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DER
RAUCHWAAREN - HANDEL.
GESCHICHTE, BETRIEBSWEISE
NKBST
WAAliENKÜNDE
HEINRICH LOMER.
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LEIPZia,
EIGENTHUM DES VERFASSERS.
n I
7h • -
VOKWORT.
Der Raachwaarenhandel als einzelnes Glied der
grossen Handelskette, die immer fester die getrennten
Völker und Länder mit einander verbindet, ist bis jetzt
nm* in sehr beschränkter Weise schriftlich erörtert worden.
Die Geschichte dieses Handelszweigs, obwohl mit der
allgemeinen Weltgeschichte, besonders in der Zeit ihrer
frühesten Entwicklung , eng verknüpft, ist bisher fast nur
in dem Gedächtniss der Betheiligten aufbewahrt gewesen
und kann auch in der vorliegenden Schrift zum Theil
nur nach mündlicher Ueberlieferung mitgetheilt werden.
Die Statistik lieferten eigenes Wissen und Geschäfts-
bücher, die Technik und Waarenkunde entspross
aus Erfahrung und Erlerntem und es kann dieser Quellen
halber weder auf Vollständigkeit noch auf Vermeidung
aller Irrthümer Anspruch gemacht werden. Die Grund-
sätze des Kaufmanns und Rauchwaarenhändlers , welche
VI
den Schluss dieses Buches bilden, sind aus vollster Ueber-
zeugung geschrieben. Wohl stehen sie in der Brust aller
rechtlichen Kaufleute eingeprägt, aber der Wunsch, dass
sie noch mehr als heute Gemeingut werden mögen, und
dass auf diesem geschäftlichen wie moralischen Grunde
fortgearbeitet werden möge, gab Veranlassung sie hier
darzulegen.
Die stete Theilnahme und das dauernde Wohlwollen
von Geschäftsfreunden, Lehre und Beispiel eines hoch-
achtbaren Vaters, vor Allem der Segen des Allmäch-
tigen, der sich durch Begabung mit Vorliebe und Eifer
zu dem Berufe offenbarte, legten den Grund; hohes
Interesse, welches dem Rauchwaarenhandel zu Theil
wird, reiften den Entschluss zur Beschreibung desselben.
In Gefühlen des tiefsten Dankes gegen die Vor-
sehung widmet diese Schrift seinen hohen Gönnern und
Freunden als Zeichen seiner Verehrung und Liebe
imd bittet um wohlwollende Beurtheilung
Leipzig, 1864.
Der Verfasser.
VII
INHALT.
Seite
Ursprung des Handels 1
Die Bedeutung des Handels. — Rauchwaaren, erste Handelsobjectc. —
Asien, die Wiege des Handels. — Gang des Handels von Ost nach
"West. — Japanesen, Chinesen, Phönizier.
Geschichte des Rauchwaarenhandels 2
1) Asien und Russland 3
Sibirien. — Grosser Umfang des Rauchwaarenhandels in frühester
Zeit. — Entdeckung Kamtschatka's und der Aleuten. — Russisch- .
Amerik. Compagnie. — Hauptniederlassungen Kodjak und Sitka.
Sitz derselben St. Petersburg.
2) Nordamerika . . ■ 4
Concurrenz zwischen den Europäern und Sieg der Engländer. —
Zusammentreffen der Russen und Engländer, Tractat wegen der
Grenze von Russisch -Amerika. — Grenze zwischen den Verein.
Staaten und Brittisch -Amerika.
ä) Canada 4
Quebeck gegründet durch die Franzosen. — Bildung der
Pelzcompagnie daselbst. — Concurrenz der englischen An-
siedler in ,New-York% mit derselben. — Erfolglosigkeit des
französischen Handels unter der Leitung der Regierung. —
Abtretung der Hudsonsbay, Neuschottlands und Newfoundlands
an England. — Einfuhr von Pelzfellen von Canada in
Frankreich durch Rochelle. — Ueber^be Canada's an die
Engländer.
virr
Seite
6) New-Amsterdam — New-York 6
Gründung durch die Holländer. — Handel mit den In-
dianern. — Fort Orange von den Engländern erobert. —
Fruchtlosigkeit des Monopols. — Zugänglichkeit der neuen
Ansiedlungen.
c) Die Hudsonsbay 6
Entdeckung derselben von James Hudson. — Bildung
einer Handelsgesellschaft unter dem Prinzen Ruppert. —
Fort Charles. — Bestätigung der Hudsonsbay - Compagnie
durch Charles II. — Das Monopolrecht der Compagnie an-
gefochten. — Concurrenz der Canadisch - Französischen Mono-
polgesellschaft. — Gründung der Nordwest - Compagnie. —
Streit zwischen der Hudsonsbay- und Nordwest - Compagnie
und endliche Vereinigung beider. — Vancouvers Insel. —
Oregon-Gebiet. — Veränderung der Compagnie in neuester Zeit.
d) Joh. Jac. Astor und sein Wirken 9
3) Deutschland . . • 11
Reiche Production in ältester Zeit. — Das Gewerbe der Kürsch-
nerei älter als die Hansa. — Bemerkungen aus dem früheren
Handel mit Russland. — Aufschwung des deutschen Handels in
neuerer Zeit. — Der Messhandel. — Verkehr nach dem Aus-
lande. — Ausdehnung des Handels mit amerikanischen und rus-
sischen Erzeugnissen. — Internationaler Handelsverkehr.
Betrieb des Rauchwaarenhandels 13
1) Der amerikanische Rauchwaarenhandel 13
a) In den Hudsonsbay-Territorien 13
Feste Plätze zur Vermittelung des Tauschhandels. — Gegen-
stände und Art und Weise des Handels. — Tauschtarif. —
Beschränkung der Spirituosen als Tauschmittel. — Charakter
der Indianer. — Ertrag der Hudsonsbay - Compagnie. —
Verkaufsplätze der Compagnie: Montreal und London. —
Auctionen in London. — Einfuhrliste Frühjahr 1864. —
Einfuhrliste Frühjahr und Herbst 1863. — Verkaufsliste
1729 und 1829 und Preise 1863. — Einfuhrliste 1723 — 1728,
verglichen mit 1863. — Gesammt-Einfuhren in verschiedenen
Zeiträumen 1844—1863. — Schilderung einer Auction.
b) In Canada und den Verein. Staaten 17
Geld als Tauschmittel. — Freie Concurrenz von Jägern,
Indianern, Trappern. — Permanente Agenturen von New-
Yorker Handelshäusern. — Kleinhandel im Innern. —
1 ^
1
Seite
Ueberseeische Verbindung. — Leipzig. — London. — Auction
von C. M. Lampson & Co. — Einfuhren in London in
verschiedenen Zeiträumen 1844 — 1863. — Vorzüge des
Leipziger Marktes. — Einfuhr von russischen und deutschen
Producten in Amerika.
2) Der russische Rauchwaarenhandel 28
a) Begründung des Handels in Sibirien durch Wassiliewitsch IL
— Tribute der unterworfenen Völkerstämme.
b) Handel der russisch -amerikanischen Pelzcompagnie. — Ver-
kauf ihrer Waaren in St. Petersburg.
c) Handel nach Kiachta. — Thee als HaupttauschmitteL —
Einfluss der Regierung auf den Handel. — Handelsverhält-
nisse. -— Einfuhrliste von Rauch waaren in Kiachta 1817 bis
1819 und 1841—1843.
d) Handel auf den russischen Messen 32
I. Irbit. — Communication durch Schlitten. — Gegenstände
des Handels. — Einfuhr russischer Erzeugnisse in Irbit.
— Liste.
IL Messe in Nischny- Nowgorod. — Betheiligung an der-
selben. — Einfuhrliste russischer Rauchwaaren daselbst. —
Handelsusancen.
e) Handel in den Hauptstädten 33
I. St. Petersburg, gehoben durch den Sitz der Russ.-Amerik.
Compagnie und die Zugänglichkeit für andere Nationen. —
Bedeutender Umsatz in amerikanischen Artikeln.
II. Mosco. — Umfangreiche Zufuhren von allen Länder-
strichen. — Bedeutende Handlungshäuser. — Börse in
Mosco. — Handelsgebräuche.
3) Der skandinavische Rauchwaarenhandel 37
Eigene Producte und; die der Colonien Grönland und Island.
— Erzeugnisse Schwedens und Norwegens. — Dänemark
1
(Jütland und Seeland). — Transit der Waaren nach Russland
durch Deutschland. — Königl. Dän.-Grönländische Compagnie
i
in Copenhagen. — Inspectorate. — Auctionen. — Einfuhr-
liste der Grönl. Auctionen.
1
4) Der deutsche Rauchwaarenhandel 39
Theilnahme an demselben. — Kürschnerei und Rauchwaaren-
handel. — Der Gross- und der Kleinhandel. — Betrieb des
Handels in den deutschen Städten. — Benachbarte Länder.
— Frankreich. — Polen. — Landestrachten. — Messen.
Seite
Die Leipziger Messen 41
Ostermesse. — Producte Deutschlands und der angrenzenden
Länder. — Producte Russlands und Asiens. — Producte
Skandinaviens. — Producte Amerika's. — Halbfabricate Eng-
lands, Frankreichs, Hollands, Polens, Deutschlands. — ' Mi-
chaelismesse. — Liste der Gesammteinfuhren in Leipzig. —
Besuch der Messen durch Ausländer. — Einkauf und Ver-
kauf. — Bedürfnisse der verschiedenen Käufer. — Die Ver-
käufer 1) der deutschen Waaren, — 2) der amerikanischen ' •
Waaren, — 3) der russischen Waaren. — Charakterisirende
Bemerkungen.
Die Productionsländer • ... 47
a) Productionsliste Sibiriens und des russischen Amerika . . *. . 47
6) Productionsliste Mitteleuropa's ' 48
c) Productionsliste Nordamerika's 49
d) Productionsliste des europäischen Russlands, Schwedens, Nor-
wegens, Islands und Grönlands 50
e) Productionsliste Süd -Amerika's, Süd- Asiens, Afrika's, Australiens
und der Südsee - Inseln 50
/) Jährliche Gesammtproduction unsers Erdkörpers .51
Der Fang der Pelzthiere 52
Stufenfolge der Pelzwerkbereitung 53
Rang der Völker in der Civilisation nach der Vollkommenheit ihrer
Werke. — Esquimaux. — Indianer Oregons. — Neuseeländer und
Kaffern. — Grönländer. — Chinesen. — Europäer.
Bereitung der Pelzfelle 56
Bereitung der Wildwaaren. — Russische Bereitungsweise. — Bereitung
von Lammfellen, Kaninchen, Eichhörnchen und Chinchillas in Deutsch-
land. — Bereitung der Pelzseehunde in England.
Waarenkunde 59
Einleitung. — Reihenfolge der Pelzfelle nach ihrer Zusammen-
gehörigkeit im Handel:
Sibirische Zobel 60
Amerikanische Zobel 61
Nerze • 62
Edelmarder 63
Steinmarder 63
XI
Seite
Iltis ■ . . 64
Kolinsky . . , , .• 65
Hermeline • 65
Eichhörnchen 66
Bisam 67
Hamster 68
Chinchillas 68
Schwarz- und Silberfüchse 69
Kreuzfüchse 71
Blaufüchse 71
Weisse Füchse 72
Rothe Füchse . . . . : 72
Griesfüchse 73
Kittfüchse . 74
Waschbären 74
Virgin. Iltis 75
Skunks , 75
Opossum • • . . 76
Bären 77
Luchse 79
Luchskatzen 79
Wölfe 80
Büffel • 80
Vielfrasse 81
Dachse . . . ,• 81
Biber . 82
See-Otter 83
Otter 83
Pelzseehunde 84
Seehunde 85
Koipu 85
Hasen 86
Kaninchen 87
Hauskatzen 87
Wilde Katzen 88
Lammfelle 89
Affen 90
Löwen, Tiger, Panther, Leoparden u. s. w 91
Schwäne und Gänse 93
Grebes qr
XII
Seite
Preisveränderung der Rauchwaaren 94
Der Werth der Rauchwaaren abhängig von ihrer Nutzbarkeit und
Seltenheit, von dem Reichthum und von der Mode unter den
pekverbrauchenden Völkern. — Zunahme der Ausbeute. — Zu-
nahme des Nationalreichthums. — Modewechsel, Kriege, Geldkrisen.
— Beispiele. — Anmerkung über den Schleichhandel und Schutzzölle.
— Preise in Kiachta im vorigen Jahrhundert. — Veränderung des
Quantums der Rauchwaaren.
Der Kaufmann und Rauchwaarenhändler 101
Wissen und Können. — Organisationstalent. — Welt- und Menschen-
kenntniss. — Umgang mit Menschen. — Waarenkenntniss. — Mo-
ralische Kraft. — Handelstalent. — Geld! Geld? — Intelligenz. —
Credit. — Rechtlichkeit. — Offenheit. — Unternehmungsgeist. —
Muth. — Kosmopolitische Gesinnung des Kaufmanns. — Ora et
labora. — Frohsinn. — Wohlthätigkeit.
Ursprung des Handels.
er Handel, der die Erzeugnisse ferner Länder zu
unserm Nutzen und Gebrauch herbeischafft, dessen
^A^^ ^ Sendboten den Erdball durchforschten und Länder und
Welttheile entdeckt haben, darf mit Recht eine Trieb-
feder der Cultur, das belebende Element des leiblichen und
theils auch geistigen Wohlstandes der Völker genannt werden.
Derselbe muss sich zu seinen ersten Tauschobjekten die Kleidung
erkoren haben, als das den Menschen nächst den Nahrungsmitteln
nothwendigste Lebensbedürfniss. Von der Natur aber war zur
Kleidung als der trefflichste Stoff geboten die Häute und Felle
der Thiere, in den nördlicheren Gegenden das feine und schöne
Pelzwerk.
Die Wiege des Handels, wie der Bildung überhaui^, ist
nach unserer Geschichte Asien, und nach dieser Quelle hätten
die Phönizier an der Spitze der handeltreibenden Völker der
alten Welt gestanden. Wenn aber unsere Ueberlieferung von
sechstausend Jahren erzählt, wenn die neuere Geschichts- und
Natur-Forschung viele Jahrtausende hinzusetzen muss, wenn endlich
die Chinesen eine fast dreissigtausendjährige Zeitrechnung haben:
so dürfen wir wohl voraussetzen, dass der Handel, überein-
.stimmend mit dem lange gewohnten Gange der Bildung, von
Osten nach Westen sich zu wenden, von den Völkern Ostasiens,
den Japanesen und Chinesen zu den Phöniziern gekommen ist.*
Es ist also auch der Ursprung des Rauchwaarenhandels
von Ostasien, von China, herzuleiten. Vermuthlich haben jene
asiatischen Völker bei dem ersten Schritte zur Cultur, als sie
anfingen, sich zu kleiden, und dann, sich zu schmücken, die
rohen Felle von Tigern, Löwen, Bären etc. um ihre Schultern
und Hüften gehängt, wie noch heute viele auf niederer Stufe
der Cultur stehende Indianerstämme im Westen Amerika's thun.
Geschichte des Rauchwaarenhandels.
Diese fängt gleich nach dem Gebrauche des Pjoductes an.
Wenn der kühne Jäger wilde Thiere erlegt hatte, tauschte er von
Denjenigen, welche das Glück oder die Geschicklichkeit im
Waidwerk nicht besassen, doch aber Verlangen nach einem
Bärenfelle oder dergl. hatten, andere Gegenstände dafür ein.
Diese zweite Stufe beweist den Scharfsinn des menschlichen
Geistes weit erhabener, als Jagd und Raub, und stellt die In-
* Wenn in der Industrie und den Künsten der Chinesen später Still-
stand eingetreten ist, so mag dieser sich von der Zeit herdatiren, als sie sich
von dem Verkehr mit andern Völkern abgeschlossen hatten.
telligenz über den Instinct der Thiere, weil dadurch der Neben-
menschen Nutzen, wie der eigene, gefördert wurde.
Von der dreissigtausendjährigen Geschichte der Chinesen ist
uns leider nur wenig überliefert; die ersten Daten aus der Ge-
schichte des Rauchwaarenhandels , welche historisch begründet
sind, bietet Russland, das nächst China am meisten Pelzwerk
verbrauchende Land. Da nämlich die Russen Nützlichkeit und
Schönheit an dem Pelzwerk erkannt hatten und sie in ihrem
eignen Lande nicht genug Befriedigung darin fanden, trieb der
Begehr danach sie weiter nach Osten und führte sie in der
ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts zur Entdeckung* oder In-
vasion Sibiriens, und schon 1558 nannte sich Iwan Wasiliewitsch IL
Fürst aller Länder Sibiriens.
Der Verbrauch in Pelzwerk und demnach der Handel mit
demselben, muss, so sehr er auch in jenen Jahrhunderten auf
Russland und China beschränkt gewesen sein mag, doch schon
sehr bedeutend gewesen sein, und die Summe von Hundert-
tausenden betragen haben. Nur langsam geschah jedoch das
Vordringen in den kalten unwirthbaren Regionen; denn erst
zweihundert Jahre später, zu Anfang des 18. Jahrhunderts,
wurde Kamtschatka und um die Mitte desselben die Aleuten,
Fuchsinseln, entdeckt. Im Jahre 1785 wurde die Russisch-
amerikanische Pelzcompagnie begründet, welche 1799 vom
Kaiser mit einigen Vorrechten** bestätigt ward. Die Compagnie
* Von einem Lande, das seine Grenze von Norden bis Süden an das
ganze russische Reich anschliesst, dürfte man wohl kaum von Entdeckung
sprechen.
** Zu diesen Vorrechten gehört die Erlaubniss der Einfuhr von sonst
prohibirtem Pelzwerk; zur Zeit können fast alle Pelzwaarcn, gegen Zoll, von
jedem Kaufmann I. u, II. Gilde in Russland eingeführt werden, und es ist
nur noch die Einfuhr von Seeottern verboten.
1*
hat ihre Hauptniederlassungen auf den Inseln Kodjak und
Sitka, von wo aus sie den monopolisirten Tauschhandel mit
den Indianern betreibt. Ihr Sitz ist Petersburg.
Auf Russland müssen wir bei Besprechung der Bezugs-
quellen und des gegenwärtigen Handels zurückkommen; jetzt
wenden wir uns nach dem zur Zeit am meisten Pelzwerk pro-
ducirenden Erdtheile
Nordamerika.
Hier traten die Franzosen, Holländer und Engländer in
Concurrenz, welche in Kampf zwischen den verschiedenen Na-
tionen ausartete. Die Engländer siegten und machten sich zu
Herren auch aller der Pelzländer, welche die Franzosen und
Holländer beansprucht hatten, und erst als die vereinigten
Staaten sich von ihnen losrissen, bekamen sie in diesen einen
neuen Nebenbuhler. Die Europäer und deren Nachkömmlinge,
die Amerikaner, schritten, nun vom Handel getrieben, eifrig vor,
die Engländer und Amerikaner nach Westen, die Russen nach
Osten, wo sie endlich auf ihren Entdeckungszügen gelegentlich
auf einander stiessen. Im Anfange des 19. Jahrhunderts aber
wurde durch einen Tractat die Grenze zwischen dem russischen
und englischen Amerika auf den 140. Grad westlicher Länge,
jedoch mit den Inseln Sitka und Neu -Archangel für russisch
Amerika, festgesetzt. Zwischen dem enghschen Amerika und den
vereinigten Staaten im Westen ist der 49. Grad nördl. Breite
als Grenzlinie angenommen.*
Die Franzosen, welche den Pelzhandel mit Canada be-
* Diese Länderstriche , wo man die Grenzen durch Grade bezeichnet,
sind noch bis heute nicht genau erforscht, viele Gegenden vielleicht noch nicht
von Indianern, viel weniger von dem Fusse civilisirter Nationen betreten worden.
gannen, gründeten 1608 die Hauptstadt Canada's, Quebeck. Eine
Compagnie von 700 Theilnehmern betrieb (sie hatte das Monopol
des Pelzhandels bekommen) den Handel in Tadoussac am St.
Lorenzstrom und später in Trois-Rivieres und Montreal. Mo-
nopol, — ein Verbot für Andere, machte diese um so eher
lüstern; die englischen Colonisten in New -York bezahlten den
Irokesen die Waaren besser, und es zog sich der Haupthandel
nach New -York. Einige vorgeschobene Forts am Ontario-
See, Niagara und dann am Toronto hatten nicht den für die
Franzosen erwünschten Erfolg, und der freie Handel der Eng-
länder gedieh besser. Ebenso wenig Gewinn brachte es, dass
der König von Frankreich das Monopol des Pelzhandels selbst
in die Hände nahm, indem man nur die schlechtesten Felle
für ihn einkaufte. Als im Jahre 1713, nach dem Utrechter
Frieden, Frankreich die Hudsonsbay, Neuschottland und Neu-
foundland an England abtreten musste, verlor dasselbe den
grössten Theil des Pelzhandels, so dass ihm nur die Erzeug-
nisse von Canada übrig blieben. Der Handel war jedoch noch
bedeutend, wie folgende Zahlen besagen:
Einfuhr in Frankreich durch Rochelle im Jahre 1743.
Otter 9000 Stck.
Virgin. Iltis . . . 3500 „
Luchse .... 1220 „
Wölfe 1267 „
Vielfrasse .... 9 »
. 10,700 Stck.
Endlich in einem neuen Seekriege 1759, als die damahge
Hauptstadt Canada's Quebeck von den Engländern genommen
wurde, und als nach dem siebenjährigen Kriege ganz Canada
an die Engländer überging, verlor Frankreich völlig seinen über-
seeischen Rauchwaarenhandel.
Biber . . .
. 127,080
Stck
Bären . . .
. 16,512
n
Waschbären .
. 110,000
V
Zobel . . .
. 30,328
n
Nerze . . .
1700
Füchse .
n
6
Inzwischen hatten im Jahre 1610 die Holländer in dem
jetzigen Staate New -York eine Niederlassung unter dem Namen
1
Neu- Amsterdam gegründet und 150 Meilen weiter im Innern
das Fort Orange angelegt, um mit dem Stamme der Irokesen
den Rauchwaarentausch zu betreiben. Auch sie verloren im
Jahre 1664 ihre Besitzung an die Engländer, welche den Handel
auf gleiche Weise fortzusetzen suchten. Das Handelsmonopol
trug auch hier jedoch keine grossen Früchte, weil die Mono-
pohsten in den neugegründeten Orten die europäischen Artikel,
gegen welche sie Felle von den Indianern eintauschten, viel
wohlfeiler einkaufen konnten, als man von Europa sie ihnen
berechnete. In diesem Lande, welches von Canada wie von
der See leicht zugänglich war und wo mehrere Nationen schon
früher sich angesiedelt hatten, konnte ein solches Monopol nicht
aufrecht erhalten werden; anders war es in den Ländern der
Hudsons-Bay.
Die Hudsons-Bay im Norden von Canada gelegen, neun
Monate jeden Jahres durch Eis unzugänglich, war im Jahre
1610 von dem Engländer Hudson entdeckt und nach ihm be-
nannt worden. Ein halbes Jahrhundert später, als die Eng-
länder durch den Franzosen Grosseilher auf den Pelzreichthuni
dieser Gegend aufmerksam gemacht worden waren, bildete sich
eine Gesellschaft unter des Prinzen Ruppert Hoheit, Christopher
Herzog von Albemarle und William, Graf von Grawe, zusammen
mit andern Kaufleuten auf gut Glück (Adventurers), um eine
Expedition nach der Hudsonsbay unternehmen zu lassen. Es
bekamen der erwähnte Grosseillier und der Engländer Gillam
den Oberbefehl über dieselbe; sie gründeten das Fort Charles,
und die Gesellschaft erhielt nach ihrer Rückkehr von dem
Könige Charles IL im Jahre 1670 einen Freibrief (charter),
der ihr den alleinigen Besitz der Hudsonsbay und aller westUch
dahinter liegenden Länder gewährte, (dieselben werden, nach dem
Prinzen Ruppert, Ruppertsland benannt) mit vollständiger Gerichts-
barkeit über dieselben, dem Monopol des alleinigen Handels,
nebst allen bis dahin entdeckten oder noch zu entdeckenden
Minen.
So geschah die Gründung der bis heute bestehenden Hud-
sonsbay-Compagnie. Das derselben nunmehr seit fast zwei-
hundert Jahren zuertheilte Privilegium ist in der Zwischenzeit
von vielen Seiten angefochten' worden. Mit der Regierung hatte
sie langwierige Prozesse zu bestehen, welche letztere allemal
mit erneuerter Bestätigung seitens des Parlaments, doch nur
auf den Zeitraum von 7 bis 10 Jahren endeten. Die Gegner
der Compagnie behaupten, dass der königliche Freibrief nicht
legalisirt, vom Parlamente bei der Ertheilung nicht bestätigt
worden sei; die Compagnie hat zuletzt die Beweisführung ihren
Gegnern überlassen, welche jedoch dieselbe bisher schuldig ge-
bUeben sind. Die Franzosen, welche ohne Erfolg bemüht
gewesen waren, die Engländer zu vertreiben, legten ein
französisches Fort in der Nähe des Fort Charles an, und er-
handelten Felle für Rechnung der Canadischen Monopol-Gesell-
schaft. Beide Parteien rivalisirten bis 1713, als, wie schon
gesagt, die Hudsonsbay gänzlich den Engländern zufiel. —
Nicht ungestört blieb indessen die Hudsonsbay- Compagnie in
ihrem Alleinhandel. Eine Gesellschaft Canadier hatte im Jahre
1783 die Nordwest-Compagnie gebildet. Ihre ' Agenten und
Trapper waren sehr eifrig; sie dehnten ihre Streifzüge immer
weiter nach Westen und Norden aus, und es war kein Wunder,
dass sie endlich mit den Pelzjägern der Hudsonsbay -Compagnie
zusammenstiessen. Dies geschah 1793. Nun bekriegten beide
Compagnien einander; nicht die Regierungen, von welchen sie
Recht und Freibrief empfangen hatten, sondern sie selbst stellten
Soldaten. Der erbitterte Krieg hatte lange Zeit nur den Er-
folg, dass die grossen Kosten die Zinsen und das Einkommen
der Theilnehmer auf Null brachten. Endlich gelang es der
reicheren und mächtigeren Hudsonsbay-Compagnie , die Nordwest-
Compagnie in sich zu vereinen; die Theilhaber der Nordwest-
Compagnie wurden Actionäre der Hudsonsbay-Compagnie;
erstere hörte auch dem Namen nach auf, und ihre sämmtlichen
Jagdgegenden, darunter das bedeutende Oregongebiet am Flusse
Columbia und die Insel Vancouvers fielen der Hudsonsbay-
Compagnie anheim. Da das Gebiet Oregon seit dem Friedens-
schlüsse mit England (1815) den Vereinigten Staaten gehört,
seit welcher Zeit der Pelzhandel auch von andern Kaufleuten
hier ausgebeutet wird, so wurde der Hudsonsbay-Compagnie
Concurrenz geboten, welche sie indess bisher gut bestanden hat.
