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Full text of "Der Rauchwaaren-Handel, Geschichte, Betriebsweise nebst Waarenkunde"

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DER 


RAUCHWAAREN  -  HANDEL. 


GESCHICHTE,  BETRIEBSWEISE 


NKBST 


WAAliENKÜNDE 


HEINRICH  LOMER. 


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LEIPZia, 

EIGENTHUM  DES  VERFASSERS. 


n         I 

7h        •  - 


VOKWORT. 


Der  Raachwaarenhandel  als  einzelnes  Glied  der 
grossen  Handelskette,  die  immer  fester  die  getrennten 
Völker  und  Länder  mit  einander  verbindet,  ist  bis  jetzt 
nm*  in  sehr  beschränkter  Weise  schriftlich  erörtert  worden. 
Die  Geschichte  dieses  Handelszweigs,  obwohl  mit  der 
allgemeinen  Weltgeschichte,  besonders  in  der  Zeit  ihrer 
frühesten  Entwicklung ,  eng  verknüpft,  ist  bisher  fast  nur 
in  dem  Gedächtniss  der  Betheiligten  aufbewahrt  gewesen 
und  kann  auch  in  der  vorliegenden  Schrift  zum  Theil 
nur  nach  mündlicher  Ueberlieferung  mitgetheilt  werden. 
Die  Statistik  lieferten  eigenes  Wissen  und  Geschäfts- 
bücher, die  Technik  und  Waarenkunde  entspross 
aus  Erfahrung  und  Erlerntem  und  es  kann  dieser  Quellen 
halber  weder  auf  Vollständigkeit  noch  auf  Vermeidung 
aller  Irrthümer  Anspruch  gemacht  werden.  Die  Grund- 
sätze   des  Kaufmanns    und   Rauchwaarenhändlers ,    welche 


VI 


den  Schluss  dieses  Buches  bilden,  sind  aus  vollster  Ueber- 
zeugung  geschrieben.  Wohl  stehen  sie  in  der  Brust  aller 
rechtlichen  Kaufleute  eingeprägt,  aber  der  Wunsch,  dass 
sie  noch  mehr  als  heute  Gemeingut  werden  mögen,  und 
dass  auf  diesem  geschäftlichen  wie  moralischen  Grunde 
fortgearbeitet  werden  möge,  gab  Veranlassung  sie  hier 
darzulegen. 

Die  stete  Theilnahme  und  das  dauernde  Wohlwollen 
von  Geschäftsfreunden,  Lehre  und  Beispiel  eines  hoch- 
achtbaren Vaters,  vor  Allem  der  Segen  des  Allmäch- 
tigen, der  sich  durch  Begabung  mit  Vorliebe  und  Eifer 
zu  dem  Berufe  offenbarte,  legten  den  Grund;  hohes 
Interesse,  welches  dem  Rauchwaarenhandel  zu  Theil 
wird,    reiften   den   Entschluss   zur   Beschreibung   desselben. 

In  Gefühlen  des  tiefsten  Dankes  gegen  die  Vor- 
sehung widmet  diese  Schrift  seinen  hohen  Gönnern  und 
Freunden  als  Zeichen  seiner  Verehrung  und  Liebe 
imd    bittet    um    wohlwollende    Beurtheilung 

Leipzig,    1864. 

Der  Verfasser. 


VII 


INHALT. 


Seite 

Ursprung  des  Handels 1 

Die  Bedeutung  des  Handels.  —  Rauchwaaren,  erste  Handelsobjectc.  — 
Asien,  die  Wiege  des  Handels.  —  Gang  des  Handels  von  Ost  nach 
"West.  —  Japanesen,  Chinesen,  Phönizier. 

Geschichte  des  Rauchwaarenhandels 2 

1)  Asien    und    Russland 3 

Sibirien.  —  Grosser  Umfang  des  Rauchwaarenhandels  in  frühester 
Zeit.  —  Entdeckung  Kamtschatka's  und  der  Aleuten.  —  Russisch-   . 
Amerik.  Compagnie.  —    Hauptniederlassungen  Kodjak  und  Sitka. 
Sitz  derselben  St.  Petersburg. 

2)  Nordamerika      .    .  ■ 4 

Concurrenz  zwischen  den  Europäern  und  Sieg  der  Engländer.  — 
Zusammentreffen  der  Russen  und  Engländer,  Tractat  wegen  der 
Grenze  von  Russisch -Amerika.  —  Grenze  zwischen  den  Verein. 
Staaten  und  Brittisch -Amerika. 

ä)    Canada 4 

Quebeck  gegründet  durch  die  Franzosen.  —  Bildung  der 
Pelzcompagnie  daselbst.  —  Concurrenz  der  englischen  An- 
siedler in  ,New-York%  mit  derselben.  —  Erfolglosigkeit  des 
französischen  Handels  unter  der  Leitung  der  Regierung.  — 
Abtretung  der  Hudsonsbay,  Neuschottlands  und  Newfoundlands 
an  England.  —  Einfuhr  von  Pelzfellen  von  Canada  in 
Frankreich  durch  Rochelle.  —  Ueber^be  Canada's  an  die 
Engländer. 


virr 


Seite 

6)    New-Amsterdam  —  New-York 6 

Gründung  durch  die  Holländer.  —  Handel  mit  den  In- 
dianern. —  Fort  Orange  von  den  Engländern  erobert.  — 
Fruchtlosigkeit  des  Monopols.  —  Zugänglichkeit  der  neuen 
Ansiedlungen. 

c)  Die  Hudsonsbay 6 

Entdeckung  derselben  von  James  Hudson.  —  Bildung 
einer  Handelsgesellschaft  unter  dem  Prinzen  Ruppert.  — 
Fort  Charles.  —  Bestätigung  der  Hudsonsbay  -  Compagnie 
durch  Charles  II.  —  Das  Monopolrecht  der  Compagnie  an- 
gefochten. —  Concurrenz  der  Canadisch  -  Französischen  Mono- 
polgesellschaft. —  Gründung  der  Nordwest  -  Compagnie.  — 
Streit  zwischen  der  Hudsonsbay-  und  Nordwest  -  Compagnie 
und  endliche  Vereinigung  beider.  —  Vancouvers  Insel.  — 
Oregon-Gebiet.  —  Veränderung  der  Compagnie  in  neuester  Zeit. 

d)  Joh.  Jac.  Astor  und  sein  Wirken 9 

3)  Deutschland  .    .    • 11 

Reiche  Production  in  ältester  Zeit.  —  Das  Gewerbe  der  Kürsch- 
nerei älter  als  die  Hansa.  —  Bemerkungen  aus  dem  früheren 
Handel  mit  Russland.  —  Aufschwung  des  deutschen  Handels  in 
neuerer  Zeit.  —  Der  Messhandel.  —  Verkehr  nach  dem  Aus- 
lande. —  Ausdehnung  des  Handels  mit  amerikanischen  und  rus- 
sischen Erzeugnissen.    —    Internationaler  Handelsverkehr. 

Betrieb  des  Rauchwaarenhandels 13 

1)  Der  amerikanische  Rauchwaarenhandel       13 

a)  In   den  Hudsonsbay-Territorien 13 

Feste  Plätze  zur  Vermittelung  des  Tauschhandels.  —  Gegen- 
stände und  Art  und  Weise  des  Handels.  —  Tauschtarif.  — 
Beschränkung  der  Spirituosen  als  Tauschmittel.  —  Charakter 
der  Indianer.  —  Ertrag  der  Hudsonsbay  -  Compagnie.  — 
Verkaufsplätze  der  Compagnie:  Montreal  und  London.  — 
Auctionen  in  London.  —  Einfuhrliste  Frühjahr  1864.  — 
Einfuhrliste  Frühjahr  und  Herbst  1863.  —  Verkaufsliste 
1729  und  1829  und  Preise  1863.  —  Einfuhrliste  1723  —  1728, 
verglichen  mit  1863.  —  Gesammt-Einfuhren  in  verschiedenen 
Zeiträumen  1844—1863.  —  Schilderung  einer  Auction. 

b)  In  Canada   und  den  Verein.  Staaten 17 

Geld  als  Tauschmittel.  —  Freie  Concurrenz  von  Jägern, 
Indianern,  Trappern.  —  Permanente  Agenturen  von  New- 
Yorker    Handelshäusern.    —    Kleinhandel    im    Innern.     — 


1                                                                         ^ 

1 

Seite 

Ueberseeische  Verbindung.  —  Leipzig.  —  London.  —  Auction 
von   C.  M.  Lampson    &   Co.    —    Einfuhren    in   London    in 
verschiedenen    Zeiträumen    1844  —  1863.    —     Vorzüge    des 
Leipziger  Marktes.  —  Einfuhr  von  russischen  und  deutschen 
Producten  in  Amerika. 
2)  Der  russische  Rauchwaarenhandel 28 

a)  Begründung  des  Handels  in  Sibirien  durch  Wassiliewitsch  IL 

—  Tribute  der  unterworfenen  Völkerstämme. 

b)  Handel  der  russisch -amerikanischen  Pelzcompagnie.  —  Ver- 

kauf ihrer  Waaren  in  St.  Petersburg. 

c)   Handel   nach   Kiachta.    —    Thee   als    HaupttauschmitteL  — 

Einfluss  der  Regierung  auf  den  Handel.   —    Handelsverhält- 

nisse. -—  Einfuhrliste  von  Rauch  waaren  in  Kiachta  1817  bis 

1819  und   1841—1843. 

d)  Handel  auf  den  russischen  Messen 32 

I.  Irbit.  —   Communication  durch  Schlitten.  —  Gegenstände 

des  Handels.  —  Einfuhr  russischer  Erzeugnisse  in  Irbit. 

—  Liste. 

IL   Messe    in    Nischny- Nowgorod.    —   Betheiligung   an    der- 

selben. —  Einfuhrliste  russischer  Rauchwaaren  daselbst.  — 

Handelsusancen. 

e)  Handel  in  den  Hauptstädten 33 

I.  St.  Petersburg,  gehoben  durch  den  Sitz  der  Russ.-Amerik. 

Compagnie  und  die  Zugänglichkeit  für  andere  Nationen.  — 

Bedeutender  Umsatz  in  amerikanischen  Artikeln. 

II.  Mosco.    —    Umfangreiche    Zufuhren    von    allen    Länder- 

strichen.   —   Bedeutende   Handlungshäuser.   —   Börse    in 

Mosco.  —  Handelsgebräuche. 

3)  Der  skandinavische  Rauchwaarenhandel 37 

Eigene  Producte  und; die  der  Colonien  Grönland  und  Island. 

—   Erzeugnisse   Schwedens    und    Norwegens.   —    Dänemark 

1 

(Jütland  und  Seeland).  —  Transit  der  Waaren  nach  Russland 

durch  Deutschland.  —  Königl.  Dän.-Grönländische  Compagnie 

i 

in  Copenhagen.  —  Inspectorate.  —  Auctionen.  —    Einfuhr- 

liste der  Grönl.  Auctionen. 

1 

4)  Der  deutsche  Rauchwaarenhandel 39 

Theilnahme  an  demselben.  —  Kürschnerei  und  Rauchwaaren- 

handel. —  Der  Gross-  und  der  Kleinhandel.  —  Betrieb  des 

Handels  in  den  deutschen  Städten.  —  Benachbarte  Länder. 

—  Frankreich.  —  Polen.  —  Landestrachten.  —  Messen. 

Seite 

Die  Leipziger  Messen 41 

Ostermesse.  —  Producte  Deutschlands  und  der  angrenzenden 
Länder.  —  Producte  Russlands  und  Asiens.  —  Producte 
Skandinaviens.  —  Producte  Amerika's.  —  Halbfabricate  Eng- 
lands, Frankreichs,  Hollands,  Polens,  Deutschlands.  — '  Mi- 
chaelismesse. —  Liste  der  Gesammteinfuhren  in  Leipzig.  — 
Besuch  der  Messen  durch  Ausländer.  —  Einkauf  und  Ver- 
kauf. —  Bedürfnisse  der  verschiedenen  Käufer.  —  Die  Ver- 
käufer 1)  der  deutschen  Waaren,  —  2)  der  amerikanischen  '  • 
Waaren,  —  3)  der  russischen  Waaren.  —  Charakterisirende 
Bemerkungen. 

Die  Productionsländer •    ...  47 

a)  Productionsliste  Sibiriens  und  des  russischen  Amerika     .    .  *.    .  47 

6)  Productionsliste  Mitteleuropa's ' 48 

c)  Productionsliste  Nordamerika's 49 

d)  Productionsliste    des    europäischen   Russlands,    Schwedens,    Nor- 
wegens, Islands  und  Grönlands 50 

e)  Productionsliste  Süd -Amerika's,  Süd- Asiens,  Afrika's,  Australiens 
und  der  Südsee  -  Inseln      50 

/)  Jährliche  Gesammtproduction  unsers  Erdkörpers .51 

Der  Fang  der  Pelzthiere 52 

Stufenfolge  der  Pelzwerkbereitung 53 

Rang  der  Völker  in  der  Civilisation  nach  der  Vollkommenheit  ihrer 
Werke.  —  Esquimaux.  —  Indianer  Oregons.  —  Neuseeländer  und 
Kaffern.  —  Grönländer.  —  Chinesen.  —  Europäer. 

Bereitung  der  Pelzfelle 56 

Bereitung  der  Wildwaaren.  —  Russische  Bereitungsweise.  —  Bereitung 
von  Lammfellen,  Kaninchen,  Eichhörnchen  und  Chinchillas  in  Deutsch- 
land. —  Bereitung  der  Pelzseehunde  in  England. 

Waarenkunde 59 

Einleitung.  —  Reihenfolge  der  Pelzfelle  nach  ihrer  Zusammen- 
gehörigkeit im  Handel: 

Sibirische  Zobel 60 

Amerikanische  Zobel      61 

Nerze • 62 

Edelmarder 63 

Steinmarder 63 


XI 


Seite 

Iltis ■  .    .  64 

Kolinsky      .    .    ,    , .• 65 

Hermeline • 65 

Eichhörnchen      66 

Bisam 67 

Hamster 68 

Chinchillas 68 

Schwarz-  und  Silberfüchse 69 

Kreuzfüchse 71 

Blaufüchse 71 

Weisse  Füchse 72 

Rothe  Füchse      .    .    .    .    : 72 

Griesfüchse      73 

Kittfüchse .  74 

Waschbären 74 

Virgin.  Iltis 75 

Skunks , 75 

Opossum      • •    .    .  76 

Bären       77 

Luchse 79 

Luchskatzen 79 

Wölfe      80 

Büffel      • 80 

Vielfrasse 81 

Dachse     .    .    .    ,• 81 

Biber .  82 

See-Otter 83 

Otter 83 

Pelzseehunde 84 

Seehunde 85 

Koipu      85 

Hasen     86 

Kaninchen 87 

Hauskatzen 87 

Wilde  Katzen      88 

Lammfelle 89 

Affen 90 

Löwen,  Tiger,  Panther,  Leoparden  u.  s.  w 91 

Schwäne  und  Gänse 93 

Grebes qr 


XII 


Seite 

Preisveränderung  der  Rauchwaaren 94 

Der  Werth  der  Rauchwaaren  abhängig  von  ihrer  Nutzbarkeit  und 
Seltenheit,  von  dem  Reichthum  und  von  der  Mode  unter  den 
pekverbrauchenden  Völkern.  —  Zunahme  der  Ausbeute.  —  Zu- 
nahme des  Nationalreichthums.  —  Modewechsel,  Kriege,  Geldkrisen. 

—  Beispiele.  —  Anmerkung  über  den  Schleichhandel  und  Schutzzölle. 

—  Preise  in  Kiachta  im  vorigen  Jahrhundert.  —  Veränderung  des 
Quantums  der  Rauchwaaren. 

Der  Kaufmann  und  Rauchwaarenhändler 101 

Wissen  und  Können.  —  Organisationstalent.  —  Welt-  und  Menschen- 
kenntniss.  —  Umgang  mit  Menschen.  —  Waarenkenntniss.  —  Mo- 
ralische Kraft.  —  Handelstalent.  —  Geld!  Geld?  —  Intelligenz.  — 
Credit.  —  Rechtlichkeit.  —  Offenheit.  —  Unternehmungsgeist.  — 
Muth.  —  Kosmopolitische  Gesinnung  des  Kaufmanns.  —  Ora  et 
labora.  —  Frohsinn.  —  Wohlthätigkeit. 


Ursprung  des  Handels. 


er  Handel,  der  die  Erzeugnisse  ferner  Länder  zu 
unserm  Nutzen  und  Gebrauch  herbeischafft,  dessen 
^A^^  ^  Sendboten  den  Erdball  durchforschten  und  Länder  und 
Welttheile  entdeckt  haben,  darf  mit  Recht  eine  Trieb- 
feder der  Cultur,  das  belebende  Element  des  leiblichen  und 
theils  auch  geistigen  Wohlstandes  der  Völker  genannt  werden. 
Derselbe  muss  sich  zu  seinen  ersten  Tauschobjekten  die  Kleidung 
erkoren  haben,  als  das  den  Menschen  nächst  den  Nahrungsmitteln 
nothwendigste  Lebensbedürfniss.  Von  der  Natur  aber  war  zur 
Kleidung  als  der  trefflichste  Stoff  geboten  die  Häute  und  Felle 
der  Thiere,  in  den  nördlicheren  Gegenden  das  feine  und  schöne 
Pelzwerk. 

Die  Wiege  des  Handels,  wie  der  Bildung  überhaui^,  ist 
nach  unserer  Geschichte  Asien,  und  nach  dieser  Quelle  hätten 
die  Phönizier  an  der  Spitze  der  handeltreibenden  Völker  der 
alten    Welt   gestanden.      Wenn    aber    unsere    Ueberlieferung    von 


sechstausend  Jahren  erzählt,  wenn  die  neuere  Geschichts-  und 
Natur-Forschung  viele  Jahrtausende  hinzusetzen  muss,  wenn  endlich 
die  Chinesen  eine  fast  dreissigtausendjährige  Zeitrechnung  haben: 
so  dürfen  wir  wohl  voraussetzen,  dass  der  Handel,  überein- 
.stimmend  mit  dem  lange  gewohnten  Gange  der  Bildung,  von 
Osten  nach  Westen  sich  zu  wenden,  von  den  Völkern  Ostasiens, 
den  Japanesen  und  Chinesen  zu  den  Phöniziern  gekommen  ist.* 
Es  ist  also  auch  der  Ursprung  des  Rauchwaarenhandels 
von  Ostasien,  von  China,  herzuleiten.  Vermuthlich  haben  jene 
asiatischen  Völker  bei  dem  ersten  Schritte  zur  Cultur,  als  sie 
anfingen,  sich  zu  kleiden,  und  dann,  sich  zu  schmücken,  die 
rohen  Felle  von  Tigern,  Löwen,  Bären  etc.  um  ihre  Schultern 
und  Hüften  gehängt,  wie  noch  heute  viele  auf  niederer  Stufe 
der  Cultur   stehende  Indianerstämme    im  Westen   Amerika's   thun. 


Geschichte  des  Rauchwaarenhandels. 

Diese  fängt  gleich  nach  dem  Gebrauche  des  Pjoductes  an. 
Wenn  der  kühne  Jäger  wilde  Thiere  erlegt  hatte,  tauschte  er  von 
Denjenigen,  welche  das  Glück  oder  die  Geschicklichkeit  im 
Waidwerk  nicht  besassen,  doch  aber  Verlangen  nach  einem 
Bärenfelle  oder  dergl.  hatten,  andere  Gegenstände  dafür  ein. 
Diese  zweite  Stufe  beweist  den  Scharfsinn  des  menschlichen 
Geistes   weit   erhabener,   als  Jagd  und  Raub,    und   stellt   die   In- 

*  Wenn  in  der  Industrie  und  den  Künsten  der  Chinesen  später  Still- 
stand eingetreten  ist,  so  mag  dieser  sich  von  der  Zeit  herdatiren,  als  sie  sich 
von  dem  Verkehr  mit  andern  Völkern  abgeschlossen  hatten. 


telligenz   über  den  Instinct  der  Thiere,   weil  dadurch   der  Neben- 
menschen  Nutzen,    wie    der    eigene,    gefördert   wurde. 

Von  der  dreissigtausendjährigen  Geschichte  der  Chinesen  ist 
uns  leider  nur  wenig  überliefert;  die  ersten  Daten  aus  der  Ge- 
schichte des  Rauchwaarenhandels ,  welche  historisch  begründet 
sind,  bietet  Russland,  das  nächst  China  am  meisten  Pelzwerk 
verbrauchende  Land.  Da  nämlich  die  Russen  Nützlichkeit  und 
Schönheit  an  dem  Pelzwerk  erkannt  hatten  und  sie  in  ihrem 
eignen  Lande  nicht  genug  Befriedigung  darin  fanden,  trieb  der 
Begehr  danach  sie  weiter  nach  Osten  und  führte  sie  in  der 
ersten  Hälfte  des  16.  Jahrhunderts  zur  Entdeckung*  oder  In- 
vasion Sibiriens,  und  schon  1558  nannte  sich  Iwan  Wasiliewitsch  IL 
Fürst   aller    Länder   Sibiriens. 

Der  Verbrauch  in  Pelzwerk  und  demnach  der  Handel  mit 
demselben,  muss,  so  sehr  er  auch  in  jenen  Jahrhunderten  auf 
Russland  und  China  beschränkt  gewesen  sein  mag,  doch  schon 
sehr  bedeutend  gewesen  sein,  und  die  Summe  von  Hundert- 
tausenden betragen  haben.  Nur  langsam  geschah  jedoch  das 
Vordringen  in  den  kalten  unwirthbaren  Regionen;  denn  erst 
zweihundert  Jahre  später,  zu  Anfang  des  18.  Jahrhunderts, 
wurde  Kamtschatka  und  um  die  Mitte  desselben  die  Aleuten, 
Fuchsinseln,  entdeckt.  Im  Jahre  1785  wurde  die  Russisch- 
amerikanische Pelzcompagnie  begründet,  welche  1799  vom 
Kaiser  mit  einigen  Vorrechten**  bestätigt   ward.     Die  Compagnie 


*  Von  einem  Lande,  das  seine  Grenze  von  Norden  bis  Süden  an  das 
ganze  russische  Reich  anschliesst,  dürfte  man  wohl  kaum  von  Entdeckung 
sprechen. 

**  Zu  diesen  Vorrechten  gehört  die  Erlaubniss  der  Einfuhr  von  sonst 
prohibirtem  Pelzwerk;  zur  Zeit  können  fast  alle  Pelzwaarcn,  gegen  Zoll,  von 
jedem  Kaufmann  I.  u,  II.  Gilde  in  Russland  eingeführt  werden,  und  es  ist 
nur  noch  die  Einfuhr  von  Seeottern  verboten. 


1* 


hat  ihre  Hauptniederlassungen  auf  den  Inseln  Kodjak  und 
Sitka,  von  wo  aus  sie  den  monopolisirten  Tauschhandel  mit 
den   Indianern   betreibt.      Ihr   Sitz   ist   Petersburg. 

Auf  Russland  müssen  wir  bei  Besprechung  der  Bezugs- 
quellen und  des  gegenwärtigen  Handels  zurückkommen;  jetzt 
wenden  wir  uns  nach  dem  zur  Zeit  am  meisten  Pelzwerk  pro- 
ducirenden    Erdtheile 

Nordamerika. 

Hier  traten  die  Franzosen,  Holländer  und  Engländer  in 
Concurrenz,  welche  in  Kampf  zwischen  den  verschiedenen  Na- 
tionen ausartete.  Die  Engländer  siegten  und  machten  sich  zu 
Herren  auch  aller  der  Pelzländer,  welche  die  Franzosen  und 
Holländer  beansprucht  hatten,  und  erst  als  die  vereinigten 
Staaten  sich  von  ihnen  losrissen,  bekamen  sie  in  diesen  einen 
neuen  Nebenbuhler.  Die  Europäer  und  deren  Nachkömmlinge, 
die  Amerikaner,  schritten,  nun  vom  Handel  getrieben,  eifrig  vor, 
die  Engländer  und  Amerikaner  nach  Westen,  die  Russen  nach 
Osten,  wo  sie  endlich  auf  ihren  Entdeckungszügen  gelegentlich 
auf  einander  stiessen.  Im  Anfange  des  19.  Jahrhunderts  aber 
wurde  durch  einen  Tractat  die  Grenze  zwischen  dem  russischen 
und  englischen  Amerika  auf  den  140.  Grad  westlicher  Länge, 
jedoch  mit  den  Inseln  Sitka  und  Neu -Archangel  für  russisch 
Amerika,  festgesetzt.  Zwischen  dem  enghschen  Amerika  und  den 
vereinigten  Staaten  im  Westen  ist  der  49.  Grad  nördl.  Breite 
als   Grenzlinie   angenommen.* 

Die    Franzosen,     welche    den    Pelzhandel    mit    Canada    be- 

*  Diese  Länderstriche ,  wo  man  die  Grenzen  durch  Grade  bezeichnet, 
sind  noch  bis  heute  nicht  genau  erforscht,  viele  Gegenden  vielleicht  noch  nicht 
von  Indianern,  viel  weniger  von  dem  Fusse  civilisirter  Nationen  betreten  worden. 


gannen,  gründeten  1608  die  Hauptstadt  Canada's,  Quebeck.  Eine 
Compagnie  von  700  Theilnehmern  betrieb  (sie  hatte  das  Monopol 
des  Pelzhandels  bekommen)  den  Handel  in  Tadoussac  am  St. 
Lorenzstrom  und  später  in  Trois-Rivieres  und  Montreal.  Mo- 
nopol, —  ein  Verbot  für  Andere,  machte  diese  um  so  eher 
lüstern;  die  englischen  Colonisten  in  New -York  bezahlten  den 
Irokesen  die  Waaren  besser,  und  es  zog  sich  der  Haupthandel 
nach  New -York.  Einige  vorgeschobene  Forts  am  Ontario- 
See,  Niagara  und  dann  am  Toronto  hatten  nicht  den  für  die 
Franzosen  erwünschten  Erfolg,  und  der  freie  Handel  der  Eng- 
länder gedieh  besser.  Ebenso  wenig  Gewinn  brachte  es,  dass 
der  König  von  Frankreich  das  Monopol  des  Pelzhandels  selbst 
in  die  Hände  nahm,  indem  man  nur  die  schlechtesten  Felle 
für  ihn  einkaufte.  Als  im  Jahre  1713,  nach  dem  Utrechter 
Frieden,  Frankreich  die  Hudsonsbay,  Neuschottland  und  Neu- 
foundland  an  England  abtreten  musste,  verlor  dasselbe  den 
grössten  Theil  des  Pelzhandels,  so  dass  ihm  nur  die  Erzeug- 
nisse von  Canada  übrig  blieben.  Der  Handel  war  jedoch  noch 
bedeutend,  wie  folgende  Zahlen  besagen: 
Einfuhr   in    Frankreich    durch   Rochelle    im    Jahre    1743. 

Otter 9000    Stck. 

Virgin.  Iltis  .     .     .    3500      „ 
Luchse       ....     1220      „ 

Wölfe 1267      „ 

Vielfrasse  ....  9      » 

.     10,700   Stck. 

Endlich  in  einem  neuen  Seekriege  1759,  als  die  damahge 
Hauptstadt  Canada's  Quebeck  von  den  Engländern  genommen 
wurde,  und  als  nach  dem  siebenjährigen  Kriege  ganz  Canada 
an  die  Engländer  überging,  verlor  Frankreich  völlig  seinen  über- 
seeischen  Rauchwaarenhandel. 


Biber     .    .     . 

.     127,080 

Stck 

Bären    .    .    . 

.       16,512 

n 

Waschbären    . 

.     110,000 

V 

Zobel     .    .    . 

.      30,328 

n 

Nerze    .    .    . 

1700 
Füchse    . 

n 

6 

Inzwischen    hatten    im    Jahre    1610    die   Holländer    in    dem 

jetzigen   Staate   New -York  eine   Niederlassung   unter   dem   Namen 

1 

Neu- Amsterdam    gegründet    und    150    Meilen    weiter    im    Innern 

das   Fort   Orange   angelegt,    um   mit    dem   Stamme   der   Irokesen 

den  Rauchwaarentausch  zu  betreiben.  Auch  sie  verloren  im 
Jahre  1664  ihre  Besitzung  an  die  Engländer,  welche  den  Handel 
auf  gleiche  Weise  fortzusetzen  suchten.  Das  Handelsmonopol 
trug  auch  hier  jedoch  keine  grossen  Früchte,  weil  die  Mono- 
pohsten  in  den  neugegründeten  Orten  die  europäischen  Artikel, 
gegen  welche  sie  Felle  von  den  Indianern  eintauschten,  viel 
wohlfeiler  einkaufen  konnten,  als  man  von  Europa  sie  ihnen 
berechnete.  In  diesem  Lande,  welches  von  Canada  wie  von 
der  See  leicht  zugänglich  war  und  wo  mehrere  Nationen  schon 
früher  sich  angesiedelt  hatten,  konnte  ein  solches  Monopol  nicht 
aufrecht  erhalten  werden;  anders  war  es  in  den  Ländern  der 
Hudsons-Bay. 

Die  Hudsons-Bay  im  Norden  von  Canada  gelegen,  neun 
Monate  jeden  Jahres  durch  Eis  unzugänglich,  war  im  Jahre 
1610  von  dem  Engländer  Hudson  entdeckt  und  nach  ihm  be- 
nannt worden.  Ein  halbes  Jahrhundert  später,  als  die  Eng- 
länder durch  den  Franzosen  Grosseilher  auf  den  Pelzreichthuni 
dieser  Gegend  aufmerksam  gemacht  worden  waren,  bildete  sich 
eine  Gesellschaft  unter  des  Prinzen  Ruppert  Hoheit,  Christopher 
Herzog  von  Albemarle  und  William,  Graf  von  Grawe,  zusammen 
mit  andern  Kaufleuten  auf  gut  Glück  (Adventurers),  um  eine 
Expedition  nach  der  Hudsonsbay  unternehmen  zu  lassen.  Es 
bekamen  der  erwähnte  Grosseillier  und  der  Engländer  Gillam 
den  Oberbefehl  über  dieselbe;  sie  gründeten  das  Fort  Charles, 
und  die  Gesellschaft  erhielt  nach  ihrer  Rückkehr  von  dem 
Könige  Charles  IL  im  Jahre  1670  einen  Freibrief  (charter), 
der   ihr  den  alleinigen  Besitz    der   Hudsonsbay   und   aller  westUch 


dahinter  liegenden  Länder  gewährte,  (dieselben  werden,  nach  dem 
Prinzen  Ruppert,  Ruppertsland  benannt)  mit  vollständiger  Gerichts- 
barkeit über  dieselben,  dem  Monopol  des  alleinigen  Handels, 
nebst  allen  bis  dahin  entdeckten  oder  noch  zu  entdeckenden 
Minen. 

So  geschah  die  Gründung  der  bis  heute  bestehenden  Hud- 
sonsbay-Compagnie.  Das  derselben  nunmehr  seit  fast  zwei- 
hundert Jahren  zuertheilte  Privilegium  ist  in  der  Zwischenzeit 
von  vielen  Seiten  angefochten'  worden.  Mit  der  Regierung  hatte 
sie  langwierige  Prozesse  zu  bestehen,  welche  letztere  allemal 
mit  erneuerter  Bestätigung  seitens  des  Parlaments,  doch  nur 
auf  den  Zeitraum  von  7  bis  10  Jahren  endeten.  Die  Gegner 
der  Compagnie  behaupten,  dass  der  königliche  Freibrief  nicht 
legalisirt,  vom  Parlamente  bei  der  Ertheilung  nicht  bestätigt 
worden  sei;  die  Compagnie  hat  zuletzt  die  Beweisführung  ihren 
Gegnern  überlassen,  welche  jedoch  dieselbe  bisher  schuldig  ge- 
bUeben  sind.  Die  Franzosen,  welche  ohne  Erfolg  bemüht 
gewesen  waren,  die  Engländer  zu  vertreiben,  legten  ein 
französisches  Fort  in  der  Nähe  des  Fort  Charles  an,  und  er- 
handelten Felle  für  Rechnung  der  Canadischen  Monopol-Gesell- 
schaft. Beide  Parteien  rivalisirten  bis  1713,  als,  wie  schon 
gesagt,  die  Hudsonsbay  gänzlich  den  Engländern  zufiel.  — 
Nicht  ungestört  blieb  indessen  die  Hudsonsbay- Compagnie  in 
ihrem  Alleinhandel.  Eine  Gesellschaft  Canadier  hatte  im  Jahre 
1783  die  Nordwest-Compagnie  gebildet.  Ihre  '  Agenten  und 
Trapper  waren  sehr  eifrig;  sie  dehnten  ihre  Streifzüge  immer 
weiter  nach  Westen  und  Norden  aus,  und  es  war  kein  Wunder, 
dass  sie  endlich  mit  den  Pelzjägern  der  Hudsonsbay -Compagnie 
zusammenstiessen.  Dies  geschah  1793.  Nun  bekriegten  beide 
Compagnien  einander;  nicht  die  Regierungen,  von  welchen  sie 
Recht  und  Freibrief  empfangen  hatten,  sondern  sie  selbst  stellten 


Soldaten.  Der  erbitterte  Krieg  hatte  lange  Zeit  nur  den  Er- 
folg, dass  die  grossen  Kosten  die  Zinsen  und  das  Einkommen 
der  Theilnehmer  auf  Null  brachten.  Endlich  gelang  es  der 
reicheren  und  mächtigeren  Hudsonsbay-Compagnie ,  die  Nordwest- 
Compagnie  in  sich  zu  vereinen;  die  Theilhaber  der  Nordwest- 
Compagnie  wurden  Actionäre  der  Hudsonsbay-Compagnie; 
erstere  hörte  auch  dem  Namen  nach  auf,  und  ihre  sämmtlichen 
Jagdgegenden,  darunter  das  bedeutende  Oregongebiet  am  Flusse 
Columbia  und  die  Insel  Vancouvers  fielen  der  Hudsonsbay- 
Compagnie  anheim.  Da  das  Gebiet  Oregon  seit  dem  Friedens- 
schlüsse mit  England  (1815)  den  Vereinigten  Staaten  gehört, 
seit  welcher  Zeit  der  Pelzhandel  auch  von  andern  Kaufleuten 
hier  ausgebeutet  wird,  so  wurde  der  Hudsonsbay-Compagnie 
Concurrenz  geboten,  welche  sie  indess  bisher  gut  bestanden  hat. 
Ganz  neuerdings,  im  Monat  July  1863,  ist  diese  Compagnie  in 
andere  Hände  übergegangen.  Es  hat  sich  nämlich  in  London 
eine  Gesellschaft  „The  International  Financial  Society",  eine  Art 
von  Credit  mobiUer,  gebildet,  welche  mit  dem  bisherigen 
Gouverneur  und  dem  Directorium  Vereinbarung  getroffen  hat, 
alles  Eigenthum  der  Hudsonsbay-Compagnie,  als:  Actien,  Waaren, 
Geld,  Schiffe,  Häuser,  Land  und  Privilegien  zu  übernehmen 
und  dagegen  für  alle  Actien,  welche  nominell  auf  100  Pfd.  Sterl. 
lauteten  und  die  man  bisher  schon  200  Pfd.  Sterl.  werthgeschätzt 
hatte,  je  300  Pfd.  Sterling  zu  bezahlen.  Das  Capital  der  Ge- 
sellschaft, zu  500,000  Pfd.  Sterl.  angesetzt,  trug  den  Actionären 
seit  den  letzten  vierzig  Jahren  jährlich  10  Procent  Zinsen  und 
alle  20  Jahre  einen  extra  Bonus  von  noch  10  Procent  ein. 
Noch  vor  wenig  Monaten  wurden  Actien  zu  195  Pfd.  im  Handel 
umgesetzt,  die  neue  Gesellschaft  zahlte  nun  für  die  5000  Actien 
je  300  Pfd.  Sterl.,  welches  1,500,000  Pfd.  Sterl.  ausmacht.  Die 
grosse     Liberahtät    ist     aber    nur    eine    scheinbare,     indem    die 


Compagnie  gleich  nach  dem  Kauf  erklärte ,  dass  sie  ihr  neu- 
er\Yorbenes  Eigenthum  auf  Zwei  Millionen  Pfund  schätze, 
und  nunmehr  die  Geldwelt  und  besonders  die  früheren  Actionäre 
derselben  Hudsonsbay- Compagnie  zu  einer  Actienzeichnung  auf 
diese  Summe  einlade.  Das  ganze  Capital  ist  gezeichnet  und 
auf  diese  Weise  um  500,000  Pfd.  Sterl.  vermehrt  worden.  Ob 
das  Land  nunmehr  besser  verwaltet,  ob  Wege  gebaut,  Cultur 
und  Christenthum  eingeführt  werden,  ob  die  Welt  im  All- 
gemeinen von  dieser  Veränderung  Gewinn  haben  werde,  steht 
noch  sehr  in  Frage,  und  man  muss  rasche  Fortschritte  be- 
sonders darum  bezweifeln,  weil  eine  mit  Monopol  geschützte 
Compagnie  auch  wieder  den  Alleinhandel  wird  aufrecht  erhalten 
wollen. 

