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Full text of "Der Tempel der Diana zu Ephesus"

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DER      TEMPEL 


DER 


DIANA  zu  EPHESUS. 


VON 


A.        HIRT, 


VORGELESEN    IN    DER    KONI  GL.    AKADEMIE    DER    WISSENSCHAFTEN 
ZU     BERLIN     DEN    4-    JANUAR     I804' 


MIT    DREI    KUPFERTAFELN. 


BERLIN, 

BEI        JOHANN        FRIEDRICH        WEISS. 

1809. 


DER       TEMPEL 


DER 


DIANA       zu       EPHESÜS. 


Digitized  by  the  Internet  Archive 

in  2010  with  funding  from 

Research  Library,  The  Getty  Research  Institute 


http://www.archive.org/details/dertempelderdianOOhirt 


öo  wie,  -wenn  -sAir  von  einem  Manne  von  vorzüglichen  Eigenschaften  hören, 
in  uns  die  natürliclie  Neugierde  entsteht,  den  Mann  selbst  oder  ■wenigstens  sein 
Bild  zu  sehen:  eben  so  geht  es  uns  mit  Kunstdenkmalcn ,  -welche  das  Werk  ei- 
nes besondern  Aufwandes  von  intellektueller  oder  physischer  Kraft  sind.  Unsere 
Wifsbegierde  wird  dabei  unwillkührlich  geweckt.  Ist  der  Gegenstand  aus  ferner 
Zeit  und  Gegend,  so  tritt  noch  der  Reiz  des  Alterthümlichen  hinzu,  und  unsere 
Forschbegierde  scheint  in  dem  3Iaafs  zu  steigen,  als  er  sich  unserm  Blicke 
durch  die  Ferne  zu  entzielien  drohet.  Ueberhaupt  haben  der  Mensch  und  seine 
Werke  inimer  das  meiste  Anziehende  für  die  Wifsbegierde  des  IMcnschen.  Und 
wie  könnte  es  auch  anders  seyn?  —  Der  Mensch  kennet  nichts  vollkommneres 
in  der  Natur,  als  seine  Gattung;  und  in  seinen  Werken  stellen  sich  ihm  erst 
seine  ausgedehnten  Fähigkeiten  anschaulich  dar.  Dalier  der  Reiz,  den  die  Mei- 
sterwerke der  zeiclmenden  Künste  für  ihn  haben:     daher  der  Zauljer,     welchen 

1   * 


4 

selbst  solche  Werke  für  seine  Phantasie  haben,  welche  bereits  Jahrtausende  voxi 
der  Erde  versclnviinden  sind,  und  von  denen  uns  die  Geschichte  nur  dürftige 
Nachricliten  überliefert  hat.  Dalier  die  Ursache,  dafs  unser  Blick  so  gerne  auf 
jenen  Gegenden  der  alten  Welt  ver-vreilet,  welche  theils  die  Wiege,  theils  der 
vollendete  Schauplatz  der  Kiinste  waren.  Unter  diesen  Ländern  behauptet 
Jonien  einen  vorzüglichen  Rang;  imd  unter  den  Kunstdenkmälern,  die  es  einst 
zierten,  liebt  sich  der  Tempel  am  Caystros,  der  Tempel  der  Diana  zu 
Ephesus,      vor    allen    andern    empor. 

Der  Ruf  dieses  Prachtbaues  erfüllt  noch  jetzt  die  Welt,  da  Reisende  kaum 
mehr  die  Spuren  des  Ortes,  den  er  ehedem  einnahm,  entdecken. 

Da  dieser  Tempel  zu  den  sogenannten  sieben  Wundern  gehört ;  so  ist  nicht 
leicht  ein  Bilderbuch  fiir  Kinder,  wo  nicht  eine  Art  Abbildung  davon  erschiene. 
Aber  wir  haben  weder  eine  figürliche,  noch  eine  schriftliche  Darstellung,  welche 
den  Mann,  A-\elche  den  Künstler  zwänge,  diesen  Bau  A'^irklich  als  ein  Wunder 
anzuerkennen.  Es  fehlte  zwar  in  neuern  Zeiten  nie  an  IMännern  ,  welche  For- 
schungen hierüber  anstellten  und  Abbildungen  davon  lieferten.  Allein  beides 
geschah,  in  Rücksicht  der  wesentlichsten  Punkte,  mit  einem  so  geringen  Grade 
von  Kritik,  dafs  dadurch  die  Sache  mehr  verworren,  als  erläutert  worden  ist. 
Unter  der  grofsen  Menge  will  ich  blofs  die  vornehmsten,  als  Salmasius  ^) 
Perault  ^),   Poleni    ^),  und  Caylus  '^)  nennen;  doch  ohne  mich  im  Verlauf 

^)  Plin.  Extrcit.  in  Solinurn.    Tom.  I.  pag.  5Ö4.  £tc. 

^)   Traduction  de   Vitruve.  pag.  70. 

3)   Acdd.  Etrusca  di  Curtona.    Tom.  I.   pari.  II.     Journal  des  Suvans ,    Uan  1745.   png.  152, 
und  pag.  204,  und  Van  1748-  ptig.  82. 

*)  Memoircs  de  litterature.    Tom.  XXX.  pag.  428-  —     Seitdem  ich  diese  Abhandlung  in  der 


5 

dieser  Abhandlung  weiter  aiif  Widerlegungen  einzulassen.  Ich  abstrahire  davon 
absichtlich,  um  den  Mitgliedern  dieser  Gesellschaft  die  Resultate  meiner  eigenen 
Forschungen  über  diesen  Gegenstand  desto  kürzer  und  deutlicher  vorzu- 
legen. 

Es  ist  nicht  so  viel  die  Gröfse  und  Pracht  dieses  Tempels,  als  vorzüglich 
die  -wichtige  Rolle,  ^velche  dieser  Bau  in  der  Geschichte  der  Architektur  spielt, 
■was  mich  zu  diesen  reifern  Forschungen  verleitete.  Der  Tempel  der  Diana  von 
Ephesus  bezeichnet  eine  ^vesentliche  Epoche  in  dieser  Kunst.  Er  weckte  in 
derselben  einen  ganz  neuen  Geist,  und  bewirkte  den  kühnen  Umschwung,  ver- 
möge dessen  es  vielleicht  allein  möglich  ward,  die  architektonische  Kunst  der 
Griechen  auf  jene  Höhe  zu  führen,  Avodurch  sie  das  vollendete  Vorbild  für  alle 
gebildeten  Völker  und  Zeiten  ward. 

Die  Abhandlimg  zerfällt  von  selbst  in  zwei  Abschnitte,  wovon  der  erste 
die  Geschichte  des  Baues,  und  der  zweite  die  Darstellung  des  Baues  enthal- 
ten  soll. 


Akademie  vorlas,  sind  mir  noch  zwei  Aufsätze  über  diesen  Gegenstand  bekannt  geworden. 
Sie  stehen  beide  in  der  Archaeologia ,  welche  die  Gesellschaft  der  Alterthumsforscher  zu 
London  herausgiebt.  Der  erste  im  VIten  Bande  ist  vom  Herrn  Windham,  der  zweite  im 
Xlten  Bande  vom  Herrn  Thomas  Falconer.  Allein  im  Ganzen  gilt  auch  von  diesen,  was 
ich  von  den  Schriften  der  vorigen  sagte.  Ich  finde  darin  manche  Auslegung  zwar  anders,  als 
die  ihrer  Vorgänger,  aber  keine  richtigere. 


I.      ABSCHNITT. 


Die  Nachrichten  i'iher  den  Tempel  clor  Diana  von  Ephesus  sind  darin  ein- 
stimmig, dafs  er  an  Gröfse,  Pracht  und  Schönheit  sich  vor  allen  Gebäuden  der 
o^riechischen  Völker  auszeichnete  ^).  Aber  über  den  Anfang  seines  Baues,  über 
die  Zeit  seines  Ausbaues,  so  -svie  ül)er  die  Umstände  seiner  Wiedererbauung 
nach  dem  Brande  durcli  Heroslrat  lierrsclit  in  den  Nachrichten  der  verschie- 
denen Schriftsteller  viel  Dunkellieit  und  Verwirrung.  "Wir  Avollen  versuchen, 
ob  es  tms  gelingen  werde,    ihre  Aussagen  mit  einander  auszugleichen. 

I.     Anfang    des    Baues. 

Ueber  die  ursprüngliche  Weihe  eines  Tempels  der  Diana  zu  Ephesus 
streiten  sich  die  Alten  selbst.  Bald  w-ivü.  diese  Ehre  den  Amazonen  zugeeignet, 
bald  den  Eingebomen  des  Landes,  bald  der  griechischen  Kolonie,  -welche  An- 
droclus,    der  Sohn  des  Codrus,    aus  Attica  nach  Asien    führte. 

Dieser  Streit  geht  uns  aber  nicht  an,  Avcil  er  blofs  den  ursprünglichen 
Tempi-1,  und  nicht  den  nachherigen  grofsen  Tempel,  der  der  Gegenstand  gegen- 
wärtiger Forschungen  ist,  IjelrilTt.  Indessen  läfst  sicli  aus  dem  Bilde  der  Göttin 
selbst   mit  Reclit   nmlhmaLen ,    dafs    der   Dienst    der  Diana  Ijereits  vor  der  Nie- 

5)   ruusiDiins  4,  51,  und  7,  5. 


.       ^  7 

deilassuiT^  der  Griechen  allcla  existirt  habe.  Die  Bildung  der  Ephesischen 
Göttin  weicht  wesentlich  von  der  griechischen  Diana  ab,  und  ihre,  aus  so  vie- 
len Bei"^^erken  zusammengesetzte  Gestalt  —  ein  -svalu'es  Sigmini  Panthewii  — 
Iiat  überhaupt  mit  dem  Bildungsgeist  der  Griechen  wenig  gemein. 

Die  urspriingliche  Weihe  des  Tempels  mag  also  immer  in  das  heroische 
Zeitalter,  %vo  noch  Amazonen  auftraten,  hinaiiFgesetzt  werden;  nur  niufs  dieser 
frühere  Tempel  niclit  mit  der  spiitcrn  BegTündang  des  berühmten  Prachtbaues 
verwechselt  werden.  Nach  Plinius  (16,  79.)  ward  der  Tempel  seit  seiner 
frühesten  Weihe  bis  zum  siebenten  mal  "svieder  erbaut.  Niihere  Nachrichten 
aber  haben  wir  nur  von  zwei  Bauen,  welche  beide  den  Prachttempel  betreffen, 
nämlich  die  Begründung  desselben  durch  Ktesiphon,  und  dann  seine  Wieder- 
herstellung nach  dem  Brande  in  AI  ex  an  der 's  Zeiten  durch  D  in  o  erat  es.  Es 
giengen  also  dem  Prachtbau  fünf  andere  Baue  des  Tempels  voran:  alle  wahr- 
scheinlich nach  dem  Zeitenverhältnifs  unbedeutend. 

Die  grofse  Anlage  gehört  ohne  Zweifel  den  gi-iechischen  Kolonien  an, 
welche  sich  aia  den  asiatischen  Küsten  angesiedelt  hatten.  Aber  in  welche  Zeit 
lafst  sich  diese  Begründung  setzen?  — 

Nach  Livius  (1,  17.)  sollte  man  glauben,  als  wenn  dieser  Prachttempel 
schon  in  den  Zeiten  des  Servius  Tullius  (also  an  550  Jahre  vor  unserer 
Zeitrechnung)  erbaut  gewesen  sey.  Denn  dieser  König  machte  den  Vorstehern 
der  lateinischen  Völkerschaften  den  Vorschlas:,  nach  dem  Beispiel  der  asiatischen 
Städte  gleichfalls  auf  gemeinsame  Kosten  der  Diana  einen  Tempel  in  Boni 
7.U  bauen. 

Dazu  kommt  eine  verfängliche  Stelle  im  Plinius,  welche  von  den  Aus- 
legern so  verstanden  worden,    als   wenn  vierhundert  Jahre  über  den  Bau  hinge- 


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bracht  worden  wären.  Hieraus  würde  sicli  ergeben,  —  wenn  man  auch  die 
■\Viederlierstellang  des  Tempels  nach  dem  Brande  in  Alexander's  Zeiten  in  die 
vierhundert  Jahre  mit  aufnähme,  und  von  dem  Tode  dieses  Königes,  der  in  der 
114-ten  Olympias  erfolgte,  ziirückrechnete ,  —  dafs  die  Grundlage  des  Baues  an 
siebenhundert  Jahre  vor  unserer  Zeitrechnung  —  in  den  Zeiten  des  Romulus 
oder  Numa  —   müfste  statt  gefunden  haben. 

Allein  eine  nähere  Ansicht  der  Stelle  zeiget,   dafs  Plinius  ganz  Avas  anders 
andeutete.     Er  redet  von  den  verscliiedenen  Holzarten,  und  saget:   (16,   -9.) 

„IMnxhne  aeternn  -putnnt  ehenuvi,  et  cupressum,  cedrumque:  clnro  de 
Omnibus  iiinterüs  judicio  (ich  lese:  iiulicio)  in  templo  Ephesine  Dianae: 
iitpotc  cum  tota  Asin  exstruente  qundriugentis  annis  per  actum  sit ,  con- 
venit  (ich  lese:  conveniuntj  tectum  ejus  esse  e  cedrinis  trahibus.  De 
ipso  etc." 

„3Ian  halt  das  Ebenholz,   die  Zypresse  und  die  Zeder  fiii-  die  dauerhaf- 
testen   Holzarten.        Einen    klaren  Beweis    von    all  den  Hölzern  giebt  der 
Tempel  der  Ephesischen  Diana,  als  welcher  durch  die  Beisteuer  von  ganz 
Asien  seit  vierhundert  Jahren  vollendet  steht.     Denn  man  ist  einstimmig, 
dafs  die  Dachrüstimg  desselben  aus  Zederbalken  bestehe,  u.  s.  w. " 
Auf  diese  Weise,  glaube  ich,   ist  diese  Stelle  zu  verstehen:    nicht  aber,  dafs 
vierhundert  Jahre  über  den  Bau  hingebracht  worden  seyen.     Denn  in  der  langen 
Dauer  des  im  Bau  begriiTenen  Werkes  liegt  kein  Beweis  fiir   die  Dauer   der    ge- 
nannten Holzarten;  wohl  aber  beweiset  die  Existenz  solcher  Holzarten  seit  einem 
Zeilraum  von  vieihundert  Jahren  für  ihre  Dauerhaftigkeit. 

Deutlicher   ist   die    gleich    darauf   folgende    Stelle    ausgedrückt,    welche    die 
Dauer  des  Zypressenholzes  betrifft : 


„f^alvas  esse  e  cupresso,   et  jmn  qundringentis  piope  annis  durare,  ma- 
tericin  omnem  novne  shnileni. " 

„Die  Tliürilügel  seyen  aus  Zypressenholz,  und  das  ganze  Holzwerk  habe 
seit  beinahe  vierhundert  Jaluen  noch  das  Ansehen  der  Neulieit." 

IVIan  sieht  also,  dafs  diese  Stellen  auf  den  Zeitraum  gehen,  welcher  seit 
dem  letzten  Ausbau  des  Tempels  in  Alexander  des  Grofsen  Zeiten  bis  auf 
Plinius   verflossen  ist. 

Es  befremde  nicht,  dafs  in  der  einen  Stelle  geradezu  vierhundert  Jahre, 
\ind  in  der  andern  nur  beinahe  vierhundert  Jahre  vorkommen.  In  der  erstem 
bezog  Plinius  den  Zeitraum  der  vierhundert  Jahre  auf  die  Zeit,  worin  er  selbst 
schrieb :  hingegen  bediente  er  sich  in  der  zweiten  der  Worte  des  dreimaligen  Kon- 
suls Mucian,  welcher  Avährend  seiner  Verbannung  unter  dem  Kaiser  Claudius 
in  Asien  lebte,  und  damals  das  neueste  Werk  über  den  Ephesischen  Tempel  geschrie- 
ben hatte,    wo  der  Zeitraum  von  vierhundert  Jahren  noch  nicht  voll  war. 

Einen  weitern  Beweis,  dafs  die  obigen  Worte  des  Plinius  nicht  auf  den 
Zeitraum  des  Baues  selbst  gehen,  giebt  uns  dei'selbe  Autor  in  einer  andern 
Stelle,  worin  er  ausdrücklich  und  bestimmt  die  Dauer  des  Tempelbaues  auf 
zweihundert   und   zwanzig  Jalue  setzet   '^). 

Letztere  Angabe  ist  auch  mit  andern  Nachlichten,  und  überhaupt  mit  dem 
gesammten  Zustand  der  Baukunst  bei  den  Griechen  so  übereinstinunend,  dafs 
wir  an  ihrer  Bichtigkeit   nicht  zweifeln  diirfen. 

