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Full text of "Der Stern"

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MAI  199 


UMSCHLAGBIID: 

Vorderes  Umschlagbild:  Rebekka  am  Brunnen, 
Gemälde  von  Michael  J.  Deas. 
Hinteres  Umschlagbild:  Erfüllung, 
Gemälde  von  Dennis  Smith. 

UMSCHLAGBILD  KINDERSTERN: 

Illustriert  von  Tadd  R.  Peterson 


MAGAZIN 

2      BOTSCHAFT  VON  DER  ERSTEN  PRÄSIDENTSCHAFT: 

NOT  UND  UNGLÜCK  KÖNNEN  SEGEN  BRINGEN    JAMES  E.  FAUST 

1  6      GEDENKE  DES  SABBATS     D.  KELLY  OGDEN 

24  WACHSAM  SEIN  GEGENÜBER  GEWALTTÄTIGKEIT    HAROLD  OAKS 

25  BESUCHSLEHRBOTSCHAFT:  ZION  AUFBAUEN,  INDEM  WIR  BÜNDNISSE 
EINGEHEN  UND  HEILIGE  HANDLUNGEN  EMPFANGEN 

26  WORTE  DES  LEBENDEN  PROPHETEN 
34      ZURÜCKKOMMEN     DON  L.  SEARLE 
42      FRAUEN  VOLL  GLAUBEN 

FÜR  JUNGE  LEUTE 

1  0      WILLKOMMEN  AN  DER  RIZAL  HIGH     LAURY  LIVSEY 

28      ICH  HABE  EINE  FRAGE:  WONACH  SOLLEN  WIR  IN  DEN 
HEILIGEN  SCHRIFTEN  SUCHEN? 

33      FÜR  JUNGE  LEUTE:  FAMILIENFOTO 

40      EIN  GANZ  NEUES  LEBEN    JUAN  ANTONIO  FLORES 

48      AUS  EINER  DER  BESTEN  FAMILIEN     KAY  HAGO 


KINDERSTERN 

VON  FREUND  ZU  FREUND:  ELDER  DALLIN  H.  OAKS 

DAS  MITEINANDER:  ER  SPRICHT  MIT  MIR     SYDNEY  REYNOLDS 

ERZÄHLUNG:  TAMI  COBBS  SCHWESTER    TRACY  WRIGHT 

DAS  MACHT  SPASS 

SICH  BEMÜHEN,  SO  ZU  SEIN  WIE  JESUS: 
DIE  FAMILIE  SAGASTUME    CORLISS  CLAYTON 

GESCHICHTEN  AUS  DEM  BUCH  MORMON: 

WIE  WIR  DAS  BUCH  MORMON  ERHALTEN  HABEN 


SIEHE  SEITE  16 


SIEHE  SEITE  42 


Mai  1  998  1  24.  Jahrgang  Nummer  5 
DER  STERN  98985  150 

Offizielle  deutschsprachige  Veröffentlichung  der  Kirche 
Jesu  Christi  der  Heiligen  der  Letzten  Tage 
Die  Erste  Präsidentschaft: 

Gordon  B.  Hinckley,  Thomas  S.  Monson,  James  E.  Faust 
Das  Kollegium  der  Zwölf: 
Boyd  K.  Packer,  L.  Tom  Perry,  David  B.  Haight, 
Neal  A.  Maxwell,  Russell  M.  Nelson,  Dallin  H.  Oaks, 
M,  Russell  Ballard,  Joseph  B.  Wirthlin,  Richard  G.  Scott, 
Robert  D.  Haies,  Jeffrey  R.  Holland,  Henry  B.  Eyring 
Chefredakteur:  Jack  H  Goaslind 
Redaktionsleitung:  Jay  E.  Jensen,  John  M.  Madsen 
Abteilung  Lehrplan: 

Geschäftsführender  Direktor:  Ronald  L.  Knighton 
Direktor  Planung  und  Redaktion:  Brian  K.  Kelly 
Direktor  Künstlerische  Gestaltung:  Allan  R.  Loyborg 
Redaktion: 

Geschäftsführender  Redakteur:  Marvin  K.  Gardner 
Assist.  Geschäftsführender  Redakteur:  R.  Val  Johnson 
Co-Redakteure:  David  Mitchell,  DeAnne  Walker 
Redafctionsasstsfenfin:  Jenifer  Greenwood 
Terminplanung:  Maryann  Martindale 
Assistentin  Veröffentlichungen:  Beth  Dayley 
Gestaltung: 

Manager  Graphische  Gestaltung:  M.  M,  Kawasaki 
Direktor  Künsterische  Gestaltung:  Scott  Van  Kampen 
Layout:  Sharri  Cook 
Monager  Produktion:  Jane  Ann  Peters 
Produktion:  Reginald  J.  Christensen,  Denise  Kirby, 
Tadd  R.  Peterson 
Abonnements: 
Direktor:  Kay  W.  Briggs 
Manager  Versand:  Kris  Christensen 
Manager:  Joyce  Hansen 

Verantwortlich  für  Übersetzung  und  Lokalteil: 
Deutsches  Übersetzungsbüro 
Max-Planck- Straße  23  A,  D-61381  Friedrichsdorf 
Telefon:  (06172)  736410  und  736411 
Vertrieb: 

Kirche  Jesu  Christi  der  Heiligen  der  Letzten  Tage 
Industriestraße  21 ,  D-61381  Friedrichsdorf 
Deutschland-Leserservice 

Telefon:  (06172)  7103-23;  Telefax:  (06172)  7103-25 
Osterreich  und  Schweiz-Leserservice 
Telefon:  (06172)  7103-96;  Telefax:  (06172)  7103-80 
Jahresabonnement: 
DEM  21,00;  ATS  147,00;  CHF  21,00 
Bezahlung  erfolgt  an  die  Gemeinde  bzw.  den  Zweig  oder 
auf  eines  der  folgenden  Konten: 
D  Commerzbank  Frankfurt, 
Konto-Nr.  588645200,  BLZ  500  400  00 
A  Erste  Österreichische  Spar-Casse-Bank 
Konto-Nr.  004-52602 
CH  Schweizerischer  Bankverein,  Birsfelden, 
Konto-Nr.  30-301,363.0 

Adressenänderung  bitte  einen  Monat  im  voraus  melden 
Beilagenhinweis:  Dieser  Ausgabe  liegt  der  "KINDER- 
STERN April  1998"  bei. 

Manuskripte  und  Anfragen:  International  Magazines, 
50  East  North  Temple,  Floor  25,  Salt  Lake  City,  UT 
84150-3223,  USA. 

Die  Internationale  Zeitschrift  der  Kirche,  deutsch  „DER 
STERN",  erscheint  monatlich  auf  chinesisch,  dänisch, 
deutsch,  englisch,  finnisch,  französisch,  holländisch,  italie- 
nisch, japanisch,  koreanisch,  norwegisch,  portugiesisch, 
samoanisch,  schwedisch,  spanisch  und  tongaisch;  zwei- 
monatlich wird  sie  auf  indonesisch  und  thai  veröffentlicht, 
vierteljährlich  auf  bulgarisch,  cebuano,  fidschi,  gilberte- 
sisch,  isländisch,  polnisch,  rumänisch,  russisch,  tagalog, 
tschechisch,  ukrainisch,  ungarisch  und  vietnamesisch. 
©  1998  Kirche  Jesu  Christi  der  Heiligen  der  Letzten 
Tage.  Alle  Rechte  vorbehalten.  Printed  in  the  United 
States  of  America. 

May  1998  vol.  124  no.  5.  DER  STERN  (ISSN  1044-338X) 
is  published  monthly  by  The  Church  of  Jesus  Christ  of 
Latter-day  Saints,  50  East  North  Temple,  Salt  Lake  City,  UT 
84150.  USA  subscription  price  is  $10.00  per  year; 
Canada,  $14.00.  Periodicals  Postage  Paid  atSalt  Lake 
City,  Utah.  Sixty  days'  notice  required  for  change  of 
address.  Include  address  label  from  a  recent  issue; 
changes  cannot  be  made  unless  both  old  and  new 
address  are  included.  Send  USA  and  Canadian  subscrip- 
tions  and  queries  to  Salt  Lake  Distribution  Center,  Church 
Magazines,  PO  Box  26368,  Salt  Lake  City,  UT  84126- 
0368.  Subscription  help  line:  1-800-537-5971.  Credit 
card  Orders  (Visa,  MasterCard,  American  Express)  may  be 
taken  by  phone. 

POSTMASTER:  Send  address  changes  to  Salt  Lake 
Distribution  Center,  Church  Magazines,  PO  Box  26368, 
Salt  Lake  City,  UT  84126-0368. 


LESERBRIEFE 


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ZEUGNIS  GEBEN 

Die  Botschaft  von  der  Ersten 
Präsidentschaft  im  März  1997,  „Es  ist 
wichtig,  Zeugnis  zu  geben",  von  Präsident 
James  E.  Faust  hat  mich  tief  berührt.  Noch 
bevor  ich  jene  Ausgabe  des  Liahona 
(englisch)  erhalten  hatte,  hatte  ich 
beschlossen,  den  März  zu  dem  Monat  zu 
machen,  in  dem  ich  mutiger  Zeugnis  geben 
wollte.  Ich  bin  in  meiner  Familie  das  einzige 
Mitglied  der  Kirche,  und  es  fällt  mir  nicht 
immer  leicht,  Zeugnis  zu  geben.  Aber  ich 
weiß,  daß  ich  gesegnet  werde,  wenn  ich  tue, 
was  Präsident  Faust  vorgeschlagen  hat. 

Christie  Leigh  Oliveros, 
Gemeinde  Cebu  City  l, 
Pfahl  Cebu  City,  Philippinen 

VORBEREITUNG  FÜR  DAS  DIENEN 

Ich  habe  gerade  meine  erste  Ausgabe 
des  A  Liahona  (portugiesisch)  erhalten, 
und  ich  freue  mich,  daß  die  Kirche  für  ihre 
Mitglieder  diese  Möglichkeit  der 
Information  hat.  Ich  habe  vor,  eine 
Vollzeitmission  zu  erfüllen,  und  ich  bin 
sicher,  daß  die  Informationen  im  A  Liahona 
mir  helfen  werden,  mich  darauf  vorzube- 
reiten, andere  zu  unterweisen.  Ich  bin 
dankbar,  ein  Mitglied  der  Kirche  zu  sein, 
und  bin  dankbar  für  die  Missionare,  die 
mich  gelehrt  haben,  daß  sie  wahr  ist. 

Marcilene  Rodrigues  Alves, 

Zweig  Divinopolis, 

Pfahl  Contagem,  Brasilien 


SCHÖN  UND  DER  EINIGKEIT  FÖRDERLICH 

Der  Liahona  (spanisch)  ist  eine  wunder- 
schöne Zeitschrift.  Jeden  Monat  enthält  er 
herrliche  Kunstwerke.  Besonders  bewun- 
dere ich  das  Umschlagbild  vom  April  1997, 
Ecce  Homo  (Seht,  da  ist  der  Mensch!)  von 
Antonio  Ciseri.  Ich  nehme  die  Zeitschrift 
häufig  in  den  Bus  oder  in  die  U-Bahn  mit; 
die  Leute  fragen  mich  dann  danach,  und 
ich  kann  ihnen  zeigen,  wie  schön  sie  ist 
und  welchen  Geist  sie  vermittelt. 

Ich  sehe  auch  gern  die  Kunstwerke,  die 
von  Mitgliedern  der  Kirche  geschaffen 
worden  sind.  Ich  sehe  sie  mir  alle  sorgfältig 
an  und  bewundere  die  Kunstfertigkeit,  mit 
der  geistige  Themen  dargestellt  werden. 
Für  diejenigen  von  uns,  die  weit  vom 
Hauptsitz  der  Kirche  entfernt  wohnen,  ist 
der  Liahona  eine  gute  Möglichkeit,  diese 
Gemälde  und  Bilder  zu  sehen  und  uns 
daran  zu  erfreuen. 

Die  Zeitschrift  hilft  mir  auch,  zu 
spüren,  daß  ich  ein  Teil  des  großen  welt- 
weiten Werks  der  Kirche  bin.  Die  Artikel 
von  Mitgliedern  und  über  Mitglieder  in 
anderen  Ländern  erinnern  mich  an  die 
Ermahnung  des  Herrn,  daß  wir  um 
Einigkeit  bemüht  sein  sollen:  „Seid  eins! 
Und  wenn  ihr  nicht  eins  seid,  dann  seid  ihr 
nicht  mein."  (LuB  38:27.) 

Simon  Gonzalez, 
Gemeinde  Monte  Rey, 
Pfahl  Montreal  Quebec 


MAI       1998 
1 


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BOTSCHAFT  VON  DER  ERSTEN  PRÄSIDENTSCHAFT 


Not  und  Unglück 
können  Segen  bringen 


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Präsident  James  E.  Faust 

Zweiter  Ratgeber  in  der  Ersten  Präsidentschaft 

Vor  vielen  Jahren,  ich  war  noch  als  Anwalt  tätig,  gründete  ich 
für  einen  der  neuen  Autohändler  in  meiner  Gegend  eine 
Firma.  Ich  war  viele  Jahre  lang  sein  Rechtsberater  und  Mitglied 
des  Aufsichtsrats;  dann  übernahm  einer  meiner  Söhne  meine  Aufgaben  als 
Rechtsberater.  Später  waren  wir  einmal  zusammen  auf  dem  Geschäftsgelände 
des  Autohändlers.  Ich  sah  die  Reihen  schöner,  glänzender,  teurer  neuer 
Autos.  Besorgt  erklärte  ich  dem  Eigentümer,  wenn  er  die  Autos  nicht 
verkaufe,  werde  die  Finanzierung  gewaltig  viel  Geld  verschlingen  und  den 
Profit  zunichte  machen.  Da  sagte  mein  Sohn:  „Vater,  so  darfst  du  das  nicht 
sehen.  Denk  doch  an  den  Gewinn,  den  die  Autos  einbringen  werden." 

Ich  glaube  zwar,  daß  er  recht  hatte,  aber  mir  wurde  plötzlich  bewußt,  daß 
mein  Sohn  noch  keine  Wirtschaftskrise  miterlebt  hatte.  Wir  sahen  die 
Reihen  voller  Autos  mit  verschiedenen  Augen,  da  ich  ein  Kind  der 
Weltwirtschaftskrise  bin.  Ich  kann  nicht  vergessen,  welch  unbarmherzige 
Last  Schulden  darstellen. 


Wir  werden  alle 

geprüft  und  müssen 

geistig  wachsen.  Solche 

Prüfungen  sind  notwendig. 

Sie  helfen  uns,  innerlich  zu 

wachsen.  Sie  bringen  zwar 

Sorgen  und  Leid  mit  sich, 

aber  in  solchen  Zeiten 

können  wir  Gott  näher 

kommen.  Das  Leiden  des 

Erretters  in  Getsemani  war 

zweifellos  das  größte  in 

der  Geschichte  der 

Menschheit,  aber  ihm 

entsprang  auch  das 

Größte,  was  es  geben 

kann,  nämlich  die 

Verheißung  ewigen 

Lebens. 


MAI       1998 
3 


Wir  wohnten  ein  paar  Jahre  neben  einem  sehr  tüch- 
tigen Handwerker.  Er  und  seine  Frau  hatten  sich  vorge- 
nommen, niemals  Schulden  zu  machen.  Bittere 
Erinnerungen  hatten  sie  dazu  veranlaßt.  Als  sie  jungver- 
heiratet gewesen  waren  und  ihre  Kinder  noch  klein 
waren,  war  die  Weltwirtschaftskrise  über  sie  hereingebro- 
chen, und  er  hatte  keine  Arbeit  mehr  gefunden,  so 
tüchtig  er  auch  war.  Sie  konnten  die  Hypothek  für  ihr 
Haus  nicht  abzahlen,  und  so  hatten  sie  die  schwere  Zeit 
in  einem  Hühnerstall  verbracht,  den  sie  nur  dank  seiner 
handwerklichen  Fähigkeiten  etwas  wohnlicher  herge- 
richtet hatten. 

Viele  Menschen  der  heutigen  Generation  kennen  die 
läuternden  Segnungen  der  Not  und  des  Unglücks  nicht 
und  wissen  sie  nicht  zu  schätzen.  Viele  haben  noch 
nie  aus  Not  Hunger  gelitten.  Aber  ich  bin  davon  über- 
zeugt, daß  Not  und  Unglück  einen  notwendigen 
Läuterungsprozeß  in  Gang  setzen  können,  der  uns  tiefere 
Einsichten  vermittelt,  der  uns  einfühlsamer  macht  und 
durch  den  wir  Christus  ähnlicher  werden.  Lord  Byron 
hat  gesagt:  „Unglück  ist  der  erste  Weg  zur  Wahrheit." 
(Don  Juan,  Canto  12,  Stanza  50.)  Das  Leben  des 
Erretters  und  das  Leben  seiner  Propheten  lehren  klar 
und  deutlich,  wie  notwendig  Not  und  Unglück  sind, 
damit  wir  zu  innerer  Größe  gelangen. 

Edmund  Burke  hat  die  Rolle  des  Unglücks  mit 
den  folgenden  Worten  treffend  gekennzeichnet: 
„Schwierigkeiten  sind  ein  strenger  Lehrer,  den  uns  jemand 
schickt,  der  uns  besser  kennt,  als  wir  uns  kennen,  und  der 
uns  auch  mehr  liebt.  .  .  .  Wer  mit  uns  ringt,  stärkt  unsere 
Nerven  und  bildet  unsere  Fähigkeiten.  Unser  Widersacher 
ist  unser  Helfer.  Diese  .  .  .  Auseinandersetzung  mit 
Schwierigkeiten  bringt  uns  unserem  Ziel  näher;  sie  zwingt 
uns,  sie  in  all  ihren  Auswirkungen  zu  betrachten.  Sie  läßt 
uns  nicht  oberflächlich  sein."  („Reflections  on  the 
Revolution  in  France",  in  Edmund  Burke,  Harvard 
Classics,  50  Bde.,  1909,  24:299f.) 

Vielen  Heiligen  in  der  ganzen  Welt  fällt  es  schwer,  mit 
dem  auszukommen,  was  sie  haben,  und  das  kann  sehr 
schmerzlich  sein.  Von  ihrem  Standpunkt  aus  wäre  es 
unfreundlich  zu  sagen,  daß  diese  Erfahrung  ihr  Gutes 
haben  kann  und  daß  man  in  besseren  Zeiten  gern  und 
vielleicht  auch  etwas  wehmütig  daran  zurückdenkt. 
Einer  meiner  erfolgreicheren  Cousins  hat  während  seines 


DER 


Jurastudiums  viele  Kerzen  verbraucht,  weil  er  und  seine 
junge  Frau  sich  den  elektrischen  Strom  für  die 
Beleuchtung  nicht  leisten  konnten. 

Vor  einigen  Jahren  habe  ich  von  einem 
Afroamerikaner  gelesen,  der  sich  aus  bescheidenen 
Verhältnissen  hochgearbeitet  hat  und  der  Hauptanwalt 
für  General  Motors  wurde,  was  zweifellos  einer  der  lukra- 
tivsten und  prestigeträchtigsten  Posten  ist,  die  ein 
Rechtsanwalt  irgendwo  in  der  Welt  innehaben  kann.  Als 
Junge  war  er  arm;  er  mußte  sich  seine  Ausbildung  unter 
heroischen  Anstrengungen  verdienen,  und  die 
Umstände  waren  äußerst  schwierig.  Er  mußte  regelmäßig 
ein,  zwei  Jobs  annehmen,  die  mit  schmutziger  Arbeit 
verbunden  waren,  manchmal  waren  es  auch  drei,  wenn 
ich  mich  recht  entsinne.  Er  wurde  gefragt,  ob  er  sich 
zwischen  den  bestbezahlten  Geschäftsleuten  der  Welt 
nicht  unwohl  fühle.  Seine  Antwort  lautete  nein.  Er 
sagte,  die  meisten  von  ihnen  seien,  wie  er,  arme  Jungen 
gewesen,  die  sich  hochgearbeitet  hätten  und  dabei 
schwer  geprüft  worden  seien.  Sie  hätten  ihre 
Herausforderungen  zu  bestehen  gehabt,  seien  bedroht 
und  entmutigt  gewesen.  Unglück  und  Not  sind  das  Feuer 
des  Schmelzers,  das  Eisen  verbiegt,  den  Stahl  aber  härtet. 

Präsident  David  O.  McKay  hat  gesagt:  „Es  gibt 
Menschen,  die  ins  Unglück  geraten  und  dabei  fast 
Schiffbruch  erleiden,  die  dann  irgendwie  verbittert  sind; 
wenn  sie  dann  aber  nachdenken,  kann  sich  sogar  das 
Unglück,  das  über  sie  gekommen  ist,  als  Mittel  zu 
geistigem  Fortschritt  erweisen.  Das  Unglück  selbst  kann 
einen  Menschen  zu  Gott  hinführen,  statt  von  ihm  fort, 
auch  zu  geistiger  Erleuchtung;  und  Entbehrungen 
können  eine  Quelle  der  Kraft  sein,  wenn  wir  uns  nur 
eine  innere  Gelassenheit  bewahren."  (Treasures  of  Life, 
Hg.  Cläre  Middlemiss,  1962,  107f.) 

Ich  möchte  einiges  vorschlagen,  was  wir  tun  können, 
um  glücklich  zu  sein,  ob  wir  wohlhabend  sind  oder  nicht: 

1.  Achten  Sie  darauf,  daß  Sie  sich  nicht  völlig  von 
materiellen  Dingen  abhängig  machen.  Das  könnte 
bedeuten,  daß  Sie  eventuell  statt  eines  Autos  ein  Fahrrad 
in  Betracht  ziehen,  daß  Sie  vielleicht  zu  Fuß  gehen,  statt 
mit  dem  Fahrrad  zu  fahren.  Zu  meiner  Zeit  bedeutete  es 
Magermilch  statt  Rahm. 

2.  Lernen  Sie,  auf  manches  zu  verzichten,  und  schaffen 
Sie  sich  Reserven,  auf  die  Sie  zurückgreifen  können. 

STERN 

4 


JOSEPH  SMITH  IM  GEFÄNGNIS  ZU  LIBERTY,  GEMÄLDE  VON  GREG  K.  OLSEN 


3.  Lernen  Sie,  das  Großartige,  das  Gott  uns  in  der 
Natur  geschenkt  hat,  zu  schätzen:  die  Schönheit  der  Erde, 
das  beredte  Zeugnis  von  Gott  im  Sonnenauf—  und  -  unter- 
gang,  die  Blätter,  die  Blumen,  die  Vögel,  die  Tiere. 

4.  Betätigen  Sie  sich  körperlich,  gehen  Sie  spazieren, 
joggen  Sie,  schwimmen  Sie,  fahren  Sie  Fahrrad. 

5.  Legen  Sie  sich  ein  Hobby  zu,  das  Ihren  Geist  und  Ihr 
Herz  beschäftigt  und  dem  Sie  zu  Hause  nachgehen  können. 

6.  Zahlen  Sie  den  Zehnten  und  die  übrigen  Spenden. 
Wenn  man  dieses  Gebot  hält,  wird  man  nicht  automa- 
tisch reich  -  man  hat  nicht  die  Gewißheit,  daß  man  keine 
wirtschaftlichen  Probleme  mehr  haben  wird  -  aber  man 
wird  dann  leichter  mit  Schwierigkeiten  fertig,  man  hat  die 
nötige  Entschlußkraft  und  den  Glauben,  zu  verstehen 
und  zu  akzeptieren,  und  es  schafft  eine  Gemeinschaft  mit 
dem  Erretter,  die  einen  innerlich  stark  und  stabil  macht. 

7.  Gewöhnen  Sie  sich  an,  zu  singen,  oder,  wenn  Sie 
nicht  gern  singen,  zu  pfeifen.  Wenn  man  sich  selbst  etwas 
vorsingt,  muß  man  sich  weniger  Kommentare  und 
Fragen  anhören,  als  wenn  man  Selbstgespräche  führt! 
Mein  Vater  kam  einmal  mit  leeren  Händen  von  der 
Rotwildjagd  nach  Hause,  aber  er  war  im  Herzen  froh  und 
hatte  neue  innere  Kraft  geschöpft,  weil,  wie  er  sehr 
dankbar  berichtete,  einer  seiner  Kameraden  das  Wild 
immer  verscheucht  hatte,  da  er  laut  und  fröhlich  singend 
durch  die  Wälder  marschiert  war.  Vater  hatte  das  Singen 
fröhlicher  gemacht,  als  wenn  er  viel  Wild  erbeutet  hätte. 

Wir  werden  alle  geprüft  und  müssen  geistig  wachsen. 
Solche  Prüfungen  sind  notwendig.  Sie  helfen  uns,  innerlich 


Während  der  Prophet  Joseph  Smith  im  Frühjahr  1839 
in  Liberty  im  Gefängnis  saß,  schrieb  er  die  folgenden 
Worte  nieder:  „O  Gott,  wo  bist  du?  Und  wo  ist  das 
Gezelt,  das  deine  Verborgenheit  bedeckt?" 

zu  wachsen.  Sie  bringen  zwar  Sorgen  und  Leid  mit  sich, 
aber  in  solchen  Zeiten  können  wir  Gott  näher  kommen. 
Das  Leiden  des  Erretters  in  Getsemani  war  zweifellos  das 
größte  in  der  Geschichte  der  Menschheit,  aber  ihm 
entsprang  auch  das  Größte,  was  es  geben  kann,  nämlich 
die  Verheißung  ewigen  Lebens. 

Jesaja  hat  beschrieben,  wie  der  Erretter  wohl  mit  welt- 
lichen Augen  gesehen  wurde:  „Er  wurde  verachtet  und 
von  den  Menschen  gemieden,  ein  Mann  voller 
Schmerzen,  mit  Krankheit  vertraut.  Wie  einer,  vor  dem 
man  das  Gesicht  verhüllt,  war  er  verachtet;  wir  schätzten 
ihn  nicht."  0esaJa  53:3.) 

Es  gibt  vielleicht  in  aller  Literatur,  ob  religiöser  oder 
weltlicher,  nichts  Bewegenderes  als  Abschnitt  121,  122 
und  123  im  Buch  Lehre  und  Bündnisse,  die  der  Prophet 
Joseph  Smith  erhielt  und  niederschrieb,  während  er  im 
Frühjahr  1839  in  Liberty  im  Gefängnis  saß: 

Als  erstes  fleht  er:  „O  Gott,  wo  bist  du?  Und  wo  ist  das 
Gezelt,  das  deine  Verborgenheit  bedeckt? 

Wie  lange  noch  wird  deine  Hand  sich  zurückhalten 
und  dein  Auge,  ja,  dein  reines  Auge  vom  ewigen  Himmel 
her  das  Unrecht  erblicken,  das  deinem  Volk  und  deinen 
Knechten  widerfährt,  und  dein  Ohr  von  ihrem  Schreien 
durchdrungen  werden? 


MAI       1998 
5 


Präsident  Spencer  W. 
Kimball  machte  viele 
schmerzliche  Erfahrungen 
durch.  Die  Auswirkungen  des  Feuers  des  Schmelzers 
zeigten  sich  darin,  daß  er  im  Geist  geläutert  war,  daß 
er  einfühlsam  war,  ein  verständnisvolles  Herz  hatte, 
daß  er  gütig  und  demütig  war. 

Ja,  o  Herr,  wie  lange  noch  sollen  sie  dieses  Unrecht 
und  diese  gesetzwidrige  Unterdrückung  leiden,  ehe  dein 
Herz  sich  erweichen  und  dein  Inneres  von  Mitleid  mit 
ihnen  bewegt  sein  wird?"  (LuB  121:1-3.) 

Dann  kommt  der  verheißene  Trost:  „Mein  Sohn, 
Frieden  deiner  Seele!  Dein  Ungemach  und  deine 
Bedrängnisse  sollen  nur  einen  kleinen  Augenblick  dauern, 

und  dann,  wenn  du  sie  gut  bestehst,  wird  Gott  dich  hoch 
erhöhen;  du  wirst  über  alle  deine  Feinde  triumphieren. 

Deine  Freunde  stehen  doch  zu  dir,  und  sie  werden 
dich  wieder  willkommen  heißen,  mit  warmem  Herzen 
und  freundlicher  Hand. 

