D 20 720 E
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September 1974 • 100. Jahrgang • Nummer 9
Inspirierende Worte
Bevor wir am
Abendmahl
teilnehmen...
Bevor wir am Abendmahl teil-
nehmen, sollen unser Herz und
unsere Hände rein sein. Wir
sollen all unsere Feindselig-
keiten gegenüber unseren Mit-
menschen begraben haben und
in Frieden mit ihnen leben. Wir
sollen in uns den Wunsch
tragen, den Willen des Vaters
im Himmel zu tun und alle seine
Gebote zu befolgen. Wenn wir
das tun, wird uns die Teilnahme
am Abendmahl zum Segen ge-
reichen und uns mit neuer gei-
stiger Kraft beseelen.
- George Albert Smith
geb. am 4. April 1870
gest. am 8. April 1951
Achter Präsident der Kirche
INHALTSVERZEICHNIS
Inspirierende Worte. George Albert Smith 354
„Du sollst dem Herrn, deinem Gott, in allen Dingen danken."
Marion G. Romney 356
Von Mose bis Maleachi. Edward J. Brandt 359
Der Ursprung der Schrift. Hugh Nibley 364
Fragen und Antworten. Richard Lloyd Anderson 367
Die Mission des Mose. Sidney B. Sperry 368
Außergewöhnliche Begebenheiten aus dem Leben unserer
Apostel : Orson F. Whitney 372
Fragen und Antworten. LeGrand Richards und Vaughn J.
Featherstone 375
Pläne für ein erfülltes Leben. Spencer W. Kimball 378
Statistischer Bericht 382
„Seid rein, die ihr die Gefäße des Herrn traget!" Marion G.
Romney 383
Vom Herrn erwählt. N. Eldon Tanner 386
Neue Generalautoritäten: L. Tom Perry, J. Thomas Fyans,
Neal A. Maxwell 390
DER kleine STERN
Freunde in Norwegen 65
Ein Junge und ein Vogel. Grace M. Pratt 66
Das macht Spaß 69
Von Freund zu Freund. Spencer W. Kimball 70
Rätsel 72
Veröffentlichung der Kirche Jesu Christi
der Heiligen der Letzten Tage
für die deutschsprachigen Pfähle und
Missionen
D-6000 Frankfurt 50, Postfach 501070
September 1974
100. Jahrgang • Nummer 9
Erste Präsidentschaft
Spencer W. Kimball
N. Eldon Tanner
Marion G. Romney
Rat der Zwölf
Ezra Taft Benson, Präsident
Mark E. Petersen, Delbert L. Stapley,
LeGrand Richards, Hugh B. Brown,
Howard W. Hunter, Gordon B. Hinckley,
Thomas S. Monson, Boyd K. Packer,
Marvin J. Ashton, Bruce R. McConkie
L. Tom Perry
Beratendes Komitee
J. Thomas Fyans, Daniel H. Ludlow,
John E. Carr, Doyle L. Green
Redaktion
Larry A. Hiller
Klaus Günther Genge, Koordinator
Layout
Verlag Kirche Jesu Christi
der Heiligen der Letzten Tage
Druck
Paul Giese KG, Offenbach/Main
Bestellungen nehmen die Sternagenten
in den Gemeinden oder der Verlag
entgegen. DER STERN erscheint monat-
lich und kostet pro Jahr DM 15,—
sfr. 16.50, öS 100-, Übersee $ 5.00
Überweisungen bitte an: Kirche Jesu
Christi der Heiligen der Letzten Tage,
Sonderkonto Verlag, Postscheckkonto
Frankfurt 6453-604.
Artikel und Beiträge zum Textteil
adressieren Sie bitte an die Anschrift des
Verlages mit dem Hinweis
„Übersetzungsabteilung".
Eine Rücksendung erfolgt nur, wenn ein
vollständig adressierter Rücksende-
umschlag bei liegt.
© 1974 by the Corporation of the
President of The Church of Jesus Christ
of Latter-day Saints
355
„Du sollst
dem Herrn,
deinem
Gott,
in allen Dingen
danken"
MARION G. ROMNEY
Zweiter Ratgeber des Präsidenten
der Kirche
Dankbarkeit ist definiert worden
als ,,eine Empfindung dankbarer An-
erkennung für Gefälligkeiten, die wir
empfangen haben". Es ist das
Kennzeichen einer edlen Seele.
„Cicero nennt Dankbarkeit die
Mutter guter Eigenschaften, die
größte aller Pflichten, und verwen-
det die Worte , dankbar' und ,gut'
gleichbedeutend, als unzertrennbar
vereint in ein und demselben Charak-
ter. — Bates1."
Große Seelen sind für einfache
Gefälligkeiten zutiefst dankbar.
Beachten Sie, wie die Seele des Pro-
pheten Joseph Smith auf einige
Briefe reagierte, die er erhielt, als er
sich im Gefängnis zu Liberty auf-
hielt.
„Gestern abend erhielten wir ein
paar Briefe: einen von Emma, einen
von Don Carlos Smith und einen von
Bischof Edward Partridge — , und
aus allen ging ein tröstender Geist
hervor. Wir freuten uns sehr über
ihren Inhalt. Lange Zeit hatten wir
ohne Nachricht verbracht; und als
wir diese Briefe lasen, waren sie so
erfrischend für unsere Seele wie ein
milder Luftzug. Doch in unsere
Freude mischte sich Kummer, als
wir lasen, wie die armen und sehr
geschädigten Heiligen leiden müs-
sen. Wir brauchen euch sicher nicht
zu sagen, daß unser Herz vor Mit-
leid überströmte und unsere Augen
Quellen von Tränen waren. Aber die
noch nicht hinter Kerkerwänden
gesessen haben, ohne daß man sich
etwas hat zuschulden kommen
lassen, können kaum ermessen, wie
süß die Stimme eines Freundes ist:
ein Zeichen der Freundschaft, aus
welcher Quelle es auch kommen
mag, erweckt und erregt alle teil-
nahmsvollen Gefühle; sie ruft einem
alles ins Gedächtnis zurück, was
geschehen ist; sie bemächtigt sich
der Gegenwart mit Blitzesschnelle;
mit dem Ungestüm eines Tigers
greift sie nach der Zukunft; und sie
bewegt den Sinn vorwärts und rück-
wärts, von einem zum andern, bis
schließlich alle Feindseligkeit, aller
Groll und aller Haß sowie frühere
Differenzen, Mißverständnisse und
Mißwirtschaften durch siegreiche
Hoffnung erschlagen werden 2."
Wir sollen für alle Gefälligkeiten,
die wir empfangen, dankbar sein und
uns erkenntlich erweisen — und
wir empfangen gewiß viele. Haupt-
sächlich richten wir aber unsern
Dank, und das sollten wir auch, an
Gott, unseren Vater im Himmel, und
an seinen Sohn, Jesus Christus,
unseren Herrn und Heiland.
„Erkennet, daß der HERR Gott
ist!" sang der Psalmist.
„Gehet zu seinen Toren ein mit
Danken, zu seinen Vorhöfen mit
Loben; danket ihm, lobet seinen
Namen3!"
„Und nun, meine geliebten Brü-
der", sagte Amulek zu den Zora-
miten, „wünsche ich, daß ihr ...
Gott ... anbetet, daß ihr für die vielen
Gnadengaben und Segnungen,
die er euch verleiht, täglich euern
Dank darbringt 1"
„O wie ... solltet ihr ... eurem
himmlischen König danken!" sagte
König Benjamin zu seinen Brüdern.
356
, .[Bringt] allen Dank und alles
Lob, dessen eure Seele mächtig ist,
dem Gott dar ..., der euch erschaf-
fen, erhalten und bewahrt hat, der
da macht, daß ihr euch freut, und
gestattet, daß ihr in Frieden mitein-
anderlebt5..."
Wir stehen Jesus Christus gegen-
über in einer unvergänglichen Dan-
kesschuld, denn er hat uns sehr
teuer erkauft. Es ist uns schwachen,
sterblichen Menschen, die wir doch
sind, unmöglich, voll das Leiden zu
begreifen und zu schätzen, das er
am Kreuz erduldete, damit er für uns
den Sieg über den Tod davontrüge.
Noch viel weniger können wir das
Leiden verstehen, das er in Gethse-
mane ertrug, auf daß wir Vergebung
unserer Sünden erlangen, welches
nach seinen Worten „mich, selbst
Gott, den Größten von allen, der
Schmerzen wegen erzittern machte,
so daß ich aus jeder Pore bluten und
im Körper und Geist leiden mußte
und wünschte, den bittern Kelch
nichttrinken zu brauchen undzurück-
schreckte6". Ich behaupte, daß wir
dieses Leiden kaum begreifen kön-
nen, welches er ertrug, um die For-
derungen der Gerechtigkeit zu er-
füllen und das zustande zu bringen,
wodurch wir, indem wir an ihn
glauben und Buße tun, Vergebung
unserer Sünden erlangen können.
Keiner von uns hätte dies Leiden
ertragen können. Kein Sterblicher,
noch mehrere Sterbliche zusam-
men, hätte dies erdulden können.
Kein andrer war dazu bereit,
sein Opfer mußt es sein.
Jetzt finden wir die Ewigkeit
und gehn zum Himmel ein 7.
Zweifellos wird jeder Mensch, der
das begreift, was der Heiland für uns
getan hat, ihn lieben und den
Wunsch haben, seinen Dank auf
realistische Weise zu zeigen.
Im 59. Abschnitt des Buches
, Lehre und Bündnisse' steht eine
Offenbarung, in der uns der Herr im
einzelnen sagt, wie wir das tun kön-
nen.
Die besagte Offenbarung empfing
der Prophet Joseph Smith am 7.
August 1931 in Independence im
Staate Missouri. Die Heiligen fingen
damals gerade an, sich in Zion zu
sammeln. Das Land und das Grund-
stück, auf dem der Tempel erbaut
werden sollte, waren geweiht wor-
den.
Der Herr eröffnete die Offenba-
rung mit folgenden Worten :
„Gesegnet sind die, die ... mit
einem lauteren Sinn für meine Ehre
in dieses Land heraufgezogen sind.
Ja, gesegnet sind die, deren Füße
auf dem Lande Zion stehen und die
meinem Evangelium gehorcht
haben, denn als Belohnung wer-
den sie die guten Dinge dieser Erde
empfangen, und sie wird mit ihrer
ganzen Kraft hervorbringen.
Sie werden aber auch mit Segnun-
gen aus der Höhe gekrönt werden,
ja, mit nicht wenigen Geboten und
Offenbarungen zu ihrer Zeit — ja
alle, die getreu und fleißig vor mir
sind.
Darum gebe ich ihnen ein Gebot
und sage: Du sollst den Herrn,
deinen Gott, lieben mit deinem gan-
zen Herzen, mit all deiner Kraft, von
ganzem Gemüte und mit deiner
ganzen Stärke, und sollst ihm im
Namen Jesu Christi dienen.
Du sollst deinen Nächsten lieben
wie dich selbst. Du sollst nicht
stehlen, auch nicht ehebrechen oder
töten, noch irgendetwas Ähnliches
tun8."
Der Herr fügte dann durch Gebot
unser Thema hinzu: ,, Du sollst dem
Herrn, deinem Gott, in allen Dingen
danken9"
Darauf folgten zwei Gebote. Indem
die Heiligen sie hielten, konnten sie
dem Herrn ihre Dankbarkeit er-
weisen, wie es ihm recht ist; auch
wir heute können und sollen dies
tun.
Diese Gebote sind:
Erstens: „Du sollst dem Herrn,
deinem Gott, in Gerechtigkeit ein
Opfer darbringen, ja, das eines
gebrochenen Herzens und zer-
knirschten Geistes."
Und zweitens: „Um dich noch
völliger von der Welt unbefleckt zu
halten, sollst du zum Hause des
Gebets gehen, am Abendmahl teil-
nehmen und deine Gelübde an
meinem heiligen Tage darbringen.
Denn wahrlich, dies ist der Tag,
für dich zur Ruhe von deiner Arbeit
bestimmt, und damit du dem Aller-
höchsten deine Verehrung bezeu-
gest.
Dessenungeachtet sollen deine
Gelübde jeden Tag und zu allen
Zeiten in Gerechtigkeit dargebracht
werden.
357
Bedenke aber, daß an diesem,
dem Tag des Herrn, du dem Aller-
höchsten deine Gaben und heiligen
Gelübde darbringen und deine Sün-
den vor deinen Brüdern und dem
Herrn bekennen sollst.
An diesem Tage aber sollst du
nichts tun als mit lauterem Herzen
deine Speise bereiten, damit dein
Fasten vollkommen sei, oder mit
anderen Worten, damit deine Freude
vollkommen sei.
Wahrlich, das ist Fasten und
Gebet oder mit anderen Worten,
Freude und Gebet.
Und wenn ihr diese Dinge mit
Danksagung und fröhlichem Herzen
und Angesicht tut — nicht mit
vielem Gelächter, denn das ist
Sünde, sondern mit freudigem Her-
zen und fröhlichem Angesicht — ,
so wird die Fülle dieser Erde euer
sein ...
Und es gefällt dem Herrn, daß er
dem Menschen alle diese Dinge
gegeben hat ...
Und in nichts beleidigt der Mensch
Gott, und gegen niemand ist des
Herrn Zorn entflammt als gegen
solche, die nicht in allen Dingen
seine Hand anerkennen und die
seinen Geboten nicht gehorchen.
... lernet, daß wer die Werke der
Gerechtigkeit tut, seine Belohnung
empfangen wird, nämlich Frieden in
dieser Welt und ewiges Leben in der
zukünftigen10."
Wenn wir Ohren haben, um zu
hören, und wenn wir den Herrn lie-
ben, so werden wir diesen Geboten
Beachtung schenken und dem Herrn,
unserem Gott, danken, indem wir sie
so halten, wie er es vorgeschrieben
hat. Er hat gesagt:
,,Wenn du mich liebst, so wirst du
mir dienen und alle meine Gebote
halten11."
London, April 1974
Wolfgang Pilz aus Darmstadt,
Westdeutsche Mission, und Klaus
Feichtenberger aus Graz, österrei-
chische Mission, erfüllen ihre Mis-
sion gemeinsam mit Brüdern und
Schwestern aus Finnland, Schwe-
den, Norwegen, Dänemark, Groß-
britannien, Irland, den Niederlanden,
Belgien, Frankreich, Deutschland,
Österreich, der Schweiz, Kanada,
den USA und Südafrika. Die „Eng-
land East Mission" mit ihrem Haupt-
sitz in London ist wohl die interna-
tionalste Mission der Kirche. Im
Laufe von 18 Monaten hatten Klaus
Feichtenberger und Wolfgang Pilz
Gelegenheit, mit Missionaren aus
diesen 15 Ländern zusammenzuar-
beiten. Seit drei Monaten bilden die
beiden das wahrscheinlich erste
europäische Zonenleiterpaar ihrer
Mission und leiten die Aktivitäten
der 32 Missionare in ihrer Zone.
Bruder Pilz stammt aus einer der
ältesten HLT-Familien in Deutsch-
land. Bruder Feichtenberger ist der
erste Vollzeitmissionar aus der Ge-
meinde Graz; seine Familie wurde
von Missionaren bekehrt. „Wir fin-
den Freude und Erfüllung, indem
wir den Menschen in England die
Botschaft von der Wiederherstellung
des Evangeliums bringen", meint
Bruder Feichtenberger.
Vor nicht allzu langer Zeit wurde
in ihrer Mission ein neues Arbeits-
gebiet eröffnet: Bruder Pilz und Bru-
der Feichtenberger konzentrieren
sich in ihrer Arbeit erstmals beson-
ders auf Persönlichkeiten des öf-
fentlichen Lebens, auf Leiter grö-
ßerer Firmen und Bankdirektoren.
Bruder Pilz sagt dazu: „Wir glau-
ben, wir erfüllen jetzt eine Prophe-
zeiung, die Joseph Smith erhalten
hat:
'Was ich euch gesagt habe, muß
notwendigerweise geschehen, da-
mit niemand eine Entschuldigung
habe,
und daß weise Männer und Re-
gierer das hören und erfahren, was
sie nie gedacht haben (LuB 101:93,
94.' "
1) „The New Dictionary of Thoughts". 2) DHC,
3:293. 3) Ps. 100:3, 4. 4) AI. 34:37, 38. 5) Mo-
siah2:19, 20. 6) LuB 19:18. 7) Gesangbuch, Nr.
78. 8) LuB 59:1, 3-6. 9) LuB 59:7. 10) LuB 59:8-
16,20-23. 11) LuB 42: 29.
358
Ein Geschichtsüberblick:
Von
moses
bis
nn-meaeßs
EDWARD J. BRANDT
Abteilung fürSeminare und Religionsinstitute
Was ist das Alte Testament, und
was enthält es? Wie kann ein Bericht
über Ereignisse, die sich vor so
langer Zeit zugetragen haben, heute
noch von Bedeutung sein? Was für
einen Wert hat dieses Buch für
Heilige der Letzten Tage? Für viele
stellt allein der enorme Umfang des
Buches ein unüberwindbares
Hindernis dar. Für andere wiederum
ist die Vielzahl seiner Bücher ein
unlösbares Puzzlespiel.
Richtig gesehen, ist das Alte
Testament jedoch eine wertvolle
Sammlung heiliger Schriften.
Sie bietet einen Überblick über die
Geschichte des Gottesvolkes von
der Zeit der Schöpfung bis kurz vor
dem Kommen Christi in der Mitte der
Zeiten. Das Buch enthält zwar nicht
eine detaillierte Aufstellung ge-
schichtlicher Daten, dafür legt es
aber Zeugnis darüber ab, daß Gott
über das Schicksal der Menschheit
wacht. Ferner berichtet es von wich-
tigen Ereignissen in der Geschichte
des Hauses Israel. Zweck des Alten
Testaments ist es, Berichte, Zeug-
nisse und Prophezeiungen zu be-
wahren, welche die Grundsätze und
Wahrheiten des Evangeliums und
seine Bündnisse lehren.
Das Alte Testament handelt von
fünf Evangeliumszeiten oder Zeitab-
schnitten der Offenbarungen und
Bündnisse. Die Evangeliumszeit
Adams, die Enochs, die Noahs und
die Abrahams erscheinen nur in ab-
gekürzter Fassung, in der nur be-
stimmte Ereignisse wiedergegeben
werden. Diese vier Evangeliums-
zeiten sind alle im ersten Buch Mose
zusammengefaßt, wovon allein 80
Prozent der Evangeliumszeit Abra-
hams und der Gründung des Bun-
desvolkes Israel gewidmet sind.
Mehr als 90 Prozent des Alten
Testaments sind einem ausführlichen
Bericht überdie fünfte Evangeliums-
zeit, nämlich der des Mose, ge-
widmet. Dieser Zeitabschnitt be-
ginnt mit der Gefangenschaft der
Israeliten in Ägypten und endet mit
dem Volk Juda im Gelobten Land als
Provinz des persischen Reiches.
Geschichtlich gesehen kann dieser
Teil des Alten Testaments in neun
Hauptabschnitte gegliedert werden,
wovon jeder Abschnitt einen Teil
der Geschichte dieses Buches aus-
macht.
Zuerst einmal ist da die Epoche
des Mose. Sie beginnt mit einem
kurzen Bericht über die Kindheit
des Propheten. Das zweite bis fünfte
Buch Mose berichtet von den Prü-
fungen und Segnungen und dem Ge-
horsam und Ungehorsam der Kinder
Israel, von ihrer Gefangenschaft in
Ägypten sowie ihrer Zeit der Vor-
bereitung darauf, das Gelobte Land
zu betreten. In diesem 120jährigen
Zeitabschnitt treten Mose, Aaron,
Miriam, Jethro und Josua als
Hauptpersonen in Erscheinung.
Die Bündnisse, Gebote und Ver-
ordnungen, die der Herr in dieser
Zeit offenbart hat, sind sehr aus-
führlich beschrieben und aufgeführt.
In den Aufzeichnungen ist die gedul-
dige Fürsorge des Herrn um seine
Kinder sehr gut beschrieben, wie er
bemüht ist, ihnen gemäß ihrem Ge-
horsam ihm und seinen Propheten
gegenüber die Segnungen seines
Reiches zu gewähren.
Als nächstes folgt die Zeitspanne
der Eroberung des Landes Kanaan,
wie sie im Buch Josua zusammenge-
faßt ist. Dort können wir von der
wunderbaren Überquerung des
Jordans und den folgenden Feld-
zügen der Israeliten lesen, die sie
geführt haben, um sich das Land des
Erbteils zu sichern. Gegen Ende
dieses Zeitabschnitts, so erfahren
wir, haben sich die Israeliten in
einem gewissen Zustand des Abfalls
vom Glauben befunden, weil sie die
Gebote des Herrn nicht ernst ge-
nommen haben.
Der Bericht über das Zeitalter der
Richter liegt in einer abgekürzten
Form vor, im Buch der Richter. Da
die Israeliten in dieser Zeit, die sich
über mehrere Jahrzehnte erstreckte,
den Bund mit dem Herrn brachen,
blieben sie sich im Gelobten Land
359
selbst überlassen, und der Herr half
ihnen nicht, sich von den anderen
Völkern unabhängig zu machen1.
Ohne einen König oder Propheten
tat jeder, „was ihn recht dünkte2".
Je nach den Umständen und Er-
fordernissen berief der Herr Richter,
die in den Angelegenheiten der
Stämme eingriffen. Andere Männer
traten in Erscheinung und maßten
sich das Recht an, aus Profit- und
Machtgründen unter dem Volk zu
richten. Einige taten dies innerhalb
ihres eigenen Stammes, andere
waren Richter über eine Region, die
mehrere Stämme umfaßte.
Nur von acht der fünfzehn Richter,
die in dem gleichnamigen Buch
erwähnt werden, gibt es einen Be-
richt über ihre Zeit als Richter. De-
bora und Gideon waren beispiels-
weise gerechte Richter, die berufen
worden waren, ihrem Volk zu helfen.
Abimelech hingegen war ein böser
Mensch, der darauf bedacht war,
Macht an sich zu reißen. Über Sam-
son wird berichtet, daß er dem
Herrn hingebungsvoll gedient, aber
schließlich doch versagt hat, seine
Aufgabe rechtschaffen zu erfüllen.
In diese Zeitspanne des Alten Testa-
ments fällt auch der Bericht von
Ruth. Ruth, die eine bekehrte
Moabiterin war, war die Großmutter
Davids und eine direkte Vorfahrin
Jesu Christi.
Das Zeitalter der Richter endet mit
einem Bericht über Eli, dem Priester
und Richter, und Samuel, der zum
Priester, Richter und schließlich
zum Propheten für ganz Israel be-
rufen wurde. Das Volk Israel war
aber nicht bereit, das Reich Gottes
anzunehmen. Es lehnte den Prophe-
ten Samuel ab, den es doch so not-
wendig brauchte, und wollte einen
König, wie ihn die anderen Völker
der Welt hatten.
Der verbleibende Teil des ersten
Buches Samuel berichtet über den
vierten Abschnitt der Evangeliums-
zeit des Mose, und zwar über die
Regierungszeit Sauls. Die vierzig-
jährige Regentschaft des ersten
Königs des Volkes Israel ist die
Geschichte vom Aufstieg eines
360
demütigen Mannes, der als stolzer
und mißtrauischer König gestorben
ist, der seine Aufgabe mißachtet hat
und schließlich vom Herrn verlassen
worden ist. Ein anderer tritt an
Sauls Stelle und wird zum König
gesalbt, David. Seine Erlebnisse als
Sieger über Goliath und als wahrer
Bruder Jonathans machen einige der
klassischen Geschichten der Schrift
aus.
Das zweite Buch Samuel enthält
die nächste bedeutsame Zeitspanne
- die Regierung Davids. Sieben Jahre
lang regierte David als Stammes-
oberhaupt von Juda, und dann, als
er die Unterstützung aller Israeliten
gewann, regierte er als zweiter König
über das Volk des Herrn. David ver-
einigte das Volk und machte Jeru-
salem zur Hauptstadt Israels. Auf
dem Höhepunkt seiner Laufbahn gab
er der Versuchung und Leidenschaft
nach und wurde schließlich sogar
zum Mörder. Wie der Prophet Nathan
vorhergesagt hatte, folgte eine trau-
rige Zeit für David und seine Familie.
Wenn auch nicht ohne Hoffnung auf
eine schließliche Erlösung, so en-
dete die Regierungszeit Davids doch
noch mehr oder weniger tragisch.
Das goldene Zeitalter des Volkes
Israel unter der Herrschaft Salomos,
des Sohnes Davids, bildet das
nächste Kapitel in der Geschichte
des Alten Testaments. In der ersten
Hälfte des ersten Buches der Könige
wird einiges von den Erfolgen und
Fehlern Salomos berichtet. Er er-
richtete und weihte den ersten
Tempel des Volkes Israel. In dieser
Zeit des Wachstums und der Vor-
rangstellung unter den Völkern wur-
den in Israel Paläste, Regierungsge-
bäude und militärische Anlagen er-
richtet.
Der Handel gedieh und die wirt-
schaftliche Macht Israels wurde sehr
groß, deshalb wurde auch der
Einfluß von außen immer größer.
Politische Zugeständnisse und Ver-
träge durch Heirat zwischen den
einzelnen Königshäusern säten den
Samen für den Niedergang Salomos
in der Gunst des Herrn und für die
Teilung und den Untergang des
Volkes.
Nach dem Tode Salomos begann
das Zeitalter des geteilten König-
reichs. Der zweite Teil des ersten
Buches der Könige und das ganze
zweite Buch berichten über den all-
mählichen Niedergang der geteil-
ten Nation. Aus dem Machtkampf,
der nach dem Tode Salomos unter
den Israeliten einsetzte, gingen zwei
Königreiche hervor. Der Stamm Juda
bildete mit den assimilierten Simeo-
nitern und einer Hälfte des Stammes
Benjamin das Südreich, das soge-
nannte Reich Juda. Die anderen
zehneinhalb Stämme im Norden
gründeten das sogenannte König-
reich Israel. Manchmal wurde es
auch das Reich Ephraim genannt,
und zwar nach dem Stamm, der
unter den anderen Stämmen eine
Vorrangstellung hinsichtlich der
Führung des Reiches übernommen
hatte.
Dem Leser dieses Teils des Alten
Testaments fällt es schwer, den
Überblick zu behalten, denn einmal
befaßt sich die Schrift mit dem einen
Reich, ein anderes Mal mit dem an-
deren Reich. Auch zeitliche Ver-
schiebungen gibt es in den Auf-
zeichnungen, da nur bedeutsame Er-
eignisse im Leben einiger weniger
Könige in der Schrift enthalten sind.
Der Bericht über das Nordreich um-
faßt einen Zeitraum von 200 Jahren.
Während dieser Zeit haben ungefähr
20 Könige regiert. Einige von ihnen
nur wenige Monate, während andere
viele Jahre das Land regierten. Unter
ihnen sind Jerobeam, Ahab, Jehu
und Hosea die bekanntesten.
Unter den Propheten, die der Herr
erweckte, befanden sich Elia, Elisa,
Arnos und Hosea. Von der Gründung
bis zum Fall dieses Reiches waren
seine Einwohner abgöttisch und un-
moralisch. Sie lagen ständig mit
dem Reich Juda oder einem ihrer
Nachbarn im Krieg. Im Jahre 722 v.
Chr. machten die Assyrer diesem
Treiben ein Ende. Sie unterwarfen
das Reich Israel und führten nahezu
die gesamte Bevölkerung der nörd-
lichen Stämme in Gefangenschaft.
Durch ihre spätere Flucht aus der
Gefangenschaft und ihren Zug in
unbekannte nördliche Regionen
wurden sie die verlorenen Stämme
Israels.
Das Reich Juda bestand ver-
gleichsweise etwa 350 Jahre. In
dieser Zeit regierten 21 Könige.
Rehabeam, der Sohn Salomos,
nahm als erster den Thron Judas ein.