Es  wäi^e  nun  die  Frage:     ob  diese   zweihundert   zwanzig   Jahre    allein    vom 


ö)  Lih.  q6.   c.  21.    magnißcoitiae   vcra    admiratio   exstat   templum   Ephesiiie    Dianae    duceiitis 
viginti  annis  factum  a  tota  Asia, 


10 

ersten  Ausbaue  des  Piaclitlempels  vor  dem  Brande  zu  verstehen  sey:  oder,  ob 
der  Zeitraum  des  Wiedererbaues  nach  dem  Brande  in  die  zweihundert  zwanzig 
Jalire  mitbegriiTen  werden  müsse?  — 

Nach  Plinius  selbst  sollte  man  glauben,  als  wenn  er  unter  den  zweihun- 
dert zwanzig  Jahren  nur  den  Bau  vor  dem  Brande  verstehe;  denn  er  spricht  von 
dem  Beitrage  von  ganz  Asien.  Nun  aber  ist  bekannt,  dafs  nur  der  Tempel  vor  dem 
Brande  auf  gemeinsame  Kosten  der  Städte  Asiens  erbaut  -s^ard;  luid  dafs  man  die 
Wiedererbaiuing  nach  dem  Brande  hauptsächlicli  durch  den  Beitrag  der  ephesischen 
Frauen  bewerkstelligte. 

Allein  es  giebt  überwiegendere  Gründe,  welclie  zeigen,  dafs  Plinius  die 
Zeit  vom  Wiedererbaue  des  Tempels  nach  dem  Brande  unter  Alexander  dem 
Grofsen  von  dem  gegebenen  Zeitraum  der  z'weihundert  zwanzig  Jahre  nicht 
ausschliefsen   wollte, 

■\Vir  sind  nämlich  im  Stande,  durch  die  Vergleichung  mehrerer  Stellen  ver- 
schiedener Autoren  die  Epoche  der  ersten  Grundlage  des  Prachttempels  näher 
zu  bestimmen:  \voraus  dann  hervorgeht,  dafs  der  Wiedererbau  luiter  Alexan- 
der wirklich  in  die  Rechnung  der  zweihundert  zwanzig  Jahre  mitbegriiTen 
werden  müsse.     Man  höre: 

Erstlich:  Plinius  (3G,  ci.)  berichtet,  dafs  man  den  Tempel  in  einem 
sumpfigen  Erdreich  gründete,  und  zwar  defswegen,  damit  der  Bau  nicht  von 
Erderschütterungen  leiden  möclite:  dafs  man  aber,  um  einer  so  grofsen  Masse 
eine  feste  Grundlage  zu  geben,  die  Fundamente  mit  gestampften  Kohlen,  die 
mit  Wollenfellen  überlegt  A'\'urden,  anfüllte. 

Zweitens:  Diogenes  Laertius  (2,  8»  iQ-  "^  Aristippo)  berichtet  das- 
selbe und  nennet  zugleich  den  Künstler,    welcher   zuerst  den  Rath,    die  Funda- 


II 

monte  mit  Külilen  zu  füllen,  gab.  Dieser  %var  Theodor  von  Samos,  der  Sohn 
des  Rhoecus. 

Drittens:  Ucber  Rhoeciis  giebt  uns  Herodot  die  Nachricht,  dafs  er  der 
erste  Arcliitekt  des  Ijerühmten  Tempels  der  Juno  zu  Samos  gewesen  sey:  und 
von  Vitruv  (7.  in  Praefnt.)  lernen  Avir,  dafs  Theodor  über  das  Dorische 
Verhältnifs  dieses  Tempels  einen  Kommentar  schrieb. 

Viertens:  Das  nähere  Zeitalter  dieser  beiden  Künstler  hilft  uns  Aristote- 
les (de  re-publ.  5,  11.)  bestimmen.  Er  nennet  nämlich  den  Tyrannen  Poly- 
crates,  als  denjenigen,  der  die  grofsen  Werke  von  Samos  habe  verfertigen  las- 
sen. Zu  diesen  grofsen  Werken  gehörte  nach  Herodot  (a.  a.  O.)  der  Tempel 
der  Juno,  wovon  Rhoecus  der  Arcliitekt  und  Theodor  der  Beschreiber  war. 

Dergestalt  wissen  wir,  dafs  diese  beiden  Künstler  Zeitgenossen  von  Poly- 
crates  waren.  Da  nun  dieser  Tyrann  um  die  64s te  Olympiade  sein  Leben  ver- 
lor; so  ist  klar,  dafs  der  Bau  des  Tempels  der  Diana  zu  Ephesus,  bei  dessen 
Grundlage  man  den  Theodor,  den  Sohn  des  Rhoecus,  zu  Rathe  zog,  nicht 
lange  vorher  könne  begonnen  haben. 

W"enn  vir  also  von  der  Epoche  Alexander  des  Grofsen,  in  welcher  der 
Tempel  die  zweite  Vollendung  erhielt,  zweihundert  zwanzig  Jahre,  oder  fünf 
und  zwanzig  Olympiaden  zurückzählen;  so  werden  wir  finden,  dafs  die  erste  Grund- 
lage des  Tempels  nicht  lange  vor  der  neun  und  fünfzigsten  Olympias,  welche  Epoche 
in  die  besten  Lebensjahre  des  römischen  Königs  Servius  Tullius  fallt,  könne 
statt  gehabt  haben. 

Atif  diese  Weise  betraf  der  Ruf,  v  clcher  von  diesem  Tempel  bis  nach  Rom 
gedrungen  Avar,  nicht  den  Ausbau,  sondern  nur  seine  Gründung.  Indessen  Avar 
dies  für  Servius  hinlänglich,  den  Vorstehern  der  lateinischen  Völker  den  Vor- 


12 

schlag  zn  tlmn,  nach  dem  Beispiel  der  asiatischen  Städte  gleichfalls  auf  gemein- 
same Kosten^    der  Diana    einen  Tempel   in  Rom    zu  Lauen. 

Zu  diesen  Beweisen  von  der  Epoche  der  ersten  Grundlage  des  Pracht- 
tempels, fiigen  A-NJr  noch  eine  Stelle  aus  Herodot  bei,  ^^o  dieser  Schrift- 
steller, von  den  Weihgeschenken,  die  Croesus  so  freigebig  nacli  den  vornehm- 
sten Heiligthümern  der  griechischen  Völker  sandte,  sprechend  erzählt:  dafs 
auch  goldene  Külie  und  melirere  Säulen  zu  Ephesus  von  diesem  Könige  als 
Weihgeschenke  gegeben  ■worden  vären   "). 

Croesus  war  also  einer  von  den  Königen,  welche  nach  Plinius  (36,  21.) 
zu  diesem  Tempelbau  beisteuerten.  Uebrigens  ist  bekannt,  dafs  Croesus  ein 
Zeitgenosse   von  Servius  Tullius  und  Polycrates    von    Sanios   war. 

Auf  diese  Weise  entstanden  in  demselben  Zeitalter  drei  der  gröfsten  Baue 
der  griechischen  Völker,  Diese  sind  nebst  dem  Diana -Tempel  zu  Ephesus, 
der  Tempel  der  Juno  zu  Samos  unter  Polycrates,  und  der  Tempel  des 
Jupiter    0 1  y m p i c u s    zu   Athen   unter   Pisistratus.  — 

2.    Zusteuer,  Baumeister,  und  Ausbau  des  Tempels  vor 

dem  Brande. 

Nach  Livius  (a.  a.  O.)  trugen  die  Städte  Asiens  —  Civil  nies  Asine  • — 
die  Unkosten  des  Baues  gemeinscliaftlich.  Plinius  (iG,  79.  56,  ci.)  nennet  in 
zwei  Stellen  ganz  Asien  —  totn  Asia  —  das  den  Beitrag  zmn  Baue  gab.  Wei- 
ter berichtet  Plinius  (ebcnd.),  dafs  einzelne  Könige  hundert  sieben  und  zwanzig 

'")  Lib.   1,  92.      K^aira    $"{    tri    ncii    aXta   maS-iifieCTU   m   ry,    EXt'.ctli    TreXt.tt' SU    '^t   Z^irm,    «i    t£   ßali 


i3 

Säulen  beisteuerten;  tmcl  nach  Heroclot,  wie  wir  sahen,  Avar  Croesus  unter 
fliesen  Königen,  welcher  den  Werth  von  mehrern  Siinlen    dazu  hergab. 

Was  die  Ausdrücke:  die  Städte  Asiens  —  ganz  Asien  —  betrift;  so  ver- 
steht es  sich,  dafs  man  nur  denjenigen  Theil  darunter  zu  begreifen  habe,  wel- 
chen Phrygien  und  Lycaonien  von  Morgen,  das  ägeische  Meer  von  Abend,  das 
ägyptische  Meer  von  Mittag,  tmd  Paphlagonien  von  Mitternacht  einschlofs  ^}. 
Dieses  Asien  begi-ilF  also  liauptsächlich  die  Kiistenlande  am  ägeischen  Meere 
mit  den  nächsten  Inseln  in  sicli,  -s-^o  die  griechischen  Kolonien  sich  sclion  früli- 
zeitig  niedergelassen  hatten. 

PI  in  i  US  nennet  die  Könige,  Livius  die  Städte,  als  zum  Baue  beisteuernd. 
Diese  "Verschiedenheit  der  Benennung  darf  aber  niclit  befremden.  Denn  die 
Städte  AAiirden  damals  melu"  oder  •weniger  von  einzelnen  Häuptern,  oder  soge- 
nannten Tyrannen  regiert.  Der  mächtigste  darunter  war  Croesus  in  dieser 
Epoche,  welcher  sich  auch  allmählig  alle  seine  Nachbarn  auf  dem  festen  Lande 
zinsbar  gemacht  hatte.  Fiir  alle  diese  Völkerschaften  von  gleichen  Sitten  und 
Gebräuchen  war  die  Diana  von  Ephesus    ein   gemeinschaftliches  Heiligthum. 

Der  Architekten  des  Tempelbaues  waren  mehrere.  Der  erste,  welcher  den 
Plan  zum  Gebäude  entwarf,  war  Ktesiphon  von  Gnossus  '),  der  von  andern  ^^) 
bald  Chersiphron,  bald  Cresiphon  genannt  wird.  Zum  Gehülfen  hatte  er 
seinen  Sohn  Metagenes   ^^),    der  nicIit  mit  einem  andern  Baumeister  gleichen 


9)  Solin.  C.  4o.  mit  den  Noten  des  Salmasius. 
9)  fitr.  lih.  7.  in  yraej. 

i<^)  Flin.  ebend.  und  Stroh,  lih.   \/^.    pag.  640. 
I  I)   P'itj-.    cLend. 


i4 

Namens  zu  verwechseln  ist.  Lelztercr  mit  dem  Beinamen  Xypetius  aus  At- 
tica,  setzte  im  Innern  des  Eleusinisclien  Tempels,  der  in  den  Zeiten  des 
Pericles  erbaut  Avurde,  die  zweite  Saulenordnung  auf  '  ^).  Folglich  mufste 
er  später  als  der  Sohn  Ktesiplion's  gelebt  haben. 

Ob  Theodor  v^on  Samos,  welclier  den  Rath  gab,  Kohlen  in  die  Funda- 
mente zu  legen,    aucli  einen  -svcitern  Antheil  am  Baue  hatte,    ist  nicht  bekannt. 

Wie  weit  selbst  Ktesiphon  den  Baii  geführt  habe,  läfst  sich  durch  eine 
Stelle  im  Vitriiv  (lo,  6.)  errathen.  Er  erzählt  umständlich  die  sinnreiche  Art, 
welche  Ktesiphon  erfand ,  um  die  Säulenschäfte  von  dem  Marmorbruche ,  den 
der  Hirt  Pyxodorus,  in  einer  Entfernung  von  achttausend  Schritten  von  der 
Baustelle  entdeckt  hatte,    nach  derselben  hinzuschaffen. 

Die  jetzt  noch  üblichen  Walzmaschinen ,  deren  man  sich  bedient,  um  die 
Gartengänge  eben  und  fest  zu  machen,  sind  eine  Nachbildung  dieser  Erfindung. 

Weiter  meldet  Yitruv:  Als  nun  der  Transport  der  Hauptbalken  bevor- 
stand, wandte  Metagenes,  der  Sohn  des  Ktesiphon,  die  nämliche  Erfindung 
auch  auf  das  HerbeischaiFen  der  Ilauptbalken  an,  indem  er  zwölf  Schuh  hohe 
Räder  verfertigen  liefs,  und  die  Hauptbalken,  gleich  Achsen  in  denselben  be- 
festigte u.  s.  w. 

Diese  Nachricht  also,  dafs  der  Sohn,  und  nicht  der  Vater,  das  Herbei- 
schaffen der  Hauptbalken  besorgte,  läfst  mit  Reclit  vermuthen,  dafs  der  Vater 
das  Auflegen  des  Gebälkes  über  die  Säulen  nicht  erlebte. 

riinius  (a.  a.  O.)  scheint  zwar  dieser  Vernmthung  zu  widersprechen. 
Denn,     indem    er  von  der  Schwierigkeit  redet,     welche  das  Auflegen  so  grofser 

I  -)   Plutatch.  in   rciiclc  c.   i").  cdit.  Reis^. 


i5 

Balkenstücke  über  die  Säulen,  haben  nuifste,  glebt  er  uns  von  einer  andern 
sinnreichen  Art  Nachricht,  deren  sich  hiebei  Ktesiphon  bedient  haben  soll. 
Wir  Verden  nachlier  timständliclier  davon  reden.  Indessen  hat  hierin  Vitruv 
mehr  Autorität  als  Plinius.  Denn  dieser  nennet  forthin  den  Ktesiphon,  als 
den  einzigen  Architekten.  Jener  hingegen  giebt  uns  über  diesen  Punkt  genauere 
Nachrichten,  indem  er  niclit  nur  des  M etagenes,  sondern  auch  noch  anderer 
Architekten,  Avelche  nach  Metagenes  dem  Baue  vorstanden,  erwähnt.  Auch 
hatte  Vitruv  noch  die  Schrift  des  Ktesiphon  und  Metagenes  vor  sich, 
welclie  sie  gemeinschaftlich  über  die  ionischen  Verhältniese  dieses  Tempels  be- 
kannt machten. 

Die  beiden  Arcliitekten ,  Avelclie  den  Tempel  vollendeten,  waren,  wie 
Vitruv  (ebenda)  berichtet,  Demetrius,  ein  Diener  der  Diana,  und  Poeo- 
nius  von  Ephesus.  Es  versteht  sich,  dafs  hier  von  der  Vollendung  des  ersten 
Tempels  die  Rede  ist;  denn  der  Baumeister,  welclier  den  Tempel  nach  dem 
Brande  wieder  herstellte,  hiefs  Dinocrates.  Indessen  macht  hier  eine  Stelle 
des  Strabo  (14,  p.6.|0.)  einige  Schwierigkeit.  Auch  er  nennet  den  Ktesiphon 
als  den  Baumeister  des  Tempels;  setzt  aber  sogleich  bei:  „ein  anderer  machte 
ihn  hernach  gröfser"  (fiT  aXKog  sZQWfrs  f/fi^w.)  Und  zwar  soll  diese  Vergrofse- 
rung  vor  dem  Brande  durch  Her  ostrat  us  gescliehen  seyn.  Allein  ein  jeder 
sieht,  dafs  eine  solche  Abänderung  niclit  hätte  vorgenommen  werden  können, 
ohne  den  Plan  Ktesiphon  s  im  Wesentlichen  zu  zerstören;  dann  aber  würde 
es  nicht  mehr  der  Bau  Ktesiphon's,  sondern  dessen,  der  die  Vergröfserung 
machte,  gewesen  seyn.  Allein  weder  von  einer  Vergröfserung,  noch  Abänderung 
des  Ktesiphontischen  Baues  bis  auf  den  berühmten  Brand  kommt  eine  Spur 
bei    einem    andern    Sclu-iftsteller    vor.         Auch     bcAveiset    das    Nichtnennen    des 


i6 

andern  Architekten  und  das  Stillschweigen  über  die  Umstände,  -welche  eine 
solclie  Abänderung  veranlafst  haben  möchten,  die  Flüchtigkeit  der  Straboni- 
sclien  Nachricht.  Vitruv,  -welcher  niclit  nur  den  Begründer  und  den  Fort- 
setzer,  sondern  auch  die  Vollender  -des  grofsen  Baues  vor  dem  Brande  nennet, 
verdienet  hierin  ungleich  mehr  Glauben.  Wahrscheinlich  verwechselt  hier  Strabo 
die  Fortsetzung  des  Baues  nach  dem  Tode  Ktesiphon's  durch  andere  Archi- 
tekten mit  neuen  Planen   von  Vergröfserung. 

Aber  in  -welcher  Zeit  geschah  die  Vollendung  des  Ktesipkon  tischen 
Tempels?  — 

Dies  mögen  uns  folgende  Umstände  ungefähr   errathen   lassen. 

Erstlich:  Vitruv  berichtet,  dafs  Poeonius,  welcher  den  Tempel  von 
Ephesus  vollenden  half,  auch  Architekt  des  Apollotempels  zu  Milet  -war-. 
Nun  ward  der  ältere  Tempel  dieses  Gottes,  zusammt  der  Stadt  unter  Darius  I. 
um  die  7ite  Olympias  zerstört,  und  die  libriggebliebenen  Einwohner  in  das  In- 
nere des  persischen  Reiches  abgeführt.  (Heroclot.  VI.  i8,  19-^  Es  ist  daher 
keinesweges  wahrscheinlich,  dafs  die  Milesier  so  bald  wieder  einen  Bau  unter- 
nehmen konnten,  welcher  nach  Vitriiv  fy,  in  -jornef.)  zu  den  vier  gröfsten  und 
prachtvollsten  der  griechischen  Völker  gehörte.  Mit  Zuverlässigkeit  läfst  sich 
also  annehmen ,  dafs  Poeonius  erst  diesen  neuen  Bau  übernahm ,  als  er  den 
Ephesischen  schon  vollendet  hatte.  Man  bemerke  zugleich  dabei  den  Umstand, 
dafs  der  Tempel  von  Milet,  nach  dem  Beispiel  des  Ephesischen,  in  ionischer 
Bauart   errichtet   ward  ^^). 