Noch  bist  du  nicht  wie  Ijob,  deine  Freunde  streiten 
nicht  gegen  dich  und  beschuldigen  dich  nicht  der  Über- 
tretung, wie  sie  es  mit  Ijob  getan  haben."  (LuB  121:7-10.) 

In  seiner  schwierigen  Lage  erhielt  er  auch  die  folgende 
große  Verheißung:  „Gott  wird  euch  durch  seinen 
Heiligen  Geist,  ja,  durch  die  unaussprechliche  Gabe  des 
Heiligen  Geistes,  Erkenntnis  geben,  die  von  Anfang  der 
Welt  bis  heute  nicht  offenbart  worden  ist."  (LuB  121:26.) 

Der  Prophet  Joseph  Smith  wurde  gewarnt:  „Die 
Enden  der  Erde  werden  sich  nach  deinem  Namen  erkun- 
digen, und  Narren  werden  dich  verspotten,  und  die 
Hölle  wird  gegen  dich  wüten, 

während  die  Herzensreinen,  die  Weisen  und  die  Edlen 
und    die    Tugendhaften    beständig    nach    Rat    und 
Vollmacht    und   Segnungen   von    dir   trachten 
werden. 

Und  dein  Volk  wird  sich  niemals  auf  das 
Zeugnis   von   Verrätern   hin   gegen   dich 
wenden."  (LuB  122:1-3.) 

Warum   kann  man  durch  Not   und 
Unglück   oft   soviel   lernen?    Schwierige 
Umstände  zwingen  uns  häufig  dazu,  Disziplin 
und  Arbeit   zu   lernen.   In  einer   unange- 
nehmen Lage   machen  wir  vielleicht  auch 


Schwierigkeiten  durch,  die  uns  stählen  und  läutern,  wie  es 
auf  keine  andere  Weise  möglich  ist. 

Die  meisten  Generalautoritäten  sind  mit  Not  und 
Unglück  recht  vertraut;  sie  bleiben  nicht  davon  ausge- 
nommen. Ich  möchte  das  an  drei  Menschen  verdeutli- 
chen, die  ich  deshalb  ausgewählt  habe,  weil  sie  mit 
Schwierigkeiten  so  sehr  vertraut  sind. 

Präsident  Spencer  W  Kimball  lernte  schon  früh,  wie 
notwendig  die  Arbeit  ist.  Er  machte  in  jungen  Jahren 
viele  schmerzliche  Erfahrungen,  die  ihn  auf  sein  großes 
geistliches  Wirken  vorbereiteten.  Als  kleiner  Junge 
ertrank  er  fast.  Er  hatte  eine  Lähmung  der 
Gesichtsnerven.  Seine  Mutter  starb,  als  er  noch  jung  war, 
und  als  junger  Mann  verlor  er  seine  geliebte  Schwester 
Ruth.  Kurz  nach  seiner  Heirat  erkrankte  er  an  den 
Pocken,  und  Schwester  Kimball  zählte  in  seinem  Gesicht 
über  100  Pusteln. 

Er  lernte  schon  früh  finanzielle  Rückschläge  kennen 
und  verlor  verschiedene  Investitionen.  Wie  Ijob  litt  er 
unter  Geschwüren,  die  ihn  viele  Jahre  plagten  und  einmal 
sogar  auf  seiner  Nase  und  den  Lippen  auftraten.  Einmal 
hatte  er  24  Geschwüre  gleichzeitig;  kurz  danach  mußte  er 
die  entsetzlichen  Schmerzen  durchmachen,  die  mit  einem 
Herzleiden  verbunden  sind  und  die  viele  Jahre  anhielten, 
bis  er  schließlich  am  offenen  Herzen  operiert  wurde.  Er 
litt  unter  Heiserkeit,  die  besser  wurde,  nachdem  er  einen 
Krankensegen  erhalten  hatte,  die  später  aber,  zusammen 
mit  den  Geschwüren,  zurückkehrte.  Er  hatte  Krebs  der 
Stimmbänder  und  mußte  operiert  werden  und  von  neuem 
sprechen  lernen  und  die  Kobaltbestrahlungen  über  sich 
ergehen  lassen.  Die  Lähmung  der  Gesichtsnerven  kehrte 
zurück,  und  er  hatte  mehrmals  Hautkrebs,  der  operativ 
behandelt  wurde. 

Die  Auswirkungen  des  Feuers  des  Schmelzers  zeigten 
sich   darin,   daß   er   im  Geist  geläutert  war,   daß   er 
einfühlsam  war,  ein  verständnisvolles  Herz  hatte, 
daß  er  gütig  und  demütig  war. 

Ich  war  schon  immer  sehr  an  der  Herkunft 
von  Präsident  Nathan  Eldon  Tanner  inter- 
essiert. Vor  Jahren  habe  ich  gehört,  wie  er 

Präsident  Nathan  Eldon  Tanner,  der 
später  ein  bedeutender  Mann  wurde, 
hatte  eine  schwere  Kindheit. 


ILLUSTRATION  VON  JERRY  THOMPSON 


Als  Junge  mußte  Präsident  Marion 
G.  Romney  während  der  Madera- 
Revolution  aus  Colonia  Juärez  in 
Mexiko  fliehen.  Er  fuhr  in  einem 
Planwagen  und  blickte  in  die 
Gewehrläufe  mexikanischer  Revolutionäre.  Später 
sagte  er  über  dieses  Erlebnis:  „Es  hat  dazu  beige- 
tragen, daß  ich  erwachsen  wurde." 

von  seiner  bescheidenen  und  schwierigen  Kindheit 
erzählte.  Er  sagte  über  seine  Eltern:  „Als  sie  im  südlichen 
Alberta  [in  Kanada]  ankamen,  hatte  Vater  kein  Geld, 
und  so  mußte  er  sein  Gespann  verkaufen,  um  Geld  zu 
bekommen.  Aber  ich  war  immer  froh,  daß  Vater  nie  daran 
dachte,  um  staatliche  Unterstützung  zu  bitten.  Er  arbei- 
tete für  seinen  Nachbarn  und  ritt  Pferde  zu,  damit 
Arbeitspferde  da  waren.  Er  lebte  in  einer  Erdwohnung  auf 
einer  Parzelle,  wo  ich  die  ersten  Jahre  meines  Lebens 
verbrachte.  Er  sagte  oft:  »Wir  müssen  es  einfach  schaffen. 
Bald  sind  wir  so  weit.'  Er  sagte  auch:  ,Als  ich  in  dieses 
Land  kam,  hatte  ich  nicht  einmal  einen  Lumpen  auf  dem 
Rücken.  Jetzt  bin  ich  völlig  zerlumpt.' 

Später  wohnten  wir  in  einem  kleinen  Dorf.  Ich  nehme 
nicht  an,  daß  das  für  Sie  von  Interesse  ist,  aber  in  jenem 
kleinen  Dorf  gab  es  nicht  einmal  ein  Telefon.  Wir  hatten 
keine  Tageszeitung  und  keine  Wochenzeitung,  jedenfalls 
nicht  regelmäßig.  Wir  hatten  kein  fließendes  Wasser,  ob 
heiß  oder  kalt.  Sie  können  sich  also  vorstellen,  was  wir 
alles  nicht  hatten  und  was  wir  sehr  wohl  hatten!  Auf 


jeden  Fall  hatten  wir  keine  Zentralheizung.  Ich  habe 
mich  oft  gefragt,  ob  wir  im  Haus  überhaupt  geheizt 
haben."  (My  Experiences  and  Observations,  Brigham 
Young  University  Speeches  of  the  Year,  17.  Mai  1966,  6.) 

Eine  so  schwierige  Kindheit  hatte  der  geistige  Riese 
Nathan  Eldon  Tanner.  Er  war  Sprecher  des  Parlaments 
von  Alberta,  Minister  für  Bergbau  und  Ländereien  in  der 
Provinz  Alberta,  Präsident  der  Transkanadischen 
Pipeline,  Zweigpräsident,  Bischof,  Pfahlpräsident, 
Assistent  des  Rates  der  Zwölf,  Apostel  und  Ratgeber  von 
vier  Präsidenten  der  Kirche. 

Ich  möchte  Ihnen  etwas  aus  der  Jugendzeit  von 
Präsident  Marion  G.  Romney  erzählen,  und  zwar  am 
besten  in  seinen  eigenen  Worten: 

„Ich  bin  in  Mexiko  geboren,  und  zwar  in  Colonia 
Juärez,  Chihuahua.  Meine  Eltern  lebten  damals  gerade 
dort.  Ich  wuchs  dort  auf,  bis  ich  etwa  fünfzehn  Jahre  alt 
war.  In  den  letzten  zwei,  drei  Jahren  war  die  Madera- 
Revolution  im  Gange.  Die  Aufständischen  und  die 
Föderalisten  jagten  einander  durch  das  ganze  Land;  jeder 
nahm  uns  Kolonisatoren  ab,  was  wir  an  Waffen, 
Munition  und  Lebensmitteln  hatten.  Schließlich  waren 
wir  gezwungen,  das  Land  zu  verlassen.  Ich  kam  1912  mit 
den  Mormonenflüchtlingen  aus  Mexiko. 

Ich  kann  mich  noch  gut  an  ein  aufregendes  Erlebnis 
erinnern,  das  wir  auf  dem  Weg  von  unserem  Haus  zur 
Bahnstation  etwa  13  Kilometer  südlich  von  Colonia  Juärez 
hatten.  Wir  fuhren  im  Planwagen.  .  .  .  Ich  fuhr  mit 
meiner  Mutter  und  ihren  sieben  Kindern  und  meinem 


MAI       1998 

7 


Onkel  (ihrem  Bruder)  und  seiner  Familie  mit  fünf,  sechs 
Kindern.  .  .  .  Wir  hatten  nur  einen  Schrankkoffer  -  mehr 
konnten  wir  nicht  mitnehmen.  Ich  saß  hinten  im  Wagen 
auf  dem  Schrankkoffer.  .  .  .  Die  mexikanischen  Rebellen 
kamen  von  der  Bahnstation  her  auf  unseren  Ort  zu.  Sie 
ritten  nicht  in  Formation.  Sie  ritten  auf  ihren  Pferden.  Die 
Gewehre  hatten  sie  im  Halfter.  Zwei  von  ihnen  hielten  uns 
an  und  durchsuchten  uns.  Sie  sagten,  sie  suchten  nach 
Gewehren.  Wir  hatten  weder  Gewehre  noch  Munition.  Sie 
fanden  bei  meinem  Onkel  20  Pesos.  .  .  .  Die  nahmen  sie 
ihm  ab  und  winkten  uns  dann,  wir  sollten  weiterfahren.  Sie 
ritten  ein  Stück  die  Straße  hinauf,  hielten  an,  drehten  sich 
um,  zogen  die  Gewehre  aus  dem  Halfter  und  legten  sie  auf 
mich  an.  Als  ich  damals  in  die  Gewehrläufe  blickte,  kamen 
sie  mir  wie  Kanonen  vor.  Sie  zogen  allerdings  nicht  ab, 
weshalb  ich  auch  heute  hier  sein  und  dies  alles  erzählen 
kann.  Das  war  ein  sehr  aufregendes  Erlebnis!  Es  hat  dazu 
beigetragen,  daß  ich  erwachsen  wurde. 

Die  Aufständischen  sprengten  die  Eisenbahnschienen 
in  die  Luft,  nachdem  der  Zug,  mit  dem  wir  fuhren,  abge- 
fahren war.  Vater  und  die  übrigen  Männer  kamen  zu  Pferde 
nach  El  Paso,  Texas.  Wir  sind  nie  wieder  nach  Mexiko 
zurückgekehrt  und  haben,  solange  mein  Vater  lebte,  auch 
nie  etwas  von  unserem  Besitz  zurückbekommen. 

Vater  und  ich  arbeiteten,  um  für  unsere  große  Familie 
den  Lebensunterhalt  zu  verdienen.  Es  gab  damals  kein 
Wohlfahrtsprogramm.  Es  war  nicht  leicht,  unseren 
Lebensunterhalt  zu  verdienen."  (Tb  Hirn  That  Asketh  in  the 
Spirit,  Salt  Lake  Institute  of  Religion  Devotional,  18. 
Oktober  1974,  2£) 

Als  Präsident  Romney  geheiratet  hatte  und  er  und 
seine  Frau  schon  Kinder  hatten,  hatte  er  einen  Vollzeitjob 
bei  der  Post,  um  für  seine  Familie  zu  sorgen,  während  er 
gleichzeitig  Jura  studierte.  In  jener  schwierigen  Zeit  hatte 
er  trotzdem  gute  Noten  und  war  ein  hervorragender 
Student;  er  wurde  später  in  eine  renommierte 
Anwaltsvereinigung  aufgenommen,  die  nur  die  hervorra- 
gendsten Anwälte  aufnimmt.  Er  war  als  Rechtsanwalt 
tätig  und  wurde  Bischof,  Pfahlpräsident  und  einer  der 
ersten  Assistenten  der  Zwölf,  Mitglied  des  Kollegiums  der 
Zwölf  und  Mitglied  der  Ersten  Präsidentschaft.  Er  stellte 
in  den  vielen  Jahren,  in  denen  ihm  das 
Wohlfahrtsprogramm  der  Kirche  unterstand,  seine  große 
Liebe  und  Anteilnahme  für  die  Menschen  unter  Beweis. 


„Sei  geduldig  in  deinen  Bedrängnissen,  denn  du  wirst 
viele  haben;  aber  ertrage  sie,  denn  siehe,  ich  bin  mit 
dir,  ja,  bis  ans  Ende  deiner  Tage." 

Die  äußerst  schwierigen  Erfahrungen,  die  diese  Brüder 
durchmachen  mußten,  finden  wir  auch  im  Leben  vieler 
anderer  Führer  und  Mitglieder  der  Kirche. 

Thomas  Paine  schrieb:  „Ich  liebe  den,  der  auch  in 
Schwierigkeiten  lächeln  kann,  der  aus  dem  Kummer 
Kraft  schöpft  und  der  durch  seine  Entschlußkraft  tapfer 
wird."  (The  Works  of  Thomas  Paine,  1934,  392.) 

Nehmen  wir  nun,  weil  der  Weg  manchmal  schwierig  ist 
und  uns  viel  abverlangt,  nicht  an,  der  himmlische  Vater 
habe  uns  aus  den  Augen  verloren.  Er  schleift  nur  unsere 
Ecken  und  Kanten  ab  und  weckt  in  uns  das  Bewußtsein 
der  großen  Aufgaben,  die  vor  uns  liegen.  Mögen  seine 
Segnungen  in  geistiger  Hinsicht  mit  uns  sein,  damit  wir  die 
wundervolle  Gemeinschaft  mit  dem  Heiligen  Geist 
erfahren  und  unsere  Schritte  auf  den  Wegen  der  Wahrheit 
und  Rechtschaffenheit  lenken  lassen.  Und  möge  ein  jeder 
von  uns  sich  an  diesen  tröstlichen  Rat  des  Herrn  halten: 
„Sei  geduldig  in  deinen  Bedrängnissen,  denn  du  wirst  viele 
haben;  aber  ertrage  sie,  denn  siehe,  ich  bin  mit  dir,  ja,  bis 
ans  Ende  deiner  Tage."  (LuB  24:8.)  D 

FÜR  DIE  HEIMLEHRER 

1.  Viele  Menschen  in  der  heutigen  wohlhabenden 
Gesellschaft,  wissen  nicht  recht  zu  schätzen,  daß  Not 
und  Unglück  ein  Segen  sein  und  einen  Menschen 
läutern  können. 

2.  Not  und  Unglück,  Sorgen  und  Leid  setzen  einen 
notwendigen  Läuterungsprozeß  in  Gang,  der  uns  tiefere 
Einsichten  vermittelt,  der  uns  einfühlsamer  macht  und 
durch  den  wir  Christus  ähnlicher  werden. 

3.  In  schwierigen  Umständen  sind  wir  häufig 
gezwungen,  Disziplin  zu  lernen.  Wir  machen  vielleicht 
auch  Schwierigkeiten  durch,  die  uns  stählen  und  läutern, 
wie  es  auf  keine  andere  Weise  möglich  ist. 

4.  Nehmen  wir  nun,  weil  der  Weg  manchmal  schwierig 
ist  und  uns  viel  abverlangt,  nicht  an,  der  himmlische 
Vater  habe  uns  aus  den  Augen  verloren.  Er  schleift  nur 
unsere  Ecken  und  Kanten  ab  und  weckt  in  uns  das 
Bewußtsein  der  großen  Aufgaben,  die  vor  uns  liegen. 


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DER       STERN 

8 


Willkommen  an  der 

RIZAL 
HIGH 


Laury  Livsey 


Für  die  Schüler 
an  der  Rizal  High 

ist  es  selbstver- 
ständlich, daß  sie 
einzigartig  sind. 

Schließlich  ist 


Als  erstes  fällt  einem 
an  der  Rizal  High 
School  auf,  wie 
riesig  sie  ist.  Sie  ist  nicht 
bloß  größer  als  die 
Durchschnittsschule  oder 
größer  als  die  meisten 
Schulen.  Wenn  man  be- 
haupten würde,  die  Rizal 
High  wäre  so  groß  wie 
eine  normal  große  High 
School,  wäre  das  gleiche 
wie  die  Behauptung,  der 
Pazifische  Ozean  sei  ein  See. 

An  der  Rizal  High  ist  gar  nichts 
klein.  Die  Schule  mit  allen  Anlagen 
nimmt  einen  großen  Teil  von  Pasig, 
einem  Vorort  von  Manila  auf  den 
Philippen  ein.  Sie  nimmt  scheinbar 
kein  Ende  und  umfaßt  6,7  Hektar. 

Ihr  fragt  euch  inzwischen  sicher, 
wie  viele  Schüler  es  an  der  Rizal  High 
gibt.  Viele,  sehr  viele.  Wie  viele 
Schüler  hat  eure  Schule?  Zweitausend? 
Dreitausend?  Viertausend? 

Rizal  hat  mehr.  Sie  hat  mehr  als 
jede  andere  High  School.  Das 
Guinness -Buch  der  Weltrekorde  nennt 
die  Rizal  High  einfach  die  „größte 


es  etwas 


Einzigartiges, 
wenn  man  die 

größte  High 

School  der  Welt 

besucht.  Aber  für 

die  Mitglieder 

der  Kirche  an  der 

Rizal  High  gibt  es 

etwas,  das  ihnen 

noch  mehr 

bedeutet. 


DER 


Schule".  Nach  der 
letzten  Umfrage  führte 
sie  den  Weltrekord  von 
19738  Schülern  auf.  Der 
Rektor  sagt,  inzwischen 
seien  es  21139  Schüler. 

„Die  Schule  ist  so 
riesig",  meint  Julie  Ann 
Nudo,  17,  über  ihre 
Schule.  „Aber  ich  mag 
die  größeren  Schulen, 
weil  dort  viele  Schüler 
sind  und  es  mir  leichter 
fällt,  Freundschaften  zu  schließen." 

Und  so  ziehen  Julie  Ann  und 
die  übrigen  Schüler  an  der  Rizal 
High  jeden  Tag  die  offizielle 
Schuluniform  an:  weißes  Hemd 
und  dunkelbraune  Hose  für  die 
Jungen;  weiße  Bluse,  rotes  Halstuch 
und  rotkarierter  Rock  für  die 
Mädchen.  Dann  haben  sie  den 
ganzen  Tag  Unterricht  an  der 
Schule,  die  nach  Jose  Rizal,  einem 
philippinischen  Patrioten  und 
Schriftsteller  benannt  ist,  der  1896 
ermordet  wurde.  Die  High  School 
wurde  sechs  Jahre  nach  Jose  Rizals 
Tod  gegründet. 

STERN 

10 


MAI       1998 
U 


Abseits  des  geschäftigen  Lebens  in  der  Innenstadt  von  Manila, 
Hintergrund,  ist  das  geschäftige  Treiben  der  Rizal  High  in  dem  Vorort 
Pasig  zu  beobachten,  wo  die  Schüler  mit  Bussen  über  das  Schulgelände 
transportiert  werden,  links.  Lennon  Pacardo,  Mitte,  spielt  gern  nach  dem 
Lernen  mit  guten  Freunden  im  Gemeindehaus  Ballspiele,  rechts. 


EINZIGARTIG 

Auf  einem  handgemalten  Schild  in  einem  der  Höfe  der  Schule  steht:  „Ich 
bin  stolz,  an  dieser  Schule,  der  größten  weiterführenden  Schule  der  Welt,  zu 
sein."  Und  das  sind  die  Schüler  auch.  Aber  einigen  wenigen  bedeutet  etwas 
anderes  noch  mehr. 

Unter  den  Schülern  an  der  Rizal  High  finden  sich  eine  Handvoll 
Mitglieder  der  Kirche.  Da  alle  Schüler  die  gleiche  Kleidung  tragen,  ist  es 
nicht  so  einfach,  sie  zu  erkennen.  Aber  die  Jugendlichen,  die  Mitglieder  der 
Kirche  sind,  geben  ihr  Bestes,  um  trotzdem  einzigartig  zu  sein. 

„Ich  habe  das  Gefühl,  ich  bin  ein  einzigartiger  Mensch  -  weil  ich  Mitglied 
der  Kirche  bin  und  nicht  weil  ich  an  der  Rizal  bin",  meint  die  fünfzehnjährige 
Maritess  Saldivar. 

„Es  macht  mich  traurig,  daß  die  meisten  Schüler  an  der  Rizal  keine  Mitglieder 
sind",  sagt  der  fünfzehnjährige  Ednar  Pacardo.  „Ich  bin  in  meinen  Kursen  das 
einzige  Mitglied.  Ich  bin  so  froh,  daß  ich  das  Priestertum,  die  Macht  Gottes, 
habe.  Ich  fühle  mich,  im  Vergleich  zu  meinen  Schulkameraden,  stark.  Ich  werde 
das  Richtige  tun,  und  ich  werde  meine  Klassenkameraden  das  Rechte  lehren." 

Maritess  ist  sich  dessen  bewußt,  wie  wichtig  es  ist,  ein  Vorbild  zu  sein.  „Ich 
weiß,  daß  ich  anders  bin.  Meine  Freunde  sagen  es  mir  immer,  und  sie  finden 
es  gut,  daß  ich  so  bin.  Sie  finden,  daß  es  bedeutet,  daß  man  nett  ist,  wenn 
man  ein  Mitglied  der  Kirche  ist.  Sie  reden  immer  darüber,  daß  die 
Mormonen  Gutes  tun  und  daß  wir  ein  Vorbild  sind.  Deshalb  bemühe 
ich  mich  immer,  mein  Bestes  zu  geben,  um  allen  Menschen  ein 
Vorbild  zu  sein." 


AUS  DER  MENGE  HERAUSRAGEN 

Seit  1961  ist  die  Kirche  auf  den  Philippinen  offiziell 
vertreten,  und  es  gibt  dort  derzeit  47  Pfähle,  14  Missionen  und 
einen  Tempel.  Das  Land  besteht  aus  einer  Gruppe  von  Inseln  vor  der 
Südostküste  Asiens.  Viele  Filipinos  -  vor  allem  die  Jugendlichen  -  wissen 
nur  sehr  wenig  über  die  Kirche  und  ihre  Lehren.  Selbst  die  Menschen,  die  ein 
bißchen  über  das  Evangelium  wissen,  haben  zahlreiche  Fragen. 

Jeden  Tag  sind  die  Schüler  der  Rizal  High,  die  Mitglieder  der  Kirche  sind, 
sich  dessen  bewußt,  daß  sie  in  der  Minderzahl  sind.  Und  sie  wissen,  daß 
ihnen  jeden  Tag  einige  ihrer  Klassenkameraden  Fragen  zu  ihren 
Glaubens  Vorstellungen  und  ihren  Werten  stellen  werden. 

Carmelita  Gonzalez  wurde  einmal  von  einer  Freundin  ange- 
sprochen,   die   wissen   wollte,    warum   sie   nicht   mehr   Zeit   mit   ihrer 
Freundesclique  verbrachte.  „Ich  erklärte  ihr,  daß  ich  ein  Mitglied  der  Kirche 
Jesu  Christi  der  Heiligen  der  Letzten  Tage  bin",  sagt  sie.  „Ich  mußte  ihr 


DER       STERN 

12 


erklären,  daß  das,  was  sie  tun,  manchmal  nicht  zu  dem  paßt,  woran  ich 
glaube.  Ich  habe  ihr  erklärt,  ich  könne  ihre  Freundin  sein,  aber  ich  müsse  als 
Mitglied  der  Kirche  auch  meine  Grundsätze  beachten." 

Nichts  von  alledem  bedeutet,  daß  die  Heiligen  der  Letzten  Tage  an  der 
Schule  keinen  Spaß  haben.  Rizal  High  ist  zwar  riesig,  aber  der  Schultag  läuft 
ähnlich  ab  wie  an  anderen  High  Schools  auch  -  Hausaufgaben,  schwierige 
Fächer,  Vorbereitung  auf  die  Universität. 

Der  Unterschied  liegt  darin,  wie  sie  ihre  Zeit  außerhalb  der 
Schule  verbringen.  Dann  rücken  die  Heiligen  der  Letzten 
Tage  noch  näher  zusammen. 

Der  sechzehnjährige  Jerusalem  Santos,  meist  Jerum 

genannt,  und  Ednar,  die  beide  Mitglieder  des  Zweigs 

Pasig  2  im  Pfahl  Pasig  sind,  treffen  sich  gern  im 

Gemeindehaus,  um  Basketball  oder  Volleyball  zu 

spielen,  wenn  sie  Zeit  haben.  Sonntags  bereiten 

sie  das  Abendmahl  vor  und  teilen  es  aus.  Sie 

sind  beide  gern  in  der  Kirche  und  fühlen  sich 

dort  wohl. 

,Es  sieht  so  aus,   als  ob  die  meisten 
Schüler  an  der  Rizal  High  Alkohol  trinken 


MAI       1998 
13 


und  Zigaretten  rauchen.  Ich  tue  das  nicht",  sagt  Jerum.  „Ich  habe  das  Gefühl, 
daß  ich  stark  genug  bin,  mit  den  Versuchungen,  die  auf  mich  zukommen, 
fertig  zu  werden,  auch  wenn  meine  Freunde  immer  wissen  wollen,  warum  wir 
solche  Dinge  nicht  nehmen.  Sie  sagen  alles  mögliche,  zum  Beispiel,  daß  ich 
kein  richtiger  Freund  bin,  wenn  ich  nicht  mitmache." 

Maritess  bemüht  sich  sehr,  ihren  Freundinnen  außerhalb  der  Kirche  eine 
Freundin  zu  sein,  indem  sie  ihnen  vom  Evangelium  erzählt,  damit  sie  es  besser 
verstehen.  „Manche  von  ihnen  sind  sehr  neugierig,  was  die  Kirche  betrifft.  Sie 
fragen  mich  nach  den  Grundsätzen  der  Heiligen  der  Letzten  Tage",  sagt  sie. 
„Ich  habe  ihnen  das  Buch  Mormon  geschenkt  und  ihnen  von  Joseph  Smith 
und  zum  Beispiel  vom  Wort  der  Weisheit  und  vom  Gesetz  der  Keuschheit 
erzählt.  Ich  bemühe  mich,  sie  zu  verstehen,  aber  ich  glaube,  es  fällt  ihnen 
schwer,  zu  verstehen,  warum  wir  Mormonen  sind  und  woran  wir  glauben." 

Selbst  Maricar  Mendoza,  die  zugibt,  daß  sie  ein  bißchen  schüchtern  ist, 
zögerte  nicht  sich  zu  melden,  als  ihre  Lehrerin  fragte,  wer  in  der  Klasse  nicht 
katholisch  war.  Maricar  hatte  das  Gefühl,  sie  müsse  sich  äußern.  „Ich  sagte: 
,Ich  bin  Mormonin.'  Ich  erklärte  ihr,  was  unsere  Kirche  ist,  und  konnte  über 
vieles  sprechen,  zum  Beispiel  über  die  Propheten  der  Letzten  Tage,  über 
Joseph  Smith  und  über  den  Erlösungsplan." 

Maricar  hält  sich  immer  noch  für  schüchtern.  Aber  sie  ist  froh,  daß  sie 
Stellung  bezogen  hat. 