Asa, Josaphat, Amazja, Hiskia,
Josia und Zedekia sind die bekann-
testen Könige, die Rehabeam
folgten. Die Propheten Joel, Jesaja,
Micha und Jeremia waren einige von
denen, die der Herr in Juda zum
Dienst berufen hatte.
Götzendienst und Unmoral waren
es wahrscheinlich, die den Unter-
gang des Südreiches verursacht
hatten. Aber es gab in dieser Zeit
auch einige rechtschaffene Könige,
die mit starker Hand regierten. Sie
wirkten dem gänzlichen Verfall des
Volkes entgegen, und es gelang
ihnen etliches zu verändern. Im
Jahre 587 v. Chr. — damals regierte
König Zedekia — verursachte die
Verderbtheit des Volkes schließlich
die Zerstörung Jerusalems. Das Volk
Juda wurde in die Babylonische Ge-
fangenschaft geführt.
Hinweis: Die beiden Bücher der
Chronik bilden in erster Linie eine
Parallele zu dem Bericht in 2. Samuel
und im 1. und 2. Buch der Könige.
Vieles, was in den Büchern der
Chronik enthalten ist, stellt aber
auch eine Ergänzung zu diesen
Büchern dar.
Die Überführung der Juden nach
Babylonien begann im achten Zeit-
abschnitt der Evangeliumszeit des
Mose. Die Aufzeichnungen des
Alten Testaments über diese Zeit
sind sehr unvollständig. Nur durch
die Aufzeichnungen der Propheten
Hesekiel und Daniel und der Königin
Esther erfahren wir einiges über
die Gefangenschaft der Juden.
In den darauffolgenden Jahren
übernahmen die Perser die Herr-
schaft über Juda. Der persische
König Cyrus entließ die Juden
wieder ins Land der Verheißung.
Damit wurde sozusagen das letzte
Kapitel in der Geschichte des Alten
Testaments aufgeschlagen. Esra,
der Berichtsschreiber, und Nehemia,
der berufene Regent seines Volkes,
berichten über die Mühen der Wie-
derherstellung dieses Volkes.
Mit der Hilfe der Propheten
Haggai und Sacharja errichtete das
Volk Juda zuerst den Tempel wieder.
Anschließend machte man sich an
die Arbeit, Jerusalem und das Land
wieder aufzubauen. Der letzte Be-
richt über das Volk Juda im Alten
Testament enthält die Warnungen
des letzten Propheten, Maleachi, der
die Worte der Propheten, die ihm
vorangegangen waren, wiederholte.
Doch das Volk Juda wandte sich
vom Glauben ab, wie später der Herr
selbst erfahren sollte.
Die Evangeliumszeit des Mose
umfaßt nahezu 1000 Jahre. Der
Grund dafür, daß diese Zeit nach
Mose benannt worden ist, liegt
darin, daß der offenbarte Bund und
das Gesetz Gottes an sein Volk das
Gesetz des Mose war, nämlich der
„Zuchtmeister3", dessen heilige
Handlungen und Verordnungen
Israel zu Christus bringen sollten.
Die Widersetzlichkeit der Israeliten
gegen den Herrn war ausschlag-
gebend dafür, daß siedieSegnungen
und Vorteile des Gesetzes verloren.
Die Erfahrungen und Erlebnisse und
die offenbarten Worte der Propheten
verbleiben als ein Zeugnis dafür,
wie wichtig gerechte Prinzipien sind.
Über den Wert des Alten Testa-
ments schrieb Nephi, wie er in einer
Vision unterwiesen wurde: ,,Das
Buch ... ist ein Bericht der Juden,
der die Bündnisse des Herrn ent-
hält, die er mit dem Haus Israel ge-
schlossen hat; und es enthält auch
viele Prophezeiungen der heiligen
Propheten, und es ist ein Bericht,
gleich wie die Gravierungen auf den
Messingplatten, nur daß deren nicht
so viele sind; aber sie enthalten die
Bündnisse des Herrn, die er mit dem
Hause Israel geschlossen hatte;
daher sind sie von großem Wert4."
1) Siehe Richter 2:20-23. 2) Richter 17:6; siehe
auch 21:25. 3) Galater3:24. 4) 1 . Nephi 13:23.
361
Bueß
um
BUCH
Vom 2. Buch Mose bis Maleachi
rh&
m
Das 2. Buch Mose ist ein Bericht über die Knecht-
schaft der Kinder Israel in Ägypten, ihre Befreiung und
ihre Reise durch Sinai. Einige Geschehnisse während
ihres 18monatigen Haltes werden auch beschrieben.
Jehova offenbart Gesetze, Verordnungen und das Prie-
stertum. Die.Stiftshütte wird gebaut.
Das 3. Buch Mose enthält die religiösen und zivilen
Gesetzessammlungen, die heiligen Handlungen des
Priestertums, religiöse Riten und Anweisungen für die
Kinder Israel. In diesem Buch wird ferner beschrieben,
wie das System des Opferns und der Festtage des
mosaischen Gesetzes eingeführt wird.
Das 4. Buch Mose enthält den einzigen Bericht vom
Zug der Israeliten von Sinai nach dem Lande Kanaan.
Das Buch beschreibt die Vorbereitungen dafür und den
eigentlichen Zug zum verheißenen Land. Aufruhr an
den Grenzen Kanaans sind auf den vierzigjährigen
Aufenthalt in der Wüste zurückzuführen. Diese
Vorkommnisse werden eigentlich nur kurz erwähnt. Der
Bericht schließt mit der Ankunft des Volkes Israel am
Jordan, das bereit ist, das verheißene Land zu betreten.
Das 5. Buch Mose ist eine Wiederholung und Erwei-
terung der Gesetze und enthält die letzten Reden Mose
an sein Volk. Ferner enthält das Buch einen Teil der
Geschichte der vergangenen 40 Jahre; es wiederholt
viele Gesetze, Gebote, religiöse Feste und Verordnun-
gen. Schließlich sind in dem Buch auch noch prophe-
tische Äußerungen über Israels zukünftiges Schicksal
zu finden.
Das Buch Josua erzählt von der Eroberung des Landes
Kanaan. Nicht das ganze Land ist in dieser Zeitspanne
sicher in den Händen der Israeliten. Ferner wird von
der Verteilung des verheißenen Landes in Erbteile für
362
jeden der Stämme berichtet. Das Buch schließt mit
Josuas letzten Unterweisungen und Warnungen an
sein Volk.
Das Buch der Richter enthält die wenigen geschicht-
lichen Ereignisse, die uns von der Zeit des Todes
Josuas bis zur Geburt Samuels überliefert sind. Die
einzige Ausnahme bildet das Buch Ruth, das jedoch
auch in dieser Zeit entstanden ist. In dieser Zeit steht
Israel kurz vordem Abfall vom Glauben.
Das Buch Ruth enthält die Bekehrungsgeschichte
einer Moabiterin, die in derzeit der Richter stattfindet.
Das erste Buch Samuel beginnt mit der Geburt
Samuels. Es schildert das Wirken dieses Propheten
unter den Kindern Israel. Ferner sind in diesem Buch
die Berufung Sauls zum ersten König von Israel und
einige Ereignisse in seinem Leben, einschließlich den
Begegnungen mit dem jungen David und Sauls Tod, zu
finden.
Das zweite Buch Samuel handelt von der Regierungs-
zeit König Davids bis zu seinem Tod. Ferner sind in
diesem Buch einige der Aufzeichnungen über das
Wirken der Propheten Samuel, Nathan und Gad zu
finden.
Der Psalter wurde zum Teil von David verfaßt; einige
Psalmen sind von anderen Autoren verfaßt worden.
Viele Psalmen beziehen sich auf Davids Regierungszeit
bzw. auf diese Zeitspanne.
Das erste Buch der Könige berichtet vom Tod König
Davids; es fährt fort mit einem Bericht über die Re-
gierungszeit Salomos, seines Sohnes. Während der
Regierung Salomos wurde der Tempel des Herrn gebaut
und geweiht. Nach dem Tode Salomos kommt es zu
einer Spaltung zwischen den Stämmen. Die Teilung des
Landes in zwei Königreiche — Juda und Israel — ist
die Folge. Das Buch fährt fort mit einem abwechseln-
den Bericht über die Könige beider Reiche. Zahlreiche
Propheten werden erwähnt, doch Elia wird besonders
hervorgehoben. Das Buch schließt mit der Regierung
der Familie König Ahabs überdas Reich Israel.
Die Sprüche Salomos werden größtenteils Salomo
zugeschrieben, obwohl in den Sprüchen selbst viele
andere Autoren erwähnt sind. Die Sprüche werden im
allgemeinen als praktische und weise Ratschläge er-
achtet, weniger aber als Offenbarungen.
Das zweite Buch der Könige fährt mit der Zusammen-
fassung der Ereignisse in den beiden Königreichen fort,
bis die nördlichen Stämme, das Königreich Israel, von
den Assyrern in Gefangenschaft geführt werden. Der
Bericht fährt fort bis zur Gefangennahme des Reiches
Juda durch die Babylonier. In diesem Buch werden nur
wenige der Propheten, die damals gewirkt haben, er-
wähnt, von ihnen besonders Elia und Elisa.
Anmerkung: Die folgenden Bücher des Alten Testa-
ments — Joel, Jona, Arnos, Hosea, Jesaja, Micha,
Nahum, Habakuk, Zephanja, Obadja, Jeremia — be-
richten über die Propheten, die unter den Kindern
Israel und Juda von 850 v. Chr. bis 587 v. Chr. wirkten.
Diese Bücher enthalten auch überwiegend Prophezeiun-
gen und Lehren der Propheten, deren Namen sie tragen.
In einigen Büchern ist nur ein Teil des Wirkens des
jeweiligen Propheten wiedergegeben, in anderen sind
auch geschichtliche Abhandlungen und Erzählungen
enthalten.
Das erste und das zweite Buch der Chronik enthalten
eine kurze geschichtliche Darstellung des Volkes Israel,
und zwar von Adam an bis zur Heimkehr des Hauses
Juda aus der Gefangenschaft. Teile des Berichts sind
genealogischer Art; der Rest stellt eine Ergänzung zu
den Berichten im 2. Samuel und 1 . und 2. Könige dar.
Anmerkung: Als Nebukadnezar im Jahre 597 v. Chr.
Jerusalem das erste Mal einnahm, führte er den re-
gierenden König von Juda, Jojachin, und viele Tausen-
de des Volkes in Gefangenschaft. (Siehe 2. Könige
24:10-16). Unter den Gefangenen befanden sich mög-
licherweise Hesekiel und Daniel. Beide waren in den
Jahren der Gefangenschaft in Babylonien bedeutende
Führer.
Das Buch Hesekiel enthält die Prophezeiungen Hese-
kiels, die er im wesentlichen in den Jahren zwischen
der ersten Gefangenschaft und der Zerstörung Jerusa-
lems (587 v. Chr.) gemacht hat. Der Bericht enthält auch
einige Beschreibungen, wie das Volk Juda in Gefangen-
schaft gelebt hat.
Das Buch Daniel ist eine Erzählung von verschiedenen
Ereignissen im Leben Daniels und seiner Gefährten. Es
enthält auch einige seiner Prophezeiungen.
Das Buch Esther wird im allgemeinen als eine Ge-
schichte betrachtet, die sich im letzten Teil der Gefan-
genschaft der Juden in Persien zugetragen hat oder auch
erst dann, als schon viele von ihnen nach Jerusalem
zurückgekehrt waren.
Das Buch Esra ist der Bericht von der Rückkehr der
Juden aus der Gefangenschaft. Diese Heimkehr hat der
persische König Cyrus ermöglicht. Der Tempel wird
wieder errichtet, und Esra wird bevollmächtigt, sein
Volk einzuteilen und ihm zu helfen.
Das Buch Nehemia ist eine Fortsetzung des Berichts
Esras. Nehemia erhält den Auftrag, den Wiederaufbau
der Stadtmauer von Jerusalem zu leiten. Die Arbeit
wird abgeschlossen. Nehemia setzte auch eine Reihe
von strengen Maßnahmen ein.
Das Buch Haggai und das Buch Sacharja: Haggai
und Sacharja unterstützen Esra in der Zeit, wo der
Tempel wiedererrichtet wird. Ihre schriftlichen Ver-
mächtnisse stellen eine Kombination von Geschichte,
Belehrung und Prophezeiung dar.
Das Buch Maleachi enthält die Aufzeichnungen des
Propheten Maleachi, der Nehemia folgte. Maleachi war
der letzte Prophet, der sich gegen den drohenden Abfall
vom Glauben wandte und der unter dem Volk Juda pro-
phezeite.
363
Der Ursprung der Schrift
HUGH NIBLEY
Teil II
Die Kunst des Schreibens hat den
Aufbau von großen Reichen ermög-
licht, denn nur schriftlich Aufge-
zeichnetes konnte den Raum über-
brücken und das Wort des Herr-
schers über die Berge hinwegtragen.
Die Zeit löscht Dinge aus dem Ge-
dächtnis, aber niedergeschrieben
bleiben Gebote und Vorschriften
für unbegrenzte Jahre bewahrt42.
Der König beschrieb sich selbst als
der Mittler und Schreiber Gottes in
der Verwaltung seines Reiches43
In Ägypten war der Pharao nur
dann bevollmächtigt zu regieren,
wenn der ,, Meister des Hauses der
göttlichen Bücher" des Pharaos
königlichen Namen „in die wahren
Berichte der himmlischen Archive44"
eingetragen hatte. Die Archive
wurden in Ägypten als das Haus des
Lebens angesehen, in dem die
Schriften aufbewahrt wurden, von
denen das Leben aller Dinge ab-
hängt45.
Die Tempel, die Dr. Nibley in diesem Artikel an-
führt, sind nicht Tempel des Herrn, sondern heid-
nische Tempel. Dr. Nibley führt uns vor Augen,
daß alle Bräuche der frühen Völker darauf hinweisen,
daß die Schrift ein Geschenk des Himmels ist. Ob-
wohl beispielsweise die Ägypter falsche Götter ver-
ehrten, hatten ihre Bräuche hinsichtlich der Schrift
doch einen wahren Ursprung, denn Adam und andere
schrieben unter der Eingebung des Geistes. (Siehe
Moses 6:5-8.)
Wo auch immer das Buch des
Himmels erwähnt wird, erscheint der
himmlische Schreiber als König,
Priester und Mittler. Dies ist sowohl
im Judentum und Christentum als
auch in älteren Überlieferungen der
46
Fall . Der Pharao ist der erste von
allen, „der Kenntnis hat und der im
Besitz des himmlischen Buchs ist47".
Alles wurde auf die „unwandelbaren
Tafeln" des Schicksals geschrieben,
die alles festhalten, was auf Erden
geschieht48. Alles wurde niederge-
schrieben, um irdische Ereignisse
mit Ereignissen des Himmels zu
koordinieren.
Die Bücher wurden bei jeder Ge-
legenheit zu Rat gezogen: „Eifere
deinen Vätern nach, die vor dir ge-
gangen sind ... Siehe, ihre Worte
stehen im Buche niedergeschrieben.
Öffne und lies es und strebe nach49."
Interessanterweise sind die wichtig-
sten schriftlichen Dokumente frühe-
rer Zeiten genealogische Berichte;
und das Haus des Lebens war nicht
mehr und nicht weniger als das
genealogische Archiv. Gardiner
folgerte daraus, daß die großen
Pyramiden erbaut worden waren,
um die königlichen genealogischen
Berichte zu beherbergen .
Das Haus des Lebens, worin die
Bücher vervielfältigt und studiert
wurden, hatte von der frühesten Zeit
an große Ähnlichkeit mit einer Uni-
51
versität , denn darin wurden alle
wissenschaftlichen Fragen beant-
wortet52 Das Haus des Lebens war
immer ein Teil des Tempels, und
die Bücher enthielten die ersten
Dichtungen ... Die Aufgaben der
Musen (Dichter) im Tempel bestand
darin, mit den Morgensternen das
Schöpfungslied zu singen53 Natür-
lich wurde zu Musik gesungen.
Einige Gelehrte vertreten die An-
sicht, daß die ersten Schriftzeichen
von Musikzeichen abgeleitet worden
sind54. Das feierliche Lied wurde in
einem heiligen Kreis oder Chorus
gesungen. Dichtung, Musik und
Tanz nahmen im Tempel ihren Ur-
sprung und drangen von dort aus
in dieWelt.
Das Schöpfungslied war Be-
standtteil eines feierlichen Zere-
moniells, das jedes Jahr im Tempel
stattfand. Es stellt den Fall und die
Errettung der Menschen dar, und
zwar durch sportliche Wettkämpfe.
Der Sieger des Wettkampfes wurde
der Priesterkönig selbst. Seine
Krönung und Hochzeit fand an-
schließend statt.
Da bei diesem Ereignis das ganze
Volk versammelt war, wurde natür-
lich auch reger Handel betrieben.
So wurde es erforderlich, die ver-
schiedenen Güter in für den Tempel
annehmbare Opfergaben umzuwan-
deln, was schließlich zum Geld-
handel führte.
Da der Tempel ursprünglich ein
Observatorium war und alles mit
dem Kalender und den Sternen in
Verbindung gebracht wurde, begann
sich die Mathematik zu entfalten,
und die Astronomie wurde zu einer
anerkannten Wissenschaft. Ge-
schichte war eine weitere Wissen-
schaft, denn die Riten galten sowohl
für die Verstorbenen als auch für die
Lebenden, und die Herstellung von
Erinnerungsstätten verstorbener
großer Menschen förderte die
Künste des Porträtierens und Ma-
lens. Da das Aussehen und die Ab-
messungen des Tempels von aller-
größter Bedeutung waren — dieses
Gebäude war ein maßstabgetreues
Nachbild des Universums! — , war
die Architektur des Tempels vorran-
364
gig. Die Geometrie spielte damals
eine große Rolle, weil alles Land
vom Mittelpunkt des Tempels aus
vermessen und verteilt wurde: „Am
Anfang verhieß der Eine Gott Horus
(ein ägyptischer Gott, mit dem sich
der Pharao identifizierte), daß er
das Land Ägypten ererben würde.
Dies war auf Geheiß des Herrn in die
Bücher geschrieben worden, als die
Länder geteilt wurden 55."
Die Schriften, die im Haus des
Lebens verfaßt und abgeschrieben
wurden, wurden dort auch diskutiert.
Dies lieferte natürlich Anstoß für
philosophische Betrachtungen.
Größtenteils befaßten sich diese
Schriften aber mit der Lehre vom
Weltall und mit Naturwissenschaf-
ten. Zusammenfassend kann man
sagen, daß es keinen Wissensbe-
reich in unserer Zivilisation gibt,
der nicht seinen Ursprung im Tempel
hat.
Der wahre Ursprung des geschrie-
benen Wortes wird jedoch, wie
Siegfried Schott hervorhebt, noch
lange Zeit eine Angelegenheit der
Spekulation bleiben56. Der Umstand,
daß alle Gelehrten dieseigentlich nur
spekulativ betrachten, soll uns nicht
abschrecken, denn nur durch Ver-
muten und Diskutieren kann eine
Wissenschaft Fortschritt machen.
Und so sind wir wiederam Anfang.
Alles ist ziemlich unsicher, und es
gäbe noch viel zu sagen, was noch
nicht gesagt worden ist. Wegen
Mangel an Beweisen sind die Ge-
lehrten sozusagen in eine Sackgasse
geraten. Da alle anderen Wege
blockiert sind, wäre es vielleicht gut,
einige der vernachlässigten Wege zu
beschreiten und einige der unge-
stellten Fragen zu stellen, zum Bei-
spiel:
1 . Wie läßt sich die große Lücke in
der Evolutionstheorie erklären? Wo
sind die Funde, die den Übergang
von einer Bilderschrift zum Gebrauch
des Alphabets belegen?
2. Wie läßt sich das plötzliche
Auftreten der Hieroglyphen und des
semitischen Alphabets erklären,
beides vollständig entwickelt? Da
beides als die Erfindung des
Menschen, das Werk eines Genies,
betrachtet wird, warum müssen wir
annehmen, daß es eine lange, all-
mähliche, unbewußte Entwicklung
der Schrift gegeben hat, und zwar
besonders, wo es doch keinen Be-
weis für eine solche Evolution gibt?
3. Die älteste Schrift erscheint
Seite an Seite mit der ältesten Sage
über die Schrift. Müßte nicht jeder
ernsthafte Gelehrte diese Sage
wenigstens untersuchen? Kein Ge-
lehrter zweifelt daran, daß sich
die griechische Sage, nach der der
Ursprung des Alphabets den Phöni-
ziern zugeschrieben wird, als wahr
erwiesen hat. Warum soll man nicht
auch andere Sagen ernsthaft unter-
suchen, mindestens so lange, bis
etwas Besseres gefunden wird?
4. Wie kommt es, daß die Völker
des Altertums sich darüber einig
sind, daß der Ursprung der Schrift,
einschließlich des Alphabets, auf
eine göttliche Quelle zurückzuführen
ist?
5. Warum sind die ältesten schrift-
lichen Dokumente immer in Tempeln
gefunden worden? Warum behan-
deln sie immer religiöse Angelegen-
heiten?
6. Warum steht das Lesen und
Schreiben immer im Zusammenhang
mit dem Auslegen des Willens des
Himmels?
7. Sethe schreibt: ,,lm Wesen
der Schrift liegt etwas Wunderbares
und Geheimnisvolles, das zu allen
Zeiten eine machtvolle Anziehungs-
kraft auf den denkenden Menschen
ausgeübt hat." Warum behauptet
dieser Gelehrte dann, daß die älte-
sten Schriften, sozusagen das Er-
gebnis eines unbewußten, gedanken-
losen, „automatischen" Vorgangs,
nur sehr triviale Angelegenheiten
behandelt haben können? Kann denn
etwas, was so wunderbar und
geheimnisvoll ist, ersonnen worden
sein, um einen trivialen Zweck zu
erfüllen?
8. Der Glaube an die übernatür-
liche Kraft des geschriebenen Sym-
bols ist so alt wie das Zeichnen von
Pfeilen. Wie kann man das Wesen
der frühesten Schrift begreifen,
ohne die wunderbare oder geheim-
nisvolle Macht zu berücksichtigen,
die sie auf den Menschen ausgeübt
hat57?
9. Mit der Gründung der ersten
Dynastie in Ägypten erscheint auch
die erste Schrift, und zwar voll-
ständig entwickelt. Sie war zu ent-
wickelt und zusammenhängend,
als daß sie vorher einen Entwick-
lungsprozeß hat, meinte Schott.
Worin liegt die Bedeutung der
Schrift, daß sie dem König als Mittel
zur Macht und Regierung dienen
konnte?
10. Warum ist das Schreiben
immer ein Geheimnis gewesen, ein
Monopol der Priester und Könige?
„Das wirklich Wunderbare, das die
Schrift vollbringt, das Übertragen,
Bewahren und Anregen von Gedan-
ken, ist für den praktisch veranlagten
Menschen uninteressant. Geschäfts-
berichte, Privatbriefe, Schulübungen
usw. werden in Abständen von
Sekretären und Kaufleuten, denen
diese Dinge nichts bedeuten, ver-
nichtet58" Warum sollen wir dann
annehmen, daß gerade solche Men-
schen das Schreiben ersonnen
haben?
Diese Fragen sollten eigentlich
reichen, um unsere eigenen Speku-
lationen zu rechtfertigen. Diejeni-
gen, die behaupten, die Ägypter
hätten kein echtes Alphabet gehabt,
weil sie in ihre Schrift Bilder ein-
bezogen haben, übergehen den
Umstand, daß die Ägypter auf die
Bilder verzichten konnten, was sie
auch manchmal taten. Für einen
Ägypter, der die Landessprache
redete, haben die alphabetischen
Schriftzeichen ausgereicht, ebenso
wie allein die Konsonanten in der
semitischen Sprache ausreichten,
um sie — auch ohne Vokale —
lesen zu können. Wenn wir zugeben,
daß einige der anderen Zeichen not-
wendig sind, warum blieb dann die
unbeholfene Bilderschrift und die
Silbenschrift erhalten, um ein ange-
wandtes und wirksames Alphabet
unnötig vollzustopfen?
Meiner Meinung nach haben die-
jenigen, die die Hieroglyphen ver-
365
wendet haben, nicht nur an ihr ei-
genes Volk gedacht, sondern auch
an andere. Nehmen wir beispiels-
weise die vielen Grabstätten, die
früher errichtet worden sind. Sie
waren auch ganz offensichtlich an
noch ferne, ungeborene Genera-
tionen gerichtet. Jeder gelehrte
Ägypter hätte den Text auch ohne
Bilder lesen können. Aber wir hätten
heute diese Schrift ohne die Bilder
nie lesen können.
Wenn die frühe ägyptische Schrift
wegen ihrer Zusammensetzung
einzigartig ist, ist vielleicht ihr
Zweck auch einzigartig, nämlich
sich in weitaus größerem Maße
mitzuteilen, als dies bei anderen
Sprachen der Fall ist. Es gibt viele
Anhaltspunkte, die diese Theorie
unterstützen, aber wir können sie
hier nicht aufführen. Vielleicht
haben uns die alten Ägypter bewußt
mit mehr Material versorgt als er-
forderlich, damit wir auch das ver-
stehen würden, was sie uns mit-
teilen wollten.
Es scheint, als ob das semitische
Alphabet, das von der alten ägyp-
tischen Sprache abgeleitet ist und
das von der ganzen westlichen
Welt verwendet wird, zu dem beson-
deren Zweck ersonnen worden ist,
die heilige Schrift hervorzubringen.
Sethe meint, daß Mose der Initiator
des Alphabets sein könnte. Um
diesen Gedanken zu unterstreichen,
führt Sethe den jüdischen Schreiber
Eupolemos an. Es scheint jedoch
nur richtig zu sein, darauf hinzuwei-
sen, daß die überwältigende Mehr-
heit der Kenner der jüdischen Ge-
schichte nicht Mose, sondern Abra-
ham als den Erfinder des Alphabets
ansieht; einige sagen sogar, er habe
es von Enoch erhalten.
In den letzten Jahren sind im
Nahen Osten eine Anzahl neuer
Alphabete entdeckt worden, die bis
2000 - 1500 v. Chr. zurückdatieren.
Alle sind „deutlich als Erfindungen
von Einzelpersonen zu identifi-
zieren59". Warum eigentlich nicht?
Wenn man einmal weiß, wie es geht,
steht es jedem frei, sich sein eigenes
Alphabet zu schaffen. Es gibt heut-
zutage Beispiele dafür, daß nützliche
Alphabete geschaffen worden sind.
Es hat aber doch allen Anschein,
daß das kanaanitische Alphabet das
älteste von allen ist, und als solches
ist es „ein Zeuge für den Ursprung
der Thora60". Einige vertreten sogar
die Ansicht, daß es älter ist als die
Hieroglyphen 6!
Trotz aller Vorsicht, die in dieser
Situation geboten ist, kann man
gefahrlos sagen, daß man in diesem
Zusammenhang die heilige Schrift
nicht unberücksichtigt lassen kann.
Wenn sich Gelehrte, die sich rüh-
men, frei von jeder religiösen An-
schauung zu sein, ernsthaft damit
befassen, den Ursprung der Schrift
besonders in den heiligen Schriften
zu suchen, so müssen wir dem be-
sondere Aufmerksamkeit schenken.
Wer die Standardwerke liest, hat das
Wort Gottes an den Menschen von
allem Anfang an vor sich. Die heilige
Schrift ist der beste Anhaltspunkt
hinsichtlich des Ursprungs der
Schrift.
42) Siehe A. Moret, Histoirede l'Orient, I, 96ff.
43) Siehe Pyramid Texts, no. 309-490.
44) A. Moret, Royaute'Pharaonique, Seite 102.
45) Siehe W. Barta, Zeitschrift der ägyptischen
Sprache, 97, Seite 7.
46) Siehe H. Zimmern, Keilschriften und das Alte
Testament, Seite 405.
47) Pyramid Texts, no. 167d.
48) Siehe B. Meissener, Babylonien und Assyrien,
11,125.
