Copan des Menfchen 25:
Fewer anzuſtecken / und alſo in erſchrecklicher Macht zu ſeyn / wie
das an den Teuffeln zur erſinnen iſt / welche in dieſem Willen les
ben /wiewir hernach. fegen wollen.
38. Alſo verſtehet ung recht / was die alten Weifen mitdiefeit
drey Worten Sulphur, Mercurius und Sal verffanden haben/ ob
fie woll das hehe Liecht nicht haben alle mögen ergreifen / fo haben
fie doch, deſſen gnugſam im Verſtande gehabt im Liechte diefer
Welt / als im dritten Principio , welches alles einerley Berftand
und Begriff hat / alleine daß fte die Principia nicht verſtanden -
fonften Hätten fie GOTT erfandt: Aber alfo find fie als Heyden
im Siechte:diefer Wolt mit ihrem Verſtande blieben: Dann fie
haben die Seele der 4, Geftalten im Liechte der Sonnen-krafft
erfunden / und weitersift ihnen das ander Principium sticht offene.
bahret worden, iA HH
39. Dadie Seele im ewigen Bande ſtehet / und da im Creutz der
Natur aus dem uhrkundlichſten ewigen Willen das ewige Wort
gebohren wird/ welches der Schöpffer und Macher in der Natur
iſt· Dieſes iſt ihnen verborgen gewefen / wiewohl noch auf heute /
aber es.oröffnetsdie Zeit / dass ſtehet zu einem Panier / davon an
ſeinem Orth.
40. Alſo hat die Sinn⸗reiche Vemunfft gar helle in unſerer
Beſchreibung / was Sulphur, Mercurius und Sal ſey: Dann Sul
iſt die Seele / und iſt eben der Schwefel⸗geiſt / welcher den Fewer⸗
Blitz mit allen Geſtalten im ſich hat. So aber der Sonnen⸗
Krafft und Liccht in deme würcdet/ dieweildie Seeleim Fleiſch
und Blut ſtehet / fo würdet ſie nus dem herben Saltz⸗geiſte / mie:
ihren freundlichen Strahfen ein Oele / das zuͤndet das Feweran/
alſo brennet der Schwefelzgeift / und ift ein Liecht inden Effen-
rien, und wird aus dem ängftlichen Willen das Gemüthe/ und
aus dem Rade der Eflentien die Gedancken / dan die Kraft der
Sonnen hat auch das Gemuͤthe / das es nicht in der Angſt ſtehet /
ſondern frewet ſich in der Krafft des Liechts.
41. Alſo iſt Sul die Seele / in einem Kraut iſts ein Oele / und
im Menſchen nach dem Geiſte dieſer Welt im dritten Principio
auch / welches immer aus der Angſt des Willens im Gemuͤthe er⸗
bohren wird / und der Schwefel-Wurm iſt der Geiſt der das
Fewer hat und brennet. Phur iſt das herbe Radt an ihme ſelber /
ſo es verurſachet. | 7’
42. Mercurias begreiffet alle vier Geftalten / wie das Leben
auffgehet / und hat doch feinen Anfang nicht im Centro / wie Phur,
fordern nach dem Fewer⸗Blitze / als dis herbe / harte finftere —
| B ſtalt
26” Vom dreyfachen Leben Kap
“Eule erfchrickt / da ſich die Hartigkeit in die weiche Scharffe vers
wundelt / da der andere Wille /als der Willeder Natur / welcher
Angft heiffet / entftehet/ Da hatder Mereurius ſeinen Uhrſtand:
Dann Mer ift das zitternde Radt / gang erſchrecklich / ſcharff und
gifftig / feindig / welches fich in der Herbigkeit im Fewer-Blitz
alfo nimt / dag das grimme geben entfichet. Die SylbeCu ift
Der Druck außm ſtrengen ängftlichen Willen des Gemuͤhtes der
Ratur / der ift aufffteigend/ / und wil obenaug. Rıiftdie Faf⸗
ſung des Fewer⸗Blitzes / welches im Mer einen hellen Thon und
Klang giebt / dan der Blitz macher den Klang: Alſe wird der
Salg-Geift / der Schall / und iſt feine Geſtalt grießlicht / gleich
Dem Sande / und hierinne entſtehen Stimmen / Hall und Lauten /
alſo daß Cu den Blitz begreiffet / fo iſt der Druck gleich als ein
Wind / der über ſich ſtoͤſſet / und giebt dom Blitze einen Geift7
daß er lebet und brennet; Alſo heißet die Sylbe Us das brennende
Fewer / welches mit dem Geiſte immer von ſich treibet / und die
Sylbe Cudringet immer auff den Blitz.
43. Und das dritte Wort Sal iſt der Saltz-⸗Geiſt / dieweil die
alten Weiſen haben geſehen / wie die Natur alſo in viel partes zer⸗
cheilet iſt / da alſo eine jgge Geſtalt der Natur feine ſonderliche
materiam in dieſer ei als das in der Erden zu ſehen iſt:
Und ſonderlich der Saltz-⸗Geiſt das groͤſſeſte iſt in den Corpor⸗
lichen Weſen / dann es erhaͤlt das Corpus, daß es nicht verweſet:
So haben fie dieſe Porten alß die Muͤtter der Natur/billig al⸗
leine geſetzet / dann auß dieſer Geſtalt iſt in der Schoͤpffung wor⸗
den die Erde / Steine / Waſſer und alle Metall / jedoch mit Ein⸗
miſchung der andern Geſtalten / wie ihr hernach ſehen wer⸗
= Alto mein Fieber Sefer vorftche uns nach unferm Sinn und
Begriff.
44. Diefe 4. Geftalten in fich felber find der Zorn und Grimm
GoOttes in derewigen Natur / und findin ſich ſelber nichts / alß
nur eine ſolche Quall und Gebuhrt / die ftchet inder Finſternuͤß /
und iſt nichts materialiſches fondern der Urkund des Geiſtes /
ſonſt waͤre nichts; dann dieſe 4. Geſtalten find eine Urſache aller
Dinge / wie ihr euch dan beſinnet / daß alles Leben Gifft hat / und
Die Gifft ſelber iſt das Leben / darumb iſt manch Geſchoͤpffe alſo
gifftig boͤſe / daß es eines gifftigen Urſtandts iſt.
