei der Promotion (Kink, Z, l.,S,318). 

Am 4. Februar 1568 liess der Kaiser dem Universitäts- 
Kanzler befehlen^ einem Protestanten die Licenz zum juridischen 
Do ctorate jivrdt allen solenniteten zierlich undt ordenUch^ zu er- 
theilen (Kink, Z, 2., Nr. LXIV). In dem diessfälligen Hofde- 
crete wird erklärt, dass die kaiserliche Majestät gar nicht der 
Meinung sei, die Promotion eines Augsburgischen Confes- 
sionsverwandten an der Wiener Universität, nexcepta Theologica 
facuUatef^y sistieren zu lassen, da eine solche Promotion „o«^ 
andern gleichwol auch Gatholischen üniuersiteten tmdt darzue ia 
Itaita« selber nicht ungebräuchlich sei. Bekanntlich hatte man 
in Padua zuweilen auch Nicht-Katholiken und selbst Juden 
7i Auctoritate YeneU" den Doctorhut durch ein, von der eigfent- 
lichen Promotions-Facultät verschiedenes , aus den Fach-Profes- 
soren zusammengestelltes Collegium, und ohne Intervention des 
kanonischen Kanzlers, ertheilen lassen ('cf. Zeitschrift für die ge- 
sammte katholische Theologie y Wien, 1851, Band IL , S. 331). 

Die drei weltlichen Facultäten trugen inzwischen ihre pro- 
testantische, resp. religiös-indifferentistische Gesinnung immer 
offener zur Schau. Am 11. März 1572 musste der Universität 
sogar befohlen werden (Kink, L, 2., Nr. LXV, sub 1), das Be- 
gräbniss der Universitäts-Mitglieder und ihrer Angehörigen 
auf christliche Art zu feiern, da die Mitglieder der weltlichen 
Facultäten sich und ihre Todten, nach dem Vorbilde des luthe- 
rischen Adels, vielfältig ohne Priester, Geläute, Licht und 
Kreuz begraben liessen , wie denn noch im Jahre 1585 ein 
Dr. Med. Zingel, in seinem eigenen Garten, ohne Glocken- 
geläute und Kerzenschein beigesetzt werden wollte, und im 
Jahre 1584 drei Aerzte noch unmittelbar vor ihrem Tode er- 
klärten, sie sterben „ohne bestimmte — Religion^. 

Bereits um 1573 tauchten allerhand Beschwerden der 
Universität gegen die Jesuiten auf, welche allerdings schon um 
1560 in ihrem Collegium über Philosophie und Theologie la- 
sen, über gedruckte Thesen öffentliche Disputationen hielten, an- 

5 



66 

^eftZicÄ selbst Promotionen vornahmen, und, zu derselben Stunde, 
auch dieselben Fächer und Autoren vortrugen, welche im Oolle- 
^'iwni>««cafe gelesen wurden. Sie konnten übrigens für ihre Vorle- 
sungen im Collegiüm eine Erlaubniss des Erzherzogs Karl von 
Steiermark y der seinen kaiserlichen Bruder in der Verwaltung 
Oesterreichs mehrmals zu vertreten hatte, datiert vom 9. Jän- 
ner 1570, vorweisen, und für ihre Promotionen auf gewisse 
Privilegien sich berufen. Der Kaiser selbst blieb ihnen fortwäh-, 
rend abgeneigt. Er liess schon im Jahre 1565 ihr Convict sper- 
ren und entzog ihrer Di'uckerei die früher gewährte Un- 
terstützung; er trat ihren Promotionen, ihren philosophi- 
schen und theologischen Vorlesungen im CoUegium beschrän- 
kend entgegen (22, Juli 1573), cassierte die Wahl eines^ Jesui- 
ten zum Decan der theologischen Facultät (1, December 1573), 
und restringierte ihre Lehrthätigkeit an der Universität in 
strengster Weise auf die zwei , ihnen eingeräumten (cf. oben 8, 
58) y theologischen Lehrkanzeln f 28. April 1574) , von denen 
ihnen sogar noch Eine zeitweilig entzogen wurde (Kinky 7., 
i., 8, 315 /.; /., 2., Nr. LXVIT, sub 1 — 4). 

Der, aus Bayern berufene (cf, oben 8, 58) und um die Wie- 
ner Universität vielfach verdiente, Dr. Georg Eder , der eilfmal 
die Rectorswürde bekleidet hatte, fiel im Jahre 1573 in die 
Ungnade des Kaisers, weil er in Dillingen ein Buch zu Gun- 
sten der katholischen Sache, ohne kaiserliche Druckfreiheit, 
hatte auflegen lassen (Kink , Z, 1. , 8, 315^ Änm, 403). 

n Unter solchen Umständen«, fährt Kink (l. c. 8, 317) weiter, 
nwar sich nicht zu wundern, dass^die Doctoren, die Decane und 
Rectoren jener Zeit zum grössern Theile Protestanten waren, und 
mit allen Kräften der theologischen Facultät entgegen traten, wel- 
che es damals ohnediess nie über vier Mitglieder brachte und daher 
aus Mangel an Doctoren auch die Bachalarien zu ihren Berathungen 
einberief. Sie übergingen sie öfters bei den Rectorswahlen , in der 
wenig verdeckten Absicht , damit keine Geistlichen ihren Platz im 
Consistorium fänden *). Als im Jahre 1570 der österreichische Na- 



*) In einer, am 6. November 1569, an den Kaiser gerichteten Be- 
schwerdeschrift der theologischen Facultät klagt diese unter Anderm : 
»Cum namque praeteritis annis — legitima Facultatis nostrae Mem- 
bra prtma« tenerent, adeo nunc eontemnuntur , ut vixjam in poatremtB 
numerentur(<. Bann bemerkt sie weiter, sie habe am 17. October 1569, 



67 

tions-Procurator aus den Theologen zu wählen war, fiel die Wahl 
der akademischen Nation nicht auf einen solchen, sondern auf einen 
Protestanten y M, Cornelius Orienwald **^ ; sie musste aher wegen 



in statutenmässig^r Weise, den Spitalpfarrer, Dr. der Philosophie und 
Bach&larius der Theologie, Gregor Lamberti ^ zu ihrem Decan er- 
wählt; die Wahl sei Tom Rector und dem Consistorium der Uniyersi- 
-tät als gültig erklärt und der .Gewählte zum Juramentum ßdelitati» zu- 
gelassen worden. Nun aber machen ihm , dem blossen Baehalarius 
der Theologie, der juridische und der medicinische Decan, als Doe- 
tore» ihrer Facultäten, den Vortritt streitig, sowie denn auch dieandem 
Facultäten den Professor prlmarius , Dr. ^n^omn Grotuptus, in dem 
Uniyersitäts- Consistorium nicht zulassen. Dieser Bemerkung folgt die 
Erklärung: nCausa vero, cur Deeani aliarum Faeultatum has turbas 
excitant, non est alia, quam ne sint in Consistorio Eccieslastlei. 
Quod «t, quemadmodum maehinantur, aliquando perfecertnt^ ae- 
fUm erit non modo de statutis Äeademiaej & tot sacratissimis Impera- 
toribus Austriae , maximeque ä religiosissimo Majestatis Yestrae pa- 
rente, S. memoriae Caesare Ferdinando, toties confirmatis, sed omnino 
de Faeultaie ipsa Theologiae^ quae niai ab Eeclesiastieis in hoc 
Gymnasio traetari non poteat. Hinc Tero quid aliud consequutorum est , 
tiisi totlus Aeadeiuiae seinper autea florentissiuiae , troocato necessario 
nembro, iniserabiÜs roioa. Cujus qaidein iactnrae cuui maxliua plorum Iinpe- 
ratornoi rootuinella cooiunctae, hullain rationein habere Tideutur, qui lioc 
tempore citra justaui occasionem adeo importune contra concordiain, contra 
statuta Gjoinasii omuluni Archlducum Austriae diplomatis coniirmata, contra 
decoruui tuuiultuantur^^ {Acta Faeultatis Theolog icae ViennensiSy MS. ad 
annum 1569; cf. Ät»*, J., i., S. 317, Anmerkung 410). 

Diese Besohwerdeschrift wurde vom Kaiser, schon am 10. November 
1569, in einer, für die Theologen günstigen, Weise erledigt. 

•*) Dieses Mitglied der ^r^'afen-Facultät konnte als Beetor im Sommev- 
semester 1569 nur durch kaiserlichen Befehl bewogen werden, an der 
Fronleichnamsprocession Theil zu nehmen. Als nun die theologische 
Facultät im Jahre 1571 neuerdings befürchtete, dass ein n Sedier er*^ 
zum Rectorate gelangen könnte, wandte sie sich bittschriftlich an den 
Kaiser. Dieser aber trug seinem Superintendenten bei der Universität, 
in allgemeinen Ausdrücken, auf, »nur eine solche Person zum Beetor 
wählen zu lassen , welche in allen Dingen, sonderlich aber tn pu- 
blicis Aciibus den Statuten und dem bei der Universität und derselben 
Eectorat altherkommenen Gebrauch gemäss sich verhalte«. 

In einem Privatschreiben des kaiserlichen Secretärs an den Super- 
intendenten aber wurde diesem bedeutet, dass Seine Majestät, bei 
dem obigen Hinweis auf die n Statuten f^, auch jene im Auge gehab^ 
habe, ntoelehe die katholische Beligion mit begreifen^ ^ und dass Se. 
Majestät eine nkathoHsche Person<< zum Rectorate befördert haben 
wolle, die sich nnicht weigere, bei den Prooessionen an den hohen 

5* 



ß8 

des zu grossen Scandals , auf Andringen der theologischen Factdtät, 
doch wieder zurück genommen werden«. (Cf. hieber die nZeU- 
sdiriftfür katholische Theologie, herausgegeben von der theologischen 
Factdtät zu Wien^ ^ 1851, Band 77., S, 527 ff. sub lit h und c). 

Erzherzog -ffarZ musste am 15. April 1575 den Befehl 
verschärfen, welcher in Betreff des kirchliclien Begräbnisses 
vor drei Jahren (cf, oben S. 65) an die Universität ergangen 
war. Der Rector, Dr. Anholz^ dann die Doctoren: Schwär zen- 
thaler, Steinstrasser , Paul Fabricius u. a. hatten nemlich aber- 
mals einen Studenten, ohne Priester schaft und kirchliches Be- 
gängniss, begraben lassen (Kink, /., 2., Nr. LZF, sub 2). 



Es liegt ein auffallender Widerspruch in den einzelnen 
Verfügungen MaximilimCs II* , in wie fern diese auf die kaHiO' 
tische Eigenschaft der Wiener Hochschule sieh beziehen. Seine 
schwankende Haltung steigerte aber auch den Abfall in den 
drei weltlichen Facul täten bis zu einer Höhe, dass nach seinem, 
den 12. October 1576 erfolgten, Ableben drei seiner Nachfol- 
ger vollauf zu thun hatten, den angestifteten, von Ferdinand I. 
neu befestigten, katholischen Charakter der Universität, im 
Wege einer zweiten „Oegenreformatioii« , zu retten und für das 
nächstkommende Jahrhundert sicher zu stellen*). 



Festen , sonderlich am Fronleichnamatag und an dem Qottesdienste 
beim Domstifte eolemniter Theil zu nehmen«« {Zeitschrift für katholi- 
sche Theologie, Wien, 1851, Band II,, 8, 627 ff., aub lit. h). 

*) »Es ist uns wohl bekannt, dass man in einer gewissen, althergebrach- 
ten, Erzählungsweise die (spätem) Regierungsjahre Ferdinand^ a I, 
dann jene Maximilian' a IL als Zeiten der Milde und Toleranz, folglich 
als Zeiten der ungestörten Huhe und des GtlÜckea preist und als 

Muster für spätere Generationen hinstellt. Die diessfälligen 

Schriftsteller, namentlich die ausländischen dienen hiedurch zu- 

Törderst ihrem eigenen (protestantischen) Standpuncte, und dann er- 
kaufen sie sich dadurch auf wohlfeile Art das Recht des schärfsten 
Tadels für alle nachfolgenden Perioden, da sie ja vorhin in ihrem 
Lobe auch rtunpartheiischa gewesen. In gewohnter Deferenz und Zins- 
barkeit an das Ausland haben dann auch wir darnach — — uns un- 
sere geschichtUehen Schablonen zurecht gerichtet und unsere Jugend 
daran grosi gezogen»^ (Kinh, I., 1., 8. Sil, Anmerkung 397). 



69 

Kaiser lidtlf II. wurde in seiner diessfälligen Aufgabe 
vornemlicli durch seine zeitweiligen Stellvertreter in Nieder" 
Oesterreichy die Erzherzoge: Erne^ und Maximilian^ unter- 
stützt. Schon am 7. Juni 1577 erhielt die Universität von 
Bmest^ie bestimmte Weisung, an dem Thun und Treiben der 
Prädicanten in Wien und in Hernais sich fortan nicht mehr zu 
betheiligen, denselben keine Unterkunft zu gewahren, von 
ihrem Abendmal, ihren Taufen, Trauungen, Leichenbe- 
gängnissen u. s. w. sich fern zu halten (Kinhj Lj 2., Nr, LXVUI^ 
9ub 1), Am 12. April 1578 erging an die Universität vom Kai- 
ser selber der ernstgemeinte Auftrag, einen katholischen Rector 
zu wählen, und als sie, noch vor dem Eintreffen des kaiserli- 
chen Schreibens, durch die Umtriebe des mehrgenannten 
M. Orienwald, einen Lutheraner, den vorhin erwähnten Dr. 
Johann Schwarzenthaler , für dieses Amt gewählt hatte, zögerte 
der Kaiser nicht, ihn zu entsetzen und eine ganz neue Wahl 
anzuordnen (Kink, /., 7., S. 318 f,^ Text und Änm. 416; cf. 
Zeitschrift für katholische Theologie, Band IL ^ S. 528 f. ^ svb lit. e). 

Dieses gemessene Auftreten des Kaisers hatte zur Folge, 
dass im Jahre 1580 der Doctor der Philosophie und Medicin, 
Martin Stopius, vom Lutherthume zurücktrat, um Rector wer- 
den zu können (cf. obige Zeitschrift, B. H,, 8. 529, svh lü. e). 

Am 4. September 1579 wurde der sechsundzwanzigjähri- 
ge Convertite Melchior lUesl , eben j^wegen seines Eifers in der 
uralten^ katholischen ReKgion<^, zum Dompropst und Universitäts- 
Kanzler ernannt, und nun ging es mit der Gegenreformation 
noch entschiedener vorwärts. Vorerst erschien die Schulordnung, 
Der General vicar des Wiener Bischofs und derDecan der theo- 
logischen Pacultät wurden zur Prüfung der Lehrer bestellt, 
dann aus der theologischen Facultät und dem übrigen Stadt- 
klerus zu Wien, unter bischöflicher Leitung, eine eigene Bü- 
cher-Revision gebildet, welche die Buchläden und Magazine der 
Buchhändler wiederholt zu durchsuchen, zur Marktzeit ein- 
langende Bücherballen zu öffnen, antikatholische Bücher und 
Bilder zu confiscieren oder über die Gränze zu weisen hatte. 

Solche Massregeln stachelten auch die lutherisch gesinn-* 
ten Mitglieder der Universität auf. Einen Candidaten, Ebers- 
dorfer, hatte Khlesl, seiner Confession halber, nicht zur Gradus- 
prüfung zugelassen. Er Hess sich in Wittenberg promovieren 
und wurde 1581 in Wien anstandslos in die medicinische Facul- 



70 

fcät aufgenommen. Katholisch gesinnte Graduanden beschwer- 
ten sich im nemlichen Jahre beim Erzherzoge Emeat^ dass man 
sie von Seite der artistischen Facultät zu hindern suche, vor 
der Promotion das katholische Glaubensbekenntnis s abzulegen. 
Erzherzog Maximilian trat solchen Bestrebungen, am *2. Juli 
1581, im Namen des Kaisers, mit der Abforderung der 
nProfessio Fidei Tridentina'^ vor den Promotionen „in FacvMate 
Juridicay Medica et Artistica*^ entgegen. Dem Decrete lag die 
nFormula Juramenti*^ bei (Kinky L, 1., S. 320 f.; IL, Nr, 71). 

In Folge dieser kaiserlichen Resolution legten sieben 
Magister der Philosophie und einige Doktoren der Rechte das 
vorgeschriebene Glaubensbekenntniss in die Hän,de des Kanz- 
lers ab; die drei weltlichen Facultäten aber überreichten ge- 
gen den Letztern gemeinschaftlich -eine Klagschrift bei Hofe. 
-ffÄZesZ antwortete mit dem, bereits oben (8, 63 f.) erwähnten, 
Promemoria an den Erzherzog-Statthalter Matthias y in welchem 
der ganze Sachverhalt umständlich beleuchtet wird. 

Kink skizziert (X, 7., Ä 321 f.) den Inhalt dieses Prome- 
morias^ das man in Hammer -Pur gstalVs urkundenreichem 
nKhlesl^ vergeblich sucht, in Folgendem: 

jjEr (Khlesl) führte darin aus, wie die Universität von Anfang 
an fiir die Erhaltung und Verbreitung des katholischen Glaubens ge- 
stiftet, und desshalb vom römischen Stuhle mit so vielen Privilegien 
ausgestattet worden sei ; wie sie auch zur Zeit der husitischen Irr- 
lehren an diesem ihrem Berufe treu festgehalten und wie endlich so- 
gar noöh JPcrdmaTid'« /. Reformation vom 1. Jänner 1554 in .allen 
ihren Artikeln auf möglichste Wahrung dieses Standpunctes hinge- 
arbeitet habe. Dagegen hob er hervor , wie schlecht die Universität 
in letzter Zeit dieser ihrer Aufgabe nachgekommen sei. Im Consi- 
storium sei die Mehrzahl von Protestanten gebildet worden^ welche 
die Katholischen in aUen Dingen Überstimmten imd zu üniversitäts- 
Äemtern nur Gleichgesinnte zuliessen. In den Bursen ^eü&n. Beichte^ 
Communion, Besuch der Messen, Halten der Fasttage geradezu 
verboten worden; die Beneficien habe man absichtlich zu Grunde ge- 
hen lassen, die Stipendien habe man niM Stiftung sgemäss verwen- 
det, sondern mehrere zusamm>en gezogen, mn davon protestantische 
Schüler zu Wittenberg, Leipzig \md Tübingen zu unterhalten; statt 
der vorgeschriebenen Predigten seien öffentlich in St. Stephan 
Schmachreden gegen die Katholiken gehalten worden. 



71 

Bei solchen Umständen sei das Festhalten an der Forderung 
des Glaubenshekenntnisses das einzige Auskunftsmittel und dürfe um 
so v^eniger befremden, da ja äiQ protestantischen Universitäten ihrer" 
seits schon längst sich beeilt hätten , die Ertheilung eines akademf 
schtM Ghrades von der Äblegung des AugshurgischenReligionshekermt' 
nisses abhängig zu machen«. 

In Folge dieses Promemoria's erneuerte der Erzherzog- 
Statthalter, am 21. März 1591, das obenerwähnte, von sei- 
nem Bruder vor zehn Jahren erlassene, Gesetz in Betreff des 
Tridentinischen Glaubensbekenntnisses; am 5. April berichtete 
er dem Kaiser, er habe, über Klage des Universitätskanzlers, 
den Actus MepeHHonis bei der juridischen, medicinischen und 
philosophischen Facultät zu Wien für solche Personen unter- 
sagt, welche „auf den sectischen Universitäten zuvor studiert und 
promoviert hätten^. Der Kaiser hielt diess (am 29, September 
1691) r)in allweg für nö'thig^, wollte aber dennoch eine neue 
Berathschlagung (Kink, 7. , 2., Nr, LXXy sub 1 — 8)^ 

Nach obiger Skizze fährt Kink (/., 1,, 8. 322 ff,) fort: 

»Doch begreift es sich leicht, dass die damals noch übermächtige 
Gegenströmung der Zeit, noch mehr die später vom Erzherzoge selbst 
aus politischen Gründen ausgeübte Connivenz ein Schritthalten der 
Praxis mit den schriftlichen Befehlen noch nicht gestattete *). 



*) So wurden noch in den Jahren 1592 und 1593 die Doctoren Mospach 
und Haustein -wegen Begünstigung der Prädicanten um 50 Thaler ge- 
straft, um 1592 die Vorschriften in Betreff der kirchlichen Functionen 
von Seite der Universität durchaus nicht eingehalten* Am 3. März 1593 
musste Erzherzog Matthias abermals verordnen , dass die Glieder der 
Universität und deren Eheweiber nicht zu fremden Prädicanten auslau- 
fen, noch ihre Kinder von ihnen taufen lassen sollen. Eine Verordnung, 
welche am 29. März 1600 wiederholt werden musste. Ein Decret des 
Universitäts-Consistoriums , vom 10. Jänner 1602, basiert auf ein 
Verbot des Erzherzogs vom 10. December 1601, erneuert diese Ver- 
ordnungen, unter Androhung von-Strafen an Leib und Gut, wie Boss 
und Wagen, dann unter Namhaftmachung der Aufenthaltsorte yiseeti- 
seher Prädicanten^ und jener Doctoren der Rechte und Procuratoren, 
welche notorischer Massen hierin sich verfehlt hatten. — Aber am 21. 
März 1609 war die Religions-Gonoession des Königs. Matthias erschie- 
nen, wodurch ein neues Zuströmen der- Protestanten bei der Univer- 
sität veranlasst wurde, wie diess schoa aus den von K. Ferdinand IT. 
vorgenommenen Epuratiorien sich ergiebt(Ktn*, L^ 1. ,5. 322, ./i«- 
merhunp ^23; /., ^., Nr, LXVIIl , sub 3 bis 8), 



72 

Um dieselbe Zeit, nemlich im letzten Decennium des XVI. 
Jahrhunderts y war auch die seit Langem genährte, durch die reli- 
giösen Gegensätze fortwährend gesteigerte Feindseligkeit zwischen 
der Universität und dem Jestuten-CoUegium zum ofiTenen Kampf 
entbrannt. Es war überhaupt ein eben so unläugbares, als gros- 
ses Verdienst der Jesuiten, dass sie die Unterweisung der Jugend von 
einer ganz neuen Seite, nemlich nicht als blossen Unterricht, son- 
dern als Erziehung im vollsten Sinne des Wortes auffassten. Zu die- 
sem Zwecke bauten sie ihre Collegien, errichteten sie ihre Convicte 
und trafen Vorsorge, dass darin Jeder nach seinem Stande und Be« 
rufe herangebildet werde. Mit allen geistigen Mitteln und mit der 
aufopferndsten Hingebung hiefür ausgestattet, waren sie auch an eine 
unübertroffene Disciplin im Innern ihrer eigenen Körperschaft ge- 
wö.hnt und handhabten dieselbe auch an ihren Schülern. Gleichfalls 
war es ihr Verdienst, dass sie die Pädagogik auf religiöse Basis 
fiissten und durch die ihnen eigene Gabe anthropomorphistischer Auf- 
fassung und Darstellung die jungen Gemüther zu gewinnen verstan- 
den *). Durch alle diese Eigenschaften und Leistungen waren sie 
aber gerade dem dringendsten Bedürfnisse ihrer Zeit zu EUlfe ge- 
kommen; sie hatten mit richtigem Tacte Das, was vor Allem Noth 
that, herausgeföhlt und es war sich daher nicht zu wundern, dass in kür- 
zester Zeit ihreBildungs- Anstalten ausserordentlichen Zulauf fanden« 

Von Dem Allem zeigte sich bei der Universität äßs entschie- 
denste Widerspiel. Der Mangel pädagogischer Aufsicht und religiöser 

J^ür sorge war der wunde Fleck an ihren Einrichtungen. Es 

gab allerdings Disciplinar-Gesetze ; die Handhabung derselben war 
aber grossentheils den Bursen überlassen, die im Laufe des XVI. 
Jahrhunderts in gänzlichen Verfall gekommen waren. Die ein- 
getretene religiöse und sittliche Zerrüttung schmälerte selbst das be- 



*) Hieher gehörten auch die nmarianisehen Oongregationen^ j nemlich 
die rtCongregatio major ^ sub Tit. B. M. F. in Coelos Aasumtae*^ für 
alle vier Facultäten; die im Jahre 1650 errichtete n Oongregatio media, 
sub Tit. Jmmaculatae Oonoepiionia B. M. V.« und die nOongregatio 
minor, tub Tit. B. M. F. Purif,^ fQr das ahademiaehe Gymnasium, 
alle drei zusammen mit einer jährlichen Procession nach Hietzing 
(c/. Kink, 1., i., 8. 383, Anm* 509; S. 504f,, Anm. 668; X, 2., Nr. 
LXXXl). Im Jahre 1700 legierte der Fürst Paul Ester ha»y ein Capi-- 
tal von 600 Öulden für die Drucklegung der Festrede , welche alljähr- 
lich am 8. December bei St. Stephan ^jCoram Univer»iiaie*i, nin Hono 
rem B, M. V. sine labe Conceptae'^ gehalten wurde. 



73 

scheidene Aasmass ihrer Wirksamkeit und führte sie sichtlich 
ihrer Auflösung entgegen. Schod das war ein auffallendes Zeichen 
des Verfalles, dass nicht einmal die gestifteten Plätze je vollzählig be* 
setzt waren; ja manche neuem Stipendien- Stiftungen Hess die Uni- 
versität Jahrzehente lang liegen, ohne sich um ihre Activierung zu 
bekümmern. Die Verwaltung der vorhandenen Geldmittel wurde 
äusserst liederlich geführt , die Zuchtlosigkeit der Bursen erreichte 
den höchsten Grad; sie waren Alles eher, als Anstalten für den Unter- 
richt und die Erziehung. Es geschah wohl auch, dass die Schüler 
rein auf den Bettel angewiesen waren und eigens zu diesem Zwecke 
den Tag über ausgeschickt wurden; brachten sie Abends nicht die be- 
stimmte Anzahl Pfennige mit nach Hause, so mussten sie obdachlos 
herumirren. Zeitweise wusste die Regierung kein anderes Mittel, als 
die Stipendiaten in Masse aus d^r Stadt abzuschaffen *). Einer sol- 
chen Verwahrlosung gegenüber waren die Collegien der Jesuiten 
eine ausserordentliche Wohlthat« (Kink, l, c, 8. 325 — 328). 

Die unter Maximilian II, entstandenen und nnteiT Rudolf II, 
sich mehrenden li Reibungen zwischen der Universität und den e/e- 
suiten*i {Kink^ /. , /., Ä. 322 — 348; I., 2., Nr. LXXI) hatten 
unter der Landes- und ÄeicA^-Regierung (seit 1608 und resp. 
1612) des K. latthias allmälig zu der ^ersten Vereinigtmg der 
Universität mit der Societät Jesu^ geführt. Am 25. Februar 1617 
erschien das kaiserliche Patent^ in welchem die Uebertragung 
von ztpei theologischen und drei philosophischen Lehrkanzeln der 
Universität an die Jesuiten verordnet war. Dieses Patent hatte 
sich auch über die Motive, wie über die Details der neuen 
Einrichtung umständlich ausgesprochen (Kink, H^^ Nr. 77). 

Unter jenen gehört hiebet die Aeusserung (l. c, 8.425): 
nPorro quod kaereseon proprium est, vt sicuti spiritu illae 
vertiginis aguntur ita quae rite atque optima intentione sunt instituta, 
ordine turbato pessum dent atque in transvsrswm, agant, hisce nost- 
ris quoque Prouindjs haereditarijs , prob dolor, accidit vt postquam 
in ijsdem sectae, Schismata, et dissehsiones in Religione pulfulascere 
atque diffimdi ceperunt, almae quoque Vniv^sitatis huiusflos, vigor 



*) Kink hat (7., 2., Ä. 326 — 328, in den Anmerkungen 426 — 428) 
neun Decrete , aus den Jahren 1583, 1585, 1591, 1593, 1597, 1600, 
1601 skizziert, welche eben so schmähliche, als traurige Details liefern, 
wohin die Wiener-UniTersität unter dem Einflüsse euchtloaer Huma- 
nisier ei und lutherischer iS edier er ei gekommen war. 



f 



74 

atque viror sensim temporisque successu non leuiter deperierit. ^mtte 
res potissimum aug. mem. Imperator em Ferdinandum, Dominum 
Auum et praedecessorem nostrum colendissimum mouit, vt SocietaUa 
JESV Patres iam iam collabescenti Academiae opem velut subsidia- 
riam laturos Anno 1551 Yiennam accersierit, ipsisque (quod vU 
supremus Princeps, Primlegia concessa in melius atque Reipublicae 
vtilius pro re nata reformando^ et potidt et dehuit) duas primarias 
Lectiones siue professiones in Theologica facultate caeteroquin vix 
Buperstite in perpetuum assignarit, mcLgno (quod euentus docuit) Äe- 
ligionis et studiorum Theologicorum incrementOy Vnde supradicti 
Aui nostri praeclarissimae memoriae notta Reformatio vniuersitati non 
solum publicata, sed et hactenus — inuiolabiliter obseruata fuit«. 

Ferner (l. c, S, 426. 427): nQuod ipsum etsi Nos tangtunn- 
Dominus dbsolutus et Princeps supremus fundator et Romanorum 
Imperator propria potestate et auctoritate nostra exemplo saepedicti 
Imperatoris Ferdinandi effectui mandare potuissemus^ pro maiore 
tarnen et conscientiae^i intentionis nostrae eecwritate consilij huius 
nostri rationes cain S. D. N. Paalo (tointo prius conferendas eiusque 
ope et consilio executioni mandandas duximus qui non vnodo in Ißu- 
ddbili isto insHtuto Nos .magnopere eonfirmxiuit , verum etiam omnem 
opem et operam reipsa i-am nunc praestitam vlterius quoque sictibi 
necessitas requiret, praestiturum se liberaliter promisit^ , 

Die angezogenen Stellen beweisen zur Genüge, dass K. 
Matthias eine katholische Restauration der Wiener Universität 
beabsichtigt habe, und dass er, nach dieser Richtung hin, in 
den Fussstapfen der ersten Gründer und in jenen seines Gross- 
vaters, Ferdinand I.j zu wandeln bemüht war. Desshalb be- 
merkter auch im Eingänge seines Patentes, dass seine Vor- 
ältern, bei der Gründung wissenschaftlicher Anstalten, immer- 
dar bedacht gewesen seien, die Gemüther ihrer Unterthanen 
auch in der Religion zu erhalten und zu stärken („subditorum 
animos inReligione conseruari et confirmari*^). Unter den der Uni- 
versität ertheilten Privilegien setzt er »die päpstlichen (»celeber- 
rimis Priuilegijs Pontificijs^) oben an (Kink, IL^ Nr. 77, 8, 425), 

Da überhaupt schon die einfache Thatsache der Einverlei- 
bung des akademischen Jesuiten- Collegiums in den Organismus 
der Wiener Universität für den katliolisclien Chai*akter der 
letztern Zeugniss gibt, so liegt es nicht weiter in der Aufgabe 
dieser Denkschrift, für den ganzen Zeitraum dieser Verbin- 



75 

düng der Universität mit der Gesellschaft Jesu, also minde- 
stens von dem Zeitpuncte der n zweiten Vereinigung ** j da die 
nerste*^ am 4. Jänner 1620 wieder aufgelöst wurde, resp. von 
der, am 13, October 1623 erfolgten, Publicierung der „Äanc^ 
Pragmatica^ an bis zur Aufhebung des Jesuitenordens (19. Au- 
gust 1773)^ auf den historischen Verlauf dieser Vereinigung 
näher einzugehen. Ja es genügt Aier völlig, theils auf die, be- 
reits ohnmächtigen, lutherisierenden Bestrebungen in der juri- 
dischen und in der medicinischen Facultät*^ , im Anfange dieser 
Periode (cf. die diessfälUgen kaiserlichen Decrete vom 16. Decem- 
ber 1626, 27. Mai 1628, 15. December 1632, 12. August 1633, 
17. November 1651, 20. November 1651, 4. März 1694, bei Kink 
L, 2., Nr. LXVm, sub 5 — 11), theils auf die Mehrung des 
katholischen Charakters der Hochschule, in Folge ihrer Ver- 
einigung mit den Jesuiten, so wie auf die säcularisierenden 
Tendenzendes altern van Swieten, von 1749 bis zu dessen Ab- 
leben, am 18. Juni 1772, flüchtig hinzuweisen. 

Kink hat, begreiflicher Weise, für die ganze Incorpora- 
tions-Periode auch dem katholischen Charakter der Wiener Uni- 
versität weit grössere Aufmerksamkeit geschenkt. Diess geht 
in der 1. Abtheilung des /. Bandes, S. 353 — 384, schon aus 
den Ueberschriften : n Zweite Vereinigung der Universität mit der 
Societät Jeswi — nSancfio pragmatica^^ - r» Ausführung und Er- 
gänzungen der Sanctio pragmatica*^**^ — „DieKatholicität der Hoch- 



*) Cf. Kink, /., 1., .S. 373, Anm. 493;. 8. 374, Anm. 494. Im Jahre 
1626 zählte die Universität 2S akathoUsehe Doctoren , grösstentheils 
ans der medicinisohen Facultät. Siebzehn derselben traten , in Folge 
von Religionsgesprächeo^ zur katholischen Kirche .zurüok, eilf mussten 
auswandern. Als die Doctoren der medicinischen Facultät, einftr Bulle 
des Papstes*, Paul F., gemäss, einen besondern Eid leisten sollten, 
dass sie die schwer Kranken zum Empfange der heiligen Sterbsacramente 
ermahnen wollen , weigerten sie sich dessen , mit der Aeusserung : » se 
ob certas causas et quod in Ponti/icis territorio praxin non exerce* 
ant, novo et supervacaneo juramento supersedere velle« ! 
**) Zufolge di^T pragmatitehen Sanciion und ihrer endlichen Durchführung 
kamen das herzogliche Collegium und alle Bur$en in das Eigenthum 
der Societät; diese baute daraus das neue Collegium tammt Kirche. 
Doch gel^angten die Gebäude der nLilienburse^ und des alten nGold- 
berg^sti später in die Hände des Graner Erzbischofs und nachmaligen 
Cardinais, Peter Pdsmdny , Primas von Ungarn, welcher auch im Jahre 
1623 eineigenes.,nachihm benanntes, Co ^/e^tu?», zur Ausbildung unyart- 






76 

schule fi — n Superiorität der Jesuiten'^ — nÄntagoniffmtts mit den 
Dominicanern^ — n Einführung des eidlichen Gelöbnisses auf die 
unbefleckte Empfängmss Mariä^ — n Zurückdrängung der Dondni- 
caneru (cf I., 2., Nr. LXXVI, sub 1 — 6; Nr. LXXXI*); 
n., Nr. 80 — 84; Nr. 85 **)/ Nr. 91 — 94) hervor. 

Kink bemerkt bezüglich der Epuration und RekatholtM- 
rung der weltlichen Facultäten an der Wiener Hochschule unter 
Uriiumi II. und FeHiiaB« III. (/., l.jS.376y Text undÄnm. 496): 



icher und iiebenhürgi»eher Theoloffen^triichitte, letzteres gleichfalls un- 
ter die Leitung der OetelUehaft Jesu stellte und für seine Stiftung im 
Jahre 1625 die Bestätigung Urbari'a VIII, erwirkte. Der eben genannte 
Papst erneuerte die, bisanher unvoUzogene, Stiftung seines Vorgän- 
gers, G^r«^orX///., von welcher oben (8. 54, in der Anmerkung) schon 
die Rede war. Am 1. Juni 1j627 gründete Urban nemlich ein »Callegi- 
um Viennensefi, für 20 Alumnen , wieder unter der Leitung der Jesui- 
ten , widmete demselben aus der apostolischen Kammer einen jähr- 
lichen Beitrag von 1380 Seudi, zahlbar in vierteljährigen Raten, und 
begabte das CoUegium, seine Leiter und Zöglinge (Je sieben Ober- 
und Unter-0 esterreicher , je zwei Jünglinge aus Wallis^ Oraubün- 
den und Bern) mit den Privilegien, Exemtionen und Indulten, deren 
das n Studium generale Älmae ZJrit«« theilhaftig war (HaguaiB Bulla- 
rium Roinanuiii, Edit, Luxemburg,, 1727, Tom, F., pag, 131 — 133, 
§§. 1, 2, 3, 11, Oonstitui, LXXIV), In ähnlicher Weise ward durch 
den Dompropst, Balthasar Napuli, von Agram das nSeminarium 
Oroaticum*^ gegründet. Die Bischöfe von Wien, Neustadt rmd. Passau 
errichteten Stiftplätze bei den Jesuiten für ihre Kleriker. 