SIE  SIND  ANDERS 

Ein  Samstagmorgen  auf  den  Philippinen.  Es  findet  kein  Unterricht 
statt,  und  die  Jugendlichen  des  Pfahles  Pasig  -  von  denen  viele  die 
Rizal  High  besuchen  -  haben  sich  in  einem  Gemeindehaus  zu  einer 
Aktivität  versammelt.  Zum  Schluß  gehen  sie  alle  noch  in  einen 
nahegelegenen  Laden,  um  sich  etwas  zu  essen  zu  holen.  Wenn  man 
sie  so  die  geschäftigen  Straßen  von  Pasig  hinunterschlendern  sieht, 
deutet  nichts  darauf  hin,  daß  diese  Jugendlichen  anders  sind  als 
ihre  Altersgenossen,  die  genauso  wie  sie  etwas  zu  essen  und  zu 
trinken  kaufen.  Aber  wenn  man  sie  kennenlernt  und  danach  fragt, 
woran  sie  glauben  und  wonach  sie  ihr  Leben  ausrichten, 
treten  die  Unterschiede  zutage. 

In  einer  so  riesigen  Stadt  wie  Manila,  an  einer  Schule,  die  im 
Guinness-Buch  der  Rekorde  steht,  kann  man  leicht  in  der  Menge 
untergehen  und  sich  verirren. 

Außer  man  weiß,  wohin  man  geht.  D 

DER       STERN 
14 


In  ihrem  Land,  das  reich  ist  an 
tropischen  Früchten,  freuen 
die  Mitglieder  der  Kirche  sich, 
wenn  sie  Zusammensein 
können.  Rechts  (von  links): 
Renee  Kimberly  Lamoglia, 
Paula  Miranda  und  Shirley 
Hope  M.  Sebastian. 
Unten:  Ednar  Pacardo 
sagt:  „Ich  bin  so 
froh,  daß  ich  das 
Priestertum,  die 
Macht  Gottes, 
habe." 


DER      STERN 
16 


GEDENKE      DES 


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Das  Einhalten  des  Sabbats  ist 
keine  Einschränkung,  sondern 
ein  Schutz  und  eine  Quelle 
der  Kraft. 

D.  Kelly  Ogden 

Immer  wieder,  von  Generation  zu 
Generation,  tauchen  diese  Fragen 
auf:  Warum  können  wir  am  Sonntag  nicht  das 
gleiche  tun  wie  an  den  anderen  Tagen?  Was  nützt  es 
einem,  wenn  man  den  Sabbat  heilig  hält? 

Das  sind  keine  Fragen,  die  nur  von  Kindern  gestellt 
werden,  die  zu  klein  sind,  um  zu  begreifen,  welchen  Lohn 
es  mit  sich  bringt,  wenn  wir  die  Gebote  des  himmlischen 
Vaters  befolgen.  Ein  Student  meinte:  „Es  fällt  mir  immer 
schon  schwer,  zu  begreifen,  wofür  der  Sonntag  eigentlich 
da  ist.  Es  ist  anscheinend  der  einzige  Tag  in  der  Woche, 
an  dem  ich  nichts  mit  meinen  Freunden  unternehmen 
kann.  Ich  war  schon  in  Familien,  wo  die  Kinder  am 
Sonntag  überhaupt  nichts  tun  dürfen.  Das  schafft  doch 
bloß  eine  feindselige  Stimmung." 

Ein  zurückgekehrter  Missionar  gab  zu:  „Ich  mache  mir 
Gedanken,  weil  ich  seit  meiner  Rückkehr  von  Mission  so 
wenig  geistigen  Fortschritt  mache,  und  ich  glaube,  das  liegt 
teilweise  daran,  daß  ich  den  Sonntag  nicht  so  begehe,  wie 
ich  sollte.  Ich  bin  sicher,  daß  es  noch  mehr  Mitglieder  gibt, 
für  die  der  Sonntag  einfach  bedeutet,  daß  sie  drei  Stunden 
in  den  Versammlungen  sitzen,  nicht  einkaufen  und  nicht 
arbeiten  und  daß  sie  am  Fastsonntag  das  Frühstück 
auslassen.  Ich  habe  das  Gefühl,  daß  viel  Verwirrung 
darüber  herrscht,  wie  man  den  Sonntag  richtig  lebt." 

Der  Herr  erklärte  Mose  auf  dem  Berg  Sinai  noch 
einmal,  wie  wichtig  dieser  Tag  ist,  und  gebot  dem  Volk 
Israel:  „Gedenke  des  Sabbats:  Halte  ihn  heilig!" 


Der  Herr  hat  einen  Tag  geschaffen, 
der  Sabbat  genannt  wurde.  Warum  hat 
er  das  getan?  Welchem  Zweck  dient 
dieser  Tag,  und  was  paßt  zum  Sabbat? 
Sehen  wir  uns,  um  diese  Fragen  zu 
beantworten,  an,  was  er  selbst  dazu 
gesagt  hat. 


DIE  ANWEISUNGEN  IN  DEN  HEILIGEN  SCHRIFTEN 

Nachdem  Gott  die  Erde  erschaffen  hatte,  segnete  er 
seinen  Ruhetag  -  den  siebten  Tag  -  und  erklärte  ihn  für 
heilig  (siehe  Genesis  2:2,3).  Als  er  Mose  auf  dem  Berg 
Sinai  noch  einmal  erklärte,  wie  wichtig  dieser  Tag  sei, 
gebot  er  dem  Volk  Israel:  „Gedenke  des  Sabbats:  Halte 
ihn  heilig!"  (Exodus  20:8;  Hervorhebung  hinzugefügt.) 
Das  Wort  gedenke  ist  wichtig  -  wir  sollen  an  diesen  Tag 
denken.  Die  meisten  von  uns  müssen  täglich  daran  erin- 
nert werden,  den  Herrn  und  sein  Werk  im  Herzen  zu 
behalten,  zum  Beispiel  durch  das  Beten  und  das 
Schriftstudium,  aber  wir  brauchen  auch  einen  ganzen 
Tag  von  den  sieben  Tagen,  an  dem  wir  ihm  unsere 
Aufmerksamkeit  und  unser  Herz  ganz  zuwenden — an 
dem  wir  von  weltlichen  Dingen  ausruhen,  die  bei  vielen 
auf  der  Prioritätenliste  ganz  oben  stehen. 

Im  Hebräischen  bedeutet  Sabbat  „Ruhe"  oder  „mit  der 
Arbeit  aufhören".  Wir  sollen  aber  nicht  bloß  aufhören,  zu 
arbeiten,  sondern  den  Tag  für  heilig  erklären,  ihn  heilig 
machen.  Das  tun  wir,  indem  wir  uns  bemühen,  Gott 
näher  zu  kommen,  indem  wir  ihn  verehren  und  indem 
wir  unseren  Mitmenschen  dienen. 

EIN  GESETZ  FÜR  ALLE  ZEIT 

In  alter  Zeit  waren  die  Israeliten  als  Volk  bekannt,  das 
einen  von  sieben  Tagen  zur  Ruhe  und  Gottesverehrung 
bestimmt  hatte.  Der  Herr  sagte:  „Die  Israeliten  sollen 


MAI       1998 
17 


„Jamit  du  dich  selbst 
noch  mehr  von  der 
Welt  unbefleckt  halten 
mögest,  sollst  du  an 
meinem  heiligen  Tag 
ins  Haus  des  Betens 
gehen  und  deine 
heiligen  Handlungen 
darbringen. 


LINKS:  JESUS  IN  DER  SYNAGOGE  ZU  NAZARET,  GEMÄLDE  VON  GREG  K.  OLSEN;  RECHTS:  UNTERWEIST  DIE  MENSCHENKINDER  DURCH  DIE  MACHT  MEINES  GEISTES,  VON  GREG  K.  OLSEN 


also  den  Sabbat  halten,  indem  sie  ihn  von  Generation  zu 
Generation  als  einen  ewigen  Bund  halten.  Für  alle  Zeiten 
wird  er  ein  Zeichen  zwischen  mir  und  den  Israeliten 
sein."  (Exodus  31:16,17.)  Die  Strafe  für  die  Mißachtung 
dieses  Gesetzes  zum  Sabbat  war  der  Tod  (siehe  Exodus 
31:14,15;  35:2;  Numeri  15:32-36). 

Heute  steht  auf  die  Entweihung  des  Sabbats  nicht 
mehr  die  Todesstrafe.  Aber  genauso  wie  die  Israeliten, 
die  in  alter  Zeit  das  Gesetz  übertraten,  aus  dem  Lager 
Israel  ausgeschlossen  wurden,  sagen  die  heutigen  Kinder 
Gottes,  die  das  Gebot  bewußt  mißachten,  sich  vom  Geist 
los  und  bringen  eine  Art  geistigen  Tod  über  sich. 

Zur  Zeit  des  Neuen  Testaments  waren  die  Juden  dafür 
bekannt,  daß  sie  das  Sabbatgesetz  strikt  befolgten.  Als 
Jesus  getadelt  wurde,  weil  er  den  Sabbat  angeblich 
entweiht  hatte,  verurteilte  er  die  pedantischen  und  über- 
triebenen Zusätze  zu  seinem  Gesetz  aus  alter  Zeit.  „Der 
Menschensohn  ist  Herr  über  den  Sabbat",  sagte  er 
(Matthäus  12:8).  Außerdem  sagte  er:  „Der  Sabbat  ist  für 
den  Menschen  da,  nicht  der  Mensch  für  den  Sabbat." 
(Markus  2:27.) 

Durch  sein  Beispiel  zeigte  der  Erretter,  wie  wir  den 
Sabbat  heilighalten  können;  es  ist  erlaubt,  anderen  am 
Sabbat  zu  helfen,  so  wie  er  es  getan  hat  (siehe  Matthäus 
12:10-13),  sich  der  Grundbedürfnisse  anzunehmen  und 
Kummer  zu  lindern  (siehe  Lukas  13:11-16)  und  sogar 
Lebewesen  aus  Gefahr  zu  befreien  (siehe  Lukas  14:5).  Er 
zeigte  auf,  daß  der  Schlüssel  zur  rechten  Sabbatheiligung 
wie  beim  Befolgen  anderer  Grundsätze  des  Evangeliums 
in  unserem  Herzen  zu  finden  ist.  Wenn  wir  den  Herrn 
lieben,  werden  wir  den  Sabbat  gar  nicht  in  irgendeiner 
Weise  entweihen  wollen. 

Aus  Liebe  zum  Herrn  begannen  die  Urchristen,  den 
Sabbat  am  „Tag  des  Herrn"  (Offenbarung  1:10)  zu  feiern, 
„am  ersten  Wochentag"  (Apostelgeschichte  20:7),  um  an 


das  größte  Ereignis  seit  der  Erschaffung  der  Welt  -  die 
Auferstehung  ihres  Schöpfers  -  zu  erinnern. 

Die  Heiligen  der  Letzten  Tage  sind  schon  häufig 
aufgefordert  worden,  dem  Herrn  ihre  Liebe  zu  erweisen, 
indem  sie  den  Sabbat  heilighalten.  1993  hat  die  Erste 
Präsidentschaft  beispielsweise  den  folgenden  Rat 
gegeben: 

„Wir  haben  das  Gefühl,  daß  viele  Heilige  der  Letzten 
Tage  in  der  Beachtung  des  Sabbats  etwas  lau  geworden 
sind.  Wir  sollten  am  Sabbat  nicht  einkaufen  und  uns 
auch  nicht  an  anderen  kommerziellen  und  sportlichen 
Aktivitäten  beteiligen,  mit  denen  der  Sabbat  heute  so 
häufig  entweiht  wird. 

Wir  fordern  alle  Heiligen  der  Letzten  Tage  auf,  diesen 
heiligen  Tag  aus  allen  weltlichen  Aktivitäten  herauszu- 
heben und  sich  zu  weihen,  indem  sie  den  Geist  der 
Gottesverehrung  und  Danksagung,  des  Dienens  und  der 
familienbezogenen  Aktivitäten  pflegen,  wie  sie  für  den 
Sabbat  angemessen  sind.  Wenn  die  Mitglieder  der  Kirche 
bestrebt  sind,  das,  was  sie  am  Sabbat  tun,  auf  die  Absicht 
und  den  Geist  des  Herrn  auszurichten,  wird  ihr  Leben  von 
Freude  und  Frieden  erfüllt  sein."  (Ensign,  Januar  1993,  80.) 

RICHTLINIEN  FÜR  DEN  SABBAT 

Die  Propheten  in  alter  und  neuer  Zeit  haben  nicht  in 
allen  Einzelheiten  gesagt,  was  wir  am  Sabbat  tun  müssen 
beziehungsweise  nicht  tun  dürfen,  aber  sie  haben  uns 
Schriftstellen  genannt,  die  als  allgemeine  Richtlinien 
fungieren.  Einige  davon  wollen  wir  hier  betrachten. 

Der  Prophet  Jesaja  hat  eine  der  deutlichsten  und  am 
besten  formulierten  Richtlinien  für  die  Heilighaltung  des 
Sabbats  gegeben:  „Wenn  du  am  Sabbat  nicht  aus  dem 
Haus  gehst  und  an  meinem  heiligen  Tag  keine  Geschäfte 
machst,  wenn  du  den  Sabbat  (den  Tag  der)  Wonne 
nennst,  einen  Ehrentag  den  heiligen  Tag  des  Herrn, 


DER      STERN 
18 


wenn  du  ihn  ehrst,  indem  du  keine  Gänge  machst,  keine 
Geschäfte  betreibst  und  keine  Verhandlungen  führst." 
(Jesaja  58:13.) 

Nehemia,  der  Gouverneur  der  persischen  Provinz 
Juda  im  fünften  Jahrhundert  v.Chr.  war  ein  geistig 
gesinnter  und  demütiger  Führer,  der  unerschrocken  für 
die  Israeliten  eine  Reform  in  Gang  setzte.  Unter  seiner 
Führung  gingen  die  Juden,  die  aus  dem  Exil  in  ihre 
Heimat  zurückgekehrt  waren,  einen  Bund  ein,  in  dem  sie 
Gott  Gehorsam  gelobten  und  sich  unter  anderem  zu 
folgendem  verpflichteten:  „Wenn  die  Völker  des  Landes 
Waren,  besonders  Getreide  jeder  Art,  am  Sabbat  zum 
Verkauf  anbieten,  werden  wir  ihnen  am  Sabbat  oder  an 
einem  anderen  heiligen  Tag  nichts  abnehmen." 
(Nehemia  10:32.) 

Als  manche  Händler  dann  doch  weiterhin  am  Sabbat 
ihren   Geschäften  nachgingen,   bewies   Nehemia 
ihnen,  daß  es  ihm  ernst  damit  war,  den  Tag 
des  Herrn  zu  ehren: 

„Da  machte  ich  den  Vornehmen  von 
Juda  Vorwürfe  und  sagte  zu  ihnen:  Wie 
könnt  ihr  eine  solche  Untat  begehen 
und  den  Sabbat  entweihen? 

Haben  das  nicht  schon  eure  Väter 
getan?  Dafür  ließ  unser  Gott  all  dieses 
Unheil  über  uns  und  diese  Stadt 
kommen.  Wollt  ihr  neuen  Zorn  über 
Israel  bringen,  indem  ihr  den  Sabbat 
entweiht? 

Ich   ließ    von    da    an   vor    dem 
Anbruch  des  Sabbats,  wenn  es  in 
den    Toren    Jerusalems     dunkel 
wurde,   die   Tore   schließen   und 
befahl,  sie  erst  nach  dem  Sabbat 
wieder  zu  öffnen.  Auch  stellte 
ich  einige  meiner  Leute  an  die 
Tore,  damit  am  Sabbattag  keine 
Lasten    hereingebracht   wurden." 
(Nehemia  13:17-19.) 

Ich   habe   vor   kurzem  von   einer 
Geschichte    aus    der    heutigen    Zeit 
erfahren,  die  so  ähnlich  ist  wie  die 
Begebenheit  aus  der  Zeit  des  Alten 
Testaments: 


Ein  Ehepaar,  Mitglieder  der  Kirche,  kaufte  ein 
Restaurant,  das  bisher  nicht  sehr  erfolgreich  gewesen  war. 
Sie  hatten  aber  einige  Veränderungen  vor,  um  den  Betrieb 
neu  zu  beleben.  Der  Sonntag  war  einer  der  Tage  gewesen, 
an  dem  das  Restaurant  immer  voll  gewesen  war,  und 
manche  ihrer  Bekannten  -  darunter  ein  guter  Freund,  der 
ihnen  Geld  geliehen  hatte,  damit  sie  das  Restaurant 
kaufen  konnten  -  rieten  ihnen  dringend,  das  Restaurant 
auch  am  Sonntag  offen  zu  halten.  Die  beiden  überlegten 
hin  und  her,  ob  sie  das  Restaurant  am  Sonntag  schließen 
sollten;  schließlich  widersprach  es  den  geschäftlichen 
Gepflogenheiten.  Aber  schließlich  entschieden  sie  sich  für 
den  sonntäglichen  Ruhetag;  sie  wollten  nach  ihrem 
Glauben  leben  und  dem  Herrn  vertrauen.  In  den  darauf- 
folgenden Monaten  gingen  die  Einnahmen  sofort  nach 
oben,  und  seitdem  ist  das  Geschäft  stetig  besser  geworden. 

Die  Erfahrung  dieser  beiden  sowie  die  Erfahrungen 
anderer  lehren  uns,  daß  der  Herr  diejenigen,  die  seine 
Gebote  befolgen,  belohnt.  So  wie  er  den  Israeliten  zur 
Zeit  des  Mose  verhieß,  sie  würden  am  Tag  vor  dem 
Sabbat  zweimal  soviel  Manna  auflesen  (siehe  Exodus 
16:29)    und    im    sechsten    Jahr    eine    reiche    Ernte 


r[Du  sollst]  dem 
Allerhöchsten  deine 
Gaben  und  deine 
heiligen  Handlungen 
darbringen  und 
nichts  anderes  tun  als 
mit  Herzenslauterkeit 
deine  Speise  bereiten, 

...  damit  deine 
Freude  vollständig  sei. 


CHRISTUS  MIT  MARIA  UND  MARIA,  GEMÄLDE  VON  DEL  PARSON 


einbringen,  so  daß  für  das  siebte  und  achte  Jahr  gesorgt 
war  (siehe  Levitikus  25:3-7,  20-22),  so  kann  er  in  einem 
Restaurant  der  heutigen  Zeit  dafür  sorgen,  daß  das 
Geschäft  am  Freitag  und  Samstag  so  gut  läuft,  daß  das, 
was  man  am  Sonntag  hätte  einnehmen  können,  auch 
hereinkommt  -  oder  sogar  noch  mehr. 

Wir  dürfen  natürlich  nicht  annehmen,  daß  wir 
immer  in  finanzieller  Hinsicht  gesegnet 
werden,  wenn  wir  den  Sabbat  ehren. 
Manchmal  müssen  wir  finanzielle 
Schwierigkeiten  durchmachen, 
auch  wenn 
wir  nac 
dem 


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Evangelium  leben.  Aber  wenn  wir  das  Gesetz  des  Sabbats 
befolgen,  segnet  der  Herr  uns  mit  dem,  was  er  für  uns  am 
besten  erachtet. 

SCHUTZ  VOR  DEM  BÖSEN 

In  unserer  Zeit  hat  der  Herr  uns  erklärt,  daß  wir,  wenn 
wir  den  Sabbat  heilighalten,  besser  vor  dem  Bösen  in  der 
Welt,  die  ja  in  geistiger  Hinsicht  immer  mehr  verfällt, 
geschützt  sind.  In  einer  Offenbarung  an  Joseph  Smith 
hat  der  Herr  das  vierte  Gebot  folgendermaßen  umformu- 
liert: „Und  damit  du  dich  selbst  noch  mehr  von  der  Welt 
unbefleckt  halten  mögest,  sollst  du  an  meinem  heiligen  Tag 
ins  Haus  des  Betens  gehen  und  deine  heiligen 
Handlungen  darbringen."  (LuB  59:9;  Hervorhebung 
hinzugefügt.) 

Hier  finden  wir  einen  inspirierten  Plan  für  Schutz 
vor  Unmoral,  Auflehnung,  der  Zerrüttung  der  Familie 
und  vor  anderen  geistigen  Gefahren,  die  uns  bedrohen: 
jeden  Sabbat  können  wir  das  Abendmahl  nehmen, 
und  dazu  gehört,  daß  wir  regelmäßig  Umkehr  üben 
und  geloben,  uns  rein  und  „von  der  Welt  unbefleckt" 
zu  halten. 


Der  Herr  fährt  fort:  „Denn  wahrlich,  das  ist  der  Tag, 
der  bestimmt  ist,  daß  ihr  von  eurer  Arbeit  ruht  und  daß 
du  dem  Allerhöchsten  deine  Ergebenheit  erweisest." 
(LuB  59:10.)  Wenn  wir  den  Sabbat  dazu  nutzen,  den 
Herrn  aufrichtig  zu  verehren,  wenn  wir  uns  und  unsere 
Kraft  dem  Dienst  an  Gott  und  unseren  Mitmenschen 
weihen,  bewahren  wir  uns  vor  dem  Bösen  um  uns  herum. 
„Denke  daran:  An  diesem  Tag,  am  Tag  des  Herrn, 
sollst  du  dem  Allerhöchsten  deine  Gaben  und  deine 
heiligen  Handlungen  darbringen  und  deinen  Brüdern 
sowie  vor  dem  Herrn  deine  Sünden  bekennen."  (LuB 
59:12.)  Die  Gaben,  die  wir  dem  Herrn  darbringen 
können,  sind  unsere  Zeit,  unsere  Talente,  unsere 
Habe  -  für  Gott  und  unsere  Mitmenschen  genutzt.  Aus 
diesem  Schriftvers  geht  hervor,  daß  wir  uns  nicht  nur 
schützen,  indem  wir  alles,  was  wir  haben,  dem  Dienst 
des  Herrn  weihen,  sondern  auch  indem  wir  ihm,  denen, 
die  wir  beleidigt  haben,  und,  wo  dies  angemessen  ist, 
auch  den  dazu  bestimmten  Dienern  des  Herrn,  unsere 
Sünden  bekennen. 

Der  Herr  definiert  weiter,  was  an  seinem  heiligen  Tag 
annehmbar  ist:  „Und  an  diesem  Tag  sollst  du  nichts 
anderes  tun  als  mit  Herzenslauterkeit  deine  Speise 
bereiten,  .  .  .  damit  deine  Freude  vollständig  sei."  (LuB 
59:13.)  Hier  haben  wir  ein  konkretes  Beispiel  dafür,  wie 
wir  diesen  Tag  heilighalten  können:  wir  sollen  unsere 
Essenszubereitung  einfach  halten,  damit  wir  Gott 
verehren  können,  statt  uns  um  unsere  physische 
Befriedigung  zu  kümmern. 

Aber  es  gilt  noch  mehr  zu  bedenken.  Eider  Mark  E. 
Petersen  vom  Kollegium  der  Zwölf  hat  einmal  die 
Bedeutung  des  Gebots  erklärt:  „An  diesem  Tag  sollst  du 
nichts  anderes  tun." 

„Wenn  wir  am  Sonntag  nichts  anderes  tun  sollen,  als 

den  Tag  heiligen  Zwecken  zu  weihen,  wie  steht  es  dann 

um  uns,  wenn  wir  uns  dafür  entscheiden,  am  Sonntag 

unseren  Geschäften  nachzugehen,  oder  wenn  wir 

am   Sonntag   einkaufen   gehen   oder   wenn 

wir    am    Sonntag    Vergnügungsstätten 

aufsuchen? 

Wir  wissen,  daß  es  Menschen  gibt, 
die  in  bestimmten  wesentlichen 
Dienstleistungsbereichen  arbeiten, 
zum  Beispiel  im  Krankenhaus  und  in 


„D 


„—er  Sabbat  ist  ein 
heiliger  Tag,  an  dem 
man  sich  entspre- 
chend heilig  beschäf- 
tigen soll." 


anderen  Einrichtungen,  die  24  Stunden  am  Tag  in  Betrieb 
sind,  und  die  daran  nichts  ändern  können.  Von  ihnen  ist 
nicht  die  Rede.  Aber  die  meisten  Menschen  haben  keinen 
solchen  Beruf  und  können  sich  ihre  Zeit  einteilen. 

Würden  sie  am  Sonntag  lieber  Ski  fahren  oder 
schwimmen  oder  ins  Kino  gehen  oder  ihren  Geschäften 
nachgehen,  statt  in  die  Kirche  zu  gehen?  Wenn  die 
Antwort  ja  lautet,  sollten  sie  sich  fragen,  ob  sie  wirklich 
schon  so  weit  vom  Glauben  abgekommen  sind  und 
ein  anderes  Evangelium  angenommen  haben  -  ein 
Evangelium  des  Sonntagsvergnügens  und  der  sonntägli- 
chen Geschäfte.   .  .  . 

Die  Art,  wie  wir  den  Sabbat  verbringen,  ist  ein  Zeichen 
für  unsere  innere  Einstellung  gegenüber  [Gott] .... 

Die  Art,  wie  wir  den  Sabbat  begehen,  ist  ein  Anzeichen 
dafür,  wie  tief  unsere  Bekehrung  geht."  (Ensign,  Mai  1975, 
49;  Hervorhebung  hinzugefügt.) 

Eider  Spencer  W.  Kimball  vom  Kollegium  der  Zwölf 
hat  zur  rechten  Sabbatheiligung  die  folgenden 
Vorschläge  geäußert: 

„Der  Sabbat  ist  ein  heiliger  Tag,  an  dem  man  sich 
entsprechend  heilig  beschäftigen  soll.  Sich  von  Arbeit  und 
Vergnügungen  fernzuhalten  ist  wichtig,  aber  nicht  genug. 
Der  Sabbat  verlangt  konstruktives  Denken  und  Handeln, 
und  wenn  jemand  an  dem  Tag  nur  faulenzt  und  nichts  tut, 
so  begeht  er  eine  Übertretung.  Wer  den  Sabbat  hält,  wird 
zum  Beten  niederknien,  einen  Unterricht  vorbereiten,  das 
Evangelium  studieren,  Kranke  und  Betrübte  besuchen, 
schlafen,  wertvolle  Lektüre  lesen  und  alle  Versammlungen 
besuchen,  zu  denen  er  erwartet  wird.  Wenn  man  das,  was 
recht  ist,  nicht  tut,  übertritt  man  durch  Unterlassung." 
(The  Miracle  of  Forgiveness,  1969,  96f.) 

Eider  L.  Tom  Perry  vom  Kollegium  der  Zwölf  hat  die 
Meinung  geäußert,  daß  selbst  die  Art,  wie  wir  uns 
kleiden,  einen  Einfluß  auf  unsere  Einstellung  und  unsere 
Neigungen  am  Tag  des  Herrn  hat:  „Ich  frage  mich  häufig, 
was  aus  der  guten  alten  Sonntagskleidung  geworden  ist. 
Wenn  man  sich  so  kleidet  wie  alle  Tage,  paßt  sich 
anscheinend  auch  das  Verhalten  der  Kleidung  an. 

Natürlich  erwarten  wir  von  unseren  Kindern  nicht, 
daß  sie  den  ganzen  Tag  ihre  Kirchenkleidung  tragen,  aber 
wir  erwarten  auch  nicht,  daß  sie  etwas  anziehen,  was 
dem  Sabbat  nicht  angemessen  ist."  (Ensign,  November 
1984,  19.) 


CHRISTUS  ERWECKT  DIE  TOCHTER  DES  JAIRUS  VON  DEN  TOTEN,  GEMÄLDE  VON  GREG  K.  OLSEN 

EINE  QUELLE  DER  SEGNUNGEN 

Denen,  die  den  Sabbat  einen  Tag  der  Wonne  nennen 
und  ihn  zum  heiligen  Tag  erklären,  sind  große 
Segnungen  verheißen:  „Und  wenn  ihr  dies  mit 
Danksagung  tut,  mit  fröhlichem  Herzen  und  Angesicht 
...  so  gehört  euch  die  Fülle  der  Erde  .  .  .  und  alles 
Gute,  was  aus  der  Erde  kommt."  (LuB  59:15-17.) 