Ganz neuerdings, im Monat July 1863, ist diese Compagnie in
andere Hände übergegangen. Es hat sich nämlich in London
eine Gesellschaft „The International Financial Society", eine Art
von Credit mobiUer, gebildet, welche mit dem bisherigen
Gouverneur und dem Directorium Vereinbarung getroffen hat,
alles Eigenthum der Hudsonsbay-Compagnie, als: Actien, Waaren,
Geld, Schiffe, Häuser, Land und Privilegien zu übernehmen
und dagegen für alle Actien, welche nominell auf 100 Pfd. Sterl.
lauteten und die man bisher schon 200 Pfd. Sterl. werthgeschätzt
hatte, je 300 Pfd. Sterling zu bezahlen. Das Capital der Ge-
sellschaft, zu 500,000 Pfd. Sterl. angesetzt, trug den Actionären
seit den letzten vierzig Jahren jährlich 10 Procent Zinsen und
alle 20 Jahre einen extra Bonus von noch 10 Procent ein.
Noch vor wenig Monaten wurden Actien zu 195 Pfd. im Handel
umgesetzt, die neue Gesellschaft zahlte nun für die 5000 Actien
je 300 Pfd. Sterl., welches 1,500,000 Pfd. Sterl. ausmacht. Die
grosse Liberahtät ist aber nur eine scheinbare, indem die
Compagnie gleich nach dem Kauf erklärte , dass sie ihr neu-
er\Yorbenes Eigenthum auf Zwei Millionen Pfund schätze,
und nunmehr die Geldwelt und besonders die früheren Actionäre
derselben Hudsonsbay- Compagnie zu einer Actienzeichnung auf
diese Summe einlade. Das ganze Capital ist gezeichnet und
auf diese Weise um 500,000 Pfd. Sterl. vermehrt worden. Ob
das Land nunmehr besser verwaltet, ob Wege gebaut, Cultur
und Christenthum eingeführt werden, ob die Welt im All-
gemeinen von dieser Veränderung Gewinn haben werde, steht
noch sehr in Frage, und man muss rasche Fortschritte be-
sonders darum bezweifeln, weil eine mit Monopol geschützte
Compagnie auch wieder den Alleinhandel wird aufrecht erhalten
wollen.
Ehe wir erzählen, wie der Handel in diesen Territorien
betrieben wird, werfen wir in Anschauung des Handels in der
letzten Hälfte des vorigen Jahrhunderts noch einen Rückbhck
auf einen Mann, der damals als Einzelner so viel schaffte,
als manche Compagnie, und Reichthum und guten Namen sich
erworben hat: Johann Jacob Astor, ein Deutscher, gebürtig
aus Walddorf bei Heidelberg. Nach London ausgewandert, war
er bald nach dem Schauplatze der amerikanischen Revolution,
nach New -York gereist. Er hatte seine geringe Baarschaft in
englischen Waaren angelegt, welche er mit Recht glaubte in
pen vereinigten Staaten gut verwerthen zu können. In der
Cheasepeak-Bay vertauschte er sie gegen Pelzwerk, welches er
in London mit reichem Gewinn verkaufte, und kehrte nach
Amerika zurück, um sich daselbst niederzulassen. Er betrieb
den Handel mit Kenntniss, Geschick und Eifer; wenn ihm auch
mancher Plan misslang und er mit vielen Schwierigkeiten zu
kämpfen hatte, so wurde er doch endlich einer der berühmtesten
und reichsten Kaufleute Amerikas. Als die Mackinaw-Compagnie
10
ihm grosse Hindernisse in den Weg legte, und er glaubte,
dass eine Compagnie • jener am besten entgegentreten könne,
bildete er 1809 mit Genehmigung des Staates New -York eine
Gesellschaft mit einer Million Dollars Anlage -Capital und über-
nahm alle Actien derselben selbst, so dass er allein die Com-
pagnie war. Besser als dieses Unternehmen wirkte der im
Jahre 1811 vollzogene Ankauf der Actien der Mackinaw-Com-
pagnie, wodurch letztere zu existiren aufhörte, ■ und unter Ver-
schmelzung mit der seinigen von nun an Südwest-Compagnie
von ihm genannt wurde. 1810 unternahm er die Gründung
einer Niederlassung am Columbia -Flusse und bildete zu dem
Zwecke die Compagnie des Pelzhandels am stillen Ocean.
Er bestritt selbst die Ausrüstung im Belaufe von 400,000 Dollars
und sandte im September 1810 ein Schiff ab, welches im März
1811 anlangte, und auf der Landzunge, die Georgspitze , den
Hauptposten unter dem Namen Astoria gründete. Dieses Unter-
nehmen wurde jedoch nicht mit Glück gekrönt; die Nordwest-
Compagnie feindete es an; das Schiif Tonquin wurde auf einer
nördlichen Pelz -Expedition bei der Insel Vancouvers von den
Eingeborenen überfallen, die Mannschaft ermordet, von einem
Uebriggeblicbenen das Schiff aber in die Luft gesprengt. Eine
Land -Expedition, im Juni 1810 von Astor abgeordnet, erreichte
nach langen Leiden Astoria erst im Februar 1812. Ein von
ihm zu Hülfe gesandtes Schiff scheiterte an den Sandwichs-
Inseln. Im October desselben Jahres zeigte sich in Astoria
dne bewaffnete Schaar, welche die Besatzung zwang, die Nieder-
lassung mit allen Waarcn für ein Drittel des Werthes ihr zu
verkaufen; endlich kam im Decembcr ein englisches Kriegsschiff,
durch dessen Commandantcn Astoria in „Fort George" umgetauft
wurde. Astor blieb dessen ohngeachtet reich, und sein von
seinen Nachkommen fortgeführtes Haus bes'ass noch vor wenigen
11
Jahren am Mississippi 49 Forts, von welchen aus der Handel
mit den Indianern betrieben wurde.
Es haben sich in der Zwischenzeit noch andere Compag-
nien in den vereinigten Staaten und in Canada gebildet, sind
aber theils wieder erloschen, so dass gegenwärtig der Pelzhandel
dieser Länder sich grösstentheils in den Händen einzelner
mächtiger Handelshäuser befindet.
Deutschland.
In älterer Zeit haben die Deutschen vermuthhch nicht
nur das viele Pelzwerk ihres noch heute in dieser Production
so reichen Landes selbst verbraucht, sondern sie haben auch
noch von den Schweden und den Russen ausländische kostbare
Felle gekauft. Das Nibelungenlied aus dem 11. Jahrhundert
sagt von vielerlei Pelzschmuck, als: Hermelin und Zobel und
dergleichen Kleider, von Hüten von Zobel, von einem Kleide
von buntgefleckten (schwedischen) Luchsen u. dgl. Dem Stifte
Meissen wurde in der ersten kaiserlichen Schenkung vom Jahre
983 u. a. der Pelzzehnten überwiesen. Wir sehen ferner
an den Gemälden und Portraits der Deutschen Fürsten und
Grossen der Vorzeit, dass sie fast immer reich in Pelz ge-
kleidet waren; das Gewerbe der Kürschner mit seinen Privilegien
datirt von älterer Zeit, als die Begründung der Hansa. Die
Probearbeiten (Meisterstücke) im Süden und Osten Deutschlands
mussten von Lamm-, Marder- und Fuchsfellen, die im Norden'
und den meisten der Hansa angehörigen Städten vornehmlich
von Feh (Russische Eichhörnchen) gefertigt werden. Den Handel
mit Russischem Pelzwerk in Deutschland beweist auch eine Ver-
ordnung des Magistrats zu Lübeck vom Jahre 1603, in welcher
es wörthch heisst :
12
IV. Soll kein Pelzwerk oder andere Waare einzeln gekauft werden.
V. Grauwerk soll zu 50, 250 bis 1000 Stück gekauft werden.
VI, Die Marder, von denen 25 Stück zusammen verkauft werden,
sollen zuerst sortirt, jede Art besonders gethan, und dann der
Handel gemacht werden.
VII. Gute Hermeline sollen zu 25 Stück gekauft werden, die geringen
und schlechten sollen in besondere Pakete gethan werden.
Von dem Umfange des damaligen Handels ist nichts be-
kannt geblieben, auch haben Russische Kriege, sowie der Aus-
bruch des dreissigjährigen Krieges und die 1630 erfolgte Auf-
lösung der grossen Hansa, den Handel Deutschlands hundert
Jahre lang in Stocken gebracht. Erst seit der letzten Hälfte
des vorigen Säculums zeigt der internationale Pelzwaarenhandel
in Deutschland neues Leben. Breslau und Gr. Glogau wurden
wieder Hauptmärkte für Russische Rauchwaaren, besonders für
Krimmsche Lammfelle und Grauwerk, Lübeck und Hamburg be-
zogen aufs Neue Sibirische, Nordische und Isländische Waaren
von Russland und Scandinavien. Auf den Messplätzen und be-
sonders in Leipzig concentrirten sich die Producte Deutschlands,
Ungarns, Polens und Russlands; der Handel mit Amerikanischen
Waaren gewann mehr und mehr an Umfang. England kaufte
Russische Felle von Deutschen Kaufleuten und Letztere in Eng-
land Amerikanische Pelzfelle. Im ersten und zweiten Decennium
unseres Jahrhunderts gewann der Messhandel an Lebhaftigkeit,
Amerikanische und Deutsche Waaren nahmen ihren Weg regel-
mässig über Leipzig nach Russland, wohin Brody in Gallizien
und später Sklow in Westrussland die, grösstentheils prohibirte,
Einfuhr vermittelte. Auch besuchten die Messen Griechische
Kaufleute, welche Amerikanische und Deutsche Waaren für die
Türkei einkauften. Dieser Handel wurde jedoch in Folge des
Griechisch- Türkischen Krieges, 1821 bis 1830, fast zehn Jahre
lang unterbrochen. Andrerseits bezogen Finnländische Kauf-
13
leute in den Jahren 1825 bis 1835 viele Deutsche Füchse und
Fischottern von Lübeck und Hamburg.
Deutsche Hcäuscr betheiligten sich stark bei den enormen
Exporten von England nach Russland und China im Jahre 1814,
obwohl zu ihrem grössten Nachtheil. Von 1820—1840 wurden
Deutsche Felle von Mardern und Iltis und sibirische Feh be-
sonders für England gesucht; in den letzten 20 Jahren haben
die ersteren dieser Pelzgattungen vornehmlich ihren Zug nach
Amerika genommen. Der Handel mit Russischen und Amerika-
nischen Rauchwaaren in Deutschland, wiewohl bis zur Zeit fast
nur Zwischenhandel, ist von jeher immer in Deutschen Händen
gebUeben. Wir sind in den letzten Jahren einen Schritt weiter
gekommen: Deutsche Kauf leute sind jetzt nicht blos in England
ansässig, sondern sie haben auch ihre eigenen Verkaufcomptoire
in Russland und Commanditen in Amerika, wodurch sie den
internationalen Pelzhandel direct betreiben und den Engländern
den Vorrang streitig machen. Ausführlicher sprechen wir darüber
beim Betrieb des Handels.
Betrieb des Rauchwaarenhandels.
Der amerikanisclie Eauchwaarenhandel.
Bei der Beschreibung des Handelsbetriebes wenden wir
uns zuerst nach Ruppertsland, dem Districte, wo die Hud-
son sbay-Compagnie bis auf den heutigen Tag durch Monopol
und Alleinhandel den Geschäftsbetrieb in ursprünglicher Art bei-
behalten hat. In diesem Territorium, grösser als Europa, existirt
14
kein Geld, es ist verboten. An der Küste, an den Flüssen
und an sonst geeigneten Plätzen im Innern des Landes hat
die Compagnie Festungen, kleine Forts und Ansiedelungen ge-
gründet; die bedeutendsten sind Fort -York, -Moose, -Ma-
kenzie River, -Grand Whale River, -Red River und im
Westen Vancouvers Island. An diesen Orten hält sie ihre
Comptoire und Lager von europäischen Waaren, die den In-
dianern angenehm, nützlich und nothwendig sind, z. B. FUnten,
Pulver, Bleikugeln und Schrot, Feuersteine und Feuerstahl,
Aexte, Messer, Feilen, Taback, Dosen, Brenngläser, Hornkämme,
Pfriemen, Messingknöpfe, Messing -Fingerringe, Thonpfeifen, kleine
Spiegel in Papier gefasst, kleine Glasperlen, wollene Decken
und Wamse, Hosen, baumwollene Hemden, Tücher, rothe Farbe
und Rum.
Mit solchen Artikeln und mit Vorräthen und Lebensmitteln
für den eigenen Bedarf beladen, schickt die Compagnie jähi'lich
zwei Schiffe nach der Hudsonsbay, eines nach Canada und
eines nach der Vancouvers -Insel, während durch mehrere kleinere
Schiffe der Küstenhandel betrieben wird. Zu den Niederlassungen
.der Compagnie, den einzigen Orten in dem weitausgedehnten
Lande, wo etwas Cultur herrscht, kommen die Schaaren der
Indianerstämme. Diese haben mit den Waaren, welche sie
bringen, weite Landstrecken zu durchziehen und Beschwerden
mancher Art zu bestehen. Mit leichten Böten aus Birkenrinde
passiren sie Seen und Flüsse und sind genöthigt, an Passagen,
wo sich kein schiffbares Wasser ihnen darbietet, Tragplätze ge-
nannt, neben ihren Waaren auch noch ihre Fahrzeuge zu tragen.
Nicht viel minder grosse Beschwerden bieten sich den Agenten
der Compagnie bei dem Transporte der zum Tausch bestimmten
Artikel durch diese öden Distrikte zu ihren Comptoirs, Forts
und Niederlassungen. — Die Vorräthe, welche die Indianer
15
dahin liefern, bestehen aus trockenen, sorgfältigst behandelten*
Pelzfellen von Bibern, Bisam, Bären, Zobeln, Silber -Füchsen,
Kreuz- Füchsen, rothen Füchsen, Weiss -Füchsen, Luchsen, Nerzen,
Ottern, Wolfs-, Vielfrassf eilen und BüfFelhäuten. Gegen diese
tauschen sie jene Sachen ein, welche, obwohl in Europa wohl-
feil, doch Kostbarkeiten für sie sind. Bei Ankunft einer In-
dianerschaar wird das Brückenthor geöffnet, nur der Häuptling
mit einer kleinen Anzahl seiner Leute eingelassen und der
Handel laut nachstehendem Tarif mit ihnen abgeschlossen.
(Siehe Seite 16 Tauschtarif.)
Anzuerkennen ist, dass die Compagnie bisher vielen Indianer-
stämmen keinen Rum oder Branntwein** gegeben, und zu diesem,
bei jener Nation alles überwältigenden Tauschmittel erst dann
gegriffen hat, wenn sie durch Concurrenz anderer Compagnien
dazu gezwungen worden ist.
Von den mehr als fünfzig Indianerstämmen, über welche
die Compagnie herrscht, sind zwar die meisten entweder geist-
los und träge, oder tückisch und rechnen sich List, Dieb-
stahl, Mord und Brand als Verdienst an; doch sind auch
einige Stämme milderen Charakters und zeichnen sich durch
die EigenthümUchkeit aus, weder zu stehlen, noch zu lügen,
und unter keiner Bedingung Branntwein zu trinken; unter
letzteren die Flachköpfe am Felsengebirge.
* Die Indianer verstehen die rohen Felle besser, als selbst unsere
Jäger zu behandeln. Sie blasen durch Federspulen die Haut vom Fleische
los, so dass sie leicht, rein und ohne Zwischenhaut sich abstreifen lässt,
sie spannen das Fell vortheilhaft auf und bestreichen es oft auch mit wohl-
riechenden Ingredienzen. .
** Branntwein „Fire water" den Indianern gegenüber genannt, veran-
lasst diese, alle ihre Habe, selbst Weib und Kind, herzugeben; und wenn
sie erfahren , dass ein Schiff an der Küste liegt , welches solchen Nectar birgt,
so kommen sie in Schaaren , um ihre kostbarsten Vorräthe dagegen anzubieten.
16
Tauschtarif
zwischen der Hudsonsbay-Compagnie und den Indianern.
Kosten-
preis.
Gegenstände des
Tausches.
Biber.
Zahl Werth
z
Zahl
»bei.
Werth
Silber-
Füchse.
ZahllWerth
Luchse.
ZahllWerth
Zahl
Ottern.
Werth
s. d.
£ s.
£s.
£
£s
£ s. d.
22. —
1 Flinte. . . .
20
12.—
60
66.—
5
50
20
12.—
20
23. 10. -
- VI,
1 Maas Pulver .
1
— 12
3
3. 6
—
1
-12
1
1. 3. 6
- IV4
18 Bleikugeln .
1
— 12
3
3. 6
—
1
-H
1
1. 3. 6
— 1
8 Schrotladungen
1
— 12
3
3. 6
—
1
-12
1
1. 3. 6
— 1
10 Feuersteine .
1
— 12
3
3. 6
—
1
— 12
1
1. 3. 6
1.6
1 Axt ... .
3
1.16
9
9.18
—
3
1.16
3
3.10. 6
12. —
1 Kupferkessel .
16
9.12
48
52.16
—
w
16
9.12
16
18. 16. —
— 2
1 Feuerstalil . .
1
— 12
3
3. 6
—
5-
1
— 12
1
1. 3. 6
— 4
1 Scalpirmesser .
1
- 12
3
3. 6
—
M
1
— 12
1
1. 3. 6
— 6
1 Feile ....
2
1. 4
6
6.12
—
2
1. 4
2
2. 7.—
— 9
1 Tabacksbeutel
0
,
nebst Brennglas
2
1. 4
6
6.12
—
t3-
2
1. 4
2
2. 7.—
— 2
1 Hornkamm . .
1
— 12
3
3. 6
—
1
1
- 12
1
1. 3. 6
— 21/2
8 Pfriemen . .
1
— 12
3
3. 6
—
a
1
-12
1
1. 3. 6
-31/2
12 Messingknöpfe
1
— 12
3
3. 6
—
?
1
— 12
1
1. 3. 6
- 3
15 Messingringe .
2
1. 4
6
6.12
—
tt^
2
1. 4
2
2. 7.—
- 1
6 Thonpfeifen .
1
— 12
3
3. 6
—
w
1
— 12
1
1. 3. 6
— 4
1 kleiner Spiegel
1
— 12
3
3. 6
—
5^
CD
1
— 12
1
1. 3. 6
— 10
1 Pfd. Glasperlen
6
3.12
18
19.16
—
6
3.12
6
7. 1.—
-31/2
6 Unzen Taback
1
— 12
3
3. 6
—
CD
1
— 12
1
1. 3. 6
5.9
1 einf. Wolldecke
10
6.—
30
33.—
—
CD
3
10
6.-
10
11.15.—
7. —
1 gestreifte „ .
12
7. 4
36
39.12
—
1
12
7. 4
12-
14. 2.—
12. —
1 Matrosenrock .
12
7. 4
36
39.12
—
CO
12
7. 4
12
14. 2. —
5. 3
1 Knabenrock
5
3.—
15
16.10
—
5
3.-
5
5.17. 6
-21/4
6 Ellen Band . .
1
— 12
3
3. 6
—
1
— 12
1
1. 3. 6
6.6
1 Paar Hosen
9
5. 8
27
29.14
—
9
5. 8
9
10.11. 6
1.9
1 baumwoU. Hemd
3
1.16
9
9.18
—
3
1.16
3
3.10. 6
-43/4
1 Tuch ....
1
— 12
3
3. 6
—
1
— 12
1
1. 3. 6
— 3
1 Unze rothe Farbe
1
- 12
3
3. 6
—
1
— 12
1
1. 3. 6
— 4
1 Maas Eum . .
1
— 12
3
3. 6
—
1
— 12
1
1. 3. 6
17
Ungeachtet des anscheinend grossen Gewinnes (denn die
Compagnie giebt nach dem Tarif durchschnittlich nur den
zwanzigsten Theil des Verkaufspreises für die Felle) und un-
geachtet des grossen Umsatzes, der zwei- bis dreimalhundert-
tausend Pfund jährhch beträgt, ist doch der Handel der
Compagnie lange Jahre hindurch nicht einträglich gewesen, und
erst seit den letzten vierzig Jahren ist etwas mehr als 10 Proc.
jährhcher Gewinn für das Actiencapital erwachsen. Die Verkaufs-
Comptoire der Compagnie sind Montreal in Canada für die
BüfFelhäute und London für den Vertrieb aller feinen Pelzfelle.
Dieselben werden gewöhnhch sorgfältig und musterhaft nach
Qualität, Schönheit, Farbe und Werth sortirt und in drei jähr-
lich wiederkehrenden Auctionen verkauft. Die Biber- und Bisam-
felle aus den Ländern östlich vom Felsengebirge gehören der
Januar- Auction an; alles andere feine Pelzwerk von ebendaher
den März-Auctionen, und sämmthche Waaren des Oregon- Ge-
bietes, die durch ihre Niederlassung auf Vancouvers Island ihr
zugehen, der September- Auction.
(Siehe die statistischen Listen Seite 18, 19, 20^ 21, 22.)
Die von der Hudsonsbay- Compagnie zum Verkauf ge-
brachten Waaren sind Partie- oder Loosweise in einem Cataloge
verzeichnet, und liegen zehn Tage vor der Auction zur Ansicht
aus, wo sie, von den Käufern, unterstützt durch die zahl-
reichen Diener* der Compagnie, geprüft und geschätzt werden
können.
* Die Diener, „Warehousemen" der Compagnie bestehen grösstentheils
aus ehemaligen Schiffsleuten und Anderen, die längere Zeit im kalten un-
■wirthbaren Norden im Dienste der Gesellschaft gestanden haben; sie sind fast
alle schwach und kränklich und haben das Aussehen, als ob ihr Blut und
ihre Säfte einst erfroren gewesen wären. Freilich ist das englische Volk
nicht wie das russische gewohnt, gegen Kälte sich durch Kleidung zu
schützen:
18
Einfulir- Liste
der Hudsonsbay-Compagnie für die Frühjahrs-Aiictionen 1864.
YF. & MK. R. *
MR. & EM.
Canada.
SD.
Canada,
GR. KP. M, LH.
Total.
Biber ....
53971
26619
5326
23475
109391
Bären . .
3341
482
166
273
4262
Bisam . .
297382
48115
18279
56380
420156
Virg. Iltis . .
2286
556
644
631
4117
Silber-Füchse
331
100
9
3
443
Kreuz- „
1190
256
52
38
1536
Rothe „
3155
521
55
567
4298
Weisse „
9070
3269
—
—
12329
Kitt-
2413
—
—
—
2413
Luchse . .
1443
1356
242
1051
4092
Ottern .
6122
3733
988
1773
12616
Schuppen
94
—
—
410
504
Zobel .
58486
19478-
4537
6256
88757
Nerze . .
26558
5376
2967
5870
40771
Skunks .
1133
1216
36
41
2426
Wölfe .
7614
7
—
13
7634
Vielfrasse
809
37
6
2
854
Seehunde
.28
1178
—
—
1206
Dachse .
1122
—
—
—
1122
Kanin .
2157
37293
—
—
39450
Biber und Bisam kommen im Januar zum Verkaufe, alle
übrigen Artikel im Februar und März.
* YF. heisst York Fort, MK. R. Makenzie River, MR. Moose River,
EM. East Maine, SD. South -District, GR. Grand River, KP. Kingspost,
M. Maine, LH. Lake Huron.
19
Einfuhr -Liste
der Hudsonsbay-Compagnie für die Frühjahrs- und Herbst- Auctioiien
in London 1863.
Frühjahrs
-Einfuhr
Herbst-
Einfuhr.
Total-
YF.AMK.R.
MR. & E.M.
Canada.
SD.
Canada.
GR. KP. M. LH.
North-West
Coast.
Einfuhr.
Biber ...
48490
43790
5219
17812
18604
113915
Bisam . . .
251239
51072
11091
34355
9147
356904
Bären . . .
2692
509
99
323
3608
7231
Virgin. Iltis .
3016
781
811
476
980
6064
Silber-Füchse .
.319
102
25
5
139
590
Kreuz- „
1196
241
93
28
354
1912
Kothe „
5060
425
107
441
368
6401
Weisse „
2950
299
—
2
—
3251
Kitt- „ .
5452
—
—
—
—
5452
Luchse . . .
1606
1299
264
928
512
4609
Ottern . .
5018
3756
868
1694
1826
13162
Seeottern .
—
—
—
—
128
128
Schuppen
23
4
—
309
3476
3812
Zobel .
40100
12526
3595
5379
17186
78786
Nerze .
13258
4641
1917
4847
19104
43767
Skunks .
992
916
41
20
, —
1969
Wölfe .
3290
9
—
27
589
3915
Vielfrasse
863
27
4
6
514
1414
Dachse .
1371
—
—
—
172
1543
Kanin .
252
18530
—
—
—
18782
Seehunde
27
1254
—
112
15950
17343
20
Yerkaufs- liste
der Hudsonsbay-Compagnie zu den Auctionen in Londor
i 1729 und
1829 nebst den Verkaufspreisen von 1863
•
Quantum
Verkaufs-
Quantum
Verkaufs-
Verkaufspreise
1729.
preise.
1829.
preise.
Frühjahr 1863.
in engl.
(nur Früli-
Valuta.
jähr.)
( pr. Pfd.
pr. Pfd.
pr. Pfd.
) 3/2 -11/3
Biber . . .
62160
4/ -6/«^
30248
10/-45/3(?
j = pr. St.
pr. Stück.
pr. Stück.
'1/6-I6A
Zobel . . .
12480
5/8-10/
82268
2/6-16/8
4/5-6O/3
Ottern . . .
340
ca. 4/4
10860
7'6-26/
7/-45/,
Luchse U.Katzen.
560
20/2—30/
11680
3/2-14/1
5/6-16/8
Silber-Füchse .
—
—
186
20/— 174/
25/— ä^ 33. 5/
Kreuz- „
—
—
461
15/— 47/
10/3 — 130/
Rothe „
130
7/— 11/
1602
3/-9/r
4/4-19/
Weisse „
—
—
443
3/1-8/5
2/- 9/4
Kitt- „ .
—
—
4800
1/5-1/6
3/11-4/r
VieKrasse . .
330
10/- 11/
381
3/11 -6A
8/6-14/4
Wölfe . . .
140
6/10-25/4
1358
5/1-25/
3/8-49/
Bären, schwarze.
340
8/2-15/
—
4/-^ 48/3
10/3-130/
„ braune.
—
—
—
5/-55/6
5/, -121/
„ graue .
—
—
—
5/— 30/3
9/- 41/
Nerze . . .
—
—
14479
1/5-3/9
7/^-18/6
Virgin. Utis .
40
1
9/xo
2/« -36/«
21
Einfuhr der Hudsonsbay-Compagnie in London
in den Jahren 1723 bis 1728
verglichen mit dem Quantum von 1863.
Jahr.
Artikel.
Frühjahrs-
Auctionen.
Herbst-
Auctionen.
Total.
Preis
in engl. Valuta.
1723
Biber
39614
19330
58944
4 5 — 5 5 8 (? pr. ^.
1724
do.
36240
15320
51560
6s2d—6s Gd^rM.
1725
do.
21190
17890
39080
4:s2d — 5slOd ,, „
1726
do.
39600
19050
58650
Ss2d— IsSd „ „
1727
do.
29490
22090
51580
ds^d—7s2d „ „
1728
do.