Mit der Errichtung des akademischen Jesuiten-CoUegiums erlosch 
auch die Amtsthätigkeit der Collegiaten; Ihr Patronatirecht, in Be- 
treff der 6 üniversitäts- Oanonica^ß, war bereits am 19. December 
1622 auf das Universitäts-Consistorium, zu Gunsten aller vier Facul- 
täten, übertragen worden (Ätnifc, JT., Nr. 82; cf. noch Nr. 83, §§,8,9)* 
♦) »Papst Innoeenz X. ertheilt der Congregatio major 9ub invoeatione 
Coneeptionis B, M. V. bei dem Altare der Universität in der Stephans- 
kirche, rtpostquam eriteanoniee erectaf^, einen vollkommenen Ablass, 
am 26. Februar 1650« {Kink, a, o. a, O.; cf. oben 8. 72, Änm.). 
**) nPapst Urban VUI. setzt, über Ansuchen des Cardinais Melchior 
Khlesl, fest: a, dass derCanzler der Universität das Recht habe, einen 
Vicecanzler zu wählen; b. dass Jeder, der einen akademischen Grad 
in was immer für einer Facultät nachsucht, vor dem Canzler oder 
Vicecanzler das Glaubensbekenntniss abzulegen habe ; c, dass die Prü" 
fungen und die übrigen , auf einen akademischen Grad in was immer 
für einer Facultät sich beziehenden , Acte in der Wohnung des Canz- 
lers, die Lioenz-Ertheilungen aber durch den letztern in der Stephans- 



77 

nVoh SO raschem und staunenswerthem Erfolge waren diese 
Bemühungen begleitet, dass noch zu Ferdinand' 8 U. (f 15, Februar 
1637) Zeitnicht nur alle katholisch-feindUchen Elemente aus der Univer- 
sitHt entfernt waren, sondern auch eine vollständige Umkehr der re- 
ligiösen Richtung eintrat, welche sichtlich bestrebt war, auch in ihrer 
äussern Handlungsweise durch positive Merkmale als solche sich kenn- 
bar zu machen. Dahin gehört insbesondere die Gewissenhaftigkeit in 
Abhaltung der seit Langem vernachlässigten Universität 8- Kirchenfe' 
ste und die Beeiferung sie durch neue zu vermehren. So hatte, z. B., 
die rheinische Nation, statt der ursprünglichen zwei^ zu Ende des 
XVn. Jahrhunderts drei vnd vierzig Stiftmessen. Seit 1628 , das ist, 
seit dem Bau der Universitätskirche wurde jeden Sonntag Gottes- 
dienst und Predigt für die Akademiker gehalten. Im Jahre 1648 
statuierte das Üniversitäts-Consistorium, dass der Tag nach Alier- 
Seelen als ein ewiger Jahrtag für die verstorbenen Mitglieder der 
Universität bei St. Stephan gefeiert werden soll. Nächst dem ener- 
gischen Willen des Kaisers war es vorzüglich die eifrige und rastlose 
Thätigkeit der Jesuiten y welche dieses Kesultat bewirkte«*). 



kirche Yorzunehmen) und d. dass die Theaei der Graduanden im 
Namen des Canzlers in Druck zu legen seien, bei Strafe der Exeom- 
municationtt {Kinhy a, o. a. 0.). 
*) In der Zeit ihrer grössten Blüthe und Kraftentfaltung durch alle Län- 
der des Kaisers so stark verbreitet, dass die österreichische Ordenspro- 
yinz schon 1623 in zwei Provinzen getheilt werden musste , hatte die 
Socieiät alle Studienanstalten, mit Ausnahme der civilrechtlichen und 
medicinischen Fächer, in ihren Händen; die theologische und die phi- 
losophische Facultät in "Wien bestand durchschnittlich zu'^wei Drit- 
theilen aus Jesuiten; zum letzten Drittheil gehörten vorwiegend die 
Dominikaner, mit etlichen Augustinern, Minoriten und Weltgeistlichen. 
Nach Claudius le Jayy Petrus Canisiusj Nicolaus LanoyjNicol<iu8 Gaudo- 
nuSjQeorg Scheret^ lfar*«MJ5«caww*, wirkten undlehrtenaus derSocie- 
tät in "Wien noch viele Namen von gutem Klang. Ebenso bereicherte 
der Orden die österreichische Literatur seit seiner Verbindung mit der 
Universität bis nach seiner Aufhebung (ef. KinJs, /., i., S. 375 fj 
Noch am 7. September 1688 hatte eine Regierungs-Commission erklärt» 
dass die theologischen und philosophischen Studien von der Soeietät 
Jesu fisine ullo defectu höehstrüemhlich»' versehen werden (Kinh, l* 
c, 8, 398). l)ie verhältnissmässig noch immer geringen Leistungen 
der Wiener Universität seit der Ineorporation der Jesuiten bis zur 
Aufhebung ihres Ordens kurzweg diesen zur Last legen zu wollen , 
wäre nicht nur eine bare Unwahrheit, sondern gerade zu ein unredli- 
ches und gewissenloses Vorgehen. Der Verfall der Universität 6«- 



78 

Kink bringt (77., JVr. 102) j hieher gehörig, die revidier- 
ten Statuten der juridischen FctcuUät, de jtÄnno ab Incamaiione 
Domini Salvatoris nostri Jesu Christi et d partu Deiparae semper 
Yirginis Mariae, sine labe originali eanceptae MiUesiimo Septingen- 
tesimo et tertioj Idibus octavo eive $exto die Decembris^. 



gann vielmehr mit den Zeiten der Kirchenspaltung. Die Jesuiten hat- 
ten nur die Aufgabe, die Schule vorerst in religio aer Hinsieht zu cor- 
rigieren und diesen Zweck erreichten sie Yollkommen. Sie machten 
fiberdiess anerkennenswerthe Anstrengungen , auch den vrissenschaft- 
lichen Qeist zu wecken und zu heben; und wenn ihnen dieses nicht 
eben so vollkommen gelang , so lagen die Ursachen hievon allerdings 
theils in ihrer, den, einmal vorhandenen, ffumanismus lediglich 
corrigierenden, Lehrmethode und in der Zusammensetzung ihres 
Lehrstandes, theils aber, und vielleicht in noch grosserm Maasse, 
in anderweitigen , von ihnen ganz unabhängigen, äussern Umstän- 
den. Die juridischen and medicinisoheu Fächer, welche a^ allermei- 
sten darnieder lagen, waren überdiess ganz ausserhalb ihres Wir- 
kungskreises. Das Zusammentreffen der Studienreformen in Oester- 
reich mit der Aufhebung der Gesellschaft Jesu ist ein zufälliges , und 
berechtigt durchaus nicht zu dem Schlüsse , dass jene durch diese erst 
möglich geworden seien. Jene waren längst nothwendig und würden 
früher — weit glücklicher und viel besser vorgenommen worden sein, 
als es in dem Jahrhundert der Freimaurerei und des Bureauhratis- 
mus der Fall war. Aber es fehlte mit dem Frieden nach Aussen auch 
die gute Ordnung im österreichischen Staatshaushalte. Bei den Jesui- 
ten war ferner der Unterrieht nur JSin Theil ihres pädagogischen Sy- 
stems, vermöge welchem sie die Gesammterziehüng der jungen Leute 
als JSndzwech ins Auge fassten und hiebei Insbesondere die religiöse 
Festigung des Gemüthes zum obersten Gesetze und zum Ausgangs- 
puncte nahmen (c/. oben S. 72). Als die Societät im Jahre 1623 die 
philosophischen Fächer an der Hochschule übernahm, fand sie so- 
gleich einen ausserordentlichen Zulauf und sie wusste sich diese Fre- 
quenz durch das ganze XVII, Jahrhundert hindurch zu erhalten. Wer 
die hierüber vorhandenen Aufzeichnungen durchgeht, der glaubt sich 
in jene Art blühenden Zustandes der Universität versetzt, wie er von 
1600 bis 1520 stattgefunden hatte. Im Jahre 1624 bei 1000 Auditores! 

Ungefähr mit diesen Worten leitet Kinh{I., J., 5. 405 — 409) 
seine, übrigens strenge, Kritik des Lehrsystemes der Societät ein. 

Auch verdient hier bemerkt zu werden , wie die Referenten zweier 
Universitäts-CoUegien , in ihrem Plaidoyer /itr die Einverleibung der 
protestantisch-theologischen Lehranstalt in den Verband der Wie- 
ner Universität, offen zugestehen , dass die Wiener Universität zeit- 
weilig, ngar nicht zu ihrem Naehtheile*^ , der Leitung der Jesuiten 
übergeben worden, ja dass »die Einführung der Jesuiten In die Uni- 
versität, 1617, für eine Wohlthat zu erklären sei«. 



79 

Der erste unter den zwei und zwanzig Titeln derselben ist nde 
Divinis^ (5 §§), der zweite nde Sacello S. Jvonis" {3§§), der vierte 
nde Cancellario et Procancellario*^ {14 §§), dfer neunte »de Jvo- 
nistat^ (6 §§ ; »IfOlista appellatur^ quod in festo 8. Jvonis pri- 
mum Sacrum in SaceUo S, Jvonis cantari et collaiionem Universitati 
inillius domo et quidemvirumque suis sumptibus fieri curavit*i;cf,.§.l), 
der sechzehnte nde Oratore in Festo S. Jvonis^ (3 §§) überschrie- 
ben; im 13. Titel „de Novitiis seu Repetentihus^ bringen die gg 
7, 8, 15 vorgeschriebene Opfergaben npro SaceUo S, Jvonis^*, 
§. 16 die vorgeschriebene nProfessio Fidei*^ und das nVotum de 
ImmactUataf^ ; im 14, Titel nde Licentiaiis^ (§§. 2, 4), kehren die 
erwähnten Eide, im 15. nde Baccalaureis*^ (§. 3) und im 17. nde 
Scholafihus^ (§. 6) die Opfer gaben npro SaceUo 8. Jvonis^ wie- 
der; §. 1 des Ib. Titels stellt die Abhaltung der n Oratio Pa- 
negyrica in Festo 8. Jvonis ^^ einer nDisputatio pro exerdtifs** 
gleich; nach absolviertem Triennium kann jeder »Studiosus 
Juris, modo sit Catholicusf^ ^ um das Bachalariat sich melden. 

Der Rang des Rectors und der vier Decane bei der 
FronJeichnamsprocession wurde, am 8. August 1709 dem Dom- 
Kapitel, am 25» Mai 1728 den Rittern des goldenen Vliesses ge- 
genüber, neuerdings festgestellt (Kink, IT., Nr. 106, Nr. 110). 
Die neuen Statuten der medicinischen Facultät, welche un- 
ter dem Decanate des kaiserlichen Leibarztes, Dr. Pius Nico- 
laus Oarelli, im Jahre 1716 entworfen und am 6. September 
1719 von der Facultät angenommen wurden, enthalten, in den 
Titeln: X, subl und 6; Xni, sub 2; XIV, sub 5; XV, sub 4 und 8, 
sehr katholisch lautende Bestimmungen (cf. Kink, IL, Nr. 107*)» 



♦) Die sogenannten nOarellisehen Statuten^ finden sich in der Schrift: 
nDie altern Statuten der Wiener medizinisehen FaeuUätu (Wien, 
1847) j S. 66 — 82. Die oben angezogenen Stellen verlangen von an- 
derwärts Promovierten, dass sie nin Universitate quadam publica, aub 
Auctoritate FontißciO'Caegarea»' denDoctorgrad erworben haben (1. c, 
S. 73). Dann heisst es S. 74 : n Antequam ad sessicnem admittatur, te- 
netur apud Reverendum et AmplisslmumDntim. Universit&tis cancella- 
rium facere Professionem fidei cathoUcae, et deponere juramentum Im- 
maculatae Conceptionis , et higus actus vel testimonium, vel Docto- 
rem testem adducere«. — 8, 75: »Loco primae disputationis pro Exer- 
citiis valet oratio in Festo SS. Patronorum habita*^; — 8. 76: »Finito 
examine, per Decanum, praestito juramento eonsueto, portis apertis et 
intromissis studiosis promovetur in medicinae Baccalaureum^ rltu et 



80 

Protestantische Anwandlungen scheinen übrigens in 
Wien und bei der Universität noch unter Ferdiiaid III. und Le«- 
p«M L zeitweilig zurückgekehrt zu sein (cf. oben 8. 75y 

Ein kaiserliches Decret vom 17. November 1651, welches 
9! alle unkatholischen Personen des Landes verweist, — — bis sie 
sich der kcdholischen Religion bequemt haben«, befiehlt der Univer- 
sität über diese Personen „ein Verzeichniss vorzulegen und jeden 
wiederkehrenden ünkathoUschen dem viertelsverordneten Re- 
gierung8-(7ommwano anzuzeigen <<. — Ein Regierungsdecret vom 
15. Juli 1655 verhält den Reetor und das Consistorium^ ,,zum letz- 
ten Male*', bei den BuchfÜhrern, Buchbindern und Trödlern in und 
vor der Stadt wegen lutherischer und anderer verbotener Bücher, 
Naehsuchimg zu halten, selbe zu confisi^ieren und dem Decane der 
iheoloffischen Facultät zuzustellen. Geschähe es auch diessmal nicht, 
so werde die Regierung, j^vngehindert der üniuersität habenden Pri- 
vilegien'ij zu dieser Verrichtung Andere bestellen (Kink, I., 2., Nr. 
LXVni, sub 9; Nr. LXXX7L Vergleiche auch oben S. 75). 

Dieses Oensur-Recht der Universität (c/. oben 8. 36y 40, 
42, 44, 45, ö2,tfP), welches sich bis zum Jahre 1737 selbst auf die 
Zeitungen erstreckt hatte, und am 20. November 1651, bezüg- 
lich unkatholischer Bücher, von der Regierung neuerdings 
in Anspruch genommen wurde, stand vom 6. März 1725 an 
dergestalt unter der Controle des nHofesf^y dass »jedes Scrip- 
tum^ ^ «wenn es auch materia Theologica wäre", nvor der gänzli- 
chen approbation^ y dortselbst vorgelegt und »die weitere Reso- 
lution^ erwartet werden musste. Am 4. April 1743 ward der 
Universität vollends eröffnet, dass sie auch mit der Censur 
von Büchern und Schriften politischen lahaltes nichts mehr zu 
schaffen habe, wogegen ihr, »denen P. P. 8oc. Jesu»^ übertra- 



formula usitata, in Nomine Patri$ et Filii et Spiritus Saneti. Amen**, 
— 8. 77: »Finita disputatione, petens examinari pro licentia, per De- 
canum praesentatur Reyerendisslmo et amplissimo Dno. XJniYersita- 
tis (/ancellario br«vi oratiuncula pro cancellis aperiendis: a quo peti- 
tioni annuente denominatur Pro-Cancellarius de Facultate , qni eidem 
referat, num examinatus dignus inventus fuerit«. — S.. 78 : »Si exa- 
minatufl bene substiterit , et ad gradum Dootoratu» capiendum , dig- 
uus Inventus, id per Pro-Cancellarium Dno. Cancellario refertur, a 
quo candidato bona nova obsignata transmittuntur : illa vero in Domo 
Decani in praesentia studiosorum , et aliquot ex membris facultatis 
aperiuntur , et solemniter publice leguntur«<. 



81 

genes, Recht auf die nCensur deren geistlichen und von oder 
wider die Religion handelnden Büchern und Schrifften ganz und 
gar unbenohmew^ blieb, bis xxvittY Joseph 11, um 1781 noch abträg- 
lichere Verfügungen getroffen wurden (Kink,L, 2., Nr, LXVIII, 
sub 10; Nr, LXXX, sub 1 — 4; IL, Nr. 108 und Nr, 119), 

Auf die Periode der gänzlichen Wiederherstellung und resp, 
der Mehrung des katholischen Charakters der Wiener Hoch- 
schule folgte nunmehr auch jene der fortschreitenden Minde- 
rung, in Folge des gewaltigen Umschwunges der politischen Zu- 
stände in und ausser dem österreichischen L'ändergebiete*). 



*) Die oben erwähnte Minderung des katholischen Charakters der Wie- 
ner Hochschule beginnt, strenge genommen , schon mit den nimmer 
lauter werdenden Bedenken gegen die fernere Zweckmässigkeit der yon 
den Jesuiten eingehaltenen Lehrmethode und gegen die Art der Zu- 
sammensetzung ihres Lehrstandes y welche am nachdrücklichsten 
(gerade) von einzelnen Männern hei der nieder Österreichischen Be- 
gierung und hei der kaiserlichen Ilofkamlei vertreten wurden*'^. In 
Folge dieser nBedenkenM entstand das ^kaiserliche Patent über die 
Reform derOymnasialstudien oder der sogenannten »^umantorai^, vom 
16. Norember 1735 {Kink, JL^ Nr, 113; cf. Kink, 7., i., 8, 405). 

»Zum ersten Male nach einer mehr als hundertjährigen , mit unbe- 
dingtem Vertrauen aufgenommenen, Wirksamkeit im Lehramte wurden 
die Jesuiten der Gegenstand eines Angriff es von Seite der Studien-Be- 
formatoren , der sich dann im Verlaufe weniger Deeennien bis zur 
JJnvers'öhnlichkeit steigerte und in seinen Bestrebungen, die Sodetät 
aus den akademischen Hörsälen gänzlich zu vertreihen, nur durch einen 
landesfürstliehen Befehl zurückgehalten werden konnte" (Kink, l, e.J, 

Der jparaZZ6?en Erscheinung halber mflge hier eine Notiz, aus der 
Feder eines Mitarbeiters an dieser Denkschrift, stehen: 

«Da Kaiser Carl VI. die Wissenschaften, die Künste, die Industrie 
und den Handel thätigst beförderte , so gab er dadurch zugleich Ver- 
anlassung, dass viele Protestanten nach Oesterreich, besonders nach 
Wien zogen. Unter anderm gab es schon nach 1730 eine beträchtliche 
Anzahl protestantischer Fabrikanten daselbst . Auch mehrere pro- 
testantische Buchhändler hatten ihre Niederlassung in Wien erwirkt. 
Bald darauf wurde diesen Andersgläubigen vergönnt, dem Gottesdienste 
in den Hauscapellen der protestantischen Gesandten beizuwohnen <<. 

f)Durch alles Dieses kam es in Wien selbst zum Abfalle mehrerer 
einheimischer Katholiken , und es bildete sich überdiess efne geheime 
Gesellschaft, welche der katholischen Religion gefährlich schien. 
Hiedurch veranlasst, übergab der Cardinal-Fürsterzbischof,*Si^mwndfpo;» 
Kollonifs, im Jahre 1736 4em Kaiser eine Beschwerdeschrift itniciden 
die in der Wienei' Erzdiöcese überhand nehmenden Ketzer i^Uf uti4 

6 



82 

Kink zeichnet den üebergang in diese Periode der Wie- 
ner Universität (Z, i., 8. 427 — 481) mit folgenden Worten: 

„Zur Zeit, als mit dem Tode iarPs Tl. (20. Octoher 1740) 
der habsburgische Mannsstamm erlosch and mit der Thronbestei- 
gung laria Theresia^s Rir die österreichischen Länder eine nene 
Epoche anbrach, bot die Universität in ihrer äussern Zusammenset- 
zung zwar wenige Veränderungen gegen die unter Ferdinand I, im 
Jahre 1554 und unter Ferdinand II. im Jahre /^25 getroffenen Ein- 
richtungen. Nach wie vor war der Rector ihr Haupt, der Canzler der 
Repräsentant der Kirche , der Superintendent der Repräsentant des 
LandesjRlrsten , der Rector des Jesuiton-CoUegiums der Vertreter 
des von diesem Orden eingehaltenen Lehrsystems ^ Die Universität 
war noch immer eine, privilegierte, mit Corporations-Rechten aus- 
gestattete, nach vier Facuhäten und vier Nationen untergetheilte 
Gemeinde. Der Betrieb der Wissenschafben schien derselbe. 

Es war aber auf den ersten Blick erkennbar , dass im innern 
Organismus dieses Körpers eine steigende Disposition zur Zerset- 
zung seiner Bestandtheile und zur Annahme einer ganz neuen Gestalt 
sich hervorthat und gerade durch die lange Säumniss und durch die 
Unzulänglichkeit der bisher angewendeten Mittel einen erhöhten 
Trieb, zur äussern Geltung zu gelangen, erhielt. 

So wie die Staats- Gemeinde Oesterreichs im Grossen, so war- 
tete auch die kleinere, ihr angehörige, Studien- Gemeinde um die Mitte 
des achtzehnten Jahrhunderts nur auf einen Anstoss von kräftiger 
Hand , um gleichsam mit einem Sprunge in eine neue Aera und in 
Zustände versetzt zu werden, die eben desswegen die gänzliche Zer- 
trümmerung des vorhin Bestandenen und in manchen Ptmden den 



bat, unter Hinweisung auf den katholischen Kifer der frühern Landes* 
ffirsten, am die Aufstellung n »einer nicht aus kaltsinnigen , sondern 
eifrigen und klugen Personen zusammen zu setzenden Hofcommission, 
welche die angegebenen Beschwerden zu untersuchen, und zur Ab- 
\(rendung fernerer Gefahr und Beeinträchtigung der katholischen Kirche 
die geeigneten Mittel anzugeben hätte« u. (/n Extenso bei den hand- 
schriftlichen Acten der theologischen Pacultät, Tom. IV. ,8.419 — 440). 
9) Gleichzeitig excommunieierte der Cardinal die Mitglieder der 
geheimen OeielUcha/t. Die Zusammensetzung der angeführten Com- 
mission wurde von ^er Bureaukratie zwar nicht beliebt, dagegen die 
geheime Oesellschäft&VLigehoherij und die reuigen Glieder derselben 
erhielten die Lossprechung vom Banne«. (Y ergleiche: Kirchen- Lexi' 
ion von Wetz er und Weite (Freiburg, 1847 — iSb^) Band XI., S. 
1020; dann S. 1024, 1025; Band XII, 8. 1287, 1289, 1291). 



83 

Keim zu Extremen m sich trugen, weil eine mehr als hundertjäh- 
rige Stagnation zwar die Notbignng gründlicher Reformen bedingt, 
deren naturgemässe JEhUwicklung nnd Heranreifung aber ausser Au- 
gen gelassen hatte. Zwar Me Hand^ die zuerst an deren Vornahme 
ging, war mild^ gerecht j weise und m/xsshaltend; doch als diese er- 
starrt war , schössen die Keime der schädlichen und überwuchernden 
Triebe^ die ausserdem vielleicht niedergehalten worden wären, in 
Ueberfülle empor und brachten die Schule der Kirche wie dem 
Staate gegenüber in eine schwankende Stelhmg, aus welcher den 
sichern Ausgang zu finden, einer langen Reihe darauf folgender 
Jahre schwer geworden ist« (cf. Kink, L c, S. 528 — 538). 

In einem Berichte der Hof kanzlei an die Kaiserin , vom 
7. October 1748, war, unter Anderm, auch die Frage berührt 
worden, oh ÄkathoUken hei der Wiener Universität, resp. bei 
der medicinischen Facultät zur Promotion zuzulassen seien. Die 
Hof kanzlei sprach sich dagegen aus, indem sie bemerkte: 

n Ja man haltet die graduirung eines Äcatholici mit der Ver- 
fassung der Universität incombinabel zu sein, als welche alljährli- 
cben vor Euer k. k. May. allerhöchsten Person selbsten den Eyd de 
tuenda sententia immaculatae conceptionis B. F. M. öffentlich abzu- 
legen hat; zu geschweigen der üblen tmpremcm auf das Publicum«. 

Die Kaiserin rescribierte hierauf am 4, Jänner 1749: 

„Wegen uncatholisch , seynd selbe und können nicht vor gli- 
der der universitätt genehmen werden, sondern, als Ueentiati zu 
tractim«. — »Und ob zwar denen Äcatholicis der weeg ad Oradum 
alhier allerdings verschlossen bleibet , so können Sie doch praevio 
rigorose Examine sHa Licentiati angenohmen, und tractiret werden" 
CKink, Z, i., S. 444, Änm. 576; /ZI, Nr. 124). 

Laut der rt Reform des medicinischen Studiums*^ vom 7. Fe- 
bruar 1749 (Kink, /., 1., S. 452; U., Nr. 125) blieben Äkatho- 
Uken noch fortan vomDoctorgrade aussgeschlossen, nwofem sie 
nicht ein besonderes landesfürstliches Protectionale vorweisen kön- 
nenfi, Gerhard van Swieten*) ging nur einen Schritt weiter. 



*) Kink hexiTtheiii Oerhard van Suieten, dessen Verschlafne und He* 
formen eben so würdig, als gerecht {L, 2., S, 442 r- 4ö7 , 484 — 
496, 501 /.; c/. i., 2., Nr, LXXXVHI). Er achreibt ater Auch hie- 
her gehörig: »Hat man der unläugbaren Organisationsgabe van Swie- 
ten' a seine Bewunderung gezollt, hat man ferner anerkannt, dass er 
insbesondere in seinem Fache, in dem er ein grosser Meister und voll- 

6 * 



84 

Am 14, Februar 1760 beantragte die Studlen-Hofcommis- 
sion, die Protestanten beider Confessionen zum juridischen und 
niedicinischen Doctorgrade zuzulassen und in den Diplomen für 
die drei weltlichen FacultUten das: nAuctoritate Pontifida^ zu 
streichen, das: „Auctoritate Caesarea" aber beizubehalten. Die 
Kaiserin gieng jedoch hierauf nicht ein {Kink, /., i., 8.49€J. 

Im Jahre 1778 meldete sich ein protestantischer Candidat 
um den juridischen Doctorsgrad; die n Studien-Hof commissioTt^ 
sprach sich am 31, Juli 1778 per majora für die Zulassung aus. 
Am 22, August 1778 wurde diese Zulassung für die juridische, 
um 11, September 1778 auch für die philosophische und medicini- 
fiche Facultät unter gewissen Bedingungen zugestanden (Kinky 71, 
1., S,515, Text und Anm. 687] IL, Nr. 180, 181), Zufolge die- 
ser Bedingungen hatte ein solches Doctor-Diplom nur als „Zetig- 
niss der Wissenschaft (^ zu gelten; es gab kein Anrecht auf dea 
Eintritt in die betreffende Facultät, so wie auf die Praxis an 
jenen Orten , in welchen Akatholiken nicht toleriert waren. 

Rector und Consistorium selber überreichten am 16. Octo- 
ber 1778 eine Gegenvorstellung (Kinkj /., 2., Nr, XCII)^ in wel- 



kommen zu Hause war, in unglaublich kurzer Zeit erstaunliche 
Früchte heranzuziehen vermochte, so ist es dafür desto schwerer, 

ihm in andern Beziehungen billig zu werden, Wenn man sagt: 

er war Katholik , so muss man diess so verstehen; er übte das prak- 
tische Christenthum und beobachtete überdiess die Vorschriften des 
katholischen Gultus. Man tritt ihm aber wohl nicht zu nahe, wenn 
man behauptet, dass er für die r» Kirche^ als solche und für ihre hohe 
Mission kein inniges Verständniss hatte , ein Verstandniss , welches 
beispielsweise darüber hinausginge , einen Bischof mit einem ProtO" 
medieua zu vergleichen, von denen ersterer in der Art die Cultus- An- 
gelegenheiten besorge, wie letzterer das Sanitäts-Wesen. Es beirrte 
ihn , die Kirche aller Orten mit den Zuständen so enge verwachsen zu 
finden ; es war ihm so nahe liegend, dass man nach Abschneidung aller 
dieser Fäden viele Dinge weit schneller könnte prosperieren und un- 
gehemmter sich entwickeln sehen. Die Rücksichten, die da beobach- 
tet werden sollten , waren ihm ein Gräuel. Dagegen waren seine 

Projecte nicht nach einer aprioristisehen Schablone gearbeitet; er 

ging der Sache immer unmittelbar zu Leibe. In diesen Puneten 

unterschied er sieh wesentlich von seinen unmittelbaren Naehf olgern, 
welche viel weiter gingen, indem sie auch die Fundamente alles 
Schaffens nur aus menschlichem Baisonnement ableiteten und in ser- 
yiler Abhängigkeit von den Götzenbildern ihrer vorgeschobenen doe- 
trinären Sätze für die wahrhaften, aus den gegebenen Zuständen 
\ervorgewaehsenen , Bedürfnisse kein Auge hatten«. 



85 

eher a. a,u{ dGn^f,katkoUschen^ Charakter der Wiener üulversi 
tat, 6. auf die-'päpstliche Bulle: nlnSacrosancta^j die selbst von 
K. Matacimilian IL das nPlacitum Regiumt* erhalten habe, c. auf 
die „österreichische Gerhabschaf ts- Ordnung ^^ welche ausdrücklich 
verbiete, die Jugend smt unkathoUsche Universitäten und Schii 
len zu schicken, d, sogar aui Gerhard van Swieten liingewiesch 
wurde, ^veleher nnach Zeugnuss des damahligen Decani Facultatis, 
Medicae 'von Fetzer pro gradu Medico schon angemelte Protestanti- 
sche Candidatos^ nicht zugelassen habe. 

Nebenhergibt die Universität zu, dass van den österreichi- 
schen Universitäten auch Juden als Medici graduiret worden seiend ; 
sie fügt aber (Kink^ J., 2., Nr. XCU, Ä'. 284) gleich bei : 

»Es waltet aber ob hierinnen ein zweyfacher und wichtiger Un- 
terschied. In ansehen deren Subjectorum ist ein Jud der Römisch 
Catholischen Religion bei weiten nicht so gefahrlich, wie es ein Pro- 
testant ist. In ansehen des Objecti aber hat die Medicinische Wissen- 
schaft gar keinen Einfluss auf die Gemüther und die Religion , wel- 
chen Einfluss alle übrigen Wissenschaften haben. Die 8cientia juris 
insonderheit hat die engste Verbindung mit der Gottesgelahrtheit ; 
Massen die erstere besonders in jure canonico zu Stabilirung deren 
Theologischen Säzen in ansehen der ühfällbarkeit der Römischen 
Kirche, des Römischen Primatus, deren Sakramenten und vielen an- 
deren sowohl Glaubens als Disciplinar Gesäzen die wichtigst« 
Gründe supeditiret und abhandlet, dass wir hiemit keinen Unter- 
schied finden, warumen ein Protestant von Erwerbung eines gradus 
Doctoralis in Theologia laut der weitern allerhöchsten Resolution B. 
, dd. 26'**° Septembris c. a, ausgeschlossen und zu derselben in Jure 
zugelassen werden könne. Und wann wir auch sezen , dass ein sol- 
cher Candidatus pro laurea juris aus dem an der allhiesigen Univer- 
sität vorlesenden Catholischen Jure canonico die schärfeste Prüfung 
ausgestanden, so wird ihm doch niemahlen verwehret werden kön- 
nen, seine Religions Gründe und zwar unter der Authorität der von 
einer Catholischen Universität erhaltenen Doctorswürde zu verthei- 
digen und dadurch schwächere Geister wo nicht völlig zu verfuhren, 
doch dieselbe in eine Verwirrung zu bringen". 

Am Schlüsse befürchten Rector und Consistorium, dass die 
Zulassung der Protestanten zur Promotion nnicht nur dem. von 
unss jederzeit behaupteten ansehen einer Catholisehen Universität 
nachtheilig sege^j sondern auch nbey allen übrigen Catholischeti Üni*- 



86 

veraitäten in Europa — wegen der ausserachtlassung der obertußthn- 
ten PähstUchen Bullae ein grosses aufsehen machen werdet. 

Schon früher waren Rector und Consistorium der Einwen- 
dung, dass van denen Protestantischen Universitäten ja auch Ocl" 
tholiken gradmrt werden^ ^ mit der Bemerkung begegnet, da^ss 
die Protestanten diess um so leichter thun können, und, in ihre^n 
eigenen Interesse y auch um so lieber thun, weil rfdie Protestarhti- 
sehe Qi^Uesgelährte selbst^ „die Römische Glaubens Lehre zum Heyl 
deren Seelen ztdänglich halten»^ (Kinky l, c, 8, 283 , sub 4), 

A\i{ diese, oder auf eine lihnlichQ Gegenvorstellung der pjuri- 
dischew^ Facultät wurde der Universität am 11. November 1778 
kurzweg eröffnet (Kink, II.yNr, 182), „dass die über die Ertheilung 
des Doctorgrades an Protestanten erlassene Verordnung in Giltigkeit 
zu bleiben habe. Doch sei der Grad nur als von der Facultät, nicht 
als von der , Universität ertheilt anzusehen, und das Diplom sei ledig- 
lich vom Facultäts-Directoi' und in der beigelegten (die oben er- 
wähnten Bedingungen enthaltenden) Formel auszufertigen^ , 

Kink hält zwar die oben skizzierte Gegenvorstellung der Un- 
versität nicht für glücklich abgefasst; er liess sie aber (T., 2., Nr, 
XCII) dennoch abdrucken, nweil diese Verwahrung das letste Docu- 
mentwar, in welchem das Consistorium, d. i. die ^e^awimfe Univer- 
sität, sich als katholische Anstalt betrachtet wissen wollte*^ (Kink, 
/., 1,, S.ölöf., Anmerkung 687). 

Auf dem Standpuncte dieser Denkschrift zählen selbstver- 
ständlich auch noch die Verwahrung des Üniversitäts-Oonsisto- 
riums gegen die Einbeziehung der protestantisch-theologischen 
Lehranstalt in ihren Verband, dd. 23. September 1848, dann 
jene gegen den Eintritt eines Nichtkatholiken in sein Gremium, vom 
29. Juni 1851 (cf. Zeitschrift für die katholische Theologie, Wien, 
1851 , Band II,, S. 517 — 524), und der, mit eclatanter Majorität 
vollzogene, abermals unbedingt aöfeÄnencieBeschluss desselben Con- 
sistoriums vom 12. M.ai 1863, Asls Petitum des protestantisch-theolo- 
gischen Lehrkörpers, dd. 18. Juni 1861, betreffend, unter diese 
nDocumente" des Ä:a#Äo?i5cÄ6nSelbstbewusstseins der Universität. 

Herr Dr. von Mühlfeld findet in seiner , auf die Verwah- 
rung vom 29. Juli 1851 bezüglichen, n authentischen Mitthei- 
lung« (l. c, 8. 521), dass in der oben angezogenen ^Eröff' 
nung einer a. h. Entschliessung« (Kink^ 11., Nr. 182) der katho- 
lische Charakter der Wiener Universität noch immer nfestgehal- 
to,n^ werde; er findet, dass auch der §. 7 des Toleranz-Patentes, 



87 

vo«i IB. October 1781 (Kink^ Tl., Nr, 186), welcher augsburgi- 

sclxe und helvetische Confessionsverwandte, dann nicht-unierte 

Grriechen dispensando zu akademischen Würden zulässt, n diesen 

Cfhcirakterit noch nicht vollends vairfhebe^j wenn immerhin nemc 

Ausnahme, einige Abweichung von der Consequenz damit stattfindest. 

Dasselbe wird denn auch von der a. h. Entschliessung, 

cUI. 12. Jänner 1782, gelten können, welche die Israeliten „zur 

Z^octors-Würie im juridischen und im m^dicinischen Fache«, 

„über vorläufige Prüfung^ u, s, w., züliess (Kink, ZT., Nr. 187), 

Wenn endlich die neueste Bestimmung über dit Promotion 
von Nißhtkatholiken oder Nichtchristen in dem k. k. Patente vom 
S. April 1861, §, 17, unter Anderm feststellt: 

„Die Nothwendigkeit einer Dispens entfalltauch bei Erlangung 
akademischer Grade und Würden, insoweit in letzterer Beziehung 
nicht Stiftung smässige Bestinhnungen entgegen stehen^, 

so liegt gerade in der reservierten Aufhebung der im 
ToleranZ'Patente vorgeschriebenen nDispense** wenigstens eine 
indirecte Anerkennung des katholischen Charakters der Wiener 
Hochschule, der, trotz aller Wandlungen des Promotionsr ech- 
tes seit dem Jahre i 745, nicht aufgehoben, wenn auch stark gemin- 
dert erscheint , besonders seitdem durch eine a, h. Entschlies- 
sung vom 8. Juni 1782 (Kink, IL, Nr. 188) der am 17. Mai 1649 
eingeführte Eid auf die unbeßeckte Empfängniss der seligsten 
Jungfrau (Kink, II., Nr. 91, sub lit. t), vor den Promotionen, 
durch eine a. h. Entschliessung vom 5. Februar 1785 (Kink, IL, 
Nr. 200) „bei Ertheilung des a&adcwiÄCÄe» Orades Alles, was 
einer geistlichen Feierlichkeit ähnlich ist, also das Olaubensbe- 
kenntniss und besonders der' Eid des Gehorsams für den römi- 
schen Stuhl abgestellt^ wurde , seitdem die Studienhofcommis- 
sion am 30, März 1788 die Abschaffung der „ Professio Fidei^ für 
die r>drei weltlichen^ Facultäten nochmals in Erinnerung ge- 
bracht hatte (Kink, IL, Nr. 208), seitdem am 27. April 1785, 
statt des Eides, eine blosse Sponsionsformel für die akade* 
mischen Promotionen erschienen war, die ndenkirchlich-indifferenten 
Standpunct, auch in Betreff der theologischen Facultät, offen 
zur Schau trug*^ und dem neuen Doctor reformatorische 
Bestrebungen zur Pflicht machte (Kink, /., 1., S.556; IL, Nr. 203). 
Nachdem hier die erste erhebliche Minderung des katholi* 
sehen Charakters der Wiener Hochschule unter Maria Theresia 
bis auf die Gegenwart heran beleuchtet worden , stellt sich in 



den Reformen des altern van Swieten (cf, oben 8. 75 und S3) 
gleich wieder die Umwandlung der Promotionen in einen u4.c- 
tu8 üniversitatis aus einem Actus Facultatis als eine solche M'in,- 
<ferwn^ dar, in wie fern ndie Spitze dieser Neuerung hauptsächlich </«- 
gen die Gesellschaft Jesu gerichtet war, deren Promotionen in der philo- 
sophischen und in der theologischen Facultät unter Oontrole gestellt wer- 
den sollten^ und von dem Reformator einfach für » Usurpationen. « 
erklärt wurden, obwohl sie durch die pragmatische Sancfion 
(§. 6) selber garantiert waren (Kink, /., 1., 8. 452^ Änm, 584^, 
Am 5. Februar 1765 wurde eine a. h. Entschliessung pu- 
bliciert, der zufolge die feierlichen Promotionen in der Ste- 
phanskirche (nMore Majorumf^) y zunächst pro Facultate Medica, 
für gewöhnlich durch die Promotionen -(^extra Ordinem^) im 
Universitätshause ersetzt und die Functionen jigs Kanzlers bei 
diesen auf die private Abnahme der „Professio F'idei^ und des 
Eides yid6 Immaculata'^ beschränkt wurden (Kinky IL, Nr. 150; 
cf ^r, 157), Diese Beschränkung, resi^, Beseitigung des Rechtes 
auf die ErtheUung oder Verweigerung der Licenz, wurde am 
26. April 1755 auf aZ^ Facul täten ausgedehnt (Xmfc, ZT., j^r.i 5 2j. 
Diese, von van Swieten durchgesetzten, Verfügungen hatten 
die Tendenz j den Promotionen allmälig die kirchliche Feier- 
lichkeit zu benehmen, und die Wirkung, dass die solennen 
Actus bald ganz aufhörten , besonders seitdem die 8tudienhof- 
Commission am 19. December 1778 den Candidaten ausdrücklich 
davon abgerathen hatte (Kink, J. , 1., 8. 486 f). 