49) A. Gardiner, Journal of Egyptian Archaeology,
1 , Seite 25.
50) Siehe A. Gardiner, JEA, 11 :4.
51) Siehe S. Schott, Nachwort zu Sethes „Vom
Bilde zum Buchstaben", Seite 71.
52) Siehe A. Gardiner, JEY, 24:158.
53) Siehe W. Otto, Die Musen, Darmstadt, Wissen-
schaftliche Buchgesellschaft, 1961 .
54) Siehe F. Heichetheim, Epigraphica. An. XII,
1-4, Seite 111-115.
55) S. Schott, Sieg über Seth, Seite 16.
56) Siehe S. Schott, Untersuchungen zur Geschichte
und Altertumskunde, Bd. XII, Seite 83.
57) Siehe , ,The Arrow, the Hunter, and the State"
in Western Political Quarterly 2, Seite 329-339.
58) Zitiert aus Improvement Era, 1958, Seite 307-308.
59) A. Jirku, Zeitschrift der Deutschen Morgen-
ländischen Gesellschaft 100:520.
60) H. Tur-Sinai, Jewish Quarterly Review 41 :296.
61) Siehe P. Mordeit, Jewish Quarterly Review,
2:575.
Abend am Fenster
Herr Gott, wie ist die Erde schön,
wenn rings der Lärm der Menschen schweigt,
wenn ohne Hast im Abendschein
der müde Tag zur Nacht sich neigt.
Herr Gott, wie war das Leben leicht,
wenn alle Menschen Brüder wären,
die ohne Kampf- und Kriegsgeschrei
in Liebe sich als Mensch bewähren.
Herr Gott, wie war das Dasein reich,
wenn alle deine Stimme hörten
und nicht mit Haß und Unverstand
in blinder Wut sich selbst zerstörten!
— Maria Schilling
366
f
Fragen D und Antworten
Diese Fragen und Antworten
sollen Hilfe und Ausblick gewähren
und sind als persönliche Meinungs-
äußerung des Schreibenden zu be-
trachten.
Welche Bücher aus dem Alten Testa-
ment sind vom Herrn am häufigsten
zitiert worden?
RICHARD LLOYD ANDERSON
Jesus Christus hatte eine beein-
druckende Fähigkeit an den Tag ge-
legt, einmal das Alte Testament an-
zuführen und ein anderes Mal davon
abzulassen. Dies zeigt sich bei-
spielsweise in der Bergpredigt.
Obwohl ,,er ... mit Vollmacht und
nicht wie ihre Schriftgelehrten1"
sprach, beteuerte er, daß er nicht
gekommen sei, ,,das Gesetz oder
die Propheten aufzulösen2".
Der Herr begann im Alter von
fünf Jahren, das Alte Testament zu
studieren. Mit zwölf Jahren disku-
tierte er mit jüdischen Gelehrten
über die Schrift, und zwar auf eine
Weise, die unter den Anwesenden
großes Erstaunen hervorrief; und im
reifen Mannesalter waren seine
Reden mit Zitaten und Beispielen
aus dem Alten Testament durch-
setzt. Die vier Evangelien enthalten
etwa 75 Zitate aus dem Alten Testa-
ment, was darauf hinweist, welche
Achtung der Herr diesen jüdischen
Büchern entgegengebracht hat.
Er kannte sie sehr gut, denn er führte
die meisten von ihnen an.
Am häufigsten — und das
dürften Sie ja auch vermutet haben
— hat der Herr ausden fünf Büchern
des Mose zitiert. Da sie das Gesetz
darstellten, stützten sich auch die
meisten Fragen auf sie. Etwa ein
Viertel der Zitate des Herrn aus dem
Alten Testament entstammen diesen
fünf Büchern. Beinahe so oft führte
der Herr aber auch das Buch der
Psalmen an, worin er offensichtlich
großen persönlichen Trost und pro-
phetische Auskunft fand. Von den
Propheten führte der Herr Jesaja am
häufigsten an; direkt zitiert er ihn
zwölf Mal. Wie dies auch bei vielen
Psalmen der Fall war, so fesselten
Christus die messianischen Prophe-
zeiungen Jesajas. Während seines
Wirkens auf Erden bezog er die
Worte des Propheten auf sich und
erklärte sie als erfüllt3. Als sich der
Herr nach seiner Auferstehung den
Emmausjüngern zeigte, fing er ,,an
bei Mose und allen Propheten und
legte ihnen in der ganzen Schrift
aus, was darin von ihm gesagt
4i>
war .
Die Geschichte lehrt uns, daß der
Herr zu Recht sein Schwergewicht
auf die fünf Bücher Mose, die Psal-
men und das Buch Jesaja gelegt hat.
Zahlreiche Schriftrollen, die in
Kumran gefunden worden sind,
beweisen die Popularität dieses
Teils des Alten Testaments. Ein
solcher Hinweis ist besonders für
die Heiligen der Letzten Tage in-
teressant, die wissen, daß der
Prophet Jesaja im Buch Mormon
öfter zitiert wird als irgendein an-
derer Prophet des Alten Testaments
und daß der Herr im 3. Nephi sagt:
,,Denn die Worte Jesajas sind er-
haben5."
Ungefähr ein Drittel der Zitate des
Herrn aus dem Alten Testament
stammen von Daniel und den „klei-
neren" Propheten. Der Herr ver-
wandte Prophezeiungen über den
Messias, den Abfall vom Glauben,
die Wiederherstellung und das
Jüngste Gericht und Ermahnungen
zu persönlicher Rechtschaffenheit.
Diejenigen, die dem Herrn nach-
folgen, werden im Alten Testament
das finden, was er gefunden hat:
Unterweisung, Ansporn und prophe-
tische Führung.
Bruder Richard Lloyd Anderson ist Professor für
alttestamentliche Sprachen und Geschichte an der
Brigham-Young-Universität.
1) Matthäus 7:29. 2) Matthäus 5:17. 3) Siehe
Lukas 4:21. 4) Lukas 24:27. 5)3. Nephi 23:1 .
367
Befreiung aus der
Knechtschaft
SIDNEYB.SPERRY
Mose zählt zu den bedeutendsten Männern, mit
denen die Erde je gesegnet war. Die Hebräer verehrten
ihn vor alters als einen ihrer mächtigsten Propheten und
Seher. Auch die Heiligen der Letzten Tage wissen aus
gutem Grund seine Bedeutung und sein Wirken zu wür-
digen.
Mose und sein Bruder Aaron stammten von guten
Eltern ab. Ihr Vater Amran und ihre Mutter Jochebed
waren Nachkommen von Jakobs drittem Sohn Levi .
Mose und Aaron waren demnach Leviten. Später hat
der Herr Angehörige dieses Stammes dazu ausersehen,
im Priestertum zu amtieren .
Der Stamm Levi wurde auch der priesterliche Stamm
genannt; er übernahm bei den Hebräern die Leitung der
meisten spirituellen Angelegenheiten. Moses Lebens-
lauf läßt sich in drei Abschnitte von je 40 Jahren glie-
dern: 1) die Zeit in Ägypten, 2) die Zeit in der Wüste
oder die Zeit der geistigen Vorbereitung und 3) die Zeit
als Israels Führer und Gesetzgeber.
Die Ereignisse der ägyptischen Periode sind in den
ersten 15 Versen im 2. Buch Mose, Kap. 2 zusammenge-
faßt. Mose berichtet darin über seine Geburt, die Be-
gebenheit mit der Tochter des Pharao, die ihn adop-
tiert hat, und darüber, wie er den ägyptischen Aufseher
erschlug.
Leider berichtet er nichts über sein Leben am ägypti-
schen Hofe. Doch er hat sicherlich die beste Erziehung
genossen, die es damals in Ägypten gab, und war mit
den diplomatischen Gepflogenheiten der damaligen Zeit
vertraut. Wenn wir den Schriften des jüdischen Ge-
schichtsschreibers Josephus Glauben schenken kön-
nen, haben die Ägypter von den hervorragenden Füh-
rungseigenschaften des Mose in diesem ersten Lebens-
abschnitt regen Gebrauch gemacht.
Hat Mose geheiratet, ehe er von Ägypten nach Midian
geflohen ist? Dies ist eine interessante Frage, die man
vermutlich bejahen muß. Erstens galt es für einen
jungen Mann als besondere Pflicht zu heiraten. Wer
nicht heiratete, machte sich eines Verbrechens an der
Menschheit schuldig. Zweitens wird uns berichtet, daß
,, Mirjam und Aaron gegen Mose [redeten] um seiner
Frau willen, der Kuschiterin, die er genommen hatte.
Er hatte sich nämlich eine kuschitische Frau genom-
men3". Diese Ehe wurde vermutlich geschlossen, als
Mose noch am ägyptischen Hofe weilte.
Weil er den ägyptischen Aufseher erschlagen hatte4,
mußte er vor dem Zorn des Pharao flüchten. Er floh
südöstlich in die Weidegründe von Midian am Südende
des heutigen Golf von Akaba5 Hier also vollzog sich die
geistige Vorbereitung des zukünftigen Gesetzgebers
auf die Befreiung seines Volkes.
Moses Gerechtigkeitsliebe und Unparteilichkeit
zeigten sich, als er an einem Brunnen rastete. Als die
sieben Töchter Midians kamen, um die Schafe ihres
Vaters zu tränken, trieben die Hirten sie weg. ,,Mose
aber stand auf und half ihnen und tränkte ihre Schafe6."
Sein Eintreten für das Recht der Schwestern führte
dazu, daß er von Jethro, dem Priester in Midian, in
368
dessen Haus aufgenommen wurde7. Er heiratete Jethros
Tochter Zippora, die ihm zwei Söhne gebar: Gerschom
und Eleasar. Mose wurde Jethros Schafhirte und mußte
daher in der Steppe umherziehen, um geeignete Weide-
plätze zu finden.
Jethro ist für das Leben und Wirken des Mose von
großer Bedeutung gewesen. Das Alte Testament nennt
ihn ,,den Priester in Midian", doch erst neuzeitliche
Offenbarungen durch den Propheten Joseph Smith
zeigen die Bedeutung von Jethros Priestertum auf. Dem
Buch , Lehre und Bündnisse', Abschnitt 84 zufolge
empfing Mose das ,, heilige Priestertum von seinem
Schwiegervater Jethro8". So kann man wohl annehmen,
daß Jethro das Amt eines Hohenpriesters innehatte und
möglicherweise über eine Gemeinde der Kirche in
Midian präsidiert hat9
Mose — vor alters von den Hebräern als einer ihrer
mächtigsten Propheten verehrt — hat vom Herrn
bemerkenswerte Aufträge erhalten: unter anderem die
Befreiung Israels und die Unterweisung des Propheten
Joseph Smith
Es ist interessant, daß Jethros Priestertum sich über
Caleb und Elihu auf Melchisedek und Noah und weiter
auf Adam zurückführen läßt10. Daß er das Melchisede-
kische Priestertum getragen hat, läßt uns vermuten,
daß es in Midian eine Gemeinde der Kirche Jesu Christi
gegeben hat. Dies ist eine überraschende Tatsache;
denn das Alte Testament berichtet an dieser Stelle
nichts von einer Kirche. Dank dem Propheten Joseph
Smith dürfen wir jedoch annehmen, daß Jethro im
Besitz heiliger Schrift gewesen ist und Mose das Evan-
gelium gelehrt hat, als dieser in sein Haus kam.
Andersgläubige mögen die Ansicht, daß Mose ein
Mitglied der Kirche Jesu Christi wurde, für ketzerisch
halten; doch ist es für den, der das Evangelium kennt,
nur eine logische Schlußfolgerung. Dennoch erheben
sich einige interessante Fragen. Wann und von wem
wurde das Evangelium nach Midian gebracht und dort
eine Gemeinde gegründet? Was geschah mit der Kirche
in Midian und andernorts, als Mose die Israeliten aus
der Knechtschaft befreite und in die Wüste führte? Wie
hat Mose während der Zeit in der Wüste über die ge-
samte Kirche präsidiert (wenn man davon ausgeht, daß
es noch Gemeinden außerhalb Midians gegeben hat)?
Wenn Sie über diese Fragen nachdenken, sollten Sie
sich vor Augen halten, daß Melchisedek zu Abrahams
Zeit über die Kirche präsidiert und Zehnten von ihm
empfangen hat 11 Das Buch Mormon verweist darauf,
daß das Evangelium möglicherweise in Palästina gepre-
digt wurde und daß die meisten es verworfen haben12.
Es ist also durchaus möglich, daß die Missionare —
abgesehen von der Gemeinde, die Mose in Midian vor-
fand — auch an einigen anderen Orten Gemeinden
gründen konnten.
Moses geistige Vorbereitung durch Jethro muß sehr
umfassend gewesen sein. Sie führte schließlich dazu,
daß der Herr selbst Mose unterwies und zu seinem Amt
berief. Anscheinend trieb Mose Jethros Herde nach
Westen in die Steppe „zum Berg Gottes, dem Horeb13".
Hier erschien ihm der Herr im brennenden Busch und
gebot ihm, nach Ägypten zu gehen und sein Volk auf
die Befreiung aus der Knechtschaft vorzubereiten.
Kurz nach dem Ereignis am brennenden Busch hob
der Herr Mose auf einen , außerordentlich hohen Berg"
empor und sprach mit ihm „von Angesicht zu Ange-
sicht14". Was Mose auf dem Berg erlebt hat, ist so
wunderbar und bedeutsam, daß wir es nicht außer acht
lassen dürfen.
Daß Gott von Angesicht zu Angesicht mit einem
Menschen spricht, wird nicht nur von Mose, sondern
auch von anderen bezeugt, so von dem Bruder Jareds 15.
Diese Männer müssen von außerordentlicher Geistigkeit
gewesen sein, daß der Herr von Angesicht zu Angesicht
mit ihnen gesprochen hat. Er hat Mose nicht nur in
Person gegenübergestanden, sondern ihn auch ,,mein
Sohn16" genannt und ihm viele seiner Werke gezeigt17.
Er hat ihm auch gesagt, daß er (Mose) ,,im Ebenbild
meines Einziggezeugten sei und mein [Einziggezeug-
ter] ist und soll der Heiland sein18". Er hat ihm die Welt
gezeigt und ,,alle Menschenkinder, die erschaffen sind
und erschaffen wurden". Kein Wunder, daß Mose
staunte und sich sehr darüber wunderte19
Der Herr zog sich dann eine Zeitlang von Mose zurück,
und der große Gesetzgeber fiel vor Schwäche zur Erde.
Er erkannte, daß der Mensch in Gottes Gegenwart
nichts ist; und er sagt, er habe Gott nicht mit seinen
natürlichen Augen gesehen, sondern mit seinen gei-
stigen; denn sonst wäre er in der Gegenwart Gottes
vergangen und gestorben.
Danach hatte Mose eine persönliche Begegnung mit
dem Satan, der ihn aufforderte, ihn anzubeten. Er er-
kannte Luzifer jedoch und gebot ihm im Namen des
Einziggezeugten zu weichen 20.
Als die Herrlichkeit Gottes wieder auf Mose ruhte,
sagte ihm der Herr, daß er ihn stärker als viele Wasser
machen wolle und daß er Israel aus der Knechtschaft
befreien würde21.
Im Geist sah Mose als nächstes die Erde und all
ihre Bewohner und viele Länder und jedes wurde Erde
genannt22 Er war davon so verwirrt, daß er den Herrn
bat, ihm dies alles zu erklären. Er erfuhr dann, daß Gott
durch seinen einziggezeugten Sohn Welten ohne Zahl
erschaffen hat ; doch der Herr gab nur einen Bericht von
dieser Erde und ihren Bewohnern.
In einem bedeutsamen Satz wurde Mose dann der
Zweck von Gottes Werk erklärt :
„Denn siehe, dies ist mein Werk und meine Herr-
lichkeit — die Unsterblichkeit und das ewige Leben
23
des Menschen zustande zu bringen."
Diese Schriftstelle zeigt vielleicht viel eindringlicher
als jede andere die Liebe Gottes für seine Kinder.
369
Als Antwort auf die Bitte24 des Mose erklärte der Herr
ihm dann alles überdiese Erde und ihre Bewohner25 und
gebot ihm, seine (des Herrn) Worte niederzuschreiben.
Der dritte Abschnitt in Moses Leben ist sein Wirken
als Israels Führer und Gesetzgeber. Durch seine großen
spirituellen Erfahrungen in Midian gestärkt und vorbe-
reitet, verließ er Jethro und begab sich mit seiner Frau
und seinen Söhnen auf den Weg zurück nach Ägypten,
wie der Herr es von ihm verlangte. Unterwegs begegnete
ihm Aaron, dem Gebot des Herrn gemäß. Mose teilte
Aaron, seinem Sprecher, die Worte des Herrn mit. Nach
der Ankunft in Ägypten versammelten sie die Ältesten
Israels um sich und verkündeten ihnen die Botschaft
des Herrn an das Volk. Ihre Worte bewegten das Volk
so stark, daß alle sich neigten und anbeteten26.
Die mächtigen Zeichen und Wundertaten, die Mose
und Aaron vollbracht haben, um den Pharao zu bewe-
gen, die Israeliten aus der Knechtschaft zu entlassen,
sind so bekannt, daß sie an dieser Stelle nicht aufge-
zählt zu werden brauchen. Doch selbst als der Pharao —
nach dem Tod jeder Erstgeburt in Ägypten — die Israe-
liten mit ihren Schafen und Rindern ziehen ließ , waren
sie erst völlig frei, nachdem die ägyptische Armee im
Roten Meer vernichtet wurde. Wir lesen, daß Israel
daraufhin dem Herrn und seinem Knecht Mose glaub-
te28
In der Wüste erkannte Mose, daß die Geisteshaltung
der Israeliten einer radikalen Änderung bedurfte. Da sie
so lange unter den Ägyptern und mit heidnischen reli-
giösen Bräuchen gelebt hatten, waren sie auch dazu ver-
führt worden. (Die Geschichte von dem goldenen Kalb
wird im 2. Mose 32:2-9 geschildert.) Der Herr gebot
Mose, dem Volk das folgende mitzuteilen:
,, Werdet ihr nun meiner Stimme gehorchen und
meinen Bund halten, so sollt ihr mein Eigentum sein vor
allen Völkern ; denn die ganze Erde ist mein.
Und ihr sollt mir ein Königreich von Priestern und ein
heiliges Volk sein29."
In den zehn Geboten und in anderen Lehren wurden
den Israeliten die Grundlagen der Religion vermittelt.
Zweifellos haben sich viele der Kirche angeschlossen;
doch es ist ebenso klar, daß viele sich nicht ange
schlössen haben oder als unwürdig erachtet wurden
Mit der Zeit wurden sogar die höheren Verordnungen
des Evangeliums durch Mose offenbart, zumindest
einigen.
Hätten die Israeliten sich einmütig der Kirche an-
geschlossen, wie Mose es wünschte, dann wäre die
Weltgeschichte vielleicht ganz anders verlaufen; doch
leider ,, verhärteten [sie] ihre Herzen31". Nachdem sie
das goldene Kalb angebetet hatten, nahm der Herr
Mose aus ihrer Mitte und mit ihm das heilige oder
höhere Priestertum. Es blieb nur das geringere Priester-
tum. Bekanntlich wurde es Mose vom Herrn nicht ge-
stattet, das Land Kanaan zu betreten. Er ist jedoch nicht
in der Wüste gestorben, sondern der Herr hat ihn ver-
30
wandelt, wie das Geschehen auf dem Berg der Verklä-
rung beweist, wo er zusammen mit dem Propheten Elia
dem Petrus, Jakobus und Johannes erschienen ist32.
Mose und Elia übertrugen ihre Schlüsselgewalt auf die
drei Apostel, und damit sie dies tun konnten, mußten
sie einen Körper aus Fleisch und Bein haben — in die-
33
sem Fall einen verwandelten Körper .
Beide, Mose und Elia, waren mit Christus bei seiner
Auferstehung34 und wurden vermutlich in einem Augen-
blick35 aus ihrem verwandelten Zustand in einen aufer-
standenen Zustand versetzt.
In dieser Evangeliumszeit ist Mose dem Propheten
Joseph Smith und Oliver Cowdery am 3. April 1836 im
Kirtland-Tempel erschienen, und sein Erscheinen war
von höchster Bedeutung. Im Buch , Lehre und Bünd-
nisse', Abschnitt 110, Vers 11 lesen wir:
„Moses erschien und übergab uns die Schlüssel zur
Sammlung Israels aus den vier Teilen der Erde und
zur Herbeiführung der zehn Stämme aus dem Lande des
Nordens."
Wenn wir das Wirken Moses in dieser und in früheren
Evangeliumszeiten überdenken, kommt uns folgende
Schriftstelle in den Sinn:
„Und es stand hinfort kein Prophet in Israel auf wie
Mose, den der Herr erkannt hatte von Angesicht zu
Angesicht36"
Dr. Sperry ist der ehemal ige Leiter der Abteilung Religion an der Brigham-Young-
Universität. Er ist Patriarch im 8. Pfahl der BYU.
Quellenangaben:
I) 2. Mose 6:16, 18, 20; 2) siehe 4. Mose 8:5-26; 3) 4. Mose 12:1 ; 4)2.
Mose 2:11, 12; 5) 2. Mose 2:15; 6) 2. Mose 2:17; 7) 2. Mose 2:18-22;
8) LuB 84:6; 9) siehe 2. Mose 18:1, Inspirierte Version; 10) LuB 84:7-16;
II) siehe 1. Mose 14:20; 12) 1. Ne. 17:35; 13) 2. Mose 3:1 ; 14) Moses
1:1,2; 15)sieheEther3:6-28; 16) Moses 1:4; 17) Moses 1 :4, 5; 18) Mo-
ses 1:6; 19) Moses 1:8; 20) Moses 1 : 12-22; 21) Moses 1 : 25, 26; 22) Mo-
ses 1:28, 29; 23) Moses 1:39; 24) Moses 1:36; 25) Moses 1:40, 41
26) siehe 2. Mose 4:10-31; 27) 2. Mose 12:30-33; 28) 2. Mose 14:31
29) 2. Mose 19:5, 6; 30) siehe 1. Kor. 10:1-8; LuB 84:24; 31) LuB 84:24
32) siehe Matth. 17; 33) siehe Lehren des Propheten Joseph Smith, S. 133.
34) LuB 133:55; 35) 2. Ne. 28:8; 36)5. Mose 34:10.
370
Der statistische Bericht von 1973
zeigt das Wachstum der Kirche
Zahl der Pfähle Zions
Ende 1973 630
Zahl der Gemeinden 4.580
Zahl der unabhängigen
Gemeinden in Pfählen
(von einem Gemeinde-
präsidenten verwaltet) 1 .1 27
Gesamtzahl der Gemeinden
in Pfählen am Ende des
Jahres 5.707
Zahl der Gemeinden in
Missionen am Ende des
Jahres 1.817
Zahl der Missionen am
Ende des Jahres 108
Anzahl der Mitglieder der Kirche am
31. Dezember 1973
In den Pfählen 2,856.210
In den Missionen 465.346
Gesamtzahl der Mitglieder 3,321 .556
Wachstum der Kirche im Jahre 1973
Zahl der Kinder in Pfählen
und Missionen, die
gesegnet wurden 68.623
Zahl der Taufen eingetra-
gener Kinder in Pfählen
und Missionen 48.578
Zahl der übrigen Taufen in
Pfählen und Missionen 79.603
Sozialstatistik
(basiert auf den Angaben von den
Pfählen im Jahre 1973)
Zahl der Geburten pro
Tausend
25,64
Zahl der Personen, die ge-
heiratet haben, pro
Tausend
14,72
Zahl der Sterbefälle pro
Tausend
4,91
Priestertum
Träger des Aaronischen Priestertums
am 31. Dezember 1973
Diakone 140.549
Lehrer 102.924
Priester 164.668
Träger des Aaronischen
Priestertums insges. 408.141
Träger des Melchisedekischen Prie-
stertums am 31 . Dezember 1 973
Älteste
Siebziger
Hohepriester
Träger des Melchisede-
kischen Priestertums
insges.
Gesamtzahl der Träger des
Aaronischen und Melchi-
sedekischen Priester-
tums
Zunahme während des
Jahres
280.351
24.490
99.886
404.727
812.868
25.932
Hilfsorganisationen der Kirche
(Eingetragene Mitglieder)
Wohlfahrtsplan
Zahl der Personen, denen
während des Jahres Hilfe
geleistet wurde 103.100
Zahl derer, denen Arbeit
vermittelt wurde 16.159
Dem Wohlfahrtsplan von
Einzelpersonen ge-
widmete Arbeitstage 154.306
Gemeinschaftliche Arbeits-
tage mit zur Verfügung
gestellten Geräten 4.756
Genealogische Gesellschaft
Im Jahre 1973 für Tempelarbeit
freigegebene Namen 2,718.421.
Während des Jahres in 27 Ländern
gemikrofilmte genealogische Auf-
zeichnungen erbrachten insgesamt
796.804 30-Meter-Rollen Mikrofilm
für den Gebrauch der Kirche, was
über 3,801.373 gedruckten Bänden
mit je 300 Seiten entspricht.
Tempel
Zahl der im Jahre 1973 vollzogenen
heiligen Handlungen in den 15
Tempeln, die in Betrieb sind
Frauenhilfsvereinigung
785.000
Sonntagsschule
2,564.134
Für Lebende
71 .555
Aaronische Priestertums-
Für Verstorbene
8,836.044
GFV Junger Männer
171.377
Gesamtzahl der heiligen
Aaronische Priestertums-
Handlungen
8,907.599
GFV Junger Damen
212.040
Primarvereinigung
471 .538
Melchisedekische Priester-
Schulsystem der Kirche
tums-GFV
625.000
Gesamtzahl der zusätz-
lichen Eintragungen in
Schul- und Bildungsan-
stalten der Kirche, ein-
schließlich Instituten
und Seminaren im
Jahre 1973
307.086
371
AUSSERGEWOHNLICHE BEGEBENHEITEN
AUS DEM LEBEN UNSERER APOSTEL *
ORSON F.
WHITNEY
Biographisches
Orson F. Whitney wurde am 1.
Juli 1855 als Sohn der Eheleute
Horace und Helen Mar Kimball
Whitney in Salt Lake City, Utah
geboren.
Er ging in Salt Lake City zur
Schule und besuchte die University
of Deseret. Später wurde er Rektor
der University of Utah.
Er war dreimal auf Mission — zu-
letzt in Europa, wo er über die Euro-
päische Mission präsidierte.
Bruder Whitney diente 28 Jahre
als Bischof in der 18. Gemeinde in
Salt Lake City, danach wurde er
in den Rat der Zwölf berufen.
Er wurde am 9. April 1906 von
Joseph F. Smith zum Apostel ordi-
niert, zu diesem Zeitpunkt war er 50
Jahre alt. Bruder Whitney unter-
richtete am Brigham-Young-College
in Logan, Utah und schrieb zwei
Biographien, eine über Heber C.
Kimball und die andere über Lorenzo
Snow.
Sein herausragendes literarisches
Werk ist eine Geschichte Utahs. Er
war ein hervorragender Redner und
bekannter Schriftsteller, und wenn
er seine Gedichte vorlas, konnte er
die Zuhörer in den Bann schlagen.
In seiner Jugend interessierte er
sich sehr für die Schauspielkunst
* Auszüge aus dem Buch „Exceptional
Stories from the Lives of Our Apostles",
zusammengestellt von Leon R. Harts-
horn; mit freundlicher Genehmigung
der Deseret Book Co., Salt Lake City.
und spielte führende Rollen bei den
Aufführungen der Home Dramatic
Company. Er sang auch und war
politisch aktiv.
Am 16. Mai 1931 erlag er in Salt
Lake City einem Herzanfall.
Das folgende Material ist seinen
Erinnerungen entnommen.
* * * *
Dann erlebte ich eine wunderbare
Manifestation und empfing eine Er-
mahnung aus einer höheren Quelle,
die ich unmöglich ignorieren konnte.