13)    Vitruv    cLendaselljst.      Die  norli  vorhandenen  UeLeibleibsel  siehe:    Ion.  nntuj.    tr>m.  L 


17 

Zweitens:  kommt  bei  Macrobius  (Saturn.  5,  22.^  die  Nachricht  vor: 
die  Ephesier  hätten  bei  der  Einweihung  des  Dianatempels  grofse  Pieise  für 
den  besten  Lobgesang  auf  die  Göttin  ausgesetzt;  und  er  führt  bei  dieser  Ge- 
legenheit ein  Fragment  an,    worin  des  Miisikers  Timotheus  gedacht  -wird. 

Diese  Preisaussetzung  kann  nicht  die  Weihe  des  Tempels  nach  dem  Brande 
betreiFen,  sondern  mufs  auf  die  erste  Weihe  vor  dem  Brande  gehen.  Denn 
Timotheus  lebte  zugleich  mit  Euripides  um  die  gite  Olympias  am  Hofe 
des  macedonischen  Königs  Archelaus   ^  "•). 

Nun  pflegte  aber  die  Weihe  eines  Tempels  nach  seiner  Vollendung  zu  ge- 
schehen. Auf  diese  Weise  liefse  sich  das  Zeitalter  des  ersten  Ausbaues  des 
Tempels  ungefähr  enathen.  Ich  sage  ungefähr:  weil  wir  nicht  wissen,  ob 
Timotheus  vor ,  oder  nach  seinem  Aufenthalt  in  Macedonien  bei  der  Weihe 
des  Tempels  in  Ephesus  gegenwärtig  war.  So  viel  läfst  sicli  indessen  hieraus 
folgern,  dafs  die  Vollendiuig  des  Tempels  nicht  wolil  lange  vor  der  neunzigsten, 
und  nicht  wohl  später  als  die  hundertste  Olympias  statt  haben  konnte. 

Andere  Angaben,  den  Ausbau  näher  zu  bestimmen,  finde  ich  nicht.  Auf 
jeden  Fall  sieht  man  aber,  dafs  der  Tempel  nur  durch  eine  unbedeutende  Zeit 
vollendet  gestanden  haben  konnte,  als  es  dem  Herostratus  einfiel,  durch  die 
Einäscherung  eines  so  berühmten  Gebäudes  seinen  Namen  zu  vei-ewigen. 

3.     Wiederlierstellimg  des  Tempels  nach  dem  Brande. 

Die  Zeit  des  Brandes  ist  genau  angegeben.  Er  geschah  im  ersten  Jahre  der 
hundert  sechsten  Olympias  in  der  Nacht,  als  Alexander  geboren  "\vard.     Cicero  "^  ^) 

14)   Pliitarch.  Apophtheg.   FI.  p.  6jß,   und  an  seni  sit  ger.  resp.  I.V.  p    175.  edit.  Reisk. 
iS^  De  nat.  deor.    Lih.   2.  c.  27. 


i8 

li.it  uns  darüber  einen  witzigen  Einfall  des  Historikers  Timaeus  aufbehalten. 
Es  Avare  namlicli  kein  Wunder,  dafs  der  Tempel  um  diese  Zeit  verbrannte,  da 
eben  Diana  von  Hause  abwesend  war,  um  der  Olympias  in  der  Geburt  bei- 
zustehen. Dasselbe  führt  auch  Plutarch  an;  doch  eignet  er  den  Einfall  niclit 
dem  Timaeus,    sondern  dem  Hegesias  von  Magnesia  zu   '"). 

Welchen  Schaden  der  Tempel  durch  den  Brand  erlitt,  liifst  sich  nicht  genaii 
angeben.  Nach  Strabo  (14,  640.)  stand  er  ohne  Dachung.  Audi  konnte  nicht 
-v\old  was  anders,  als  die  Daclirüstung  verbrennen,  da  das  übrige  von  Marmor 
erbaut  war.  Indessen  mochte  doch  auch  manches  durch  Kalzinirung  des  Mar- 
mors an  dem  Gebälke  iind  selbst  an  den  Säulen  beschädigt  worden  und  dies 
die  Ursache  seyn,  dafs  die  Ephesier  die  Säulen,  welclie  im  Brande  zu  viel  ge- 
litten haben  mochten,  verkauften,  um  das  daraus  gelöste  Geld  zum  Wiedererbau 
zvi  vei-wenden.  Aber  es  ist  nicht  wahrscheinlich,  dafs,  Avie  Strabo  anzugeben 
scheint,  die  Säulen  des  allen  Tempels  überhaupt  weggenommen  und  veräufsert 
worden  wären.  Denn  wie  wäre  es  wohl  möglich  gewesen,  einen  solchen 
Praclittempel  wäluend  der  kurzen  Lebenszeit  Alexanders  wieder  von  neuem 
aufzubauen,  da  man  zum  ersten  Bau  durch  die  Beisteuer  von  ganz  Asien  wohl 
viermal  so  viel  Zeit  brauchte?  —  besonders  da  jetzt  die  Ephesier  die  Wieder- 
herstellung des  Tempels  blofs  aus  ihren  eigenen  Mitteln  und  dem  Beitrag  der 
Kostbarkeiten  ihrer  Frauen  besorgten.  Nach  Timaeus  sollten  sie  zwar  die 
im  Tempel  niedergelegten  Gelder  der  Perser  dazu  verwandt  haben;  aber 
Artemidorus  läugnet  bei  Strabo  die  Existenz  solcher  Depositengelder  aus- 
drücklich. 


^  ^)  Li  Alcxandio   c.  3.  pci°'.  ß.  edit.   Reisk. 


19 

Ueberdem  -ward  der  Tempel  auch  nach  der  Herstelhing  von  allen  Schrift- 
stellern dem  Architekten  Ktesiphon,  und  nicht  dem  Wiederhersteller  Dino- 
crates  zugeschrieben:  welches  aber  lacherlich  seyn  Aviirde,  -wenn  letzterer  ihn 
bei  dem  Wiederaufbau  in  den  wesentlichsten  Theilcn  verändert  hätte.  Dafs 
aber  die  Vollendung  der  Wiederherstellung  noch  bei  Lebzeiten  .\lexander's  «^e- 
schah,  geht  ziun  Theil  aus  dem  Anerbieten  her-vor,  -welches  dieser  Koni"-  den 
Ephesiern  machen  liefs,  ilmen  alle  Unkosten  der  Restauration  zu  erstatten,  mit 
der  Bedingung,  dafs  sie  seinen  Namen  auf  den  Tempel  einschrieben.  Ein 
Ephesier  lehnte  aber  dies  Anerbieten  mit  der  feinen  Ant-vvort  ab:  Es  zieme  sich 
nicht,  dafs  ein  Gott  andern  Göttern  Weihgeschenke  mache.  Zum  Theil  erliellet 
die  Beendigung  auch  aus  dem,  dafs  Alexander  den  Architekten,  welcher  den 
Wiederaufbau  besorgte ,  nachher  zur  Ausführung  anderer  grofser  Bauwerke 
gebrauchte. 

Dinocrates,  dessen  Namen  man  bald  Dinochares,  bald  Chaeronio- 
crates,  bald  Stasicrates  geschrieben  findet  ^"),  ist  daher  blofs  als  der  Wie- 
derhersteller des  alten  Tempels,  nicht  aber  als  der  Erbauer  eines  neuen  anzu- 
sehen. 

Dinocrates  war  übrigens  ein  kühner  und  grofser  Architekt.  Alexander 
bediente  sich  seiner,  um  die  Anlage  von  Alexandrien  in  Aegj'pten  zu  ma- 
chen  ^  ^).  —    Nach  Plutarch  ^ ')    Avar   er   auch   der  Erbauer  des  Monumentes 


I  T)  Straho    loc.    cit.       Flut,    in    Alexand.    c.  72.   p«^.   ij8-       Vitr.  2.    in   pracf.      Plin.   7,    37. 
SoJinus    c.  t\o. 

^^)  loc.  citatis. 

I  3)  loc.  cit. 

o 


20 

für  Hephaestion  zu  Babylon.  Dafs  er  aber  nacb  Plinius  (34-,  52.)  später- 
liin  noch  Arcliitekt  des  PLolomaens  Philadelphus  ge"\vesen  sey,  ist  schwer 
zu  glauben. 

Nach  Strabo  (a.  a.  O.)  und  Solinus  (c.  40.)  hatte  der  Tempel  durch  die 
Wiederherstellung  nacli  dem  Brande  an  Pracht  und  Ansehen  gewonnen.  Dies 
glauben  wir  leiclit,  da  die  Künste  bei  den  griechischen  Völkern  damals  ilircn 
Gipfel  erreicht  hatten.  Indessen  mögen  diese  Vorzüge  mehr  plastisch,  als  archi- 
tektonisch gewesen  seyn.  Denn  die  Form,  die  Anordnung  und  das  Gröfscn- 
maafs  des  Tempels  konnte  durch  die  Restauration  nicht  leicht  eine  Haupt- 
abänderung erleiden,  olme  den  ganzen  alten  Bau  zu  zerstören;  -welches  aber 
aus  den  bereits  angegebenen  Gründen  keinesM^eges  ^vahrscheinlich  ist.  Dagegen 
mochte  dem  Restaurator  ein  grofses  Feld  für  die  Verzicrungstheile  übrig  blei- 
ben. Hiezu  reclmen  wir  hauptsächlich  das  Kranzgesimse,  das  Giebelfeld,  die 
Acroteria,  imd  dann  den  ganzen  innern  Ausbau,  nebst  der  Aufstellung  so  vieler 
Meisterwerke  der  grofsten  Bildner  und  Mahler,  sowohl  aus  dem  Zeilaller 
Alexander's,    als    aus  den  frühern  Epoclien, 

Soviel  über  das  Geschichtliche  dieses  berühmten  Tempelbaues  im  Allge- 
meinen. 


21 


II.      ABSCHNITT. 

VV  ir  vollen  nun  die  architektonische  Darstelliing  des  Baiies  näher  Avürdigen 
und  sehen,  ^yarum  dieser  Tempel  verdient  habe,  unter  die  Wunderwerke  der 
Kunst  gesetzt  zu  ^verden. 

Selten  möchte  es  bei  einem  andern  Gebäude,  ■wie  bei  diesem,  gelingen, 
eine  in  den  wesentlichsten  Theilen  evident  richtige  Darstellung  geben  zu  können: 
bei  einem  Gebäude,  wovon  man  jetzt  keine  Spur  mehr  entdeckt,  und  die  Nach- 
richten aus  so  vielen  Schriften  zusammensuchen  miifs. 


Gnmdrifs    des   Tempels   Taf.  I. 


I.     Das    Pteroma,    oder    die    äiifsere    Säiilenstellung. 

Vitruv  (5,  1.),  wo  er  von  den  regulären  Tempelformen  der  Griechen 
spricht,  fülirt  den  Tempel  der  Diana  zu  Ephesiis,  von  Ktesiphon  erbaut,  als 
Cluster  eines  Dipteros  auf;  das  ist:  eines  Tempels,  der  an  jeder  Fronte  acht, 
an  jeder  Seite,  die  Ecksäulen  mitgerechnet,  fünfzehn,  und  ganz  um  das  Tempel- 
liaiis  lier  eine  doppelte  Reilie  Säulen   hat. 


11 

■\Veiter  giebt  uns  Plinius  (56,  !:i  und  56.)  folgende  Nacluiclit  von  Tliei- 
len,  Maafsen  und  VeiliHltnissen: 

Die  Breite  des  Tempels  betrog       -  -  -  sco'.  Fufs 

Die   Länge  ...  -  -  4.25'.     — 

Die  Höhe  der  Säulen  -  -  -  -  Go'.    — 

Die  untere  Säulendicke  hatte  ein  Achtel  der  Säulenhölie. 

Die  Verjüngung  der  Säule  betrug  ein  Siebentel  der  untern   Säulendicke. 

Zuerst  erschien  hier  eine  Säulenbase,  welche  die  Hälfte  der  untern  Sävilen- 
dicke  zur   Höhe   hatte. 

Zuerst  ward  das  Kapital  mit  den  Schnecken  in  der  Fronte  und  mit 
Polstern  an  den  Seiten  —  welches  man  dann  das  ionische  nannte,  gebraucht: 
nach  Vitruv  (4,   1.)  ein  Drittel  der  untern  Säulendicke  hoch. 

Aus  diesen  bestimmten  Angaben  lassen  sich  noch  folgende  durch  einen 
leichten  Kalkül  ziehen  : 

Erstlich,  dafs  die  untere  Säulendicke  7  Fufs    6  Zoll  beti-ug. 

Zweitens,  dafs  die  Säulenz^vischenweite  soAvohl  in  der  Fronte,  als  an  den 
Seiten  22  Fufs  1  Zoll  ausmachte :  ausgenonunen  die  mittelste  an  der  Vorder- 
und  Hinterseite,  welche  24.  Fufs  2   Zoll  betrug. 

Drittens,  dafs  der  Vorsprung  der  Basen  16  Zoll  ausmachte,  und  also  die 
ganze  Breite  der  Base   10  Fufs   2  Zoll  betrug. 

Viertens,  dafs  die  Seitenflügel  gerade  15  Säulen  —  die  Ecksäulen  mitge- 
rechnet —  hatten,  so  wie  die  Vorschrift  Vitruv's  bei  jedem  regulären  Dipte- 
10s    es    erfordert. 

Fünftens,  dafs  in  Rücksicht  der  Zwischenweiten  jene  Gattung  herauskommt, 
welche  Vitruv  (3,  2.)  Diastylos  nennet,  und  wie  sonderbar!  —  Vitruv,  von 


23 

der  Zwischenweite  Diastylos  sprechend,  führt  einen  Tempel  der  Diana  als 
Beispiel  an:  aber  von  welcher  Diana,  stellt  nicht  im  Text.  Indessen,  da  er  im 
voihergelienden  Kapitel  vom  Dianatempel  zu  Epliesus,  und  zwar  znlelzt  sprach, 
und  die  Zwischenweite  nach  der  Berechnung  so  genau  eintrifft:  \^elch  andern 
Tempel  konnte  er  anders  gemeint  haben,  als  den  berühmtesten,  den  der  Diana 
z,u  Ephesus?  — 

Nach  diesen  vorgesetzten  unumstöfslichen  Angaben  kann  über  die  Anord- 
jitmg  des  Pteroma  oder  der  äufsern  Säulengänge  umher  kein   Zweifel  oljwalten. 

2.     Anordnung  im  Innern  des  Tempelliauses. 

Weder  Vitruv  noch  Plinius  lehret  uns  etAvas  Näheres  über  die  innere 
Einrichtung  des  Tempelhauses.  Wir  wissen  nur  im  Allgemeinen,  dafs  das  In- 
nere aller  regulären  Tempel  mit  Flügeln,  in  Zelle,  Vorzelle  und  Nachzelle 
(naos,  -pronnos  und  opisthodoinusj  eingetheilt  ward.  Folglicli  schliefsen  wir  mit 
Fiecht,  dafs  der  Tempel  von  Ephesus,  den  Vitruv  unter  den  regulären  Tem- 
peln  als  Vorbild  anführt,    eine  solche  Eintheilung  gehabt  habe. 

Zweitens  kommt  uns  zufällig  eine  Stelle  im  Pausanias  (5,  12.)  zu  Hülfe, 
aus  welcher  wir  lernen,  dafs  der  Epliesische  Tempel,  gleich  dem  Tempel  des 
Jupiter  zu  Olympia,  zu  der  Gattung  der  Hypaethren  gehörte;  das  ist:  zu  jenen 
Tempeln,  deren  mittelster  Theil  der  Zelle  unbedeckt  war,  und  welche  zu  bei- 
den Seiten  von  der  Mauer  abstehende  Säulenreihen  hatten.   (Vitr.  5,   1.) 

Der  unbedeckte  Theil  der  Zelle  pflegte  mit  prachtvollen  Decken  überzogen 
zu  werden,   um  darunter  gegen  Sonne  und  Regen  geschützt  zu  seyn. 

Die  Decke    zu  Olympia   war   ein   schön    verziertes    assyrisches    Gewebe    aus 


24 

■\Volle,    (He   in    Lyrischem   Furpur   gefärbt   war:    ein   Weiligeschenk   des   Königes 

An  tiochus. 

Diese  Decke,  sagt  Pausanias  nun,  ward  nicht  nach  Art  desjenigen  im 
Tempel  der  Diana  zu  Eplicsus,  zur  Dachung  hinan  in  die  Hohe  gelioben,  son- 
dern an  Stricken  alhnählig  auf  den  Fufsboden  niedergelassen.  (Siehe  die  An- 
merkung am  Ende  der  Abhandlung.) 