Am 14. August 1756 beantragte van Swieten, sowohl den 
Kanzler, als den P, Rector des Je^m^ew-CoUegiums aus dem 
üniversitätS'Oonsistorium zu entfernen; in Betreff des Erstem 
drang er zwar nicht durch ^ der Letztere aber wurde, über 
eine neuerliche Vorstellung des Reformators, dd. 5. November ' 
1757, am 12. November 1757 hinausdecretiert. Ihm folgten am 
10. September 1759 die beiden Jesuiten, welche das Directorat 
der philosophischen und der theologischen Studien bekleidet 
hatten, am 10. September 1759 aber ihres Amtes enthoben wor- 
den waren j so wie der Professor 88. Canonum aus der Societät 
(Kink, /., 1., 8. 487 — 494; //., Nr. 158, Nr. 160). 

Der Krieg ^6^e» die Gesellschaft t/esi* hatte somit awcÄq^ew 
begonnen und wurde von der Sivdienhofcommission ganz eifrig 
fortgeführt, selbstverständlich mit van Swieten an der Spitze. 
tiAlk Mitglieder der Oommission gehörten der neuen Zeitrich* 



89 

tiing an ; eben so jnacliten die neu ernannten Professoren der Uni- 
versität sammtlich nach derselben Seite hin Front. Die vereinigte 
Xbätigkeit dieser Männer bezweckte , die Studienanstalten ohne Un- 
terscliied , mit Aufhebung aller üeberreste kirchlicher Richtung , als 
rein to elt liehe , den nn Zwecken ^t* des nr Staates ^(^ dienstbare, An- 
stalten liinzustellen, und die Schule als Mittel zu benützen, um jene 
RefoTmerty im eigenen Gebiete des Staates und gegenüber der Kirche^ 
eingänglich zu machen, welche noch nicht als gesichert, oder gar als 
abgesclilossen angesehen werden konnten** (Kink, L, i., S. 486). 
^ Einen merklichen Impuls * nach Vorwärts erhielt die Sache 

der politisch-kirchlichen Reform durch Joseph von Sonnenfels. 

Er repräsentierte in ächter Weise die nachstürmende, eine vollen- 
dete pr^aktische Darstellung ihrer abstracten Theorien ersehnende 
Generation. Seine Aussichten auf Geltung waren in ihren Endpunc- 
ten gar nicht auf die Gegenwart, sondern auf die zunächst darnach 
erwartet^ Zeit berechnet. Dadurch unterschied er, sich in Vielem 
von van ^wieten, welcher von da an immer mehr von dem leitenden 
Einünsse auf das Studienwesen im Allgemeinen sich zurück zog. — 
— Mittlerweile wair den Jesuiten eine neue Schlappe dadurch bei- 
gebracht worden, dass ihnen am 10. Jänner 1767 die Lehrcanzel 
des Kirchenrechtes ganz abgenommen und die Theologen verhalten 
wurden , das Kirchenrecht, zugleich mit den Juristen, beim Professor 
Riegger zu hören« (Kink, I. , L, S. 496, 498, 601). ' 



Die Aufhebung des Jesuiten- Ordens hatte der Wiener-Uni- 
versität, für kurze Zeit, die Gebäude des akademischen CoUe- 
giums, drei frühere Jesuiten-Bibliotheken und die nunmehrige 
Universitätskirche zugebracht (Kink, II. , AV. 178; cf. Nr. 184); 
die von den Jesuiten gegründete n Congregatio Major Academica 
B. M, Y. in Ooelos Assumtae^ blieb beibehalten. Maria Theresia 
hatte Letztere stets begünstigt, und am 14. October 1752 die 
genaue Einhaltung der Marianischen Satzungen anbefohlen, eben 
so am 18. April 1759 bewilligt, dass ihre Versammlungen 
im neuen Universitäts-Saale abgehalten v«rerden. Am 20. April 
1775 neuerdings dotiert, hatte die Congregation ihre geistli- 
chen Exercitien, gemeinschaftlichen Communionen und An- 
dachten wieder aufgenommen; alle Studenten, die Stipendi- 
sten bei Verlust ihres Stipendiums, hatten daran Thell zu neh- 
men» Durch die Veroi'dnung vom 30. Juni 1783 wurde aber 



\ 



ÜO 

diese, wie alle andern OongregaHonen, aufgehoben (Cf oben JS^ 
72 j Anm.; Kink^ /., i., Ä. 50B — 505, Text und Anmerkungen), 

Obige Verfügungen in Betreff der ^narianischen Congregcz- 
Uan, so wie der a. h. Befehl, „dasszur Zeit der ö^^crKcÄen^eicÄ-^ 
die Universität in Corpore an dem grünen Donnerstag die heylig^ 
Communion verrichten solle« (Stvdien'HofcommiasionS'Decret vorri^ 
7. Juni 1777; cf. Kink^ II., Nr. 176) zeigen doch hinlänglich, 
dass Maria Theresia nicht gesonnen war, den katholiscJien Cha- 
rakter der Wiener Universität aufztiheben. Das Univer^itäts- 
Consistorinm hatte übrigens auch schon am 27. November 

1775 und 19. Juni 1776 angeordnet, dass bei den Nations- und 
Facultäts-F esten alle Mitglieder dieser Theilkörper der Univer- 
sität sich einzufinden haben (Kink, /., i., 8. 515 ^ Anm. 675). 

Nicht minder zeugt für die katholische Grundrichtung der 
Kaiserin, dass selbe, trotz der Einwendungen der Studien- 
Hofcommission, den theologischen Studienplan, von Stephan Bau- 
tenstrauch, vorerst einigen Bischöfen Oesterreichs zur Begut- 
achtung vorgelegt wissen wollte und denselben am 1. August 
1774 y nur unter Vorbehalt einer fortgesetzten Oberaufsicht der 
Ordinarien, genehmigte; dass sie die Drucklegung einer im Jahre 

1776 ihr überreichten Beschwerdeschrift des Cardinal-Fürsterz- 
bischofs von Wien gegen die berüchtigte y, Synopsis Juris Eccle- 
siastid^ (Wien, 1776J, zugleich mit der hierauf bezüglichen Qe- 
genschrift Rautenstrauch'' s, allen Ernstes hintanhielt und zur 
Abänderung incorrecter Sätze in dem kirchenrechtlichen Lehr- 
buche von Riegger eine eigene Oommission aus Theologen und 
Juristen bestellte; dass sie noch in ihrem Todejahre (f 29. No- 
vember 1786J die widerkirchlichen Schriften des Justintf^ Febronitis 
verbot (Eink, /., i., S, 523 — 527; S. 536 und 537). 



/ 



Kaiser Joseph II. übertrug am 29. November 1781 dem 
Hof bibliothekar , Gottfried Freiherrn van Swieten, dem Sohne 
Gerhardts van Swieten (cf. obenS. 75, 83) ia^s Präsidium ier , nun- 
mehr wieder selbständiger gestellten, Studien-Hofcommission. 

Eink steht (/., 1., 8. 539) nicht an, die Berufung dieses 
Mannes auf den hohen Posten , den er bis /, Jänner 1792 fee- 
kleidete, als eine ^grosse Oalamität^ zu bezeichnen. 

Es dürfte hier am Platze sein, einer gedrängten lieber sieht 
des Zv^tavdes der Wiener Universität unter Joseph II. , aus der 
Feder eines Mitarbeiters an dieser Denkschrift, in demKirehen- 



91 

■««xikon von Weiser und Weite {Band XL, 8.1042 f. und S. 1053 — 
X,059)y das hieher Gehörige zu entnehmen. Es heisst daselbst: 
TiKink begmnt die Schilderung ^q& Jüngern van Swieten waä. 
seiner Wirksamkeit, als Präses der Stndien-Hofcommission, mit der 
Bemerkung, dass es „„schwer «ei, über ihn nicht das misshilUgendste 
Uriheü zu fällen, da man in der That nicht wisse, ob man den 
Zweck und das Endziel y das er im Äuge hatte, oder seine Mittel zu 
dessen Erreichung schärfer tadeln solU «. Die damals zur Herrschaft 
gelangten rechtsphilosophischen Anschauungen hätten eine solche 
Macht über ihn geübt, dass Alles, was dem primitiven y^y^Natur' 
zustande des Menschen'*'* irgend zu widersprechen schien, vor sei- 
nen Augen schon gerichtet und verdammt gewesen sei. ni) Glauben, 
Kirche, Recht umstanden bei ihm den Altar der obersten Göttin Ver- 
nunft, deren Cultus das erste Gesetz war, nur als Befehle erbittende 
und ausführende Diener, die pian, wenn sie säumig waren, züchü^ 
gen, wenn sie ungeduldig tourden, fesseln, und wenn sie sich als 
unbrauchbar erwiesen, auch ganz ihres Dienstes entlassen konnte'*'*. 
Um sein Ziel möglichst allgemein durchzusetzen, griff er zu dem 
Mittel, Alles im legislativen Wege herzustellen. » n Wie Aüe, die unier 
dem Drucke vorgefasster und im Widerspruche mit der Wirklichkeit 
entstandener Maximen leben , übte er diesen Druck auch rücksid/Us- 
los auf Andere. — — Um Meinungen zu unterjochen, wurden die 
Menschen mit unterjocht Er war der ächte Vertreter seiner Zeit, wel- 
che mit den Worten » r>aufgeklärt^ «• und „ ,Jr eisinnig (^ « prunkte, dabei 
aber, weil sie das Recht der Deutung ohne Bedenken ausschUesslich 
sich selbst zusprach, Andern gegenüber weder Duldung noch Geduld 
zu üben im Stande war««. Um sich den grossen Binfluss eines solchen 
Mannes zu erklären, müsse man sich nndie ganae Richtung des rati- 
onalisHsdien, bis dahin noch ohne Strafe und Gottesgericht dastehen- 
den Zeitalters vergegenwärtigen^^t^ und bedenken, „„(ia«« ein fertiges 
der Abstraction entnommenes Programm stets zwei grosse äussere 
Vortheile gewähre**'*, in wie fern es, über das wirkliche Leben liinweg- 
sehend, in der n n Erfahrung nur die Mutter der ThorheU'*'* erblicke 
und diu*ch sein kategorisches Auftreten in den Augen der Menge 
nndie Gründlichkeit ersetze, }a. übertreffe,. da es sich einfacher aiks- 
nehme und leichter anfassen lassest. Zu diesem Philosophismus habe 
van Swieten noch die Eindringlichkeit seiner phrasenreichen Sprache 
gedient; wo er mit beiden nicht ausreichte ^ da habe er auc& nach 
andern Behelfen gegriffen. »»In seinen Berichten die Thaisachen 
nach seinem Willen zu drehen, die ihm zugewiesenen Käthe mit/er- 



92 

tigen Vorträgen an den Kaiser zu Überraschen und sohin zur Untere 
Schrift zu zwingen, allerhöchste EntSchliessungen (wie z. B. über die 
Abstellung des katholischen Glaubensbekenntnisses vor den akade- 
mischen Promotionen) in viel schärferer Betonung y auch wohl in 
ganz anderer Bedeutung wieder zu geben, missliebige Befehle auch 
unausgeführt zu lassen, oder auf indirectem Wege] zu vereiteln, 
waren Mittel, vor denen er nicht zurückschreckte **". War schon in 
der allerhöchsten Entschliessung , durch welche van Swieten an die 
Spitze der Studienhof commission gestellt wurde, der Grundsatz aus- 
gesprochen, dass bei Besetzung von Lehrämtern an den Universi- 
täten zu Wien und Prag nur auf tüchtige Männer dt» ohne Rücksicht 
der Nation und Religion'^ " gesehen werden soll, so drang van Swie- 
ten auf die gänzliche Trennung der Universität von der Kirche, Ein 
im frivolsten Style gehaltenes anonymes Schreiben aus Innsbruck^ 
die Ablegung des Glaubensbekenntnisses vor einem n n Pfaffen f^ " betref- 
fend, nnder als Kanzler vom Herrn Bischof aus Brixen bestellt war*^»' 
und daftlr n n den heiligen Segens f^ über den Doctoranden n n sprach^ f^, 
gab die willkommene Veranlassung, der bereits am 3, Juni 1782 
erfolgten Aufhebung des sogenannten Immaculationseides auch die 
Abschaffung alles Dessen anzuiligen, i^nwas einer geistlichen Feier- 
lichkeit ähnlich ist^^, namentlich des tridentinischen Glaubensbe- 
kenntnisses und des Eides auf den Gehorsam gegen den römischen 
Stuhl, nn dieses Üeberbleibsels aus der Zeit der Finsterniss und rö- 
mischen Usurpation^ das nicht nur den Verstand^ sondern auch den 
bürgerlichen Gehorsam beleidigt^ ^^ j wie Sonnenfels, als Generalien- 
Referent, in der Vorlage der Studienhofcommission an den Kaiser, 
sich ausdrückt. Als die Universität zu Wien um die Bewilligung ein- 
kam, jährlich acht Kirchenfeste in der akademischen Kirche feiern 
zu dürfen , wurden ihr nur drei — am Anfange und Ende des Schul- 
jahres und das sogenannte Restaurationsfest, am 6. April, zur Erin- 
nerung an den Theresianischen Bau des Universitätshauses {1756) 
gestattet (Kink, ZT,, Nr, 193, dd. 29. August 1783), die Patronats- 
Feste der philosophischen und theologischen Facultät und der unga- 
rischen Nation — die übrigen Facultäten und akademischen Natio- 
nen hatten ihre Patronatsfeste ifreiwillig aufgegeben — dann die be- 
sondere Feier der beiden Marienfeste : Himmelfahrt und unbefleckte 
Empfängniss verboten. Das Vermögen der akademischen Nationen 
wurde eiligst eingezogen, » nweil man sie für Bruderschaften gehal- 
ten hatteuu^ und denselben am 24, Februar 1785 nur unter der Be- 
dingung zurückgegeben, dass selbes nicht, nnwie vor einigen Jahren 



93 

<zls die Andächteleien in Wien gar zu sehr emporgestiegen^ « zu (den 
längst gestifteten) Messen^ sondern zu andern (allerdings wohlthäti- 
gon) Zwecken verwendet werde (Kink, IL^ Nr. 201^ dd, 24. Feh- 
v'huxr 1785). Ja, auf einen andern, von Sonnenfels vorgelegten, 
ctrtonymen Brief, wurde, am 11. November 1784 (Kink^ H.^ Nr. 199), 
^en Rectoren und Decanen sogar das Tragen ihrer alten Amtski ei- 
dnng verboten, weil namentlich das Rectorsmäntelchen nn durch die 
hinten angebrachte Mönchskapuze dießnstern Zeiten verräth^ wo der 
f>äpstliche Stuhl sich ausschliesslich das Recht zueignete ^ Universi- 
täten zu errichten^ '^ . Hatte ja schon Maria Theresia 1773 die Univer- 
sität nur„„aMS Gnaden^ f* bei dieser Kleidung belassen, aber dersel- 
l>en gleichzeitig verboten, in solchem Aufzuge bei Hofe zu erschei- 
nen, und erklärt, nvfür solche unnütze Sachen^ a Nichts mehr bezah- 
len und ^ „keine weitere Remonstration mehr Äa6cn««zu wollen (JKwä:, 
/., 1., 8. 112. 559). Diese gänzliche Abschälung der Universität 
von allem und jedem kirchlichen Gepräge war, wie Kink (l. c, S. 
553) richtig bemerkt, nur eine » nnaturgemässe Folgerung"' " aus ^^n 
vv Begriffen^ ^y welche Sonnenfels und Gottfried van Swieten von dem 
j) n Vernunftstaate it " hegten, für den die Universität lediglich die n f> Die- 
ner ^^ und „ „Bürger^ ^ zu bilden hatte, und dem nur dadurch auf die 
Beine zu helfen war, dass „„aus dem Reiche der Meinungen nur mehr 
das Reich Untf Meinung i^^i geschaffen und als dessen nnnächste Vor» 
bedingung^^ die nn Aufklärung "'^^ allenthalben verbreitet wurde. Aus 
diesem Gesichtspuncte ist aber auch die Aufhebung so mancher 
Corporationsrechte und die wesentliche Veränderung des (theresiani- 
schenj Lehrsystemes an der Wiener Universität unter Joseph II. zu 
beurtheilen. Der theologische Studienplan von Rautensirauxih (cf. 
oben S. 90) befuhr durch die Gesetze vom 16. Juni 1785 und 27. 
August 1787 wesentliche Veränderungen, resp. Reductionen an Ge- 
genständen und Hörzeit y so dass ihn selbst der ursprüngliche Ver- 
fasser nicht mehr erkannte, und 1787 eben so vergeblich in einer 
eigenen Denkschrift gegen van Swieten und dessen Anhänger zu 
retten suchte , wie er ihn früher der Orthodoxie halber zu vertheidi- 
gen hatte. Diese Reformen des theologischen Lehrplanes hingen üb- 
rigens mit dem neu errichteten Generalseminarium*) fiir Studierende 



*) «Die akademisehe Kirche wurde, am 22. April 1784, eammt den am 
ihr gehörigen Obligationen, dem neuen GeweraZscmiwarmwi einverleibt, 
welches dafür auch die Auslagen für Bau-Reparaturen zu übernehmen 
hatte. Die zur Deckung der 282 Stiftmessen erforderlichen Capitallen 



94 

der Theologie zusammen. Der Eröffnung desselben war am 1, November 
i 783 die Aufhebung aller philosophischen und theologischenLehranstai- 
ten in den Klöstern Wien*s, dann die Verlegung des Pdzmänaeums vorHer- 
gegangen.DieKlosterkierikermussten die Vorlesungen an derUniver- 
gitftt hOren und von 1785 ab sogar in die neue Anstalt selber ein- 
treten. Der Aufenthalt in dieser dauerte Anfangs ^, dann 5, endlich 
bloss 4 Jahre, Von denen seit i 787 dem theoretischen Studium der The- 
ologie gar nur 5 Jahre gelassen wurden, während das vierte in prakti- 
schen Uebungen aufging/ Am 28, September i78ö wurde dieKircheng-e- 
schichte auch für die Juristen obligat und nach dem Compendinm 
des Protestanten M, Schröckh, von 1788 ab nach Dannenmayr'*s 
vnlnstitwtiones'^^ vorgetragen, obwohl der Cardinal-Fürsterzbischof 
MigcLZzi 1786 ^Qgerx das Compendium Schröckh's und gegen die Vor- 
tragsweise Dannenmayr^s und des Professors der Universalgeschichte , 
Watteroth ^ Einsprache erhoben hatte (Kinky /., 2., Nr. XOVund 
ZC7F/^. Hatte der Kaiser die Beibehaltung des Ä'cÄröcÄÄ'schen Lehrbu- 
ches als einen C7e&Ä?stond( gerügt, die schleunige Abfassung eines netien 
durch einen Katholiken und weiter hin anbefohlen^ ,. j^dass dem Cardi- 
nal für den Eifer ^ mit dem er sich dieser Sache angenommen, die 
allerhöchste Anerkennung auszusprechen sei^^^ so wusste van Swie- 
ten, am 28. Februar 1787 ^ eine ähnlich lautende Weisung des Kai- 
sers dem Cardinal „„tn sehr kurz angebundener , rücksichtsloser Art zu 
eröffnen^'*. Bei der Abminderung derLehrgegenstände ging van Swie- 
ten von der Ansicht aus, ^ndass die Kirchengeschichte, die biblische 
Auflegung skunde, die Moral- und Pastoral- Theologie, das Kirchen- 
recht und die Patrologie auf phüesophlsche Grundsätze gebaut wer- 
den müssen*^ " ; wesshalb er auch die Hermeneutik des A. u. N. T., 
die hellenistische und die hebräische Sprache cassiert und nn an deren 
Statt das Natur-Recht, als begrflndenden Theil des theologischen 
Stadiums^ " eingeführt haben würde , wenn der Kaiser eingewilligt 
hätte. Ebenso isLüdivanSwieten die Oberaufsicht A^t Ordinariate^SUbet 



wurden exacindiert und mit dem ReHgionafonde vereinigt« {Kinh, 7.. 
l.j S. 561). Am 15. October 1790 eröffnete die Studienhofcommission 
eine a. h. EntSchliessung, welcher zufolge der Fond der Universitäta- 
hirche der Universität wieder zurüchgebiellt wurde (Einh^ II,, Nr. 
217). Letztere hatte schon, seit der Aufhtrbung der Jesuiten, das Pa- 
tronats-Recht über diese Kirche zu üben, wie auch Herr Dr, vonMühl- 
feld bemerkt {Zeitschrift für die geaammte Jtafholisrhe Theologie, 
Wieny 1851, Band IL, S. 507, 1. Anm.; S. 521). 



95 

die theologischen Lehr vortrage ganz Überflüssig und die Generahe- 
miftarien mehr als zureichend zur Heranbildung des Klerus för die 
Staatsseelsorge, — Aber auch das Geschick des, wenn gleich laisierten, 
Kirchenrechtes unter dem jungem van Swieten gehört hieher. Schrötter 
hatte diesem wichtigen Hauptzweige d«r Rechtswissenschaft den 
ganzen dritten juridischen Jahrgang zugetheilt; van Swieten aber 
wollte ihn ganz beseitigen, resp. auf ein Minimum von nnPri" 
vatkirchetirechtfi^ (,fde Äenc/2m^«^ beschränken, weil die Materien 
des öffentlichen Kirchenrechtes theils zu der, auch für Juristen obli- 
gaten, Kirchengeschichte, theils zur Dogmatik, theils zum bürger- 
lichen Bechte, allein und in Verbindung mit dem deutschen Staats- 
rechte, gehören, theils, wie z.B. die Immunität, das Asylrecht» 
der Civilprocess des canonischen Rechtes ganz/ ausser Gebrauch ge- 
kommen seien, und weil die Zöglinge des Generalseminariums , was 
sie etwa vom öffentlichen Rechte noch nöthig hätten, ftlr sich allein 
mitnehmen könnten. Er überraschte den damaligen juridischen Stu- 
diendirector HeinkCy am 10. August 1788, mit einem im Namen den 
ganzen Studienhofcommission verfassten, bereits reingeschriebenen 
Vortrag an den Kaiser und zwang ihn zur Unterschrift. Der Kaiser 
genehmigte wirklich den Plan ; aber während van Swieten bereits 
damit umging, auch das nnPrivaikirchenrecht"^ als eigenen Lehrge- 
genstand abzuschaffen, und in diesem Vorhaben von den Professo- 
ren Zeiller und Seheidlein theilweise noch bestärkt wurde, suchte 
Heinke nachträglich in einem Promemoria an den Kaiser zu zeigen, 
dass es etwaigen Reactionsversuchen der Geistlichkeit gegenüber 
noch nicht an der Zeit sei, das Kirchenrecht ganz fallen zu lassen. 
Der Kaiser forderte ein neues Gutachten der Studienhofcommission, 
van Sudeten remonstrierte mit abermaliger Umgehung des juridischen 
Studiendirectors , und nun verlangte der Kaiser, unter ernster Rüge 
des frühem eigenmächtigen Verfahrens, eine Berathung der „„^an- 
zen^"" Studienhofcommission. Diese fiel, mit Ausnahme von Heinke: 
und Birkenstock ^ dem Präsidenten schriftlich bei. Die diessfälligen 
höchst charakteristischen Aeusserungen einzelner Studienhofcom- 
missionsglieder finden sich im Auszuge bei Kinkj /., i., Ä. 578 — 
681), Zwei geistliche Mitglieder der Commission, der theologische 
Studiendirector Zippe und Abb4 Paul Stratmann , äusserten sich 
wirklich am ungeb erdigsten. Jener schrieb unter Anderm: «»Den 
theologischen Kram haben die zwei Biedermänner Stock und Rauten- 
strauch so ziemlich aufgehoben, und es bleibt nur noch zu wünschen, 
dass auch der canonisüsche bald aufgehoben werde , damit die un- 



9G 

selige Mitregentschaft der geistlichen Hierarchie im Staate, samml 
dem furchtbaren Fanatismus, welcher von derselben aufrecht ^erhal- 
ten und genährt wird, ein Ende nehmen möge«««. Noch massloser 
war 8 tratmanriy er warf mit der r n Barbarei des Mittelalters^^, mit den 
rt n Schleichwegen und Krümmungen des gemeinen Kirchenrechtes ^ ",mit 
der 7i n Herr schstbcht und dem Stolze des römischen Hofes^»' um sich, 
schimpfte wacker auf die n n Mönche ^^ ^ und auf die ^„Leibwache des 
Papstes (*^ die Jesuiten, während sogar Sonnenfels das Kirchenrecht 
wenigstens nvals Wissenschaft^ ^ , freilich in seinem Sinne, zu retten 
suchte, nemlich als die rt n Vereinigung der Grundsätze zur Vertheidi- 
gung der Reckte der Staaten und Nationen gegen die Anmassungen 
von Rom^^, Im Jahre 1787 nahm van Swieten, aus einer besondern 
Veranlassung, die Lefirfreiheit im modernsten Sinne des Wortes für 
die theologischen Professoren in Anspruch und declamierte dabei ge- 
gen das zalillose nnHeer der Mönche ^^^^q^qu vn die- von jeher gedun- 
genen Miethlinge des römischen Hofes ^f^, welche „„c2ie Unfehlbarkeit 
des Papstes ^^ nnin Schriften, in Schulen und von den Predigtstuhlen 
als eine dogmatische Wahrheit verkünden^ ^, und der, mit Ausnähme 
der Dogmatik, ngrösstentheils auf philosophische Grundsätze gebau- 
tenfi Wissenschaft der theologischen Lehrer entgegen treten. Der 
Kaiser antwortete, am 29.Decemberl787, mit der BntscheidiiBg, dass 
▼•n keinem Lehrer Etwas, das gegen katholische drnndsätie streite, 
geschrieben, g^elehrt eder in Priratanterredangen mit den SchAlern 
behauptet werden dttrfe (Kink^ /., i., S. 582, 583; Anm, 782; H, 
Nr, 207). Aber dem n nUniversitätspaschaf^ ^ , wie ihn selbst der, dem 
damaligen Thun und Treiben nicht abholde, ^S'cÄZoYaser'sche Staatsan- 
zeiger titulierte (Kink, /., i., S, 58IyAnm. 7 7Ph waren dadurch die Augen 
nicht geöffnet; er suchte noch im December 1789 Thesen eines juri- 
dischen Doctoranden vor dem Kaiser aus dem Gesichtspuncte des 
n T Naturzustandes ^ it zu rechtfertigen, welche abgesehen von ihrer an^ 
tikirchlichen 'Richtmig j den Monarchen, wie Jeden andern Bürger ^ 
unter das Gesetz stellten, «ct/ie Herrschaft von der „,, Grundgew alt'* ^ 
des Volkes ab-, und aus dieser das Recht auf die Revolution herlei- 
teten. So war denn auch auf diesem Gebiete kein Segen aus der 
Neuerung hervorgegangen. Ja, Kink nimmt f/., 1., S, 581 ff.) kei- 
nen Anstand, das Josephinische Zeitalter in Beziehung auf ernste 
resy wissenschaftliches Forschen und Producieren ein armes Zeitalter 
zu nennen, welches durch die, bei einem für fortschreitende Bildung 
empfänglichen Volke nie durchfährbare, Vorschrift eigener Lehrbü- 
cher, durch das gehäufte Fächerwerk und den eioigenPrUfungü' 



97 

Z'wang , wie durch das lediglich pr actische Ziel aller Studien einer 
sclim&hlichen Stagnation verfallen musste. n Nicht die wiaaenachaft- 
* liehe Begründung y sondern nur die Einprägung Dessen ^ was man 
fUr d&n Staatsdienst brauchte, und wie man es brauchte, war das 
Ziely das, weil für tieferes Eingehen Zeit, Ardass und Willen fehlte, 
nicht durch ein vorbereitetes Verständniss , sondern nur durch glück- 
Hohes Auswendiglernen am Besten zu erreichen war. In der That, 
ein seltsames Schicksal, nach so kurzer Zeit gerade jenen Gebrechen 
verfallen zu sein, ja sie mit offener Miene zu wollen, die man vor- 
dem, und zwar lange nicht in dem Orade, den Jesuiten hätte vorwer^ 
fen mögen. Auf dieses Resultat hatten die Gegner der Letztern sich 
gewiss nicht Rechnung gemacht! — — Nicht minder bedenklich ge- 
stalteten sich die Dinge von der moralisch-religiösen Seite. Es war 
zwar befohlen worden, dass bei der Ausstellung der Zeugnisse auf 
Sittlichkeit eben so zu sehen sei, wie auf Fähigkeiten; aber wie 
konnte man hoffen, mit der Ethik allein auszukommen, da die tiefem 
religiös-kirchlichen Grundlagen, die positiven Momente theils geradezu 
angefeindet, theils mit frivoler Geringschätzigkeit bei Seite ge- 
stellt , im besten Falle aber als neutral erklärt wurden. Die Pamphle- 
ten-Literatur , selbst manch^ approbierte Vortragsbticher der dama- 
ligen Zeit sind Beweis genug fclr die Haltlosigkeit des f^eni^—wis- 
senschaftlichen Treibens der Männer , die all ihr Wissen und ihre 
geistige Spannkraft dem Gebote einer traurig verirrten Zeitrichtung 
zu Diensten gestellt hatten. Es musste in der That weit gekommen 
sein, wenn an mehrern Universitäten selbst Schüler bei den Obrig- 
keiten sich über die gefährlichen Lehr Sätze ihrer Lehrer beschwerten, 
und wenn diie Centralstelle nichts Anderes zu thun wusste, als die 
Klagenden vom Schulbesuche auszuschli^ssen , weil sie entweder zu 
böswillig oder zu dumm für den eingeftlhrten Schulunterricht seien. 
Manche d r Professoren betrieben ihre kirchenfeindlichen Angriffe 
mit ungezügelter Offenheit, weil die Sucht, ihren unmittelbaren Ge- 
bietern zu gefallen , die Ostentation d^r Wohldienerei und in natur- 
gemässer Folge den Drang erzeugte y den Inhalt der gegebenen oder 
angedeuteten Weisungen noch zu überbieten. Die allgemeine Strömung 
war so mächtig , dass der Erzbischof einen principiellen Kampf da- 
gegen nicht mehr wagte, sondern bloss in einzelnen Fällen wenigstens 
auf eine Mässigungdes äussern Gebarens hinzuwirken suchte«. Kink 
meint hier die Beschwerden des Cardinais gegen das protestanti- 
sche' Lehrbuch der Kirchengeschichte von Schröckh und gegen 
die Lehrvorträge Dannenmayr^s und WatterotKs ^cf. oben 8. 94), 

7 



98 

Die vom Cardinal aus diesen Lehrvorträgen angeführten Sätze 
sind wirklich empörend. So hatte der Professor der allgemei- 
nen Weltgeschichte (Watteroth) unter Anderm gelehrt: »rEs haben 
sich zwei Ffaffenreiche erhohen , eines in Europa , eines in Asien , 
die den menschlichen Verstand tyrannisierten. Der Priester an der 
Tiber habe sein Reich auf die Texte einer Tochter der hebräischen 
Religion gestützt — die römischen Päpste seien über die Grösse des 
neuen arabischen fapstes, (nemlich des Vorstehers der mohammedani- 
schen Religion) eifersüchtig geworden u. s. w. ** " . Natürlich hatte van 
Swieten auch hier wieder nichts Eiligeres zu thun , als das protestan- 
tische Lehrbuch und die beiden Oeschichtsprofessoren in Schutz zu 
nehmen. Er stellte das/ac^"«cÄ Richtige der vom Cardinal vorgebrach- 
ten Beschwerden nicht in Abrede, fügte aber hinzu, nnirrthümer zu 
widerlegen, welche Fanatismus, Aberglaube oder Eigennutz der 
Nachkommenschaft absichtlich unterzuschieben suchen, sei gerade 
die Bestimmung der historischen Lehrämter^ ^ und die vorliegenden 
Anklagen beweisen nur zu sehr, nndass der DltramoDtaDismas seine 
heftigsten Angriffe immer gegen die Geschichte richten werde. Die 
geistlichen und weltlichen Anmassungen Roms seien wohl in keinem 
Rechte gegründet, siki&r Thatsachen u. s. w.«« (Kinkel., 2., 8. 290*). 
Kink fährt hierauf (L, i., 8. 586 — 590) wieder fort: 
»Dennoch war es des Kaisers ernstlicher Befehl, dass die 
katholische Religion weder in ihren Dogmen ^ noch in jenen Lehren, 
die, ohne Glaubenssätze zu sein^ Ehrfurcht verdienen, mittelbar 
oder unmittelbar in der 8chule angegriffen werde (cf. Kink, i., i., 
8, 582, Anm. 722; /., 2., 8. 296. 299, 300). Aber zur Ausführung fehlte 
es an der Verlässlichkeit der Organe und bis 1789 gingen, durch die 
Langmuth des Kaisers, die «Dinge in gleicher Richtung ihren Weg 



*) Der Kaiser ntraute nicht mehr ganz»' und verordnete, dass i>ytden hey- 
den Lehrern der Geschichte nachdrücklichst eingehiinden werde, hey 
dem Vortrag sieh aller zwey deutigen und die Schüler nur zum Irr- 
wahn verleitenden Lehrsätze zu enthalten, sofort in der Wahl ihrer 
Av>sdrüeJce sehr behutsam zu seyn^ wesshalb besonders dem Lehrer der 
Kirchengeschichte seine Unbehutsamkeit behörig auszustellen und er 
zu mehrerer Genauigkeit in seinen Ausdrücken anzuweisen seitm^ 
wenn er z. B.,„„die Taufe und das Abendmahl den Schülern Ä?«Gere- 
inonUJü hingestellt habe f mit der Bemerkung, i&ss man sie unter die 
S^eraiuente reebne«^«. Van Swieten scheint aber den beiden Professoren 
diessfalls gar keine Jntimation zugeschickt zu haben, ^obwohl dieses 
der Kaiser auidrücilich befohlen haite^ {Kink, l. c, S. 290, 291). 



99 

tort. Als nun aber in Verbindung mit den Zeitereignissen im Oros- 
«6», auch staatsgefährliche Symptome sich bemerklieb machten — 
d,<t man doch bisher so sicher geglaubt hatte , aus den Angriffen auf 
die Kirche nur einen' Machtzuwachs für die Staatsgewalt einzuernten 
— als die Klagen aus den Provinzen immer lauter wurden und der 
Studiendirector Heinke es unternahm, mittelst eines, in aller- 
höchste Hände gelegten, Promemoria's in 7 Puncten auf die Unhalt- 
bar keit und die Verderbniss der neuen Studien-Einrichtungen hinzu- 
weisen: da verhehlte es sich der Kaiser nicht länger, dass auf dem 
bisher eingehaltenen Wege der Zweck, den Er wollte, nicht erreicht 
worden sei (cf Kink, J. , 2., Nr, XCVH, S. 305 f). Mit der aller- 
höchsten Entßchliessung vom 9. Februar 1790 erklärte er unumwun- 
den: n n Sittlichkeit und Religion habe einer frivolen Leichtfertigkeit 
Platz gemacht, die Wissenschaft sei zu einem blossen Gedächtniss- 
werke herabgesunken ; ja so weit sei es schon gekommen , do^s ein- 
sichtsvolle Aeltern es für Pflicht halten, ihre Söhne dem Öffentlichen 
Unterrichte zu entziehen'*^. Er übertrug daher dem obersten Kanzler 
Grafen von Kollowraty mit Umgehung van Swietens und Sonnenfelss, 
eine eigene Co^nmission zu schleunigster Aenderung d^rLehrsysteme 
aller höhern Studien aufzustellen, so, dass schon in\ kommenden 
Studienjabre die Resultate zur Anwendung kommen könnten (Kink^ 
/., ^., S, 588 f, Text und Anmerkung 790), Doch bevor noch die 
ersten Einleitungen zur Ausführung dieses Befehles getroffen wer- 
den konnten, überraschte den Kaiser der Tod (20. Februar 1790). 
Nach einem kaum zehnjährigen, rastlosen, durch beispiellose Hin- 
gehung aller Kräfte hervorragenden Wirken war es ihm am Ende 
seiner Tage noch, bestimmt, den bittern Kelch der Efittäuschung zu 
leeren, und sich selbst es einzugestehen, dass Das, was er von edlen 
Impulsen und verführerischen Ideen geleitet , angestrebt hatte, theils 
in den Endzielen, theils in den Mitteln fehlgegriffen worden sei". 

Wer die hier angezogenen kaiserlichen Aeusserungen, 
aus den Jahren 1786, 1787, 1790, bei Kink selber nachliest;*), 



*) Kinh bringt (7., 2., AV. 206) auch noch den wesentlichsten Inhalt 
einer a. h. Verfügung vom 16. August 1787, durch welche nSe. Maje- 
stät 1. das unläughare Jtecht der hiesigen Universität zur Ernennung 
für 6 Canonieats- Stellen heim hiesigen Domcapitel auch in die Zu- 
hunft bestätigen, jedoch mit dem Beisatze: dass die Universität all- 
zeit zu zwey von ihrer Benennung abhängenden Canonicaien theolo- 
gische Lehrer von der hiesigen Universität^ welche wenigstens 14 
Jahre das öffentliche Lehramt hegleitet und sich durch Gelehrsam- 

7* 



100 

kann auch keinen Augenblick mehr zweifeln, dass Joseph U, nie 
im Sinne gehabt habe, ^Qn katholischen Charakter der Wiener Uni- 
versität aufzuheben, und Herr Dr. von ifüA(feZd behalt Recht, wenn 
er behauptet, dass, wenn auch vim Verlaufe der Zeit allerdings 
manche Steine des (alten) Bauesheraitsgenommen und manch (fremdes) 
Oebälke (neu) eingefügt wurdest dennoch y,kein österreichischer 
Regent^ auch Kaiser Joseph U, nicht, die Wiener Universität aus 
dem kirchlichen Verbände gestellt f^, resp. den katholischen Charakter 
derselben gänzlich beseitigt habe (Zeitschrift für die gesammte 
katholische Theologie, Wieny 1861^ Band II,, 8. 619, 522). 