45. Und iſt euch zu erſinnen / daß die Natur / ob zwar wohl:
dieſes die Haupt⸗ urſache der Naturift / noch gar in vielen andern
Geſtalten mehr ſtehet: Dann das machet das Radt der Elkn-
aa, welches unzahlbahre Geſtalten machet / da ein jeder Eſſentz
“ eicder
Cap.ꝛ. des Menſchen. 27
wieder ins Centrunäft/ daß alſo mag eine gantze Gebuhrt eines
viel andern Geſtalt erſcheinen: darumb iſt die Macht GOttes
unerforſchlich.
46. Uaſer Schreiben langet nicht dahin / daß wir wollen die.
Gottheit in der ewigen Natur aufgründen: Nein das kan nicht
ſeyn / ſondern daß wir wollen dein Blinden den Weeg weiſen / wel⸗
en er ſelber gehen mug: Wir fönnen nicht mit feinen Füffere
gehen / aber als ein Chriſt / wollen wir ihn gerne leiten/ und
ihme mittheilen was wir haben / nicht ans zu Ruhme / ſondern
helffen plantzen den groffen Leib in Ehrifto mit feinen Sliedern?
davon wir euch hernach wollen melden / zu welchem Ende diefe gar
hohe Dinge gemeldet werden / daß wir euch moͤgen den rechtes
Zweck im Urkund zeigen / auff daß ihr euch ſelber ſehet / und lerneẽ
verſtehen das Treiben dieſer Welt / wie alles ſo blind an GOTT.
iſt / und was die Urſachen / und dan auch ſein Ende iſt.
47. Wir fügen euch dieſes / daß ihr euch wollet recht entſinnen /
dann dieſe 4. Geſtalten find in allen Dingen / aber in dieſer Weit
als im dritten Principio, in ihren gar ernſten Eſſentien nicht ver⸗
ſtanden: Dann der Sonnen Krafft in den Elementen temperiret
alles / daß die Eſſentien nicht alſo im grimmen Quall ſtehen / daß
es iſt eine Wonne eines freundlichen Lebens / gleich wie das Liecht
aus dem andern Principio , welches iſt das Sicht aus dem Worte
und Hergen GOttes des Vatters / die 4te Geftalteim Centro
der Engliſchen Beifter erleuchtet / das fie inihrem eigenen Cen-
troder Frewden⸗reich lieblich und gar wohnfam find.
#: Und ihr wol recht bedencken möget / vom Fallder Teuffelng
welche das Sicht des Hersens GoOttes verlohreuhaben / welche
num müffen in den 4. Geftalten des Hrkundes fichen in folcher
aͤngſtlichen Quall wie oben bemelvet.
49. Alſo iſt auch die Seele des Menſchen aus diefem ewigen
Bande in den Menſchen eingeblaſen / und vom Sichte GOttes
erleuchtet: iſt aber im Fall Adams aus dem ewigen Liechte des
Hertzens GOttes eingegangen in das Liecht dieſer Welt / und hat
num diß zu gewarten / Daß / ſo ſie nicht wieder ins echt Gdites
eingehet / und ihr dan das Liecht dieſer Welt zerbricht / daß ſie
muß blog in den 4. Geſtalten auſſer dem Liechte in der ernften Le⸗
bens⸗gebuhrt bleiben ben den Teuffelen.
50. Dann die 4. Geſtalten ohne das ewige Liecht find der Ab⸗
grund / der Zorn GOttes und Die Hölle] und der erſchreckliche
Fewer-Blitz im Rade der Brechungi im Auffgang Mercurii , im
Sqhwefel⸗ geiſte iſt ihr Liecht / welches ſie in ſich felber nuͤſſen er⸗
B2 weh
28. Vom drenfachenkeben Tan,
“wecken / font ftchetihr Geiſt in ewiger Finfternüß / undifteine
lebendige Geftalt des Abgrumdes / ein Regiment der ernftlichen
Quall / welche alſo im Fewer Blitz auffſteiget /über GOTT und
Hinumelreich / und das doch nicht erreichet / weder ſiehet noch
fuͤhlet / daun es iſt ein Principium, welches weder dieſe Welt /
noch die Englifhe ergreiffet / und iſt doch in Orth und Staͤtte
nicht abgetrant.
5x. Dunn wir geben euch dieſes zu entſinnen / gleich wie wir
Menſchen mit unfern Augen diefer Welt / nicht können GOTT
und Engel ſehen / welche doch alle Augenbli vor uns find / ja
‚auch die Gottheit in uns / und wir ſie doch nicht mögen ergreif>
fen / wir fegen dan unſere Imagination und ernftlichen Willen
in GOTT / fo erſcheinet ins GOTT Im Willen / underfüllet
daß Gemühte/ da wir dan GOTT fühlen/ und mit unfern
Augen fehen.
52. Alfo auch imgleichen: So wir unſere Imagination und
Willen in die Boßheit ſetzen empfangen wirder Hoͤllen⸗Quall
‚am Zorne / und greiffet uns der Teuffel im Zorne GOttes ins
Hertze / und wir ſehen ihn nicht mit dieſen Augen: Alleine das
Gemuͤhte und die arme Secle in ewiger Quall deß Urkundes ver⸗
ſtehen das / und erzittern vom Grimme / daß auch manche See⸗
fe verzaget / und ſich ſelber ſtuͤrtzet in die Quall des Urkundes /
auch den Leib zum Tode / zum Schwerd/ zum Stricke und Waf⸗
fer fuͤhret / damit ſie nur dieſer Quahl in dieſem Leben / verſtehe
des dritten Principii> bald loß wird / dann fie ſtehet zwiſchen
Himmel⸗und dieſer Welt⸗reich im Spotte / darumb eilet ſie in
Abgrund.
53. Auch fo fügen wir eitch dieſes gar ernſtlich zu bedencken/
daß Gott nicht eben eine Hoͤlle und ſonderliche Quaal habe ge⸗
ſchaffen / da Er wolte die Creaturen / als Engel und Menſchen
inne plagen/ ſintemahl er iſt ein Gott der nicht das boͤſe wil / und
ſolches ſelber verbeut / auch fein Hertz darumb laſſen Menſch
werden / daß er den Menſchen aus der ewigen aͤngſtlichen Quahl
huͤlffe: So iſt uns ja recht zu bedencken die ernſtliche Quall des
Abgrundes / welche ewig iſt.