Der  Gebrauch  eines  Ueberhanges  im  Innern  des  Ephesischen  Tempels  zeiget 
also  an,  dafs  er  zu  der  Gattung  der  Hypaethren  gehörte:  und  daher  aucli  im 
Innern  der  Zelle  rechts  und  links  Sciulengänge  hatte,  und  ZAvar  nach  Art  aller 
Hypaethren  zwei  Tieihen  Säulen  übereinander.  Diese  Stellung  der  Säulen  über- 
einander fordert  nicht  nur  die  Lehre  Vitruv's,  sondern  -svir  sehen  noch  eine 
solche  Anordnung  in  dem  grofsen  Tempel  von  Paestum,  dem  einzigen  Hy- 
paethrüs,  avo  dieser  Theil  sich  erhalten  hat  '°). 

Dafs  der  ephesische  Tempel  zu  der  Gattung  Hypaeihros  gehörte,  ergiebt 
sich  auch  aus  der  grofsen  Anzahl  von  Säulen,  >yelche  zum  Tempel  gehörten, 
und  nur  bei  einem  Hypaethros  statt  haben  konnten.  Nach  der  Angabe  des 
riinius  schenkten  einzelne  Könige  hundert  sieben  iind  zwanzig  Säulen  hiezu  ^'). 
Unter  diesen  Königen  -war  Croesus,  der,  wie  wir  oben  nach  Herodot  be- 
merkten,   den  Werth  melu-erer  Säulen  hiezu  beitrug. 

Indessen  hat  sich  durcli  die  Abschreiber  in  die  Zahl  CXXYII.  ofFenbar  ein 
Fehler  ein""eschlichen.  Eine  ungleiche  Zalil  von  Säulen  kann  in  keinem  regu- 
lären   Tempel   statt    finden.      Doch    ist    der    Verstofs    nicht    beträchtlich.        Der 

c)  Antlchitä  di   Pcsto  dal  P.   PaoU. 
2  1)   Cülumnae   CXXf'II.    a    sin^ulis  regihu!  ßictne.    1.  3(5.    c.  2i. 


25 
Zusatz  eines  einzigen  I.  bringt  alles  ^vieder  in's  Gleicllge^vicl^t :  denn  123  ist 
gerade  die  Zahl  der  Säulen,  welche  die  Anordnung  des  Baues  erforderte.  (Man 
sehe  den  Plan  Taf.  I.) 

Das  Pteroma  entliielt         -  -  -  -  -  76  Säulen. 

Das  Pronaos  -..--■  5       — 

Das  Opislhodomus  .  -  .  -  .  2       — 

Die  zwei  Reihen  in  der  Zelle,  jede  Reihe  von   11   Säulen  22       — 

Die  zwei  obern  Reihen   eben  so  viel        -  -  -  22        — 


Ganze  Zahl  123   Säulen. 

Was  die  Eintheili^ng  der  Zelle,  Vorzelle  und  Nachzelle  zu  einander  betrifft, 
■waren  die  Verhältnisse,  welche  Vitruv  (4,  4.)  zur  Einrichtung  dieser  Theile 
vorschreibt,  niclit  strenge  zu  befolgen,  weil  darnach  die  Zelle  zu  Idein,  und 
die  Nachzelle  zu  gi-ofs  ausfallen  würde.  Indessen  haben  wir  in  dieser  Einthei- 
lung  uns  dem  Vitru vischen  Verhältnifs  so  viel  möglich  zu  nähern  gesucht, 
und  genau  das  vorgeschriebene  Verhältnifs  zwischen  Zelle  und  Vorzelle ,  worauf 
es  wesentlich  ankommt,  beibehalten. 

Desgleichen  gaben  wir  den  Säulen  in  der  Zelle  jenen  Abstand  von  den 
Seltenw  änden ,  welcher  in  solchen  Fällen  den  besten  Vorschriften  und  Mustern 
entspricht.  Auch  erhielten  die  Säulen  jene  Stärke  und  jene  Zwischenweite,  wie 
sie  zum  Aufsetzen  einer  z^^eiten  Ordnung  und  zu  erforderlicher  Totalhöhe 
passen. 

Die  Säulenstellung  in  der  Vorzelle  und  Nachzelle  ist  dieselbe  wie  im 
Pteroma. 

Einen  Thcil  des  Innern  —  zwischen  der  Zelle  und  Nachzelle  —  liabe  ich 
theils  für  die  Nische  der  Hauptstatue,    iheils    für    die    Eingänge    und.    Treppen, 

4 


2Ü 

theils  für  die  Wohnung  eines  Tenipelliüters  und  auch  für  solclie  verschlossene 
Räume,  avo  die  Gelder  und  Schätze,  Melche  man  dem  Tempel  zur  sicliem  Auf- 
be-\vahrung  vertraute,  niedergelegt  -wurden,   bestimmt. 

Vitriiv  giebt  zAvar  den  Ort  der  Aufstellung  der  Hauptstatue  nicht  an.  Und 
duich  diese  Nichtangabe  sind  die  Neuern  zu  sonderbaren  Ideen  in  Rücksicht 
der  Errichtung  der  Statuen  in  den  Hypaethren  veranlafst  Avorden. 

Man  glaubte,  dafs,  weil  der  mittelste  Raum  der  Zelle  unbedeckt  gewesen 
sey,  auch  das  Bild  der  Gottheit  im  Unbedeckten  stehen  müfste.  Allein  man 
darf  erstlich  nur  bedenken,  dafs  an  mehreren  der  vorzüglichsten  Statuen  in 
Hypaethren,  wie  am  Jupiter  des  Phidias  zu  Olympia,  und  an  der  Minerva 
desselben  Meisters  zu  Athen,  die  nackten  Theile  aus  Stückchen  von  Elfenbein 
zusammengesetzt  waren.  Wie  leicht  wären  aber  solche  Meisterwerke  im  Freien 
dein  Verderben  luiterworfen  gewesen?  Zweitens  lese  man  die  ziemlich  ausführ- 
lichen Besclireibungen  genannter  beiden  Statuen  in  Pausanias  (i ,  24.  und 
5,  11.),  imd  in  Plinius  (36,  4,  4-.)>  ^ii'^  "^^"  wird  finden,  dafs  an  diesen 
grofsen  Gotleibildem  nichts  bemerkt  wird,  welches  verriethe,  dafs  man  sie  habe 
umgelien,  und  von  der  Rückseite  sehen  können.  Ein  solches  Stillschweigen  in 
jenen  Beschreibimgen  wäre  aber  nicht  denkbar,  wenn  die  Statuen  in  der  Zelle 
frei,  und  mit  der  Rückseite  nicht  gegen  eine  Nische  gestanden  hätten.  Noch 
mehr:  wie  hätte  Strabo  (3,  p.  553.)  von  der  Gröfse  der  Jupiters -Statue  zu 
Olympia  sprechend,  sagen  können:  „Der  Gott  würde,  wenn  er  aiifstünde,  die 
Decke  wegheben ; "  wenn  die  Statue  niclit  in  einer  sie  bedeckenden  Nische  auf- 
gestellt gewesen  wäre?  Zur  anscliaulichen  Ueberzeugung  endlich  hat  sich  die 
Spur  einer   solchen  Nische   von    quadrater    Form    in    dem    grofsen    Tempel    von 


27 
Paestum  erhalten.  Ich  habe  selbst  die  Sache  an  Ort  lind  Stelle  verifizirt,  und 
auch  die  Risse,  -welche  P,  Paoli  herausgab  (Tav.   13.),    zeigen  sie  an. 

Die  Hauptthiire  v^on  der  Vorzelle  her  fiihrte  in  das  mittlere  ScliiiT  der 
Zelle  und  war  also  der  Hauptstatue  der  Gottheit  gerade  gegenüber.  Wir  haben 
in    dem    Grundrisse    die    Breite    derselben     nach     den    Verhältnissen    aneeseben. 

Do  ' 

■welche  Vitruv  (4.,  6.)  bei  diesem  Theile  des  Tempelbaues  vorschreibt.  Nach 
diesem  Autor  (3,  1.)  hatte  aber  der  Hypaethros  aucli  Thüren  von  der  Nachzelle 
her,  und  diese  Vorschrift  Vitriiv's  ist  zum  Theil  Ursache,  -warum  einige 
glaubten,  die  Hauptstatue  müfste  nicht  in  einer  Nische,  sondern  in  der  Mitte 
der  Zelle  unter  freiem  Himmel  gestanden  haben.  Allein  diese  Hinterthüren 
giengen  nicht  nach  dem  mittlem  SchifFe,  sondern  nach  den  Seitenschiffen  und 
den  Treppen,  -welche  nach  den  obern  Gängen  der  SeitenschlfFe  und  dann  unter 
das  Dach  führten.  Auf  solche  Weise  mufsten  auch  im  Tempel  zu  Olympia  die 
Hinterthüren,  von  denen  Pausanias  spricht,  angeordnet  seyn;  und  die  Reliefs, 
■welche  die  Thaten  des  Hercules  vorstellten  und  über  den  Thüren  so-^vohl 
der  Vorzelle,  als  der  Nachzelle  angebracht  waren,  sind  nicht  als  Verziei-ungen 
der  Thüren  zu  nehmen,  sondern  als  solche,  welche  über  der  ganzen  Breite  der 
Wand  an  dem  innern  Friese  hinliefen.  Dies  erhellet  schon  aus  der  Menge  der 
allda  abgebildeten  Gegenstände,  welche  die  blofse  Breite  einer  Thüre  nicht 
hätte  fassen  können.  Auch  kommen  noch  mehrere  griechische  Monumente  vor, 
■woraus  man  sieht,  dafs  solche  verzierte  Friese  über  den  Zellenmauern  theils  im 
Pteroma,  theils  im  Innern  der  Vorzelle  und  Nachzelle  nicht  ungebräuchlich 
waren. 

Eine  solche  Anordnung  in  den  Hypaelhren  könnte  indessen  nach  einem 
Risse,     der    von     dem    Tempel     des    Jiipiter    Panhellenius     zu    Aegina     in     den 

4  * 


23 

ionischen  Altertluimcin  (Tom.  II.  PL  III.)  gegeben  ist,  bezweifelt  werden.  Audi 
dieser  Tempel  ist  ein  Hypaethros,  "wie  die  darin  angebracliten  SeitenschifFe  zei- 
gen, und  nach  dem  gegebenen  Plane  finden  sich  Thüren  von  der  Vorzelle  und 
von  der  Nachzelle  her,  die  einander  gegenüber  liegen.  Die  englischen  Heraus- 
geber machen  hiebei  keine  Bemerkung.  Allein  es  ist  mehr  als  wahrscheinlich, 
dafs  dieser  Tempel,  wie  so  viele  andere,  zur  Zeit  des  Ueberganges  der  Volker 
von  der  alten  Religion  zur  christlichen,  in  eine  Kirclie  vei-vvandelt  \iard.  Bei 
solchen  Umwandlungen  wurden  dem  neuen  Gottesdienst  gemäfs  nicht  selten  die 
alten  Mauern  theils  durchschnitten,  theils  ganz  abgetragen  und  statt  derer  neue 
aufgefülirt.  Bei  diesem  Tempel  wird  eine  solche  Umwandlung  desto  wahr- 
scheinlicher, da  die  OelTnung  in  der  Hintermauer  nicht  in  der  Mitte,  sondern 
etwas  seitwärts  liegt;  ein  Verstofs,  der  bei  der  ursprünglichen  Anlage  und  Ein- 
richtung eines  Tempelhauses  nicht  denkbar  ist.  Man  würde  daher  sehr  Unrecht 
tliun,  mit  diesem  Monumente  gegen  die  Gründe  aufzutreten,  welche  wir  für 
die  Einrichtung  der  Hypaethren   aufstellten. 

Aeufserlich    lief    um   den   Tempel    eine    Treppe   von    zehn    Stufen,    wie    ein 
Fragment  von  Philo  von  Byzanz  angiebt,  fde  septcin  oybis  spectnculis  png.  18^. 

So  viel    zur    Bestimmung    und    Rechtfertigung    des    hier   vorgelegten    Giund- 
risses  des  Ephesischen  Tempels ,  woraus  einleuchtend  hervorgeht :    dafs  er 

„ein  ionischer  Dipteros,  Octastylos,  Diastylos,  Hypaethros" 
war,     und    zwar    nach    Vi  tru  vischen    Vorschriften    von    grofser    Regulärheil. 
Defswegen    V  i  t  r  u  v    diesen    Tempel    in    mancher    Rücksicht    als    Vorbild    vor 
sich  hatte. 


.  ^9 
AiiMfs  des  Tempels  Taf.  II. 


wir  gehen  nwn  zxvr  Betrachtung  des  Aufrisses  über,  mit  der  genauen  An- 
gabe der  Theile  und  der  Verhältnisse,  welche  uns  bei  der  Zeichnung  desselben 
leiteten. 

i)  Der  Tempel  ruhet  auf  einem  Unterbaue  von  zehn  Stufen:  vie  hoch 
aber  jede  dieser  Stufen  war,  giebt  Philo  nicht  nn.  Nach  dem  Beispiele  ande- 
rer Monumente  haben  wir  jeder  Stufe  die  Hohe  von  sechs  Zoll  gegeben.  Der- 
gestalt erhält  der  ganze  Unterbau  eine  Höhe  von  fünf  Fufs. 

2)  Der  ionischen  Base,  ^velche  an  diesem  Bau  zuerst  erschien  *^),  theilen 
wir  nacli  der  Lehre  Vitruv's  (3,  5.)  die  Hohe  von  einem  halben  Durchmesser 
der  untern  Säulendicke  zu;  und  in  der  Zeichnung  dieser  Base  hielten  wir  uns 
an  die  noch  vorhandenen  Basen  des  Apollotempels  zu  Milet,  den  Poeonius 
erbaute  ^^);  obwohl  sie  in  einigen  Theilen,  worin  sie  von  der  Vitruvisch- 
ionischen  Base  abweicht,  weniger  schön,  als  die  Vitruvische  zu  seyn 
scheint. 

5)  Der  Säulenstamm  hatte  eine  Höhe  von  60  F'^fs,  dessen  Verjüngung  ein 
Siebentel  der  untern  Dicke  betrug   ^''). 

Dafs  die  Säulen  kannelirt  waren,  bemerkt  Vitruv  ausdrücklich,  und  zwar, 
als   wenn   die   Kannelirung   an    diesem   Bau    zuerst   gebraucht   worden    Aväre   ^'). 


2  2)  Plbi.  56,  5Ö.    und  Fitr.  4,  1. 

23)  Jon.  antiq.   Tom.  I.  c.  III. 

24)  Vlin.  loc.  cit. 

25)  4,    1. 


30 

Es  gab  nach  Vitriiv  und  nacli  den  Monumenten  zwei  Alten  der  Kannelirung: 
die  eine,  mit  flachen  Vertiefungen  und  scharfen  Stegen,  war  für  die  dorische, 
tmd  die  andere  mit  halbzirkeligen  Vertiefungen  und  breiten  Stegen  für  die 
ionische  Bauart   ^'^).     Letztere  müssen  wir  also  auch  hier  annehmen. 

Nicht  alle  Säulen,  deren  Zahl  Plinius  angiebt,  waren  indessen  von  60  Fufs 
Höhe.  Diese  Höhe  hatten  nur  diejenigen  im  Pteroma  und  in  der  Vorzelle  und 
Nachzelle.  Die  Säulen  in  der  Zelle  waren  ungleicli  niedriger,  wie  wir  ausführ- 
lich bei  der  Einrichtung  des  Grundrisses  bemerkten. 

Hiemit  sind  wir  aber  noch  nicht  zu  Ende.  Es  kommt  in  Plinius  noch 
eine  andere  Stelle  in  Hinsicht  auf  die  Säulen  %'or,  welche  den  Auslegern  viel 
zu  rathen  gegeben  hat. 

Ich  setze  sie  ganz  her: 

„Coluituine  CXX.VII  a  singulis   regibus  factae,   LX  -peduin   nltitudine: 
ex  his  XXX f^I  caelatae,    una  a  Scopn."  (andere  Lesearten  geben:    uno 
n  Scopn.)     Gewöhnlich   wird   der   letztere    Theil   dieser   Stelle    so   ver- 
standen:   „von  diesen  Säulen  waren  sechs  und  dreifsig  geschnitzt,    eine 
von  Scopas." 
Die  Frage:    ob    der   Bildhaiier   Scopas,    der  in  der  sieben  und  achtzigsten 
Olympias  geblüht  haben  soll   *'),    der  nämliche  sey ,   welcher  nach  der  hundert 
zweiten    Olympias    das    Mausoleum   '^^)     verschönern   half:     oder    ob    man    zwei 
Bildner  gleiches  Naniens    annehmen   müsse?    können   wir   hier   um   so    füglicher 


2  7)  Plin.  34,  19. 