Joseph' s Nachfolger, Le«p«ld 11., während seiner kurzen 
Regierungszeit ernstlich darauf bedacht, «oÄne dem Onrndge- 
danken der (von seiner Mutter und von seinem Bruder eingeführten) 
Reformen etwas Wesentliches zu vergeben, die Gegenwart mit den- 
selben, im Wege der Klugheit, Umsicht und Billigkeit, zu versöhnen, 
wirkliche Auswüchse und unnöthige Ueberschwänglichkeiten durch 
Fixierung des Zieles zu beseitigen*^, wollte schon desshalb dem 
katholischen Charakter der Wiener Universität nicht nahe treten. 

Schon am 13, April 1790 wurde eine eigene Studien-J5?m- 
ncÄft*n^«-Oommission unter dem Vorsitze des Staatsrathes, 
Freuten^ von Martini, bestellt und Letzterer insbesondere mit 
der Mission betraut einen neuen Studienplan auszuarbeiten 
(Kink, V, 1., S, 591—597; I., 2., Nr, XCVH; II., Nr. 215), dem 
der Studien-Hofcommissions-Präsident, Gottfried van Swieten, 
vergebens entgegen zu wirken suchte (Kink,I,,l,,8.544,Anm. 726), 

In dem hieher bezüglichen, a. u. Vortrage vom 24, Juni 1790, 
hatte Martini die in dem (oben S, 99) erwähnten Handbillete Jo- 



keit und eifrige Verwendung in ztceckmässiger Ausbildung ihrer 
Schüler ausgezeichnet haben, in Vorschlag bringe; für die übrigen 
4 Canonieate aber habe dieselbe, nach der bestehenden Vorschrift, 
jederzeit nur verdiente Seelsorger vorzuschlagen, 2, Haben Se, Ma- 
jestät zu entschliessen geruhet, dass von den 6 Lfomherren, welche 
die Universität benennt, 2' nach Linz übersetzt und auf diese Art 
die dortigen Canonicats- Besoldungen nach und nach ganz für 
den Beligionsfond erspart icerden sollen»'. 

Durch eine a. h. Entschlieesung vom 6. Mai 1821 (ff, CD. vom 18., 
Jiegg, D, vom 27. Mai d, J,) Sr. Majestät, Frani L, ist das vorbe- 
schriebene Ernennung S'Becht der Universität neuerdings anerkannt, 
resp. die vor sehr iftsmässige Concursaiisschreibung^ wie bei andern 
Canonicaten, nzttr gesetzlich freien Ernennung» j bestimmt worden. 



101 

sepTi^s Ily vom 9. Februar 17 90^ angeführten i) bedenklichen Unord- 
nungen^ Mängel und Gebrecken des Studienwesens'*, n auszugsweise**, 
in 7 Puncten dargestellt, von denen der-^. und 7. so formuliert wer- 
den (Kink, Ly2., S. 306; cf. S. 312-^316): 

»VI. Die akademischen Ändaehttühungen unterliesse man gänzlich, 
und einige Lehrer wären so yermessen nnd anbescheiden , dass sie gegen die 
reinen Lehren des Chrisienthums anstössige Heden und SäUe in Gegenwart 
der Jugend zur unverantwortlichen Aergerniss manchmal vorbrächten«. 

»VII. Dadurch hätte bei den Akademikern das Sittenverderbniss und 
die Gering »ehätzung der Beligion fiberhandgenommen und die gute Schul- 
Zucht vfiie in Verfall geratheif «. 

Mariini hatte beide Puncte wahr befunden und drang vor Al- 
lem auf die Wiedereinführung des akademischen Gottesdienstes, wie 
auf die Beseitigung nzu sehr verrufener und von Jedermann als un- 
bescheiden anerkannter Lehrer** (L c, 8. 312, 313), Die Wiederher- 
stellung des akademischen Gottesdienstes erfolgte am 7. Jänner 1791 
und ein Consistorialdecret vom 21. Jänner 1794 verfägte später noch, 
j» dass bei den Gottesdiensten, wo die Universität als Körperschaft er- 
schien, nicht nur derRector und die vier DecanCy sondern auch von jeder 
FacvMät die sechs jüngsten Doctoren Theil zu nehmen haben^ (Kink, 
I,, 1,, S, 694, Anm, 796), In den n Generalien über die Einrichtung 
des Studienwesens^ , vom 4, October 1790, resp. vom 10, Jänner und 
8. Februar 1791, Z. 143, war den Ordinariaten das Oberaufsichts- 
Recht über die theologischen Studien neuerdings zugesprochen; sie 
hatten die d Schutzbehörde'^ der theologischen Facultäten zu bilden 
(Kink, L, 1,, S, 693; IL, Nr. 216; cf. Zeitschrift für die katholische 
Theologie, Wien, 1861, Band IL, S, 398, Anm.). Mittlerweile waren 
die Generalseminarien wieder aufgehoben worden (4. Juli 1790). 
7» Auch bewilligte-der Kaiser, dass der Studienfond, statt wie bisher 
in Capitalien, in liegenden Gütern angelegt, in Folge dessen die Uni- 
versität zum Mitlandstande erhoben und durch den Rector im ständi- 
schen Collegium vertreten werden soll". Letzterer hatte »allzeit in 
seinem Rectors-Anzuge, nemlich in einem Mantelkleide zu erscheinen 
und seinen Sitz a,n{ der Prälaten-Bank einzunehmen" (4, October 1790, 
resp. Studienconsess- Decret, vom 22. März 1791, Cf. Kink, L, 1,, 
S.696; IL, Nr. 219). 

Aus der sogenannten nFrancisceischen Periode^ (von 1792 — 
1848) ist wenigstens keine neuerliche Minderung des katholischen 
Charakters der Wiener Universität zu verzeichnen ; dafür bürgte 
schon die persönliche Frömmigkeit der beiden Landesfürsten: 



102 

Frani 1. und ferdioADd I. Ja, es finden sich sogar etwelche 
Schritte zur Wieder 'Mehrung desselben *). 

Dahin zählt Herr Dr, von Muhlfeld zuvörderst die a. h. 
EntSchliessung vom 29, Atigust 1817^ welche ttin Beziig der Jaden 
bestimmt^ dass sie wohl in die FacuUät auf zu nehmen f aber ihnen 
keine akademischen Würden zu verleihen seien^, da die Universität 
in ihren Würdenträgern beständig an den kirchlichen Feierlich- 
keiten Theil zu nehmen habe ; nein Grund, der namentlichin der (eben 
erwähnten) a. h, Anordnung auch für die Ausschliessung der Juden 
von den akademischen Würden geltend gemacht ist^ (Zeitschrift für 
die gesammte katholische Theologie^ Wien, 1851, Band //., S, 522), 

Derselbe Herr Genera Irefercnt Venerabilis Oonsistorii^ vom 
Jahre 1851, fährt dann (l. c, 8, 522 und 523) fort: 

nDazu mu83 angeführt werden, dass die a. h, Entschliessung 
vom 30, Mai 1832, St. IL O. Z. 2523, der Wiener Universität die 
stiftbriefliche Eigenschaft {nnden Rang^^) einer » »g^eistlickea Cor- 
poration^ " noch ausdrücklich gewahrt hat" **). 

„Der entscheidendste und, wie der Keferent daftir hlilt, jeden 
Widerstreit ausschliessende Beleg, dass, trotz dem Toleranzpatente 
(§. 7) vom Jahre 1781, das Amt eines Rectors oder Decans an der 
Wiener Universität den Akatholiken unzugänglich sei, ist die a. h, 
Entschliessung vom 18, Jänner 1834 (St, H, C Decret, vom 15. Feb- 
ruar 1834, Z, 581/145), welche geradezu und bestimmt erklärt, dass 
das Amt eines Rectors oder Decans an Universitäten oder eines Rectors 
an Lyceen niemals einem Akatholiken übertragen werden könne ***). 



*) Auch die, im Jahre 1802 erfolgte, Wiederher$tellung des akademi" 
sehen Convictea, unter der Leitung der österreiehiachen Piartgfen, fSr 
QymnaBlalsohüler und Studierende aller Facultaten, auf Grundlage 
der vorhandenen altern Stiftungen und Stipendien, zumeist von speei" 
fisch katholischem Charakter, zählt unter diese Wieder- Mehrungen, 

**) Vergleiche den Wortlaut der hieher bezüglichen Studien Hofcommis- 
sio ns- Verordnung , vom 30, Juni 1S32, bei Kinh (I,, 1,, S, 623, 
Anm. 840), wo neben diesem nn Hange der Universität als einer ^6ta^- 
lichen Corporation^ <* auch die nn Landstandschaf t^^, die nnfeierliche 
Begleitung hei Frohnleiehnams-ProcesHonen'^^ und das nn Recht der 
Universität bezüglich der Verleihung von vier Wiener und zwei Lin- 
Mer Canonieaten»'*^, als auf nnausdrüciliehen A, II, Hesolutionenf^f^ 
beruhend, erklärt werden, nntoelche keiner Bestätigung bedürfen^*^. 

•*♦) Vergleiche den Wortlaut dieser a. h. Entschliessung bei Kinh (I, 1,, 
ti. 623 f,, Anm, 839), in welcher auf die n Verpflichtung^ der nRecto- 



lOB 

Wenn und so lange diese a. b. EntscLliessung Kraf^ und Wirk- 
samkeit hat, fallt nach Ansicht des Referenten die Möglichkeit hinweg, 
di e Frage nach Zulässigkeit der Wahl und Ernennung eines Nickt- 
katholiken zu einem Deeane an der Wiener Universität zu bejahen. 

Referent kann nun aber nicht anders sich aussprechen, als 
Jene a, h, EntSchliessung bestehe noch zu Recht, Ausdrücklich und 



ren nnä. Decane an den hohem öffentlichen Unterrichts- Anstalten u hin- 
gewiesen wird, laut welcher sie vhestimmten katholischen Gottesdienst» 
liehen Feierlichkeiten beizuwohnen , am grünen Donnerstage mit den 
akademischen Mitgliedern das Altars- Sacrament %u empfangen^ hei 
sieh ergehenden Gelegenheiten Berathungen vor» oder hei' zusitzen 
und gtctäehtUche Meinungen abzugehen hahen, in welchen es sich 
um die Einrichtung des katholischen Religions- Unterrichtes und um 
die Förderung desselben, so wie um die Auswahl katholischer Beli- 
gions' Lehrbücher und dergleichen handelt^. 

Kink bemerkt zu dieser a. h. Entschllessung: ^Dadurch wurde 
also der Absatz VII des Toleranz-Edictes vom IS. Oetober 1781 
theilweise modificiert. An der Zulassungsfähigkeit der Akatholiken 
zum Doctorsgrade und zu dem Gremium der Facultäten wurde je- 
doch nichts geändert. Den Israeliten namentlich blieb es ('nach, wie 
cor, nemlich seit 25, Oetober 1190) gestattet, als incorporierte Docto- 
ren nn Juris civilis^f^ und Advocaten sowohl Jucken als Christen zu 
vertreten (^vergleiche auch: Kink, II., Nr. 218), 

Im Texte selber (l, c. , S, 624 j schreibt Kink, hieher gehörig: 
„Wenn diese Entscheidung fvom 18, Jänner 1834) auch eine allge- 
meine, nicht bloss für die Wiener Universität allein giltige war und 
zunächst nur an die mit dem akatholischen Glaubensbekenntnisse un- 
verträgliche Obliegenheit, an gewissen kirchlichen Feierlichkeiten sich 
zu betheiligen, anknüpfte, so lag doch gerade in dieser Betonung eine 
Beminiscenz an den primitiven, seil Langem in Verschollenheit ge^ 
rathenen Beruf der Hochschule^. 

Und schon früher (/., 1., 8, 622) macht Kink aufmerksam: »Ein 
allmäliges Nachlassen von den höchst gespannten Forderungen des 
Staates an diie Kirche und ein Einlenken zu billigerer und vorurtheils- 
freierer Anschauungsweise machte sich (nunmehr) unverkennbar gel- 
tend. Diess zeigte sichnichtnur darin, dass die XaAr (äc^er über Kirchen^ 
gesehichte und Kirehefirecht vonDannenmagr und Bechherger im J&hre 
1834 von den Lehrstühlen entfernt wurden, sondern auch in dem sich wie- 
der erhebenden, weil wieder gestatteten, Einflüsse der Ordinarien tkui den 
theologischen Schulunterricht. Es brach sich nemlioh die Wieder-Er- 
kenntniss Bahn, dass man nicht nur eine Einseitigkeit , sondern auch 
ein Unrecht begehe, die eigentlich kirchliehen, in dem blossen Staats- 
Seelsorgedienste durchaus nicht aufgehenden, Interessen zu^ignorie- 
ren oder bei Seite zu setzen^^ 



104 

unmittelbar ist dieselbe nicht aufgehoben worden. Eben so wertig 
aber mittelbar oder stillschweigend. 

Das einzige Gesetz, das man hierbei in Betracht ziehen möchte, 
ist allein der §, 1 der durch das kaiserliche Patent vom 4, März 1849 
(R, Gr. J5., Z. 16 1) gewährleisteten constitutionellen Rechte^ Dieser 
sagt aber bloss, dass der Genuss der bürgerlichen und politischen 
Hechte von dem Religionsbekenntnisse unabhängig sei. . 

Die Wiener Universität ist eine Corporation^ und zwar, wie es 
ihre Geschichte zeigt und die a. h, Verordnung vom 30, März 1832 
noch bestimmt anerkennt, eine geistliche Corporation *). Das Recht, 



*) In dem Ministerial-Decrete {yoml. August 1851^ Z. 7051) welches der, 
hieher bezüglichen, Schlussfassung desÜniversitäts-Consistoriums, vom 
29, Juli 1861 , Folge gegeben, resp. der Wahl eines Nicht katholiken 
in diesen Senat die Bestätigung versagt hat, wird der vcorporative 
Charakter»- der Wiener Universität und dessen Verbindung mit gewis- 
sen hatholisehen nJiechten und Functionen^ in folgenden Worten 
ausdrücklich anerkannt : 

»Diese Wahl kann mit Rücksicht auf den vom Untrer - 

sitätS'Conaistorium dagegen erhobenen Protest — ntcÄ/ bestätigt wer- 
den, nachdem das provisorische Gesetz über die Organisirung der 
akademischen Behörden den curporativen Charakter dieser Univer- 
sität im §, 27 ausdrücklich anerkennt und die Professorendecane aZ« 
Mitglieder des Universitäts-Cvnsistoriums auch an der Ausübung der 
ihr als Corporation zustehenden hesondern fechte und Functionen 
Theil haben, unter diesen aber nach den bisher nicht abgeänderten 
Einrichtungen sich auch solche befinden ^ an welchen, einenia\tht\LB.tho' 
liken sich betheiligen zu lassen, das UniversitätS'Consistorivm nicht 
verhalten werden kann». 

Solchen allerhöchsten und hohen Erklärungen gegenüber durften 
die Voräusserungen der Universit&jts-Collegien, welche gegen die nach- 
gesuchte Einverleibung der protestantisch-theologischen Lehranstalt 
sich aussprachen, doch wohl einiges Gewicht auf den geistlichen, 
kirchliehen und katholischen Charakter der Wiener üniversitäts-(7or- 
poration legen; die Freunde jener Einverleibung aber thaten minde- 
stens etwas höchst Ueberßüssiges, wenn sie entweder den corporativen 
Charakter der Wiener Universität direct in Abrede stellten und letz- 
tere lediglich als eine yt Staats- Anstalt^ gelten liessen, oder wenn sie 
zwischen der nSchule»- und der rt Corporation** unterschieden, die 
nSchulefi als eine hloaae n Stftats- Ans taltti, ohne alle und jede corpora- 
tive Eigenschaft, auffassten und unter Einem entweder bloss der 
nLehranstaltf*, oder zugleich auch der rt Corporation** nicht nur den 
geistlichen und kirchlich-privilegierten, sondern selbst den katholi- 
schen Charakter absprechen zu dürfen glaubten. 

Es gibt confessionelle, resp. katholische nLehr*^- oder n Unter- 



105 

in dieser die Doctor »würde zu erlangen, ist ein corporatives ^ gesell- 
schaftlichea Recht, welches weder den bürgerlichen noch ^en poUU- 
schert Rechten heigezählt zu werden vermöchte, und mithin durch 
das fragliche Patent nicht berührt wird. 

lieber corporative , geseUschqßUche Rechte entscheiden die 
betreffenden Statuten, die für sie gegebenen Gesetze. 

Ist durch das Patent vom 4, März 1S49 nichts geändert an der 
Kraft und Giltigkeit der a. h. Entschliessung vom 18, Jänner 1834^ 
dann ist die durch diese getro£Pene Einrichtung, dass Nichtkatho- 
liJcen an Universitäten weder Rectoren noch Decane werden können, 
in dem provisorischen Gesetze über die Organisation der akademi- 
schen Behörden sogar bestätigt, indem es in §.24 alle bisherigen 
Universitätseinrichtungen in Kraft erklärt, welche durch dasselbe 
nicht abgeändert wurden, in diesem Gesetze selbst aber diessfalls 
keine Abänderung weder im Allgemeinen, noch hinsichtlich der Wie- 
ner Universität enthalten ist. 

Aus der a. h, Entschliessung vom 18. Jänn^ 1834, im Zusammen- 
hange mit §. 24 des provisorischen Organisationsgesetzes, ergibt 
sich nun um so mehr die unwiderlegliche Schhissfolge, dass ein Nicht- 
kathoUk an der Wiener Universität nicM Decan werden könne, als 
die Aufrechthaltung der nachgeunesenen historischen Eigenschaft die- 
ser Universität, als einer in der Kirche stehenden, den kirchlichen 
Charakter, trotz aller Veränderung, an sich tragenden Anstalt an ihr 
auch für die neueste Zeit anerkannt werden muss , wie nicht nur die 
noch bestehenden, schon wiederholt berührten Verhältnisse beweisen, 
sondern von ihr selbst während des Jahres 1848 geltend gemacht 
wurde, indem sich das Üniversitäts-Oonsistorium in seinem Berichte 
vom 23. September 1848 gegen die Einbeziehung der hiesigen prote- 
stantischen Lehranstalt aussprach, worauf auch Se. Majestät durch 



richU- Anstalten^ , welchen alle ncorporaiiven Eigenschaften"' fehlen. 
Der confe$$ionelle Charakter haftet nicht bloss an den Volks- und 
Mittel- Schulen; er stellt sich schon von selber vlhö. überall auch bei 
den Universitäten ein , wenn diese eine oder gar mehrere theologische 
Facultäten in ihrem Organismus zählen. 

Auf dem Standpuncte dieser Denkschrift ist es übrigens durch- 
aus nicht weiter nöthig, für oder wider diese Distinctionen einzutre- 
ten, da sie eben nur das Eine — Endziel haben, dem »»Staate*'*^ das 
»»Recht"** zu vindicieren , vermöge welchem jener ^i^fünfhtmderU 
jährige, kathelUebe Wiener Universität , an der Schwelle ihres sechs- 
ten Jahrhunderts , in eine paritätische verwandeln — seil. 



106 

a, Ä. EntspkUessung vom 3, October 1860 der protestantisch-tkeoio' 
gischen Lehranstalt eine abgesonderte Organisation vorzuzeichnen ge- 
ruhte und dei' Herr Minister des Cultus und UnterriiMs nicht nur 
in dem a. h, genehmigten Vortrage vom 7. Julius 1850 (56, Beilagen^ 
haft zum R. G. B,, 8, 318) zu dem Gesetze wegen der protestantisch- 
theologischen Lehranstalt am Schlüsse erklärte^ dass eine Vereinigung 
dieser mit der Wiener Universität iiiehl ^knt wesentliehe Aendernn- 
gen in der auf ihrer gesehiehllickeii Entwicklaiig berahendeo biskerl- 
gen fiestoltoDg der l^ieiier ■•ciiseiiale ansnkrbar wäre''. 

Durch eine a. h. Entschliessung vom 5. März 1836 war 
die Studien-Hof commission beauftragt worden, nunter Einverneh- 
mung aller Erzbischöfe und Bischöfe, in deren Diöcesen ein, nach 
dem bestehenden Studienplane geregeltes, theologisches Studium sich 
befinde*^, Reform-Vorschläge für den theologischen Lehrplan zu er- 
statten. — n Bezüglich der von mehrern Bischöfen erbetenen Zurück- 
erstattung des Rechtes, die theologischen Studien selbst zu leiten oder 
wenigstens darauf wesentlichen Einfluss zu nehmen, erfolgte mit a, h, 
Entschliessung vom 14, März 1843 eine Verordnung^ , welche in 
sieben Puncteri diesem Verlangen gerecht zu werden suchte, in- 
dem sie das v Lehrpersonale an den öffentlichen theologischen Lehr- 
anstalten", n sowohl bezüglich seines priesterlichen Benehmens, als 
bezüglich der Reiztheit und Vollständigkeit der katholischen Glaubens- 
'lehre im Lehrvortrage dem Orts- Ordinariate unterordnete^, und für 
vdie Besetzung von theologischen Lehrämtern an der Wiener Uni- 
versität" insbesondere vorschrieb, dass die n Bittschriften der 
Competenten von der Landesstelle^ ndem, Ordinariate zur Würdi- 
gung und Erstattung des Vorschlages (Fall für Fall) mitzuthei- 
len seien"" (Kink, L, 1., S. 623. 631 f, sub 4). 

In dem n Proteste des Doctoren-Oollegiums der theologischen 
Facultät in Wien gegen den Eintritt eines Nichtkatholiken in das Uni- 
versität s-Consistorium , dd. 29. Juli 1851^, (Zeitschrift für die ge- 
sammte katholische Theologie, Wien, 1851, Band IL, S. 500 — 572) 
liest man (l. c, S. 513) hieher gehörig: 

»Zuvörderst besagt der, in §. 26 auch für die Wiener Univer- 
sität als giltig erklärte (und von Herrn Dr,vonMfMfeld für die fort- 
dauernde Gesetzeskraft der a. h. Entschliessung vom 18, Jänner 1834 
angerufene [cf oben S. 105]), §. 24 des genannten provisorischen 
Gesetzes über die Organisation der akademischen Behörden^ dd. 27. 
September 1849, ganz einfach: 



107 

nnint Uelrigen bleiben die bi9herigen üniversitätseinriehtunpen , so 
weit sie durch die gegenwärtigen Anordnungen nicht abgeändert werden, in 
Kraft» £8 stellt jedoch den Universitäten frei , die Abänderung derjenigen, 
welche unpassend scheinen, sßu beantragen****. 

Es bleibt daher auch der katholische Charakter der Wiener 
Universität unangefochten, da aus keinem §. des angezogenen Ge- 
setzes dessen Aufhebung ersichtlich gemacht werden kann. 

Nicht minder ist in §, 27 bei der Wiener Universität der ur- 
sprüngliche, geschichtlich imd rechtlich begründete, Charakter einer 
Corporaiion anerkannt; denn es heisst daselbst: 

»nDie Universitäten zu Wien und Prag sind Gemeinschaften, welche 
aus den LehrercoUegien j den Doetorencollegien, welche bisher den Namen 
Facultäten führten, und aus den immatriculirten Studierenden bestehen****. 

Diesem corporativen Charakter ist ferner in den folgenden §§. 
28 — 38 des angeführten Gesetzes ausdrückliche Rechnung getragen. 

Nun liegt aber gerade in der Anerkennung einer Corporation 
55ugleich die Anerkennung ihrer besondern Rechte, Statuten u. s. w., 
folglich auch die Anerkennung des katkoUschen Oiarakters bei der 
Wie ner Universitäts- Corporation . 

Völlig ausgesprochen erscheint endlich der katholische Cha- 
rakter der Wiener Universität im §. 31 des provisorischen Gesetzes, 
wo es heisst: 

nnDas üniYersitätsconsistorium in Wien, so wie der akademische 
Senat in Prag bestehen aus den §,10 bezeichneten Personen und den vier 
Decanen der Doetorencollegien, zu welchen bei dem erstem noch der Kanz- 
ler hinzu kommt^^. 

In diesem §. ist mithin dem, ursprünglich vom Papste, als Wäch- 
ter des Glaubens, bestellten Kanzler der Platz, den er als perpetuir- 
liches Mitglied im Universitäts -Consistorium bis jetzt inne hatte, aus- 
drücklich garantirt, und dadurch der katholische Charakter der Wie- 
ner- Universitäts-Corporation wenigstens indirecte bestätigt**. 



108 



N. 



lachdem in dieser Denkschrift^ von 8, 1 bis 107, die ^e- 
schichtlichen Belege für den andauernden katholiseiieii Charakter 
der Wiener Universität bis zu dem Zeitpuncte zusammen gestellt 
worden sind, in welchem das erste förmliche Gesuch des hiesi- 
gen protestantisch-theologischen Lehrkörpers um Aufnahme in den 
üniversitätS'Verband dem hohen Ministerium unterbreitet wurde, 
so gilt es nunmehr, aus dieser Zusammenstellung, die, sich von 
selber ergebenden, Schlüsse auf die Coütinoität des mehrerwähnten 
Charakters an der Wiener Hochschule zu ziehen. 

Die Denkschrift folgt hier einfach den Deductionen der 
beiden theologischen CoUegien in ihren diessfälligen nVoräusse- 
rungen^ üher das protestantische Petitum, 

Die Voräusserungen der einverleibungsfreundlichen Univer- 
sitäts-CoUegien haben, neben der offen da liegenden Rücksichts- 
losigkeit gegen das gute Recht der ihnen organisch verbunde- 
nen theologischen Facultät, durchweg auch noch den Mangel, 
dass sie .zwischen dem geistlichen oder klerikalen, dann dem kirch- 
lich-privilegierten ChsiY akter der alten und zwischen dem katholi- 
schen Charakter der heutigen Wiener Universität entweder gar 
nicht, oder doch nicht gehörig unterscheiden. 

Diese Unterscheidung ist aber hier eben so nothwendig, als 
wohlberechtigt; sie stützt sich auf den heutigen Sprachgebrauch 
und ergiebt sich aus der vorstehenden geschichtlichen Zusam- 
menstellung gleichsam Schritt für Schritt und völlig von selber. 

Da nun vornemlich das theologische Doctoren^Collegium, 
schon nach der ursprünglichen Anlage seiner Voräusserung, der Aus- 
einandersetzung dieses so wichtigen Unterschiedes sich zugewen- 
det hat, so nimmt hier die vorliegende Denkschrift ganz natur- 
gemäss von der n Voräusserung^ des genannten Collegiums Act. 

Man liest aber in der erwähnten n Voräusserung '^ (S. 14 — 
19) über diese Unterscheidung : 

»Das theologische Doctoren-Collegium begnügt sich, nur noch 
einmal hervor zu heben, dass man zwischen dem geistlichen und dem 
kirchlichen Charakter der Universitäten nach älterer Auffassung, 
und zwischen dem confessionellen , resp. katholischen, protestanti- 



109 

sehen' oder paritätischen Charakter derselben, nach dem heutigen 
Sprachgebrauche, sehr wohl unterscheiden müsse. 

Die klerikale Zucht und Disciplin, der geistliche Charakter 
der Universität ist in dem katholischen, wie in dem protestantischen 
Deutschland fast durchweg verloren gegangen; er musste genau in 
dem Grade verloren gehen, in welchem, unter dem sittenentnervenden 
E-infiusse des altem Humanismus und seiner Zwillingsschwester, der 
sogenannten Reformation, das erziehende Element der alten Univer- 
sität allmälig mehr und mehr hinter dem bloss lehrenden zurück ge--- 
treten, die Universität selber zur blossen nnHoch-iS^c/^tife««, zur 
T» n erstell Unterrichts-Anstaltfi « des n nStatxtes*^ « heruntergesunken war. 
Nicht minder und zwar theils schon früher , theils gleichzeitig 
mit dem geistlichen, war auch der kirchliche Charakter der deutschen 
Universitäten erblasst und verschwunden. 

Man versteht unter diesem die bevorzugte, kirchlich«ati^orito' 
Hve und kirchlich-prtm7e^r^e Stellung der altern Universitäten, 
nach ihrem Totalbestande, in wie fem sie, als wirkliche nnStudia ge- 
neralia in Ecclesia universalis f^, von der Z>iöcc«an- Gerichtsbarkeit 
eodmiert, unter einen eigenen päpstlichen Kanzler gestellt und selbst 
mit gewissen kirchlichen JurisdicHonsrechten begabt worden waren. 

In Folge ihres zeitweiligen oder andauernden Abfalles von der 
Kirche, unter der Zuchtruthe des Territorialismus, durch die unge- 
bührliche Vermehrung und Concurrenz ihrer Jüngern protestantischen 
Schwestern, mit den n n Landeskirchen*^ ^ zu blossen Landes- n nAka- 
demien^s herabgedrückt, hatten sie schliesslich durch den Alles 
normierenden Bureaukratismus des 18. und 19, Jahrhunderts die 
völlige Säcularisation , mit einziger Ausnahme eines ihrer Theil- 
körper, nemlich der theologischen Facultät, befahren. 

Den geistlichen^ den kirchlichen Charakter haben die deut- 
schen Universitäten, als Ganzes, resp. fiir die nndrei weltlichen''*^ 
Facultäten, theils durch eigene 8diuld verwirkt, theils durch die, im- 
mer allgemeiner werdende , antlehrlstlieke Zeitrichtung eingebüsst. 

Den theologischen Facultäten aber ist mindestens ihr confes- 
sioneller Charakter verblieben; derselbe ist ihnen, nach ihrem LeÄ?*- 
zwecke und für ihre Promotionen, wesentlich eigen, und aus diesem 
confessionellen Charakter bestimmt sich schliesslich auch die heu- 
tige Eintheilung der Universitäten Deutschlands in katholische , pro- 
testantische \md paritätische , resp. der confessionelle Charakter die- 
ser Hochschulen selber (cf. nVoräusserung^, S. 49, sub 2). 

Man spricht also heutzutage in Deutschland nur noch von dem 



110 

corifessionellen Charakter der deutschen Universitäten, und dieser 
selber hat wieder Oradunterschiede aufzuweisen *). 
' So gelten die vier protestantischen Universitiiten: Halles 

Königsberg, Greifswalde und Erlangen desshalb als Dnreiw^^ pro- 
testantische , weil an ihnen grundsätzlich nur Protestanten zur Do- 
centur zugelassen werden. 

In diesem Sinne aber gibt es in ganz Deutschland keine ein- 
zige, vollständige, nnrein^^ katholische, sondern bloss ^ni vorwie- 
gend katholische Universitäten. 

Man muss daher selbst mit Rücksicht auf den confessionelkn 
Charakter der heutigen Universitäten noch weiter zurückgehen und 
den Letztern mindestens d potiori zu bestimmen suchen. Und hier 



*) Das theologische Doctoren-Collegium hat die'se Oradunterschiede 
später CL e, , 8. 49 f,, suh 3 — 6J noch einmal in Folgendem erörtert: 

«Der con/essionelle Charakter der deutschen Universitäten gilt 
a. als rein katholischer oder rein protestantischer, wenn auch in den 
drei weltlichen Facultäten Niemand zur Docentur zugelassen wird, 
der die Confession der betreffenden theologischenF ac\ilt&t nicht theilt; 
h, als vorwiegend katholischer oder als vorwiegend protestantischer, 
wenn wenigstens die Mehrzahl der weltlichen Docenten zu der Con- 
fession ihrer theologischen Collegen sich bekennt. 

Der rein oder vorwiegend confessionelle Charakter der deut- 
schen Universitäten tritt noch entschiedener hervor, a. wenn diese, als 
Games und in ihren Würdenträgern, gewisse confessionelle Attri- 
bute, Stiftungen, Rechte, Befugnisse und Pflichten zu eigen haben; 
h, wenn auch die immatriculierten Studierenden und die Promoven- 
den der drei weltlichen Facultäten durchweg oder In ihrer Mehrheit 
der Confession der theologischen Facultät zugethan sind. 

Der paritätische Charakter der diessfälligen deutschen Uni- 
vetsitäten ressortiert von der Simultaneität zweier, confessionell ge- 
trennter, theologischen Facultäten in ihrem Schoosse; die Gradunter- 
schiede ihrer Parität bestimmen sich a. nach dem vollkommen aZ^er- 
«ler^ncZcn Yorrange der theologischen YB.CM\\ÄtQn\ b. nach der arith- 
metischen Parität der Docenten in den weltlichen Facultäten, je nach 
deren persönlichem Verhältniss zu Einer der, in den theologischen 
Facultäten vertretenen, Confessionen ; c. nach dem Veher gewichte 
oder nach der relativen Ausschliesslichkeit einer oder der andern 
Confession in den drei weltlichen Facultäten. 

Seit der Aufhebung der specifisch-geistlichen'D\BG\i^Mxi unter den 
Studierenden und seit der Einführung der Promotionen, welche nsola 
Auctoritate Äugustissimi Principis^i vollzogen werden, übt die Con- 
fession der Studierenden und der Promovenden,/wr sieh allein betrach- 
tet, keinen bestimmten Einfluss auf die confessionelle Eigenschaft 
der Universitäten«. 



111 

kann es denn doch wohl keinem ernstlichen Zweifel mehr unter- 
liegen, dass der confessionelle Charakter einer Universität letztlich 
von der confessionellen Eigenschaft der in ihrem Schoosse hefind- 
liclien theologischen Facultät resortiert. 

Aehnliches stellt sich bei der nähern Bestimmung des paritä- 
tischen Charakters einer Universität heraus. Er ressortiert wesent- 
lich, das heisst, letztlich auch wieder von der Simultaneität zweier 
oder mehrerer confessionell getrennter theologischer Facul täten in 
demselben Universitäts-Verhajid. 

Dem Begriffe nach wären vollkommen paHtätische Universitä- 
ten nur die, bei welchen das arithmetische Verhältniss der beiden 
theologischen Facultäten auch auf die Lehrstühle in den übrigen 
Theilkörpem sich erstrecken würde. Thatsächlich gibt es diessfalls 
7) r) gemischte *i*^j das heisst, relativ paritätische Universitäten, im 
weitern Sinne des Wortes und mit sehr starkem üeberwiegen des 
protestantischen Elementes. 

Unter diesem weitern Gesichtspuncte zählt man denn gegen- 
wärtig in Deutschland, mit Hinzurechnung von Königsberg, Prag 
und Wien, fünf iLatholhche (vollständige) Universitäten: Prag, Wien, * 
Freiburg, München und Würzburg ; dreizehn protestantische: Heidel- 
berg, Leipzig, Rostock, Greifswalde, Marburg, Königsberg, Jena, 
Giessen, Kiel, Halle, Göttingen, Erlangen, Berlin, und drei paritäti- 
sche: Breslau, Bonn und Tübingen, 

Die früher rein protestantische Universität Tübingen hat eine 
fca^Äo^iÄCÄ- theologische Facultät erst, seitdem die im Jahre 1812 zu 
Ellwangen gegründete katholisch-theologische Lehranstalt (sie trug 
den speciosen Titel einer n Universität^) im Jahre 1817, in der 
Eigenschaft einer ^Facultät«, mit der königlich würtembergischen 
nLandeS'Universitätft (Tübingen) vereinigt, und mit gleichen Rech- 
ten, wie die übrigen Facultäten, ausgestattet wurde. 

Nach einem, auf königlicher Anordnung beruhenden, Ministe- 
rialerlass, vom 28. Jänner 1818, erscheint nvdas Verhältniss der 
beiden theologischen Facultäten (in Tübingen) zu einander und zur 
Universität^^ selber nach folgenden Grundsätzen nn geregelt <^f*: 

Der akademische Senat besteht aus sämmtlichen ordentlichen 
Universitätsprofessoren; diese gruppieren sich nicht nach Facultä- 
ten, sondern lediglich nach der Anciennität, so dass möglicher 
Weise ein katholischer Theologe den ersten Platz nach dem Rector 
einnehmen kann. So oft aber die Universität pfacultätenweisef^ 
erscheint, bei öffentlichen Acten, Aufwartungen u. s. w. hat die 



112 

kathoäsch-iheologische Facultät constaiit den zweiten Rang, resp. 
nach der protestantischen. 

Die Parität ist also bei dieser Universität, abgesehen von dem 
starken Ueberwiegen des protestantischen Elementes im Gesammt- 
körper, noch durch den Vorrang der protestantischen vor der katho- 
Zisc^-theologisehen Facultät getrübt t<. 