23130
31540
54670
45 8c?- 6s Qd „ „
höchster Preis:*
1863
Biber
95311
18604
113915
16slc?pr.St. = ll53c?pr.^.
1726
Zobel
5680
5680
höchster Preis 10s pr. St.
1727
do.
—
5940
5940
„ „ 7sl0d„ „
1728
do.
9520
9520
?» U * ^ V 51
höchster Preis:
1863
Zobel
61600
17186
78786**
60 s 3 c? pr. St.
* Der höchste Preis, der jemals für Biber gezahlt wurde im Jahre
1814 war 58 s pr. Pfd. (Siehe noch Seite 82.)
♦* Im Jahre 1856 führte die Hudsonsbay-Compagnie die grosse Anzahl
von 179186. Stück Zobel in England ein.
22
Einfuliren von Eauchwaaren durch die Hudsonsbay-Compagnie
in London,
in verschiedenen Zeiträumen zwischen 1844 und 1863.
1844
1848
1851
1853
1856
1861
1863
Schuppen . .
1663
2090
1598
1140
1257
2846
3812
Bären
6024
6086
6128
7421
9141
7427
7231
Biber . .
38939
36563
50635
55435
72454
105866113915
Bisam
545011
254753
194502
493804
258791
205591
356904
Zobel . .
72819
150785
64352
72454
179186
74660
78786
Nerze .
25700
38103
27705
25079
61332
31018
43767
Ottern
6703
6616
8916
8950
13740
13195
13162
See-Ottern
234
195
79
174
278
102
128
Virg. Iltis
4471
5324
6276
5831
5168
5848
6064
Silber-Füchse
540
999
523
824
602
1051
590
Kreuz- „
1604
3100
1944
2255
1838
3335
1912
Rothe „
4211
7573
5517
6764
7268
8846
6461
Weisse „
1901
2883
899
3929
10267
5057
3251
Kitt-
1391
5780
1603
2552
3370
2532
5452
Luchse & Luchs
katzen . .
- 1
1 8199
*
31747
20678
5497
11614
15236
4609
Wölfe . .
12039
11249
9713
8470
7546
6009
3915
Vielfrasse
1087
908
1377
1250
1103
1394
1414
Skunks .
—
—
572
1586
892
1149
1969
Seehunde
1566
150
—
1208
4804
17025
17343
* Im lahre 1849 wurden 47,623 Stück, 1850 43,232 Stück Luchse von
der Compagnie in London eingeführt.
23
Bei den Auciionen steht der Makler der CoMpagnie auf
einem erhöhten Catheder; vor demselben sitzt an einem niedern
grünen Tische der Gouverneur mit dem Hammer, neben ihm
einige Directoren. Die Käufer, deutsche und englische Rauch-
waarenhändler, Russen, Franzosen und andere, sitzen, Catalog
und Feder zur Hand, jenen gegenüber auf erhöhten Bänken,
so dass alle von dem Catheder aus gesehen werden können.
Der Makler sagt: Meine Herren, 12096 Otter; meine Herren,
Lot 1, 53 Stück; meine Herren, voriges Jahr gaben Sie
25 Shilling; meine Herren, soll ich denselben Preis sagen, oder
fangen Sie an mit 23? Ein Blick von einem bekannten
Käufer dem Makler zugeworfen, gilt für ein Angebot, bei
jedem von andern Käufern nachfolgenden Blicke legt der Makler
3 Pence zu, er ruft dann: 23 Shilling, 23/3, 23/6, 23/9 u. s. w.,
eine Stimme aus den Käufern erschallt mit 26/-! Oho, heisst es,
die Gebote werden lebhafter und rascher 27/-, 27/3, 28/-, 28/5,
29/-, 29/6- — Niemand mehr? Zum ersten — zum andern —
„30" ruft eine Stimme, — bis endlich, nachdem bei einem
Gebot der Makler: „Zum dritten und letzten Male!" ausgerufen
hat, der Gouverneur durch einen Hammerschlag den Kauf be-
stätigt. * Wenn nun eine Reihe gleicher Loose zum Verkauf
ausgeboten sind, so kommt es oft vor, dass mehr oder weniger
hohe Preise für die einzelnen Loose bezahlt werden; der Unter-
schied beträgt oft 5, 10, 15 auch 20 Procent und mehr.
Der Kaufpreis muss bei Empfang der Waare und je-
denfalls in Monatsfrist baar bezahlt werden.
* Es ist eine altmodische Auctionswcisc , die bisher bei den Verkäufen
der Hudsonbay - Compagnie beliebt geblieben ist; bei andern in London statt-
findenden Auctionen bleibt das: „Zum ersten, andern, und dritten Mal!"
weg; es sagt der Makler nur: Niemand mehr? oder er lässt auch diesen
Ausdruck weg, betont das höchste Gebot, und wenn er keine Mehrbietenden
sieht, schlägt er, den Hammer selber führend, zu.
24
Der Handel in Canada und den Yereinigten Staaten.
In Canada und im Norden der Vereinigten Staaten, wo
ausser den Indianern auch europäische Ansiedler und Amerikaner
mit dem Fange des Pelzwildes sich beschäftigen, wo Geld als
Kaufmittel und Werthzeichen besteht und der Verkehr frei ist,
wird der Handel theilweise in andrer Art betrieben. Auch
hier haben wohl die verschiedenen Compagnien Forts an den
Grenzen der von Indianerstämmen bewohnten Länderstriche
nördlich von St. Louis und an den Ufern des Missouri, doch
können bei hier stattfindender freier Concurrenz Indianer, Jäger
Trapper * ihre Waaren verkaufen, an wen sie wollen. An den
Seen im Norden, in Michigan, Wisconsin , Illinois , Indiana und
Ohio haben New Yorker Handelshäuser permanente Agenturen,
welche contractliche Lieferungen mit den Indianer - Chefs ab-
schliessen, oder die Felle von den Kleinhändlern ankaufen.
Die kleinen Kaufleute und Waarenhändler in allen Städten
und Flecken des Innern der Vereinigten Staaten führen zum
Verkaufe Gegenstände der verschiedensten Art, — fast Alles,
was in diesen Gegenden gebraucht werden kann; dagegen be-
schäftigt sich wieder fast ein jeder mit dem Einkauf aller Er-
zeugnisse des Landstriches; auch von ihnen kaufen die grossen
Handlungshäuser.
Die Pelz-Compagnien oder die grösseren Handlungs-
häuser senden die amerikanische Waare entweder nach Lon-
don, nach Leipzig oder auch nach New-York, von welchem
letzteren Platze sie, in andere Hände übergegangen, auch ent-
weder an Commissionshäuser und Makler nach London, oder
nach Leipzig an Rauchwaarenhandlungen versandt wird. Von
* Trapper d. i. Fallensteller. Von dem englischen trap, oder dem
französischen trappe — Falle.
25
den Londoner Maklern werden die Waaren mehr oder weniger
gut sortirt und in zwei oder dreimal jährlich wiederkehrenden
grossen Auctionen, gewöhnlich im Anschlüsse an die Auction
der Hudsonsbay-Compagnie, verkauft. Eines der grossen Lon-
doner Commissionshäuser , welches seit 32 Jahren den grössten
Theil der Waaren empfangen hat, ist das von C. M. Lamp-
son * , eines viel Organisationsgeist besitzenden und energischen
Mannes.
Derselbe pflegt das Quantum in mehrere Auctionen einzu-
theilen, und oftmals selbst, wenn er eine Ueberfüllung des
Marktes fürchtet, Waaren jahrelang aufzusparen. Wird nun
durch das lange Lagern die Waare einestheils unscheinbar, und
müssen andererseits die Eigenthümnr lange Zeit auf vollständige
Abrechnung warten, und ist es unmöglich, dass ein Londoner
Haus, welches für Export -Waaren kaum 30 Käufer hat, den
Markt so beurtheilen kann, wie ein Leipziger Haus, welches
deren fünfhundert besitzt, so ist es auch hauptsächlich vielen
Amerikanern klar geworden, dass durch die Kosten des Lon-
doner Zwischenhandels, welche mehr denn 10 Procent betragen,
die Waare um ebensoviel theurer wird. Dieses und die Sorg-
* Curtis Miranda Lampson wurde vor 33 Jahren als 22jähriger mittel-
loser Mann von der Südwest - Compagnie , der Nachfolgerin Astor's, nach
London gesandt, um die zu den Auctionen gesandten Waaren zu überwachen.
Nach seinen Berichten über die unordentliche Haltung der Waaren wurde der
grösste Theil derselben streng limitirt und zurückgekauft; und da sie nach
den damaligen Entrepot- Einrichtungen nicht von einem Londoner Waarenhaus
nach dem andern verlegt werden durften, so wurden die Waaren nach New-
York zurück und dann wiederum an C. M. Lampson nach London verschifft,
welcher inzwischen durch Vereinbarung mit Londoner Bankhäusern und einem
sehr reichen Makler in den Stand gesetzt worden war, die erforderlichen
Vorschüsse zu leisten. C. M. Lampson ist reich geworden, er besitzt etwa
400,000 £ und hat neuerdings als Theilnehmer der International - Financial-
Society, welche die Hudsonsbay-Compagnie an sich kaufte, es dahin gebracht,
Deputirter Gouverneur bei dieser zu werden.
J
26
falt der Leipziger Handlungshäuser haben, zum grossen Theil
erst in den letzten Jahren, dem Waarenzug eine directe Rich-
tung gegeben. In Leipzig wird die Waare nach Platzusanzen
verkauft; mehr darüber folgt weiter unten.
(Siehe Seite 27: Liste der Einfuhr von Rauchwaaren etc.)
Die grossen Handelsplätze der Vereinigten Staaten und
Canadas importiren auf der andern Seite grosse Quantitäten
russischen und deutschen Pelzwerkes. New- York, Philadelphia,
Boston und Montreal wollen in Mode und Luxus den Haupt-
städten Europa's nicht nachstehen, und es sind unsere ein-
heimischen Edelmarder, Steinmarder und Iltisse in den letzten
Jahren in Folge des Absatzes nach Amerika um mehr als das
Doppelte theurer geworden. Man verbraucht viel französische
und polnische Kaninchenfelle, viel sibirische Eichhörnchen, die
in Deutschland zubereitet sind, auch Hermelin, gute russische
Zobel und von den eigenen Producten eine grosse Anzahl guter
amerikanischer Zobel, und seit den letzten Jahren die meisten
Nerze.
27
Einfuhr
von Rauchwaaren von den nord- amerikanischen Freistaaten in London
in verschiedenen Zeiträumen zwischen 1844 und 1863.
1844.
1848.
1851.
1853.
1856.
1861.
1863.
Schuppen .
420759
419448
545370
506745
434493
525627
462156
Bären . .
6062
3661
3470
2860
3243
2027
3368
Biber . .
151
279
2cS8
11566
12144
7601
21880
Bisam . .
213971
225775
723968
1266261
919099
1611357
1726202
Zobel . .
30311
38922
16837
14869
14616
16155
20388
Nerze . .
101666
189962
197357
179684
59915
69049
26998
Ottern . .
5846
4442
3854
2994
4929
8121
6481
See -Ottern
81
81
—
44
275
269
219
Virgin -Utis.
5370
5066
4810
3485
2655
3284
2741
Silber-Füchse
980
422
311
337
821
599
314
Kreuz „
2739
2070
1394
1514
1930
1464
1072
Rothe „
47313
33748
31346
43372
33841
27959
37518
Weisse „
1382
508
570
689
3251
2417
35
Kitt
728
3640
—
2711
—
4951
4680
Gris
6167
8217
18339
17882
19971
25373
13496
Luchse . .
3852
598
8463
1002
1101
2056
3137
Luchskatzen
1914
2826
9516
5059
8171
8174
5272
Wölfe . .
375
—
—
—
' '
795
1111
Opossum .
—
—
—
14334
83807
51217
57489
Skunks
—
—
—
—
—
73333
86348
Von Süd- Amerika."
Chinchillas. 11144901 565881 992381 426941 921171 52033 36066
I I I I I ! I
Der plötzliche Ausfall einiger Artikel, hauptsächlich der Nerze,
in den letzten Jahren, hat seinen Grund in der. Zunahme des
Verbrauchs dieser Gattungen im Productionslande , Amerika, selbst.
Der russisclie Raucliwaareiiliaiidel.
Es liegen uns hier officielle Nachrichten vor, wie unter
Wasihewitsch I. (f 1505) ein Streifzug nach Sibirien bis an den
Ob ohne Erfolg blieb, und wie erst unter Wasiliewitsch 11. es
Russland gelang, dort seine Herrschaft zu begründen, durch
Züge, welche den Pelzhandel zu Folge hatten, oder, richtiger,
durch denselben veranlasst wurden, denn man nöthigte die be-
zwungenen Tartarenhäuptlinge zu einem jährhchen Tribut von
tausend oder mehr Zobelfellen. Von den sibirischen Gouverne-
ments Tobolsk, Tomsk, Jenisseisk, Irkutsk, Jakutsk,
Ochotsk und Kamtschatka werden der russischen Regierung
noch alljährlich Zobel-, Kolinsky- und Eichhörnchenfelle
tributmässig gehefert. Sie bestehen in sehr guter Waare; das
Beste davon wird für den eigenen Bedarf des kaiserhchen
Hauses verwendet und in der Kaiserlichen Cabinets- Kürschnerei
verarbeitet, die übrigen Waaren aber durch Auction verkauft.
Hiernächst ist der Handel der auch auf officieller Grund-
lage bestehenden Russisch-Amerikanischen Compagnie zu
berühren. Die militairische Besatzung und die Gerichtsbarkeit
der Festungen auf den Inseln Kodjack und Sitka und des
Festlandes von Russisch- Amerika, wo diese Compagnie ihren
ausschliessUchen Handel treibt, ist nicht Sache der Pelz -Com-
pagnie, wie im Hudsonsbay- Lande, sondern mrd von der rus-
sischen Regierung besorgt; doch chartert die Compagnie für
sich Schiffe, welche den Eskimo's und Indianern allerlei nütz-
liche Mittel zuführen, und dagegen die Felle von See -Ottern*,
* Der einzige Artikel, dessen Einfuhr z. Z. (wie schon oben erwähnt
wurde) prohibirt ist. Wie nachtheilig die Beschränkung für den Handel mit
solchen Artikeln ist, beweist die Thatsache, dass die Compagnie viel Mühe
mit dem Verkauf dieser Felle hat, dass sie gelegentlich dieselben zur Aus-
29
Fluss-Ottern, Bibern, Luchsen, Zobeln, Bären, schwarzen, Kreuz-,
rothen und weissen Füchsen und besonders viel Pelz -Seehunden
nach St. Petersburg zurückbringen. Hier wird die Waare je
nach Ansicht des Gouverneurs und der Direction in Auction
oder privatim verkauft. Einen Theil ihrer Waaren, unter die-
sen besonders See -Ottern und Biber, pflegt die Compagnie auch
nach China zu senden.
Wir haben nun zu beregen den
Handel nach Ejachta.
Kiachta, russische Grenzstadt, gegenüber der chinesischen
Stadt Maimatschin , wo der Handel mit China vermittelt wird;
dahin führen russische, besonders moscowische Kaufleute mit
Karawanen auf weiten Landreisen: Eichhörnchen, Otter, Biber,
See-Otter, Pelz -Seehunde, Füchse, Luchse, Fuchs- und Luchs-
pfoten, Katzen und eine grosse Anzahl Lammfelle, im Ganzen
jährlich für etwa anderthalb Millionen Silber-Rubel, um dagegen
T h e e * einzutauschen.
Der Handel wird hier von russischen Regierungsbeamten
überwacht, die den Preis der Pelzfelle gegenüber dem Preis
fuhr verkauft, in dessen Folge jedoch fast jedes Stück derselben auf ver-
botenem Wege wieder nach Russland eingeführt, und dann ein Gegenstand
lebhafter Speculation wird. Auch die gegen 400 Stück See - Otterfelle , welche
die Küste von Californien jährlich liefert, werden, ungeachtet des Verbots,
fast alle nach Kussland importirt. ^
* Der so eingetauschte Thee, Karawanen - Thee genannt, wird von den
Kaufleuten nach dem europäischen Russland, besonders Mosco und St. Pe-
tiersburg, zurückgeführt. Er wird für besser gehalten, und ist durch den
weiten Landtransport viel theurer, als der Thee, welcher zur See von China
ausgeführt wird, weil man annimmt, dass durch die Seereise der feine Ge-
schmack leide. Uebrigens wird in Russland viel Thee verbraucht, der zur
See nach England oder Hamburg gebracht und dann zu Lande eingeführt
worden ist.
30
des Thees feststellen und vereinbaren, wohl auch die Chinesen
veranlassen, solche russische Producte mitzukaufen, welche an-
zunehmen sie lieber verweigert hätten. Der Handel mit russi-
schen Rauchwaaren nach Kiachta hat sich aber sehr vermindert,
wogegen der Verkehr mit amerikanischen Rauchwaaren, Tuchen
und andern Manufactur-Waaren dahin zugenommen hat.
Es wurden in Kiachta eingeführt:
1824—1828. 1836—1840.
Russische Rauchwaaren für SR. 3,160,702. 2,561,454
Ausländische „ „ „ 176,078. 323,283
■Tuche und andere Waaren „ „ 3,242,815. 5,464,683
zusammen SR. 6,579,595. 8,339,420.
(Siehe Seite 31 Einfuhr.)
31
Einfuhr
von russsischen Rauchwaareii in Kiachta in den
Zeiträumen von
1817 — 1819 und
1841 — 1843.
1817—1819.
1841—1843.
Lämmerfelle, russische, Stück . .
5806120
2468133
„ bucharische ....
—
143708
Eichhörnchen
16208205
5580715
Fisch- Otter, russische
22286
38634
1
„ fremde
—
15088
Biber
18975
30826
Hauskatzen
1726712
760186
Steppenkatzen
—
6168
Füchse, russische
381029
296438
„ fremde
—
99520
Luchse, russische
6762
7930
„ fremde
—
31652
Seebären ...... . ...
31119
114850
28352
327640
Hermeline
Bisamratten, russische
325465
41954
„ fremde
11524
Iltis
—
20359
3319
Wölfe
Vielfrasse
—
1807
j
245
i
Zobel
32
Der Handel auf den russischen Märkten (Messen)
ist von grösstem Umfange und grösster Bedeutung; die Haupt-
märkte sind der zu Irbit in Sibirien, und der zu Nischny-
Nowgorod, östlich von Mosco an der Wolga. Zu dem erste-
ren Markte, welcher im Februar jeden Jahres, also in der
kältesten Zeit des Winters stattfindet, wann die Russen just
in ihrem Elemente sind, und der allein im Schlitten besucht
wird, führen zunächst die Siberiaken und andere Tartaren ihre
Producte aus der Nähe sowohl, als auch aus viele hundert
Meilen weiten Strecken; sie bringen hauptsächlich Eichhörnchen,
Hermelin, Kolinsky, weisse Füchse und Zobel, und was nach
Irbit geführt wird, ist in der Regel die beste Winterwaare. *
Als Hauptkäufer reisen zu diesem Markte andrerseits von Mosco
und St. Petersburg aus russische und deutsche Kaufleute mit
amerikanischen und russischen Waaren, welche in der Tartarei
und China gesucht sind, unter andern liauptsächHch viel Otter-
und Biberfelle dahin führend. Weil der Handel hier meisten-
theils nur per Cassa gemacht wird, müssen sie baares Geld
und mehrstentheils Gold und Silber in ihrem Schlitten mit-
nehmen, wodurch die Reise um so beschwerlicher wird In
ihren Schlitten führen die Asiaten ihre erhandelten Otternfelle etc.
in ihre Heimath, und ebenso werden die für Russland ge-
brauchten Waaren alsbald nach Mosco befördert und die für
das Ausland bestimmten über Mosco und St. Petersburg nach
* Die Schnelligkeit, mit welcher die Siberiaken ihre Waaren sammeln
und befördern, ist erstaunlich. Während die Hudsonsbay - Compagnie ein bis
anderthalb Jahre gebraucht, ehe sie ihre Waaren zum Londoner Markt bringt,
die Winterwaare der Vereinigten Staaten Amerika's meistentheils erst im Mai
und Juni nach New -York kommen und unsere deutschen Producte oft erst
spät im April zu der Leipziger Ostermesse gebracht werden, haben die Si-
beriaken ihre Waaren sortirt und geordnet, und mittelst ihrer raschen
Schlittenbeförderung schon im Februar zu Markte gebracht.
33
England oder nach Leipzig versandt. In letzterem Markte
treffen sie, obwohl manchmal etwas spät, doch immer noch
zur Ostermesse ein.
(Siehe Seite 34 Einfuhr - Liste.)
Der Nisclinyer Markt.
An dieser, im Juli und August jeden Jahres stattfindenden
Messe betheiligen sich die Rauch waarenhändler von Mosco, St.
Petersburg, Sklow, Wilna, Riga und vielen anderen Städten
in grosser Zahl; auch wird sie von deutschen Kaufleuten be-
sucht. Es werden hier asiatische, russsische, armenische,
amerikanische, nordische und deutsche Waaren in Masse
zugeführt, und die meisten Kaufleute sind Verkäufer und
Käufer zugleich; auch wird hier ausser dem Handel mit di-
reet zugeführter Waare viel Zwischenhandel und Kauf und
Verkauf, nicht nur von unbereiteter , sondern auch von halb
und ganz gefertigter Waare betrieben. Die Handelsusanzen sind
willkührlich ; es wird viel vertauscht, viel gegen baare Zahlung
und mehr noch an bekannte Käufer auf Credit, zu theil weise
langen Terminen verkauft.
(Siehe Seite 35 Einfuhr - Liste.)
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86
Neben den vorhin beschriebenen grossen und anderen
kleineren russischen Märkten, wo nur zeitweilig ein grosser
Umsatz bewirkt wird, sind die Hauptstädte St. Petersburg
und Mosco fortdauernde Rauchwaaren-Märkte, St. Peters-
burg wegen des Sitzes der russisch -amerikanischen Compagnie,
wegen einer Anzahl dort ansässiger bedeutender Rauchwaaren-
händler und besonders wegen der directen Einfuhr amerikani-
scher Rauchwaaren. Bedeutender Kauf und Verkauf wird hier
täglich bewirkt und es kommen die Moscoer Kaufleute oft nach
St. Petersburg, um hier feine amerikanische, deutsche und nor-
dische Rauchwaaren zu kaufen.
In Mosco, im Herzen Russlands, ist der Pelzhandel am
meisten allgemein und eingebürgert. Hier finden das ganze
Jahr lang Zufuhren russischer, sibirischer, persischer,
armenischer, deutscher und amerikanischer Rauchwaaren
statt. Bedeutende Rauchwaarenhändler, die in mehreren andern
Gouvernements Commanditen haben, und Kaufleute, die nach
Sibirien und Kiachta handeln, so wie Armenier und Griechen
haben hier ihren Sitz. Ein Moscoer Rauchwaarenhändler S.
macht allein einen jährlichen Umsatz von mehr als ein und
eine halbe Million Silberrubel. Er dehnt jedoch sein Geschäft
selten auf das Ausland aus, sondern beschränkt sich auf den
Umsatz im Lande selbst.
Nachfrage und Angebot geschieht gewöhnlich an der Börse,*
Abschluss eines Geschäftes wird aber gewöhnlich bei einem
* An der Börse in Mosco stehen viele Kaufleute von früh 9 bis
Abends 7 Uhr; die sorgsamen Geschäftsleute fürchten etwas zu versäumen,
wenn sie eine Stunde fehlen. In das Börsengebäude, welches seit einigen
Jahren im Winter geheizt wird, geht Niemand; man zahlt den Beitrag, meint
aber, draussen stehen zu müssen. Freilich schützt man sich gegen die
oft sehr strenge Kälte durch gute Pelze und Pelzstiefeln.
87
Glase Thee gemacht. Wenn der Käufer sagt: „Gehen wir Thee
trinken," so pflegt das Geschäft schon halb fertig zu sein.
Kussische, sibirische und nordische Rauchwaaren werden
für Casse oder auf kurze Termine, ausländische, besonders
amerikanische, oft auf Termine von 12 bis 18 Monaten
verkauft.
Der skandinavische Rauchwaarenhandel
beschäftigt sich sowohl mit den eigenen Erzeugnissen, als mit denen
seiner Colonien, Grönland und Island; auch wird eine grosse
Anzahl feiner amerikanischer Rauchwaaren in den Hauptstädten
dieses Ländercomplexes verbraucht. Zu den Pelzproducten Schwe-
dens und Norwegens gehören nächst den Gattungen, welche
in grossen Quantitäten ebenfalls in den übrigen europäischen
Ländern vorgefunden werden, als: Füchse, Marder, Iltis, Dachse,
Otter und Katzen, auch eine Anzahl schöner Felle von Luch-
sen, Vielfrassen, sowie werthvoller Silber- und Kreuz-
füchse. Auch die dänischen Länder, Jütland und Seeland,
Hefem von den meisten Gattungen, sogenannter Landwaare, gute
Qualitäten. Der grössere Theil dieser Erzeugnisse wird nach
Deutschland und von da nach Russland ausgeführt, bei wel-
chem Transithandel die Messen zu Leipzig eine bedeutende Rolle
spielen. Ferner ist die Königl. Dan. Grönländische Com-
pagnie zu erwähnen, bei welcher die Krone betheiligt ist, und
die in Copenhagen ihren Sitz hat. Sie hält in Westgrönland
zwei Inspectorate und verkauft die Producte in Copenhagen in
zwei Auctionen, im November und Mai. Sie liefert von den
von Grönland in Copenhagen eingeführten Erzeugnissen etwa
eine Hälfte, während die zweite Hälfte, sowie die meisten is-
ländischen Waaren, durch die Hände anderer Handelshäuser
gehen.
(Siehe Seite 38 Einfuhr - Liste.)
38
Einfuhr
der Rauchwaaren von der Grönländischen Corapagnie zu
den Frühjahrs- und Herbst -Auctionen in Copenhagen
1853, 1857, 1860, 1863.
1853
1857
1860
1863
1
Seehundsfelle:
Sattler ....
4479
962
556
274
Gesprenkelte . .
209
150
200
—
Blauseitige . . .
3031
2676
1654
1217
Gemeine . . •
48066
24008
36070
37922
55785
27796
38480
39413
Rennthierfelle . . .
7427
4705
997
—
Blaue Füchse*
1300
896
954
349
Weisse Füchse
1365
652
683
255
Eisbären . . .
64
20
18
40
Hunde . . .
484
—
—
—
Eiderdaunen
1250 Pfd.
—
—
—
Wallrosszähne .
44 St.
—
—
—
Narwallhörner .
90 „
—
—
—
Rennthierhörner
30214 „
—
—
* Blaufüchse kosteten im Jahre 1853 16 — 17 dän. Rigsdaler, 1857
24—30 dän. Rdk., 1860 21 — 22 dän. Rdlr., und 1863 12 — 13 dän. Rdlr. für
Prima -Waare.