Es war ein Traum oder vielmehr eine
Vision im Traum derweil ich auf
meinem Bett lag. Dies geschah in
der kleinen Stadt Columbia im Kreis
Lancaster, Pennsylvania. Ich schien
in den Garten Gethsemane versetzt
— gleichsam als Augenzeuge der
Todesqual des Heilands. Ich sah ihn
klar und deutlich vor mir. Ich stand
hinter einem Baum im Vordergrund
und sah, wie Jesus mit Petrus, Jako-
bus und Johannes durch eine kleine
Pforte zu meiner Rechten eintrat.
Der Gottessohn ließ die drei Apostel
zurück; und nachdem er ihnen ge-
sagt hatte, sie sollten niederknien
und beten, begab er sich zur anderen
Seite des Gartens, wo auch er nie-
derkniete und betete. Es war das
Gebet, mit dem jeder Bibelleser
vertraut ist: „Mein Vater, ist's mög-
lich, so gehe dieser Kelch an mir
vorüber; doch nicht wie ich will,
sondern wie du willst."
Während er betete, rannen ihm die
Tränen über das Gesicht, das er mir
zugewandt hatte. Dieser Anblick
bewegte mich so tief, daß ich aus
lauter Mitleid ebenfalls weinte. Mein
ganzes Herz wandte sich ihm zu ; ich
liebte ihn von ganzer Seele und
sehnte mich danach, bei ihm zu
sein; ich wünschte mir nichts sehn-
licher.
Bald darauf erhob er sich und ging
hinüber zu den Aposteln — sie
schliefen fest! Er rüttelte sie sacht,
weckte sie und fragte mit sanftem
Tadel — ohne das geringste An-
zeichen von Ärger oder Ungeduld —
ob sie nicht einmal eine Stunde mit
ihm wachen könnten. Dort stand er
— mit der schrecklichen Last der
Sünden der Welt auf den Schultern,
seine empfindsame Seele von den
Gewissensqualen jedes Mannes,
jeder Frau und jedes Kindes gemar-
tert — und sie konnten nicht ein-
mal eine Stunde mit ihm wachen!
Er kehrte zu seinem Platz zurück
und sprach dasselbe Gebet wie zu-
vor; dann ging er wieder zu ihnen
hin und fand sie abermals schlafend.
Er weckte sie, ermahnte sie noch-
mals und kehrte wieder zurück und
betete. Dies geschah dreimal, bis
mir sein Äußeres — sein Gesicht,
seine Gestalt und seine Bewegun-
gen — vollkommen vertraut war.
Er war von edler Gestalt und maje-
stätischer Haltung — ganz und gar
nicht der schwächliche, weichliche
Typ, als den ihn einige Maler dar-
gestellt haben, sondern der Gott,
der er war und ist — sanft und
demütig wie ein kleines Kind.
Plötzlich schien sich das Bild
zu ändern, obwohl die Szenerie un-
verändert blieb. Es war jetzt nach der
372
Kreuzigung. Der Heiland stand mit
den drei Aposteln zu meiner Linken.
Ihre Himmelfahrt stand kurz bevor.
Ich konnte es nicht längeraushalten.
Ich lief hinter dem Baum hervor, fiel
ihm zu Füßen, umfing seine Knie
und bat ihn, mich doch mitzu-
nehmen.
Ich werde niemals vergessen, wie
ersieh niederbeugte und mich sanft
und liebevoll aufrichtete und umarm-
te. Es war so lebendig, so wirklich.
Ich spürte die Wärme seines Kör-
pers, als er mich in den Armen hielt
und liebevoll zu mir sagte: ,,Nein,
mein Sohn, diese hier haben ihr
Werk vollendet; sie können mit mir
gehen. Du aber mußt bleiben und
deines vollenden." Ich hielt ihn noch
immer umfangen. Ich blickte zu ihm
auf — er war größer als ich — und
flehte inbrünstig: „Nun, dann ver-
sprich mir, daß ich am Ende zu dir
kommen werde." Sanft lächelnd
entgegnete er: ,,Das hängt allein
von dir ab." Ich erwachte mit einem
Schluchzen in der Kehle; es war
Morgen.
„Das kommt von Gott," sagte
Brd. Musser, als ich ihm erzählte,
was ich gesehen und gehört hatte.
„Das weiß ich selbst," entgegnete
ich ihm. Ich sah ganz klar. Ich habe
nie daran gedacht, einmal ein
Apostel zu sein oder irgendein an-
deres Amt in der Kirche zu beklei-
den, und auch damals kam mir der
Gedanke nicht. Ich wußte nur: die
schlafenden Apostel, das war ich.
Ich schlief auf meinem Posten —
wie jeder, der von Gott zu einer be-
stimmten Arbeit berufen ist und
stattdessen eine andere verrichtet.
Von Stund an änderte sich dies
jedoch. Ich war niemals wieder so
wie zuvor.
Meine Antwort war: Ich bete doch
An einem Morgen versuchte ich,
den üblichen Leitartikel zu schrei-
ben, aber ich kam damit nicht voran.
Ich bemühte mich den ganzen Tag
vergeblich darum, etwas Lesenswer-
tes zu Papier zu bringen. Schließlich
warf ich verärgert die Feder hin
und brach in Tränen aus.
In diesem Augenblick flüsterte
mir der Geist zu: „Warum betest
du nicht?"
So als hätte jemand mich hörbar
angesprochen, entgegnete ich: „Ich
bete doch." Ich betete fünfmal am
Tag — im stillen am Morgen,
Mittag und Abend und mit der
übrigen Familie beim Frühstück und
am Mittagstisch. „Ich bete doch,
warum bekomme ich denn keine
Hilfe?" fragte ich beinah verdrieß-
lich; denn ich war verzweifelt und
halb entmutigt.
„Bete jetzt", sagte der Geist,
„bitte um das, was du brauchst."
Ich verstand. Es mußte ein spe-
zielles und kein allgemeines Gebet
sein. Ich kniete nieder und brachte
unter Tränen einige einfache Worte
hervor. Ich bat nicht um die Herbei-
führung der zehn Stämme, auch
nicht um die Errichtung des Neuen
Jerusalem. Ich bat den Herrn im
Namen Jesu Christi darum, mir bei
diesem Artikel zu helfen. Danach
stand ich auf, setzte mich hin und
begann zu schreiben. Mein Kopf war
ganz klar, und meine Feder flog
förmlich über das Papier. Alles, was
ich brauchte, kam so schnell, wie
ich es niederschreiben konnte —
jeder Gedanke und jedes Wort an der
richtigen Stelle. Binnen kurzem
hatte ich den Artikel zu meiner
vollsten Zufriedenheit beendet. Ich
las ihn dem Missionspräsidenten
vor, und er genehmigte ihn, ohne
auch nur eine einzige Silbe zu än-
dern.
Das war mir eine Lehre oder viel-
mehr: Es rief mir nachdrücklich
etwas ins Gedächtnis zurück, was
ich im Grunde bereits wußte. Beten
heißt nicht einfach Worte machen;
es ist keine Kette stereotyper Phra-
sen. Es ist „der Seele Wunsch";
und der Herr meint diese Art des
Betens, wenn er sagt: „Bittet, und
ihr werdet empfangen."
Er sagte nicht, welches Kind es war
Inzwischen traf mich und die
Meinen ein neuer Schicksalsschlag.
An jenem denkwürdigen Tag, als
der erste Ausflug in die Umgebung
Londons stattfand, starb mein
kleiner Sohn Heber im fernen Utah
im Haus seines Großvaters Smoot.
Dieses Kind wurde sieben Monate
und 21 Tage nach meiner Abreise
nach England geboren. Ich hatte es
also noch nie gesehen und würde
es auch in dieser Welt nicht mehr
sehen.
Ich erhielt die traurige Nachricht
in einem Beileidsbrief von Präsident
John Henry Smith aus Liverpool. Er
hatte es in den „Deseret News" ge-
lesen. Etwas später kam ein Brief
von meinem Schwiegervater aus
Provo, worin er die Nachricht be-
stätigte. Die traurigen Begleitum-
stände — die Krankheit meiner
Frau, der Tod ihrer Mutter, die so
grausam zerstörte Hoffnung, daß die
Geburt des Kindes ein dauerhafter
Trost für ihre bekümmerte Seele sein
würde — dies alles vertiefte noch
den Schmerz.
Ich faßte mich, so gut ich eben
konnte, und schrieb meiner verzwei-
felten Frau einen liebevollen Brief.
Ich schloß mit den Worten :
„Ich warte begierig darauf, von Dir
zu hören, mein Schatz, und fürchte
mich doch gleichzeitig davor, daß
der nächste Brief noch mehr
schlechte Nachrichten enthält.
Möge Gott Dich trösten; denn Du
brauchst jetzt Trost.
Präsident Smith hat mich als
erster informiert. Er hat mir jedoch
nicht mitgeteilt, welches Kind es
ist; und so blieb ich etliche Stunden
im Ungewissen, obwohl ich die
ganze Zeit über das sichere Gefühl
hatte, daß es das Baby sein mußte;
denn Du hattest mir ja von seiner
schweren Krankheit geschrieben.
Der Präsident hat mir angeboten,
mich zu entlassen. Er sagt, ich
könne mit seinem Segen gehen. Ich
glaube, ich sollte dieses Angebot
annehmen; denn er ist der Beauf-
tragte des Herrn in diesem Land.
Was meinst Du dazu? Es ist zu spät,
mit der Gruppe zu reisen, die im Mai
aufbricht, aber ich könnte im Juni
fahren. Wenn Du damit einverstan-
den bist und der Herr nichts anderes
gebietet, werde ich kommen."
373
Und wäre es ein See aus loderndem
Feuer
Zu meinem neu gewonnenen Be-
kanntenkreis in Cleveland, Ohio
zählte auch eine höchst achtbare
Dame, die Witwe eines Offiziers der
Union, der im Bürgerkrieg ge-
fallen war. Sie liebte ihren verstor-
benen Gatten, pflegte liebevoll sein
Andenken und brachte wiederholt
ihre innige Zuneigung zu ihm zum
Ausdruck. Als ich ihr die Lehre von
der Erlösung der Verstorbenen und
der ewigen Ehe erläuterte und ihr
sagte, dies sei einer der Gründe,
weshalb die Heiligen der Letzten
Tage Tempel bauen und darin ar-
beiten, zeigte sie großes Interesse
und stellte mirdie folgende Frage:
„Wollen Sie damit sagen, daß ich
diese Arbeit für meinen lieben Mann
tun lassen und in einer anderen Welt
seine Frau sein kann, wenn ich eine
Heilige der Letzten Tage werde?"
,,Ja," entgegnete ich ihr.
Darauf sagte sie: „Ich habe noch
nie etwas so Schönes und Erheben-
des gehört. Überzeugen Sie mich
davon, und ich werde mich taufen
lassen, selbst wenn es in einem See
aus loderndem Feuer wäre."
Ich antwortete ihr: „Ich kann Sie
nicht davon überzeugen, aber der
Herr kann es und wird es, wenn Sie
ihn darum bitten."
Sie sagte, sie würde es tun —
und zweifelsohne hat sie es auch
getan; denn nicht lange danach er-
hielt ich einen Brief von ihr, in dem
sie mitteilte, daß sie das gewünschte
Zeugnis erlangt habe und bereit sei,
sich taufen zu lassen.
Ich antwortete ihr umgehend und
schrieb, daß ich mit einigen anderen
zu einer bestimmten Zeit an einer
bestimmten Stelle am Eriesee sein
würde, um sie dort zu taufen. Wir
wollten gerade aufbrechen, als ein
zweiter Brief von ihr eintraf, der
folgendermaßen lautete: „Ich weiß
erst jetzt, wie armselig und schwach
ich bin. Ich dachte, ich wäre stark
genug, diesen Schritt zu tun, aber
ich bin es nicht. Wenn ich eine
, Mormonin' werde, wenden sich all
meine Freunde von mir ab. Ich ver-
liere meine gesellschaftliche Stel-
lung und mein Name wird geächtet.
Ich kann dieses Opfer nicht bringen.
Dennoch glaube ich, daß die Lehre
wahr ist und daß Sie ein wahrer
Diener Gottes sind. Ich hoffe, es
kommt die Zeit, wo ich auf gleicher
Ebene mit Ihnen stehen kann und wo
wir Bruder und Schwester in der
Kirche Christi sind. Jetzt ist es mir
nicht möglich."
Ich las diesen Brief mit einem Ge-
fühl der Trauer und des Bedauerns.
Wie sehr gleicht sie doch dem unge-
stümen Apostel Petrus, dachte ich,
der zu dem Heiland sagte: „Wenn
ich auch mit dir sterben müßte,
wollte ich dich nicht verleugnen."
Doch er leugnete dreimal, daß er den
Herrn kannte, dem er Treue ge-
schworen hatte. Und diese gute Frau
— denn sie war eine gute Frau, ein
Kind Israel, warum wohl hätte sie
sonst geglaubt? — diese Frau
glaubte, daß sie bereit sei, sich in
einem „See aus loderndem Feuer"
taufen zu lassen. Doch als es darauf
ankam, versagte sie. Wir wollen
hoffen, daß sie sich besinnt und
ihren Entschluß ändert — wie der
reumütige Petrus, der sein Versagen
auf so edle Weise wiedergutgemacht
hat.
O
Auf dem Teufelstein
Ausflug der HLT-Seminarteilnehmer der Gemeinde
Mannheim-Ludwigshafen
Die Sonne strahlte nur so aus dem Blau des Himmels, als sich die HLT-
Seminargruppe der Gemeinde Mannheim-Ludwigshafen Ende Juni früh
morgens am Bahnhof traf. Der Kursus „Neues Testament" war beendet
und 15 Jugendliche und zwei Erwachsene waren zum abschließenden
Tagesausflug gekommen. Alle waren begeistert und freuten sich auf die
Wanderung. Zunächst ging es mit der Bahn nach Bad Dürkheim und
von dort mit der Gondelbahn direkt in den Pfälzer Wald. Auf der Rund-
wanderung begutachtete man die historische Heidenmauer und be-
wunderte den Brunhildstuhl. Zu Mittag wurde auf dem Teufelstein ge-
gessen, was noch im Rucksack war. Spiele lockerten die Wanderung
auf und als man am Spätnachmittag die heißgelaufenen Füße in einen
kühlen See tauchen konnte, war man rundum zufrieden — und müde.
374
k\e\mC~% 1
KINDERBEILAGE FÜR SEPTEMBER 1974
Freunde in Norwegen
Normannische Seefahrer (Wi-
kinger) befuhren schon um 800 n.
Chr. von den blauen Wassern
der tiefen Fjorde Norwegens
aus auf ihren Segelschiffen das
Meer. Heute segeln norwegi-
sche Fischer auf denselben Ge-
wässern; und ihre jährlichen
Fischfänge gehören zu den
größten in der Welt.
Im fernen Norden, im Land der
Mitternachtssonne, herrscht von
Mai bis Juli fast ständig Tages-
licht. Im äußersten Süden Norwe-
gens ist es während dieser Mona-
te lange Dämmerung, und es
kommt gar keine richtige Dun-
kelheit auf. Im Winter ist es je-
doch nurfürein paar Stunden um
die Mittagszeit hell.
Dieses Land der ehemaligen
Wikinger ist langgestreckt,
gebirgig und schön. Es reicht von
der verhältnismäßig warmen
Nordsee im Süden bis zum nörd-
lichen Polarkreis.
Wegen der langen Winter und
dem wunderbaren Schnee treibt
fast jeder gern Sport im Freien.
Mit dem Skilauf, dem National-
sport, wurde vor mehreren Jahr-
hunderten begonnen. Heute gibt
es in fast jeder Stadt eine Sprung-
schanze. Viele Menschen
machen mit Skiern Ausflüge
übers Land.
Ein anderer beliebter Winter-
sport ist das Schlittschuhlaufen.
Elf Mann starke Mannschaften
spielen eine Art Eishockey, das
man Bandy nennt.
Fußball ist ein Lieblingssport
im Sommer. Entlang der Küsten
wird gern gesegelt; und die
vielen Seen und Flüsse locken
die Fischer an. In manchen
Städten gibt es Ruderklubs.
Bei den Kindern gibt es ein
Spiel, das „Schneide den Hafer"
genannt wird. An diesem Spiel
nimmt eine ungerade Zahl von
Kindern teil. Die Kinder fassen
sich bei der Hand und bilden
einen Kreis. Eins steht in der
Mitte, während die andern rund-
herum hüpfen und dabei ein Lied
singen. Der letzte Satz des Liedes
heißt: ,,Du nimm deins, und ich
nehm' meins". Der Kreis wird
aufgelöst, und jedes Kind, auch
das in der Mitte, sucht sich einen
Partner. Das Kind, das keinen
Partner gefunden hat, geht in
die Mitte des Kreises, und das
Spiel beginnt von neuem.
Der Komponist Edward Grieg
(1843 - 1907), der Bühnenschrift-
steller Henrik Ibsen (1828 - 1906)
und der Forscher Roald Amund-
sen (1872 - 1928) wurden alle in
Norwegen geboren. Thor Heyer-
dahl, der zusammen mit fünf
andern mit dem Floß Kon-Tiki
etwa 7.000 Kilometer über den
Südpazifik fuhr, wurde auch in
diesem Land geboren. Seine
Reise auf diesem Floß bewies die
Möglichkeit, daß die polynesi-
schen Inseln von Menschen be-
siedelt sein könnten, die vor
vielen Jahren von Peru losge-
segelt waren.
Oslo, die Hauptstadt von Nor-
wegen, befindet sich im südöst-
lichen Tiefland. In dieser Gegend
gibt es viele Flüsse, auf denen
(3® 65 Q*
Nutzholz zu den Sägewerken
transportiert werden kann und
die auch Wasserkraftwerke be-
treiben.
Trondheim, eine 998 n. Chr.
gegründete Stadt, war einst die
Hauptstadt von Norwegen.
Trondheim liegt im Zentral-
Trondheim-Tiefland wo es
mehrere weite, flache Täler gibt.
Heute ist die Stadt ein bedeuten-
der Mittelpunkt für Industrie und
Handel. Dort gibt es auch viele
landwirtschaftlich genutzte
Flächen.
Der Dichter Simon W. Wolff
(1796 - 1859) hat geschrieben:
„Herrlich ist mein Heimatland,
das alte klippenumgrenzte Nor-
wegen, das Sommertal und die
Winterfeste. Selbst wenn der
Erdball geschüttelt würde,
könnte der Sturm seine Berge
nicht umstürzen." Q
Sin 3unge und ein Vogel
GRACEM. PRATT
Photos von Eldon Linschoten
Der Zeitungsjunge wich schnell
mit seinem Fahrrad aus, um
nicht einen auf der Straße sitzen-
den Vogel umzufahren.
,, Hallo, Vogel", sagte er, als
er über die Schulter schaute
und ihn noch immer da sitzen
sah, ,,das ist kein Platz zum
Schlafen!"
Als der Junge etwas später
mit seinen leeren Zeitungs-
taschen zurückkam, verlang-
samte er sein Tempo, um zu
sehen, ob sich der Vogel noch
immer in der Gegend aufhielt.
Erstaunt hielt er an, als er den
Vogel genau auf derselben
Stelle wiedersah.
Der Junge schaute den Vogel
verdutzt an. Der Vogel starrte mit
runden glänzenden Augen zu
dem Jungen auf, rührte sich aber
nicht.
„Hallo, Vogel", sagte der
Junge wieder, ,, fehlt dir etwas?"
Er stellte sein Fahrrad ab und
ging näher — einen Schritt
nach dem andern. Plötzlich be-
wegte sich der Vogel, hüpfte aber
nur ins hohe Gras hinüber.
Der Junge ging ein paar
Schritte näher und bückte sich.
„Was fehlt dir?" fragte er. „Die
andern Vögel wachen auf und
gehen auf Futtersuche, und du
sitzt hier einfach auf dem Boden
herum."
Während der Junge sprach,
ging er langsam näher und streck-
te seine Hand aus. Der kleine
Vogel flog erschreckt auf, kam
aber nur so hoch, wie der Junge
groß war und fiel dann wieder
auf die Erde zurück.
Jetzt war es leicht für den Jun-
gen, seine Hand über den Vogel
zu legen und ihn aufzunehmen.
Wütend biß der Vogel ihn
tüchtig in die Hand.
„Au!" rief der Junge. Er riß die
Hand hoch, als wollte er den
Vogel abwerfen, nahm sich aber
dann zusammen, verbiß den
Schmerz und sagte leise: „Keine
Angst, Kleiner, keine Angst!" bis
der Vogel sich beruhigte und ihn
losließ.
„Fühlst du dich nicht wohl?"
fragte der Junge, als er sich den
kleinen Körper beschaute. „Kein
Blut an den Federn; so war es
nicht eine Katze oder eine Flinte,
nicht?"
m
66
:-jÄi*r*'''
wsswsw
Er streichelte den kleinen Kopf
eine Weile, um den Vogel zu be-
ruhigen und sagte: „Ich werde
mir jetzt deine Flügel und Beine
ansehen. Ich werde wirklich vor-
sichtig sein."
Zart öffnete er jeden Flügel
und streckte jedes zierliche Bein
aus; dann faltete er sie wieder
sorgfältig zurück, während
dessen er leise sprach.
Der kleine Vogel wehrte sich
jetzt nicht mehr. Vielleicht war
er zu schwach. Oder vielleicht
vertraute er dem Jungen.
,,lch bin fast traurig, daß es
kein gebrochenes Bein ist", sagte
der Junge schließlich. ,,Bei so
winzigen Kreaturen wie dir ist
es leichter, außen etwas zu
flicken als innen."
Er untersuchte den kleinen
Vogel sorgfältig — oben, unten,
von der Schnabelspitze bis zur
Schwanzspitze — und fand
nichts versehrt. Dann fuhr er mit
einem Finger am Hals des
Vogels entlang, vom Schnabel
bis zum Bauch.
,,Oh!" rief er beunruhigt aus,
,,dein Kropf ist leer. Du hast
ziemlich lange kein Futter mehr
aufgenommen. Wie kommt's?"
Er schaute traurig auf den kleinen
Vogel und schüttelte den Kopf.
,,lch fürchte, es ist ernst, kleiner
Kerl."
Sie schauten einander an, der
Junge und der Vogel, und irgend-
wie begegneten sie sich, von
Auge zu Auge und von Herz zu
Herz. Der kleine Vogel lag mit
ruhig starrenden Augen in des
Jungen Hand, beruhigt durch
seinen zarten Griff und seine
freundliche Stimme. Dann kamen
ein paar schaumige Blasen aus
einer Ecke des Vogelschnabels,
und der Junge stöhnte leise.
,,Oh, oh, du hast etwas Gift
aufgepickt! Und es brennt in-
wendig wie Feuer, ist es so? Das-
selbe war mit Major, als er ..."
Der Junge hielt inne. Er schloß
die Augen fest und unterdrückte
die Tränen. Dann schaute er
wieder den kleinen Vogel an und
fuhr fort: „Vielleicht wirst du
Major treffen. Er ist ein hübscher
Hund. Er ist mittelgroß und ganz
braun. Major ist gut zu Vögeln.
Er wird dir ein guter Freund
Der Junge setzte sich hin, und
zusammen warteten sie. Der
Junge strich mit den Fingern
über die weichen Federn und
flüsterte zärtliche Worte, um den
Vogel zu trösten.
Hin und wieder schloß der
kleine Vogel seine runden Augen,
um zu ruhen und öffnete sie
dann schnell wieder, um weiter
den Jungen anzusehen. Der
Vogel hatte keine Angst mehr.
Es war so, als ob der Vogel und
der Junge Dinge zueinander
sagten, die sie beide verstan-
den.
Nicht lange danach zitterte der
kleine Körper des Vogels, und
er schenkte dem Jungen noch
einen Blick, als ob er sagen
wollte: ,,Es ist alles gut jetzt.
Lebewohl, mein Freund!"
Dann schloß der Vogel seine
Augen und schlief in der Hand
des Jungen ein. Der unfreund-
liche dunkle Himmel wandelte
sich in strahlendes Tageslicht,
als das Leben sich still von dem
Vogel löste.
„Lebe wohl, kleiner Kerl",
flüsterte der Junge und hielt die
weichen, warmen Federn gegen
seine Wange. „Es tut mir leid,
daß es so schlimm war, daß du
gehen mußtest." Und er wischte
sich eine Träne fort, und sie
fiel auf den winzigen Kopf des
Vogels.
Der Junge fand ein kurzes
Stück Holz und grub damit nahe
bei einem Baum unauffällig ein
Loch, das er mit weichem Gras
auslegte. Dann bettete er den
kleinen Vogel hinein und be-
deckte ihn mit frischen grünen
Blättern und Erde. Darin steckte
er kleine Blumen.
Und während all dieser Arbeit
summte der Junge einen Lebe-
wohlgesang für den kleinen
Vogel :
Lebe wohl für 'ne Weile, kleiner
Freund, lebe wohl! Du kannst
deine Flügel jetzt wieder ent-
falten voll. Eines Tages — ich
weiß nicht wann — komme
auch ich. Und wir werden Schö-
nes miteinander verleben: du
und Major und ich.
Punkterätsel
CAROL CONNER
Das macht Spaß
Bei welchem Wüstenvogel in
Mexiko und den USA leitet sich der
Name aus einem Teil seiner Lebens-
weise ab1? Zeichne sein Bild, indem
du die Punkte 1 bis 33 verbindest.
1)Correcamino oder Straßenläufer.
Versuche auf der Steppdecke acht
Stellen zu finden, die mit dem
Schlafanzug von Barney und Bertie
übereinstimmen.
ANN STACEY
.5
D
^ c
"CZ
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— — — - * — • I < .
ii.
Punkterätsel
CAROL CONNER
Ziehe von 1 bis 31 eine Linie, und du wirst das Bild von
einem Tier vor dir haben, das in Australien lebt.
Was ist es?
69
Mache einen Scherz mit deinen Freunden
Deine Freunde werden denken, du bist nicht ganz klar
im Kopf. Warum? Weil du sagst, daß du deinen Kopf
durch ein Loch in diesem nur 10 cm großen Quadrat
aus Papier stecken kannst.
Hierhast du die Lösung: Schneide das Quadrat aus.
Dann schneide sorgfältig die weißen Linien auf.
Von Freund
zu Freund
Tragödie oder Schicksal ?
SPENCER W. KIMBALL
Präsident der Kirche
Wir wußten, bevor wir geboren wurden, daß wir
zur Erde kommen sollten, um einen Körper zu
empfangen und Erfahrungen zu sammeln und daß
wir Freuden und Sorgen, Wohlbehagen und
Schmerzen, Angenehmes und Mühsale, Gesund-
heit und Krankheit, Erfolge und Enttäuschun-
gen erleben würden. Wir wußten auch, daß wir
nach einer Zeit sterben würden. Freudigen Her-
zens stimmten wir eifrig zu, daß wir zur Erde
kommen sollen, selbst wenn es nur für einen Tag
oder ein Jahr sein sollte. Wir waren willens,
das Leben so zu nehmen, wie es kommen würde —
ohne Murren, Klagen oder unvernünftige Wünsche.
Gott überwacht unser Leben und führt und
segnet uns; aber er gibt uns Entscheidungsfrei-
heit. Wir können unser Leben gemäß seinem, für
uns bestimmten Plan führen, oder wir können
töricht sein und unser Leben verkürzen oder been-
den.
Ich glaube daran, daß einem eine Zeit zum Ster-
ben bestimmt ist; aber ich glaube auch, daß viele
Menschen vor ihrer Zeit sterben, weil sie leicht-
sinnig sind, ihren Körper mißbrauchen, unnötige
Risiken auf sich nehmen oder sich Gefahren, Wag-
nissen und Krankheiten aussetzen.
Der Herr heilt nicht immer die Kranken. Er be-
freit nicht immer von Leid und Elend. Dies mag
Teil eines zweckmäßigen Plans sein. Leiden
70
:: :
MMMP
können aus Menschen Heilige machen, wenn sie
Geduld, Langmut und Selbstbeherrschung lernen.