»Bei der, seit 53 Jahren in gemischter Zwangsehe lebenden, 
n nparitäti^scheni^ f* Universität Breslau sind durch die Universitäts- 
Statuten, ddo. 21, Februar 1816 (11. Abschnitt, §. 24), und durch 
die n Reglements i^ ftir die beiden theologischen Facultäten, ddo, 18, 
September 1840 (§. 2 katholisch^ und §. 7 evangelisch), die beiden 
theologischen Facultäten » nparitätisch alternierend** « hingestellt« 

In den n Statuten» ftlr die Bonner Universität (Bonn, 1828), 
§, 6, und in den nStatuten'^ {^n Reglements*^) für die dortigen theolo- 
gischen Facultäten (Bonn^ 1835), resp, in dem nReglement^ für die 
A;a^AoZi«cA-theologische Facultät, §, 10, wird die Universität zu Bonn 
als eine n paritätische f* oder ngemischtc* erklärt, in welcher die bei- 
den Üieologischen Facultäten im Vortritte alternieren, 

»Dass die hier aufgestellte Auffassung des confessioneüen Cha- 
rakters der deutschen Universitäten nach dem heutigen Sprachge- 
brauche die richtige sei, geht unter Anderm aush aus dem Einverlei- 
bungsgesuche der hiesigen protestantisch-theologischen Lehranstalt 
hervor. Diese spricht nemlich selber von der nnrein protestantischen 
Universität Berlin» **, indem der Lehrkörper dieser Anstalt zugleich 
bemerkt, dass die genannte Universität n n begreiflicher Weise»» nur 
darum unvergessen»» habe, die n n protestantische Facultät»» von 
Wien zum Jubiläum einzuladen, weil man selbe in Berlin nnals zur 
Wiener Hochschule gehörig betrachtet hätte»» *), 



*) Auch Kink unterscheidet ("I., 1., S, 371/,, Text und Anmerh, 492J 
zwischen dem nhirehUch-privilegierten» und dem ^katholischen» Cha- 
rakter der Wiener Hochschule, wenn er, hieher gehörig, schreibt: 

7t Indem Kaiser Ferdinand II. im Jahre 1623 die Reform der Uni- 
versität unternahm, hatte er ohne Zweifel in erster Linie der Zweck 
im Auge, von den bisherigen halben Massregeln, welche doch ihr Ziel 
nie erreicht hatten , sich loszusagen und eine entschiedene und voll- 
ständige BückJcehr der Hochschule zum römiach-katholischen Glauben 
mit Strenge zu erwirken. Zwar erhielt die Universität nicht mehr jene 
privilegierte Stellung innerhalb der Kirche und in unmittelbarer 
Unterordnung unter dem römischen Stuhle, welche ihr im Mittelalter 
eigen gewesen war. Der Kaiser war jedoch bemüht, die Univer- 



113 

Auch das österreichische Concordat trägt der hier aufgesteli- 
teil Auffassung und Betonung des canfessioneüen Cbari|,kters der 
Universitäten Reclmnng, wenn es in Artikel VI den kirchlichen Ein* 
fluss auf die Besetzung der Lehrämter und auf die akademischen Pro- 
motionen bloss in Betreff der theologischen Facultäten in Anspruch 
ninuat Und wenn auch in dem ÄddiUonalschreiöen des kaiserlichen 
an den päpstlichen Bevollmächtigten, ddo. 18, August 1855, von 
Zäunet I bis Vly das Universitäiswesen betreffend, im Auftrage 8r, 
Ä:. k. Apostolischen Mafestäty noch gewisse besondere Erklärungen 



»tat wenigstens so einzurichten, dass aus ihr nur streng gläubige 
Männer hervorgehen sollten. Diesen Uoterschied luuss man wohl im Auge 
behalten. Vordem war die Universität ah Corporation eine Vorfech^ 

terin des Glaubens und der Kirch« gewesen ^Dieser Modus, den 

Zwecken der Kirche zu dienen, konnte nun nicht wieder hergestellt 

werden. Nächster Zteeci war, dass die Universität epurlert und 

wieder kathoUäch gemacht würde (c/. oben, S, 76 ff.). — — Kaiser 
Ferdinand 11. hat die Erfüllung seiner Absicht, wie unsf scheint, ganz 
richtig und, den vorhandenen Verhältnissen gemäss, darin gesucht, 
dass zwar die Öorporation, als solche, in ihre ehemalige Stellung zur 
Kirche nicht wieder eii^esetzt, dafür aber Vorsorge getroffen wurde, 
damit alle Einzelnen, welche als Lehrer oder Lernende ihr angehör« 
ten, gehorsame und eifrige Glieder der katholischen Kirche seien<<. 

Freilich xckeuA Kink bald darauf, »dass im XV 111, Jahrhunderte 
von dem Augenblicke an, wo die Eiazelnen ihre Gläubigkeit gegen 
den Bationalismus eintauschten, die Katholioität eo ipso schon ge*- 
fallen« gewesen; er setzt aber auch hinzu: nweil ^q Feinde dieser 
Katholieität nicht jene Vorwerke zu überwinden hatten, welche eine 
Corporation ihnen entgegengesetzt haben würde <«. 

Man darf hier übrigens noch immerhin bemerken, dass durch den 
Abfall der nEinzelnen*^ zum n Rationalismus»' allerdings auch die 
fi Katholieität^ dieser nJSinzelnen*^ miU rt gefallen^ sei, jedoch ohne^ 
dass dieser Abfall der n Einzelnen'* das Ganze unmittelbar und noth« 
wendig mitziehen konnte, so l^nge der Kanzler , die theologische Fa-^ 
cult&t, dann gewisse katholische Attribute , Rechte und Pflichten die<» 
sem Ganpen noch zu «igen blieben und bleiben. 

Seltsamerweise hat eine einverleibungsfreundliche Voräusserung 
aus der hier theilweise excerpierten ]!Tote bloss heraus .gelesen, dass 
selbst Kink, nbei einer sichtbaren Vorliebe für den kirchlichen und 
corporativen Charakter der Universität*^ , die nüestitutio in Integrum^ 
n schon für den Anfang des 17. Jahrhunderts als eine Unmöglichkeit 
erklärt habe«. Die Mahnung iTtn*'« in der ersten Zeile devnN'ote 4P2«<, 
den n Unterschied** zwischen der kirchlich'privilegierten Stellung und 
der n Katholieität** der Wiener Hochschule nwohl im Äuge zu behalten**, 
hat die r>Commi$9ion**j wie es scheint, ganz überhört oder übersehen! 

8 



114 

abgegeben werden, so ist hiedurch das, m Artikel VI des Concorda- 
tes angedeutete, beschränkende Princip noch keineswegs verlassen. 
Die erwähnten sechs Pnncte lauten wörtlich: 
I» ffl. Majestati Snae cordi omnino est^ nt in Studiorum üniver- 
sitatibus fides floreat ei pietas. Multifaria, quam scientia hnmana pa- 
rit, n^tsLspraesertim ex saeculo IS^o mnltifariis erroribns qnasi nnbi- 
bus obdncta est, quae nt veritatis Ince dissipentnr, ipsius societatis 
humanae quam maxime interest. Tantae rei in 8tudiis GeTieraUhus 
ordinandis diligentissime rationem habere, Majestaü Sitae proposi- 
tum est MuHa sunt, quae suadeant, ut Sacrorum Antistites in Uni- 
versitatUms ÄrchicanceUarii seu CanceUarii partes agant; quatenus 
difficultates ohstent, infacultatem tarnen theologicam, secloso Cancel- 
larii, ubi adest^ of&cio , pecuUarem influxwn exercebunt, 

n. Ad examinandos Zaureae theologicae sive juris canonici 
candidatos per Austriam nnllo non tempore viri caihoUd exclusive 
sunt adhibiti, sed et adhibebuntur. 

m. Quodsi expediat, ut Episcopis nonrndlis laureas theologi- 
cos conferendi facultas Auctoritate Apostolica tribuatur, Augustissi- 
mus facile consentiet; communicatis tarnen inter Sanctam Sedem et 
Gnberninm Imperiale consiliis negotium pertractetur. 

rV. Liberum erit Episcopis studiorum üniversitatem catkoU- 
cam sub eorum dependentia constitutam fiindare. Quum autem ne- 
cesse sit, quoad res politicas et jura dvilia ejusm/}di insHttUo assi- 
gnanda cautiones pfo rerum et locorum varietate adbibere, consilia 
cum Grubernio Caesarea conferenda erunt. 

V. Antequam professor facultatis juridicae &djus canonicum 
tradendum deputatus constituatur , Episcopi dioecesani de e/tt« fide 
et doctrina sententia expetetur. 

VI. Umversitas Pestinensis originem debet fundationi eccle- 
sic^ticae , quae Maria Theresia Augusta regnante bonis eccUsiasOcis 
adaucta est. Nihilominus ex saeculi praeteriti fine rarissimis quibus- 
dam casibus accidit, ut viri acatholici ad scientias profanas in 
Universitate praedicta tradendas admitterentur« Augustissimus vero 
Imperator aequum esse agnoscit, ut in ejusdem professores Ca- 
tholici tantum assumantur, quin tamen derogare intendat juribns 
virorum ab Ecdesia catholica cUienorum, qui ad docendi munus 
deputati j am fuerint « « . 

Theils wegen des Umstandes, dass zwei einverleibungsfreund- 
liehe Universitäts-CoUegien besonders hervorhoben , das Concor- 
dat hindere die Aufnahme äer protestantisch^theologischenhehr&n' 



115 

stalt in die Universität keineswegs y dann gegen das Plaidoyer 
der vier einverhibungsfreundlichen Universitäts-CoUegien insge- 
^ammi für die »freie«, das heisst hier so viel, als „eonfessions- 
lose" WissenscMft, theils zur fernem Constatierung , dass auch 
Se, jetzt regierende Majestät den katholischen Charakter der Wie- 
Tier Universität nicht aufzuheben gedenke, ergeht sich das 
theologische Doetoren-G olle gium (L c, S, 19 — 23) in Folgendem: 
»Wenn Se. k, h Apostolische Majestät dem Bevollmächtigten 
Sr, Päpstlichen J?a%Äci^ gegenüber feierlich erklären lassen, dass 
Allerhöchst Dieselben angelegentlichst wünschen, es möge an den 
österreichischen Universitäten der Olaube und die Frömmigkeit fröh- 
lich gedeihen, so liegt es allerdings auf der Hand, dass in dieser 
a. h. Erklärung äer fälschUch so genannten n »freieil« «, weil religions- 
und confessionslosen, Wissenschaß , die Manchen als Aufgabe der 
Universitäten vorschwebt, das 'Wort in keiner Weise geredet wird. 

Eben so klar bleibt es femer, dass in dieser a. h. Erklärung, 
dem Bevollmächtigten des Papstes gegenüber, nur der katholische 
Grlaube, nur die katholische Frömmigkeit gemeint sein kann, so wie 
der kaiserliche Wunsch auf aUe österreichischen Hochschulen sich 
erstrecken muss, da es unter diesen noch keine mit n n akatholischem 
Charakter«« giebt. 

Wenn Se. Majestät femer erklären lassen, es sei, namentlich 
in und seit dem 18; Jahrhundert, also in und seit der Periode der 
aUmälig vollzogenen Säcularisation des Universitätswesens, der man- 
nigfache Nutzen des menschlichen Wissens auch durch mancherlei 
Irrthümer getrübt worden, und es sei im wirklichen Interesse der 
menschlichen Gesellschaft selber zu wünschen, dass derlei Irrthümer 
durch das Licht der Wahrheit zerstreut werden, so ist in dieser a. h. 
Erklärung allerdings ^ewer Ansicht wenig Vorschub geleistet, welche 
die »7)freiheit«« der Wissenschaft -darin gefunden zu haben ver- 
meint, dass Letztere nndie Unabliäftgigkeit von der Kirche sich vin- 
diciere und sich anschicke, das Verhältniss der Dienstbarkeit zu kün- 
digen, in dem sie bisher zur Kirche gestandenst «. 

Aber die wahre »»Freiheit der Wissensehaft'^'' liegt hinwieder 
aneh nnr in dem flatftrlichen Streben nnd in der hieraas fliessenden 
Bereehtignng des mensehliehen (feistes nach und la der Selbstfer- 
stäiidigaiig iber alles, In der Natnr, in dem fieiste, in dem lensehen 
und seiner Cfesehiehte Cfegebene, so wie dber Cfott und dessen iber- 
Battrliehe Offenbariing. J^ 

• 8* 



116 

Die wakrhaft unfreie''« WisseBsieliift bleIH slck der drhmtem 
stetig vod f llllg bewiist, die ihr durch ihr Objekt selber vorgezeiehnet 
sind; sie wird diese Oränzen Biemals ühetsehreiten, om ein anderes 
Iflssensgeblet» z.B. das de^Cfektes durch jenes der^kt^t^ ta meisten. 
Die Ceiiillete zwischen den verschiedenen Zweigen 'des menschlichin 
Wissens entstehen aar aus nnbereehtigtealüBgrliren in tttmit Gebiete. 

Aticli die katholische liieologie, deren vornehmstes Object die 
übernatürliche Offenbarung Gottes ist, und die sich eben desshalb 
hrer Eigenthümlichkeit , als Wissenschaft de^ Glaubens, wie ihres 
nn Dienstbar keitS'VerhäUnisses zu der Kirche*^ ^ gern und freudig 
ruhmtf ist ihrer Oränzen sich stets klar bewusst geblieben, obwohl es 
in ihrem Recht und in ihrer Pflicht gelegen ist, Ausschreitungen und 
Eingriffen, wie sie in den modernen S^/stemen des Materialismus^ 
SpirihiaUsmus, Naturalismus, Eatianalismus n. s. w. an das Litsht 
getreten sind und proteusartig stets wieder neu an das Licht treten^ 
wohlgerüstet und in kräftiger Abwehr entgegen zu treten*). 



*) Ein einverleibungsfreundliehes Gegen-'Keier&t , welches den Univer- 
9i\xXtn fast üherachwängliche Ziele und ytncultur HU tor tacke** AufgH' 
ben, aonder Zahl, zu setzen weiss, das sich ^ornemUeh in dem Ver- 
suche einer Widerlegung des ursprünglichen, in dem nemlichen 
Universltäts*Collegiam eingebrachten, das Petitum des protestantisch' 
theologischen Lehrkörpers, mit vieler Würde zurückweisenden, Refe- 
rates gar sehr za gefallen scheint, und , unter Zuzug einer sehr be- 
trächtlichen Anzahl tAtyti'Christlicher Mit- Votanten^ dAsFeld behaup- 
tet hatte,, resp, als Oollegial-Voräusserung in Bausch und Bogen an- 
genommen ward, leistet wirklich fast unglaubliches in der Erklä- 
rung der nbelangr eichen 3 teile ft de ^^facultatibus et scieniiis aliis 
Ileitis ao permtssis«« des ältesten herzoglichen und des etsten päp^tU' 
eAei»Stiftung8dipl<>mes(e/. oben 8. 3, 5, 13,34, 35}, dann in Aemkühnen 
Schlüsse, dass, wenn man aus der Antheilnahme an der Fronleich- 
nams' Procession , -von Seite der Uniyersitätswftrdenträger , den katho- 
lischen Gha.r&'kter der Universität n ableiten^ möchte, auch die Capi- 
tel des Toison- und anderer 'hoher Orden, „als mit der Kirche in 
Beziehung stehende Körperschaften anzusehen^ wären, [Der ^Poisön- 
Orden wird statu tenmässig in d>er That nur an KathoUken iKergeben, 
und nicht-katholischen Rittern der andern h. Orden wird die Theil- 
nahme an der Fronleichnams-Procession nicht zugemuthet]. Es stellt 
di« Einverleibung det protestantistfh-theo-Togischen Lehranstalt mit 
der Aufhebung der vfeudalen Organisation uneerei Staates^, mit der 
ntnodernen Staatsorganisation«, mit den nuhmehr nreehtsgiUigen Ag- 
rargesetzen"' in Betreff der nQrundentlastung^ j resp. mit der Ablö- 
sung yon nBobqt, Zehenten und andern Servttu^en^ auf eine and 
dieselbe Linie, es weist* auf die n wichtigen Folgen« hin, welche aäs 



117 

Auf dem StandpuQCte der wahrhaft freien Wissenschaft mag 
^^merhin und mü Hecht behauptet werden, es, gebe keine kaihoHsche 



dieser mlntotporxition* ^ ntn socialer , staatlicher j politischer und 
tolkswirthseha/tHcher Hinsicht, für den Kaiserstaai erwachsen^. 
Eben dieses Gegen-Referat gruppiert ferner alle, bei Kinh nur 
immer Yorfindlichen, Minderungen des katholischen Charakters der 
Wiener Universit&t mit so yiel Geschick und Umsieht und verschweigt 
oder tbrndetttet dagegen jegliche Mehtung desselben mit so ängntlicher 
Sorgfalt) dass ihm selbst die spätere Einfügung der theologischen Fa- 
kultät in den Uni Versit&ts -Organismus (um 1384) als eine nicht ganz 
unbedenkliche ^Verändet'ungfi erscheint , die am Ende -Vollends dazu 
angethan wäre , den Nachweis des andauernden katholischen Cha- 
rakters der Wiener Universität zu schwächen, 

£ben dieses Gegen -Referat bemerkt weiterhin, hieher gehörig: 
iiEine Universität ^^ an welcher , mit Genehmigung und Vorwissen 
4'er Siaatsg^waUf di^ phOoeophiichdn Systeme Kanfs, Fichte'e, Her- 
barfsf SegeVs vorgetragen, die Geschichte der Erdformation ge*- 
lehr^ wird^ toelche den Bildungsgang unseres Erdkörpers nach an^ 
dem Gesichtspttncten auffasst, wie die biblische Schöpfungsge- 
€chichtey die exa^cten, physiologischen und physihaMschen Forschungen 
dargelegt werden, welche die Wunder der Natur auf natürliche 
Kräfte und Gesetze zurückfahren, in so lange überhaupt an der 
Wiener Hochschule die Grundsätze der Naturwissenschaft torgetra' 
$en werden, welche nach den Satzungen det katholischen Kirche 
zum grossen Theile verdammt und von der römischen Curie auf den 
j^ndeä! gesetzt worden sind (f fj, in so lange ist es ein Trugschlus 
oder eine Selbsttäuschung , zu behaupten ^ die Wiener Hochschule 
eei eine epecifisch ka^olische Lehranstalt. 

Wenn die Universität ursprünglich in eine nähere Beziehung mit 
der Kirche gesetzt worden ist, so lag der Grund hievon allerdings 
darin , dws in der damaligen Zeit die Kirche vorzugsweise die Trä- 
gerin der Wissenschaft war und zugleich das Genossenschaftswesen 
auf^ innigste durchdrang* Ee ist wohl nicht nöthig, hier dariiulegen, 
wie sich diese Verhältnisse ganz andets gestalteten und es ist nicht 
zu übersehen^ in welcher Weise die Kirche heute insbesondere der 
natui^wissenschaf fliehen Forschung gegenüber steht, wie fort und 
fort einzelne Diener der Kirche die errungenen Besultate der exac- 
ten Naturforschung als Irrlehre verdammen, die herrli(fh8ten Ent' 
deckungen des menschlichen Geistes , die Triumphe der Naturwis- 
senschaf t verdächtigen ^ und in Wort und Schrift , an der heiligsten 
Statte von Dienern der Kirche ein erbitterter Kampf gegen die Na' 
tur Wissenschaft (f fJ den Gläubigen gepredigt wird. 

Wie dem nun immer sein mag, jedenfalls ist heut zu Tage die 
Kirche nicht mehr vorzugsweise die Trägerin der Wissenschaft, 

Wenn es einstens der kirchliche Charakter der Universität gewc' 



118 

Naturwissenschaft^ keine katholische Mathematik^ keine katholische 
Geschichte u, s, w,, wofern liiebei der wichtige Umstand nicht über- 



aen-j teelcher derselben ihren Glanz und ihren Nimbus verschaffte, 
so sind es heut zu Tage gewiss vor Allem die drei weltlichen Facul- 
täten, welche den Glanz und Buf der Wiener Hochschule hoben, und 
insbesondere gerade die Vertreter der naturwissenschaftlichen und 
medicinischen Doetrinen, mit stolxem Selbstgefühl können wir et 
aussprechen, nicht in letzter Meihe die Heroen der medicinischen 
Facultät , welche der Wiener Universität von heute ihren alt über- 
kommenen Muf würdig bewahren. 

Ohne die Wichtigheit und Bedeutung der theologischen Doetrinen 
zu unterschätzen, könnte man es als eine unbe zweifelbare Thatsache 
hinstellen, dass ohne Vortrag der Doetrinen, welche dermalen an 
den drei weltlichen Facultäten gelehrt werden, die Alma Mater Vien- 
nensis schon längst ihren alten Buf verloren haben möchte — Diess 
wäre der Stand der Dinge, wenn die Wiener Hochschule in Wirk- 
lichkeit den Charakter einer specißsch-katholischenLehranstaltbesässe. 

Nach demJErmessen des {unterfertigten) Collegiums sinddie Doe- 
trinen , die an den drei weltlichen Facultäten gelehrt werden, unab- 
hängig von Glaubenslehren und haben mit den Glaubensgrundsätzen 
keinerlei Beziehung, Das {unterfertigte) Collegium erkennt, trotz 
des Bestandes des Bestes mancher religiösen Verpflichtungen der 
Universitäts-Functionäre , weder für sich noch für die Universität 
im Ganzen ein Verhältniss der jyienstbarkeit zur Kirche an, sondern 
hält daran fest, dass die Wisssenschaft frei sei und eben so auch 
die Stätte der Wissenschaft — die Universität — berufen, allen 
Menschen, wess Glaubens sie sind, die Vortheile wissenschaftli- 
cher Forschung , die Errungenschaften des menschlichen Geistes zu- 
zuwenden und die Verbreitung der lebensfähigen Doetrinen zu 
ermöglichen'*, [Also nur der Protestantismus hat Leben'il] 

Erinnert dieses Excerpt , aus einem Beferate bei einem der acht 
UniversitätS'öollegien, nach Form und Inhalt, an einen sogenannten 
Leitartikel, wie deren in Tagesblättem häufig "vorkommen , so klingt 
' es , als zugleich aus einem Schriftstücke eines akademischen Colle- 
giums stammend, eben so verletzend, als uncollegialisch. 

In einem andern etnoer ?e«iww^«/rcMwc?ZtcÄe«üniver8itats-Collegium 
war das einzige ^ro^6s*an^iscAe Mitglied desselben mit dem einschlä- 
gigen Beferate betraut worden. Dieses Beferat lautete , wie von einem 
Protestanten voraus zu setzen war, dem Petitum des protestantisch- 
theologischen Lehrkörpers günstig ; es beschränkte sich jedoch auf 
eine einfache Skizzierung des Petitums selber, unter Hinzufügung 
etlicher weuer ?7rt7«fä^«-Grfinde und enthielt, als CoUegial-Voräusse- 
rung angenommen, weder etwas Verletzendes für die katholische 
Kirche, noch für zwei Collegien einer und derselben Universität. 



119 

seilen wird, daas diese, an und für sieh, n nconfessionslosen Lehr- Ob- 
Jecte^ " von Männern vorgetragen werden, die entweder irgend einer 
bestimmten Confession aus innerer Ueherzeugung angehören, oder 
d^em Christenthvme und der Kirche glelehglltig, wenn nicht, offen 
oder heimlieii, ah Veiflde gegenüber stehen. 

Der so bezeichneten, wahrhaft freien , Wissenschaft treten die 
erwähnten Erklärungen Sr. Majestät nirgends hinderlich entgegen. 
Wohn aber zwei, dem fraglichen Einverleibungsgesuche des prote- 
stantisch-theologischen Lehrkörpers günstige, Voräusserungen dar- 
auf, als auf ein Beweismittel für ihre Anschauungen , sich bezogen, 
ßo begnügt sich das theologische Doctoren-CoUegium mit der Be- 
merkung, dass in diesen, für den katholischen Geist der österreichi- 
schen Umveraitäten , als Gesammtkörper , wie für die kirchliche Gil- 
tigkeit der theologischen Promotionen, so vorsorglichen Bestimmun- 
gen einer Umwandlung der katholischen Wiener Universität in eine 
paritätische nirgejids ein Anhaltspunct gegeben sei, obwohl sie die 
von dem theologischen Doctoren-CoUegium in Anspruch genommene 
Bezeichnung des katholischen Charakters einer Universität nach dem 
gegenwärtigen Sprachgebrauche rechtfertigen und erhärten. 

Solchen Auffassungen und durch die f actischen Verhältnisse 
gebotenen Zugeständnissen gegenüber erscheint es in der That als 
etwas höchst Ueberßüssiges , wenn drei Universitäts-CoUegien, in 
ihren, dem Einverleibungsgesuche günstigen, Voräusserungen, sich 
förmlich abmühen, zu erweisen, dass die Wiener Universität, als 
Ganzes y den frühem geistlichen und kirchlichen, ja'^theilweise selbst 
den spedfisch'katholischen Charakter nicht mehr besitze ; dass diese 
Hochschule weder eine kirchliche Stiftung, noch eine katholische Cor- 
poration, oder dass öieals Corporation nicht irreformahel sei; dass 
' sie im 16. und 17, Jahrhundert nach ihren drei weltlichen Facultäten 
zeitweilig protestantisch gewesen und gegenwärtig in dem Zustande 
völliger Säcularisation sich befinde, indem sie AJcatholiken und Jtt- 
den in ihren weltlichen Lehrkörpern und Doctoren-Collegien zähle, 
indem sie Äkatholiken nnd Juden zum üniversitätsstudium zulasse 
und zu Do Ctoren promoviere, indem ihre Promotionen des kirchlichen 
Charakters ganz und gar entkleidet seien, indem von dem kirchlichen 
Dogma unabhängige, freie, Wissenschaft gelehrt werde u, s. w., u, s, w, 
Axi£ alles Dieses kommt es hier zunächst nicht an; aus allen 
diessfalligen Deductionen resultiert bloss, dass der confessionelle, 
resp. katholische Charakter der Wiener Universität bei den drei 
weltlichen Facultäten in jüngster Zeit weniger ausgeprägt erscheine, 



y 



120 

iaährend selbe das elf eitUcIl« Wakr- und ienseieken dieses Cha- 
rakters^ eine kathdisek-ike^Ugiteke FaeiUit, in ihrem Organismus 
noch fortan aufzuweisen hat^. 

Einigen andern Einwendungen, Angriffen und Bemän-» 
gelungen der einverleibungsfreundUehen Voräussetungen begeg- 
net das theologische Dociorcn-CoUegium (7. c, 8. 23 — 26): 

nEben so überflüssig war es, der gegentheiligen Ausl&kmng 
mit der Distinction zwischen Stiftungen von staatsrechtlichem Be- 
lange und zwischen Stiftungen lediglieh privatrechtlichen Titels zu 
begegnen, die Initiative des LandesfÜrsten bei der Gründung der 
Wiener Universität, der päpstlichen M^Begründung, resp, Bestäti" 
gung gegenüber, so stark zu betonen, und unter diesem Gesichts^ 
puncte ihre ursprüngliche kirchliche Eigenschaft mehr odei' weniger 
anzuzweifeln, von der uirsprünglichen Dotation aus Landesmittelif 
auf die ursprüngliche Eigenschaft einer n nStaats*Änstalt^ * zu schlies- 
sen und selbst den katholischen Charakter der theologischen Facultät 
fcu bemängeln, weil ihr Lehrplan, üvre Lehrmethode und ihre Spon- 
sionsformel im 16. und resp. im 18, Jahrhundert durch die Staats* 
Regierung neu geordnet wurde. 

Hatte denn die katholische Kirche in Oesterreich ihren katho- 
lischen Charakter verloren, weil sie sich zeitweilig den einseitig er- 
gossenen k. k. Verordnungen in PublicorJEcclesiasticis fögen musste? 

Kaiser Perdinand 1* hatte , aus eigener Machtvollkommenheit 
(n Tide plenitudine potestatis nostraef^f^), am 1. Jänner 1564 ^ auch die 
theologischen Studien an der Wiener Hochschule reformiert und Je- 
suiten in die Facultät berufen (cf. oben S, 53, 58, 61); wer möchte^ 
hieraus ableiten , dass durch diesen Begierungsact die theologische 
Facultät aufgehört habe, eine katholische zu sein? — 

Eben dieser Kaiser zählt im Eingange zu seinem diessflilligen, 
Reformpatente, durch welches die Wiener Hochschule „ y^von Staats^ 
wegen^^ neugeordnet wurde, diese Universität unter die vielen an- 
dern groBsarügen Stiftungen (n nfundationes^ ") seiner frommen Ahnen 
(Kink, IL, S. 373; cf oben S. 60, 61). Warum sollte der Nachweis 
des katholischen Charakters dieser Hochschule den Ausdruck : » «Äfo/- 
tang^"^ nicht ebenfalls gebrauchen dürfen? — 

Nehmen wir immerhin an, die Wiener Universität sei «cÄo» 
durch die Reformen Ferdinand^ s, also schon im 16, und nicht erst 
im 18, Jahrhundert, eine n n Staats- Anstalt (^ « geworden, so zeigen diese 
Reformen, in welchen der katholische Charakter der Wiener Hoch- 
schule in der bestimmtesten Weise gewahrt wird, nur wieder, dass 



1 



121 

«tucli nAStmteanstalten^^ einen katholisch&a Charakter haben ken- 
nen (cf. Kinky I., i., S. 267—278; 290—308). 

Es ist hier femer ganz irrelevant^ zwischen der nnStcuits*^^', 
iresp. nnLcÄr"**- oder nnürUerricht$^*^-nriAnstaU*^*^ und zwischen 
der j^nCor/i^ora^on''" zu unterscheiden. 

Auch blosse r»»i8'toa<5"*'-»»Z/eÄr««- oder n n Unterricht» '^'^ - 
f»h Anstalten*^ *^y höherer und Aöc^^^r Eigenschaft, können einen 
canfessionellen Charakter besitzen. 

Das redendste Beispiel hiefür ist ja die nnStaatslekranstaU*^^ 

selber, welche eben Einlass in den UniversitfitsTerband begehrt, und 

das Universitäts-CoUegiüm , welches n nattsdrücktieh^ ^ betheuert, 

n ttdasB es der immer toeiter um sich greifenden Theorie nicht huldigei 

tvornach der Kirche der ihr durch das geschriebene Recht und durch 

das Gesetz der Nothvyendigkeit gesicherte Einfluss auf die VolkS'^ 

und die Mittet- Schule entzogen werden «oZ/^^, hätte anf diesem Stand« 

puncto nicht übersehen dürfen, dass durch die theologische Facultät 

auch, in den Universitäten die confessioneUe Eigenschaft der Volks* 

und Mittel-Schulen, obwohl in anderer Weise, Platz greift, dass ein 

n 71 Gesetz der NothwenMgkeit^ ^ die Simultaneität zweier, confessio- 

nell getrennter, theologischen Facultäten an der Wiener Universität 

verbietet , da die katholische Facultät mit einer protestantis<hen in 

einem und demselben Üniversitätsorganismtks j ohne die grösste und 

wesentlichste Mnbusse an wohl erworbenen Rechten ^ nicht bestehen 

kann, und da selbe, bei ihrem fünfhundertjährigen Allevnbestande in 

diesem Organismus^ doch wohl auf die alte Rechtsregel sich berufen 

darf, welche dergestalt lautet: 

unln pari causa melior est conditio ejus, qui certat de damno 
etritandOy quam ejus, qui certctt de lucro captando^f^. 

Es haben endlich die gegen die nachgesuchte Einverleibung 
gerichteten Voräusserungen nirgends auf einen bUss privatrecht- 
tichen Titel für die Gründung und den unveränderten Fortbestand 
der Alm^a Mater von Wien sich berufen ; es konnte ihnen, sammt und ' 
sonders, zuletzt nur darum zu thun sein, zu zeigen , dass die Wiener 
Universität, zur Stunde noch, als Schule oder Lehranstalt, wie als 
Corporation, einen katholischen Charakter habe. 

Sie haben es nicht übersehen, dass diese Hochschule, von dem 
damaligen Landesherm errichtet und schon ursprünglich aus Lan- 
desmitteln dotiert, von Ebendemselben auch ihre erste corporative 
Einrichtung, als nnüniversitas Magistrorum et Scholarium^^ (cf./S'a- 
vigny^ Geschichte des römischen Rechtes^ im Mittelalter, 3. Band, 



122 

21. Kap., 2, Ausgabe, 1834, S. 152—421), und ihre Erhebung zur 
7> nhohen Schulest « („ y, Studium *generale^ *^), mit dem Rechte, sich sel- 
ber die weitem »»Äto^M^en«" zu geben, also mit dem Rechte auf ihre 
eigene innere Fortentwickelung, unter ausdrücklicher Zustimmung 
äer kirchlichen Obern, nemlich des Diöcesanbischofs und des Pap- 
stes, empfangen hat. 

Sie haben es nicht übersehen, dass es die Natur einer hohen 
Schule und selbst jene einer Corporation mit sich bringt, zeitgemäss 
sieh zu vv entwickeln'^ ^, aus ihr selber heraus, nach den Anforderungen 
der fi nfoTtschreitenden Wissenschaftf^f^ und nach deh\jeweiligen, das 
corporative Lebeii selber bedingenden, Zeitverhältnissen, sich auszuge- 
stalten, wenn sie auch die mehr oder weniger nebelhaften Ziele der 
Wiener Hochschule nicht stellen mochten, welohe, über den ruhigen 
und ernst-wissenschaftlichen Entwicklungsgang der vier Facultäten 
und deren nächste, grösstentheils sehr positiv lautenden. Aufgäben 
hinweg, zwei Voräusserungen theils fär die heutigen Universitäten 
überhaupt, theils fttr die Wiener Universität, als n nCentrdl^Bock- 
Schule des Reiches^ ^, wie als Vorkämpferin für nvOesterreichs m>a- 
terielU, geistige, politische und sociale Hegemonie in Deutschland**^ ^ 
vorzuschweben scheinen. 

Das theologische Doctoren-Collegium glaubt mit Recht in 
Zweifel ziehen zu dürfen, ob so hohe Ziele jemals einer andern deut- 
schen Universität, selbst die Berliner Hochschule Äicht ausgenom- 
men, im Ernste gestellt worden sind, oder ob sie überhaupt noch in 
dem Gesichtskreise der » n freien, um ihrer selber willen vorhande- 
nen, Wissenschaf t^ '^ stehen. 

Die gegen die Einverleibung gerichteten Voräusserungen und 
Separat- Vota haben es nie und nirgends in Abrede gestellt, dass 
Fälle der Nothwendigkeit eintreten können oder wirklich eingetre- 
ten sind, in welchen der gesetzliche Nachfolger des Stifters, also bei 
der Wiener Universität der Landesherr, als Restaurator in den kraft- 
los gewordenen Organismus der Schule und der Corporation vollbe- 
rechtigt eingreifen dürfe oder wirklich eingegriffen habe, 

Sie haben das Recht des Landesherrn auf die Umgestaltung 
(Reformatio sive Restauratio) der gegenwärtigen Wiener Universität, 
an und für sich betrachtet, und bei stetiget* Rücksicht auf ihren an- 
gestammten katholischen Charakter, nie in Frage gestellt. 

Auf dem Standpuncte der genannten Voräusserungen er- 
scheint es demnach neuerdings als etwas höchst üeberflüssiges, wenn 
die, der fraglichen Einverleibung günstigen, Gutachten und Referate, 



123 

sammt und sonders^ einen grossen Theil der Kraft allein darauf ver- 
wenden, dasReformations-„„jß6CÄ^«« der nn Regierung^ ^y der Wiener 
Hochschule gegenüber, mit zutreffenden und nicht zutreffenden Grün- 
den j nachzuweisen und zu erhärten. 

Die gegen diese Einverleibung gerichteten Voräusserungen 
und Separat- Vota durften aber hinwieder auch die zwei Puncte 
niclit übersehen: 

i. dass alle bisherigen Reformen bei der Wiener Universität, 
seien sie nun von den Rechtsnachfolgern des Stifters allein, oder im 
vorgängigen Einverständnisse mit dem Oberhaupte der Kirche, 
unternommen worden, von Ferdinand I, an bis auf Franz Joseph /. 
herab, und selbst die Reformperiode des 18, Ja^hunderts nicht aus- 
geschlossen, dem katholischen Charakter dieser Hochschule stets 
mehr oder weniger Rechnung getrag^en haben; 

2. dass durch die nachgesuchte Einverleibung der protestan- 
^«cA- theologischen Lehranstalt der katholische Charakter der Wiener 
Universität erlöschen, diese selber, auch in ihren corporativen Grund- 
lagen bedroht und resp, umgewandelt, gleichfalls bloss als eine netie 
und paritätische » »Lehranstalt" " dastehen würde, dass die aus der 
nachgesuchten Einverleibungsich ergebende Üniversitäts-Reform einer 
gänzlichen Aufhebung der alten ^ fünfhundertjährigen, Hochschule 
gleich käme und als solche zu erachten wäre". 

Dieser einlässlichen Vertheidigung des katholischen GhsiTok.- 
ters der Wiener Hochschule und seiner Vertreter wider die, 
gegnerischer Seits vorgebrachten, Reflexionen über « nStiftungenf^^^ 
nn Reformationsrecht der Regierung ^^f^^ n n Staats- Lehr anstaltenf^ f^ u. 
s, w.j lässt das theologische Doctören-Collegiura (l, c, S, 27 — 
• 29) einen kurzen Ueberblick jener Beweismittel folgen , welche 
oben (S. 110, Anmerkung, sub lit a.^ als den „vorwiegend con- 
fessionellen Charakter der Universitäten mehrend^ bezeichnet 
wurden, bei der W^iener Universität bis srnf iie jüngste Zeit 
noch hervortreten und an dieser Stelle der Beweisführung der 
ihnen einwohnenden, wenn auch in drei einverleibungsfreund' 
Uchm Voräusserungen angestrittenen, Beweiskraft nicht länger 
entkleidet bleiben können und dürfen: 

»Wenn aber das theologische Doctoren-CoUegium mit seiner 
Berufang auf den katholischen Pharakter der Wiener Universität bis 
auf das unanfechtbare Axiom zurückgegangen ist, dass dieser katho- 
lische Charakter letztlich auf der theologischen Facultät beruht, und 
dass diese Hochschule unter diesem Gesichtspuncte eine Uni- 



124 

versitäi mit torwiegend katholischem Charakter i^t, so darf es nun 
hinwieder auch auf jene kafhoUschen Attribute^ Rechte und Functio- 
nen volles Gewicht legen ^ welche dieser Hochschule noch in einer 
Weise eignen^ wie keiner andern katholischen Hochschule Deutsch* 
lands^ die Präger ausgenommen. 

In ihrem Senate sitzt bis zur Stunde der Propst der Metropo* 
litankirche zu St. Stephan, als Kanzler; sein Rechte als Kanzler, ist 
stiftbriefsmässig begründet. Er übt dieses Recht noch jetzt durch 
seine Gegenwart bei den akademischen Promotionen, durch diö 
eigenhändige Fertigung der Doctor- Diplome, Die Doctoranden der 
Theologie legen vor ihm vorschriftsmässig das tridentinisehe 
Glaubenshekenntniss ab. 

Der Rector und die Decane der Doctoi*eil-Collegien, Letztere 
in Fussstapfen der alten Facultäten, nehmen stiftungs- und Statuten-^ 
gemäss an gewissen katholischen Fest-Feierlichkeiten in der Metro^ 
poUtan- und in der Universiiäts-Kirche Theil, insbesondere an dei» 
JFVonZetcÄnflwi^-Procession und an der Communion in Coena Dominik 

Auch den Decanen der k, k. Professoren*Collegien ist das Er- 
scheinen bei den kirchlichen Festlichkeiten in St, Stephan und ander-» 
wärtig wiederholt nahe gelegt worden. 