54. Darumb ſo bald die Teuffel auß dem Liechte Gottes auß⸗
giengen / und wolten in der Fewers-Macht über die Sanft⸗
muht des Hertzens Gottes herrſchen / fo waren ſte gleich zur
Stunde und Augenblick in der Hoͤllen Abgrunde / und wurden
von demſelben gehalten; dann es ward ihnen keine ſonderliche
Quaal gemacht / ſonder ſie blieben auſſer Gott in den vier Geſtal⸗
tender ewigen Matur. 55.Alfe
Sap.2. des Menſchen. 2%
55. Alfe auch in gleicher Geftalt gehet es der Seelen des
Menſchen / fo fie das Sicht GOttes nicht erreichet / welches aber
mit groffer Begierde gegen der Seelen ſtehet / ındift im Centro -
verborgen / und ift der Seelen nur umb tiefes / daß fteihren
Willen / alt einen Außgang ausden 4. Geftalten / wieder ins
‚Sieht GOttes feßet / da fie dan wird wieder new⸗gebohren im
Willen und geben GOttes.
56. Wir fuͤgen aber dem lieben Leſer dieſes / daß die Creatu⸗
ren / der Teuffel fo wohl Die verdamte Seelen nicht nur 4. Ge—⸗
ſtalten in ihres lebens Bande ha ſondern ihre Geſtalten ſind
unendlich / gleich wie die Sinnen des Menſchen unendlich ſind /
und mögen fich verwandlen in aller Ereaturen Gejtalt: Aber
es ftehen ihr nichtmehr als vier offenbahr/ fo wol im Abgrunde
der Höllen auch / aber ‚fte mögen alle Geftaltenausder Marrig -
berfür bringen / nur das Sicht nicht: das Fewer iſt ihr recht Le⸗
Ben / und die Herbigkeit der Finſternuͤß ihre Speife.
57. Dann eine Eflentianehretdieamder / daß es alſo ein ewig
Band iſt / und find die Teuffel/ fo wol die verdamten Seelen /
nur lebendige Geiſter in ven Eflentien des ewigen Urkundes /
find auch darauf erfchaffen:dann diefeMatrix iſt die Urkundlichſte
Gebährerin/ die fich aus dem ewigen Willen immer gebiehret. .
58. Und nach diefer Geftalt nennet fih GOTT einen eifferi⸗
gen und gornigen GOTT / und ein verzehrend Fewer. Dann
Das Fewer diefes Urkundes iſt verzehrende / dann es iſt im Cen-
ro des ewigen Bandes: Darımnb ſo das in der herben Schärffe
entzuͤndet wird / verzchret es alles was in den 4. Geſtalten (vera
ſtehe was nicht aus ihrer Quall erbohrenift: dann die Teuffit
find dieſer Quall / die fans nicht verzehren / dan fte find roh ohne
Leib) wefentlich erfcheinet / wie das bey dem Opffer Mofis und
Iſraͤelis zu fehen / welche das Fewer verfchlang / fo wolbey dent
Elia mit den zween Hauptmännern über sa. Man / wie das
Fewer GOttes beydemahl die so. verſchlang / als Iſrael durchs
Wort in des Vatters Quall gefuͤhret ward.
59. Sp wil ich euch nun ferner die Geſtalt der Gottheit zei⸗
gen / daß ihr den Abgrund deß ewigen Lebens ergruͤndet / und
derſtehen lernet das ewige Gute / und auch Das ewige Boͤſe / und
such das Tödtliche von viefer Welt / und lernet gruͤnden und ken⸗
nenden Willen des höchften Gutes / und mas SOTT / Himmel?
Hölle / Teuffel / und dan dieſe Welt ſey / amd was euch hierinnen
zu thun ſey. *
00. lohanges Evangeliſta ſchreibet recht / darzu hoch und
in RE tewer
‚30 Vom drenfachen Sehen Kap.z.
‚tewer: Daß im Anfang fen das Wort geweſen / und das Wort
fey GOTT gewefen/ und alle Ding find durch daſſelbe gemacht
worden / denn das Wort machet die Gottheit offenbahr / und ge=
kieret die Englifhe Welt / ein Principium in ſich felber / und das
iſt in dem Weeg zu verftchen.
61. Der erſte ewige Wille iſt GOZTT der Vatter feinen
Sohn zu gebaͤhren / das iſt fein Wort / nicht aus etwas anders /
ſondern aus ſich ſelber. Nun haben wir euch berichtet von den Eſ⸗
ſentien, fo im Willen erbohren werden / und dan wie der Wille
‚in den Eſſentien in eine Finſternuͤß geſtellet werde / und wie die
Finſternuͤß im Rade der Aengſtligkeit durch den Fewer⸗-blitz zer⸗
ſprenget werde / und wie der Wille in 4. Geſtalten komme / wel⸗
ehe im Urkunde alle 4. nur eines find / aber im Fewer-Blitze alſo
in vier Beftalten erſcheinen / und denn wie ſich der Fewer-Blitz
urkunde / daß ſich der erſte Wille in der grimmen Herbigfeit
ſchaͤrffet / daß die Freyheit des Willens im Blitze erſcheinet / da
wir euch dan zu verſtehen haben gegeben / daß der erſte Wille im
Blitz des Fewers erſcheinet / und verzehrend ſey / verſtehe von der
aͤngſtlichen Schaͤrffe / da denn der Wille in der Schaͤrffe bleibet /
und den andern. Willen in ſich ſelber faſſet / verſtehe im Centro
Der Schaͤrffe / aus der Schaͤrffe auszugehen / und zu wohnen in
ſich ſelber / in der ewigen Freyheit ohne Quaal.
.. 62. So geben wir euch nun zu erkennen / daß derſelbe ander
wieder⸗geſaſſete Wille aus der Schaͤrffe außzugehen / und zu
scohnen in ſich felber in der ewigen Freyheit ohne Quaal / vonder
Natur verftehe ihre Strengigkeit/ frey iſt / denner ſtehet im
Centro in fish, felber / und behält alle Krafft und Geftalte des
Centri aus allen Effentien in fich felber / dann cs ift die Krafft
Res erften Willens / und wird erbohren in dem erften Willen/
and machet in der Srepheitdeserften Willens ein Centrum deg
wußgebuhrt der 4. Geftalte im erſten Willen unfaßlich: Und
derſelbe ander erbohrne Wille im erſten Willen / iſt das Hertze
des erſten Willens / dann es iſt das ewige Centrum des erften
Willens / und iftimerften Willen alsein Wort / das in fich ſel⸗
ber ſchwebet / und bleibet ewig in der Gebuhrt des erſten Willens:
Ran es ift fein Sohn oder Herke/ und wird darumb unter-
ſchieden vom erften Willen! daß es cin fonderlic) Centrum
In ſich halt.