39
Der deutsche Raudi-waarenhandel
ist in mehreren tausend Händen; zunächst betheiUgen sich dabei
viele kleine Handelsleute und alle Kürschner. Die Kürschnerei kann
vom Rauchwaarenhandel nicht getrennt werden, wenn auch wegen
der Theilung der Arbeit der grosse Rauchwaarenhandel neben der
Kürschnerei besteht. Der Kürschner in allen grossen und
kleinen Städten Deutschlands kauft von dem Jäger sogenannte
Wildwaaren, als Fuchsfelle, Edelmarder, Steinmarder, Iltis,
Dachse und Otterfelle, von dem Landmann Lamm- und Ziegen-
felle, von dem Städter Hasen-, Kaninchen- und Katzenfelle,
welche Artikel er mehr oder weniger nicht selber verwendet
und deshalb im unbearbeiteten Zustande wieder verkaufen muss.
Von den Kürschnern und Handelsleuten, deren Handel von
kleinerem Umfange ist, kauft der grössere Kürschner und Kauf-
mann; er bezahlt höhere Preise, weil er bei der Grösse seines
Umsatzes sich mit einem Gewinn von einigen Procenten begnü-
gen kann.*
Diese grösseren Kürschner und Kaufleute versorgen die
Provinzen mit denjenigen Artikeln, welche daselbst gebraucht
werden, und treiben Handel mit den benachbarten Ländern,
z. B. Hamburg und Lübeck, welche ausser ihrem Speditions-
handel mit amerikanischen und russischen Waaren auch grossen
Handel mit grönländischen Seehundsfellen haben, die Rauch-
waarenproducte von Norwegen, Finnland und Dänemark kaufen
und nach diesen Ländern amerikanische, russische, deutsche und
französische Waaren verkaufen.
* Ein kleiner Kürschner einer Stadt, welcher eines Tages zwei Marder-
felle, das Stück für zwei Thaler kaufte, und sie selbigen Tages zu vier
Thaler wiederverkaufte, konnte sein Glück nicht bergen, erzählte es überall
und — blieb ein kleiner Kürschner; aber sein Concurrent, welcher ihm den
hohen Preis bewilligt hatte, wurde durch die grössere Anzahl von Waaren,
welche man ihm zu Kauf brachte, ein wohlhabender Mann.
40
Bremen, welches durch seine Schiffahrt Rauch waaren von
den Esquimaux über Honolulu bezieht, kauft die Erzeugnisse
seiner Gegend und versorgt Stadt und Land mit amerikani-
schem und russischem Pelzwerk. Wien liefert an Gahzien,
Ungarn und Italien russische und amerikanische Rauchwaaren,
verfertigt selbst vorzüghche Pelzwaaren und ist ein fortdauern-
der Markt für türkische, ungarische und italienische Lammfelle.
Berlin und Breslau haben bedeutenden Handel nach ihren
Provinzen und auch besonders nach Polen und Russland. Die
übrigen Haupt- und Residenzstädte, Königsberg, Posen, Lem-
berg, Krakau, Dresden, Prag, München, Stuttgart, Köln,
Mannheim, Carlsruhe, Braunschweig, Hannover und an-
dere schhessen den vorhergehenden sich würdig an, indem sie
ihre Umgebung mit denjenigen Pelzfellen, die entweder zur
Landestracht* gehören, oder sonst dort Mode sind, versorgen,
besonders aber reichen Vorrath halten von allen feineren Rauch-
waaren, die dem Grossstädter zum Nutzen und zur Annehm-
lichkeit dienen. Die Hauptstädte der benachbarten Länder
Frankreichs, Polens und Ungarns sind in Betreff unserer
Handelsbranchen Deutschland gleichzustellen. Paris giebt in
verfertigter Waare die Mode an und die kostbarsten Pelze
sind für die „haute monde" oftmals nicht zu theuer, wie auch
* Zu den Pelzwerk - Landestrachten gehören für Herrenpelze in Ungarn
persische und Astrachaner Lammfelle zu Besatz, in Bayern die Otterfelle zu
Hauben für Landmädchen (man verwendet dazu die besten Otterfelle, mit
goldgestickten Einlagen, so dass sie oft 30 und mehr Gulden kosten). Ein-
zelne Münchener Rauchwaarenhändler kaufen häufig mehrere tausend Stück
Otterfelle auf einmal. In Schlesien werden amerikanische Nerze und Bra-
banter Silbercanine für die Frauenhauben der Landleute gebraucht. Früher
trugen die Frauen auf dem Lande enge lange Pelze mit Steinmarder besetzt,
welche Tracht jedoch, da die betreffenden Felle sehr im Preise stiegen,
städtischen Moden Platz machte. Steigerung der Waarenpreise verdrängen
vielfach die Landestrachten.
41
für andere Classen die geringste Waare nicht zu schlecht ist.
Den eigentlichen Handel betreffend, sammelt Frankreich Wild-
waaren (Sauvagine) so, wie es in Deutschland geschieht, be-
schäftigt sich aber auch vorzugsweise mit der Bereitung und
Färbung von Caninfellen. Warschau ist für unsere Handels-
branche Klein -Mosco zu nennen; man weiss hier Alles, was
Pelzwerk heisst, zu schätzen. Pesth und andere grössere
Städte Ungarns sind für uns bedeutend, weil Pelzwerk zur
National -Tracht gehört und das Land viel an Wildwaaren und
besonders viel nutzbare Schaf- und Lammfelle producirt. Die
Verarbeitung, die Kürschnerei, wird in Ungarn musterhaft
betrieben.
Um die Interessen aller Städte, aller Länder, ja aller
Welttheile, welche am Rauchwaarenhandel betheiligt sind, zu
vereinigen, gebrauchen wir die Messen, wo man alle Rauch-
waaren findet, und wo man alle Rauchwaaren verkaufen
kann. Wie die Messen von Frankfurt a. 0., Braunschweig,
Frankfurt a. M. und andere für unsere Branche von geringerer
und fast zu nur provinzieller Bedeutung herabgestiegen sind;
so wächst der Rauchwaarenhandel Leipzigs, welcher zur Zeit
bereits der Haupt-Weltmarkt geworden ist.
Die Leipziger Messen.
Zu der Leipziger Ostermesse werden zunächst alle
Pelzfelle aus ganz Deutschland und den angrenzenden Ländern
gebracht, die der kurz vorhergegangene Winter geliefert hat,
nämlich an Wildwaaren: Füchse, Edelmarder, Steinmarder, Iltis,
Ottern, Dachse und Hasenfelle; dann Kaninchenfelle, schwarze
und bunte Katzen- und Lammfelle in grosser Zahl; ferner die
auf den grossen russischen Märkten und in Mosco für das
42
Ausland gekauften Feh (Eichhörnchen) und dergl. Schweife, Fehsäcke,
Hermelin, Zobel, weisse und blaue Füchse, Hasenfelle, persische,
astrachanische und russische Lammfelle und Taluppen etc. ; ingleichen
die Waaren von Grönland, Schweden und Norwegen (sogenannte Nor-
dische) als blaue, weisse und rothe Füchse, Edelmarder etc. ; alsdann
die meisten Waaren des Hudsonsbay-Territoriums und fast alle Waaren
Canada's und Nordamerika's, als Biber, Bisam, rothe Füchse, schwarze
Füchse, Silberfüchse, weisse und blaue Füchse, Griesfüchse, Kittfüchse,
Bären, Waschbären, Virginische Iltis, Zobel, Nerze, Chinchillas, Ottern,
See-Ottern, Luchse, Wölfe, Vielfrasse etc.; aus England Biberseehunde
und Nutrias; aus Frankreich Wildwaaren, bereitete und gefärbte
Kanin; aus Holland Schwäne, Gänse, Grebes, Katzen, Iltis etc.; aus
liissa in Posen Kanin-Felle und -Tafeln ; aus dem Harz Hamsterfutter ;
aus dem umliegenden Städten Leipzigs die Halbfabrikate in Feh und
Astrachan in grosser Zahl.
Zu der Leipziger Michaelismesse wiederholt sich diese
Waarenzufuhr in fast gleicher Weise , mit Ausnahme der deutschen
Wildwaaren, welche regelmässig in der Ostermesse sämmtlich in das
Ausland oder sonst zum Verbrauch in andere Hände übergehen.
Siehe Seite 43, Liste der Zufuhren nach Leipzig.
43
Durchscilnittliche jährliche Zufuhren von
Rauchwaaren
!
1
in Leipzig.
1) Amerikanische.
Zobel . . .
Anzahl.
Werth.
3) Mittelenropäisclie
Edelmarder .
Anzahl.
Werth.
30000
250000;
60000
270000
Nerze . . .
25000
loooool
Steinmarder
140000
450000
Bisam . . .
2000000
750000
Iltis . . .
250000
320000
Silber-Füchse .
500
50000;
Füchse .
125000
180000
Kreuz- „
2500
300001
Otter
9000
35000
Weisse „
8000
15000
Dachse .
15000
12000
Rothe „
40000
lOOOOOi
Katzen .
400000
100000
Gris- „ .
12000
12000!
Hasen .
1000000
160000
Kitt- „ .
7000
7000|
Kaninchen
1500000
250000
Waschbären
Virgin. Iltis .
Skunks . . .
400000
8000
75000
400000
65000
60000
Lammfelle
1200000
Thlr.
350000
3) Russische und
2127000
Opossum . .
10000
2500
asiatische
Bären . . .
6000
60000
Zobel . . .
10000
175000
Luchse und
Nerze . . .
20000
30000
Luchskatzen
15000
45000
Hermelin . .
160000
40000
Wölfe . . .
3000
6000
Eichhörnchen (Feh)
2000000
350000
Vielfrasse . .
2000
6000
Blaue Füchse :
1200
20000
Biber . . .
70000
300000
Weisse „
8000
8000
See-Ottern . .
200
20000
Dachse . . .
10000
6000
Ottern . . .
12500
100000
Hasen . . .
1500000
480000
Pelzseehunde .
20000
120000
Katzen . . .
12000
3000
Seehunde . .
50000
50000
Kolinsky . .
20000
20000
Coipu . . .
50000
50000
Pers. Lammfelle
30000
85000
Chinchillas . .
30000
Thlr.
24000
Tartarische „
500000
Thlr.
165000
2622500
1382000
Recapit
ulation :
Arne
rikanische Rauchwaaren 2,622,500 Thlr.
Mitt
eleuropäische „ 2,127,000 „
Russ
ische u. asiatische „ 1,382,000 „
t
Gesa
mmtwerth der Zufuhren 6,131,500 Thlr.
44
Zum Einkaufe sowohl, wie zum Verkaufe versammeln sich auf
unserer Messe die vornehmsten Kaufleute, Rauchwaarenhändler und
Kürschner aus allen Ländern: Nordamerikaner, Engländer,
Franzosen, Italiener, Schweizer, Holländer, Schweden,
Dänen, Tartaren, Russen, Griechen*, Polen, Wallachen,
Ungarn und endlich Deutsche aus allen namhaften Städten. Wenn
wir die Zahl von 2500 fremden Rauchwaarenhändlern annehmen, so
glauben wir nicht zu hoch zu greifen. Die Waaren werden in den
Häusern und Höfen des Brühls und der angrenzenden Strassen in mehr
oder weniger geräumigen Niederlagen aufgespeichert. Fast jeder
fremde Kaufmann , der zunächst die Waaren seines Landes zum Ver-
kaufe bringt, ist Käufer für die Erzeugnisse vieler anderer Länder.
Es kaufen hauptsächlich die Amerikaner von den Deutschen gear-
beitetes Feh, Edelmarder, Steinmarder, Iltis, polnische Kanin, von den
Franzosen gefärbte Kanin, von den Russen Hermelin, russische Nerze
und weisse Hasen. Die Engländer kaufen rohes Feh, Hermelin,
persische Lammfelle,- Marder, polnische Kanin und in letzterer Zeit
auch nordamerikanische Waaren. Franzosen und Italiener kaufen
bereitetes Feh, Hermelin, astrachanische und persische Lammfelle,
polnische Kanin, russische und amerikanische Zobel, Chinchillas etc.
Russen und Polen kaufen: Deutsche und nordische Füchse, Marder,
Otter, amerikanische" Waschbare, virgin. Iltis, Bare, Skunk, Biber, See-
Otter, Zobel, Chinchillas, Luchse, Bisam, Silber-, Kreuz- und rothe
Füchse, Pelz-Seehunde, englische und französische Kanin etc. Grie-
chen und Wallachen kaufen: Deutsche und amerikanische rothe
* Von den Griechen (Albanesen und Armenier) die oft in einer Anzahl
von 70 und mehr, unsere Messe besuchen, die durch ihre imposante Klei-
dung, dem rothen Fez, und dem nationalen Pelze, Aufmerksamkeit erregen,
treiben nur wenige im eigentlichen Griechenland Handel. Die meisten sind
Kürschner und Kaufleute in Städten der Türkei, oder in Aegypten. Die
Türken bekümmern sich um den Handel wenig, und überlassen diesen gern
den Griechen.
45
Füchse, russische und amerikanische weisse Füchse, Luchse, Nerze,
Zobel, Wölfe; deutsche und holländische schwarze Katzen, französische
Kanin etc. Deutsche kaufen, je nach Bedeutung ihres Ortes, von fast
allen Pelzgattungen, weil, neben dem ausgedehnten Verbrauche von
jeder grösseren deutschen Stadt, Handel mit denselben nach dem
Auslande getrieben wird. Das Messgeschäft in deutschen Waaren
ist in mehr als tausend Händen ; der Zwischenhandel beschäftigt über
hundert mehr oder weniger bedeutende Firmen ; der Handel mit aus-
ländischen Pelzproducten zählt verhältnissmässig weniger aber um so
bedeutendere Vertreter. Die grosse Menge der zur Messe gebrachten
russischen und sibirischen Waaren hat vielleicht kaum 30 Eigenthümer,
und das noch viel grössere Quantum von amerikanischen Pelzfellen
gehört nur etwa 15 Kaufleuten. Einige der letzteren haben ihr Ge-
schäft so ausgebreitet, dass sie von 500,000 bis 1,500,000 Thaler
Waaren jährlich hier verkaufen. Leipzig hat für Pelzerzeugnisse aber
nicht blos die Bedeutung des Messhandels, sondern es ist ein fort-
dauernder Markt geworden, und wie die meisten fremden bedeu-
tenden Rauchwaarenhändler sich hier etablirt oder hier Commanditen
errichtet haben, so wird unser Platz auch ausser den Messen von
Käufern vielfach besucht.
Die russischen und sibirischen Waaren, die in England und
Amerika gebraucht werden, gehen zum grössten Theile durch die
Hände der Leipziger Kaufleute. Die Waaren der Verein. Staaten
Nord-Amerikas und Canadas, die früher nur vermittelst der Londoner
Auctionen hierhergekommen sind, kommen seit den letzten Jahren
direct zu unserm Markt , aus welchem Allen hervorleuchtet , dass der
Rauchwaarenhandel Leipzigs an Bedeutung zugenommen hat. —
Der Handel in Leipzig wird theils direct, theils durch Commis-
sionaire und Makler, deren es eine grosse Anzahl giebt, besorgt. Die
Kaufleute sehen einander auf dem Brühl , welche Strasse einer fort-
währenden Börse gleicht; sie besuchen einander gegenseitig in ihren
46
Lagern, fragen nach Waaren und bieten solche an. Diejenigen, welche
die weiteste Reise zu machen hatten, unter ihnen die Griechen, pflegen
sich zuerst einzustellen. Artikel, welche einen neuen Absatzmarkt
gefunden haben, etwa nach Amerika oder nach China, gehen unter
steigenden Preisen rasch ab ; deutsche Wildwaaren werden per Cassa,
andere Waaren je unter Discont oder auf Termine verkauft. Die
Besitzer russischer Waaren werden durch Makler aufgesucht und bei
dem Handel mit ihnen walten fast immer Zweifel, ob sie verkaufen
wollen oder nicht. — In den grossen Lagern amerikanischer Waaren,
deren Eigenthümer durch den Umgang mit dem Westen der Welt
und sonst kaufmännisch geschult sind, begegnet uns zuvorkommende
Handlungsweise, achtunggebietende Ordnung und oft überwältigende
Geschäftsausdehnung.
W
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T
O^z.vAloüti'
Ei^^icü iMBiS mmmimi'^
47
Productions - Länder.
Die nördlich gemässigte Zone unsers ganzen Erdkörpers erzeugt
bei weitem das meiste Pelzwerk, nicht soviel die kalte, und noch weniger
die südhch-gemässigte Zone. In der nördlichen Zone ist es wieder
Sibirien, welches nebst den Aleuten, dem gegenüberUegenden russischen
Amerika und China die grösste Anzahl werthvoller Pelzfelle liefert.
Jährliche Production Sibiriens und des russischen Amerika.
Sibirien mit dem
Russ. Amerika
Werth
Norden China's.
mit den Aleuten
Total.
in Thatern.
Zobel .....
100000
6000000
9000
109000
6000000
1450000
Eichhörnchen
. .
900000
Hermehn
350000
—
350000
90000
Kolinsky . .
.
80000
—
80000
80000
Bisamratten
150000
—
150000
120000
Schwarze u. graueFüchse
3600
2500
6100
65000
Weisse „
50000
4000
54000
50000
Eothe „
40000
5000
45000
105000
Kitt- . „
30000
—
30000
30000
Luchse .....
15000
—
15000
45000
Bären . .
1300
400
1700
19000
Wölfe . .
6000
—
6000
7500
Murmelthiere .
40000
—
40000
10000
Ottern . .
2000
2000
4000
20000
See-Ottern . .
300
900
1200
170000
Biber . . .
10000
20000
30000
75000
Pelzseehunde
5000
20000
25000
100000
Seehunde .
10000
120000
130000
130000
Vielfrasse .
100
200
300
1000
Katzen . .
250000
—
250000
60000
Hasen . .
2000000
—
2000000
650000
Persische Lammfelle
.
100000
250000
Tartarische „
•
. • •
600000
225000
10027300
4652500
48
Die nächstgrösste Anzahl von Pelzfellen produzirt Mittel-Europa,
nämlich die Türkei, Ungarn und Galizien, Frankreich, England und
Italien, Holland, Dänemark, die Schweiz und besonders Deutschland.
Jährliche Productioii Mitteleuropas.
Türkei,
Upgarn und
Galizien.
Frankreicli,
England
und Italien.
Deutschland
Dänemark,
Holland und
die Schweiz.
Total.
Werth
in Thlr.
Edelmarder ....
20000
25000
75000
120000
540000
Steinmarder . .
100000
40000
110000
250000
825000
Iltis
60000
40000
280000
380000
450000
Rothe Füchse
10000
40000
90000
140000
210000
Ottern ....
500
4000
7500
12000
45000
Dachse . . .
20000
1000
9000
30000
25000
Lammfelle . . .
100000
1200000
700000
2000000
650000
Katzenfelle . .
30000
70000
400000
1300000
130000
Hamster ...
—
—
200000
4420000
2000
Hasen ....
180000
320000
800000
500000
200000
Kaninchen . . .
20000
4000000
400000
200000
720000
Wölfe . . .
500
—
—
500
500
Seehunde . . .
—
20000
20000
20000
Murmelthiere . .
5000
5000
300
9377500
3817800
Nord -Amerika nimmt nach dem Werthe seiner Pelzproducte die
erste Stelle ein ; nach Anzahl der Felle erscheint es jedoch in dritter
Reihe. Die Waaren werden bezogen hauptsächlich von dem Terri-
torium der Hudsonsbay-Compagnie (im Norden des 49 " nördl. Breite)
nebst Canada, dann von den Ländern der Vereinigten Staaten zwischen
den Gebieten des Oregon und Maine und südlich bis Arkansas.
49
■
■
Jährliche Production Nordamerika's.
1
!
Territorium
derHudsonsbay-
Compagiiie.
Canada und
die Vereinigten
Staaten.
Total.
Werth
in Thalern.
Zobel 1
90000
40000
130000
1000000
Nerze . .
40000
160000
200000
640000
i
Bisam . .
350000
2500000
2850000
880000
1
Silber-Füchse
500
1000
1500
IGOOOO
Kreuz- „
1800
2500
4300
50000
Weisse „
5000
3000
8000
15000
Rothe „
5000
55000
60000
160000
Gris-
—
25000 25000
25000
Kitt-
5000
5000
10000
10000
Waschbären
3000
597000
600000
600000
Virg. Iltis .
7000
5500
12500
100000
Skunks .
2000
98000
100000
80000
Opossum
—
250000
250000
50000
Bären
8000
7000
15000
150000
Luchse .
20000
6000
26000
85000
Wölfe .
9000
3500
12500
25000
Büffel. .
35000
25000
60000
480000
Vielfrasse
2000
500
2500
7500
Dachse
1500
500
2000
1500
Biber . . .
100000
30000
130000
500000 .
See-Ottern
120
180
300
30000
Ottern .
13000
7000
20000
190000
Seehunde
20000
—
20000
20000
Kanin
80000
500000
580000
80000
Katzen
.'
—
45000
45000
15000
Murmelthiere
5000
5000
250
i
5169600
5354250
4
50
In vierter Reihe erscheint die
Jährliche Prodiiction des europäischen Russland, Schwedens und Nor-
wegens, Islands und Grönlands.
Europäisch.
Kusslaiid.
Schweden
ii.Noiweiceii.
Isliind und
Grönland.
Total.
Werth
in Thalern.
Zobel . .
Nerze . .
Edelmarder
Steinmarder
Iltis . . .
Hermelin .
Eichhörnchen
Silber- u. Kreuz-Füchse
Blaue „
Weisse „
Rothe „
Bären . .
Luchse . .
Wölfe . .
Murmelthiere
Vielfrasse .
Dachse . .
Ottern . .
Seehunde .
Hasen . .
Katzen . .
Lammfelle .
GOOO
■ 55000
45000
150000
•220000
50000
700000
3500
20000
60000
1500
8000
5000
3000
200 !
20000!
70001
20000!
1000000
200000!
200000'
150001
300000
100
500
1000
25000
500
1000
101)0
2000
500
3000
2000
lOOOO
100000
5000
30000
250Ö
2000
(Eisbären)300
300000
100000
100000
6000
55000
60000
150000
220000
50000
1000000
100
6500
23000
85000
2300
9000
6000
5000
700
23000
9000
330000
1200000
205000
330000
3775600
50000
60000
300000
525000
150000
10000
100000
2000
60000
20000
225000
26000
45000
7000
500
2100
14500
50000
330000
180000
30000
200000
2387100
Fünftens endlich:
Jährliche Production Süd -Amerikas, Süd-Asiens, Africa's, Australiens
und der Südsee-lnseln.
Weilh
in Thalern.
Chinchillas von Peru und Chile
Pelzseehunde
Seehunde
Coipu (Nutria, Ragondain)
Affen von Südamerika und Afrika . < . .
Löwen und Tiger von Südafrika und Ostindien
Opossum von Australien
100000
30000
500000.
3000000
40000
500
30000
3700500
80000
180000
500000
400000
50000
5000
30000
1245000
51
Jährliche G-esammtproductioii von Eauchwaaren.
Asien
und
Mittel-
russ. Nord-
Europa.
Amerika.
1
Nord-
Araerilca
und Süd-
Amerika.
Russland,
Scliweden,
Island und
Grönland.
Total.
Werth
Zobel ....
Nerze ....
Edelmarder . .
Steinmarder
Iltis ....
Kolinsky . . .
Hermelin . . .
Eichhörnchen .
Bisam ....
Hamster . . .
Chinchillas . .
Silber-Füchse .
Kreuz- „
Blaue „
Weisse „
Kothe „
Gris-
Kitt-
Waschbären
Virgin. Iltis . .
Skunks . . .
Opossum . . .
Murmelthiere .
Bären ....
Luchse . . .
Wölfe ....
Büffel . . .
Vielfrasse . .
Dachse . . .
Biber ....
See-Ottern . .
Ottern ....
Pelz-Seehunde .
Seehunde . . .
Coipu ....
Hasen ....
Kaninchen . .
Katzen . . .
Lammfelle . .
Affen ....
Löwen und Tiger
109000
80000
350000
6000000
150000
500
5600
54000
45000
30000
40000
1700
15000
6000
300
30000
1200
4000
25000
130000
2000000
250000
700000
120000
250000
380000
200000
140000
5000
500
30000
12000
20000
1300000
4420000
500000
2000000
130000
200000
6000
55000
60000
150000
220000
50000
1000000
2850000 —
*100000
1500
4300
8000
60000
25000
10000
600000
12500
100000
250000
5000
15000
26000
12500
60000
2500
2000
130000
300
20000
*30000
( 20000
1*500000
*3000000
580000
45000
*40000
*500
100
6500
23000
85000
*30000
5000
2300
9000
6000
700
23000
9000
330000
1200000
205000
330000
245000
255000
180000
400000
600000
80000
400000
7000000
3000000
200000
100000
2000
10000
6500
85000
330000
25000
40000
600000
12500
100000
280000
55000
19000
50000
25000
60000
3500
55000
160000
1500
45000
55000
1000000
3000000
4500000
5000000
1000000
3030000
40000
500
32050500
2500000
700000
840000
1350000
600000
80000
100000
1000000
lOOOOOO
2000
80000
200000
77000
60000
85000
700000
25000
40000
600000
100000
80000
80000
11050
195000
175000
40000
480000
10600
41000
575000
200000
305000
280000
lOOOOOO
400000
1030000
800000
235000
1325000
50000
5000
17456650
* bezeichnet die Producte Süd - Amerika's , Süd -Asiens, Afrika's und
Australien's mit den Südsee-Inseln.
Bei vorstehenden Listen sind wir vorsichtig gewesen, die Zahl
und den Werth nicht zu hoch anzugeben.
4*
52
Der Fang der Pelzthiere.
So schwer auch den wilden Pelzthieren wegen der ihnen
angeborenen List und Scheu und des Erhaltungstriebes beizu-
kommen ist, so giebt doch der Verstand des Menschen, durch
welchen er 'Herr über die Thiere ist, die menschliche Klugheit und
besonders die Erfindung des Feuergewehrs ihm die Mittel, die
wilden Thiere zu erlegen und sie zu seinem Nutzen zu verwenden.
Die Zobel werden fast in allen Ländern, wo sie vor-
kommen , in Fallen gefangen , ebenso die Steinmarder * , Iltisse,
Nerze, und Kolinsky. Edelmarder und Wildkatzen werden fast
immer nur geschossen. Eichhörnchen werden in einigen Theilen
Asiens mit vergifteten Pfeilen getödtet, in andern aber, und
gerade da, wo sie am häufigsten vorkommen, durch die Nahrung
vergiftet. Man streut nämlich in der strengern Jahreszeit Futter
für sie in den Wald, nicht eiwa zum Zwecke, sie zu nähren,
sondern nur um ihrer habhaft zu werden; denn, sobald eine
Menge dieser Thiere an den Futterplatz sich gewöhnt hat,
kommt für sie der unheilsvolle Tag: man wirft ihnen vergiftetes
Futter hin, wonach man sie zu vielen Hunderten durch Gift
getödtet und durch Kälte hartgefroren auffindet. — Bisamratten
werden unter dem Eise, in welches man ein Loch gehauen hat,
* Ein Bauer, welcher einem Kürschner ein frisch abgestreiftes Stein-
marderfell zum Verkauf brachte, sagte, dass er in 5 Tagen noch ein solches
bringen werde, und erzählte auf die Frage, warum er dasselbe nicht gleich
mitgebracht habe, dass er ein Ei in der Falle aufstelle, dann sieben Pflaumen,
eine jede einen Fuss von der andern entfernt, davorlege; der Marder hole
jede Nacht nur eine Pflaume; jedoch sei er, nachdem er die erste gefressen,
am achten Tage gewiss in der Falle.