Ehe  wir  erzählen,  wie  der  Handel  in  diesen  Territorien 
betrieben  wird,  werfen  wir  in  Anschauung  des  Handels  in  der 
letzten  Hälfte  des  vorigen  Jahrhunderts  noch  einen  Rückbhck 
auf  einen  Mann,  der  damals  als  Einzelner  so  viel  schaffte, 
als  manche  Compagnie,  und  Reichthum  und  guten  Namen  sich 
erworben  hat:  Johann  Jacob  Astor,  ein  Deutscher,  gebürtig 
aus  Walddorf  bei  Heidelberg.  Nach  London  ausgewandert,  war 
er  bald  nach  dem  Schauplatze  der  amerikanischen  Revolution, 
nach  New -York  gereist.  Er  hatte  seine  geringe  Baarschaft  in 
englischen  Waaren  angelegt,  welche  er  mit  Recht  glaubte  in 
pen  vereinigten  Staaten  gut  verwerthen  zu  können.  In  der 
Cheasepeak-Bay  vertauschte  er  sie  gegen  Pelzwerk,  welches  er 
in  London  mit  reichem  Gewinn  verkaufte,  und  kehrte  nach 
Amerika  zurück,  um  sich  daselbst  niederzulassen.  Er  betrieb 
den  Handel  mit  Kenntniss,  Geschick  und  Eifer;  wenn  ihm  auch 
mancher  Plan  misslang  und  er  mit  vielen  Schwierigkeiten  zu 
kämpfen  hatte,  so  wurde  er  doch  endlich  einer  der  berühmtesten 
und   reichsten  Kaufleute   Amerikas.     Als   die  Mackinaw-Compagnie 


10 


ihm  grosse  Hindernisse  in  den  Weg  legte,  und  er  glaubte, 
dass  eine  Compagnie  •  jener  am  besten  entgegentreten  könne, 
bildete  er  1809  mit  Genehmigung  des  Staates  New -York  eine 
Gesellschaft  mit  einer  Million  Dollars  Anlage -Capital  und  über- 
nahm alle  Actien  derselben  selbst,  so  dass  er  allein  die  Com- 
pagnie war.  Besser  als  dieses  Unternehmen  wirkte  der  im 
Jahre  1811  vollzogene  Ankauf  der  Actien  der  Mackinaw-Com- 
pagnie,  wodurch  letztere  zu  existiren  aufhörte,  ■  und  unter  Ver- 
schmelzung mit  der  seinigen  von  nun  an  Südwest-Compagnie 
von  ihm  genannt  wurde.  1810  unternahm  er  die  Gründung 
einer  Niederlassung  am  Columbia -Flusse  und  bildete  zu  dem 
Zwecke  die  Compagnie  des  Pelzhandels  am  stillen  Ocean. 
Er  bestritt  selbst  die  Ausrüstung  im  Belaufe  von  400,000  Dollars 
und  sandte  im  September  1810  ein  Schiff  ab,  welches  im  März 
1811  anlangte,  und  auf  der  Landzunge,  die  Georgspitze ,  den 
Hauptposten  unter  dem  Namen  Astoria  gründete.  Dieses  Unter- 
nehmen wurde  jedoch  nicht  mit  Glück  gekrönt;  die  Nordwest- 
Compagnie  feindete  es  an;  das  Schiif  Tonquin  wurde  auf  einer 
nördlichen  Pelz -Expedition  bei  der  Insel  Vancouvers  von  den 
Eingeborenen  überfallen,  die  Mannschaft  ermordet,  von  einem 
Uebriggeblicbenen  das  Schiff  aber  in  die  Luft  gesprengt.  Eine 
Land -Expedition,  im  Juni  1810  von  Astor  abgeordnet,  erreichte 
nach  langen  Leiden  Astoria  erst  im  Februar  1812.  Ein  von 
ihm  zu  Hülfe  gesandtes  Schiff  scheiterte  an  den  Sandwichs- 
Inseln.  Im  October  desselben  Jahres  zeigte  sich  in  Astoria 
dne  bewaffnete  Schaar,  welche  die  Besatzung  zwang,  die  Nieder- 
lassung mit  allen  Waarcn  für  ein  Drittel  des  Werthes  ihr  zu 
verkaufen;  endlich  kam  im  Decembcr  ein  englisches  Kriegsschiff, 
durch  dessen  Commandantcn  Astoria  in  „Fort  George"  umgetauft 
wurde.  Astor  blieb  dessen  ohngeachtet  reich,  und  sein  von 
seinen   Nachkommen    fortgeführtes   Haus   bes'ass   noch   vor   wenigen 


11 


Jahren    am   Mississippi    49    Forts,   von    welchen    aus    der  Handel 
mit   den   Indianern   betrieben   wurde. 

Es  haben  sich  in  der  Zwischenzeit  noch  andere  Compag- 
nien  in  den  vereinigten  Staaten  und  in  Canada  gebildet,  sind 
aber  theils  wieder  erloschen,  so  dass  gegenwärtig  der  Pelzhandel 
dieser  Länder  sich  grösstentheils  in  den  Händen  einzelner 
mächtiger   Handelshäuser   befindet. 

Deutschland. 

In  älterer  Zeit  haben  die  Deutschen  vermuthhch  nicht 
nur  das  viele  Pelzwerk  ihres  noch  heute  in  dieser  Production 
so  reichen  Landes  selbst  verbraucht,  sondern  sie  haben  auch 
noch  von  den  Schweden  und  den  Russen  ausländische  kostbare 
Felle  gekauft.  Das  Nibelungenlied  aus  dem  11.  Jahrhundert 
sagt  von  vielerlei  Pelzschmuck,  als:  Hermelin  und  Zobel  und 
dergleichen  Kleider,  von  Hüten  von  Zobel,  von  einem  Kleide 
von  buntgefleckten  (schwedischen)  Luchsen  u.  dgl.  Dem  Stifte 
Meissen  wurde  in  der  ersten  kaiserlichen  Schenkung  vom  Jahre 
983  u.  a.  der  Pelzzehnten  überwiesen.  Wir  sehen  ferner 
an  den  Gemälden  und  Portraits  der  Deutschen  Fürsten  und 
Grossen  der  Vorzeit,  dass  sie  fast  immer  reich  in  Pelz  ge- 
kleidet waren;  das  Gewerbe  der  Kürschner  mit  seinen  Privilegien 
datirt  von  älterer  Zeit,  als  die  Begründung  der  Hansa.  Die 
Probearbeiten  (Meisterstücke)  im  Süden  und  Osten  Deutschlands 
mussten  von  Lamm-,  Marder-  und  Fuchsfellen,  die  im  Norden' 
und  den  meisten  der  Hansa  angehörigen  Städten  vornehmlich 
von  Feh  (Russische  Eichhörnchen)  gefertigt  werden.  Den  Handel 
mit  Russischem  Pelzwerk  in  Deutschland  beweist  auch  eine  Ver- 
ordnung des  Magistrats  zu  Lübeck  vom  Jahre  1603,  in  welcher 
es   wörthch   heisst : 


12 


IV.    Soll  kein  Pelzwerk  oder  andere  Waare  einzeln  gekauft  werden. 
V.    Grauwerk  soll  zu  50,  250  bis  1000  Stück  gekauft  werden. 
VI,    Die    Marder,     von     denen    25    Stück   zusammen    verkauft     werden, 

sollen    zuerst    sortirt,   jede    Art    besonders    gethan,    und    dann    der 

Handel  gemacht  werden. 
VII.    Gute   Hermeline   sollen    zu   25  Stück   gekauft   werden,    die  geringen 

und  schlechten  sollen  in  besondere  Pakete  gethan  werden. 

Von  dem  Umfange  des  damaligen  Handels  ist  nichts  be- 
kannt geblieben,  auch  haben  Russische  Kriege,  sowie  der  Aus- 
bruch des  dreissigjährigen  Krieges  und  die  1630  erfolgte  Auf- 
lösung der  grossen  Hansa,  den  Handel  Deutschlands  hundert 
Jahre  lang  in  Stocken  gebracht.  Erst  seit  der  letzten  Hälfte 
des  vorigen  Säculums  zeigt  der  internationale  Pelzwaarenhandel 
in  Deutschland  neues  Leben.  Breslau  und  Gr.  Glogau  wurden 
wieder  Hauptmärkte  für  Russische  Rauchwaaren,  besonders  für 
Krimmsche  Lammfelle  und  Grauwerk,  Lübeck  und  Hamburg  be- 
zogen aufs  Neue  Sibirische,  Nordische  und  Isländische  Waaren 
von  Russland  und  Scandinavien.  Auf  den  Messplätzen  und  be- 
sonders in  Leipzig  concentrirten  sich  die  Producte  Deutschlands, 
Ungarns,  Polens  und  Russlands;  der  Handel  mit  Amerikanischen 
Waaren  gewann  mehr  und  mehr  an  Umfang.  England  kaufte 
Russische  Felle  von  Deutschen  Kaufleuten  und  Letztere  in  Eng- 
land Amerikanische  Pelzfelle.  Im  ersten  und  zweiten  Decennium 
unseres  Jahrhunderts  gewann  der  Messhandel  an  Lebhaftigkeit, 
Amerikanische  und  Deutsche  Waaren  nahmen  ihren  Weg  regel- 
mässig über  Leipzig  nach  Russland,  wohin  Brody  in  Gallizien 
und  später  Sklow  in  Westrussland  die,  grösstentheils  prohibirte, 
Einfuhr  vermittelte.  Auch  besuchten  die  Messen  Griechische 
Kaufleute,  welche  Amerikanische  und  Deutsche  Waaren  für  die 
Türkei  einkauften.  Dieser  Handel  wurde  jedoch  in  Folge  des 
Griechisch- Türkischen  Krieges,  1821  bis  1830,  fast  zehn  Jahre 
lang     unterbrochen.        Andrerseits     bezogen     Finnländische    Kauf- 


13 


leute   in    den   Jahren   1825    bis    1835    viele  Deutsche  Füchse   und 
Fischottern  von   Lübeck   und   Hamburg. 

Deutsche  Hcäuscr  betheiligten  sich  stark  bei  den  enormen 
Exporten  von  England  nach  Russland  und  China  im  Jahre  1814, 
obwohl  zu  ihrem  grössten  Nachtheil.  Von  1820—1840  wurden 
Deutsche  Felle  von  Mardern  und  Iltis  und  sibirische  Feh  be- 
sonders für  England  gesucht;  in  den  letzten  20  Jahren  haben 
die  ersteren  dieser  Pelzgattungen  vornehmlich  ihren  Zug  nach 
Amerika  genommen.  Der  Handel  mit  Russischen  und  Amerika- 
nischen Rauchwaaren  in  Deutschland,  wiewohl  bis  zur  Zeit  fast 
nur  Zwischenhandel,  ist  von  jeher  immer  in  Deutschen  Händen 
gebUeben.  Wir  sind  in  den  letzten  Jahren  einen  Schritt  weiter 
gekommen:  Deutsche  Kauf  leute  sind  jetzt  nicht  blos  in  England 
ansässig,  sondern  sie  haben  auch  ihre  eigenen  Verkaufcomptoire 
in  Russland  und  Commanditen  in  Amerika,  wodurch  sie  den 
internationalen  Pelzhandel  direct  betreiben  und  den  Engländern 
den  Vorrang  streitig  machen.  Ausführlicher  sprechen  wir  darüber 
beim   Betrieb    des   Handels. 


Betrieb  des  Rauchwaarenhandels. 


Der  amerikanisclie  Eauchwaarenhandel. 


Bei  der  Beschreibung  des  Handelsbetriebes  wenden  wir 
uns  zuerst  nach  Ruppertsland,  dem  Districte,  wo  die  Hud- 
son sbay-Compagnie  bis  auf  den  heutigen  Tag  durch  Monopol 
und  Alleinhandel  den  Geschäftsbetrieb  in  ursprünglicher  Art  bei- 
behalten hat.     In  diesem  Territorium,  grösser  als  Europa,   existirt 


14 


kein  Geld,  es  ist  verboten.  An  der  Küste,  an  den  Flüssen 
und  an  sonst  geeigneten  Plätzen  im  Innern  des  Landes  hat 
die  Compagnie  Festungen,  kleine  Forts  und  Ansiedelungen  ge- 
gründet; die  bedeutendsten  sind  Fort -York,  -Moose,  -Ma- 
kenzie  River,  -Grand  Whale  River,  -Red  River  und  im 
Westen  Vancouvers  Island.  An  diesen  Orten  hält  sie  ihre 
Comptoire  und  Lager  von  europäischen  Waaren,  die  den  In- 
dianern angenehm,  nützlich  und  nothwendig  sind,  z.  B.  FUnten, 
Pulver,  Bleikugeln  und  Schrot,  Feuersteine  und  Feuerstahl, 
Aexte,  Messer,  Feilen,  Taback,  Dosen,  Brenngläser,  Hornkämme, 
Pfriemen,  Messingknöpfe,  Messing -Fingerringe,  Thonpfeifen,  kleine 
Spiegel  in  Papier  gefasst,  kleine  Glasperlen,  wollene  Decken 
und  Wamse,  Hosen,  baumwollene  Hemden,  Tücher,  rothe  Farbe 
und   Rum. 

Mit  solchen  Artikeln  und  mit  Vorräthen  und  Lebensmitteln 
für  den  eigenen  Bedarf  beladen,  schickt  die  Compagnie  jähi'lich 
zwei  Schiffe  nach  der  Hudsonsbay,  eines  nach  Canada  und 
eines  nach  der  Vancouvers -Insel,  während  durch  mehrere  kleinere 
Schiffe  der  Küstenhandel  betrieben  wird.  Zu  den  Niederlassungen 
.der  Compagnie,  den  einzigen  Orten  in  dem  weitausgedehnten 
Lande,  wo  etwas  Cultur  herrscht,  kommen  die  Schaaren  der 
Indianerstämme.  Diese  haben  mit  den  Waaren,  welche  sie 
bringen,  weite  Landstrecken  zu  durchziehen  und  Beschwerden 
mancher  Art  zu  bestehen.  Mit  leichten  Böten  aus  Birkenrinde 
passiren  sie  Seen  und  Flüsse  und  sind  genöthigt,  an  Passagen, 
wo  sich  kein  schiffbares  Wasser  ihnen  darbietet,  Tragplätze  ge- 
nannt, neben  ihren  Waaren  auch  noch  ihre  Fahrzeuge  zu  tragen. 
Nicht  viel  minder  grosse  Beschwerden  bieten  sich  den  Agenten 
der  Compagnie  bei  dem  Transporte  der  zum  Tausch  bestimmten 
Artikel  durch  diese  öden  Distrikte  zu  ihren  Comptoirs,  Forts 
und    Niederlassungen.    —    Die    Vorräthe,    welche    die    Indianer 


15 


dahin  liefern,  bestehen  aus  trockenen,  sorgfältigst  behandelten* 
Pelzfellen  von  Bibern,  Bisam,  Bären,  Zobeln,  Silber -Füchsen, 
Kreuz- Füchsen,  rothen  Füchsen,  Weiss -Füchsen,  Luchsen,  Nerzen, 
Ottern,  Wolfs-,  Vielfrassf eilen  und  BüfFelhäuten.  Gegen  diese 
tauschen  sie  jene  Sachen  ein,  welche,  obwohl  in  Europa  wohl- 
feil, doch  Kostbarkeiten  für  sie  sind.  Bei  Ankunft  einer  In- 
dianerschaar  wird  das  Brückenthor  geöffnet,  nur  der  Häuptling 
mit  einer  kleinen  Anzahl  seiner  Leute  eingelassen  und  der 
Handel  laut  nachstehendem  Tarif  mit  ihnen  abgeschlossen. 
(Siehe  Seite  16  Tauschtarif.) 

Anzuerkennen  ist,  dass  die  Compagnie  bisher  vielen  Indianer- 
stämmen keinen  Rum  oder  Branntwein**  gegeben,  und  zu  diesem, 
bei  jener  Nation  alles  überwältigenden  Tauschmittel  erst  dann 
gegriffen  hat,  wenn  sie  durch  Concurrenz  anderer  Compagnien 
dazu   gezwungen   worden   ist. 

Von  den  mehr  als  fünfzig  Indianerstämmen,  über  welche 
die  Compagnie  herrscht,  sind  zwar  die  meisten  entweder  geist- 
los und  träge,  oder  tückisch  und  rechnen  sich  List,  Dieb- 
stahl, Mord  und  Brand  als  Verdienst  an;  doch  sind  auch 
einige  Stämme  milderen  Charakters  und  zeichnen  sich  durch 
die  EigenthümUchkeit  aus,  weder  zu  stehlen,  noch  zu  lügen, 
und  unter  keiner  Bedingung  Branntwein  zu  trinken;  unter 
letzteren   die   Flachköpfe   am   Felsengebirge. 

*  Die  Indianer  verstehen  die  rohen  Felle  besser,  als  selbst  unsere 
Jäger  zu  behandeln.  Sie  blasen  durch  Federspulen  die  Haut  vom  Fleische 
los,  so  dass  sie  leicht,  rein  und  ohne  Zwischenhaut  sich  abstreifen  lässt, 
sie  spannen  das  Fell  vortheilhaft  auf  und  bestreichen  es  oft  auch  mit  wohl- 
riechenden Ingredienzen.  . 

**  Branntwein  „Fire  water"  den  Indianern  gegenüber  genannt,  veran- 
lasst diese,  alle  ihre  Habe,  selbst  Weib  und  Kind,  herzugeben;  und  wenn 
sie  erfahren ,  dass  ein  Schiff  an  der  Küste  liegt ,  welches  solchen  Nectar  birgt, 
so  kommen  sie  in  Schaaren ,  um  ihre  kostbarsten  Vorräthe  dagegen  anzubieten. 


16 


Tauschtarif 
zwischen  der  Hudsonsbay-Compagnie  und  den  Indianern. 


Kosten- 
preis. 

Gegenstände  des 
Tausches. 

Biber. 
Zahl  Werth 

z 

Zahl 

»bei. 
Werth 

Silber- 
Füchse. 
ZahllWerth 

Luchse. 
ZahllWerth 

Zahl 

Ottern. 
Werth 

s.    d. 

£  s. 

£s. 

£ 

£s 

£  s.   d. 

22.  — 

1  Flinte.    .    .    . 

20 

12.— 

60 

66.— 

5 

50 

20 

12.— 

20 

23. 10.  - 

-  VI, 

1  Maas  Pulver    . 

1 

—  12 

3 

3.    6 

— 

1 

-12 

1 

1.   3.    6 

-  IV4 

18  Bleikugeln      . 

1 

—  12 

3 

3.    6 

— 

1 

-H 

1 

1.   3.   6 

—  1 

8  Schrotladungen 

1 

—  12 

3 

3.    6 

— 

1 

-12 

1 

1.   3.    6 

—  1 

10  Feuersteine    . 

1 

—  12 

3 

3.    6 

— 

1 

— 12 

1 

1.   3.    6 

1.6 

1  Axt     ...    . 

3 

1.16 

9 

9.18 

— 

3 

1.16 

3 

3.10.    6 

12.  — 

1  Kupferkessel    . 

16 

9.12 

48 

52.16 

— 

w 

16 

9.12 

16 

18. 16.  — 

—  2 

1  Feuerstalil  .    . 

1 

—  12 

3 

3.    6 

— 

5- 

1 

—  12 

1 

1.   3.    6 

—  4 

1  Scalpirmesser  . 

1 

-  12 

3 

3.   6 

— 

M 

1 

—  12 

1 

1.   3.    6 

—  6 

1  Feile  .... 

2 

1.    4 

6 

6.12 

— 

2 

1.    4 

2 

2.   7.— 

—  9 

1  Tabacksbeutel 

0 

, 

nebst  Brennglas 

2 

1.    4 

6 

6.12 

— 

t3- 

2 

1.   4 

2 

2.    7.— 

—  2 

1  Hornkamm  .    . 

1 

—  12 

3 

3.   6 

— 

1 

1 

-   12 

1 

1.   3.    6 

—  21/2 

8  Pfriemen     .    . 

1 

—  12 

3 

3.   6 

— 

a 

1 

-12 

1 

1.   3.    6 

-31/2 

12  Messingknöpfe 

1 

—  12 

3 

3.   6 

— 

? 

1 

—  12 

1 

1.   3.    6 

-  3 

15  Messingringe  . 

2 

1.    4 

6 

6.12 

— 

tt^ 

2 

1.   4 

2 

2.    7.— 

-  1 

6  Thonpfeifen     . 

1 

—  12 

3 

3.   6 

— 

w 

1 

—  12 

1 

1.    3.    6 

—  4 

1  kleiner  Spiegel 

1 

—  12 

3 

3.    6 

— 

5^ 

CD 

1 

—  12 

1 

1.   3.    6 

—  10 

1  Pfd.  Glasperlen 

6 

3.12 

18 

19.16 

— 

6 

3.12 

6 

7.    1.— 

-31/2 

6  Unzen  Taback 

1 

—  12 

3 

3.   6 

— 

CD 

1 

—  12 

1 

1.   3.    6 

5.9 

1  einf.  Wolldecke 

10 

6.— 

30 

33.— 

— 

CD 

3 

10 

6.- 

10 

11.15.— 

7.  — 

1  gestreifte     „   . 

12 

7.    4 

36 

39.12 

— 

1 

12 

7.   4 

12- 

14.   2.— 

12.  — 

1  Matrosenrock  . 

12 

7.   4 

36 

39.12 

— 

CO 

12 

7.   4 

12 

14.   2. — 

5.  3 

1  Knabenrock 

5 

3.— 

15 

16.10 

— 

5 

3.- 

5 

5.17.    6 

-21/4 

6  Ellen  Band  .    . 

1 

—  12 

3 

3.   6 

— 

1 

—  12 

1 

1.   3.   6 

6.6 

1  Paar  Hosen 

9 

5.   8 

27 

29.14 

— 

9 

5.   8 

9 

10.11.   6 

1.9 

1  baumwoU.  Hemd 

3 

1.16 

9 

9.18 

— 

3 

1.16 

3 

3.10.   6 

-43/4 

1  Tuch  .... 

1 

—  12 

3 

3.   6 

— 

1 

—  12 

1 

1.    3.   6 

—  3 

1  Unze  rothe  Farbe 

1 

-  12 

3 

3.   6 

— 

1 

—  12 

1 

1.    3.    6 

—  4 

1  Maas  Eum  .    . 

1 

—  12 

3 

3.   6 

— 

1 

—  12 

1 

1.   3.    6 

17 


Ungeachtet  des  anscheinend  grossen  Gewinnes  (denn  die 
Compagnie  giebt  nach  dem  Tarif  durchschnittlich  nur  den 
zwanzigsten  Theil  des  Verkaufspreises  für  die  Felle)  und  un- 
geachtet des  grossen  Umsatzes,  der  zwei-  bis  dreimalhundert- 
tausend  Pfund  jährhch  beträgt,  ist  doch  der  Handel  der 
Compagnie  lange  Jahre  hindurch  nicht  einträglich  gewesen,  und 
erst  seit  den  letzten  vierzig  Jahren  ist  etwas  mehr  als  10  Proc. 
jährhcher  Gewinn  für  das  Actiencapital  erwachsen.  Die  Verkaufs- 
Comptoire  der  Compagnie  sind  Montreal  in  Canada  für  die 
BüfFelhäute  und  London  für  den  Vertrieb  aller  feinen  Pelzfelle. 
Dieselben  werden  gewöhnhch  sorgfältig  und  musterhaft  nach 
Qualität,  Schönheit,  Farbe  und  Werth  sortirt  und  in  drei  jähr- 
lich wiederkehrenden  Auctionen  verkauft.  Die  Biber-  und  Bisam- 
felle aus  den  Ländern  östlich  vom  Felsengebirge  gehören  der 
Januar- Auction  an;  alles  andere  feine  Pelzwerk  von  ebendaher 
den  März-Auctionen,  und  sämmthche  Waaren  des  Oregon- Ge- 
bietes, die  durch  ihre  Niederlassung  auf  Vancouvers  Island  ihr 
zugehen,   der   September- Auction. 

(Siehe  die  statistischen  Listen  Seite  18,  19,  20^  21,  22.) 

Die  von  der  Hudsonsbay- Compagnie  zum  Verkauf  ge- 
brachten Waaren  sind  Partie-  oder  Loosweise  in  einem  Cataloge 
verzeichnet,  und  liegen  zehn  Tage  vor  der  Auction  zur  Ansicht 
aus,  wo  sie,  von  den  Käufern,  unterstützt  durch  die  zahl- 
reichen Diener*  der  Compagnie,  geprüft  und  geschätzt  werden 
können. 

*  Die  Diener,  „Warehousemen"  der  Compagnie  bestehen  grösstentheils 
aus  ehemaligen  Schiffsleuten  und  Anderen,  die  längere  Zeit  im  kalten  un- 
■wirthbaren  Norden  im  Dienste  der  Gesellschaft  gestanden  haben;  sie  sind  fast 
alle  schwach  und  kränklich  und  haben  das  Aussehen,  als  ob  ihr  Blut  und 
ihre  Säfte  einst  erfroren  gewesen  wären.  Freilich  ist  das  englische  Volk 
nicht  wie  das  russische  gewohnt,  gegen  Kälte  sich  durch  Kleidung  zu 
schützen: 


18 


Einfulir- Liste 
der  Hudsonsbay-Compagnie  für  die  Frühjahrs-Aiictionen  1864. 


YF.  &  MK.  R.  * 

MR.  &  EM. 

Canada. 
SD. 

Canada, 
GR.  KP.  M,  LH. 

Total. 

Biber  .... 

53971 

26619 

5326 

23475 

109391 

Bären  .  . 

3341 

482 

166 

273 

4262 

Bisam  .  . 

297382 

48115 

18279 

56380 

420156 

Virg.  Iltis  .  . 

2286 

556 

644 

631 

4117 

Silber-Füchse 

331 

100 

9 

3 

443 

Kreuz-  „ 

1190 

256 

52 

38 

1536 

Rothe   „ 

3155 

521 

55 

567 

4298 

Weisse  „ 

9070 

3269 

— 

— 

12329 

Kitt- 

2413 

— 

— 

— 

2413 

Luchse  .  . 

1443 

1356 

242 

1051 

4092 

Ottern  . 

6122 

3733 

988 

1773 

12616 

Schuppen 

94 

— 

— 

410 

504 

Zobel  . 

58486 

19478- 

4537 

6256 

88757 

Nerze  .  . 

26558 

5376 

2967 

5870 

40771 

Skunks  . 

1133 

1216 

36 

41 

2426 

Wölfe  . 

7614 

7 

— 

13 

7634 

Vielfrasse 

809 

37 

6 

2 

854 

Seehunde 

.28 

1178 

— 

— 

1206 

Dachse  . 

1122 

— 

— 

— 

1122 

Kanin  . 

2157 

37293 

— 

— 

39450 

Biber  und   Bisam   kommen    im  Januar   zum   Verkaufe,    alle 
übrigen   Artikel   im   Februar   und   März. 


*  YF.  heisst  York  Fort,  MK.  R.  Makenzie  River,  MR.  Moose  River, 
EM.  East  Maine,  SD.  South -District,  GR.  Grand  River,  KP.  Kingspost, 
M.  Maine,  LH.  Lake  Huron. 


19 


Einfuhr -Liste 
der  Hudsonsbay-Compagnie  für  die  Frühjahrs-  und  Herbst- Auctioiien 

in  London  1863. 


Frühjahrs 

-Einfuhr 

Herbst- 
Einfuhr. 

Total- 

YF.AMK.R. 

MR.  &  E.M. 

Canada. 
SD. 

Canada. 
GR.  KP.  M.  LH. 

North-West 
Coast. 

Einfuhr. 

Biber     ... 

48490 

43790 

5219 

17812 

18604 

113915 

Bisam    .    .    . 

251239 

51072 

11091 

34355 

9147 

356904 

Bären     .    .    . 

2692 

509 

99 

323 

3608 

7231 

Virgin.  Iltis     . 

3016 

781 

811 

476 

980 

6064 

Silber-Füchse  . 

.319 

102 

25 

5 

139 

590 

Kreuz-      „ 

1196 

241 

93 

28 

354 

1912 

Kothe       „ 

5060 

425 

107 

441 

368 

6401 

Weisse     „ 

2950 

299 

— 

2 

— 

3251 

Kitt-         „      . 

5452 

— 

— 

— 

— 

5452 

Luchse  .    .    . 

1606 

1299 

264 

928 

512 

4609 

Ottern    .     . 

5018 

3756 

868 

1694 

1826 

13162 

Seeottern    . 

— 

— 

— 

— 

128 

128 

Schuppen 

23 

4 

— 

309 

3476 

3812 

Zobel     . 

40100 

12526 

3595 

5379 

17186 

78786 

Nerze     . 

13258 

4641 

1917 

4847 

19104 

43767 

Skunks  . 

992 

916 

41 

20 

,  — 

1969 

Wölfe     . 

3290 

9 

— 

27 

589 

3915 

Vielfrasse 

863 

27 

4 

6 

514 

1414 

Dachse  . 

1371 

— 

— 

— 

172 

1543 

Kanin     . 

252 

18530 

— 

— 

— 

18782 

Seehunde 

27 

1254 

— 

112 

15950 

17343 

20 


Yerkaufs- liste 

der  Hudsonsbay-Compagnie  zu  den  Auctionen  in  Londor 

i  1729  und 

1829  nebst  den  Verkaufspreisen  von  1863 

• 

Quantum 

Verkaufs- 

Quantum 

Verkaufs- 

Verkaufspreise 

1729. 

preise. 

1829. 

preise. 

Frühjahr  1863. 

in  engl. 

(nur  Früli- 

Valuta. 

jähr.) 

(  pr.  Pfd. 

pr.  Pfd. 

pr.  Pfd. 

)  3/2 -11/3 

Biber     .    .    . 

62160 

4/ -6/«^ 

30248 

10/-45/3(? 

j  =  pr.  St. 

pr.  Stück. 

pr.  Stück. 

'1/6-I6A 

Zobel     .    .    . 

12480 

5/8-10/ 

82268 

2/6-16/8 

4/5-6O/3 

Ottern    .    .    . 

340 

ca.  4/4 

10860 

7'6-26/ 

7/-45/, 

Luchse  U.Katzen. 

560 

20/2—30/ 

11680 

3/2-14/1 

5/6-16/8 

Silber-Füchse  . 

— 

— 

186 

20/— 174/ 

25/— ä^  33. 5/ 

Kreuz-    „ 

— 

— 

461 

15/— 47/ 

10/3  —  130/ 

Rothe      „ 

130 

7/— 11/ 

1602 

3/-9/r 

4/4-19/ 

Weisse    „ 

— 

— 

443 

3/1-8/5 

2/- 9/4 

Kitt-       „       . 

— 

— 

4800 

1/5-1/6 

3/11-4/r 

VieKrasse  .    . 

330 

10/- 11/ 

381 

3/11 -6A 

8/6-14/4 

Wölfe    .    .    . 

140 

6/10-25/4 

1358 

5/1-25/ 

3/8-49/ 

Bären,  schwarze. 

340 

8/2-15/ 

— 

4/-^  48/3 

10/3-130/ 

„     braune. 

— 

— 

— 

5/-55/6 

5/, -121/ 

„     graue  . 

— 

— 

— 

5/— 30/3 

9/- 41/ 

Nerze     .    .    . 

— 

— 

14479 

1/5-3/9 

7/^-18/6 

Virgin.  Utis    . 

40 

1 

9/xo 

2/« -36/« 

21 


Einfuhr  der  Hudsonsbay-Compagnie  in  London 

in  den  Jahren  1723  bis  1728 

verglichen  mit  dem  Quantum  von  1863. 


Jahr. 

Artikel. 

Frühjahrs- 
Auctionen. 

Herbst- 
Auctionen. 

Total. 

Preis 
in  engl.  Valuta. 

1723 

Biber 

39614 

19330 

58944 

4  5  —  5  5  8  (?  pr.  ^. 

1724 

do. 

36240 

15320 

51560 

6s2d—6s  Gd^rM. 

1725 

do. 

21190 

17890 

39080 

4:s2d  —  5slOd  ,,    „ 

1726 

do. 

39600 

19050 

58650 

Ss2d—  IsSd  „   „ 

1727 

do. 

29490 

22090 

51580 

ds^d—7s2d  „    „ 

1728 

do. 

23130 

31540 

54670 

45  8c?-  6s  Qd  „   „ 
höchster  Preis:* 

1863 

Biber 

95311 

18604 

113915 

16slc?pr.St.  =  ll53c?pr.^. 

1726 

Zobel 

5680 

5680 

höchster  Preis  10s  pr.  St. 

1727 

do. 