63. Nun ſpricht der Vaͤtter / als der erſte Wille alle Ding
durch dis Wort/ als ausdem Centro der Freyheit / aus / und der
Außgang aufn Vatter durchs Wert / iſt der Geiſt der Krafft
des
&ap.2. des Menfchen. tr
des Wortsim Batter /der ſormet das ausgefprochene nach Gei⸗
: fies Arth / dag es als ein Geifterfcheinet.
64. Dann in der herben Matrix, alsimFiat, wird alles ge⸗
faſſet / und der Geiſt es Worts formbts im dem Centro derfels
ben Efleng/ in welcher fich der Vatter beweget / und durchs Wort
fpricht/alfo dag es in Weſen iſt und bleibet. Dann was aus dem
Ewigen formiret wird /dasift Geiſt / und iſt Ewig /alsdie En⸗
gel und die Seelen der Menſchen.
65. So wir euch dan in dieſer Beſchreibung moͤchten ſtumm
und unverftändig ſeyn / dander Begriff beſtehet nicht im Geiſte
dieſer Welt; fo wollen wir euch zeigen die andern drey himmli⸗
(hen Geſtalten / wiedie erbohren werden] darinnen vornemblich
GOTT / Himmelreih und Paradeis / und die Englifhe Welt
verſtanden wird / ob der Sefer möchte in Sinn gebracht werden.
66. Nicht iſt es zu verſtehen / daß die Gottheit alſo einen An⸗
- fang und Aenderung nehme] Nein / fondern Ich ſchroibe auff
Arth wie man das Goͤttliche Weſen ſoll lernen verſtehen / dann
wir koͤnnen nicht Engliſche Worte fuͤhren; und ob wir die fuͤhre⸗
ten / ſo exſcheinets doch in dieſer Welt alles Creatuͤrlich / darzu
vor dem irrdiſchen Gemuͤthe Irrdiſch. Dann wir find auch nicht
mehr als ein Barticular aus dem Gantzen / und fonnennicht gan
reden / fondern ſtuͤck⸗werck / das ſoll der Leſer betrachten. fl
67. Dann das Göttliche Gemuͤhte im Hertzen GOttes ift al⸗
‚Sein ein Ganges / und ſonſt nichts: Dann cs ſtehet ſonſt allesin
. den Eflentien , und iſt GOTT alleine frey / und fonft nichts x
darumb reden wir vom Stücd-mwerd / und faffendas Gange im:
- Gemühte denn darzu haben wir keine Zunge außzufprechen/ mie
vor den Lefer als auff einer Leiter.
63. So wir den wollen recht von GOTT. fehreiben oder re⸗
den / fo müffen wir vom Liechte / und von der Flamme der Liebe
reden / dann darinnen wird GOTT verflanden..
69. Wir können nicht fagen/dag des Fewers Quaal das Liecht
fey / alleine wir ſehen / daß es aus dem Fewer ſcheine. Nun ha⸗
ben wir euch berichtet von des Fewers Urſtande / wie es im Ra⸗
de der Eſſentien in der harten aͤngſtlichen Schaͤrffe erbohren
werde / und feinen Blitz nehme aus derewigen Freyheit / da die
Freyheit in der Natur getrieben wird / ao dag aus der Freyheit
eine Quaal wird /dasift Fewer.
70. So haben wir euch auch berichtet / wie der Blitz ſtracks
hindurch dringet / durch das Rad der Eſſemien in der harten
aͤngſt lichen Schaͤrffe / und ein Creutz machet / da dann das Mad der
B4 Effentien
— „Tr
"F2 Vom dreyfachen chen -Eap2.
Elentien yicht mehr im draͤhen gehet / ſondern ftchet zitterende
im Schelle/ und nehmen alle Eflentien ihre Krafftund Staͤr⸗
ce im Bligedes Creutzes / dan der Blig dringet gerade durch/ und
zerfcheidet die Eſſentien des Rades / und die Eflentien dringen
quericht durch auffden Blitz: Daun der Blitz ift ihr Geift / wel⸗
„her in der Herbigkeit eine Schwefel⸗geſtalt machet.
7x. Alſo ſtehet die Gebuhrt quericht gleich einem Creutz / und
hat von unten das Centrum zur Gebuͤhrt / und oben aus den
Blitz (der treiber s und ſtehet die gantze Gebuhrt als ein Gewaͤch⸗
‚fe: da das Fewer übertreibet/ und die Eflentien dem Feuer⸗
geifte nachseplen als ihrem eignen Geifte / derifie zeucht und be=
gehret / dan fte find feine Speife und Nahrung / und Erift Ihr
schen / und iſt eines ohne dasandernichts. * |
72. Nun verftchet uns vom Fewer ⸗ſchrack / der iſt ſchrecklich
und verzehrend / und uͤberwindet alle Geſtalten aller Eſſenien:
Dan ſo bald der Blick gehet / ſo werden alle Geſtalten der Fin⸗
ſternuͤß verzehret / und erſchricket die finſtere Herbigkeit als der
ſtrenge Todt vor dem Leben / und weicht zu ruͤcke als todt und
überwunden / und wird aus harte weich und duͤnne / wird ſchwehr
als ein Unmacht / das nicht ſelber fix iſt / und davon komt das
Gewichte der Natur: Dan die herbe Matrix wird duͤnne udd
liecht / und ein Waſſer⸗geiſt / davon das Waſſer ift erbohren.
73. Nun iſt dieſer Schrack der Herbigfeitimfinftern Tode.
ein Schrack groffer Freuden dan es wirdaus Finfter Liecht.
