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Full text of "Der kleine Rosengarten : Volkslieder"

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Hermann Löns 
Der kleine 
3 


Volkslieder 


Verlegt bei Eugen Diederichs 
in Jena 1918 


Auf der Lüneburger Haide 


Auf der Lüneburger Saide, 
In dem wunderfchönen Land 
Ging ich auf und ging ich unter, 
Allerlei am Weg ich fand; 
Dalleri, vallera, 
Und juchheiraſſa, 
Beſter Schatz, beſter Schatz, 
Denn du weißt es weißt es ja. 
Brüder, laßt die Bläfer klingen, 
Denn der Muskatellerwein 
Wird vom langen Stehen ſauer, 
Ausgetrunken muß er ſein; 
Dalleri, vallera, 
Und juchheiraſſa, 
Beſter Schatz, beſter Schatz, 
Denn du weißt es weißt es ja. 
Und die Bracken und die bellen, 
Und die Büchſe und die knallt, 
Rote Sirſche wolln wir jagen 
In dem grünen, grünen Wald; 
Dalleri, vallera, 
Und juchheiraſſa, 
Beſter Schotz, beſter Schatz, 
Denn du weißt es weißt es ja. 


Ei du Sübfche, ei du Feine, 

Ei du Bild, wie Milch und Blut, 
Unſre Serzen wolln wir tauſchen, 
Denn du glaubſt nicht, wie das tut; 
Valleri, vallera, 

Und juchheiraſſa, 

Beſter Schatz, beſter Schatz, 
Denn du weißt es weißt es ja. 


Schãferlied 


Wenn ich meine Schafe weide 
Sier auf dieſer braunen Saide, 
Ganz mutterſeelenallein allein, 
Mein Schatz, dann denk ich dein. 
® 
Wenn die Lerche luſtig finger, 
Sich hinauf zum Himmel ſchwinget, 
Ganz mutterſeelenallein allein, 
Mein Schatz, dann denk ich dein. 
Wenn der Tauber ruft ſein Weibchen, 
Sein geliebtes Turteltäubchen, 
Ganz mutterſeelenallein allein, 
Mein Schatz, dann denk ich dein. 
Wenn die Sonne geht bernieder, 
Wenn ſie morgens kehret wieder, 
Ganz mutterſeelenallein allein, 
Mein Schatz, dann denk ich dein. 


Das Senfterlein 


Ach ich war den ganzen Tag allein, 
Denn mein Liebſter konnt nicht bei mir ſein, 
Aber in der Nacht, aber in der Nacht 
Da bin ich aufgewacht, 

Denn es klopfte an mein Senfterlein. 


Und er ſprach: mein allerliebſtes Kind, 
Draußen geht ein bitterböfer Wind, 
Bitte laß mich ein, bitte laß mich ein, 

Will auch artig ſein, 
Und das Lieben iſt ja keine Sünd. 


Meine Mutter immer zu mir ſpricht: 
Kind, die Männer taugen alle nicht. 
Aber wenn fie wüßt, aber wenn fie wüßt, 
Wie mein Liebſter Füße, 

Ach ſo ſagte ſie das ſicher nicht. 

Bin ich auch den ganzen Tag allein, 
Kann mein Liebſter auch nicht bei mir fein, 
Aber heute Nacht, aber heute Nacht 


Weiß ich, wer da wacht, 
Denn dann klopft es an mein Senfterlein. 


© 


Rofeim Schnee 


Roſe weiß, Roſe rot, 

Wie ſüß iſt doch dein Mund, 
Roſe rot, Rofe weiß, 
Dein denk ich alle Stund, 
Alle Stund bei Tag und Nacht 
Daß dein Mund mir zugelacht, 
Dein roter Mund. 


Ein Vogel fang im Lindenbaum, 
Ein ſüßes Lied er ſang, 
Rofe weiß, Roſe rot, 

Das Serz im Leib mir ſprang, 
Sprang vor Freude hin und her, 
Als ob dein Lachen bei ihm wär, 
So ſüß es klang. 


Roſe weiß, Roſe rot, 


Was wird aus mir und dir? 
Ich glaube gar, es fiel ein Schnee, 
Dein Herz iſt nicht bei mir, 
Nicht bei mir, geht andern Gang, 
Falſches Lied der Vogel ſang 
Von mir und dir. 


Die böſe Sieben 


Am Wirtshaus an der Straße 
Sieben Birkenbäume ſtehn; 
Die ſieben grünen Bäume, 
Die will ich gar nicht ſehn. 
©) 

Die Sieben, ja die Sieben 
Iſt eine böfe Zahl; 
Sieben wunderſchöne Mädchen, 
Die liebte ich einmal. 


Sechs Rofen ohne Dornen 
Die waren mein fürwahr; 
Die ſiebte, die ich pflückte, 
Voll Dorn und Diſtel war. 
Die ſiebte von den Sieben 
Die Kunſt fie wohl verſtand; 
Sie führt mich zum Altare 
Mit ihrer weißen Sand. 
Die ſieben Birkenbaͤume, 
Die gehen hin und her; 
Ade, ihr roten Roſen, 
Ich pflücke keine mehr. 


Auf der Gartenbank 


Ei was mag denn das da ſein, 
Blink und blank, blink und blank, 
Sieht ja aus wie Sonnenſchein 
Auf der Gartenbank; 

Iſt ja nicht der Sonnenſchein, 
Blink und blank, blink und blank, 
Wird noch viel was Schönres fein 
Auf der Gartenbank. 

Was iſt das fürn heller Schall, 
Kling und klang, kling und klang, 
Iſt das wohl die Nachtigall, 
Die da eben ſang? 
Nachtigall, die kanns nicht ſein, 
Kling und klang, kling und klang, 
Singt ja nicht ſo klar und rein 
Bei der Gartenbank. 

Will doch ſchnell mal näher gehn, 
Blink und blank, kling und klang, 
Und mir das da mal beſehn 
Auf der Gartenbank; 
Nachtigall und Sonnenſchein, 
Kling und klang, blink und blank, 
Sitzt die Serzgeliebte mein 
Auf der Gartenbank. 


6 


Auf Wiederſehn 


Die Schneegans zieht, der Sommer geht, 
Das Lieben iſt vorbei, 

Leb wohl, mein Schatz, vergiß mein nicht, 
Ich bleib dir ewig treu; 
Vergißmeinnicht, du Blümlein blau, 
Blümlein blau im Morgentau, 

Du ſchönſtes auf der Au. 


Es rauſcht der Wind im Birkenlaub, 
Rauſcht lauter Traurigkeit, 

Leb wohl mein Schatz, die Stunde ſchlägt, 
Schlãgt nichts als Herzeleid; 
Vergißmeinnicht, du Blümlein blau, 
Blümlein blau im Morgentau, 

Du ſchönſtes auf der Au. 


© 


Die Saide ift fo taub und leer; 
DVerblübht iſt ihre Zier, 

Wenn neu der Maibaum ſich begrünt, 
Kehr ich zurück zu dir; 
Vergißmeinnicht, du Blümlein blau, 
Blümlein blau im Morgentau, 
Du ſchönſtes auf der Au. 


S 


Das beſte Wilöpret 


Nun aber will ich ziehen 
Hinaus zum grünen Wald, 
Ein Wildpret zu erjagen 
Von edeler Geſtalt. 

Es hat nicht lange Hörner 
Und auch kein ſtolz Geweih, 
Es frißt nicht Gras noch Blätter 
Und tritt kein Holz entzwei. 
Es iſt nicht Sirſch, noch Saſe, 
Und auch kein wildes Schwein, 
Und iſt mir doch viel lieber, 
Als eins von dieſen drein. 
Ich fangs mit keinem Netze, 
Ich fangs mit keinem Hund, 
Ich ſchieß es nicht mit Hagel, 
Noch mit der Kugel rund. 
Denn was ich geh zu jagen, 
Das ift ein ſchlankes Reh, 
Und wenn ich es erlege, 
Das tut ihm garnicht weh. 


© 


Tauſendſchönchen 


Tauſendſchönchen in dem Garten 
Weiß wie der Schnee, ja der Schnee, der Schnee, 
Meinen LZiebften zu erwarten 
An dem Gartenzaun ich ſteh. 
Endlich iſt er dann gekommen 
Rot wie der Klee, ja der Klee, der Klee, 
Hat mich in den Arm genommen, 
Niemand war in der Näh. 


Als er ging, da mußt ich weinen 
Weiß wie der Schnee, ja der Schnee, der Schnee, 
Keine Sterne ſeh ich ſcheinen, 
Wohin ich immer auch ſeh. 


Tauſendſchoͤnchen mich beſchämen 
Rot wie der Klee, ja der Klee, der Klee, 
Weinen muß ich und mich grämen, 
Weiß wie der Schnee, ja der Schnee. 


Blut um Blut 


Es fang und fang ein Vögelein, 
Sang von dem Serzgeliebten mein; 
Ich mußte weinen, als es ſang, 
Dieweil es alſo traurig klang, 
So rot wie Blut, ſo rot wie Blut, 
So rot als wie das Blut. 


© 


9 


Und als ich in den Wald hinein kam, 
Drei Glockenſchläge ich vernahm; 
Da weinte ich zum andern Mal 
Viel bittre Tränen ohne Zahl, 

So rot wie Blut, ſo rot wie Blut, 
So rot als wie das Blut. 

Und als ich kam in den kühlen Grund, 
Mein Liebſter lag auf den Tod verwundt; 
Da weinte ich wohl ohne End 
Und rang meine ſchwanenweißen Sänd, 
So rot wie Blut, ſo rot wie Blut, 
So rot als wie das Blut. 

Das Tüchlein das iſt ſchlehenweiß, 
Es trank deinen bittren Todesſchweiß, 
Ich ſchwenk es nach des Mörders Saus 
Und löſche ihm fein Leben aus, 
So rot wie Blut, ſo rot wie Blut, 
So rot als wie das Blut. 


® 
Das Tüchlein ſchwenk ich in der Sand, 
Davon wird ihm das Herz verbrannt; 
Das Tüchlein wehet auf und ab, 
Ich grabe ihm das Totengrab, 
So rot wie Blut, ſo rot wie Blut, 
So rot als wie das Blut. 
S 
Und wo mein Schatz begraben liegt, 
Eine weiße Taube zum Simmel fliegt; 


Jo 


Und wo der Mörder fand fein Grab, 
Da fliegt ein Rabe auf und ab, 
So rot wie Blut, ſo rot wie Blut, 
So rot als wie das Blut. 


© 
Huſarenlied 


Heiß iſt die Liebe, 
Kalt iſt der Schnee, der Schnee; 
Scheiden und Meiden 
Und das tut weh. 
© 
Rote Suſaren, 
Die reiten niemals, niemals Schritt; 

Herzliebes Mädchen 
Du kannſt nicht mit. 


Weiß iſt die Feder 
An meinem roten, roten Sut; 
Schwarz iſt das Pulver, 
Rot iſt das Blut. 

Das grüne Bläslein 
Zerſprang mir in der, in der Sand; 
Brüder, ich ſterbe 
Fürs Vaterland. 

Auf meinem Grabe 
Solln rote Roſen, Rofen ſtehn; 
Die roten Roſen 
Und die find ſchön. 


11 


Das Geheimnis 


Als ich geſtern einſam ging 
Auf der grünen, grünen Said, 
Kam ein junger Jäger an, 
Trug ein grünes, grünes Kleid; 
Ja grün iſt die Haide, 

Die Haide iſt grün, 

Aber rot ſind die Roſen, 
Wenn fie da blühn. 
© 
Wo die grünen Tannen ſtehn, 
Iſt ſo weich das grüne Moos, 
Und da hat er mich geküßt, 
Und ich ſaß auf ſeinem Schoß; 
Ja grün iſt die Heide, 

Die Saide iſt grün, 

Aber rot ſind die Roſen, 
Wenn ſie da blühn. 

Als ich dann nach Sauſe kam, 
Hat die Mutter mich gefragt, 
Wo ich war die ganze Zeit, 
Und ich hab es nicht geſagt; 
Ja grün iſt die Haide, 

Die Saide iſt grün, 

Aber rot find die Rofen, 
Wenn ſie da blühn. 


12 


Was die grüne Saide weiß, 
Geht die Mutter gar nichts an, 
Niemand weiß es außer mir 
Und dem grünen Jägersmann; 
Ja grün iſt die Haide, 

Die Haide iſt grün, 
Aber rot ſind die Roſen, 
Wenn fie da blühn. 


Der Tauſch 


Du haſt mein Herz gefangen 
Mit deiner weißen Sand; 
Du haſt mein Serz beſtricket 
Mit einem roten Band. 
Ich komm zu dir gegangen, 
Mein Herz gib wieder her; 
Denn da, wo es geſchlagen, 
Iſt alles taub und leer. 


® 


Was willft du mit zwei Serzen, 
Drum gib zurück es mir; 
Und willſt du es behalten, 
So gib mir deins dafür. 


© 


13 


Komm mit 


Wenn die Eule ruft im Wald, 
Komm mit, komm mit, 
Kommt mein Serzgeliebter bald, 
Komm mit, komm mit. 
Von dem Walde her es klingt, 
Komm mit, komm mit, 
Steht er da nicht ſchon und winkt. 
Komm mit, komm mit? 
Was die Mutter immer fpricht, 
Komm mit, komm mit, 
Glaub ich ihr noch lange nicht, 
Komm mit, komm mit. 
Eulenruf bedeutet Tod, 
Komm mit, komm mit, 
Sterb ſchon faſt vor Liebesnot, 
Komm mit, komm mit. 


Die Trappen 


Das Lieben das bringt viele Freud, 
Das Lieben das bringt oftmals Zeid; 
Es fiel ein Schnee verwichne Nacht, 

Der hat mir Schimpf und Schand gebracht. 


14 


Ich kann nicht über die Straße gehn, 
Kann niemand ins Geſichte ſehn; 
Es gehen Trappen aus und ein 
Bei meinem Kammerfenſterlein. 
Jedwedem iſt nun offenbar 
Daß heute Nacht wer bei mir war, 
Wer bei mir war die ganze Nacht; 
Der böfe Schnee hats kund gemacht. 
Ich nahm den Beſen in die Sand 
Und hab ihn hin und hergewandt; 
Das Kehren half mir wenig mehr, 
Die Nachbarn ſahen alle her. 
Und hab ich meinen Ehrentag, 
Kein Rränzelein ich tragen mag; 
Und trage ich ein Kränzelein, 
So darf es blos ein halbes ſein. 


Irrkraut 


Scheidewind weht auf der Saide, 
Meidewind weht in dem Moor; 
Ich ſuche und ſuche die Stelle, 
Wo ich mein Herz verlor. 


19) 


15 


Hier war es, wo ich es verloren, 
Es muß doch hier irgendwo fein, 
Es liegt hier im Laube und Mooſe 
So mutterſeelenallein. 