— 

5940 

5940 

„        „  7sl0d„  „ 

1728 

do. 

9520 

9520 

?»                 U              *   ^     V     51 

höchster  Preis: 

1863 

Zobel 

61600 

17186 

78786** 

60  s  3  c?  pr.  St. 

*  Der   höchste    Preis,    der  jemals  für  Biber  gezahlt  wurde    im   Jahre 
1814  war  58  s  pr.  Pfd.   (Siehe  noch  Seite  82.) 

♦*  Im  Jahre  1856  führte  die  Hudsonsbay-Compagnie  die  grosse  Anzahl 
von  179186. Stück  Zobel  in  England  ein. 


22 


Einfuliren  von  Eauchwaaren  durch  die  Hudsonsbay-Compagnie 

in  London, 
in  verschiedenen  Zeiträumen  zwischen  1844  und  1863. 


1844 

1848 

1851 

1853 

1856 

1861 

1863 

Schuppen  .  . 

1663 

2090 

1598 

1140 

1257 

2846 

3812 

Bären 

6024 

6086 

6128 

7421 

9141 

7427 

7231 

Biber  .  . 

38939 

36563 

50635 

55435 

72454 

105866113915 

Bisam 

545011 

254753 

194502 

493804 

258791 

205591 

356904 

Zobel  .  . 

72819 

150785 

64352 

72454 

179186 

74660 

78786 

Nerze  . 

25700 

38103 

27705 

25079 

61332 

31018 

43767 

Ottern 

6703 

6616 

8916 

8950 

13740 

13195 

13162 

See-Ottern 

234 

195 

79 

174 

278 

102 

128 

Virg.  Iltis 

4471 

5324 

6276 

5831 

5168 

5848 

6064 

Silber-Füchse 

540 

999 

523 

824 

602 

1051 

590 

Kreuz-  „ 

1604 

3100 

1944 

2255 

1838 

3335 

1912 

Rothe   „ 

4211 

7573 

5517 

6764 

7268 

8846 

6461 

Weisse  „ 

1901 

2883 

899 

3929 

10267 

5057 

3251 

Kitt- 

1391 

5780 

1603 

2552 

3370 

2532 

5452 

Luchse  &  Luchs 
katzen  .  . 

-  1 

1  8199 

* 
31747 

20678 

5497 

11614 

15236 

4609 

Wölfe  .  . 

12039 

11249 

9713 

8470 

7546 

6009 

3915 

Vielfrasse 

1087 

908 

1377 

1250 

1103 

1394 

1414 

Skunks  . 

— 

— 

572 

1586 

892 

1149 

1969 

Seehunde 

1566 

150 

— 

1208 

4804 

17025 

17343 

*  Im  lahre  1849  wurden  47,623  Stück,  1850  43,232  Stück  Luchse  von 
der  Compagnie  in  London   eingeführt. 


23 


Bei  den  Auciionen  steht  der  Makler  der  CoMpagnie  auf 
einem  erhöhten  Catheder;  vor  demselben  sitzt  an  einem  niedern 
grünen  Tische  der  Gouverneur  mit  dem  Hammer,  neben  ihm 
einige  Directoren.  Die  Käufer,  deutsche  und  englische  Rauch- 
waarenhändler,  Russen,  Franzosen  und  andere,  sitzen,  Catalog 
und  Feder  zur  Hand,  jenen  gegenüber  auf  erhöhten  Bänken, 
so  dass  alle  von  dem  Catheder  aus  gesehen  werden  können. 
Der  Makler  sagt:  Meine  Herren,  12096  Otter;  meine  Herren, 
Lot  1,  53  Stück;  meine  Herren,  voriges  Jahr  gaben  Sie 
25  Shilling;  meine  Herren,  soll  ich  denselben  Preis  sagen,  oder 
fangen  Sie  an  mit  23?  Ein  Blick  von  einem  bekannten 
Käufer  dem  Makler  zugeworfen,  gilt  für  ein  Angebot,  bei 
jedem  von  andern  Käufern  nachfolgenden  Blicke  legt  der  Makler 
3  Pence  zu,  er  ruft  dann:  23  Shilling,  23/3,  23/6,  23/9  u.  s.  w., 
eine  Stimme  aus  den  Käufern  erschallt  mit  26/-!  Oho,  heisst  es, 
die  Gebote  werden  lebhafter  und  rascher  27/-,  27/3,  28/-,  28/5, 
29/-,  29/6-  —  Niemand  mehr?  Zum  ersten  —  zum  andern  — 
„30"  ruft  eine  Stimme,  —  bis  endlich,  nachdem  bei  einem 
Gebot  der  Makler:  „Zum  dritten  und  letzten  Male!"  ausgerufen 
hat,  der  Gouverneur  durch  einen  Hammerschlag  den  Kauf  be- 
stätigt. *  Wenn  nun  eine  Reihe  gleicher  Loose  zum  Verkauf 
ausgeboten  sind,  so  kommt  es  oft  vor,  dass  mehr  oder  weniger 
hohe  Preise  für  die  einzelnen  Loose  bezahlt  werden;  der  Unter- 
schied beträgt  oft  5,  10,  15  auch  20  Procent  und  mehr. 
Der  Kaufpreis  muss  bei  Empfang  der  Waare  und  je- 
denfalls  in   Monatsfrist   baar   bezahlt   werden. 

*  Es  ist  eine  altmodische  Auctionswcisc ,  die  bisher  bei  den  Verkäufen 
der  Hudsonbay -  Compagnie  beliebt  geblieben  ist;  bei  andern  in  London  statt- 
findenden Auctionen  bleibt  das:  „Zum  ersten,  andern,  und  dritten  Mal!" 
weg;  es  sagt  der  Makler  nur:  Niemand  mehr?  oder  er  lässt  auch  diesen 
Ausdruck  weg,  betont  das  höchste  Gebot,  und  wenn  er  keine  Mehrbietenden 
sieht,  schlägt  er,  den  Hammer  selber  führend,  zu. 


24 


Der  Handel  in  Canada  und  den  Yereinigten  Staaten. 

In  Canada  und  im  Norden  der  Vereinigten  Staaten,  wo 
ausser  den  Indianern  auch  europäische  Ansiedler  und  Amerikaner 
mit  dem  Fange  des  Pelzwildes  sich  beschäftigen,  wo  Geld  als 
Kaufmittel  und  Werthzeichen  besteht  und  der  Verkehr  frei  ist, 
wird  der  Handel  theilweise  in  andrer  Art  betrieben.  Auch 
hier  haben  wohl  die  verschiedenen  Compagnien  Forts  an  den 
Grenzen  der  von  Indianerstämmen  bewohnten  Länderstriche 
nördlich  von  St.  Louis  und  an  den  Ufern  des  Missouri,  doch 
können  bei  hier  stattfindender  freier  Concurrenz  Indianer,  Jäger 
Trapper  *  ihre  Waaren  verkaufen,  an  wen  sie  wollen.  An  den 
Seen  im  Norden,  in  Michigan,  Wisconsin ,  Illinois ,  Indiana  und 
Ohio  haben  New  Yorker  Handelshäuser  permanente  Agenturen, 
welche  contractliche  Lieferungen  mit  den  Indianer  -  Chefs  ab- 
schliessen,    oder   die   Felle   von   den   Kleinhändlern   ankaufen. 

Die  kleinen  Kaufleute  und  Waarenhändler  in  allen  Städten 
und  Flecken  des  Innern  der  Vereinigten  Staaten  führen  zum 
Verkaufe  Gegenstände  der  verschiedensten  Art,  —  fast  Alles, 
was  in  diesen  Gegenden  gebraucht  werden  kann;  dagegen  be- 
schäftigt sich  wieder  fast  ein  jeder  mit  dem  Einkauf  aller  Er- 
zeugnisse des  Landstriches;  auch  von  ihnen  kaufen  die  grossen 
Handlungshäuser. 

Die  Pelz-Compagnien  oder  die  grösseren  Handlungs- 
häuser senden  die  amerikanische  Waare  entweder  nach  Lon- 
don, nach  Leipzig  oder  auch  nach  New-York,  von  welchem 
letzteren  Platze  sie,  in  andere  Hände  übergegangen,  auch  ent- 
weder an  Commissionshäuser  und  Makler  nach  London,  oder 
nach    Leipzig    an    Rauchwaarenhandlungen    versandt    wird.       Von 

*  Trapper  d.  i.  Fallensteller.  Von  dem  englischen  trap,  oder  dem 
französischen  trappe  —  Falle. 


25 


den  Londoner  Maklern  werden  die  Waaren  mehr  oder  weniger 
gut  sortirt  und  in  zwei  oder  dreimal  jährlich  wiederkehrenden 
grossen  Auctionen,  gewöhnlich  im  Anschlüsse  an  die  Auction 
der  Hudsonsbay-Compagnie,  verkauft.  Eines  der  grossen  Lon- 
doner Commissionshäuser ,  welches  seit  32  Jahren  den  grössten 
Theil  der  Waaren  empfangen  hat,  ist  das  von  C.  M.  Lamp- 
son  * ,  eines  viel  Organisationsgeist  besitzenden  und  energischen 
Mannes. 

Derselbe  pflegt  das  Quantum  in  mehrere  Auctionen  einzu- 
theilen,  und  oftmals  selbst,  wenn  er  eine  Ueberfüllung  des 
Marktes  fürchtet,  Waaren  jahrelang  aufzusparen.  Wird  nun 
durch  das  lange  Lagern  die  Waare  einestheils  unscheinbar,  und 
müssen  andererseits  die  Eigenthümnr  lange  Zeit  auf  vollständige 
Abrechnung  warten,  und  ist  es  unmöglich,  dass  ein  Londoner 
Haus,  welches  für  Export -Waaren  kaum  30  Käufer  hat,  den 
Markt  so  beurtheilen  kann,  wie  ein  Leipziger  Haus,  welches 
deren  fünfhundert  besitzt,  so  ist  es  auch  hauptsächlich  vielen 
Amerikanern  klar  geworden,  dass  durch  die  Kosten  des  Lon- 
doner Zwischenhandels,  welche  mehr  denn  10  Procent  betragen, 
die   Waare   um    ebensoviel   theurer   wird.      Dieses   und   die   Sorg- 

*  Curtis  Miranda  Lampson  wurde  vor  33  Jahren  als  22jähriger  mittel- 
loser Mann  von  der  Südwest  -  Compagnie ,  der  Nachfolgerin  Astor's,  nach 
London  gesandt,  um  die  zu  den  Auctionen  gesandten  Waaren  zu  überwachen. 
Nach  seinen  Berichten  über  die  unordentliche  Haltung  der  Waaren  wurde  der 
grösste  Theil  derselben  streng  limitirt  und  zurückgekauft;  und  da  sie  nach 
den  damaligen  Entrepot- Einrichtungen  nicht  von  einem  Londoner  Waarenhaus 
nach  dem  andern  verlegt  werden  durften,  so  wurden  die  Waaren  nach  New- 
York  zurück  und  dann  wiederum  an  C.  M.  Lampson  nach  London  verschifft, 
welcher  inzwischen  durch  Vereinbarung  mit  Londoner  Bankhäusern  und  einem 
sehr  reichen  Makler  in  den  Stand  gesetzt  worden  war,  die  erforderlichen 
Vorschüsse  zu  leisten.  C.  M.  Lampson  ist  reich  geworden,  er  besitzt  etwa 
400,000  £  und  hat  neuerdings  als  Theilnehmer  der  International  -  Financial- 
Society,  welche  die  Hudsonsbay-Compagnie  an  sich  kaufte,  es  dahin  gebracht, 
Deputirter  Gouverneur  bei  dieser  zu  werden. 


J 


26 


falt  der  Leipziger  Handlungshäuser  haben,  zum  grossen  Theil 
erst  in  den  letzten  Jahren,  dem  Waarenzug  eine  directe  Rich- 
tung gegeben.  In  Leipzig  wird  die  Waare  nach  Platzusanzen 
verkauft;   mehr   darüber   folgt   weiter   unten. 

(Siehe  Seite  27:  Liste  der  Einfuhr  von  Rauchwaaren  etc.) 
Die  grossen  Handelsplätze  der  Vereinigten  Staaten  und 
Canadas  importiren  auf  der  andern  Seite  grosse  Quantitäten 
russischen  und  deutschen  Pelzwerkes.  New- York,  Philadelphia, 
Boston  und  Montreal  wollen  in  Mode  und  Luxus  den  Haupt- 
städten Europa's  nicht  nachstehen,  und  es  sind  unsere  ein- 
heimischen Edelmarder,  Steinmarder  und  Iltisse  in  den  letzten 
Jahren  in  Folge  des  Absatzes  nach  Amerika  um  mehr  als  das 
Doppelte  theurer  geworden.  Man  verbraucht  viel  französische 
und  polnische  Kaninchenfelle,  viel  sibirische  Eichhörnchen,  die 
in  Deutschland  zubereitet  sind,  auch  Hermelin,  gute  russische 
Zobel  und  von  den  eigenen  Producten  eine  grosse  Anzahl  guter 
amerikanischer  Zobel,  und  seit  den  letzten  Jahren  die  meisten 
Nerze. 


27 


Einfuhr 

von  Rauchwaaren  von  den  nord- amerikanischen  Freistaaten  in  London 

in  verschiedenen  Zeiträumen  zwischen  1844  und  1863. 


1844. 

1848. 

1851. 

1853. 

1856. 

1861. 

1863. 

Schuppen  . 

420759 

419448 

545370 

506745 

434493 

525627 

462156 

Bären  .  . 

6062 

3661 

3470 

2860 

3243 

2027 

3368 

Biber  .  . 

151 

279 

2cS8 

11566 

12144 

7601 

21880 

Bisam  .  . 

213971 

225775 

723968 

1266261 

919099 

1611357 

1726202 

Zobel   .  . 

30311 

38922 

16837 

14869 

14616 

16155 

20388 

Nerze  .  . 

101666 

189962 

197357 

179684 

59915 

69049 

26998 

Ottern  .  . 

5846 

4442 

3854 

2994 

4929 

8121 

6481 

See -Ottern 

81 

81 

— 

44 

275 

269 

219 

Virgin -Utis. 

5370 

5066 

4810 

3485 

2655 

3284 

2741 

Silber-Füchse 

980 

422 

311 

337 

821 

599 

314 

Kreuz   „ 

2739 

2070 

1394 

1514 

1930 

1464 

1072 

Rothe   „ 

47313 

33748 

31346 

43372 

33841 

27959 

37518 

Weisse  „ 

1382 

508 

570 

689 

3251 

2417 

35 

Kitt 

728 

3640 

— 

2711 

— 

4951 

4680 

Gris 

6167 

8217 

18339 

17882 

19971 

25373 

13496 

Luchse  .  . 

3852 

598 

8463 

1002 

1101 

2056 

3137 

Luchskatzen 

1914 

2826 

9516 

5059 

8171 

8174 

5272 

Wölfe  .  . 

375 

— 

— 

— 

'  ' 

795 

1111 

Opossum  . 

— 

— 

— 

14334 

83807 

51217 

57489 

Skunks 

— 

— 

— 

— 

— 

73333 

86348 

Von   Süd- Amerika." 
Chinchillas.      11144901  565881  992381    426941  921171     52033     36066 

I  I  I  I  I  !  I 

Der  plötzliche  Ausfall  einiger  Artikel,  hauptsächlich  der  Nerze, 
in  den  letzten  Jahren,  hat  seinen  Grund  in  der.  Zunahme  des 
Verbrauchs  dieser  Gattungen  im  Productionslande ,  Amerika,  selbst. 


Der  russisclie  Raucliwaareiiliaiidel. 

Es  liegen  uns  hier  officielle  Nachrichten  vor,  wie  unter 
Wasihewitsch  I.  (f  1505)  ein  Streifzug  nach  Sibirien  bis  an  den 
Ob  ohne  Erfolg  blieb,  und  wie  erst  unter  Wasiliewitsch  11.  es 
Russland  gelang,  dort  seine  Herrschaft  zu  begründen,  durch 
Züge,  welche  den  Pelzhandel  zu  Folge  hatten,  oder,  richtiger, 
durch  denselben  veranlasst  wurden,  denn  man  nöthigte  die  be- 
zwungenen Tartarenhäuptlinge  zu  einem  jährhchen  Tribut  von 
tausend  oder  mehr  Zobelfellen.  Von  den  sibirischen  Gouverne- 
ments Tobolsk,  Tomsk,  Jenisseisk,  Irkutsk,  Jakutsk, 
Ochotsk  und  Kamtschatka  werden  der  russischen  Regierung 
noch  alljährlich  Zobel-,  Kolinsky-  und  Eichhörnchenfelle 
tributmässig  gehefert.  Sie  bestehen  in  sehr  guter  Waare;  das 
Beste  davon  wird  für  den  eigenen  Bedarf  des  kaiserhchen 
Hauses  verwendet  und  in  der  Kaiserlichen  Cabinets- Kürschnerei 
verarbeitet,    die  übrigen   Waaren   aber  durch   Auction   verkauft. 

Hiernächst  ist  der  Handel  der  auch  auf  officieller  Grund- 
lage bestehenden  Russisch-Amerikanischen  Compagnie  zu 
berühren.  Die  militairische  Besatzung  und  die  Gerichtsbarkeit 
der  Festungen  auf  den  Inseln  Kodjack  und  Sitka  und  des 
Festlandes  von  Russisch- Amerika,  wo  diese  Compagnie  ihren 
ausschliessUchen  Handel  treibt,  ist  nicht  Sache  der  Pelz -Com- 
pagnie, wie  im  Hudsonsbay- Lande,  sondern  mrd  von  der  rus- 
sischen Regierung  besorgt;  doch  chartert  die  Compagnie  für 
sich  Schiffe,  welche  den  Eskimo's  und  Indianern  allerlei  nütz- 
liche  Mittel   zuführen,    und  dagegen   die  Felle   von   See -Ottern*, 


*  Der  einzige  Artikel,  dessen  Einfuhr  z.  Z.  (wie  schon  oben  erwähnt 
wurde)  prohibirt  ist.  Wie  nachtheilig  die  Beschränkung  für  den  Handel  mit 
solchen  Artikeln  ist,  beweist  die  Thatsache,  dass  die  Compagnie  viel  Mühe 
mit  dem  Verkauf  dieser  Felle  hat,   dass    sie  gelegentlich   dieselben   zur  Aus- 


29 


Fluss-Ottern,  Bibern,  Luchsen,  Zobeln,  Bären,  schwarzen,  Kreuz-, 
rothen  und  weissen  Füchsen  und  besonders  viel  Pelz -Seehunden 
nach  St.  Petersburg  zurückbringen.  Hier  wird  die  Waare  je 
nach  Ansicht  des  Gouverneurs  und  der  Direction  in  Auction 
oder  privatim  verkauft.  Einen  Theil  ihrer  Waaren,  unter  die- 
sen besonders  See -Ottern  und  Biber,  pflegt  die  Compagnie  auch 
nach   China    zu   senden. 

Wir   haben   nun   zu   beregen    den 

Handel  nach  Ejachta. 

Kiachta,  russische  Grenzstadt,  gegenüber  der  chinesischen 
Stadt  Maimatschin ,  wo  der  Handel  mit  China  vermittelt  wird; 
dahin  führen  russische,  besonders  moscowische  Kaufleute  mit 
Karawanen  auf  weiten  Landreisen:  Eichhörnchen,  Otter,  Biber, 
See-Otter,  Pelz -Seehunde,  Füchse,  Luchse,  Fuchs-  und  Luchs- 
pfoten, Katzen  und  eine  grosse  Anzahl  Lammfelle,  im  Ganzen 
jährlich  für  etwa  anderthalb  Millionen  Silber-Rubel,  um  dagegen 
T  h  e  e  *    einzutauschen. 

Der  Handel  wird  hier  von  russischen  Regierungsbeamten 
überwacht,    die    den    Preis    der    Pelzfelle    gegenüber    dem    Preis 

fuhr  verkauft,  in  dessen  Folge  jedoch  fast  jedes  Stück  derselben  auf  ver- 
botenem Wege  wieder  nach  Russland  eingeführt,  und  dann  ein  Gegenstand 
lebhafter  Speculation  wird.  Auch  die  gegen  400  Stück  See  -  Otterfelle ,  welche 
die  Küste  von  Californien  jährlich  liefert,  werden,  ungeachtet  des  Verbots, 
fast  alle  nach  Kussland  importirt.  ^ 

*  Der  so  eingetauschte  Thee,  Karawanen  -  Thee  genannt,  wird  von  den 
Kaufleuten  nach  dem  europäischen  Russland,  besonders  Mosco  und  St.  Pe- 
tiersburg,  zurückgeführt.  Er  wird  für  besser  gehalten,  und  ist  durch  den 
weiten  Landtransport  viel  theurer,  als  der  Thee,  welcher  zur  See  von  China 
ausgeführt  wird,  weil  man  annimmt,  dass  durch  die  Seereise  der  feine  Ge- 
schmack leide.  Uebrigens  wird  in  Russland  viel  Thee  verbraucht,  der  zur 
See  nach  England  oder  Hamburg  gebracht  und  dann  zu  Lande  eingeführt 
worden  ist. 


30 


des  Thees  feststellen  und  vereinbaren,  wohl  auch  die  Chinesen 
veranlassen,  solche  russische  Producte  mitzukaufen,  welche  an- 
zunehmen sie  lieber  verweigert  hätten.  Der  Handel  mit  russi- 
schen Rauchwaaren  nach  Kiachta  hat  sich  aber  sehr  vermindert, 
wogegen  der  Verkehr  mit  amerikanischen  Rauchwaaren,  Tuchen 
und  andern  Manufactur-Waaren  dahin  zugenommen  hat. 
Es    wurden   in   Kiachta    eingeführt: 

1824—1828.  1836—1840. 

Russische   Rauchwaaren   für    SR.    3,160,702.      2,561,454 
Ausländische        „  „       „         176,078.         323,283 

■Tuche  und  andere  Waaren  „       „      3,242,815.      5,464,683 


zusammen   SR.    6,579,595.      8,339,420. 
(Siehe  Seite  31  Einfuhr.) 


31 


Einfuhr 

von  russsischen   Rauchwaareii   in  Kiachta  in  den 

Zeiträumen  von 

1817  —  1819  und 

1841  —  1843. 

1817—1819. 

1841—1843. 

Lämmerfelle,   russische,   Stück  .    . 

5806120 

2468133 

„             bucharische  .... 

— 

143708 

Eichhörnchen 

16208205 

5580715 

Fisch- Otter,    russische 

22286 

38634 

1 

„            fremde 

— 

15088 

Biber 

18975 

30826 

Hauskatzen 

1726712 

760186 

Steppenkatzen 

— 

6168 

Füchse,   russische 

381029 

296438 

„        fremde 

— 

99520 

Luchse,   russische 

6762 

7930 

„        fremde 

— 

31652 

Seebären  ......    .    ... 

31119 
114850 

28352 
327640 

Hermeline 

Bisamratten,   russische 

325465 

41954 

„            fremde 



11524 

Iltis 

— 

20359 
3319 

Wölfe 

Vielfrasse 

— 

1807 

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245 

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Zobel 

32 


Der  Handel  auf  den  russischen  Märkten  (Messen) 
ist  von  grösstem  Umfange  und  grösster  Bedeutung;  die  Haupt- 
märkte sind  der  zu  Irbit  in  Sibirien,  und  der  zu  Nischny- 
Nowgorod,  östlich  von  Mosco  an  der  Wolga.  Zu  dem  erste- 
ren  Markte,  welcher  im  Februar  jeden  Jahres,  also  in  der 
kältesten  Zeit  des  Winters  stattfindet,  wann  die  Russen  just 
in  ihrem  Elemente  sind,  und  der  allein  im  Schlitten  besucht 
wird,  führen  zunächst  die  Siberiaken  und  andere  Tartaren  ihre 
Producte  aus  der  Nähe  sowohl,  als  auch  aus  viele  hundert 
Meilen  weiten  Strecken;  sie  bringen  hauptsächlich  Eichhörnchen, 
Hermelin,  Kolinsky,  weisse  Füchse  und  Zobel,  und  was  nach 
Irbit  geführt  wird,  ist  in  der  Regel  die  beste  Winterwaare. * 
Als  Hauptkäufer  reisen  zu  diesem  Markte  andrerseits  von  Mosco 
und  St.  Petersburg  aus  russische  und  deutsche  Kaufleute  mit 
amerikanischen  und  russischen  Waaren,  welche  in  der  Tartarei 
und  China  gesucht  sind,  unter  andern  liauptsächHch  viel  Otter- 
und  Biberfelle  dahin  führend.  Weil  der  Handel  hier  meisten- 
theils  nur  per  Cassa  gemacht  wird,  müssen  sie  baares  Geld 
und  mehrstentheils  Gold  und  Silber  in  ihrem  Schlitten  mit- 
nehmen, wodurch  die  Reise  um  so  beschwerlicher  wird  In 
ihren  Schlitten  führen  die  Asiaten  ihre  erhandelten  Otternfelle  etc. 
in  ihre  Heimath,  und  ebenso  werden  die  für  Russland  ge- 
brauchten Waaren  alsbald  nach  Mosco  befördert  und  die  für 
das    Ausland    bestimmten    über   Mosco    und   St.   Petersburg   nach 

*  Die  Schnelligkeit,  mit  welcher  die  Siberiaken  ihre  Waaren  sammeln 
und  befördern,  ist  erstaunlich.  Während  die  Hudsonsbay - Compagnie  ein  bis 
anderthalb  Jahre  gebraucht,  ehe  sie  ihre  Waaren  zum  Londoner  Markt  bringt, 
die  Winterwaare  der  Vereinigten  Staaten  Amerika's  meistentheils  erst  im  Mai 
und  Juni  nach  New -York  kommen  und  unsere  deutschen  Producte  oft  erst 
spät  im  April  zu  der  Leipziger  Ostermesse  gebracht  werden,  haben  die  Si- 
beriaken ihre  Waaren  sortirt  und  geordnet,  und  mittelst  ihrer  raschen 
Schlittenbeförderung  schon  im  Februar  zu  Markte  gebracht. 


33 


England  oder  nach  Leipzig  versandt.  In  letzterem  Markte 
treffen  sie,  obwohl  manchmal  etwas  spät,  doch  immer  noch 
zur   Ostermesse    ein. 

(Siehe  Seite   34  Einfuhr  -  Liste.) 

Der  Nisclinyer  Markt. 

An  dieser,  im  Juli  und  August  jeden  Jahres  stattfindenden 
Messe  betheiligen  sich  die  Rauch waarenhändler  von  Mosco,  St. 
Petersburg,  Sklow,  Wilna,  Riga  und  vielen  anderen  Städten 
in  grosser  Zahl;  auch  wird  sie  von  deutschen  Kaufleuten  be- 
sucht. Es  werden  hier  asiatische,  russsische,  armenische, 
amerikanische,  nordische  und  deutsche  Waaren  in  Masse 
zugeführt,  und  die  meisten  Kaufleute  sind  Verkäufer  und 
Käufer  zugleich;  auch  wird  hier  ausser  dem  Handel  mit  di- 
reet  zugeführter  Waare  viel  Zwischenhandel  und  Kauf  und 
Verkauf,  nicht  nur  von  unbereiteter ,  sondern  auch  von  halb 
und  ganz  gefertigter  Waare  betrieben.  Die  Handelsusanzen  sind 
willkührlich ;  es  wird  viel  vertauscht,  viel  gegen  baare  Zahlung 
und  mehr  noch  an  bekannte  Käufer  auf  Credit,  zu  theil weise 
langen   Terminen    verkauft. 

(Siehe  Seite  35  Einfuhr  -  Liste.) 


34 


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86 


Neben  den  vorhin  beschriebenen  grossen  und  anderen 
kleineren  russischen  Märkten,  wo  nur  zeitweilig  ein  grosser 
Umsatz  bewirkt  wird,  sind  die  Hauptstädte  St.  Petersburg 
und  Mosco  fortdauernde  Rauchwaaren-Märkte,  St.  Peters- 
burg wegen  des  Sitzes  der  russisch -amerikanischen  Compagnie, 
wegen  einer  Anzahl  dort  ansässiger  bedeutender  Rauchwaaren- 
händler  und  besonders  wegen  der  directen  Einfuhr  amerikani- 
scher Rauchwaaren.  Bedeutender  Kauf  und  Verkauf  wird  hier 
täglich  bewirkt  und  es  kommen  die  Moscoer  Kaufleute  oft  nach 
St.  Petersburg,  um  hier  feine  amerikanische,  deutsche  und  nor- 
dische  Rauchwaaren   zu   kaufen. 

In  Mosco,  im  Herzen  Russlands,  ist  der  Pelzhandel  am 
meisten  allgemein  und  eingebürgert.  Hier  finden  das  ganze 
Jahr  lang  Zufuhren  russischer,  sibirischer,  persischer, 
armenischer,  deutscher  und  amerikanischer  Rauchwaaren 
statt.  Bedeutende  Rauchwaarenhändler,  die  in  mehreren  andern 
Gouvernements  Commanditen  haben,  und  Kaufleute,  die  nach 
Sibirien  und  Kiachta  handeln,  so  wie  Armenier  und  Griechen 
haben  hier  ihren  Sitz.  Ein  Moscoer  Rauchwaarenhändler  S. 
macht  allein  einen  jährlichen  Umsatz  von  mehr  als  ein  und 
eine  halbe  Million  Silberrubel.  Er  dehnt  jedoch  sein  Geschäft 
selten  auf  das  Ausland  aus,  sondern  beschränkt  sich  auf  den 
Umsatz   im   Lande   selbst. 

Nachfrage  und  Angebot  geschieht  gewöhnlich  an  der  Börse,* 
Abschluss     eines    Geschäftes    wird     aber    gewöhnlich    bei     einem 


*  An  der  Börse  in  Mosco  stehen  viele  Kaufleute  von  früh  9  bis 
Abends  7  Uhr;  die  sorgsamen  Geschäftsleute  fürchten  etwas  zu  versäumen, 
wenn  sie  eine  Stunde  fehlen.  In  das  Börsengebäude,  welches  seit  einigen 
Jahren  im  Winter  geheizt  wird,  geht  Niemand;  man  zahlt  den  Beitrag,  meint 
aber,  draussen  stehen  zu  müssen.  Freilich  schützt  man  sich  gegen  die 
oft  sehr  strenge  Kälte  durch  gute  Pelze  und  Pelzstiefeln. 


87 


Glase  Thee  gemacht.  Wenn  der  Käufer  sagt:  „Gehen  wir  Thee 
trinken,"  so  pflegt  das  Geschäft  schon  halb  fertig  zu  sein. 
Kussische,  sibirische  und  nordische  Rauchwaaren  werden 
für  Casse  oder  auf  kurze  Termine,  ausländische,  besonders 
amerikanische,  oft  auf  Termine  von  12  bis  18  Monaten 
verkauft. 

Der  skandinavische  Rauchwaarenhandel 

beschäftigt  sich  sowohl  mit  den  eigenen  Erzeugnissen,  als  mit  denen 
seiner  Colonien,  Grönland  und  Island;  auch  wird  eine  grosse 
Anzahl  feiner  amerikanischer  Rauchwaaren  in  den  Hauptstädten 
dieses  Ländercomplexes  verbraucht.  Zu  den  Pelzproducten  Schwe- 
dens und  Norwegens  gehören  nächst  den  Gattungen,  welche 
in  grossen  Quantitäten  ebenfalls  in  den  übrigen  europäischen 
Ländern  vorgefunden  werden,  als:  Füchse,  Marder,  Iltis,  Dachse, 
Otter  und  Katzen,  auch  eine  Anzahl  schöner  Felle  von  Luch- 
sen, Vielfrassen,  sowie  werthvoller  Silber-  und  Kreuz- 
füchse. Auch  die  dänischen  Länder,  Jütland  und  Seeland, 
Hefem  von  den  meisten  Gattungen,  sogenannter  Landwaare,  gute 
Qualitäten.  Der  grössere  Theil  dieser  Erzeugnisse  wird  nach 
Deutschland  und  von  da  nach  Russland  ausgeführt,  bei  wel- 
chem Transithandel  die  Messen  zu  Leipzig  eine  bedeutende  Rolle 
spielen.  Ferner  ist  die  Königl.  Dan.  Grönländische  Com- 
pagnie  zu  erwähnen,  bei  welcher  die  Krone  betheiligt  ist,  und 
die  in  Copenhagen  ihren  Sitz  hat.  Sie  hält  in  Westgrönland 
zwei  Inspectorate  und  verkauft  die  Producte  in  Copenhagen  in 
zwei  Auctionen,  im  November  und  Mai.  Sie  liefert  von  den 
von  Grönland  in  Copenhagen  eingeführten  Erzeugnissen  etwa 
eine  Hälfte,  während  die  zweite  Hälfte,  sowie  die  meisten  is- 
ländischen    Waaren,    durch    die     Hände     anderer    Handelshäuser 

gehen. 

(Siehe  Seite  38  Einfuhr  -  Liste.) 


38 


Einfuhr 

der  Rauchwaaren  von   der  Grönländischen    Corapagnie    zu 

den  Frühjahrs-  und  Herbst -Auctionen  in  Copenhagen 

1853,  1857,  1860,  1863. 


1853 

1857 

1860 

1863 

1 
Seehundsfelle: 

Sattler    .... 

4479 

962 

556 

274 

Gesprenkelte   .    . 

209 

150 

200 

— 

Blauseitige  .    .    . 

3031 

2676 

1654 

1217 

Gemeine     .    .    • 

48066 

24008 

36070 

37922 

55785 

27796 

38480 

39413 

Rennthierfelle  .    .    . 

7427 

4705 

997 

— 

Blaue   Füchse* 

1300 

896 

954 

349 

Weisse  Füchse 

1365 

652 

683 

255 

Eisbären .    .    . 

64 

20 

18 

40 

Hunde    .     .     . 

484 

— 

— 

— 

Eiderdaunen 

1250  Pfd. 

— 

— 

— 

Wallrosszähne  . 

44  St. 

— 

— 

— 

Narwallhörner  . 

90  „ 

— 

— 

— 

Rennthierhörner 

30214  „ 

— 

— 

*  Blaufüchse  kosteten  im  Jahre  1853  16  —  17  dän.  Rigsdaler,  1857 
24—30  dän.  Rdk.,  1860  21  —  22  dän.  Rdlr.,  und  1863  12  —  13  dän.  Rdlr.  für 
Prima -Waare. 