Und fo ſich nun der Blitz in der Herbigkeit des Stachels darin⸗
zen erblicket / erſchrickt er viel fehrer / als feine Mutter die Her⸗
Bigkeit/ und iſt auch nicht ein Feind⸗Schrack / fonderneingar
Frewden⸗reicher Schrack der Fremden / daß er feine Mutter al:
P duͤnne / weich und ſanfft findet / von welcher er ſein Fewrig
Recht verleuret / und wird in der ewigen Freyheit des ewigen
Willens im Ceutro, weiß / helle /liechte / lieblich und frewden⸗
reich / und gehet hiermitte auff die Fuͤnffte Geſtalt der Natur / als
die Holdſeelige Liebe / dann da begehret der Blitz mit groſſem
Saͤhnen feine Mutter zu einer Speiſe / und iſt alhier des Lebens
rechter Urſtandt: Dan es iſt die Anzuͤndung des Liechts in der
Herben Matrix, da ſich die ſtrenge Herbigkeit in eine Saͤnffte
verwandelt.
74. Und ſolts alhie recht verſtehen / nicht gantz im Centro
ihres Weſens / ſondern wie ich in Gleichnuͤß reden möchte / als
vb ſich ein Oehle in der Sanfftmuht erbuͤere / aus welchem das
‚sieht ſtandhafftig ſchiene / und immer bliebe / in deme der er
z 5 ein
P.R.S.
Cap. des Menfehen..
fein Recht verlenret: fo wirdaus feiner Geftalt ein Steht / tin
Schein / darinnen ein fonderlich Centrum ſtehet / daraus die.
Freuden⸗reich aufgchet / und behalten doch die erften 4. Geſtal⸗
ten ihr Centrum vor ſich: Dan die Finfternügbleibet alsein eins
gefaſſet Weſen / und das Liecht ſcheinet in der Finſternuͤß / und die
Finſternuͤß begreifft es nicht.
75. Sind als z Principien, und das daher / dieweil ſich die
Sanfftmut aus dem erſten ewigen Willen urſtaͤndet / welcher
in ſich ſelber von der Natur frey iſt / und iſt duͤnne als ein Nichts /
und iſt ſtille: Was nu ſtille und ohne Weſen in ſich iſt / das hat
feine Finſternuͤß in ſich / ſondern iſt blog eine ſtille / helle / liich⸗
te Wonne ohne Weſen / und das iſt die Ewigkeit ohne etwas /
und heiſſet vor allen andern GOTT: dan es iſt nichts böfesdara -
innen / und iſt ohne Weſen.
76. Alſo verſtehet uns / iſt GOTT der Vatter iu ſich ſel⸗
ber / aber ohne Nahmen / dann Er iſt in ſich ſelber die lichte /
heile and klare Ewigkeit / ohne Weſen / fo wir pur vom Liechte
Gottes reden.
77. So er aber nicht ohne Weſen ſeyn wil / ſo verſtehen wir
—
feinen Willen / welchen er in ſich faſſet aus nichts / nur Mod aus: >
und in fich felber / und ver ſtehen wir in feinem Willen das Be⸗
gehren / und im Begehren das Cent tum der Gebaͤhrerin / darin
nendas Weſen gebohren wird. .
73. Nun begehret die ewige Gebahrerin nichts als das Wort /
das in der Gebaͤhrerin ſchaffe: dan die ewige flille und liechte
Wonne ſchaffet nichts / ſondern iſt blog ſtille und lichte: Dan.
wo feine Sinfernüß iſt / da iſt eitel Necht ohne Wandel/ dan.
die Gebährerin im Begehren macht die Anziehung / daß alfprine.
Sinfternüg iſt / die Ewig ift/ in welcher. die Ratur erbohren
wird / wie obgemeldet.
79. Nun begehret die ewige Gebaͤhrerin in erſten Sehnen
die Freyheit / verſtehe GOTD / nicht die Finſternuͤßz in ſich: dam
er wil ihr nicht / ſondern nur das Wort / das da im Saͤhnen der
Gebaͤhrerin ſchaffe / und mag auch keine Gebaͤhrerin ſtyn / ohne.
ein Anziehen / welches ſich ſelber im Willen ſchwaͤngert / in wel⸗
her: Schwängerung das Centrum der Natur ſtehet / und wäre:
auch Fein Wort / es fey dan die Natur) dan in der Natur ur⸗
ſtaͤndet ſich das Wort.
80. Und geben euch alſo alhier gantz hoch und thewer zum Er⸗
kaͤntnuͤß / wie in der Natur zwey Worte erbohten werden: Ei⸗
nes im erſten Centto der — in der ſtrengen Griummig⸗
ei © teit/
IS...
34 Bompreyfachen geben Cap. 2.
keit), auszufprechen die ſtrenge Macht der Mutter der ernften
herben Grimmigkeit im Feuer / welches alhier GOttes des
Vaͤtters Natur heiſſet / welche Er alſo in feiner ſtillen Wonne /
in der Faſſung feines Willens / ohne Berührung der Freyheit
des Liechtes gebiehret.
81. Und das ander Wort / welches cr aus der Natur / aus
der Sanfftmuht gebieret / verſtehe in dein die ewige Freyheit
des Liechtes / ſo GOTT genant wird / welche aus der Natur
‚Aft / die finſtere Natur erblicket zwar im Fewer der Schaͤrffe /
wie forne gemeldet / und aber die Herbigkeit in ihrem eigenen
finftern Rechte erſchricket / und ihr ſtrenges Recht verleuret.
82. Dannder Blig machet die finſter ſtrenge Macht wieder
duͤnne / und gehet in ihr alſo ein Gewaͤchſe auff aus den unzahl⸗
baren Eſſentien, und daſſelbe iſt die Krafft des audern Centri:
Dann in dieſem Auffgehen iſt ein Liebe-Begehren / und füns
get das ewige Liecht die Freyheit auſſer der Natur: Daß ſich
alſo die Freyheit auſſer der Natur in dieſer Liebe entzuͤndet / und
alſo ein begehrend Liecht wird / in welchem der Glantz entflehet.
83. Dann auſſer der Natur iſt kein Glantz / ob gleich eine
liechte ſtille Wonne iſt / ſondern der Glantz urſtaͤndet erſt von der
Schaͤrffe: Nun iſt aber inder Siebe Auff⸗gehung Feine Schaͤrffe
empfindlich / und ob fie gleich iſt / fo iſt es doch nur cine Gebuhrt
der Freuden / und eine rechte Erfuͤllung des erſten Willens /
der GoOttes iſt / welchen er ſetzet ins Begehren / und alfo die
Raturgebichret / und aus der Natur das Gewaͤchſe der Liebe.