Ich ſuche und ſuche und ſuche 
Und ſuche wohl hin und wohl her; 
Ich höre und höre es klopfen, 
Und finde es nimmermehr. 
Scheidewind flüſtert im Laube, 
Meidewind flüſtert im Gras; 
Irrkraut wãchſt auf der Stelle, 

Wo ich mein Herz vergaß. 


© 
Auf Feldwache 


Ich weiß einen Lindenbaum ſtehen 
In einem tiefen Tal, 
Den möchte ich wohl ſehen 
Nur noch ein einziges Mal; 
Ich weiß zwei blaue Augen 
Und einen Mund ſo friſch und rot, 
O grüner Klee, o weißer Schnee, 
O ſchöner Soldatentod. 
Zu Sauſe auf den Feldern 
Da liegt der Schnee ſo weiß, 
Zu Sauſe in den Wäldern 
Da hängt das blanke Eis; 


16 


Sier fällt nicht Schnee noch Regen, 

Zu lindern unfre große Not, 

O grüner Klee, o weißer Schnee, 
G ſchöner Soldatentod. 
So mancher mußte ſterben 
Allhier in Afrika, 
Wir wollen nicht verderben, 
Der Tag der iſt bald da; 

Die Nacht die geht zu Ende, 
Der Simmel der wird hell und rot, 
O grüner Klee, o weißer Schnee, 

O ſchöner Soldatentod. 
Wo ſich die Straße wendet 
Da wohnt die Liebſte mein, 

Iſt meine Zeit beendet, 

So will ich bei ihr ſein; 

Und kann es nicht ſo werden, 
Und muß ich fort beim Morgenrot, 
O grüner Klee, o weißer Schnee, 
O ſchöner Soldatentod. 


Die Diſtel 
Du biſt als wie ein Diſtelkraut, 
Das ſticht den, der es bricht, 
Und wer da Blumen pflücken gebt, 
Die Diſtel nimmt er nicht. 
© 


17 


Was hilft die [hönfte Blume mir, 
Kann fie nicht werden mein, 
Was hilft das ſchönſte Mädchen mir, 
Schlaf ich des nachts allein. 

Ein Mãdchen, das nicht lieben will, 
Rein einer nach ihr ſieht, 

Es ſteht da wie ein Diſtelkraut, 
Das ungepflückt verblübt. 

Ein Madchen, das Fein Lieben kennt, 
Das bleibt die Nacht allein, 

Die eine Nacht, die andre Nacht, 
Im duſtren Kämmerlein. 


Das bitterſüße Lied 


In dem Grůnebuſch, in dem Gruͤnebuſch 
Singt die Nachtigall die ganze Nacht; 
Singt mit lautem Schall, ſingt mit lautem Schall, 
Daß ich davon bin vom Schlaf erwacht. 


Singſt ja viel zu ſüß, ſingſt ja viel zu füß, 
Nachtigall, vor meinem Kämmerlein; 
Singſt fo bitter ſüß, fingft fo bitterſůß 
Für ein Mädchen, das allein muß fein. 


18 


Wenn die Sonne ſcheint, wenn die Sonneſcheint, 
Kannſt du fingen immer · immerzu; 
Aber bei der Nacht, aber bei der Nacht 
Raubt dein Lied mir alle meine Ruh. 


Der eiferſüchtige Jäger 


Ein Jager und das bin ich, 
Mein Kleid und das iſt grün; 
Eh daß die Sonne ſcheinet, 
Muß ich zu Holze ziehn. 
Eh daß die Sonne ſcheinet, 
Vor Tau und auch vor Tag; 
Es ſchlafen alle Leute, 
Mein Schatz und der iſt wach. 
Mein Schatz der ſteht am Fenſter 
In feinem Semdelein; 
Mit feinen weißen Händen 
Da winkt er mir herein. 
Hinein kann ich nicht kommen, 
Ich gehe auf die Pürſch; 
Zu Holze muß ich ziehen, 
Da ſteht ein guter Sirſch. 
Und mußt du ziehn zu Holze 
Und laſſen mich allein, 


19 


So ſoll ein andrer ſchlafen 
Bei mir im Kämmerlein. 
Uns fchläft bei dir ein andrer, 
Ich habe Kraut und Lot; 
Und küßt er dich des abends, 
So iſt er morgens tot. 


Wegewarte 


Es ſteht eine Blume, 
Wo der Wind weht den Staub, 
Blau iſt ihre Blüte, 
Aber grau iſt ihr Laub. 
Ich ſtand an dem Wege, 
Sielt auf meine Hand, 
Du haſt deine Augen 
Von mir abgewandt. 
Jetzt ſtehſt du am Wege, 
Da wehet der Wind, 
Deine Augen, die blauen, 
Vom Staub ſind ſie blind. 
Da ſtehſt du und warteſt, 
Daß ich komme daher, 
Wegewarte, Wegewarte, 
Du blühſt ja nicht mehr. 


20 


Das Bickbeernpflücken 


Jetzt wolln wir Bickbeern pflücken gehn 
In dem grünen, grünen Wald; 
Wollen in dem grünen Walde gehn, 
Wo die vielen, vielen Bickbeern ſtehn 
In dem grünen, grünen Wald. 
® 
Das Bickbeerpflücken darf man nicht 
In dem grünen, grünen Wald; 
Denn der Förſter iſt ein böſer Mann, 
Der zeigt die jungen Mädchen an 
In dem grünen, grünen Wald; 
Der Foͤrſter iſt bloß halb fo ſchlimm 
In dem grünen, grünen Wald; 
Denn der Foͤrſter iſt ein junges Blut, 
Der weiß es wohl, wies Lieben tut 
In dem grünen, grünen Wald. 
Ein alter Förſter iſt nicht ſchlimm 
In dem grünen, grünen Wald; 
Doch wen der junge Sörfter kriegt, 
Der behält fein grünes Rränzlein nicht 
In dem grünen, grünen Wald. 
Mein Rränzlein hab ich längſt nicht mehr 
In dem grünen, grünen Wald; 


21 


Denn als ich Bickbeern pflücken tat, 
Der Sörfter mich gefangen hat 
In dem grünen, grünen Wald. 


Die Funken 


Und wenn das Feuer brennt, 
Dann fliegen Funken, 
Ich hatte einen Stern, 
Er iſt verſunken; 
Er iſt verſunken in der dunklen Nacht, 
Und ich muß weinen, weil kein Stern mir lacht. 


© 
Das rote Feuer brennt, 
Die Funken ſtieben, 
Und dann verlöõſchen fie, 
So wie mein Lieben; 
Mein Lieben ift dahin in Nacht und Leid, 
Als wie ein Funken in der Dunkelheit. 


© 
Das Feuer brennt nicht mehr, 
Es iſt geſtorben, 
Ich hatte einen Traum, 
Er iſt verdorben; 
Er iſt verdorben und er iſt verblůht, 
Das Feuer brennt nicht mehr, es iſt verglüht. 


Der Tauber 


Horch, wie der Tauber ruft, 
O du, du, du, 


22 


Und feine Taube hört 
Ihm freundlich zu; 
Was wohl der Tauber will, 
O du, du, du, 

Denk mal darüber nach 
Und hör ihm zu. 
Horch, wie mein Serze ſchlägt, 
O du, du, du, 

Was ſagt dein Herze denn 
Dazu, dazu? 

Was wohl mein Serze will, 
O du, du, du, 

Denk nicht darüber nach 
Und gib ihm Ruh. 

Der Tauber ruft nicht mehr, 
G du, du, du, 

Und feine Taube hört 
Ihm nicht mehr zu; 
Was wohl die Tauben tun, 
O du, du, du, 

Wozu ſind wir im Mai, 
Wozu, wozu? 


Aus und vorbei 


O bittere Not 
Und o Weh und o Weh, 


23 


Alle Blumen find tot 
Und begraben im Schnee, 
Alle Blätter find fort, 
Sind verwelft und verdorrt, 
Wohin und wohin ich auch ſeh. 
® 
Mein Sommer der ftarb, 
Denn o Weh und o Weh, 
Mein Lieben verdarb, 
Liegt begraben im Schnee, 
Iſt verwelkt und verdorrt, 
Und der Wind trieb es fort, 
Wohin und wohin ich auch ſeh. 
Es kommet der Mai, 
Doch o Weh und o Weh, 
Meine Zeit iſt vorbei, 
Iſt begraben im Schnee, 
Iſt verwelkt und verdorrt, 
Iſt verſchwunden und fort, 
Wohin und wohin ich auch ſeh. 


Der Traum 


Machangel, lieber Machangelbaum, 
In Trauern komm ich her; 
Ich träumte einen böfen Traum, 
Das Serze ift mir ſchwer. 


S 


24 


Mein Myrtenſtock trug Blümelein 
Als wie das Blut ſo rot, 

Iſt krank der Herzgeliebte mein, 
Oder iſt er am Ende tot? 
De in Serzgeliebter im fernen Land 
Iſt krank nicht und nicht tot; 

Er hat ſein Lieben zugewandt 
Einem Mägdlein roſenrot. 
Einem roſenroten Mägdelein, 
Das iſt ſein ganzes Glůck; 

Für dich muß er geftorben fein, 
Er kehrt nicht mehr zurück. 

Und wenn er mir die Treue brach, 
So will ich ſchlafen bei dir; 
Will ſchlafen bis zum jüngften Tag, 
Deinen Schatten über mir. 

Es wird dann blühn auf meinem Grab 
Die Blume Vergißnichtmein; 
Daß ich ihn nicht vergeſſen hab, 
Soll fie ein Zeichen fein. 


© 


Rüfelwind 


Im Schummern, im Schummern 
Da kam ich einſt zu dir; 


25 


Im Schummern, im Schummern 
Da ſtandſt du an der Tür. 
Drei Liljen, drei Liljen 
Die blühten hell und klar; 
Drei Liljen, drei Liljen, 
Dreimal ich bei dir war. 
Die Liebe, die Liebe 
Die hat fo hell geglüht; 
Die Liebe, die Liebe 
Die iſt ſchon ausgeblüht. 
Drei Roſen, drei Roſen 
Die blühen heute mir; 
Drei Rofen, drei Roſen, 
Wer ſchlãft wohl jetzt bei dir? 


Der Dragoner 


Kling klang und kloria, 
Das Lieben das iſt aus, 
Die Roſſe ſind geſattelt, 
zum Tore gehts hinaus; 
Dragoner, wenn die reiten 
Das geht als wie der Wind, 
Geht über Stock und Stengel, 
Ade, mein allerliebſtes Kind. 


26 


Blaugelb ift unſre Farbe, 
Und blau und das iſt treu, 
Und gelb das iſt die Falſchheit, 
Wir denken nichts dabei; 
Dragoner wenn die lieben 
Das geht als wie der Wind, 
Geht über Stock und Stengel, 
Ade, mein allerliebſtes Kind. 


Es blaſen die Trompeten 
Ein Stück, und das iſt ſchön, 
Der Feind kommt angeritten, 

Wir wollen ihn beſtehn; 
Dragoner wenn die fechten 
Das geht als wie der Wind, 

Geht über Stock und Stengel, 
Ade, mein allerliebſtes Kind. 


® 


Eine Kugel Fam geflogen, 
Sie traf mich viel zu gut, 
Die Blumen in dem Rafen 
Die ſind jetzt rot wie Blut; 
Dragoner wenn die ſterben 
Das geht als wie der Wind, 
Geht über Stock und Stengel, 
Ade, mein allerliebſtes Kind. 


27 


Der verwundete Jäger 


Auf der Haide bin ich gefahren 
Manchen Tag ſo frank und frei; 
Auf der Haide tat ich jagen 
Mit Pulver und mit Blei. 
©) 

Die roten roten Sirfche, 

Die roten roten Reh, 

Die habe ich geſchoſſen, 
Mein Herz das ſchrie juchhe. 
Das Jagen iſt zu Ende, 

Das Jagen ſo frank und frei; 
Mein Herz iſt mir zerſchoſſen 
Mit Pulver und mit Blei. 
Ein Mägdlein jung von Jahren, 
So ſchlank als wie ein Reh, 
Hat mich zu Tod getroffen, 
Mein Herz ſchreit ach und weh. 


Schab ab 


Jetzt kommt der Sommer in das Land, 
Die Birken werden grün, 
Ich nehm den Stecken in die Hand, 
Von dannen will ich ziehn; 
Fahr hin, fahr hin 
Mit deinem falſchen Sinn. 


28 


Ich habe dir mein Herz gebracht, 
Mein Gerz fo treu wie Gold, 
Du haſt mich dafür ausgelacht 
Und haſt es nicht gewollt; 
aß ſein, laß ſein 
Und bleib für dich allein. 
Schoͤns Mädchen an dem Gartenzaun, 
So ſchön wie Milch und Blut, 
Dir will ich jetzt mein Herz vertraun, 
Nimms hin in deine Hut; 
Nimms hin, nimms hin 
In deinen treuen Sinn. 


Und wenn wir uns der Liebe freun 
zur ſchönen Sommerszeit, 
Dann bleibt die Stolze ganz allein, 
Bis daß es friert und ſchneit; 
Schab ab, ſchab ab, 

Ein andern Schatz ich hab. 


Verloren 


Ros marienhaide zur Maienzeit blüht, 
Ros marienhaide erfreut das Gemüt, 
Rosmarienhaide iſt lieblich und zart, 

Rosmarienhaide iſt eigener Art. 


29 


Anna, Marianna, wo bift du mein Lieb, 
Anna, Marianna, der Wind dich vertrieb, 
Anna, Marianna, du zogſt in die Stadt, 
Anna, Marianna vergeſſen mich hat. 


Ros marienhaide blüht wieder im Moor, 
Rosmarienhaide die Farbe verlor, 
Rosmarienhaide zum zweiten Mal blüht, 
Rosmarienhaide erfreut kein Gemüt. 


Anna, Marianna, wo biſt du, mein Lieb, 
Anna, Marianna, der Wind dich vertrieb, 
Anna, Marianna, dein Gerz das ging tot, 
Anna, Marianna, in Kummer und Not. 


9) 


Aurz iſt der Mai 


Herzblatt am Lindenbaum, 
Du grüner Maientraum, 
Es ſang die Nachtigall 
Ihren ſüßen Schall; 
Sang Liebe, ſang Leide, 
Sang Freud und fang Leid, 
Lang iſt das Leben, 
Aber kurz die Maienzeit. 


30 


Schöne 3eit ift längſt vorbei, 
Welk ift der grüne Mai, 
Nachtigall ſingt nicht mehr, 
Der Lindenbaum ſteht leer; 
Aus Liebe ward Leide, 
Aus Liebe ward Leid, 
Lang iſt das Leben, 
Aber kurz die Maienzeit. 
Will in den Garten gehn, 
Wo die letzten Roſen ſtehn, 

Aber o weh, o weh, 
Da liegt der Schnee; 
Schnee der tut wehe, 
Schnee der bringt Leid, 
Aang iſt das Leben, 
Aber kurz die Maienzeit. 