39 


Der  deutsche  Raudi-waarenhandel 

ist  in  mehreren  tausend  Händen;  zunächst  betheiUgen  sich  dabei 
viele  kleine  Handelsleute  und  alle  Kürschner.  Die  Kürschnerei  kann 
vom  Rauchwaarenhandel  nicht  getrennt  werden,  wenn  auch  wegen 
der  Theilung  der  Arbeit  der  grosse  Rauchwaarenhandel  neben  der 
Kürschnerei  besteht.  Der  Kürschner  in  allen  grossen  und 
kleinen  Städten  Deutschlands  kauft  von  dem  Jäger  sogenannte 
Wildwaaren,  als  Fuchsfelle,  Edelmarder,  Steinmarder,  Iltis, 
Dachse  und  Otterfelle,  von  dem  Landmann  Lamm-  und  Ziegen- 
felle, von  dem  Städter  Hasen-,  Kaninchen-  und  Katzenfelle, 
welche  Artikel  er  mehr  oder  weniger  nicht  selber  verwendet 
und  deshalb  im  unbearbeiteten  Zustande  wieder  verkaufen  muss. 
Von  den  Kürschnern  und  Handelsleuten,  deren  Handel  von 
kleinerem  Umfange  ist,  kauft  der  grössere  Kürschner  und  Kauf- 
mann; er  bezahlt  höhere  Preise,  weil  er  bei  der  Grösse  seines 
Umsatzes  sich  mit  einem  Gewinn  von  einigen  Procenten  begnü- 
gen  kann.* 

Diese  grösseren  Kürschner  und  Kaufleute  versorgen  die 
Provinzen  mit  denjenigen  Artikeln,  welche  daselbst  gebraucht 
werden,  und  treiben  Handel  mit  den  benachbarten  Ländern, 
z.  B.  Hamburg  und  Lübeck,  welche  ausser  ihrem  Speditions- 
handel mit  amerikanischen  und  russischen  Waaren  auch  grossen 
Handel  mit  grönländischen  Seehundsfellen  haben,  die  Rauch- 
waarenproducte  von  Norwegen,  Finnland  und  Dänemark  kaufen 
und  nach  diesen  Ländern  amerikanische,  russische,  deutsche  und 
französische   Waaren  verkaufen. 

*  Ein  kleiner  Kürschner  einer  Stadt,  welcher  eines  Tages  zwei  Marder- 
felle, das  Stück  für  zwei  Thaler  kaufte,  und  sie  selbigen  Tages  zu  vier 
Thaler  wiederverkaufte,  konnte  sein  Glück  nicht  bergen,  erzählte  es  überall 
und  —  blieb  ein  kleiner  Kürschner;  aber  sein  Concurrent,  welcher  ihm  den 
hohen  Preis  bewilligt  hatte,  wurde  durch  die  grössere  Anzahl  von  Waaren, 
welche  man  ihm  zu  Kauf  brachte,  ein  wohlhabender  Mann. 


40 


Bremen,  welches  durch  seine  Schiffahrt  Rauch waaren  von 
den  Esquimaux  über  Honolulu  bezieht,  kauft  die  Erzeugnisse 
seiner  Gegend  und  versorgt  Stadt  und  Land  mit  amerikani- 
schem und  russischem  Pelzwerk.  Wien  liefert  an  Gahzien, 
Ungarn  und  Italien  russische  und  amerikanische  Rauchwaaren, 
verfertigt  selbst  vorzüghche  Pelzwaaren  und  ist  ein  fortdauern- 
der Markt  für  türkische,  ungarische  und  italienische  Lammfelle. 
Berlin  und  Breslau  haben  bedeutenden  Handel  nach  ihren 
Provinzen  und  auch  besonders  nach  Polen  und  Russland.  Die 
übrigen  Haupt-  und  Residenzstädte,  Königsberg,  Posen,  Lem- 
berg,  Krakau,  Dresden,  Prag,  München,  Stuttgart,  Köln, 
Mannheim,  Carlsruhe,  Braunschweig,  Hannover  und  an- 
dere schhessen  den  vorhergehenden  sich  würdig  an,  indem  sie 
ihre  Umgebung  mit  denjenigen  Pelzfellen,  die  entweder  zur 
Landestracht*  gehören,  oder  sonst  dort  Mode  sind,  versorgen, 
besonders  aber  reichen  Vorrath  halten  von  allen  feineren  Rauch- 
waaren, die  dem  Grossstädter  zum  Nutzen  und  zur  Annehm- 
lichkeit dienen.  Die  Hauptstädte  der  benachbarten  Länder 
Frankreichs,  Polens  und  Ungarns  sind  in  Betreff  unserer 
Handelsbranchen  Deutschland  gleichzustellen.  Paris  giebt  in 
verfertigter  Waare  die  Mode  an  und  die  kostbarsten  Pelze 
sind  für   die    „haute   monde"    oftmals   nicht  zu  theuer,   wie   auch 

*  Zu  den  Pelzwerk  -  Landestrachten  gehören  für  Herrenpelze  in  Ungarn 
persische  und  Astrachaner  Lammfelle  zu  Besatz,  in  Bayern  die  Otterfelle  zu 
Hauben  für  Landmädchen  (man  verwendet  dazu  die  besten  Otterfelle,  mit 
goldgestickten  Einlagen,  so  dass  sie  oft  30  und  mehr  Gulden  kosten).  Ein- 
zelne Münchener  Rauchwaarenhändler  kaufen  häufig  mehrere  tausend  Stück 
Otterfelle  auf  einmal.  In  Schlesien  werden  amerikanische  Nerze  und  Bra- 
banter  Silbercanine  für  die  Frauenhauben  der  Landleute  gebraucht.  Früher 
trugen  die  Frauen  auf  dem  Lande  enge  lange  Pelze  mit  Steinmarder  besetzt, 
welche  Tracht  jedoch,  da  die  betreffenden  Felle  sehr  im  Preise  stiegen, 
städtischen  Moden  Platz  machte.  Steigerung  der  Waarenpreise  verdrängen 
vielfach  die  Landestrachten. 


41 


für  andere  Classen  die  geringste  Waare  nicht  zu  schlecht  ist. 
Den  eigentlichen  Handel  betreffend,  sammelt  Frankreich  Wild- 
waaren  (Sauvagine)  so,  wie  es  in  Deutschland  geschieht,  be- 
schäftigt sich  aber  auch  vorzugsweise  mit  der  Bereitung  und 
Färbung  von  Caninfellen.  Warschau  ist  für  unsere  Handels- 
branche Klein -Mosco  zu  nennen;  man  weiss  hier  Alles,  was 
Pelzwerk  heisst,  zu  schätzen.  Pesth  und  andere  grössere 
Städte  Ungarns  sind  für  uns  bedeutend,  weil  Pelzwerk  zur 
National -Tracht  gehört  und  das  Land  viel  an  Wildwaaren  und 
besonders  viel  nutzbare  Schaf-  und  Lammfelle  producirt.  Die 
Verarbeitung,  die  Kürschnerei,  wird  in  Ungarn  musterhaft 
betrieben. 

Um  die  Interessen  aller  Städte,  aller  Länder,  ja  aller 
Welttheile,  welche  am  Rauchwaarenhandel  betheiligt  sind,  zu 
vereinigen,  gebrauchen  wir  die  Messen,  wo  man  alle  Rauch- 
waaren  findet,  und  wo  man  alle  Rauchwaaren  verkaufen 
kann.  Wie  die  Messen  von  Frankfurt  a.  0.,  Braunschweig, 
Frankfurt  a.  M.  und  andere  für  unsere  Branche  von  geringerer 
und  fast  zu  nur  provinzieller  Bedeutung  herabgestiegen  sind; 
so  wächst  der  Rauchwaarenhandel  Leipzigs,  welcher  zur  Zeit 
bereits    der   Haupt-Weltmarkt  geworden   ist. 

Die  Leipziger  Messen. 

Zu  der  Leipziger  Ostermesse  werden  zunächst  alle 
Pelzfelle  aus  ganz  Deutschland  und  den  angrenzenden  Ländern 
gebracht,  die  der  kurz  vorhergegangene  Winter  geliefert  hat, 
nämlich  an  Wildwaaren:  Füchse,  Edelmarder,  Steinmarder,  Iltis, 
Ottern,  Dachse  und  Hasenfelle;  dann  Kaninchenfelle,  schwarze 
und  bunte  Katzen-  und  Lammfelle  in  grosser  Zahl;  ferner  die 
auf    den    grossen    russischen    Märkten    und    in    Mosco    für    das 


42 


Ausland  gekauften  Feh  (Eichhörnchen)  und  dergl.  Schweife,  Fehsäcke, 
Hermelin,  Zobel,  weisse  und  blaue  Füchse,  Hasenfelle,  persische, 
astrachanische  und  russische  Lammfelle  und  Taluppen  etc. ;  ingleichen 
die  Waaren  von  Grönland,  Schweden  und  Norwegen  (sogenannte  Nor- 
dische) als  blaue,  weisse  und  rothe  Füchse,  Edelmarder  etc. ;  alsdann 
die  meisten  Waaren  des  Hudsonsbay-Territoriums  und  fast  alle  Waaren 
Canada's  und  Nordamerika's,  als  Biber,  Bisam,  rothe  Füchse,  schwarze 
Füchse,  Silberfüchse,  weisse  und  blaue  Füchse,  Griesfüchse,  Kittfüchse, 
Bären,  Waschbären,  Virginische  Iltis,  Zobel,  Nerze,  Chinchillas,  Ottern, 
See-Ottern,  Luchse,  Wölfe,  Vielfrasse  etc.;  aus  England  Biberseehunde 
und  Nutrias;  aus  Frankreich  Wildwaaren,  bereitete  und  gefärbte 
Kanin;  aus  Holland  Schwäne,  Gänse,  Grebes,  Katzen,  Iltis  etc.;  aus 
liissa  in  Posen  Kanin-Felle  und  -Tafeln ;  aus  dem  Harz  Hamsterfutter ; 
aus  dem  umliegenden  Städten  Leipzigs  die  Halbfabrikate  in  Feh  und 
Astrachan  in  grosser  Zahl. 

Zu  der  Leipziger  Michaelismesse  wiederholt  sich  diese 
Waarenzufuhr  in  fast  gleicher  Weise ,  mit  Ausnahme  der  deutschen 
Wildwaaren,  welche  regelmässig  in  der  Ostermesse  sämmtlich  in  das 
Ausland  oder  sonst  zum  Verbrauch  in  andere  Hände  übergehen. 

Siehe  Seite  43,  Liste  der  Zufuhren  nach  Leipzig. 


43 


Durchscilnittliche  jährliche  Zufuhren  von 

Rauchwaaren 

! 

1 

in  Leipzig. 

1)  Amerikanische. 
Zobel     .    .    . 

Anzahl. 

Werth. 

3)  Mittelenropäisclie 
Edelmarder     . 

Anzahl. 

Werth. 

30000 

250000; 

60000 

270000 

Nerze     .    .    . 

25000 

loooool 

Steinmarder 

140000 

450000 

Bisam    .    .    . 

2000000 

750000 

Iltis   .    .    . 

250000 

320000 

Silber-Füchse  . 

500 

50000; 

Füchse   . 

125000 

180000 

Kreuz-     „ 

2500 

300001 

Otter 

9000 

35000 

Weisse     „ 

8000 

15000 

Dachse   . 

15000 

12000 

Rothe      „ 

40000 

lOOOOOi 

Katzen   . 

400000 

100000 

Gris-        „      . 

12000 

12000! 

Hasen    . 

1000000 

160000 

Kitt-        „      . 

7000 

7000| 

Kaninchen 

1500000 

250000 

Waschbären 
Virgin.  Iltis     . 
Skunks  .    .    . 

400000 

8000 

75000 

400000 
65000 
60000 

Lammfelle 

1200000 
Thlr. 

350000 

3)  Russische  und 

2127000 

Opossum     .    . 

10000 

2500 

asiatische 

Bären     .    .    . 

6000 

60000 

Zobel      .    .    . 

10000 

175000 

Luchse   und 

Nerze     .    .    . 

20000 

30000 

Luchskatzen 

15000 

45000 

Hermelin    .    . 

160000 

40000 

Wölfe     .    .    . 

3000 

6000 

Eichhörnchen  (Feh) 

2000000 

350000 

Vielfrasse   .    . 

2000 

6000 

Blaue  Füchse  : 

1200 

20000 

Biber     .    .    . 

70000 

300000 

Weisse     „ 

8000 

8000 

See-Ottern .    . 

200 

20000 

Dachse  .    .     . 

10000 

6000 

Ottern    .    .    . 

12500 

100000 

Hasen     .    .     . 

1500000 

480000 

Pelzseehunde  . 

20000 

120000 

Katzen  .    .    . 

12000 

3000 

Seehunde    .    . 

50000 

50000 

Kolinsky     .    . 

20000 

20000 

Coipu     .    .    . 

50000 

50000 

Pers.  Lammfelle 

30000 

85000 

Chinchillas  .    . 

30000 
Thlr. 

24000 

Tartarische  „ 

500000 
Thlr. 

165000 

2622500 

1382000 

Recapit 

ulation : 

Arne 

rikanische  Rauchwaaren    2,622,500  Thlr. 

Mitt 

eleuropäische          „          2,127,000      „ 

Russ 

ische  u.  asiatische  „          1,382,000      „ 

t 

Gesa 

mmtwerth  der  Zufuhren    6,131,500  Thlr. 

44 


Zum  Einkaufe  sowohl,  wie  zum  Verkaufe  versammeln  sich  auf 
unserer  Messe  die  vornehmsten  Kaufleute,  Rauchwaarenhändler  und 
Kürschner  aus  allen  Ländern:  Nordamerikaner,  Engländer, 
Franzosen,  Italiener,  Schweizer,  Holländer,  Schweden, 
Dänen,  Tartaren,  Russen,  Griechen*,  Polen,  Wallachen, 
Ungarn  und  endlich  Deutsche  aus  allen  namhaften  Städten.  Wenn 
wir  die  Zahl  von  2500  fremden  Rauchwaarenhändlern  annehmen,  so 
glauben  wir  nicht  zu  hoch  zu  greifen.  Die  Waaren  werden  in  den 
Häusern  und  Höfen  des  Brühls  und  der  angrenzenden  Strassen  in  mehr 
oder  weniger  geräumigen  Niederlagen  aufgespeichert.  Fast  jeder 
fremde  Kaufmann ,  der  zunächst  die  Waaren  seines  Landes  zum  Ver- 
kaufe bringt,  ist  Käufer  für  die  Erzeugnisse  vieler  anderer  Länder. 
Es  kaufen  hauptsächlich  die  Amerikaner  von  den  Deutschen  gear- 
beitetes Feh,  Edelmarder,  Steinmarder,  Iltis,  polnische  Kanin,  von  den 
Franzosen  gefärbte  Kanin,  von  den  Russen  Hermelin,  russische  Nerze 
und  weisse  Hasen.  Die  Engländer  kaufen  rohes  Feh,  Hermelin, 
persische  Lammfelle,-  Marder,  polnische  Kanin  und  in  letzterer  Zeit 
auch  nordamerikanische  Waaren.  Franzosen  und  Italiener  kaufen 
bereitetes  Feh,  Hermelin,  astrachanische  und  persische  Lammfelle, 
polnische  Kanin,  russische  und  amerikanische  Zobel,  Chinchillas  etc. 
Russen  und  Polen  kaufen:  Deutsche  und  nordische  Füchse,  Marder, 
Otter,  amerikanische"  Waschbare,  virgin.  Iltis,  Bare,  Skunk,  Biber,  See- 
Otter,  Zobel,  Chinchillas,  Luchse,  Bisam,  Silber-,  Kreuz-  und  rothe 
Füchse,  Pelz-Seehunde,  englische  und  französische  Kanin  etc.  Grie- 
chen und  Wallachen  kaufen:    Deutsche  und  amerikanische  rothe 


*  Von  den  Griechen  (Albanesen  und  Armenier)  die  oft  in  einer  Anzahl 
von  70  und  mehr,  unsere  Messe  besuchen,  die  durch  ihre  imposante  Klei- 
dung, dem  rothen  Fez,  und  dem  nationalen  Pelze,  Aufmerksamkeit  erregen, 
treiben  nur  wenige  im  eigentlichen  Griechenland  Handel.  Die  meisten  sind 
Kürschner  und  Kaufleute  in  Städten  der  Türkei,  oder  in  Aegypten.  Die 
Türken  bekümmern  sich  um  den  Handel  wenig,  und  überlassen  diesen  gern 
den  Griechen. 


45 


Füchse,  russische  und  amerikanische  weisse  Füchse,  Luchse,  Nerze, 
Zobel,  Wölfe;  deutsche  und  holländische  schwarze  Katzen,  französische 
Kanin  etc.  Deutsche  kaufen,  je  nach  Bedeutung  ihres  Ortes,  von  fast 
allen  Pelzgattungen,  weil,  neben  dem  ausgedehnten  Verbrauche  von 
jeder  grösseren  deutschen  Stadt,  Handel  mit  denselben  nach  dem 
Auslande  getrieben  wird.  Das  Messgeschäft  in  deutschen  Waaren 
ist  in  mehr  als  tausend  Händen ;  der  Zwischenhandel  beschäftigt  über 
hundert  mehr  oder  weniger  bedeutende  Firmen ;  der  Handel  mit  aus- 
ländischen Pelzproducten  zählt  verhältnissmässig  weniger  aber  um  so 
bedeutendere  Vertreter.  Die  grosse  Menge  der  zur  Messe  gebrachten 
russischen  und  sibirischen  Waaren  hat  vielleicht  kaum  30  Eigenthümer, 
und  das  noch  viel  grössere  Quantum  von  amerikanischen  Pelzfellen 
gehört  nur  etwa  15  Kaufleuten.  Einige  der  letzteren  haben  ihr  Ge- 
schäft so  ausgebreitet,  dass  sie  von  500,000  bis  1,500,000  Thaler 
Waaren  jährlich  hier  verkaufen.  Leipzig  hat  für  Pelzerzeugnisse  aber 
nicht  blos  die  Bedeutung  des  Messhandels,  sondern  es  ist  ein  fort- 
dauernder Markt  geworden,  und  wie  die  meisten  fremden  bedeu- 
tenden Rauchwaarenhändler  sich  hier  etablirt  oder  hier  Commanditen 
errichtet  haben,  so  wird  unser  Platz  auch  ausser  den  Messen  von 
Käufern  vielfach  besucht. 

Die  russischen  und  sibirischen  Waaren,  die  in  England  und 
Amerika  gebraucht  werden,  gehen  zum  grössten  Theile  durch  die 
Hände  der  Leipziger  Kaufleute.  Die  Waaren  der  Verein.  Staaten 
Nord-Amerikas  und  Canadas,  die  früher  nur  vermittelst  der  Londoner 
Auctionen  hierhergekommen  sind,  kommen  seit  den  letzten  Jahren 
direct  zu  unserm  Markt ,  aus  welchem  Allen  hervorleuchtet ,  dass  der 
Rauchwaarenhandel  Leipzigs  an  Bedeutung  zugenommen  hat.  — 

Der  Handel  in  Leipzig  wird  theils  direct,  theils  durch  Commis- 
sionaire  und  Makler,  deren  es  eine  grosse  Anzahl  giebt,  besorgt.  Die 
Kaufleute  sehen  einander  auf  dem  Brühl ,  welche  Strasse  einer  fort- 
währenden Börse  gleicht;   sie  besuchen  einander  gegenseitig  in  ihren 


46 


Lagern,  fragen  nach  Waaren  und  bieten  solche  an.  Diejenigen,  welche 
die  weiteste  Reise  zu  machen  hatten,  unter  ihnen  die  Griechen,  pflegen 
sich  zuerst  einzustellen.  Artikel,  welche  einen  neuen  Absatzmarkt 
gefunden  haben,  etwa  nach  Amerika  oder  nach  China,  gehen  unter 
steigenden  Preisen  rasch  ab ;  deutsche  Wildwaaren  werden  per  Cassa, 
andere  Waaren  je  unter  Discont  oder  auf  Termine  verkauft.  Die 
Besitzer  russischer  Waaren  werden  durch  Makler  aufgesucht  und  bei 
dem  Handel  mit  ihnen  walten  fast  immer  Zweifel,  ob  sie  verkaufen 
wollen  oder  nicht.  —  In  den  grossen  Lagern  amerikanischer  Waaren, 
deren  Eigenthümer  durch  den  Umgang  mit  dem  Westen  der  Welt 
und  sonst  kaufmännisch  geschult  sind,  begegnet  uns  zuvorkommende 
Handlungsweise,  achtunggebietende  Ordnung  und  oft  überwältigende 
Geschäftsausdehnung. 


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47 


Productions  -  Länder. 

Die  nördlich  gemässigte  Zone  unsers  ganzen  Erdkörpers  erzeugt 
bei  weitem  das  meiste  Pelzwerk,  nicht  soviel  die  kalte,  und  noch  weniger 
die  südhch-gemässigte  Zone.  In  der  nördlichen  Zone  ist  es  wieder 
Sibirien,  welches  nebst  den  Aleuten,  dem  gegenüberUegenden  russischen 
Amerika  und  China  die  grösste  Anzahl  werthvoller  Pelzfelle  liefert. 


Jährliche  Production  Sibiriens  und  des  russischen  Amerika. 

Sibirien  mit  dem 

Russ.  Amerika 

Werth 

Norden  China's. 

mit  den  Aleuten 

Total. 

in  Thatern. 

Zobel  ..... 

100000 
6000000 

9000 

109000 
6000000 

1450000 

Eichhörnchen 

.    . 

900000 

Hermehn 

350000 

— 

350000 

90000 

Kolinsky  .    . 

. 

80000 

— 

80000 

80000 

Bisamratten 

150000 

— 

150000 

120000 

Schwarze  u.  graueFüchse 

3600 

2500 

6100 

65000 

Weisse                   „ 

50000 

4000 

54000 

50000 

Eothe                     „ 

40000 

5000 

45000 

105000 

Kitt-                .      „ 

30000 

— 

30000 

30000 

Luchse    ..... 

15000 

— 

15000 

45000 

Bären      .    . 

1300 

400 

1700 

19000 

Wölfe      .    . 

6000 

— 

6000 

7500 

Murmelthiere   . 

40000 

— 

40000 

10000 

Ottern     .    . 

2000 

2000 

4000 

20000 

See-Ottern  .    . 

300 

900 

1200 

170000 

Biber  .    .    . 

10000 

20000 

30000 

75000 

Pelzseehunde 

5000 

20000 

25000 

100000 

Seehunde     . 

10000 

120000 

130000 

130000 

Vielfrasse     . 

100 

200 

300 

1000 

Katzen    .    . 

250000 

— 

250000 

60000 

Hasen      .    . 

2000000 

— 

2000000 

650000 

Persische  Lammfelle 

. 

100000 

250000 

Tartarische        „ 

• 

.    •     • 

600000 

225000 

10027300 

4652500 

48 


Die  nächstgrösste  Anzahl  von  Pelzfellen  produzirt  Mittel-Europa, 
nämlich  die  Türkei,  Ungarn  und  Galizien,  Frankreich,  England  und 
Italien,  Holland,  Dänemark,  die  Schweiz  und  besonders  Deutschland. 

Jährliche  Productioii  Mitteleuropas. 


Türkei, 

Upgarn  und 

Galizien. 

Frankreicli, 

England 
und  Italien. 

Deutschland 
Dänemark, 
Holland  und 
die  Schweiz. 

Total. 

Werth 
in  Thlr. 

Edelmarder    .... 

20000 

25000 

75000 

120000 

540000 

Steinmarder    .    . 

100000 

40000 

110000 

250000 

825000 

Iltis 

60000 

40000 

280000 

380000 

450000 

Rothe  Füchse 

10000 

40000 

90000 

140000 

210000 

Ottern    .... 

500 

4000 

7500 

12000 

45000 

Dachse       .    .    . 

20000 

1000 

9000 

30000 

25000 

Lammfelle  .    .    . 

100000 

1200000 

700000 

2000000 

650000 

Katzenfelle     .    . 

30000 

70000 

400000 

1300000 

130000 

Hamster     ... 

— 

— 

200000 

4420000 

2000 

Hasen    .... 

180000 

320000 

800000 

500000 

200000 

Kaninchen  .     .    . 

20000 

4000000 

400000 

200000 

720000 

Wölfe         .     .    . 

500 

— 

— 

500 

500 

Seehunde    .    .    . 

— 

20000 

20000 

20000 

Murmelthiere  .    . 

5000 

5000 

300 

9377500 

3817800 

Nord -Amerika  nimmt  nach  dem  Werthe  seiner  Pelzproducte  die 
erste  Stelle  ein ;  nach  Anzahl  der  Felle  erscheint  es  jedoch  in  dritter 
Reihe.  Die  Waaren  werden  bezogen  hauptsächlich  von  dem  Terri- 
torium der  Hudsonsbay-Compagnie  (im  Norden  des  49 "  nördl.  Breite) 
nebst  Canada,  dann  von  den  Ländern  der  Vereinigten  Staaten  zwischen 
den  Gebieten  des  Oregon  und  Maine  und  südlich  bis  Arkansas. 


49 

■ 
■ 

Jährliche  Production  Nordamerika's. 

1 

! 

Territorium 

derHudsonsbay- 

Compagiiie. 

Canada  und 

die  Vereinigten 

Staaten. 

Total. 

Werth 
in  Thalern. 

Zobel 1 

90000 

40000 

130000 

1000000 

Nerze      .     . 

40000 

160000 

200000 

640000 

i 

Bisam      .     . 

350000 

2500000 

2850000 

880000 

1 

Silber-Füchse 

500 

1000 

1500 

IGOOOO 

Kreuz-      „ 

1800 

2500 

4300 

50000 

Weisse     „ 

5000 

3000 

8000 

15000 

Rothe       „ 

5000 

55000 

60000 

160000 

Gris- 

— 

25000          25000 

25000 

Kitt- 

5000 

5000 

10000 

10000 

Waschbären 

3000 

597000 

600000 

600000 

Virg.  Iltis    . 

7000 

5500 

12500 

100000 

Skunks    . 

2000 

98000 

100000 

80000 

Opossum 

— 

250000 

250000 

50000 

Bären 

8000 

7000 

15000 

150000 

Luchse    . 

20000 

6000 

26000 

85000 

Wölfe      . 

9000 

3500 

12500 

25000 

Büffel.     . 

35000 

25000 

60000 

480000 

Vielfrasse 

2000 

500 

2500 

7500 

Dachse 

1500 

500 

2000 

1500 

Biber  .     .     . 

100000 

30000 

130000 

500000    . 

See-Ottern 

120 

180 

300 

30000 

Ottern     . 

13000 

7000 

20000 

190000 

Seehunde 

20000 

— 

20000 

20000 

Kanin 

80000 

500000 

580000 

80000 

Katzen 

.' 

— 

45000 

45000 

15000 

Murmelthiere 

5000 

5000 

250 

i 

5169600 

5354250 
4 

50 


In  vierter  Reihe  erscheint  die 

Jährliche  Prodiiction  des  europäischen  Russland,  Schwedens  und  Nor- 
wegens, Islands  und  Grönlands. 


Europäisch. 
Kusslaiid. 


Schweden 

ii.Noiweiceii. 


Isliind  und 
Grönland. 


Total. 


Werth 
in  Thalern. 


Zobel     .    . 
Nerze    .     . 
Edelmarder 
Steinmarder 
Iltis  .    .    . 
Hermelin    . 
Eichhörnchen 
Silber-  u.  Kreuz-Füchse 
Blaue  „ 

Weisse  „ 

Rothe  „ 

Bären  .  . 
Luchse  .  . 
Wölfe  .  . 
Murmelthiere 
Vielfrasse  . 
Dachse  .  . 
Ottern  .  . 
Seehunde  . 
Hasen  .  . 
Katzen  .  . 
Lammfelle  . 


GOOO 
■  55000 

45000 
150000 
•220000 

50000 
700000 

3500 

20000 

60000 

1500 

8000 

5000 

3000 

200 ! 

20000! 

70001 

20000! 

1000000 

200000! 
200000' 


150001 


300000 

100 

500 

1000 

25000 

500 

1000 

101)0 

2000 

500 

3000 

2000 

lOOOO 

100000 

5000 

30000 


250Ö 
2000 

(Eisbären)300 


300000 
100000 

100000 


6000 

55000 

60000 

150000 

220000 

50000 

1000000 

100 

6500 

23000 

85000 

2300 

9000 

6000 

5000 

700 

23000 

9000 

330000 

1200000 

205000 

330000 


3775600 


50000 

60000 

300000 

525000 

150000 

10000 

100000 

2000 

60000 

20000 

225000 

26000 

45000 

7000 

500 

2100 

14500 

50000 

330000 

180000 

30000 

200000 


2387100 


Fünftens  endlich: 
Jährliche  Production  Süd -Amerikas,  Süd-Asiens,  Africa's,  Australiens 
und  der  Südsee-lnseln. 


Weilh 
in  Thalern. 


Chinchillas  von  Peru  und  Chile 

Pelzseehunde 

Seehunde 

Coipu  (Nutria,  Ragondain) 

Affen  von  Südamerika  und  Afrika     .     <     .      . 
Löwen  und  Tiger  von  Südafrika  und  Ostindien 
Opossum  von  Australien 


100000 

30000 

500000. 

3000000 

40000 

500 

30000 


3700500 


80000 
180000 
500000 
400000 

50000 
5000 

30000 


1245000 


51 


Jährliche  G-esammtproductioii  von  Eauchwaaren. 


Asien 

und 

Mittel- 

russ.  Nord- 

Europa. 

Amerika. 

1 

Nord- 
Araerilca 
und  Süd- 
Amerika. 


Russland, 
Scliweden, 
Island  und 
Grönland. 


Total. 


Werth 


Zobel   .... 
Nerze  .... 
Edelmarder  .     . 
Steinmarder 
Iltis      .... 
Kolinsky  .     .     . 
Hermelin .     .     . 
Eichhörnchen    . 
Bisam  .... 
Hamster   .     .     . 
Chinchillas    .     . 
Silber-Füchse    . 
Kreuz-      „ 
Blaue        „ 
Weisse     „ 
Kothe       „ 
Gris- 
Kitt- 

Waschbären 
Virgin.  Iltis  .  . 
Skunks  .  .  . 
Opossum  .  .  . 
Murmelthiere  . 
Bären  .... 
Luchse  .  .  . 
Wölfe  .... 
Büffel  .  .  . 
Vielfrasse  .  . 
Dachse  .  .  . 
Biber  .... 
See-Ottern  .  . 
Ottern  .... 
Pelz-Seehunde  . 
Seehunde .    .    . 

Coipu  .... 
Hasen  .... 
Kaninchen  .  . 
Katzen  .  .  . 
Lammfelle  .  . 
Affen  .... 
Löwen  und  Tiger 


109000 


80000 

350000 

6000000 

150000 


500 
5600 

54000 
45000 

30000 


40000 
1700 

15000 
6000 

300 

30000 
1200 
4000 

25000 
130000 


2000000 

250000 
700000 


120000 
250000 
380000 


200000 


140000 


5000 

500 

30000 

12000 
20000 


1300000 

4420000 

500000 

2000000 


130000 
200000 


6000 

55000 

60000 

150000 

220000 

50000 
1000000 
2850000   — 


*100000 
1500 
4300 

8000 

60000 

25000 

10000 

600000 

12500 

100000 

250000 

5000 

15000 

26000 

12500 

60000 

2500 

2000 

130000 

300 

20000 

*30000 

(  20000 

1*500000 

*3000000 

580000 
45000 

*40000 
*500 


100 

6500 

23000 

85000 


*30000 
5000 
2300 
9000 
6000 

700 
23000 


9000 
330000 

1200000 

205000 
330000 


245000 

255000 

180000 

400000 

600000 

80000 

400000 

7000000 

3000000 

200000 

100000 

2000 

10000 

6500 

85000 

330000 

25000 

40000 

600000 

12500 

100000 

280000 

55000 

19000 

50000 

25000 

60000 

3500 

55000 

160000 

1500 

45000 

55000 

1000000 

3000000 
4500000 
5000000 
1000000 
3030000 
40000 
500 


32050500 


2500000 

700000 

840000 

1350000 

600000 

80000 

100000 

1000000 

lOOOOOO 

2000 

80000 

200000 

77000 

60000 

85000 

700000 

25000 

40000 

600000 

100000 

80000 

80000 

11050 

195000 

175000 

40000 

480000 

10600 

41000 

575000 

200000 

305000 

280000 

lOOOOOO 

400000 

1030000 

800000 

235000 

1325000 

50000 

5000 


17456650 


*  bezeichnet  die  Producte  Süd  -  Amerika's ,  Süd -Asiens,  Afrika's  und 
Australien's  mit  den  Südsee-Inseln. 


Bei  vorstehenden  Listen  sind  wir  vorsichtig  gewesen,  die  Zahl 
und  den  Werth  nicht  zu  hoch  anzugeben. 


4* 


52 


Der  Fang  der  Pelzthiere. 

So  schwer  auch  den  wilden  Pelzthieren  wegen  der  ihnen 
angeborenen  List  und  Scheu  und  des  Erhaltungstriebes  beizu- 
kommen ist,  so  giebt  doch  der  Verstand  des  Menschen,  durch 
welchen  er  'Herr  über  die  Thiere  ist,  die  menschliche  Klugheit  und 
besonders  die  Erfindung  des  Feuergewehrs  ihm  die  Mittel,  die 
wilden  Thiere  zu  erlegen  und  sie  zu  seinem  Nutzen  zu  verwenden. 

Die  Zobel  werden  fast  in  allen  Ländern,  wo  sie  vor- 
kommen ,  in  Fallen  gefangen ,  ebenso  die  Steinmarder  * ,  Iltisse, 
Nerze,  und  Kolinsky.  Edelmarder  und  Wildkatzen  werden  fast 
immer  nur  geschossen.  Eichhörnchen  werden  in  einigen  Theilen 
Asiens  mit  vergifteten  Pfeilen  getödtet,  in  andern  aber,  und 
gerade  da,  wo  sie  am  häufigsten  vorkommen,  durch  die  Nahrung 
vergiftet.  Man  streut  nämlich  in  der  strengern  Jahreszeit  Futter 
für  sie  in  den  Wald,  nicht  eiwa  zum  Zwecke,  sie  zu  nähren, 
sondern  nur  um  ihrer  habhaft  zu  werden;  denn,  sobald  eine 
Menge  dieser  Thiere  an  den  Futterplatz  sich  gewöhnt  hat, 
kommt  für  sie  der  unheilsvolle  Tag:  man  wirft  ihnen  vergiftetes 
Futter  hin,  wonach  man  sie  zu  vielen  Hunderten  durch  Gift 
getödtet  und  durch  Kälte  hartgefroren  auffindet.  —  Bisamratten 
werden  unter   dem  Eise,    in  welches   man   ein  Loch  gehauen  hat, 

*  Ein  Bauer,  welcher  einem  Kürschner  ein  frisch  abgestreiftes  Stein- 
marderfell  zum  Verkauf  brachte,  sagte,  dass  er  in  5  Tagen  noch  ein  solches 
bringen  werde,  und  erzählte  auf  die  Frage,  warum  er  dasselbe  nicht  gleich 
mitgebracht  habe,  dass  er  ein  Ei  in  der  Falle  aufstelle,  dann  sieben  Pflaumen, 
eine  jede  einen  Fuss  von  der  andern  entfernt,  davorlege;  der  Marder  hole 
jede  Nacht  nur  eine  Pflaume;  jedoch  sei  er,  nachdem  er  die  erste  gefressen, 
am  achten  Tage  gewiss  in  der  Falle. 