Manchmal  treten  die  Segnungen  nicht  sofort  ein;  es 
kann  uns  sogar  große  Opfer  abverlangen,  wenn  wir  zu 
unserem  Glauben  stehen.  Aber  dafür,  daß  wir  den 
Sabbat  so  verbringen,  wie  es  dem  Geist  dieses  Tages 
entspricht,  sind  uns  Freude  und  Frieden  verheißen  und 
daß  sich  für  uns  alles  zum  Guten  auswirkt  (siehe  LuB 
98:3). 

Vor  mehreren  Jahren  schrieb  mir  eine  Studentin,  die 
am  Jerusalem-Center  der  Brigham  Young  University 
studiert  hatte,  kurz  nach  ihrer  Rückkehr  in  die 
Vereinigten  Staaten.  Sie  berichtete  von  einer  großen 
Herausforderung  in  bezug  auf  die  Sonntagsarbeit:  „Mit 
das  Schwerste  war,  daß  ich  meinem  Chef  sagen  mußte, 
daß  ich  nicht  mehr  sonntags  für  ihn  arbeiten  konnte. 
Die  letzten  beiden  Sommer  hatte  es  mir  nichts  ausge- 
macht, sonntags  zu  arbeiten,  aber  aufgrund  der  Einsicht, 
die  ich  seitdem  gewonnen  habe,  könnte  ich  das  jetzt 
nicht  mehr  rechtfertigen." 

Ihre  Bewunderung  für  ihren  Chef  machte  es  ihr 
schwer,  es  ihm  zu  sagen.  „Ich  glaube,  ich  wollte  es  ihm 
deshalb  nicht  sagen,  weil  er  zu  mir  so  gut  gewesen  ist.  Ich 
konnte  mich  immer  darauf  verlassen,  daß  ich  dort  einen 
Job  hatte." 

Sie  brauchte  drei  Tage,  darunter  einen  Fasttag,  um 
den  Mut  aufzubringen.  „Ich  wollte  bloß,  daß  er  meine 
Einstellung  verstand.  Ich  nahm  eine  geschnitzte  Figur 
aus  Olbaumholz  als  Friedensangebot  mit  -  für  alle  Fälle. 
Natürlich  drehte  das  Gespräch  sich  um  Jerusalem  und 


DER      STERN 

22 


um  alles,  was  ich  in  Israel  gemacht  hatte.  Ich  versuchte, 
ihn  darauf  vorzubereiten,  warum  ich  sonntags  nicht 
mehr  arbeiten  konnte. 

Wir  kamen  schließlich  auf  meine  Arbeit  zu  sprechen. 
Meine  Nerven  hielten  nicht  durch,  und  meine  Stimme 
zitterte  ein  bißchen,  aber  schließlich  konnte  ich  über 
meine  Gefühle  sprechen.  Der  Geist  muß  mit  mir  gewesen 
sein,  denn  er  hatte  Tränen  in  den  Augen,  und  auch  ihm 
fiel  das  Sprechen  schwer.  Er  erklärte  mir,  er  respektiere 
meine  Entscheidung  und  sei  froh,  daß  ich  zu  meinem 
Glauben  stände. 

Er  erklärte  mir  auch,  seine  Glaubens  vor  Stellungen 
seien  etwas  anders  und  er  müsse  gerecht  sein  und  alle 
seine  Angestellten  gleich  behandeln.  Er  sagte  nicht 
eindeutig,  daß  ich  nicht  mehr  für  ihn  arbeiten  konnte, 
aber  wir  wußten  es  beide.  Ich  hatte  ein  Gefühl,  als  sei  mir 
eine  schwere  Laste  von  den  Schultern  genommen 
worden.  Ich  habe  jetzt  keine  Arbeit,  aber  das  ist  in 
Ordnung;  irgend  etwas  wird  sich  schon  finden." 

DER  SABBAT  UNSERER  ZUKUNFT  -  HEUTE 

Zur  Vorbereitung  auf  das  Millennium  können  die 
Heiligen  der  Letzten  Tage  schon  jetzt  daraufhinarbeiten, 
daß  sie  ein  Volk  werden,  das  im  Herzen  rein  ist  und  den 
Willen  Gottes  tut.  Ein  solches  Volk  beachtet  den 
Sabbattag,  das  es  ihn  heilighält  (siehe  LuB  68:29).  Wie 
wird  der  Sabbat  im  Zion  des  Millenniums  aussehen? 

Aus  dem,  was  geschrieben  steht,  geht  hervor,  daß  es 
am  Tag  des  Herrn  keine  körperliche  Arbeit  geben  wird, 
keine  Einkäufe,  keine  offenen  Geschäfte  und  keine 
Sportveranstaltungen  oder  andere  Vergnügungen.  Wir 
erwarten  auch,  daß  die  Menschen  in  Zion  sich  am  Abend 
vorher  nicht  überarbeiten  oder  so  lange  aufbleiben,  daß 
sie  am  Sabbat  völlig  erschöpft  sind. 

Vielmehr  werden  diese  Heiligen  ihre  Versammlungen 
in  der  Kirche  besuchen,  allein  und  mit  ihrer  Familie 
die  heiligen  Schriften  studieren  und  darüber  nach- 
sinnen und  andere  aufbauende  Literatur  lesen.  Wir 
würden  wahrscheinlich  sehen,  daß  sie  an  ihrer 
Lebensgeschichte  und  an  ihrer  Familiengeschichte 
schreiben,  daß  sie  andere  aufbauen,  die  Kranken  besu- 
chen, sich  mit  Genealogie  und  Missionsarbeit  beschäf- 
tigen, singen  und  sich  inspirierende  Musik  anhören  und 
noch  vieles  mehr  tun,  so  wie  der  Geist  des  Herrn  es 


ihnen  eingibt.  Indem  sie  den  Sabbat  heilighalten  und 
den  Herrn  des  Sabbat  ehren,  werden  sie  gewiß  mit  dem 
Frieden  und  der  Freude,  die  er  verheißen  hat,  gesegnet. 
Erscheint  Ihnen  das  wie  ein  schönes  Bild  des  Sabbat? 
Das  Erstaunliche  daran  ist,  daß  wir  es  nicht  erst  im 
Millennium  zu  erleben  brauchen.  Wenn  wir  es  wollen, 
kann  es  für  uns  schon  am  kommenden  Sonntag 
Wirklichkeit  werden  -  und  wir  werden  die  Segnungen 
für  den  Gehorsam  sofort  erhalten.  D 


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WACHSAM 

SEIN  GEGENÜBER 


GEWALTTÄTIGKEIT 


Harold  Oaks 


treit  und  besonders  Gewalttätigkeit  ist  nicht 
die  Art,  wie  wir  mit  unseren  Problemen 
fertig  werden  (siehe  3  Nephi  11:29,30).  Leider 
vermitteln  Fernsehen,  Videos,  Kinofilme  und 
Videospiele  etwas  anderes.  Sogar  Cartoons  und  viele 
Kinderprogramme  stellen  Gewalt  als  etwas  Lustiges 
dar.  Sie  tun  so,  als  würde  niemand  verletzt  und  als 
könne  jede  Meinungsverschiedenheit  mit  einem 
Karatetritt  oder  einer  Waffe  beigelegt  werden. 

Tausende  von  Studien  aus  den  vergangenen  vier 
Jahrzehnten  belegen,  daß  es  zwischen  dem,  was  auf 
dem  Bildschirm  geschieht,  und  dem,  was  im  Leben 
derer  geschieht,  die  Gewaltprogramme  ansehen,  einen 
direkten  Zusammenhang  gibt.  Vor  allen  die  Kinder 
werden  aggressiver,  da  sie  lernen,  ihrem  Ärger  Luft  zu 
machen,  um  ihre  Probleme  zu  lösen.  Die  Menschen 
werden  ganz  allgemein  unempfindlicher,  was  die  ganz 
realen  Schmerzen  betrifft,  die  Gewalttätigkeit  verur- 
sacht. Gewalttätigkeit  kann  auch  süchtig  machen,  so 
daß  man  immer  mehr  Gewalt  sehen  will  und  sich 
selbst  immer  brutaler  verhält. 

Da  die  Welt,  in  der  wir  leben,  immer  gewalttätiger 
wird,  müssen  wir  uns  und  unsere  Lieben  vor  dem 
verderblichen  Einfluß  der  Gewalt  in  den  Medien 
schützen.  D 


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HIER  IST  EINIGES 
AUFGEFÜHRT,  WAS 
WIR  TUN  KÖNNEN 


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Machen  Sie  sich  bewußt,  daß 
Gewalt  Leid  verursacht 
Gewalttätigheit  ist  nichts, 
worüber  man  lachen  kann. 


(^)     Untersuchen  Sie  die  Folgen 
^  gewalttätiger  Handlungen  -  den 
Schaden,  den  sowohl  das  Opfer 
als  auch  der  Angreifer  erleiden. 

%g)  Nehmen  Sie  sich  solche 
Menschen  zum  Vorbild,  die 
Selbstbeherrschung,  Geduld, 
Toleranz  und  gesunden 
Menschenverstand  mitbringen 
(siehe  Sprichwörter  15:1,18; 
1  Korinther  13:4,5). 

Qg>  Überwachen  Sie,  was  bei  Ihnen 
zu  Hause  an  Medien  konsumiert 
wird.  Die  Eltern  sollten  beispiel- 
sweise anschauen,  was  ihre 
Kinder  anschauen  und  dann  über 
alle  Gewalt,  die  vorkommt, 
sprechen.  Dazu  zählt  auch 
Gewalt  in  den  Nachrichten. 

£$A  Überlegen  Sie,  wie  man  Probleme 
anders  lösen  kann.  Fragen  Sie 
beispielsweise,  während  Sie  mit 
einem  Kind  fernsehen:  „Wie  hätte 
diese  Person  das  Problem  auch 
anders  lösen  können?" 

§^   Befolgen  Sie  den  Rat  des 
Propheten,  nicht  jugendfreie 
Filme  und  anderes,  was 
unpassend  ist,  nicht  anzusehen. 


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VON  FREUND  ZU  FREUND 


ELDER  DALLI  N  H.  OAKS 

vom  Kollegium  der  Zwölf  Apostel 

Nach  einem  Interview,  das  Rebecca  M.  Taylor  geführt  hat 


An  einem  Winterabend,  als 
ich  etwa  fünf,  sechs  Jahre 
alt  war,  nahm  mein  Vater 
mich  mit  in  die  Stadt.  Es  war 
während  der  Weltwirtschaftskrise, 
als  es  nur  wenig  Arbeit  gab  und 
viele  Menschen  arm  waren.  Mein 
Vater  und  ich  sahen  uns  die 
Schaufenster  an,  während  wir  durch 
die  Stadt  gingen,  und  bald  standen 
wir  vor  einem  Geschäft  mit 
Sportartikeln.  Im  Schaufenster 
waren  lauter  wundervolle  Dinge  wie 
zum  Beispiel  Angelköder  und 
Taschenmesser  ausgestellt. 

Ein  schäbig  gekleideter  Junge 
stand  in  unserer  Nähe  und  sah 
sehnsüchtig  ins  Schaufenster.  Ich 
achtete  nicht  sehr  auf  ihn,  aber  mein 
Vater  ging  zu  ihm  hin  und  sprach 
kurz  mit  ihm,  dann  legte  er  ihm  die 
Hand  auf  die  Schulter  führte  ihn  in 
den  Laden.  Ich  sah  zu,  wie  der  Junge 
sich  ein  Taschenmesser  aussuchte 
und  mein  Vater  bezahlte. 

Ich  habe  an  dem  Tag  kein 
Taschenmesser  bekommen,  aber  ich 
habe  etwas  gelernt.  Als  mein  Vater 


Eider  Oaks  und  seine  Frau 


und  ich  weitergingen,  sagte  er: 
„Du  hast  mich.  Er  hat  niemanden." 
Später  wurde  mir  bewußt,  wie 
großzügig  mein  Vater  war  und  wie 
sehr  er  mit  anderen  Menschen 
mitfühlte. 


Als  ich  fast  acht  Jahre  alt  war, 
starb  mein  Vater,  der  Arzt  war,  an 
einer  Krankheit,  die  er  sich  von  einem 
seiner  Patienten  zugezogen  hatte.  Ein 
paar  Monate  daraufließ  meine 
Mutter  meinen  kleinen  Bruder  und 
meine  kleine  Schwester  und  mich  in 
der  Obhut  ihrer  Eltern  zurück  und 
ging  fort,  um  an  einer  Universität  zu 
studieren,  damit  sie  genug  Geld  für 
unseren  Lebensunterhalt  verdienen 


1 .  Etwa  3  Jahre  alt,  mit  seinem 
Vater.   2.  Mit  6  Jahren  beim 
Geigenspiel.  3.  Mit  1 2  Jahren 
mit  seiner  Schwester,  seiner 
Mutter  und  seinem  Bruder. 


konnte.  Aber  die  Belastung  durch 
den  Tod  ihres  Mannes  und  der 
Kummer  darüber,  daß  sie  nicht  bei 
ihren  Kindern  sein  konnte,  machten 
sie  so  schwer  krank,  daß  sie  von 
einer  Krankenschwester  gepflegt 
werden  mußte.  Ich  sah  sie  viele 
Monate  nicht. 

Ich  hatte  meinen  Vater  verloren, 
und  eine  Zeitlang  hatte  ich  auch 
meine  Mutter  verloren.  Ich  war  sehr 
unglücklich  und  war  in  der  Schule 
ziemlich  schlecht.  Ich  lernte  keine 
Schreibschrift,  und  bis  heute  kann 
ich  nur  meine  Unterschrift  in 
Schreibschrift  hinbekommen.  Ich 
konnte  keine  Rechtschreibung,  und 
in  Mathematik  war  ich  noch 
schlechter.  Meine  Lehrerin  ließ  die 
Klasse  die  Rechenblätter  immer 
nach  vorn  weiterreichen,  damit  wir 
uns  gegenseitig  korrigieren  konnten. 
Wir  mußten  dann  laut  unsere 
Fehlerzahl  sagen.  Von  20  Aufgaben 
hatte  ich  meistens  15  oder  16 
falsch.  Ich  hielt  mich  für  den 
dümmsten  Jungen  in  der  Klasse.  Ich 
weiß  noch,  wie  meine 
Klassenkameraden  mich  einmal  mit 
Schneebällen  bewarfen  und  mich 
einen  Dummkopf  nannten. 

Mutter  ging  es  irgendwann  besser, 
und  als  sie  sich  wieder  um  uns 
kümmern  konnte,  zogen  wir  nach 
Vernal  in  Utah,  wo  Pearl  Shaffer  in 
der  fünften  Klasse  meine  Lehrerin 
wurde.  Was  sie  für  mich  getan  hat, 
kann  ich  nie  wieder  gutmachen.  Sie 
glaubte  an  mich,  und  so  lernte  ich 
auch,  an  mich  zu  glauben.  Sie  half 


KINDERSTERN 

2 


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ILLUSTRATION  VON  ROBERT  T.  BARRETT 


mir  zu  lernen.  Bis  ich  mit  der  fünften 
Klasse  fertig  war,  konnte  ich  schon 
mit  den  besten  Schülern  wetteifern. 
Manchmal  macht  das  Leben  uns 
allen  schwer  zu  schaffen.  Aber  nur 
weil  ihr  gerade  niedergeschlagen 
seid,  müßt  ihr  nicht  meinen,  es 
bliebe  euer  Leben  lang  so.  Steht  auf, 
schüttelt  den  Staub  ab,  und  macht 
weiter.  Viele  junge  Leute  sind  mal 
entmutigt.  Sie  haben  das  Gefühl,  sie 
seien  nicht  besonders  gut  oder  sie 
müßten  so  gut  wie  ihre  Schwester 
oder  ihr  Bruder  oder  ihre  Freunde 
sein.  Aber  wir  wissen  aus  den 
heiligen  Schriften,  daß  jeder  seine 
Gaben  hat;  wir  müssen  nur  heraus- 
finden, welche  Gaben  wir  haben, 
und  sie  entfalten.  Jeder  hat  einiges, 
was  er  gut  kann,  und  einige  heraus- 
ragende  Eigenschaften.  Es  ist  so  herr- 
lich, daß  die  Schöpfungen  Gottes  so 
vielfältig  sind.  Niemand  ist  genauso 


wie  irgend  jemand  anders.  Ihr  müßt 
wissen,  daß  ihr  ein  Kind  Gottes  seid 
und  daß  er  euch  liebt.  Auch  wenn 
ihr  meint,  niemand  hätte  euch  lieb, 
liebt  Gott  euch  doch. 


Als  ich  12  war,  bat  der  Bischof 
mich,  ihm  zu  helfen,  den  Witwen 
der  Gemeinde  Weihnachtskörbe  zu 
bringen.  An  dem  Tag  schneite  es. 
Die  Körbe  enthielten  Grapefruit  und 
Orangen.  Es  war  während  des 
Zweiten  Weltkriegs,  als  Grapefruit 
und  Orangen  selten  waren,  deshalb 
waren  sie  etwas  ganz  Besonderes. 
Der  Bischof  wartete  im  Auto, 
während  ich  den  Korb  zur  Tür 
brachte  und  sagte:  „Der  Bischof  hat 
mich  gebeten,  Ihnen  diesen  Korb  zu 
bringen.  Es  ist  ein  Weihnachtskorb 
von  der  Gemeinde." 

Bald  hatten  wir  alle  Körbe  abge- 
geben, bis  auf  einen.  Der  Bischof 


brachte  mich  nach  Hause,  und  ehe 
ich  aus  dem  Auto  stieg,  gab  er  mir 
den  letzten  Korb  und  sagte:  „Der  ist 
für  deine  Mutter."  Dann  fuhr  er  fort. 

Ich  stand  mit  dem  Korb  in  der 
Hand  vor  dem  Haus  und  dachte 
nach.  Wir  hatten  den  Witwen  die 
Körbe  gebracht,  und  ich  hatte  bisher 
noch  nie  darüber  nachgedacht,  daß 
meine  Mutter  Witwe  war.  Ich  hatte 
nie  gehört,  wie  sie  sich  als  Witwe 
bezeichnet  hatte.  Das  war  das  erste 
Mal,  daß  mir  klar  wurde,  daß  jemand 
anders  sie  als  Witwe  betrachtete. 

Mir  wurde  bewußt,  daß  Mutter 
ihr  Leben  voll  Glauben  lebte.  Sie 
hatte  uns  gelehrt,  daß  wir  einen 
Vater  hatten  und  daß  sie  einen 
Mann  hatte  und  daß  wir  immer  eine 
Familie  blieben,  weil  sie  und  mein 
Vater  im  Tempel  geheiratet  hatten. 
Ich  wußte,  daß  andere  Kinder  einen 
Vater  hatten,  der  mit  ihnen  jagen 
und  fischen  ging,  und  es  machte 
mich  traurig,  daß  ich  keinen  Vater 
hatte,  der  das  mit  mir  machte.  Aber 
es  war  Krieg,  und  ich  hatte  mir  als 
Junge  immer  vorgestellt,  daß  mein 
Vater  fort  war,  weil  der  Herr  ihn 
dazu  berufen  hatte,  eine  andere 
Arbeit  zu  tun.  Es  tat  weh,  daß  er 
nicht  da  war,  aber  ich  wußte,  daß 
wir  eines  Tages  wieder  zusammen 
sein  konnten.  Seitdem  ist  mein 
Zeugnis  davon,  wie  wichtig  die 
Tempelehe  ist,  stark  geworden.  Ich 
bin  so  dankbar  für  die  Tempelehe 
und  für  die  Segnungen,  die  damit 
verbunden  sind,  wenn  man  als  ewige 
Familie  gesiegelt  ist!  D 


MAI      199 

3 


DAS  MITEINANDER 


Er  spricht  mit  mir 


Sydney  Reynolds 


„Ich  verglich  alle  Schriften  mit  uns,  damit  wir  davon 
Nutzen  hätten  und  lernen  könnten."  (1  Nephi  19:23.) 

Wißt  ihr,  was  eine  Menschenmenge  ist?  Das 
sind  ganz  viele  Menschen.  Als  Jesus  Christus 
die  Menschen  in  Judäa  lehrte,  folgte  ihm 
eine  große  Menschenmenge,  weil  sie  alle  hörten 
wollten,  was  er  sagte.  Am  See  von  Galiläa  lehrte  er  eine 
Menschenmenge.  Auch  auf  dem  Berg  lehrte  er  eine 
Menschenmenge.  Auch  in  Jerusalem.  Aber  der  Erretter 
wollte,  daß  jeder  einzelne  in  der  Menschenmenge 
zuhörte,  glaubte  und  beschloß,  ihm  nachzufolgen. 

Mose  lehrte  eine  Menschenmenge  die  Zehn  Gebote. 
Er  erklärte  ihnen:  „Darum  sollst  du  den  Herrn,  deinen 
Gott,  lieben  mit  ganzem  Herzen,  mit  ganzer  Seele  und 
mit  ganzer  Kraft."  (Deuteronomium  6:5.)  Er  sprach 
zwar  zu  vielen  Menschen,  aber  er  wollte,  daß  jeder  das 
tat,  was  er  sagte.  Und  er  wollte,  daß  auch  ihre 
Nachkommen  davon  wußten. 

Nephi  las  aus  den  heiligen  Schriften  vor.  Er  sagte:  „Ich 
verglich  alle  Schriften  mit  uns,  damit  wir  davon  Nutzen 
hätten  und  lernen  könnten."  (1  Nephi  19:23.)  Wenn  wir 
die  heiligen  Schriften  mit  uns  vergleichen,  heißt  das,  daß 
wir  uns  anschauen,  inwiefern  unser  Leben  ähnlich  ist  wie 
das  Leben  der  Menschen,  von  denen  wir  da  lesen.  Wenn 
der  Herr  diesen  Menschen  etwas  sagt,  wissen  wir,  daß  er 
es  auch  uns  sagt.  Wir  lernen  aus  den  heiligen  Schriften, 
wie  glücklich  wir  sein  können  und  welchen  inneren 
Frieden  wir  spüren  können,  wenn  wir  die  Gebote  halten. 
Wir  sehen  auch,  welchen  Kummer  es  mit  sich  bringt, 
wenn  die  Menschen  die  Gebote  übertreten. 

Die  Bergpredigt  des  Erretters  ist  auch  für  euch 
bestimmt!  Ihr  seid  glücklich  und  gesegnet,  wenn  ihr 
demütig  und  barmherzig  seid  (siehe  Matthäus  5:5,7). 
Auch  die  Predigt,  die  König  Benjamin  auf  dem  Turm 
gehalten  hat,  ist  an  euch  gerichtet!  Auch  ihr  könnt  eine 
mächtige  Wandlung  im  Herzen  spüren  (siehe  Mosia  5:2). 
Das  Wort  der  Weisheit  (siehe  LuB  89)  wird  euch  helfen, 
Gesundheit  und  große  Schätze  der  Erkenntnis  zu  finden. 

Wenn  die  Propheten  heute  sprechen,  ist  das,  was  sie 
sagen,  auch  für  euch  bestimmt,  ebenso  für  diejenigen, 


die  nach  euch  kommen.  Und  wenn  ihr  die  heiligen 
Schriften  mit  euch  vergleicht  und  auf  den  Geist  hört, 
könnt  ihr  hören,  wie  der  Herr  zu  euch  spricht. 

Anleitung 

Nimm  die  Seite  5  aus  der  Zeitschrift  heraus,  und 
kleb  sie  auf  festes  Papier.  Kleb  in  das  Oval  in  der  Mitte 
ein  Foto  von  dir,  einen  Spiegel  oder  ein  Bild,  das  du  von 
dir  gezeichnet  hast.  Schneide  den  unteren  Rand  an  der 
durchgehenden  schwarzen  Linie  entlang  ab.  Schneide 
jedes  Kästchen  in  dem  Streifen  aus;  kleb  es  dann  in  das 
passende  Kästchen.  Mal  die  Bilder  an,  und  häng  das 
Poster  irgendwo  auf,  wo  es  dich  daran  erinnert,  die 
heiligen  Schriften  mit  dir  zu  vergleichen. 

Anregungen  für  das  Miteinander 

1.  Schreiben  Sie  auf  große  Karten  in  Druckbuchstaben 
den  ersten  Teil  jeder  Seligpreisung  (siehe  Matthäus  5  und 
3  Nephi  12),  zum  Beispiel  „Selig,  die  keine  Gewalt 
anwenden".  Mischen  Sie  die  Karten,  und  legen  Sie  sie  mit 
der  Beschriftung  nach  unten  in  Reihen.  Lassen  Sie  die 
Kinder  eins  nach  dem  anderen  nach  vom  kommen  und  zwei 
Karten  aufdecken.  Wenn  sie  zusammenpassen,  befestigen  Sie 
sie  an  einem  Poster  und  lassen  die  Kinder  die  Schriftstelle 
aufsagen.  Wenn  die  Karten  nicht  zusammenpassen,  werden 
sie  wieder  umgedreht.  Fahren  Sie  so  fort,  bis  alle 
Seligpreisungen  an  dem  Poster  befestigt  sind. 

2.  Das  Wort  der  Weisheit  (siehe  LuB  89)  wurde  den 
Heiligen  1833  gegeben,  als  nur  wenige  Menschen  meinten, 
dieser  Rat  sei  wichtig.  Jetzt  bestätigen  viele  Wissenschaftler, 
wie  weise  diese  Ratschläge  sind,  und  wir  wissen,  daß  wir 
gesegnet  werden,  wenn  wir  auf  den  Herrn  hören.  Fertigen 
Sie  drei  Wortstreifen  an:  OßST,  GEMÜSE,  Getreide. 
Befestigen  Sie  einen  Wortstreifen  an  einem  Poster;  geben 
Sie  den  Kindern  eine  Minute  Zeit,  aufzuschreiben,  was  zu 
dieser  Kategorie  gehört  und  gut  für  ihren  Körper  ist; 
besprechen  Sie  dann  die  Liste.  Wiederholen  Sie  dies  mit 
den  beiden  übrigen  Kategorien.  Für  kleinere  Kinder 
können  Sie  Abbildungen  aus  Zeitschriften  verwenden,  mit 
denen  sie  Kollagen  von  guten  und  schlechten 
Entscheidungen  anfertigen.  □ 


KINDERSTERN 

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ILLUSTRATION  VON  TADD  R.  PETERSON 


Mose  verkündet 
den  Israeliten  die 
Zehn  Gebote 

Exodus  20:3-17 


Joseph  Smith 
lehrt  das  Wort 
der  Weisheit 

LuB  89 


Jesus  hält  die 
Bergpredigt 

Matthäus  5-7 

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König  Benjamin 
hält  seine  Predigt 

Mosia  2-5 

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ERZAHLUNG 


Tami  Cobbs 
Schwester 


KINDERSTERN 

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Tritt  auf  rot,  dann  liebst  du  Tami  Cobb", 
flüsterte  Travis,  während  wir  uns  in  einer 
Reihe  aufstellten  und  hinter  unserer  Lehrerin 
her  zur  Cafeteria  gingen.  Fünfundzwanzig  Paar  Schuhe, 
darunter  auch  meine  Sandalen,  gingen  im  Zickzack  und 
waren  sehr  darauf  bedacht,  nicht  auf  die  roten  Fliesen 
zu  treffen. 

Frau  Simon  blieb  stehen  und  sah  uns  an.  „Wo  ist 
denn  meine  schöne  gerade  Reihe?"  fragte  sie  und 
lächelte  gar  nicht. 

Wir  stellten  uns  in  eine  gerade  Reihe.  Alle  bis  auf 
Tami,  die  sich  abwandte  und  den  Kopf  senkte.  Ich  konnte 
nur  ihre  roten  Haare  sehen.  Zweifellos  hatte  sie  wieder 
diesen  gemeinen  Ausdruck  in  ihrem  sommersprossigen 
Gesicht  -  den  gemeinen  Ausdruck,  den  sie  immer  hatte. 
Ich  strich  mir  die  roten  Haare  hinter  die  Ohren  und  war 
froh,  daß  sie  nicht  so  leuchteten  wie  Tamis  Haare  -  und 
daß  meine  Sommersprossen  nicht  so  dunkel  waren.  Frau 
Simon  drehte  sich  wieder  um,  und  wir  gingen  weiter  zur 
Cafeteria.  Die  Schuhe  übersprangen  die  roten  Fliesen 
immer  noch,  aber  nicht  mehr  so  laut. 