® 
Das Irrlicht 


Hier und da, hier und da 

Geht ein Licht und das iſt blau, 

Fern und nah, fern und nah 

Abends in dem Tau; 

Margarete, Margrete, 

Du haft die Liebe verſchmäht, 

Deine arme arme Seele 

Nach Liebe ſuchen geht. 


31 


Hin und her, hin und her, 
Wo die weißen Rofen ſtehn, 
Kreuz und quer, kreuz und quer 
Muß die Flamme gehn; 
Margarete, Margrete, 
Der Wind und der weht, 
Deine arme arme Seele 
Nach Liebe ſuchen geht. 


Ohne Raft, ohne Ruh 
Geht die Flamme auf und ab, 
Immerzu, immerzu 
Über ihrem Grab; 
Margarete, Margrete, 
Nun iſt es viel zu ſpät, 
Deine arme arme Seele 
Nach Liebe ſuchen geht. 


Still und ſtumm, ſtill und ſtumm 
Geht die Flamme kalt und blau 
Um und um, um und um 

Morgens in dem Tau; 
Margarete, Margrete, 
Der Hahn und der kräht, 
Deine arme arme Seele 
Nach Liebe ſuchen geht. 


32 


Das Scheiden 


Aber dies, aber das, 
Und das Waſſer iſt naß; 
Aber das, aber dies, 
Und das Lieben iſt ſüß. 
Aber dies, aber das, 
Und grün iſt das Gras; 
Und das Gras, das iſt grün, 
Und die Roſen, die blühn. 
Und blühn ſie heut rot, 
Morgen ſind ſie ſchon tot; 
Und dann heißt es, ade, 
Und es fällt dann der Schnee. 
Und der Schnee der iſt weiß, 
Und das Feuer iſt heiß; 
Und das Feuer brennt ſehr, 
Doch das Scheiden noch mehr. 


Der Grenadier 


Die Trommeln und die Pfeifen 
Die haben ein laut Berön, 
Mit Trommeln und mit Pfeifen 
Da gehts noch mal ſo ſchön; 


33 


Sind wir nicht die Grenadiere, 

Grenadier in Schritt und Tritt, 

Wenn die Grenadiere kommen, 
lingen alle Fenſter mit. 


® 
Du wunderſchönes Mädchen 
Du ſollſt die meine ſein, 

Du wunderſchönes Mädchen 
Ich denke immer dein; 
Wenn die blauen Bohnen fliegen, 
Wenn da fließt das rote Blut, 
Deiner werde ich gedenken, 
Denn ich bin dir gar zu gut. 
Mein ſchönes Turteltäubchen, 
Noch eine kurze zeit, 
Mein ſchönes Turteltäubchen, 
Dann halte dich bereit; 
Kommt der Mond zum dritten Male 
Bin ich wiederum bei dir, 
Einen Orden will ich tragen 
Als ein tapfrer Grenadier. 
Die Trommeln und die Pfeifen 
Die haben ein laut Berön, 
Mit Trommeln und mit Pfeifen 
Da gehts noch mal fo ſchön; 
Denn wir ſind die Grenadiere, 
Grenadiere wolln wir ſein, 


33 


Tapfer find wir vor dem Feinde 
Und bei ſchönen Mägdelein. 


Die arme Sünderin 
Ein Glöckchen hör ich läuten, 
Sobald die Nacht verwich; 
Es war das Sünderglöckchen, 
Es läutete um dich. 


Der Richter ſprach das Urteil, 
Der Richter brach den Stab; 
Der Mönch in ſchwarzer Kutte 
Das Abendmahl dir gab. 

Der Henker im roten Mantel 
Der ſchnitt das Saar dir ab; 
Und ſeine ſieben Knechte 
Die gruben dir das Grab. 


Und alle, die es ſahen, 
Die haben da geſagt: 
Sie hat ein Herz ermordet, 
Und das hat ſie verklagt. 
Der Koſengarten 
Ich weiß ein Garten hübſch und fein, 
Da blüht ein rotes Röfelein; 


Und darum iſt ein Heckenzaun, 
Im Sommer grün, im Winter braun. 


35 


Und wer das Röslein brechen will, 
Muß kommen ſtumm, muß kommen ftill; 
Muß kommen bei der duſtern Nacht, 
Wenn weder Mond noch Sternlein wacht. 
Ich wollte meinem Glück vertraun, 
Stieg heimlich übern Gartenzaun; 
Das rote Röslein war geknickt, 

Ein andrer hatte es gepflückt. 
Das Bärtchen iſt nun kahl und leer, 
Das rote Röslein blüht nicht mehr; 
Betrübt muß ich von weitem ſtehn 

Und nach dem Rofengarten fehn. 


Heckenkind 


Und als mein Vater die Mutter freit, 
Widdewiddewittbummbummjuchhe, 
Da kamen lauter feine Leut, 
Widdewiddewitt bummbumm; 
Der Kuckuck war der Pfarrer, 
Der Pupphahn der Kaplan, 

Der Wigelwagel Küſter war, 

Der orgelt, was er kann. 

Und als ich dann geboren ward, 
Widdewiddewittbummbummjuchhe, 


36 


Die Taufe war von feinfter Art, 
Widdewiddewitt bummbumm; 
Als Pate kam der Igel, 
Das Wieſel und die Maus, 
Und als es an zu regnen fing, 
Da war die Feier aus. 


Heut halte ich mein Sochzeitsfeſt, 
Widdewiddewittbummbummjuchhe, 
Da kommen lauter feine Gäſt, 
Widdewiddewitt bummbumm; 
Der Fink und auch die Meiſe, 

Die Eule und der Hähr, 

Und wenn die Wurſt nicht langen will, 
Der Bauer hat noch mehr. 

Und wirds mit mir zu Ende ſein, 
Widdewiddewittbummbummjuchhe, 
Die Leichenfeier, die wird fein, 
Widdewiddewitt bummbumm; 
Der Rabe ſingt die Meſſe, 

Der Dachs das Grab mir macht, 
Die Eichkatz auf dem Baume ſitzt 
Und hat ſich ſchief gelacht. 


Erwartung 
Unter der Linde 
Da iſt mein allerliebſter Platz, 
Da will ich warten 
Auf meinen Schatz. 


37 


Ailjen und Roſen 
Die find fo wunderwunderſchoͤn 
Am Gartentore 
Da muß ich ſtehn. 
Die Nachtigallen 
Die ſchlagen immerimmerzu, 
Es klopft mein Herze, 
Gibt keine Ruh. 
Warten, ach warten 
Das kann ich nimmernimmermehr, 
Nach meinem Schatze 
Sehn ich mich ſehr. 


Warnung 


Du haſt geſagt, du willſt nicht lieben, 
Willſt dich um keinen Mann betrüben; 
Noch biſt du jung, noch blüht der Mai, 

Bald iſt die ſchönſte Zeit vorbei. 

Der Birnbaum blüht nicht blos aus Freude, 
Er blüht nicht nur zur Augenweide; 
Kommt feine Zeit, kommt feine Zeit, 

Dann ift er voller Süßigkeit. 


38 


Drum, ſchönes Mädchen, laß dich lieben, 
Sonſt wird ſich einft dein Gerz betrüben; 
Dann biſt du alt und biſt allein, 

Und mußt die ſchönſte Zeit bereun. 


Am Brunnen 


Was ſehen denn die Leute 
Mich blos ſo eigen an? 
Als wüßten ſie es alle, 

Was keiner wiſſen kann. 

Ich glaube gar, ſie leſens 

Mir ab von dem Geſicht, 
Als ob ſies alle wiſſen, 

Und das dürfen fie doch nicht. 
Das Waller in dem Brunnen, 
Das ſagt es mir ſogleich; 
Meine Augen die ſind trübe, 
Meine Wangen die ſind bleich. 
Das Waſſer in dem Brunnen, 
Verſchweigt wohl, was es weiß; 
So kühl iſt ja das Waſſer, 
Die Reue, die iſt heiß. 


O 


39 


Die Reue, ja die Reue, 
Die brennet gar zu ſehr; 
Das tiefe tiefe Waſſer 
Das gibt nichts wieder her. 
G 


Der ferne Stern 


Am Simmel ſteht ein heller Stern, 
Hell iſt der Tag, ſchwarz iſt die Nacht, 
Der iſt mir nah und iſt mir fern, 
Liebe hält treuliche Wacht; 

Du reines Licht, du klarer Stern, 
Fern biſt du mir, ſo fern, ſo fern, 
Da hinten über dem Walde. 

Ich weiß ein Serz und das iſt mein, 
gell iſt der Tag, ſchwarz iſt die Nacht, 
Und kann doch nie mein eigen fein, 
Liebe hält treuliche Wacht; 
Mein iſt es und iſt doch nicht mein, 
So fern iſts wie der helle Schein 
Da hinten über dem Walde. 
® 
Die Nachtigall voll Schmerzen weint, 
Sell iſt der Tag, ſchwarz ift die Nacht, 
Zwei Herzen bleiben unvereint, 
Liebe hält treuliche Wacht; 
Zwei Augen weiß ich, rotgeweint, 
Und einen Stern, der einſam ſcheint 
Da hinten über dem Walde. 


40 


Der eine allein 
Wenn alle nach mir ſehen, 
Bloss du nicht allein, 

So lache ich nach allen hin, 
Wenn nicht, denn nicht, 
Wenn nicht, denn nicht, 
Dann läßt und läßt dus fein. 
© 


Wenn alle mit mir tanzen, 
Blass du nicht allein, 

So tanz ich, was ich tanzen kann, 
Wenn nicht, denn nicht, 
Wenn nicht, denn nicht, 

Dann läßt und läßt dus ſein. 
© 


Und wolln mich alle küſſen, 
Blss du nicht allein, 
Trotzdem, daß ich die Schönſte bin, 
Wenn nicht, denn nicht, 
Wenn nicht, denn nicht, 
Dann laß und laß ichs ſein 


Ulaneneinmaleins 
Eins, zwei, drei und vier, 
Ulanen und die heißen wir; 
Ulanen die ſind blau und weiß, 
Ulanen lieben treu und heiß, 
Ja treu und heiß. 


91 


Sünf, fechs, ſieben und acht, 
Ich komme um die Mitternacht; 
Klopf leiſe an das Fenſter an, 
So daß es niemand hören kann, 
Ja hören kann. 

Neun, neun, neun und zehn, 
Nun muß es wieder weiter gehn; 
Leb wohl, mein Schatz, gedenke mein, 
Ich kann nicht länger bei dir fein, 
Ja bei dir ſein. 

Wer hat dies ſchöne Lied erdacht? 
Ein blauer Ulan hat es gemacht; 
Er diente eins, zwei, drei, vier Jahr, 
Manch ſchönes Kind fein Liebchen war, 
Ja Liebchen war. 


Liebesſuche 


Ich hab mir einen Kranz gepflückt 
Von Roſen rot und weiß; 
Ich will mir ſuchen einen Schatz. 
Will ſehn, wer einen weiß. 
Ich bin ſchon achtzehn Jahre alt 
Und brauche einen Mann; 
Ich will den Kuckuck fragen gehn, 
Wie fang ich es wohl an. 


42 


Der Kuckuck ſagt, er weiß es nicht, 
Hat ſelber keine Frau; 
So geh ich zu der Nachtigall, 
Wenn abends fällt der Tau. 


Die Nachtigall, die weiß es nicht, 
Ihr Mann iſt lange tot; 
Drum ſingt ſie lauter Traurigkeit, 
Drum ſingt ſie lauter Not. 


Der Kuckuck und die Nachtigall, 
Die ſingen ach und weh; 
Und ich ſteh da und bin allein 
Im Gras und grünem Klee. 


Verſchütt 
Es ſtehn drei Birken auf der Haide, 
Valleri und vallera, 
An denen hab ich meine Freude, 
Juppheidi heida; 
Die Lerche ſang, die Sonne ſchien, 
Da ſchliefen wir bei Mutter Grün. 


® 
Drei Birken find es und nicht fieben, 
Valleri und vallera, 
Ein ſchönes Madchen tat ich lieben, 
Juppheidi heida; 
Drei Tage lang auf brauner Said, 
Dann war ſie aus die ſchöne Zeit. 


43 


Es kam der Spitzhut angegangen, 
Valleri und vallera, 
Er hat uns beide eingefangen, 
Juppheidi heida; 
Zu Celle ſteht ein feſtes Saus, 
Mit unſrer Liebe iſt es aus. 
O ſchönes Mädchen, meine Freude, 
Valleri und vallera, 
Es ſtehn drei Birken auf der Haide, 
Juppheidi heida; 
Doch ihr Gezweig iſt kahl und leer, 
O Schatz, ich ſeh dich niemals mehr. 


Männertreu 


Es ging einmal ein Wind, 
Ei, ging einmal ein Wind; 

Er ging wohl über Stock und Stein, 
Und fand ein blaues Blümelein, 
Das bracht er mir geſchwind. 
Und das heißt Ehrenpreis, 

Ei, das heißt Ehrenpreis; 

Es blüht nicht für die Ewigkeit, 
Es blüht blos eine kurze Zeit, 
Dann iſt es welk und weiß. 


43 


Es heißt auch Männertreu, 

Ei, heißt auch Männertreu; 
Mein Schatz, der mich ſo viel geküßt, 
Ich weiß nicht, wo er blieben iſt, 
Das Lieben iſt vorbei. 


Der Roſenſtock 


Mein Roſenſtock, mein Roſenſtock, 
Der blühte immer rot; 
Jetzt trägt er eine Roſe 

So weiß, als wie der Tod. 
Was ſoll es wohl bedeuten 
Das Röslein weiß wie Schnee, 
Mir iſt, als müßt ich weinen, 
Wenn ich es blühen ſeh. 
Die Nachtigall im Garten 
Sang lauter Seligkeit; 
Das Lied, das ſie jetzt ſinget, 
Iſt nichts als Weh und Leid. 
Was ſoll es wohl bedeuten 
Das Lied ſo trüb und ſchwer, 
Mir iſt, als müßt ich weinen, 
Wenn ich es fingen hör. 
Die weißen, weißen Rofen 
Bedeuten Angſt und Not; 
Die trüben, trüben Lieder 
Verkünden nichts als Tod. 


45 


Den Brief in meinen Händen 
Den dreh ich hin und her, 
Er hat ein ſchwarzes Siegel, 
Mein Schatz der lebt nicht mehr. 


Die freie Pürſch 


Auf der Lüneburger Saide 
Geht der Wind die kreuz die quer, 
Auf der Lüneburger Saide 
Jag ich hin und jag ich her. 

An die hundert grüne Jager 
werden nicht des Lebens froh, 
Denn Paßupp fo heißt mein Leithund, 
Und mein Schweißhund heißt Wahrtoo. 
©) 

Wenn die lauten Hunde jagen, 
Fahrt der Fuchs zum Baue ein, 
Und in jedem dritten Dorfe 
Iſt ein wacker Mädchen mein. 
Heute die und morgen jene, 

Seut ein Rehbock, dann ein Sirſch, 
Roſen blühn in jedem Garten, 
Überall iſt frei die Pürſch. 