84. Alſo wohnet das ander Wort oder Gewaͤchſe der Liebe in
dem erſten Willen / und iſt ſeine rechte Erfuͤllung / welche er
begehret / dann es iſt ſanffte / lieblich und freindlich / und iſt
des erſten Willens Krafft und Hertze von welchem das ewige
Begehren immer im Wachſen und Willen ſtehet:
85. Und alſo zerſprenget das Liecht die Thore ver Finſteruuͤß /
und gehet das Liebe⸗Gewaͤchs aus der finſtern Natur aus / und
wohnet in der ewigen Stille des Batters / und iſt die Krafft des
Baͤtters / und wird fein Sohn genant; dann der Vatter gebie⸗
ret ihn ans ſeinem ewigen Willen / und wird hierinnen des Bat
ers Glantz offenbahr / welcher ſonſt im erſten Willen in der
finftern Natur nur im Feuer erfiheinet / aberim andern Cenıro
In der Liebe im Liechte.
8. Ind wird allyiebetrachtetdie Liebe und Feindfchafft,/ wie
die gegen einander ſtehen / dann die Liebe ift der Grimmigkeit
Merl und nunt der Grimmigteit mit ihrem Blicke den Ges
0)
Eap.z. des Mienfehen 33
walk: und iſt allhie recht zu etrachten / die Macht GOttes in
Liebe und Zorn.
87. Daß aber alſo die Liebe⸗Geburt möge gebohren werden /
urfachet der erfte iu aus der ftillen Wonne: Dann die ftille
und helle Wonne iſt ohne Quaals die begehret nicht Grimmig⸗
keit und machet aber doch Grimmigfeit: und fo die Grima
migfeit nicht wäre / fo waͤre keine Schaͤrffe / fo möchte auch das
ander Centrum der Liebe nicht gebohren werden / aus welchen
das über-natürliche Liecht fcheinend wird: Alda fich dann der
Rahme GOttes des Vatters und des Sohns uhrftändet.
88. Dann wan die ewige Freyheit nicht das Weſen der Na⸗
tur gebaͤhre / fo waͤre es kein Batter / fondern cin Nichts / ſo es
aber das Weſen der Natur gebiehret / ſo wird der Gebaͤhrer
Vatter genant / aus deme er gebohren wird.
89. Alſo ſcheinet das Liecht in der Finſternuͤß / und die Fin⸗
ſternuͤß begreiffet es nicht I wie Iohannes Evangeliſta ſaget: Und
alſo iſt Sicht und Finſternuͤß gegen einander / und alſo iſt das
Liecht der Finſternuͤh Herr / uw iſt sin ewig Bandt / da ein
jedes ohne das andere nicht zun Weſen käse: Und iſt uns akhie
recht zu betrachten / die Feindſchafft wieder die Krafft im Liechte
SoOttes / wie ſich ein jedes urſtaͤnde.
90. Dann die Finſternuͤß haͤlt in ihrem Centro herbe Grim⸗
migkeit / ſtachlichte Angſt im Schwefelegeiſt / Wehe im Feuer⸗
Blitze / groſſe Machtim Made der Brechung / Auffſteigen der
Eſſentien im Blße der Feuers⸗macht / und iſt Doch kein Aus⸗
fliehen / ſondern machet zuſammen einen ſolchen Willen / und
der iſt ein Geiſt / und der iſt das Band der Natur / das GOTT
der Batter in ſeinem Willen erbiehret / mit welchem er ſich offen⸗
bahret in der ewigen Stille / da ſonſt nichts waͤre: Und iſt
GHIT der Baͤtter mit feiner Feuers Scharffe / und macht hie⸗
mit einen ferengen eifferigen GOTT / und ein ver zehrend Fzuer..
gr. Laſſets euch anzeigen ihr-Philofophi, was euch
im fiebenden Siegel in: Ternario Sancto exöffnet wird-
aus GOttes Raht.
92 So iſt der Brunn der Siebe eine Faſſung und Haltung:
der ſtrengen Grimmigkeit / ja eine 1fberwindung der ſtrengen⸗
Maͤcht / dann die Sanfftmuth nimt der ſtrengen und herbei
harten Feuers⸗macht ihr Hecht / und das Liecht der Sanfftmuht
haͤlt die Finſternuͤß gefangen / und wohnet in der Finſternuͤß.
93. Alſo wil die ſtrenge Macht nur Grimmigkelt und ein⸗
ſchlieſſen in Todt: Denn die ſtrenge Herbigkeit gt der Eine -
— a
*
6 Bomdrenfachengeben Cap. 3.
ſchlieſſer in Todt / und die Sanfftmuht dringet aus als ein
Gewaͤchſe / und gruͤnet aus dem Tode / und uͤberwindet den
DR Fund macherdas ewige geben / und machet aus Feindſchafft
94. Das laffet euch / ihr Theologi ein Siccht ſeyn / und be⸗
erachtet die Schrift der Heiligen beffer / und fehet die Wunder
Bottes mit andern Augen an / betrachtet was GOIT in
Siebe und Zorn ſey / und merdet wie zwey Principia offen
ſtehen da ein jedes begehret / laſſet ab von der Natuͤrlichen
Weißheit dieſer Welt / und betrachtet die ewige Natur / ſo
ndetihr GOTT und Himmelteich: Ewre Geſetze thuns nicht)
es muß ein anderer Ernft ſeyn / wollet ihr GOTT erkennen / ihr
müffet aus Babel ausgehen / day ihr das Centrum des Sohns
Gottes erreichet / fo werdet ihr in der Sanfftmuht und Siebe
gebohren / dan moͤget ihr Ehriftt Schaaffe weiden / ſonſt find
ihr Mörder und Diebe / und ſteiget ins Centrum der Grim⸗
migkeit / da ihr nur Chriſti Schaaffe freſſet nd mit eurem .
Hoͤlliſchen Feuer auffolafet. O wie falfchlich handelt ihr gegen
wer Siebe / wie woltihr doch erſcheinen / fo die Sonne auffachet/
und Em Liechte ftehet / folleuch hernach unter Augen gefteilet .
werden.