53 


mit  Widerhaken  gespiesst.  Chinchillas,  Waschbären  und  Skunks 
werden  von  eigens  dazu  abgerichteten  Hunden  gefangen.  Für 
alle  Arten  von  Füchsen  gilt  die  Flinte;  Fischottern  werden  vom 
Anstand  geschossen,  wenn  sie  eben  den  Kopf  aus  dem  Wasser 
emporhalten.  Die  Indianer  fangen  sie  in  Fallen,  oder  vergiften 
sie  durch  Lockspeise.  Dachse  hetzt  man  mit  Hunden;  Biber 
werden  in  ihren  Uferbauten  aufgesucht  und  in  Fallen  gefangen, 
erschlagen   oder   geschossen. 

Eines  der  für  den  Jäger  gefährlichsten  Thiere  ist  der 
Luchs ,  weil ,  wenn  er  nicht  auf  den  ersten  Schuss  fällt, 
er  wohl  den  Jäger  angreift  und  tödtet.  Eisbären  werden 
theils  mit  Harpunen,  wohl  aber  auch,  wenn  bei  sehr  starker 
Kälte  im  Norden  das  Eisen  weich  wird,  mit  Lanzen  von  Holz, 
mit  Eisspitzen  versehen,  erlegt.  Für  diese,  wie  für  andere 
Bären  und  für  Wölfe  ist  jede  Waffe  gut,  mit  welcher  man 
das  Thier  tödten  kann.  Seehunde  werden,  während  sie  im 
Sonnenschein  an  den  Ufern  der  Inseln  schlafen,  von  dem  Schiffs- 
volk zu  hunderten  mit  Knittelschlägen  betäubt  und  dann  wird 
ihnen  sogleich  der  Bauch  aufgeschnitten.  Hasen,  wiewohl  man 
sie  bei  uns  nur  schiesst,  werden  in  Sibirien  und  der  Tartarei, 
wo   man   das   Fleisch   nicht   geniesst,    in   Fallen   gefangen. 


Stufenfolge  der  Pelzwerkbereitung. 

Man  wird  nicht  irren,  wenn  man  die  Bildungsstufe  der 
Völker  nach  der  geringeren  oder  grösseren  Vollkommenheit  ihrer 
Werke,    und    zunächst    ihrer    Kleider,    abschätzt.       Nach    dieser 


54 


Richtschnur  nehmen  die  niedrigste*  Stufe  ein:  die  Esquimaux 
und  Indianer  im  westhchen  Nord  -  Amerika.  Die  Esquimaux 
besitzen  gute  Zobel,  Nerze,  weisse,  rothe,  blaue,  Kreuz-  und 
Silber-Füchse ,  Eisbären ,  graue  Bären  etc. ;  sie  kleiden  sich 
viel  in  Zobel-  und  Nerzfelle,  welche  sie  jedoch  ungereinigt, 
fast  ohne  alle  Bereitung  und  ohne  Ordnung  zusammenheften. 
Die  Indianer  im  Oregongebiet  reiben  ihre  Bärenfelle  nur  mit 
hartem  Holze,  um  sie  etwas  geschmeidig  zu  machen.  Die  nächste 
Stufe  nehmen  die  Neu  -  Seeländer  und  die  Kaffern  ein;  erstere 
stellen  grosse  Decken  von  Opossum,  grauen  Füchsen  und  Wild- 
katzen zwar  ordentlich  zusammen,  doch  fast  ohne  alle  Bereitung 
des  Leders;  letztere  wissen  ihre  Leoparden,  Gepards,  Hyänen, 
Wölfe,  Springböcke  und  gestreiften  Katzenfelle  gut  zu  bereiten 
und  zusammenzunähen,  vereinigen  diese  Felle  jedoch  gewöhnUch 
in  buntem,  unregelmässigem  Durcheinander.  Auf  die  dritte  Stufe 
der  Vollkommenheit  stellen  wir  die  Grönländer:  sie  verwenden 
zu  ihrer  Kleidung  zwar  nur  gemeine  Seehunde  und  Rennthier- 
felle  (ihre  weissen  und  blauen  Fuchsfelle  werden  ausgeführt), 
jedoch  verfertigen  sie  ihre  Kleider,  namentlich  von  Seehundsfellen, 
mit  grösster  Sauberkeit.  Ihre  Röcke  (Blousen,  die  Kopf  und 
Oberkörper  bedecken)  sind  fein  und  dicht  mit  Därmen,  anstatt 
des  Zwirnes,  genäht,  und  meistentheils  mit  schwarz-,  roth- 
und  grüngefärbten  Streifen  garnirt,  auch  ihre  Beinkleider  und 
Stiefeln  sind  gut  gearbeitet.  Bei  gleicher  Tracht  von  beiden 
Geschlechtern  tragen  die  kleinen  Frauen  so  grosse  weite  Stiefel, 
dass  sie  in  jedem  eines  ihrer  Kinderchen  beim  Gehen  mit  fort- 
tragen. Auf  der  vierten  und  fast  schon  auf  der  höchsten  Stufe 
stehen  die  Chinesen;    sie  wissen  ihre  Zobel,  Eichhörnchen,  Katzen, 

*  Wir  können  hier  die  schwarzen  Afrikaner,  welche  leider  selbst  einen 
Handelsartikel  bilden  und  sich  noch  an  gar  keine  Kleidung  gewöhnt  haben, 
nicht  mitzählen. 


55 


Füchse,  Luchse  und  Tigerfelle  gut  zu  bereiten,  die  Zusammen- 
stellung der  Felle  ist  musterhaft  ordnungsmässig ;  sie  verstehen 
das  bei  den  Kürschnern  sogenannte  Auslassen  und  Einlassen  der 
Felle ,  wodurch  man  z.  B.  ein  Zobelfell  durch  verschiedene  Ein- 
schnitte noch  einmal  so  lang  oder  noch  einmal  so  breit  machen 
kann,  wie  es  von  Natur  war,  ohne  dass  man  auf  der  Haar- 
seite des  Felles  die  Einschnitte  und  Näthe  bemerkt.  Die  Chinesen 
treiben  auch  in  Pelzwerk  grossen  Luxus;  sie  tragen  z.  B.  Röcke 
ohne  Aermel  von  drei  Seeotterfellen  die  800  bis  1500  Thaler 
werth  sind;  eine  Art  Stola  von  40  Zobelfellen,  1000  bis  3000  Thaler 
kostend,  sind  bei  den  vornehmeren  Klassen  sehr  gewöhnlich. 
Wenn  wir  nun  zeigen,  wie  wahrscheinlich  die  Kultur  vom  Osten 
Asiens  zu  uns  gekommen  ist;  wenn  wir  noch  sicherer  annehmen, 
dass  wir  die  Bearbeitung  des  Pelzwerks  von  den  Chinesen  gelernt 
haben  ( —  von  uns  haben  sie  es  wahrlich  nicht  gelernt,  denn  sie 
haben  es  tausend  Jahre  früher ,  als  wir  verstanden  — ) :  so  müssen 
wir  gestehen,  dass  wir  die  Kunst  wenig  vervollkommnet  haben; 
denn  wenn  die  Kürschnerarbeit  auch  über  ganz  Europa  vielfach 
ebensogut,  so  wird  sie  doch  nur  sehr  vereinzelt  besser  als  in 
China  angefertigt.  Neben  den  chinesischen  Kürschner -Arbeiten 
kennen  wir  als  die  besten:  die  Zobel-  und  Fuchsfutter  aus 
der  kaiserlichen  Kabinets  -  Kürschnerei  in  St.  Petersburg,  die 
deutschen  und  französischen  Galonage  -  Arbeiten  im  zweiten  Dezen- 
nium unseres  Jahrhunderts,  die  Pelzfärberei  von  J.  Apold  in 
London  und  die  Bereitung  von  Feh  (Eichhörnchen)  und  Chin- 
chillas  in   Weissenfeis,   Naumburg    und   Leipzig. 


56 


Bereitung  der  Pelzfelle. 

Weil  zu  Pelzwerk  in  der  Regel  Winterfelle  dienen,  deren 
Haut  dünn,  und  deren  Haar  dicht  ist*,  so  ist  die  Bereitung 
des  Leders  mehr  oder  weniger  leicht  und  einfach;  von  der  Leder- 
gerbung  ist  sie  besonders  dadurch  verschieden,  dass  das  Haar 
nicht  blos  bleiben,  sondern  auch  in  seiner  Schönheit  erhalten 
werden  muss.  Die  meisten  Pelzfelle,  nämlich  alle  Arten  Füchse, 
Marder  etc.  werden,  nachdem  die  Haut  mit  salzigem  Wasser 
gut  durchfeuchtet  (nicht  etwa  durchnässt)  ist,  an  einem  im 
Achtel -Zirkel  gebogenen,  etwa  eine  Elle  langen  und  eine  viertel 
Elle  breiten  sogenannten  Fleischeisen  geschabt,  damit  die  doppel- 
häutigen Theile  entfernt  werden.  Dieses  ist  auch  die  erste  Pro- 
zedur, die  Haut  geschmeidig  und  bewegUch  zu  machen,  um  sie 
nach  Belieben  breit  oder  lang  dehnen  zu  können;  unmittelbar 
darauf,  um  die  Geschmeidigkeit  zu  erhalten,  streicht  man  das 
Leder  mit  Fett,  Butter  oder  Oel  ein;  dann  wird  etwas  Mehl 
auf  die  Haut  gestreut  und  das  Fell  halb  abgetrocknet,  worauf 
es  abermals  an  einem  weniger  scharfen  Eisen  herumgezogen, 
gepakelt  wird.  Hierauf  wird  das  Fell  mit  warmem  Sand  und  Säge- 
spänen geläutert ,  d.  h.  mehrere  Stunden  lang  in  einer  Tonne 
herumgedreht,  mit  Stöcken  geklopft  und  endhch  vor  einem 
scharfen  Eisen  nochmals  nachgeschabt  (abgezogen).  Viele  Kürschner 
bestreichen  die  Felle  mit  fettigen  Ingredienzen  erst  nachdem  sie 
schon  halb  abgetrocknet  sind,  wodurch  die  Arbeit  schwieriger 
wird.      In  Russland   beizt   man   das  Leder   mit   gesäuertem  Hafer- 

*  Im  Sommer,  wo  das  Haar  der  Pelztliiere  dünn  ist,  ist  die  Haut 
gewöhnlich  dicker. 


57 


schrot,  welche  Weise  dasselbe  zwar  mild  macht,  doch  auch  das 
Haar  schwächt.  Man  reinigt  die  Felle,  indem  man  sie  mit 
Sägespänen  vermengt  und  in  einer  Tonne  mit  den  Füssen  aus- 
treten lässt.  Lammfelle  aller  Art  werden  zunächst  in  Wasser 
eingeweicht,  ganz  durchnässt,  dann  gewaschen  und  nach  dem 
ersten  Abschaben  (Fleischen)  mit  Gerstenschrot  eingestreut;  hierauf 
acht  bis  zwölf  Tage  in  eine  salzige  Beize,  scharf  genug,  um 
ein  Ei  zu  tragen,  gelegt,  und  nach  dem  täglichen  Umwenden, 
welches  das  Heisswerden  verhindert,  getrocknet,  darauf  gepakelt, 
gereinigt  und  abgezogen.  Kaninchen  werden  mit  Alaun  gebeizt. 
Eichhörnchen  werden  roh  mit  Butter  bestrichen,  vor  dem  Fleischen 
gewalkt  und  mit  Sand  und  Gyps  gereinigt.  Chinchillas  werden 
mit  feinem  Pudermehl  durch  Umschütten  in  einem  Ledersack 
gereinigt.  Pelzseehunde  werden  in  eine  Kalkbeize  gelegt,  bis 
eine  Gährung  eintritt,  die  das  Ausschaben  des  Conturhaares 
erleichtert;  mit  einem  scharfen  Eisen  schabt  man  das  Haar  des 
auf  einen  Gerberbaum  gelegten  Felles.  Die  Grundwolle  aber  ist 
einestheils  so  fein,  dass  das  Eisen  sie  nicht  greift,  anderntheils 
geht  sie  auch  nicht  so  tief  durch  die  Haut,  dass  sie  von  der 
Gährung  ergriffen  werden  könnte.  Die  Bereitung  der  Pelzseehunde 
wurde  bisher  in  England  am  besten  betrieben.  In  England 
werden  diese  und  fast  alle  andern  Pelzfelle,  anstatt  sie  zu 
walken,  mit  menschlichen  Füssen  weich  getreten,  welche  Methode 
ihre  Vortheile  hat,  indem  eine  Beschädigung,  die  durch  die 
harte  Holzwalke  vorkommt,  hier  nicht  geschehen  kann.  Die 
Engländer  haben  diese  Bereitungsweise  von  den  Deutschen  erlernt, 
aber  schon  seit  vierzig  Jahren  wollen  die  deutschen  Arbeiter 
ihre  Füsse  nicht  mehr  dazu  hergeben.  Die  Engländer  trinken 
ihren  Pot  Porter  und  treten  auf  den  Fellen  herum ;  doch 
mehr  als  bei  uns  ist  bei  ihnen  die  Arbeit  getheilt,  jene  Zu- 
richter  fleischen   nicht,    und   umgekehrt. 


58 


In  Bezug  auf  die  Industrie  sind  Kaufleute  und  Consumenten 
Kosmopoliten;  die  ersten  müssen  ihre  Waaren  von  daher  be- 
ziehen, oder  dort  arbeiten  lassen,  wo  sie  am  schönsten  her- 
gestellt werden;  und  der  Consument  zahlt  dafür  nicht  mehr, 
noch  zieht  er  geringere  Waare  vor,  weil  sie  etwa  im  eigenen  Lande 
gearbeitet   wurde. 


69 


Waarenkunde. 

Rauchwaaren  nennt  man  die  Pelzfelle  von  Thieren,  die 
grösstentheils  zur  Kleidung  der  Menschen  dienen,  und  die,  unter 
Belassung  des  Haares,  nur  auf  der  Fleischseite  bereitet  wer- 
den.* Der  Werth  derselben  entsteht  aus  ihrer  Brauchbarkeit, 
Qualität,  d.  i.  Dichtigkeit  und  Feinheit  des  Haares,  Farbe, 
sowie  Seltenheit  und  Mode.  Da  die  Natur  die  Thiere  im  kal- 
ten Clima  zu  dichterem  Haarwuchs  zwingt,  so  findet  man  in 
rauhen  Gegenden,  vorausgesetzt,  dass  es  nebenbei  ein  frucht- 
bares Land  sei,  die  besten  Pelzfelle.  Hoch  im  unfruchtbaren 
Norden  sind  weniger  Thiere  und  deren  Felle  weniger  schön,  weil 
die   Thiere   ungenügende    Nahrung   haben.** 

*  Zum  Unterschiede  von  Thierhäuten,  die  zur  Lederbereitung  dienen, 
als  Hirsch-,  Reh-,  Ziegen-  und  Schaffelle,  Kalb-,  Ochsen-  und  Pferdehäute. 

**  Durch  die  Jahreszeiten  werden  die  Pelzfelle  fortwährend  verändert. 
Es  hat  z.  B.  ein  Edelmarder  im  Juli  sein  Sommerkleid,  ein  dunkelbraunes, 
glatt  anliegendes  struppiges  Haar,  welches  er  im  September  verliert,  wann 
ihm  eine  kurze  dichte  Wolle  mit  kurzem  Contur-  oder  Oberhaar  wächst; 
im  November  ist  dieses  Haar  schon  stattlich  lang  und  am  schönsten  in  Farbe; 
im  December  und  in  der  ersten  Hälfte  des  Januar  ist  das  Fell  völlig  aus- 
gewachsen,   und   demnach  am   besten.      Im   Februar  verliert   sich   die  Farbe, 


60 


Das   brauchbarste   und   edelste   Pelzwerk  sind   die  Felle   der 

sibirischen  Zobel 

(lat.    Mustela  sibelUna,    engl.   Sable,   franz.    Zibeline,   russ.    Sobol), 

welche  nach  der  Naturgeschichte  zu  den  Raubthieren,  und 
zwar  zu  den  Mardern  gehören,  und  an  Grösse  und  Le- 
bensweise den  deutschen  Mardern  gleichen.  Sie  sind  ein 
höchst  werthvolles  Pelzwerk;  der  Preis  variirt  von  10  bis 
150  Thlr.  per  Stück.  Ihre  Farbe  geht  vom  Hellbräunlichen 
bis  in  tiefes  Dunkelbraun.  Die  dunkeln  vollkommen  rauchen 
und  feinen  Felle  sind  die  theuersten.  Die  schönsten  Zobel* 
liefern  die  östlichen  Provinzen  Sibiriens,  Jakutsk  und  Ochotsk, 
weniger  schön  sind  die  vom  Jenisei,  von  der  Lena  und  vom 
Amur -Flusse.  Die  sibirischen  Zobel  werden  in  China  zu  einer 
Art  Stola,  in  Russland  zu  Pelzfuttern,  Kragen  und  Mützen,  in 
New -York,  Philadelphia,  in  Paris,  Wien,  und  anderen  Haupt- 
städten Europa's  zu  Garnituren  für  Damenpelze  benutzt.  Ehren- 
pelze von  Zobel  werden  von  Seiten  des  Kaisers  von  Russland 
verschenkt,  und  die  Krone  des  Kaisers  ist  eine  mit  Juwelen 
und    Gold   verzierte   Zobelmütze. 


und  der  Winterpelz  beginnt,  namentlich  an  den  Bauchtheilen,  Abnutzung  zu 
zeigen;  im  März,  in  der  Begattungszeit,  wann  die  zärtlichen  Thiere  einander 
beissen  und  das  Haar  ausrui)fen,  verliert  das  Fell  fast  allen  Werth,  worauf 
es  durch  die  wärmere  Jahreszeit  zum  Sommerkleide  wird,  welches  gleichfalls 
fast  werthlos  ist.  Bei  einer  Preisangabo  kann  daher  nur  von  guten  Winter- 
fellen die  Rede  sein. 

*  Die  kaiserl.  Cabinetskürschnerei  in  St.  Petersburg,  welche  überhaupt 
als  Muster  für  gute  Pelzarbeit  gelten  kann,  verarbeitet  vielfach  die  schönsten 
Zobel  zum  Gebrauche  der  kaiserlichen  Familie.  Man  konnte  in  Stuttgart 
Zobelfutter  sehen,  die  für  die  hohe  Schwester  des  Kaisers,  damals  Königin 
von  Würtemberg,  angefertigt  waren,  und  die  den  Werth  von  QOOO  Thaler  (für 
jedes  Futter)  hatten. 


61 


Amerikanische  Zobel 

(lat.  mustela   canadensis,  engl,  märten,   franz.  Martre    de    Canada, 

russ.    Udos)  * 

sind  gröber  von  Haar,  als  die  russischen  und  sibirischen;  ihre  Farbe 
ist  mehr  ins  röthliche  Braun  fallend,  dabei  jedoch  in  allen  Graden  von 
gelblich  bis  dunkelbraun;  ihre  Grösse  ist  gleichfalls  wie  die  der 
Marder.  Die  schönsten  amerikanischen  Zobel  kommen  von  den 
Küstenländern  der  Hudsonsbay,  vom  Grand  Wale  River, 
Little  Wale  River,  von  East-Maine,  und  von  der  Küste 
Labrador's,  diese  sind  oft  25  Thaler  per  Stück  werth,  wäh- 
rend Zobel  südlich  vom  St.  Lorenzbusen  oft  nur  5  Thaler 
kosten.  Fort  York  bezieht  die  Zobelfelle  vom  rauhen  Norden, 
wo  sie  gröber  im  Haar  sind;  diese,  sowie  die  Felle  vom 
Makenzieriver  und  weiter  südlich  vom  Moose  River  haben 
den  Werth  von  5  bis  15  Thaler.  Von  amerikanischen  Zobeln, 
die  wegen  ihres  massigen  Preises  in  allen  Ländern,  auch  in 
Russland,  viel  verbraucht  werden,  verwendet  England  allein  die 
grosse  Mehrzahl**,  besonders  vielleicht,  weil  die  Engländer  die 
blonde  und  hellbraune  Farbe  lieben.  Im  Allgemeinen  jedoch 
bedingt  die  dunklere  Farbe  neben  der  Qualität  den  höheren 
Werth.  Die  Schweife***  der  Zobel  sind  gleichfalls  werthvoU; 
sie  werden  mit  V2  bis  2  Thaler  bezahlt  und  zu  Besätzen  für 
Damenpelze   und    zu   Mützen   der-  polnischen   Israeliten    verwandt. 

*  Mit  dem   Namen    „amerikanische    Zobel"    (aMepHKaHCBKia  Coöojb)   be- 
zeichnen die  Russen  die  Felle  des  virginischen  Iltis. 

**  Ein  englisches  Kürschnergeschäft,  George  Smith  &  Sons,  kaufte  allein 

eines  Tages  30,000  amerikanische  Zobel  in  einer  Auction  der  Iludsonsbay- 
Compagnie. 

***  Der  Rauchwaarenhandel    hat    andre     technische    Ausdrücke     als    die 
Jäger. 


62 


Nerze 

(lat.    musiela    lutreola* ,    engl,    minh,    franz.   vison^    russ.    norJca) 

gehören  zu  den  Mardern,  und  sind  an  Grösse  und  Lebensweise 
denselben  ähnlich.  Sie  haben  einen  feinen,  glänzend  braunen 
Pelz,  jedoch  von  kürzerm  Haar  als  der  der  Zobel,  und  wer- 
den überall,  im  nördlichen  Europa  am  meisten  in  Russland 
gefangen;  die  beiweitem  grösste  Anzahl  aber  und  zugleich  die 
schönsten  Felle  dieser  Art  liefert  Nord-Amei:ika  und  hier 
ist  besonders  die  Ostküste,  Neu-England,  der  Staat  Maine, 
das  Gebiet,  welches  die  geringsten  Zobel,  jedoch  die  feinsten 
und   dunkelsten    Nerze   liefert. 

Amerikanische  Nerze  gelten  jetzt  3  bis  10  Thaler,  wäh- 
rend russische  nur  1  bis  2  Thaler  per  Stück  werth  sind. 
Erstere  haben  feineres  und  darum  haltbareres  Haar.  Man 
kann  das  Haar  der  amerikanischen  und  russischen  Nerze  wie 
Seide  und  Zwirn  vergleichen.  Verbraucht  werden  Nerze  in 
Deutschland  zu  Pelzfuttern  und  Kragen,  in  Frankreich  zu  Gar- 
nituren, in  jüngster  Zeit  verwenden  die  Amerikaner  ihre  schö- 
nen Nerze  fast  alle  selbst;  während  die  Männer  in  politischen 
Unbilden  und  Kriegsgetümmel  verwickelt  sind,  scheinen  die 
Frauen   sich   in   kostbarem  Pelzwerk   warm   zu   halten. 


*  Die  lateinische  Benennung  ist  nicht  massgebend,  weil  der  Nerz  mit 
den  Ottern  nichts  gemein  hat  als  allenfalls  die  Farbe  und  nicht  im  Wasser 
lebt;  denn  er  hat  keine  Schwimmhaut  und  lebt,  wie  der  Marder  und  Iltis, 
gern  auf  Bauerhöfen.  Auch  giebt  es  kein  Thier,  welches  man  Sumpfotter 
benennen  könnte;  alle  Ottern  sind  viermal  so  gross  und  leben  nur  in  klaren 
Teichen  und  See'n.  wo  sie  am  liebsten  sich  von  Fischen  nähren. 


63 


Edelmarder  oder  Baummarder 

(lat.  mustela  martes,    engl.  Baummarten,   franz.  Martre  de  Prusse, 

russ.  Kunitza), 

auf  dem  ganzen  europäischen  Continent  und  in  Asien  in  Wäl- 
dern lebend,  ist  von  der  Grösse  der  Zobel;  jedoch  ist  sein 
Schweif  länger,  und,  entweder  weil  die  bräunliche  Farbe  dem 
Zobel  gleicht,  oder  zum  Unterschiede  vom  Hausmarder,  hat 
man  ihn  Edelmarder  genannt.  Die  Felle  werden  mit  5  bis 
10  Thaler  per  Stück  befahlt.  Die  schönsten  Edelmarder  liefert 
Norwegen,  die  nächsten  Schottland,  und  nun  nach  der  Reihe 
Italien  (das  dunkelbraune  etwas  kurzhaarige  Felle  liefert),  dann 
Schweden,  Norddeutschland,  die  Schweiz  und  die  bayrische  Hoch- 
ebene, die  - Tartarei ,  Russland,  die  Türkei  und  Ungarn.*  Ame- 
rika hat  weder  Edelmarder,  Steinmarder  noch  Iltis.  Edelmarder 
ist  ein  leichter,  warmer  und  angenehmer  Pelz,  und  wird  vor- 
nehmlich in  Russland,  wo  man  diese  Eigenschaften  zu  schätzen 
weiss,   zu    Pelzfuttern   verbraucht. 


Steimnarder 

(lat.   mustela  foina,    engl,    stonemarten,   franz.  fouine), 

in  allen  Gegenden,  wie  der  Vorige,  doch  mehr  auf  Hühnerhöfen 
und  in  Mauern  lebend,  weniger  in  Wäldern,  hat  dunkelgraue 
Farbe,  zweizöUiges ,  gröberes  Haar  und  einen  schwärzlichen 
8  Zoll  langen  Schweif.  In  Ungarn  und  der  Türkei,  wo  es  die 
am  wenigsten   schönen   Baummarder   giebt,  findet   man   die  schön- 


*  Um  diese  Felle  nach  ihrem  Werthe  zu  ordnen,  musstcn  wir  sonder- 
bare Sprünge  auf  der  Landkarte  machen. 


64 


sten,  dunkelsten  und  grössten  Steinmarder.  Ihr  gegenwärtiger 
Preis  ist   SVa   bis   4'/2   Thaler   per   Stück. 

Die  P'elle  werden  meistentheils  in  Russland,  in  Polen, 
Amerika,  England  und  Frankreich  zu  Pelzfuttern  und  Garnituren 
verbraucht;  in  England  färbt  man  sie  ähnlich  dem  Canada- 
Zobel,   in   Russland   den    sibirischen   Zobeln   gleich. 

ntis 

(lat.    mustela  piitorius,    engl,  fitch,     franz.    putois,    russ.    choriok), 

der  gefürchtete  Bewohner  der  Hühnerhöfe,  heimisch  in  ganz 
Europa  und  Asien,  hat  IV2 zölliges  Haar  von  gelblichem  Grunde 
und  schwärzlichen  Spitzen,  im  Werthe  von  V2  bis  2  Thaler 
per  Stück.  Die  besten  Iltisfelle  liefern  die  bayrische  Hoch- 
ebene, dann  Holland,  Norddeutschland  und  Dänemark,  weniger 
gute  Ungarn  und  Polen,  und  die  geringsten  Russland  und 
Asien.  Russland  liefert  kleine,  schwärzliche,  sogenannte  schwarze 
Iltisse,  Asien  hellgelbliche,  sogenannte  weisse,  die  sehr  geringen 
Preis   haben. 

Die  Mehrzahl  dieser  Felle  wird,  wahrscheinlich  weil  sie 
im  Verhältnisse  zu  ihrer  Schönheit  und  Nutzbarkeit  einen 
massigen  Preis  haben,  in  den  Productionsländern  selbst  ver- 
braucht; doch  wird  eine  grosse  Anzahl  nach  Amerika  und  ein 
Theil   sehr   guter   Felle   nach   Schweden  und  Finnland   ausgeführt. 

Eine    Untergattung    bildet    der    in    Russland    vorkommende 

Perwitzky 

(lat.    mustela   sarmatica), 

welcher  eine  bräunliche  Farbe,  und  überall  gelbe  kleine  Flecken 
hat.      Sein   Pelzwerk   ist   von   geringer   Bedeutung   im   Handel. 


65 


Kolinsky 

(lat.    mustela    sibirica), 

tartarischer  Marder,  ist  nur  in  Asien  zu  Hause,  von  gelbröth- 
licher  Farbe  und  IV4  Zoll  langem  Haar.  Sein  jetziger  Werth 
ist  IV4  bis  1^/2  Thaler  per  Stück.  Man  verarbeitet  ihn  in 
Russland  zu  Pelzfuttern  und  verbraucht  ihn  in  England  gefärbt 
als  Zobel;  die  Schweife  sind  V2  Thaler  werth  und  liefern 
vorzügliche   Malerpinsel. 

Hermeline 

(lat.    mustela   erminca,    engl,    und    franz.    ermine,    russ.    gornostai), 

mit  unserm  Wiesel  verwandt,  werden  nur  in  Sibirien  und 
Russland,  jedoch  in  grosser  Anzahl,  gefangen.  Die  besten 
Gattungen  kommen  von  Barabinsk  und  Ischim;  geringe  Sor- 
ten von  Jenisei  und  Jakutsk.  Das  Hermelin  ist  von  rein 
weisser  Farbe*  mit  schwarz  gespitztem  Schweifchen.  Der  Preis 
ist  je  nach  Schönheit  nur  10  bis  30  Thaler  per  Zimmer  von 
40  Stück,  weshalb  sie  wohl  weniger  der  Kostbarkeit  als  haupt- 
sächhch  der  glänzenden  Weisse  wegen  als  Fürstentracht  gelten. 
In  England  und  Frankreich  sind  sie  seit  15  — '20  Jahren  eine 
allgemeine  Tracht  geworden,  neuerdings  auch  in  Amerika,  und 
seit  einigen  Wintern  erscheinen  auch  unsere  Damen  in  Assem- 
bleen  und  Concerten  in  diesem  glänzend  weissen  Pelze,  dem 
Spiegel   der   Reinheit. 


*  Das    Hermelin    wechselt,    wie    andere    Thiere,    mehrmals   seinen   Pelz, 
der  im  Winter  weiss,  im   Sommer  aber  graugesprenkelt  oder  bräunlich   ist. 


66 


Eichhörnchen 

(lat.    sciiü'us,    engl,    squirrel,    russ.    hiell'a,    auch    Feh,     Veh    oder 
Grauwcrl-,    davon    das    franz.    peMt   gris), 

gehören  in  die  Gattung  der  Nagethiere.  Man  findet  sie  überall 
im  Norden,  wo  es  Wälder  giebt;  Amerika  liefert  schwarze  und 
graue,  fast  werthlose  Felle,  Schweden  und  Finnland  röthliche, 
Russland  und  hauptsächlich  Sibirien  producirt  jedoch  Millionen 
dergleichen  graue  und  schwärzlich  graue,  schöne  brauchbare 
Felle.  Die  Eichhörnchen  sind  um  so  heller,  je  westlicher  ihr 
Vaterland  ist,  die  dunkelsten  liefert  der  Osten  Sibiriens.  Die 
letzten,  welche  am  höchsten  geschätzt  werden,  konnnen  aus 
Ochotsk,  Nertschinsk,  Jakutsk,  Tunginsk  und  Irkutsk, 
die  helleren  Felle  aus  Kasan,  Jenisei,  Kusnetz  und  Wo- 
logda.  Nur  der  Rücken  ist  grau,  der  Bauch  weiss,  der 
Schweif  mehr  oder  weniger  schwarz.  Sie  werden  je  nach  Ur- 
sprung und  Schönheit  mit  8  Thaler  bis  35  Thaler  per  100  Stück 
bezahlt  Die  Felle  dienen  zu  Pelzfuttern  und  Garnituren.  Die 
Rücken  liefern  graue,  die  Bäuche  bunte,  d.  h.  grau  und  weisse 
Pelzfutter.  Die  Kürschner,  welche  im  Norden  Deutschlands  und 
in  Dänemark  Bundfutterer,  Bundmager  heissen,  mögen  wohl 
von  diesem  Pelzwerke  ihren  Namen  abgeleitet  haben.*  Der 
Name  Kürschner  entstammt  dem  altdeutschen  Wort  „küren" 
(auswählen);  Auswahl  und  Zusammenstellung  der  Felle  ist  der 
Kürschner  hauptsächlichste  Kunst.  Eichhörnchen  werden  überall, 
wo  durch  Bedürfniss  und  Mode  zu  Pelzkleidung  Veranlassung 
geboten    ist,    verbraucht.      China,    Russland,    Amerika,    Deutsch- 

*  Das  Gewerbe  war  aber  früher  in  zwei  verschiedene  Zweige  streng 
geschieden,  nämlich  in  Buntfiitterer  und  Pelzer,  welche  letztere  aus- 
schliesslich Lamm-  und  Schaffelle  bereiten,  verarbeiten  und  verkaufen 
durften,  wogegen  den  liuntfutterern  der  Handel  mit  diesen  Fellen  verboten  war. 


07 


land,  Fraiikreicli  und  England  sind  für  diesen  Artikel  die 
Hauptconsunienten.  Die  Schweife,  welche  sowohl  von  diesen, 
als  von  den  meisten  andern  Pelzthieren  einen  besondern  Handels- 
und Verbrauchsartikel  bilden,  dienen  zu  Boas,  zum  Ausputz  an- 
derer  Pelzgegenstände    und    andererseits    auch   zu   Malerpinseln. 

Es  finden  sich  in  China,  Russland  und  Finnland  auch 
fliegende  Eichhörnchen,  bei  denen  sich  eine  schmale,  2  Zoll 
breite  Schwunghaut  zwischen  den  Vorder-  und  Hinterfüssen  aus- 
breitet. Ihr  Haar  ist  feiner,  länger  und  nicht  so  dicht,  wie 
bei  den  gewöhnlichen  Eichhörnchen;  die  Haut  ist  sehr  dünn. 
Man  findet  sie  nur  in  solcher  Minderzahl,  dass  sie  selten  zu 
Pelzwerk   gebraucht   werden. 

Bisam 

(lat.    lemmus   sibetliicus ,    engl,    musquash,   musqrai,    franz.    rai 

musque), 

ein  Erzeugniss  Asiens,  und  besonders  Nord-Amerika's,  wo 
sie  an  den  Seen  jährlich  zu  Millionen  gefangen  werden.  Sie 
haben  weiches,  einen  Zoll  langes  Haar,  und  werden  je  nach 
Schönheit  mit  25  bis  100  Thaler  per  100  Stück  bezahlt.  Es 
giebt  in  Amerika  hellbraune,  dunkelbraune  und  schwarze  Bisam, 
die  schönsten  P'elle  der  letztern  Gattung  jedoch  in  Russland. 
Diese  sind  besonders  wegen  der  silbergrauen  Bäuche  sehr  behebt. 
Vor  20  —  30  Jahren,  als  die  Männer  grösstentheils  Hüte  von 
Hasen-,  Biber-  und  Bisanihaar  trugen,  wurden  Bisamfelle  zu 
Pelzwerk  wenig  oder  gar  nicht  gebraucht.  Erst,  als  die  Mode 
sich  den  Seidenhüten  zugewandt  hatte  und  die  Bisamfelle  da- 
durch sehr  billig  geworden  waren,  nahm  die  Speculation  sich 
dieser  Felle  für  den  Pelzwerkverbrauch  an.  Anfangs  fand  man 
den  etwas  moschusartigen  Geruch  nicht  angenehm,  man  hat  sich 
aber   daran   gewöhnt,   und   zur  Zeit   wird  dieses  Pelzwerk   überall 


5* 


< 


68 


in  Amerika,  China,  Russland,  in  der  Türkei,  in  Aegypten, 
Italien,  Frankreich  und  besonders  in  Deutschland  viel  getragen. 
Ueber  3  Millionen  Stück  werden  jetzt  jährlich  zu  weichen,  war- 
men  und  gutaussehenden   Pelzen,   Kragen   und    Muifen   verbraucht. 