© 


46 


Abendlied 


Rofe Marie, Rofe Marie, 
Sieben Jahre mein Serz nach dir ſchrie, 
Rofe Marie, Roſe Marie, 

Aber du hörteft es nie. 
Jedwede Nacht, jedwede Nacht, 

Hat mir im Traume dein Bild zugelacht, 
Kam dann der Tag, kam dann der Tag, 
Wieder alleine ich lag. 

O 
Jetzt bin ich alt, jetzt bin ich alt, 
Aber mein Gerz iſt noch immer nicht kalt, 
Schläft wohl ſchon bald, ſchläft wohl ſchon bald, 
Doch bis zuletzt es noch hallt: 

Roſe Marie, Roſe Marie, 
Sieben Jahre mein Serz nach dir ſchrie, 
Rofe Marie, Rofe Marie, 

Aber du hörteſt es nie. 


Hohn und Spott 


Nun wollen wir ſingen das neue Lied, 
Das Lied von Sott und Hüh; 
Wir wolln es ſingen die ganze Nacht 
Bis morgens in der Früh. 


47 


Und als der Kiebitz fiebzig war, 
Die Lerche tat er frein; 

Und wenn er nicht zu Haufe war, 
Ließ ſie den Kuckuck ein. 
Man bindet keinen grünen Baum 
Mit einem morſchen Strick; 
Und Alt und Jung als Zzweigeſpann 
Bat keinen rechten Schick. 

Und wer eine neue Flinte hat, 
Und ſein Pulver das ſchießt krumm, 
Und wenn der Kiebitz die Lerche freit, 
Dann iſt er mehr als dumm. 
© 
Drum wolln wir fingen das neue Lied, 
Das Lied und das ift ſchön; 

Und wer es nicht gut leiden kann, 
Muß anderswo hin gehn. 


Die Nachtigall 
Was iſt das für ein ſüßer Schall, 
Was ſingſt du mir, Frau Nachtigall, 
Frau Nachtigall? 
Ich ſing von einer Lilje fein, 
Die ſtehet in dem Garten dein, 
Dem Garten dein. 


48 


Und ſteht fie in dem Garten mein, 
So ſoll fie bald gebrochen fein, 
Gebrochen ſein; 

Und wenn ſie ſchon ein andrer brach, 
Und brach er ſie vor Tau und Tag, 
Vor Tau und Tag? 

Und kann es nicht die Lilje ſein, 
So pflück ich mir ein Röſelein, 
Ein Röfelein; 

Und kann es nicht die Lilje ſein, 
Was ſoll dir dann das Röfelein, 
Das Röſelein? 

b 
Frau Nachtigall, Frau Nachtigall, 
Was ſingſt du mir ſo bittren Schall, 
So bittren Schall? 
Ich fing, wie mir der Schnabel ſteht, 
Ich ſinge, wie der Wind wohl weht, 
Der Wind wohl weht. 


Das Wahrzeichen 


Die Sommer vogel fingen 
Jetzt über Wald und Feld, 
Nun heißt es Abſchied nehmen, 
Ich fahre in die Welt. 


Die Rofen in dem Garten, 
Die blühen alle weiß, 
Mein Schatz hat ſie begoſſen 
Mit Tränen allzuheiß. 
Die allzugroße Liebe 
Bringt allzugroße Pein, 
Ich wäre gern geblieben, 
Es ſollte nicht ſo ſein. 
Ums Jahr, da kehr ich wieder, 
Dann blühn die Rofen rot, 
Doch ſind es lauter weiße, 
Mein Schatz, dann bin ich tot. 


So oder ſo 


Frei bin ich, ich bin vogelfrei, 
Vi va und vogelfrei, ja vogelfrei, 
Und alles iſt mir einerlei 
I, a und einerlei, ja einerlei; 

Ich lache, wenn die Sonne ſcheint 
Und lache, wenn ſies anders meint, 
Und denk mir nichts dabei. 

Ich liebte einſt ein Mägdelein, 
Mi, ma und Mägdelein, ja Mägdelein, 
Sie ſprach, ich ſollte bei ihr ſein, 
Bi, ba und bei ihr ſein, ja bei ihr ſein; 


50 


Doch als ich kam beim Sternenlicht, 
Da hatte ſie ihr Fenſter dicht, 
Und ließ mich nicht hinein. 
Und iſts die Bauerntochter nicht, 

Ti, ta und Tochter nicht, ja Tochter nicht, 
Die Magd hat auch ein friſch Beficht, 
Fri, fra und friſch Geſicht, ja friſch Geſicht; 
Und ſchlaf ich nicht im Federbett, 

Auf Stroh, da liebt ſichs auch ganz nett, 
Das ſchadt mir weiter nicht. 


Die ſchönſte Blume 
Die Blumen, ja die Blumen, 
Die ſind ſo wunderſchön, 
Aber noch ſchöner ſind Mädchen, 
Schöne Mädchen anzuſehn. 
Schöne Madchen ſind reizend, 
Reizend anzuſehn, 

Aber von allen iſt keine, 
Wie die eine ſo ſchön. 
Schön iſt ſie anzuſehen, 

Zu küſſen noch viel mehr, 
Dürfte ich ſie nicht küſſen, 
Würde das Herz mir ſchwer. 


© 


51 


Aber mein Herz ift fröhlich, 
Fröhlich ift es ſehr, 
Denn ich darf fie küſſen, 
Küffen und noch viel mehr. 


O 


Leonore 


Als ich, als ich jung an Jahren 
Bin gewandert weit und breit, 
Hatte ich ein feines Liebchen, 
Treu und voller Zärtlichkeit; 
Leonore, unſer Lieben 
Tut die Schlechtigkeit betrüben, 
Leonore, ſchönſtes Kind, 
Auf der Haide pfeift der Wind. 
© 
Als ich, als ich mußte ſcheiden, 
War ſie voller Traurigkeit, 
Und mir iſt das Herz gebrochen, 
Vor der Trennung bittrem Leid; 
Leonore, unſer Lieben 
Tut die Schlechtigkeit betrüben, 
Leonore, ſchönſtes Kind, 
Auf der Haide pfeift der Wind. 
Wo ich, wo ich immer walle, 
Sommertags und wenn es ſchneit, 
Dein geliebtes Bild ich ſehe, 
Halb mit Auſt und halb mit Leid; 


52 


Leonore, unfer Lieben 
Tut die Schlechtigkeit betrüben, 
Leonore, ſchönſtes Kind, 
Auf der Saide pfeift der Wind. 
Wenn ich, wenn ich einmal ſterbe, 
Noch zuletzt gedenk ich dein, 
Deinen Namen will ich flüſtern 
Und im Tode bei dir ſein; 
Leonore, unſer Lieben 
Tut die Schlechtigkeit betrüben, 
Leonore, ſchönſtes Kind, 
Auf der Haide pfeift der Wind. 


© 


Denn nicht 


Der rote, der weiße und der blutrote Klee, 
Die Liebe, die Treue und das Herz tut mir weh; 
Und mein Serz, das iſt traurig, 

Und mein Serz, das iſt ſchwer, 

Denn die eine, die ich meine 
Und die liebt mich nicht mehr. 
Narziſſen und Nelken und Veilchen find Schön, 
Ich will in die Fremde, die Fremde jetzt gehn; 
In der Stadt ſind die Mädchen 
Noch einmal ſo ſchön, 

Ich ſuch mir eine andre 
Und laſſe dich ſtehn. 


53 


Füſiliere, Grenadiere, Soldat will ich ſein 
Zu Köllen am Rheine da trink ich den Wein; 
Da lieb ich wohl eine, 

Da lieb ich wohl zwei, 

Soldaten ſind luſtig, 

Soldaten ſind frei. 


Heimliche Liebe 
Die ſchönſte Freude, die ich kenne, 
Rot Röfelein, Vergißnichtmein, 
Und die ich keinem Menſchen nenne, 
Rot Röfelein, Vergißnichtmein, 
Wir beide wiſſens ganz allein, 
Verſchwiegen ſoll es ſein. 
Und wenn die Sonne iſt vergangen, 
Rot Röſelein, Vergißnichtmein, 
Die Sterne an dem Himmel prangen, 
Rot Röfelein, Vergißnichtmein, 
Kein Menſch weiß, wo ich kehre ein, 
Verſchwiegen ſoll es ſein. 
Und wenn auch Mond und Sterne ſchwinden, 
Rot Röfelein, Vergißnichtmein, 
Die Liebe weiß den Weg zu finden, 
Rot Röfelein, Vergißnichtmein, 
Sie braucht nicht Mond noch Sternenſchein, 
Verſchwiegen ſoll es ſein. 


54 


Die goldene Wiege 


Am Saidberg geht ein leifes Singen, 
Ein leiſes Singen her und hin, 
Da fit und wiegt die goldne Wiege 
Die tote zwergenkönigin. 


Frau Rönigin, Euch will ichs klagen 
Will klagen Euch mein Herzeleid, 
Mein Schatz hat treulos mich verraten, 
Mein Herz das weint vor Traurigkeit. 
So gib es her, ich will es wiegen, 
Bis daß es ſchläft für immer ein, 
Soll in der goldnen Wiege ſchlafen 
Bei meinem toten Kindelein. 

Und wiegt Ihr es auch ſieben Jahre 
Und wiegt Ihr es auch immerzu, 
Es hört und hört nicht auf zu weinen, 
Es läßt und läßt mir keine Ruh. 
Ich weiß ein tiefes Waſſer raufchen, 
Es rauſcht ein Lied, das keiner kennt, 
Das foll mein Herz in Schlummer fingen, 
Erſt dann hat ſeine Not ein End. 


O 


5 


Im Walde 


Der Wind auf der Saide, 
Der weiß allerhand, 

Im Wind auf der Saide 
Ein Jungfräulein ſtand. 
Guten Tag, ſchöne Jungfer, 
Du allerliebſtes Kind, 


Da draußen auf der Saide 
Da wehet der Wind. 


Und der Wind und der wehet, 
Und der Wind der iſt kalt, 
Was willſt du hier frieren, 
Komm mit in den Wald. 

Im Wald iſt es ftille, 
Da rührt fich Fein Zweig, 
Da blühen die Blumen, 
Da ruht es ſich weich. 
Da läßt es ſich lieben, 
Kein Menſch weiß darum, 
Da ſtehn lauter Bäume, 
Die ſind ſtill und ſtumm 


® 


56 


Der fonderbare Vogel 


Ich hörte einen Vogel fingen 
Und nahm mein Madchen bei der Sand; 

Er fang ein wunderſchönes Liedchen 

Von Allerlei und Allerhand. 
Der Vogel der flog immer weiter, 

Bis da, wo eine Linde ſtand; 

Da ſang er noch einmal das Liedchen 
Von Allerlei und Allerhand. 

Er flog wohl auf und flog wohl nieder, 
Bis er ſein Neſt im Laube fand; 
Und da ſang er erſt recht das Liedchen 
Von Allerlei und Allerhand. 
Mein Mãdchen hat ihn eingefangen, 
Gefangen ihn mit ihrer Sand; 
Doch darum läßt er nicht das Singen 
Von Allerlei und Allerhand. 


O 
Der Reitersmann 
Es blühen die Rofen, 
Die Nachtigall ſingt, 


Mein Herz iſt voll Freude, 
Vor Freude es ſpringt; 


57 


Ein Reiter zu Pferde, 
So reit ich durchs Land, 
Für Raifer und König 

Und Vaterland. 

Im Wirtshaus am Wege 
Da kehren wir ein, 
Und trinken ein Gläslein 
Vom goldenen Wein; 
Du Hübſche, du Seine, 
Komm ſetz dich zu mir, 
Ein Ringlein von Golde, 
Das ſchenke ich dir 
Und iſt fie geſchlagen, 
Die blutige Schlacht, 
Und haben wir Frieden 
Mit Frankreich gemacht, 
Dann binde den Schimmel 
Ich wieder hier an, 
Denn treu iſt, ja treu iſt 

Der Reitersmann. 


® 


Das Grab 


Es geht ein Licht im Dunkeln, 
Anna, Suſanna, wie ſchön biſt dul 
Das hat einen trüben Schein; 
Es fliegt eine weiße Taube, 


58 


Anna, Suſanna, wo findſt du Ruh? 
Die weiß nicht aus noch ein. 


Es blüht eine un im Barten, 
Anna, Suſanna, wie ſchön bift du! 
Die iſt ſo blaß und bleich; 

Es klingt ein Lied im Winde, 
Anna, Suſanna, wo findſt du Ruh? 
Das iſt an Schmerzen reich. 

Es liegt ein Grab an der Mauer, 
Anna, Suſanna, wie ſchön biſt du! 
Das hat nicht Kreuz noch Stein; 

Da hört man ein Kindlein weinen, 
Anna, Suſanna, wo findſt du Ruh? 
Des Nachts im Mondenſchein. 
© 


© 
Es rauſcht ein tiefes Waſſer, 
Anna, Suſanna, wie ſchön biſt du! 
Es rauſcht wohl auf und ab; 
Es gräbt der Totengräber, 
Anna, Suſanna, wo findſt du Ruh? 
An einem neuen Grab. 


Abſage 
Da hinten in der Saide, 
Wo der Birkenbaum ſteht, 
Da wartet ein Mädchen, 
Ihr Saar und das weht 
19) 


2 


Du Sübſche, du Feine, 
Was ſtehſt du allein, 

Und wenn du keinen Schatz haſt, 
Ich will es wohl ſein. 
Einen Schatz und den hab ich, 
Und kommt er nicht her, 
Einen Jäger, grünen Jäger, 
Will ich nun und nicht mehr. 
Ei warum keinen Jäger, 
Kein jungjunges Blut, 
Denn ein Jäger kennts Lieben, 
Und weiß, wie das tut. 
® 
Was ſoll mir ein Jäger, 
Der ſoll es nicht ſein, 

Der geht bei Nacht jagen, 
Und laßt mich allein. 


Der taube Garten 


Du lachſt, weil ich dich liebe, 

Haſt deinen Spott mit mir; 

Schön biſt du von Geſichte, 
Doch fehlt das Serze dir. 


69 


Darum find deine Wangen 
Als wie der Schnee fo weiß; 
Und deine blauen Augen 
Die ſind ſo kalt, wie Eis. 
Wenn andre Madchen lieben, 
Dann biſt du ganz allein; 
Es blühen keine Roſen 
In deinem Bärtelein. 
Ein Garten ohne Roſen 
Macht keinem Menſchen Freud; 
Ein Mädchen ohne Liebe 
Das tut ſich ſelber leid. 


Auf der Straße 


Wo der Wind weht, der Wind weht, 
Da bin ich zu Saus, 

Da fahr ich die Straßen 

Jahrein und jahraus. 
Auf der Straße, der Straße 

Iſt alles voll Staub, 
Da tragen die Bäume 

Rein grasgrünes Laub. 


67 


Don den Staube, dem Staube 
Da werd ich nicht fett, 
Ich weiß wo der Bauer 
Die Wurſt hängen hat. 
In dem Buſche, dem Buſche 
In Gras und in Kraut 
Da leben wir luſtig 
Als Bräutgam und Braut. 