»8)    riin.  36,  4,   9, 


3i 

übergehen;  da  wir  uns,  "wie  wir  wollen,  eine  solche  Säule  vor  oder  nach  dem 
Brande  von  Scopas  geschnitzt,  denken  können.  Aber  wo  winden  je  Säulen  an 
einem  Gebäiide  mit  Schnitzwerk  verziert?  Dies  geht  höchstens  bei  einzeln  auf- 
gestellten Ehrensäulen  an,  so  wie  die  von  Trajan  iind  von  Markus  Aurelius 
in  Rom.  Allenfalls  könnte  man  hiebei  auf  den  Gedanken  kommen,  dafs  Pli- 
nius  hierunter  Atlanten  oder  Karyatiden  bezeichnen  wolle.  Allein  dies  anzu- 
nehmen, verbietet  sclion  das  Woit  caelnre ,  welches  nicht  von  runden  Stand- 
bildern, sondern  blofs  von  erhobenen  Arbeiten  gebraucht  wird.  Indessen  nehme 
man  auch  für  einen  Augenblick  an,  dafs  geschnitzte  Säulen  oder  Statuen,  die 
den  Dienst  der  Säulen  thaten,  vorhanden  gewesen  seyen:  —  wo  sollte  man  diese 
Sävüen  aufstellen?  —  Ohne  Zweifel  in  das  Innere,  in  die  Zelle.  —  Gut!  Allein 
wenn  wir  im  Innern  für  die  untere  und  obere  Säulenordnung  zusammen  nur 
36  Säulen  rechnen,  so  Averden  Avir  die  Totalsumme  der  von  Flinius  angegebe- 
nen Säulen  nie  herausbringen.  Füllen  Avir  aber  das  Innere  mit  Säulen  bis  zur 
erforderlichen  Zalil;  so  Averden  wir  immer  geschnitzte  und  nicht  g-?schnitzte 
Säulen  mit  einander  vermengen  müssen:  Avelcher  Misstand  allerdings  nicht 
denkbar  ist. 

Doch  genug  über  das  Unzulässige  einer  Stelle,  wie  sie  jetzt  im  Plinius 
steht.  Eine  geringe  Abänderung,  die  den  itrsprünglichen  Text  wieder  herstellt, 
hebt  alle  SchAvierigkeit.  Man  lese:  Ex  his  XXXf^I  caelntne  uno  e  scapo  — 
anstatt  unn  a  Scopa  —  so  ist  die  ganze  Sache  klar.  Von  diesen  (60  Fufs  hohen) 
Säulen  Avaren  36,  deren  Schaft  aus  Einem  Stück  —  uno  e  scnpo  —  gehauen 
war.  Das  Wort  cnelare  ist  hier  in  seinem  AveitesLen  Sinne  genommen,  avo  es 
blofs  das  Bearbeiten  der  Säulen  mit  dem  Meifsel  ausdrückt.  Vielleicht  wollte 
Plinius  hiemit  noch    den  Sinn    der  Kannelirung   verbinden.       Und    ist   es    etAva 


32 

niclit  bemerkensM-eith,  clafs  unter  den  60  Fufs  hohen  Säulen  36  ^varen,  deren 
Schaft  ans  Einem  Block  IMarmor  bestand?  —  Mit  Vergnügen  sehen  wir,  dafs 
Winkelniann  in  seiner  Geschichte  der  Kunst  (9,  c.)  den  Text  des  Plinius 
bereits  auf  dieselbe  Weise,  wie  -vvir,  gelesen  und  verstanden  hat. 

Die  gröfste  Säule  aus  Einem  Stück  in  den  noch  vorhandenen  Denkmälern, 
die  ehedem  im  Friedenstempel  zu  Rom  -war,  und  jetzt  vor  S.  M.  innggiore  er- 
richtet steht,  ist  noch  nicht  vollkommen  fünfzig  Fufs  hocli.  Nur  Ehrensäulen, 
A^ie  die  noch  stehende  bei  Alexandria,  welche  nach  der  neuerlich  auf  dem 
Piedeslal  entdeckten  Inschrift  zu  Ehren  Diocletian's  errichtet  ward,  und 
einiae  Obelisken  waren  beträchtlichere  Massen   aus  Einem  Blocke. 

Nach  unserer  Auslegung  fällt  also  das  Wunder  so  vieler  mit  Bildwerk  ver- 
zierten Säulen  weg,  und  statt  dessen  tritt  das  an  einem  Bau  nie  gesehene  Wun- 
der der  Massen  ein.  — 

4)  Das  Kapital  der  Säulen  war  an  diesem  Bau  zuerst  mit  Schnecken  an 
den  Fronten  und  Polstern  an  den  Seiten  verziert.  Seine  Höhe  —  vom  Ablauf 
des  Schaftes  an  gemessen  —  betrug  ein  Drittel  der  untern  Säulendicke  ^'). 
Wir  lialicn  in  unserer  Zeichnung  das  schöne  ionische  Kapital  von  Milet  nach- 
gebildet   3  0). 

5)  Das  Gebälke  hat  ungefähr  ein  Fünftel  der  Säulenhöhe.  Der  Architrav 
ist  von  dem  zu  Milet  und  Fries  und  Hauptgesimse  von  dem  Gebälke  des 
Mincrvatcmpels  zu  Priene   entlehnt  ^ '). 


2  9^    Vit:  UV.  uiifl    Pliniui   a.   a.   O. 
30^   Jon.  antiq.    Tom.    I.    Chup.    III. 
31)  Ebenda.  Chnp.  II.  und  III. 


33 

6)  Die  Giebelhöhe   und    die  Uebersätze  C'icroterinJ    sind   nach    den   Verhäll- 
nissen,  -welche  Vitruv  (3,  3.)  für  die  ionische  Ordnung  vorschreibt,    angegeben, 
lieber  die  Verzierungen  im  Giebelfelde   und  die  acroteria  nachher. 
In  Rücksicht  des  Gebälkes  kommt   noch    eine   wichtige    Stelle   im   Plinius 
vor,  -welche  um  so  mehr  einer  nähern  Anzeige  bedarf,   da  sie  bis  jetzt  ron  den 
Auslegern  sehr  mifsvers landen  Avard. 
Sie  heifst:  (56,   fii.) 

„Suimna  miracula  epistylia  tnntne  inolis  attolli  potuisse.  Id  conse- 
cutus  est  nie  (CtesiphoTi)  aeronibus  nrena  plenis ,  rnolli  clivo  super 
capita  colunniarwn  exaggernto,  pnulnthn  exinaniens  iinos,  ut  sensim  opus 
in  cuhili  sederet.  Difßcillvne  id  contigit  in  limine  ipso,  quod  foribus 
hnponebat ;  eteniin  linec  innximn  nioles  fuit:  nee  sedit  in  cubili ,  nnxio 
artißce,  mortis  destinntiotte  supremn.  Traduntque  in  ca  cogitatione  Fes- 
sum  nocturna  tempore  in  quiete  vidisse  prnesentein  denm,  cui  templum 
ßebat,  liortnntem  ut  viveret:  se  composuisse  Inpidem:  atque  ita  posier o 
die  adpnruit,    et   pondere   ipso   correctus  videbntur." 

„Höchst  zu  be-\%iindern  ist,  wie  Hauptbalken  von  solcher  Gröfse  auf- 
gelegt -sverden  konnten.  Dieses  erreichte  der  Architekt  (Plinius  nennet 
ihn  Ktesiphon,  obwohl  es  nach  unserer  oben  bereits  gemachten  Be- 
merkung eher  sein  Sohn  M et a genes  war)  dadurch,  dafs  er  vermittelst 
Säcken  aus  Schilf,  die  mit  Sand  gefüllt  waren,  eine  Art  -weicher  Polste- 
rung, höher,  als  die  Kapitale  der  Säulen,  veranstaltete.  Aus  den  unter- 
sten liefs  er  allmählig  den  Sand  ausrinnen,  dafs  der  Balken  sich  nach 
und  nach  in  sein  Lager  setzte.  Besonders  schwierig  war  das  Auflegen 
des    Sturzes    über    die    ThürolTnung,    weil    dies    die    gröfste    Masse   war. 

5 


34 

Audi  schien  der  Stein  niclit  sein  gehöriges  Lager  nehmen  zu  wollen, 
welclies  den  Architekten  sehr  iingsligle,  indem  die  Todesstrafe  auf  das 
Mifslingen  angedroht  war.  Und  wie  die  Sage  geht:  soll  er  endlich  über 
diesen  Gedanken  ermüdet  eingeschlafen,  imd  ihm  die  Göttin  selbst,  für 
•welche  er  den  Tempel  baute,  nächtlicher  Weile  erschienen  seyn:  mit 
der  Ermahnung,  nichts  zu  fürchten;  sie  selbst  habe  den  Stein  in  sein 
Lager  gesetzt.  Und  siehe!  den  andern  Morgen  fand  sich  die  Sache  wirk- 
lich; der  Stein  schien  durch  seine  eigene  Schwere  in  seine  richtige  Lage 
eingepafst  zu  seyn." 
Hierüber  bleibt  uns  zu  bemerken: 

i)  Ich  lese  anstatt  molli  clivo ,  Avie  jetzt  in  den  gewöhnlichen  Ausgaben 
steht,  itiolli  pulvino,  wie  ältere  Lesearten  geben.  Das  clivo,  anstatt  pulvino,  hat 
sich  durch  eine  ungeschickte  Vorstellung,  die  sich  die  Ausleger  von  der  hier 
beschriebenen  Veranstaltung  machten,  in  den  Text  eingesclilichen.  Sie  meinten, 
man  hatte  einen  ganzen  Berg  von  Sandsäcken  bis  über  die  Säulenhöhe  aufge- 
thürmt  und  so  allmählig  die  Hauptbalken  gleichsam  hinaufgewälzt.  Allein  ge- 
setzt auch,  man  wäre  damals  noch  so  weit  in  den  mechanischen  Kenntnissen 
\ind  Erfahrungen  zurück  gewesen,  wie  jene  Ausleger  sich  einbildeten;  würde 
es  nicht  ungleich  natürlicher  gewesen  seyn,  die  schiefe  Fläche  auf  eine  viel  ein- 
fachere Art  aus  Zimmerstücken  zu  construiren,  als  aus  weiclien  Sandsäcken  ?  imd 
wenn  es  endlich  blofs  um  das  Hinaufbringen  der  Hauptbalken  zu  thun  gewesen 
wäre,  warum  die  Anstalt,  den  Sand  aus  den  Säcken  allmählig  ausrinnen  zu 
lassen? 

Allein    der  Sinn    des  Plinius    geht   hier   nicht    auf  das    Hinaufbringen, 
sondern  auf  das  Auflegen  der  Hauptbalken.      Die   Schwierigkeit   war,    Haupt- 


35 

balken  von  so  grofser  Masse,  nachdem  sie  schon  aufgezogen  über  den  Säulen- 
kapitalen  schwebten,  so  passend  auf  ihr  Lager  niederzusenken,  damit  sie  nicht 
etwa  durch  ein  plötzliches  Aufstofsen  die  Säulenkapitäle  und  sich  selbst  zer- 
triimmern  möchten.  Dies  nun  zu  verhindern  und  die  Balken  so  sachte  -wie 
möglich  in  ihre  Lager  sinken  zu  lassen ,  hatte  der  Architekt  den  sinnreichen 
Einfall,  die  Polsterung  mit  den  Sandsäcken  zu  veranstalten.  Wahrscheinlich  ge- 
schah dies  durch  eine  Art  Gerüste,  welches  er  in  den  Za'v ischenweiten  der  Säu- 
len aufbauete,  um  die  Sandsäcke  darauf  aufzuschichten.  Dies  und  nichts  an- 
ders, scheint  mir,  soll  der  Text  des  Plinius  ausdrücken. 

2)  Wird  allerdings  kein  Mechaniker  mit  all  den  Kenntnissen,  die  wir  heute 
in  den  mechanischen  AVissenschaften  besitzen,  das  Auflegen  solcher  Massen  für 
leicht  halten.  Jeder,  von  einer  INIitte  der  Säule  zur  andern  gemessen,  war 
29  Fufs  7  Zoll  lang;  die  untere  Breite  betrug  6  Fufs  6  Zoll  und  die  obere 
Breite  7   Fufs   6  Zoll,  und  die  Höhe  wenigstens  5  Fufs. 

Der  Hauptbalken  über  der  mittelsten  Zwischenweite  an  den  Fronten  betrug 
an  Länge  51   Fufs  8  Zoll,    und  über  den  EckzAvischenweiten  35   Fufs  4.  Zoll. 

Auffallen  mag  es,  was  Plinius  sagt:  das  Auflegen  des  Sturzes  als  der 
gröfsten  blasse  über  die  ThüröiFnung,  habe  die  meiste  Schwierigkeit  verursacht. 
Allein  wenn  wir  nach  den  Vorschriften  Vitruv's  (4.,  6.)  die  Verhältnisse  der 
ionischen  Thüre  in  Höhe  und  Breite  berechnen:  so  ergiebt  sich  eine  solche 
Breite,  dafs  der  Sturz  wirklich  der  betiächtlichste  Block  seyn  mufste.  Er  er- 
forderte eine  Länge  von  4.1  Fufs,  nämlich  33  Fufs  im  Lichten  und  von  jeder 
Seite  4-  Fufs  zui*  Auflage  über  die  Thürpfosten.  Die  Breite  desselben  betrug 
6  Fufs,  und  die  Höhe  —  da  Sturz  und  Fries  (Sujjerciliuin  und  HyperthyTum) 
immer   aus  Einem  Block   gemacht   zii   werden    pflegten   —    8  Fufs.       Man   sieht 

5  * 


36 

also,  dafs  Plinius  keine  Abgeschmacklheit  niederschrieL.  Uebrigens  wird  mau 
ilim  die  Ueberlieferxmg  der  Anekdote  in  Hinsicht  der  Aengstlichkeit  des  Künst- 
lers lind  der  Erscheinung  der  Göttin  im  Traume  gerne  vergeben ;  denn  es  ist 
im  Geiste  aller  Völker  und  Zeiten  das  natürlich  Bewunderungswerthe  immer 
noch  mehr  durch  das  Uebernatürliche  erhöhen  zu  Avollen. 


Durchschnitt  des  Tempels  nach  der  Breite.    Taf.  III. 


Der  Durchschnitt  zeiget  die  Anordnung  der  beiden  Säulenreihen  übereinan- 
der im  Innern,   und  die  Einrichtung  des  Deckenwerks  und  der  Dachung. 

Icli  nehme  liber  der  ersten  Ordnung  im  Innern  eine  Gallerie  an,  obwohl 
Vitruv  von  einer  solchen  Einrichtung  nichts  saget,  und  auch  der  Hypaethros 
zu  Paestum  keine  gehabt  zu  haben  scheinet.  Eine  solche  Gallerie  aber  hatte 
der  Tempel  Jupiters  zu  Olympia  ^^);  und  diese  Einrichtung  gewährte  den 
wesentliclien  Vortheil,  erstlicli  bei  Feierlichkeiten  eine  gröfsere  Menge  Men- 
schen im  Innern  zu  fassen,  und  zweitens  einen  Theil  der  Weihgeschenke  ge- 
hörig aufzustellen.  Die  obern  Säulen  haben  zu  den  untern  das  Verhältnifs, 
welches  Vitruv  (5,   7.  und   C,   5.)  in  solchen  Fällen  vorschreibt. 

In  Rücksiclit  des  Deckenwerks  nehme  ich  an,  dafs  sowohl  das  im  Pteroma, 


3  2)   Paus.  5,    10. 


57 

als  das  der  untern  Ordnung  im  Innern  ganz  von  Stein  var,  so  wie  wir  die? 
bei  noch  vorhandenen  Monumenten  -wahrnehmen   ^^). 

Vitruv  (2,  11.)  scheint  zwar  diesem  zu  -widersprechen,  denn  er  redet  von 
Decken  aus  Zedernholz,  welclie  im  ephesischen  Tempel  vorhanden  waren.  Dies 
mochte  aber  blofs  die  Decke  der  obern  Ordnung  im  Innern,  und  dann  haupt- 
sächlich die  Decken  in  der  Vorzelle  und  in  der  Nachzelle  betreffen.  Mit 
Sclnvelleii  von  Holz  mufste  aucli  die  steinerne  Decke  im  Pteroma  überlegt 
werden,  tun  das  Sparrwerk  des  Daches,  so  wie  der  Durchschnitt  Taf.  III.  zei- 
get,   gehörig  zu  richten. 

Da  der  Tempel  zu  der  Gattung  der  Hypaethren  gehörte  und  also  das 
Hauptschiff  in  der  Zelle  unbedeckt  war,  haben  wir  zu  dem  Durchschnitt  noch 
einen  besondern  Plan  der  ganzen  Dachung  Taf.  III.  D.  gegeben,  um  sich  hie- 
von  einen  desto  deutlichem  Begriff  zw  machen.  Es  hat  Neuere  gegeben,  welche 
sich  beikommen  liefsen  zu  glauben,  die  Hypaethren  hätten  keine  hohe,  sondern  eine 
flache  Dachung  gehabt.  Gründe  hiefür  werden  nicht  angegeben.  Indessen  klingt  eine 
solche  Behaiiptxing  um  so  seltsamer,  da  die  Giebel  an  der  Vorder-  und  Hinter- 
seite des  Tempels  angenommen  -werden.  Und  woher  anders  haben  die  Giebel 
ilire  Entstehimg,  als  von  der  Dachung  mit  zwei  Seitenabhängen?  Uebrigen? 
sagt  Plinius  (iG,  79.)  ausdrücklich,  dafs  die  Daclmng  des  Dianatempels  von 
Ephesiis  aus  Zedernbalken  Avarj  und  als  Augenzeuge  fügen  wir  noch  bei:  dafs 
man  jetzt  noch  an  den  innern  Seiten  der  beiden  Giebel  am  Hypaelhros  7A\ 
Paestum    die    Lager   (cuhiliaj    wahrnimmt,    wo    ehedem    die    Köpfe    der    Fetten 


33)    Siehe   Stuart   antiq.   of  Athent    Tom.  IL   den   Tempel   des   Theseus    und    das  forum 
Neruae  zu  Rom:    Dcsgodetz  pag.  14Ö. 