So Wurde durch Consistorial-Erlass vom 23. März 1850^ 
Z. 632 i dann vom 8, November 1851, Z. 1756, der Universitätspe- 
dell beauftragt, rmzu allen jenen kirchlichen Feierlichkeiten, bei weh 
chen die Universität bisher durch den Rector und die vier Xfecane 
vertreten war, künftighin nebst dem Rector, alle acht Decane einzu-^ 
laden^^, Hiehcr gehört auch der Consistorial-Erlass vom 3, Fe* 
bruar 1855, Z. 341, 'in welchem die acht Decane aufjgefordert sind, 
bei dem Te Deum, aus Anlass der glücklichen Entbindung Ihrei* 
k. k. Majestät, im Dome zu erscheinen. 

So wurden im Jahre 1855, durch Rectorafs^JSrlass Vom 16. Jwiii 
Z. 1479, die acht Decane zur Theilnahme an der Vesper und Pre- 
digt, dann an dem Hochamte und der Fest-Procession eingeladen« 
die aus Anlass der dogmatischen Entscheidung über die unbefleckte 
Empfängniss der seligsten Jungfrau am 2U und 2 2, Juli stattfanden. 

Am 28, und 29, Juli 1855 wurden, aus dem nemlichen An- 
lasse, auch in der Universitätskirche feierliche Gottesdienste gehal- 
ten, zu welchen überdiess die Mitglieder der Doctoren-Collegien, 
durch Consistorial-Erlass, Z, 1451, geladen waren, nnindem die 
Wiener Universität sich jederzeit durch eine besondere Verehrung der 
aller seligsten Jungfrau ausgezeichnet und seit dem Jahre 1649 durch 



125 

eine lange Reiht von Decennien auch das Juramentvm de Immacu- 
lata OonceptUme B. M. V. aufrecht erhalten habe^^*). 

Die Mitglieder aüer vier Facultäten haben noch ein kaiserlich 
verbrieftes Anrecht auf Eines der sechs Universitäts^Canonicate ; das 
Venerahile Consistorivm übt die»s&lls das Patranats-Recht 

Solide Prärogativen und Punction^n sind doch wohl geeignet, 
die katholische Eigenschaft der Wiener Universität zu mehren, dieser, 
zusammen gehalten mit der katholischen Eigenschaft der ihr orga- 
nisch verbundenen theologischen FacuUät, den aus letzterer Eigen- 
schaft fliessenden kaffhoUschen Charakter zu sichern, ne mit ihrer 
äUem Schwester zu Prag an die Spitze der wenigen vollständigen 
katholischen' Universitäten Deutschlands zu sMlen^. 

Das theologische i>o<5tor«n-Oollegiii'm konnte demnach {L <?., 8* 
61 , svh 9 — 11) mit vollstem Rechte Folgendes resümieren: 

„Der Wiener UnivermtM ist a. ^rch die landesfUrstlichen 
Erections^Urkünden, durch die päpstUdhen BestäUgungshuUen^ wie 
durch die äUesien Universvtä^s- umd Pncuft^tts^ß^tmteny b. durch 
den bald fünfhundertjährigen Fort- und ÄUein-Bestpend der theolo- 
gischen Facultät in ihrem Organismus , c. durch gewisse theils stift- 
briefsmMSsige , theils im Laufe der Zeit erworbene Attribute, Rechte 
und Functionen ein katiioUselier Charakter an>gesHftet^ , 

nDie im Laufe der Zeiij besonders unter d&m r&mischen Kai- 
ser Ferdinand L und bis auf die Regiertmg Sr, k^ ife» Apostolischen 
Majestät , Franz Joseph, des Ersten^ h^ran^ bei und an der Wiener 
Universität unternommem&iy Eefernen haben diesem kalholiselien 
Charakter stets mshr oder tpeniger Rechnung getn'ogen^, 

ftDie Wiener Universität ist zur Stunde noch eine »vormegend^ 
ktAMUAt Universität, a. dwrch den ununterbrochenen Fort- '^tmd 



^) Eg «ei hier nach^äglieh auch die Gelegenheit wahrgenommen, noch 
einmal auf das gottesdienatliche- Lehen der alten Wiener Universität 
(c/. ohen, 8, 33, die erste Anmerkung ; S, 61 /.; 8. 72, Änm,; 8. 76, 
die erste Änmeriung*, 8, 77 — 79), resp, auf das vollständige Ver- 
zeichniss der JJnivertitäts-^Kirchenfeierliehhtiten an den Festen <des 
Herrn, der »eUgtten Jimgfrau und Q-o^ie^mutter Maria und der 
Heiligen Gottes, wie auf die Parentationen und auf den historischen 
Hymnus gradualis an dem ewigen Jahrtage für die verstorbenen Mit- 
glieder der Universität {cf^ohen, 8. 77) in der n Zeitschrift für die 
gerammte katholische Theologie^ {Wien, IShl), Band IL, 6'. 3P2 — 
395, hinzuweisen. Der katholische Charakter der Wiener Universität 
stellt aioh in diesem Allegate auf das Glihnzendste heraus. 



126 

ÄUein-Bestand ihrer theologischen FacuUät\ b. durch den ununter- 
brochenen Fortbestand der silftbrlefsmässlgeii, mit der Propstei zu 
8t Stephan immerdar verbundenen^ Wftrde des VnlTersliätskanilers, 
und mehrerer anderer ^ gegenwärtig noch vorhandener ^ kaih^lisehei 
Attribviey Stiftungen j Rechte und Functionenfi, 



Nach dieser l&ngern Deduction und resp. Vertheidigung des 
vorwiegend katholiscke'X Charakters der heutigen Wiener Univer- 
sität, welche, vornemlich drei einverleibungsfreundlichen Oollegial- 
Vorätisserungen gegenüber^ zu führen war, wendet sich das theolo- 
gische Doc^orcn-CoUegium und mit diesem die vorliegende Denk- 
schrift zu den Gründen ^ welche von dem protestantisch-theologi' 
sehen Lehrkörper und van dessen Freunden bei der Universität, 
in ihren diessf älligen Voräusserungen , für die Einverleibung 
der protestantisch-theologischen Lehranstalt vorgebracht wurden. 

Das theologische Doc^oren-CoUegium bemerkt diessfalls 
(l. c, 8. 29 )y zuvörderst im Allgemeinen: 

»Die Voräusserungen, welche gegen die Einverleibung der pro- 
fe«te7i^5cÄ-theologischen Lehranstalt gerichtet sind, hatten aber nicht 
bloss zu erweisen, dass der Wiener Universität bis zur Stunde ein 
vorwiegend katholischer Charakter eignet, dass sie nach dem heutigen 
Sprachgebrauc/ie eine katholische Universität ist: sondern es mussteu 
auch die Rechts- Titel und Utilitäts-Gründe näher geprüft werden, wel- 
che in dem Gresuche des ^rofeÄ^an^wcÄ- theologischen Lehrkörpers 
und resp. in den diesem Gesuche günstigen vier Voräusserungen an- 
derer Universitäts-Collegien vorgebracht wurden, um die Aufnahme 
der jpro^e^ton^ÄCÄ-theologischen Lehranstalt in den Verband der 
Wiener Universität zu bevorworten. 

Die Bewerbung des protestantisch-theologischen Lehrkörpers 
um die Aufnahme in den Universitätsverband datiert schon von länger 
.her, resp, aus der Zeit der Errichtung der protestantisch-theologi- 
schen Lehranstalt selber. 

Fs liegt nämlich eirie gewisse AnsprüchUchkeit j ein gewisses 
Ungenügen an dem Errungenen in der Natur und in dem Principe des 
Protestantismus. Die Geschichte Oesterreieh^s hat hiefür aus älterer 
und netterer Zeit Belege in Menge aufzuweisen^. 

Dann wird Von dem theologischen Docferen-CoUegiumi (7. 
c. j S. 29 — 34) das erste förmliche Aufnahmsgesuch des prote- 



127 

stantisch'theologischen Lehrkörpers und dessen Erledigung durch 
das hohe k. k. UnterricMs' Ministerium weitläufiger besprochen. 

Dieser Darlegung zufolge hatte am 7. Aprill84S die nDi- 
-rection und der Lehrkörper der k, k, protestantisch-theologischen 
XtehranstaW^ an das neu errichtete Ministerium des öffentlichen 
Unterrichtes, mit Beziehung auf eine gewisse März-Adresse, . die 
Bitte um n nEinverleibung^ " in die IFiener-Universität gestellt. 

Letztere selber, am 9. April 1848 vom hohen Ministerium 
zur ngründMchen Begutachtung^ dieser Bitte aufgefordert, hatte, 
trotz der günstigen y^Vorätisserwigen'^ der Facultäten, in der 
Consistorial-Sitzung vom 23. September 1848 , gegen die nachge- 
suchte Einverleibung sich ausgesprochen und in diesem Sinne 
an das hohe Ministerium berichtet. 

In dem Gesuche, vom 18. Juni 1861, wird auf eine Ministe-^ 
rtaZ-Erklärung vom 7. Jänner 1849, und auf einen a* u. Vortrag 
Sr. Excellenz, des damaligen Herrn ünterrichtsministersj dd, 7, JuH 
1850 (56, Beilageheft zum E. G, B., 1850), resp. auf ein: nnför 
jetzt^»' und auf ein: y^^^der fernem Zukunft vorbehalten'^ "^ in eben 
diesen Actenstücken hingewiesen, aus welchen Ausdrücken 
die Anwartschaft auf die nachgesuchte „Einverleibung^ , resp. 
y^Aufnahme'J^ in die Wiener Universität folgen sollte *). 



*) Während ein 6i«t7erZ6«5un^it/reunc2Z2cA6« Commissions-^tf/^ra^, resp. 
eine derlei OollegiaU Vor ausser ung es für klar und gewiss hält, dass das 
Ministerium ndie Einverleibung der evangelisch*theologischen FacuU 
tat für die Zukunft in Aussicht gestellt habe *t^ ferner annimmt, nes 
seheine dasBeeht der Promotion zur Doetorsißürde*t dieser Anstalt »tm 
Hinblick auf die ihr künftighin zu ertheilende Eigenschaft einer Fa- 
cultät im eigentlichen Sinne des Wortes, das heissi, im Hinblick auf 
ihre Verbindung mit der Universität gewährt worden zu sein, da sonst 
die von ihr verliehene Doctorswür de kaum resp ediert werden dürfte^, 
während endlich dieses Referat, resp. diese Voräusserung fast tadelnd 
bemerkt, dass nseit diesen Verfügungen (?) mehr als ein Deeennium 
verflossen sei , ohne dass das in denselben in Aussicht Gestellte aus- 
geführt worden wäre^^i bemerkt das ifc. k. Professoren-Öollegium 
der theologischen Facultat In seiner VorätMserung , dd. 5. Mai 
1862, sub lit, B., JVr. 1, gegen solche Annahmen: nWenn es heisst, 
dass nnfür Jetett^** nicht darauf eingegangen vr erden könne, so 
ist damit noch gar nicht berührt, ob in der Folgezeit darauf werde 
eingegangen werden können; es ist sonach der aus diesem hohen Er- 
lasse gezogene Schluss ein — Fehlschlüsse Mit nicht grösserem Glücke 
beruft sich der piotestantische Lehrkörper auf den oben erwähnten 
Vortrag des Herrn Unterrichtsministers. Wir haben den ganzen 



128 

Eine directe Berufung auf irgend einen der 25 Paragraphen. 
des a. h. Patentes y vom 8. April 1861, war wohlweislich unter- 
blieben ; dagegen wurden den, am 7. Äprü 1848 vorgebrachten, 
Otiiitäts-OrUnden etwelche neue beigefügt. 

Was übrigens von allfäUig angegebenen Eechis-Titela 
in dieser Frage zu halten wäre , darüber hat die Mtsforität des 
juridischen Professoren-CoUegiums ganz fichtig bemerkt, das» un- 
ter der, im a.h. Patente vom 8. April 1861 und schon früher (1649 
und 1851) ausgesprochenen, n6r2eicft$6r«cft<^n^a ein „«•■fessi^mel- 
1er CtSMnisMis sicher nüM gemeint gewesen sei«. 

Ja selbst ein rechtskundiger, der fraglichen • Einverlei- 
bung übrigens günstiger, Referent hatte in der betreffenden 
Collegial-Sitzung erklärt, „es sei ein Recht der evangelisch-ÜLeo- 
logischen Facultät, die Aufnahme in den Verband der Wiener- 
Universität zxi fordern, selbst nach dem Protestanten- Patent vom 
Jahre 1861, keineswegs vorhanden**. Und in der, von diesemRe- 
ferenten hiernach formulierten, CollegialrVoräusserung liest man: 

„Das unterzeichnete Coüegium hat sich bei seinen Erwägun- 
gen und Beschlüssen weder von der, sehr oft ganz gedankenlos an- 
gewandten, Zeilphrase der Gleichberechtigung der Oonfessionen be- 
stimmen lassen, noch auch sich einer einseitigen historischen Auffas- 
sung gefangen gegeben. Das CoUegium konnte zunächst weder in 
dem Concordate , namentlich in den Artikeln V bis VIII desselben, 
ein Hinderniss, noch in dem Protestantenpatentej vom 8, April 1861, 



Yortrag des Herrn Misisters mit Aufmerksamkeit gelesen , aber nicht 
gefunden, iass darin der DnErfiNiDg diests AnBwehensf^^ in nneiner 
fernem Zuiunft*nt gedacht -wird; es ist in der That nicht Von der 
Erfüllung dieses Begehrens, sondern bloss von der rtuBegelung der 
Beziehungen heider Anstalten»'*^ (nemlich der proteatanütch-theologi- 
sehen Lehranstalt und der Wiener üniTersität) zu einander in nn einer 
fernem Zukunft*^** die Rede, indem der Herr Minister sich da- 
hin äussert, dass es (bei dem gegenwärtigen nnj^roviBorisehen Zu- 
«<afi€?6«« der üniTersitäts-YerfaBsung) yi<nzv>eehmä6%ig&r echeine , die 
Begelung der Beziehungen heider Anstalten zu einander einer fer- 
nem Zuittnft UTid der selhiUhätigen Mitwirkung ihrer eigenen lei' 
tenden Behörden varzuhehaltent^'*. Eine Zusage kann der Herr Mini- 
ster um so weniger gemacht haben, da er in demselhen Vortrage 
ausdrüehUeh erklärte, dass niteine solche Vereinigung nicht ohne 
wesentliche Aenderungen in der, auf ihrer geschichtlichen Entwiche^ 
' hing beruhenden j bisherigen Gestaltung der Wiener JTochschule 
ausführbar i^Är««". 



129 

ein Recht zur Airfnahme der evangelisch-theologischen FacuUät in den 
Verband der Wiener Universität erkennen«. 

Das theologische Doc^oren-CoUegium bemerkt daher (L c, 
jS. 39 /.) , einer so vorsichtigen und bloss allgemein gehaltenen 
Berufung auf den » ytfrischen Umschwung unserer staatlichen Ent- 
Wickelung^ 'i ^ wie auf die y^ ^Zeitphrase^ ^ der ' confessionellen 
Oleichberechtigung gegenüber *) : 



*) Das theologische Professoren-GolXegvxax hebt {l. e, , Ht Bo ^ub 
Nr. i), hieher gehörig, hervor: „Wenn der /»ro^e^^an^'scA-theologische 
Lehrkörper, auf den „jJ'riBchen Umschwung unserer staatlichen Eni- 
teichelung*^'^, auf die nnzum Gesetz erhobene Gleichberechtigung der 
Gonfessionen«« hinweisend, gerade „„die Gegenwart^*i> als nitgün- 
stige Zeit für den Antrag (^f) auf Einverleibung [seiner) Facultät in die 
Wiener Hochschule betrachten zu dürfen glaubt'*'* : so haben wir 
darauf zu erwiedem, dass diese Einverleibung, an und für sich schon 
aus Gründen^ die oben (A.) ihre Ausführung gefunden haben, 
schlechthin unstatthaft^ in ^ex jetzigen Zeit um so beklagen swerther 
seinwärde, da die Männer der Bewegung mit allen Xäna^^n der 
Aufwiegelung , mit allen Waffen der Ungerechtigkeit gegen die ka- 
tholische Kirche zu Felde ziehen. Eine unberechtigte Zurücksetzung 
der Katholiken in dieser Angelegenheit wäre eine , wenn auch kei' 
neswegs beabsichtigte, doch ganz natürliche Ermunterung kirchen- 
feindlicher Bestrebungen von unberechenbarer Tragweite., und 
würde Kämpfe herbeiführen, welche dem 8taatswohle unmöglich 
erspriesslich sein könnten'^. 

Eben dieses Collegium fährt (/. c, lit. B., sub Nr, 2) weiter fort: 
„Also der protestantisch-iheologiache Lehrkörper verlangt , auf 
Grund der nn Gleichberechtigung der Confessionen**'*, die Aufnahme 
in die Wiener Uochsohuie; das heisst genauer und umständlich be- 
stimmt: er verlangt nichts weniger, als daAS die katholische Universi- 
tät aufhöre, diesen Charakter zu besitzen, dass der stiftbrieflich be- 
stimmte und bis nun aufrecht stehende Zweck der Universität alteriert, 
dass die katholische Kirche in ihren Bechten beeinträchtiget werde, 
dass allerlei Unzukömmlichkeiten herbeigeführt, schwere Bechts- 
Verletzungen an den bestehenden Facultäten und an den katholischen 
Mitgliedern der Universität begangen werden, dass allerlei Uebel- 
ständen, zum grossen Nachtheile der Universität, Thüre und Thor 
geöffnet, dass die weit grössere Mehrzahl d^x Katholiken Oesterreichs 
tief verletzt VLiid gekränkt werde (siehe A.) , und Diess zu dem Ende, 
dass die Protestanten an dieser Hochschule eine theologische Facultät 
besitzen können. Ohne zu erörtern und in Erwägung ziehen zu wollen, 
ob dieser angestrebte Vortheil zu den erwähnten ^^ac^^Äat'Zen in einem 
billigen Verhältnisse »tehe , erlauben wir uns hierbei nur zu fragen, 
erstens: Ob es zu Bechts- Verletzungen einRecht gebe? — Dann zwei- 

9 



130 

„Es war, von Seite der fiir die Einverleibung günstigen Vor- 
äusserungen, ein, obwohl überflttsaiges , doch richtiges Strategem, 
das Recht des proteatantisch-theelogischen Lehrkörpers auf diese 
Einverleibung ganz ausser dem Spiel zu lassen, und dafür das diess- 
fäÜige Verfügung sr echt der Staatsregierung um so schärfer zu betonen. 

Es bleibt ^also, nach Allem, bei den blossen n nUtilitäts-Chrün' 
den^^y welche der protestantisch-theologische Lehrkörper angeftihrt, 
aber keineswegs so prägnant formuliert hat, wie eine, der Einver- 
leibung günstige, Voräusserung, welche da meint, „„es würde zu 
weit abfiihren, alle die wichtigen Folgen darzulegen, die in socialer, 
staatlicher, politischer, finanzieller und volkswirthschaftlicher Hin- 
sicht für den Kaiser Staat aus der Incorporation der protestantisch-theo- 
logischen Facultät in den Verband der Universität erwachsen"«. 

Man muss dem protestantisch-theologischen Lehrkörper die 
Ehre lassen , dass er in der Darlegung der Utilitätsgründe , aus wel- 
chen er die Aufnahme in den Universitätsverband nachgesucht hatte» 
nicht so über sckw anglich gewesen ist, dass er zum Theil selbst auf 
thatsächliche nnüebelstände^^ sich bezogen hat, deren baldige 3e- 
QeitigVLug im wirklichen nnlnteresse des öffentlichen Unterrichtes"« 
immerhin gewünscht werden mag, die aber, ihrer Natur nach, absohä 
unzulänglich sind und bleiben, wenn sie die Nothwendigkeit der Ein- 
verleibung in die Wiener Universität er«reisen sollen. 

Dahin gehören z. B. die r) nUebelstände^ ^ , welche aus dem Ab- 
gange eines, für alle vier Facul täten gemeinsamen, Universitäts- Ge- 
bäudes entspringen und denen die Angehörigen der Universität eben 
so ausgesetzt sind , wie die Shtdierenden der protestantischen Theo- 
logie j welche Vorträge an der Universität zu hören haben *). 



tens: Ob es n t^ Gleichberechtigung ^ ^ sei, wenn dem Einen ein Hecht 
genommeii wird, um es dem Aridem zukommen zu lassen?« — 

*) Aus diesem r> Uehelstandeft folgt aber noch keineswegs die Nothtcen- 
digkeit oder auch nur die Räthlichkeit, die Hörsäle der pro te 8 tantit eh- 
theologischen Lehranstalt in das künftige neue Universitäts ■Gcbä.Mde 
selber zu verlegen. Das theologische Professoren 'Collegmm hat 
diessfalls {L c. , lit, B. ^ sub Kr, 3) hieher gehörig bemerkt: 

«Die Prämisse: nnTyie evangelisch- theologische Facultät bedarf gün- 

' stigere Localitäten«« « , und der Folgesatz : nnDie evangelisch-theologische 
Facultät ist in den Verband der Universität aufzunehmen««, stehen 
weder in erlnem logisch , noch in einem Juridisch begründeten Zusam- 
menhange. Weil aber die Bittsteller die Aufnahme der Lehranstalt in 



131 

Nun geht das theologische Doctoren'GoWQgxnvcL (L c, 8, 40 
— 48) auf eine umständlichere Beurtheilung der üHlitäts- Gründe 
ein, welche der protestanUsch-theologische Lehrkörper und die 
Voraus s er ungeii der 'vier einverleibungsfreundlichen ümversitäts- 
CoUegien, zur Unterstützung des protestantischen Aufnahme-Ge- 
suches ins Treffen göf ührt hatten. Man liest nemlich (L c.) : 

«Andere dieser ütilitäts- Gründe sind jedoch nicht bloss unzu- 
länglich^ sondern schlechtweg unzutreffend oder unstatthaft 

Dahin gehören z. B. die Berufungen auf die irrthümlichen An- 
sichten des Auslandes über die Stellung der protestantisch-theologi- 
schen Lehranstalt, ihrer Professoren und Schüler zur Universität. 

Kaiser Franz L hat keine „ „ Winkelanstalt^ " gegründet, Kaiser 
Franz Joseph L das wichtigste akademische Recht, die Doctorspro- 
motion, nicht in die Hände einer nnWinkelanstalt^t^ gelegt. 

Die genannte Anstalt, lediglich aus Staatsmitteln gegründet 
und erhalten, ist zunächst fiir das Inland bestimmt; sie hat vorerst 
diesem, dann erst dem Auslande zu nützen. 

Wenn Ausländer in ihren Lehrkörper berufen werden, so wis- 
sen sie im Voraus, was ihnen die nevs Stellung zu bieten vermag; 
n n Celebritäten^ « sind auch für die drei weltlichen Facultäten der Uni- 
versität nicht inuner, zu gewinnen ; die Berufung scheitert wieder- 
holt aus — financieUen Gründen. 

Der Hinweis auf den Ruhm der medicinischen Facultät in Wieu 
trifft nur halb zu, in wie fern sie denselben mcA^ durch ihre nrt Stellung 
in der Universität^ ^ j nicht so fast durch Ausländer, Sondern zumeist 
durch Inländer errungen hat und, unter den gegebenen Verhältnissen, 
auch als v r> Specialschule^ ^ errungen haben würde. 

Wenn die §§. 4, 5,7, 8 der y^ n Statuten^ (^ , welche »«dte 
k. k, evangelisch-theologische FacuUät, in Betreff der Ertheilung 



die Räumlichkeiten des UniTersitäts-Gebäudes mit der Theilnahme der 
Facultät an den Rechten der Universitäta-Mitglieder ideniifieieren, 
und weil mit Grund zu befürchten steht , dass, wenn auch nur das 
Eine zugestanden würde, das Fortschreiten zu dem Andern kaum sehr 
lange auf sich warten Hesse : so glauben wir im Vorhinein gerechte 
Bedenken erheben zu müssen , falls beabsichtigt werden sollte , der 
^rofea^an^i«cA-theologischen Lehranstalt in dem zu hoffenden ne^^en Uni- 
yersitäts-Gebäude Localitäten einzuräumen, indem die bemerkten Vor- 
theile sich eben so gut erzielen Hessen, wenn diese Lehranstalt in 
eigenen, dem Universitäts Gebäude nahe liegenden, Localitäten un- 
tergebracht würde«. 

• 9* 



132 

evangelisch-theologischer Würden^ ^ entworfen und för die sie, am 
18, Juli 1861, die A. H. Genehmigung erhalten hat, zur Wahrheit 
werden , so verdient und geniesst ein diessföUiges Wiener Diplom im 
In- und Aiulande mit vollem Rechte weit meÜr nn Ansehen*^ ^^ als die 
Diplome j welche in DeiUschland y yornemlich bei den philosophischen 
Facultäten , mit allzu leichter Mühe erworb öii und seit dem Jahre 
1848 auch nach Oesterreich formlich verschrieben werden. 

Die Berufung auf die paritätischen Universitäten Breslau und 
Bonn im Königreich Preussen^ wie auf jene zu TüMngen im König- 
reich Würtembergj dann auf die rein protestantische Universität zu 
Erlangen im Königreich Bayern ist, schon im Allgemeinen j unzu- 
länglich, inwiefern die genannten Universitäten niditin der nn Haupt- 
Stadt des Reiches^ ^ gelegen sind und, etwa mit Ausnahme von Tü- 
bingen ^ auch nicht sX^ n n Central' Hochschulen f^ f^ dieser Königreiche 
betrachtet werden können. 

Diese Berufung ist aber auch im Besondem^ nach jeder Hin- 
sicht, unzräreffend; denn 

1, ist die Breslauer Universität durch die Hereinziehung ihrer 
protestantischen Schwester an der Oder aus einer bisher unvollstän- 
digen eine übervollständige Hochschule geworden. Die Wiener Uni- 
versität ist, seit 1384, eine vollständige Hochschule von vier Facul- 
täten gewesen und geblieben. 

2. Die Bonner Universität wurde schon ursprünglich als eine 
paritätische gegründet; in Wien würde es sich um die, fast gewalt- 
thätige, Umwandlung einer katholischen Hochschule, welche in zwei 
Jahren das sechste Jahrhundert ihres katholischen Bestandes antre- 
ten wird, in eine ^arttö^'^c^e handeln. 

3. In Tübingen hat man eine einfache , erst seit fünf Jahren 
und ohne höhere kaiserliche oder kirchliche Privilegien bestandene, 
katholisch 'theologische Lehranstalt einem rein protestantischen 
üniversitätskörper nicht so fast ein-, als vielmehr angefügt, ohne 
dass die protestantische Eigenschaft dieser Hochschule eine wesent- 
liche Einbusse erlitten hätte, weil, nach ^ro^^^ton^scA^ Auffassung, 
eine solche Anfügung zulässig erscheint; in Wien aber würde eine 
bisher katholische Universität mit einer jpro^e^ton^'^c^-theologischen 
Lehranstalt, Aie ohnehin schon alle FacvMätsr echte geniesst, bestif- 
tet und durch diese Bestiffcung, nach katholischer Anschauung, um 
ihren katholischen Charakter gebracht werden. 

4, Die Errichtung der vorgenannten drei paritätischen Univer- 
sitäten Deutschlands war nur eine , in jeder Hinsicht ungenügende. 



133 

Abschlags- Zahlung für die, am Ende des vorigen und im Anfange 
des laufenden Jahrhunderts , aufgehohenen katholischen Universitä- 
ten zu Cöln^ Trier y Paderborn, Fulda^ Mainz^ Bamberg midDillingen. 

La Oesterreich handelt es sich durchaus nicht um eine solche 
Abscklags^Zahltmg, xvad es kann den billigen Ansprüchen der Protestan- 
ten auf eine im Universitäts- Verbände stehende protestantisch-theo- 
logische Facultät Rechnung getragen werden , ohne dass gerade die 
Wiener Universität um ihren angestifteten und angestammten katho* 
lischen Charakter gebracht werden muss, 

6. Den/fa^ÄoZiscA-theologischenFacultäten in den oben erwähn- 
ten drei Universitäts -Organismen fehlt, so viel, bis jetzt, hierorts 
bekannt ist ^), das Hecht, kaneniseh-giltig aus der Theologie zu 
promovieren, da dieses Recht, nach kanenisehen Bestimmungen, auf 
ausdrücklicher päpstlicher Verleihung beruht, wie diess, unter An- 
dermj schon aus dem (oben, S, il3f) &ngefiihvienAdditional' Schrei- 
ben zum oesterr eichischen Concordate, sub III, ganz ^entlieh her- 
vorgeht {Vergleiche auch die Zeitschrift für die gesammte katholische 
Theologie, Wien, 1861, Band IL, S. 309 --327; 331; 345 — 349). 

An der Wiener Universität hat die theologische Facultät die- 
ses Recht, am 20. Februar 1384, von P. ürbanVL empfangen, durch 
die Annahme und ununterbrochene Forderung der Professio fidei 
Tridentina bei ihren Promotionen bewahrt, und durch Artikel VI des 
österreichischen Concordates neuerdings sicher gestellt erhalten. 

6, Die Behauptung, dass bei den drei paritätischen Universi- 
täten Deutschlands nnder confessionelle Friede positiv gewahrt, ja 



*) Die vorliegende Denkschrift ist weit entfernt, den erwähnten drei 
Facultäten das akademiaeke Fromoiions-Becht zu bestreiten oder die 
akademische Qiltigkeit der von ihnen, vnTConoria Causam ft oder 
ttnnach bestandenen strengen Prü/ww^en«", ausgestellten Z)ocfor«- 
Uiplome in Frage zu stellen. Die kanonische Giltigkeit dieser Di- 
plome wird übrigens immerdar den noch geltenden, diessfalligen , 
kanonischen Bestimmungen unterliegen, so oft sie beansprucht wird. 

Aus (ite«eOT Gesichtspuncte wird auch zu beurtheilen sein, was Herr 
Universitäts-Professor, Dr, Joseph Beinkens , in der, von ihm ver- 
fassten, ^Festschrift der katholisch-theologischen Facultät'* in Bres- 
lau, bei der Feier dei fünf zigjährigen „ Vereinigung der Frankfur- 
ier Viadrina mit der Breslauer Leopoldina^ (Breslau, 1861 , in 4,) 
für die nPrivilegienf^ der erwähnten Facultät, im 2. T heile dieser 
Festschrift y §. 3 (S. 90, 91, 94), dann in den, hiezu gehörigen, 
Anmerkungen: 13 und 16 (*Sf. 119 f.), ferner besonders in der An- 
merkung: 17 {S. 122) beigebracht hat. 



134 

selbst geordert werde'* ^ j dass die kathoiisch-theologisehenFacnltaten 
in den paritätisehen Universitäten »nun^eAtnder^ prosperieren"'' kön- 
nen, ist geradezu falsch und vnrichtig*). 

Die beiden theologischen Facoitäten dieser Hochschoien be- 
wegen «iqYi f actisch höchstens ausser nnd neben einander, ohne je- 
den organischen Contact und Connex, unter einander fremd und 
unbekannt, oder in wissenschaftlicher Fehde begri£Fen, wie diess 
schon vor dreissig Jahren zu Tübingen der Fall war, wo der katholi- 
sehe Theologe Möhler durch den protestantischen Theologen Baur, 
seiner „ „Symbolik*^ « halber, in ungemess^ner Weise bekämpft und zum 
Ausscheiden aus der Universität seineis Vaterlandes bewogen wurde« 

Und welches die Stellung der ^o^o^isc^-theologischen Facnl- 
täten zum Gesammtkörper der Hochschule sei, das zeigte sich wie- 
der in Tübingen^ aus Anlass der zwischen Sr. Päpstlichen Heiligkeit 
und dem König von Würtemberg abgeschlossenen nn Convention*^**. 
Es bedurfte hier des vollen königlichen Ansehens, damit die katholisch- 
theologische Facultät nicht aus der Universität hinausgestossen werde. 

In weitern Kreisen bekannt sind auch die confessionellen Strei- 
tigkeiten bei vorkommenden Berufungen, Vorrückungen in Rang 
oder Gehalt, akademischen Wahlen, Stipendienverleihungen u. s. w. 

Wie es aber in Breslau und Bonn mit diesem nn Frieden*^ **^ 



*) Das theologische Profeasoren-Collegium bemerkt in seiner Vor- 
äuaserung (/. c.> lit, A., iub Nr, 4), neben Anderm, hieher gehörig: 
»Die Erfahrung lehrt , dass an Universitäten , welche mit der Parität 
behaftet sind, die Katholiken nicht einmal die Gerechtsame der 
akathoHsehen Mitglieder unverkümmert besitzen , dass sie dies«^ ge- 
genüber thatsächlich zurückgesetzt siyid. Häafig werden kirchlieh-ge- 
sinnte Katholiken , weil sie solche sind, von den akademischen Wwr- 
den ausgeschlossen , Stipendien , welche stiftungsmässig für Katho' 
lihen bestimmt sind, werden nicht selten Akatholiken verliehen, durch 
Berufungen zumeist akatholischer Lehrkräfte fallen diese Hochschu- 
len immer mehr und mehr dem Protestantismus, oder richtiger gesagt, 
dem religiösen Indifferentismus anheim. Das sind Thatsa^hen, un- 
fragUch sehr, traurige Thatsachen, über welche auch wackere Katho- 
liken in jüngster Zeit oftmals Klage gefuhrt haben. 

Nun solche Dinge, wie die eben angeführten, sind wahrlich juicht 
darnach angethan, uns die Umwandlung der katholischen Universi- 
tät in eine paritätische in günstigem Lichte erscheinen zu lassen, und 
gäbe CS auch keine andern Gründe für die Sache, die wir vertreten, 
wir müssten uns schon in Anbetracht dieser eben bemerkten nn üebel- 
blände'^'^ gegen die Verwirklichung des vorliegenden Begehrens mit 
aller Entschiedenheit erklären«. 



135 

und resp. mit der nnProsperitätf^'^ der Äa^ÄoZi^cÄ- theologischen Fa- 
cul täten thaisächlich bestellt sei , davon geben die , in der Einleitung 
zu dieser Denkschrift angefahrten, zwei Schriften über nnPari- 
fät<^*^, dann die nn Denkschrift über den Zustand der katholisch- 
theologischen Facultät in Breslau, seit der Vereinigung der Bres- 
lauer Universität mit jener von Frankfurt an der Oder, von F. C 
Movers^^ (Leipzig^ 1845), ein sehr trauriges Bild und Zeugniss *). 

7. Ferner darf der gewaltige Unterschied nicht ausser Acht 
gelassen werden , welcher von dem Umstände abhängt, ob die be- 
treffende katholisch-theologische B^acultät früher und allein in dem 
Universitäts- Organismus bestanden hat, oder ob sie erst später zu 
der protestanHschenJJniyersität y r«,«?/). Facultät hinzugetreten ist, da 
sie im ersten Falle und durch den Hinzutritt der ^ro^es^a/i^iÄCÄ- theo- 
logischen Facultät einen offenbaren Verlust an wichtigen und wohlw- 
worbenen Rechten erleidet, in wie fern besonders ihr früheres (Tcawowi- 
»cÄes) Promotionsrecht, durch die Umgestaltung des katholischenJJniver' 
sitäts-Charakters in einen pari^d'^iscÄe«, direct als gefährdet erscheint, 
während sie im zweiten Falle , nach ÄJa^ÄaZwcÄ -kirchlichen Rechtsbe • 
griffen, schon von vorneherein und durch ihren Hinzutritt zu einer 
protestantischen Universität auf die Erlangung dieses Rechtes ver- 
zichfen und damit sich bescheiden muss, nur dem Namen und der' 
wissenschaftlichen Thätigkeit nach eine n Facultät^ zu sein. 

8. Eben so darf nicht übersehen wer.den, dass es sich bei der . 
nachgesuchten Einverleibung der ^rofeston^'^cÄ-theologischen Lehr- 
Anstalt in die Wiener Universität keineswegs um die « r> Wissenschaft (^ « 
selber, oder um eine n unausweichliche Nofhwendigkeit*^ , sondern zu- 
nächst bloss um, eben geltende, politische Anschauungen handelt, 
welchen die Zweitälteste der fünf (bis jetzt vollständigen) katho- 
ZwcÄen Universitäten Deutschlands, gegenüber von dreizehn^xoiesiBXi- • 
tischen, zum Opfer fallen soll. 

9. Es darf nicht übersehen werden, dass es, mit drei bloss 
zeitweiligen Ausnahmen in Heidelberg, Erfurt und Würzburg (hier 



*) Im nVaierland^ f Jahrgang 1861, Beilage zu JVr. 188,. 14, Augu$t, 
lautete eine Correspondenz aus '»Bonn, 9. August'^: «Die hiesigen 
Professoren der katholischen Theologie haben Verwahrung eingelegt 
gegen die, vom Professor der evangelischen Theologie, Dr. Seklott- 
mann, abgefasste 'Einladungsschrift zur Feier des 3. August. Die ka- 
tholischen Professoren sind dabei unzweifelhaft in ihrem Rechte ; 
denn in der Einladungsschrift einer paritätischen Universität kann 
protestantische Polemik unmöglich am rechten Orte sein«. 



nur von 1803 — 1807) der erste und einzige Fall wäre, dass eine 
katholiuche Universität , durch positive Hinzustiftung einer protestan- 
tisch-theologischen Facultät, in eine paritätische verwtlndelt würde. 

10. Es darf nicht übersehen werden, dass man hiebei, um 
einer Minorität von 292^253 Protestanten in den deutsch-slavischen 
Kronländern angeblich gerecht zu werden , der eminenten Majorität 
von 16y299A70 Katholiken in eben diesen Ländern fUrderhin nicht 
gerecht verblieben wäre , resp, ihr Gefühl in empfindlichster Weise 
verletst haben würde. 

IL Die Berufung auf das Königreich Bayern^ welches in Er- 
langen eine rein protestantische Universität besitzt, mag glücklicher 
scheinen; es darf aber hiebei nicht vergessen werden, dasa König 
Maximilian J. in dem neu erworbenen Ländergebiete diese Univer- 
sität schon vorfand y und dass es leichter ist, eine bereits bestehende 
Universität lu erhaUeny als eine neue zu gründen. 