© 
Denn ein Mädchen, ein Mädchen 
Wie Milch und wie Blut 
Die fand ich an der Straße, 
Und die iſt mir gut. 


S 


Liebesklage 


Weidenbaum, dir will ichs ſagen, 
Weidenbaum, dir will ichs klagen, 
Lieblich iſt die Maienzeit, 
Doch ich trage Serzeleid. 
Weiden baum, du ſollſt es hören, 
Daß er nie wird wiederkehren, 
Schön und luſtig iſt der Mai, 
Doch mein Glück das iſt vorbei. 


® 


62 


Weidenbaum, du ſollſt es willen, 
Nie wird er mich wieder küſſen, 
Wieder kehrt die Maienzeit, 
Doch ſie bringt mir neues Leid. 


S 
Weidenbaum, wenn ſie dich fragen, 
Weiden baum, dann ſollſt du ſagen, 
Wen betrogen hat der Mai, 
Deſſen Frühling iſt vorbei. 


Der Kuckuck 


Der Kuckuck ſchrie die ganze Nacht, 
Er hort nicht auf zu ſchrein; 
Er ſchrie und ſchrie in einem fort, 
Ließ mich nicht ſchlafen ein. 
S 
Du Vogel Kuckuck ſchweig doch ſtill, 
Du biſt ja wohl nicht klug; 
Was brauchſt du bei der Nacht zu ſchrein, 
Am Tag iſt Zeit genug. 
Wer klopft da mitten in der Nacht 
An meinem Senfterlein? 
Der Vogel Kuckuck iſts gewiß, 
Er will zu mir herein. 


(©) 


63 


Bleib du, wo du zu Haufe bift, 
Und laffe mich in Ruh; 
Du kommſt nicht in mein Kämmerlein, 
Das Fenſter bleibt hübſch zu. 
© 
Du haft ja Zeit den ganzen Tag, 
So lang die Sonne ſcheint; 
Wer bloß bei Nacht und Nebel kommt, 
Der hats nicht treu gemeint. 
Wer bloß bei Nacht und Nebel kommt, 
Sat keinen treuen Sinn; 
Drum mach nur, daß du weiter kommſt 
zu deiner Kuckuckin. 


© 
Beerdigung 


Die Maienglöckchen läuten 
Mit Totenglockenklang; 
Es iſt ein Serz geſtorben, 

Das war ſo lange krank. 
Die Totengräber fliegen 
Die ganze Maiennacht; 
Sie haben dem roten Serzen 
Ein ſchwarzes Grab gemacht. 


64 


In dem Zypreſſenbaume 
Da ſingt ein Dögelein; 
Nun laſſet uns aber trinken 
Den roten, roten Wein. 
Nun laſſet uns aber ſingen, 
zu Ende ift die Not; 
Wir haben das Serz begraben, 
Das rote Serz iſt tot. 


Verſpruch 


Wir ſind einander zugeſellt 
Für alle Ewigkeit, 

Uns ſcheidet nicht die ganze Welt 
Mit ihrer Schlechtigkeit. 
Der weiß ja nicht, was Lieben iſt, 
Der an ein Scheiden denkt, 
Wenn zweie ſich ſo recht geküßt, 
Sich Leib und Seel geſchenkt. 
So lieben wir uns immerdar, 
Die ganze Sommerszeit, 
Und lieben uns das ganze Jahr, 
Bis daß es friert und ſchneit. 


65 


Und kommt der Tag, der kein Tag iſt, 
Und muß ich fort von dir, 
Dein Herz doch meiner nicht vergißt, 
Es findet ſich zu mir. 
e (©) 
Denn ob der Schnee zur Erde fällt, 
Und blühn die Rofen rot, 
Wir ſind einander zugeſellt 
Im Leben und im Tod. 


Liebesweh 


Ein Vogel hat geſungen, 
Er ſang in Eis und Schnee, 
Das Herz iſt mir zerſprungen 

Vor lauter Liebesweh. 
Das hat mit ſeinem Singen 
Das Vögelein vollbracht, 
Es hat das heiße Klingen 
Das Herz mir krank gemacht. 
Zur Schmiede will ich eilen 
Mit meiner Not und Qual, 
Mein Herz das will ich heilen 
Mit Eiſen und mit Stahl. 


66 


Der Schmied und der ſoll ſchlagen 
Einen Reifen um mein Serz, 
Damit es kann ertragen 
Den bittern bittern Schmerz. 


©) 

Das Herz ift mir zerſprungen 
Vor lauter Liebeswehn, 
Ein Vogel hat geſungen 

In Eis und auch in Schnee. 


Matroſenlied 


Zeute wollen wir ein Liedlein fingen, 
Trinken wollen wir den kühlen Wein, 
Und die Bläfer ſollen dazu klingen, 
Denn es muß, es muß geſchieden ſein; 
Gib mir deine Hand, 

Deine weiße Hand, 

Leb wohl, mein Schatz, leb wohl, 
Denn wir fahren gegen Engelland. 
Unſre Flagge und die wehet auf dem Maſte, 
Sie verkündet unſres Reiches Macht, 
Denn wir wollen es nicht länger leiden, 
Daß der Engliſchmann darüber lacht; 
Gib mir deine Sand, 

Deine weiße Hand, 

Aeb wohl, mein Schatz, leb wohl, 
Denn wir fahren gegen Engelland. 


67 


Kommt die Runde, daß ich bin gefallen, 
Daß ich ſchlafe in der Meeresflut, 
Weine nicht um mich, mein Schatz, und denke, 
Für das Vaterland da floß ſein Blut; 
Gib mir deine Sand, 

Deine weiße Hand, 

Leb wohl, mein Schatz, leb wohl, 
Denn wir fahren gegen Engelland 


Winter 


Über die Saide geht mein Gedenken 
Annemariee, nach dir, nach dir allein, 
Uber die Haide möchte ich wandern, 
Annemariee, bei dir zu ſein. 
Über die Saide flogen die Schwalben, 
Annemariee, ſie grüßten dich von mir, 
Uber die Saide riefen die Raben, 
Annemariee, Antwort von dir. 
Über die aide pfeifen die Winde, 
Annemariee, und alles iſt voll Schnee, 
Über die Saide ging einſt mein Lieben, 
Annemariee, ade, ade. 


68 


Der böſe Vogel 


Es kommt ein Storch geflogen, 
Er fliegt wohl hin und her, 
Er ſucht ſich eine Stelle, 
Wo gut zu niſten wär. 

Er fliegt wohl auf und nieder, 
Er fliegt wohl ein und aus, 
Und hebt wohl an zu bauen 
Auf meines Liebchens Saus. 

ö 

Ei, du ſchwarzweißer Vogel, 

Ei, du ſchwarzweißes Tier, 
Warum fliegft du nicht weiter, 
Was bauſt du grade hier? 
Ade, ihr Junggeſellen 
Bei Bier und Branntewein, 
Es kam ein Storch geflogen, 
Geſchieden muß es ſein. 


Totenblumen 


Es blühten Tulpen und Tarziſſen, 


Sie blühten dir, ſie blühten mir; 


Sie ſind verwelkt, ſie ſind verdorret, 


Denn heute muß ich fort von dir. 


69 


Der blaue und der weiße Flieder 
Der hat verloren ſeine Zier; 
Er wird uns niemals wieder blühen, 
Denn heute muß ich fort von dir. 
Die roten und die weißen Roſen 
Die blühen weder dir noch mir; 
Sie müllen ungepflückt verwelken, 
Denn heute muß ich fort von dir. 
Die Aſtern und Reſeden blühen, 
Was hilft es dir, was hilft es mir; 
Ein andrer wird ſie beide brechen, 
Denn heute muß ich fort von dir. 
Die allerletzten gelben Blumen, 
Die Ringelbiumen, pflüd ich mir; 
Sie blühen auf dem Grab der Liebe, 
Denn heute muß ich fort von dir. 


0) 
Liebeszauber 
Und willſt und willſt du mich nicht lieben, 
G Maienzeit, o Süßigkeit, 


Das ſoll und ſoll mich nicht betrüben, 
© Maienzeit, o Bitterkeit; 


70 


Ich weiß das edle Kräutlein blühn, 
Habmichlieb, das Kräutlein grün, 
Kräutlein grün, Blümlein rot 
Hilft bei Liebesnot. 

Zur Liebe will ich dich bekehren, 

O Maienzeit, o Süßigkeit, 

Du kannſt und kannſt es mir nicht wehren, 
O Maienzeit, o Bitterkeit; 

Ich weiß das edle Kräutlein blühn, 
Habmichlieb, das Kräutlein grün, 
Rräutlein grün, Blümlein rot 
Hilft bei Liebesnot. 

Und hab und hab ich es gefunden, 

O Maienzeit, o Süßigkeit, 

So bleibſt und bleibft du mir verbunden. 
O Maienzeit, o Bitterkeit; 

Ich weiß das edle Kräutlein blühn, 
Sabmichlieb, das Kräutlein grün, 
Krãutlein grün, Blümlein rot 

Sgilft bei Liebesnot. 


Das Vogelorakel 


Es ſingt der Vogel Wunderlich 
In der grünen Linde; 
Ich geh die Straße auf und ab, 
Ob ich eine finde, 


77 


Roſenrot ein Mägdelein, 
Und das ſoll mein Liebchen fein, 
Das iſt keine Sünde. 

Was der kleine Vogel ſingt, 
Niemand ſoll es wiſſen; 
Junge Mädchen, die ſind ſchön, 
Eine will ich küſſen, 
Roſenrot ein Mägdelein, 
Und das ſoll mein Liebchen fein, 
Niemand ſoll es wiſſen. 

Es ſingt der Vogel Kunterbunt 
In einem grünen Hagen; 
Wo das ſchönſte Mägdlein iſt, 
Kann er mir wohl ſagen, 
Roſenrot ein Mägdelein, 
Und das ſoll mein Liebchen ſein, 
Das will ich ihn fragen. 
Wunderlich und Kunterbunt 
Schwingen ihr Gefieder; 
Wo das ſchönſte Mädchen iſt, 
Kaſſen ſie ſich nieder, 
Roſenrot ein Mägdelein, 
Und das ſoll mein Liebchen fein, 
Heut und immer wieder. 


72 


Der Jungfernkranz 


Und daß ich eine Jungfer bin 
Und habe keinen Mann, 
Und noch nicht weiß, was Liebe iſt, 
Das ſteht mir wenig an. 
Was hilft mir denn mein Jungfernkran: 
Hab ich ihn ganz allein, 

Ich trug ihn zwanzig Jahre lang, 
Bald wird verwelft er ſein. 
Verwelken aber ſoll er nicht 
Vor Sonne und vor Wind, 

Ich häng ihn abends in den Tau, 
Bis daß ihn einer findt. 

Und wer ihn finde, das ſag ich frei, 
Ihn auch behalten kann; 

Ich trug ihn zwanzig Jahre lang, 
Mir liegt nichts mehr daran. 


An die Spröde 


Gertrude, weiße Blume, 
Was biſt du ſo ſtolz; 
Es wächſt kein grünes Blättlein 
Am trockenen Solz. 


73 


Die Nachtigall ſingt nicht 
In Schnee und in Eis; 
Die Liebe ſchmeckt am ſchönſten, 
Wenn niemand es weiß. 
Gertrude, weiße Blume, 
Der Flieder der blüht; 
Die Nachtigall im Walde 
Die ſinget ihr Lied. 
Sie ſinget von Liebe, 
Sie ſinget von Glück; 
Die Zeit, die verpaßt iſt, 
Die kommt nicht zurück. 
Gertrude, weiße Blume, 
Und kurz iſt der Mai; 
Was willſt du noch warten 
Bald iſt er vorbei. 


Die treue Blume 


Vom Simmel iſt ein Stern gefallen, 
Der dort fo freundlich hat gelacht, 
Die ſchönſte Blume mußte welken, 
Es fiel ein Reif um Mitternacht; 

Nun heißt es ſcheiden, 
Ach ja, und meiden, 
Ich muß allein 


Und einſam ſein. 


ie. 


Ich habe einen Strauß gewunden 
Von Roſen und Vergißnichtmein, 
Damit mein Schatz in fernen Landen 
Gedenken ſoll in Treuen mein; 
Nun heißt es ſcheiden, 

Ach ja, und meiden, 

Ich muß allein 
Und einſam ſein. 

Und wenn die Roſen auch verwelken, 
Es blühet das Vergißmeinnicht, 
Es blüht die Liebe, es blüht die Treue, 
Sie blühen bis das Herze bricht; 
Nun heißt es ſcheiden, 

Ach ja, und meiden, 

Ich muß allein 
Und einſam ſein. 


Häckerling 
Diſtel, Diſtel, Wegedorn, 
Meinen Schatz hab ich verlorn; 
Such die Straße hin und her, 
Wo mein Schatz geblieben wär. 
Efeu, Efeu, Immergrün, 
In die Fremde will ich ziehn; 
wo kein Menſch mein Serzleid kennt, 
Niemand meinen Namen nennt. 


© 


75 


Birke, Birke, Maienbaum, 
Meine Liebe war ein Traum; 
Währte einen Sommer lang, 
Iſt dahin, wie Glockenklang. 
Myrte, Myrte, Jungfernzier, 
Was ſoll deine Blüte mir; 
Denn es hac mir Schlechtigkeit 
Zäckerling vors Saus geſtreut. 


® 
Hafer, Hafer, Schandenkraut, 
Unglück iſt mir angetraut; 
Wo das tiefe Waſſer rinnt, 
Meine Seele Ruhe findt. 


Der Küraſſier 


Ich hör ein Döglein fingen, 

Das Dögelein ſingt zipp und zapp; 
Ich laß den Kappen laufen, 

Bald Schritt und auch bald Trab. 
Trompeter und die blaſen, 

Mein Schatz, nur laß das Weinen ſein; 
Vier Jahre gehn vorüber, 
Dann bin ich wieder dein. 


Das Fähnlein tut winken, 
Wir find des Kaiſers Rüraffier; 
Iſt meine Zeit vorüber, 
Kehr ich zurück zu dir. 

Das find die ſchweren Reiter, 
Die fürchten ſich vor keinem Blei; 
Ihr Kleid, das iſt von Eiſen, 
Ihr Herz und das iſt treu. 
Laß traben, laß traben, 

Die Welt iſt weit, die Welt iſt breit; 
Die Roſen blühen wieder, 
Kommt erſt die rechte Zeit. 


Der ſchönſte Platz 


Wo die weißen Tauben fliegen, 
Wohnt mein Schatz und der iſt ſchön; 
Wo die weißen Tauben fliegen, 
Muß ich immer wieder gehn. 
Wo die roten Rofen blühen, 
Bab ich fie zuerſt geküßt; 

Wo die roten Rofen blühen, 
Meine liebſte Weide iſt. 