„Du  bist  doch  Tami  Cobbs  Zwillingsschwester",  sagte 
Zachary  beim  Mittagessen  zu  mir. 

Tami  sah  mich  an,  sie  kaute  an  der  Ecke  ihres 
Butterbrots.  Ihre  dunklen  Augen  blickten  ängstlich  - 
und  hoffnungsvoll. 

„Bin  ich  nicht!"  protestierte  ich. 

Tami  blickte  wieder  auf  ihr  zerknülltes 
Butterbrotpapier.  Ich  hatte  kein  gutes  Gefühl,  aber  es 
war  ja  nicht  meine  Schuld.  Wenn  sie  sich  wenigstens 
mal  ordentlich  benommen  hätte,  statt  immer  solche 
Grimassen  zu  schneiden,  dann  hätten  auch  nicht  alle 
immer  so  auf  ihr  herumgehackt! 

In  der  Pause  spielte  ich  mit  den  anderen,  während 
Tami  allein  am  Zaun  stand.  Ich  wagte  es  nicht,  sie  zu 
bitten  mitzuspielen,  sonst  hätte  Zachary  mich  bestimmt 
wieder  „Tami  Cobbs  Schwester"  genannt. 

An  dem  Abend  kamen  die  Missionare  zum  Essen.  Es 
war  schön  draußen,  deshalb  grillte  Vater  Hamburger 
und  Würstchen. 

„Becca,  ich  glaube,  du  kennst  eine  von  den 
Untersucherinnen,  die  wir  diesen  Samstag  taufen", 
sagte  Eider  Ryan,  der  meine  kleinen  Brüder  auf  den 
Knien  schaukelte,  während  wir  warteten.  „Sie  sagt,  sie 
ist  in  deiner  Klasse." 


MAI      1998 

7 


„Wer?"  fragte  ich  überrascht  und  begeistert. 
Vielleicht  Brittany.  Sie  war  hübsch,  und  alle  mochten 
sie.  Oder  vielleicht  Heidi.  Ich  hoffte,  daß  es  Heidi 
war.  Wir  kicherten  im  Musikunterricht,  wenn  Frau 
Bradleys  Stimme  bei  den  hohen  Tönen  kiekste, 
immer  zusammen.  Oder  vielleicht  Alix  oder  Kira 
oder  Emily.  „Wer  ist  es?"  fragte  ich  und  zappelte 
aufgeregt. 

„Tami  Cobb.  Wir  taufen  ihre  ganze  Familie." 

„Wie  schön!"  sagte  meine  Mutter.  „Ist  das  nicht 
toll,  Becca?  Du  hast  dir  doch  schon  immer  gewünscht, 
du  hättest  in  der  Schule  eine  Freundin,  die  in  der 
Kirche  ist." 

„Ja,  toll",  murmelte  ich.  Ich  wußte,  daß  ich  mich 
hätte  freuen  sollen,  aber  ich  freute  mich  gar  nicht. 

Am  nächsten  Tag  in  der  Schule  sah  ich,  wie  Tami 
mich  ansah.  Immer  wenn  ich  in  ihre  Richtung  blickte, 
sah  sie  mich  an.  Ich  wollte  etwas  zu  ihr  sagen,  aber  ich 
traute  mich  nicht.  Jeder,  der  mit  ihr  sprach,  wurde  den 
ganzen  Tag  gehänselt. 


Am  Abend  klingelte  das  Telefon.  Mein  Vater  ging 
dran.  „Becca,  das  sind  die  Missionare.  Sie  möchten 
wissen,  ob  du  Samstag  bei  Tami  Cobbs  Taufe  ein  PV- 
Lied  singen  würdest.  Tami  hat  darum  gebeten." 

Ich  wußte  nicht,  was  ich  sagen  sollte.  Tami  wußte, 
daß  ich  gerne  sang,  weil  ich  mich  immer  meldete,  wenn 
jemand  vorsingen  sollte.  Und  erst  vor  einer  Woche 
hatte  ich  im  Musikunterricht  freiwillig  ein  Lied  vorge- 
sungen, um  meine  Note  zu  verbessern.  Jetzt  saß  ich  in 
der  Falle.  Ich  hatte  keinen  Grund,  bei  ihrer  Taufe  nicht 
zu  singen  -  außer  einem. 

Ich  sah  meine  Mutter  an.  Sie  lächelte  und  nickte. 
„Ich  begleite  dich  am  Klavier",  sagte  sie. 

Jetzt  saß  ich  doppelt  in  der  Falle.  „Na  gut",  sagte  ich 
widerstrebend.  Wenigstens  war  keiner  von  der  Schule 
da,  der  mich  sehen  konnte. 

Bei  der  Taufe  am  Samstag  sprach  Eider  Ryan  über 
den  Taufbund,  wie  er  im  Buch  Mormon  erklärt  ist. 
„Wenn  man  sich  taufen  läßt,  verspricht  man  dem  himm- 
lischen Vater  und  Jesus  Christus,  daß  man  einer  des 


KINDERSTERN 


8 


anderen  Last  trägt",  sagte  er.  „Und  daß  man  immer, 
selbst  bis  in  den  Tod,  als  Zeuge  Gottes  auftritt." 

Mir  fiel  ein,  daß  mein  Vater  bei  meiner  Taufe  vor 
einem  Jahr  auch  diese  Worte  aus  Mosia  18:8,9  vorge' 
lesen  hatte,  aber  da  hatte  es  mir  nichts  ausgemacht. 

„Wir  sind  alle  Kinder  des  himmlischen  Vaters",  fuhr 
Eider  Ryan  fort.  „Deshalb  nennen  wir  einander  ,Bruder* 
und  .Schwester'.  Bei  der  Taufe  nehmen  wir  den  Namen 
Jesu  Christi  auf  uns,  das  macht  uns  auch  noch  zu 
Brüdern  und  Schwestern  im  Evangelium." 

Als  ich  mein  Lied  sang,  sah  ich  Tami  kurz  an.  Sie 
lächelte  mich  an.  Da  hatte  ich  ein  ganz  warmes  Gefühl, 
bloß  beim  Hinsehen. 

Ich  wußte,  was  ich  zu  tun  hatte. 

Am  Montagmorgen  in  der  Schule  holte  Frau  Simon 
uns  wie  üblich  an  der  Turnhalle  ab,  und  wir  stellten 
uns  in  der  Reihe  auf,  um  den  Weg  zu  unserer  Klasse 
wie  üblich  zusammen  zu  gehen.  Travis  sagte  seinen 
üblichen  Spruch  über  Tami  auf,  und  alle  begannen, 
über  die  roten  Fliesen  hinwegzuspringen.  Bis  auf  mich. 


„Hört  doch  auf  damit",  sagte  ich.  „Es  ist  überhaupt 
nicht  lustig." 

Frau  Simon  blieb  stehen  und  sah  uns  an.  Sie  hob  die 
Augenbrauen  und  sah  mich  abwartend  an. 

„Becca  ist  Tamis  Schwester",  hörte  ich  Zachary 
flüstern.  Einige  Kinder  kicherten  leise. 

Ich  wurde  rot.  Tami  blickte  zu  mir  zurück,  ihre 
Augen  sahen  ängstlich  -  und  hoffnungsvoll  drein. 

„Möchtest  du  wiederholen,  was  du  gesagt  hast, 
damit  die  ganze  Klasse  dich  hören  kann,  Zachary?" 
fragte  Frau  Simon. 

Zachary  schüttelte  den  Kopf. 

Mein  Herz  klopfte,  als  ich  mich  meldete.  Ich  wollte 
meinen  Taufbund  einhalten  und  Tami  ihre  Last  tragen 
helfen,  was  auch  kam.  Schließlich  hatten  wir  nicht 
nur  die  roten  Haare  gemeinsam.  Wir  waren 
Schwestern. 

„Ja,  Becca?"  sagte  Frau  Simon. 

Ich  schluckte.  „Zachary  hat  gesagt,  ich  wäre  Tami 
Cobbs  Schwester."  Ich  lächelte  Tami  zu.  „Das  stimmt."  D 


MAI      1998 

9 


DAS  MACHT  SPASS 


FAMIUENABENDSCHATZSUCHE 


Denise  Page 

ILLUSTRIERT  VON  DENlSE  K1RBY 


ANLEITUNG 

Versteck  die  Leckereien,  die  für  den  Familienabend  bestimmt  sind.  Zeichne  dann  eine  Karte,  aus  der 
hervorgeht,  wo  der  „Schatz"  versteckt  ist.  Kleb  die  Karte  auf  ein  Stück  dünne  Pappe,  schneide  sie  in 
1 5  Puzzleteile,  und  leg  sie  in  einen  Umschlag  oder  eine  Tüte.  Beantwortet  beim  Familienabend 
abwechselnd  die  Fragen  aus  dem  Schatzsuchefragebogen  auf  der  nächsten  Seite.  Laß  deine  Eltern 
und  Geschwister  die  Schriftstellen  nachschlagen,  damit  sie  die  Antworten  überprüfen 
beziehungsweise  finden  können.  Wenn  jemand  eine  Frage  richtig  beantwortet  hat,  kann  er  sich  ein 
Puzzleteil  nehmen.  Wenn  alle  Fragen  richtig  beantwortet  worden  sind,  legt  ihr  das  Puzzle  zusammen 
und  sucht  den  Schatz! 


SCHATZSUCHEFRAGEBOGEN 

1.  Wer  hat  gesagt:  „Laßt  uns  im  Halten  der 
Gebote  des  Herrn  treu  sein"?  (Siehe  1  Nephi  4:1.) 

2.  Was  ist  „das  Begehrenswerteste  von 
allem"?  (Siehe  1  Nephi  11:22.) 

3.  Denen,  die  die  Gebote  des  Herrn  halten, 
sind  große  Segnungen  verheißen.  Nenn  vier 
dieser  Segnungen.  (Siehe  1  Nephi  15:11; 

1  Nephi  17:3;  1  Nephi  20:18;  Jarom  1:9;  es 
sind  noch  weitere  Antworten  möglich.) 

4.  Welche  Waffenrüstung  sollten  Lehis  Söhne 
anlegen?  (Siehe  2  Nephi  1:23.) 

5.  Woran  erfreute  Nephi  sich?  Er  sann  auch 
darüber  nach  und  schrieb  es  für  seine  Kinder 
auf.  (Siehe  2  Nephi  4:15.) 

6.  Welcrje  drei  Schritte  sind  in  2  Nephi  9:23 
genannt,  die  alle  Menschen  gehen  müssen,  um 
im  Reich  Gottes  errettet  zu  werden? 

7.  Von  wem  sprachen  die  Nephiten,  predigten 
sie  und  prophezeiten  sie?  (Siehe  2  Nephi  25:26.) 

|w8.  „Wenn  ihr  auf  d£n  Geist  hören  wolltet,  der 
die  Menschen  lehrt,  dann  würdet  ihr  wissen,  daß 

ihr  müßt ."  (2  Nephi  32:8.) 

9.  Wer«  dienen  wir  in  Wirklichkeit,  wenn  wir 
unseren  Mitmenschen  dienen?  (Siehe  Mosia  2:17.) 


1 0.  „Es  wird  kein  anderer  Name  noch  irgen- 
dein anderer  Weg  oder  ein  anderes  Mittel 
gegeben,  wodurch  den  Menschenkindern 
Errettung  zuteil  werden  kann,  als  nur  im  und 

durch  den  Namen ."  (Siehe  Mosia 

3:17.) 

11.  „Aber  es  gibt  eine ,  darum  hat 

das  Grab  keinen  Sieg,  und  der  Stachel  des  Todes 
ist  in  Christus  verschlungen."  (Siehe  Mosia  16:8) 

12.  „Ja,  gesegnet  ist  dieses  Volk,  das  willens 
ist,  meinen ^___/'  denn  mit  meinem 

i  '-'■     wird  man  sie  rufen;  und  sie  sind 


mein."  (Siehe  Mosia  26:18.) 
13.  „Ich  bin 


von  meinen  Sünden 


und  bin  vom  Herrn  erlöst  worden;  siehe,  ich  bin 
aus  dem  Geist  geboren."  (Siehe  Mosia  27:24.) 

14.  „Ich  sage  euch:  Könnt  ihr  an  dem  Tag 
mit  reinem  und  reinen 


zu  Gott  aufschauen?  Ich  sage  euch:  Könnt  ihr 
aufschauen,  wobei  das  Abbild  Gottes  eurem 
Gesichtsausdruck  aufgeprägt  ist?"  (Siehe  Alma 
5:19.) 

15.  Alles,  was  gut  ist,  kommt  von  wem? 
(Siehe  Alma  5:40.)  D 


1 


SICH  BEMÜHEN,  SO  ZU  SEIN  WIE  JESUS 


GESCHICHTENZEIT  IN  GAUIAA, 
GEMÄLDE  VON  DEL  PARSON 


SAGASTU 


Die  Familie  Sagastume  aus  der  Gemeinde  Antigua 
im  Pfahl  Chimaltenango  in  Guatemala  liebt 
das  Evangelium  und 
bemüht  sich,  so  wie  Jesus  Christus 
zu  sein.  Sie  beten  zum  himmli- 
schen Vater  und  hören  auf  die 
Eingebungen  des  Heiligen  Geistes. 

WERKE  UND  GLAUBE 

Die  zehnjährige  Yvette  steht 
jeden  Morgen  um  vier  Uhr  auf,  um 
für  die  Schule  zu  lernen,  die  um 
sieben  Uhr  beginnt.  Früher  erschien 
es  ihr  unmöglich,  gute  Noten  zu 
bekommen.  „Wenn  ich  gelernt  habe, 
konnte  ich  mich  nie  an  das  erinnern, 
was  ich  lernen  sollte,  und  ich  habe  es  auch  nicht 
verstanden",  sagt  sie.  „Wenn  ich  eine  Arbeit  geschrieben 
habe,  war  ich  sehr  nervös  und  wußte  gar  nichts  mehr. 
Mein  Vater  sagte  mir,  ich  sollte  vor 
dem  Lernen  und  vor  den  Arbeiten 
immer  beten.  Wenn  ich  seinen  Rat 
befolge,  schaffe  ich  es  immer  besser. 
Bevor  ich  gebetet  habe,  gehörte 
ich  nie  zu  den  besseren  Schülern 
in  meiner  Klasse.  Jetzt  stehe  ich 
in  der  ganzen  Schule  an  dritter 
oder  vierter  Stelle." 

Ein  Fach  fiel  Yvette  beson- 
ders schwer  -  Computer.  Die 
Computerbefehle  waren  alle 
auf  englisch,  und  das 
machte  dieses  Fach  sehr 
schwer  für  sie.  Sie  glaubte  nicht, 
daß  sie  es  schaffen  konnte,  auch  wenn  sie  lernte, 
deshalb  lernte  sie  erst  gar  nicht.  Sie  meinte,  wenn  sie 
bloß  betete  und  betete  und  betete,  würde  der  himmli- 
sche Vater  ihr  schon  helfen.  Aber  sie  stellte  fest,  daß 

KINDERSTERN 

12 


Corliss  Clayton 


I 


§ 


§ 


das  nicht  klappte.  Sie 
schrieb  eine  Arbeit  und 
bekam  eine  schlechte  Note. 
Jetzt  weiß  sie,  daß  sie  lernen 
muß,  damit  der  himmlische 
Vater  ihr  hilft.  Danach  lernte 
und  betete  sie  und  war  im 
Computerunterricht  viel 
besser.  „Ich  muß  meinen  Teil 
tun",  sagt  sie. 

RUHIG,  AUCH  WENN 
DER  DRUCK  GROSS  IST 

Die  neunjährige  Priscila  ist  Kunstturnerin.  Sie  trai- 
niert jeden  Nachmittag  nach  der  Schule  drei  bis  vier 
Stunden,  von  montags  bis  samstags.  In  den  Schulferien 
trainiert  sie  jeden  Nachmittag  drei  Stunden.  Sie  hofft, 
daß  sie  eines  Tages  Guatemala  bei  den  Olympischen 
Spielen  vertreten  kann.  Sie  ist  sehr  nervös,  wenn  sie 
gegen  andere  Mädchen  antreten  muß,  die  auch  gut  sind. 
„Manchmal  bin  ich  so  nervös,  daß  ich  meine,  ich  schaffe 
es  nicht,  und  ich  habe  Angst,  daß  ich  dann  einen  Über- 
schlag nicht  schaffe",  sagt  sie. 
Wenn  sie  ein  solches  Gefühl 
hat,  bittet  sie  ihren  Vater,  ihr 
einen  Segen  zu  geben.  Nach 
dem  Segen  fühlt  sie  sich 
ganz  ruhig  und  weiß,  daß 
sie  ihr  Bestes  geben  kann. 
„Ich  habe  diesen  Segen 
schon  bei  Wettkämpfen 
gespürt",  sagt  Priscila.  Sie 
steht  derzeit  in  ihrer 
Kategorie  in  Antigua  an 
erster  Stelle. 

FrAMtuasMj»»«""-'  -  Wie  wäre  ihr  zumute> 

wenn  sie  einen  Segen 

bekommen  hätte  und  doch  nicht  gewinnen  würde? 


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„Ich  würde  immer  noch  wissen,  daß  der  himmlische 
Vater  mich  liebhat  und  daß  er  mir  hilft,  mein  Bestes  zu 
geben",  antwortet  sie.  Sie  ist  dankbar,  daß  die 
Wettkämpfe  immer  am  Freitag  oder  Samstag  statt- 
finden. „Wenn  sie  sonntags  stattfinden  würden,  würde 
ich  nicht  mitmachen." 

INNERER  FRIEDE  IN  PRÜFUNGEN 

Der  achtjährige  Francisco  wird  in  der  Schule 
manchmal  verspottet,  weil  er  Mitglied  der  Kirche  ist. 
Eines  Tages  fingen  zwei  Jungen,  mit  denen  er  gerade 
spielte,  an,  ihn  zu  schlagen.  Einer  schlug  ihm  sehr  hart 
auf  den  Kopf.  „Ich  habe  mich  nicht  mit  ihnen  geprü- 
gelt", sagt  er.  „Ich  kämpfe  nicht  gern,  und  ich  weiß,  es 
ist  schlimm.  Außerdem  hat  mir  etwas  gesagt,  ich  sollte 
nicht  mit  ihnen  kämpfen.  Das  war  der  Heilige  Geist." 

Die  Schuldirektorin  bat  die  Eltern  aller  drei  Jungen 
zu  sich,  um  das  Problem  zu  lösen.  Anschließend 
erklärte  die  Direktorin  Franciscos  Eltern,  wie  beein- 
druckt sie  von  ihm  sei,  weil  er  sich  nicht  prügelte,  weil 
er  die  Wahrheit  sagte  und  weil  er  den  anderen  Kindern 
ein  Vorbild  war.  „Meine  Freunde  wurden  für  das,  was  sie 
getan  hatten,  bestraft.  Sie  durften  zwei  Wochen  in  der 
Pause  nicht  nach  draußen  gehen",  erzählt  Francisco.  Er 
ist  dankbar,  daß  der  Heilige  Geist  ihm  eingegeben  hat, 
das  Richtige  zu  tun. 

MUT  HABEN,  ZEUGNIS  ZU  GEBEN 

In  einer  Fast-  und  Zeugnisversammlung  hatte  der 
fünfjährige  Emanuel  das  Gefühl,  er  solle  Zeugnis  geben. 
Er  dachte:  Nein,  das  kann  ich  nicht.  Ich  habe  zuviel 
Angst.'  Dann  hatte  er  das  Gefühl,  es  spreche  jemand 
zu  ihm  und  sage  ihm,  er  solle  Zeugnis  geben.  Er  ging 
nach  vorn.  Dabei  war  ihm  ganz  ruhig  zumute.  Als  er 
an  der  Reihe  war,  fiel  ihm  alles  ein,  was  er  sagen 
wollte,  und  er  war  gar  nicht  mehr  nervös.  Es  war  das 
erste  Mal,  daß  er  Zeugnis  gab,  und  er  war  darüber 
sehr  glücklich.  D 


MAI       1998 

13 


GESCHICHTEN    AUS    DEM     BUCH    MORMON 


Wie  wir  das  Buch  Mormon 
erhalten  haben 


Als  Joseph  Smith  noch  ein  Junge  war,  behaupteten  viele 
Kirchen,  sie  seien  die  wahre  Kirche,  und  er  wußte  nicht,  in 
welche  Kirche  er  gehen  sollte. 
Joseph  Smith  -  Lebensgeschichte  1:5-10 


Joseph  las  viel  in  der  Bibel.  In  Jakobus  1:5  las  er:  „Fehlt  es 
aber  einem  von  euch  an  Weisheit,  dann  soll  er  sie  von 
Gott  erbitten." 
Joseph  Smith  -  Lebensgeschichte  1:11,12 


Er  beschloß,  Gott  zu  fragen,  in  welche  Kirche  er  gehen 
sollte.  Eines  Tages  ging  er  in  den  Wald  bei  seinem 
Elternhaus,  um  zu  beten. 
Joseph  Smith  -  Lebensgeschichte  1:13,14 


Als  er  dort  niederkniete  und  betete,  versuchte  der  Satan,  Joseph  sah  den  himmlischen  Vater  und  Jesus  Christus.  Der 

ihn  davon  abzubringen.  Joseph  betete  noch  inständiger  und  himmlische  Vater  wies  auf  Jesus  Christus  und  sagte:  „Dies 

bat  den  himmlischen  Vater  um  Hilfe.  ist  mein  geliebter  Sohn.  Ihn  höre!" 

Joseph  Smith  -  Lebensgeschichte  1:15,16  Joseph  Smith  -  Lebens geschichte  1:17 


KINDERSTERN 

14 


Joseph  fragte,  welches  die  richtige  Kirche  sei,  in  die  er 
gehen  solle.  Ihm  wurde  geboten,  er  solle  in  keine  Kirche 
gehen,  „sie  seien  alle  im  Irrtum". 
Joseph  Smith-  Lebensgeschichte  1:18,19 


Als  Joseph  anderen  erzählte,  was  er  gesehen  und  gehört 
hatte,  behandelten  die  Führer  vieler  der  Kirchen  am  Ort 
ihn  unfreundlich  und  verfolgten  ihn. 
Joseph  Smith-  Lebensgeschichte  1:21,22 


Drei  Jahre  vergingen.  Eines  Abends  betete  Joseph,  seine 
Sünden  mögen  ihm  vergeben  werden  und  er  möge 
erkennen,  was  er  tun  solle. 
Joseph  Smith  -  Lebensgeschichte  1:28,29 


Ein  Engel  namens  Moroni  erschien  und  erzählte  Joseph 
von  einem  wichtigen  Buch,  das  auf  goldenen  Platten 
geschrieben  war. 
Joseph  Smith  -  Lebensgeschichte  1:30—35 


Nachdem  Moroni  in  den  Himmel  zurückgekehrt  war, 
dachte  Joseph  über  das,  was  er  ihm  gesagt  hatte,  nach. 
Moroni  erschien  Joseph  in  der  Nacht  noch  zweimal  und 
dann  am  nächsten  Morgen  noch  einmal. 
Joseph  Smith  —  Lebensgeschichte  1:44—47 


Später  an  dem  Tag  ging  Joseph  dorthin,  wo  die  Platten 
verborgen  waren.  Sie  befanden  sich  in  einem  Hügel  nicht 
weit  von  seinem  Elternhaus. 
Joseph  Smith  -  Lebensgeschichte  1:48—51 


MAI      1998 

15 


Joseph  fand  dort  einen  großen  Stein.  Er  hob  den  Rand  des 
Steins  mit  einem  Hebel  hoch  und  sah  darunter  in  einer 
Steinkiste  die  goldenen  Platten. 
Joseph  Smith  —  Lebensgeschichte  1:52 


Moroni  erschien  und  erklärte  Joseph,  er  dürfe  die  Platten 
noch  nicht  mitnehmen;  er  sollte  jedes  Jahr  zur  gleichen  Zeit 
zurückkommen.  Moroni  gab  Joseph  dann  jedesmal  wenn  er 
kam  Anweisungen.  Joseph  Smith  —  Lebensgeschichte  1:53,54 


Als  Moroni  Joseph  schließlich  die  goldenen  Platten 
mitnehmen  ließ,  benutzte  Joseph  den  Urim  und  Tummim, 
um  einige  von  ihnen  zu  übersetzen. 
Joseph  Smith-  Lebensgeschichte  1:59-62 


Später  halfen  ihm  verschiedene  Leute,  die  sich  Schreiber 
nannten.  Joseph  sagte  auf  englisch,  was  auf  den  goldenen 
Platten  stand,  und  der  Schreiber  schrieb  es  auf. 
Joseph  Smith  —  Lebensgeschichte  1:67 


Joseph  brachte  die  Übersetzung  zu  einem  Drucker,  der 
daraus  ein  Buch,  das  Buch  Mormon,  machte. 
History  ofthe  Church,  1:7  If. 


Das  Buch  Mormon  ist  ein  weiterer  Zeuge  für  Jesus 
Christus,  den  Sohn  Gottes. 


KINDERSTERN 


16 


BESUCHSLEHRBOTSCHAFT 


ZION  AUFBAUEN,  INDEM  WIR  BUNDNISSE 
EINGEHEN  UND  HEILIGE  HANDLUNGEN  EMPFANGEN 


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Präsident  James  E.  Faust  hat 
erzählt,  wie  die  Mitglieder 
sich  in  den  Tempel  drängten, 
um  ihre  Tempelsegnungen  zu 
erhalten,  ehe  sie  Nauvoo  verließen 
und  sich  auf  den  schwierigen  Treck 
begaben.  Präsident  Brigham  Young 
ließ  deshalb  den  Tempel  bis  spät  in 
die  Nacht  hinein  offen,  um  die 
heiligen  Handlungen  zu  vollziehen 
(siehe  Der  Stern,  Juli  1997,  17.) 

Zu  den  Bündnissen  und  heiligen 
Handlungen,  die  die  Heiligen  der 
Letzten  Tage  erhalten  haben,  gehören 
die  Evangeliumsgrundsätze  Gehorsam 
und  Opferbereitschaft,  Reinheit  und 
Weihung.  Das  Eingehen  der 
Bündnisse  half  den  Heiligen,  sich  in 
geistiger  Hinsicht  auf  die  Reise  nach 
Zion  vorzubereiten. 

WIR  REISEN  GEMEINSAM  NACH  ZION 

Wie  die  Pioniere  der  Frühzeit  der 
Kirche  beginnen  auch  wir  eine  Reise 
nach  Zion,  wenn  wir  die  Bündnisse 
und  heiligen  Handlungen  des 
Evangeliums  empfangen,  denn  Zion 
ist  nicht  bloß  ein  Ort,  es  ist  auch 
die  christusähnliche  Reinheit  des 
Herzens  (siehe  LuB  97:21).  Präsident 
Young  hat  erklärt,  daß  wir  uns 
auf  unsere  Reise  vorbereiten, 
indem  wir  „die  Verordnungen  des 
heiligen  Priestertums  des  Gottessohns 
[erhalten  .  .  .  ],  die  wir  ja  brauchen, 
damit  die  Heiligen  sich  in 
Vorbereitung  auf  sein  Kommen 
vervollkommnen"  (Lehren  der 
Präsidenten  der  Kirche:  Brigham  Young, 
1997,  112.)  Diese  Verordnungen 
beginnen  mit  der  Taufe;  ihren 
Höhepunkt  haben  sie  im  Tempel. 

Die  heiligen  Handlungen  helfen 
uns   nicht   nur,    persönlich   rein   zu 


werden,  sondern  sie  einen  uns  auch 
als  Volk.  Über  die  Zeit  Henochs 
heißt  es:  „Der  Herr  nannte  sein  Volk 
Zion,  weil  sie  eines  Herzens  und 
eines  Sinnes  waren  und  in 
Rechtschaffenheit  lebten;  und  es 
gab  unter  ihnen  keine  Armen." 
(Mose  7:18.) 

In  diesem  Geist  der  Einigkeit 
kamen  die  meisten  Pioniere  in  den 
Westen  Nordamerikas.  Die  Heiligen 
hatten  Abteilungen  gebildet  und 
gelobt,  die  Gebote  des  Herrn  zu 
halten.  Alle  Reisenden  hatten  glei- 
chen Anteil  an  den  Vorräten  ihrer 
Abteilung,  damit  „die  Armen,  die 
Witwen  und  Vaterlosen"  nicht 
leiden  mußten  (siehe  LuB  136:6—8). 