Das Evangelium lehrt uns, daß im Tod nichts
Tragisches liegt, sondern nur in der Sünde. Jeder
muß sterben. Der Tod ist ein wichtiger Teil des
Lebens. Durch den Tod mag sich eine Tür zu Mög-
lichkeiten öffnen. Natürlich sind wir niemals völlig
zum Hinübergehen bereit. Nicht wissend, wann es
kommen soll, kämpfen wir um die Erhaltung
unseres Lebens. Wir sollten uns aber nicht vor dem
Tod fürchten.
Die Leiden des Heilands waren Teil seiner Er-
ziehung. Mein Herz ist von dem Wissen, wie wich-
tig sein Tod, seine Auferstehung und sein Sühn-
opfer sind, so bewegt, daß ich vor Freude weinen
möchte.
Angesichts scheinbarer Tragödien müssen wir
unser Vertrauen auf Gott setzen, wissend, daß
trotz unserer begrenzten Sicht seine Absichten
nicht vereitelt werden können, sondern nur
unsere Sicht begrenzt ist. Das Leben mit all seinen
Schwierigkeiten bietet uns die überaus große Ver-
günstigung, unsere Kenntnisse zu erweitern, an
Weisheit zuzunehmen, den Glauben zu vermehren
und zu vervollkommnen, wenn wir uns darauf vor-
bereiten, zu Gott zurückzukehren und an seiner
Herrlichkeit teilzuhaben.
O
Verstecktes Tier
WALT TRAG
Male jede Spalte an, die einen
Punkt enthält, und du wirst heraus-
finden, was für ein Tier in diesem
Bild versteckt ist.
Baumwolle
Woher kommt es?
Jedesmal wenn du zu einer Gabelung auf
dem Weg kommst, wirst du ein Wort sehen.
Schaue dir dann jeden neuen Weg und sein
Wort an. Wähle das Wort,
das angibt, woher das
vorhin Genannte stammt,
und du wirst den Topf mit
Gold erreichen.
Beginn
J. M. SUICA
Topf mit Gold
© ^51
Die Antworten sollen Hilfe und Ausblick gewähren und sind als
persönliche Meinungsäußerung des Schreibenden zu betrachten.
Ich würde sagen, daß der Abfall
vom Glauben für die Erlösung des
Menschen nicht notwendig gewesen
ist; denn wäre die vom Heiland und
seinen Aposteln gegründete Kirche
auf der Erde verblieben, wäre die
rechtmäßige Vollmacht vom Herrn
vorhanden gewesen, die erlösenden
Handlungen des Evangeliums zu
vollziehen, daher wäre keine Wieder-
herstellung erforderlich gewesen.
Da jedoch ein Abfall vom Glauben
stattgefunden hat und kein Priester-
tum und keine göttliche Vollmacht
mehr auf der Erde waren, um die er-
lösenden heiligen Handlungen des
Evangeliums zu vollziehen, war die
Wiederherstellung die einzige Mög-
lichkeit, diese Vollmacht wieder zur
Erde zu bringen.
Die Tatsache, daß ein Abfall vom
Glauben stattgefunden hat, besagt
jedoch nicht, daß es auf der Erde
keine Kirchen mehr gegeben hat. Es
bedeutet nur, daß keine der Kirchen
göttliche Vollmacht besessen hat
und daß folglich niemand bevoll-
mächtigt gewesen ist, irgendeine
der erlösenden heiligen Handlungen
des Evangeliums zu vollziehen.
„Sind der Abfall von der
wahren Kirche und die
darauf folgende Wieder-
herstellung für die
Erlösung des Menschen
notwendig gewesen?"
Die heilige Schrift ist voll von
Hinweisen darauf, daß es einen
Abfall von der Urkirche geben würde,
die Jesus gegründet hat. Als
Johannes der Offenbarer auf der
Insel Patmos in der Verbannung
lebte, sprach der Engel des Herrn
zu ihm: „Steig herauf, ich will dir
zeigen, was nach diesem geschehen
soll1." Der Engel zeigte ihm die
Macht, die Satan gegeben werden
sollte, um gegen die Heiligen zu
streiten (und mit den Heiligen waren
die Mitglieder der Kirche Christi ge-
meint) und sie zu überwinden und
über alle Nationen, Geschlechter,
Sprachen und Völker zu herrschen2.
Dies bedeutet doch offensichtlich,
daß die vom Heiland gegründete
Kirche gänzlich überwunden wurde,
und folglich hat es einen Abfall vom
Glauben gegeben.
Dann zeigte ihm der Engel einen
anderen Engel, der mitten durch den
Himmel flog und ,,ein ewiges Evan-
gelium zu verkündigen (hatte) denen,
die auf Erden wohnen, und allen
Nationen und Geschlechtern und
Sprachen und Völkern3". Demnach
war also das ewige Evangelium das
einzige, das die Menschen erlösen
konnte. Johannes fügt noch hinzu:
,,... und sprach mit großer Stimme:
Fürchtet Gott und gebet ihm die
Ehre; denn die Stunde seines Ge-
richts ist gekommen! Und betet den
an, der gemacht hat Himmel und
Erde und Meer und die Wasser-
brunnen4."
Jene herrliche Vision, die Joseph
Smith empfangen hat, ist ein wei-
terer Beweis für den Abfall vom
Glauben; denn sie hat gezeigt, daß
der Vater und der Sohn zwei getrenn-
te verherrlichte Wesen sind, während
die gesamte Christenheit einen Gott
ohne Leib, ohne Glieder und ohne
Regungen angebetet hat. Das heißt:
Ihr Gott konnte nicht sehen, denn
er hatte keine Augen; er konnte
nicht hören, denn er hatte keine
Ohren; er konnte nicht sprechen,
denn er hatte keinen Mund. Sie folg-
ten also Menschenlehren und nicht
den ewigen Evangeliumswahr-
heiten.
Mose wußte, daß dieser Zustand
eintreten würde; denn als er die
Kinder Israel in das gelobte Land zu
führen gedachte, sagteer ihnen, daß
sie dort nicht lange bleiben, sondern
in alle Nationen zerstreut würden5.
Und er sagte zu ihnen: ,,Dort wirst
du dienen den Götzen, die das Werk
von Menschenhänden sind, Holz
und Stein, die weder sehen noch
hören noch essen noch riechen
können6." Und ebendiese Art Gott
hat die Christenheit angebetet, als
Joseph Smith seine glorreiche
Vision hatte.
Mose ließ es aber nicht damit
bewenden. Er wies darauf hin, daß
Israel ihn (Gott) gewißlich finden
werde, wenn es ihn in den Letzten
Tagen suche7 (und er erwähnt hier
ausdrücklich die Letzten Tage).
Der Prophet Joseph Smith hat ihn
(Gott) gesucht und deshalb Kenntnis
von dem wahren und lebendigen
Gott erlangt, von dem der Engel
sagt: ,,... der gemacht hat Himmel
und Erde und Meer und die Wasser-
brunnen ."
Als die Apostel den Heiland nach
den Zeichen seines Zweiten Kom-
375
mens und des Weltendes fragten,
sprach er zu ihnen von den Kriegen,
Pestilenzen und Erdbeben, die
kommen werden und sagte: „Und
es wird gepredigt werden dies
Evangelium vom Reich in der ganzen
Welt zum Zeugnis für alle Völker,
und dann wird das Ende kommen9."
Er meinte damit offensichtlich das
Evangelium, das er und seine Jünger
verkündet hatten.
In Jesaja 29, Vers 1 3 und 1 4 finden
wir einen weiteren Hinweis darauf,
daß es eine vollkommene Wiederher-
stellung geben sollte:
„Und der Herr sprach: Weil dies
Volk mir naht mit seinem Munde und
mit seinen Lippen mich ehrt, aber
ihr Herz fern von mir ist und sie
mich fürchten nur nach Menschen-
geboten, die man sie lehrt, darum
will ich auch hinfort mit diesem Volk
wunderlich umgehen, aufs wunder-
lichste und seltsamste, daß die
Weisheit seiner Weisen vergehe und
der Verstand seiner Klugen sich ver-
bergen müsse."
Nun versteht es sich von selbst,
daß der Herr kein wunderbares
und seltsames Werk unter den Men-
schenkindern zu vollbringen brauch-
te, wenn sein Evangelium auf der
Erde verblieben wäre. Doch er gibt
zu verstehen, daß der Grund für
dieses wunderbare und seltsame
Werk darin zu suchen ist, daß sie
Menschengebote lehren. Und eben-
dies findet man heutzutage in allen
sogenannten christlichen Kirchen,
und es beweist, daß die Wiederher-
stellung notwendig gewesen ist.
Am Tag nach Pfingsten sagte
Petrus zu denen, die Christus dem
Tode überantwortet hatten :
„So tut nun Buße und bekehret
euch, daß eure Sünden getilgt wer-
den, auf daß da komme die Zeit der
Erquickung von dem Angesicht des
Herrn und er sende den, der euch
zuvor zum Christus bestimmt ist,
Jesus.
Ihn muß der Himmel aufnehmen
bis auf die Zeit, da alles wiederge-
bracht wird, wovon Gott geredet hat
durch den Mund seiner heiligen
Propheten von Anbeginn 1C!"
Wir sind die einzige Kirche in der
Welt, die die Wiederherstellung
aller Dinge verkündet; und wenn
Petrus ein wahrer Prophet gewesen
ist, dann kann — den vielen Ver-
heißungen in der Schrift zufolge —
niemand die Wiederkehr des Hei-
lands erwarten, ehe die Wiederher-
stellung erfolgt ist — und zwareine
Wiederherstellung, keine Reforma-
tion. Und so erklären wir aller Welt,
„Sollen wir einem
Menschen immer
wieder vergeben, auch
wenn er fortfährt,
Böses zu tun, weil er
darauf baut, daß ihm
erneut vergeben wird ? j
Die Frage an die Mitglieder der
Kirche lautet: Sollen w/reinem Men-
schen vergeben, der fortfährt, Böses
zu tun, im Vertrauen darauf, daß
man ihm vergibt? Der Herr hat darauf
eine ganz eindeutige Antwort ge-
geben, und zwar, als Petrus ihn
fragte: „Wie oft muß ich denn
meinem Bruder, der an mir sündigt,
vergeben? Ist's genug siebenmal?
Jesus sprach zu ihm: Ich sagedir:
nicht siebenmal, sondern sieben-
zigmal siebenmal !"
Wie man sieht, gilt die Frage des
Petrus denen, die „an mir sündi-
gen". Die anfangs gestellte Frage
scheint nun nicht die zu betreffen,
die an uns sündigen, sondern spricht
ganz allgemein davon, daß jemand
fortfährt, Böses zu tun.
Die Buße ist kein Gesetz, mit dem
man leichtfertig umgeht. Wehe dem,
der mit dem Gedanken sündigt, daß
er ja Buße tun kann. Er treibt mit
dem Grundsatz der Erlösung Scherz.
Wer Buße tut und denkt, er könne
später ruhig weiter sündigen, der
tut nicht wirklich Buße. Er unterläßt
daß eine Wiederherstellung all
dessen erfolgt ist, was durch den
Mund der heiligen Propheten ge-
sprochen wurde. Diese Propheten
sind wieder auf die Erde gekommen
und haben die Schlüsselgewalt
und Vollmacht des heiligen Priester-
tums und die Macht zurückgebracht,
die erlösenden heiligen Handlungen
des Evangeliums zu vollziehen.
LeGrand Richards vom Rat der Zwölf
:■■ ;•: . :■':■' ■ ■
sein sündiges Verhalten nur eine
Zeitlang, weil er hofft, dadurch sein
Gewissen zu beruhigen. Aufgrund
dieser falschen Auffassung von der
Buße fühlt er sich dann von dem
Zwang zu aufrichtiger Buße befreit,
und er fällt vielleicht in die alte Sün-
de zurück.
Im Buch , Lehre und Bündnisse',
Abschnitt 42, Vers 25 heißt es: „Tut
aber (jemand) von ganzem Herzen
Buße und läßt davon ab und tut es
nicht mehr — dem sollst du ver-
geben." Der Herr spricht hier zwar
von einer schweren Übertretung,
doch ich meine, daß derselbe Grund-
satz in allen Fällen gilt, wo Buße
notwendig ist. Wir müssen von gan-
zem Herzen von der Sünde ablassen,
das allein hält uns davon ab, wieder
rückfällig zu werden.
Ich finde es bedeutsam, daß
das Aaronische Priestertum die
Vollmacht des vorbereitenden Evan-
geliums innehat. „Dieses Evange-
lium ist das Evangelium der Buße,
der Taufe und der Vergebung der
Sünden2." Der Bischof hält als Präsi-
376
dent des Aaronischen P riestert ums
den Schlüssel zur Buße. Aus diesem
Grund müssen schwerwiegende
Übertretungen vor ihm bekannt
werden. Er hat dann die Macht,
darüber zu richten und zu entschei-
den, ob die Kirche die Übertretung
vergibt.
Denkt daran, meine jungen Freun-
de: Ihr könnt zu eurem Bischof
gehen und euch ihm anvertrauen.
Und kein Bischof wird jemals etwas
Vertrauliches ausplaudern. In
einigen wenigen Fällen wird er viel-
leicht den Pfahlpräsidenten zu Rate
ziehen — oftmals ohne Namen zu
nennen. So ist es in der Kirche
üblich; und dieses Verfahren sichert
dem bußfertigen Sünder inspirierten
Rat und Weisung durch die Voll-
macht des Priestertums.
Es wird euch sicher interessieren
zu hören, welchen Rat und welche
Ermahnung Paulus dem Timotheus
gegeben hat:
, .Fliehe die Lüste der Jugend;
jage aber nach der Gerechtigkeit,
dem Glauben, der Liebe, dem Frie-
den mit allen, die den Herrn anrufen
aus reinem Herzen.
Aber die törichten und unnützen
Fragen weise ab; denn du weißt,
daß sie nur Zank erzeugen.
Ein Knecht aber des Herrn soll
nicht zänkisch sein, sondern freund-
lich gegen jedermann, zum Lehren
geschickt, der Böses ertragen kann
und mit Sanftmut zurechtweise die
Widerspenstigen, ob ihnen Gott
etwa Buße gebe, die Wahrheit zu
erkennen,
und sie wieder nüchtern würden
aus des Teufels Strick, von dem sie
gefangen sind, zu tun seinen Wil-
len3"
Gott mag uns wohl Buße geben,
wenn wir alle die Charaktereigen-
schaften aufbringen, die zur Näch-
stenliebe gehören. Und diese Buß-
fertigkeit erweckt dann in uns den-
selben erhabenen Wunsch, den das
Volk nach König Benjamins wunder-
barer Rede verspürt hat :
,,Und es rief einstimmig und
sagte: Ja, wir glauben allen Worten,
die du zu uns geredet hast; und wir
wissen auch mit Bestimmtheit, daß
sie wahr sind, weil der Geist des
allmächtigen Herrn eine große Ver-
änderung in unserm Herzen bewirkt
hat, so daß wir keine Neigung
mehr haben, Böses zu tun, sondern
beständig Gutes tun wollen4!"
Achtet darauf, von welchem Geist
ihre Seele nach der Buße erfüllt war:
„Wir (haben) keine Neigung mehr,
Böses zu tun, sondern (wollen) be-
ständig Gutes tun." Diese Geistes-
haltung wird nur durch wahre
Buße erreicht; doch sie ist für jeden
erreichbar.
In Abschnitt 64 im Buch , Lehre
und Bündnisse' spricht der Herr:
,, Darum sage ich euch: Vergebet
einander, denn wer seinem Bruder
seine Übertretungen nicht vergibt,
der steht gerichtet vor dem Herrn,
denn er verbleibt in der größern
Sünde.
Ich, der Herr, werde vergeben,
wem ich vergeben will; von euch
aber wird verlangt, allen Menschen
zu vergeben 5."
Wenn wir diesen Rat recht ver-
stehen, reift und vertieft sich unser
Verständnis vom Evangelium
In Abschnitt 98 im Buch , Lehre und
Bündnisse' spricht der Herr aber-
mals von denen, die Böses vergeben
und geduldig ertragen :
,,Und nun spreche ich zu euch
betreffs eurer Familien: Wenn die
Menschen euch oder eure Familien
einmal schlagen und ihres geduldig
ertraget, und sie nicht schmähet,
auch nicht Rache sucht, so wird es
euch belohnt werden.
Tragt ihr es aber nicht geduldig,
so wird es euch gerechnet werden,
als wäre euch mit einem wohlver-
dienten Maße gemessen worden.
Schlägt euch euer Feind zum
zweiten Male und schmäht ihr ihn
nicht, sondern ertragt es geduldig,
so wird eure Belohnung hundert-
fältig sein.
Und sollte er euch zum dritten
Male schlagen und ihr es geduldig
ertragen, so wird eure Belohnung
vierfach verdoppelt werden 6."
Nur wer derartiges ertragen hat
versteht, was der Herr meint, wenn
er sagt, daß ihre Belohnung vierfach
verdoppelt wird. Dann nämlich
lieben wir unsre Mitmenschen bei-
nah so, wie der Heiland uns geboten
hat. Ich kenne einige Heilige der
Letzten Tage, die dieser Belohnung
würdig sind. Die meisten von uns
können auch nicht annähernd er-
fassen, welchen Trost und welch
große Segnungen diese wenigen
empfangen haben. Diese Geisteshal-
tung soll unser aller Ziel und Streben
sein.
Jeder Heilige der Letzten Tage
nehme sich die folgende Schrift-
stelle aus dem Buch , Lehre und
Bündnisse' zu Herzen :
,,Und nun, wahrlich, ich sage
euch: Ich, der Herr, werde euch
keine Sünde zur Last legen. Geht
eures Wegs und sündigt nicht
mehr. Zu der Seele aber, die sün-
digt, werden auch ihre frühern
Sünden zurückkehren, spricht der
Herr, euer Gott7."
Wahre Buße ist von Dauer. Wir
dürfen nicht leichtfertig damit um-
gehen. Buße tun heißt, für immer
von den Sünden ablassen; und der
Herr sagt, er werde sich unsrer Sün-
den nicht mehr erinnern. Es ist uns
eine wunderbare Segnung ver-
heißen, wenn wirvon unsren Sünden
ablassen und sie nicht wieder tun.
Der Herr sagt in Abschnitt 93, Vers
1 :
„Wahrlich, so spricht der Herr:
Jede Seele, die ihre Sünden ablegt,
zu mir kommt, meinen Namen an-
ruft, meiner Stimme gehorcht und
meine Gebote hält, wird mein Ange-
sicht schauen und wissen, daß ich
bin."
Der Herr macht keine leeren Ver-
sprechungen. Laßt uns so leben,
daß wirdieser Segnung würdig sind.
Ich bete besonders um Kraft für
die Jugend, damit sie zu Christus
kommt, und wenn ihrzu ihm kommt,
wird alles andre unwichtig.
Vaughn J. Featherstone, Zweiter
Ratgeber des Präsidierenden Bi-
schofs
Quellenangaben
1)Matth. 18:21,22; 2)LuB84:27; 3)2. Tim. 2:22-
26; 4) Mosiah 5:2; 5) LuB 64:9, 10; 6) LuB
93:23-26; 7) LuB 82:7.
377
Pläne für ein
erfülltes Leben
Ich freue mich, daß ich heute
abend bei Ihnen auf dieser Prie-
stertumsversammlung sein darf.
Besonders freut es uns, wenn wir
sehen, daß Sie, Väter, und Ihre
Söhne früh zur Priestertumsver-
sammlung am Samstagabend kom-
men, und daß viele von Ihnen ein
bis zwei Stunden früher da sind,
um sicher zu sein, auch noch einen
guten Platz zu bekommen; und
Tausende Väter und Söhne beeilen
sich, um zum Tabernakel und zu
den zahlreichen Pfahl- und Ge-
meindehäusern im ganzen Land
zu gelangen. Dies ist eine wun-
derbare Dimension unseres Fa-
milienlebens, die wir schätzen und
liebhaben und die auch die Welt
als einen grundlegenden Familien-
zug anzuerkennen beginnt — näm-
lich daß Väter und Söhne zusammen
sind.
Wir sind dankbar, daß Sie an-
wesend sind, und wir schätzen und
lieben Sie aufrichtig.
Dürfen wir Sie zuerst einmal für
Ihre Hingabe und Treue loben. Die
Tempel werden generell gut besucht.
SPENCER W. KIMBALL
Präsident der Kirche
Die Kapellen füllen sich, und es ist
ein Anwachsen der Anwesenheit und
Hingabe zu verzeichnen. Es werden
immer mehr Familien, die den Fa-
milienabend halten, und wir sind
glücklich darüber, daß in der gan-
zen Kirche Glaube und Liebe geübt
werden. Besonders froh sind wir über
das Wachstum und die erfolgreiche
Tätigkeit in den Pfählen und Mis-
sionen in Übersee. Unsere Kirche
ist eine Weltkirche; wir glauben,
daß wir uns immer mehr dem Rang
einer weltumfassenden Kirche
nähern.
Brüder, ich möchte Ihnen jetzt
einige Ankündigungen machen, die
ich auch schon am Donnerstag mit
anderen Führungsbeamten bespro-
chen habe. Die Erste Präsident-
schaft und der Rat der Zwölf haben
es gutgeheißen, daß es in jeder
Gemeinde ein Ältestenkollegium
geben soll. Die Ältesten, die in
einer Gemeinde wohnen, können,
unabhängig davon, wieviele es
sind — höchstens jedoch 96 — in
Ältestenkollegien mit einer eigenen
Präsidentschaft zusammengefaßt
werden. Wo es mehr als 96 Älteste
gibt, soll das Kollegium geteilt
werden. Die Brüder sind der An-
sicht, daß dieses große Reservoir an
Macht und Stärke am besten genutzt
werden kann, wenn man in den ört-
licheren Zuständigkeitsbereichen
starke, aktive Kollegien von Ältesten
hat.
Ein weiterer Punkt, der das
Priestertum anbelangt: Ab sofort
dürfen Pfahlpräsidenten Brüder
zu Siebzigern ordinieren und in
ihrem Pfahl Siebzigerpräsident-
schaften einsetzen, wenn die Namen
dieser Brüder ordnungsgemäß be-
arbeitet und vom Ersten Rat der
Siebzig genehmigt worden sind.
Dadurch sollen lange Verzögerungen
ausgeschlossen und ein gutes Ar-
beitsverhältnis zwischen den Füh-
rungsbeamten des Pfahles und
ihren Siebzigern geschaffen werden,
und wir hoffen, daß der Schwerpunkt
wieder mehr auf die Missionsarbeit
gelegt wird.
Brüder, die Sie führende Ämter
bekleiden: Sie könnten sich viele,
viele Briefe sparen, wenn Sie Ihr
Handbuch und die offiziellen Ver-
öffentlichungen lesen würden.
Dürfen wir Ihre Aufmerksamkeit be-
sonders auf die Unterredungen
zum Besuch des Tempels lenken.
Und bitten Sie Ihre Leute, daß sie
mit ihren Problemen zu ihrem Bi-
schof gehen.
Wir loben Sie, Brüder, für Ihre
Standhaftigkeit bei der Schulung
Ihrer Söhne. Wir haben Sie alle
lieb. Wir wissen Ihren Glauben zu
schätzen; und wir freuen uns über
Ihr Wachstum und Ihre Würdigkeit.
Viele von euch älteren Söhnen haben
schon eine Mission erfüllt, doch
viele von euch jüngeren sind noch
M issionarsanwärter.
Um sicher zu sein, daß ihr ein
erfülltes Leben haben werdet, müßt
ihr euer Leben planen. Das, was
ihr jetzt als Diakone plant, kann euch
ein erfülltes Leben sichern. Habt
ihr schon Geld für eure Mission
gespart?
Ihr habt euch vielleicht noch keine
Gedanken gemacht, welchem Beruf
378
ihr schließlich einmal nachgehen
wollt, doch gibt es viele allgemeine
Regeln, die ihr in eurem Leben
schon aufstellen könnt, auch wenn
ihr noch nicht wißt, ob ihr einmal
Rechtsanwalt, Arzt, Lehrer oder
Ingenieur werden wollt. Es gibt
Entscheidungen, die ihr schon ge-
fällt haben oder jetzt fällen solltet.
Was wollt ihr in den Jahren zwischen
jetzt und eurer Hochzeit machen?
Und was wollt ihr in Hinblick auf
eure Ehe unternehmen?
Ihr könnt euch jetzt entschließen,
der treuste Diakon, Lehrer oder
Priester zu sein. Ihr könnt dies jetzt
mit einem unwiderruflichen Bünd-
nis beschließen. Ihr könnt ein guter
Schüler sein; ihr könnt eure Zeit
richtig und wirksam anwenden.
Den ganzen Rest eures Lebens
könnt ihr glücklich sein, wenn ihr
eure Zeit gut verwendet.
Ihr könnt euch schon jetzt ent-
schließen, daß ihr eine ehrenhafte
Mission erfüllt, wenn ihr ins Mis-
sionsalter kommt, und daß ihr zu
diesem Zweck Geld verdient, es
spart und es in eurer Mission an-
legt, daß ihr studiert und dient und
jede Gelegenheit nutzt, euren Ver-
stand, euer Herz und eure Seele
auf diese herrliche Zeit eures Lebens
richtig vorzubereiten.
Oft ist die Frage gestellt worden:
„Ist man gezwungen, auf Mission
zu gehen?" Die Antwort lautet na-
türlich: Nein. Jeder hat seine Ent-
scheidungsfreiheit. Es ist gefragt
worden: ,, Soll ein jeder junger Mann
eine Mission erfüllen?" Und die Ant-
wort der Kirche lautet: Ja; und die
Antwort des Herrn lautet: Ja. Wenn
wir diese Antwort erweitern, sagen
wir: Gewiß soll jedes männliche Mit-
glied der Kirche eine Mission er-
füllen, wie es den Zehnten zahlen
soll, wie es die Versammlungen
besuchen soll, wie es sein Leben
rein und frei von der Häßlichkeit
der Welt halten und planen soll, im
Tempel des Herrn eine celestiale Ehe
zu schließen.
Man wird zwar nicht gezwungen,
diese Punkte einzuhalten, doch soll
man sie zu seinem eigenen Besten
tun. Wir haben oft gesungen :
0 wisse, jede Seel' ist frei,
zu wählen zwischen Tod und Leben;
daß jeder ungezwungen sei,
hat freien Willen Gott gegeben.
Zwar segnet Gott, der Herr, mit
Licht,
mit Liebe, Weisheit, deine Pfade;
zur Wahrheit zwingen will er nicht,
so unerschöpflich seine Gnade .
In keinem Teil des Evangeliums
gibt es Zwang. 1833 sagte der Herr:
,, Siehe, hier ist die freie Wahl der
Menschen und hier ist die Verurtei-
lung der Menschen, weil ihnen das,
was von Anfang an war, deutlich
kundgetan wurde, und sie nehmen
das Licht nicht an ."
Das heißt, daß uns der Herr seit
Adams Zeiten wahre Lehren ver-
kündigt und daß wir sie annehmen
oder verwerfen können; doch haben
wir auch die Verantwortung dafür.
Das bedeutet, daß wir alle das Gute
vom Bösen unterscheiden können,
da wir ja den Heiligen Geist haben,
den wir zur Zeit der Taufe empfan-
gen. Das Gewissen flüstert uns zu,
was richtig und was falsch ist. Wir
können nicht den anderen oder den
Umständen die Schuld geben. Jeder
weiß, was richtig ist.
Jeder Mensch hat die Freiheit,
sich zu entscheiden. Er kann steh-
len, fluchen oder trinken; er kann
sich mit pornographischem Material
beschmutzen; er kann sein Leben
vertrödeln, darin versagen, seine
Pflicht zu tun, geschlechtliche Sün-
den begehen oder sich auch das
Leben nehmen. Er wird zu nichts
gezwungen, doch muß er wissen,
daß jede Sünde eine angemessene
Strafe nach sich zieht, und zwar
früher oder später in ihrer Fülle, so
daß man wirklich dumm wäre, wenn
man sich dafür entscheiden würde,
das Falsche zu tun.