38 

(tenijyln)  eingilfTen.  Ueberhaiipt  existirt  kein  Beispiel  eines  alten  Tempels,  der 
ohne  eine  erhöhte  Dachung,  entweder  in  Holz,  oder  in  Wölbung  gewesen  wäre. 
Gewölbt  -w-iirden  aber  in  der  Regel  nur  die  runden  Tempel,  deren  die  Griechen 
vind  selbst  die  Römer  nur  wenige  und  gröfstentheils  von  geringem  Umfange 
hatten.      Das  Pantheon  in  Rom  macht  hievon  die   grofse  Ausnahme. 


Bildwerke  und  andere  Auszierungen  des  Tempels. 


Ueber  die  Bildwerke  und  andere  Auszierungen,  sey  es  im  Aeufsem,  sey  es 
im  Innern  dieses  berühmten  Tempels,  haben  wir  wenig  Nachrichten.  Plinius 
sao^t  blofs:  dafs  die  übrigen  Zierden  des  Tempels  hinreichenden  StoiF  für  meh- 
rere  Bücher   enthielten    ^'^). 

Welche  Verzierungen  der  Fries  hatte,  und  welche  Bildwerke  im  Giebelfelde 
und  auf  den  Uebersätzen  der  Vorseite  sowohl  als  Rückseite  angebraclit  waren, 
davon  finden  wir  keine  Angabe. 

Zur  Aussclimückung  der  Zeichnungen  wählten  wir  für  die  Acroteria  der 
Vorseite  die  Diana  als  Jägerin  in  der  Mitte,  und  ihre  Hirsche  auf  den  Seiten 
rechts  imd  links.  Auf  solche  Art  kommt  die  Göttin  oft  auf  den  ephesischen 
Münzen  vor.  Im  Giebelfelde  erscheint  der  Kampf  des  Theseus  mit  den  Ama- 
zonen, wobei  der  Tod  der  Antiopa  in  den  Armen  des  Theseus  die  Hauptgruppe 
macht;    theils    weil   nach   der   Sage    die   Amazonen    den    ursprünglichen   Tempel 


3  4)  Life.  36,  21.      Ceterti   ejui  operis  onuirrcnta  plurium  Uhroriim   instar  oltinent. 


39 

der  Göttin  erbaut  haben  sollen,  theils  weil  die  Jonier  eine  attische  Kolonie 
sind,  lind  Athen  der  Ort  ist,  wo  die  Hauptfabeln  der  Amazonen  miihingehören. 
Ueberdem  war  es  bei  der  Auszierung  der  Tempel  eine  gewöhnliche  Sache,  die 
vaterländischen  Mythen  zu  benutzen. 

Auf  den  Acroterien  des  hintern  Giebels,  dargestellt  auf  der  Taf.  III.  und  in 
der  perspektivischen  Zeichnung  ^ ') ,  erscheint  die  Diana  als  Luna  in  der  Mitte, 
und  auf  den  Seiten  rechts  und  links  ihr  nächtliches  Gespann,  die  Kühe.  Wir 
haben  nach  Herodot  (1,92.)  berichtet,  dafs  unter  den  Weihgeschenken,  welche 
Croesus  der  Göltin  darbrachte,  auch  goldene  Kühe  waren.  Wo  diese  aufge- 
stellt -wurden,  wird  nicht  angegeben.  Als  Uebersätze  auf  den  Ecken  des  Gie- 
bels -würden  sie  indessen  nicht  sclilecht  gelassen  haben.  Niu"  die  grofse  Kolos- 
salität,  welche  dieselben  zu  diesem  Zwecke  nothwendig  haben  miifslen  und  die 
kostbare  Materie,  könnten  hierüber  Zweifel  erregen.  Wenn  man  aber  die  rei- 
chen Geschenke  bedenkt,  welclie  nach  Herodot  (1,  50.)  derselbe  König  dem 
Tempel  zu  Delphi  machte,  so  verschwindet  gewissermafsen  die  Unwahrschein- 
lichkeit.  Diese  Geschenke  bestanden  zum  Theil  in  goldenen  Ziegeln  und  in 
einem  goldenen  Löwen,  deren  ungeheueres  Gewicht  angegeben  ist,  mit  der  Be- 
merkung, dafs  der  Löwe  über  den  goldenen  Ziegeln  aufgestellt  war  und  im 
Brande  des  Tempels  davon  herabfiel.  Höchst  Avahrsclieinlich  diente  also  dieser 
Löwe  auch  als  Acroterium  auf  dem  Giebel  des  Delphischen  Tempels. 


3S)  Diese  Zeichnung  konnte  wegen  ihrer  Gröfse  nicht  mit  den  andern  Rissen  zu  der  Ab- 
handlung gegeben  werden.  Der  Verleger,  Herr  Weifs,  hat  sie  aber  durch  einen  geschickten 
Kiinstler  in  Zeichnungsmanier  stechen  lassen,  um  sie  einzeln  zu  verkaufen.  Die  Freunde  der 
Kun^t  und  des  Akerthums  werden  nicht  leicht  einen  Gegenstand  finden,  der,  auch  von  Seite 
seiner  Ausführung  als  Kupferstich  —  mehr  wie  dieser  geeignet  seyn  dürfte,  einen  Platz  an  der 
Wand  ihrer  Wohnzimmer  einzunehmen. 


40 

In  Rücksicht  der  Auszierungen  im  Innern  finden  wir  da  und  dort  Kunst- 
werke angegeben,  -welche  beweisen,  dafs  der  Tempel  wegen  der  darin  aufge- 
stellten Bildwerke  und  Malereien  der  grofsen  Meister  nicht  weniger  merkwürdig 
war,    als  seines  grofsen  und  kühnen  Baues  wegen. 

Man  sah  darin  Gemälde  von  Apelles,  worunter  sein  Alexander,  für  wel- 
chen er  zwanzig  Talenten  erhielt:  dann  von  Euphranor,  Nicias  und  Ti- 
marete,    der  Tochter  Micon's. 

Man  bewunderte  darin  Bildwerke  in  jeder  Art  von  Materie  imd  von  den 
berühmtesten  Händen  in  der  blühendsten  Epoche  der  Kunst:  als  die  Amazonen 
von  Pliidias,Polyclet,  Ktesilaus,  Cydon,  Phradmon:  den  Apollo  des 
Myron,  die  Hecate  des  Menestratus,  mehrere  Werke  von  Praxiteles 
und  Gefäfse  von  Mentor. 

Das  malte  Bild  der  Göttin,  das  unter  diejenigen  gehörte,  von  welchen  das 
Alterthum  wähnte,  sie  wären  vom  Himmel  gefallen,  war  nach  einigen  von  Zedern  - , 
nach  andern  von  Eben-  imd  nach  Mucian  von  Rebenholz  ^  "),  und  hatte  sich  bis 
auf  die  späteste  Zeit  erhalten.  Indessen  konnte  es  dem  Zeitverhältnifs  gemäfs 
nur  klein  und  unanselmlich  seyn;  und  ward  daher  wahrscheinlich  an  einem 
besondern  Orte  im  Tempel  aufbewahrt. 

Das  eigentliche  Tempelbild  mufste  der  Kolossalität  des  Tempelhauses  ent- 
sprechen; und  aus  einer  Stelle  bei  Xenophon  erfahren  wir,  dafs  es  von  Gold 
f^ebildet  war.  Denn  er  schreibt:  dafs  das  Bild,  welches  er  in  dem  bei  Scillunte 
von  ihm  erbauten  Dianatempel  aufstellen  liefs,  dem  Bilde  der  cphesischen 
Diana  so  gleiche,    wie  ein  Bild    von  Zypressenholz    einem    von    Golde    gleichen 

3Ö)    rUn.    16,   79.      J'"aruV.   2,   11. 


4i 

könne  *').  Wahrscheinlich  waren  daran  die  nackten  Theile  von  Elfenbein  und 
das  GeAvand  und  andere  Zierrathen  von  Gold. 

Die  Thürfliigel  des  Tempels  Tiaren  von  Zypressenholz.  Man  -wählte  diese 
Hol/.art  nicht  nur  -vvegen  der  Dauer,  sondern  auch  veil  es  den  Glanz  nie  ver- 
liert. Diese  Thüren  halten  nach  vierhundert  Jahren  noch  das  Ansehen  der 
Neuheit.  Plinius  fügt  bei  dieser  Gelegenheit  bei:  „Es  sey  noch  zu  bemer- 
ken, dafs   diese  Thürfliigel  vier  Jahre  lang  in  den  Leinifugen  gewesen  seyen"  ^  ^). 

Dafs  zusammengeleimte  Bohlenstücke  durch  vier  Jahie  in  den  Fugen  hal- 
ten, ist  doch  Avohl  nichts  merkwürdiges.  Offenbar  ist  also  hier  -wieder  ein 
Verstofs  im  Text;  und  aus  dem  Zusammenhange  ergiebt  sich,  dafs  qundrmgcntis 
annis  anstatt  quadriennio  zu  lesen  sey.  Dergestalt  ist  es  allerdings  bemerkens- 
werth,  dafs  das  Zypressenholz  an  den  Thüren  des  ephesischen  Tempels  nach 
einem  Zeitraum  von  vierhundert  Jahren  niclit  allein  Avie  neu  aussali,  sondern 
auch  noch  keine  Trenmmg  der  Leimfugen  daran  "wahrzunehmen  -war.  Dieser 
Thüren  gedenkt  auch  Theophrast  {de  Plantis  5,  5.)  mit  der  Bemerkung,  dafs 
das  Z^^ressenholz,  aus  dem  man  die  Thüren  des  neuen  Tempels  verfertigte, 
bereits  durch  vier  Menschenalter  (also  durch  hundert  z-wei  und  dreifsig  Jahre) 
aufbewahrt  gewesen  sey.  Man  sieht  also  hieraus ,  dafs  die  Alten  zu  allerlei  Be- 
dürfnissen VoiTäthe  von  Baiihölzern  machten,  um  bei  vorkommenden  Aibeiten 
gutes  und  vollkommen  trockenes  Holz  zu  haben.  Das  Zypressenholz  der  Thü- 
ren am  ephesischen  Tempel,  wovon  Plinius  sagt,  dafs  es  zu  seiner  Zeit  noch 
■wie  neu  ausgesehen  habe,   war  also  über  fünfhundert  Jahre  vorher  gefallt. 

373  De   Cyri  expeä.  5,  5.  §.  7.  et  seq. 

3  9)  Lib.  16,  c.  79.  „i'ff  tjuoque  notandum,  valvns  in  glutiiiis  compage  quadriennio  fuissc." 

6 


4'2 

In  Plinius  Zeilen  Avar  auch  eine  Treppe,  die  nacli  der  Dacliung  führte, 
im  cphesisclien  Tempel  vorlianden ,  •\'\'elclie  nacli  der  Sage  aus  Einem  cyprischen 
Weinstock  gemacht  Avar  ^ ').  Wir  haben  im  Grundrifs ,  um  zu  den  Gallericn 
zu  komiuen,  zwei  Treppen  gezeichnet.  Walirscheinlich  Avar  die  Treppe,  deren 
Stufen  aus  Einem  Weinstock  bestanden,  erst  über  den  Gallerien  angelest. 

Man  sieht  also,  dafs  selbst  die  verschiedenen  Holzarten,  die  man  ge- 
brauchte, zur  MerkAvürdigkeit  dieses  berühmten  Baues  beitragen  nrufsten. 


So  stand  dieses  Heiligtimm,  als  die  Zierde  der  ionischen  Küsten,  als  die 
BevATinderung  der  gebildetsten  Völker  und  als  der  Triumph  der  vereinigten 
Künste  seit  seiner  Wiederherstellung  unter  Alexander  dem  Grofsen  bis  auf 
Gallienus  nahe  an  sechshundert  Jahre  uuA'ersehrt.  Unter  diesem  Kaiser  drang 
eine  Abtlieilung  Gothen  von  der  Donau  lier  in  Asien  ein,  Avelchc  den  Tempel 
der  Diana  zu  Ephesus  beraubten   und   A^erbrannten  '*°). 

Dafs  der  Tempel  nach  dieser  Zerstörung  Avieder  erneuert  Avorden  sey,  ist 
nicht  bekannt  imd  auch  nicht  Avahrscheinlich.  Theils  A^  ar  das  römische  Reich 
schon  zu  sehr  zerrüttet;  tlieils  hatte  der  Eifer  für  die  alten  Heiligthümer  durch 
die  immer  mehr   sich   A^crbreitende   Reliiiion    der   Chrisiianer   sehr   nachirolasscn : 


3  9)  Lil).  14,  c.  2.  Etiam  nunc  scalis  tectum  Ephesiae  Diaiiae  scaridicur  una  e  vice  cypria, 
ut  fcrunt  etc. 

40)  Treh.  VoUionh  GnUienl  duo  Cajj.  VI.  Scythae  —  hoc  est  pars  Gothorum  Asiam  vasta- 
hant,  tunc  etiam  templum  Diunae  ILphesiae  dispoliatum  et  inccnsum  est;  cujus  opes  fama  in  po- 
pulos  satis  notae. 


43 

obwohl  früher  das  ephesische  Helligthum  als  einer  der  bewährtesten  Standhalter 
des  sinkenden  Polytheismus  anzusehen  war,  wie  folgender  Vorgang  in  der 
Apostelgeschichte   beweiset   '*'). 

Paulus  Iclute  zu  Ephesus  und  hatte  sich  bereits  einiiren  Anhans  verschafft, 
als  plötzlich  ein  Silberarbeiter,  Namens  Denietrius,  mit  seinen  Zunftgenossen 
einen  Aufstand  gegen  ilm  imd  seine  AnliJinger  erregte.  Die  Silberaibeiter  zoo'en 
nämlich  einen  ansehnlichen  Gewinn  von  den  Verehrern  der  grofsen  Göttin  durch 
Verfertigung  kleiner  silberner  Modelle  des  Tempels:  und  ahneten  nun,  dafs 
durch  diese  Neuerer  die  Göttin  ihr  Ansehen  und  sie  damit  iluen  Vorlheil  ver- 
lieren könnten.  Der  Aufstand  ward  indessen  beigelegt.  Aber  Paulus  schien 
zu  fühlen,  dafs  man  den  Kampf  gegen  das  alte  religiöse  System  nicbt  an  sol- 
chen Orten  beginnen  müsse,  wo  das  Interesse  der  Einwohner  mit  den  bestehen- 
den Heiligthümem  so  eng  verbunden  ist.  Er  verliefs  Ephesus  und  begab  sich 
nach  Griechenland. 

Unter  Gallienus  also  entschwindet  dieses  Denkmal  des  menschlichen  Geistes 
dem  Auge  des  Forschers:  und  für  Reisende  ist  jetzt  kaiun  die  Spur,  wo  es  ehe- 
dem stand,  erkennbar  '*^).  Aber  es  lebt  in  der  Geschichte;  schnell  und  kühn 
entwickelten  sich  die  Forlschritte  der  giiechischen  Kunst  durch  dasselbe.  Es 
war  das  erste  Gebäude,  an  dem  man  die  ionische  Anmuth  erblickte;  bis  dahin 
herrschte  der  Ernst  der  dorischen  Bauart  ausschliefslich. 

Vor  diesem  Bau  sah  man  nur  Säulenschäfte  unter  sechs  Durcluiieeser  hoch, 
mit  starker  kegelförmiger  Verjüngung  und  allgemein  mit   sehr    engen    Zwischen- 


Al)    Cap.   19. 

4  2)  Chandler's  Reisen  in  Kleinasien,    Kap.  3O  uncl  59. 


44 

■weiten.  Das  Gebälke  Avar  im  Verhältnifs  zu  den  Säulen  selir  hoch:  und  alles 
liatte  noch  ein   schwerfälliges   und   strozzendes  Ansehen. 

Aiif  einmal  erschien  die  Kiihnheit  eines  Meisters,  der  die  Höhe  der  Säulen 
auf  acht  Durchmesser  setzte,  den  Schaft  nur  lun  ein  Siebentel  verjüngte,  und 
tintreachtet  des  so  kühn  erhöhten  Säulenmaafses  die  Zwischenweite  auf  drei 
Säulendicken  brachte.  Im  Sinne  dieser  leichtern  Verhältnisse  ward  deiu  Säuleu- 
schaft eine  zierliche  Base  untergelegt,  und  das  Kapital  erhielt  einen  neuen 
Schmuck  durch  Beifügiuig  der  Schnecken  und  der  Polster,  welches  nicht  lange 
nachher  die  Veranlassung  zu  einem  dritten,  dem  korinthischen,  Kapital  gab. 
Das  Gebälke  verlor  zwar  nichts  an  seiner  Höhe,  aber  im  Verhältnifs  zum  Säulen- 
stamm verlor  es  das  Schwerfällige  und  Drückende.  Die  Triglyphen  sammt  den 
hängenden  Dielenköpfen  verschwanden  und  jeder  andere  Theil  des  Gebälkes 
schlofs,  um  ein  harmonisches  Ganzes  zu  bilden,  in  seinen  Verzienmgen  sich 
näher  an  den  Schmuck  der  Säule  an. 