Das Beispiel von Erlangen bevorwortet übrigens weit mehr die 
Errichtung einer eigenen Universität für die Protestanten Oester- 
reichs, die aber, natur- und sachgemäss^ nach Ungarn zu verlegen 
wäre, da dieses Land für die 2^860.139 Protestanten, welche in 
Ungarn und Siebenbürgen vorhanden sind, eine solche Hochschule 
viel berechtigter in Anspruch nehmen dürfte, als wenn die oben be- 
miiTerte MwcTÜät deutscher und slavischer Protestanten, für welche 
das Patent vom 8. Aprü 1861 erlassen ist, die Aufiiahme der, ohne- 
diess mit allen Facoltätsrechten aasgestatteten, protestaniisch''iheolO' 
gisehen Lehranstalt in den Organismus der alten^ kaihoHseken Wie- 
ner Universitilt^ bei jeder ffün^ig sckeinemden Grelegenheä, in An- 
trag bringt» fordert «cnd betreibt; da das erwähnte Land fiberdiess 
nur eine ewun^, fttrcftliVA heM^te und desshalb exelnsiD-kathoü^Ae^ 
Uuiveisilit ia P^t besitzt (c/. oben S. 114, smb VI), 

Eine etwa in dem Hort des ungarischen Protestantismas, za 
Dehteisim^ gegrOndete Universität kSnnte aber£e;ss leicht an das, 
dort berells Te«liaiideiie> Chßegfimm mBknüpfeny welches ohne je im 
Besitze de$ Promotionsrechtes gewesen m S4ein« ohne je in seiner 
T >j:^MMiiNrs#«r//«i^'i> ^ ehnhloäses v » VßgeÜerem'^ ^, einen tonnlichen t « Fer- 
jbii a i^ r itiy jyrnx^gAj * « befvbrchtet« oder in seiner ^^Isoüeräkeii** äch 
sielWr gleielaua ^n Te^^oHMiMMi PamptriaÜ^ aas^terdgt i» haben, 
$i^Mi aiKs firfiherer Zeit, etwelche« ab /Usftrrr nad $€i^^sMier 
^kh tifreht%e^ j^n;»Ar;}:toil»rA« The«)k»^eii aii:nnEve><ea has. and. ak 



137 

ösieTveichhchen Protestanten = 5, 255.48Ö Seelen, einen sichern Cent- 
rttipunct protestantischer — Wissenschaft darzubieten vermochte*). 

Der Umstand, dass das Debretziner Collegium eine reformierte 
Lehranstalt ist, und dass in Ungarn der Gegensatz zwischen Oalvi- 
nern und Luttheranern überhaupt noch schärfer ausgeprägt erscheint, 
wfirde fUr die Gründung einer protestantischen Universität in Ungarn 
kaum ein ernstliches Hinderniss darbieten , wofern gleich Anfangs 
zwei^ confessionell getrennte, Facultäten Mr reformierte und luthe- 
rische Theologie in den Organismus der neuen, hierdurch eben pro- 
testantisch-paritätischen^ Hochschule eingefügt wären. Immerhin aber 
würde ndas gegenseitige Bedürfniss der Studien^ , in den proponier- 
ten zwei Facultäten A, C, und H. (7., nbeide*^ viel leichter „zu ein- 
ander bringen** , als diess zwischen einer A:a^^o/t«cA-theologischen 
und einer protestantisch-theologischen Facultät bei der Wiener-JJm- 
versität je der Fall sein könnte **). 



*) Die vffro$Be SchuUfi zu Dehretzin^ ein nCoIleffiumfi, mit einer den 
englischen Universitäten nachgebildeten Eitjrichtung, für deren Erhal- 
tung alle Angehörigen der helvetischen Confession, nicht nur jenseits 
der Theiss, sondern auch auf den beiden Donau-Ufern, Sorge tragen, 
ist mit der Reformation in dieser Stadt (i5ö2) ron gleichem Alter. 

Sie ist mit literarischen Hilfsmitteln, darunter die bestens do 
tierte un4 reichhaltige Bibliothek, mit frommen Stiftungen, Freiplätzen 
(für die s. g. Togaten) und Freitischen ausgezeichnet versehen. An ihr 
wird Philosophie im weitesten Umfange, Rechtsgelehrsamkeit und re- 
formierte Theologie gelehrt. Tausende von Jünglingen dieses Bekennt- 
nisses wurden hier gebildet; der Besuch ihrer Vorlesungen übersteigt 
die Zahl 500, Der Ruf dieser Schule wurde von ihter Entstehung her 
durch gelehrte Männer, wie: ApÄtt, Budat^ €seh-€sual, Gslpki^s, Harothi, 
MelÜus, Posahizi^ 84r?4ri, Szikszal, Yarga und Andere allgemein verbrei- 
tet , dergestalt , dass auch aus andern Kronländern der Monarchie das 
Collegium von reformierten Studenten bezogen wurde. Sonach fehlt es 
der Debretziner Schule nur an einer medicinischen Facultät, um als 
vollständige Universität organisiert zu sein. 

Es verdient also, die ngrosse Schule^ zu Debretzin die ^ö- 
r»«y*cÄäte«^e Erwähnung nicht, welche sie in einer, dem Einverlei- 
bungsgesuche günstigen , Voräusserung gefunden hat. 

**) Merkwürdig bleibt jedenfalls die Thatsache, dass, als Kaiserin Maria 
Theresia, mittelst Hof decret, dd. 4. März 1774, sub JVr. 5, an den kö- 
niglich-ungarischen Statthalterei-Rath den Plan eröffnete , die theolo- 
gische Facultät an der, damals noch in Tyrnau befindlichen, Universität 
in Weise der Erfurter so zu regeln, dass selbe auch die akatholischen 
Professoren aufnehme («ipro usibu« Acatholicorum eiusmodt in Regno 



138 

Auch die verschiedenen Nationalitäten and Sprachen der Stu- 
dierenden, welche die neue Universität beziehen würden, könnten 
in dem Völker ff Hederigen und polyglotten Oesterreich kein wesentli- 
ches Hinderniss darbieten, da dieses Hinderniss auch bei dar prote- 
stantisch-theologischen Lehranstalt in Wien genau in dem Grade sich 
einstellen wird, als sie ihre nächste Aufgabe fiir das Inland mehr 
und mehr zu erMlen beginnt. 

An eine protestantische Universität des Inlandes Hessen sich 
dann auch die Stiftungen und Stipendien von den ausländischen. 
(protestantischen) Hochschulen^ mit Fug und Recht zurück ziehen, 
welche nur darum ins Ausland verlegt, resp. an den Besuch einer 
(protestantischen) Universität geknüpft erscheinen, weil es, zur Zeit 
ihrer Errichtung, noch kerne protestantische Universität im Inlande 
gegeben hatte. 

Durch ein solches Arrangement mnsste sich denn auch der 
Utilitäts- Grund erledigen, welcher in dem Einverleibungsgesuche 
des j^ro^e^ton^'^c^-theologischen Lehrkörpers von dem Studiosus 
Theologiae aus Ungarn hergeholt wird, der ein Stipendium von 
1200 fl. unter der Bedingung erhalten hatte, die Theologie an einer, 
wie CS scheint, protestantischen Universität zu hören. 

Es ist übrigens selbstverständlich nicht die Aufgäbe des theo- 
logischen Doctorcn-Collegiums, die Errichtung einer solchen Univer- 
sität in oder ausser Ungarn zu bevorworten; mögen das Jene thun, 
welche fortan und in drängender Weise behaupten, dass der prote- 
stantisch-theologischen Lehranstalt das Promotionsrecht und die ^Be- 
rufung neuer Lehrkräfte aus Deutschland , selbst nnmit Opfern^ ^, 
Nichts nütze, wenn selbe nicht „„auc^ in ihren äussern Verhältnis- 
sen eine ihrer innem Würde und Bedeutung entsprechende Stellung 
einnehmefi^. 

Das theologische i>oc^orc/i- CoUegium begnügt sich diessfalls 
mit der einfachen Erklärung, dass eine Minorität von 292y25R 
Protestanten y durch die a. h. EntSchliessungen vom 3, October 1850 
nnd vom 18, Juli 1861 , bereits Alles erlangt hat, worauf sie billiger 
Weise Anspruch machen kann ; dass ihre theologische Lehranstalt 
in Wien, schon durch ihre FacuUäfsrechte j hoch über den verwand- 



Noetro degentium«; cf. P. PTa/tosAy, nOonspectus reipublicae literariae 
in Hungaria". ^udae, 1808, 2. Auflage, S. 457), die damaligen prote- 
8ia7itisehen Ober-Curatoren diesen Antrag nicht annahmen , wie diess 
A. Fänyes (Magyarorsz. Statistik. Pes^,iSi.5. ///,,. S. 9.5. f?<?) versichert. 



139 

ten theologischen Lehranstalten steht, welche füf nahezu drei Mit- 
/io/i€w Protestanten in Ungarn und Siebenbürgen errichtet worden sind* 

Das theologische ' Z)octore/i-Collegiam macht weiterhin noch 
aiifinerksam, dass der in dem Einverleihungsgesuche ^Q^protestan- 
^«cÄ-theol9gischen Lehrkörpers hervorgehobenen , angeblichen 
nn Ungesetzlichkeit^^ der doppelten Immatriculation das Substrat' 
fehlt, in wie fern der §, 4 der hohen Ministerialverordnung vom /. 
October 1860 (R, G. B., 1850 y CXXX, Stück y Nr. 370) hieher 
wenigstens keine directe Anwendung findet, und dass diesem Uebel- 
stande auf gesetzlichem Wege eben so abgeholfen -werden kann, wie 
z-. B, bezüglich der Studierenden der (katholischen) Theologie an 
der Wiener Universität bereits gewisse j, „Modificationen^ ^ der er- 
wähnten h. Ministerialverordnung, durch einen weitern h. Ministe- 
rialerlass vom 16, September 1861 y eingetreten sind, wie sie eben 
durch die besondern Verhältnisse der, unter dem kirchlichen Mitein- 
flusse geregelten, theologischen Studien angezeigt waren. 

Bevpr aber das theologische Z)oc ^or eß-CoUegium von der Be- 
leuchtung der für die Einverleibung vorgebrachten Utilitäts-Gründe 
gänzlich scheidet, will es nur noch die Unzukömmlichkeiten hervor- 
heben, welche daraus für katholische und protestantische Doctoran- 
den der TÄcoZo^ie, erwachsen müssten, wenn jene rtncoram Rectore 
Evangelicouu^ der etwa gar noch n r>ex Facultate Evangelico-Theolo- 
gica^ <* wäre, diese aber w n cor am Rectore Facultatis Oatholico-Theolo- 
gicae^^ promoviert würden, oder wenn, bei dem Umstände, dass an die- 
ser paritätischen Universität auch in den drei weltlichen Facultäten 
Protestanten als in den akademischen Senat wählbar erscheinen, das 
XJmvQrüitsits- Consistorium einmal, mit Augnahme des Kanzlers und 
der drei katholischen Theologen, aus lauter Protestanten bestände 
und als solches über specifisch-katholische Angelegenheiten zu be- 
rathen und zu entsclieiden hätte *). 



*) Der h k, ö. o. Universitäts- Professor , Herr Dr. Lorenz Stein ^ 
schreibt in seinem Separat-Votum , zum Theil hieher gehörig: »Etwas 
Anderes freilich ist es, ob aus einer solchen Einverleibung nun auch 
eine völlige Gleichstellung der neuen Faou Ität in «Wen corporativen 
Hechten zu folgen hätte. Es ist zwar keinem Zweifel unterworfen, dass 
die Selbständigkeit der Facultätsordnung , namentlich in der Wahl 
des Decans, ganz in der bisherigen Weise fortbestehen müsste. Es ist 
ferner mir wenigstens klar, dass, auch bei völliger Einverleibung, die 
evangelisch-theologische Facultät niemals Verwaltungsrechte über 
katholische Stiftungen haben konnte. Es bleibt daher im Grunde nur 



140 

Es will ferner noch daran erinnern, dass den UtUitäts-Grün' 
den, welche /ür die nachgesuchte Binverleibung der protestantisch- 
theologischen Lehranstalt angeRihrt worden sind, im Allgemeinen 
imd im Besondern noch weit mehr Gründe entgegen stehen, welche, 
vom Standpuncte der Universität, als Qesammtkörper , wie von je- 
nem der, im Schoosse dieser Hochschule bestehenden, theologischen 
FacuUätj nach der, oben (8.121) angeführten, Rechtsr egel beurtheilt 
werden müssen, dass die n ^^ympathien des protestantischen'^ ^ durch 
die Sympathien des katholischen Deutschlands völlig paralysiert er- 
scheinen*), dass Aen protestantischen Superintendenten^ welche die 



JEine Frage übrig, und das ist die Wahl des Bector Magnificus, Aller- 
dings nun liegt die Theilnahme an dieser Wahl und an der Wahlfahig- 
keit im Wesen einer Faoultät. Allein da das Rectorat hier mit gewissen 
streng katholischen Stiftungen in engster Verbindung steht, und da es 
zwar zum ff e wohnlichen , nicht ab^r zum absoluten Wesen einer Fa- 
cultät im Sinne der wissenschaftlichen Einheit der Universität gehört, 
dass der Bector aus ihr hervorgehe , so scheint' es mir , dass alles We- 
sentliche und wahrhaft Berechtigte in dem Antrage der evangelisch- 
theologischen Faoultät erfüllt wäre, wenn die Aufnahme in den Kör- 
per der Universität als fünfte Faoultät in der Weise geschähe , dass, 
80 lange i^ix» streng katholischen Functionen mit dem Bector ate ver- 
bunden sind, der Decan der evangelisch-theolgischen Facultät zwar 
für das Bectorat wahlberechtigt, aber nicht wahlfähig erklärt würde«. 

*) Das theologische Profes soren-Colleginm weist (/. c. , lit, A., suh 
^r. 3),»uf die nPielen Unzukömmlichheiten und BechtS'Verletiungen^ ^ 
welche mit der nachgesuchten Aufnahme der protestantisch'thßologU 
sehen Lehranstalt in den Universitäta-Yeih&nd sich einstellen müss- 
ten, und macht dabei noch besonders aufmerksam, dass durch diese 
Aufnahme der bisherige Turnus in dem Bector ate, nach den vierFsk- 
cultäten, eine t^6«6n^/tdAeAenderung befahren müsste, durch welche die 
alten Facultäten, in ihren bisherigen Bechten, verkürzt wären, 
wofern j staXt des vier Jährigen, ein fünfjähriger Turnus, nach der 
nw7i«ieÄrf>c» Anzahl^ der Facultät'en, eingeführt werden sollte. Noch 
empfindlicher wäre diese Bechtseinbusse für die ia^Ao/i«cÄ-theologi- 
sehe Facultät , wenn die beiden theologischen Facultäten im vierjähri' 
gen Bectorats- Turnus zu alternieren hätten , so dass Jede derselben 
immer erst nach acht Jahren wieder zum Beetorate gelangen könnte. 
Dann begegnet dasselbe CoUegium (/. c, lit, A., sub Nr. 7, und 
Z. «., lit. B. , gegen Ende) gewissen, beliebten »»ZetifpÄra««»*« mit- 
Folgendem: »Wenn die Bittsteller nich darauf berufen , dass die Pro" 
testanten des ausser 'österreichischen Deutschlands die Einverleibung 
wünschen, so erwiedern wir darauf ganz einfach: Die Katholiken des 
ausser österreichischen Deutschlands wünschen diese Einverleibung 



141 

Aufualime der protestantiseh-Üieologischen Lehranstalt in den Ver- 
band der Wiener-Universität begehren, noch weit mehr katholische 



nicht. Und wenn es in unsern Tagen sehr beliebt ist, sich auf die 
n 7) Sympathien**'* des aM««crö«^erretcÄi*cÄcw Deutschlands zu beziehen, 
so können wir nicht umhin die Frage zu beröhren, ob es denn räthlich 
sei, die t^armett Sympathien des katholischen Deutschlands für das 
katholische Oesterreieh durch widerrechtUehe Hintansetzung katholi- 
scher Interessen diesem abwendig zu machen ?<< — . 

Im Hinblicke auf die, durch a. Ä, Entachlieasung vom 18, Juli 
1861 genehmigten, n Statuten der evangelisch- theologischen Facultät 
in Betreff der Ertheilung der evangeliaeh'theologischen Würden** 
(Wien, 1861) macht das theologische Frofessoren-Collegium (Z. c, lit 
A., sub Nr. 7) noch aufmerksam, dass diese n Statuten** in wesentli- 
chen Puncten^ mh der, bei der Universität eingeführten, Fromotions- 
Ordnung im Widerspruche sind. So ertheilt die j^rotestantisch'-theolo- 
gis che Lehranstalt, ausser dem Doctorate, auch noch das Xtcan/ta^, 
welches bei den österreichischen Universitäten nicht mehr yorkdnunt; 
80 besteht bei Jener» statt der eini&ohQn 8p onsionsformelj ein nLicen- 
tiaten**' und ein lyoctor-Eid** ^ u. s. w. , u. s. w. 

Bezüglich dieses ^»rfe« bemerkt das theologische Prof essoren^Col- 
Zeyt Mm sodann weiter : »Eines können wir nicht mit Stillschweigen 
übergehen; es ist diess die ^. 5 der nit Statuten**** angesetzte Formel 
des nnJyoctor-Eides** , in welcher es heisst: n»Ego — M ^. — Juro, 
me doctrinam ecclesiae Evangelicae (A. 0. vel H, C.) bona flde proß- 
teri et promitto eam constanter secuturtcm , ad ejus veritatein d saper- 

stltione et tinpletate defendendam jprojoiribus collaturum****. Es ist 

wohl nicht nöthig voraus zu schicken, dass wir Professoren der Theo- 
logie dem Aberglauben und der Gottlosigkeit nicht das Wort reden 
wollen , wenn wir die eben bemerkte Auslassung anstössig finden , 
hier handelt es sich um ganz andere Dinge. Es kann uns der Vorwurf 
eines ungegründeten oder ungerechten Urtheiles unmöglich treffen, 
wenn wir sagen, dass in den angezogenen Worten eine, jedes katho- 
lische Herz tief verletzende^ Herabsetzung katholischer Wahrheiten 
begriffen sei, indem wir nicht annehmen können, dass der Lehrkör- 
per der jpro^e«*a«^i«cA-theologischen Lehranstalt diesen Worten einen 
andern Sinn beigelegt wissen wolle, als jenen-, welchen Luther, 
Oalvin und Zwingli ihnen zugedacht hatten. Diese aber beliebten, 
wie Jedermann weiss, gar Vieles als nnsuperstitio*^** , nnabo- 
minatio****, ntiinventa diabolica**** ^ nnimpietaa**** w. dgl, zu be^- 
zeichnen, das auf göttlicher Offenbarung beruht und daher jedem Ka- 
tholiken heilig und theuer ist. Wenn nun aber die , in der eben be- 
merkten Eidesformel befindlichen, Worte: nnsuperstitio**** und nnim- 
pietas**** im Sinne der Meformatoren gemeint sind, wie kaum zu be- 
zweifeln ist; so fragen wir, ob nicht durch diese, gegen die katholi- 
sche Kirche gerichtete Auslassung von Neuem bestätigt wird^ waa 



142 

Bischöfe gegenüber stehen, welche ^e^cn diese Aufnahme mit vol- 
lem Rechte protestieren können und protestieren — werden*^. 



Nachdem somit die/ör das Einverleibungsgesuch und in 
diesem selber vorgebrachten Utilitäts-Gründe hinlänglich be- 
leuchtet^ resp. entkräftet sein dürften, erübrigt hier bloss noch 
eine kleine Erörterung der Folgen, welche aus der Einverlei- 
bung der ^rofc^ton^ÄCÄ-theologischen Lehranstalt für die , bis 



schon oben ausführlich erhärtet wurde , nemlich , dass der Lehrzweck^ 
welchen die ^rofe«^awf/5CÄ- theologische Lehranstalt verfolgt, geradezu 
dem Berufe der hiesigen Universität widerstreite, und dass eben die- 
ses, nicht auszugleichenden Gegensatzes^ so wie auch der kaum vermeid- 
liehen eonfessionellen Heibüngen und Conßicte halber, die Zulassung 
dieser Lehranstalt bei unserer Hochsc^hule eine Ungerechtigkeit gegen 
die katholische Kirche, eine Schädigung des Stiftungsztceeiee und 
zugleich ein Unglück fdr die Universität aelhst w&re?!« 

Zum Schlüsse äussert sich das theologische Professoren-CoUegium 
noch dahin: »Die Bittsteller mögen sich wohl bewusst gewesen sein, 
dass der stärkste und gewichtigste Grund gegen die Gewährung des 
von ihnen gestellten Ansuchens in der Eigenschaft der Wiener Hoch- 
schule y als einer nicht bloss im Staate, sondern auch in der Kirche 
stehenden Anstalt, als einer /romman , katholischen Stiftung liege. 
Sie glaubten daher diesen Grund — in Form eines vnEinwandesf^^ 
und r»B Fortt»awc?e««« berühren zu müssen. Sie «waren jedoch in der Ent- 
kräftung desselben eben nicht glücklich, indem sie sich diessfalls dar- 
auf beschränkten, die FerötcÄerwn^ zu geben, dass sie nnanreinkatho- 
lisch'kirchlichen Angelegenheiten keinen Äntheil nehmen wollen'^'*. 
Diese Versicherung, gesetzt, sie sei allen Ernstes gemeint, würde in 
ihrer /Äa<«a'cÄWcÄ6n Ausführung nnd. praktischen An-wendung aufgege- 
bene Fälle, bezüglich welcher zu bestimmen wäre, ob sie in das Bereich der 
Ttrtrein katholisch-kirchlichen Angelegenheiten*^'^ gehören, voraussicht- 
lich auf ^ro«d6 iSTeAt^tertyAßtVen stossen, Beibungen und Ztoistigkeiten 
herbeiführen; sie kann daher die katholische Kirche und ihre Vertreter 
in der Wiener Universität n och um so weniger zufrieden stellen , als 
der Beisatz: nnso lange die Beorganisation der Universität nicht er- 
folgt und das Kirchliche von dem Wissenschaftlichen an ihr nicht 
ausgeschieden teird*^'^ deutlich zeigt, loorau/es dabei abgesehen ist**. 

*) Das theologische Professoren-Oollegium bemerkt in seiner Voräusse- 
rung Cl. c. , Ut, A., sub Nr, 1) noch über Obiges hinweg: nPius VII , 
hat im Jahre 1S17 gegen die angestrebte Aufhebung der Freiburger 
Universität ernste Verwahrung eingelegt; Pius IX, wird zur Entkatho- 
lisierung der Wiener Universität nicht seine Zustimmung gel>en**. 



143 

jetzt in der Wiener Universität allein zu Recht bestehende, 
(katholisch') theologische Facultät entspringen müssten *). 

*) Um von der ursprünglichen Verfassung der Meo/o^i»cÄen Facultät bei 
der Wiener Universität wenigstens eine kurze Naciiricht zu geben (cf. 
ohenj S. 21), möchte hier eine Stelle, aus der Feder eines Mitarbei- 
ters an dieser Denkschrift, (Kirchen- Lexikon von Wetzer und Welie, 
Band XII^ 8. 1266 f.) nicht am unrechten Platze sein: 

nin der theologischen Facultät bildeten die sacra pagina (das A, 
und N", Testament), die vier Bücher der Sentenzen von Petrus Lom- 
bardus und die Summa des heiligen Thomas von Aquin, dessen Bild 
im Hörsaale prangte , Gegenstand und Grundlage der Vorträge , deren 
täglich drei, Vormittags von einem Doctor und einem Sententiarius , 
Nachmittags von einem Bihlicus zu halten waren. Im J. 1420 wurde, 
in Verbindung mit der Canonisten-Facultät, der-Betrieb des Hebräischen 
an der Hochschule beantragt, und bereits in den ältesten Facultäts- 
Statuten von ISS9 {Tit. tO) den Baohalarien eingeschärft: nnütfideli- 
ter et honeste legere habeant Oursus seu Sententias, neo tractent 
materias philosopbicas seu lOgicales Theologiae impertinentes, Pos- 
sunt tarnen uti Philosophia et Logica etaliis artibus, pronti Theolo- 
gicae difficultates loco et tempore ^equirunt««* (c/, hiezu noch Tit. 1 
und 3 gegen Ende). Die Meldung für das Bachalariat erforderte ein 
sechsjähriges Studium, der Oursus hihlicus dauerte zwei^ das Vorle- 
sen der Sentenzen drei Jahre; mithin waren eilf Jahre erforderlich 
zur Vorbereitung und schliessHchen Meldung ffir das Licentiat^ wel- 
chem die Verleihung des Doctorgrades in dieser Facultät meistens un- 
mittelbar folgte. Religiösen bedurften zur Erlangung des Grades der 
Bewilligung ihres Obern; der Candidat der untern Grade musste 
Aholythus sein und hinnen längstens zwei Jahren Suhdiaconus wer- 
den. Dem Beginne der Vorträge, jeder einzelnen Disputation und den 
öffentlichen Actihus in Aula hatte eine sehr determinierte Protestatio 
intentionis wih^iQiM vorauszugehen; auch wurde, neben einem ge- 
wiegten, würdigen und umsichtigen Benehmen bei öffentlichen Auf- 
tritten , ein gerechter Eifer für die katholische Lehre empfohlen (Tit. 
3 der Statuten). Collegiengeld: (nach den ältesten Statuten) keines ; 
Magistralf er ien : vom 25. /Mm bis "Mitte September; Decanswahl: 
halbjährig, ein Doetor rcgens. Der Schutzheilige der Facultät: St. Jo- 
hannes der Evangelist, altissimae speculationis Theologus; Facul- 
tätsfeste: das des Schutzheiligen am 27. December, seit 1593 St, 
Johannes ante por tarn latinam am 5. Mai; ferner die Feste: 8t, Lucas, 
St, Thomas von Aquin, St, Bernard. Nebstdem lag der theologischen 
Facultät die Besorgung der kirchlichen Feierlichkeiten der Universi- 
tät ob, namentlich die Predigt an /wn/ Marientagen (Tit, 1. der all- 
gemeinen Universitätsstatuten), Das CoUegium zu St, Nicolaus, auch 
zu St, Bernard genannt, in der Singerstrasse (ef. oben, 8. 28), stand 
unter der gemeinschaftlichen Aufsicht der theologischen Facultät und 
des ^6/e« von Heilig enkr eiiz , wurde^ 1429 unter Mi tbaftung der er- 



144 

Das theologische Z>octorc/i-Collegium hat diese Folgen ia 
seiner nVorävAserung*^ (S. 50 — 52, stib 7, 8, 12 bis 15) in den 
nachstellenden ^kurzen Sätzen^ zusammengefasst: 

„Das Doctorat aus der Theologie gewährt, nach heute noch 
geltenden kanonischen Rechts-Principien, mancherlei, und darunter 
wesentliche kirchlich^ Rechte ^), Zu diesem Behufe ahermuss es 



Stern repariert und diente bis 1489, neben einem Leetorium bei den 
Dominicanern^ zu Vorlesungen für Facultätemitglieder, Um i5i 3 la- 
sen diese auch bei 8t, Anna {Kink^ /. , 1,^ S. 108, 109)» Den Cisier- 
ciensern hatte Papst Urban VI. schon am 20. Fehruar 1384 eine 
besondere Ermunteruug und Begünstigung in Betreff des Besuches der 
TFiener Uniyersität zugehen lassen (Sehlikenrieder ^ S. 91. 92). Die 
FaeultätS'Congregationen wurden abwechselnd bei St. Nieolaus^ bei den 
Dominicanern \Ui.^ bei den Carmeliten gehalten. Die älteitenT&culiÄiS' 
Statuten (c/. oben, S, 21), welche 1449 eine beträchtliche, dem Z7«?- 
versitätS'Conaistorium, wie die ähnlichen Unternehmungen der medi- 
einischen nnä Juridischen Facult&t, gleichfalls nicht mek • vorgelegte, 
Erweiterung erfuhren^ sind in i7 Titel untergetheilt und folgen 
durchgängig dem Vorbilde in Paris, auch in Betreff der Disputatio- 
nen, welche nach der Licen'4-Ertheilung unter dem Titel : Vetperiae 
und Dies Aulae folgten [Tit. 16, 17 der ältesten Statuten). Noch vor 
der Revision der Statuten im Jahre 1449, am 20. März 1436, hatte 
die theologische Facultät von den durch das Ooncilium von Basel be- 
stellten Yisitatoren (cf. oben, S. 36), neben andern allgemeinen, auch 
die Weisung erhalten, im Predigt- und Lehr- Amte die blosse Ostenta- 
tion unfruchtbarer Gelehrsamkeit zu vermeiden, dagegen aber die 
Nutzbarmachung der Wissenschaft ins Auge zu fassen, bei den stren- 
gen Prüfungen aus der Theologie nur einem Doctor der Theologie als 
Viee-Kanzler sich zu fügen und durch eteei eigene Lehrer die Bibel 
regelmässig in drei Jahren vollständig vorzutragen, eine Weisung, 
welcher die Facultät schon 1457 nachkam [Kink, 2., 1., S. 162). 
Die spätem Erweiterungen, Abänderungen und Umbildungen der 
ursprünglichen SiaX\i\töii ^Qx theologischen Facultät, namentlich die 
Beformen inBetreff der theologischen Studien seit 1752, fällen mit der 
Geschichte der Universität zusammen (Cf.o6ön,5.31 — 107). Vergleiche 
jedoch hierüber aus dem letzten Jahrhunderte der Hochschule insbe- 
sondere zu 1752: Cod.Austr. F., S. ÖÖ7 und Kinh^ II., Nr. 134; 
zu 1757» Kink, IL, Nr. 156; zu 1758: Kink, II., Nr. 160, Nr. 
162 f zu 1774i Kink, IL, Nr. 170j sub II; zu 1777: Kink, IL, 
Nr. 177; zu 1778: Kink, IL, Nr. 179; zu 1788: Kink, H., Nr. 
209; zu 1789: ffandbuch der Gesetze, Band 17, S. 617. 
*) Obwohl das letzte ökumenische Ooncilium, nemlich das von Trient 
(q/*. oben, S. 29 J, dem Ueberwuchern , wie den andern Uebelständen 
der Exemtionen mit aller Entschiedenheit entgegen getreten war, 



145 

mich kanonisch-giUig erworben sein, und jswar: a. an einer katholi- 
schen^ vom Oberhaupte der Kirche ans drücklieh bestätigten^ Universi- 
tät, rc.9p. Facultät, welche ihre kaihoUsche Eigenschaft nicht etwa 
durch Abfall von der Kirche verwirkt , oder durch ausdrücklicht 
Erklärung des Papstes verloren hat (cf, oben, 8, 56) ; b. nach vor- 
gängiger Ablegung der Professio fidei Tridentina^ laut der hieher 
bezüglichen Constitution Papst Pius IV. ; c. unter genauer Beob- 
achtung etwa «paYer erflossener kirchlicher Bestimmungen, also fiir die 
W*6«€r-Universität mit Rücksicht auf den VI. Artikel des Concordates. 
Paritätische Universitäten erfreuen sich weder rechtlich , noch 
facHsch der päpstlichen Bestätigung; das von ihnen verliehene Doc- 
torat aus der katholischen Theologie entbehrt also von vorneherein 
der kanonischen Giltigkeit. 

Die theologische Facultät der Wiener Hochschule ist, wie diese 
selber, mit päpstlicher Zustimmung errichtet; sie hat durch die 
zweite päpstliche Bestätigungsbulle, dd. 20. Febrttar 1384, von 
t'apst ürban VL das Promoiionsrecht empfangen, und, unter gewis- 
senhafter Beobachtung der kurz vorhin, sub lit b. und c. näher ange- 
deuteten, kirchlichen Bestimmungen, fortan auch ausgeübt. 

Die kanonische Geltung dieses Rechtes wäre aber, durch die 
Umwandlung der Wiener Universität in eine paritätische, absolut 
imd direct in Frage gestellt, da eine solche Umwandlung einer 
gänzlichen Auf hebung der alten, vom Oberhaupte der Kirche bestä- 
tigten, Wiener Universität gleich käme, und da somit die kanonische 
Unterlage des Promotionsrechtes der Ä:a^oZi«cA-theologischen Fa* 



80 Hess es dennoch gewisse Privilegien der hatkoliachen Universitäten 
unberührt (c/. Äc««. Vif., Cap.l3, de Beformr, Sess. XIV., Cnp. 
5, de Meform,; Sesa. XXV., Cap.2, de ^c/orw.^, und obwohl es 
den Bischöfen die Errichtung der Diöcesan-Seminarien sehr ernst an 
das Herz legte {Seas. XXII J.^ Cap. 18, de Iteform. ; cf. Sesa. F., 
Oap. 1 , de Beform.) so hat es den Doctoren der Theologie und des 
hanoniachen Rechtea , die kanoniache Giltigkeit ihres akademiachen 
Oradea vorausgesetzt, bei der Besetzung höherer kirchlicher Pfründen 
einen gewissen Vorzug eingeräumt {Seaa. XXII., Oap. 2, de Reform.; 
8eaa. XXIV,, Capp. 8 , 12, 16 , 18), reap. belassen. Das kanoniach 
erworbene Doctorat aus der Theologie verleiht eine » Würde»' ^ macht 
ytatiftafähig^ , giebt die Befugniaa, ökumeniachen Concilien mit he- 
rathender Stimme beizuwohnen, und ffewiaae Ehren-Rechte [cf. Zeit- 
aehrift für die geaammte katholiache Theologie, Wien , 1851 und 
1853, Band ZT., S. 382 — 301 ; Band V,, S. 97 — 105]. 

10 



146 

oultät, in der netieiiy paritätischen, Hochschule, ibrom Platz« uuläug- 
hat ei^trtlcl^t wäre und ganz entfallea würde. 

Nicht minder gefährdet erschiene, durch eine solche Umwand- 
lung , die , dem Lehrkörper d«r iheologis^en Facnltat zu WteHj nach 
den neuesten kirchenrechtlichen Bestinunungto, unentbehrliche kaiuh 
nische Mission zum akademischen Lehramte, welche lediglieh voq 
dem försterzbischöflichen Ordinariate daselbst ressortiert« 

In eben so rMtürlicher, als nothwendiger Weise gef^rdet er- 
schiene an der neuen, paritätischen^ Universität die Frequenz bei d^r 
Ä:a^^o/i«cft-theologischen Facultät, in wie fern der hochwürdigste ka- 
tholische Episcopat des Kaiserstaates sich — aus nicht unberechtig- 
tem Mangel an Vertrauen zu der X:a^Ao/i«cA-theologischen Facultät in 
einer paritätischen Hochschule — veranlasst sehen müsste , seine 
Diöcesan- Angehörigen aus den , mit der theologischen Facultät ge- 
wissermassen organisch verbundenen, Anstalten zur höhern Ausbil- 
dung fiir Priester und Kleriker, also aus dem, in erster Reihe, als 
ReichsanstaU zu erachtenden, höhern weltpriesterllchen BUdungs- In- 
stitute bei St. Äugustinj dann aus den zwei CoUegien für ungarische 
und für rutheno-rumänische Candidaten des katholischen Priester- 
thums zurück zu ziehen ; in wie fern selbst dor Hochwürdigste Herr 
Für Sterzbischof von Wien, unter den gegebenen Umständen, es an- 
gemessen erachten möchte, von dem, ihm gesetzlich zustehenden ^ 
Rechte Gebrauch zu machen, nemlich zur theologischen Ausbildung 
der Zöglinge seines Klerikal-Seminariums eine eigene, von der katho- 
f»«eA-theologischen Facultät der neuen xiud paritätischen Wiener 
Universität ganz abgetrennte, Diöcesan-Lehranstalt zu errichten. 

Laster ▼•Ilbereehtigte lassBahBCB, die ?•■ der Staatsregieraog; 
seliaB a«s palitisflieB dfiBdes lifht iBtcrschälit werde« dirfeiil«' 

Die politischen Gründe, aus welchen die 4Hfnahme der 
protestantisch-theologischen Lehranstalt in die Wiener-Hoch- 
schule nicht stattfinden darf^ sind in der, unten angeschlosse- 
nen, 1, Erklärung f^ Sr. Bischöflichen Gnaden, des Hochwürdigsten 
Herrn Universitäts- Kanzlers, weitläufig und in treffendster Weise 
entwickelt, wie denn diese „Erklärung*^ überhaupt den Folgen^ 
welche die Umwandlung der vorwiegend katholischen Wiener 
Universität in eine paritätische, vornemlich für die theologische 
Facultät, haben müsste, die vollste Würdigung zugewendet hat. 

Nach derÄter gegebenen Auseinandersetzung liegt in der 
Erhaltung dos katholischen Charakters der Wieiter Hochschule 



147 

I4nd in der Ermöglichung des Forthestßndes der katholisch-Üx^o- 
logischen Fi^cultät in dieser Hochschule weit mehr »«w Act der 
jPoUHschen Klugheit und Nothwendigkeit^ (of, Einleitung, S. XI) ^ als 
in der n Einverleibung der evan^e/i^cÄ-theologischen FacultUt«. 

lieber die kurz vorhin genannten, mit der theologischen 
Facultät in unmittelbarer Beziehung stehenden, drei geistlichen 
Bildungs- Anstalten der Reichs- Hauptstadt möge in dieser Denk- 
schrift noch eine kurze NachHcht gegeben werden: 

An dem ältesten dieser CoUegien, von. welchem bereits oben 
(S, 75 y in der 2, Anmerkung) die Eede war, tritt besonders seine 
katholische Bewidmung in klarster Weise hervor, und zeugt eben 
hiedurch wieder für den katholischen Charakter der Wiener Hoch- 
schule, mit welcher dieses Collegium in nahe Berührung karyi. 