77 


Wo die grünen Büſche fteben, 
Singt ein Vogel dies und das; 
Wo die grünen Büſche fteben, 
Iſt zerdrückt das junge Gras. 
Wo die klaren Quellen rauſchen, 
Liegt ein Roſenkränzelein; 
Wo die klaren Quellen rauſchen, 
Ward das ſchönſte Mädchen mein. 


Edelwild 


Ich bin ein freier Wildpretſchůtz 
Und hab ein weit Revier, 
So weit die braune Saide geht, 
Gehört das Jagen mir. 
So weit der blaue Simmel gebt, 
Gehört mir alle Pürſch 
Auf Fuchs und Sas und Saſelhuhn, 
Auf Rehbock und auf Sirſch. 
Jedoch mein liebſtes Edelwild 
Im ganzen Jagdrevier 
Das iſt nicht Sirſch, das iſt nicht Reh, 
Das iſt kein Jagdgetier. 


78 


Es iſt ein friſches Mägdelein, 
Auf das ich lieber pürſch, 
Viel lieber als auf Sas und Fuchs, 
Auf Rehbock und auf Sirſch. 
Und daß es einem andern hört, 
Macht keine Sorge mir, 

Ich bin ein freier Wildpretſchůtz 
Und hab ein weit Revier. 


Das einſame Mädchen 


Ich ſtehe auf der Haide 
Und bin ſo ganz allein; 
Ein Schätzchen möcht ich haben, 
Und mich der Liebe freuen. 
Jedweder kleine Vogel 
Der liebt ſo viel er mag; 
Doch ich muß einſam bleiben 
Bei Nacht und auch bei Tag. 
Ein Reitersmann zu Pferde 
Das ſoll mein Liebſter ſein; 
Er ſoll den Schlüſſel haben 
Zu meinem Bärtelein. 


Die Roſen ſoll er brechen, 
So viel und viel er mag; 
Es wachſen wieder neue 
In meinem Gartenhag. 


Gold und Silber 


Ach Sonne, liebe Sonne, 
Was haſt du in dem Sinn? 
Ich ſtehe an dem Fenſter 
Und weine vor mich hin. 
Ein Ringelein von Silber, 
Das gab er mir zum Pfand; 
Einen Ring von rotem Golde 
Den trag ich an der Sand. 
Der Myrtenſtock am Senfter 
Der dauert mich ſo ſehr; 
Seine Zweige ſind gefallen, 
Nun iſt er kahl und leer. 
Der eine kriegt das Silber, 
Das Gold der andre hat; 
Wenn alle Leute ſchlafen, 
Dann komm und küß dich ſatt. 


80 


Die grünen Myrtenzweige, 
Die ſind das allerbeſt; 
Du follft das Kränzlein haben, 
Der andre kriegt den Keſt. 


Der ſchöne Sifch 


Ich ſehe ein Waſſer blinken, 
Das Waſſer das iſt friſch; 
Ich ſehe etwas [himmern, 
Das iſt fürwahr kein Sifch. 
Ein Fiſch hat keine Haare 
Und nicht zwei Arme rund; 
Hat keine blauen Augen 
Und keinen roten Mund. 
Ich will das Fiſchlein fangen 
Mit einem Saſelſtock; 
Was ſeh ich in dem Graſe, 
Ein Semdlein und ein Rock? 
Das Semdlein ſollſt du haben, 
Den Rock behalt ich hier; 
Und ſoll ich ihn dir geben, 
Was ſchenkſt du mir dafür? 


© 


81 


Die Verehrung 


Ich ging im grünen Walde 
Und hielt mein Serz in der Hand; 
Da hab ich es verloren, 
Bis es ein Jäger fand. 
® 
Er gab es mir nicht wieder, 
Er ſprach, es wäre ſein; 
Ich ſollt ihm auch noch geben 
Mein Jungfernkränzelein. 
® 
Und haft du ſchon das Serze, 
So nimm dir auch den Kranz; 
Nimm aber nicht den halben, 
Nimm ihn gleich lieber ganz. 
Nun habe ich kein Herze 
Und auch Fein Kränzlein mehr; 
Ich ſtehe bei der Wiege, 
Die gehet hin und her. 
Und will ſie ſtille ſtehen, 
Dann ſtoße ich ſie an; 
Sonſt weint, was mir verehrte 
Der grüne Jägersmann. 


82 


Die Raben 


Es ſtand ein Stern am Simmel, 
Der hatte ein böfes Geſicht; 
Sieben Dögel kamen geflogen, 
Die flogen zum Sochgericht. 
Es waren nicht ſieben Tauben, 
Sieben Raben mußten es ſein; 
Sie ſind um das Rad geflogen 
Und huben an zu ſchrein. 
Der erſte nahm die Augen, 
Der zweite das Herz ſich nahm; 
Der dritte aber den Finger 
Mit dem goldnen Ringe bekam. 
Und was die andren ſich nahmen, 
Das weiß blos Gott allein; 
Mein Schatz, der iſt gegangen 
Um mich zum Simmel ein. 


Der goldene ahn 


Ich hatte einen ſchönen Traum 
Von einem grünen Buchenbaum; 
Der Traum der war fo lang und breit, 
Wie eine kleine Ewigkeit. 


©) 


83 


Ich ging allein im grünen Wald, 
Viel Brommelbeeren fand ich bald; 
Ich hab mich auf und ab gebückt, 
Die Brommelbeeren abgepflückt. 
Mein Herz auf einmal ſtille ſtand, 
Das Rörblein fiel mir aus der Sand; 
Ich hörte fingen den goldnen Hahn, 
Der kündet junges Sterben an. 
Was fang ich an in meiner Not? 
Ich höre meinen eignen Tod; 
wer den goldnen Hahn hört ganz allein, 
Sein Grab wird bald gegraben ſein. 
Du junges junges Jägerblut, 
Nimm mich in deine treue Hut; 
Die Brommelbeeren im Börbelein 
Die ſolln dir nicht verwehret ſein. 
Die Brommelbeeren will ich nicht, 
Du allerliebſtes Angeſicht; 

Will Füffen deinen roten Mund 
Im grünen Wald eine Viertelſtund. 
Eine Viertelſtund iſt nicht lang, noch breit, 
Es iſt ja keine Ewigkeit; 

KRüß ihn ein Stündlein oder zwei, 
Und wenn du willſt, noch lieber drei 


84 


Da ſtand ein grüner Buchenbaum, 
Da hatt ich einen ſchönen Traum; 
Drei Stündlein lang, drei Stündlein breit, 
Und durch und durch voll Süßigkeit. 

Im grünen Wald der goldne Sahn 
Der ſingt und ſingt, ſo viel er kann; 
Sing du nur hin, ſing du nur her, 

Ich fürchte mich kein bißchen mehr. 


Der Stromer 


Sier auf der Saide 
Da fuhr ich auf und auf und ab; 
Schritt lief ich im Sommer, 
Wintertags Trab. 
® 
Heiß iſt der Sommer, 
Kalt iſt der Winterwinterwind; 
Warm iſt das Lieben 
Beim ſchönſten Kind. 
Hinter der Hecke 
Da iſt ein guter guter Platz; 
Da will ich träumen 
Von meinem Schatz. 


85 


Die, die ich meine 
Die lebt wohl längft ja längft nicht mehr; 
Die Roſenbüſche 
Sind kahl und leer. 
Hinter der Hecke 
Da iſt der Schnee der Schnee ſo weich; 
Bleib ich da liegen, 
Mir iſt es gleich. 
Tragen zwei Engel 
Mich auf zur Himmelshimmelshöh; 
Mein feines Liebchen 
Ich wieder ſeh. 
Ein Liljenſtengel 
Tragt fie in ihrer ihrer Sand; 
Ein Liljenſtengel 
Mit goldnem Band. 


10) 


Das ftille Waſſer 


Solang die liebe Sonne lacht 
Mit ihrem goldnen Schein, 
Da muß ich meine Arbeit tun, 
Muß fromm und fleißig ſein. 


© 


86 


Die Augen ſchlag ich unter mich 
Und ſehe niemand an, 
Als ob ich nichts von Liebe weiß 
Und davon reden kann. 
Doch davon reden tu ich nicht, 
Ich ſchweige immer ftill, 
Und ſehe, ob das Sonnenlicht 
Nicht bald verſchwinden will. 
3 
Doch wenn der Mond am Simmel ftebt, 
Es ſchlafen alle Leut, 
Dann will ich mich der Liebe freun 
In aller Heimlichkeit. 

Und ſcheint die Sonne wiederum 
So hell und auch ſo heiß, 
Stell ich mich vor den Leuten an, 
Als ob von nichts ich weiß. 


Allwundheil 


Irgendwo und irgendwo, 
Sch weig ſtill, ſchweig ftill, 
Blüht die Blume Lichterloh, 
Schwei ſtill, ſchweig ftill; 
Blüht die Blume Feuerrot, 
Die da hilft bei Liebesnot, 
Die rote Blume, 
Blume Serzenstroſt. 


87 


Irgendwie und irgendwie, 
Schweig ſtill, ſchweig ſtill, 
Find ich ſie und find ich ſie, 
Schweig ſtill, ſchweig ſtill; 
Silfſt du mir, ſchöns Mägdelein, 
Soll ſie bald gefunden ſein, 
Die rote Blume, 

Blume Serzenstroſt. 


Irgendwann und irgendwann, 
Schwei ftill, ſchweig ſtill, 
Man die Blume pflücken kann, 
Schweig ſtill, ſchweig ſtill; 
Gehn zu zwein wir in den Wald, 
Finden wir die Biume bald, 
Die rote Blume, 

Blume Serzenstroſt. 


Irgendwas und irgendwas, 
Schweig ſtill, ſchweig ſtill, 
gat zerdrückt das grüne Gras, 
Schweig ſtill, ſchweig ſtill; 
Wer die rote Blume bricht, 
Schont des grünen Graſes nicht, 
Die rote Blume, 

Blume Serzenstroſt. 


88 


Die ſchönſte Jagd 


Mein Schatz das iſt ein freier Schütz 
Wohl auf der braunen Said, 
Er ſchießt die Sirfche und die Reh, 
Denn das iſt ſeine Freud; 

Ja das Schießen das lernt ſich, 
Wenn man fleißig es übt, 

Auf Sirſche und Haſen 
Und was es ſonſt wohl noch gibt. 
Und wenn die Nacht ganz dunkel iſt 
Der Mond gibt keinen Schein, 
Dann klopft es dreimal leiſe an 
Bei meinem Senfterlein; 

Ja das Schießen das lernt fich, 
Wenn man fleißig es übt, 

Auf Sirſche und Safen 
Und was es ſonſt wohl noch gibt. 
Ich weiß wohl, wer da draußen ſteht 
Er trägt ein grünes Kleid, 

Er ſchießt die Sirſche und die Reh, 
Denn das iſt ſeine Freud; 

Ja das Schießen das lernt ſich, 
Wenn man fleißig es übt, 

Auf Sirſche und Saſen 
Und was es ſonſt wohl noch gibt. 


89 


Und geht der Wind wohl hin und her, 
Und trifft er wenig an, 
Dann ſucht mein Schatz ein andres Wild, 
Auf das er jagen kann; 
Ja das Schießen das lernt ſich, 
Wenn man fleißig es übt, 
Auf Sirſche und Hafen 
Und was es ſonſt wohl noch gibt. 


Der treue Kanonier 


Zu Hannover an der Leine 
Stand ich als Kanonier; 
Du allerſchönſte Roſa, 
Jetzt muß ich fort von dir. 
Auf der Lüneburger Saide 
Da geht der Staub ſo dicht; 
Du allerſchönſte Rofe, 
Ich vergeſſe dich nicht. 


Zu Munſter in dem Lager 
Da lebt es ſich ſo frei; 
Du allerſchönſte Roſa, 

Ich bleib dir immer treu. 

Zu Celle an der Aller, 
Da lag ich im Quartier; 

Du allerſchönſte Roſa, 
Mein Herz das iſt bei dir. 


90 


Zu Hildesheim im Biwak 
Da war ſo kalt die Nacht; 
Du allerſchönſte Roſa, 
Dein hab ich ſtets gedacht. 
Und morgen da heißt eg, 
Da heißts geſchieden ſein; 
Du allerfchönfte Roſa, 
Mein Serz bleibt ewig dein. 


© 


Mei 


Grün ift der Wald, rot ift der Bock, 
Drum zieh ich an den grünen Kock, 
Setz auf den grünen Sut; 

Ich weiß einen Bock im Holze ſtehn, 
Auf den will ich heut pürfchen gehn, 
Denn fein Gehöͤrn iſt gut. 
® 
Salli, was ift mein Meſſer rot, 
Hallo, der gute Bock iſt tot, 

Ein Bruch am Sut mir ſteckt; 
Nun klingt mein Horn im grünen Wald, 
Daß es ſo laut, ſo luſtig ſchallt, 

Ich hab den Bock geſtreckt. 

Und wenn die Sonne ſchlafen geht, 
Und wenn der Mond am Simmel ſteht, 
Kehr ich bei Meiner ein; 


91 


Sie lauert ſchon die dritte Nacht, 
Dieweil den Bock ich ausgemacht, 
Auf wird ihr Senfter fein. 


Wilde Rofen 


Die Roſen in dem Garten 
Sind reizend anzuſehn; 
Die wilden Seckenroſen 

Sind noch einmal ſo ſchön. 


Am Tage auf der Straße 
Siehſt du nicht nach mir hin; 
Es braucht kein Menſch zu wiſſen, 
Daß ich dein Liebſter bin. 

Der Tag der iſt vergangen, 

Die Nacht die bricht herein; 
Im allerletzten Haufe 
Da iſt ein heller Schein. 


Ich laſſe die Eule rufen, 
Das Licht geht hin und her; 
Das Fenſter das iſt dunkel, 
Die Eule ruft nicht mehr. 
Das Lieben vor allen Leuten 
Macht nicht fo viele Freud; 
Als wenn man bricht die Roſen 
In aller Heimlichkeit. 
® 


92 


Verraten 


Zu Lüneburg auf dem Kalkberg 
Da trug ich das Schandenkleid; 
Zu Lüneburg ſchob ich den Karren 
In Kummer und Serzeleid. 
Ich ſchob ihn ſieben Jahre, 
Der Karren und der war ſchwer; 
Die Ketten an meinen Füßen 
Die drückten mich allzuſehr. 
Und als ich kam wieder nach Sauſe, 
Da wandteſt du ab dein Geſicht; 
Um dich kam ich in Schande, 
Du aber kennſt mich nicht. 

Es wurden meine Hände 
Um dich von Blute rot; 

Um dich ſchob ich den Karren 
In Kummer und in Not. 

So fahre denn hin, du Falſche, 
Es ſoll mich nicht gereun; 

Zu Lüneburg auf dem Kalkberg 
Da wird mein Ende ſein. 


93 


Die Strafe 


Ich ging einmal zur Maienzeit 
Durch einen grünen Wald, 
Begegnet mir ein Jungfräulein 
Von reizender Geſtalt; 

Sie war ſo jung 
So jung und wunderſchön, 
Ich mußte ſie 
Ja mußte ſie anſehn. 