Auf  diese  Weise  bliihte  eine  neue,  kühnere  und  freundlichere  Bauart  an 
der  Seite  der  altern  ernstern  Schwester,  der  dorischen,  auf,  und  erweckt  durch 
den  Geist  Ktesiphon's,  trat  nicht  lange  nachher  die  schmuckvolle  hohe 
korinthische  hinzu.  Dieses  Dreipaar  sclilofs  den  geheimnifsvollen  heiligen  Kreis 
des  Aichitektonisch- Schönen. 

Mit-  und  Nachwelt  luildigte  diesem  Dreipaar,  so  lange  Griechen  und  Rö- 
mer Avaren.  Aber  mit  dem  Verfall  des  römischen  Reiches  entAvich  es  mit  an- 
dern Schwesterkünsten  auch  vom  Erdboden.  Durch  mehr  als  tausend  Jahre 
Iiauste  der  Dämon  der  Finstcrnifs  und  des  Ungeschmackes  —  bis  im  fimfzehn- 
ten  Jalirlumdcrt  die  Morgenröthe  besserer  Zeiten  wieder  erschien.  Seit  Bru- 
nellesclii    hat    es    nie     an     eifrigen    Arbeitern     gefehlt,      das    Heiligthum    des 


45 

schAvesteiiichen  Dreipaars  aus  clen  Ruinen  und  den  Schriften  Vitruv's  wieder 
herzustellen.  Aber  noch  immer  stehen  wir  an  der  Scliwelle,  und  noch  keinem 
eelans  es,  uns  in  das  Innere  des  Heiligthums  einzufiihren.  Noch  hat  die  Bau- 
kunst  jene  volle  Amnuth  und  Würde  nicht  Avieder  erhalten,  wie  sie  der  giie- 
chische  Genius  aufstellte.  Sell)st  in  unsern  Tagen  spixkt  das  Ungethüm  des 
Mittelalters  wieder  mehr  als  jemals  in  den  Köpfen:  und  es  scheint  fast,  dafs 
die  Gothen,  welche  das  Heiligthum  zerstörten,  melir  Anhänger  zählten,  als  die 
Jonier,  welche  es  erbauten.  Doch  was  kümmert  iins  Unwissenheit  iind  Unge- 
schmack  !  — 

In  doppelter  Hinsicht  gehört  der  Tempel  der  ephesischen  Göttin  itnter  die 
Wunder  der  Welt.  In  Gröfse,  besonders  in  Gröfse  der  einzelnen  Massen,  in 
Pracht  und  in  Aufwand  wetteiferte  er  mit  allem  dem,  was  Aegypten  früher  und 
Griechenland  und  Rom  später  hervorbrachten. 

In  ästhetischer  Hinsicht  erscheint  er  als  ein  Wunder  hoher  Kraft,  wodurch 
die  Baukunst,  als  scliöne  Kunst,  sich  schnell  zum  Gipfel  ihrer  Vollendung 
empor  schwang.  Was  der  Kanon  Polyklet's  für  die  Bildner,  was  die  Um- 
risse des  Parrhasius  fiir  die  Maler  waren;  eben  das  und  noch  mehr  war  der 
ephesische  Bau  Ktesiphon's  für  die  Baukünstler. 

Eure  Werke ,  gröfse  Genien  !  sind  von  der  Erde  verschA^imden.  Eure 
Werke  waren,  als  Kinder  der  Zeit,  vergänglich.  Aber  Ihr  lebt  in  der  Ge- 
schichte; der  himmlische  Funken,  der  Euch  beseelte,  kreiset  fort  im  Laufe  der 
Zeit.  Ihr  lebt  in  den  Ueberresten  derer,  die  Euch  nacheiferten,  die  aus  dem 
Quell  Eurer  Lehre  tranken.  —  Ilu:  lebt  noch  in  den  Werken  der  Künstler 
unserer  Tage;  imd  so  grofs  auch  immer  der  Abstand  unserer  Produkte  zu  den 
Euern  scyn  mag;  so  sind  wir*  doch,  A^as  wir  sind,  nur  durch  Euch.  — 


46 

Icli  schliefse;  tind  indem  ich  diesen  Aufsatz  mit  den  dazu  gehörigen 
Rissen  bei  den  Akten  dieser  ruhmvollen  Gesellschaft  niederlege,  fühle  ich  mich 
in  dem  behaglichen  Zustand  eines  Fie.^laurators,  der,  unfähig  etwas  Eigenes 
hervorzubringen,  ein  theils  durch  Zeit  verwischtes,  tlieils  durch  Rauch  und 
Schmuz  bedecktes  Gemälde  irgend  eines  Raphael's  herzustellen  sich  bemüliet; 
und,  indem  er  jetzt  durch  das  Reinigen  einzelner  Stellen,  jetzt  durch  Rci- 
fügung  einiger  Pinselstriche,  jetzt  durch  den  Auftrag  eines  neuen  Firnisses 
nach  und  nach  die  Grundzüge  des  ehemaligen  Rildes  -wieder  herstellet,  einen 
Augenblick  in  dem  glücklichen  Wahn  lebet,  nicht  blofs  der  Retter,  sondern 
gleichsam  der  neue  Schöpfer  des  alten  IMeistei"\verkes  zu  seyn. 


47 


Ueber   die   Bedeckung   des   Hypaetliros. 

Siehe  S.  24. 


ötuart  (nntiq.  of  Athens  Tom.  II.  p.  8-J  ist  der  erste,  der  die  angezeigte 
Stelle  im  Pausanias  eben  so  versteht,  -wie  ich  sie  hier  nehme.  Andere  Avis- 
leger sind  aber  nicht  von  dieser  Meinung,  und  glauben:  Pausanias  wolle 
Llofs  von  Vorhängen  sprechen,  mit  denen  man  die  Statuen  der  Götter  bedeckte, 
und  die  man  aufziehen  oder  herablassen  mufste,  wenn  mau  die  Bilder  sehen 
wollte.  Ware  dies  die  wahre  Auslegung;  so  ■würde  ein  Hauptgrund,  dafs  der 
Tempel  der  Diana  zu  Ephesus  ein  Hypaethros  gewesen  sey,  wegfallen;  und  der 
einzige  Grund,  dafs  der  Tempel  zu  der  Gattung  Hypaethros  gehörte,  würde  auf 
der  Menge  der  Säulen  beruhen,   die  er  enthielt. 

Die  Sache  verdient  eine  nähere  Erwäsuns. 

i)  Die  Alten  nannten  die  Teppiche,  mit  denen  sie  die  freien  Räume  in 
den  Theatern,  Amphitheatern,  Vorliöfen  der  Tempel  u.  s.  w.  überspannten,  um 
die  Zuschauer  gegen  Regen  oder  die  Stralen  der  Sonne  zu  schützen,  im  Griechi- 
schen TraociTTSTaa-fJMTa  imd  auch  ttsttKoi. 

Unter  den  Stellen  des  Dio  Cassius,  wo  die  erste  Benennung  in  diesem 
Sinne  vorkommt,    wollen    Aiir   nur   z-\i  ei   berühren.       Erstlicli,    wo    er   von   der 


48 

Pracht  der  Spiele,  welche  Jul.  Caesar  dem  Volke  gab,  sprechend  sagt:  (1.  4.3, 
24.)  dafs  die  Teppiche,  welche  zum  Schutz  gegen  die  Sonne  über  den  Schau- 
platz gezogen  ^'v^^rden,  von  Seide  waren;  und  zweitens,  wo  er  berichtet 
(1.  65,  C),  dafs  Nero  das  Tlieater  mit  purpurfarbenen  Decken  überspaimen 
liefs  welche  mit  goldenen  Sternen  und  in  der  Mitte  mit  dem  Bildnisse  dieses 
Kaisers,    den  Wagen  leitend,    geziert  waren. 

Dafs  solche  Ueberhänge  auch  unter  dem  Namen  tTSTTKoi  vorkoiumen ,  davon 
zeuget  eine  Stelle  im  Ion  des  Euripides  (V^ers  iic8  bis  1165.)  Xuthus 
will  des  wieder  gefundenen  Sohnes  wegen  das  ganze  Volk  von  Delphi  in  dem 
Vorhofe  des  Apollotempels  bewirlhen,  und  befiehlt  daher  denr  Ion,  ein  giofses 
Zelt  auf  dem  nicht  mit  Mauern  umgebenen  Vorplätze  des  Tempels  zu  errich- 
ten um  die  brennenden  Stralen  der  INIittass  -  und  Abendsonne  abzuhalten, 
wenn  das  Volk  zum  Mahle  versammelt  seyn  würde.  Zu  diesem  Zwecke  wur- 
den zuerst  die  nöthigen  hölzern  Stützen  errichtet.  Darauf  holte  Ion  aus  dem 
Tempelschatze  die  heiligen  Teppiche  (uCPafTitAaT«  Jf^a)  und  breitete  dann  erstlich 
die  Flücrel  der  Ge%'\ande  (^Tf^uya  ttsttKoov)  zur  Dachung  liber  das  Zelt  aus. 
Diese  werden  nun  als  Weihgeschenke  des  Hercules,  die  er  von  den  Amazonen 
eibeulet  hatte,  näher  beschrieben.  Das  Ganze  stellte  den  Himmel  vor:  an 
einem  Ende  sah  man  den  sich  senkenden  Sonnengott;  in  der  Mitte  er- 
schien die  Göttin  der  Nacht  auf  ihrem  Wagen  mit  den  Gestirnen,  die  sie  be- 
gleiteten, den  Pleiadcn,  dem  Orion,  dem  Büren;  und  dann  tiefer  die  vollauf- 
o^ehende  Mondgöttin;  endlich  sah  man  an  dem  der  untergehenden  Sonne  ent- 
£-ecren<^esetzten  Rande  die  aufgehende  Göttin  der  Morgenrothe,  die  Gestirne 
■wieder  vertreibend.  Das  gesammte  Gemälde  des  Ueberhanges  stellte  also  drei 
Momente   vor:     die    untergehende    Sonne   am   westlichen    Ende,    die   Naclit   mit 


49 

den  Gestirnen  und  dem  Vollmonde  in  der  Glitte  und  die   ZMorgenröthe   am   öst- 
lichen Rande  des  Himmels. 

Nachdem  die  Tcppiche,  Melclie  die  Ueberdecltung  des  Zeltes  bildeten,  auf 
genannte  Weise  beschrieben  sind;  %verden  die  Gewebe  angegeben,  mit  denen 
die  Wände  oder  Seiten  des  Zeltes  bekleidet  -wiuden.  Auf  diesen  Maren  Ruder- 
schiffe  fremder  Völker  eingewirkt,  die  gegen  die  Griechen  gerichtet  waren,  und 
halbwilde  Menschen  und  Jäger  zu  Pferde  mit  erjagten  Hirschen  und  Löwen. 
Am  Eingange  des  Zeltes  endlich  hieng  ein  Teppich,  auf  welchem  der  schlan^en- 
füfsige  Cecrops  mit  seinen  Töchtern  eingewirkt  war,  das  Weihgeschenk  eines 
Atheners. 

Zusammenliängender  und  deutlicher,  scheint  es,  läfst  sich  ein  Zelt  nach 
seinen  Haupttheilen  nicht  beschreiben.  Erstlich  werden  die  hölzernen  Pfosten, 
dann  die  Teppiche  zum  Ueberhange,  dann  die  der  Wände  und  endlich  der 
Teppich  am  Eingange  erAvähnt.  Weiter  ziehe  man  die  Gegenstände,  Avelche 
auf  den  Teppichen  eingewirkt  waren,  in  Betracht.  Die  Seiten^■^ ände  stellen 
Seegefechte  und  Jagden  vor,  der  Voihang  am  Eingange  eine  Familienscene  und 
die  Ueberhange  solche  Gegenstände,  welche  nur  obenvärts  erscheinen;  die 
untergehende  Sonne,  die  Nacht,  der  Mond,  die  Gestirne,  die  Morgenröthe 
sinnbildlich  dargestellt.  Dies,  däucht  uns,  mufs  für  jeden,  der  fiir  das  Schick- 
liche in  der  Kunst  Sinn  hat,    klar    und    entscheidend  seyn. 

Dafs  7VZ7ftsSi(i  zuweilen  eiiae  solche  Ueberhangdecke  bedeute,  geht  auch 
aus   Pollux   (7,   15.)    hervor.      Er  sagt: 

„Der  Gebrauch  des  Peplus  ist  zweifach:  zum  Anziehen  und  zum 
Ueberdecken;  dafs  es  eine  Ueberdecke  andeute,  kann  man  aus  den  ttsttKoi  der 
Minerva  schliefsen." 

7 


50 

c)  Sollten  tlie  Ueberliangtcppiclie,  ^velche  bei  den  Griechen  bald  TTa^ct- 
TTSTairiJUTU ,  bald  tTsttKoi  lücfsen,  und  ziir  Ueberschattung  der  Theater,  Amphi- 
theater und  der  Tempelvorhöfe  gebraucht  Avurden,  niclit  auch  zur  Ueber- 
deckung  der  oiFenen  Räume  im  Innern  der  Tempel  gedient  liaben  ?  —  ^Ver 
möchte  daran  z.-\veifeln?  Auch  die  Tempel  hatten  ihre  festlichen  Tage,  ^vo  sie 
der  Ueberschattung  iind  folglich  der  Ueberhänge  bedurften,  -welclie  den  offenen 
Raum  der  Zelle  überdeckten.  Fafst  man  die  angeführte  Stelle  des  Euripides 
recht  in's  Auge,  so  dilrfte  man  darin  selbst  den  Beweis  für  die  Tempelüber- 
hänge finden.  Man  bemerke  nur,  dafs  Ion  die  Teppiche  aus  dem  Tempel- 
schatze liolt;  und  zweitens,  dafs  Hercules  sie  denr  Gotte  Avcihte.  JNIan 
pflegte  also  den  Göttern  solche  Ucbejliänge  als  Weihgeschenke  darzubringen 
und  sie  in  dem  Tempelschatze  aufzul)e-\-i'ahren.  Und  zu  welchem  Zwecke? 
Natürlich  doch,  um  sich  derselben  an  bestimmten  festlichen  Tagen  zu  be- 
dienen. 

Manche  hielten  bis  jetzt  den  berühmten  Peplus,  den  die  vornehmsten 
athenischen  Jungfrauen  für  ihre  Schutzgöttin  verfertigten,  für  ein  GeAvand,  das 
man  der  Statue  der  Minerva  an  ihren  Festen  anzog;  und  man  scliien  dabei  fast 
ganz  zu  verfressen,  dafs  die  Statue  der  Götlin  ein  Gewand  von  gesclilajrencm 
Golde  hatte  \ind  dafs  sich  über  ein  Statuengewand  kein  anderes  Gewand  an- 
ziehen läfst,  ohne  das  Bild  zum  lächerlichsten  Unding  auszustopfen.  Hätte  man 
die  angezeigte  Stelle  inr  Pollux  näher  in  Erwägung  gezogen,  so  viirde  mau 
früher  von  dem  Irrthum,  dafs  ein  solclier  Peplus  ein  Ge-\-^and  zum  Anziehen 
gewesen  sey,  zurückgekommen  seyn  und  ihn  für  das  gehalten  haben,  wozu  er 
allein  verninifLig  dienen  konnte,  nänilicli  für  einen  Ueberhang  zur  Beschattung 
des  offenen  Raumes  in    der  Zelle    an    den    festlichen    Ta^en    der    Göttin.       Selbst 


5i 

Enripidcs  sclieint  in  cler  angeführten  Stelle  nicht  unklar  auf  diese  Pracht- 
teppiche der  athenischen  Schutzgötlin  anzuspielen.  Die  Darstellung  der  Schiffe 
der  Barbaren,  -\velclie  gegen  die  der  Griechen  gerichtet  sind,  auf  -was  konnte 
sie  anders  gehen,  als  auf  die  Schlacht  bei  Salaiuin?  Auch  fallt  in  die  beste  Zeit 
des  Euripides  die  Vollendung  und  Weihe  des  Parthenon,  in  dessen  Ueber- 
restcn  -wir  noch  erkennen,  dafs  es  ein  Ilypaethros  war.  Leicht  mochte  also 
Euripides  eine  solche  Gelegenheit  ergreifen,  in  seinem  neuesten  Stück  Ion, 
vclclies  in  so  vieler  Rücksicht  angenehm  für  die  Athener  seyn  nrufste,  auf  die 
Pracht  und  Festlichkeiten  des  neuen  Tempels  anzuspielen;  und  leicht  mochte 
man  also  in  Athen  damals  -wirklich  sehen,  ^as  fiir  den  Schauplatz  zu  Delphi 
blofs    gedichtet   Avard. 