53
mit Widerhaken gespiesst. Chinchillas, Waschbären und Skunks
werden von eigens dazu abgerichteten Hunden gefangen. Für
alle Arten von Füchsen gilt die Flinte; Fischottern werden vom
Anstand geschossen, wenn sie eben den Kopf aus dem Wasser
emporhalten. Die Indianer fangen sie in Fallen, oder vergiften
sie durch Lockspeise. Dachse hetzt man mit Hunden; Biber
werden in ihren Uferbauten aufgesucht und in Fallen gefangen,
erschlagen oder geschossen.
Eines der für den Jäger gefährlichsten Thiere ist der
Luchs , weil , wenn er nicht auf den ersten Schuss fällt,
er wohl den Jäger angreift und tödtet. Eisbären werden
theils mit Harpunen, wohl aber auch, wenn bei sehr starker
Kälte im Norden das Eisen weich wird, mit Lanzen von Holz,
mit Eisspitzen versehen, erlegt. Für diese, wie für andere
Bären und für Wölfe ist jede Waffe gut, mit welcher man
das Thier tödten kann. Seehunde werden, während sie im
Sonnenschein an den Ufern der Inseln schlafen, von dem Schiffs-
volk zu hunderten mit Knittelschlägen betäubt und dann wird
ihnen sogleich der Bauch aufgeschnitten. Hasen, wiewohl man
sie bei uns nur schiesst, werden in Sibirien und der Tartarei,
wo man das Fleisch nicht geniesst, in Fallen gefangen.
Stufenfolge der Pelzwerkbereitung.
Man wird nicht irren, wenn man die Bildungsstufe der
Völker nach der geringeren oder grösseren Vollkommenheit ihrer
Werke, und zunächst ihrer Kleider, abschätzt. Nach dieser
54
Richtschnur nehmen die niedrigste* Stufe ein: die Esquimaux
und Indianer im westhchen Nord - Amerika. Die Esquimaux
besitzen gute Zobel, Nerze, weisse, rothe, blaue, Kreuz- und
Silber-Füchse , Eisbären , graue Bären etc. ; sie kleiden sich
viel in Zobel- und Nerzfelle, welche sie jedoch ungereinigt,
fast ohne alle Bereitung und ohne Ordnung zusammenheften.
Die Indianer im Oregongebiet reiben ihre Bärenfelle nur mit
hartem Holze, um sie etwas geschmeidig zu machen. Die nächste
Stufe nehmen die Neu - Seeländer und die Kaffern ein; erstere
stellen grosse Decken von Opossum, grauen Füchsen und Wild-
katzen zwar ordentlich zusammen, doch fast ohne alle Bereitung
des Leders; letztere wissen ihre Leoparden, Gepards, Hyänen,
Wölfe, Springböcke und gestreiften Katzenfelle gut zu bereiten
und zusammenzunähen, vereinigen diese Felle jedoch gewöhnUch
in buntem, unregelmässigem Durcheinander. Auf die dritte Stufe
der Vollkommenheit stellen wir die Grönländer: sie verwenden
zu ihrer Kleidung zwar nur gemeine Seehunde und Rennthier-
felle (ihre weissen und blauen Fuchsfelle werden ausgeführt),
jedoch verfertigen sie ihre Kleider, namentlich von Seehundsfellen,
mit grösster Sauberkeit. Ihre Röcke (Blousen, die Kopf und
Oberkörper bedecken) sind fein und dicht mit Därmen, anstatt
des Zwirnes, genäht, und meistentheils mit schwarz-, roth-
und grüngefärbten Streifen garnirt, auch ihre Beinkleider und
Stiefeln sind gut gearbeitet. Bei gleicher Tracht von beiden
Geschlechtern tragen die kleinen Frauen so grosse weite Stiefel,
dass sie in jedem eines ihrer Kinderchen beim Gehen mit fort-
tragen. Auf der vierten und fast schon auf der höchsten Stufe
stehen die Chinesen; sie wissen ihre Zobel, Eichhörnchen, Katzen,
* Wir können hier die schwarzen Afrikaner, welche leider selbst einen
Handelsartikel bilden und sich noch an gar keine Kleidung gewöhnt haben,
nicht mitzählen.
55
Füchse, Luchse und Tigerfelle gut zu bereiten, die Zusammen-
stellung der Felle ist musterhaft ordnungsmässig ; sie verstehen
das bei den Kürschnern sogenannte Auslassen und Einlassen der
Felle , wodurch man z. B. ein Zobelfell durch verschiedene Ein-
schnitte noch einmal so lang oder noch einmal so breit machen
kann, wie es von Natur war, ohne dass man auf der Haar-
seite des Felles die Einschnitte und Näthe bemerkt. Die Chinesen
treiben auch in Pelzwerk grossen Luxus; sie tragen z. B. Röcke
ohne Aermel von drei Seeotterfellen die 800 bis 1500 Thaler
werth sind; eine Art Stola von 40 Zobelfellen, 1000 bis 3000 Thaler
kostend, sind bei den vornehmeren Klassen sehr gewöhnlich.
Wenn wir nun zeigen, wie wahrscheinlich die Kultur vom Osten
Asiens zu uns gekommen ist; wenn wir noch sicherer annehmen,
dass wir die Bearbeitung des Pelzwerks von den Chinesen gelernt
haben ( — von uns haben sie es wahrlich nicht gelernt, denn sie
haben es tausend Jahre früher , als wir verstanden — ) : so müssen
wir gestehen, dass wir die Kunst wenig vervollkommnet haben;
denn wenn die Kürschnerarbeit auch über ganz Europa vielfach
ebensogut, so wird sie doch nur sehr vereinzelt besser als in
China angefertigt. Neben den chinesischen Kürschner -Arbeiten
kennen wir als die besten: die Zobel- und Fuchsfutter aus
der kaiserlichen Kabinets - Kürschnerei in St. Petersburg, die
deutschen und französischen Galonage - Arbeiten im zweiten Dezen-
nium unseres Jahrhunderts, die Pelzfärberei von J. Apold in
London und die Bereitung von Feh (Eichhörnchen) und Chin-
chillas in Weissenfeis, Naumburg und Leipzig.
56
Bereitung der Pelzfelle.
Weil zu Pelzwerk in der Regel Winterfelle dienen, deren
Haut dünn, und deren Haar dicht ist*, so ist die Bereitung
des Leders mehr oder weniger leicht und einfach; von der Leder-
gerbung ist sie besonders dadurch verschieden, dass das Haar
nicht blos bleiben, sondern auch in seiner Schönheit erhalten
werden muss. Die meisten Pelzfelle, nämlich alle Arten Füchse,
Marder etc. werden, nachdem die Haut mit salzigem Wasser
gut durchfeuchtet (nicht etwa durchnässt) ist, an einem im
Achtel -Zirkel gebogenen, etwa eine Elle langen und eine viertel
Elle breiten sogenannten Fleischeisen geschabt, damit die doppel-
häutigen Theile entfernt werden. Dieses ist auch die erste Pro-
zedur, die Haut geschmeidig und bewegUch zu machen, um sie
nach Belieben breit oder lang dehnen zu können; unmittelbar
darauf, um die Geschmeidigkeit zu erhalten, streicht man das
Leder mit Fett, Butter oder Oel ein; dann wird etwas Mehl
auf die Haut gestreut und das Fell halb abgetrocknet, worauf
es abermals an einem weniger scharfen Eisen herumgezogen,
gepakelt wird. Hierauf wird das Fell mit warmem Sand und Säge-
spänen geläutert , d. h. mehrere Stunden lang in einer Tonne
herumgedreht, mit Stöcken geklopft und endhch vor einem
scharfen Eisen nochmals nachgeschabt (abgezogen). Viele Kürschner
bestreichen die Felle mit fettigen Ingredienzen erst nachdem sie
schon halb abgetrocknet sind, wodurch die Arbeit schwieriger
wird. In Russland beizt man das Leder mit gesäuertem Hafer-
* Im Sommer, wo das Haar der Pelztliiere dünn ist, ist die Haut
gewöhnlich dicker.
57
schrot, welche Weise dasselbe zwar mild macht, doch auch das
Haar schwächt. Man reinigt die Felle, indem man sie mit
Sägespänen vermengt und in einer Tonne mit den Füssen aus-
treten lässt. Lammfelle aller Art werden zunächst in Wasser
eingeweicht, ganz durchnässt, dann gewaschen und nach dem
ersten Abschaben (Fleischen) mit Gerstenschrot eingestreut; hierauf
acht bis zwölf Tage in eine salzige Beize, scharf genug, um
ein Ei zu tragen, gelegt, und nach dem täglichen Umwenden,
welches das Heisswerden verhindert, getrocknet, darauf gepakelt,
gereinigt und abgezogen. Kaninchen werden mit Alaun gebeizt.
Eichhörnchen werden roh mit Butter bestrichen, vor dem Fleischen
gewalkt und mit Sand und Gyps gereinigt. Chinchillas werden
mit feinem Pudermehl durch Umschütten in einem Ledersack
gereinigt. Pelzseehunde werden in eine Kalkbeize gelegt, bis
eine Gährung eintritt, die das Ausschaben des Conturhaares
erleichtert; mit einem scharfen Eisen schabt man das Haar des
auf einen Gerberbaum gelegten Felles. Die Grundwolle aber ist
einestheils so fein, dass das Eisen sie nicht greift, anderntheils
geht sie auch nicht so tief durch die Haut, dass sie von der
Gährung ergriffen werden könnte. Die Bereitung der Pelzseehunde
wurde bisher in England am besten betrieben. In England
werden diese und fast alle andern Pelzfelle, anstatt sie zu
walken, mit menschlichen Füssen weich getreten, welche Methode
ihre Vortheile hat, indem eine Beschädigung, die durch die
harte Holzwalke vorkommt, hier nicht geschehen kann. Die
Engländer haben diese Bereitungsweise von den Deutschen erlernt,
aber schon seit vierzig Jahren wollen die deutschen Arbeiter
ihre Füsse nicht mehr dazu hergeben. Die Engländer trinken
ihren Pot Porter und treten auf den Fellen herum ; doch
mehr als bei uns ist bei ihnen die Arbeit getheilt, jene Zu-
richter fleischen nicht, und umgekehrt.
58
In Bezug auf die Industrie sind Kaufleute und Consumenten
Kosmopoliten; die ersten müssen ihre Waaren von daher be-
ziehen, oder dort arbeiten lassen, wo sie am schönsten her-
gestellt werden; und der Consument zahlt dafür nicht mehr,
noch zieht er geringere Waare vor, weil sie etwa im eigenen Lande
gearbeitet wurde.
69
Waarenkunde.
Rauchwaaren nennt man die Pelzfelle von Thieren, die
grösstentheils zur Kleidung der Menschen dienen, und die, unter
Belassung des Haares, nur auf der Fleischseite bereitet wer-
den.* Der Werth derselben entsteht aus ihrer Brauchbarkeit,
Qualität, d. i. Dichtigkeit und Feinheit des Haares, Farbe,
sowie Seltenheit und Mode. Da die Natur die Thiere im kal-
ten Clima zu dichterem Haarwuchs zwingt, so findet man in
rauhen Gegenden, vorausgesetzt, dass es nebenbei ein frucht-
bares Land sei, die besten Pelzfelle. Hoch im unfruchtbaren
Norden sind weniger Thiere und deren Felle weniger schön, weil
die Thiere ungenügende Nahrung haben.**
* Zum Unterschiede von Thierhäuten, die zur Lederbereitung dienen,
als Hirsch-, Reh-, Ziegen- und Schaffelle, Kalb-, Ochsen- und Pferdehäute.
** Durch die Jahreszeiten werden die Pelzfelle fortwährend verändert.
Es hat z. B. ein Edelmarder im Juli sein Sommerkleid, ein dunkelbraunes,
glatt anliegendes struppiges Haar, welches er im September verliert, wann
ihm eine kurze dichte Wolle mit kurzem Contur- oder Oberhaar wächst;
im November ist dieses Haar schon stattlich lang und am schönsten in Farbe;
im December und in der ersten Hälfte des Januar ist das Fell völlig aus-
gewachsen, und demnach am besten. Im Februar verliert sich die Farbe,
60
Das brauchbarste und edelste Pelzwerk sind die Felle der
sibirischen Zobel
(lat. Mustela sibelUna, engl. Sable, franz. Zibeline, russ. Sobol),
welche nach der Naturgeschichte zu den Raubthieren, und
zwar zu den Mardern gehören, und an Grösse und Le-
bensweise den deutschen Mardern gleichen. Sie sind ein
höchst werthvolles Pelzwerk; der Preis variirt von 10 bis
150 Thlr. per Stück. Ihre Farbe geht vom Hellbräunlichen
bis in tiefes Dunkelbraun. Die dunkeln vollkommen rauchen
und feinen Felle sind die theuersten. Die schönsten Zobel*
liefern die östlichen Provinzen Sibiriens, Jakutsk und Ochotsk,
weniger schön sind die vom Jenisei, von der Lena und vom
Amur -Flusse. Die sibirischen Zobel werden in China zu einer
Art Stola, in Russland zu Pelzfuttern, Kragen und Mützen, in
New -York, Philadelphia, in Paris, Wien, und anderen Haupt-
städten Europa's zu Garnituren für Damenpelze benutzt. Ehren-
pelze von Zobel werden von Seiten des Kaisers von Russland
verschenkt, und die Krone des Kaisers ist eine mit Juwelen
und Gold verzierte Zobelmütze.
und der Winterpelz beginnt, namentlich an den Bauchtheilen, Abnutzung zu
zeigen; im März, in der Begattungszeit, wann die zärtlichen Thiere einander
beissen und das Haar ausrui)fen, verliert das Fell fast allen Werth, worauf
es durch die wärmere Jahreszeit zum Sommerkleide wird, welches gleichfalls
fast werthlos ist. Bei einer Preisangabo kann daher nur von guten Winter-
fellen die Rede sein.
* Die kaiserl. Cabinetskürschnerei in St. Petersburg, welche überhaupt
als Muster für gute Pelzarbeit gelten kann, verarbeitet vielfach die schönsten
Zobel zum Gebrauche der kaiserlichen Familie. Man konnte in Stuttgart
Zobelfutter sehen, die für die hohe Schwester des Kaisers, damals Königin
von Würtemberg, angefertigt waren, und die den Werth von QOOO Thaler (für
jedes Futter) hatten.
61
Amerikanische Zobel
(lat. mustela canadensis, engl, märten, franz. Martre de Canada,
russ. Udos) *
sind gröber von Haar, als die russischen und sibirischen; ihre Farbe
ist mehr ins röthliche Braun fallend, dabei jedoch in allen Graden von
gelblich bis dunkelbraun; ihre Grösse ist gleichfalls wie die der
Marder. Die schönsten amerikanischen Zobel kommen von den
Küstenländern der Hudsonsbay, vom Grand Wale River,
Little Wale River, von East-Maine, und von der Küste
Labrador's, diese sind oft 25 Thaler per Stück werth, wäh-
rend Zobel südlich vom St. Lorenzbusen oft nur 5 Thaler
kosten. Fort York bezieht die Zobelfelle vom rauhen Norden,
wo sie gröber im Haar sind; diese, sowie die Felle vom
Makenzieriver und weiter südlich vom Moose River haben
den Werth von 5 bis 15 Thaler. Von amerikanischen Zobeln,
die wegen ihres massigen Preises in allen Ländern, auch in
Russland, viel verbraucht werden, verwendet England allein die
grosse Mehrzahl**, besonders vielleicht, weil die Engländer die
blonde und hellbraune Farbe lieben. Im Allgemeinen jedoch
bedingt die dunklere Farbe neben der Qualität den höheren
Werth. Die Schweife*** der Zobel sind gleichfalls werthvoU;
sie werden mit V2 bis 2 Thaler bezahlt und zu Besätzen für
Damenpelze und zu Mützen der- polnischen Israeliten verwandt.
* Mit dem Namen „amerikanische Zobel" (aMepHKaHCBKia Coöojb) be-
zeichnen die Russen die Felle des virginischen Iltis.
** Ein englisches Kürschnergeschäft, George Smith & Sons, kaufte allein
eines Tages 30,000 amerikanische Zobel in einer Auction der Iludsonsbay-
Compagnie.
*** Der Rauchwaarenhandel hat andre technische Ausdrücke als die
Jäger.
62
Nerze
(lat. musiela lutreola* , engl, minh, franz. vison^ russ. norJca)
gehören zu den Mardern, und sind an Grösse und Lebensweise
denselben ähnlich. Sie haben einen feinen, glänzend braunen
Pelz, jedoch von kürzerm Haar als der der Zobel, und wer-
den überall, im nördlichen Europa am meisten in Russland
gefangen; die beiweitem grösste Anzahl aber und zugleich die
schönsten Felle dieser Art liefert Nord-Amei:ika und hier
ist besonders die Ostküste, Neu-England, der Staat Maine,
das Gebiet, welches die geringsten Zobel, jedoch die feinsten
und dunkelsten Nerze liefert.
Amerikanische Nerze gelten jetzt 3 bis 10 Thaler, wäh-
rend russische nur 1 bis 2 Thaler per Stück werth sind.
Erstere haben feineres und darum haltbareres Haar. Man
kann das Haar der amerikanischen und russischen Nerze wie
Seide und Zwirn vergleichen. Verbraucht werden Nerze in
Deutschland zu Pelzfuttern und Kragen, in Frankreich zu Gar-
nituren, in jüngster Zeit verwenden die Amerikaner ihre schö-
nen Nerze fast alle selbst; während die Männer in politischen
Unbilden und Kriegsgetümmel verwickelt sind, scheinen die
Frauen sich in kostbarem Pelzwerk warm zu halten.
* Die lateinische Benennung ist nicht massgebend, weil der Nerz mit
den Ottern nichts gemein hat als allenfalls die Farbe und nicht im Wasser
lebt; denn er hat keine Schwimmhaut und lebt, wie der Marder und Iltis,
gern auf Bauerhöfen. Auch giebt es kein Thier, welches man Sumpfotter
benennen könnte; alle Ottern sind viermal so gross und leben nur in klaren
Teichen und See'n. wo sie am liebsten sich von Fischen nähren.
63
Edelmarder oder Baummarder
(lat. mustela martes, engl. Baummarten, franz. Martre de Prusse,
russ. Kunitza),
auf dem ganzen europäischen Continent und in Asien in Wäl-
dern lebend, ist von der Grösse der Zobel; jedoch ist sein
Schweif länger, und, entweder weil die bräunliche Farbe dem
Zobel gleicht, oder zum Unterschiede vom Hausmarder, hat
man ihn Edelmarder genannt. Die Felle werden mit 5 bis
10 Thaler per Stück befahlt. Die schönsten Edelmarder liefert
Norwegen, die nächsten Schottland, und nun nach der Reihe
Italien (das dunkelbraune etwas kurzhaarige Felle liefert), dann
Schweden, Norddeutschland, die Schweiz und die bayrische Hoch-
ebene, die - Tartarei , Russland, die Türkei und Ungarn.* Ame-
rika hat weder Edelmarder, Steinmarder noch Iltis. Edelmarder
ist ein leichter, warmer und angenehmer Pelz, und wird vor-
nehmlich in Russland, wo man diese Eigenschaften zu schätzen
weiss, zu Pelzfuttern verbraucht.
Steimnarder
(lat. mustela foina, engl, stonemarten, franz. fouine),
in allen Gegenden, wie der Vorige, doch mehr auf Hühnerhöfen
und in Mauern lebend, weniger in Wäldern, hat dunkelgraue
Farbe, zweizöUiges , gröberes Haar und einen schwärzlichen
8 Zoll langen Schweif. In Ungarn und der Türkei, wo es die
am wenigsten schönen Baummarder giebt, findet man die schön-
* Um diese Felle nach ihrem Werthe zu ordnen, musstcn wir sonder-
bare Sprünge auf der Landkarte machen.
64
sten, dunkelsten und grössten Steinmarder. Ihr gegenwärtiger
Preis ist SVa bis 4'/2 Thaler per Stück.
Die P'elle werden meistentheils in Russland, in Polen,
Amerika, England und Frankreich zu Pelzfuttern und Garnituren
verbraucht; in England färbt man sie ähnlich dem Canada-
Zobel, in Russland den sibirischen Zobeln gleich.
ntis
(lat. mustela piitorius, engl, fitch, franz. putois, russ. choriok),
der gefürchtete Bewohner der Hühnerhöfe, heimisch in ganz
Europa und Asien, hat IV2 zölliges Haar von gelblichem Grunde
und schwärzlichen Spitzen, im Werthe von V2 bis 2 Thaler
per Stück. Die besten Iltisfelle liefern die bayrische Hoch-
ebene, dann Holland, Norddeutschland und Dänemark, weniger
gute Ungarn und Polen, und die geringsten Russland und
Asien. Russland liefert kleine, schwärzliche, sogenannte schwarze
Iltisse, Asien hellgelbliche, sogenannte weisse, die sehr geringen
Preis haben.
Die Mehrzahl dieser Felle wird, wahrscheinlich weil sie
im Verhältnisse zu ihrer Schönheit und Nutzbarkeit einen
massigen Preis haben, in den Productionsländern selbst ver-
braucht; doch wird eine grosse Anzahl nach Amerika und ein
Theil sehr guter Felle nach Schweden und Finnland ausgeführt.
Eine Untergattung bildet der in Russland vorkommende
Perwitzky
(lat. mustela sarmatica),
welcher eine bräunliche Farbe, und überall gelbe kleine Flecken
hat. Sein Pelzwerk ist von geringer Bedeutung im Handel.
65
Kolinsky
(lat. mustela sibirica),
tartarischer Marder, ist nur in Asien zu Hause, von gelbröth-
licher Farbe und IV4 Zoll langem Haar. Sein jetziger Werth
ist IV4 bis 1^/2 Thaler per Stück. Man verarbeitet ihn in
Russland zu Pelzfuttern und verbraucht ihn in England gefärbt
als Zobel; die Schweife sind V2 Thaler werth und liefern
vorzügliche Malerpinsel.
Hermeline
(lat. mustela erminca, engl, und franz. ermine, russ. gornostai),
mit unserm Wiesel verwandt, werden nur in Sibirien und
Russland, jedoch in grosser Anzahl, gefangen. Die besten
Gattungen kommen von Barabinsk und Ischim; geringe Sor-
ten von Jenisei und Jakutsk. Das Hermelin ist von rein
weisser Farbe* mit schwarz gespitztem Schweifchen. Der Preis
ist je nach Schönheit nur 10 bis 30 Thaler per Zimmer von
40 Stück, weshalb sie wohl weniger der Kostbarkeit als haupt-
sächhch der glänzenden Weisse wegen als Fürstentracht gelten.
In England und Frankreich sind sie seit 15 — '20 Jahren eine
allgemeine Tracht geworden, neuerdings auch in Amerika, und
seit einigen Wintern erscheinen auch unsere Damen in Assem-
bleen und Concerten in diesem glänzend weissen Pelze, dem
Spiegel der Reinheit.
* Das Hermelin wechselt, wie andere Thiere, mehrmals seinen Pelz,
der im Winter weiss, im Sommer aber graugesprenkelt oder bräunlich ist.
66
Eichhörnchen
(lat. sciiü'us, engl, squirrel, russ. hiell'a, auch Feh, Veh oder
Grauwcrl-, davon das franz. peMt gris),
gehören in die Gattung der Nagethiere. Man findet sie überall
im Norden, wo es Wälder giebt; Amerika liefert schwarze und
graue, fast werthlose Felle, Schweden und Finnland röthliche,
Russland und hauptsächlich Sibirien producirt jedoch Millionen
dergleichen graue und schwärzlich graue, schöne brauchbare
Felle. Die Eichhörnchen sind um so heller, je westlicher ihr
Vaterland ist, die dunkelsten liefert der Osten Sibiriens. Die
letzten, welche am höchsten geschätzt werden, konnnen aus
Ochotsk, Nertschinsk, Jakutsk, Tunginsk und Irkutsk,
die helleren Felle aus Kasan, Jenisei, Kusnetz und Wo-
logda. Nur der Rücken ist grau, der Bauch weiss, der
Schweif mehr oder weniger schwarz. Sie werden je nach Ur-
sprung und Schönheit mit 8 Thaler bis 35 Thaler per 100 Stück
bezahlt Die Felle dienen zu Pelzfuttern und Garnituren. Die
Rücken liefern graue, die Bäuche bunte, d. h. grau und weisse
Pelzfutter. Die Kürschner, welche im Norden Deutschlands und
in Dänemark Bundfutterer, Bundmager heissen, mögen wohl
von diesem Pelzwerke ihren Namen abgeleitet haben.* Der
Name Kürschner entstammt dem altdeutschen Wort „küren"
(auswählen); Auswahl und Zusammenstellung der Felle ist der
Kürschner hauptsächlichste Kunst. Eichhörnchen werden überall,
wo durch Bedürfniss und Mode zu Pelzkleidung Veranlassung
geboten ist, verbraucht. China, Russland, Amerika, Deutsch-
* Das Gewerbe war aber früher in zwei verschiedene Zweige streng
geschieden, nämlich in Buntfiitterer und Pelzer, welche letztere aus-
schliesslich Lamm- und Schaffelle bereiten, verarbeiten und verkaufen
durften, wogegen den liuntfutterern der Handel mit diesen Fellen verboten war.
07
land, Fraiikreicli und England sind für diesen Artikel die
Hauptconsunienten. Die Schweife, welche sowohl von diesen,
als von den meisten andern Pelzthieren einen besondern Handels-
und Verbrauchsartikel bilden, dienen zu Boas, zum Ausputz an-
derer Pelzgegenstände und andererseits auch zu Malerpinseln.
Es finden sich in China, Russland und Finnland auch
fliegende Eichhörnchen, bei denen sich eine schmale, 2 Zoll
breite Schwunghaut zwischen den Vorder- und Hinterfüssen aus-
breitet. Ihr Haar ist feiner, länger und nicht so dicht, wie
bei den gewöhnlichen Eichhörnchen; die Haut ist sehr dünn.
Man findet sie nur in solcher Minderzahl, dass sie selten zu
Pelzwerk gebraucht werden.
Bisam
(lat. lemmus sibetliicus , engl, musquash, musqrai, franz. rai
musque),
ein Erzeugniss Asiens, und besonders Nord-Amerika's, wo
sie an den Seen jährlich zu Millionen gefangen werden. Sie
haben weiches, einen Zoll langes Haar, und werden je nach
Schönheit mit 25 bis 100 Thaler per 100 Stück bezahlt. Es
giebt in Amerika hellbraune, dunkelbraune und schwarze Bisam,
die schönsten P'elle der letztern Gattung jedoch in Russland.
Diese sind besonders wegen der silbergrauen Bäuche sehr behebt.