Hamster 

(lat.    cricetus\ 

zu  den  Nagethieren  gehörend,  leben  in  der  gemässigten  Zone 
Europa's  und  zum  Theil  in  Sibirien.  In  Deutschland  sind  sie 
häufig  in  den  Harzgegenden,  und  es  bildet  die  Verarbeitung 
derselben  zu  Pelzfuttern  in  den  Städten  Quedlinburg  und  Hal- 
berstadt einen  hervorragenden  Industriezweig.  Das  Haar  ist  kurz 
und  dünn,  der  Rücken  goldig -grau,  die  Seiten  gelb,  der 
Bauch  schwarz.  Es  kommen  jährlich  eine  Anzahl  von  6 — 800 
Dutzend  Hamsterfutter  in  den  Handel,  die  je  nach  der  Grösse 
15  bis  36  Thaler  per  Dutzend  kosten  und  in  Deutschland, 
Italien,  Frankreich  und  der  Türkei  verbraucht  werden.  In  die- 
selbe Gattung  gehören  die  Felle  der  Siebenschläfer  (Billich- 
mäuse) wie  die  der  Maulwürfe  und  anderer  kleiner  Pelzthiere, 
die  jedoch,  ihres  geringen  Werthes  wegen,  eigentlich  keinen 
Handelsartikel   bilden. 

Chinchilla 

(lat.    eriomys    Chinchilla)^ 

zu  den  wenigen  Pelzerzeugnissen  Süd-Amerika's  gehörend,  haben 
ihren  Namen  von  dem  Lande  Chile,  wo  schwedische  Kaufleute 
(das  schwedische  Wort  „Chin"  heisst  Fell)  sie  wahrscheinlich 
zuerst  gefunden  haben.  Nur  in  jenen  regenlosen  Landstrichen, 
auf  feiusandigem  Boden,  kann  ein  so  zarter  Pelz  wie  der  der 
Chinchilla  sich   erhalten.     Das  seidenweiche  Haar   misst    IV4  Zoll, 


69 


die  Farbe  ist  silbergräu  und  schwärzlich  melirt.  Der  Preis  ist 
15  bis  30  Thlr.  per  Dutzend.  Es  ist  ein  angenehmes,  für 
Damen  sehr  kleidsames  Pelzwerk,  das  bald  in  Paris,  bald  in 
London,  New -York  oder  St.  Petersburg  zur  ersten  Modetracht 
erhoben,  zur  Zeit  wieder  in  Paris  in  höchster  Gunst  ist. 
Neben  den  echten  Chinchillafellen  liefern  dieselben  Gegenden 
verschiedene  Abarten  dieser  Felle,  als:  Chinchillone,  die  gross 
und  schmutzig  gelb  sind,  und  Bastard-Chinchillas,  die  klein 
und  kurzhaarig  sind.  Beide  letztere  Gattungen  sind  unschön 
und   haben   wenig   Werth.  * 

Wir   wenden   uns   jetzt   einer   der   am  weitesten   verbreiteten 
Familie   von    Pelzthieren   zu,    den    Füchsen. 

Schwarz-  und  Silberfüchse 

(lat.    canis    argentatiis) 

nehmen  durch  ihre  Schönheit  und  Kostbarkeit  den  ersten  Rang 
ein.  Dieselben  finden  sich  hauptsächlich  in  Sibirien,  auf  den 
Aleuten     und     im     nördlichen     Theile    Nord-Amerika's.      Die 


*  Als  ein  Beweis,  wie  gefährlich  der  Handel  mit  ^.auchwaaren  bei 
Mangel  an  Waarenkenntniss  ist,  diene  Folgendes:  Ein  englischer  Pianoforte- 
Arbeiter  in  Chile  schickte  seiner  Mutter  in  London  vier  Dutzend  schöne 
Chinchillas.  Als  die  Frau,  welche  eher  arm  als  reich  war,  erfährt,  dass 
die  Felle  den  Werth  von  48/  Sterl.  per  Dutzend  haben,  verkauft  sie  die- 
selben, anstatt  sie  für  ihren  Gebraucli  verarbeiten  zu  lassen,  und  schreibt 
ihrem  Sohn  unter  Dank  für  das  Geschenk,  dass  der  Erlös  aus  dem  Verkaufe 
ihr  von  ungleich  grösserm  Nutzen  gewesen  sei,  als  die  Felle  selbst  ilir  hätten 
bieten  können.  Der  Sohn  hatte  nur  etwa  den  zehnten  Theil  des  Werthes 
für  dieselben  bezahlt  und  berechnete  nun,  dass,  wenn  er  seine  Ersparungen 
von  einigen  hundert  Pfund  Sterling  in  solchen  Fellen  anlege,  er  ebensovielc 
Tausend  Pfund  haben  würde,  womit  er  in  England  dann  ein  Geschäft  errich- 
ten könne.  Aber  statt  der  ächten  kaufte  er  in  seiner  Unkenntniss  diesmal 
Bastard -Chinchillas,  deren  Versendung  nach  England  ihm  nicht  nur  keinen 
Gewinn,  sondern  Schaden  brachte. 


70 


amerikanischen  sind  bei  weitem  schöner  und  viermal  so  viel  werth,  als 
die  sibirischen.  Die  schönsten  Felle  liefert  das  Hu dsonsbay- Terri- 
torium und  die  Labrador- Küste.  Das  Thier  hat  die  Grösse  un- 
serer rothen  Füchse,  das  Fell  ist  aber  glänzend  schwarz  oder 
silbrig;  solche,  welche  gar  keine  oder  wenig  silbrige  Haare  haben, 
heisseu  Schwarzfüchse  und  diese  sind  die  kostbarsten,  da  ein 
solches  Fell  mit  circa  300  Thalern  bezahlt  wird.  Silbrige 
Felle  kosten  je  nach  Schönheit  50  bis  200  Thaler.  Das  Haar 
ist  sehr  dicht  und  fein,  dabei  2V2  Zoll  lang.  Die  äusserste 
Spitze  des  Schwanzes  ist  weiss.  Die  eigenthümliche  Verschie- 
denheit des  Haares  an  jedem  Fell  veranlasst  die  russischen 
Kürschner,  dieselben  zu  zertheilen  und  die  einzelnen  Stücke 
des  Nackens,  der  Kehle,  des  Bauches  und  des  Rückens  be- 
sonders zu  Pelzen  zusammenzustellen;  so  kann  man  nicht  sagen, 
dass  man  aus  25  schönen  Fellen  einen  schönen  Pelz  anfertigen 
könne,  aber  aus  120  Stück  lassen  sich  fünf  schöne  Pelze  her- 
stellen. Auch  die  Füsse  und  untern  Theile  des  Schwarzfuchses 
liefern  noch  kostbares  Pelzwerk.  Die  aus  den  Kehl-  und 
Nackenstücken  verfertigten  Pelze  sind  am  werth  vollsten ,  und  es 
kostet  ein  solcher  oft  7  bis  8000  Rubel.  Sie  sind  hauptsäch- 
Uch  die  Tracht  des  alten  russischen  Adels  und  weil  sie  sehr 
leicht  sind,  werden  sie  vornehmhch  von  den  Frauen  getragen.* 
Jedoch  kleiden  sich  auch  der  Sultan  der  Türkei  und  und  an- 
dere  höchste   und   hohe    Herren   in   solche    Pelze. 

Die  an  Werth  den  Silber-  und  Schwarzfüchsen  zunächst 
stehende   Art,   ist    die    der 

*  Zu  der  Hochzeitsausstattung  einer  vornehmen  Dame  in  Russland  ge- 
hören vier  oder  fünf  Pelze,  nämlich  einer  von  Schwarz-  oder  Kreuzfüchsen, 
einer  von  Blau-  oder  Rothfüchsen,  einer  von  Zobeln  oder  Mardern,  einer 
von  Fehrücken  oder  Fehbäuchen.  Andere  Klassen  tragen  theilweise  weniger 
kostbare  Pelze;  doch  wer  es  irgend  bezahlen  kann,  muss  mehr  als  einen 
Pelz  besitzen. 


71 


Kreuzfüchse 

(lat.    caais    crucif/era^    engl,    crossfox,    franz.    renard   croise,    russ. 

siwadusclihi). 

Sie  haben  mit  den  vorhergenannten  die  Productionsländer 
gemein.  Nord -Amerika  liefert  die  schönsten  Felle  dieser  Gat- 
tung, während  die  sibirischen  grobhaariger  sind.  Der  Rücken 
des  Felles  ist  mehr  oder  weniger  roth-  oder  gelbbräunUch  und 
bildet  ein  dunkles,  farbiges  Kreuz;  der  Bauch  und  die  Kehle 
sind  schwarz.  Die  röthlichen  Felle,  wenn  sie  indess  noch 
schwarze  Bäuche  haben,  heissen  im  Handel  Bastard  fuchse 
und  nähern  sich  den  rothen  Füchsen  im  Preise.  Der  Preis 
guter  Kreuzfüchse  ist  15 — 40  Thaler  per  Stück.  Auch  bei 
diesen  Fellen  werden  die  Nacken,  Rücken,  Kehlen  und  Bauch- 
theile,  ein  jeder  Theil  besonders,  verarbeitet.  Es  liefern  die 
Bäuche  kostbare  Frauenpelze,  die  Rücken  schöne  Männerpelze, 
welche  ausschliesslich  in  Russland  getragen  werden.  Die  Pfoten 
werden   von    den    Chinesen   gekauft. 


Blaufüchse. 

Sie  linden  sich  überall  im  hohen  Norden.  Die  schönsten 
und  grössten  Felle  dieser  Gattung  liefert  das  russische  Gou- 
vernement Archangel  am  weissen  Meere,  nächstdem  die  La- 
brad orküste  und  die  am  nördlichen  Eismeere  gelegenen  Länder 
Nordamerika's,  dann  Grönland  und  Island,  von  welchem 
letzteren  Lande  sie  grobhaariger  und  geringer  Qualität  sind. 
Sie  haben  eigentlich  eine  mehr  graue  als  blaue  Farbe,  liefern 
ein    feines,    leichtes    Pelzwerk,    und    werden    zu    Pelzfüttern    und 


72 


Kragen  in  Russland  und  Polen  gern  gebraucht.  Der  Zeitwerth 
dieser   Felle   ist    10   bis    25    Thaler   per   Stück. 

Weisse  Füchse 

(lat.     canis    lagoptis) 

sind  ebenfalls  Erzeugnisse  nördlicher  Polargegenden,  die  besten 
liefert  Labrador  und  Ruppertsland,  weniger  gute  Asien, 
Russland,  Grönland  und  Island.  Sie  ziehen  in  sehr  kalten 
Wintern  weiter  südhch,  wo  sie  von  Indianern  und  Ansiedlern 
erlegt  werden.  Weniger  kalte  Winter  liefern  deshalb  eine  ge- 
ringere Anzahl  weisser  Fuchsfelle.  Sie  geben  einen  warmen 
leichten  Pelz  und  werden  in  China  in  Russland,  und  beson- 
ders in  der  Türkei  *  viel  als  Dameupelzfutter  getragen.  Der- 
zeitiger Werth  der  weissen  Fuchsfelle  ist  IV2  bis  4  Thaler 
per    Stück. 

B,othe  Füchse 

(lat.    canis   vulpes,    engl,    redfox,    franz.    renard   rouge). 

Diese  liefert  die  nördüche  Hälfte  der  nördlich  gemässigten 
Zone  um  den  ganzen  Erdkreis.  Mit  dem  Fortschritt  der  Cultur 
und  dem  Anbau  des  Landes  scheinen  die  Füchse  sich  nicht  zu 
vermindern;     nur    in    England    sind    sie    selten    geworden,     doch 


*  Ein  griechischer  Kürschner  aus  Constantinopel  erzählt:  Ein  Türke 
habe  bei  ihm  für  eine  seiner  Frauen  einen  weissen  Fuchspelz  anfertigen 
lassen,  und  als  er  die  nächsten  vierzehn  Tage  bei  einer  andern  gewohnt, 
habe  auch  diese  sich  einen  solchen  gewünscht.  Der  Türke,  glaubend,  dass 
weisse  Hasen,  welche  wohlfeiler  sind,  wohl  auch  genügend  seien,  konnte  sie 
mit  solchem  Pelze  nicht  befriedigen;  er  sah  sich  der  grössten  Heftigkeit 
seiner  zweiten  Frau  ausgesetzt,  und  musste  ihr  auch  ein  weisses  Fuchsfutter 
machen  lassen.. 


73 


liefert  Deutschland  fast  regelmässig  jährlich  etwa  100,000  Stück. 
Die  besten  rothen  Füchse  erhalten  wir  von  der  Labradorküste, 
von  Norwegen  und  den  Aleuten,  ferner  nach  der  Reihe  von 
Canada,  Schweden,  dem  Innern  Russlands,  Sibirien, 
Dänemark,  der  Schweiz,  Bayern,  Steiermark,  Nord- 
deutschland, den  Rheinländern,  Frankreich,  Italien  und 
Spanien.  Während  die  erstgenannten  5  bis  8  Thaler,  deutsche 
Füchse  IV2  bis  i%  Thaler  kosten,  sind  die  italienischen  und 
spanischen  kaum  V2  Thlr.  per  Stück  werth.  Der  Rücken  ist 
heller  oder  dunkler  röthhch  feuerfarben,  oft  auch  hellg^elb,  — 
der  Bauch  weissUch  oder  grau,  Läufe  schwärzlich.  Rothe  Füchse 
werden  am  meisten  in  der  Türkei,  in  Russland  und  Polen  ver- 
braucht. Man  macht  besondere  Pelzfutter  je  von  den  Nacken, 
den  Kehlen,  dem  Kreuze,  den  Rücken  und  den  Bäuchen  der 
Fuchsfelle;  auch  werden  die  Füsse  und  Schweife*  besonders 
verwendet. 

Gris-PüchLse 

(lat.   canis  cinereo-argenteus ,    engl,  greyfox,    franz.  renard  virginie). 

Sie  werden  nur  in  Canada  und  im  Norden  der  vereinigten 
Staaten  vorgefunden.  Das  Haar  ist  grob,  der  Rücken  silbergrau 
gesprenkelt,  die  Seiten  gelb  und  der  Bauch  aschgrau.  Sie 
werden  in  Russland,  Polen  und  Deutschland  zu  Pelzfuttern  ver- 
wendet, namentüch  zu  Reisepelzen,  zur  Zeit  auch,  zu  Frangen 
auf  Tücher  zerschnitten,  in  England  verbraucht.  Der  Werth  ist 
1—2    Thaler    pr.    Stück. 

*  Die  Schweife  aller  Füchse  haben,  weil  sie  grobwollig  sind,  nur  sehr 
wenig  Werth.  Als  Beweis  des  Strebens  nach  Mannigfaltigkeit  in  der  Natur 
möge  hier  angeführt  werden,  dass  die  rotheu,  die  schwarzen  und  die  Kreuz- 
Füchse  eine  weisse  Spitze,  die  Gris-  und  Kittfüchse  ein  braunes,  die  Blau- 
und  Weissfüchse  ein  kleines  schwarzes  Spitzchen  am  Schweife  haben. 


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Kittfüchse 

(lat.    canis    caragan    oder    virginianus), 

auch  Prairiefüchse  und  Steppenfüchse  genannt,  werden  nur  nord- 
westlich der  Felsengebirge  Nord-Amerika's  und  in  der  Tartarei, 
in  beiden  dieser  Weltgegenden  aber  in  grosser  Anzahl  gefunden. 
Sie  sind  kleiner,  als  andere  Füchse;  das  Haar  ist  weich  und 
dicht,  der  Rücken  hellgrau,  die  Seiten  gelb,  Kehle  und  Bauch 
weiss.  Der  gegenwärtige  Preis  ist  ly^  —  1%  Thaler  pr.  Stück. 
Sie  werden  am  häufigsten  in  China,  in  Polen  und  Deutschland 
zu   leichten   Pelzfuttern    verbraucht. 


Waschbären  (Schuppen) 

(lat.  procgoH   lotor,    engl,    raccoon,    in    Russland   genott,   in   Frank- 
reich   fälschlich    marmottc,    auch    raton   genannt). 

Sie  sind  Erzeugnisse  Nord-Amerika's,  weniger  des  hohen 
Nordens,  als  der  Verein.  Staaten  und  Canada's,  und  werden 
in  grösster  Anzahl  in  den  Staaten  Michigan,  Wisconsin, 
Missouri,  Illinois,  Ohio,  auch  noch  in  Arkansas  und 
Tenessee  vorgefunden.  Sie  haben  graubraunes,  mehr  oder 
weniger  dunkles,  dichtwolliges  Haar;  der  7  Zoll  lange  Schweif 
ist  gelbbraun  mit  schwarzen  Ringeln.  Der  Werth  ist  in 
vielen  Stufen  je  nach  Qualität  und  Farbe  %  bis  '20  Thaler 
per  Stück.  Schuppenfelle  bilden  unter  dem  Pelzwerk  einen 
Hauptartikel,  der  besonders  in  grossen  Quantitäten  nach  Russ- 
land verkauft  wird;  dort,  sowie  auch  in  Deutschland,  trägt 
man  davon  die  allgemein  bekannten  und  beliebten  Reicspelze 
(Schuppenpelze). 


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Virginische  Iltis 

engl,  fisher,    franz.  pekan*,    von    den    Russen    ll/ca,    auch   ameri- 
kanischer   Zobel   genannt, 

kommen  aus  dem  englischen  Amerika  und  den  nördlichen  Ge- 
genden der  vereinigten  Staaten.  Das  schöne,  etwas  starke 
dunkelbraune  Haar  ist  1^4  Zoll  lang,  der  12  Zoll  lange  Schweif 
ist  buschig  und  schwarz.  Derzeitiger  Werth  ist  10  bis  20  Thlr. 
per  Stück.  Kaum  eignet  sich  irgend  ein  anderes  Fell  besser  zu 
Männerpelzen,  doch  kommen  dieselben  freilich  etwas  hoch  zu  stehen, 
nämlich  auf  400  bis  1000  Thaler.  In  Russland  bilden  sie  eine 
sehr  geschätzte  Pelzkleidung.  Die  Schweife,  welche  gleichfalls 
IV2  bis  3  Thlr.  das  Stück  kosten,  dienen  den  alt -frommen  Juden 
im    südlichen   Russland    zum    Besätze   der   Feiertagsmützen**. 

Skunks 

(lat.    mephitis  putorius) 

werden  nur  im  Norden  der  Vereinigten  Staaten  und  in 
Brittisch- Amerika  gefunden.  Sie  sind  16  Zoll  lang,  und 
8  Zoll  breit,  haben  dunkelbraunes  P/4  Zoll  langes  Haar  und 
zwei    mehr    oder    weniger    markirte    weisse    Streifen    der    Länge 

*  Die  Naturgeschichte  erzählt  von  diesem  wichtigen  Pelzthiere  sehr 
wenig  und  alsdann  unter  dem  französischen  Namen  Pekan.  Mit  dem  deut- 
scheu Iltis  hat  er  durchaus  keine  Aehnlichkeit.  Er  ist  mehr  als  noch  einmal 
so  gross  wie  dieser,  lebt  in  Wäldern  und  hat  eher  Aehnlichkeit  mit  dem 
Vielfrass. 

**  Als  der  Kaiser  Nikolaus  diese  Tracht  verboten  oder  doch  mit 
einer  hohen  Steuer  belegt  hatte,  fiel  der  Preis  der  Virgin.  Iltisschweit'e  auf 
1/3  Thaler  per  Stück,  und  erst  seit  II/2  Jahren,  während  der  milden,  duld- 
samen und  wohlwollenden  Regierung  des  jetzigen  Kaisers  Alexander  haben  sie 
wieder  ihren  früheren   Werth   erreicht. 


76 


nach  über  den  Rücken.  Ein  langer  grobhaariger  Schweif  dient 
ihnen  zur  Waffe;  derselbe  ist  ohne  Werth.  Diesen  Thieren  eigen- 
thümlich  ist  ein  durchdringender  Geruch,  weshalb  sie  bis  vor 
wenig  Jahren  vom  Pelzhandel  entfernt  geblieben  sind.  Nachdem 
man  aber  gelernt  hat,  durch  neuere  Bereitungsweise  den  Geruch 
zu  entfernen,  sind  sie  ein  brauchbares  und  in  Russland  und 
Polen  beliebtes  Pelzwerk  geworden.  Der  gegenwärtige  Preis  ist 
IV4  bis  2  Vi  Thaler  per  Stück,  Von  diesen  Thieren  giebt  es 
in  den  Staaten  Michigan,  Illinois  und  besonders  in  Ohio  eine 
grosse  Anzahl,  indess  kann  nur  ein  lohnender  Preis  die  Jäger 
veranlassen,  sich  mit  dem  Fange  derselben  zu  beschäftigen,  Es 
kamen  bis  vor  wenigen  Jahren  nur  1000  bis  2000  nach  Europa; 
jedoch  ist  die  Zahl  im  gegenwärtigen  Jahre  1863  auf  über 
120,000    Stück   angewachsen. 

Opossum 

(lat.  didelphys  virginiana) 
leben  in  grosser  Anzahl  in  Ohio,  Arkansas  und  andern  südlichen 
Staaten  der  amerikanischen  Union;  auch  finden  sie  sich  in  geringer 
Menge  in  Austrahen.  Die  amerikanischen  haben  ein  weissliches 
Flaumhaar  mit  langem,  grobem,  grauem  Deckhaar,  welche«  die 
Amerikaner  sehr  schön  den  deutschen  Mardern  und  Iltissen  ähnlich 
zu  färben  wissen.  Die  australischen  haben  graues,  mehr  krauses 
dichtes  Haar;  die  Neuholländer  verarbeiten  sie  oft  zu  Decken 
und  vertauschen  sie  an  die  Ansiedler,  auf  welche  Weise  sie 
gelegentlich  in  den  Handel  kommen,  sie  haben  indess  keinen 
festen  Werth.  Die  amerikanischen  sind  zur  Zeit  sehr  wenig 
begehrt  und  kosten  etwa  V4  Thlr.  per  Stück.  Vor  wenig  Jahren 
hatte  die  Mode  in  Canada  sie  auf  1»/^  bis  2  Dollars  gesteigert. 
Man  verarbeitet  sie  zu  Pelzfüttern,  die  gefärbten  zu  allerlei 
Galanterieartikeln. 


77 


Bären 

(lat.    ursus,   russ.    medwied) 

sind  die  Bewohner  der  Wälder  nördlicher  Zone,  der  Eismeer- 
küste,  theils  aber  auch  der  gemässigten  Zone  Amerika's  und 
unseres  europäischen  Continents,  einzelne  sogar  Südamerika' s. 
Wir  unterscheiden  schwarze,  braune,  graue  und  weisse 
Bärenfelle  von  den  verschiedensten  Grössen,  und  reden  zuerst 
von    den 

Schwarzen  Bären 

.   (lat.    ursus    americanus). 

Davon  produzirt  das  engl.  Nordamerika  nicht  nur  die  bei 
weitem  grösste  Anzahl,  sondern  auch  die  besten  und  feinsten 
Felle.  Russische  schwarze  Bärenfelle,  selbst  die  des  Russischen 
Amerika  sind  grobhaariger  und  von  dickerem  Leder;  diejenigen 
von  Südamerika  haben  eine  dicke  Haut  und  borstenähnhches 
Haar.  Man  theilt  die  schwarzen  Bärenfelle  nach  ihrem  Zwecke 
ein,  nämlich  in  grosse,  starkhaarige  (Armeebären)  für  den 
Gebrauch  des  MiUtärs,  zu  Calpacs,  Grenadiermützen,  die  gerin- 
geren zu  Schabracken  und  Decken;  ferner  in  grosse,  feinhaarige 
oder  Pelzbären,  deren  Benennung  schon  den  Zweck  ausspricht, 
endlich  in  Cubbären*,  eine  kleine,  feinhaarige  und  feiniedrige 
Gattung,  welche  feine,  leichte  Pelze  liefert  und  nach  Verhältniss 
der  Kleinheit  am  theuersten  ist.  Wie  man  die  schwarzen  Bären 
in  noch  viel  mehr  Klassen  bringen  kann,  so  ist  auch  der  Werth 
sehr  verschieden  und  in  allen  Abstufungen  von  8  bis  40  Thaler 
per   Stück    anzunehmen. 

*  Unter  Cubbären  sind,  obwohl  sie  klein  sind,  doch  nicht  junge  Bären 
zu  verstehen;  denn  es  ist  eine  eigene  Bärengattung  Nordamerika's ,  welche  so 
klein  bleibt;  junge  Bären  aller  Art  haben  wegen  des  noch  schwachen  Haar- 
wuchses wenig  Werth. 


78 


Braune  Bären 

(lat.    ursus    arctos) 

kommen  nur  aus  Brittisch  -  Nord  -  Amerika  und  sind  heller 
oder  dunkler  isabellfarbig,  mitunter  von  sehr  feinem  Haar.  Von 
diesen  werden  die  hellen,  feinen  Felle  zum  Zwecke  der  Frangen- 
bereitung  für  Damenshawls  oft  mit  über  100  Thaler  per  Stück 
bezahlt. 

Graue  Bären 

(lat.    ursus    ferox) 

sind  eine  von  den  vorhergehenden  sehr  verschiedene  Gattung. 
Sie  finden  sich  am  meisten  im  hohen  Norden  Nordamerika's, 
doch  auch  viel  in  Russland  und  in  kleiner  Anzahl  in  Schweden, 
Ungarn  und  der  Schweiz.  Von  diesen  liefert  Russland  die 
schönsten  Silber-  und  gold spitzigen  Felle;  letztere  werden  auch 
Goldbären  genannt.      Der  Werth  ist   15  bis  25  Thlr.  per  Stück. 

Weisse  Bären  (Eisbären) 

(lat.    ursus    maritimus) 

von  der  nördlichen  kalten  Zone  und  allen  Ufern  und  Inseln 
^des  nördlichen  Eismeeres.  Diese  sind  (neben  den  braunen 
Bären)  die  grössten  und  oft  12  Fuss  lang.  Das  Haar  ist  stark, 
schneeweiss  und  2'/.i  Zoll  lang.  Sie  dienen  als  Fussdecken  in 
Zimmern,  auch  als  Feldbetten,  und  werden  je  nach  Schönheit 
von   20   bis    60    Thaler   per   Stück   bezahlt*. 

*  Da  man  in  den  Eismeer -Gegenden  wegen  der  Kälte  die  Felle  nicht 
wohl  trocknen  kann,  so  werden  sie  meistentheils  frisch  gesalzen,  in  Fässer 
gepackt  und  nach  Europa  gesandt.  Bei  diesem  Prozesse .  dringt  aber  oft  Fett 
und    Thran   in    das   Haar,    gelbe   Flecke    verursachend,    die    den   Werth   des 


79 


Luchse 

(lat.    felis    lynx,    engl,    lynx,    franz.    loup-cervier,    russ.    rys) 

werden  in  Sibirien,  in  China,  Russland,  dem  Norden 
Amerika's,  in  Schweden  und  Norwegen  und  einzeln  noch 
in  der  Schweiz  gefangen  Der  Rücken  ist  von  hell  ziegelgrauer 
Farbe,  der  Bauch  weisslich,  theils  schwarz  gesprenkelt.  Die  bei 
weitem  schönsten  und  grössten  Exemplare,  welche  besonders 
wegen  ihres  schwarzgefleckten  Bauches  und  gleichen  Füssen  sehr 
geschätzt  sind,  findet  man  in  Schweden.  Russische  Luchse  sind 
weniger  gross  und  fein,  Amerika  liefert  die  meisten,  jedoch  ein- 
farbigen Luchse,  bei  denen  die  Zeichnung  am  weissen  Bauche 
wenig  markirt  ist.  Der  Preis  ist  4  bis  16  Thaler  per  Stück 
(letzterer  wird  jedoch  nur  für  die  schönsten  schwedischen  bezahlt). 
Die  sehr  weichen  Felle  werden  in  Russland  und  China  zu  Pelz- 
futtern, auch  in  der  Türkei  zu  Damenpelzen  verbraucht;  in 
Aegypten  werden  besonders  die  besten  schwedischen  Luchse  ver- 
arbeitet, hier  sowohl,  wie  in  den  österreichischen  Staaten  auch  viel 
in  dunkelbraun  gefärbtem  Zustande.  Die  Pfoten  werden  von  den 
Tartaren    zu    Mützenbesätzen    verwendet. 

Luchskatzen 

(lat.    felis   rufa,    engl,    cat    common,    in    Amerika   wüd-cat, 
franz.    Chat   cervier) 

finden  sich  nur  in  den  nördlichen  Theilen  der  vereinigten 
Staaten    und   dem  Oregon-Gebiet.     Sie  sind   dem  Luchse  sehr 

Felles  sehr  herabsetzen.  Um  dieses  zu  verhindern  binden  dänisclie  Grönlands- 
fahrer die  Bärenfelle  bisweilen  hinten  am  Schiffe  fest,  um  sie  durch  die  See 
nach  Hause  zu  schleifen.  Dieses  mag  wohl  die  Fahrt  um  ein  paar  Tage 
verlängern;  doch  sind  die  auf  diese  Weise  ankommenden  Felle  die  schönsten 
und  kostbarsten. 


80 


ähnlich,  jedoch  kaum  halb  so  gross  und  kurz-  und  grobhaariger. 
Man  verbraucht  sie  am  meisten  in  der  Türkei.  Der  Preis  ist 
1    bis    2    Thaler   per   Stück. 

Wilde  Katzen  siehe,  Seite  88. 

Wölfe 

(lat.    canis   lupus,    engl,    wolf,    franz.    loup,    russ.    wolle) 

sind  in  der  nördlich  gemässigten  und  kalten  Zone  der  Erde 
weit  verbreitet.  Wir  finden  die  grössten  und  schönsten  Felle 
dieser  Art  an  der  Labradorküste  und  dem  East- Maine- 
Gebiet,  ferner  in  den  von  Esquimaux  bewohnten  Ländern  in 
grosser  Anzahl,  jedoch  weniger  gross  und  schön  sind  sie  in  dem 
weiter  westlich  von  der  Hudsonsbay  gelegenen  Länderstriche, 
sehr  häufig  auch  in  Sibirien,  Russland  und  Polen,  sowie 
in  der  Türkei,  weniger  in  Frankreich;  in  Deutschland  sind 
sie  gänzlich  ausgerottet.  Die  hierhergehörenden  Schakals  endlich 
trifft  man  im  Norden  wie  im  Süden  Afrika's,  in  Algerien  sowohl, 
wie  im  Kaffernlande.  —  Wölfe  sind  4  bis  8  Fuss  lang,  meisten- 
theils  graubräunlich,  es  giebt  jedoch  unter  den  feinern  Arten  auch 
weisse,  schwarze  und  graublaue  Wölfe.  Die  guten  Felle  liefern 
warme  Pelze ,  die  viel  in  Ungarn  verbraucht  werden ,  auch 
benutzt  man  sie  in  Amerika,  England  und  Frankreich  zu  Decken. 
Die  .  schönsten  weissen  und  schwarzen  Felle  werden  von  den 
Griechen  für  die  Türkei  gekauft.  Der  Preis  ist  je  V/^  bis 
20   Thaler   per   Stück. 

Büffel 

(lat.    bos   amcricanus). 

In  verschiedenen  Ländern  und  Welttheilen  leben  wilde  BüiTel, 
welche    im    warmen    Klima   dünnes   Haar    bei    sehr    starker    Haut 


81 


haben  und  nur  zur  Lederbereitung  dienen.  Hier  ist  indess 
nur  von  nordamerikanischen  Büffeln  die  Rede,  welche  im 
Territorium  der  Hudsonsbay  -  Compagnie  und  auf  den  westlichen 
Prairien  der  vereinigten  Staaten  erlegt  werden.  Dieselben  sind 
8  bis  12  Fuss  lang  und  beinahe  eben  so  breit,  haben  graubraunes 
dichtwolhges  Haar  und  eine  feine  geschmeidige  Haut,  welche  die 
Indianer  trefflich  zu  bereiten  wissen.  Weil  der  Buckel  heraus- 
geschnitten ist,  so  erscheint  das  Fell  wie  von  zwei  Theilen 
zusammengesetzt.  Sie  sind  nützhch  zu  Reisedecken  und  Feldbetten 
und  werden  grösstentheils  in  Amerika  gebraucht.  Der  Preis  für 
Primafelle  ist  15  Thaler,  kleine  und  mittlere  Qualität  10  Thaler, 
dritte   Sorte   5    Thaler   per   Stück. 

Vielfrasse  * 
(lat.  gulo  articus,   engl,    ivölverin,  franz.   glouton) 

nur  im  brittischen  und  russischen  Nordamerika  und  in  Nor- 
wegen vorgefunden,  sind  von  hell-  und  dunkelbrauner  Farbe 
und  haben  auf  dem  Rücken  einen  schwärzhchen  Sattel.  Das 
Haar  ist  2V2  Zoll  lang  und  ziemlich  hart,  der  Preis  3  bis 
6  Thaler  per  Stück.  Sie  werden  in  Polen  zu  Männerpelzen, 
in   Amerika   und   Frankreich   zu   Decken   benutzt. 

Dachse 

(lat.   meles   taxus,    engl,    hadger,   franz.    blaireau) 

werden  in  der  nördlich  gemässigten  Zone  des  ganzen  Erd- 
balles gefangen.  Sie  sind  3  Fuss  lang  und  2  Fuss  breit.  Das 
3   bis  4y2  Zoll  lange  Haar   hat  weissen  Grund  und  schwarz  und 

*  Der  schwedische  Name  ist  Filfras,  von  welchem  Laute,  obgleich 
das  schwedische  Wort  keineswegs  gleiche  Bedeutung  hat,  die  deutsche  Benen- 
nung Vielfrass  abgeleitet  ist. 