Der Kuckuck rief bald hier bald da, 
Es ſang die Nachtigall, 

In jedem grünen Baume war 
Ein lauter Vogelſchall; 

Das Jungfräulein 
Das ſah mich liebreich an, 
Sodaß ſie gleich 
Mein ganzes Herz gewann. 
Maiblumen banden wir zum Strauß, 
Die dufteten fo füß, 

Wir liebten uns, wir küßten uns, 
Als wie im Paradies; 

Das grüne Gras, 

Das lud zum Sitzen ein, 

Da ſaß ich bei 
Dem ſchönen Jungfräulein. 


94 


Wir liebten uns den ganzen Mai 
In aller Seimlichkeit, 
Wir liebten uns die Sommerszeit, 
Da war es uns gereut; 
Es flog ein Storch, 
Doch flog er nicht vorbei, 
Man liebt ja liebt 
Nicht ungeſtraft im Mai. 


Troſt 
In der Sagebuchenlaube 
An des Fluſſes grünem Rand 
Saß ich bei der Vielgeliebten, 
Herz an Herz und Hand in Hand. 
Da gelobten wir uns Treue, 
Ewge Treue bis ans Grab, 
Einen Ring von rotem Golde 
Sie als Unterpfand mir gab. 


In der Sagebuchenlaube 
Sitzt ein andrer jetzt bei ihr, 
Von der Liebe und der Treue 
Blieb das rote Ringlein mir. 


Und ich werf es in das Waſſer, 
Und ich ſeh, wie es verſinkt, 
Meine Liebe mit dem Ringe 

In der tiefen Flut ertrinkt. 


Und das Waſſer das zieht Kreiſe, 
Und dann iſt es wieder ftill, 
Gerne gönn ich einem andern, 
Was ich ſelber nicht mehr will. 


® 
Das Vergißmeinnicht 
Es ging eine Jungfrau zart und fein, 
Eia popeia, ſchlaf ein mein Kind, 
Die ging am Bache ganz allein, 
Suſe la ſuſe, es weht der Wind; 
Wollte pflücken die Vergißmeinnicht, 
Vergißmeinnicht verwelken nicht, 
Und wenn man ſie auch bricht. 
Schönes Mädchen, du gefalleſt mir, 
Eia popeia, ſchlaf ein mein Kind, 
Vergißmeinnicht die ſuchen wir, 
Suſe la ſuſe, es weht der Wind; 
Wollen pflücken die Vergißmeinnicht, 
Vergißmeinnicht verwelken nicht, 
Und wenn man ſie auch bricht. 
Eh daß vergangen war der Tau, 
Eia popeia, ſchlaf ein mein Kind, 
Da war gepflückt das Blümlein blau, 
Suſe la ſuſe, es weht der Wind; 
Gepflückt war das Vergißmeinnicht, 
Vergißmeinnicht verwelken nicht, 
Und wenn man ſie auch bricht. 


96 


Nun hab ich mein Vergißnichtmein, 
Eia popeia, ſchlaf ein mein Kind, 
Es ſchreit und will nicht ſtille ſein, 

Suſe la ſuſe, es weht der Wind; 

Ich hab gepflückt Vergißmeinnicht, 

Vergißmeinnicht verwelken nicht, 
Und wenn man ſie auch bricht. 


Die Nonne 


Viel hundert weiße Liljen 
Im Rloftergarten ſtehn; 
Die roten, roten Roſen 
Sind noch einmal fo ſchön. 
Die roten, roten Rofen, 
Die darf ich gar nicht ziehn; 
Im Rloftergarten dürfen 
Bloß weiße Liljen blühn. 
Drei rote Roſen fallen 
Vor meine Füße hin; 
Es fließen meine Tränen, 

Daß ich eine Nonne bin. 


® 
Ach Reiter, junger Reiter, 
Behalt die Roſen dein; 
Mir blühen bloß die Liljen, 
Doch nicht die Röſelein. 


7 


Verbotene Liebe 


Weißt du wohl, als wie wir find, 
Wie das Kornfeld und der Wind, 
Wie der Sturm und das wilde Meer, 
Das da wallet hin und her; 

Aug zu Auge zärtlich ſpricht, 
Aber uns lieben, das dürfen wir nicht. 
Wenn die Sonne geht zur Ruh, 
Denk ich dein und mein denkſt du, 
Und bei Mond und Sternenſchein 
Denk ich dein und du denkſt mein; 
Herz zu Serzen zärtlich ſpricht, 
Aber uns lieben, das dürfen wir nicht. 
Beftern um die Mitternacht 
Bin ich weinend aufgewacht, 
Denn mein allerſchönſter Traum 
War dahin, wie Wellenſchaum; 
Mund zu Mund im Traume ſpricht, 
Aber uns lieben, das dürfen wir nicht. 


(©) 
Der gefährliche Jägersmann 


Der Fuchs der hat die Enten lieb 
Und holt ſie, wo er kann; 
Jedoch die jungen Mägdelein, 
Die liebt der Jägersmann 


98 


Er liebt fie in dem grünen Wald 
Und auf der braunen Said; 
Er liebt ſie um die Mitternacht 
Und um die Abendzeit. 

Er liebt ſie auch am hellen Tag, 
Er liebt ſie heiß und treu; 
Er liebt nicht eine ganz allein, 
Er liebt auch zwei und drei. 
Die eine liebt er offenbar, 
Auch wenn er ſie nicht freit; 
Die andre liebt er bei der Nacht 
In aller Seimlichkeit. 

Und geht ein Mädchen in den Wald, 
Und iſt es ganz allein, 

Und trifft ſie dort den Jäger an, 
Sein eigen muß ſie ſein. 


© 
Vorſpuk 


Es weiden meine Schafe 
Um den Machangelbaum; 
Mir hat die Nacht geträumet 
Ein wunderlicher Traum. 


N 
* 


Feinsliebchen kam gegangen, 
Schlohweiß war ihr Gewand; 
Sie winkte mir zu kommen 
Mit ihrer weißen Sand. 
Sie hat zu mir geſprochen, 
Ich ſollte bei ihr fein, 
Wenn alle Leute ſchlafen, 
Im duſtern Kämmerlein. 
Was ſoll der Traum bedeuten, 
Der Traum halb weiß, halb rot; 
Seingliebchen tat mich rufen, 
Und iſt ſchon lange tot. 


Die Entführung 


Auf der Maſch bin ich geboren 
zu Celle, der wunderſchönen Stadt; 
Vom Simmel bin ich gefallen, 
Einen Vater ich niemals hatt. 
Was gebrauche ich denn einen Vater, 
Hab ich eine liebe Mutter nur; 
Wo ſie blieb, das weiß der Simmel, 
Denn ſie kam auf die Bettelfuhr. 


100 


Was gebrauche ich denn eine Mutter, 
Iſt mein lieber Schatz mir hold und treu; 
Wo er blieb, das weiß der Simmel 
Und die hohe Polizei. 


Und ich ſuche hin und wieder, 
Such ihn dort und ſuch ihn hier; 
Und ich werde ihn nicht finden, 
Denn er ſitzt in Simmelstür. 


© 
Simmelstür hat fefte Mauern 
Und es hat ein feftes Eiſentor; 
Und ich ſtehe da und weine, 
Weil ich meinen Schatz verlor. 


Und die Nacht iſt kühl und dunkel 
Und mein Schatz weiß Sausgelegenheit; 
Morgen früh, wenn ſie uns ſuchen, 
Sind wir länaft, wer weiß wie weit. 


Tanzlied 
Der Kuckuck und der Piedewitt 
Das ſind zwei luſtge Brüder, 
Die fliegen immer auf und ab, 
Und laſſen ſich nicht nieder; 
Piedewiedewittwittwitt, 
Meinen Schatz den bin ich quitt, 
Nun muß ich gehn und wandern 
Und ſuchen einen andern. 


101 


Die Siedel und der Brummelbaß 
Die hör ich voller Freude, 
Zum Tanze will ich morgen gehn 
In meinem weißen Kleide; 
Piedewiedewittwittwitt, 
Meinen Schatz den bin ich quitt, 
Nun muß ich gehn und wandern, 
Mir ſuchen einen andern. 


Rotröslein und Vergißmeinnicht 
Das find zwei ſchöne Gaben, 
Ein Junggeſelle hübſch und fein 
Der ſoll ſie beide haben; 
Piedewiedewittwittwitt, 
Meinen Schatz den bin ich quitt, 
Nun muß ich gehn und wandern, 
Mir ſuchen einen andern. 


Der Kuckuck und der Piedewitt 
Das find zwei luſtge Brüder, 
Und hab ich meinen Schatz verlorn, 
Ich krieg ſchon einen wieder; 
Piedewiedewittwittwitt, 
Meinen Schatz den bin ich quitt, 
Nun muß ich gehn und wandern, 
Mir ſuchen einen andern. 


102 


Der Spuk 


Ach Schweſter, liebe Schweſter, 
Es iſt gewißlich wahr, 
Es ſpukt in deiner Kammer, 
Ich hörte es ganz klar. 

Ach Schweſter, liebe Schweſter, 
Das war im Stroh die Maus, 
Wir wolln den Beſen nehmen 

Und jagen ſie hinaus. 

Ach Schweſter, liebe Schweſter, 
Die Maus die war es nicht, 
Es trug ja einen Schnurrbart 
In ſeinem Angeſicht. 

Ach Schweſter, liebe Schweſter, 
Der Kater wird es fein, 
Wir wolln die Tür verriegeln, 
Dann Fann er nicht herein. 
Ach Schweſter, liebe Schweſter 
Es war kein Katertier, 

Es kam ja durch das Senfter 
Und flüſterte mit dir. 


103 


Ach Schwefter, liebe Schweſter, 
Laß doch das Fragen fein, 
Es ſpukt vielleicht auch nächſtens 
In deinem Kämmerlein. 


Verwünſchung 


Du haſt mir meinen Schatz genommen, 
So jung und ſchlank, ſo jung und ſchlank, 
Da für ſoll Unglück auf dich kommen, 
So breit wie lang, ſo breit wie lang; 
Was da lebt in Feuersflamm, 

Was da klebt am Birkenſtamm, 
Was die Krõte trägt im Leib, 
Wünſch ich dir, du ſchlechtes Weib. 
Zwei Serzen die haft du geſchieden, 
So jung und ſchlank, ſo jung und ſchlank, 
Ich nehme dir dafür den Frieden, 

So breit wie lang, ſo breit wie lang; 
Was am Kreuzweg geht und ſteht, 
Was am Galgen winkt und weht, 
Was die Hexe kocht und braut, 

Sei dir alles angetraut. 

So lange meine Tränen fließen, 

So jung und ſchlank, fo jung und ſchlank, 
Sollſt dus an Leib und Seele büßen, 
So breit wie lang, ſo breit wie lang; 


104 


Was ich rief um Mitternacht, 
Was zum Kirchhof ich gebracht, 
Was ich grub in Mulm und Moos, 
Wirſt du nun und nimmer los. 


Der Abſchiedsſtrauß 
Roter Klee, weißer Klee, 
Mir tut das Herz vor Liebe weh; 
Schöns Mägdelein, 

Feins Liebchen mein, 
Dieweil ich von dir geh. 
Vergißmeinnicht, du edle Zier, 
Ich reiſe fort und du bleibſt hier; 
Schöns Mägdelein, 

Feins Liebchen mein, 
Reine ſchůnre giebts nach dir. 
Weiße Liljen die find ſchoͤn, 
Nun muß ich in die Fremde gehn; 
Schöns Mägdelein, 

Feins Liebchen mein, 

Und kann dich nicht mehr ſehn. 
Die Roſenblüten ſind verweht, 
Der Morgenſtern am Simmel ſteht; 
Schöns Mägdelein, 

Feins Liebchen mein, 
Wer weiß, wies uns noch geht. 


J05 


Das HYederitt 


Die Finken und die ſchlagen, 
Die Bäume werden grün, 
Herr Meiſter und Frau Meiſterin, 
Von dannen muß ich ziehn; 
Denn jetzt fingen wir das Hederitt, 
Das Sederitt juchhei, 

Und wenn der Sommer endet, 
Dann wird die Liebe neu. 


Die Butter vögel fliegen, 
Die Spatzen tragen ein, 
Leb wohl du Mädchen voller Zier, 
Es muß geſchieden fein; 
Und jetzt fingen wir das Sederitt, 
Das Hederitt juchhei, 
Und wenn der Sommer endet, 
Dann wird die Liebe neu. 
Die Oſterblumen blühen 
Und das Vergißmeinnicht, 
Ich denke deiner immerdar, 
Du holdes Angeſicht; 
Doch jetzt fingen wir das Sederitt, 
Das Sederitt juchhei, 
Und wenn der Sommer endet, 
Dann wird die Liebe neu. 


1068 


Das Buchenblatt 


Nun hat es ſich gewendet 
Das grüne Buchenblatt, 
Nun hat es ſich geendet, 
Was mich erfreuet hat. 
Die Roſe hat verloren 
Die roten Blüten all, 

Was du mir haſt geſchworen, 

Es war ein leerer Schall. 

Das Blatt am Buchenbaume 

Gibt keinen Schatten mehr, 

Dem allerſchönſten Traume 
Blüht keine Wiederkehr. 


Das Auckuckslied 


Ich werf meine Schuhe hinter mich 
So weit es eben geht; 
Kuckuck, Kuckuck ſage mir, 
Wohin der Wind mich weht? 
Der Wind der weht wohl her und hin, 
Der Wind hat keinen Schick; 
Der Wind der weht wohl kreuz und quer, 
Weht dich durch dünn und dick. 


107 


Und weht er mich durch dunn und dick, 
Das iſt mir einerlei; 
Die beſte Zeit die iſt dahin, 
Zum Teufel iſt mein Mai. 


Und iſt dein Mai zum Teufel hin, 
Jedwedes Jahr es mait; 
Such dir nur einen friſchen Schatz, 
Es iſt noch immer Zeit. 


Was hilft mir denn ein friſcher Schar, 
Hab ja Fein eigen Neſt; 
Der Wind der hat es fortgeweht 
Bis auf den letzten Reſt. 


Was brauchſt du denn ein eigen Neſt, 
Es geht auch ohne das; 
Lieb du nur wie der Kuckuck liebt, 
In Laub und grünem Gras. 


Die Nachtigall 


Ich mag nicht mehr mein Federbett, 
Geh garnicht gern hinein; 

Ich ſchlaf die ganze Nacht nicht mehr, 
Kannſt du nicht bei mir fein. 
Nachtigall Nachtigall laß dein Singen fein, 
Nachtigall Nachtigall, ich bin ja ſo allein; 
Soͤr auf mit deinem Schall, 

Du Nachtigall. 
® 


108 


Die Nacht ift mir noch mal fo lang, 
Hab ich dich nicht im Arm; 

Mein Bett iſt hart, mein Bett iſt kalt, 
Einſt war es weich und warm 
Nachtigall Nachtigall laß dein Singen ſein, 
Nachtigall Nachtigall, ich bin ja ſo allein; 
Hör auf mit deinem Schall 
Du Nachtigall. 