Vor 20 — 30 Jahren, als die Männer grösstentheils Hüte von
Hasen-, Biber- und Bisanihaar trugen, wurden Bisamfelle zu
Pelzwerk wenig oder gar nicht gebraucht. Erst, als die Mode
sich den Seidenhüten zugewandt hatte und die Bisamfelle da-
durch sehr billig geworden waren, nahm die Speculation sich
dieser Felle für den Pelzwerkverbrauch an. Anfangs fand man
den etwas moschusartigen Geruch nicht angenehm, man hat sich
aber daran gewöhnt, und zur Zeit wird dieses Pelzwerk überall
5*
<
68
in Amerika, China, Russland, in der Türkei, in Aegypten,
Italien, Frankreich und besonders in Deutschland viel getragen.
Ueber 3 Millionen Stück werden jetzt jährlich zu weichen, war-
men und gutaussehenden Pelzen, Kragen und Muifen verbraucht.
Hamster
(lat. cricetus\
zu den Nagethieren gehörend, leben in der gemässigten Zone
Europa's und zum Theil in Sibirien. In Deutschland sind sie
häufig in den Harzgegenden, und es bildet die Verarbeitung
derselben zu Pelzfuttern in den Städten Quedlinburg und Hal-
berstadt einen hervorragenden Industriezweig. Das Haar ist kurz
und dünn, der Rücken goldig -grau, die Seiten gelb, der
Bauch schwarz. Es kommen jährlich eine Anzahl von 6 — 800
Dutzend Hamsterfutter in den Handel, die je nach der Grösse
15 bis 36 Thaler per Dutzend kosten und in Deutschland,
Italien, Frankreich und der Türkei verbraucht werden. In die-
selbe Gattung gehören die Felle der Siebenschläfer (Billich-
mäuse) wie die der Maulwürfe und anderer kleiner Pelzthiere,
die jedoch, ihres geringen Werthes wegen, eigentlich keinen
Handelsartikel bilden.
Chinchilla
(lat. eriomys Chinchilla)^
zu den wenigen Pelzerzeugnissen Süd-Amerika's gehörend, haben
ihren Namen von dem Lande Chile, wo schwedische Kaufleute
(das schwedische Wort „Chin" heisst Fell) sie wahrscheinlich
zuerst gefunden haben. Nur in jenen regenlosen Landstrichen,
auf feiusandigem Boden, kann ein so zarter Pelz wie der der
Chinchilla sich erhalten. Das seidenweiche Haar misst IV4 Zoll,
69
die Farbe ist silbergräu und schwärzlich melirt. Der Preis ist
15 bis 30 Thlr. per Dutzend. Es ist ein angenehmes, für
Damen sehr kleidsames Pelzwerk, das bald in Paris, bald in
London, New -York oder St. Petersburg zur ersten Modetracht
erhoben, zur Zeit wieder in Paris in höchster Gunst ist.
Neben den echten Chinchillafellen liefern dieselben Gegenden
verschiedene Abarten dieser Felle, als: Chinchillone, die gross
und schmutzig gelb sind, und Bastard-Chinchillas, die klein
und kurzhaarig sind. Beide letztere Gattungen sind unschön
und haben wenig Werth. *
Wir wenden uns jetzt einer der am weitesten verbreiteten
Familie von Pelzthieren zu, den Füchsen.
Schwarz- und Silberfüchse
(lat. canis argentatiis)
nehmen durch ihre Schönheit und Kostbarkeit den ersten Rang
ein. Dieselben finden sich hauptsächlich in Sibirien, auf den
Aleuten und im nördlichen Theile Nord-Amerika's. Die
* Als ein Beweis, wie gefährlich der Handel mit ^.auchwaaren bei
Mangel an Waarenkenntniss ist, diene Folgendes: Ein englischer Pianoforte-
Arbeiter in Chile schickte seiner Mutter in London vier Dutzend schöne
Chinchillas. Als die Frau, welche eher arm als reich war, erfährt, dass
die Felle den Werth von 48/ Sterl. per Dutzend haben, verkauft sie die-
selben, anstatt sie für ihren Gebraucli verarbeiten zu lassen, und schreibt
ihrem Sohn unter Dank für das Geschenk, dass der Erlös aus dem Verkaufe
ihr von ungleich grösserm Nutzen gewesen sei, als die Felle selbst ilir hätten
bieten können. Der Sohn hatte nur etwa den zehnten Theil des Werthes
für dieselben bezahlt und berechnete nun, dass, wenn er seine Ersparungen
von einigen hundert Pfund Sterling in solchen Fellen anlege, er ebensovielc
Tausend Pfund haben würde, womit er in England dann ein Geschäft errich-
ten könne. Aber statt der ächten kaufte er in seiner Unkenntniss diesmal
Bastard -Chinchillas, deren Versendung nach England ihm nicht nur keinen
Gewinn, sondern Schaden brachte.
70
amerikanischen sind bei weitem schöner und viermal so viel werth, als
die sibirischen. Die schönsten Felle liefert das Hu dsonsbay- Terri-
torium und die Labrador- Küste. Das Thier hat die Grösse un-
serer rothen Füchse, das Fell ist aber glänzend schwarz oder
silbrig; solche, welche gar keine oder wenig silbrige Haare haben,
heisseu Schwarzfüchse und diese sind die kostbarsten, da ein
solches Fell mit circa 300 Thalern bezahlt wird. Silbrige
Felle kosten je nach Schönheit 50 bis 200 Thaler. Das Haar
ist sehr dicht und fein, dabei 2V2 Zoll lang. Die äusserste
Spitze des Schwanzes ist weiss. Die eigenthümliche Verschie-
denheit des Haares an jedem Fell veranlasst die russischen
Kürschner, dieselben zu zertheilen und die einzelnen Stücke
des Nackens, der Kehle, des Bauches und des Rückens be-
sonders zu Pelzen zusammenzustellen; so kann man nicht sagen,
dass man aus 25 schönen Fellen einen schönen Pelz anfertigen
könne, aber aus 120 Stück lassen sich fünf schöne Pelze her-
stellen. Auch die Füsse und untern Theile des Schwarzfuchses
liefern noch kostbares Pelzwerk. Die aus den Kehl- und
Nackenstücken verfertigten Pelze sind am werth vollsten , und es
kostet ein solcher oft 7 bis 8000 Rubel. Sie sind hauptsäch-
Uch die Tracht des alten russischen Adels und weil sie sehr
leicht sind, werden sie vornehmhch von den Frauen getragen.*
Jedoch kleiden sich auch der Sultan der Türkei und und an-
dere höchste und hohe Herren in solche Pelze.
Die an Werth den Silber- und Schwarzfüchsen zunächst
stehende Art, ist die der
* Zu der Hochzeitsausstattung einer vornehmen Dame in Russland ge-
hören vier oder fünf Pelze, nämlich einer von Schwarz- oder Kreuzfüchsen,
einer von Blau- oder Rothfüchsen, einer von Zobeln oder Mardern, einer
von Fehrücken oder Fehbäuchen. Andere Klassen tragen theilweise weniger
kostbare Pelze; doch wer es irgend bezahlen kann, muss mehr als einen
Pelz besitzen.
71
Kreuzfüchse
(lat. caais crucif/era^ engl, crossfox, franz. renard croise, russ.
siwadusclihi).
Sie haben mit den vorhergenannten die Productionsländer
gemein. Nord -Amerika liefert die schönsten Felle dieser Gat-
tung, während die sibirischen grobhaariger sind. Der Rücken
des Felles ist mehr oder weniger roth- oder gelbbräunUch und
bildet ein dunkles, farbiges Kreuz; der Bauch und die Kehle
sind schwarz. Die röthlichen Felle, wenn sie indess noch
schwarze Bäuche haben, heissen im Handel Bastard fuchse
und nähern sich den rothen Füchsen im Preise. Der Preis
guter Kreuzfüchse ist 15 — 40 Thaler per Stück. Auch bei
diesen Fellen werden die Nacken, Rücken, Kehlen und Bauch-
theile, ein jeder Theil besonders, verarbeitet. Es liefern die
Bäuche kostbare Frauenpelze, die Rücken schöne Männerpelze,
welche ausschliesslich in Russland getragen werden. Die Pfoten
werden von den Chinesen gekauft.
Blaufüchse.
Sie linden sich überall im hohen Norden. Die schönsten
und grössten Felle dieser Gattung liefert das russische Gou-
vernement Archangel am weissen Meere, nächstdem die La-
brad orküste und die am nördlichen Eismeere gelegenen Länder
Nordamerika's, dann Grönland und Island, von welchem
letzteren Lande sie grobhaariger und geringer Qualität sind.
Sie haben eigentlich eine mehr graue als blaue Farbe, liefern
ein feines, leichtes Pelzwerk, und werden zu Pelzfüttern und
72
Kragen in Russland und Polen gern gebraucht. Der Zeitwerth
dieser Felle ist 10 bis 25 Thaler per Stück.
Weisse Füchse
(lat. canis lagoptis)
sind ebenfalls Erzeugnisse nördlicher Polargegenden, die besten
liefert Labrador und Ruppertsland, weniger gute Asien,
Russland, Grönland und Island. Sie ziehen in sehr kalten
Wintern weiter südhch, wo sie von Indianern und Ansiedlern
erlegt werden. Weniger kalte Winter liefern deshalb eine ge-
ringere Anzahl weisser Fuchsfelle. Sie geben einen warmen
leichten Pelz und werden in China in Russland, und beson-
ders in der Türkei * viel als Dameupelzfutter getragen. Der-
zeitiger Werth der weissen Fuchsfelle ist IV2 bis 4 Thaler
per Stück.
B,othe Füchse
(lat. canis vulpes, engl, redfox, franz. renard rouge).
Diese liefert die nördüche Hälfte der nördlich gemässigten
Zone um den ganzen Erdkreis. Mit dem Fortschritt der Cultur
und dem Anbau des Landes scheinen die Füchse sich nicht zu
vermindern; nur in England sind sie selten geworden, doch
* Ein griechischer Kürschner aus Constantinopel erzählt: Ein Türke
habe bei ihm für eine seiner Frauen einen weissen Fuchspelz anfertigen
lassen, und als er die nächsten vierzehn Tage bei einer andern gewohnt,
habe auch diese sich einen solchen gewünscht. Der Türke, glaubend, dass
weisse Hasen, welche wohlfeiler sind, wohl auch genügend seien, konnte sie
mit solchem Pelze nicht befriedigen; er sah sich der grössten Heftigkeit
seiner zweiten Frau ausgesetzt, und musste ihr auch ein weisses Fuchsfutter
machen lassen..
73
liefert Deutschland fast regelmässig jährlich etwa 100,000 Stück.
Die besten rothen Füchse erhalten wir von der Labradorküste,
von Norwegen und den Aleuten, ferner nach der Reihe von
Canada, Schweden, dem Innern Russlands, Sibirien,
Dänemark, der Schweiz, Bayern, Steiermark, Nord-
deutschland, den Rheinländern, Frankreich, Italien und
Spanien. Während die erstgenannten 5 bis 8 Thaler, deutsche
Füchse IV2 bis i% Thaler kosten, sind die italienischen und
spanischen kaum V2 Thlr. per Stück werth. Der Rücken ist
heller oder dunkler röthhch feuerfarben, oft auch hellg^elb, —
der Bauch weissUch oder grau, Läufe schwärzlich. Rothe Füchse
werden am meisten in der Türkei, in Russland und Polen ver-
braucht. Man macht besondere Pelzfutter je von den Nacken,
den Kehlen, dem Kreuze, den Rücken und den Bäuchen der
Fuchsfelle; auch werden die Füsse und Schweife* besonders
verwendet.
Gris-PüchLse
(lat. canis cinereo-argenteus , engl, greyfox, franz. renard virginie).
Sie werden nur in Canada und im Norden der vereinigten
Staaten vorgefunden. Das Haar ist grob, der Rücken silbergrau
gesprenkelt, die Seiten gelb und der Bauch aschgrau. Sie
werden in Russland, Polen und Deutschland zu Pelzfuttern ver-
wendet, namentüch zu Reisepelzen, zur Zeit auch, zu Frangen
auf Tücher zerschnitten, in England verbraucht. Der Werth ist
1—2 Thaler pr. Stück.
* Die Schweife aller Füchse haben, weil sie grobwollig sind, nur sehr
wenig Werth. Als Beweis des Strebens nach Mannigfaltigkeit in der Natur
möge hier angeführt werden, dass die rotheu, die schwarzen und die Kreuz-
Füchse eine weisse Spitze, die Gris- und Kittfüchse ein braunes, die Blau-
und Weissfüchse ein kleines schwarzes Spitzchen am Schweife haben.
74
Kittfüchse
(lat. canis caragan oder virginianus),
auch Prairiefüchse und Steppenfüchse genannt, werden nur nord-
westlich der Felsengebirge Nord-Amerika's und in der Tartarei,
in beiden dieser Weltgegenden aber in grosser Anzahl gefunden.
Sie sind kleiner, als andere Füchse; das Haar ist weich und
dicht, der Rücken hellgrau, die Seiten gelb, Kehle und Bauch
weiss. Der gegenwärtige Preis ist ly^ — 1% Thaler pr. Stück.
Sie werden am häufigsten in China, in Polen und Deutschland
zu leichten Pelzfuttern verbraucht.
Waschbären (Schuppen)
(lat. procgoH lotor, engl, raccoon, in Russland genott, in Frank-
reich fälschlich marmottc, auch raton genannt).
Sie sind Erzeugnisse Nord-Amerika's, weniger des hohen
Nordens, als der Verein. Staaten und Canada's, und werden
in grösster Anzahl in den Staaten Michigan, Wisconsin,
Missouri, Illinois, Ohio, auch noch in Arkansas und
Tenessee vorgefunden. Sie haben graubraunes, mehr oder
weniger dunkles, dichtwolliges Haar; der 7 Zoll lange Schweif
ist gelbbraun mit schwarzen Ringeln. Der Werth ist in
vielen Stufen je nach Qualität und Farbe % bis '20 Thaler
per Stück. Schuppenfelle bilden unter dem Pelzwerk einen
Hauptartikel, der besonders in grossen Quantitäten nach Russ-
land verkauft wird; dort, sowie auch in Deutschland, trägt
man davon die allgemein bekannten und beliebten Reicspelze
(Schuppenpelze).
75
Virginische Iltis
engl, fisher, franz. pekan*, von den Russen ll/ca, auch ameri-
kanischer Zobel genannt,
kommen aus dem englischen Amerika und den nördlichen Ge-
genden der vereinigten Staaten. Das schöne, etwas starke
dunkelbraune Haar ist 1^4 Zoll lang, der 12 Zoll lange Schweif
ist buschig und schwarz. Derzeitiger Werth ist 10 bis 20 Thlr.
per Stück. Kaum eignet sich irgend ein anderes Fell besser zu
Männerpelzen, doch kommen dieselben freilich etwas hoch zu stehen,
nämlich auf 400 bis 1000 Thaler. In Russland bilden sie eine
sehr geschätzte Pelzkleidung. Die Schweife, welche gleichfalls
IV2 bis 3 Thlr. das Stück kosten, dienen den alt -frommen Juden
im südlichen Russland zum Besätze der Feiertagsmützen**.
Skunks
(lat. mephitis putorius)
werden nur im Norden der Vereinigten Staaten und in
Brittisch- Amerika gefunden. Sie sind 16 Zoll lang, und
8 Zoll breit, haben dunkelbraunes P/4 Zoll langes Haar und
zwei mehr oder weniger markirte weisse Streifen der Länge
* Die Naturgeschichte erzählt von diesem wichtigen Pelzthiere sehr
wenig und alsdann unter dem französischen Namen Pekan. Mit dem deut-
scheu Iltis hat er durchaus keine Aehnlichkeit. Er ist mehr als noch einmal
so gross wie dieser, lebt in Wäldern und hat eher Aehnlichkeit mit dem
Vielfrass.
** Als der Kaiser Nikolaus diese Tracht verboten oder doch mit
einer hohen Steuer belegt hatte, fiel der Preis der Virgin. Iltisschweit'e auf
1/3 Thaler per Stück, und erst seit II/2 Jahren, während der milden, duld-
samen und wohlwollenden Regierung des jetzigen Kaisers Alexander haben sie
wieder ihren früheren Werth erreicht.
76
nach über den Rücken. Ein langer grobhaariger Schweif dient
ihnen zur Waffe; derselbe ist ohne Werth. Diesen Thieren eigen-
thümlich ist ein durchdringender Geruch, weshalb sie bis vor
wenig Jahren vom Pelzhandel entfernt geblieben sind. Nachdem
man aber gelernt hat, durch neuere Bereitungsweise den Geruch
zu entfernen, sind sie ein brauchbares und in Russland und
Polen beliebtes Pelzwerk geworden. Der gegenwärtige Preis ist
IV4 bis 2 Vi Thaler per Stück, Von diesen Thieren giebt es
in den Staaten Michigan, Illinois und besonders in Ohio eine
grosse Anzahl, indess kann nur ein lohnender Preis die Jäger
veranlassen, sich mit dem Fange derselben zu beschäftigen, Es
kamen bis vor wenigen Jahren nur 1000 bis 2000 nach Europa;
jedoch ist die Zahl im gegenwärtigen Jahre 1863 auf über
120,000 Stück angewachsen.
Opossum
(lat. didelphys virginiana)
leben in grosser Anzahl in Ohio, Arkansas und andern südlichen
Staaten der amerikanischen Union; auch finden sie sich in geringer
Menge in Austrahen. Die amerikanischen haben ein weissliches
Flaumhaar mit langem, grobem, grauem Deckhaar, welche« die
Amerikaner sehr schön den deutschen Mardern und Iltissen ähnlich
zu färben wissen. Die australischen haben graues, mehr krauses
dichtes Haar; die Neuholländer verarbeiten sie oft zu Decken
und vertauschen sie an die Ansiedler, auf welche Weise sie
gelegentlich in den Handel kommen, sie haben indess keinen
festen Werth. Die amerikanischen sind zur Zeit sehr wenig
begehrt und kosten etwa V4 Thlr. per Stück. Vor wenig Jahren
hatte die Mode in Canada sie auf 1»/^ bis 2 Dollars gesteigert.
Man verarbeitet sie zu Pelzfüttern, die gefärbten zu allerlei
Galanterieartikeln.
77
Bären
(lat. ursus, russ. medwied)
sind die Bewohner der Wälder nördlicher Zone, der Eismeer-
küste, theils aber auch der gemässigten Zone Amerika's und
unseres europäischen Continents, einzelne sogar Südamerika' s.
Wir unterscheiden schwarze, braune, graue und weisse
Bärenfelle von den verschiedensten Grössen, und reden zuerst
von den
Schwarzen Bären
. (lat. ursus americanus).
Davon produzirt das engl. Nordamerika nicht nur die bei
weitem grösste Anzahl, sondern auch die besten und feinsten
Felle. Russische schwarze Bärenfelle, selbst die des Russischen
Amerika sind grobhaariger und von dickerem Leder; diejenigen
von Südamerika haben eine dicke Haut und borstenähnhches
Haar. Man theilt die schwarzen Bärenfelle nach ihrem Zwecke
ein, nämlich in grosse, starkhaarige (Armeebären) für den
Gebrauch des MiUtärs, zu Calpacs, Grenadiermützen, die gerin-
geren zu Schabracken und Decken; ferner in grosse, feinhaarige
oder Pelzbären, deren Benennung schon den Zweck ausspricht,
endlich in Cubbären*, eine kleine, feinhaarige und feiniedrige
Gattung, welche feine, leichte Pelze liefert und nach Verhältniss
der Kleinheit am theuersten ist. Wie man die schwarzen Bären
in noch viel mehr Klassen bringen kann, so ist auch der Werth
sehr verschieden und in allen Abstufungen von 8 bis 40 Thaler
per Stück anzunehmen.
* Unter Cubbären sind, obwohl sie klein sind, doch nicht junge Bären
zu verstehen; denn es ist eine eigene Bärengattung Nordamerika's , welche so
klein bleibt; junge Bären aller Art haben wegen des noch schwachen Haar-
wuchses wenig Werth.
78
Braune Bären
(lat. ursus arctos)
kommen nur aus Brittisch - Nord - Amerika und sind heller
oder dunkler isabellfarbig, mitunter von sehr feinem Haar. Von
diesen werden die hellen, feinen Felle zum Zwecke der Frangen-
bereitung für Damenshawls oft mit über 100 Thaler per Stück
bezahlt.
Graue Bären
(lat. ursus ferox)
sind eine von den vorhergehenden sehr verschiedene Gattung.
Sie finden sich am meisten im hohen Norden Nordamerika's,
doch auch viel in Russland und in kleiner Anzahl in Schweden,
Ungarn und der Schweiz. Von diesen liefert Russland die
schönsten Silber- und gold spitzigen Felle; letztere werden auch
Goldbären genannt. Der Werth ist 15 bis 25 Thlr. per Stück.
Weisse Bären (Eisbären)
(lat. ursus maritimus)
von der nördlichen kalten Zone und allen Ufern und Inseln
^des nördlichen Eismeeres. Diese sind (neben den braunen
Bären) die grössten und oft 12 Fuss lang. Das Haar ist stark,
schneeweiss und 2'/.i Zoll lang. Sie dienen als Fussdecken in
Zimmern, auch als Feldbetten, und werden je nach Schönheit
von 20 bis 60 Thaler per Stück bezahlt*.
* Da man in den Eismeer -Gegenden wegen der Kälte die Felle nicht
wohl trocknen kann, so werden sie meistentheils frisch gesalzen, in Fässer
gepackt und nach Europa gesandt. Bei diesem Prozesse . dringt aber oft Fett
und Thran in das Haar, gelbe Flecke verursachend, die den Werth des
79
Luchse
(lat. felis lynx, engl, lynx, franz. loup-cervier, russ. rys)
werden in Sibirien, in China, Russland, dem Norden
Amerika's, in Schweden und Norwegen und einzeln noch
in der Schweiz gefangen Der Rücken ist von hell ziegelgrauer
Farbe, der Bauch weisslich, theils schwarz gesprenkelt. Die bei
weitem schönsten und grössten Exemplare, welche besonders
wegen ihres schwarzgefleckten Bauches und gleichen Füssen sehr
geschätzt sind, findet man in Schweden. Russische Luchse sind
weniger gross und fein, Amerika liefert die meisten, jedoch ein-
farbigen Luchse, bei denen die Zeichnung am weissen Bauche
wenig markirt ist. Der Preis ist 4 bis 16 Thaler per Stück
(letzterer wird jedoch nur für die schönsten schwedischen bezahlt).
Die sehr weichen Felle werden in Russland und China zu Pelz-
futtern, auch in der Türkei zu Damenpelzen verbraucht; in
Aegypten werden besonders die besten schwedischen Luchse ver-
arbeitet, hier sowohl, wie in den österreichischen Staaten auch viel
in dunkelbraun gefärbtem Zustande. Die Pfoten werden von den
Tartaren zu Mützenbesätzen verwendet.
Luchskatzen
(lat. felis rufa, engl, cat common, in Amerika wüd-cat,
franz. Chat cervier)
finden sich nur in den nördlichen Theilen der vereinigten
Staaten und dem Oregon-Gebiet. Sie sind dem Luchse sehr
Felles sehr herabsetzen. Um dieses zu verhindern binden dänisclie Grönlands-
fahrer die Bärenfelle bisweilen hinten am Schiffe fest, um sie durch die See
nach Hause zu schleifen. Dieses mag wohl die Fahrt um ein paar Tage
verlängern; doch sind die auf diese Weise ankommenden Felle die schönsten
und kostbarsten.
80
ähnlich, jedoch kaum halb so gross und kurz- und grobhaariger.
Man verbraucht sie am meisten in der Türkei. Der Preis ist
1 bis 2 Thaler per Stück.
Wilde Katzen siehe, Seite 88.
Wölfe
(lat. canis lupus, engl, wolf, franz. loup, russ. wolle)
sind in der nördlich gemässigten und kalten Zone der Erde
weit verbreitet. Wir finden die grössten und schönsten Felle
dieser Art an der Labradorküste und dem East- Maine-
Gebiet, ferner in den von Esquimaux bewohnten Ländern in
grosser Anzahl, jedoch weniger gross und schön sind sie in dem
weiter westlich von der Hudsonsbay gelegenen Länderstriche,
sehr häufig auch in Sibirien, Russland und Polen, sowie
in der Türkei, weniger in Frankreich; in Deutschland sind
sie gänzlich ausgerottet. Die hierhergehörenden Schakals endlich
trifft man im Norden wie im Süden Afrika's, in Algerien sowohl,
wie im Kaffernlande. — Wölfe sind 4 bis 8 Fuss lang, meisten-
theils graubräunlich, es giebt jedoch unter den feinern Arten auch
weisse, schwarze und graublaue Wölfe. Die guten Felle liefern
warme Pelze , die viel in Ungarn verbraucht werden , auch
benutzt man sie in Amerika, England und Frankreich zu Decken.
Die . schönsten weissen und schwarzen Felle werden von den
Griechen für die Türkei gekauft. Der Preis ist je V/^ bis
20 Thaler per Stück.
Büffel
(lat. bos amcricanus).
In verschiedenen Ländern und Welttheilen leben wilde BüiTel,
welche im warmen Klima dünnes Haar bei sehr starker Haut
81
haben und nur zur Lederbereitung dienen. Hier ist indess
nur von nordamerikanischen Büffeln die Rede, welche im
Territorium der Hudsonsbay - Compagnie und auf den westlichen
Prairien der vereinigten Staaten erlegt werden. Dieselben sind
8 bis 12 Fuss lang und beinahe eben so breit, haben graubraunes
dichtwolhges Haar und eine feine geschmeidige Haut, welche die
Indianer trefflich zu bereiten wissen. Weil der Buckel heraus-
geschnitten ist, so erscheint das Fell wie von zwei Theilen
zusammengesetzt. Sie sind nützhch zu Reisedecken und Feldbetten
und werden grösstentheils in Amerika gebraucht. Der Preis für
Primafelle ist 15 Thaler, kleine und mittlere Qualität 10 Thaler,
dritte Sorte 5 Thaler per Stück.
Vielfrasse *
(lat. gulo articus, engl, ivölverin, franz. glouton)
nur im brittischen und russischen Nordamerika und in Nor-
wegen vorgefunden, sind von hell- und dunkelbrauner Farbe
und haben auf dem Rücken einen schwärzhchen Sattel. Das
Haar ist 2V2 Zoll lang und ziemlich hart, der Preis 3 bis
6 Thaler per Stück. Sie werden in Polen zu Männerpelzen,
in Amerika und Frankreich zu Decken benutzt.
Dachse
(lat. meles taxus, engl, hadger, franz. blaireau)
werden in der nördlich gemässigten Zone des ganzen Erd-
balles gefangen. Sie sind 3 Fuss lang und 2 Fuss breit. Das
3 bis 4y2 Zoll lange Haar hat weissen Grund und schwarz und
* Der schwedische Name ist Filfras, von welchem Laute, obgleich
das schwedische Wort keineswegs gleiche Bedeutung hat, die deutsche Benen-
nung Vielfrass abgeleitet ist.
82
silberhelle Spitzen und wird lediglich zu Rasirpinseln verwendet.