Wie nemlich der edle Gründer (nimmortalis memoriae funda- 
tor<i) dieser Anstalt, der Cardinal und Primas von Ungarn, Peter 
von Pdzmdng , den Charakter seiner Stiftung bestimmte , erhellt 
unzweifelhaft aus den diessfalligen Errichtungs- Urkunden [Siehe die 
Originalien, zumeist aus der Sammlung des weiland Bischofs von 
Kaschau, Anton von Ocskay, mitgetheilt in: J, Podhraczky, PAiinäny 
Peter, eszt. Erseknek s. a, t. elete (Ofen, 1836), S. 40 ff,]. So 
schreibt er in seinem Diplome vom 20, September 1623, es möge 
die Errichtung dieses Collegiums gedeihen „ad conservationem et 
exaltationem Sanctae Catholicae Bomanae Ecclesiae'*, und bittet 
Gott inständigst, »ut sua sancta benedictione cpnatum huuc nostrura, 
soll Ipsius Gloriae dostinatum augeat«. Gelegenhoitlich der Ueber- 
siedelung des Collegiums aus dem, ursprünglich in der Annagasse 
befindlichen, Stiftungshausp in das heutige, schreibt der Primas, am 
30, October 1625 : «Idcirco nos ad lau dem Dei Omnipotentis ac 
Catholicae Religionis propagationem, aliam ampliorem, et Academiae 
propinquam doinum coömimus a Patribus S. «/., accedente etiam 
Sacrae C. R. Majestatis Ferdinandi II, gratiosp consensu et confir- 
matione«. In seiner Schenkimgsurkunde für den Todesfall, vom 28, 
October 1636 , spricht sich der Stifter dahin aus: „Siquidem Col 
legium Pdzmdnianum Viennae sub cura Patrum S, J, per nos erec- 
tum, velut jugiter manantem bonorum sacerdotum fontem , augere et 
ornare semper in optatis habuimus, eo solo et unico fine prae ocu- 
lis habito , ut ad Dei Gloriam, et S, fidei Catholicae incrementum, 
succrescerent Ungariae sacerdotes idonei, quorum doctrina ac pie- 
tate timor, ac amor aeternae Bonitatis, in animis hominum augeatur«. 

10* 



148 

Hieraus folgt doch bestimmt und sicher, dass Cardinal Pdzmdny 
das nach ihm benannte Seminarium bloss an einer katholischen Uni- 
versität errichten wollte. Eine handschriftliche Geschichte des mehr- 
fach genannten CoUegiums schreibt ganz ausdrücklich, es sei die 
Absicht des grossmilthigen Stifters gewesen; nut grassantibus in 
Iflngaria 6eZZo e^ haercsibos, sacrata Deo Juventus y velut in asyl« 
tuta consisteret; ac literia el virtutibus imbuta, ad servitia Eeeleslae 
eatholieae inpatriam demum reverteretur ^ , 

Mit Riicksicht hierauf hat Papst Ürban VIIL , nanimo revol- 
venSy quantum ex Literarum studio eatholiea ßdes augeatur^ y in 
seinem Breve, vom 10, Mai 1625, nin super eminenii Sedis ApostoU- 
cae specula^, gestattet, dass Peter Cardinal Pdzmdny. nqno ßdei 
eatholieae, tarn in sua Dioecesi Strigoniensi , quam etiam in universo 
Hungariae regno , conservationi ac propagationi melius consulere 
valeat«, einen Theil der erzbischöflichen Einkünfte zur Errichtung 
dieses CoUegiums verwende , «in quo suae Dioeceseos ac Regni hu- 
jusmodi adolescentes, in Christiana pietatc, ac Fide sincera instituan- 
lur«, indem er schliesslich das genannte CoUegium gutbeisst und 
bestätigt. Derselbe Papst ertheilte, in Ansehung des Vorausgeschick- 
ten, mittelst apostolischen Schreibens, vom 13. Juni 1625, dem 
CoUegium verschiedene kirchliche Privilegien; in einem Schrei- 
ben, vom 14. NovemJfer 1625, in welchem er die grossen Verdienste 
des Stifters rühmt, hebt er also an: nRelijioni arcem, atque impietati 
ruinam struit Fraternitas tua, quum Viennensis Collegii exstructi- 
onem meditatur«; dann sagt er am Schlüsse: »Deum misericordiarum 
oiamus,ut superÄaerefe'corww rwina« jaciat istius s. operis fundamenta«. 

Im 138. Jahre seines Bestandes, am 4. November 1762, wurde 
dieses CoUegium, ^nobile hoc magnorum Antistitum et sacrorum Ec- 
clesiae Hungaricae Curionum Seminarium'^ , wie es bei Ungarns be- 
rühmtestem Geschichtschreiber, Stephan Katona^ aus der Gesell- 
schaft Jesu, heisst [Cf. Historia critica Regum Hungariae stirpis 
Austriacäe (Ofen, 1794), XXXI, ö], durch den Primas und Erz- 
bischof, Franz Barkotzi, nach Tyrnau verlegt, aber schon am 24. 
October 1766 durch die besondere Huld Maria Theresia's restituiert. 
Im Jahre 1783, aus Anlass der Errichtung der Generah Seminarien, 
nach Ofen versetzt, kam es 1803, durch Franz II. ^ wieder an sei- 
nen Stiftungsort zurück. Obwohl durch Decret des ungarischen Mini- 
steriums, Nr. ?^, vom 28. September 1848, aufgelöst, wurde es 
dennoch im October 1849 wieder beschickt. Die Erhaltung dieses 



149 

Institutes bildete stets einen Gegenstand der besondern Fürsorge 
der österreichischen Regenten. 

Das höhere Bildungs-Institut zu 8t, Augustin hat seine ver- 
diente Würdigung iii der n Erklärung^ des hochwürdig sten Herrn 
Universitäts-Kanzlers gefunden. Es wurde am iS, October 1816 
eröJBFnet. Ueber seine Einrichtung siehe Bischof i^Wn^'«: „Darstellung 
der höheren Bildungs -Anstalt für Weltpriester zum heiligen Au- 
gustin in Wien« (TFie», 1817). 

Für griechisch-katholische Candidaten der Theologie hatten in 
dem, 1802 wieder errichteten, sogenannten, k Je. Stadt- Convicte (cf. 
oben S. 102 ^ 1. Änm.) eigene Stiftplätze bestanden. Nach der Ka- 
tastrophe der Jahre 1848 und 1849 kam das gegenwärtige ^riecÄiscÄ- 
katholische Central-Seminarium zu Stande, dessen Bedeutung in 
in der erwähnten nErklärungi^ ebenfalls hervorgehoben erscheint. 

Das theologische Z)ocforen- CoUegium schliesst (L c, S. 52 
/., svh 16) seine Aufzählung der Folgen^ welche sich, bei der 
Aufnahme der ^ro^e«ton^*^cÄ-theologlschen Lehranstalt in den 
Universititts-Verband, unmittelbar und unabwendbar einstellen 
würden, mit folgendem Epiph^nema, welches denn auch für die 
vorliegende Denkschrift als ein solches gelten möge: 

»Es .liegt endlich klar auf der Hand, dass, unter solchen Um- 
standen und resp. wohlberechtigten Massnahmen (cf. oben. 8* 146), 
die Ä:a^Äofo'«cÄ-theologische Facultät in der neuen, paritätischen, 
Hochschule nach jeder Hinsicht binnen kurzer Zeit absolut trocken 
gelegt wäre , dass sie nach einem nahezu fünf hundertjährigen Be- 
istände in der Universität, welche nach zwei Jahren den Antritt ihres 
sechsten Säculums zu feiern gedenkt, der fremden, nach ihren con- 
fessionellen Grundlagen, nicht viel über dreihundert, nach ihrem 
wirklichen Bestände aber, kaum mehr als vierzig Jahre zählenden, 
fUr eine absolute Minorität österreichischer S^taatsbürger gegründe- 
ten, protestantisch-theologhchen Lehranstalt ihren, ehrenhaft be- 
haupteten, Platz räumen müsste , bloss, weil der gegenwärtige 
Lehrkörper der genannten Anstalt zunächst sich n r» isoliert^ »^ fählt, 
an einem wahrhaft kaiserlich dotierten, mit allen Facultäts -Rechten 
ausgestatteten , Institute keine » ^gedeihliche Wirksamkeit'^ " zu fin- 
den befürchtet und lediglich desshalbj um jeden Preis, aus der 
n n Winkelanstalt ^ii heraus und in die Zweitälteste deutsche, fortan 
katholisch verbliebene, Wiener Universität hinein will , ohne zu be- 
denken, dass, durch ein solches Gelüsten, m^das Kirchliche von dem 



) 



150 

Wissenschaftlichen'^*^ nach einer nduenRichtung» hin, „ ^ygeschieden^ ^ 
und die nette Wiener Universität, nur ganz consequenier Weise nnd 
in kürzester Zeit, selbst nach ihren zwei Facnltäten für christliche 
Theologie, nicht bloss in den Kreis der n nconfessionslosen Wissen- 
schaft'* « hineingezogen, sondern demnächst auch dem, bereits mehr- 
fach bevotworteten , n nreligionslosen Staate**^ absolzä hörig würde. 

Das theologische Z>oc#or«n-Collegium bescheidet sich übrigens, 
seine diessföllige Anschauung dem pro^e^fan^cA- theologischen Lehr- 
körper und den Sachwaltern der nachgesuchten Einverleibung , in 
der Universität selber, irgendwie aufnöthigen zu wollen, und beruft 
sii^h bloss neuerdings auf den alten Kechtsgrundsatz: 

„„In pari eaasa meiUr est conditio ejas, qui eertat de danin« 
efitändo, quam ejus, qni eertat de lucr« eaptanda»'«. 

Im Namen beider CoUegien der theologischen Facultät, an der k, k, 
Universität zu Wien, 

Dr; Anton larny, m. p., Dr. Joseph Danka, m. p., 

d. Z. Decan, d. Z. Decan, 

Dr. Ernest Müller, m. p., Dr. Johann Michael läoslem. p., 
d. Z. Pro-Decan beständiger Notar 

des Professoren-QoWQgixxm^, des Z>or;<orcn- GoUegiums. 

Wien, den 25. Jali 1863. 



ERKLÄRUNG 



DES 



KANZLERS DER K. K. UNIVERSITÄT 

zu WIEN 

CBE die BITTB der PROTESTANTISCH-THEOmeiSOHliN FACÜLTÄT 
UM EINVEELEIBÜNG 

IN DIE GENANNTE HOCHSCHULE, 

ABGEGEBEN IN DER SITZUNG 

VENEBABILIS CONSISTORII, 

AM 12. MAI 1863. 



Meine Stellung als Kanzler unserer Hochschule uivd als 
Mitglied Venerabüis Consistorii legt nair die Verpflichtung auf^ 
bei der Verhandlung über die Bitte des Lehrkörpers der prote^ 
stantisch'theologischen Facultät, um Einverleibung dieser Lehran- 
stalt in die IFie/ier-Universität, das Wort zu nehmen. 

Ich spreche meine innigste Ueberzeugung aus, wenn ich 
sage, dass die Gewährung dieser Bitte nicht Statt haben könnte, 
ohne den Organismus unserer Alma Mater vom Grunde aus zu 
zerstören und an deren Stelle ein, dem Willen der erhabenen 
Stifter unserer Universität ganz und gar widersprechendes, 
abnormes Gebilde zu setzen. 

Wenn bei den Berathungen , die in den einzelnen CoUe- 
gien unserer Hochschule über die erwähnte Frage gepflogen 
worden sind, der Gedanke ausgesprochen wurde, dass in den 
Urkunden , welche die Gründung der Wiener-Universität be- 
treßten , Nichts enthalten sei , was der Einverleibung der Pro- 
testanten-Facultät widerstreitet, so mag eine derartige Be- 
hauptung als ein gut oder nicht gut ersonnener Witz gelten; 
für wahr wird sie Niemand halten, der einen Blick in die 
Stiftungsurkunden unserer Alma Mater gethan hat. 

Die Sache ist so klar, dass ich besorgen müsste, die 
Geduld Vener abilis Consistorii zu missbrauchen, wenn ich mich 
weiter darüber auslassen wollte. 

Die erhabenen Stifter der Universität haben ihren Willen 
entschieden dahin ausgesprochen, dass ihre Schöpfung in ste- 
ter, inniger Verbindung mit der Kirche zu St. Stephan und mit 
dem jeweiligen Domprobste, als Kanzler, bleibe; sie haben 
für das ins Leben gerufene Studium Generale die Gutheissung 
des heiligen Stuhles erwirkt. 

Es wäre hiernach sicherlich eine Frivolität, wenn man 
annehmen wollte, es sei nicht ihre Absicht gewesen, dass von 
dem Organismus dieses Studii Generalis eine Anstalt fern 



154 

gehalten werde, die jede Verbiadung mit der Kirche von St. 
Stephan, mit dem Universitäts-Kanzler und mit dem heiligen 
Stuhle grundsätzlich perhorresciert 

Ich glaube nur noch das offene und sicherlich nicht der 
Parteilichkeit zu zeihende Wort des verehrten Herrn Profes- 
sors der rechts- und staatswissenschaftlichen Facultät, Ihr^ 
Lorenz Stein ^ beifügen zu sollen, welcher unumwunden aner- 
kennt, dass der Wiener-Universität, gleich bei ihrem Entste- 
hen,' die Aufgabe geworden, aussckHessUch den kalhoUschen 
Glauben in allen Dingen zu vertreten. 

Wer die Fundationsurkunden unserer Hochschule liest, 
wird zu der Ueberzeugung kommen, dass dem Willen der 
Fundatoren zuwider gehandelt wird, wenn an der Anstalt, 
die sie ins Leben gerufen, über Gott und Sein Verhältniss 
zur Welt und Äum Menschen in einer der kaÜioUschen An- 
schauung widergprechenden Weise gelehrt werden sollte. 

Wie die aller durchlauchtigsten Nachfolger der Stifter 
unserer Universität den Willen ihrer Vorgänger aufgefasst, 
bedarf keines weitern Nachweises. 

Ich erwähne nur, dass Kaiser Josqph J7. ausdrücklich ver- 
fugt hat, es sei den Professoren nicht gestattet, Etwas vorzutra- 
gen , was gegen die kaÜioUsche Religion verstosst. 

Wohl sind im Laufe der Zeit in dem Organismus und in 
der Wirkungsweise der Wiener-Hochschule allerhand Aende- 
rungen eingetreten; allein bis nun hat man es mit dem Willen 
der Stifter der Universität für unvereinbar gehalten, dass an 
derselben eine mit der kathoUsehen Kirche im Widerstreite be- 
findliche Theologie gelehrt werde. 

Die Wiener-Universität ist demnach in so fem sicherlich 
eine gHfhmggmämg confessianeüe Anstalt, als es, in so lange 
man dem entschieden ausgesprochenen Willen der Fundatoren 
€kltung zuerkennt > unzulässig ist, an dieser Universität pro- 
testaniis€he Theologie zu lehren. 

Nebst den beiden theologischen Collegien haben diese 
Ueberzeugung auch das Professoren-Collegium der rechts- 
und staatswissenschafÜichen Facultät und das Doctoren-Colle- 
gium der philosophischen Facultät in trefflich begründeter 
Weise ausgesprochen. 

Bei dieser Sachlage könnte dem Petitum des Lehrkörpers 
der protestantischen Facultät nur dadurch willfahrt werden^ 



165 

dass torerst die ehrwürdige Institution unserer Alma Matet^ 
die ein halbes Jahrtausend überdauert hat, zerstört und adf 
einer von den erhabenen Fundatoren der Hochschule nicht ge- 
wollten Basis ein neuer UniversitSts-Orgatiismüs geschaffen 
würde; denn die Einfüguhg eines neuen Elementes in den Uni- 
versitäts-Organismus, welches einem Theile desselben sich' 
principiell etitgegenstellt Und diesen beftiföftiässig bekämpfen 
muss, kann man doch unmöglich Als eine blosse Entwicklung 
oder als eine einfache Vervollständigung dieses Organismus 
ansehen. Es wäre zuverlässig und natutnothwendig eine Des- 
organisation der Universität in einem stiftungs gemäss wesettt- 
lich dazu gehö]*igeti Theile. 

Die Herren Petenten haben daher kaum erwogeü, welches 
Opfer sie begehren, indem sie sich in eine Oorporation ein- 
drängen, die für ihre Aufnahme nicht geschaffen ist. 

Ich möchte behufs voturtheilsloser Beurtheilung des in 
Rede stehenden Petitums den Fall setzen, dass in Bnglandy 
dem Eldorado aller Freunde liberalet Institutionen, wo die 
Zahl der Katholiken im Verhältnisse zu den Nichtkatholiken 
bei weitem grösser ist, als in Oesterreich die Zahl der Pfote- 
stanten im Verhältnisse zu den Katholiken (im Königreiche 
(jfroBsbritannien finden sich 8 '/g Million , in England mehr als Eine 
Million Katholiken unter' 19 Millionen Protestanten) j eine katholisch* 
theologische Facultät der Universität Cambridge oder Oxford 
incorporiert werden wollte. 

Ich besorge keinen Widerspruch, wenn ich annehme, 
dass man in England ein solches Verlangen für hellen Wahn- 
sinn und einer ernstlichen Erörterung nicht für würdig er- 
klären würde. 

Ein Gleiches wäre zu erwarten, weiin derBerKner-Univer- 
sität eine katholisch-theologische . Facultät eingegliedert wer- 
den wollte. 

Die Protestanten würden ein solches Ansinnen einfach 
zurückweisen. . 

Wir Katholiken aber, meine verehrten Herren, sollen 
uns die Zumuthung gefallen lassen, den ehrwürdigen Orga- 
nii^mUs unserei" Antiquissima et Oeleöerrima umzuformen und 
derselben ein neues Glied einzufügen, das zu dem vorhan- 
deuten Leibe in keiner Weise passt, ja, seiner Natur nachj 



156 

dazu angethan ist, diesen Organismus in steter, fieberhafter 
Aufregung zu erhalten ? ! 

Es gründet sich auf eine mehr als zweihundertjährige 
Erfahrung, dass die Bekeiiner verschiedenen Glaubens in bür- 
fferHchen unApoHtiscken Dingen friedlich neben einander leben und 
•weben können. x / 

Auf dem Gebiete des Religiösen und JBATchUchen und der 
hievon untrennbaren Geologischen Wissenschaft aber hört jede 
Gemeinsamkeit auf und erübrigt nichts Anderes, als dass auf 
diesem Felde die verschiedenen Confessionen so sehr als mög- 
lich auseinander gehalten werden. 

Sonst sind nur zwei Dinge möglich, entweder steter 
Krieg, oder beiderseitige allmälige Versumpfung in religiösem 
Indifferentismus. Ein Drittes kann naturgemäss nicht eintreten. 

Ich habe mir das wissenschaftliche Wirken auf Uni- 
versiäten stets als ein lunrmonisches vorgestellt und geglaubt, 
dass Hochschulen nur dann gedeihlich wirketi, wenn aUe 
organischen Theile derselben aus dem nemUchen Geiste her- 
aus die Darstellung des Wahren schaffen. Wie ist das aber 
möglich, vrenn 2wei confessionell verschiedene theologische Fa- 
cültäten neben einander in derselben Hochschule bestehen? wenn 
ein organisches Glied des nemlichen wissenschaftlichen Leibes 
an Dem, was dem andern ein unantastbares Heiligthum ist, 
ein Aergerniss nimmt oder es als Thorheit verschreit ? — 

Umsonst wird man sich auf die s. g. paritätischen Univer- 
sitäten in Deutschland berufen. Die paritätische Eigenschaft 
mehrerer Universitäten in Deutschland hat mit unserer Frage 
Nichts gemein, weil sie nur die religiöse Confession Jener an- 
geht, die überhaupt zu dem Lehramte an der betreffenden 
Universität berufen werden können. 

Unsere Angelegenheit Hesse sich nur mit den Universi- 
täten zu Bonn^ Breslau und Tübingen in Vergleich bringen, an 
denen zwei theologische Facultäten, eine katholische uiid eine 
protestantische, nebeneinander bestehen. 

Allein man wird doch nicht begehren, dass in Oesterreich, 
einer verhältnissmässig unbedeutenden Anzahl von Protestan- 
ten zu Gefallen, die Hochschule der Rei^shaupt- und Residenz- 
Stadt ihres angestammten Charakters entkleidet und den ge 
nannte A drei ausländischen Universitäten nachgeformt werde. 
Man wird es nicht dahin kommen lassen, dass Oesterreich den, 



157 

von den erhabenen Stiftern der Wie^ret-Universitätj dieser 
Hochschule aufgeprägten, Charakter vertilge, um im Schoosse 
derselben der protestantischen Facultät eine Stätte zu bereiten. 
Man wird das österreichische Kaiserthum in Dingen, bei denen 
confessionelle Rücksichten im Spiele sind, nicht zum Nachtreter 
Preussens und Würtembergs herabwürdigen. 

Ausser diesen beiden vorwiegend protestantischen Staaten 
werden Sie sich vergebens umsehen, um das Monstrum der 
Verbindung von zwei, confessionell verschiedenen, theologischen 
Facultäten iii dem Organismus Einer Hochschule irgendwo 
aufzufinden. 

Fragen Sie unbefangene Beurth eiler der Zustände in Äonii 
Breslau und Tübingen und Sie werden erfahren , dass die Ver- 
kuppelung einer katholischen und e\nQv protestantischen Theolo- 
gen - Facultät in dem nemlichen Universitätsverbande ein 
üebel sei, das man, wenn es nicht mehr zu beseitigen ist, er- 
tragen y aber ohne die äusserste Noth nicht schaffen muss. 

Der protestantische Theologe kann unmöglich in Sachen 
seiner, von der Confession untrennbaren ^ Wissenschaft mit dem 
katholischen Hand in Hand gehen; Beide müssen sich und wer- 
den sich in religiösen und kirchlichen Dingen bekämpfen. 

Es ist demnach ein ganz und gar widernatürliches Ge- 
bahren, zwei offenbar nicht zusammengehörige, sich princi- 
piell widerstreitende Elemente in das Corporations-Verhältniss 
einerund derselbenHochschule zwängen zu wollen, was nur zur 
unausbleiblichen Folge haben müsste, dass auf dem einen 
Lehrstuhle als Irrthum gebrandmarkt wird, was der Docent 
auf dem andern als Wahrheit vertheidigt. 

Ich sagte, dass eine derartige abnorme Institution nur 
durch die äusserste Nothwendigkeit tnisc^YivlAigt werden könnte. 

Allein, wo ist diese Nothwendigkeit für die Protestanten in 
Oesterreich f 

In den diesseits der Leitha gelegenen Theilen der Monar- 
chie zählt man neben mehr als 19 Millionen Katholiken, 
SOOfiOO Protestanten; diese besitzen eine ausreichend dotierte, 
mit dem Promotionsrechte ausgestattete, theologische Facultät 
in Wien. 

Die Katholiken in Salzburg und Mähren besitzen gleich- 
falls nur eine' theologische Facultät. An der katholischen Aka- 



158 

Hernie zu Münster findet si^h neben der theologischen nut* noch 
eine philoßpphipche F^cultät. 

Niemand hindert es, wenn die Glieder dieser Facultö^ten 
sieb ^ines regen, wissen^chaftUchen Strebens befleissen. 

Von der Incorpomtion einer Facultät in eine Univei'sität 
kann ja doch der Grad und das Mass der Förderung der Wis- 
sensphaft iiQmöglich abhängen; sonst müssten die höhern 
tei^nischan Anstalten Alles aufbieten, um in den Organismus 
einer Universität eingegliedert zU werden. 

Dann ]f:oinmt wohl zu bedenken, dass in demselben Län^ 
Hörbereiche der Monarchie, in welchem sich 300,000 Prote^ 
Stinten befinden, 867,000 nicht ur^ierte Griechen und 621fiOO 
Israeliten \^\>m. Gesetzt nun, dass d\Q nicht 'tj^nierten Qriechen 
und die I$raßlU^.n da^ Bedürfniss fühlen, für die Förderung 
ihrer theologischen Wissenschaft eine Facultät herzustellen, 
mit welchem Grunde wird man die Einverleibung dieser Fa- 
cultäten in den Organismus der Wiener-Universität versagen, 
wenn man die Incorporation der protestantisch-theologischen 
Facultät zulässt?! — 

Endlich v^rird mir das Venerabile Consistorivm gestatten, 
die weitern una^sbleiblicheii Folgen dieser Zulassung an- 
zudeuten. 

Die Frage neulich, ob die i>ro^e^<a»fo'5cÄ-theologische Fa- 
cultät in den organischen Verband der Wiener-Universität 
aufzunehmen sei, i^t gleichbedeutend mit der, ob die katholisch- 
theologische Facultät aus diesem fast fünfhundertjährigen 
Verbände ausgesondert werden soll. 

J)enn darüber, meine verehrten Herren, dürfen wir 
uns keine Illusionen machen ; me und nimmer werden an der 
IFiewcr-Universität zwei confessionell verschiedene theologische 
Facultäten (eitischliesslich der katholischen) bestehen. 

Die Eingliederung der protestantisch-theologischen Ijchr- 
Anstalt wird die kathoUsche Facultät als ihr Ausweisungsurtliell 
aus dem H^ijge ai^sßhen müssen, das ihr vor 500 Jahren zur 
Wohnstättß und zum Wirkungskreise eröffnet wurde, so dass 
das von Ihnen, verehrte Herren, abzugebende Gutachten 
eigentlich ü^i« Frage betrifft, ob Sie, die, auf einen fünfhundert- 
jährigen Besitz sich fussende, katholisch^theologische Facultät 
als Glied des Organismus der Wiener-Universität belassen^ 



159 

oder an deren Stelle die neu kreierte protestantische und mit 
dör 2eit Aocb andere /»ic^^katlioU^Qhe FacuUäteii für The- 
ologie aufgenommen ^yünschen. 

Dass ich hiemit nicht bloss eitle BefUrchtangen ^u«;- 
spreche, können Sie mir auf mein Wort glauben. 

Es liegt in den unQ^^nderlichen Principien der katholischen 
Kirche, da^s die Wissienschaft <Jes Heiles nur von Denen ge- 
lehrtwerde, welche von den competenten kirchlichen Ohei^n hiezu 
die Bevollmächtigung und Sendung erlangt haben. 

Mögen auch gegen diese ^ den Bestand der Reinheit der 
I^ehre über die übernatürliche Weltprdnupg bedingende, Ein- 
richtung gegnerischer Seits was imnier für Einwendungen er- 
hoben werden, gewiss ist, dass dadurch weder die' staatliche 
Ordnung und das staatliche Interesse, noch das Gedeihen der 
Universität im Mindesten geschädiget werde. 

Diess vorausgesetzt, dürfen Sie sich versichert halten, 
dass, sobald eine nicht-katholische Facultät in den Verband der 
Universität Aufnahme findet, die kirchliche Lehr-Mission den 
Professoren der katholischen Facultät entzogen wird, somit die- 
selbe um so mehr zu bestehen aufhört, als , durch die Einglie- 
derung einer nicht katholischen Facultät, der Hochschule dpr 
kirchliche Boden ihrer Errichtung ganz entrückt wird, als eben 
nur in diesem Boden das Leben der Ä:a#ÄoZi5cÄ-theologischen 
Facul täten wurzelt. 

Es entfiele von selbst die der Universität zustehende Be- 
rechtigung zur Verleihung akademischer Grade aus der katho- 
lischen Theologie, i7i wiefern diese Grade in det katholifichen 
Kirche eine Bedeutung haben, 

Glauben Sie nicht, verehrte Herren, dass dadurch für 
die Kirche eine absonderliche Verlegenheit erwachsen würde. 

Jeder Bischof hat das, ihm durch das Gesetz garantierte, 
Recht, eine theologische Lehranstalt für die Heranbildung 
seiner Priesterstands-Candidaten zu errichten; er kann auch er- 
wirken, dass seine Lehranstalt zu dem Range einer Facultät 
mit dem Promotionsrechte erhoben werde. Die an einer soU 
chen Facultät erworbenen akademischen Grade haben i^Uer- 
dings an s\c\x.nur einen kirchlichen Charakter; allein das ver- 
schlägt wenig, weil akademische Grade aus der Theologie doch 
nur für kirchliche Aemter erforderlich ^ind. 



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Wenn hiemit die Folgen der Incorporierung der prote- 
stantisch'theologhclien Facultät in die Wiener-Universität abge- 
schlossen wären, so könnte man sagen, dass die katholisck- 
theologische Facultät und der von den Stiftern gewollte Or- 
ganismus dieser Hochschule ein Opfer für die protestantische 
Facultät geworden sei und dass sich die katholische Facultät 
bequemen müsse, in Hinkunft jene Stellung einzunehmen, 
welche dermalen die protestantische Facultät einnimmt. 

Es wäre diess , afpgesehen von der AUerierung einer aüehr- 
würdigen Stiftung Österreichischer Regenten eine der katholischen 
Facultät und der katholischen Kirche zugefügte, von Beiden 
ganz unverschuldete ünbild. 

Allein es kommen noch einige andere Umstände in Be- 
tracht, die meines unmassgeblichen Erachtens reiflich erwo- 
gen werden wollen, wenn man über die Frage der Incorpora- 
tion der j?rofe«^aw<i«cÄ-theologischen Facultät in den Verband 
unserer Universität ein gründliches Urtheil abgeben will. 

Bekanntlich ist es in Oesterreich vom grössten Belange, 
Alles sorgrältig zu pflegen und zu hüten, was als ein Bindemittel 
zwischen ditn einzelnen Ländern der Monarchie sich darstellt und 
bewährt hat. 

Als solche Bindemittel betrachte ich drei geistliche 
Bildungsanstalten in IFte/i, nemlich das höhere Priesterbil- 
dungsinstitut zum heiligen Augtistin^ das Pdzmdnische Collegium für 
ungarische Priesterstands-Candidaten und das griechisch-katho- 
lische Central- Seminarium^ welches für beiläufig ^^Priesterstands- 
Candidaten des griechischen Ritus aus Galizien, Ungarn und Sie- 
benbürgen eine Unterkunfts- und Bildungs-Stätte gewährt. 

.Man kann mit Grund sagen, dass die theologische Fa- 
cultät der Wiener-Universität nur durch diese drei Institute 
Bedeutung gewonnen hat. Denn ohne dieselben würde die 
Zahl der Frequentanten sämmtlicher vier theologischen Jahr- 
gänge manchmal auf oO herabsinken, die Zahl 70 aber selten 
übersteigen. Ohne die drei genannten Institute könnte es sich 
wohl ereignen, dass die Jahreszahl der rigorosen Prüfungen 
2 bis 3 nicht erreichen würde und in 3 oder 4 Jahren bloss Eine 
Promotion zum theologischen Doctorgrade sich ergäbe. 

Der Wegfall der genannten drei Institute wäre demnach 
für die theologische Facultät, möge sie im Verbände mit der 



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Universität bleiben oder nicht, ein unersetzbarer Verlust, 
aber auch ein schwerer Schlag, der geffen die wohlverstande- 
nen Interessen der Gresammt-Monarckie geführt würde. 

Das höhere Priesterhildtmgsinstitut ist von weiland Sr. Ma-' 
jestUt, Kaiser Franz /., zu dem Zwecke gegründet, dass darin 
talentvolle junge Priester aus allen bischöflichen Sprengein des 
gesammten Kaiserreiches ihre theologischen Kenntnisse begrün- 
den, die rigorosen Prüfungen bestehen und nach Umständen 
auf einen bestimmten geistlichen Beruf sich vorbereiten. 

Es ist allgemein anerkannt^ dass diese Anstalt seit nahe- 
zu fünfzigjährigem Bestände Grosses geleistet habe, dass durch 
dieselbe in dem gesammten Umfange der Monarchie theologi- 
sches Wissen und klerikale Bildung verbreitet worden sei. 

Dessenungeachtet hat e« schon Momente gegeben , in 
denen die centrifugalen Bestrebungen einzelner Länder die, 
lediglich durch das Vertrauen der Bischöfe getragene, Existenz 
des höhern Priesterbildungsinstitutea in Frage stellten. 

Lassen wir es dazu kommen, dass die protestantische 
Facultät der Universität incorporiert werde, so kann ich es 
Ihnen verbürgen, dass aus dem lomhardisch • venetianischen 
Königreiche, aus Ungarn^ Siebenbürgen und Oroatien kein Prie- 
ster mehr in das höhere Bildungsinstitut zum heiligen Augu- 
stin entsendet werde. 

Ein, wenn auch kleines, aber gewiss nicht ui;iwichtige9 
Vinculvm der Gesammtmonarebie wäre zerrissen und in mehr 
als Einer Richtung ein irreparabler Schaden angerichtet. 

Dasselbe gilt von dem Pdzmdnischen Institute^ in welchem 
Priester stands-Oandidaten A.&T ungarischen xmÄ^croatischenDiÖQ^- 
sen ihre Unterkunft finden, an der Wiener-Universität 
ihre theologischen Studien zurücklegen und grösstentheils 
auch die strengen Prüfungen für die Doctorswürde bestehen. 

Die ungarischen Bischöfe haben wiederholt versucht, 
diese Anstalt nach Ungarn z^u ziehen; die Incorporation der 
protestanHschsn Facultät in die Universität würde ihnen einen 
zureichenden Anlass bieten, diesen Versuch zu erneuern und 
diePdzm^niten an die ^katholische Universität zu Pest<^ ;su senden. 

Sollte dieser Versuch gelingen, so müsste diess sehr be- 
klagt werden, weil alle Einsichtsvollen von den, 'für die kai- 
serliche Regierung erfreulichen, gewöhnlich nachhaltigen 
Einflüssen Zeugniss geben, welche die ungarischen Zöglinge 

11 



162 

des Pdzmdneums in dieser Anstalt empfangen und in ihr Va- 
terland getragen haben. 

Ein Gleiches muss von dem noch jungen, griechisch-katho- 
lischen CewtrahSeminarivm gesagt werden, für dessen Fortbe- 
stand, im Falle der Einverleibung der protestantischen Facul- 
tUt in die Universität, ich nicht einstehen möchte. 

Wir wissen es ja, dass von mancher Seite jeder Vorwand 
begierig ergriffen wird, sich von dem Centrum loszumachen. 

Sie sehen, meine verehrten Herren, dass Sie durch 
einen , für diese Einverleibung lautenden Beschluss thatsächlich 
erklären, dass die Ar^x^o&^cÄ-theolog^sche Facultät aus Ihrer 
Mitte ausztischeiden habe und mit ihrer Wirksamkeit in Hin- 
kunft im günstigsten Falle auf die Hälfte Nieder-Oesterreichs, 
d. h. auf den Bereich der Wiener-Erzdiöcese zu beschränken sei. 

Ich kann nicht glauben, dass Sie dies» zu Gunsten einer 
Anzahl von 300,000 Protestanten, die für ihren Bedarf mit 
der ihnen gewährten theologischen Facultät vollkommen aus- 
reichen, herbeizufuhren beabsichtigen. 

Sie /werden ihre Stimme nicht dafür abgeben, dass an 
der Hochschule des Herzens der Monarchie nur protestantische 
Doctoren der Theologie promoviert und die kathoUschen Doc- 
torats-Candidaten an eine von der Universität gesonderte, oder 
an wne ausioärtige theologische Facultät gewiesen werden. 

Sie werden nicht die Kinder des Hauses ihres rechtmässi- 
gen Erbtheiles verlustig erklären und die Hände bieten, dass 
Fremde (ich meine äiess mit Bezidiung auf die Zugehörigkeit zur 
Wiener-Universität)^ die bis nun zur Familie der Hochschule 
nicht gehörten, in dieses, ihnen von den Fundatoren nicht zu- 
gedachte, Erbtheil eingesetzt werden. 



Die Sache würde nicht besser, wenn Sie das Auskunfts- 
Mittel wählen wollten, dass der bisherige Organismus der Uni- 
versität im Wesentlichen intact bleibe und die protestantische Fa- 
cultät diesem Organismus irgend wie angefügt werde. 

Diese Massregel wäre weniger^ als eine Äa^ftc, und Halb- 
heiten führen selten zum Guten. 

Man würde sagen, das Venerabile Consistorium habe nicht 
den Muth gehabt, geradezu auf Abweisung der Bitte des prote- 
stantischen Lehrkörpers anzutragen, aber auch nicM die Ent- 



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schiedenheit y für die AufnaJime der protestantischen Facultät in 
die Universität offen sich auszusprechen. 

Die Facultät, die incorporiert sein will, dürfte durch 
einen solchen Ausweg sich kaum befriedigt erachten und die 
Folgen der halben Massregel würden für die katholische Fa- 
cultät dieselben sein, wie die der unumwundenen Incorporie- 
rung. Denn vor der Welt würde es heissen, dass an der Wie- 
ner-Universität eine prote^^an^t^cÄ-theologische Facultät be- 
stehe. Wer dann katholische Theologie studieren oder aus 
dieser die Doctorswürde erlangen wollte, würde Wien meiden, 
und dafür Prag^ Pest, Ghraz oder Innsbruck aufsuchen. 

Indem ich in pflichtgemässer Wahrung der Interessen, 
die ich zu vertreten stiftungsmässig berufen bin, das Venera- 
bih Consistorium ersuche , bei seinem Beschlüsse meinen ange- 
deuteten Erwägungen wohlwollende Beachtung zu schenken , 
muss ich noch beifügen , dass mir hiebei jede unerlaubte Un- 
duldsamkeit fern ist. 

Ich wiederhole es nochmals , dass das Gebiet des bürger- 
lichen und politischen Lebens dasjenige ist, auf welchem ich 
und meine Gesinnungsgenossen bereitwilligst Toleranz gegen 
Alle üben , die nicht unseres Glaubens sind. Es ist auch unse- 
rer Seits nicht das Mindeste einzuwenden, wenn die hohe 
Staatsverwaltung den Bekenhern mcÄ^katholischcr Confessio- 
nen die erforderlichen Mittel bietet, um ihre religiösen Un- 
terrichtszwecke in umfassendem Masse zu fördern. 

Unsere eigene Existenz aber können wir nicht Preis ge- 
ben, ohne uns einer Gewissenslosigkeit schuldig zu machen. 

Wir werden um so weniger anstehen, jedes erlaubte 
Mittel zur Rettung unseres Bestandes aufzubieten, als wir uns 
überzeugt halten, dass die Protestanten mit gleicher Entschie- 
denheit sich wehren würden, wenn man ihnen zumuthcn 
möchte, in eine ihrer jungen Universitäten eine katholisch-^ 
theologische Facultät aufzunehmen. 

J. Kutschker, 

Domprobst und Kanzler, 



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