Die Nacht iſt aus, der Tag beginnt, 

Ich bin fo matt und müd; 

Du Nachtigall biſt ſchuld daran 
Mit deinem böſen Lied. 
Nachtigall Nachtigall laß dein Singen ſein, 
Nachtigall Nachtigall, ich bin ja ſo allein; 
Hör auf mit deinem Schall 
Du Nachtigall. 


Junggeſellenlied 


Fiſchen, Jagen und Vogelſtellen 
Das hält jung die Jungeſellen; 
Aunggeſellen die wollen wir fein 
Bei Bier und kühligem Wein. 
Fiſch und Vöglein fangen wir 
In dem blauen und grünen Revier; 
Dazu manch Wildpret zart und fein, 
Junggeſellen wollen wir ſein. 


Joꝰ 


Das Bläslein geht reihum, reihum, 
Wer nicht ſingt, der bleibet ſtumm 
Und ſchweiget fein, ja fein; 
Junggeſellen wollen wir ſein. 
Iſt man erſt ein Ehemann, 
Gibt mans Sifcben und Jagen dran, 
Läßts Vögleinſtellen fein; 
Junggeſellen wollen wir ſein. 


KAüſſekraut 


In den Grünen wald bin ich gegangen, 
Wo das Rotkehlchen ſang, 
Ein Stündlein, kleines Stündlein, 
Auch zwei dreie lang. 
Unterm Liebholz hab ich gefeflen, 
Habe Rüſſekraut gepflückt; 
Hat mein Liebſter, Allerliebſter 
An das Serz mich gedrückt. 
Und er hat mich liebkoſet 
Mit Mund und mit Hand; 
Sang ein Döglein, kleines Vöglein 
Und das Lied ich verſtand. 
Und das Lied hat geheißen, 
Und das Lied und das hieß: 


IIo 


Ach die Liebe, ſüße Liebe 
Und die ſchmeckt ja jo ſüß. 
Will jetzt Rüſſekraut pflücken 
Bei Tag und bei Nacht; 
Denn zum Rüſſen, ach Küſſen 
Sind wir Mädchen gemacht. 


Verſchwiegenheit 


Nicht weit von hier, wo ſieben Linden winken 
Ein Wirtshaus an der Heeresſtraße ſteht; 
Kein Junggeſelle, der des Weges kommet, 

An dieſer Stätte gern vorübergeht. 
Denn eine Wirtin jung und ſchön von Mienen 
Steht in der Tür und ſieht ihn freundlich an; 
Der holden Auglein Blick zu widerſtehen 
Ver mag fo leicht kein junger Wandersmann. 
Sie ſetzt ſich zu ihm, drückt ihm feine Sande 
Und klagt verſtohlen ihm ihr Serzeleid; 
Sie ward an einen alten Mann verfuppelt 
Und weiß nichts von der ſchönſten Zärtlichkeit. 
Das Übrige, davon will ich nichts ſagen, 
Dieweil ich ſelber dorten kehrte ein; 

Die Liebe ſoll man nicht mit Spott belohnen, 
Drum ſoll mein Lied hier auch zu Ende ſein. 


III 


Inhalt 


Auf der Lüneburger ee 2 85 
Schaͤferlied .. 92 
Das Fenſterlein 

Roſe im Schnee fr SALZ ER HEN ERW 
Dieböfe Sieben. 
Auf der Gartenbank 
Auf Wieder ſengngngd eek 
Das beſte Wildp re 
Tau ſend ſchoͤnchen 
Blut und Burt 8 
Huüſarenle ss 8 
Das Seheimnis VT 
Der Tauſ hh 8 
Remm mit. ee 
Die Trapp¶es ndnd 8 
Jrrkau t 
Auf Feldwac gere 
Die Diſtel . C 
Das bitter ſuße Bi ELTERN AHRENS en) 
Der eiferfühtite Nager... u u... en = 
Wegew arenen N ee ER 
Das Bickbeernpflücken FVV 
Die Funken 8 
Der Cau be 8 
Aus und vorbimi:i:: SEE 
Der Traaumgnmnmnm 
Al ſel wind 8 
Der Dragoner 88 
Der verwundete Jäger 
Schab obo Ne en 
Verlennsnss Re Be 2020 
Kurz ift der 1 TTTVTTVCCCVVTVT ( 
Das zweit ttt Nee 03 


9 
2. 
8 


— — 
Du % O 


P/ Lu... 
Der Grenabdier .. .. .. . 


Die arme Sünderin 


i Rn 


Heckenkind 


Fs LEE EÄlke 


Warnung... 
Am Brunnen 


Der ferne Steen 


Der eine allein .. .. 
Ulaneneinmaleins 


F a3... Kara: N Bra. © 


Verſchütt 
Männertreu .. 


Der eſenſ tek e 
Die freie Pürſc h 


Abendlied .. 


Hohn und Spott 


Die Nachtigall. 
Das Wahrzeichen 
So oder ſo 


Die dot Blume 8 5 3 5 5 N 


Leonore. 
Denn nicht. 


Heimliche Liebteeee 
Die goldene Wiege 


Im Walde .. 


Der ſonderbare Vogel 


Der Reitersmann 


Grab 


Wage 


Der taube Garten 


Auf der Straße 
Liebesklage 
Der Kuckuck 


Seite 


585 


Beerdigung 


Ver ſpruch .. 
Kiebesweb .. .. .. 
Hlatrofenlied . 
Winter. “ 
Der böfe Dosd. 
Totenblumen 
Liebeszauber 


Das Vogelora kel. 


Der Jungfernkranz 


An die Spre de 
Die treue Blume 


Häckerling 

Der Aüraſſier .. 
Der ſchoͤnſte Platz 
Edel wild 

Das ein ſame mädchen 


Gold und Silber 

Der ſchone in 8 
ef, 8 
Die abe 

Der goldene Zayn 


Der Stromer 


Des stile waſ er, 
Allwunds bel 238 


Die ſchönſte Jagd 


Der treue Ranonier 
Nai 


Wilde Rofen he x a 


ten 8 
Die Strafe 


CTroſt 
Das Versißmeinnigt . 
Die Wonne 


Verbotene Liebe 5 5 = 2 8 2 8 = : N 5 5 . 


114 


Der gefährliche SEEN ER 


Vorfpuf .. 
Die Entführung. 


f RE ET 


c or u 
Verwuͤͤn ſchung .. 


Der Abſchiedsſtrauß . 0 a i 


Das Kuckuckslied .. .. 5 ER N 8 8 i R 2 8 


e , nn, 
Das Buchenblatt . 

Die Nachtigall 
Junggeſellenlied 5 
C 


Ver ſchwiegen heit 


115 


Druck von Seſſe & Becker in Leipzig 
Mit Umſchlagzeichnung von Wilhelm Schulz 


Eugen Diederichs Verlag in Jena 
Im 42. bis 49. Taufend er ſchien 


Hermann Löns, Der Wehrwolf. Eine Bauern- 
chronik. br. m 3.50, Cwd. geb. M 5.— 
Weſer⸗Jeitung: Faſt als eine Ballade in Proſa erſcheint die 
Bauernchronik „Der Wehrwolf“. Der Stil die ſes Buches iſt von 
einer rauhen und harten Größe, die nur von dem erſchuͤtternden 
Inhalt noch in Schatten geſtellt wird. Der Dreißigjährige Krieg 
ver ſucht feine dämoniſche Unheilsmacht an einer Gemeinde von 
Haidebauern; er vermag ihre fel ſenfeſte Mannheit nicht zu 
brechen, aber wie er ſeine Spuren tief und tiefer in ihre Seelen 
gräbt, bis ſie zu unbarmherziger Energie geſtählt ſind, und wie 
dann doch die bis ins Innerſte zurückgedrängte Menſchlichkeit ihr 
Recht fordert — das iſt das gewaltige Schauſpiel, das „Der Wehr— 
wolf“ vor uns aufrollt. Es gibt keinen Roman, der ſo eindring— 
lich die Fülle des Lebens veranſchaulicht, in der Deut ſchland vor 
dem großen Kriege bis in feine entlegenen Dörfer hineinblühte; 
aber auch keinen, der überzeugender die unüberwindliche Wider 
ſtandskraft zeigte, die im gefunden Mark unſeres Volkes verbor- 
gen lebte. Wenn einer, fo iſt vielleicht Löns berufen, der Freytag 
des niederdeutſchen Bauerntums zu werden, das den Dichter ſei— 
ner Geſchichte noch nicht gefunden hat. 
Im 34. bis 43. Tauſend erſchien 


Hermann Löns, Das zweite Geſicht. Eine 

Niebesgeſchichte. br. m 3.50, Cwd. geb. M 5.—. 
Dresdner Anzeiger: Ein überſinnlich ſinnlicher Freier, dem 
alle Frauenherzen zufliegen und der an der einen, die ſich ihm ver— 
ſagt und die er ſich gleich einem trotzigen Kinde erzwingen möchte, 
zerbricht. Ferner: eine Rünftlernatur von überreicher elementarer 
Naturkraft, die über die bedrängende Kebensfülle weder in ſich 
die nötige Herrſchaft erringen kann, noch bei anderen ein Ver— 
ſtehen fuͤr dieſen übergroßen quälenden Reichtum. Und endlich 
ein Rünftler, begabt mit allen Gaben, geliebt von allen Frauen 
und doch unfähig, ſich eine einzige Seele völlig zu eigen zu machen, 
denn das Leben iſt darauf geſtellt, daß ein jeder allein mit feinen 
Freuden und Leiden fertig werde; ſeine letzte Wahrheit iſt völlige 
Ein ſamkeit des Individuums. Dieſe drei Motive verwebt Her— 
mann Löns zu einem „Künſtler- und Liebesroman“ — ich möchte 
lieber ſagen zu einem großzügigen Menſchenbuch von pſycholo— 
giſcher Tiefe und hinreißender, eigenwüchſiger Poeſie. Es lebt 
viel Leiden ſchaft, viel huͤllenloſe Sinnlichkeit in dieſem farben- 
glühenden Hymnus auf das Leben, aber der ihn geſungen hat, iſt 
ein Dichter von Gottes Gnaden. 


Eugen Diederichs Verlag in Jena 


Vertonungen Lönsſcher Dichtungen 
J. In den Rriegsliederheften 
Für eine Singſtimme. Jedes Seft 25 Pfg. 


Heft 1: Deutſches Matroſenlied. „Seute wollen wir ein Liedlein 
fingen“ (v. Baußnern). 

Seft 5: Der Dragoner. „Kling, klang und Gloria“ (Otto Koch). 
Auf wiederſehen. „Die Schneegans zieht, der Sommer geht“ 
(3. Duve Preetz). 
Der Reitersmann. „Es blühen die Roſen, die Nachtigall ſingt“ 
Zuſarenlied. „Seiß ift die Liebe, kalt iſt der Schnee (G. Koch) 

Seft 6: Der Grenadier. „Die Trommeln und die Pfeifen“ (Otto Roch) 

Seft 9: Auf Seldwache. „Ich weiß einen Lindenbaum ſtehen“ (Jöde) 

Seft JO: Der treue Ranonier. „Zu Sannover an der Leine“ (Jöde) 
Ulaneneinmaleins. „Eins, zwei, drei und vier“ (Fritz Jöde) 

geft JJ: Abſchiedsſtrauß. „Roter Klee, weißer Klee“ (A. Th. Weigel) 
Der Küraſſier. „Ich hör ein Vöglein fingen” (Fritz Jöde) 
Das wahrzeichen. „Die Sommervögel fingen jetzt“ (Weigel) 


2. In den Rriegsflugblättern. Für eine Singſtimme 

mit Klavier · oder Lautenbegleitung. Jede Nr. 30 Pfg. 

Slugbl. 3/4: Der Grenadier. „Die Trommeln und die Pfeifen“ (Th. 
Meyer ⸗Steineg). 

Slugbl. 1/12: Suſarenlied. „Seiß iſt die Liebe, kalt iſt der Schnee“ 
(Max Battke). 
Der Dragoner. „Aling, klang und Sloria“ 
Ulaneneinmaleins. „Eins, zwei, drei und vier“ | (mar 
Der Küraſſier. „Ich hör ein Vöglein fingen‘ Battke) 
Der Reitersmann. „Es blühen die Roſen“ | 
Auf Seldwade. „Ich weiß einen Lindenbaum ſtehen“ 

Slugbl. 19/20: Denn wir fahren gegen Engeland. „Seute wollen 
wir ein Liedlein fingen” (S. Meinbard Poppen). 

Slugbl. 32/33: Der Dragoner. „Kling, klang und Gloria” (P. Natorp). 


3. Auf den Jenaer Kriegsliederkarten. 
Jede Karte 5 Pfg. Mindeſtabnahme Jo Stück 


Deutſches Matrofenlied. „Seute wollen wir ein Liedlein fingen“ 
(v. Baußnern). 

Sufarenlied. „Zeiß iſt die Liebe“ (Otto Koch). 

Auf Seldwache. „Ich weiß einen Lindenbaum ſtehen“ (Fr. Jöde). 

Auf wiederſeben. „Die Schneegans zieht, der Sommer gebt“ (5. Duve- 
Preetz). 


0 
ur 


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ordnung vollſtändig herausg. v. Prof. Fr. v der Leyen. 2 Bände 


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Bd. 2: Norwegen. Herausg. von Dr. C. Stroebe 


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Aroatien. Herausg. von Prof Dr. Leskien 


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(Dr. G. Roeder) | Altindiſche (buddhiſtiſche) Märchen (Frau 
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Geftalt, Prof. Dr. K Dyroff) / Märchen Nordamerikas und 
mexikos (Dr. W. Krickeberg) / Indianer⸗Rärchen aus Süd- 
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Deutſcher Glaube. Bekenntniſſe von Meifter Eckehart, Luther, 
Leſſing, fichte, Schleiermacher, Goethe, Lagarde, Maurenbrecher, 
Jatho, Bonus 

Der Deutſche Menſch. Bekenntniſſe und Forderungen unſerer 
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Deutſche Politik. Eine Auswahl aus den Vorleſungen Zein- 
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Bd. II. Siſtoria von D. Johann Fauſten. Pappbd. m3. 
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deutſchen Proſaromane, ausgezeichnet durch Anſchaulichkeit der Darſtellung, 
Kraft und Feinbeit der Sprache und Geſchloſſenbeit ihrer Weltbetrachtung. 
Nicht die von der franzöfifcben Dichtung abbäng igen Ritterromane, ſondern 
fie find die Söbepunfte mittelalterlicher Erzählungskunſt und zugleich die 
lebendigſten Bermittler altdeutſchen Selden- und Bürgerſinns. 


Als Einführungsband erſchien: 
Richard Benz, Die deutſchen Volksbücher. Ein Beitrag 
zur Geſchichte der deutſchen Dichtung. br. M J.— 


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