Ein jeder könnte die Versammlun-
gen nicht besuchen, seinen Zehnten
nicht zahlen, nicht auf Mission
gehen, seine im Tempel einge-
gangenen Verpflichtungen und
empfangenen Vorrechte ignorieren,
doch wenn man klug ist, muß man
wissen, daß man selbst der Be-
trogene ist.
Und wieder beantwortet der
Herr die Frage: ,,Von nun an soll
jedermann Gerechtigkeit in seine
Hand und Treue um seine Hüfte
legen, eine warnende Stimme an die
Bewohner der Erde richten und
durch sein Wort und seine Flucht
zum Ausdruck bringen, daß das
Verderben über die Bösen kommen
wird3." Ist allen aufgefallen, daß
von „jedermann" die Rede war —
also auch von einem jeden Jungen,
der ein Mann wird? Selbstverständ-
lich senden wir nicht einen jungen
Mann aus, der voller Unreinheit und
sexueller oder anderer Sünden
steckt. Gewiß muß er sich durch
aufrichtige Buße reinigen, bevor
man ihn berücksichtigen kann. Und
deshalb wiederholen wir: Jeder
männliche Heilige der Letzten Tage,
der würdig und fähig ist, soll eine
Mission erfüllen.
Um also ein erfülltes Leben zu
haben, das rein und offen ist, muß
ein jeder junge Mann seinen Lebens-
lauf planen und sich selbst und dem
Vater im Himmel geloben, wie sein
Leben aussehen soll und was er zu
tun gedenkt, um es voll zu erfüllen.
Jemand hat uns diesen Gedanken
über die Zeit vermacht. Ich werde ihn
vorlesen:
,,Und in meinen Träumen kam ich
an ein schönes Gebäude, das einer
Bank ähnelte und doch keine war,
denn auf dem Messingschild stand:
,Zeit zu verkaufen'.
Ich sah, wie sich ein Mann, atem-
los und blaß, wie ein Kranker voller
Schmerzen die Treppe hinaufzog.
Ich hörte, wie er sagte: ,Der Arzt hat
mir gesagt, ich sei fünf Jahre zu spät
zu ihm gekommen. Ich möchte mir
jetzt diese fünf Jahre kaufen —
und dann kann er mein Leben retten.'
Dann kam ein anderer Mann, der
zum Verkäufer sagte: ,Alseszuspät
war, entdeckte ich, daß Gott mir
große Fähigkeiten und Talente ge-
geben hatte, und ich habe sie nicht
entwickelt. Verkaufen Sie mir zehn
379
Jahre, damit ich der sein kann, der
ich gewesen wäre.'
Daraufhin kam ein junger Mann
und sprach: .Meine Firma hat mir
gesagt, daß ich ab nächsten Monat
eine gute Stellung übernehmen
kann, wenn ich dazu die nötige Vor-
bereitung nachweisen könne. Das
kann ich aber nicht. Geben Sie mir
zwei Jahre Zeit, damit ich bereit sein
werde, die Stellung im nächsten
Monat zu übernehmen.'
So kamen sie: krank, hoffnungs-
los, verzagt, besorgt, unglücklich —
und sie gingen lächelnd, ein jeder
mit einem Ausdruck unaussprech-
licher Freude auf dem Gesicht, denn
jeder hatte nun das, was er so nötig
brauchte und dringend haben wollte,
nämlich Zeit.
Ich erwachte, froh darüber, daß
ich das hatte, was diese Menschen
nicht hatten und was sie sich nie
kaufen könnten, nämlich Zeit. Zeit,
um so vieles zu tun, was ich tun
wollte, was ich tun muß. Wenn ich
an jenem Morgen bei meiner Arbeit
pfiff, so war es, weil mein Herz
von großem Glück erfüllt war. Denn
ich hatte ja immer noch Zeit, wenn
ich sie recht verwendete4."
Laßt mich euch von einem Ziel
berichten, das ich mir setzte, als
ich noch ein Junge war. Als ich auf
einer Konferenz einen Führer der
Kirche aus Salt Lake City sagen
hörte, daß wir die heiligen Schriften
lesen sollen, und ich erkannte, daß
ich noch nie die Bibel gelesen hatte,
ging ich am gleichen Abend, als die
Rede zu Ende war, zu unserer
Wohnung, die einen Straßenblock
entfernt lag, stieg hinauf in mein
kleines Dachzimmer und zündete
eine kleine Petroleumlampe an, die
auf dem kleinen Tisch stand. Dann
las ich die ersten Kapitel des 1.
Buches Mose. Ein Jahr später
schloß ich die Bibel, nachdem ich
jedes Kapitel dieses großen und
herrlichen Buches gelesen hatte.
Ich stellte fest, daß die Bibel, die
ich las, 66 Bücher umfaßte, und ich
wurde fast von meinem Vorhaben
abgebracht, als ich feststellte, daß
es darin 1 .180 Kapitel gab und 1 .519
Seiten. Es war gewaltig, aber ich
wußte, daß auch schon andere es
geschafft hatten und so würde
auch ich es schaffen.
Ich fand, daß es bestimmte Teile
gab, die für einen 14jährigen Jungen
schwer zu verstehen waren. Es gab
einige Seiten, die mich nicht be-
sonders interessierten; als ich aber
66 Bücher und 1.189 Kapitel und
1.519 Seiten gelesen hatte, spürte
ich eine glühende Befriedigung, daß
ich ein Ziel geschafft und daß ich
es erreicht hatte.
Ich erzähle euch diese Geschichte
nicht, um zu prahlen. Ich benutze
dies nur als ein Beispiel, um damit
zu zeigen, daß ihr es bei elektri-
schem Licht tun könnt, während ich
es bei Petroleumlicht tun mußte.
Ich bin immer froh darüber gewesen,
daß ich damals die Bibel ganz durch-
gelesen habe.
Ich möchte euch von einem an-
deren Ziel berichten, das ich mir
setzte, als ich noch ein Junge war.
Mein ganzes Leben lang hatte ich
vom Wort der Weisheit und von den
Segnungen gehört, die ich dadurch
empfangen könne, daß ich danach
lebte. Ich hatte gesehen, wie Men-
schen Tabak kauten, und es ekelte
mich an, als ich sah, wie das braune
Zeug ihnen aus den Mundwinkeln
troff. Ich hatte miterlebt, wie Männer
viel Zeit damit vergeudeten, daß sie
sich ihre eigenen Zigaretten drehten.
Sie kauften sich einen Beutel Tabak
und Papier und hielten dann viele
Male am Tag inne, um sich eine
Zigarette zu drehen, das dünnere
Ende zuzudrehen und sie dann zu
rauchen. Als dann das Rauchen
später anspruchsvoller wurde, konn-
ten sie ihre Zigaretten fertig kaufen.
Ich erinnere mich, wie widerwärtig
ich es fand, als die Frauen zu
rauchen anfingen.
Ich weiß noch, wie ich zur Feier
des Unabhängigkeitstages auf die
Straßen meiner kleinen Stadt ging
und sah, wie einige Männer als
Reiter oder Spieler am Pferderennen
teilnahmen, auf die Pferde wetteten,
und ich bemerkte, daß viele von
ihnen Zigaretten in ihren Lippen und
Flaschen in ihren Taschen stecken
hatten und einige waren schrecklich
betrunken. Sie verfolgten mit trübem
Blick das Rennen und fluchten.
Es dauerte etwas, bis man die
Ponies zusammengestellt und die
Reihenfolge der Rennen festgelegt
hatte, und fast immer schrie während
dieser Zeit einer: ,,Da schlagen
sich welche!" und alle Männer
und Jungen liefen zum Ort der
Schlägerei, wo es Hiebe, Blut,
Flüche und Äußerungen des Hasses
gab.
Und wieder wurde mir bei dem
Gedanken schlecht, daß sich Men-
schen so schändlich benehmen
konnten, und wieder entschloß ich
mich, daß ich es stets bei der rosa
Limonade dieses Festtages bewen-
den lassen wollte, während ich dem
Pferderennen zusah, daß ich aber
nie Alkohol trinken oder fluchen
würde, wie es viele Jungen und
Männer dieser kleinen Stadt taten.
Und ich erinnere mich, daß ich
mich — ohne daß mich irgend-
jemand dazu zwang — schon als
kleiner Junge entschloß, nie das
Wort der Weisheit zu brechen. Ich
wußte, wo es geschrieben stand,
und ich wußte im allgemeinen, was
der Herr gesagt hat, und ich wußte,
daß es dem Herrn, wenn er es
sagte, angenehm war, daß sich der
Mensch all dieser zerstörenden
Elemente enthält, und daß ich mei-
nem Vater im Himmel gefallen woll-
te. Und deshalb entschloß ich mich
ganz fest, nie diese schändlichen
Dinge zu berühren. Nachdem ich
mich so entschlossen hatte, fand
ich es nicht zu schwer, das Ver-
sprechen mir selbst und dem Vater
im Himmel gegenüber zu halten.
Ich weiß noch, wie ich in späteren
Jahren, als ich eine leitende Stellung
über die Rotary Clubs Arizonas
innehatte, zur internationalen
Tagung nach Nizza in Frankreich
fuhr. Ein Teil dieser Feierlichkeit
stellte ein herrliches Bankett für die
Vertreter aus allen Ländern dar, und
das große Gebäude war für ein vor-
nehmes Essen hergerichtet. Als
wir an unsere Plätze kamen, be-
380
merkte ich, daß bei jedem Platz
neben zahlreichen Teilen Silberbe-
steck und Geschirr sieben Kelch-
gläser standen; und alles war das
Beste, was Europa nur bieten konn-
te.
Als das Essen begann, kam ein
Heer von Kellnern herein, um uns zu
bedienen, sieben Kellner kamen an
den Platz, und sie schenkten Wein
und Branntwein ein. Neben jedem
Teller füllten sich sieben Kelch-
gläser. Die Getränke sahen farben-
freudig aus. Ich war weit weg von zu
Hause; ich kannte viele der gela-
denen Gäste, und sie kannten mich.
Doch sie wußten wahrscheinlich
nicht, welcher Religion ich angehör-
te und welchen Standpunkt ich
hinsichtlich des Wortes der Weisheit
vertrat.
Auf jeden Fall schien es mir, als
flüsterte mir der Böse zu: ,,Das ist
deine Chance. Du bist weit weg von
zu Hause. Keiner beobachtet dich
hier. Niemand wird es je zu wissen
bekommen, ob du diese Gläser
leerst. Das ist deine Chance!" Und
dann schien es mir, als flüsterte mir
ein beglückenderer Geist zu: ,,Du
bist ein Bündnis mit dir selbst ein-
gegangen; du hast dir versprochen,
daß du es nie tun wirst; und mit
deinem Vater im Himmel bist du
ein Bündnis eingegangen. All die
Jahre bist du diesem Bündnis treu
geblieben, und du wärst dumm,
wenn du es jetzt brechen würdest."
Es genüge zu sagen, daß die sieben
Gläser nach einer Stunde, als ich
mich vom Tisch erhob, immer noch
voll der farbenfreudigen Flüssig-
keiten waren, die eine Stunde zuvor
eingeschenkt, aber nicht berührt
worden waren.
Und weiter, meine Brüder,
erinnere ich mich, wie uns in meiner
Jugend der Sheriff einen großen
Schreck versetzte, als er kam und
uns mitteilte, daß man unter den
Dielen der Veranda eines Hauses,
das nur ein Stück weiter die Straße
hinab stand, ein ansehnliches Ver-
steck von gestohlenen Sachen ge-
funden hatte. Der junge Mann, der
dort wohnte, wurde als Kleptomane
bezeichnet. Er schien die Manie zu
haben, Sachen zu stehlen, ja sogar
solche Sachen, die er selbst nicht
gebrauchen konnte. Viele Leute in
der Stadt hatten gemeldet, daß
ihnen ihre Wagenpeitschen und
Wagenmäntel abhanden gekommen
waren. Und hier lagen sie unter der
Veranda, und der Junge gab auch
schließlich zu, daß er sie gestohlen
hatte. Ich erinnere mich, wie
schockiert wir Jungen waren, wie wir
ihn bemitleideten, weil er diese
schreckliche Schwäche entwickelt
hatte.
Ralph Waldo Emerson hat ge-
sagt: ,, Jeder achtet darauf, daß
ihn sein Nächster nicht betrügt.
Doch es kommt der Tag, wo man
anfängt, darauf zu achten, daß man
nicht seinen Nächsten betrügt. Dann
geht alles gut. Man hat seinen
Marktkarren in einen Triumphwagen
der Sonne verwandelt .
Dieser Junge wußte nicht, wie uns
unsere Taten nachfolgen und wie
gewiß wir das, was wir säen, auch
ernten müssen. Und jede Erfahrung,
die wir machen, fügt etwas unserem
Leben hinzu oder nimmt ihm etwas
weg. Wir können nicht ohne Strafe
Häßliches denken oder tun.
Vor kurzem stand in der Zeitung
ein Bericht über ein Mädchen, das
einen Scheck fand, der über mehrals
zwei Millionen Dollar ausgestellt
war. Sie sagte, daß sie sofort in
Gedanken damit begonnen hätte,
das Geld auszugeben. Schließlich
hat sie den Scheck aber doch dem
Besitzer zurückgegeben, und die
Zeitung schreibt, daß die Belohnung
viel kleiner war, als sie es sich er-
träumt hatte. Warum sollte sie eine
Belohnung dafür haben wollen,
daß sie richtig gehandelt hatte?
Warum sollte sie über den Betrag,
der ihr geboten wurde, enttäuscht
sein? Muß man eine Belohnung
dafür erhalten, daß man richtig ge-
handelt hat? Würdet ihr eine Be-
lohnung erwarten, wenn ihr einen
verlorenen Gegenstand zurückgebt?
Ihr Jungen habt alle den 13. Glau-
bensartikel auswendig gelernt oder
lernt ihn noch: ,,Wir glauben
daran, ehrlich, getreu, keusch, wohl-
wollend und tugendhaft zu sein und
allen Menschen Gutes zu tun ..."
Ich wollte noch ein paar Worte
über Ladendiebstahl sagen, aber
die Zeit läßt es nicht zu. Es ist eine
furchtbare Schande, daß Firmen
in unseren Gemeinwesen einen recht
erschütternden Prozentsatz ihres
Profits dafür anlegen müssen, um
sich vor Ladendieben zu schützen.
Es ist schrecklich, daß in Ortschaf-
ten, in denen ein großer Teil von
Mormonen lebt, dies der Fall sein
soll.
Ich möchte nun mit einem wei-
teren kleinen Erlebnis schließen.
Ich war in Toquepala in Peru, wo
wir eine Kapelle weihten. Viele der
Beschäftigten in dieser Bergmanns-
stadt waren Amerikaner. Nach der
Weihung gab es bei einer Familie zu
Hause ein Abendessen. Als wir
uns in dem Hause bewegten, kam
ein kleiner Junge auf mich zu und
sagte: ,, Bruder Kimball, ich möchte
gern einmal auf Mission gehen.
Würden Sie mir einen Segen geben?"
Ich sagte: „Selbstverständlich.
Ich würde Dir gern einen Segen
geben. Aber ist das nicht Dein Vater,
den ich im anderen Raum getroffen
habe?"
Darauf sagte er: „Ja, das ist
Vati."
Ich sagte: „Warum bittest Du
ihn dann nicht, Dir einen Segen zu
geben?"
Er antwortete: „Vati würde mir
keinen Segen geben wollen."
Ich entschuldigte mich. Mit der
Zeit begegnete ich dem Vater und
ich sagte: „Sie haben einen wunder-
baren Sohn. Ich glaube, er möchte
gern einen Segen von seinem Vater
haben. Würden Sie ihm nicht gern
einen Segen geben?"
Er sagte: „Ich glaube nicht, daß
er von mir einen Segen haben
möchte."
Später sah ich, wie Vater und
Sohn beieinander standen. Wie ich
herausfand, waren sie sich in ihren
Ansichten näher gekommen. Der
Sohn war stolz darauf, einen Segen
von seinem Vater zu bekommen, und
381
der Vater war froh, daß er gefragt
worden war.
Ich hoffe, daß ihr Jungen, die ihr
mir jetzt zuhört, daran denkt. Ihr
habt den besten Vater auf der Welt,
wißt ihr das? Er trägt das Priester-
tum; er würde sich sehr freuen, euch
einen Segen zu geben. Er möchte,
daß ihr es ihm sagt, und wir möch-
ten, daß ihr Väter, daran denkt,
daß eure Söhne vielleicht ein biß-
chen schüchtern sind. Sie wissen,
daß ihr die besten Männer auf der
Welt seid, doch wenn ihr vielleicht
nur den Anfang machen würdet,
so hättet ihr ein paar herrliche
Augenblicke.
Brüder, es ist wunderbar, heute
abend bei Ihnen zu sein. Und möge
Friede mit Ihnen sein, und wie schon
so oft in dieser Zeit gesagt worden
ist: Nur Rechtschaffenheit wirft
Dividenden ab. Gott segne Sie;
und ich lege euch Jungen und euch
Männern Zeugnis ab, daß Gott lebt
und daß Jesus der Christus ist.
Der Plan der Erlösung und der Er-
höhung ist des Herrn Plan, und es
ist ein heiliger Weg, und es hat
noch keiner Glückseligkeit in Unge-
rechtigkeit gefunden. Ich gebe Ihnen
mein Zeugnis im Namen Jesu
Christi, unseres Herrn. Amen.
1) Gesangbuch, Nr. 38. 2) LuB 93:31. 3) LuB
63:37. 4) Verfasser unbekannt. 5) „The Complete
Writings of Ralph Waldo Emerson".
Rede anläßlich der Priestertumsversammlung der
144. Frühjahrs-Generalkonferenz der Kirche Jesu
Christi der Heiligen der Letzten Tage
Die Gemeinde Hannover freut sich darüber, daß weitere zwei Geschwi-
ster auf eine Vollzeitmission berufen wurden. Am 10. April nahm Schw.
Lieselotte Niethus in der Süddeutschen Mission ihre Arbeit auf, und Br.
Uwe Löhrmann reiste am 28. Juni auf das Missionsfeld der österreichi-
schen Mission.
Schw. Niethus und Br. Löhrmann haben sich lange auf den Missionars-
dienst vorbereitet und neben anderen Ämtern auch ihre Berufung als
Distriktsmissionar mit sehr viel Freude und Begeisterung erfüllt.
Wir wünschen beiden Geschwistern bei ihren Bemühungen, das Werk
des Herrn vorwärtszubringen, viel Erfolg und den Segen des Herrn.
Schwester Ruth Andrejewitsch ist
aus der Gemeinde Wien I auf Mis-
sion in die Südwestenglische Mis-
sion berufen worden.
Wir sind sehr froh darüber, daß
wir dadurch, daß wir alle Kraft in der
Gemeinde aufbieten müssen, um
diese wunderbare Schwester für die
Dauer ihrer Mission zu ersetzen,
einen Beitrag zum Fortschritt der
Arbeit des Herrn in England leisten
dürfen!
Schwester Andrejewitsch war ein
sehr aktives Mitglied unserer Ge-
meinde. Mit ihrem Schwung und ih-
rem Humor hat sie Vorbildliches in
der GFV und der FHV geleistet.
Wir wünschen Schwester Andre-
jewitsch den Segen des Herrn bei
ihrer Arbeit.
„Wolfgang Männchen ist der er-
ste Missionar, der aus der Gemeinde
Erlangen kommt. Br. Männchen wur-
de am 17. Mai 1970 getauft, nach-
dem er die Kirche lange Zeit unter-
sucht hatte. Seine Eltern unterstüt-
zen ihn tatkräftig, was uns beson-
ders freut. In der Gemeinde war er
1. Ratgeber des Sonntagsschullei-
ters. Wenig später wurde er selbst
zum Leiter berufen. Der Herr segne
Br. Männchen bei seiner Arbeit mit
Kraft, Weisheit und Erfolg."
382
„Seid rein, die ihr
die Gefäße des
Herrn traget!"
Meine geliebten Brüder, das
Thema, das meinen Worten heute zu-
grunde liegt, lautet: „Seid rein, die
ihr die Gefäße des Herrn traget1!"
Genausogut könnte es heißen: Er-
füllt voll eure Berufung im Priester-
tum. Zu Anfang möchte ich Ihnen
bezeugen, daß ich durch die Macht
des Geistes weiß, daß Präsident
Kimball ein Prophet ist, der vom
Herrn dazu berufen worden ist,
sein Sprecher zu sein, und daß Bru-
der Tanner durch Offenbarung be-
rufen worden ist, sein Erster Rat-
geber zu sein. Ich unterstütze sie
beide von ganzem Herzen.
Was Sie, Brüder, anbelangt, so
meine ich dasselbe, wie Petrus es
den Brüdern seiner Zeit gesagt hat:
, , Ihr ... seid das auserwählte Ge-
schlecht, das königliche Priester-
tum2." Von allen Männern auf Erden
sind wir die, die am meisten geehrt
worden sind.
Als Geistsöhne Gottes standen
wir im großen Rat im Vorherdasein
und hörten, wie der Vater den Plan
des Evangeliums darlegte. Wir
MARION G. ROMNEY
Zweiter Ratgeber des Präsidenten
der Kirche
hörten ihn sagen, daß diejenigen,
die ihren ersten Stand behielten,
erhöht würden und diejenigen, die
ihren zweiten Stand behielten, sollen
„vermehrte Herrlichkeit empfangen
für immer und ewig3".
Wir wissen, daß wir unseren
ersten Stand behalten haben, weil
wir hier sind und unser Geist diesen
Körper erhalten hat.
Wenn wir für immer und ewig ver-
mehrte Herrlichkeit empfangen
wollen, müssen wir zweierlei tun,
während wir hier sind. Zum einen,
das Priestertum empfangen; zum
anderen, unsere Berufung im Prie-
stertum voll erfüllen. Der Herr hat
gesagt, daß niemand diese Herrlich-
keit ohne das Priestertum empfan-
gen könne. „Und wehe allen denen,
die nicht zu dem Priestertum kom-
men4", sagte er.
Wir, die wir das Priestertum
tragen, werden die vermehrte Herr-
lichkeit empfangen, wenn wir unsere
Berufung im Priestertum voll er-
füllen. Ich möchte jetzt gern, daß Sie
sich die Worte des Herrn anhören,
die er wählte, als er uns das Bünd-
nis gab, das zum Priestertum ge-
hört.
Er hat gesagt: „Denn diejenigen,
die treu sind und diese beiden Prie-
stertümer erhalten, von denen ich
gesprochen, und ihre Berufung ver-
herrlichen (also nicht nur empfan-
gen, sondern diejenigen, die es
empfangen und ihre Berufung ver-
herrlichen oder voll erfüllen), werden
durch den Geist geheiligt zur Er-
neuerung ihres Körpers.
Sie werden die Söhne Moses und
Aarons [im ersten Teil der Offen-
barung, aus der ich zitiere, Abschnitt
84, spricht der Herr von Männern,
die das Priestertum tragen, daß sie
gemäß der Ordnung des Priester-
tums Söhne Moses seien, und von
denjenigen, die das Aaronische
Priestertum tragen, daß sie gemäß
der Ordnung des Aaronischen Prie-
stertums Söhne Aarons seien] und
der Same Abrahams, die Kirche und
das Reich und die Auserwählten
Gottes. [Wir sprechen davon, daß
wir unsere Berufung und Erwählung
festmachen. Das können wir nur,
indem wir das Priestertum empfan-
gen und es in Ehren halten. Und
dann gibt der Herr die Verheißung :]
Und alle diejenigen, die dieses
Priestertum empfangen, die empfan-
gen mich, spricht der Herr [denken
Sie darüber nach; diejenigen, die
das Priestertum empfangen und
in Ehren halten, „empfangen mich,
spricht der Herr"].
Denn wer meine Diener empfängt,
der empfängt mich,
und wer mich empfängt, der
empfängt meinen Vater,
und wer meinen Vater empfängt,
der empfängt meines Vaters Reich;
deshalb soll alles, was mein Vater
hat, ihm gegeben werden [Und die-
ses, vermehrte Herrlichkeit für
immer und ewig und alles, was der
Herr hat, ist uns verheißen worden].
Und dies ist nach dem Eid und
Bunde, der zum Priestertum gehört.
Darum empfangen alle diejenigen,
die das Priestertum erhalten, diesen
Eid und Bund [diese Verheißung vom
Herrn] ..., den er [nicht] brechen
383
kann ... [Aber wir können es, und
sehr viele von uns tun es. Und dies
ist die Folge:]
Wer aber den Bund bricht [das
Priestertum in Ehren zu halten und
seine Berufung voll zu erfüllen],
nachdem er ihn empfangen hat, und
sich gänzlich von ihm abwendet,
wird weder in dieser noch in der
nächsten Welt Vergebung ... erlan-
gen. [Ich glaube nicht, daß er hier
unbedingt von der unverzeihlichen
Sünde spricht, doch behaupte ich,
daß diejenigen von uns, die dieses
Priestertum empfangen und begrei-
fen, worum es geht, und dann ihre
Berufung nicht voll erfüllen, etwas
verlieren, was wir hernach nicht
wiedererlangen können.]
Und nun gebiete ich euch [spricht
der Herr], daß ihr auf der Hut seid
und sorgfältig achthabt auf die
Worte des ewigen Lebens.
Denn ihr [die ihr das Priestertum
empfangen habt] sollt von einem
jeglichen Worte leben, das aus dem
Munde Gottes kommt5."
Dieser Auftrag erinnerte mich an
das, was der Herr in der großartigen
Offenbarung an Brigham Young
über das „Lager Israels ... in der
Nähe von Council-Bluffs, Iowa, am
14. Januar 1847" sagte6:
, , Ihr seid noch nicht rein [sagte
er]; ihr könnt meine Herrlichkeit
noch nicht ertragen. Ihr werdet sie
jedoch sehen, wenn ihr im Halten
aller meiner Worte getreu seid, die
ich euch gegeben habe, von den
Tagen Adams bis auf Abraham; von
Abraham bis Mose, von Mose bis zu
Jesus und seinen Aposteln, von
Jesus und seinen Aposteln bis zu
Joseph Smith [und wir könnten jetzt
hinzufügen: bis Präsident Kim-
ball]7."
Wenn ich über den Wortlaut des
,,Eids und Bundes, der zum Prie-
stertum gehört" nachdenke, den
ein jeder von uns eingegangen ist,
so flößen mir die unübertrefflichen
Segnungen, die der Herr verheißen
hat, Ehrfurcht ein. Zur gleichen Zeit
werde ich überwältigt, wenn ich die
Bedingungen betrachte, auf die der
Empfang dieser Segnungen bedingt
ist.
Mir scheint, es gibt viele „Worte
des ewigen Lebens", die „aus dem
Munde Gottes" gekommen sind,
auf die wir sorgfältiger achthaben
müssen, wenn wir die verheißenen
Segnungen empfangen wollen.
Darunter ist das Gebot: „Gedenke
des Sabbattages, daß du ihn heili-
gest8."
In unserer Zeit hat der Herr der
Heilighaltung des Sabbattags
großen Nachdruck verliehen. Als
die Heiligen damals zum ersten Mal
nach Independence im Staate
Missouri zogen, gab er ihnen eine
Reihe von Richtlinien, die von den-
jenigen eingehalten werden müssen,
dieZion errichten und darin wohnen
wollen. Eine davon, die er sehr be-
tonte, war die Heilighaltung des
Sabbats. Er hat gesagt:
„Und um dich noch völliger von
der Welt unbefleckt zu halten, sollst
du zum Hause des Gebets gehen,
am Abendmahl teilnehmen und
deine Gelübde an meinem heiligen
Tage darbringen.
Denn wahrlich, dies ist der Tag,
für dich zur Ruhe von deiner Arbeit
bestimmt, und damit du dem Aller-
höchsten deine Verehrung be-
zeugest.