Nachdem  Avir  nun  alles  dies  vorausgeschickt  haben,  kommen  Avir  auf  die 
Stelle  im  Pausanias   zurück. 

Gleich  dem  Parthenon,  gehörten  auch  das  01)-mpium  und  das  Artemisium  zu 
der  Tempelgattung  Plypaetlrros.  Den  Prachtteppich,  welchen  Antioclms  in  dem 
Olympium  weihte,  heifst  bei  Pausanias  Tta^aTrsTafriia ,  ein  Wort,  welches,  wie 
Avir  sahen,  bei  Dio  Cassius  mehmial  in  der  Bedeutung  von  Ueberhang,  um 
einen  offenen  Platz  zu  beschatten,  vorkommt.  Dafs  dieses  Wort  hier  blofs 
einen  Vorliang  bedeute,  der  vor  die  Statue  des  Gottes  gehangen  wurde,  ist 
keinesAveges  Avahrscheinlich.  Hier  ist  von  keinem  geheimen  Gottesdienst  die 
Rede,  um  die  Ansicht  der  Statue  den  Augen  der  Profanen  zu  entzielien:  und 
der  Grimd,  sie  gegen  Staub  zu  schützen,  ist  zu  unljedeutcnd,  lun  ilni  ernstliaft 
in  Anschlag  zu  bringen.  Von  einer  Statue  von  harten  Massen  lafst  sich  der 
Staub  mit  einem  Wedel    leicht  wegfegen. 

Aber  angenommen,    dafs  im  Tempel  zu  Olympia  wirklich    ein    solcher"'  Vor- 

7  * 


52 

hang  da  >var,  so  miifste  derselbe  zu  diesem  Zwecke  immer  vorhanden  seyn. 
Nun  Mar  der  Teppich,  von  dem  Tansanias  spricht,  ein  Weiligeschenk  des 
Antiochus  von  Syrien  (von  welchem  Antiochus  ist  hier  ziemlich  gleich- 
giltig).  Auf  jeden  Fall  mufste  der  Tcppich  nahe  an  zweihundert  Jahre  alt  seyn, 
als  ihn  Pausanias  sah.  Allein  welche  Wahrscheinliclikeit  hat  es,  dafs  ein 
solcher  aus  Wolle  bestehender  Teppich,  dei-  durch  so  lange  Zeit  in  einem  oiTe- 
nen  Tempel  als  Vorliang  gedient  haben  sollte,  noch  zweihundert  Jahre  spater 
habe  vorhanden  seyn  können?  Die  Unmöglichkeit  einer  so  langen  Dauer  eines 
wollenen  Stoffes  unter  solclicn  Umständen  ist  in  die  Augen  springend. 

Weiter:  Wie  soll  man  sich  den  Mechanismus  zum  Hebexi  und  Fallenlassen 
solcher  grofsen  Teppiche  denken?  Denn  jede  der  beiden  Statuen,  die  des  Jupiter 
sowohl,  als  die  der  Diana,  mafs  über  40  Fufs.  Man  antwortet:  Bei  dem  Tem- 
pel der  Diana  machte  man  es,  wie  bei  u  n  s  e  r  n  Theatervorhängen :  man  veranstal- 
tete unter  dem  über  die  Nische  der  Statue  vorspringenden  Dache  die  nöthige 
Vorrichtung  und  zog  dann  den  Vorhang  auf.  Dies  liefse  sich  begreifen.  — 
Aber  wie  fieng  man  es  im  Olympium  an,  wo  der  Vorhang,  wenn  man  die  Statue 
sehen  wollte,  niclit  aufgezogen,  sondern  herabgelassen  ■werden  sollte?  —  Hier 
antwortet  man  wieder:  wie  bei  den  Theatern  der  Alten,  avo  man  die  Vorhänge 
nicht  aufzog,  sondern  in  eine  Art  Versenkung  vor  der  Bühne  niederfallen  liefs. 

Dagegen  sperrt  sich  aber  manches.  Erstlich  sielit  jeder  das  Unschickliche 
einer  Versenkung  in  einem  Prachttempel  von  der  Hauptstatue  der  Gottheit 
leicht  ein,  besonders  im  Olympium,  welches  auf  einer  morastigen  Stelle  erbaut 
war,  so  dafs  man  um  die  Statue  her  Oel  auf  den  Fufsboden  giefsen  mufste,  um 
das  Elfenbein  vor  der  Feuclitigkcit  zu  bewahren.  Zweitens  erwäge  man  eine 
wollene   kostbare  Decke.      Welch   widrigen  Anblick    mufste    ein    ^-or   den  Füfsen 


^"7 
OD 

liegender  Teppich  nicht  machen,  -wenn  man  die  Statue  sehen  wollte?  Und  welche 
Falten  und  Büge  würde  dadurch  der  StofF  erhalten  haben? —  Aber  man  denke 
sich  auch  die  Vorrichtung,  den  Teppich  im  'Herablassen  auf  eine  Ait  Walze 
aufzuwinden,  dafs  er  immer  gespannt  und  ohne  Falten  bliebe;  so  könnte  doch 
dies  bei  einem  so  breiten  und  hohen  Vorhange  nicht  ohne  eine  künstliche  Ma- 
schinerie geschehen,  welches  das  Auf-  und  Herabwinden  immer  lan";sam  und 
umständlich  gemacht  hätte.  Wie  ist  dies  aber  bei  einer  Statue  denkbar,  die 
von  Opfernden  als  ein  Gegenstand  der  religiösen  Verehrung  und  von  Fremden 
als  ein  Wunder  der  Kunst  täglich  besucht  ward?  — 

Alle  diese  Bedenklichkeiten  fallen  weg,  wenn  wir  annehmen,  dafs  Pausa- 
nias  keinen  Vorhang,  sondern  einen  Prachtteppich  im  Sinne  gehabt  habe,  den 
man  gebrauchte,  um  an  festlichen  Tagen  das  Hypaethron  des  Tempels  zu  über- 
decken. Erstlich  mufste  der  Tempel  als  ein  Hypaethros  mit  solchen  Teppichen 
versehen  gewesen  seyn ;  zweitens  waren  es  eben  die  Teppiche  dieser  Art,  ■welche, 
wie  aus  dem  oben  angeführten  hervorgeht,  man  mit  grofser  Pracht  verzierte; 
drittens,  da  aber  solche  Ueberhänge  mu"  an  gewissen  festlichen  Tagen  des  Jahres 
gebraucht  MTirden  imd  die  übrige  Zeit  in  den  Tempelschätzen  aufbewahrt  lagen ; 
so  läfst  sich  begreifen,  ^vie  ein  solcher  Teppich  nach  zweihundert  Jalrren  erhal- 
ten seyn  und  noch  als  prachtvoll  beschrieben  werden  konnte.  Viertens  war  im 
Tempelhavise  zu  Olympia  selbst  kein  Raum  für  den  Tempelschatz;  sondern 
hiezu  waren  aufser  dem  Tempel  besondere  Gebäude  bestimmt;  und  daher  war 
es  natürlich,  dafs,  wenn  nach  der  Beendigung  der  festlichen  Tage  der  Ueberhang 
wieder  weggenommen  ward,  man  denselben  an  Stricken  auf  den  Fufsboden  her- 
ablassen  mufste,  um  ilm  so  zum  Aufbewahren  zusammenzuwickeln  und  Avegzu- 
bringen.     Bei  dem  Tempel  der  Diana    von  Ephesiis   war    die   Einrichtung   hierin 


54 

anders :  die  Scliatzkammern  ■waren  in  dem  Tempelliause  selbst,  und  daher  senkte 
man  die  Ucberliangteppiclic  bei  der  AVcgnalnne  nicht  auf  den  Fuftboden,  son- 
dern man  zog  sie  aufwärts  zu  den  in  dem  Dache  angebrachten  Luken,  legte 
sie  unter  dem  Dache  zusammen  und  bc^vahrte  sie  so  an  den  für  dieselben  be- 
stimmten Stellen.  —  Auf  diese  Verschiedenheit  beider  Tempel  und  auf  nichts 
anders,  scheint  mir,  Avollte  Tansanias  in  jener  Stelle  anspielen.  Hier  sehe  man 
seine  Worte  mit  der  —  so  ^  iel  als  erforderlich  ist  —  ATÖrtlichen  Uebersetzung: 

v.ai  ßap-fi  TTo^Pv^ag  r-t]Q  '^omvjjyj,    avs'^-.y.sv  kvTioyyg to'jto  ov/.  sc  to 

av'ji  TO  7ra^0LZsra<TiJ.a  TT^og  tov  o^o'Pov,  m^tts^  ys  A^re[j.iSog  r/jg  E^£(7iag,  avs7^- 
y.ov(rr   y-vAüj^iOic  Ss  sny^aK'jyjTsg,   y.ad'iUG'iv  sg  to  eJa^oj." 

„In  dem  Tempel  zu  Olympia  sclienkte  Antiochus  eine  %vollene  schön- 
gezierte Decke  von  assyrischem  Gewebe  und  in  phönizischem  Puipiu"  ge- 
färbt       Diese  Decke  Avird  nicht  aufwärts  zu  der  Dachung  empor- 
gezogen, \A'ie  in  dem  Tempel  der  Diana  zu  Ephesus,  sondern  an  Stricken 
lieiabhissend,    senken  sie  diesellje  auf  den  FuXsboden  nieder." 
Die  Stelle  ist,  Avie  man  sieht,  allerdings  an  sich  zu  Avenig  umständlich,  um 
apodiktisch    zu    behaupten,    dafs    Pausanias    gerade    dies    damit    habe    andeuten 
•VAollen,   besonders   da  jetzt  solche  Einrichtungen   und  Gcliräuclie  von  uns  so  fern 
sind.       Aber    alle    Umstände    und    Nachrichten    gehörig   }nit    einander    verglichen, 
glauben  wir  den  Sinn,  den  "viir  der  Sache  unterlegen,  mit  lioher  Wahrscheinlich- 
keit dargethan    zu    hal)cn.  —      Doch   wollen    wir   fernerhin   mit   denen,    welche 
die  Sache  anders  nehmen  sollten,  nicht  hadern. 


55 


Maafse,   sowohl  des  Ganzen,   als  der  Tlieile  von  dem  Tempel  der 

Diana  von  Ephesus. 


A.     Grundrifs. 

1.  Länge   des   Tempels         -         -  425- 

2.  Breite     -----  220'. 
5.  Säulendicke     -          -          -          -  7'.     6". 

4.  Breite  der  Base        -         -         .  10'.     2". 

5.  Vorsprung  der  Base         -         -  1'.     l\'. 

6.  Säulenzwischenweite        -         -  22'.     1". 

7.  Mittelste  Zwischenweite   an    der 

Vorder-  und  Hinterseite           -  24'-     2". 

8-  Länge  des  Tempelhauses          -  305'.     4"' 

9.  Breite    mit    Inbegriff    der    Eck- 
pfeiler  -----  98'.     4'- 

10.  Tiefe    der   Vorzelle           -         -  88'-     9"- 

11.  Länge    der   Zelle    mit   Inbegriff 

der  Scheidewand  zwischen  Zelle 

und  Vorzelle           -         -         -  147'-     —  \ 


12. 

16. 

17- 

18- 

»9- 

I  20. 

i"- 


Breite  der  Zelle       -         -         - 
Breite  des  mittlem  Schiffes  mit 
Inbegriff  der  Sänlenstelhmg    - 
Breite  der  Seitengänge     - 
Dicke   der   Säulen    (11    an    der 

Zahl). 

Säulenzwischenweite 
Tiefe  der  Nische   fiir  das  Teni- 
pelbild  -         -         -         - 

Breite  der  Nische  -  -  - 
Breite  der  Hanptthi'ire 
Breite  der  Thiirpfosten  - 
Tiefe  der  Nachzelle  mit  Inbe- 
griff des  Raumes  für  die  Trep- 
pen, fiir  den  Tempelhiiter,  i\\t 
die  Nische       -         -         -         - 


84'-  4". 

52'.  4". 

16'.  — 

4'-  - 

8'-  — 


15'. 


50. 

53'- 

4'- 


67'.    7" 


5Ö 

22.  Vorsjjrung  der  äufsern  Treppe 
von  zehn  Stufen  —  jede  Stufe 
I  Fufs  breit    -         -         -         -       lo'. 


B.     Aufrifs. 

1.  Treppe   hoch          -  -  - 

2.  Base   hoch     -         -  -  - 

3.  Sänlenschaft            ■  ■  - 

4.  Kapital    hoch          -  .  - 

5.  Das  Gebälke  hoch 

6.  Giebelhöhe    -         -  -  - 

7.  Uebersatz   mit    dem  Bilde  auf 
der  Mitte  des  Giebels 

8-  Uebersätze  mit  den  Bildern  auf 

den  Ecken  des  Giebels    - 
9.  Volle  Höhe  der  Haupt thiue    - 
10.  Thiirhölie  im  Lichten    - 


5-    — 

5'-    9". 
60'.    — 


25'- 

27'. 

24'. 
G6'. 

55'- 


— 


o  ■ 


C.    Durclischnilt  nach  der  Breite 

von   der  Linie    o  —  p  im 

Grundrifs. 

1.  Säulengänge  im  Innern  iiber 
das  mittlere  Schiff  um  die  Ba- 
senplinthe  erhöht    -          -         -  —  g". 

2.  Höhe  der  Base  ohne  l'linthe  -  1'.  4". 
5.  Höhe  des  untern  Säulenschaftes  52'.  — 
4-  Höhe    des    Kajjitäls            -         -  1'.  ^". 

5.  Höhe    des    Gebälkes          -         -  7'.  6". 

Obere     Ordnung. 

6.  Base  hoch     -         -         -         -  1'.  8"- 

7.  Höhe  des  Säulenschaftes  -  27'.  4'. 
8-  Höhe  des  Kapitals  -  -  1'.  2". 
9.  Höhe  des  Gebälkes         -         -  6'.  4". 


10.  Die  Statvie  der  Göttin  hoch 

11.  Höhe  des  Postaments.    - 


48'. 

7'. 


.57 


Erklärung    der   zum    Tempel    der   Diana   von   Epliesus    gehörigen 


Zeichnungen. 


Taf.    I. 
Der       Grundrifs. 

a)  Das   Pteronia,    oder    der   Säulengang   nni 

den  Tempel. 

b)  Die  Vorzelle  (Fronaos). 

c)  Das   mittlere  offene  Schiff  der  Zelle. 

d)  Die  Seitengänge  der  Zelle. 

e)  Die  Nische  fiir  die  Teinpelstatiie. 

f)  Die  Hinterthüren ,    und  die  Treppen  nach 

den   Gallerien. 

g)  Wohniing     des    Tenipelhiiters ,    und    die  i 
Schatzkammern. 

h)  Die  Nachzelle   (Opischodomus). 
i)  Die  änfsern  Treppen. 

Taf.    II. 

Der  Aufrifs  der  Vorderansicht, 
a)  Die  Treppe. 


b)  Die  Base. 

c)  Der  Säulenschaft. 

d)  Das  Kapital. 

e)  Der  Hauptbalken. 

f)  Der  Fries. 

g)  Das  Kranzgesinise. 
h)  Die    Zellenmanem. 

i)  Der  Sturz  über  dem  Haupteingang. 

k)  Das  Giebelfeld  mit  dem  Relief,  den  Kampf 
des  Theseus  mit  den  Amazonen  vorstel- 
lend. 

1)  Die  Seiteniibersätze  (acroceria)  mit  den 
Hirschen. 

m)  Der  mittelste  Uebersatz  mit  der  Diana 
als    Jägerin. 

n)  Ansicht  der  grofsen  Nische  mit  der  Tem- 
pelstatue, die  Diana  als  Mutter  der  Na- 
tur vorstellend. 


58 


Taf.     III. 

D  e  r  D 11  r  c  h  s  c  h  n  i  1 1   des    Tempels   nach 
iler   Linie    o — p    im   Grundrisse. 

;i)  Der  Unterbau. 

b)  Die  Säulen  des  Pteroma. 

c)  Das  Gebälke. 

d)  Die  steinernen  Decken. 

e)  Die  Zellenmauer. 

f)  Die  imtere  Säulenstellung  in  der  Zelle. 

g)  Die  Hinterthüren. 

h)  Die   obere  Säulenstellung. 

i)  Die  Thüren  nach  der  Gallerie. 

k)   Die   grofse  Nische   mit  der  Tempelstatue. 

1)  Das  Dachgerüste    von    Zedernholz. 


m)  Die  Dachung,  worin  die  Luken  ange- 
bracht waren  zur  Einziehung  des  Ueber- 
hanges   über   das  Hypaetliron. 

n)  Der  üebersatz  (acroterimn)  auf  der  Mitte 
des  hintern  Giebels,  luit  der  Diana  als 
Luna,    oder  als  nächtliche  Göttin. 

o)  Uebersätze  auf  den  Seiten  desselben,  mit 
den   Kühen 

D.    Plan   der   Dacliung    über    das 
ganze  Tempelhaus. 

a)  Der  offene  Raum   über   der  Zelle. 

b)  Die  Uebersätze    der  Vorderseite. 

c)  Die  Uebersätze  der  Hinterseite. 


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