Die Haut dient zur Lederbereitung. Die ganzen Felle werden
auch zu Militairtornistern und von den Frachtfuhrleuten zum Staate
oder zum Schutze der Pferdegeschirre benutzt. Die deutschen
Dachse sind die besten; dann folgen die dänischen, unga-
rischen, russischen und tartarischen. Die amerikanischen
Dachse haben weiches, nicht borstiges Haar und werden oftmals
als Pelzwerk verbraucht. Werth der Dachse % bis 2 Thaler
per Stück.
Biber
(lat. castor fiber, engl, beaver, franz. castor, russ. bohr)
sind an den Flussufern des europäischen und asiatischen Con-
ti nents selten geworden; eine grosse und seit Anfang dieses
Jahrhunderts unverminderte Anzahl producirt Canada, Brittisch-
Amerika und Russisch-Amerika; die schönsten Biber kommen
von der Labradorküste. Die Gebirgsströme der Rocky-
mountains in Brittisch -Nordamerika liefern eine Gattung
Biber, welche gross und von guter Qualität und hellfarbig, ja
häufig fast weiss sind. Die Felle sind 3 Fuss lang, 2 Fuss
breit und haben ein 3 Zoll langes, braunes grobes Oberhaar,
und eine dichte, feine, graublaue IVaZöllige Grund wolle. Wenn
nach der Bereitung des Felles das Oberhaar abgeschoren oder
gerupft ist, liefert es ein schönes, jetzt in Russland, Deutsch-
land und China sehr beliebtes Pelzwerk. Nach China sind die
Biberfelle schon zu Anfang dieses Jahrhunderts zu dem Zwecke
der Pelzbereitung ausgeführt worden; in Europa wurden sie erst
seit etwa 15 Jahren dazu verbraucht, als sie nicht mehr zu Biber-
hüten verwendet wurden und dadurch auf den vierten Theil des
früheren Preises gesunken waren. Der jetzige Preis ist 3 bis
10 Thaler per Stück.
83
See -Ottern (Kamtschatkische Biber)
(lat. lutra marina, russ. hamtscliatshy hohry, engl, sea- öfter,
franz. loutre de mer)
werden an den nördlichen Ufern des stillen Oceans, sowohl
an der Küste Californiens als des russischen Amerika's
Kamtschatka's und Nord-Asiens erlegt. Die Felle haben
eine Länge von 4 bis 6 Fuss, eine Breite von 2 bis 3 Fuss,
und ein braun -schwärzliches, silberglänzendes, anderthalbzölliges
dichtes, sammetartiges Haar. Der Preis der guten bis zu den
schönsten Exemplaren dieser Art ist zwischen 100 und 500 Thlr.
per Stück. Man kann von einem solchen Felle 3 bis 5 Mantel-
kragen machen, welche in ßussland von allen Vornehmen, beson-
ders militärischen Personen, und auch in andern Ländern von
wohlhabenden Leuten getragen werden. Auch zu Kopfbedeckungen
werden sie in Russland verbraucht und die Mandarinen in China
tragen ganze Röcke davon, welche aus 3 Fellen zusammengesetzt
werden.
Ottern (Fischottern)
(lat. lutra, engl, otter, franz. loutre, russ. wiära)
in der nördhchen und nördlich -gemässigten Zone überall wo es
Flüsse, Seen und Teiche giebt zu Hause. Wir nennen die am
meisten bekannten Sorten von der geringsten bis zu den besten:
ostindische, mexikanische, spanische, französische,
deutsche, russische, dänische, schwedische, die von den
südlichen amerikanischen Freistaaten, von den nördlichen,
vom westlichen Canada, die verschiedenen Gattungen der
Hudsonsbay- Länder, endlich die von Neu -England und
6*
84
Labrador. Sie sind 3 bis 5 Fuss lang und IV4 Fuss breit, das
Haar ist dicht und die Farbe hellbraun bis zu bräunlich -schwarz
und wie bei allen Pelzthieren, welche theilweise im Wasser leben,
ist das Grundhaar sehr dicht und fein. Sie werden besonders
viel in China zu Männermützen verwendet, aber auch in allen
andern Pelzwerk verbrauchenden Ländern getragen. So braucht
man sie in Bayern zu Hauben für Frauen, in Preussen zu
Mützen der Husarenofficiere , in Canada zu langen Frauenhand-
schuhen. Der Preis der Otternfelle ist 4 bis 20 Thaler per
Stück.
Pelzseehunde (Biberseehunde)
(lat. phoca ursina, engl, für seals)
sind eine oder mehrere Gattungen von Robben, welche sich durch
Grundwolle, die unter dem harten Oberhaar befindlich ist, von
den übrigen gemeinen Seehunden unterscheiden. Man findet
sie an allen Ufern des stillen und indischen Oceans, auch
südlich vom Aequator im atlantischen öcean. Es kommen
die besten Felle von den Küsten Australiens, dann von den
Lobos-Inseln, von den Falklands-Inseln, die geringsten vom
Cap. Die dichte, feine, gelbe, seidenartige Grundwolle wird durch
grobes, aschgraues Oberhaar verdeckt und geschützt. Sie werden
im Handel nach der Grösse sortirt und in England mit folgenden
technischen Namen bezeichnet: Wigs, welche oft 8 bis 9 Fuss
lang und 4 Fuss breit sind, dann folgen dieLarges, Middlings
und Smalls, darauf die Large Pups, Middling Pups und
Small Pups, letztere etwa 3 bis 4 Fuss lang. Sie kommen in den
Handel gewöhnlich gesalzen und ungetrocknet , werden alsdann von
dem groben Oberhaar befreit, zubereitet und dunkel kastanienbraun
85
gefärbt*, auf welche Weise sie zu einem reich sammetartigen
Pelzwerk gestaltet werden, das in Russland zu Männermützen
und in England und Frankreich zu Mantillen und Westen für
Damen sehr beliebt ist. Der Preis der Biberseehundsfelle ist
6 bis 20 Thaler per Stück.
Seehunde
(lat. phoca, engl, seals, franz. veaux marins).
Sie sind die Bewohner der europäischen Meere und
des atlantischen Oeeans. Die Küsten von Grönland, La-
brador und dem nördlichen Eismeer liefern davon eine grosse
Anzahl in allen Farben und Grössen von 3 bis 10 Fuss Länge
und 2 bis 6 Fuss Breite. Hauptsorten sind: Blaumänner,
Whitecoats (junge Blaumänner), Sattler, blauseitige, ge-
sprenkelte und ordinäre. Blaumänner und Whitecoats werden
zum Theil gefärbt und für Militair- und Sattlerzwecke verbraucht,
die grösste Zahl von Seehunden aber wird zur Lederbereitung
benutzt. Der Preis ist zwischen Va ^^d 4 Thaler per Stück.
Koipu
(lat. castor coypus, engl, nutria, franz. rat gondain \ragonäin\).
Diese findet man in grosser Anzahl in den La Plata-
Staaten in Süd- Amerika. Es sind grosse biberartige Seeratten,
welche ein dem Biberseehunde ähnUches Pelzwerk liefern, nachdem
sie wie jene des Oberhaares entledigt sind. Die deutschen
Kürschner nennen sie Aifenfelle, zum grössten Theile jedoch
werden die Felle von den Hutmachern zu Hutfilzen benutzt
* In diesem Zweige der Industrie steht England bis jetzt unüber-
troffen da.
/
86
Der Preis für zu Pelzwerk bereitete Felle ist 1 bis 2V2 Thaler
per Stück.
Hasen
(lat, lepus timidus).
Man findet dieselben in Europa und den benachbarten
Theilen Asiens; in Amerika allein an der Labrador- und
Esquimaux-Küste. Von grauen Hasen, deren Haar lediglich
zu Hutmacherzwecken benutzt wird, liefert das asiatische
Russland die besten Felle; die demnächst vorgezogenen sind
die der Ukraine und unseres Sachsens, dann folgen die der
Krimm und Schlesiens, ferner die ungarischen, türkischen,
englischen u. s. w. Weisse Hasen*, die etwas kleiner sind
und weniger Grundwolle als die grauen haben, liefert besonders
die Küste der russischen Länder am nördlichen Eismeer.
Theilweise werden auch diese zu Hüten, anderntheils aber ent-
weder naturell oder gefärbt in England, in Amerika und der
Türkei zu Pelzwerk verbraucht. Der jetzige Werth grauer Hasen
ist 80 bis 130 Thaler, der der weissen 60 bis 70 Thaler per
Ballen von 500 Stück.
* Naturgeschichten erzählen von veränderlichen Hasen, was aber von
unbegründeter Ansicht herrührt. Die Jungen der weissen Hasen wie auch
der weissen Füchse sind zwar im ersten Sommer ihres Daseins etwas grau,
doch aber ist der weisse Hase eine andere Gattung als der graue und als
selbst der russische halbgraue Hase. Der Beweis für diese Behauptung liegt
aber, neben der Verschiedenheit der Productionsländer, in dem Haarreichthum,
welcher bei den grauen viel grösser, bei den halbgrauen noch einmal so
gross als bei den weissen ist, endlich darin, dass die weissen Hasen in der
Kegel viel kleiner sind. Von dieser Regel bilden nur die weissen Hasen der
Esquimaux- und Labrador-Küste eine Ausnahme, indem diese noch einhalbmal
so gross wie alle übrigen Hasen sind.
87
Kaninchen
(lat. lepus cimiculus, engl, rabhits, franz. lapins).
Es giebt fast in allen Ländern der nördlich gemässigten
Zone Kaninchen, die meisten aber in Frankreich, England
und Polen. Im erstgenannten Lande wird eine besonders grosse
und pelzreiche Gattung gehegt, von dieser werden etwa IV2 Million
zubereitet und theils naturell, theils gefärbt in den Handel
gebracht ; eine bei weitem grössere Anzahl wird zu Hüten ver-
braucht. Die schönsten Kaninchen liefert England, nämlich
wilde schwarze, silberspitzige, die in Wildgärten (tvarrens)
besonders gehegt werden und ein in Russland sehr beliebtes
Pelzwerk liefern; neben diesen hat England aber noch eine grosse
Anzahl grauer wilder, wie auch grösserer zahmer Kaninchen.
In Polen hat man nur eine kleine Sorte von dem dritten Theile
der Grösse der französischen, darunter wenig farbige, fast lauter
weisse, von welchen mehr als eine halbe Million jährlich von
sorgsamen und fleissigen Kürschnern der Städte Lissa und
Fraustadt in Posen bereitet und zu Pelzwerk hergestellt werden.
Die amerikanischen kleinen, wilden Kaninchen sind von Farbe
weisslich-grau und Hefern ein schwaches Pelzwerk von nur geringem
Werthe. Kaninchen werden zu vielen Zwecken als biUiges Pelz-
werk verwendet. Preise von den geringsten bis zu den feinsten
sind V12 bis I'/a Thaler per Stück.
Katzen (Hauskatzen)
(lat. felis catus var. vulgaris).
Bei allen civilisirten Völkern acclimatisirt , sind sie zunächst
der Farbe nach als schwarze, graue, bunte, rothe und
88
weisse Katzen zu benennen. Die Schönheit des Felles dieser
Thiere richtet sich weniger nach dem Klima, aus welchem sie
stammen, als nach der Reinhchkeit der Häuser und der Pflege;
desshalb liefert Holland* unter allen europäischen Ländern die
vorzüghchsten , Russland die am wenigsten schönen Katzenfelle.
Sie werden zu allen Zwecken, zu denen man Pelzwerk anwendet,
verbraucht, in Nord- und Süddeutschland, in der Wallache!
und Italien werden hauptsächlich die schwarzen, in Schle-
sien und Galizien die grauen, in der Türkei weisse und
rot he verarbeitet. Der Preis für schwarze Katzen ist 1 bis
272 Thaler, für die anderen Sorten V4 bis % Thal er per Stück.
Wilde Katzen**
(lat. felis catus var. fera).
Wir finden sie hauptsächlich in den Wäldern Russlands
und Asiens, der Türkei, Ungarns, Süddeutschlands und
Frankreichs. Sie gleichen in vieler Beziehung unsern grauen
Cyperkatzen; doch sind sie grösser, das Haar ist fast noch
einmal so lang, und der gelblich graue Schweif hat nicht wie
bei unsern Hauskatzen schwarze Streifen, sondern vollständige
schwarze Ringel. Sie geben ein weiches, doch wenig haltbares
Pelzwerk und werden braungefärbt vielfach in der Türkei und
Ungarn verbraucht. Der Preis ist % bis 1% Thaler per
Stück.
* In Holland und Norddeutschland werden viele verschnitten, wonach
die Thiere gewöhnlich grösser und haarreichcr werden.
** Die Wildkatzen, welche die vereinigten Staaten liefern (cat common),
sind eine ganz andere Thicrgattung. Diese sind mit dicken Füssen und
einem luchsähnlichen Schweife versehen, weshalb sie bei den Luchsen
erwähnt worden sind.
89
Die Felle der ostindischen Zibethkatzen, welche gelbbraun
und schwarzgefleckt sind, haben für den Handel nur geringe
Bedeutung. Häufiger sind die Genetten, von ähnlicher Farbe,
welche von Süd frank reich, Spanien und hauptsächlich von
Nord-Afrika ausgeführt werden.
LammfeUe.
Lammfelle gehören, wiewohl nicht dem Wildwerk, doch
aber, in soweit sie nicht zur Lederbereitung dienen, dem Rauch-
waarenhandel an. Man verwendet zu Pelzwerk keine der fein-
wolligen, sondern lediglich die haarigen und krausen Arten
und von diesen vorzugsweise die schwarzen. Die schönsten
schwarz glänzenden, fein- und dichtlockigen Lammfelle liefert
Persien; auf diese folgen die Provinzen Astrachan, die Krimm
und Ukraine. Von allen diesen Gegenden werden neben den
schwarzen auch schöne graue Felle geliefert. Der Handel mit
den genannten Gattungen befindet sich in Russland in den Händen
der Tartaren, welche sie trefflich zu bereiten wissen. Ferner
liefern Ungarn, die Türkei, besonders auch Italien, Süd-
frankreich, Holland, Island, Seeland und endlich Nord-
deutschland mehr oder weniger schöne nutzbare Sorten. Ver-
wendet man die feinen persischen, astrachaner und krimmer
Lammfelle zu Garnituren und Besätzen, mit welchen ebenso-
wohl die ungarischen Patrioten, als die Pariser Damen sich
schmücken, so bieten andrerseits die gewöhnhchen Lammfelle
Gelegenheit, dass auch der Landmann sich in einem minder
theuren , doch aber warmen Pelze gegen Kälte und rauhe Witterung
schütze. Bei der grossen Verschiedenheit des Werthes dieser
Felle bemerken wir nur, dass man für feine persische Lammfelle
3 bis 5 Thaler, Astrachaner und Krimmer 1 bis 2 Thlr. per Stück,
90
für die verschiedenen andern kleinen schwarzen Lammfelle 25 bis
80 Thaler per 100 Stück und für weisse kleine dergleichen
12 bis 40 Thaler per 100 Stück bezahlt. Die Felle der grossen
Schafe von Wales werden in England bereitet und in allen
Farben: Roth, Blau, Grün, Gelb, Anilin, Orange, Schwarz u. a. m.
gefärbt und dienen alsdann zu Fussdecken. Der Preis der letz-
teren ist je nach Grösse und Schönheit 5 bis 9 Thaler. Die
ganz rein weissen werden auch in Streifen zerschnitten und zu
Boa's verarbeitet. Die Felle der persischen Ziegen oder
Angora's führen wir ebenfalls über England, wo man die
Bereitung am besten versteht, nach Deutschland und gelegentUch
nach Russland. Man benutzt auch diese zu Muffen, zu Boa's
und zur Quasten- und Franzenbereitung und zahlt für schöne
Felle 12 bis 20 Thaler.
Affen.
Wenige Afi'engattungen liefern brauchbares Pelzwerk; es ist
nur die Westküste Afrika's, von welcher eine Anzahl schwarzer
lang-, dünn- und glatthaariger Afi'cn und eine kleinere Zahl
perlgrauer ausgeführt werden; doch auch auf der gegenüber-
liegenden Seite des atlantischen Oceans* in Mexiko kommen,
* Man kann bemerken, dass unter demselben Breitengrade auch in den
durch Weltmeere getrennten Ländern vielfach die nämlichen, selbst die sonst
nirgends auf der Erde vorkommenden Thiergattungen , wenn auch durch
klimatische Verhältnisse in ihrem Pelz verändert, vorgefunden werden. So
z. B. finden sich die Alfen hier, wo die Rundung Afrika's vom Meerbusen
Mexiko' s gespalten zu sein scheint; in Norwegen die Vielfrasse der La-
bradorküste; in Lai)pland, in Island, in Grönland keine rothen,
sondern nur blaue und weisse Füchse; Kittfüchse nur in den
Prairien des westlichen Amerika und in den Steppen der Mongolei
in Asien.
91
wenn auch selten, doch schwarze, pelzreiche, feinhaarige,
dem schwarzen Fuchse ähnelnde Affen vor*.
Die afrikanischen Affen, die schwarzen von den deutschen
Kürschnern Scheitel äffen, die grauen Perlaffen genannt, werden
zu Decken, in England vielfach zu Muffen verbraucht; der Preis
ist 1 bis 3 Thaler per Stück. Von mexikanischen Affen
kann man der kleinen Anzahl wegen einen Preis nicht angeben.
Löwen, Tiger, Panther, Leoparden u. s. w.
Von diesen Fellen aus der warmen und heissen Zone des
südlichen Asiens und Afrika's haben wir, weil ihre Anzahl nur
klein und der Nutzen beschränkt ist, nur wenig zu sprechen.
Löwenfelle (lat. felis leo) erhalten wir am schönsten aus
Asien. An Grösse sind sie den afrikanischen gleich, vom
Kreuze bis unten glatthaarig, fast kahl, doch macht die Mähne,
welche bei dem asiatischen männlichen Löwen bis auf den Bauch
reicht, sie imposant. Vollständig erhalten, d. h. mit Kopf, Gebiss,
und Klauen versehene Exemplare werden als Fussdecken für
Zimmer von Vornehmen oft mit mehreren hundert Thalern bezahlt.
Die Felle weiblicher Löwen sind ohne Mähne und werden
wenig geschätzt.
Der Königstiger (lat. felis tigris) aus Indien und der
Tartarei, 6 bis 9 Fuss lang, mit 3 Fuss langem Schweif, ist
braungelb mit schwarzen unregelmässigen Streifen von der Mitte
des Rücken auf die Seiten hinablaufend und mit weissem Bauch.
In der Regel bekommt man sie mit kurzem, glattanliegendem
Haar, mit einer dicken Haut, welche vielfach durch den Fang
* In einem Zeiträume von mehreren Jahren ist es uns nur gelungen,
kaum 50 Felle dieser Gattung zu bekommen.
92
und durch Kugeln beschädigt ist; alsdann sind sie nur sehr
wenig werth. Es giebt jedoch einzelne Felle, die mit schöner
Farbe und Zeichnung, dichtem, einen Zoll langem Haar und
feiner Haut, den Werth von über 100 Thaler haben. Sie kommen
indess selten in den auswärtigen Handel, weil die Chinesen sie
gern für sich behalten.
Afrikanische Tiger oder Jaguars (lat. felis onca), sind
bedeutend kleiner als die vorigen, gelb in Grundfarbe, mit
schwarzen Flecken. Es kommen von diesen jährUch circa 300 Felle
in den Handel und werden in England und Oestreich zu
Pferdeschabracken für hohe Mihtärs verbraucht. Der Preis ist
15 bis 40 Thaler per Stück.
Leoparden und Panther (lat. felis leopardus und felis
pardus) kommen aus Asien und Amerika, sind grösser als
die vorigen, mit mehr oder weniger geschlossenen Ringelflecken
und meistens sehr kurzhaarig. Man verwendet sie zu Pferde-
und Schlittendecken. Es gehört ferner hierher der
Kuguar oder Puma (lat. felis concolor) aus Mittel-
Amerika, einzeln aus Canada. Derselbe hat eine rothgraue
oder rothgelbe Farbe ohne jede Abzeichnung. Weil er demnach
nicht schön ist, noch auch sein Pelz warm hält, wird sein
Werth sehr gering geschätzt. Es kommen femer häufig aus
Indien
Ozelot und Tigerkatzen (lat. felis tigrind), welche in der
Grundfarbe graugelb, durch ihre länglichen schwarzen Flecken,
die auf dem Rücken mehrere gerade Linien bilden, schön ge-
zeichnet erscheinen; sie werden zu kleinen Fussdecken und
Schabracken verbraucht.
Es schliesst mit diesen Fellen eigenthch die Reihe der
Pelzthiere, doch bleiben uns noch einige Gattungen aus dem
Reiche der Vögel zu erwähnen, deren Haut, wenn auch statt
93
der Haare mit Federn besetzt, doch zum Pelzwerk verbraucht
wird. Die Felle der
Schwäne und der Gänse. Es werden diese Thiere aus-
schliesslich in Holland zu dem Zwecke der Pelzwerkgewinnung
gehegt. Die Felle werden von den starken Conturfedern befreit,
so dass nur die zarten Flaumfedern auf der Haut bleiben.
Die Holländer und Franzosen verwenden besondere Sorgfalt auf
die Bereitung und erhalten sie tadellos weiss und weich. Ferner
kommt häufig eine Gattung von Tauchern unter dem Namen
Grebes in den Handel, besonders ein Erzeugniss Hollands,
der Türkei und der bayrischen Hochebene. Diese werden
mit dem ganzen Gefieder d. h. jedoch ohne Flügel u. dgl. ver-
arbeitet, und die silberweissen Bäuche bilden ein sehr schönes
Pelzwerk, aus welchem auch allerlei Pelzschmuck gefertigt wird.
94
Preisverändemno: der Rauchwaaren.
Steigen und Fallen derselben.
Der Werth einer Waare hängt zunächst von ihrer Nutz-
barkeit ab, und der Preis derselben von der verhältnissmässi-
gen Seltenheit und besonders von dem Reichthume derjenigen
Länder und Städte, wo solche Waaren behebt, zur Mode ge-
worden und gesucht sind.
Wir haben schon bewiesen, dass die Ausbeute feiner Pelz-
felle in den letzten Jahrhunderten nicht geringer geworden, dass
also feine Felle nicht seltener geworden sind, sondern dass die
Zahl derselben von Jahrzehnt zu Jahrzehnt zunimmt; vielmehr
aber, als das Quantum der Jagdbeute, hat die Zahl der Men-
schen, der Verbraucher, viel bedeutender hat die Mode, der
Luxus, viel mehr hat der Nationalrcichthum aller civilisirten
und pelzwerkverbrauchenden Länder zugenommen, und dieses
so wie die Vermehrung des Geldes, insonderheit des Papier-
geldes, sind die Ursachen, dass Pelzwaaren in dem Zeit-
räume von 1720 bis 1820 durchschnittlich auf das doppelte,
95
in den letzten vierzig Jahren aber wiederum um das Dreifache
gestiegen sind.
Aber der Wechsel der Mode, Kriege und Geldkrisen ha-
ben gelegentlich den Werth mancher Artikel um fast ebensoviel
vermindert. Beispielsweise wurden bei der Londoner Auction
der Hudsonsbay-Compagnie folgende höchste Preise bezahlt:
Zobel Ao. 1729: 10/ — 1802: 5/ — 1829: 16/» d —
1863: 35/ pro Stück.
Nerze von Fort York 1802: 10/ — 1829: 3/^ d — 1863:
184 d.
Es sind demnach Zobel vor hundert Jahren theurer, als
Anfangs dieses Jahrhunderts gewesen, dann aber nach und
nach mehr in Mode gekommen, und theurer geworden. 1802
galten Nerze noch einmal so viel als Zobel, in den dreissiger
Jahren waren sie am billigsten, und jetzt gelten sie den theuer-
sten Preis, besonders aus dem Grunde, dass die bei weitem
grösste Anzahl derselben in Amerika selbst, welches sie haupt-
sächUch producirt, verbraucht wird.
Biber wurden bezahlt 1729: 4/ bis QU ä pr. Pfd. —
18U: 24/ bis 58/ — 1829: 10/ bis 45/ — 1839: 4/ bis 6/
— 1844: 11/ bis 26/ — 1848: 3/ bis 6/ — 1851: 4/ bis
ll/s d — 1863: 4/ bis IIV2/.
Sie wurden bis in die dreissiger Jahre dieses Jahrhunderts
in Europa lediglich zu Hutstoffen, und zu diesem Zwecke
namentlich in England verbraucht, und erhielten dadurch ihren
hohen Werth; Ao. 1814 trieb die Speculation sie auf den
höchsten Preis. Man glaubte damals, sie direct nach Kussland
und China, in welchem letztern Lande sie zu Pelzwerk ver-
braucht wurden, einführen zu können. Diese Unternehmungen
brachten jedoch grossen Verlust. Nachdem im Jahre 1835 die
Biberhüte auch in England aus der Mode gekommen waren
96
und den Seidenhüten Platz eingeräumt hatten, fiel der Preis
binnen fünf Jahren nach und nach voij 30/ auf 5/. Nun erst
bemächtigte der Rauchwaarenhandel sich dieses Artikels und
derselbe ist erst seit dieser Zeit wieder bis auf ungefähr den
doppelten Werth gestiegen. Aehnlich, wie mit Bibern, ist das
Verhältniss mit Bisam. Auch diese wurden ehemals ausschliess-
lich zu Hutstoffen, und erst seit den vierziger Jahren mehr
zu Pelzwerk verwandt; sie galten den höchsten Preis 1814, als
2/,o d per Stück bezahlt wurde; 1835: 8 cZ — 1863: 2/ per Stück.
Auch Hasenfelle wurden im zweiten Decennium unseres Jahrhun-
derts am höchsten, nämlich mit 20 guten Groschen per Stück bezahlt.
Ukrainer Lammfelle kosteten bis 1835 selten über
14 Thaler per 20 Stück, seit 10 Jahren haben sie sich fort-
während in doppeltem Preise erhalten. Unsere deutschen Edel-
marder wurden im Anfange dieses Jahrhunderts und noch
1830 mit 55 Thaler per Zimmer von 40 Stück, jetzt mit
250 Thaler per Zimmer bezahlt. Steinmarder galten damals
40 Thaler, jetzt 160 Thaler, Iltis 12 Thaler, jetzt 80 Thaler.
Das Steigen erfolgte aus dem Grunde, dass sie in der Zwi-
schenzeit in England und in dem bis vor kurzem so empor-
blühenden Nord -Amerika in Mode gekommen sind. Deutsche
Füchse kosteten 1830 8 Thaler per 10 Stück, 1863: 18 Thaler;
für diese und viele andere Arten Felle hat sich ein höherer
Preis festgestellt, seit die Einfuhr in Russland nicht mehr ver-
boten, und der Zoll* daselbst minder hoch ist. Der Werth
* Hohe Zölle und Prohibitionen verhindern den Handel nicht, aber sie
veranlassen das Verbrechen des Schleichhandels, nützen selten finanziell,
sondern schaden der naturgemässen und gesunden Entwickelung der In-
dustrie und der freien Bewegung des Handels; sie erschweren den Ver-
brauch und den Nutzen der Waare, und drücken den Werth derselben nie-
der. Die früher in Russland verbotenen, oder mit sehr hohem Zolle belegten
97
der Pelzwaaren in Russland .verändert sich in der Kegel weni-
1
ger durch die Mode, als durch Mangel, oder Ueberfluss an
Waaren wurden schon damals in gleichen Quantitäten dahin eingeführt.