82 


silberhelle  Spitzen  und  wird  lediglich  zu  Rasirpinseln  verwendet. 
Die  Haut  dient  zur  Lederbereitung.  Die  ganzen  Felle  werden 
auch  zu  Militairtornistern  und  von  den  Frachtfuhrleuten  zum  Staate 
oder  zum  Schutze  der  Pferdegeschirre  benutzt.  Die  deutschen 
Dachse  sind  die  besten;  dann  folgen  die  dänischen,  unga- 
rischen, russischen  und  tartarischen.  Die  amerikanischen 
Dachse  haben  weiches,  nicht  borstiges  Haar  und  werden  oftmals 
als  Pelzwerk  verbraucht.  Werth  der  Dachse  %  bis  2  Thaler 
per   Stück. 

Biber 

(lat.    castor  fiber,    engl,  beaver,   franz.    castor,    russ.    bohr) 

sind  an  den  Flussufern  des  europäischen  und  asiatischen  Con- 
ti nents  selten  geworden;  eine  grosse  und  seit  Anfang  dieses 
Jahrhunderts  unverminderte  Anzahl  producirt  Canada,  Brittisch- 
Amerika  und  Russisch-Amerika;  die  schönsten  Biber  kommen 
von  der  Labradorküste.  Die  Gebirgsströme  der  Rocky- 
mountains in  Brittisch -Nordamerika  liefern  eine  Gattung 
Biber,  welche  gross  und  von  guter  Qualität  und  hellfarbig,  ja 
häufig  fast  weiss  sind.  Die  Felle  sind  3  Fuss  lang,  2  Fuss 
breit  und  haben  ein  3  Zoll  langes,  braunes  grobes  Oberhaar, 
und  eine  dichte,  feine,  graublaue  IVaZöllige  Grund  wolle.  Wenn 
nach  der  Bereitung  des  Felles  das  Oberhaar  abgeschoren  oder 
gerupft  ist,  liefert  es  ein  schönes,  jetzt  in  Russland,  Deutsch- 
land und  China  sehr  beliebtes  Pelzwerk.  Nach  China  sind  die 
Biberfelle  schon  zu  Anfang  dieses  Jahrhunderts  zu  dem  Zwecke 
der  Pelzbereitung  ausgeführt  worden;  in  Europa  wurden  sie  erst 
seit  etwa  15  Jahren  dazu  verbraucht,  als  sie  nicht  mehr  zu  Biber- 
hüten verwendet  wurden  und  dadurch  auf  den  vierten  Theil  des 
früheren  Preises  gesunken  waren.  Der  jetzige  Preis  ist  3  bis 
10   Thaler   per   Stück. 


83 


See -Ottern  (Kamtschatkische  Biber) 

(lat.    lutra  marina,    russ.    hamtscliatshy   hohry,    engl,   sea- öfter, 
franz.    loutre   de   mer) 

werden  an  den  nördlichen  Ufern  des  stillen  Oceans,  sowohl 
an  der  Küste  Californiens  als  des  russischen  Amerika's 
Kamtschatka's  und  Nord-Asiens  erlegt.  Die  Felle  haben 
eine  Länge  von  4  bis  6  Fuss,  eine  Breite  von  2  bis  3  Fuss, 
und  ein  braun -schwärzliches,  silberglänzendes,  anderthalbzölliges 
dichtes,  sammetartiges  Haar.  Der  Preis  der  guten  bis  zu  den 
schönsten  Exemplaren  dieser  Art  ist  zwischen  100  und  500  Thlr. 
per  Stück.  Man  kann  von  einem  solchen  Felle  3  bis  5  Mantel- 
kragen machen,  welche  in  ßussland  von  allen  Vornehmen,  beson- 
ders militärischen  Personen,  und  auch  in  andern  Ländern  von 
wohlhabenden  Leuten  getragen  werden.  Auch  zu  Kopfbedeckungen 
werden  sie  in  Russland  verbraucht  und  die  Mandarinen  in  China 
tragen  ganze  Röcke  davon,  welche  aus  3  Fellen  zusammengesetzt 
werden. 

Ottern  (Fischottern) 
(lat.    lutra,   engl,    otter,   franz.    loutre,    russ.    wiära) 

in  der  nördhchen  und  nördlich -gemässigten  Zone  überall  wo  es 
Flüsse,  Seen  und  Teiche  giebt  zu  Hause.  Wir  nennen  die  am 
meisten  bekannten  Sorten  von  der  geringsten  bis  zu  den  besten: 
ostindische,  mexikanische,  spanische,  französische, 
deutsche,  russische,  dänische,  schwedische,  die  von  den 
südlichen  amerikanischen  Freistaaten,  von  den  nördlichen, 
vom  westlichen  Canada,  die  verschiedenen  Gattungen  der 
Hudsonsbay- Länder,     endlich    die    von    Neu -England    und 


6* 


84 


Labrador.  Sie  sind  3  bis  5  Fuss  lang  und  IV4  Fuss  breit,  das 
Haar  ist  dicht  und  die  Farbe  hellbraun  bis  zu  bräunlich -schwarz 
und  wie  bei  allen  Pelzthieren,  welche  theilweise  im  Wasser  leben, 
ist  das  Grundhaar  sehr  dicht  und  fein.  Sie  werden  besonders 
viel  in  China  zu  Männermützen  verwendet,  aber  auch  in  allen 
andern  Pelzwerk  verbrauchenden  Ländern  getragen.  So  braucht 
man  sie  in  Bayern  zu  Hauben  für  Frauen,  in  Preussen  zu 
Mützen  der  Husarenofficiere ,  in  Canada  zu  langen  Frauenhand- 
schuhen. Der  Preis  der  Otternfelle  ist  4  bis  20  Thaler  per 
Stück. 


Pelzseehunde   (Biberseehunde) 
(lat.  phoca  ursina,   engl,   für   seals) 

sind  eine  oder  mehrere  Gattungen  von  Robben,  welche  sich  durch 
Grundwolle,  die  unter  dem  harten  Oberhaar  befindlich  ist,  von 
den  übrigen  gemeinen  Seehunden  unterscheiden.  Man  findet 
sie  an  allen  Ufern  des  stillen  und  indischen  Oceans,  auch 
südlich  vom  Aequator  im  atlantischen  öcean.  Es  kommen 
die  besten  Felle  von  den  Küsten  Australiens,  dann  von  den 
Lobos-Inseln,  von  den  Falklands-Inseln,  die  geringsten  vom 
Cap.  Die  dichte,  feine,  gelbe,  seidenartige  Grundwolle  wird  durch 
grobes,  aschgraues  Oberhaar  verdeckt  und  geschützt.  Sie  werden 
im  Handel  nach  der  Grösse  sortirt  und  in  England  mit  folgenden 
technischen  Namen  bezeichnet:  Wigs,  welche  oft  8  bis  9  Fuss 
lang  und  4  Fuss  breit  sind,  dann  folgen  dieLarges,  Middlings 
und  Smalls,  darauf  die  Large  Pups,  Middling  Pups  und 
Small  Pups,  letztere  etwa  3  bis  4  Fuss  lang.  Sie  kommen  in  den 
Handel  gewöhnlich  gesalzen  und  ungetrocknet ,  werden  alsdann  von 
dem  groben  Oberhaar  befreit,  zubereitet  und  dunkel  kastanienbraun 


85 


gefärbt*,  auf  welche  Weise  sie  zu  einem  reich  sammetartigen 
Pelzwerk  gestaltet  werden,  das  in  Russland  zu  Männermützen 
und  in  England  und  Frankreich  zu  Mantillen  und  Westen  für 
Damen  sehr  beliebt  ist.  Der  Preis  der  Biberseehundsfelle  ist 
6   bis   20   Thaler   per   Stück. 

Seehunde 

(lat.  phoca,   engl,    seals,   franz.    veaux   marins). 

Sie  sind  die  Bewohner  der  europäischen  Meere  und 
des  atlantischen  Oeeans.  Die  Küsten  von  Grönland,  La- 
brador und  dem  nördlichen  Eismeer  liefern  davon  eine  grosse 
Anzahl  in  allen  Farben  und  Grössen  von  3  bis  10  Fuss  Länge 
und  2  bis  6  Fuss  Breite.  Hauptsorten  sind:  Blaumänner, 
Whitecoats  (junge  Blaumänner),  Sattler,  blauseitige,  ge- 
sprenkelte und  ordinäre.  Blaumänner  und  Whitecoats  werden 
zum  Theil  gefärbt  und  für  Militair-  und  Sattlerzwecke  verbraucht, 
die  grösste  Zahl  von  Seehunden  aber  wird  zur  Lederbereitung 
benutzt.     Der  Preis   ist    zwischen   Va    ^^d   4   Thaler    per   Stück. 

Koipu 

(lat.   castor   coypus,    engl,    nutria,    franz.    rat  gondain   \ragonäin\). 

Diese  findet  man  in  grosser  Anzahl  in  den  La  Plata- 
Staaten  in  Süd- Amerika.  Es  sind  grosse  biberartige  Seeratten, 
welche  ein  dem  Biberseehunde  ähnUches  Pelzwerk  liefern,  nachdem 
sie  wie  jene  des  Oberhaares  entledigt  sind.  Die  deutschen 
Kürschner  nennen  sie  Aifenfelle,  zum  grössten  Theile  jedoch 
werden    die    Felle    von    den    Hutmachern    zu    Hutfilzen    benutzt 

*  In  diesem  Zweige  der  Industrie  steht  England  bis  jetzt  unüber- 
troffen   da. 


/ 


86 


Der  Preis   für   zu  Pelzwerk   bereitete  Felle   ist    1   bis  2V2  Thaler 
per   Stück. 

Hasen 

(lat,    lepus   timidus). 

Man  findet  dieselben  in  Europa  und  den  benachbarten 
Theilen  Asiens;  in  Amerika  allein  an  der  Labrador-  und 
Esquimaux-Küste.  Von  grauen  Hasen,  deren  Haar  lediglich 
zu  Hutmacherzwecken  benutzt  wird,  liefert  das  asiatische 
Russland  die  besten  Felle;  die  demnächst  vorgezogenen  sind 
die  der  Ukraine  und  unseres  Sachsens,  dann  folgen  die  der 
Krimm  und  Schlesiens,  ferner  die  ungarischen,  türkischen, 
englischen  u.  s.  w.  Weisse  Hasen*,  die  etwas  kleiner  sind 
und  weniger  Grundwolle  als  die  grauen  haben,  liefert  besonders 
die  Küste  der  russischen  Länder  am  nördlichen  Eismeer. 
Theilweise  werden  auch  diese  zu  Hüten,  anderntheils  aber  ent- 
weder naturell  oder  gefärbt  in  England,  in  Amerika  und  der 
Türkei  zu  Pelzwerk  verbraucht.  Der  jetzige  Werth  grauer  Hasen 
ist  80  bis  130  Thaler,  der  der  weissen  60  bis  70  Thaler  per 
Ballen   von   500   Stück. 


*  Naturgeschichten  erzählen  von  veränderlichen  Hasen,  was  aber  von 
unbegründeter  Ansicht  herrührt.  Die  Jungen  der  weissen  Hasen  wie  auch 
der  weissen  Füchse  sind  zwar  im  ersten  Sommer  ihres  Daseins  etwas  grau, 
doch  aber  ist  der  weisse  Hase  eine  andere  Gattung  als  der  graue  und  als 
selbst  der  russische  halbgraue  Hase.  Der  Beweis  für  diese  Behauptung  liegt 
aber,  neben  der  Verschiedenheit  der  Productionsländer,  in  dem  Haarreichthum, 
welcher  bei  den  grauen  viel  grösser,  bei  den  halbgrauen  noch  einmal  so 
gross  als  bei  den  weissen  ist,  endlich  darin,  dass  die  weissen  Hasen  in  der 
Kegel  viel  kleiner  sind.  Von  dieser  Regel  bilden  nur  die  weissen  Hasen  der 
Esquimaux-  und  Labrador-Küste  eine  Ausnahme,  indem  diese  noch  einhalbmal 
so  gross  wie  alle  übrigen  Hasen  sind. 


87 


Kaninchen 

(lat.    lepus   cimiculus,   engl,    rabhits,   franz.   lapins). 

Es  giebt  fast  in  allen  Ländern  der  nördlich  gemässigten 
Zone  Kaninchen,  die  meisten  aber  in  Frankreich,  England 
und  Polen.  Im  erstgenannten  Lande  wird  eine  besonders  grosse 
und  pelzreiche  Gattung  gehegt,  von  dieser  werden  etwa  IV2  Million 
zubereitet  und  theils  naturell,  theils  gefärbt  in  den  Handel 
gebracht ;  eine  bei  weitem  grössere  Anzahl  wird  zu  Hüten  ver- 
braucht. Die  schönsten  Kaninchen  liefert  England,  nämlich 
wilde  schwarze,  silberspitzige,  die  in  Wildgärten  (tvarrens) 
besonders  gehegt  werden  und  ein  in  Russland  sehr  beliebtes 
Pelzwerk  liefern;  neben  diesen  hat  England  aber  noch  eine  grosse 
Anzahl  grauer  wilder,  wie  auch  grösserer  zahmer  Kaninchen. 
In  Polen  hat  man  nur  eine  kleine  Sorte  von  dem  dritten  Theile 
der  Grösse  der  französischen,  darunter  wenig  farbige,  fast  lauter 
weisse,  von  welchen  mehr  als  eine  halbe  Million  jährlich  von 
sorgsamen  und  fleissigen  Kürschnern  der  Städte  Lissa  und 
Fraustadt  in  Posen  bereitet  und  zu  Pelzwerk  hergestellt  werden. 
Die  amerikanischen  kleinen,  wilden  Kaninchen  sind  von  Farbe 
weisslich-grau  und  Hefern  ein  schwaches  Pelzwerk  von  nur  geringem 
Werthe.  Kaninchen  werden  zu  vielen  Zwecken  als  biUiges  Pelz- 
werk verwendet.  Preise  von  den  geringsten  bis  zu  den  feinsten 
sind    V12   bis    I'/a    Thaler   per   Stück. 

Katzen  (Hauskatzen) 
(lat.   felis   catus   var.    vulgaris). 

Bei  allen  civilisirten  Völkern  acclimatisirt ,  sind  sie  zunächst 
der    Farbe    nach    als    schwarze,    graue,    bunte,    rothe   und 


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weisse  Katzen  zu  benennen.  Die  Schönheit  des  Felles  dieser 
Thiere  richtet  sich  weniger  nach  dem  Klima,  aus  welchem  sie 
stammen,  als  nach  der  Reinhchkeit  der  Häuser  und  der  Pflege; 
desshalb  liefert  Holland*  unter  allen  europäischen  Ländern  die 
vorzüghchsten ,  Russland  die  am  wenigsten  schönen  Katzenfelle. 
Sie  werden  zu  allen  Zwecken,  zu  denen  man  Pelzwerk  anwendet, 
verbraucht,  in  Nord-  und  Süddeutschland,  in  der  Wallache! 
und  Italien  werden  hauptsächlich  die  schwarzen,  in  Schle- 
sien und  Galizien  die  grauen,  in  der  Türkei  weisse  und 
rot  he  verarbeitet.  Der  Preis  für  schwarze  Katzen  ist  1  bis 
272  Thaler,   für   die   anderen  Sorten    V4  bis  %  Thal  er  per  Stück. 

Wilde  Katzen** 

(lat.  felis   catus   var.    fera). 

Wir  finden  sie  hauptsächlich  in  den  Wäldern  Russlands 
und  Asiens,  der  Türkei,  Ungarns,  Süddeutschlands  und 
Frankreichs.  Sie  gleichen  in  vieler  Beziehung  unsern  grauen 
Cyperkatzen;  doch  sind  sie  grösser,  das  Haar  ist  fast  noch 
einmal  so  lang,  und  der  gelblich  graue  Schweif  hat  nicht  wie 
bei  unsern  Hauskatzen  schwarze  Streifen,  sondern  vollständige 
schwarze  Ringel.  Sie  geben  ein  weiches,  doch  wenig  haltbares 
Pelzwerk  und  werden  braungefärbt  vielfach  in  der  Türkei  und 
Ungarn  verbraucht.  Der  Preis  ist  %  bis  1%  Thaler  per 
Stück. 

*  In  Holland  und  Norddeutschland  werden  viele  verschnitten,  wonach 
die  Thiere  gewöhnlich  grösser  und  haarreichcr  werden. 

**  Die  Wildkatzen,  welche  die  vereinigten  Staaten  liefern  (cat  common), 
sind  eine  ganz  andere  Thicrgattung.  Diese  sind  mit  dicken  Füssen  und 
einem  luchsähnlichen  Schweife  versehen,  weshalb  sie  bei  den  Luchsen 
erwähnt  worden  sind. 


89 


Die  Felle  der  ostindischen  Zibethkatzen,  welche  gelbbraun 
und  schwarzgefleckt  sind,  haben  für  den  Handel  nur  geringe 
Bedeutung.  Häufiger  sind  die  Genetten,  von  ähnlicher  Farbe, 
welche  von  Süd  frank  reich,  Spanien  und  hauptsächlich  von 
Nord-Afrika   ausgeführt   werden. 

LammfeUe. 

Lammfelle  gehören,  wiewohl  nicht  dem  Wildwerk,  doch 
aber,  in  soweit  sie  nicht  zur  Lederbereitung  dienen,  dem  Rauch- 
waarenhandel  an.  Man  verwendet  zu  Pelzwerk  keine  der  fein- 
wolligen, sondern  lediglich  die  haarigen  und  krausen  Arten 
und  von  diesen  vorzugsweise  die  schwarzen.  Die  schönsten 
schwarz  glänzenden,  fein-  und  dichtlockigen  Lammfelle  liefert 
Persien;  auf  diese  folgen  die  Provinzen  Astrachan,  die  Krimm 
und  Ukraine.  Von  allen  diesen  Gegenden  werden  neben  den 
schwarzen  auch  schöne  graue  Felle  geliefert.  Der  Handel  mit 
den  genannten  Gattungen  befindet  sich  in  Russland  in  den  Händen 
der  Tartaren,  welche  sie  trefflich  zu  bereiten  wissen.  Ferner 
liefern  Ungarn,  die  Türkei,  besonders  auch  Italien,  Süd- 
frankreich, Holland,  Island,  Seeland  und  endlich  Nord- 
deutschland mehr  oder  weniger  schöne  nutzbare  Sorten.  Ver- 
wendet man  die  feinen  persischen,  astrachaner  und  krimmer 
Lammfelle  zu  Garnituren  und  Besätzen,  mit  welchen  ebenso- 
wohl die  ungarischen  Patrioten,  als  die  Pariser  Damen  sich 
schmücken,  so  bieten  andrerseits  die  gewöhnhchen  Lammfelle 
Gelegenheit,  dass  auch  der  Landmann  sich  in  einem  minder 
theuren ,  doch  aber  warmen  Pelze  gegen  Kälte  und  rauhe  Witterung 
schütze.  Bei  der  grossen  Verschiedenheit  des  Werthes  dieser 
Felle  bemerken  wir  nur,  dass  man  für  feine  persische  Lammfelle 
3  bis  5  Thaler,  Astrachaner  und  Krimmer  1  bis  2  Thlr.  per  Stück, 


90 


für  die  verschiedenen  andern  kleinen  schwarzen  Lammfelle  25  bis 
80  Thaler  per  100  Stück  und  für  weisse  kleine  dergleichen 
12  bis  40  Thaler  per  100  Stück  bezahlt.  Die  Felle  der  grossen 
Schafe  von  Wales  werden  in  England  bereitet  und  in  allen 
Farben:  Roth,  Blau,  Grün,  Gelb,  Anilin,  Orange,  Schwarz  u.  a.  m. 
gefärbt  und  dienen  alsdann  zu  Fussdecken.  Der  Preis  der  letz- 
teren ist  je  nach  Grösse  und  Schönheit  5  bis  9  Thaler.  Die 
ganz  rein  weissen  werden  auch  in  Streifen  zerschnitten  und  zu 
Boa's  verarbeitet.  Die  Felle  der  persischen  Ziegen  oder 
Angora's  führen  wir  ebenfalls  über  England,  wo  man  die 
Bereitung  am  besten  versteht,  nach  Deutschland  und  gelegentUch 
nach  Russland.  Man  benutzt  auch  diese  zu  Muffen,  zu  Boa's 
und  zur  Quasten-  und  Franzenbereitung  und  zahlt  für  schöne 
Felle    12    bis    20   Thaler. 


Affen. 

Wenige  Afi'engattungen  liefern  brauchbares  Pelzwerk;  es  ist 
nur  die  Westküste  Afrika's,  von  welcher  eine  Anzahl  schwarzer 
lang-,  dünn-  und  glatthaariger  Afi'cn  und  eine  kleinere  Zahl 
perlgrauer  ausgeführt  werden;  doch  auch  auf  der  gegenüber- 
liegenden  Seite    des    atlantischen    Oceans*    in   Mexiko    kommen, 


*  Man  kann  bemerken,  dass  unter  demselben  Breitengrade  auch  in  den 
durch  Weltmeere  getrennten  Ländern  vielfach  die  nämlichen,  selbst  die  sonst 
nirgends  auf  der  Erde  vorkommenden  Thiergattungen ,  wenn  auch  durch 
klimatische  Verhältnisse  in  ihrem  Pelz  verändert,  vorgefunden  werden.  So 
z.  B.  finden  sich  die  Alfen  hier,  wo  die  Rundung  Afrika's  vom  Meerbusen 
Mexiko' s  gespalten  zu  sein  scheint;  in  Norwegen  die  Vielfrasse  der  La- 
bradorküste; in  Lai)pland,  in  Island,  in  Grönland  keine  rothen, 
sondern  nur  blaue  und  weisse  Füchse;  Kittfüchse  nur  in  den 
Prairien  des  westlichen  Amerika  und  in  den  Steppen  der  Mongolei 
in   Asien. 


91 


wenn   auch   selten,    doch   schwarze,    pelzreiche,  feinhaarige, 
dem   schwarzen   Fuchse   ähnelnde   Affen   vor*. 

Die  afrikanischen  Affen,  die  schwarzen  von  den  deutschen 
Kürschnern  Scheitel  äffen,  die  grauen  Perlaffen  genannt,  werden 
zu  Decken,  in  England  vielfach  zu  Muffen  verbraucht;  der  Preis 
ist  1  bis  3  Thaler  per  Stück.  Von  mexikanischen  Affen 
kann   man   der  kleinen  Anzahl  wegen   einen  Preis  nicht  angeben. 

Löwen,  Tiger,  Panther,  Leoparden  u.  s.  w. 

Von  diesen  Fellen  aus  der  warmen  und  heissen  Zone  des 
südlichen  Asiens  und  Afrika's  haben  wir,  weil  ihre  Anzahl  nur 
klein   und   der  Nutzen  beschränkt  ist,   nur  wenig  zu  sprechen. 

Löwenfelle  (lat.  felis  leo)  erhalten  wir  am  schönsten  aus 
Asien.  An  Grösse  sind  sie  den  afrikanischen  gleich,  vom 
Kreuze  bis  unten  glatthaarig,  fast  kahl,  doch  macht  die  Mähne, 
welche  bei  dem  asiatischen  männlichen  Löwen  bis  auf  den  Bauch 
reicht,  sie  imposant.  Vollständig  erhalten,  d.  h.  mit  Kopf,  Gebiss, 
und  Klauen  versehene  Exemplare  werden  als  Fussdecken  für 
Zimmer  von  Vornehmen  oft  mit  mehreren  hundert  Thalern  bezahlt. 
Die  Felle  weiblicher  Löwen  sind  ohne  Mähne  und  werden 
wenig  geschätzt. 

Der  Königstiger  (lat.  felis  tigris)  aus  Indien  und  der 
Tartarei,  6  bis  9  Fuss  lang,  mit  3  Fuss  langem  Schweif,  ist 
braungelb  mit  schwarzen  unregelmässigen  Streifen  von  der  Mitte 
des  Rücken  auf  die  Seiten  hinablaufend  und  mit  weissem  Bauch. 
In  der  Regel  bekommt  man  sie  mit  kurzem,  glattanliegendem 
Haar,   mit   einer   dicken   Haut,   welche   vielfach   durch   den   Fang 

*  In  einem  Zeiträume  von  mehreren  Jahren  ist  es  uns  nur  gelungen, 
kaum  50  Felle  dieser  Gattung  zu  bekommen. 


92 


und  durch  Kugeln  beschädigt  ist;  alsdann  sind  sie  nur  sehr 
wenig  werth.  Es  giebt  jedoch  einzelne  Felle,  die  mit  schöner 
Farbe  und  Zeichnung,  dichtem,  einen  Zoll  langem  Haar  und 
feiner  Haut,  den  Werth  von  über  100  Thaler  haben.  Sie  kommen 
indess  selten  in  den  auswärtigen  Handel,  weil  die  Chinesen  sie 
gern   für   sich   behalten. 

Afrikanische  Tiger  oder  Jaguars  (lat.  felis  onca),  sind 
bedeutend  kleiner  als  die  vorigen,  gelb  in  Grundfarbe,  mit 
schwarzen  Flecken.  Es  kommen  von  diesen  jährUch  circa  300  Felle 
in  den  Handel  und  werden  in  England  und  Oestreich  zu 
Pferdeschabracken  für  hohe  Mihtärs  verbraucht.  Der  Preis  ist 
15    bis   40   Thaler   per   Stück. 

Leoparden  und  Panther  (lat.  felis  leopardus  und  felis 
pardus)  kommen  aus  Asien  und  Amerika,  sind  grösser  als 
die  vorigen,  mit  mehr  oder  weniger  geschlossenen  Ringelflecken 
und  meistens  sehr  kurzhaarig.  Man  verwendet  sie  zu  Pferde- 
und   Schlittendecken.      Es   gehört   ferner   hierher    der 

Kuguar  oder  Puma  (lat.  felis  concolor)  aus  Mittel- 
Amerika,  einzeln  aus  Canada.  Derselbe  hat  eine  rothgraue 
oder  rothgelbe  Farbe  ohne  jede  Abzeichnung.  Weil  er  demnach 
nicht  schön  ist,  noch  auch  sein  Pelz  warm  hält,  wird  sein 
Werth  sehr  gering  geschätzt.  Es  kommen  femer  häufig  aus 
Indien 

Ozelot  und  Tigerkatzen  (lat.  felis  tigrind),  welche  in  der 
Grundfarbe  graugelb,  durch  ihre  länglichen  schwarzen  Flecken, 
die  auf  dem  Rücken  mehrere  gerade  Linien  bilden,  schön  ge- 
zeichnet erscheinen;  sie  werden  zu  kleinen  Fussdecken  und 
Schabracken   verbraucht. 

Es  schliesst  mit  diesen  Fellen  eigenthch  die  Reihe  der 
Pelzthiere,  doch  bleiben  uns  noch  einige  Gattungen  aus  dem 
Reiche   der   Vögel   zu   erwähnen,    deren   Haut,    wenn   auch   statt 


93 


der   Haare   mit   Federn   besetzt,    doch    zum   Pelzwerk    verbraucht 
wird.      Die   Felle   der 

Schwäne  und  der  Gänse.  Es  werden  diese  Thiere  aus- 
schliesslich in  Holland  zu  dem  Zwecke  der  Pelzwerkgewinnung 
gehegt.  Die  Felle  werden  von  den  starken  Conturfedern  befreit, 
so  dass  nur  die  zarten  Flaumfedern  auf  der  Haut  bleiben. 
Die  Holländer  und  Franzosen  verwenden  besondere  Sorgfalt  auf 
die  Bereitung  und  erhalten  sie  tadellos  weiss  und  weich.  Ferner 
kommt  häufig  eine  Gattung  von  Tauchern  unter  dem  Namen 
Grebes  in  den  Handel,  besonders  ein  Erzeugniss  Hollands, 
der  Türkei  und  der  bayrischen  Hochebene.  Diese  werden 
mit  dem  ganzen  Gefieder  d.  h.  jedoch  ohne  Flügel  u.  dgl.  ver- 
arbeitet, und  die  silberweissen  Bäuche  bilden  ein  sehr  schönes 
Pelzwerk,   aus   welchem   auch   allerlei  Pelzschmuck  gefertigt  wird. 


94 


Preisverändemno:  der  Rauchwaaren. 


Steigen  und  Fallen  derselben. 

Der  Werth  einer  Waare  hängt  zunächst  von  ihrer  Nutz- 
barkeit ab,  und  der  Preis  derselben  von  der  verhältnissmässi- 
gen  Seltenheit  und  besonders  von  dem  Reichthume  derjenigen 
Länder  und  Städte,  wo  solche  Waaren  behebt,  zur  Mode  ge- 
worden  und   gesucht   sind. 

Wir  haben  schon  bewiesen,  dass  die  Ausbeute  feiner  Pelz- 
felle in  den  letzten  Jahrhunderten  nicht  geringer  geworden,  dass 
also  feine  Felle  nicht  seltener  geworden  sind,  sondern  dass  die 
Zahl  derselben  von  Jahrzehnt  zu  Jahrzehnt  zunimmt;  vielmehr 
aber,  als  das  Quantum  der  Jagdbeute,  hat  die  Zahl  der  Men- 
schen, der  Verbraucher,  viel  bedeutender  hat  die  Mode,  der 
Luxus,  viel  mehr  hat  der  Nationalrcichthum  aller  civilisirten 
und  pelzwerkverbrauchenden  Länder  zugenommen,  und  dieses 
so  wie  die  Vermehrung  des  Geldes,  insonderheit  des  Papier- 
geldes, sind  die  Ursachen,  dass  Pelzwaaren  in  dem  Zeit- 
räume  von   1720  bis  1820   durchschnittlich   auf  das   doppelte, 


95 


in  den  letzten  vierzig  Jahren  aber  wiederum  um  das  Dreifache 
gestiegen   sind. 

Aber  der  Wechsel  der  Mode,  Kriege  und  Geldkrisen  ha- 
ben gelegentlich  den  Werth  mancher  Artikel  um  fast  ebensoviel 
vermindert.  Beispielsweise  wurden  bei  der  Londoner  Auction 
der   Hudsonsbay-Compagnie   folgende   höchste  Preise   bezahlt: 

Zobel  Ao.  1729:  10/  —  1802:  5/  —  1829:  16/»  d  — 
1863:    35/  pro    Stück. 

Nerze  von  Fort  York  1802:  10/  —  1829:  3/^  d  —  1863: 
184  d. 

Es  sind  demnach  Zobel  vor  hundert  Jahren  theurer,  als 
Anfangs  dieses  Jahrhunderts  gewesen,  dann  aber  nach  und 
nach  mehr  in  Mode  gekommen,  und  theurer  geworden.  1802 
galten  Nerze  noch  einmal  so  viel  als  Zobel,  in  den  dreissiger 
Jahren  waren  sie  am  billigsten,  und  jetzt  gelten  sie  den  theuer- 
sten  Preis,  besonders  aus  dem  Grunde,  dass  die  bei  weitem 
grösste  Anzahl  derselben  in  Amerika  selbst,  welches  sie  haupt- 
sächUch   producirt,    verbraucht   wird. 

Biber  wurden  bezahlt  1729:  4/  bis  QU  ä  pr.  Pfd.  — 
18U:  24/  bis  58/  —  1829:  10/  bis  45/  —  1839:  4/  bis  6/ 
—  1844:  11/  bis  26/  —  1848:  3/  bis  6/  —  1851:  4/  bis 
ll/s  d   —    1863:   4/   bis    IIV2/. 

Sie  wurden  bis  in  die  dreissiger  Jahre  dieses  Jahrhunderts 
in  Europa  lediglich  zu  Hutstoffen,  und  zu  diesem  Zwecke 
namentlich  in  England  verbraucht,  und  erhielten  dadurch  ihren 
hohen  Werth;  Ao.  1814  trieb  die  Speculation  sie  auf  den 
höchsten  Preis.  Man  glaubte  damals,  sie  direct  nach  Kussland 
und  China,  in  welchem  letztern  Lande  sie  zu  Pelzwerk  ver- 
braucht wurden,  einführen  zu  können.  Diese  Unternehmungen 
brachten  jedoch  grossen  Verlust.  Nachdem  im  Jahre  1835  die 
Biberhüte    auch    in    England    aus    der    Mode    gekommen    waren 


96 


und  den  Seidenhüten  Platz  eingeräumt  hatten,  fiel  der  Preis 
binnen  fünf  Jahren  nach  und  nach  voij  30/  auf  5/.  Nun  erst 
bemächtigte  der  Rauchwaarenhandel  sich  dieses  Artikels  und 
derselbe  ist  erst  seit  dieser  Zeit  wieder  bis  auf  ungefähr  den 
doppelten  Werth  gestiegen.  Aehnlich,  wie  mit  Bibern,  ist  das 
Verhältniss  mit  Bisam.  Auch  diese  wurden  ehemals  ausschliess- 
lich zu  Hutstoffen,  und  erst  seit  den  vierziger  Jahren  mehr 
zu  Pelzwerk  verwandt;  sie  galten  den  höchsten  Preis  1814,  als 
2/,o  d  per  Stück  bezahlt  wurde;  1835:  8  cZ  —  1863:  2/  per  Stück. 
Auch  Hasenfelle  wurden  im  zweiten  Decennium  unseres  Jahrhun- 
derts am  höchsten,  nämlich  mit  20  guten  Groschen  per  Stück  bezahlt. 
Ukrainer  Lammfelle  kosteten  bis  1835  selten  über 
14  Thaler  per  20  Stück,  seit  10  Jahren  haben  sie  sich  fort- 
während in  doppeltem  Preise  erhalten.  Unsere  deutschen  Edel- 
marder wurden  im  Anfange  dieses  Jahrhunderts  und  noch 
1830  mit  55  Thaler  per  Zimmer  von  40  Stück,  jetzt  mit 
250  Thaler  per  Zimmer  bezahlt.  Steinmarder  galten  damals 
40  Thaler,  jetzt  160  Thaler,  Iltis  12  Thaler,  jetzt  80  Thaler. 
Das  Steigen  erfolgte  aus  dem  Grunde,  dass  sie  in  der  Zwi- 
schenzeit in  England  und  in  dem  bis  vor  kurzem  so  empor- 
blühenden Nord -Amerika  in  Mode  gekommen  sind.  Deutsche 
Füchse  kosteten  1830  8  Thaler  per  10  Stück,  1863:  18  Thaler; 
für  diese  und  viele  andere  Arten  Felle  hat  sich  ein  höherer 
Preis  festgestellt,  seit  die  Einfuhr  in  Russland  nicht  mehr  ver- 
boten,   und    der    Zoll*    daselbst    minder    hoch    ist.      Der   Werth 


*  Hohe  Zölle  und  Prohibitionen  verhindern  den  Handel  nicht,  aber  sie 
veranlassen  das  Verbrechen  des  Schleichhandels,  nützen  selten  finanziell, 
sondern  schaden  der  naturgemässen  und  gesunden  Entwickelung  der  In- 
dustrie und  der  freien  Bewegung  des  Handels;  sie  erschweren  den  Ver- 
brauch und  den  Nutzen  der  Waare,  und  drücken  den  Werth  derselben  nie- 
der.    Die  früher  in  Russland  verbotenen,  oder  mit  sehr  hohem  Zolle  belegten 


97 

der    Pelzwaaren   in    Russland  .verändert   sich   in    der   Kegel   weni- 

1 

ger    durch    die    Mode,    als    durch    Mangel,    oder   Ueberfluss    an 

Waaren    wurden    schon    damals    in    gleichen    Quantitäten    dahin    eingeführt. 