Bedenke ..., daß an diesem dem
Tag des Herrn du dem Allerhöchsten
deine Gaben und heiligen Gelübde
darbringen und deine Sünden vor
deinen Brüdern und dem Herrn be-
kennen sollst.
An diesem Tage aber sollst du
nichts tun als mit lauterem Herzen
deine Speise bereiten, damit dein
Fasten vollkommen sei, oder mit
anderen Worten, damit deine Freude
vollkommen sei ."
Da wir in einer Gesellschaft leben,
die den Sabbat bricht, müssen wir —
wenn wir unsere Berufung im Prie-
stertum voll erfüllen wollen — in
der Welt leben, aber nicht von der
Welt sein, denn der Herr hat gesagt:
„Die Einwohner Zions sollen ... den
Sabbattag heilig halten1""
Wir brauchen nicht am Sabbat ein-
kaufen. Man wird in der Stadt Zion
am Sabbat nicht einkaufen.
Wir brauchen an keinen Freizeit-
veranstaltungen teilnehmen, auch
brauchen wir am Sabbat weder jagen
noch fischen.
Wenn wir wirklich darauf bedacht
sind, unsere Berufung im Priester-
tum voll zu erfüllen, so werden wir
uns am Sabbat im Rahmen der An-
weisungen bewegen, die uns der
Herr in jenem Abschnitt des Buches
, Lehre und Bündnisse' gegeben hat.
Nun noch weitere „Worte des
ewigen Lebens", die aus dem Munde
Gottes gekommen sind und auf die
wir sorgfältiger achthaben müssen,
wenn wir für immer und ewig ver-
mehrte Herrlichkeit empfangen
wollen:
„Seid rein, die ihr die Gefäße des
Herrn traget11!"
„Bedenke, o Mensch, daß du für
alle deine Taten gerichtet werden
wirst.
Und wenn ihr deshalb danach ge-
trachtet habt, in den Tagen eurer
Prüfungszeit Böses zu tun, dann
werdet ihr vor dem Richterstuhl
Gottes unrein befunden werden;
und bei Gott kann nichts Unreines
bestehen; daher müßt ihr auf ewig
ausgestoßen werden12." Das sind
die Worte Nephis.
„Sehet, ich sage euch: Das Reich
Gottes ist nicht unrein, und nichts
Unreines kann hineinkommen13."
600 Jahre später sagte der auf-
erstandene Jesus seinen nephiti-
schen Jüngern, daß „nichts Un-
reines ... in sein Reich eingehen
[kann]; dahergehen nur die in seine
Ruhe ein, die durch ihren Glauben
und die Abkehr von all ihren Sünden
und durch ihre Treue bis ans Ende
ihre Kleider in meinem Blut ge-
waschen haben14".
Ganz am Anfang dieser letzten
Evangeliumszeit sagte Jesus zu den
Brüdern, die sich auf einer Konfe-
renz versammelt hatten: „Geht aus
von den Gottlosen! Rettet euch!
Seid rein, die ihr die Gefäße des
Herrn tragt 1J?"
384
Diese Worte rufen uns die Er-
klärung des Paulus an die Korinther
ins Gedächtnis zurück: „Wisset ihr
nicht, daß ihr Gottes Tempel seid
und der Geist Gottes in euch wohnt?
Wenn jemand den Tempel Gottes
verdirbt, den wird Gott verderben,
denn der Tempel Gottes ist heilig;
der seid ihr16."
Es gibt viele unreine Praktiken, die
in unserer heutigen Gesellschaft
weit verbreitet sind und vor denen
wir uns stets in acht nehmen müs-
sen, wenn wir rein genug leben
wollen, um unsere Berufung im
Priestertum voll zu erfüllen.
Der Herr warnte uns vor einigen
von ihnen im Wort der Weisheit:
,,Wenn jemand unter euch Wein
oder starke Getränke trinkt, seht",
so sagte er, „das ist nicht gut, auch
nicht angenehm in den Augen eures
Vaters ...
Auch Tabak ist nicht [gut] für den
Körper ...
Und weiter: Heiße Getränke sind
nicht fürden Körper1!.."
Der Gebrauch von Drogen jeg-
licher Art, die Sucht erzeugend
sind, verletzt den Geist des Wortes
der Weisheit und verunreinigt sowohl
den Körper als auch den Geist.
Priestertumsträger, die darauf
bedacht sind, ihre Berufung voll zu
erfüllen, meiden den Schmutz
unserer freizügigen Gesellschaft
wie die Pest, wo immer er auch sein
mag: in der Literatur, auf der Bühne
oder Leinwand, in Freizeitzentren
oder sonstwo. Gott duldet kein un-
reines Priestertum.
Eines der vernichtendsten und
erniedrigendsten Laster, das in
unserer heutigen Gesellschaft rasch
um sich greift, ist die Unkeuschheit.
Denken wir immer daran, daß der
Herr vom Sinai mit Donnerstimme
sprach: ,,Du sollst nicht ehebre-
chen18"
Unter dem mosaischen Gesetz
stand auf Ehebruch die Todesstrafe.
Ungeachtet dessen, daß die Über-
tretung dieses Gesetzes infolge der
verdorbenen Nachsicht der heutigen
Menschheit mit Straflosigkeit ge-
duldet wird, so ist es nach Gottes
Gesetz jedoch, wie es immer war,
eine die Seele zerstörende Sünde.
Die darauf stehende Strafe, die sich
selbst vollstreckt, ist geistiger Tod.
Kein Ehebrecher, dem nicht ver-
geben worden ist, macht seiner
Berufung im Priestertum Ehre; und
der Herr macht keine feinen Unter-
schiede zwischen Unzucht und Ehe-
bruch, wie Bruder Clark gesagt hat19.
Ich möchte hinzufügen: auch nicht
zwischen Ehebruch und geschlecht-
licher Perversion.
Jesus setzte den Maßstab, den
wir befolgen sollen, als er sagte:
,,lhr habt gehört, daß gesagt ist:
,Du sollst nicht ehebrechen.'
Ich aber sage euch: Wer eine
Frau ansieht, ihrer zu begehren,
der hat schon mit ihr die Ehe ge-
brochen in seinem Herzen."
Und um dann die Ungeheuer-
lichkeit dieser Sünde hervorzu-
heben, fuhr er fort: „Wenn dir aber
dein rechtes Auge Ärgernis schafft
[oder: dich zum Bösen verführen
will], so reiß es aus und wirf's von
dir. Es ist dir besser, daß eins deiner
Glieder verderbe und nicht der ganze
Leib in die Hölle geworfen werde 20."
Gewiß werden wir Priestertums-
träger, die wir unsere Berufung im
Priestertum voll erfüllen wollen,
um ewiges Leben zu erlangen und
„vermehrte Herrlichkeit zu emp-
fangen für immer und ewig", fleis-
sig bestrebt sein, das Gebot des
Herrn zu halten, das da heißt: „Seid
rein, die ihr die Gefäße des Herrn
tragt 21"
Möge es so sein, darum bitte ich
demütig im Namen Jesu Christi.
Amen.
Rede anläßlich der Priestertumsversammlung der
144. Frühjahrs-Generalkonferenz der Kirche Jesu
Christi der Heiligen der Letzten Tage
1)LuB 133:5. 2) 1 . Petr. 2:9. 3) Abr. 3:26. 4)LuB
84:42. 5) LuB 84:33-44. 6) LuB 136 (Kapitelüber-
schrift). 7) LuB 136:37. 8) 2. Mose 20:8. 9) LuB
59:9, 10, 12, 13. 10) LuB 68:29. 11) LuB 133:5;
siehe auch 38:42. 12) 1. Nephi 10:20, 21. 13) 1.
Ne. 15:34. 14) 3. Ne. 27:19. 15) LuB 38:42.
16) 1. Kor. 3:16, 17. 17) LuB 89:5, 8, 9. 18) 2.
Mose 20:14. 19) Konferenz, Oktober 1949.
20) Matth. 5:27-29. 21) LuB 133:5.
Es ist eine gute Gepflogenheit
in der Kirche sowie im Geschäfts-
leben, sich selbst zu überprüfen und
festzustellen, ob man Erfolg gehabt
hat oder ob man versagt hat.
Organisationen wie auch der ein-
zelne machen entweder Fortschritt
oder entwickeln sich zurück; sie ste-
hen selten, wenn überhaupt, still.
Sich weiterzuentwickeln bedeutet,
dem Gesetz des Lebens Folge zu
leisten. Wenn die Kirche oder ein
Teil von ihr sich nicht verbesserte,
dann können Sie sicher sein, daß
sie verderben würde. Keine Ge-
meinde oder kein Pfahl der Kirche
kann zurückbleiben und stillstehen.
Es ist die Quelle der Zufriedenheit
für uns alle, wenn wir erkennen,
daß wir zu einer Kirche gehören,
die vorwärtsgeht.
— David O. McKay
385
Vom Herrn
erwählt
Meine lieben Brüder, Träger des
Priestertums Gottes, deren sich
so viele an so vielen Orten einge-
funden haben — an dieser Ver-
sammlung nehmen fast 200.000
Brüder teil — , dies ist eine Heer-
schar Gottes, die größte Bruder-
schaft und die größte Macht auf der
ganzen Erde. Wie glücklich und ge-
segnet wir doch sind, daß wir Träger
des Priestertums sein und dieser
großen Bruderschaft in der Kirche
Jesu Christi der Heiligen der Letzten
Tage angehören dürfen.
Heute abend sind wir belehrt, in-
spiriert und in unserem Glauben und
Zeugnis erbaut worden und wir
haben uns an diesem schönen Chor
erfreut. In ein paar Minuten haben
wir das besondere Vorrecht, einem
Propheten Gottes zuzuhören, der
der Präsident der Kirche Jesu Christi
und sein Sprecher heute hier auf
Erden ist. Mögen wir, wenn er
spricht, zuhören, ja hörende Ohren
haben und die feste Absicht, diesem
großen Führer, Spencer W. Kimball,
zu folgen.
Da ich die außerordentliche Freude
und Segnung haben durfte, als Rat-
N. ELDON TANNER
Erster Ratgeber des Präsidenten
der Kirche
geber von vier der erwählten Pro-
pheten des Herrn tätig zu sein,
lege ich Zeugnis ab, daß sie wahr-
haftig Propheten Gottes sind, und
ich möchte gern mit Ihnen wieder-
holen, wie der Herr die Führer seiner
Kirche erwählt, ordiniert und einge-
setzt hat und wie reibungslos die
Nachfolge vor sich geht.
Als Jesus auf Erden weilte, be-
gann er sein Wirken und gründete
seine Kirche und „rief ... seine
Jünger und erwählte aus ihnen
zwölf, welche er auch Apostel
nannte1." Und er sprach zu seinen
Aposteln: „Wahrlich, ich sageeuch:
Was ihr auf Erden binden werdet,
soll auch im Himmel gebunden sein,
und was ihr auf Erden lösen wer-
det, soll auch im Himmel los sein 2."
Daraus geht hervor, daß er jedem
die Fülle des Apostelamtes mit
dessen Schlüsseln und Vollmachten
übertrug, so daß ein jeder — sollte
die Zeit kommen — seinerseits als
dienstältester Apostel oder als
Präsident der Kirche fungieren
konnte. Petrus, Jakobus und Johan-
nes wurden als das Haupt der Kirche
eingesetzt und sollten nach Christi
Weggang als Erste Präsidentschaft
amtieren.
Die Kirche beruht in diesen Letzten
Tagen auf demselben Prinzip. Nach-
dem Joseph Smith vom Herrn er-
wählt worden war, erschienen
Petrus, Jakobus und Johannes und
übertrugen ihm und Oliver Cowdery
das Melchisedekische Priestertum
und ordinierten sie zu Aposteln des
Herrn, Jesus Christus.
Im Buch , Lehre und Bündnisse'
lesen wir, daß Joseph Smith jun.
zum ersten Ältesten der Kirche be-
rufen wurde. Der Herr sagte: ,,Du
(sollst) ein Seher, Übersetzer, Pro-
phet und Apostel Jesu Christi, ein
Ältester der Kirche durch den Willen
Gottes, des Vaters, und die Gnade
deines Herrn Jesus Christus ge-
nannt werden ...
vom Heiligen Geist getrieben,
ihren Grund zu legen und sie zum
allerheiligsten Glauben aufzu-
bauen3."
Obwohl dem Propheten und Oliver
Cowdery im Juni 1829, also bevor
die Kirche gegründet wurde, gesagt
worden war, daß es zwölf Apostel
geben werde und wie sie erwählt
werden sollten, wurde doch der
erste Rat der Zwölf erst im Jahre
1835 ernannt. Zu der Zeit erhielten
die drei Zeugen durch den Propheten
Joseph Smith vom Herrn den Auf-
trag, die Zwölf auszuwählen, die
zu Aposteln ordiniert werden soll-
ten4.
Diese Männer wurden auf Weisung
des Propheten Joseph Smith erwählt
und zu Aposteln ordiniert und
empfingen dieselbe Vollmacht, die
Paulus und anderen Aposteln
während der Zeit Jesu Christi über-
tragen wurde. Es steht geschrieben:
,,Sie bilden einen Rat, der dem vor-
erwähnten der drei Präsidenten an
Kraft und Vollmacht gleich ist5", wo-
mit die Präsidentschaft der Kirche
gemeint ist.
Auch lesen wir in dem Werk ,,Do-
cumentary History of the Church":
, .Joseph Smith fuhr dann fort, die
Pflicht der Zwölf zu erläutern sowie
ihre Vollmacht, die gleich nach der
der jetzigen Präsidentschaft kommt
386
..., auch sind die Zwölf keinem an-
deren untergeben als der Ersten
Präsidentschaft, d. h. mir ..., Sidney
Rigdon und Frederick G. Williams,
die jetzt meine Ratgeber sind; und
wenn ich nicht mehr da bin [d. h.
wenn er stirbt], gibt es keine Erste
Präsidentschaft über den Zwölfen6."
Wilford Woodruff hat gesagt:
,,lch sage den Heiligen der Letzten
Tage: Die Schlüssel des Reiches
Gottes sind hier, und sie werden
auch bis zum Kommen des Men-
schensohnes hier bleiben. Möge
ganz Israel dies verstehen ... Keiner,
in dem je der Odem des Lebens ge-
wesen ist, kann diese Schlüssel
des Reiches Gottes innehaben und
das Volk in die Irre führen 7."
Nach dem Tode des Propheten
Joseph Smith berief Brigham Young
mit folgenden Worten eine Ver-
sammlung ein: ,,lch möchte dieses
Volk mit den verschiedenen Kolle-
gien des Priestertums zu einer
Sonderkonferenz versammelt sehen
..." Und auf dieser Versammlung
sagte er: ,,lch fange an, in meiner
Berufung zu amtieren, in Verbin-
dung mit dem Kollegium der Zwölf,
die Apostel Jesu Christi für diese
Zeit sind, Apostel, die Gott auf dem
Wege der Offenbarung durch den
Propheten Joseph Smith berufen
hat, die dazu ordiniert und gesalbt
sind, die Schlüssel des Reiches
Gottes in alle Welt zu tragen."
Dann stellte er die Frage: „Möch-
te die Kirche, und ist es ihr einziger
Wunsch, die Zwölf als die Erste
Präsidentschaft dieses Volkes be-
stätigen?" Es wurde berichtet, daß
eine allgemeine Abstimmung statt-
fand. Darauf bat er um die Gegen-
probe, und es wurde keine Hand
gehoben.
Es hat den Anschein, daß Brigham
Young die Kollegien des Priester-
tums nach einerOrdnung abstimmen
lassen wollte, wie wir dies heute
morgen in unserer feierlichen Ver-
sammlung getan haben, denn er
sagte: ,, Dieses (die Abstimmung)
macht die andere Frage überflüssig,
und es soll nach Kollegien abge-
stimmt werden8." Er erklärte dann,
daß die Zwölf weiter in ihrem Amte
bleiben und amtieren sollten, daß
sie die Schlüssel des Reiches inne-
hätten und daß sie die Angelegen-
heiten der Kirche regeln und
alles recht verfügen würden, bis eine
neue Erste Präsidentschaft organi-
siert werden würde. So ist es seit
dem Tode Joseph Smith' immer ge-
handhabt worden. In diesem Fall
führten die Zwölf die Kirche noch
dreieinhalb Jahre lang, ehe die Erste
Präsidentschaft organisiert und
Brigham Young Präsident der Kirche
wurde.
Als Wilford Woodruff gefragt
wurde, ob er einen Grund wüßte,
warum nicht jemand anders als der
Präsident der Zwölf über die Kirche
präsidieren könne, sagte er, daß
er dafür mehrere Gründe kenne:
,, Erstens: Wer hat, wenn der Präsi-
dent der Kirche stirbt, die präsidie-
rende Vollmacht über die Kirche?
Es ist das Kollegium der zwölf Apo-
stel, das durch Offenbarung von
Gott eingesetzt worden ist, und
sonst niemand. Wer ist dann aber
während der Zeit, wo die zwölf
Apostel über die Kirche präsidieren,
der Präsident der Kirche? Es ist der
Präsident der zwölf Apostel, und er
ist tatsächlich in der Zeit, wo er
über die Zwölf präsidiert, genauso
der Präsident der Kirche, wie wenn
er im Falle einer organisierten Präsi-
dentschaft der Kirche über zwei
Männer präsidiert." Dies ist ein Aus-
zug aus einem Brief, den Wilford
Woodruff am 28. März 1 887 an Heber
J. Grant schrieb. Nach diesem
Grundsatz hat man sich nun bereits
über hundert Jahre lang gerichtet.
In der ganzen Geschichte der
Kirche hat es sich sehr deutlich
gezeigt, daß der Mann, der zum
Präsidenten der Kirche erwählt wird,
vorherordiniert und der Mann der
Stunde war. Es heißt, daß Joseph
Smith, als er zum ersten Mal mit
Brigham Young zusammentraf,
gesagt hat, daß Brigham Young
eines Tages der Präsident der
Kirche sein werde. Wenn wir über
die ungewöhnliche Kombination von
Ereignissen nachdenken, die Brig-
ham Young Präsident der Zwölf
werden ließ, so liegt es auf der
Hand, daß er, lange bevor er ge-
boren wurde, vorherordiniert und
erwählt worden war, ebenso wie
es Jeremia und andere waren.
Als der Prophet Joseph Smith
starb, schien es allen so, als hätte
es keinen gegeben, der bereit ge-
wesen sei, die Verantwortung als
Präsident der Kirche auf sich zu
nehmen. Joseph Smith hatte die
besondere Gabe erhalten, Offen-
barung für die Kirche zu empfangen,
und wurde mehr als viele andere
Propheten inspiriert. Er war be-
sonders dafür geeignet, eine große
Mission auszuführen. Nach seinem
Tode erwies sich Brigham Young,
der Präsident der Kirche wurde,
als der Mann der Stunde. Auch er
hatte besondere Gaben und Talente,
die ihn befähigten, das zu tun, was
zu jener Zeit getan werden mußte.
Brigham Young war ein großer
Führer, Kolonisator und Organisa-
tor. Er war zweifellos der Mann,
der die Kirche leiten und in den
Rocky Mountains ansässig machen
sollte und konnte, wie es zuvor der
Prophet Joseph Smith vorausge-
sagt hatte.
Auch ist es höchst beruhigend,
wenn man sieht, wie John Taylor be-
schützt wurde. Man kann sagen, daß
er ein Märtyrer war, denn er mußte
sehr unter den Wunden leiden, die
man ihm zugefügt hatte, als der
Prophet Joseph Smith getötet wur-
de. Es zeigte sich während seiner
ganzen Amtszeit, daß er ohne Zwei-
fel der Mann war, der zu dieser Zeit
gebraucht wurde. Dasselbe kann
von denjenigen Männern gesagt
werden, die als Präsidenten der
Kirche folgten.
Wir müssen feststellen, daß unter
der Leitung Harold B. Lees, obwohl
er doch nur eine so kurze Zeit über
die Kirche präsidiert hat, viel Fort-
schritt gemacht und viel vollbracht
worden ist; auch ist das Fundament
für die zukünftige Entwicklung
und das weitere Wachstum der
Kirche gelegt worden.
387
Jetzt haben wir einen Präsidenten
der Kirche, den der Herr erwählt und
vorherordiniert hat — der als
Apostel über 30 Jahre lang geprüft
und geschult wurde und der zu
drei verschiedenen Malen auf wun-
dersame Weise für dieses hohe und
heilige Amt bewahrt wurde.
Wir lesen in dem Buch „Lehren
des Propheten Joseph Smith": „Je-
der Mann, der berufen ist, den Be-
wohnern der Erde im Evangelium
zu dienen, wurde gerade zu diesem
Zweck in der großen Ratsversamm-
lung im Himmel vor Grundlegung
der Welt ordiniert5?"
Wir müssen immer daran denken,
wie es schon so oft gesagt worden
ist, der Herr beruft seine Propheten,
und der Herr entläßt seine Pro-
pheten. Sie können von keiner an-
deren Macht berufen oder entlassen
werden. Wie bereits erwähnt, über-
nimmt beim Tode des Präsidenten
der Kirche das Kollegium der Zwölf
die Leitung, und das dienstälteste
Mitglied bzw. der Präsident
der Zwölf wird der präsidierende
Beamte.
Es ist wichtig, daß man sich
genau vergegenwärtigt, was sich zu-
trug, als Bruder Lee von uns schied.
Bruder Romney war ins Krankenhaus
gerufen worden, und als Bruder
Lee, der erkannte, daß er eine Zeit
lang verhindert sein würde, mit ihm
sprach, sagte er zu ihm: „Bruder
Tanner ist nicht da, und ich möchte,
daß Sie es übernehmen, die Ange-
legenheiten der Kirche wahrzu-
nehmen." Spencer W. Kimball, der
später hereinkam, bot Bruder
Romney seine Hilfe an. Bruder
Romney wandte sich jedoch, gleich
nachdem bekanntgegeben worden
war, daß Präsident Lee hinüberge-
gangen war, an Spencer W. Kimball
und sagte: „Jetzt sind Sie als Präsi-
dent des Kollegiums der Zwölf
verantwortlich. Ich stehe Ihnen zur
Verfügung und bin bereit, alles zu
tun, womit ich Ihnen helfen kann."
Das entsprach ganz und gar der
Ordnung der Kirche und ist ein
großartiges Beispiel dafür, wie doch
die Kirche nie ohne Präsidentschaft
gelassen wird und wie reibungslos
der Übergang vonstatten geht.
Sofort wurde Spencer W. Kimball
als Präsident der Zwölf die präsi-
dierende Autorität der Kirche.
Ich möchte gern einen Überblick
über das geben, was unternommen
wurde, als er zum Präsidenten der
Kirche ernannt und ordiniert wurde.
Lassen Sie mich aber noch, bevor
ich dies tue, aus einer Rede Bruder
Kimballs zitieren, die er auf der
Generalkonferenz am 4. April 1960,
also vor 1 4 Jahren, gehalten hat :
„Welche Mutter stellt sich nicht
vor, wenn sie voller Zärtlichkeit auf
ihr pausbäckiges Baby herabblickt,
daß ihr Kind einmal der Präsident
der Kirche oder der Führer ihrer
Nation wird? Während es sich in
ihren Armen kuschelt, sieht sie in
ihm einen Staatsmann, einen Führer,
einen Propheten. Manche Träume
werden wahr! Eine Mutter gibt uns
einen Shakespeare, eine andere
einen Michelangelo, eine weitere
einen Abraham Lincoln und noch
eine andere einen Joseph Smith !
Wenn Theologen wanken und
straucheln, Lippen heucheln und
Herzen abirren und die Menschen
,hin und her ... laufen und des
Herrn Wort suchen und doch nicht
finden', wenn Wolken derTäuschung
vertrieben werden müssen, wenn
geistige Finsternis durchdrungen
und der Himmel geöffnet werden
muß, dann kommt ein kleines Kind
zurWelt." Wie prophetisch!
Genau solch ein Kind kam am
28. März 1895 in Salt Lake City zur
Welt und wurde Spencer Woolley
Kimball genannt. Sie finden einen
höchst interessanten Bericht über
das Leben dieses großen Mannes
im STERN, Juli 1974. Der Bericht
reicht von seiner Geburt bis in die
heutige Zeit und wurde sehr schön
von Bruder Boyd K. Packer geschrie-
ben.
Als Wilford Woodruff Präsident
der Kirche war, sagte er, daß es der
Wille des Herrn sei, daß man keine
lange Zeit zwischen dem Tod des
Präsidenten der Kirche und der Zeit
verstreichen lassen solle, wo die
Erste Präsidentschaft wieder organi-
siert werde. Deshalb rief Bruder
Kimball, der Präsident der Zwölf am
30. Dezember 1973, nur vier Tage
nach dem Tod Harold B. Lees, die
Apostel im oberen Raum des Tem-
pels mit der Absicht zusammen, die
Neugestaltung der Ersten Präsident-
schaft zu besprechen und das zu
tun, wozu man sich entschließen
würde. Diejenigen, die die Ratgeber
des Präsidenten gewesen waren,
d. h. Bruder Romney und ich,
nahmen ihre jeweiligen Plätze im
Kollegium der Zwölf ein.
Spencer W. Kimball brachte
seinen großen Kummer über den
Tod Präsident Lees und sein Gefühl
der Unzulänglichkeit zum Ausdruck
und forderte daraufhin die Kollegi-
umsmitglieder in der Reihenfolge
ihres Dienstalters auf, sich einzeln
dazu zu äußern, wie sie darüber
dachten, die Präsidentschaft der
Kirche neu zu organisieren.
Als die Brüder sprachen, gab ein
jeder zu verstehen, daß er empfinde,
daß jetzt die Zeit sei, die Erste
Präsidentschaft neu zu organisieren
und daß Spencer W. Kimball
derjenige sei, von dem der Herr
wolle, daß er zu dieser Zeit präsi-
diere. Der wohltuende Geist des
Herrn war in reichem Maße an-
wesend, und es lagen völlige Einig-
keit und Harmonie im Sinn und in
den gesprochenen Worten der
Brüder. Der einzige Wunsch war
der, den Willen des Herrn zu tun,
und es gab keine Zweifel darüber,
daß der Wille des Herrn zum Aus-
druck gekommen war.
Bruder Ezra Taft Benson stellte
dann vorschriftsmäßig den Antrag,
daß die Erste Präsidentschaft der
Kirche neu organisiert und daß
Spencer W. Kimball als Präsident,
Prophet, Seher, Offenbarer und
Treuhänder der Kirche bestätigt, or-
diniert und eingesetzt werden solle.
Dieser Antrag wurde unterstützt und
einstimmig angenommen.
In aller Demut trat Bruder Kimball
nach vorn, nahm die Berufung an
und betete darum, daß der Geist
388
und die Segnungen des Herrn bei
ihm sein mögen, damit er befähigt
werde, den Willen des Herrn aus-
zuführen. Er sagte, er habe stets
darum gebetet, daß Präsident Lee
Gesundheit, Kraft und Stärke haben
möge sowie die Segnungen des
Herrn, damit er weiterhin der Prä-
sident der Kirche sein könnte. Er
betonte, daß er aufrichtig mit seiner
lieben Frau Camilla darum gebetet
habe, daß dieses Amt niemals ihm
auferlegt werden würde, und daß er
sicher gewesen sei, daß Präsident
Lee bestimmt länger leben würde
als er.
Bei dieser Gelegenheit dachte ich
an den Heiland, wie er im Garten
Gethsemane betete: „Mein Vater,
ist's möglich, so gehe dieser Kelch
an mir vorüber; doch nicht wie ich
will, sondern wie du willst10!" Und
so nahm Bruder Kimball das hohe
Amt an.
Er erwählte und benannte dann
als seinen Ersten Ratgeber N. Eldon
Tanner und als seinen Zweiten Rat-
geber Marion G. Romney, von
denen ein jeder zum Ausdruck
brachte und sich verpflichtete,
Bruder Kimball als den Präsidenten
der Kirche zu unterstützen und sein
Amt nach besten Kräften auszu-
füllen, und darum betete, daß die
Segnungen des Herrn bei ihm seien.