Der Preis war ausserhalb Russlands viel niedriger; dort aber ist er ziem-
lich gleich geblieben; den grossen Unterschied hat der Schleichhandel gekostet.
Russischer Zolltarif vom Jahre 1857.
Nener ZoU.
Alter Zoll.
Virgin. Iltis, Bären, Löwen, Panther, Leoparden, Zebra
SR.
Cop.
SR.
Cop.
pr. Pfd. russ
—
50
1
50
Flussbiber und Landottern
1
20
verboten
Seebiber (See -Ottern) . . . .
verbf^tflTi
Meerkatzen (Pelzseehunde)
60
verboten
Füchse mit Ausnahme der schwarzen .... zur See
—
40
—
75
zu Lande
—
30
—
50
Füchse aus Finnland
—
20
—
45
Schwarze Füchse, Chinchillas und Zobel
3
50
8
50
Bisamratten
—
15
40
m See —
blande —
15
80
Schuppen
50
Wölfe, Luchse, Schaffelle, Angoras, Schwäne und
Alles nicht benannte . . . •
—
40
—
75
Fertige Pelzwaaren zahlen 50% mehr wie die Felle,
aus denen sie angefertigt.
Zwanzig Jahre früher waren die meisten Zölle doppelt
so hoch, als vor Ao. 1857.
Als noch vor 20 Jahren Nerze zum Verbrauch in ;
England 10 Pence
Zoll
kosteten, wurden die Nerze vom Columbia -Fluss lediglich für das Ausland,
demnach transito gekauft, und zu 6 Pence pro Stück bezahlt. Zwei Jahre
2 Shilling pro Stück, und erzielten noch Gewinn dabei.* In unserm Zoll-
Zoll von 20 Ngr. pro Centner für die meisten Rauchwaaren, nicht gestört,
Die Unterschiedzölle jedoch, als Ausfuhrzoll von Hasen- und Lammfellen
ä 15 Ngr., Einfuhrzoll für Angorafelle ä G Thlr., und für verfertigte Kürschner-
arbeit ä 20 Thlr. bereiten dem Handel einige Beschwerden, bringen der In-
dustrie sicher weder Schutz noch Gewinn und die Erhebungskosten dürften
den finanziellen Ertrag aufwiegen.
Y
98
einzelnen Artikeln. Folgende Liste, welche um so mehr für
richtig gelten kann, als der Werth so verschieden angemerkt,
ist, bezeichnet Preise, welche den heutigen vielfach gleichkommen.
Preise in KiacMa
in den Jahren 1770 bis 1772,
a) Canadisches Pelzwerk:
Biber das Stück zu 7 bis 10 Rub. Ottern 6 bis 25 R. Schwarze
Füchse von 1 bis 100 R. Gemeine SVa bis 6 R. Eisfüchse 2 R.
b) Russisches Pelzwerk:
See-Ottern, alte, 90 bis 140 R. Mittlere 30 bis 40 R. Schwänze von
See-Ottern das Stück 2 bis 7 R. Gemeine Biber ohne Bäuche 4 bis
6V2 R- Junge Flussbiber 1/2 bis 4 R. Biberbäuche der Sack 25 bis
44 R. Fluss-Ottern das Stück 2 bis 11 R. Bäuche von denselben -das
Stück 30 Cop. Bärenhäute 2 bis 4 R. Wolfsbälge 2 bis 8 R. Luchs-
bälge 4 bis 16 R. Vielfrasse 3 bis 4 R. Schwarze Füchse mit eis»
grauen Haarspitzen 4 bis 180 R. Frühfüchse 1/2 bis 10 R. Feuerrothe
80 Cop. bis 9 R. Weisse 2 R. Fuchsbäuche das Paar 75 Cop. bis
1 R. Fuchshälse das Paar 1 R. bis 140 Cop. Fuchspfoten das Paar
10 Cop. bis 4 R. Fuchsschwänze 4 Cop. Vertragene P^uchspelze Vi
bis 18 R. Zobel, gemeine, 21/2 bis 10 R. Säcke von dergl. Zobel-
rücken 120 R. Zobelbäuche das Paar 58 Cop. Zobelpfoten der Sack
20 bis 50 R. Zobelschwänze das Stück 25 bis 50 Cop. Marderfelle
90 Cop. bis 3 R. Pfoten 90 Cop. bis 3 R. Kehlen der Sack 7 R-
Schwänze das Stück 20 Cop. Hermeline das Stück 20 Cop. Wiesel
2 bis 10 Cop. Feuergelbe 25 bis 27 Cop. Iltis 11 bis 15 Cop. Grau-
werk das Tausend 70 bis 152 R. Weisse Hasen das Stück 11 bis
12 Cop. Seehundsfelle 140 Cop. bis 2 R. Junge Seebären I1/2 bis
6 R. Jakutenpelze von Seebären 30 bis 70 R. Dergleichen Felleisen
4 bis 20 R. * Dergl. Matratzen 89 R. Junge Rennthierfelle 4 bis 51/2 R.
Katzenfelle 14 Cop. Sortirte Katzenrücken der Sack 2 bis 15 R.
Schwarze Lämmerfelle das Stück 30 bis 110 Cop. Andere dergl.
20 Cop. bis 1 R. Schaffelle 25 bis 80 Cop. Ziegenfelle 12 bis 40 Cop.
Hundefelle 50 bis 100 Cop. Vieler anderer und geringer Pelzsorten
und Felle zu geschweigen.
Ebenso veränderlich, wie der Werth und Preis der
Pelzfelle, ist auch das jährlich gewonnene Quantum. Die Zahl
99
der in Sibirien erlegten Eichhörnchen variirt zwischen fünf
und zehn Millionen, und ist abhängig von der mehr oder we-
niger reichlichen Nahrung; wenn demnach viele Buchennüsse
wachsen, erhält man viele Eichhörnchen und umgekehrt. Russ-
land producirt manchmal nur 2000 Ballen Hasen ä 500 Stück
und zu andern Zeiten 5000 Ballen, welche Mehr- oder Min-
derzahl aus günstiger oder ungünstiger Witterung in der
Wurfzeit resultirt. Von Bären lieferte die Hudsonsbay-Com-
pagnie im zweiten Jahrzehnt dieses Jahrhunderts jährlich 40,000
Stück, obgleich das gewöhnliche Quantum etwa 10,000 beträgt.
Die Compagnie hatte einen höheren Fangpreis bewilligt, weil die
Felle damals für den Militairgebrauch sehr theuer bezahlt wur-
den; der hohe Preis schaffte die Waare aus den Urwäldern
herbei. Luchse, von welchen seitens der Hudsonsbay-Compagnie
durchschnittlich etwa 5000 Stück jährlich geUefert wurden, er-
schienen bei der Londoner Auction im Jahre 1848 in Anzahl
von 30,000 Stück. Der Gouverneur der Compagnie erklärte
bei dieser Gelegenheit, dass man, in der Ueberzeugung, dass
die Luchse den feinen Pelzthieren, namentUch den Zobeln, viel
Schaden zufügten, ein höheres Fanggeld für Luchse ausgesetzt
habe; er glaube diese Felle der Speculation empfehlen zu dür-
fen, weil, da so viele Luchse getödtet worden seien, die fol-
genden Jahre wenig davon liefern würden. Der Gouverneur
irrte sich, denn das Jahr 1849 brachte 46,000 und das Jahr
1850 wieder 41,000 Luchse. Aus dieser Zahl möge man sich
eine Folgerung von dem noch unergrüudbaren Pelzreichthum
jener Gegenden bilden.
Von weissen Füchsen liefert die Hudsonsbay-Compagnie
durchschnittlich jährlich 3000 Stück; das Jahr 1856 brachte
10,267, 1864 — 12,339 Stück; das grosse Mehrquantum erfolgt
bei sehr strengen Wintern; dann fliehen selbst die Thiere die
7*
100
grimmen Eisregionen, und kommen in von Menschen bewohnte
Gegenden, wo sie erlegt werden können.
Von Hudsonsbay- Zobeln, deren Durchschnittszahl 80,000
Stück ist, lieferten die Jahre 1848: 121,000 Stück — 1855:
109,000 Stück — 1856: 149,000 Stück — 1863: 63,000 Stück
— 1864: 88,000 Stück, welche Unterschiede von dem der
Jagd mehr oder minder günstigen Wetter herrührten.
Die Durchschnittszahl der Hudsonsbay- Wölfe ist 6000 Stück;
1855 lieferte 13,754, 1862 und 1863 nur 3300, 1864 wiederum
7634 Stück. Die Thiere waren in der Zwischenzeit vielfach
durch Gift ausgerottet worden.
Pelz-Seehunde sind von einigen Inseln der Südsee, wo
sie vor 30 Jahren in übergrosser Zahl angetroffen wurden,
ganz verschwunden, -doch unerachtet des oftmals leicht gelingen-
den Fanges (siehe Seite 53) dürften sie schwerlich daselbst
ausgerottet sein; sie sind nach andern Eilanden gezogen, denn
es werden noch jährhch genügende Quantitäten erlegt.
101
Der Kaufmann und Rauchwaarenhändler.
Wissen und Können sind die Eigenschaften, die der
Mann am Manne am meisten achtet; sie sind auch die Grund-
lagen des kaufmännischen Berufes! „Viel, recht viel davon"
ist in unserer, in der Bildung vorgeschrittenen Zeit für den
Kaufmann erforderlich.
„Schreiben* ist gut, aber Rechnen ist besser"; mit die-
sem Sprüchworte glaubte man im vorigen Jahrhundert für die
Erfordernisse des Kaufmanns weit genug zu gehen. Orthogra-
phisch, schön, in gutem und gewandtem Style schreiben**, cor-
rect und schön Buch führen, mit grosser Uebersicht, richtig
und schnell alle Rechnenvorlagen lösen, müssen auch wir neben
specieller Fachkenntniss den übrigen Erfordernissen vorausschicken;
* Einem Commis, welcher sich zu einer Stelle meldete, sagte der
Chef: „Schreiben Sie mir." Der junge Mann schrieb, ohne sich zu besinnen
mit einer vor ihm liegenden Feder, die, vielleicht absichtlich, mehr die
Eigenschaft eines Schwefelhölzchen, als die einer Feder hatte, in höflichem
und gutem Style; er erhielt die Stelle und machte in Folge dessen eine
gute Carriere. ^
** Der beste kaufmännische Brief ist derjenige, welcher in den kürze-
sten aber höflichen Worten die Absicht des Schreibers darlegt.
102
demnächst aber sind dem Kaufmanne unentbehrlich: Erd-, Länder-
und Völkerkunde, Naturwissenschaft, Volkswirthschaft und besonders
die Kenntniss der lebenden Sprachen, als Englisch, Franzö-
sisch, Italienisch, Spanisch, Schwedisch und Russisch.
Mögen andern Kaufleuten die beiden erstgenannten genügen, der
Rauchwaarenhändler soll auch die letzteren sich zu eigen machen.
Wenn all dieses Wissen lebendig geworden ist in Wort
und Schrift, in Sprache und Correspondenz-, wenn es verbunden
ist mit guten Sitten, Treue und Fleiss, dann haben wir „einen
guten — Commis" aber noch keinen Kaufmann.
Der Chef einer Handlung muss nothwendig und thatsäch-
lich Alles besser können und wissen, als seine Commis. Ihm
sind erforderlich: Organisationstalent, damit im Kleinen wie
im Grossen ein jedes Ding und jede Kraft, die ihm zu Ge-
bote steht, ordnungsmässig und da angewandt werde, wo sie
am nützlichsten ist. Er braucht Weltkenntniss, dass man
sein Wissen achte, Menschenkenntniss, um seinen Einfluss
zu benutzen und sich vor Schaden und Betrug zu bewahren,
Umgang mit Menschen aller Classen, hoch und niedrig, um
den Character eines jeden zu verstehen und ihn danach zu
behandeln.
Wie der Spediteur die Transportmittel und Wege, der
Banquier den Credit, die Börsen und die Politik zu beobachten
hat, so richtet der Blick des Kaufmanns sich auf den ganzen
Erdball; er überschaut Production und Consumtion. Der Rauch-
waarenhändler gebraucht Waarenkenntniss, damit bei der
Ansicht einer Waare die vollständige Geschichte derselben sich
ihm klar vor Augen stelle; neben der Benennung, die sich von
selbst versteht, das Vaterland, die Jahreszeit der Gewinnung,
der Werth auf den verschiedenen Handelsplätzen, der Ver-
brauch der Waare, der Markt, wo sie zu verkaufen ist, und
103
die Geld-, Credit- und Prosperitäts- Verhältnisse des Verkauf-
marktes.
Moralische Kraft, die wir unter allen Erfordernissen und
unter allen Gütern des Kaufmanns am höchsten stellen. Sie
besteht in der Ueberzeugung der Kenntniss eines Un-
ternehmens und des aufrichtigen Willens, rechtlich ge-
gen Jedermann seine Schuldigkeit zu thun. Man ge-
langt dazu durch unaufhörliches Lernen (denn man weiss
nie genug) — und durch das Streben, anderen Menschen
und der Welt Nutzen zu schaffen. Wer im Handel nur
für seinen eigenen Erwerb zu arbeiten meint, ist zu vergleichen
mit dem Menschen, der da lebt, um zu essen, anstatt dass
er essen soll, um zu leben. Sein Geschäft dünkt ihm eine
Last; er wird träge, wenn er glaubt, genug erworben zu haben;
oder habsüchtig und geizig, wenn er grosse Güter ansammeln
will. Selbst verschuldete Verluste schreibt er den Umständen
zu und bei ihm begegnendem Unglück wird er leicht verführt,
für sich behalten zu wollen, was Anderen gehört. Der Kauf-
mann, welcher arbeitet um Andern zu nützen, der Eifer
und Vorliebe hat für seinen Beruf, wird des Zieles seines
Strebens, der Vervollkommnung der irdischen Dinge sich
bewusst; ihm offenbaren sich die Vorzüge des menschlichen
Geistes. Er hat Freude an seinem Berufe; darum arbeitet er
mit Lust und ohne Unterlass; das Misslingen eines Unternehmens
oder Verluste schreibt er seiner eigenen Unvollkommenheit zu;
aber Gewinn und Gelingen eifert ihn an zu neuem Streben.
Zwar Mancher, der nur reich zu werden strebt, erreicht auch
Erfolg und schafft der Welt Nutzen, aber unbewusst in Betreff
des Zweckes seines Daseins.
Ferner bedarf er Handelstalent. Wenn es auch Menschen
giebt, die fast in jedem Berufe Nützliches würden leisten können,
104
SO steht es doch fest, dass viele nur zum Lehrstande, andere
nur zum Wehrstande und wieder andere nur zum Nährstande,
dem der Kaufmann angehört, taughch sind, und dass alle ver-
schiedenen Stufen und Abtheilungen dieser Stände nöthig sind,
um manchen Einzelnen ihren Wirkungskreis anzuweisen*. —
Handelstalent, welches nicht gar viele besitzen, ist die
Eigenschaft und Fähigkeit, gegebene Verhältnisse in Waaren,
Wechseln, Geld und andern Gütern durch Austausch
zunächst Andern und dadurch sich selbst nutzbar zu
machen. In jedem Orte und unter allen Verhältnissen weiss
das Handelstalent zu finden, wie der Handel besser betrieben
werden könne; je ausgedehnter das Feld, je grösser die Pro-
sperität des Landes, desto bessere Gelegenheiten und Vortheile
bieten sich ihm dar, sein Ziel ist, die Vervollkommnung zu
erstreben, deren alle irdischen Dinge fähig sind. Wer dieses
versteht, dem wird reicher Geldgewinn nicht ausbleiben und er
wird des noch höheren Lohnes, der Ueberzeugung nützlichen
Strebens , theilhaftig werden.
Geld! Geld? Wir wiederholen das Wort mit einem Frage-
zeichen. Nach Geld schreien alle Diejenigen, welche weiter Nichts
als Geld besitzen. Diejenigen, welche kein Geld oder keine
Fähigkeiten besitzen und Diejenigen, welche der Welt weder
nützen wollen noch können. Geld ist allerdings zum Handel
eines der vielen Mittel; aber als Güter, die es ersetzen und
* Einem strebsamen Geschäftsmanne , der das Ziel seines Berufes kennt,
dürfte es schwer werden, für allgemeine Angelegenheiten, Communal- und
Regierungsgeschäfte die nöthige Zeit zu finden, weil fast ein jedes Fabrik-
und Handelsgeschäft einer Ausdehnung fähig ist, in welcher der Chef
allein mehr als eine grosse oder kleine Stadtgemeinde zu verwalten hat.
Vielfach dürften daher diejenigen Geschäftsleute, die ihre Zeit vornehmlich
dem öffentlichen Wohle widmen, in ihrem geschäftlichen Berufe nicht an
ihrem Platze sein.
105
deren "Werth höher zu schätzen ist, sind zu bezeichnen: In-
telligenz, Kenntnisse, Fähigkeiten, guter Name und der
daraus folgende Credit. Es wird nicht oft eine Handlung mit
' grossem Capital gegründet; man sagt: „das Geld soll werben";
es werben aber auch die Kenntnisse und Fähigkeiten des Mannes
und wenn es in der von uns bezeichneten treuen, rechtUchen
Weise geschieht: so muss man dieses Werben ein ehrenvolles
Streben nennen.
i
Rechtlichkeit. Der Kaufmann muss darin strenger sein
als die meisten andern Stände, als jedes Gesetzbuch; sie muss
ihn auf jedem Pfade des Lebens begleiten; sie ist ihm zunächst
I bei der Begründung eines Geschäfts, und zu dieser Epoche vor-
nehmlich bei der Benutzung des Credits nöthig. Einem
jungen Kaufmanne mit gutem Namen fehlt es selten an genü-
genden Credit, und hier gilt die Klugheit, nicht mehr davon
zu benutzen, als mit seiner Geschäftskenntniss und seiner mora-
lischen Kraft vereinbar ist. Er muss sein Wort halten*, denn
ein gebrochenes Versprechen raubt den guten Namen. Nicht zur
rechten Zeit und Stunde zahlen zu können, entnimmt den Credit
und das Schlimmste, was dem Kaufmanne widerfahren kann,
ist nicht etwa der Verlust seines Eigenthums, sondern der
Verlust des Eigenthums, das Andern gehört. Mögen auch die
* Wenn ein Banquier bei Vorzeigung eines fremden Wechsels gefragt
wird, ob solcher Wechsel gut sei; so M'ird er durch seine Antwort ,ga" sich
rechtlich für verpflichtet halten, den Wechsel zu bezahlen, selbst wenn er
die ganze Summe verliert; er müsste denn dem „Ja" die Bemerkung: „ohne
meine Verbindlichkeit" hinzugesetzt haben. — Wir erinnern unter vielen andern
nur an einen Fall, als an der Börse in Lübeck ein Kaufmann gefragt wurde,
ob ein gewisses Hamburger Haus für 10,000 Mark gut sei. Als er die Frage
bejaht hatte und zwei Tage später erfuhr, dass jenes Hamburger Haus fallirt
habe, bezahlte er auf sein „Ja" hin ohne weiteres die 10,000 Mark. Er war
damals nicht reich, aber er hat bis heute seine Ehre bewahrt.
106
Andern den Verlust ertragen können, er verliert dadurch seine
Ehre, und man könnte sagen, es wäre ihm besser, nie geboren
zu sein — denn nur in dem seltenen Falle, dass es ihm gelingt,
in ferner Zeit Capital und Zinsen wiederzuerstatten, kann er die
Ehre wiedererlangen.
Der rechtliche Kaufmann soll sein Licht leuchten lassen.
Im Dunkeln wandeln die Finsterlinge und herrscht der Betrug.
Ein offenes Gesicht ist dem Kaufmann ein Freibrief durch die
Welt und ein freimüthiges Wesen gewinnt ihm Zuneigung. Kennt-
nisse und Geschicklichkeit allein nützen nicht; der Handel will
auch betrieben und empfohlen* sein, empfohlen durch Wort und
Schrift (ein jeder Brief muss der betreffenden Handlung zur
Empfehlung dienen) — durch Ankündigungen, Umlaufsschreiben,
die der Handlungsweise entsprechen.
* Ein Schuliwichsfabrikaut in London, der überzeugt war, die beste
Schuhwichse anfertigen zu können, legte fast sein ganzes Capital zur Verfer-
tigung dieses Artikels an. Darauf kündigte er seine Waare in Zeitungen und
Briefen an; aber Niemand kümmerte sich um seine Wichse; er hatte keine
Käufer. Als er sah, dass er bald kein Geld zum Lebensunterhalte mehr
haben würde, fiel ihm noch ein Mittel zu Bewirkung des Verkaufs ein Er
zog seine besten Kleider an, ging zu allen grossen Londoner Handlungshäusern
und fragte nach einer grossen Partie Schuhwichse; er verlangte aber Waare
von Day dt Martin (so hiess seine Firma), von welcher man ihm noch keine
liefern konnte. Nun erst ward Nachfrage für seine Wichse laut; man suchte
sie, kaufte sie, pries sie an, die Waare entsprach der Empfehlung, er konnte
bald kaum genug Wichse liefern. Der Mann ist durch diesen einfachen Artikel
reich geworden; ein grosses Haus in Holboru, das ihm gehört, trägt die Firma
„Day <& Martin"'. Oft sieht man 3 bis 4 eiserne Lastwagen hintereinander
durch Londons Strassen ziehen, jeden mit vier glänzend schwarzen starken
Pferden bespannt, neben jedem Wagen einen Fuhrmann und einen Knecht mit
weissen Schürzen; diese Lastwagen und Leute gehören Day (& Martin; sie
holen von den Speichern die Ingredienzen der Schuhwichse, oder sie bringen
grosse Fässer voll Wichse zu den Schiffen, die nach überseeischen Häfen
gehen. Auch eigene Schiffe besitzt der Mann, die von Indien Specereien
bringen und dorthin Schuhwichse führen.
I
I
107
Es darf dem Kaufmanne nicht fehlen an Unternehmungs-
geist, der mit dem Wissen, der Klugheit und Vorsicht zu-
sammengeht. Wenn der Preis der Waaren und Werthsachen
steigt oder fällt wegen Mangel oder Ueberfluss, durch den
Wechsel der Mode oder durch friedliche oder kriegerische Er-
eignisse, duixh Prosperität oder schlechte Geldverhältnisse der
Productions- oder der Verbrauchsländer, so ist dem Kaufmanne
Alles zu wissen von grossem Vortheil. Ist nun die Waare
wohlfeil zu den Verhältnissen des Verbrauchsmarktes, den er
kennt, so kauft er viel und benutzt auch wohl seinen Credit,
fördert billige Waare dahin, wo sie gesucht ist und schafft
dadurch Nutzen und sich selbst Gewinn. Wird aber solche
Waare zur Mode in einem glücklicher Verhältnisse sich erfreuenden
Lande, so kauft er viel, auch zu hohem Preise, bei gleichem
Erfolge. Unternehmungsgeist ist wohl zu unterscheiden von
Speculation, die nicht auf Wissen, sondern nur auf Hoffen und
Glauben beruht, die nur ein Glücksspiel ist und aus dem kauf-
männischen Wörterbuche gestrichen werden sollte.
Muth gehört dazu, die Welt in allen den Theilen zu
erobern und sich unterthan zu machen, die seinen gemeinnützigen
Zwecken dienen können. Der Kaufmann scheut auch auf Reisen
nicht Gefahr, mag auf der See es stürmen und toben. Wie
der Schiffer das wogende Element zu bewältigen strebt, so über-
wältigt auch er jede Furcht, denn er ist in seinem Berufe.
Sein Muth erstreckt sich vornehmlich auch auf die Wahrung
seiner Ehre, die er mit allem Vermögen vertritt und mit allen
ihm zu Gebote stehenden Waffen schützt.
Der Kaufmann und Rauchwaarenhändler sollte Kosmopolit
sein; er dient allen Nationen und alle müssen ihm dienen;
keine Völker und Menschen sind als solche seine Feinde. Er
bezieht Waaren von dem Lande, wo sie am besten sind, und
108
muss arbeiten lassen da, wo die Fabrikation am weitesten vor-
geschritten ist, weil er anders seinen Beruf, der Welt zu nützen,
nicht würde erfüllen können; nur unter gleichen Bedingungen
zieht er sein engeres Vaterland vor. Er ist nach seiner poli-
tischen Gesinnung zuerst Weltbürger, und wenn er in Deutsch-
land und in Sachsen wohöt, zuerst Deutscher, dann Sachse,
aber unter diesen Voraussetzungen nicht . Engländer , Fi-anzose,
Preusse oder Oestreicher.
Im Verfolg seines Ziels, nändich in ' dem Streben nach
Vervollkommnung ist er dem Fortschritte und der Verbesserung
des Bestehenden, besonders der freien Entwickelung des
Handels und der Gewerbe, freier Wege und Stege,
Verminderung und Aufhebung der Zollschranken, mit
einem Worte dem Freihandel zugethan; er ist überzeugt, dass
der Handel vor allen andern Dingen vollkommene Freiheit
vertragen kann; dass derselbe, wo sie waltet, am besten
gedeiht und derselben auch würdig ist. Aber er vergisst
auch nicht, dass der Handel neben der Freiheit „der Sicher-
heit" bedarf und achtet Gesetz und Ordnung.
Ora d labora. Der Kaufmann muss fromm sein im
ernsten Sinne; er muss von Frömmelei weit entfernt und ohne
äusseren Schein all sein innerstes Wollen, und Streben im
demüthigen Gebete Gottes Rath anheimstellen. Nur zu leicht
kann er bei dem GeHngen seiner Unternehmungen, beim An-
wachsen seines Vermögens sich dem Wahne hingeben, dass
dieses Alles sein eigenes Werk und Verdienst sei und leicht
kann er darüber seines Schöpfers vergessen, der ihm Intelligenz
und Fähigkeiten verliehen hat; aber, sein Vermögen ist so un-
sicher wie der Meeressand, den eine Hochfluth angehäuft und
den die nächste Ebbe hinwegreisst ; seine Grundsätze sind wie
das schwache Rohr, das der Wind hin und her weht. Nur
109
Gebet und Gottvertrauen neben treuer Pflichterfüllung können
ihn sicher auf dem gefahrvollen Lebenspfade geleiten. Mit Gott
steht er sicher wie ein Fels! Wie aber auch ein Fels fallen
kann, so auch er; aber er fällt dann mit dem Bewusstsein,
dass dem Laufe des Irdischen Genüge geschehen ist und sein
Geist, der Ewigkeit angehörend, hebt sich vertrauend wieder
empor durch Nacht zum Licht.
Der Kaufmann ehrt seinen König als die SpitSe der Landes-
verhältnisse und liebt ihn um so mehr, wenn neben hohen
Regententugenden Weisheit und Wissen ihn verehrungswürdig
machen. Er achtet sein engeres Vaterland, das er niemals
verleugnet und für dessen Ehre er Alles einzusetzen bereit ist.
Er pflegt auch gerne des Frohsinns, wenn das Familien-
glück ihm Rosen streut; und freigebig und wohlthätig
sein zu können, dünkt ihm der Lohn und Segen seiner
Arbeit.
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