DIE  REISE  VERLANGT  UNS  VIELLEICHT 
OPFER  AB 

Die  Familie  von  Mary  Goble 
Pay,  die  13  Jahre  alt  war,  besaß 
ein  Ochsengespann  und  einen 
Wagen,  hatte  aber  versprochen,  bei 
zwei  Handkarrenabteilungen  zu 
bleiben.  Ein  Handkarren  kam  zwar 


normalerweise  schneller  voran  als  ein 
von  Ochsen  gezogener  Wagen,  aber 
das  Ochsengespann  konnte  stetig 
weitergehen,  als  die  Pioniere  durch 
die  einsetzenden  Schneestürme 
immer  schwächer  wurden.  Aber  „wir 
hatten  den  Befehl  erhalten,  die 
Handkarrenabteilungen  nicht  zu 
überholen",  schrieb  Mary.  „Wir 
mußten  in  ihrer  Nähe  bleiben,  um 
ihnen  zu  helfen,  wo  wir  konnten." 
Die  Evangeliumsbündnisse  machten 
sie  dafür  bereit,  einer  des  anderen 
Last  zu  tragen  (siehe  Mosia  18:8-10). 

Unter  großen  Opfern  hielten  sie 
an  ihrem  Bund  fest  und  blieben  bei 
den  Handkarren.  Eine  Schwester 
und  ein  Bruder  von  Mary  und  ihre 
Mutter  starben  vor  Kälte,  Krankheit 
und  Hunger.  („Autobiography  of 
Mary  Goble  Pay",  in  A  Believing 
People:  Literature  of  the  Latter- day 
Saints,  1974,  143ff.) 

Auf  unserer  Reise  durch  das  Leben 
befinden  manche  sich  an  der  Spitze 
des  Wagenzugs,  während  manche 
ganz  hinten  sind.  Wir  können 
uns  unsere  Reisegefährten  und 
Reisebedingungen  nicht  immer  aussu- 
chen. Aber  wenn  wir  die  Bündnisse 
eingehen  und  uns  daran  halten  und 
wenn  wir  die  heiligen  Handlungen  des 
Evangeliums  erhalten,  bereitet  uns 
das  darauf  vor,  anderen  in  unserer 
Abteilung  zu  helfen.  Als  Schwestern 
in  Zion  können  wir  gemeinsam  darauf 
hinarbeiten,  Zion  aufzurichten. 

•  Inwiefern  tragen  die  heiligen 
Handlungen,  die  wir  erhalten,  und  die 
Bündnisse,  die  wir  eingehen,  dazu  bei, 
daß  wir  rein  werden? 

•Warum  ist  es  wichtig,  daß  wir 
zusammen  daran  arbeiten,  Zion 
aufzurichten?  □ 


Worte  des  lebenden 

Propheten 

Gedanken  und  Ratschläge  von  Präsident  Gordon  B.  Hinckley 


WAS  DIE  KIRCHE  VON  IHREN 

MITGLIEDERN  ERWARTET 

„Ja,  der  Herr  erwartet  von  euch 
Wundervolles.  Die  Kirche  erwartet 
von  euch  Wundervolles.  [Erstens] 
erwarten  wir,  daß  jedes  Mitglied  der 
Kirche  Jesu  Christi  der  Heiligen  der 
Letzten  Tage  ein  Zeugnis  davon  hat, 
daß  Gott  lebt  und  daß  Jesus  der 
Messias  ist.  Wenn  ihr  kein  solches 
Zeugnis  habt,  könnt  ihr  es 
bekommen.  Zweitens  erwartet  [die 
Kirche]  von  einem  jeden  von  euch, 
daß  ihr  dem  Priestertum  treu  seid. 
Kein  Beamter  in  dieser  Kirche,  von 
der  Ersten  Präsidentschaft  über  das 
Kollegium  der  Zwölf  bis  zu  den 
Siebzigern,  hat  nach  seinem  Amt 
getrachtet.  Drittens  wird  von  uns 
erwartet,  daß  wir  nach  dem  Wort  der 
Weisheit  leben,  daß  wir  alkoholische 
Getränke  meiden,  daß  wir  Tabak 
meiden,  daß  wir  schwarzen  Tee  und 
Kaffee  meiden.  Viertens  erwartet  die 
Kirche  von  uns,  daß  wir  den  Zehnten 
zahlen.  Gott  hat  denen,  die  nach 
diesem  Gesetz  leben,  wundervolle 
Dinge  verheißen.  Fünftens  sollte 
jeder  Mann  seine  Frau  als  Tochter 
Gottes  betrachten,  als  Tochter,  die 
ihm  ebenbürtig  ist,  die  mit  ihm  Seite 
an  Seite  geht.  Diese  Vorstellung,  die 
die  Frau  nicht  in  eine  minderwertige 
Position  rückt,  ist  wundervoll.  Ein 
bedeutender     Mann     hat     einmal 


gesagt,  ein  Vater  könne  für  seine 
Kinder  nichts  Besseres  tun,  als  ihnen 
zu  zeigen,  daß  er  ihre  Mutter  liebt. 
Brüder,  behandeln  Sie  Ihre  Frau 
mit  Liebe  und  Achtung  und 
Freundlichkeit.  Und  an  die 
Ehefrauen:  behandeln  Sie  Ihren 
Mann  mit  Liebe  und  Achtung  und 
Freundlichkeit.  Sechstens  erwartet 
die  Kirche  von  euch,  daß  ihr  die 
Abendmahlsversammlung  besucht 
und  zum  Geist  der  Versammlung 
beitragt,  daß  ihr  das  Abendmahl 
nehmt  und  eure  Bündnisse  mit  dem 
Herrn  erneuert."1 

VERWELTLICHUNG  DER  GESELLSCHAFT 

„Meine  große  Sorge,  mein  großes 
Interesse  geht  dahin,  daß  wir  für  die 
künftigen  Generationen  diese 
wundervollen  Aspekte  unserer 
Gesellschaft  und  unsere  Art  zu  leben 
bewahren,  die  ihnen  die  Stärken 
und  das  Gute  vermitteln,  deren 
Nutznießer  wir  sind.  Aber  ich  mache 
mir  Sorgen,  wenn  ich  die  Zeichen 
der  Krankheit  sehe,  von  denen  ich 
gesprochen  habe.  Ich  glaube,  daß 
der  Verfall,  den  wir  um  uns  herum 


beobachten,  zum  großen  Teil 
dadurch  verursacht  ist,  daß  der  Gott, 
den  unsere  Väter  kannten  und 
liebten,  den  sie  verehrten  und  von 
dem  sie  sich  Stärke  erhofften, 
verlassen  wird.  Um  uns  herum  findet 
offensichtlich  eine  Verweltlichung 
statt.  Ihre  Folgen  sind  der  Verfall  des 
Familienlebens,  die  Schwächung  der 
Selbstdisziplin,  die  Verspottung 
des  Gedankens,  daß  man  dem 
Allmächtigen  Rechenschaft  schuldet, 
und  eine  unangebrachte  Arroganz 
auf  Seiten  von  Menschen,  die  dank 
der  gütigen  Vorsehung  so  reich 
gesegnet  worden  sind  wie  wir."2 

DIE  PFLICHTEN  DER  ELTERN 

„Vergeßt  nie,  daß  diese  Kleinen 
die  Söhne  und  Töchter  Gottes  sind 
und  daß  sie  euch  nur  anvertraut 
sind,  daß  er  ihr  Vater  war,  ehe  ihr 
ihre  Eltern  wurdet,  und  daß  er  seine 
väterlichen  Rechte  und  sein 
Interesse  an  diesen  Kleinen  nicht 
abgegeben  hat.  Habt  sie  lieb,  sorgt 
für  sie.  Väter,  beherrscht  euch,  jetzt 
und  in  allen  zukünftigen  Jahren. 
Mütter,  habt  eure  Stimme  im  Griff; 
erhebt  sie  nicht.  Erzieht  eure  Kinder 
in  Liebe,  in  der  Zucht  und  Weisung 
des  Herrn.  Sorgt  für  eure  Kleinen. 
Heißt  sie  in  eurer  Familie  will- 
kommen und  umhegt  sie  und  habt 
sie  von  ganzem  Herzen  lieb.  Sie  tun 


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§ 


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§ 


DER       STERN 
26 


vielleicht  in  den  kommenden  Jahren 
manches,  was  ihr  nicht  gern  seht, 
aber  seid  geduldig,  seid  geduldig. 
Solange  ihr  euch  noch  bemüht,  habt 
ihr  nicht  versagt.  Vergeßt  das 
niemals."3 

DER  MISSIONSDIENST 

„Ich  hoffe,  daß  jeder  junge  Mann 
in  der  Liste  mit  seinen  Zielen  die 
Mission  stehen  hat.  Ich  hoffe,  daß 
ihr  euch  durch  nichts  davon 
abhalten  laßt.  Der  Herr  braucht 
euch.  Er  braucht  eure  Hilfe.  Er 
braucht  eure  Stärke.  Er  braucht  eure 
Stimme.  Nur  mit  unserer  Hilfe  kann 
der  Herr  sein  Werk  verrichten,  und 


wir  müssen  darin  arbeiten  und 
zusammenarbeiten,  um  seine  göttli- 
chen Absichten  zu  verwirklichen."4 

DAS  WERK  GEHT  VORAN 

„Das  Werk  des  Herrn  geht  voran, 
und  zwar  aufgrund  des  Glaubens  der 
Mitglieder.  Der  Erretter  hat  uns 
beauftragt,  jedem  Land  und 
Geschlecht,  jeder  Sprache  und 
jedem  Volk  das  Evangelium  zu 
verkünden.  Wir  sind  jetzt  in  über 
150  Ländern  etabliert,  und  wo 
immer  wir  hinkommen,  gibt  es 
großartige,  gute  Führer,  die  das 
Priestertum  tragen,  Frauen  mit 
großem      Glauben      und      großen 


Fähigkeiten,  junge  Leute,  die  im 
Chor  wie  Engel  singen,  Menschen, 
die  beten,  Menschen,  die  nach  dem 
Wort  der  Weisheit  leben,  Menschen, 
die  den  Zehnten  zahlen,  Menschen, 
die  im  Herzen  das  Zeugnis  haben, 
daß  dieses  Werk  von  Gott  ist."5  D 

FUSSNOTEN 

1.  Fireside,  Säo  Paulo,  Brasilien, 
14-  November  1996. 

2.  Community  centennial  service, 
Provo,  Utah,  4.  August  1996. 

3.  Konferenz  des  Pfahles  Salt  Lake 
University  3,  3.  November  1996. 

4-  Jugendversammlung,  Kansas  City, 
Missouri,  14.  Juli  1996. 

5.  Regionskonferenz,  Osaka,  Japan, 
19.  Mai  1996. 


■■.;■■■ 


ICH  HABE  EINE  FRAGE 


WONACH  SOLLEN  WIR  IN  DEN 
HEILIGEN  SCHRIFTEN  SUCHEN? 


In  den  heiligen  Schriften  steht,  daß  wir  eifrig  darin  forschen  sollen,  aber  was 
ist  damit  gemeint?  Ich  lese  jeden  Abend  darin,  aber  wonach  soll  ich  suchen? 

Die  Antworten  sollen  helfen  und  einen  tieferen  Einblick  vermitteln,  sind  aber  nicht  als  offizielle  Darlegung 
der  Lehre  der  Kirche  gedacht. 


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UNSERE  ANTWORT: 

Der  Herr  hat  in  bezug  auf  die 
heiligen  Schriften  folgendes 
gesagt:  „Diese  Worte  sind 
nicht  von  den  Menschen,  auch  nicht 
von  einem  Menschen,  sondern  von 
mir.  ...  Es  ist  meine  Stimme,  die  sie 
zu  euch  redet;  denn  sie  werden  euch 
von  meinem  Geist  gegeben,  .  .  . 
darum  könnt  ihr  bezeugen,  daß  ihr 
meine  Stimme  vernommen  habt 
und  meine  Worte  kennt."  (LuB 
18:34-36.) 

Wenn  man  auf  die  Stimme  des 
Herrn  -  seinen  Geist  -  hört,  können 
einem  Einsichten  zu  den  Grundsätzen 
des  Evangeliums  und  dazu,  wie  man 
sie  anwendet,  in  Herz  und  Sinn 
fließen.  Ihr  habt  die  heiligen  Schriften 
unter  anderem  dazu,  daß  ihr  euch  an 
den  Worten  von  Christus  „weiden" 
könnt;  „denn  siehe,  die  Worte  von 
Christus  werden  euch  alles  sagen,  was 
ihr  tun  sollt"  (2  Nephi  32:3).  Wer 
getauft  ist  und  die  Gabe  des  Heiligen 
Geistes  erhalten  hat,  kann  Weisung 
erhalten,  wenn  er  die  heiligen 
Schriften  studiert  und  um  Inspiration 
betet  (siehe  2  Nephi  32:4,5). 

Es  gibt  vieles,  wonach  ihr  in  den 
heiligen  Schriften  suchen  könnt, 
und  viele  Gründe  für  eure  Suche. 
Manchmal  sucht  ihr  vielleicht  nach 
Informationen  zu  bestimmten 
Evangeliumsthemen.    Dann   wieder 


wünscht  ihr  euch,  den  Geist  zu 
spüren,  und  erhaltet  durch  die 
Worte  in  den  heiligen  Schriften 
Gewißheit.  Manchmal  sucht  ihr 
einfach  nach  dem,  was  der  Herr 
euch  gerade  offenbaren  will.  Und 
natürlich  könnt  ihr  immer  in  den 
heiligen  Schriften  danach  suchen, 
mehr  über  unseren  Erretter,  Jesus 
Christus,  zu  erfahren. 

Hier  sind  ein  paar  Anregungen 
dazu,  wie  ihr  eure  Suche  effektiver 
gestalten  könnt: 

Bezieht  die  heiligen  Schriften 
auf  euch  selbst.  Wie  Nephi  können 
wir  alle  heiligen  Schriften  auf  uns 
beziehen,  „damit  wir  davon  Nutzen" 
haben  und  lernen  können  (siehe 
1  Nephi  19:23).  Ihr  könnt  beispiels- 
weise bei  Versen,  in  denen  das 
Pronomen  du  oder  ihr  steht,  euren 
Namen  einsetzen,  so  zum  Beispiel  in 
3  Nephi  18:15:  „Wahrlich,  wahrlich, 
ich  sage  euch  [setzt  euren  Namen 
ein]:  Ihr  müßt  immer  wachen  und 
beten,  damit  ihr  nicht  vom  Teufel 
versucht  und  von  ihm  gefangenge- 
führt  werdet." 

Studiert  regelmäßig  die  heiligen 
Schriften.  Wenn  ihr  es  euch  ange- 
wöhnt, regelmäßig  die  heiligen 
Schriften  zu  studieren,  ist  es  wahr- 
scheinlicher, daß  ihr  euch  von  ihnen 
leiten   lassen  könnt,    wenn   ihr   es 


braucht.  Verwendet  alle  Studier- 
hilfen, die  die  heiligen  Schriften  euch 
bieten  -  Index,  Fußnoten,  Wörter- 
bücher, Landkarten  und  Querverweise 
-,  um  euch  zu  den  Informationen 
führen  zu  lassen,  nach  denen  ihr 
sucht. 

Studiert  die  Ansprachen  von  der 
Generalkonferenz.  Achtet  darauf, 
wie  der  Prophet  und  die  übrigen 
Generalautoritäten  Schriftstellen 
verwenden  und  erklären,  um  euch 
tiefere  Einsichten  zu  vermitteln. 

Lest  die  Zeitschriften  der 
Kirche.  Die  Zeitschriften  der 
Kirche  enthalten  Einsichten,  die 
euer  Evangeliumsstudium  vertiefen 
können.  Lest  sie  regelmäßig,  und 
wenn  etwas,  das  ihr  lest,  euch  zu 
Herzen  geht  oder  euch  den  Sinn 
erhellt,  dann  schlagt  die  heiligen 
Schriften  auf,  und  sucht  nach 
weiteren  Informationen  zu  dem,  was 
ihr  gerade  gelesen  habt. 

Lernt  von  anderen.  Eure 
Eltern,  Kirchenführer,  Seminarlehrer, 
Heimlehrer,  Sonntagsschullehrer  und 
andere  Mitglieder  eurer  Gemeinde 
haben  vielleicht  einen  besonderen 
Einblick  in  die  heiligen  Schriften. 
Vielleicht  haben  sie  etwas  Wichtiges 
gelernt,  während  sie  sich  bemüht 
haben,  das,  was  die  heiligen  Schriften 
lehren,  auf  sich  zu  beziehen.  Bittet 
sie,  euch  davon  zu  erzählen. 

Die  heiligen  Schriften  sind  von 
Gott  eingegeben.  Das  Studium  der 
heiligen  Schriften  ist  eine 
Möglichkeit,  selbst  Inspiration  zu 
erhalten   und   Antworten   auf  eure 


MAI       1998 

29 


Fragen  zu  erhalten  oder  Weisung 
zu  rinden,  wenn  Ihr  Probleme  habt. 
Wenn  ihr  euch  die  meisten 
Gedanken  darüber  macht,  wie  ihr 
Inspiration  erhalten  könnt,  ist  es 
vielleicht  der  beste  Zeitpunkt  dafür, 
daß  die  heiligen  Schriften  zu  euch 
sprechen  können. 

ANTWORTEN 
UNSERER  LESER: 

Uns  ist  verheißen,  daß  sich  uns 
die  Geheimnisse  Gottes  enthüllen, 
wenn  wir  eifrig  in  den  heiligen 
Schriften  forschen  (siehe  1  Nephi 
10:19).  Wir  müssen  also  wissen,  daß 
beim  Forschen  in  den  heiligen 
Schriften  unser  Ziel  darin  bestehen 
muß,  die  Wahrheit  zu  erkennen.  Wir 
sollten  sie  nicht  nur  lesen,  sondern 
auch  darüber  nachsinnen  und  beten, 
damit  wir  ein  Zeugnis  davon 
erlangen,  daß  sie  wahr  sind. 
Eider  David  H.  Kioa, 
Tonga-Mission  Nuku'alofa 


Unsere  Sonntagsschulklasse  der 
Zwölf-  bis  Vierzehnjährigen  hat  das 
Forschen  in  den  heiligen  Schriften 
damit  verglichen,  wie  die  Polizei  ein 
Haus  durchsucht.  So  wie  die  Polizei 
das  Haus  betritt,  um  nach 
Beweismaterial  zu  suchen,  „treten" 
wir  in  die  heiligen  Schriften  „ein", 
um  nach  Beweismaterial  dafür  zu 
suchen,  daß  Jesus  der  Messias  ist.  Wir 
suchen  nach  Erkenntnissen,  die 
unseren  Glauben  stärken  und  unser 
Zeugnis  festigen.  Wir  lesen  von  inter- 
essanten Menschen  und  Ereignissen, 


die  uns  helfen  können,  Fortschritt  zu 
machen.  Wir  finden  Lösungen  für 
unsere  Probleme  und  Antworten 
auf  unsere  Fragen,  sowohl  zum 
Evangelium  als  auch  für  unser  Leben. 
Wenn  wir  in  den  heiligen 
Schriften  lesen,  erfahren  wir  mehr 
über  unseren  himmlischen  Vater  und 
den  Erretter  und  darüber,  was  wir 
tun  können,  um  ihnen  ähnlicher  zu 
werden.  Wir  haben  die  Erfahrung 
gemacht,  daß  jeder  Vers  in  den 
heiligen  Schriften  aus  einem 
bestimmten  Grund  dort  steht  und 
daß  wir  immer  etwas  lernen  können, 
das  sich  auf  uns  beziehen  läßt. 
Sonntagsschulklasse  von  Jugendlichen, 
Gemeinde  Börnes, 
Pfahl  Göteborg,  Schweden 

Immer   wenn   ich   im   täglichen 
Leben  Probleme  habe,  suche  ich  in 
den      heiligen      Schriften      nach 
Lösungen  und  Trost.   Die  heiligen 
Schriften  sind  mir  eine  große  Hilfe, 
wenn  ich  das,  was  ich  daraus  lerne, 
in  die  Tat  umsetze.  So  mache  ich 
jeden  Tag  geistigen  Fortschritt. 
Alexia  Houchard,  20, 
Zweig  Noumea  l , 
Distrikt  Neu-Kaledonien 


Indem  wir  eifrig  in  den  heiligen 
Schriften  forschen,  können  wir  an 
die  Stelle  unseres  Glaubens  die  feste 
Erkenntnis  von  der  Wahrheit  setzen. 
Diese     Erkenntnis     festigt     unser 
Zeugnis  von  Jesus  Christus. 
Stella  Tehoiri, 
Zweig  Mataura, 
Distrikt  Tubai  Australes 


Während  ich  die  Missionarslek- 
tionen durchgenommen  habe,  hatte 
ich  viele  Zweifel  in  bezug  auf  das 
Buch  Mormon.  Aber  nachdem  ich 
lange  eifrig  darin  geforscht  und 
darüber  nachgedacht  und  an  die 
Verheißung  in  Moroni  10:3-5 
gedacht  hatte,  spürte  ich,  wie  mein 
Geist  erwachte,  und  ich  wußte,  daß 
das  Buch  Mormon  wahr  ist. 

Jetzt  bin  ich  so  glücklich,  daß  ich 
als    Vollzeitmissionar    von    dieser 
Wahrheit  Zeugnis  geben  kann. 
Eider  Mbongompasi, 
Elfenbeinküste-Mission 
Abidjan 


Wir  wissen,  daß  wir,  indem  wir 
die  heiligen  Schriften  studieren, 
Erkenntnis  und  ein  Zeugnis  vom 
Evangelium  erlangen  können.  Aber 
ich  habe  die  Erfahrung  gemacht,  daß 
ich  darum  beten  muß,  zu  verstehen, 
was  ich  studiere,  damit  ich  diese 
Erkenntnis  auch  im  Sinn  und  im 
Herzen  behalten  kann.  Ich  habe  einige 
Techniken  entwickelt,  die  anderen 
vielleicht  auch  helfen  können. 

Erstens  stelle  ich  fest,  um  welche 
Menschen  es  in  den  Kapiteln  geht,  die 
ich  studiere  -  wer  mit  wem  spricht  - 
und  um  welches  Thema  es  geht. 

Zweitens  definiere  ich  die  Wörter 
und  Begriffe.  Manche  Wörter  in  der 
Bibel  muß  ich  vielleicht  erst  einmal 
verstehen.  Ein  Wörterbuch  kann 
dabei  hilfreich  sein. 

Drittens  konzentriere  ich  mich 
auf  den  Ablauf  der  Ereignisse.  In 
Alma  32  wird  das  Erlangen  eines 
Zeugnisses   beispielsweise   mit   der 


DER       STERN 

30 


Aussaat  eines  Samenkorns  und  dem 
Hegen  der  daraus  wachsenden 
Pflanze  beschrieben.  Als  mir  der 
Ablauf  der  Ereignisse,  von  denen 
Alma  spricht,  klar  wurde,  half  mir 
das,  die  Gedanken,  die  er  vermittelt, 
zu  verstehen. 

Viertens  mache  ich  die  heiligen 
Schriften  persönlicher,  indem  ich  an 
die  Stelle  dessen,  der  da  angespro- 
chen wird,  meinen  Namen  setze. 

Mein  Zeugnis  vom  wiederherge- 
stellten Evangelium  Jesu  Christi 
festigt  sich,  wenn  ich  mit  Beten 
und  hingebungsvoll  in  den  heiligen 
Schriften  forsche.  Die  Erkenntnis, 
die  ich  erlange,  ist  eine  Quelle 
großer  Segnungen. 

Neuma  Celene  Saraiva 

Lima,  28, 

Gemeinde  Messejana, 

Pfahl  Fortaleza,  Brasilien 


Eifrig  in  den  heiligen  Schriften  zu 
forschen  bedeutet,  daß  man  sich 
daran  „labt",  daß  man  darüber  nach- 
sinnt. Genauer,  man  muß  sie  lesen 
und  studieren  und  dann  das,  was  man 
an  Lehre  und  Grundsätzen  erfahren 
hat,  anwenden.  Außerdem  muß  man 
um  ein  Zeugnis  von  den  heiligen 
Schriften  und  um  die  Antworten, 
nach  denen  man  sucht,  beten. 

Welch  besseres  Beispiel  könnte  es 
da  geben  als  das  des  jungen  Joseph 
Smith,  der  in  den  heiligen  Schriften 
nach  der  Wahrheit  suchte,  nachsann 
und     dann    gemäß    Jakobus     1:5 
handelte. 
Charles  Rambolarson, 
Zweig  Antananarivo  l, 
Distrikt  Antananarivo,  Madagaskar 


Die  heiligen  Schriften  gehören  zu 
den  kostbarsten  Gaben,  die  ich  habe, 
denn  sie  sind  wahr,  und  mein  Zeugnis 
vom  Evangelium  Jesu  Christi  wächst 
immer,  wenn  ich  darin  lese.  Sie  sind 
für  mich  wie  ein  Kompaß.  Sie 
machen  wir  bewußt,  wohin  ich  im 
Leben  gehe  und  was  ich  tun  kann, 
um  ein  besserer  Mensch  zu  werden. 
In  den  Worten  des  Herrn  ist  Macht; 
dort  ist  Rat;  dort  ist  Liebe;  dort  ist 
Wahrheit.  Wir  müssen  um  Weisung 
vom  Geist  bitten,  damit  wir  diese 
Gaben  besser  verstehen. 

Francesca  Raimondo,  23, 
Zweig  Novara, 
Distrikt  Vercelli,  Italien 


Ich  nutze  die  Erkenntnisse,  die 
ich  durch  das  Forschen  in  den 
heiligen  Schriften  gewonnen  habe, 
dazu,  die  Probleme  des  täglichen 
Lebens  zu  lösen.  Dadurch  fühle  ich 
mich  dem  himmlischen  Vater  und 
dem  Erretter  näher,  und  das  hilft  mir, 
ein  besserer  Mensch  zu  werden. 

Frederick  C.  Busania, 

Zweig  Diffun, 

Distrikt  Santiago  Philippinen 


Unser  Glaube  wächst,  wenn  wir  in 
den  heiligen  Schriften  forschen  und 
das  Zeugnis  der  Propheten  vom 
Erretter  und  vom  Erlösungsplan  lesen. 
Uns  sind  dafür,  daß  wir  täglich  in 
den  heiligen  Schriften  lesen  und  wirk- 
lich die  Absicht  haben,  dem  Herrn 
näher  zu  kommen,  große  Segnungen 
verheißen.  In  Jakob  4:6  steht  über 


diejenigen,  die  in  den  heiligen 
Schriften  forschen:  „Darum  forschen 
wir  in  den  Propheten,  und  wir  haben 
viele  Offenbarungen  und  den  Geist 
der  Prophezeiung,  und  da  wir  all  diese 
Zeugnisse  haben,  erlangen  wir 
Hoffnung,  und  unser  Glaube  wird 
unerschütterlich."  Wenn  wir  in  den 
heiligen  Schriften  forschen  und  die 
Grundsätze,  die  wir  darin  finden,  in 
unser  Leben  integrieren,  hilft  uns  das, 
dem  Einfluß  des  Satans  fern  zu 
bleiben.  Kurzum,  das  Forschen  in  den 
heiligen  Schriften  ist  eine  der  besten 
Methoden  dafür,  eine  wirkliche 
Herzenswandlung  zu  erleben. 

Denis  Omar  Vargas  Canahui, 

Zweig  San  Cristöbal 

Totonicapan, 

Pfahl  Quetzaltenango 

Guatemala  El  Bosque 

Wenn  ich  mit  dem  Vater  im 
Himmel  sprechen  möchte,  erhebe  ich 
die  Stimme  zum  Beten.  Aber  wenn 
ich  seine  Stimme  hören  möchte,  lese 
ich  im  Buch  Mormon  oder  in  den 
anderen  heiligen  Schriften.  Ich 
versuche  mir  vorzustellen,  ich  gehörte 
zu  den  Menschen,  von  denen  dort  die 
Rede  ist,  und  ich  versuche,  an  ihren 
Erlebnissen  teilzuhaben.  Ich  richte 
meine  ganze  Aufmerksamkeit  darauf, 
auf  die  Stimme  des  Herrn  zu  hören. 