Der    Preis   war   ausserhalb   Russlands   viel    niedriger;  dort   aber   ist    er  ziem- 

lich gleich  geblieben;   den  grossen  Unterschied  hat  der  Schleichhandel  gekostet. 

Russischer  Zolltarif  vom  Jahre  1857. 

Nener  ZoU. 

Alter  Zoll. 

Virgin.  Iltis,  Bären,  Löwen,  Panther,  Leoparden,  Zebra 

SR. 

Cop. 

SR. 

Cop. 

pr.  Pfd.  russ 

— 

50 

1 

50 

Flussbiber  und  Landottern 

1 

20 

verboten 

Seebiber  (See -Ottern)      .    .         .    .        

verbf^tflTi 

Meerkatzen  (Pelzseehunde) 

60 

verboten 

Füchse  mit  Ausnahme  der  schwarzen  ....  zur  See 

— 

40 

— 

75 

zu  Lande 

— 

30 

— 

50 

Füchse  aus  Finnland 

— 

20 

— 

45 

Schwarze  Füchse,  Chinchillas  und  Zobel 

3 

50 

8 

50 

Bisamratten 

— 

15 
40 

m  See  — 
blande  — 

15 

80 

Schuppen    

50 

Wölfe,    Luchse,    Schaffelle,   Angoras,    Schwäne    und 

Alles  nicht  benannte .    .    .    • 

— 

40 

— 

75 

Fertige  Pelzwaaren  zahlen  50%  mehr  wie  die  Felle, 

aus  denen  sie  angefertigt. 

Zwanzig  Jahre  früher  waren  die  meisten  Zölle  doppelt 

so   hoch,  als  vor  Ao.  1857. 

Als   noch  vor  20  Jahren  Nerze   zum   Verbrauch   in  ; 

England    10  Pence 

Zoll 

kosteten,   wurden    die    Nerze   vom  Columbia -Fluss    lediglich  für  das  Ausland, 

demnach  transito  gekauft,  und  zu  6  Pence    pro  Stück  bezahlt.      Zwei    Jahre 

2   Shilling   pro    Stück,   und    erzielten   noch    Gewinn    dabei.*    In   unserm  Zoll- 

Zoll  von  20  Ngr.  pro    Centner    für   die  meisten   Rauchwaaren,    nicht  gestört, 

Die    Unterschiedzölle    jedoch,    als   Ausfuhrzoll   von   Hasen-    und    Lammfellen 

ä  15  Ngr.,  Einfuhrzoll  für  Angorafelle  ä  G  Thlr.,  und  für  verfertigte  Kürschner- 

arbeit ä  20  Thlr.  bereiten    dem  Handel  einige  Beschwerden,   bringen  der   In- 

dustrie   sicher  weder  Schutz    noch   Gewinn    und   die    Erhebungskosten   dürften 

den  finanziellen  Ertrag  aufwiegen. 

Y 

98 


einzelnen  Artikeln.  Folgende  Liste,  welche  um  so  mehr  für 
richtig  gelten  kann,  als  der  Werth  so  verschieden  angemerkt, 
ist,  bezeichnet  Preise,  welche  den  heutigen  vielfach  gleichkommen. 

Preise  in  KiacMa 
in  den  Jahren  1770  bis  1772, 

a)  Canadisches  Pelzwerk: 

Biber  das  Stück  zu  7  bis  10  Rub.  Ottern  6  bis  25  R.  Schwarze 
Füchse  von  1  bis  100  R.    Gemeine  SVa  bis  6  R.    Eisfüchse  2  R. 

b)  Russisches  Pelzwerk: 

See-Ottern,  alte,  90  bis  140  R.  Mittlere  30  bis  40  R.  Schwänze  von 
See-Ottern  das  Stück  2  bis  7  R.  Gemeine  Biber  ohne  Bäuche  4  bis 
6V2  R-  Junge  Flussbiber  1/2  bis  4  R.  Biberbäuche  der  Sack  25  bis 
44  R.  Fluss-Ottern  das  Stück  2  bis  11  R.  Bäuche  von  denselben  -das 
Stück  30  Cop.  Bärenhäute  2  bis  4  R.  Wolfsbälge  2  bis  8  R.  Luchs- 
bälge 4  bis  16  R.  Vielfrasse  3  bis  4  R.  Schwarze  Füchse  mit  eis» 
grauen  Haarspitzen  4  bis  180  R.  Frühfüchse  1/2  bis  10  R.  Feuerrothe 
80  Cop.  bis  9  R.     Weisse  2   R.     Fuchsbäuche    das   Paar   75  Cop.    bis 

1  R.  Fuchshälse  das  Paar  1  R.  bis  140  Cop.  Fuchspfoten  das  Paar 
10  Cop.  bis  4  R.  Fuchsschwänze  4  Cop.  Vertragene  P^uchspelze  Vi 
bis  18  R.  Zobel,  gemeine,  21/2  bis  10  R.  Säcke  von  dergl.  Zobel- 
rücken 120  R.  Zobelbäuche  das  Paar  58  Cop.  Zobelpfoten  der  Sack 
20  bis  50  R.  Zobelschwänze  das  Stück  25  bis  50  Cop.  Marderfelle 
90  Cop.  bis  3  R.  Pfoten  90  Cop.  bis  3  R.  Kehlen  der  Sack  7  R- 
Schwänze   das    Stück   20    Cop.     Hermeline  das    Stück  20  Cop.     Wiesel 

2  bis  10  Cop.  Feuergelbe  25  bis  27  Cop.  Iltis  11  bis  15  Cop.  Grau- 
werk das  Tausend  70  bis  152  R.  Weisse  Hasen  das  Stück  11  bis 
12  Cop.  Seehundsfelle  140  Cop.  bis  2  R.  Junge  Seebären  I1/2  bis 
6  R.  Jakutenpelze  von  Seebären  30  bis  70  R.  Dergleichen  Felleisen 
4  bis  20  R.  *  Dergl.  Matratzen  89  R.  Junge  Rennthierfelle  4  bis  51/2  R. 
Katzenfelle  14  Cop.  Sortirte  Katzenrücken  der  Sack  2  bis  15  R. 
Schwarze  Lämmerfelle  das  Stück  30  bis  110  Cop.  Andere  dergl. 
20  Cop.  bis  1  R.  Schaffelle  25  bis  80  Cop.  Ziegenfelle  12  bis  40  Cop. 
Hundefelle  50  bis  100  Cop.  Vieler  anderer  und  geringer  Pelzsorten 
und  Felle  zu  geschweigen. 

Ebenso    veränderlich,    wie    der    Werth    und    Preis    der 
Pelzfelle,   ist   auch  das  jährlich  gewonnene  Quantum.      Die  Zahl 


99 


der  in  Sibirien  erlegten  Eichhörnchen  variirt  zwischen  fünf 
und  zehn  Millionen,  und  ist  abhängig  von  der  mehr  oder  we- 
niger reichlichen  Nahrung;  wenn  demnach  viele  Buchennüsse 
wachsen,  erhält  man  viele  Eichhörnchen  und  umgekehrt.  Russ- 
land producirt  manchmal  nur  2000  Ballen  Hasen  ä  500  Stück 
und  zu  andern  Zeiten  5000  Ballen,  welche  Mehr-  oder  Min- 
derzahl aus  günstiger  oder  ungünstiger  Witterung  in  der 
Wurfzeit  resultirt.  Von  Bären  lieferte  die  Hudsonsbay-Com- 
pagnie  im  zweiten  Jahrzehnt  dieses  Jahrhunderts  jährlich  40,000 
Stück,  obgleich  das  gewöhnliche  Quantum  etwa  10,000  beträgt. 
Die  Compagnie  hatte  einen  höheren  Fangpreis  bewilligt,  weil  die 
Felle  damals  für  den  Militairgebrauch  sehr  theuer  bezahlt  wur- 
den; der  hohe  Preis  schaffte  die  Waare  aus  den  Urwäldern 
herbei.  Luchse,  von  welchen  seitens  der  Hudsonsbay-Compagnie 
durchschnittlich  etwa  5000  Stück  jährlich  geUefert  wurden,  er- 
schienen bei  der  Londoner  Auction  im  Jahre  1848  in  Anzahl 
von  30,000  Stück.  Der  Gouverneur  der  Compagnie  erklärte 
bei  dieser  Gelegenheit,  dass  man,  in  der  Ueberzeugung,  dass 
die  Luchse  den  feinen  Pelzthieren,  namentUch  den  Zobeln,  viel 
Schaden  zufügten,  ein  höheres  Fanggeld  für  Luchse  ausgesetzt 
habe;  er  glaube  diese  Felle  der  Speculation  empfehlen  zu  dür- 
fen, weil,  da  so  viele  Luchse  getödtet  worden  seien,  die  fol- 
genden Jahre  wenig  davon  liefern  würden.  Der  Gouverneur 
irrte  sich,  denn  das  Jahr  1849  brachte  46,000  und  das  Jahr 
1850  wieder  41,000  Luchse.  Aus  dieser  Zahl  möge  man  sich 
eine  Folgerung  von  dem  noch  unergrüudbaren  Pelzreichthum 
jener   Gegenden  bilden. 

Von  weissen  Füchsen  liefert  die  Hudsonsbay-Compagnie 
durchschnittlich  jährlich  3000  Stück;  das  Jahr  1856  brachte 
10,267,  1864  —  12,339  Stück;  das  grosse  Mehrquantum  erfolgt 
bei    sehr   strengen    Wintern;    dann   fliehen   selbst    die   Thiere   die 


7* 


100 


grimmen  Eisregionen,  und  kommen  in  von  Menschen  bewohnte 
Gegenden,   wo   sie    erlegt   werden   können. 

Von  Hudsonsbay- Zobeln,  deren  Durchschnittszahl  80,000 
Stück  ist,  lieferten  die  Jahre  1848:  121,000  Stück  —  1855: 
109,000  Stück  —  1856:  149,000  Stück  —  1863:  63,000  Stück 
—  1864:  88,000  Stück,  welche  Unterschiede  von  dem  der 
Jagd   mehr   oder   minder   günstigen    Wetter   herrührten. 

Die  Durchschnittszahl  der  Hudsonsbay- Wölfe  ist  6000  Stück; 
1855  lieferte  13,754,  1862  und  1863  nur  3300,  1864  wiederum 
7634  Stück.  Die  Thiere  waren  in  der  Zwischenzeit  vielfach 
durch   Gift   ausgerottet   worden. 

Pelz-Seehunde  sind  von  einigen  Inseln  der  Südsee,  wo 
sie  vor  30  Jahren  in  übergrosser  Zahl  angetroffen  wurden, 
ganz  verschwunden,  -doch  unerachtet  des  oftmals  leicht  gelingen- 
den Fanges  (siehe  Seite  53)  dürften  sie  schwerlich  daselbst 
ausgerottet  sein;  sie  sind  nach  andern  Eilanden  gezogen,  denn 
es   werden   noch  jährhch   genügende    Quantitäten   erlegt. 


101 


Der  Kaufmann  und  Rauchwaarenhändler. 


Wissen  und  Können  sind  die  Eigenschaften,  die  der 
Mann  am  Manne  am  meisten  achtet;  sie  sind  auch  die  Grund- 
lagen des  kaufmännischen  Berufes!  „Viel,  recht  viel  davon" 
ist  in  unserer,  in  der  Bildung  vorgeschrittenen  Zeit  für  den 
Kaufmann    erforderlich. 

„Schreiben*  ist  gut,  aber  Rechnen  ist  besser";  mit  die- 
sem Sprüchworte  glaubte  man  im  vorigen  Jahrhundert  für  die 
Erfordernisse  des  Kaufmanns  weit  genug  zu  gehen.  Orthogra- 
phisch, schön,  in  gutem  und  gewandtem  Style  schreiben**,  cor- 
rect  und  schön  Buch  führen,  mit  grosser  Uebersicht,  richtig 
und  schnell  alle  Rechnenvorlagen  lösen,  müssen  auch  wir  neben 
specieller  Fachkenntniss  den  übrigen  Erfordernissen  vorausschicken; 

*  Einem  Commis,  welcher  sich  zu  einer  Stelle  meldete,  sagte  der 
Chef:  „Schreiben  Sie  mir."  Der  junge  Mann  schrieb,  ohne  sich  zu  besinnen 
mit  einer  vor  ihm  liegenden  Feder,  die,  vielleicht  absichtlich,  mehr  die 
Eigenschaft  eines  Schwefelhölzchen,  als  die  einer  Feder  hatte,  in  höflichem 
und  gutem  Style;  er  erhielt  die  Stelle  und  machte  in  Folge  dessen  eine 
gute  Carriere.  ^ 

**  Der  beste  kaufmännische  Brief  ist  derjenige,  welcher  in  den  kürze- 
sten aber  höflichen  Worten  die  Absicht  des  Schreibers  darlegt. 


102 


demnächst  aber  sind  dem  Kaufmanne  unentbehrlich:  Erd-,  Länder- 
und Völkerkunde,  Naturwissenschaft,  Volkswirthschaft  und  besonders 
die  Kenntniss  der  lebenden  Sprachen,  als  Englisch,  Franzö- 
sisch, Italienisch,  Spanisch,  Schwedisch  und  Russisch. 
Mögen  andern  Kaufleuten  die  beiden  erstgenannten  genügen,  der 
Rauchwaarenhändler  soll  auch   die  letzteren   sich  zu  eigen  machen. 

Wenn  all  dieses  Wissen  lebendig  geworden  ist  in  Wort 
und  Schrift,  in  Sprache  und  Correspondenz-,  wenn  es  verbunden 
ist  mit  guten  Sitten,  Treue  und  Fleiss,  dann  haben  wir  „einen 
guten    —    Commis"    aber   noch   keinen   Kaufmann. 

Der  Chef  einer  Handlung  muss  nothwendig  und  thatsäch- 
lich  Alles  besser  können  und  wissen,  als  seine  Commis.  Ihm 
sind  erforderlich:  Organisationstalent,  damit  im  Kleinen  wie 
im  Grossen  ein  jedes  Ding  und  jede  Kraft,  die  ihm  zu  Ge- 
bote steht,  ordnungsmässig  und  da  angewandt  werde,  wo  sie 
am  nützlichsten  ist.  Er  braucht  Weltkenntniss,  dass  man 
sein  Wissen  achte,  Menschenkenntniss,  um  seinen  Einfluss 
zu  benutzen  und  sich  vor  Schaden  und  Betrug  zu  bewahren, 
Umgang  mit  Menschen  aller  Classen,  hoch  und  niedrig,  um 
den  Character  eines  jeden  zu  verstehen  und  ihn  danach  zu 
behandeln. 

Wie  der  Spediteur  die  Transportmittel  und  Wege,  der 
Banquier  den  Credit,  die  Börsen  und  die  Politik  zu  beobachten 
hat,  so  richtet  der  Blick  des  Kaufmanns  sich  auf  den  ganzen 
Erdball;  er  überschaut  Production  und  Consumtion.  Der  Rauch- 
waarenhändler gebraucht  Waarenkenntniss,  damit  bei  der 
Ansicht  einer  Waare  die  vollständige  Geschichte  derselben  sich 
ihm  klar  vor  Augen  stelle;  neben  der  Benennung,  die  sich  von 
selbst  versteht,  das  Vaterland,  die  Jahreszeit  der  Gewinnung, 
der  Werth  auf  den  verschiedenen  Handelsplätzen,  der  Ver- 
brauch  der   Waare,    der   Markt,   wo    sie  zu   verkaufen   ist,    und 


103 


die  Geld-,  Credit-  und  Prosperitäts- Verhältnisse  des  Verkauf- 
marktes. 

Moralische  Kraft,  die  wir  unter  allen  Erfordernissen  und 
unter  allen  Gütern  des  Kaufmanns  am  höchsten  stellen.  Sie 
besteht  in  der  Ueberzeugung  der  Kenntniss  eines  Un- 
ternehmens und  des  aufrichtigen  Willens,  rechtlich  ge- 
gen Jedermann  seine  Schuldigkeit  zu  thun.  Man  ge- 
langt dazu  durch  unaufhörliches  Lernen  (denn  man  weiss 
nie  genug)  —  und  durch  das  Streben,  anderen  Menschen 
und  der  Welt  Nutzen  zu  schaffen.  Wer  im  Handel  nur 
für  seinen  eigenen  Erwerb  zu  arbeiten  meint,  ist  zu  vergleichen 
mit  dem  Menschen,  der  da  lebt,  um  zu  essen,  anstatt  dass 
er  essen  soll,  um  zu  leben.  Sein  Geschäft  dünkt  ihm  eine 
Last;  er  wird  träge,  wenn  er  glaubt,  genug  erworben  zu  haben; 
oder  habsüchtig  und  geizig,  wenn  er  grosse  Güter  ansammeln 
will.  Selbst  verschuldete  Verluste  schreibt  er  den  Umständen 
zu  und  bei  ihm  begegnendem  Unglück  wird  er  leicht  verführt, 
für  sich  behalten  zu  wollen,  was  Anderen  gehört.  Der  Kauf- 
mann, welcher  arbeitet  um  Andern  zu  nützen,  der  Eifer 
und  Vorliebe  hat  für  seinen  Beruf,  wird  des  Zieles  seines 
Strebens,  der  Vervollkommnung  der  irdischen  Dinge  sich 
bewusst;  ihm  offenbaren  sich  die  Vorzüge  des  menschlichen 
Geistes.  Er  hat  Freude  an  seinem  Berufe;  darum  arbeitet  er 
mit  Lust  und  ohne  Unterlass;  das  Misslingen  eines  Unternehmens 
oder  Verluste  schreibt  er  seiner  eigenen  Unvollkommenheit  zu; 
aber  Gewinn  und  Gelingen  eifert  ihn  an  zu  neuem  Streben. 
Zwar  Mancher,  der  nur  reich  zu  werden  strebt,  erreicht  auch 
Erfolg  und  schafft  der  Welt  Nutzen,  aber  unbewusst  in  Betreff 
des   Zweckes    seines    Daseins. 

Ferner  bedarf  er  Handelstalent.  Wenn  es  auch  Menschen 
giebt,   die  fast  in  jedem  Berufe  Nützliches   würden  leisten  können, 


104 


SO  steht  es  doch  fest,  dass  viele  nur  zum  Lehrstande,  andere 
nur  zum  Wehrstande  und  wieder  andere  nur  zum  Nährstande, 
dem  der  Kaufmann  angehört,  taughch  sind,  und  dass  alle  ver- 
schiedenen Stufen  und  Abtheilungen  dieser  Stände  nöthig  sind, 
um    manchen   Einzelnen   ihren   Wirkungskreis   anzuweisen*.    — 

Handelstalent,  welches  nicht  gar  viele  besitzen,  ist  die 
Eigenschaft  und  Fähigkeit,  gegebene  Verhältnisse  in  Waaren, 
Wechseln,  Geld  und  andern  Gütern  durch  Austausch 
zunächst  Andern  und  dadurch  sich  selbst  nutzbar  zu 
machen.  In  jedem  Orte  und  unter  allen  Verhältnissen  weiss 
das  Handelstalent  zu  finden,  wie  der  Handel  besser  betrieben 
werden  könne;  je  ausgedehnter  das  Feld,  je  grösser  die  Pro- 
sperität des  Landes,  desto  bessere  Gelegenheiten  und  Vortheile 
bieten  sich  ihm  dar,  sein  Ziel  ist,  die  Vervollkommnung  zu 
erstreben,  deren  alle  irdischen  Dinge  fähig  sind.  Wer  dieses 
versteht,  dem  wird  reicher  Geldgewinn  nicht  ausbleiben  und  er 
wird  des  noch  höheren  Lohnes,  der  Ueberzeugung  nützlichen 
Strebens ,   theilhaftig   werden. 

Geld!  Geld?  Wir  wiederholen  das  Wort  mit  einem  Frage- 
zeichen. Nach  Geld  schreien  alle  Diejenigen,  welche  weiter  Nichts 
als  Geld  besitzen.  Diejenigen,  welche  kein  Geld  oder  keine 
Fähigkeiten  besitzen  und  Diejenigen,  welche  der  Welt  weder 
nützen  wollen  noch  können.  Geld  ist  allerdings  zum  Handel 
eines    der    vielen   Mittel;    aber    als   Güter,    die   es   ersetzen   und 

*  Einem  strebsamen  Geschäftsmanne ,  der  das  Ziel  seines  Berufes  kennt, 
dürfte  es  schwer  werden,  für  allgemeine  Angelegenheiten,  Communal-  und 
Regierungsgeschäfte  die  nöthige  Zeit  zu  finden,  weil  fast  ein  jedes  Fabrik- 
und  Handelsgeschäft  einer  Ausdehnung  fähig  ist,  in  welcher  der  Chef 
allein  mehr  als  eine  grosse  oder  kleine  Stadtgemeinde  zu  verwalten  hat. 
Vielfach  dürften  daher  diejenigen  Geschäftsleute,  die  ihre  Zeit  vornehmlich 
dem  öffentlichen  Wohle  widmen,  in  ihrem  geschäftlichen  Berufe  nicht  an 
ihrem  Platze  sein. 


105 


deren  "Werth  höher  zu  schätzen  ist,  sind  zu  bezeichnen:  In- 
telligenz, Kenntnisse,  Fähigkeiten,  guter  Name  und  der 
daraus  folgende  Credit.  Es  wird  nicht  oft  eine  Handlung  mit 
'  grossem  Capital  gegründet;  man  sagt:  „das  Geld  soll  werben"; 
es  werben  aber  auch  die  Kenntnisse  und  Fähigkeiten  des  Mannes 
und  wenn  es  in  der  von  uns  bezeichneten  treuen,  rechtUchen 
Weise  geschieht:  so  muss  man  dieses  Werben  ein  ehrenvolles 
Streben   nennen. 

i 

Rechtlichkeit.      Der   Kaufmann    muss    darin    strenger    sein 

als  die  meisten  andern  Stände,  als  jedes  Gesetzbuch;  sie  muss 
ihn  auf  jedem  Pfade  des  Lebens  begleiten;  sie  ist  ihm  zunächst 
I  bei  der  Begründung  eines  Geschäfts,  und  zu  dieser  Epoche  vor- 
nehmlich bei  der  Benutzung  des  Credits  nöthig.  Einem 
jungen  Kaufmanne  mit  gutem  Namen  fehlt  es  selten  an  genü- 
genden Credit,  und  hier  gilt  die  Klugheit,  nicht  mehr  davon 
zu  benutzen,  als  mit  seiner  Geschäftskenntniss  und  seiner  mora- 
lischen Kraft  vereinbar  ist.  Er  muss  sein  Wort  halten*,  denn 
ein  gebrochenes  Versprechen  raubt  den  guten  Namen.  Nicht  zur 
rechten  Zeit  und  Stunde  zahlen  zu  können,  entnimmt  den  Credit 
und  das  Schlimmste,  was  dem  Kaufmanne  widerfahren  kann, 
ist  nicht  etwa  der  Verlust  seines  Eigenthums,  sondern  der 
Verlust   des   Eigenthums,    das   Andern   gehört.      Mögen   auch   die 


*  Wenn  ein  Banquier  bei  Vorzeigung  eines  fremden  Wechsels  gefragt 
wird,  ob  solcher  Wechsel  gut  sei;  so  M'ird  er  durch  seine  Antwort  ,ga"  sich 
rechtlich  für  verpflichtet  halten,  den  Wechsel  zu  bezahlen,  selbst  wenn  er 
die  ganze  Summe  verliert;  er  müsste  denn  dem  „Ja"  die  Bemerkung:  „ohne 
meine  Verbindlichkeit"  hinzugesetzt  haben.  —  Wir  erinnern  unter  vielen  andern 
nur  an  einen  Fall,  als  an  der  Börse  in  Lübeck  ein  Kaufmann  gefragt  wurde, 
ob  ein  gewisses  Hamburger  Haus  für  10,000  Mark  gut  sei.  Als  er  die  Frage 
bejaht  hatte  und  zwei  Tage  später  erfuhr,  dass  jenes  Hamburger  Haus  fallirt 
habe,  bezahlte  er  auf  sein  „Ja"  hin  ohne  weiteres  die  10,000  Mark.  Er  war 
damals  nicht  reich,  aber  er  hat  bis  heute  seine  Ehre  bewahrt. 


106 


Andern  den  Verlust  ertragen  können,  er  verliert  dadurch  seine 
Ehre,  und  man  könnte  sagen,  es  wäre  ihm  besser,  nie  geboren 
zu  sein  —  denn  nur  in  dem  seltenen  Falle,  dass  es  ihm  gelingt, 
in  ferner  Zeit  Capital  und  Zinsen  wiederzuerstatten,  kann  er  die 
Ehre   wiedererlangen. 

Der  rechtliche  Kaufmann  soll  sein  Licht  leuchten  lassen. 
Im  Dunkeln  wandeln  die  Finsterlinge  und  herrscht  der  Betrug. 
Ein  offenes  Gesicht  ist  dem  Kaufmann  ein  Freibrief  durch  die 
Welt  und  ein  freimüthiges  Wesen  gewinnt  ihm  Zuneigung.  Kennt- 
nisse und  Geschicklichkeit  allein  nützen  nicht;  der  Handel  will 
auch  betrieben  und  empfohlen*  sein,  empfohlen  durch  Wort  und 
Schrift  (ein  jeder  Brief  muss  der  betreffenden  Handlung  zur 
Empfehlung  dienen)  —  durch  Ankündigungen,  Umlaufsschreiben, 
die   der   Handlungsweise   entsprechen. 

*  Ein  Schuliwichsfabrikaut  in  London,  der  überzeugt  war,  die  beste 
Schuhwichse  anfertigen  zu  können,  legte  fast  sein  ganzes  Capital  zur  Verfer- 
tigung dieses  Artikels  an.  Darauf  kündigte  er  seine  Waare  in  Zeitungen  und 
Briefen  an;  aber  Niemand  kümmerte  sich  um  seine  Wichse;  er  hatte  keine 
Käufer.  Als  er  sah,  dass  er  bald  kein  Geld  zum  Lebensunterhalte  mehr 
haben  würde,  fiel  ihm  noch  ein  Mittel  zu  Bewirkung  des  Verkaufs  ein  Er 
zog  seine  besten  Kleider  an,  ging  zu  allen  grossen  Londoner  Handlungshäusern 
und  fragte  nach  einer  grossen  Partie  Schuhwichse;  er  verlangte  aber  Waare 
von  Day  dt  Martin  (so  hiess  seine  Firma),  von  welcher  man  ihm  noch  keine 
liefern  konnte.  Nun  erst  ward  Nachfrage  für  seine  Wichse  laut;  man  suchte 
sie,  kaufte  sie,  pries  sie  an,  die  Waare  entsprach  der  Empfehlung,  er  konnte 
bald  kaum  genug  Wichse  liefern.  Der  Mann  ist  durch  diesen  einfachen  Artikel 
reich  geworden;  ein  grosses  Haus  in  Holboru,  das  ihm  gehört,  trägt  die  Firma 
„Day  <&  Martin"'.  Oft  sieht  man  3  bis  4  eiserne  Lastwagen  hintereinander 
durch  Londons  Strassen  ziehen,  jeden  mit  vier  glänzend  schwarzen  starken 
Pferden  bespannt,  neben  jedem  Wagen  einen  Fuhrmann  und  einen  Knecht  mit 
weissen  Schürzen;  diese  Lastwagen  und  Leute  gehören  Day  (&  Martin;  sie 
holen  von  den  Speichern  die  Ingredienzen  der  Schuhwichse,  oder  sie  bringen 
grosse  Fässer  voll  Wichse  zu  den  Schiffen,  die  nach  überseeischen  Häfen 
gehen.  Auch  eigene  Schiffe  besitzt  der  Mann,  die  von  Indien  Specereien 
bringen  und  dorthin  Schuhwichse  führen. 


I 

I 


107 


Es  darf  dem  Kaufmanne  nicht  fehlen  an  Unternehmungs- 
geist, der  mit  dem  Wissen,  der  Klugheit  und  Vorsicht  zu- 
sammengeht. Wenn  der  Preis  der  Waaren  und  Werthsachen 
steigt  oder  fällt  wegen  Mangel  oder  Ueberfluss,  durch  den 
Wechsel  der  Mode  oder  durch  friedliche  oder  kriegerische  Er- 
eignisse, duixh  Prosperität  oder  schlechte  Geldverhältnisse  der 
Productions-  oder  der  Verbrauchsländer,  so  ist  dem  Kaufmanne 
Alles  zu  wissen  von  grossem  Vortheil.  Ist  nun  die  Waare 
wohlfeil  zu  den  Verhältnissen  des  Verbrauchsmarktes,  den  er 
kennt,  so  kauft  er  viel  und  benutzt  auch  wohl  seinen  Credit, 
fördert  billige  Waare  dahin,  wo  sie  gesucht  ist  und  schafft 
dadurch  Nutzen  und  sich  selbst  Gewinn.  Wird  aber  solche 
Waare  zur  Mode  in  einem  glücklicher  Verhältnisse  sich  erfreuenden 
Lande,  so  kauft  er  viel,  auch  zu  hohem  Preise,  bei  gleichem 
Erfolge.  Unternehmungsgeist  ist  wohl  zu  unterscheiden  von 
Speculation,  die  nicht  auf  Wissen,  sondern  nur  auf  Hoffen  und 
Glauben  beruht,  die  nur  ein  Glücksspiel  ist  und  aus  dem  kauf- 
männischen   Wörterbuche   gestrichen    werden    sollte. 

Muth  gehört  dazu,  die  Welt  in  allen  den  Theilen  zu 
erobern  und  sich  unterthan  zu  machen,  die  seinen  gemeinnützigen 
Zwecken  dienen  können.  Der  Kaufmann  scheut  auch  auf  Reisen 
nicht  Gefahr,  mag  auf  der  See  es  stürmen  und  toben.  Wie 
der  Schiffer  das  wogende  Element  zu  bewältigen  strebt,  so  über- 
wältigt auch  er  jede  Furcht,  denn  er  ist  in  seinem  Berufe. 
Sein  Muth  erstreckt  sich  vornehmlich  auch  auf  die  Wahrung 
seiner  Ehre,  die  er  mit  allem  Vermögen  vertritt  und  mit  allen 
ihm   zu   Gebote   stehenden    Waffen    schützt. 

Der  Kaufmann  und  Rauchwaarenhändler  sollte  Kosmopolit 
sein;  er  dient  allen  Nationen  und  alle  müssen  ihm  dienen; 
keine  Völker  und  Menschen  sind  als  solche  seine  Feinde.  Er 
bezieht  Waaren   von   dem  Lande,   wo   sie   am   besten   sind,   und 


108 


muss  arbeiten  lassen  da,  wo  die  Fabrikation  am  weitesten  vor- 
geschritten ist,  weil  er  anders  seinen  Beruf,  der  Welt  zu  nützen, 
nicht  würde  erfüllen  können;  nur  unter  gleichen  Bedingungen 
zieht  er  sein  engeres  Vaterland  vor.  Er  ist  nach  seiner  poli- 
tischen Gesinnung  zuerst  Weltbürger,  und  wenn  er  in  Deutsch- 
land und  in  Sachsen  wohöt,  zuerst  Deutscher,  dann  Sachse, 
aber  unter  diesen  Voraussetzungen  nicht  .  Engländer ,  Fi-anzose, 
Preusse   oder    Oestreicher. 

Im  Verfolg  seines  Ziels,  nändich  in  '  dem  Streben  nach 
Vervollkommnung  ist  er  dem  Fortschritte  und  der  Verbesserung 
des  Bestehenden,  besonders  der  freien  Entwickelung  des 
Handels  und  der  Gewerbe,  freier  Wege  und  Stege, 
Verminderung  und  Aufhebung  der  Zollschranken,  mit 
einem  Worte  dem  Freihandel  zugethan;  er  ist  überzeugt,  dass 
der  Handel  vor  allen  andern  Dingen  vollkommene  Freiheit 
vertragen  kann;  dass  derselbe,  wo  sie  waltet,  am  besten 
gedeiht  und  derselben  auch  würdig  ist.  Aber  er  vergisst 
auch  nicht,  dass  der  Handel  neben  der  Freiheit  „der  Sicher- 
heit"   bedarf   und    achtet   Gesetz   und    Ordnung. 

Ora  d  labora.  Der  Kaufmann  muss  fromm  sein  im 
ernsten  Sinne;  er  muss  von  Frömmelei  weit  entfernt  und  ohne 
äusseren  Schein  all  sein  innerstes  Wollen,  und  Streben  im 
demüthigen  Gebete  Gottes  Rath  anheimstellen.  Nur  zu  leicht 
kann  er  bei  dem  GeHngen  seiner  Unternehmungen,  beim  An- 
wachsen seines  Vermögens  sich  dem  Wahne  hingeben,  dass 
dieses  Alles  sein  eigenes  Werk  und  Verdienst  sei  und  leicht 
kann  er  darüber  seines  Schöpfers  vergessen,  der  ihm  Intelligenz 
und  Fähigkeiten  verliehen  hat;  aber,  sein  Vermögen  ist  so  un- 
sicher wie  der  Meeressand,  den  eine  Hochfluth  angehäuft  und 
den  die  nächste  Ebbe  hinwegreisst ;  seine  Grundsätze  sind  wie 
das    schwache    Rohr,    das    der   Wind    hin    und   her   weht.      Nur 


109 


Gebet  und  Gottvertrauen  neben  treuer  Pflichterfüllung  können 
ihn  sicher  auf  dem  gefahrvollen  Lebenspfade  geleiten.  Mit  Gott 
steht  er  sicher  wie  ein  Fels!  Wie  aber  auch  ein  Fels  fallen 
kann,  so  auch  er;  aber  er  fällt  dann  mit  dem  Bewusstsein, 
dass  dem  Laufe  des  Irdischen  Genüge  geschehen  ist  und  sein 
Geist,  der  Ewigkeit  angehörend,  hebt  sich  vertrauend  wieder 
empor    durch    Nacht    zum    Licht. 

Der  Kaufmann  ehrt  seinen  König  als  die  SpitSe  der  Landes- 
verhältnisse und  liebt  ihn  um  so  mehr,  wenn  neben  hohen 
Regententugenden  Weisheit  und  Wissen  ihn  verehrungswürdig 
machen.  Er  achtet  sein  engeres  Vaterland,  das  er  niemals 
verleugnet    und    für    dessen    Ehre    er  Alles    einzusetzen    bereit    ist. 

Er  pflegt  auch  gerne  des  Frohsinns,  wenn  das  Familien- 
glück ihm  Rosen  streut;  und  freigebig  und  wohlthätig 
sein  zu  können,  dünkt  ihm  der  Lohn  und  Segen  seiner 
Arbeit. 


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