Daraufhin wurde Bruder Benson
als Präsident des Rates der Zwölf
bestätigt. Bruder Kimball nahm
dann in der Mitte des Raumes Platz,
und als alle Anwesenden die Hände
auf sein Haupt legten, spürten wir,
daß der Geist des Herrn wirklich
bei uns war, und dieser beglückende
Geist erfüllte unser Herz. Mit Ezra
Taft Benson als Sprecher wurde
dann SpencerW. Kimball mit einem
wunderschönen Gebet und Segen
als Prophet, Seher und Offenbarer
und Präsident der Kirche Jesu
Christi der Heiligen der Letzten Tage
ordiniert und eingesetzt.
Ich bezeuge Ihnen und der Welt,
daß nach dem Plan und der Ordnung
der Kirche verfahren wurde und
daß Spencer W. Kimball sein Pro-
phet und der Präsident der Kirche
des Herrn und seines Reiches hier
auf Erden ist. In den Pfahlkonferen-
zen, die seit seiner Ernennung statt-
gefunden haben, und heute in der
feierlichen Versammlung hat man
ihn begeistert bestätigt. Es ist das
große Vorrecht, die Ehre und Verant-
wortung eines jeden von uns,
Spencer W. Kimball als einen Pro-
pheten Gottes anzuerkennen und
zu unterstützen und nach seiner
Weisung alles zu tun, was in unserer
Kraft liegt, damit das Reich er-
richtet, die Sache der Rechtschaf-
fenheit gefördert und die Welt auf
das Zweite Kommen unseres Herrn
und Heilands, Jesus Christus,
vorbereitet werde.
Es gibt jedoch, wie in der Ver-
gangenheit, immer noch welche, die
das Verfahren, das bei der Wahl des
Präsidenten angewandt wird, in
Frage stellen, und einer besonders
hat uns geschrieben und zum Aus-
druck gebracht, daß er der Ansicht
sei, er solle Präsident der Kirche
sein. Ich möchte Sie aber daran
erinnern, daß die Verfahrensweisen
389
der Kirche und die Lehren Jesu
Christi nicht erst erprobt werden
müssen und daß wir das große
Vorrecht, die Verantwortung und den
Segen haben, Mitglieder seiner
Kirche und seines Reiches zu sein
und den Propheten anzuerkennen
und zu unterstützen. Und es liegt an
uns, uns der Mitgliedschaft und des
Priestertums, das wir tragen, würdig
zu erweisen.
Laßt uns immer daran denken,
daß Führer der Kirche dem Herrn
gegenüber verantwortlich sind, und
es ist an ihm, sie zur Ordnung zu
rufen, wenn sie einen falschen Weg
eingeschlagen haben, und sie zu
entlassen, wenn sie ihre Mission
beendet haben. Wir sind davor ge-
warnt worden, daß Gott uns seinen
Geist entziehen wird, wenn wir uns
gegen die Autorität erheben, die er
in die Kirche gesetzt hat, um sie
zu verwalten, und nicht Buße tun.
Brüder, wenn wir vom Geist des
Herrn geführt werden wollen und
in den Genuß seiner Segnungen
kommen möchten, so müssen wir
treu zu dem stehen, der zu unserem
Führer erwählt worden ist, und
dürfen nie murren, klagen oder nör-
geln oder meinen, daß jemand
anders an seiner Stelle sein solle.
Männer von hohem Stand, selbst
einer der drei Zeugen, Oliver
Cowdery, der das Priestertum von
Boten aus dem Himmel empfangen
hatte, ebenso Sidney Rigdon, ein
Ratgeber Joseph Smith', fielen von
der Kirche ab, weil sie am Propheten
Gottes Kritik übten und an ihm
zweifelten.
Ich bitte darum, daß wir alle im
Glauben treu bleiben, daß wir dem-
jenigen, den Gott zu unserem Führer
erwählt hat, folgen und ihn unter-
stützen. Wenn wir das tun, werden
wir gesegnet, und der Geist des
Herrn wird bei uns und unserer
Familie verweilen, während wir
sie belehren und dazu anhalten,
treu und tätig zu sein. Gottes Werk
wird vollbracht und sein Wille getan
werden. Der Herr hat von seinem
Propheten gesagt:
,,Denn ihr sollt sein Wort in aller
Geduld und im Glauben annehmen,
als komme es aus meinem Munde.
Wenn ihr diese Dinge tut, so wer-
den die Pforten der Hölle euch nicht
überwinden; ja, Gott, der Herr, wird
die Mächte der Finsternis vor euch
zerstreuen und die Himmel zu eurem
Heil und seines Namens Herrlichkeit
erschüttern.
Denn so spricht Gott, der Herr:
Ihn habe ich durch meinen Geist
erleuchtet, um die Sache Zions mit
gewaltiger Kraft zum Guten vor-
wärts zu bringen 11."
Im Namen Jesu Christi. Amen.
I) Luk. 6:13. 2) Matth. 18:18. 3) LuB 21:1, 2.
4) DHC, 2:186, 187; LuB 18. 5) LuB 107:24.
6) DHC, 2:373, 374. 7) „Discourses of Wilford
Woodruff", G. Homer Durham, S. 73, 74. 8) DHC,
7:230,232,240. 9) 1963, S. 309. 10) Matth. 26:39.
II) LuB 21:5-7.
Rede anläßlich der Priestertumsversammlung der
144. Frühjahrs-Generalkonferenz der Kirche Jesu
Christi der Heiligen der Letzten Tage.
Gebrauche, was du
Als ich noch zur Oberschule ging,
entschloß ich mich, Boxweltmeister
im Schwergewicht zu werden. Das
war in der Zeit der großen Arbeits-
losigkeit, und soweit ich wußte, war
es der einzige Weg, schnell zu einer
Million Dollar zu kommen. Ich war
ziemlich groß und kräftig gebaut. Ich
hatte bereits in der Schule als Ama-
teur einige Kämpfe bestritten und sie
ohne Schwierigkeiten gewonnen. Die
Vorstellung, was ich in einigen weni-
gen Jahren verdienen konnte, faszi-
nierte mich. Irgendwie fühlte ich je-
doch, daß ich es bisher noch mit kei-
nem ernstzunehmenden Gegner zu
tun gehabt hatte und daß ich viel-
leicht jemanden brauchte, der mich
trainierte, bevor ich mich mit „schwe-
reren Brocken" auseinandersetzte.
Als dann eines Tages ein kleiner
drahtiger Mann im Nachbarhaus ein-
zog und ich sein Gesicht sah, wußte
ich, daß meine Hilfe da war. Ich eilte
hinaus, um ihm zu helfen, und die
erste Frage, die ich ihm stellte, war:
„Sind Sie ein Boxer?" Er grinste und
erwiderte: „Ich sehe wie einer aus,
nicht wahr? Ja, ich habe 70 oder 80
Profikämpfe hinter mir."
Hastig sagte ich: „Ich bin auch ein
Boxer!" Er schaute mich an und
meinte: „Nun, stark genug bist du."
Ich fuhr fort: „Ich habe bis jetzt noch
keine richtigen Anleitungen erhalten.
Könnten Sie mir einige Tips geben?
Ich habe alle meine Kämpfe gewon-
nen." Eine Weile zögerte er, dann
sagte er: „Okay, komm in den näch-
sten Tagen zu mir herüber."
Ich wartete jedoch nicht so lange.
Schon am Nachmittag ging ich zu
ihm. Er schmunzelte ein wenig über
meinen Eifer, aber schließlich trug er
mir auf, zwei Paar große Sparrings-
handschuhe zu besorgen. Er wog
vielleicht 55 bis 60 kg, während ich
damals ca. 85 kg auf die Waage
brachte. Ich zog mein Hemd aus und
sagte: „Ich bin um etliches schwerer
als Sie." Doch er entgegnete darauf
nichts. Als er sich dann die Hand-
schuhe übergestreift hatte, sagte er:
„Nun, mein Junge, ich folge in der
Regel beim Boxen meinem Instinkt.
Ich überlege also nicht, wenn ich zu-
schlage. Wenn ich bei dir ein Loch
in der Deckung sehe, schlage ich zu.
Ich möchte, daß du weißt, daß ich,
wenn ich dich etwas härter treffe, als
ich es deiner Meinung nach sollte, es
nicht absichtlich tue." Ich nickte zu-
stimmend mit dem Kopf und meinte:
„Na klar, ich bin bei Ihnen auch nicht
vorsichtig." Er sah mich an und
lächelte nicht. Er sagte nur: „Mach
dir keine Sorgen darüber, mein Jun-
ge."
390
MORMONISMEN
Der Nachfolger eines Sonntags-
schulleiters wollte seinen gerade
entlassenen Vorgänger zu seiner
Arbeit beglückwünschen. So sprach
er ihm auf folgende treffende Wei-
se seinen Dank aus: „Wir möch-
ten Ihnen für die Arbeit danken,
die Sie für die Sonntagsschule
geleistet haben, und wir sind froh,
daß Sie entlassen sind."
In unserer Gemeinde wurden
die Mitarbeiterinnen in der PV
aufgefordert, den Kindern beim
Unterricht in die Augen zu blicken.
Nachdem ich dies vier Wochen
lang getan hatte, fragte ich meine
neunjährigen Bogenschützen, ob
ihnen im letzten Monat eine Ver-
änderung an mir aufgefallen sei.
„Nein, was denn?" kam es im
Chor zurück.
Bevor ich antworten konnte,
piepste Karl-Heinz: „Sie tragen
jetzt Umstandskleider."
Während der Weihnachtsferien
waren mein Mann und ich von kirch-
lichen und anderen Aktivitäten
reichlich in Anspruch genommen.
Daher waren wir verschiedene
Abende nicht zu Hause. Es war un-
ser zweijähriger Sohn, der dieser
Art von Tätigkeit ein plötzliches
Ende setzte und uns wissen ließ,
daß wir zu oft nicht zu Hause wa-
ren. Als wir ihm nämlich ein Bild
von Maria und dem Jesuskind zeig-
ten, bezeichnete er diese als „Je-
sus und seinen Babysitter".
hast!
VON ROBERT K. THOMAS
Der Rest der Geschichte ist für
mich nicht sehr rühmlich. Ich habe
ihn nicht einmal getroffen. Plötzlich,
nach einer Minute — ich hatte offen-
sichtlich meine Deckung vernachläs-
sigt und erkannte die Gefahr nicht — ,
traf er mich an dem gewissen Punkt
am Kinn. Seine gewaltigen Spar-
ringshandschuhe fühlten sich an, als
wären sie aus Eisen. Ich fiel um wie
ein Sack Mehl. Es war kein vollstän-
diger „Knockout", aber ich war ganz
schön benommen. Als mein Kopf et-
was klarer wurde und ich hinauf-
schaute, sah ich, wie der kleine Mann
seine Handschuhe abstreifte. Ich
sprang auf und sagte: „Machen Sie
doch weiter. Jetzt kenne ich den Un-
terschied zwischen einem Amateur
und einem Profi, aber Sie können mir
helfen." Er schüttelte seinen Kopf
und zog seine Handschuhe ganz aus.
Der Traum von einer Million Dollar
begann zu schwinden. Wie in pani-
scher Angst ergriff ich ihn und bat:
„Wollen Sie mir nicht helfen?" Er
schüttelte meine Hand ab.
Gerade in dem Augenblick flog
eine helle junge Fliege vorbei. Er
griff nach ihr und hatte sie auch
schon gefangen. Dann forderte er
mich auf: „Nun, mein Junge, du
fängst die nächste Fliege." Kurz dar-
auf kam eine große alte Fliege in
meine Reichweite, und ich unternahm
mehrere Versuche, sie zu fangen.
Vergebens, ich kam nicht einmal in
ihre Nähe, um sie zu erwischen. „Das
ist es, was dir fehlt, mein Junge",
meldete sich der kleine Boxer wie-
der zu Wort, „deine Reflexbewegun-
gen sind nicht schnell genug. Und sie
werden es auch nie sein. Es gibt
nichts, was du dagegen tun kannst.
Du bist ziemlich groß. Hast du jemals
daran gedacht, Basketball zu spie-
len?"
Ich stolperte nach Hause; meine
ganze Welt war über mir zusammen-
gebrochen. Meine Mutter lag zu Hau-
se krank im Bett — sie war oft in ihrem
Leben krank gewesen. Tatsächlich
war es der letzte Sommer, den sie er-
lebte. Ich tat mir selbst schrecklich
leid. Ich ging in ihr Zimmer und er-
zählte ihr, was geschehen war. Ich
sagte: „Warum mußte es mit mir so
kommen? Warum sind meine Reflexe
nicht schneller?" Da ich fortfuhr, zu
jammern und mich selbst zu bemit-
leiden, sagte sie schließlich mit fester
Stimme — sie hatte wohl große
Schmerzen und mein Gerede schien
sie sichtlich anzustrengen — : "O,
Bobby, was du hast, das ist genug!"
Nichts, was meine Mutter je zu
mir gesagt hatte, war so nützlich ge-
wesen. „Was du hast, das ist genug!"
Wenn du dich schwach und unzu-
länglich fühlst, so möchte ich dich
daran erinnern, daß das, was du hast,
genug ist, vorausgesetzt, daß du —
um in den Worten Henry James' zu
sprechen — „die Art Mensch bist, an
dem nichts verloren ist". Du brauchst
niemals mehr so unwissend sein, wie
du heute bist, niemals so unbeholfen
oder schlecht vorbereitet. Du kannst
aus der Kraft, die du hast, Kapital
schlagen und sicher vorwärtsgehen.
Denke nicht, daß der Tag, an dem
du beginnst zu studieren oder an
dem du ein gutes Buch liest, anstatt
ein schlechtes Fernsehprogramm zu
sehen, zwecklos oder unnütz sei. Du
lebst das Leben, das du beabsich-
tigst zu leben. Bruder Richard L.
Evans liebte es zu sagen: „Was man
zu tun beabsichtigt, das ist bereits
getan."
Robert K. Thomas
Provo, Utah
391
Neue Generalautoritäten
Bruder Perry
Bruder L. Tom Perry (51), früher Assistent des Rates
der Zwölf, wurde als Mitglied des Rates der Zwölf
Apostel bestätigt. Auch wurden zwei neue Assistenten
des Rates der Zwölf bestätigt: Bruder J. Thomas
Fyans (55), zur Zeit geschäftsführender Direktor der
Abteilung für interne Publikationen, und Bruder Neal
A. Maxwell (47), der seit Juni 1970 Beauftragter für das
Bildungswesen in der Kirche gewesen ist.
Bruder Perry füllt die leere Stelle im Rat der Zwölf
aus. Das Hinzukommen von Bruder Fyans und Maxwell
erhöht die Zahl der Assistenten der Zwölf auf 19, die
größte Zahl seit April 1941, als diese Gruppe von
Beamten zum ersten Mal ernannt wurde. Jede der drei
neu ernannten Autoritäten bringt reiche Erfahrungen für
die neue Aufgabe mit.
Bruder Perry wurde auf der Oktoberkonferenz 1972
zum Assistenten der Zwölf ernannt. Damals besuchte er
die Generalkonferenz als Präsident des Bostoner Pfahls.
Er lebte in Weston in Massachusetts und war in Boston
ein bekannter Finanzfachmann und führender Ge-
schäftsmann.
Der neue Apostel stammt aus Logan in Utah, wo er
am 5. August 1922 als Sohn von L. Tom und Nora
Sonne Perry geboren wurde. Er wuchs in einer Familie
auf, wo Dienst in der Kirche und die christlichen Ideale
an erster Stelle standen. Bis zu seinem 18. Lebensjahr
war sein Vater Bischof, und während der nächsten 20
Jahre diente sein Vater in der Präsidentschaft des
Logan-Pfahls.
Bruder Perrys Dienst in der Kirche begann als Präsi-
dent seines Diakonkollegiums. 1942 wurde er berufen,
eine Mission in den Nordstaaten der USA zu erfüllen.
1949 erhielt er von der Utah State University ein
Bakkalaureat in Finanzwissenschaft; und während des
folgenden Jahres schrieb er dort seine Abschlußarbeit.
Bruder Perry begegnete seiner Frau, Virginia Lee aus
Hyde Park in Utah, zum ersten Mal auf einer Pfahl-
GFV-Führerschaftsversammlung. Er war Pfahlsekretär
und sie Beauftragte für freies Reden in ihrer Gemeinde.
Sie waren auch beide Studenten an der Utah State Uni-
versity. Sie heirateten am 18. Juli 1947 im Tempel in
Logan und sind Eltern von einem Sohn und zwei Töch-
tern.
Er war Ratgeber eines Pfahlpräsidenten im Osten
der USA, Ratgeber des Bischofs in der Gemeinde
Weston, Mitglied des Hohen Rats des Pfahls New York
und dann Präsident des Bostoner Pfahls.
Während der vergangenen 18 Monate als Generalau-
torität hat Bruder Perry viele Pfahlkonferenzen überall
in der Kirche besucht und war als stellvertretender
Leiter der Melchisedekischen Priestertums-GFV mit
einer Führungsaufgabe betraut.
Bruder Fyans ist seit März 1972, als die Abteilung
für interne Publikationen gegründet wurde, ihr ge-
schäftsführender Direktor gewesen. Er wird weiterhin
das gesamte Kommunikations-Mitteilungswesen leiten,
wozu folgendes gehört: Planen, Herstellen, Übersetzen,
Drucken und Verteilen von allen Mitteilungen, allem
Instruktionsmaterial und allen Zeitschriften, die in
erster Linie für Mitglieder der Kirche herausgegeben
werden.
Bevor Bruder Fyans diese Stellung übernahm, war
er Verwaltungsdirektor für die Präsidierende Bischof-
schaft. Er koordinierte die Vorbereitungen für die vier
Gebiets-Generalkonferenzen der Kirche, die 1971 in
Manchester, 1972 in Mexico City, letztes Jahr in Mün-
chen und dieses Jahr in Stockholm stattfanden.
Bruder Fyans wurde am 17. Mai 1918 in Moreland in
Idaho als Sohn von Joseph und Mae Farnsworth Fyans
geboren. Am 28. Mai 1943 heiratete er Helen Cook im
Tempel in Salt Lake City. Sie sind die Eltern von fünf
Töchtern.
Bruder Fyans war von 1940 bis 1943 Missionar in
der Spanisch-Amerikanischen Mission und diente ein
Jahr (1947) als Bischof in der Gemeinde Butler, bevor
er zehn Jahre Erster Ratgeber des Pfahlpräsidenten des
East-Jordan-Pfahles war.
392
Bruder Fyans
Von 1 960 bis 1 964 war er Präsident der Uruguayischen
Mission. Während dieser Zeit wuchs die Zahl der Mit-
glieder in der Mission von 3.000 auf 10.000.
Nach seiner Rückkehr war er Mitglied der Missionars-
abteilung der Kirche. In diesem Amt war er bis Oktober
1967 tätig und wurde dann einer der ersten Regional-
repräsentanten der Zwölf.
In der Mitte des Jahres 1970 führte die Kirche das
Amt des Beauftragten für das Bildungswesen der Kirche
wieder ein, das früher von mehreren hervorragenden Er-
ziehern und Führern der Kirche bekleidet wurde, und
sie übergab das neue Amt Bruder Maxwell. In dieser
Stellung beaufsichtigt er alle Seminare, Institute, Colle-
ges und Einrichtungen für höhere Ausbildung in der
Kirche, wozu auch die Brigham Young University, das
Ricks College und das College der Kirche auf Hawaii
gehören.
Bruder Maxwell bleibt in dieser Stellung, worin er
eine große weltweite Organisation mit fast einer Drittel-
million Studenten in 50 Ländern leitet.
Bevor er dieses Amt innehatte, war er Vizepräsident
der University of Utah, wo er seit 1955 dem Lehrkörper
als stellvertretender Direktor für Public Relations ange-
hörte. Ein Jahr später wurde er Assistent des Präsiden-
ten, und außerdem wurde er 1961 zum Sekretär für das
Aufsichtskomitee der University of Utah ernannt.
Seine Laufbahn an dieser Universität führte ihn weiter
aufwärts, er wurde 1962 Vorsteher der Studenten, 1964
Vizepräsident für Planung und öffentliche Angelegen-
heiten und 1 967 Vizepräsident.
Brude Maxwells Dienst in der Kirche begann mit einer
Mission in Kanada. Dann war er Ratgebereines Bischofs
und von 1959 bis 1962 Bischof der University-Sixth-
Ward. Er war auch Mitglied des Hauptausschusses der
Gemeinschaftlichen Fortbildungsvereinigung junger
Männer, Mitglied des Korrelationskomitees der Kirche
für Erwachsene; und 1967 wurde er einer der ersten 69
Regionalrepräsentanten der Zwölf.
Bruder Maxwell wurde am 6. Juli 1926 in Salt Lake
City geboren. 1952 bestand er die Abschlußprüfung
in dem Hauptfach Staatswissenschaft an der University
of Utah mit hohen Ehren und erhielt 1961 den Magister-
grad in Staatswissenschaft. Er machte zwei Doktor-
grade, 1969 erhielt er die Doktorwürde der Rechte von
der University of Utah und 1971 die Doktorwürde in
Literatur vom Westminister College.
Er ist Verfasser von vier Büchern und hat viele Ar-
tikel über Politik und Staatsführung für nationale, fach-
liche und lokale Veröffentlichungen sowie für die Kirche
geschrieben.
Bruder Maxwell heiratete am 22. November 1950
Colleen Hinckley im Tempel in Salt Lake City. Sie sind
die Eltern von vier Kindern.
Bruder Maxwell
393
D.
wer neue Tempel in Washing-
ton, der sechzehnte, der von der
Kirche in Betrieb genommen wird,
wird in Kürze fertiggestellt sein. Es
ist vorgesehen, daß der Tempel
Mitte September für Besucher ge-
öffnet wird. Die Weihung soll am
19.-22. November stattfinden.
Nach seiner Weihung wird dieser
Tempel wie die anderen 15 Tem-
pel der Kirche ausschließlich für hei-
lige Handlungen wie Taufen, En-
dowments und Eheschließungen für
Zeit und Ewigkeit sowohl für die Le-
benden als auch für die Verstorbe-
nen benutzt werden. Dieser Tempel
wird über 300.000 Mitgliedern im
östlichen Teil der Vereinigten Staa-
ten sowie Mitgliedern in Kanada und
Südamerika zur Verfügung stehen.
Der neue Tempel steht in einem
stark bewaldeten Gebiet am Rande
der Hauptstadt der Vereinigten
Staaten. Der Tempel in Washington
ist der größte Tempel der Kirche.
Er steht auf einem 23 Hektar großen
Gelände, das die Kirche im Oktober
1962 erworben hat. Nur ein Fünftel
der 23 Hektar Wald wurde für den
Tempelbau gerodet. Ein großer Teil
des Waldes bleibt somit unberührt
und vermittelt dem Tempelbesucher
den Eindruck der Abgeschiedenheit.
Der Tempel steht auf einem Hügel,
einer der höchsten Erhebungen im
Bezirk Montgomery in Maryland.
Die unübersehbare Stellung und der
leuchtende Alabamamarmor, der die
Außenwände verkleidet, macht die-
ses großartige Gebäude für die
Autofahrer auf dem in der Nähe vor-
beiführenden Schnellstraßennetz in
eindrucksvoller Weise sichtbar.
Wer den Tempel nach seiner Er-
öffnung besichtigen will, kann ihn
per Flugzeug oder Bahn leicht er-
reichen. Drei große Flughäfen liegen
nur 45 Autominuten entfernt.
Der erste Spatenstich für den
Tempel wurde im Dezember 1968
unter der Leitung von Alt. Hugh B.
Brown vom Rat der Zwölf vorge-
nommen, der damals Erster Ratge-
ber des Präsidenten der Kirche war.
Im März 1969 beauftragte die Er-
ste Präsidentschaft einige Architek-
ten der Kirche, den Tempel zu ent-
werfen. Das Architektenteam hatte
bei der Planung besondere Ziele
vor Augen:
Der Tempel in Washington soll
ein sichtbarer Repräsentant der
Kirche im östlichen Teil der Ver-
einigten Staaten sein.
Der Tempel soll in seiner Bauart
zeitlos sein und Vergangenheit, Ge-
genwart und Zukunft miteinander
verbinden.
Der Tempel soll sofort als Tem-
pel der Heiligen der Letzten Tage
zu erkennen sein, weil er an den
Tempel in Salt Lake City erinnert,
ohne jedoch eine direkte Nachbil-
dung dieses Gebäudes zu sein.
Als David O. McKay, damals
Präsident der Kirche, am 15. No-
vember 1968 die Entscheidung zum
Bau dieses Tempels bekanntgab,
bezeichnete er ihn als den „Edel-
stein unter den Tempeln". Diesen
Namen erhielt er, weil er der erste
Tempel ist, der mit Marmor verklei-
det ist. Dieser wurde vom besten
Marmor der Welt speziell ausge-
sucht. Der Marmor, der jetzt das
Äußere des Tempels schmückt, wur-
de in Alabama gebrochen, in Tenes-
see geschnitten und in Virginia in
Form gegossen. Jede der Platten
wiegt 3 bis 6 Tonnen. Der Marmor
weist ein leichtes lineares Oberflä-
chenmuster auf, der das blendende
Weiß etwas abschwächt und die
Pracht des Tempels noch mehr her-
vorhebt.
Erst vor kurzem hat einer der
größten Kräne, der je für einen Bau
benutzt worden ist, sechs hohe
Stahlspitzen und eine51/2 Meter ho-
he vergoldete Statue des Engels
Moroni auf den Türmen des Gebäu-
des installiert. Vom Boden bis zur
Spitze des Standbildes ist der Tem-
pel 88 m hoch.
Der Engel Moroni ist das Werk
von Dr. Avard Fairbanks, dem be-
kannten Bildhauer aus Salt Lake
City. Er beschreibt seinen Entwurf
für das Standbild wie folgt: „Ich
wollte, daß die Statue mit Geist und
Architektur des Tempels eine har-
monische Einheit bildet. Dieses Ge-
fühl des nach oben Strebenden
wollte ich durch Hervorhebung der
vertikalen Linien vermitteln. Ich
dachte dabei an den Engel Moroni,
der gekommen ist, um den Anbruch
der Letzten Tage anzukündigen und
dem Menschen von heute den Evan-
geliumsplan zu bringen."
Der Tempel hat sieben Stock-
werke. Der Raum für die „Solemn
Assembly" (feierliche Versammlung)
befindet sich im obersten Stock. Ein
weiteres ungewöhnliches Merkmal
ist die Anordnung von sechs Räu-
men für heilige Handlungen um den
celestialen Raum herum, ähnlich
der Bauweise der Tempel in Ogden
und Provo in Utah. Weitere Tempel
der Kirche befinden sich in Salt La-
ke City, St. George, Logan und
Manti in Utah; in Idaho Falls in Ida-
ho; in Oahu auf Hawaii; in Mesa in
Arizona; in Oakland und Los Ange-
les in Kalifornien; in Cardston in
Kanada; in Zollikofen in der Nähe
von Bern in der Schweiz; in Tuhika-
ramea in der Nähe von Hamilton in
Neuseeland und in Lingfield in Sur-
rey in der Nähe Londons.
Die Mormonentempel sind keine
Stätten für den öffentlichen Gottes-
dienst wie die Tausende von Ge-
meindehäusern der Kirche, wo öf-
fentliche Gottesdienste gehalten
werden, zu denen alle Menschen
eingeladen sind.
Die Tempel werden nur für Ehe-
schließungen und andere heilige
Handlungen benutzt, die in der Leh-
re der Kirche beschrieben werden,
und nur Mitglieder der Kirche in gu-
tem Stand dürfen den Tempel be-
treten. Durch die Arbeit im Tempel
sollen die erlösenden Grundsätze
des Evangeliums Jesu Christi allen
Menschen zugänglich gemacht wer-
den, den Lebenden wie den Ver-
storbenen.
394
Der neue Tempel in Washington
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