Ja  vier  Alejandro  Coronati, 

Zweig  Belle  Wille, 
\   Distrikt  Belle  Wille 

Argentinien 

Die  heiligen  Schriften  sind  im 
wesentlichen  dazu  da,  Wahrheit, 
geistigen    Frieden    und    Glück    zu 


MAI       1998 
31 


vermitteln.  Das  oberflächliche  Lesen 
in  den  heiligen  Schriften  kann  zu 
Verwirrung  und  Irrtümern  führen. 
Wenn  man  aber  betet,  ehe  man  in 
den  heiligen  Schriften  liest,  stellt  man 
fest,  daß  der  Heilige  Geist  einen  führt. 
Lynda  Andriamisamalala,  24, 
Zweig  Antananarivo  1, 
Distrikt  Antananarivo, 
Madagaskar 


Ich  glaube,  beim  Forschen  in  den 
heiligen  Schriften  müssen  wir  nach 
der  Kraft  suchen,  das  Evangelium 
Jesu  Christi  in  die  Tat  umzusetzen. 
In  LuB  98:12  steht,  daß  die 
Glaubenstreuen  „Zeile  auf  Zeile, 
Weisung  auf  Weisung"  erhalten,  aber 
dafür  müssen  wir  etwas  tun.  Wir 
müssen  es  zunächst  „mit  dem 
Verstand  durcharbeiten"  und  fragen, 
„ob  es  recht  ist",  dann  wird  uns  die 
Wahrheit  kundgetan  (siehe  LuB  9:8). 
Schwester  Angela  Vargas,  21, 
Italien-Mission  Rom 


Der  himmlische  Vater  möchte,  daß 
wir  die  heiligen  Schriften  jeden  Tag 
studieren.  Dann  erfahren  wir  auch  die 
Freude,  die  mit  dem  Evangelium  Jesu 
Christi  verbunden  ist. 

Anthony  L.  Silberie, 
Gemeinde  Rotterdam  2, 
Pfahl  Rotterdam,  Niederlande 


Ich  freute  mich  nicht  besonders, 
als      meine      Mutter      mir      zum 


Schulabschluß  die  heiligen  Schriften 
schenkte.  Mir  wurde  allerdings 
bewußt,  wie  wichtig  die  heiligen 
Schriften  für  mich  sind,  als  ich 
anfing,  eifrig  darin  zu  forschen.  Ich 
begann,  die  poetischen  Verse  in  den 
Psalmen  und  Sprichwörtern  und  in 
Kohelet  zu  bewundern;  der  Glaube 
Abrahams  faszinierte  mich;  und  ich 
staunte,  mit  welcher  Beredsamkeit 
Jesaja  vom  Kommen  des  Messias 
prophezeit  hat. 

Ich  habe  entdeckt,  daß  es  vieles 
gibt,  wonach  man  in  den  heiligen 
Schriften  suchen  kann,  damit  man 
ein  besserer  Mensch  wird. 

Abegail  S.  Diezon, 

Zweig  Calape, 

Distrikt  Calape  Philippinen 


Als  Missionar  fordere  ich  andere 
immer  dazu  auf,  das  Buch  Mormon 
zu  lesen,  über  das,  was  es  lehrt, 
nachzusinnen  und  den  Herrn  zu 
fragen,  ob  es  wahr  ist.  Während  ich 
eines  Tages  Alma  17:2,3  las,  erfuhr 
ich,  wie  die  Söhne  Mosias  mit  der 
Macht  und  Vollmacht  Gottes 
handeln  konnten,  nachdem  sie  eifrig 
in  den  heiligen  Schriften  geforscht 
hatten.  Von  dem  Augenblick  an 
wurde  mein  Leben  anders.  Ich  fing 
an,  eifriger  in  den  heiligen  Schriften 
zu  forschen,  und  das  hat  mein 
Zeugnis  vom  Evangelium  Jesu 
Christi  gefestigt. 

Eider  Leonidas 
Macias  Izquierdo, 
Ecuador -Mission  Quito 


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Wir  müssen  bei  jedem  Vers,  den 
wir  lesen,  darüber  nachdenken, 
warum  er  geschrieben  wurde.  Dann 
gewinnen  wir  mehr  Erkenntnis. 

Es  ist  wichtig,  daß  wir  vor  und  nach 
dem  Schriftstudium  beten,  auch  pas- 
sendes Begleitmaterial  ist  wichtig.  Ich 
habe  festgestellt,  daß  es  auch  wichtig 
ist,  beim  Lesen  in  den  heiligen 
Schriften  auf  die  Zeichensetzung  zu 
achten. 

Giovanni  Ziliotto, 
Gemeinde  Taguatinga  2, 
Pfahl  Brasilia  Brasilien 
Taguatinga 


Ihr  könnt  dazu  beitragen,  daß 
der  Abschnitt  „ICH  HABE  EINE 
FRAGE"  anderen  hilft,  indem  ihr 
die  untenstehende  Frage  beantwortet. 
Bitte  schickt  eure  Antwort  bis  zum 
l,  Juli  1998  an  folgende  Adresse: 
QUESTIONS  AND  ANSWERS; 
International  Magazines,  50  East  North 
Temple  Street,  Salt  Lake  City,  Utah 
84150-3223,  USA.  Eure  Antwort  kann 
mit  der  Maschine  oder  leserlich  mit  der 
Hand  geschrieben  sein,  auch  in  eurer 
Muttersprache.  Gebt  bitte  euren  Namen 
und  euer  Alter,  euren  Wohnort,  eure 
Gemeinde  und  euren  Pfahl  an.  Schickt 
möglichst  auch  ein  Foto  von  euch  mit;  es 
wird  allerdings  nicht  zurückgeschickt.  Es 
wird  eine  repräsentative  Auswahl  an 
Antworten  veröffentlicht. 

FRAGE:  Ich  bin  dankbar  für  alle 
meine  Segnungen,  aber  ich  habe  das 
Gefühl,  wenn  ich  sie  beim  Beten 
aufzähle,  sage  ich  jeden  Tag  das 
gleiche.  Wie  kann  ich  es  schaffen,  daß 
ich  beim  Beten  nicht  immer  wieder 
das  gleiche  sage?  D 


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32 


FÜR  JUNGE  LEUTE 


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MAI       1998 
33 


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Viele  aktive  Heilige  der  Letzten  Tage  möchten  so 
gern  weniger  aktiven  Freunden  oder 
Verwandten  helfen,  die  Fülle  der  Segnungen  des 
Evangeliums  zu  haben.  Die  Erfahrungen  derer, 
die  dem  Aktivierungsprozeß  am  nächsten  sind,  deuten 
darauf  hin,  daß  wir  uns  sinnvoller  um  unsere  weniger 
aktiven  Brüder  und  Schwestern  kümmern  können,  wenn 
wir  mehr  über  sie  und  ihre  Bedürfnisse  wissen. 

Häufig  ist  das,  was  wir  weniger  aktiven  Heiligen  der 
Letzten  Tage  geben,  etwas  völlig  anderes  als  das,  was  sie 
sich  wünschen   und  was   sie  brauchen.   Zum  Beispiel 


Wissen  von  den  Wahrheiten  des  Evangeliums  und  identi- 
fizieren sich  im  Innern  mit  den  Heiligen  der  Letzten  Tage. 

Warum  sind  sie  dann  nicht  voll  und  ganz  aktiv? 

Viele  glauben  daran,  daß  die  Kirche  wahr  ist  und  daß 
sie  von  einem  lebenden  Propheten  geführt  wird,  aber  sie 
zweifeln  daran,  daß  eine  organisierte  Religion  ihr  Leben 
verbessern  kann.  Andere  weniger  aktive  Mitglieder 
haben  nicht  genug  Vertrauen  -  zu  ihrer  Fähigkeit,  nach 
dem  Evangelium  zu  leben,  zu  den  anderen  Mitgliedern, 
weil  ihre  Fehler  so  offensichtlich  sind,  oder  zu  Gott,  weil 
sie  das  Gefühl  haben,  er  habe  sie  irgendwie  im  Stich 


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Weniger  aktive  Mitglieder  äußern  sich  dazu,  warum 
sie  nicht  zur  Kirche  kommen  -  und  zu  dem,  was 
andere  tun  können,  um  sie  anzusprechen. 


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versuchen  wir  vielleicht,  sie  ganz  von  neuem  zu 
bekehren,  dabei  sollten  wir  ihnen  das  Gefühl  vermitteln, 
daß  sie  dazugehören.  Wir  versuchen  vielleicht,  sie  erneut 
im  Evangelium  zu  unterweisen,  dabei  sollten  wir  uns 
bemühen,  in  ihnen  das  Vertrauen  darauf  zu  wecken,  daß 
sie  es  schaffen  können,  nach  den  Grundsätzen  des 
Evangeliums  zu  leben. 

Diese  Schlußfolgerungen  haben  wir  aus  den 
Erfahrungen  weniger  aktiver  Mitglieder  und  solcher 
Menschen  gezogen,  die  sich  sehr  dafür  engagieren, 
weniger  aktiven  Mitgliedern  auf  dem  Weg  zurück  behilf- 
lich zu  sein. 

WARUM  WIRD  EIN  MITGLIED  WENIGER  AKTIV? 

Es  gibt  zwar  viele  Mitglieder  der  Kirche,  die  irgend- 
wann in  ihrem  Leben  weniger  aktiv  sind,  aber  die  meisten 
bewahren  sich  den  Glauben  an  das  Evangelium  und 
kehren  irgendwann  zur  vollen  Aktivität  zurück.  Ein 
Mann,  der  sich  als  junger  Mensch  von  den  Lehren  des 
Evangeliums  entfernt  hatte,  berichtet:  „Irgendwie  wußte 
ich  immer,  daß  das,  was  ich  tat,  falsch  war  und  daß  die 
Kirche  im  Recht  war.  Ich  wußte,  daß  der  Herr  mich  trotz 
allem  liebt  und  daß  ich  ihm  wichtig  bin.  Ich  glaube, 
darauf  kam  es  letztlich  an."  Wie  dieser  Bruder  bewahren 
sich  viele  weniger  aktive  Mitglieder  ein  grundlegendes 


gelassen.  Manchen  mangelt  es  an  Selbstwertgefühl,  oder 
sie  meinen,  die  anderen  verachteten  sie.  Eine  Frau  sagte 
beispielsweise:  „Ich  rauche,  und  ich  höre,  wie  die 
Mitglieder  über  diese  schrecklichen  Leute  reden,  die 
rauchen.  Ich  kann  nicht  zur  Kirche  kommen,  weil  ich  in 
den  Augen  dieser  Leute  ja  doch  nicht  gut  genug  bin." 

Weniger  aktive  Heilige  der  Letzten  Tage  befürchten 
vielleicht  Ablehnung  seitens  ihrer  Familie  oder  ihrer 
Freunde  für  den  Fall,  daß  sie  sich  ändern.  Oder  sie  sind 
zu  sehr  mit  ihren  Ambitionen  beschäftigt  und  haben 
wenig  Zeit  für  die  Aktivität  in  der  Kirche.  Ein  Mann,  der 
wegen  seiner  Arbeit  wenig  Zeit  zu  Hause  verbringt,  sagte 
beispielsweise,  weil  seine  Familie  ihm  so  wichtig  sei, 
verbringe  er  häufiger  seine  begrenzte  Freizeit  am  Sonntag 
mit  seiner  Familie  in  einem  Erholungsgebiet  als  in  den 
Versammlungen  der  Kirche. 

DIE  ROLLE  DER  FREUNDE 

Zu  diesen  weniger  aktiven  Mitgliedern  gehören  viele, 
die  man  liebevoll  zurückbringen  kann  -  die  eigentlich 
auch  zurückkommen  möchten.  Aber  den  aktiven 
Mitgliedern  ist  das  vielleicht  nicht  bewußt,  weil  viele  von 
ihnen  diese  weniger  aktiven  Mitglieder  nicht  sehr  gut 
kennen.  Die  aktiven  Mitglieder  haben  ihren 
Freundeskreis  meist  unter  denen,  mit  denen  sie  in  den 


MAI       1998 


35 


Versammlungen  und  Aktivitäten  der  Kirche  zusammen 
sind.  Daraus  ziehen  manche  weniger  aktiven  Mitglieder 
den  Schluß,  daß  sie  ausgeschlossen  sind. 

Liebevolle  Freundschaft  spielt  bei  dem  Rückkehrprozeß 
eine  wesentliche  Rolle.  Ein  erfolgreicher  Heimlehrer,  der 
früher  selbst  weniger  aktiv  war,  verbringt  bewußt  bei  den 
Menschen,  deren  Heimlehrer  er  ist,  soviel  Zeit,  daß  er  sie 
besser  kennenlernen  kann,  weil  er  sich  noch  daran  erin- 
nert, wie  er  sich  damals  fragte:  Bin  ich  diesem  Menschen 
wirklich  wichtig?  Ein  anderer  Heimlehrer  meinte:  „Wir 
meinen  manchmal:  Ich  bin  jemand,  der  nach  dem 
Evangelium  lebt.  Ich  will  dir  helfen,  du  lebst  ja  nicht  danach. 
Diese  Einstellung  bringt  meist  gar  nichts.  Wenn  wir  uns 
bewußtmachen,  daß  es  sich  um  starke  und  fähige,  wert- 
volle, wundervolle  Menschen  handelt,  die  für  uns  ein 
Segen  sind,  stellen  wir  auf  einmal  fest,  daß  wir  eine  part- 
nerschaftliche Beziehung  zu  ihnen  haben." 

Ein  echter  Freund  bietet  dreierlei  an,  was  notwendig 
ist,  damit  ein  weniger  aktives  Mitglied  zurückkommt. 
Erstens  bringt  er  ein  Engagement  mit,  das  Vertrauen 
aufbaut;  er  gibt  nicht  auf  und  sagt  sich  von  der 
Freundschaft  los,  wenn  der  weniger  Aktive  sich  nicht 
rasch  ändert.  Zweitens  bringt  er  eine  Herzlichkeit  mit, 
die  der  Liebe  entspringt.  Und  drittens  bringt  er  die 
Bereitschaft  mit,  auch  von  sich  zu  erzählen  und  über  das 
zu  sprechen,  was  er  aus  seinen  persönlichen  Kämpfen 
und  Erfahrungen  gelernt  hat. 

STOLPERSTEINE 

Mit  der  Hilfe  liebevoller  Freunde  kann  ein  weniger 
aktives  Mitglied  mehrere  häufig  vorkommende 
Stolpersteine  überwinden. 

Furcht.  Viele  weniger  aktive  Mitglieder  fürchten  sich 
davor,  zur  Kirche  zurückzukommen,  weil  sie  befürchten, 
daß  sie  da  nicht  „hinpassen".  Sie  befürchten,  daß  andere 
Mitglieder  um  ihre  Vergangenheit  wissen  und  nicht  gern 
mit  ihnen  Zusammensein  wollen.  Sie  befürchten,  daß  es  so 
aussehen  könnte,  als  wüßten  sie  in  Diskussionen  über  das 
Evangelium  nicht  genug,  und  wollen  ihre  Unwissenheit 
nicht  zugeben,  indem  sie  grundlegende  Fragen  stellen.  Sie 
befürchten,  daß  ihr  Problem  mit  dem  Wort  der  Weisheit 
allzu  offensichtlich  ist.  Eine  Frau  erzählte,  daß  sie  in  einer 
Versammlung  der  Kirche  sehr  unsicher  war,  weil  sie  das 
Gefühl  hatte,  die  anderen  wollten  nicht  neben  ihr  sitzen, 
weil  sie  den  Zigarettenrauch  in  ihrer  Kleidung  riechen 
konnten.  Viele  weniger  aktive  Mitglieder  befürchten,  daß 
die  unausweichlichen  Erinnerungen  an  ihre  Probleme,  ob 
im  Unterricht  oder  in  Ansprachen,  schmerzlich  sind.  Als 


eine  geschiedene  Frau  nach  langer  Abwesenheit  zur 
Kirche  zurückkehrte,  stellte  sie  fest,  daß  das  Programm  in 
der  Abendmahlsversammlung  zum  Thema  ewige  Familie 
in  starkem  Gegensatz  zu  ihren  jüngsten  Schwierigkeiten 
stand. 

Andere  weniger  aktive  Mitglieder  fürchten  sich 
davor,  ganz  aktiv  zu  werden  und  dann  von  einer 
Berufung  überwältigt  zu  werden;  manche  werden  wegen 
dieser  Möglichkeit  bewußt  nicht  wieder  aktiv.  Wieder 
andere  befürchten,  daß  es  ihnen  wieder  nicht  gelingt, 
nach  den  Grundsätzen  der  Heiligen  der  Letzten  Tage  zu 
leben.  Ein  Mann  sagte:  „Zur  Zeit  ist  mein  Zeugnis  wahr- 
scheinlich etwa  45  Prozent  dessen,  was  es  sein  könnte. 
Ich  bemühe  mich,  etwa  in  der  Mitte  zu  bleiben.  Ich 
möchte  nicht  wieder  superaktiv  werden,  und  ich  habe 
immer  noch  Angst  davor,  mich  auf  etwas  einzulassen, 
wofür  ich  nicht  bereit  bin." 

Mangelnder  Glaube.  Manchmal  bekundet  ein  weniger 
aktives  Mitglied,  daß  es  an  Gott  und  an  grundlegende 
christliche  Vorstellungen  glaubt,  daß  ihm  aber  der 
Glaube  an  bestimmte  Lehren  und  Grundsätze  der 
Heiligen  der  Letzten  Tage  fehlt.  Andere  wissen  oder 
glauben,  daß  die  Kirche  und  ihre  Lehren  wahr  sind, 
haben  aber  das  Gefühl,  ihr  Zeugnis  sei  zu  schwach.  „Ich 
weiß  nicht,  wieviel  mein  Zeugnis  aushalten  kann", 
meinte  ein  Mann.  „Ich  habe  Angst,  ich  würde  es  nicht 
schaffen,  wenn  ich  einmal  richtig  geprüft  würde." 

Manche  haben  zugelassen,  daß  Unglück  oder 
Schwierigkeiten  ihnen  den  Glauben  an  Gott  raubten. 
Eine  Frau  berichtet  von  einer  langen,  schwierigen  Zeit 
nach  dem  Tod  ihres  Babys.  Warum,  so  fragte  sie,  hatte 
Gott  ihr  dieses  kostbare  Kind  geschenkt,  um  es  ihr  dann 
wieder  wegzunehmen? 

Häufig  bekunden  die  weniger  aktiven  Mitglieder 
mangelnden  Glauben  an  die  aktiven  Heiligen  der 
Letzten  Tage.  „Ich  habe  nie  an  den  grundlegenden 
Lehren  der  Kirche  gezweifelt,  wohl  aber  an  den 
Menschen  in  der  Kirche",  sagte  ein  Mann. 

Manche  weniger  aktiven  Heiligen  der  Letzten  Tage 
glauben,  daß  die  aktiven  Mitglieder  Heuchler  sind.  Sie 
formulieren  das  zum  Beispiel  so:  „Ich  bin  nicht  so,  wie 
ich  sein  sollte,  aber  ich  bin  auch  nicht  unbedingt 
schlechter  als  irgend  jemand  anders.  Wenn  jemand  in  die 
Kirche  geht,  wird  er  dadurch  nicht  automatisch  zu  einem 
besseren  Menschen,  und  alle  diese  Menschen,  die  jeden 
Sonntag  in  die  Kirche  gehen,  kommen  mir  auch  nicht 
besser  vor,  als  ich  es  bin.  Sie  tun  nur  so,  als  ob  sie  es 
wären.  Ich  bin  ehrlicher;  ich  tue  nicht  so,  als  ob  ich 


DER 


STERN 
36 


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FOTO  VON  STEVE  BUNDERSON 


Ein  wichtiger  Teil  der  Aktivierung  besteht  darin,  daß 
man  den  Menschen  hilft,  immer  mehr  darauf  zu 
vertrauen,  daß  sie  sich  verbessern  können. 

besser  wäre  als  irgend  jemand  anders."  Solche  Gefühle 
werden  häufig  von  weniger  aktiven  Mitgliedern 
geäußert,  die  sich  ausgeschlossen  und  allein  fühlen.  Sie 
weisen  darauf  hin,  daß  die  Ermahnung  des  Erretters, 
unsere  Mitmenschen  zu  lieben,  sich  nicht  nur  auf  dieje- 
nigen erstreckt,  in  deren  Gegenwart  wir  uns  wohl  fühlen, 
sondern  auf  alle  Menschen  (siehe  Matthäus  5:46,47). 

ALS  ERSTES  DIE  VOLLKOMMENHEIT? 

Aktive  Mitglieder  meinen  häufig,  die  Probleme  der 
weniger  aktiven  Mitglieder  seien  schon  gelöst,  wenn  sie 
anfangen,  wieder  zur  Kirche  zu  kommen.  Aber  das  stimmt 
nicht   unbedingt.   Weniger   aktive   Mitglieder  meinen 


häufig  fälschlicherweise,  sie  müßten  so  gut  wie  voll- 
kommen sein,  ehe  sie  wieder  ganz  in  der  Kirche  aktiv  sein 
können.  Dieser  Glaube  ist  vielleicht  der  Grund  dafür,  daß 
die  weniger  aktiven  Mitglieder  manchmal  zwar  an  den 
Seminaren  zur  Vorbereitung  auf  den  Tempel  teilnehmen, 
dann  aber  nicht  in  den  Tempel  gehen.  Sie  fühlen  sich 
noch  nicht  dazu  bereit.  Ein  reaktivierter  Mann,  der  später 
Bischof  wurde,  nahm  siebenmal  mit  seiner  Frau  am 
Seminar  zur  Vorbereitung  auf  den  Tempel  teil,  ehe  beide 
sich  bereit  und  würdig  fühlten,  in  den  Tempel  zu  gehen. 

Es  ist  wichtig,  daß  ein  weniger  aktives  Mitglied  daran 
glaubt,  daß  es  die  heiligen  Bündnisse  erfolgreich 
eingehen  kann.  Es  ist  manchmal  viel  sinnvoller,  sie  in 
ihrem  Selbstvertrauen,  ihrem  Zeugnis  und  in  dem 
Wunsch  zu  bestärken,  in  die  Kirche  zu  gehen,  als  mit 
ihnen  irgendwelche  Lektionen  durchzunehmen. 


MAI       1998 

37 


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FOTO  VON  STEVE  BUNDERSON 


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Liebevolle  Freundschaft  spielt  bei  dem  Rückkehrprozeß 
eine  wesentliche  Rolle.  Ein  echter  Freund  bringt  eine 
Herzlichkeit  mit,  die  der  Liebe  entspringt. 

Anders  als  Untersucher  fühlen  weniger  aktive 
Mitglieder  sich  von  formellem,  abstraktem  Unterricht 
leicht  abgestoßen.  Sie  ziehen  informelle  Gespräche  über 
das  Evangelium  vor.  Dann  können  sie  von  Freunden 
irgendwelche  Antworten  bekommen,  ohne  in  die  pein- 
liche Lage  zu  geraten,  vor  Fremden  zugeben  zu  müssen, 
was  sie  alles  nicht  wissen.  Offene  Gespräche  unter 
Freunden  können  falsche  Vorstellungen  klären;  sie  bieten 
die  Möglichkeit,  sich  eingehend  über  Lehren  der  Kirche 
zu  unterhalten  die  die  weniger  aktiven  Mitglieder  nicht 
verstehen.  Solche  Gespräche  sind  besonders  nützlich, 
wenn  ihnen  bewußt  wird,  daß  ihr  Kollegiumspräsident, 
ihre  Besuchslehrerin,  ihre  Freundin  oder  Nachbarin  -  um 


wen  es  sich  auch  handelt  -  mit  ihren  Schwierigkeiten  im 
Leben  fertig  werden,  indem  sie  sich  an  die  Grundsätze  des 
Evangeliums  halten.  Manche  von  denen,  die  besonders 
erfolgreich  sind,  wo  es  darum  geht,  anderen  zur  Aktivität 
zurück  zu  helfen,  waren  selbst  einmal  weniger  aktiv;  sie 
fühlen  sehr  mit  denen  mit,  die  darum  ringen,  wieder  ganz 
und  gar  am  Evangelium  teilzuhaben. 

VOM  GEIST  BERÜHRT 

Die  Aktivierung  muß  durch  den  Geist  geschehen.  Der 
Einfluß  des  Geistes  des  Herrn  ist  so  mächtig,  daß  viele 
weniger  aktive  Mitglieder  auch  von  sich  aus  zurück- 
kommen. Die  aktiven  Mitglieder,  die  sich  dafür 
entscheiden,  ihren  Brüdern  und  Schwestern  in  diesem 
Prozeß  zur  Seite  zu  stehen,  stellen  fest,  daß  der  Geist  des 
Herrn  ihr  mächtigster  Verbündeter  ist.  „Der  Geist 
bewirkt    es",    erklärte    ein    Mitglied,    das    bei    der 


DER       STERN 

38 


Aktivierung  anderer  erfolgreich  ist.  „Ich  befolge,  wenn 
ich  rede,  bloß  die  Eingebungen." 

Die  Mitglieder  sollten  sich  darauf  vorbereiten,  geistige 
Eingebungen  zu  erhalten,  wenn  sie  sich  um  ihre  weniger 
aktiven  Brüder  und  Schwestern  bemühen,  so  ein 
weiteres  erfolgreiches  Mitglied.  Wenn  sie  sich  vorbe- 
reiten, „hilft  der  Geist  ihnen,  sich  die  nötigen 
Fertigkeiten  anzueignen.  Dann  können  sie  das  Richtige 
sagen  und  die  richtigen  Entscheidungen  treffen." 

Viele,  die  anderen  schon  geholfen  haben,  wieder  aktiv 
zu  werden,  beten  regelmäßig  für  die  Familien,  um  die  sie 
sich  bemühen.  Aber  es  ist  vielleicht  noch  wichtiger,  mit 
ihnen  zu  beten.  Das  Beten  ruft  nicht  nur  die  Macht  des 


Himmels  herab,  sondern  es  unterweist  die  Familie  auch 
und  lädt  den  Einfluß  des  Geistes  ein. 

Nicht  jedes  weniger  aktive  Mitglied  kann  oder  will 
aktiviert  werden.  Aber  es  warten  viele  darauf,  daß  man 
sie  fragt,  ob  sie  zurückkommen  möchten.  Was  auch 
immer  wir  bei  unseren  Aktivierungsbemühungen  errei- 
chen, diejenigen,  die  mithelfen,  andere  wieder  liebevoll 
auf  den  Einfluß  des  Geistes  hinzuführen,  können  dabei 
nur  gewinnen.  Fast  immer  finden  sie  neue  Freunde.  In 
vielen  Fällen  werden  es  Freunde  für  die  Ewigkeit,  die  die 
Erinnerung  an  diejenigen,  die  ihnen  geholfen  haben,  die 
Segnungen  des  immerwährenden  Evangeliums  erneut  zu 
entdecken,  wertschätzen.  D 


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WAS  FUHRT  ZUR  AKTIVIERUNG? 


ie  Erfahrung  zeigt,  daß 
acht  Schlüsselfaktoren  dazu 
beitragen,  daß  weniger  aktive 
Heilige  der  Letzten  Tage  voll  und 
ganz  an  den  Verordnungen  und 
Möglichkeiten  des  Evangeliums 
teilhaben. 

1.  Positive  Erfahrungen  mit  aktiven 
Mitgliedern  der  Kirche  sind  ganz 
wesentlich.  Wahre  Freundschaft  hilft 
häufig  über  negative  Gefühle  in  bezug 
auf  die  Kirche  und  andere  Mitglieder 
hinweg. 

2.  Am  ehesten  läßt  man  sich  auf 
jemanden  ein,  dem  man  vertraut. 
Gerade  aktivierte  Mitglieder  sagen, 
daß  sie  am  besten  mit  solchen 
Mitgliedern  umgehen  können,  die 
bereit  sind,  für  sie  Opfer  zu  bringen 
und  sie  zu  akzeptieren,  statt  sie  zu 
verurteilen.  Es  ist  wichtig,  daß  sie 
spüren,  daß  die  Bemühungen  des 
aktiven  Mitglieds  aufrichtig  sind  und 
nicht  bloß  der  Pflichterfüllung  dienen. 