Das 3. Capittel.
Bon der ſechſten Geftalt dev Natur zgguch eine An-
weifung zur Göttlichen Erkaͤndtnuͤß.
— 2 O wir nun die heldfeefige Liebe-gebuhrt wollen _
erforfehen / wie ſich die erbaͤhre und warvon ſie
urkunde / fo muͤſſen wir das Centrum inniglich
ergruͤnden / und die ſechſte Geſtalt der Natur
vor uns nehmen / als den Mercurium, darinnen
Per Schall erbohren wird / fo werden wir in der Liebe-gebuhrt
den Thon / Klangund Gefang erfinden / darzu die finf Sin⸗
nen / als Sehen / Hören]. Riechen / Schmrcken und Fühlen,
darinnen alsdan das Leben verſtanden wird /. auch Pein und ,
Quaal / fo wol Freude und Liebe / Begierde des Guten/ und
auch Begierde des Böfen. Wiewol in fich felber in der Natur -
nichts verwerfflichs iſt / es muß beides ſeyn fonft wäre GOTT
nicht offenbahr / und waͤre alles ein ſtilles Nichts / und iſt das
gantze Weſen zuſammen in dem einigen GOTT; niemand hat
hmetwas gemacht / oder gebohren / Er allein in m
— um).
Cap. 3 des Menſchen. 37-
Willen / der Er ſelber iſt / machet dit Gebaͤhrerin.
. 2. Er allein iſt der ewige Anfang / und faſſet das Centrum
zur Gebaͤhrerin / welches machet die ewige Mutter der Gebaͤh⸗
rerin des Weſens aller Weſen: Denn GOTT hat keinen An⸗
fang / und iſt nichts Ehers als Er: Aber ſein Wort hat einen
ewigen ungruͤndlichen Anfang in Ihme / und ein ewig u ngruͤnd⸗
lich Ende: da es doch nicht Ende / ſondern Perſon genandt
wirdt / als des Vatters Hertze / dann er wird in dem ewigen
Centro erbohren / nicht als cine Geſtalt des Gentri , die zum
Centro gehöret ] ſondern als ein Gewaͤchs eines andern @entri.
aus dem Erſten Ewigen.
3. Darummbifter deserften Sohn / und ift recht-die Flam⸗
me der Siebe / und der Glan des Vatters im ewigen Willen /
und ift die andere Mutter der Gebahrerin/ als nemblich die
Englifhe Welt / aus Jich felber ein Principium, fp GOttes
Barmhertzigkeit genanpt wird / aus welchem Centro ausgehet
die Jungfram der eigen Weißheit GOttes / Durch welche
GOTT dieſe Welt /als- das dritte Principium ans dem erſten
erſchaffen hat / fasbi allen Wefen und Ereaturen. .
4. Yindwellt den Leſer trewlich vermabnet haben / daß er
odeywird der Speife des erſten Centri eſſen und ſein Spott
dihn im Feuer feines eigenen Lebens nagen.
5. Wollen ihme das Liecht gerne goͤnnen / umb welches wil⸗
len dieſe Handt die tiefſen Geheimnuͤß alſo auffgeſchrieben hat /
wicht zu ihrem Vortheil / den es vorhin hat / ſondern umb der
Lilien und der Engliſchen Welt willen.
6. Alhier mercke nur eigentlich / du wirft ſehen / was du
ſeith dem ſchweren Fall Adams nicht geſehen haſt: und
bedencke nur darbey / was ſolches bedeutet und hier⸗
mit erſcheinet: Trit nicht in der ſtoltzen Phariſeer Fußſtapf⸗
en/ die Chriſtum creutzigten / und am Liechte blind blieben ses _
gehet dir ſonſt auch alſo.
7. Sihe auch nicht auff die Handt dieſer Feder / ſie vermag
nichts / fondern auffs Centrum da das Liecht aus ſcheinet.
Es ſcheinet nicht alleine aus u. Handt / ſondern in
Be,
ı
Az
38 Bomprenfachenfeben Cap. 3.
der gantzen Welt / als ein anffgethanes Siegel in dem
ewigen Centro , es mag ein jeder zu greiffen / es iſt nicht als
leine auffer ihme / fondern in ihme / und heiffet nurauffchlieffen/
und grünen mit. Jeſu Chriſto / und zeugen eine Blume aus die⸗
fer Welt / indie Englifche Welt /davon wir alyie reden wollen/
und euch zeigen das ewige Weſen.
8 Wirhaben euch oben angezeiget die Gebuhrt der 4. Ge⸗
ftalten der ewigen Natur / und darbey angedeutet / wie fie aus
dem ewigen unwandelbaren Willen. der ewigen Freyheit GOt⸗
tes erbohren werden: Da wir euch dan angedeutet / wie die ewi⸗
ge Freyheit auffer der Natur eine flille liechte Wonne / jedoch
ohne Glan fey ; haben auch angedeutet / wie fich die ewige
liechte Srepheit/ in ver herben harten Strengigfeit fchärffe/
daß fie als cin Feuer⸗Blitz erſcheinet / da ſie dan die Finſternuͤtz
zerſprenget / und der Strengheit die Macht nimbt / und alſo
den verzehrenden Feuer⸗glantz bekomt / wegen der erſchraͤckli⸗
chen Schaͤrffe: Da dann die Herbe Matrix zu einer aͤngſtlichen
Gebaͤhrexin wird / und wie ſie ohnmaͤchtig wird / daß ihr der
Blitz die Machtgenommen? fo wird ſie weſentlich / und emp⸗
faͤhet der Blitz feine weſentliche Geſtalt in der Angſt / alß den
Schwefel⸗Geift / welcher des Blitzes Leib iſt Daraus er bren⸗
net underſcheinet.
9. Und dan wie das Radt der Effentien mit dem Blitz der
herben Uberwundenheit gehalten wird / und das Centrum alß
ein Creutz⸗Radt ſtehet / und alles im Schalle der Eſſentien ſte⸗
bet alß ein Gewächſe / da das Radt zwar treibet / aber über
ſich: drumb ſteiget die Feuers Quaal uͤber ſich: dann alle Ge⸗
ſtalten der Natur eylen dem Feuer nach / und das Feuer fleucht
von Ihnen / dan es wil frey ſeyn / ſintemahl es ſich aus der
ewigen Freyheit urkundet / und mag: doch auch nicht / dann
die Natur haͤlts bey ſeiner Schaͤrffe / welche in der Natur ſtehet.