3.  Die  drei  wichtigsten  Eigen- 
schaften,    die     ein     Mitglied,     das 


sich  darum  bemüht,  andere  zur 
Aktivität  zurückzuführen,  haben 
kann,  sind  Offenheit,  Freundlichkeit 
und  Engagement.  Mit  Offenheit  ist  die 
Bereitschaft  gemeint,  über  die 
eigenen  Erfahrungen  zu  sprechen. 
Freundlichkeit  bedeutet,  daß  man  eine 
freundliche,  vertrauensvolle  Einstel- 
lung hat.  Engagement  bedeutet,  daß 
man  beständig  ist  in  den  Besuchen  und 
im  Einhalten  von  Versprechungen. 

4.  Die  Mitglieder,  die  anderen 
helfen,  wieder  aktiv  zu  werden,  fühlen 
sich  für  sie  verantwortlich.  Sie  sind  um 
ihr  geistiges  Leben  besorgt. 

5.  Es  gibt  bei  der  Aktivierung  vier 
deutlich  zu  unterscheidende  Aspekte: 
(a)  Feststellen,  warum  jemand  nicht 
voll  und  ganz  am  Kirchenleben  betei- 
ligt ist,  (b)  dem  weniger  Aktiven 
helfen,  zu  lernen,  seine  Probleme 
durch  Gehorsam  gegenüber  den 
Grundsätzen  des  Evangeliums  zu  über- 
winden, (c)  dem  Betreffenden  helfen, 
akzeptiert  zu  werden  und  sich  in  der 
Gemeinschaft  der  Heiligen  der  Letzten 


Tage  zu  engagieren,  und  (d)  dem 
weniger  aktiven  Mitglied  ein  Gefühl 
dafür  vermitteln,  daß  der  Herr  es 
akzeptiert  und  ihm  die  Sünden,  von 
denen  es  umgekehrt  ist,  vergibt.  An 
diesem  Aspekt  der  Aktivierung 
müssen  häufig  die  Priestertumsfuhrer 
beteiligt  werden. 

6.  Die  weniger  aktiven  Mitglieder 
brauchen  die  Hilfe  der  aktiven 
Mitglieder,  um  ihre  Erfahrungen  im 
Sinne  des  Evangeliums  deuten  zu 
können. 

7.  Zur  Aktivierung  gehört  es  häufig 
dazu,  daß  man  die  weniger  aktiven 
Mitglieder  erneut  mit  geistigen 
Erlebnissen  vertraut  macht.  Diesen 
Mitgliedern  muß  es  ermöglicht 
werden,  den  Geist  des  Herrn  spüren  zu 
können  und  zu  verstehen,  wie  er  sie 
zur  Wahrheit  führen  kann. 

8.  Ein  wichtiger  Teil  der 
Aktivierung  besteht  darin,  daß  man 
den  Menschen  hilft,  immer  mehr 
darauf  zu  vertrauen,  daß  sie  sich 
verbessern  können.  □ 


MAI       1998 

39 


Ein  ganz  neues  Leben 


Juan  Antonio  Flores 


FOTOS  VON  DANIEL  PALMER  C,  AUSSER  WO  ETWAS  ANDERES 
ANGEGEBEN  IST 


Ich  bin  als  Mitglied  der  Kirche  in 
einem  Zweig  in  Mexiko  aufge- 
wachsen. Aber  als  Jugendlicher 
habe  ich,  wie  Alma  der  Jüngere, 
rebelliert.  Als  viele  meiner  Freunde 
mit  19  Jahren  auf  Mission 
gingen,  bat  ich 
meinen 


Zweigpräsidenten  nie  um  ein 
Missionsinterview.  Ich  rechtfertigte 
mich  immer  damit,  daß  meine 
Mutter  Witwe  war  und  wir  oft 
finanzielle  Schwierigkeiten  hatten. 
Ich  wurde  weniger  aktiv.  Die  näch- 
sten beiden  Jahre  erfüllten 
mich  mit  Zorn;  es  war  die 
schlimmste  Zeit  meines 
Lebens. 
In  dieser  Zeit  ging  ich  mit 
einem  Mädchen  aus  meinem 
Zweig  aus.  Es  erstaunte  mich, 
wie  nah  sie  Gott  war.  In  mir 
begann  sich  etwas  zu  regen. 
Ich  wollte  zur  Kirche  zurück- 
kommen, aber  ich  war  sehr 
stolz.    Damit    begann    mein 


Kampf  gegen  den  Herrn.  Ich  ging 
manchmal  mit  meiner  Freundin  zur 
Kirche,  aber  ich  sagte  immer  irgend 
etwas  gegen  die  Lehren  der  Kirche, 
um  ihr  die  Freude  an  den 
Versammlungen  zu  nehmen.  Die  Zeit 
verging,  und  meine  Freundin,  mit  der 
ich  mich  inzwischen  verlobt  hatte, 
verließ  mich,  weil  sie  meinte,  ich 
würde  mich  nie  ändern.  Ich  fing  an, 
mich  schrecklich  einsam  zu  fühlen. 

Ein  paar  Monate  darauf  fühlte  ich 
mich  ermutigt,  als  ich  eine  Zeitschrift 
der  Kirche  aufschlug  und  darin  las: 
„Wie  auch  immer  die  Vergangenheit 
war  -  die  Zukunft  ist  ein  unbeschrie- 
benes Blatt."  (Der  Stern,  September 
1989,  47.)  Aber  ich  war  immer  noch 


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so  deprimiert  und  von  Zorn  erfüllt, 
daß  ich  eines  Tages  beschloß,  glück- 
lich zu  werden,  indem  ich  nach  der 
Weise  der  Welt  lebte.  Genau  an  dem 
Tag  hatte  ich  ein  Erlebnis,  das  mein 
Leben  veränderte.  Ich  hatte  das 
Gefühl,  es  berühre  mich  jemand  an 
der  Schulter.  Ich  sah  mich  um,  und  es 
war  niemand  da.  Ich  hatte  ein 
bißchen  Angst.  Kurze  Zeit  später 
hatte  ich  das  gleiche  Gefühl,  aber 
diesmal  war  die  Kraft  an  meiner 
Schulter  so  stark,  daß  ich  auf  die  Knie 
fiel.  Ich  begann  zu  weinen.  Zum 
ersten  Mal  seit  vielen  Jahren  betete 
ich.  Ich  weiß  nicht,  wieviel  Zeit  ich 
auf  den  Knien  verbrachte,  aber 
irgendwann  schlief  ich  ein.  Als  ich 
aufwachte,  fragte  meine  Mutter,  was 
geschehen  sei.  Ich  erklärte  ihr,  ich 
hätte  das  Gefühl,  mein  Leben  lang 
geschlafen  und  gerade  erst  die  Augen 
aufgemacht  zu  haben. 

Ich  suchte  nach  dem  Buch 
Mormon  und  begann  zu  lesen.  Als 
ich  aufhörte  zu  lesen,  betete  ich  von 
ganzem  Herzen.  Ich  spürte  eine 
Wärme  im  Herzen  und  ein  Brennen 
in  der  Brust. 

Nun  begann  ein  völlig  neues 
Leben.  Ich  begann  zu  beten,  zu  fasten, 
Zeugnis  zu  geben,  meinen  Kollegen 
das  Evangelium  zu  verkünden,  den 
Zehnten  zu  zahlen  und  die  heiligen 
Schriften  zu  lesen  und  zu  studieren. 
Ich  fühlte  mich  glücklich  und  dem 
himmlischen  Vater  nah.  Ich  sprach 
mit  meinem  Zweigpräsidenten  über 
eine  Mission,  und  schließlich  reichte 
er  meine  Missionspapiere  ein. 

Die  Mitglieder  in  meinem  Distrikt 
freuten  sich,  als  sie  erfuhren,  daß  ich 


in  die  Mexiko  Chihuahua  Mission 
berufen  worden  war.  Manche  Leute 
waren  erstaunt. 

Am  letzten  Sonntag  vor  dem 
Antritt  meiner  Mission  gab  ich 
Zeugnis.  Ich  sagte,  jeder  könne  sich 
ändern.  Alma  der  Jüngere  hat  sich 
geändert;  die  Söhne  von  König  Mosia 
haben  sich  geändert;  Zeezrom  hat  sich 
geändert;  Paulus  hat  sich  geändert; 
und  ich  habe  mich  geändert. 

Während  meiner  Vollzeitmission 
habe  ich  die  Macht  der  Liebe  erlebt 
und  durfte  viele  Menschen  zum 
himmlischen  Vater  führen. 

Nach  meiner  Rückkehr  heiratete 
ich  Erika  Mendoza  im  Dallas- 
Texas-Tempel.  Wir  sind  beide  in 
unseren  Berufungen  in  der 
Sonntagsschule  und  bei  den  Jungen 
Damen  eifrig  tätig. 

Immer  wenn  ich  ein  Bild  davon 
sehe,  wie  Petrus  über  das  Wasser  auf 
Jesus  zugeht,  aber  im  tiefen  Meer 
versinkt,  sehe  ich  mich  an  der 
Stelle  des  Petrus  (siehe  Matthäus 
14:22-33).  Manchmal  spüre  ich, 
wie  ich  schwach  werde,  und  ich  bete, 
daß  der  Herr  -  wie  bei  Petrus  -  die 
Hand  ausstreckt,  um  mich  aufzu- 
fangen, so  daß  ich  weiter  auf  ihn 
zugehen  kann. 

Ich  werde  nie  vergessen,  was  der 
Herr  für  mich  getan  hat,  als  er  meine 
Seele  geheilt  hat.  Ich  weiß,  daß  er 
alle  seine  Kinder  liebt,  und  ich  bin 
dankbar,  daß  ich  weiß,  daß  unsere 
Zukunft  ein  unbeschriebenes  Blatt 
ist,  egal  wie  unsere  Vergangenheit 
ausgesehen  hat.  D 

Juan  und  Erika  Flores 


Frauen  voll 
Glauben 


Präsident  Wilford  Woodruff 
hat  einmal  gesagt:  Die 
Frauen,  „die  berufen  sind, 
am  großen  Werk  der  Letzten 
Tage  teilzuhaben",  müssen 
„Frauen  des  Glaubens  sein, 
die  tapfer  für  die  Wahrheit 
einstehen,  .  .  .  Frauen,  die  vor  Gott  redlich  sind",  die 
nicht  „zulassen,  daß  Häuser  und  Land,  Gold  und  Silber 
oder  irgendwelche  anderen  weltlichen  Güter  sie  davon 
abbringen,  das  große  Ziel  zu  verfolgen,  das  zu  erreichen 
Gott  ihnen  aufgetragen  hat."  (Discourses  of  Wilford 
Woodruff,  Hg.  G.  Homer  Durham,  1946,  130.) 


Auf  den  folgenden  Seiten  sind  Kunstwerke  abgedruckt, 
die  solche  Frauen  darstellen,  von  denen  Präsident 
Woodruff  gesprochen  hat  -  Frauen  voll  Glauben,  die 
tapfer  darum  bemüht  sind,  voll  Redlichkeit  den  Willen 
Gottes  zu  tun. 

Diese  Kunstwerke  wurden  kürzlich  im  Rahmen  einer 
Ausstellung  im  Museum  für  Geschichte  und  Kunst  der 
Kirche  in  Salt  Lake  City  gezeigt.  Bis  auf  die  Schriftzitate 
stammen  die  Zitate  aus  Texten,  die  die  Künstler  ihren 
Werken  mit  auf  den  Weg  gegeben  haben. 

Frauen,  von  denen  Christus  abstammt, 
(links  und  Hintergrund), 

von  Sallie  Clinton  Poet, 

Ol  auf  Leinwand  (1  21  cm  x  91  cm) 


Pua  und  Schifra  widersetzen  sich  dem  Pharao, 

von  Sallie  Clinton  Poet, 

Ol  auf  Leinwand  (121  cm  x  89  cm) 

„Zu  den  hebräischen  Hebammen — die  eine  hieß  Schifra, 
die  andere  Pua — sagte  der  König  von  Ägypten:  Wenn  ihr 
den  Hebräerinnen  Geburtshilfe  leistet,  dann  achtet  auf  das 
Geschlecht!  Ist  es  ein  Knabe,  so  laßt  ihn  sterben!    .  .  . 
Die  Hebammen  aber  fürchteten  Gott  und  taten  nicht,  was 
ihnen  der  König  von  Ägypten  gesagt  hatte,  sondern  ließen 
die  Kinder  am  Leben.    .  .  .    Gott  verhalf  den  Hebammen  zu 
Glück,  das  Volk  aber  vermehrte  sich  weiter  und  wurde  sehr 
stark."  (Exodus  1:15-17,20.) 


Um  Inspiration  bemüht  sein 

„Der  Pfad  der  Gerechten  ist  wie 
das  Licht  am  Morgen;  es  wird  immer 
heller  bis  zum  vollen  Tag.  . . .  Laß  sie 
nicht  aus  den  Augen,  bewahre  sie 
tief  im  Herzen!"  (Sprichwörter 
4:18,21.)  Wir  lassen  uns  vom 
Beispiel  der  Frauen  in  den  heiligen 


Schriften  inspirieren.  Sei  es  der  Mut 
von  Rut  und  Ester  oder  die 
Beständigkeit  von  Maria  und  Saria, 
sie  alle  zeigen  uns,  daß  es  nicht 
ausreicht,  nur  an  Gott  zu  glauben; 
wir  müssen  uns  auch  beständig  um 
Weisung  von  ihm  bemühen. 


Die  Hebamme,  sie  hat  sich  für  deinen 
Weg  entschieden, 

von  Crystal  Haueter, 

Ol  auf  Leinwand  (61  cm  x  56  cm) 

„Wer  wird  an  sie  denken,  wenn  sie  von  uns 

gegangen  ist? 

Wer  wird  ihrem  zeitlosen  Flüstern  folgen?" 


Kristina, 

von  Dennis  Smith, 

Bronzeguß  (1  82  cm  x  40  cm  x  40  cm) 

„Die  Tränen  der  Gespräche 
in  dunkler  Nacht,  nur  vom 
Kerzenschein  beleuchtet,  zerren  sie 
hin  und  her.  Und  doch  ist  da  der  Ruf 
nach  Zion  oder  vielleicht  die 
Bindung  an  ihre  Eltern,  die  den 
weiten  Weg  über  den  Ozean  wagen 
wollen,  zu  stark.  Einsam  steht  sie  im 
Finstern  zwischen  zwei  Welten." 


MAI       1998 

43 


Eine  geistige 
Gesinnung  entwickeln 

„Naht  euch  mir,  und  ich  werde 
mich  euch  nahen;  sucht  mich  eifrig, 
dann  werdet  ihr  mich  finden; 
bittet,  und  ihr  werdet  empfangen, 
klopfet  an,  und  es  wird  euch 
aufgetan  werden."  (LuB  88:63.) 


Nur  durch  Studieren  und  Beten 
können  wir  das  Evangelium 
verstehen  lernen  -  und  einen  tieferen 
Einblick  in  den  Erlösungsplan 
erlangen.  Wenn  wir  eine  geistige 
Gesinnung  entwickeln,  werden  wir 
Gott  ähnlicher. 


Epiphanie, 

von  Marcus  Vincent, 

Öl  auf  Leinwand  (130  cm  x  51  cm) 

„Wie  merkwürdig  universell  doch 
die  Fragen  sind,  die  wir  alle  uns 
stellen:  Wer  bin  ich?  Woher  komme 
ich?  Warum  bin  ich  hier?  Wohin 
gehe  ich?  Aber  der  aufrichtig 
Suchende  erlebt  stille  Augenblicke, 
in  denen  ein  leises,  engelgleiches 
Flüstern  seinen  Sinn  erreicht.  Und 
dann,  wenn  man  bereit  ist,  zu 
sehen  oder  zu  hören,  ist  da  ein 
leises  Wehen,  der  Schleier  teilt  sich, 
und  ein  Strom  der  Erkenntnis  fließt 
herab — die  Gewißheit,  daß  man 
göttlichen  Ursprungs  ist.  Bald 
schließt  die  Tür  sich  wieder,  und 
man  ist  seinem  Nachsinnen  über- 
lassen. Epiphanie  feiert  diese  plötz- 
liche Erkenntnis  und  Einsicht." 


Ehrfurcht, 

von  Laura  Lee  Stay  Bradshaw, 
Bronzeguß  (91  cm  x  33  cm  x  20  cm} 

„Das  Frau  sein  hat  viele  Facetten. 
Wenn  eine  Frau  selbstsicher  dasteht, 
braucht  sie  nichts  zu  sagen.  Ihre 
Würde  spricht  aus  ihrer  Haltung,  die 
friedlich,  ruhig,  ehrfürchtig  ist." 


DER      STERN 

44 


Sich  dem  Licht  zuwenden  (Umkehr), 

von  Lee  Bennion, 

Öl  auf  Leinwand  (112  cm  x  81  cm) 

„Wir  bedürfen  alle  der  Umkehr.  Die  Geranie  in 
meiner  Küche  veranschaulicht  dieses  göttliche 
Prinzip — sie  wendet  sich  immer  dem  Licht  zu. 
Meine  siebzehnjährige  Tochter  Louisa  hat  das 
folgendermaßen  zum  Ausdruck  gebracht:  ,lch 
möchte  das  tun,  was  eine  Pflanze  tut — das 
Licht  nehmen  und  daraus  etwas  machen,  was 
das  Leben  nicht  nur  erhält,  sondern  es  auch 
schön  macht.'" 


Übergangsriten, 

von  Quirl  B.  Myers, 

Öl  auf  Leinwand  (1 58  cm  x  1 1 4  cm) 

„Ich  gelobe,  mein  Bestes  zu  geben,  und  bitte 
Gott,  mich  zu  führen,  damit  ich  in  aller 
Rechtschaffenheit  und  Weisheit  und  Wahrheit 
mit  ihm  gehen  kann.  Ich  möchte  im  Herzen 
rein  sein,  damit  ich  Gott  sehen  kann." 


MAI       1998 

45 


Im  Glauben  leben 

„Gesegnet  sind  diejenigen,  die 
glaubenstreu  sind  und  ausharren,  . . . 
denn  sie  werden  ewiges  Leben 
ererben."  (LuB  50:5.) 

Das  Leben  ist  sowohl  eine  Reise  als 
auch  eine  Prüfung.  Wir  sind  hier,  um 
zu  zeigen,  wie  gut  wir  uns  im  Leben 
entscheiden.  Wenn  wir  uns  dafür 
entscheiden,  im  Glauben  zu  leben 
und  uns  den  Herausforderungen  des 
täglichen  Lebens  auf  rechtschaffene 
Weise  zu  stellen,  gelangen  wir  auf  den 
Weg  zu  wahrer  Freude  und  ewiger 
Erhöhung. 


Mary  Ann  Savage, 

von  Dorothea  Lange, 
Silberdruck  (39  cm  x  39  cm) 

„Mary  Ann  Savage  war  ihr  Leben  lang  eine  glaubenstreue  Heilige  der 
Letzten  Tage.  Sie  war  eine  Pioniersfrau.  1856  überquerte  sie  mit  sechs 
Jahren  mit  ihrer  Familie  die  Prärie.  Ihre  Mutter  schob  ihre  kleinen  Kinder 
im  Handkarren  über  die  Prärie  und  durch  die  Wüste.  Eine  Schwester  starb 
unterwegs.  'Meine  Mutter  wickelte  sie  in  eine  Decke  und  legte  sie  an  die 
Seite  des  Handkarrens.'" 


Die  Erde  ist  erfüllt  von  der  Huld 
des  Herrn, 

Jeanne  Leighton-Lundberg, 

Ol  auf  Leinwand  (1  52  cm  x  1 1 2  cm) 

„Er  liebt  Gerechtigkeit  und  Recht, 
die  Erde  ist  erfüllt  von  der  Huld 
des  Herrn.  Durch  das  Wort  des 
Herrn  wurden  die  Himmel 
geschaffen,  ihr  ganzes  Heer 
durch  den  Hauch  seines  Mundes." 
(Psalm  33:5,6.) 


Beim  Lesen  in  der  Bibel, 

John  Taye, 

Holzschnitzerei  (58  cm  x  28  cm  x  46  cm) 

„Wir  sind  durch  die  sanfte,  leise 
Stimme,  eine  Eingebung  von  unserem 
Vater,  aufgerufen,  uns  unsere  Errettung 
zu  erarbeiten.    ...   Es  ist  also  offen- 
sichtlich notwendig,  daß  die  Frauen 
ebenso  wie  die  Männer  ihr  Leben  lang 
eifrig  studieren,  um  solche  Erkenntnis 
zu  erlangen,  die  den  größten  Wert 
hat."  (Bathsheba  W  Smith,  „Relief 
Society  Annual  Greeting",  Woman's 
Exponent,  Januar  1906,  1 .) 


Mutter  und  Kind, 

Walter  Rane, 

Öl  auf  Leinwand  (71  cm  x  40  cm) 

„Ich  bete,  alle  meine  Kinder  mögen 
zur  Erkenntnis  der  Wahrheit  gebracht 
werden  und  in  seinem  Reich  errettet 
werden,  was  auch  der  Fall  sein  wird, 
wenn  die  Gebete  einer  Mutter  vor 
dem  Thron  Gottes  überhaupt  etwas 
bewirken."  (Caroline  Rogers  Smoot,  in 
Barbara  B.  Smith  und  Blythe  Darlyn 
Thatcher,  Hg.,  Heroines  of  fhe 
Restoration,  1997,  162.) 


MAI       1998 

47 


FOTOS  DER  KUNSTWERKE  VON  RON  READ 


AöS  EINER  DER 

besten  Familien 


Kay  Hago 

Schlechte  Gene.   Das   ist  wohl  mein 
Problem,  sagte  ich  mir,  nachdem  ich 
wieder    mal    eine    Lektion    über 
Familien  gehört  hatte. 

Sie  sollten  uns  dafür  begeistern,  hervorra- 
gende  Eltern   zu   werden,    indem   man   uns 
erzählte,  wie  großartig  unsere  Kinder  sein  würden, 
wenn  wir  glaubenstreu  waren.  Aber  wenn  das  wahr  war, 
hatte  ich  keine  Chance.  In  meiner  Familie  gab  es  über- 
durchschnittlich viele  Scheidungen,  Alkoholiker,  Untreue 
und  noch  mehr  wenig  beeindruckende  Laster.  Als  neues 
Mitglied  fühlte  ich  mich  gegenüber  den  Glücklichen,  die 
Eltern  in  der  Kirche  hatten,  sehr  benachteiligt. 

Ich  begann  mir  Sorgen  zu  machen.  Ich  war  von 
Menschen  umgeben,  deren  Familie  seit  Generationen 
in  der  Kirche  war,  und  das  schien  einigen  von  ihnen 
sehr  wichtig  zu  sein.  „Ich  muß  jemanden  aus  einer 
guten,  starken  Familie  heiraten",  vertraute  eine 
Freundin  mir  an.  „Ich  möchte,  daß  meine  Kinder  gute 
Gene  haben." 

Wenn  alle  so  dachten,  warum  bemühte  ich  mich  dann 
überhaupt?  So  sehr  ich  mich  auch  anstrengte,  mehr 
Glauben  zu  haben,  soviel  ich  auch  über  Christus  lernte 
und  mich  bemühte,  ihm  ähnlicher  zu  werden,  ich  war  ja 
doch  immer  nur  „zweitklassig".  War  ich  ohne  eigene 
Schuld  weniger  wert  als  diejenigen,  deren  Vorfahren 
bereits  treue  Mitglieder  der  Kirche  gewesen  waren? 

Meine  Antworten  kamen  durch  einen  Segen  und 
durch  die  heiligen  Schriften.  „Lies  das  Buch  Rut",  riet  mir 
ein  Freund,  der  etwas  älter  war  als  ich  und  der  mir  zu 
Beginn  des  Schuljahrs  einen  Segen  gegeben  hatte.  „Darin 
steht  etwas,  das  ganz  speziell  für  dich  bestimmt  ist." 

Ich  begann  sofort,  in  diesem  Buch  des  Alten  Testaments 
danach  zu  suchen.  Ich  las  und  betete  und  las  es  wieder.  Ich 
studierte  die  Kommentare.  Ich  lernte  Rut,  die  sich  von  den 
Götzen  ihres  Volks  abgewandt  hatte,  um  den  Gott  Israels, 
den  Gott  ihres  Mannes,  zu  verehren,  kennen  und  lieben. 

DER 


Ich  bewunderte  ihren  Glauben,  den  sie  ließ 

nicht  von  ihrer  neuen  Religion  ab,  als  ihr 

Mann  starb.  Vielmehr  reiste  sie  mit  ihrer 

Schwiegermutter  Noomi  in  Noomis  Heimat 

und  ließ  ihre  Freunde,  ihre  Familie  und  alles, 

was  ihr  vertraut  war,  zurück. 

„Dränge  mich  nicht,  dich  zu  verlassen  und 
umzukehren.  Wohin  du  gehst,  dahin  gehe  auch  ich,  und 
wo  du  bleibst,  da  bleibe  auch  ich.  Dein  Volk  ist  mein 
Volk,  und  dein  Gott  ist  mein  Gott."  (Rut  1:16.)  Das  sagt 
Rut  in  einem  der  schönsten  und  bekanntesten  Verse  des 
Alten  Testaments  zu  Noomi.  Rut  paßte  sich  mit  Noomis 
Hilfe  der  Lebensweise  ihrer  neuen  Heimat  an  und  heira- 
tete schließlich  Boas,  einen  guten  Mann,  und  bekam 
einen  Sohn. 

Das  Buch  Rut  war  ein  wundervoller,  inspirierender 
Bericht.  Aber  was  bedeutete  es  für  mich?  Schließlich 
wurde  mir  durch  den  Geist  bewußt,  daß  der  Schlüssel 
ganz  am  Ende  des  Buchs  zu  finden  war,  nämlich  dort,  wo 
steht,  daß  Rut  eine  Ahnfrau  von  David  und  damit  von 
Christus  war.  Rut,  die  Moabiterin,  die  Bekehrte  aus 
einem  fremden  Land,  bewies  so  großen  Glauben,  daß  sie 
schließlich  einer  der  am  meisten  gesegneten  Familien 
angehörte.  Diese  großartige  Frau,  die  aus  einer  Familie 
kam,  in  der  seit  Generationen  Götzen  verehrt  wurden, 
war  eine  Ahnfrau  des  Erretters  der  Welt! 

So  erfuhr  ich,  daß  mir,  wenn  ich  dem  Glauben  treu 
bin,  keine  Segnung  vorenthalten  bleiben  wird,  weil 
meine  Eltern  keine  Heiligen  der  Letzten  Tage  sind.  Es 
wäre  naiv  und  engstirnig,  wenn  mir  daraus  jemand  einen 
Vorwurf  machen  würde  oder  wenn  ich  mir  selbst  daraus 
einen  Vorwurf  machen  würde.  Als  Mitglied  der  Kirche 
Jesu  Christi  der  Heiligen  der  Letzten  Tage  komme  ich  aus 
einer  der  besten  Familien,  und  solange  wir  dem  Glauben 
treu  bleiben,  werden  meine  Brüder  und  Schwestern  und 
ich  gleichen  Anteil  an  allem  haben,  was  der  Vater  im 
Himmel  seinen  Kindern  verheißen  hat.  D 

STERN 

48 


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Ruth,  Gemälde  von  Henry  Ryland 

„Eines  Tages  sagte  die  Moabiterin 

Rut  zu  Noomi:  Ich  möchte  aufs  Feld  gehen 

und  Ähren  lesen,  wo  es  mir  jemand  erlaubt. 

Sie  antwortete  ihr:  Geh,  Tochter!  Rut  ging 

hin  und  las  auf  dem  Feld  hinter  den 

Schnittern  her.  Dabei  war  sie  auf  ein 

Grundstück  des  Boas   .  .  .   geraten." 

(Rut  2:2,3. 


Präsident  Wilford  Woodruff 
hat  einmal  gesagt:  Die  Frauen,  „die  berufen 

sind,  am  großen  Werk  der  Letzten  Tage 

teilzuhaben",  müssen  „Frauen  des  Glaubens 

sein,  die  tapfer  für  die  Wahrheit  einstehen,  . . . 

Frauen,  die  vor  Gott  redlich  sind." 

(Siehe  „Frauen  voll  Glauben",  Seite  42.) 


ERMAN 


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