10. Und denn haben wir euch angedeutet / wie der Schrack
Des Feuers die herbe Marrix ertoͤdtet in ihrem ſtrengen Recht /
da fie überwunden wird / und zu ruͤcke ſincket davon das ge⸗
wichte der Natur komt / und die Materia alles Weſens: Und
dann wie ſich der Blitz in der Uberwundenheit erblicket / da er
dan alſo ſehr in der Sanfftmuth erſchrickt / daß er ſein feurig
Hecht verleuret und helle wird / welches der Schein feines
Liechtes ift / da fich der Glantz urfländet : Und wie alfo die
ewige Freyheit der Stille ven Glantz fühet/ als fein Eigen⸗
cyumb / und der erſte Wille hierinnen erfuͤliet wird mach =
Eap. 3. des Menſchen. 39:
nem Begehren/was er im lirftande mit feinem Begehren wolte.
22, So nundaserfie Begehren alfo mit den erbohrnen Effen-
tienerfüllet wird/ mit des Liechtes Glantz / fo ſtehen alle EL-
fentien, fodas Sicht gefangen) in dem erften begehrenden Wile
len: Und der Wille wird hierinnetriumphirend und freudene
reich/ das das Kind des Lichts in ihme erbohren wird/ un®
gehet alhie das ander Centrum auffin der Freude/ da die Siebe
das Feuer des Centri ift/ und des erften Willens Liebe-begehren
zeucht die Freude an ſich / und das Sicht feheinet auf der Freu⸗
den: Alſo bleibet dieſe theure H. Gebuhrt auff dem Creutze / da
gehet das Radt der Effentien im Creutze / und die Freude / alg
Der Feuer⸗Muaͤlle / ſteiget über ſich und das Centrumhaͤlts.
12. Alſo gehet alda aus der new⸗gebohrne Wille mit Krafft
und Wunder / und beſtaͤtiget den erſten Willen der Freyheit
des Vatters mit dem Centro der Liebe-gebuhrt des Sohnes.
Dan dieſe Gebuhrt iſt des Vatters Wort oder Hertze / welches
er aus ſeinen Eſſentien ſpricht / und der Ausgang aus der Liebe
iſt der Geiſt des Worts / der die Eſſentien formt / und iſt zu⸗
ſammen die Dreyzahl in einem Weſen.
13. So aber nun das Centrum im Worte auffgehet in des
Liechts Krafft aus der Siebe / fo empfaͤhet eine Geſtalidie andere
mit gar freundlichen Begierden: Denn der erſte Wille iſt be⸗
gehrende / nnd machet das Centrum, wie forne vom Grimm
gemeldet / alſo auch in der Liebe / und iſt an Statt des Wieder⸗
willens ein eitel Geſchmack und gerne haben alda innen.
14. Dann war das Radt der Eſentien im Schalle gehet }
fo ift die Sechſte Geſtalt erbohren / dan die Herbigkeit behaͤlt in
der Schärffe.der Liebe gleichwohl ihre harte. ſtrenge Macht /
aber gang fanffte / und macht die fechfte Geſtalt Stimmen /
Zion und Klang / dag eine Effentia die ander im Schalle höret/
und mit des Rades Eflentien iminheiren ſchmecket / undim Be⸗
gehren der Siebe reucht / und mit dem durchbrechen des Quahles
fuͤhlet und im Liechte ſtehet; und ift alfo eine lebendige Ge»
ſtalt des Geiſtes / welcher in allen Geſtalten ausgehet als ein
Leben / und iftdie Beweglichkeit der Sinnen in den Effentien ,
welche die Sinnen machen.
ı5. Alfo gehet auff das rechte und uͤberſchwenckliche Liebe⸗
begehren in dem erften Willen / der Batter heiffer: Dann im
des Sohnes Centro wird.der Glanz aus des Batters Schärffe
‚erbohren/ welcher ein gar freundlich Begehren ift/ alg nem⸗
blich den Grimm in die Siehe zu vtrwandelen; dann ed
ers
40. Vompreyfachen Sehen Cap.;,
Vaters Effentien die Sanfftmuth im Liechte Eoften/ fo werden
fie alle rage / und iſt ein eitel Siebe- begehren / wohl-[chmecten /
fanfft thun / freundlich ſeyn / und iſt die Geftalt Mercur'us recht
das Wort: welches im finftern Centro. «ine gifftige Wehe und
Angft ift/ das iftin des Liechts Krafftder Sremden-quahl/ und
giebt Stimmen / Thon und Klang / aber gleich einer Rede /nicht
wieder Klangim Fewer im erften Centro.
16. Alfo mein liebes Gemuͤhte / das dur diefes lieſeſt / verftche
uns recht / was wir mit dieſer Befchreibung verftehen ;.mwir mei⸗
nen nicht zween Goͤtter / die wieder ein ander feynd/fonder nur Ei⸗
nen / in einer Dreyzahl ſeines Weſens / in feiner ewigen Gebuhrt.
17. Indem Worte Tetnarius, verſtehet man in der Nafur:
ſprache recht die Göttliche Gebuhrt in fechs Geſtalten in der Na⸗
tur / welche ſind ſechs Siegel GOttes.
18. Wann ich aber ſage Ternarium Sandum , fo habe ich hier=
innen die Dreyzaͤhl in fieben Geftalten / dann die Englifche
Welt wird mitte begriffen / welche ſtehet in der fiebenden Geſtalt
der Gebuhrt / nicht nach der Sateinifchen Sprache / fondern der
Natur⸗Sprache / davon alle Dinge ihren Nahmen haben emp =
fangen / welche unfere Philofophi von der Schulen des dritten
Principii diefer Welt nicht verfichen.
19. Dann wan ich rede von GOttes Grimm und Zorn / fo
meine ich nicht ein Weſen das auffer GOTT ſey; ich meine auch _
nicht dag es die lautere GOttheit ſey / welche ohne Wandel iſt /
und in Ewigkeit nur gut; und iftnicht der Natur / fondern das
Wort wirdaugder Ratur des Batters erfohren / als ein ander
Gewaͤchſe / dasnichtinder Naturergriffen wird: Darumb ift
es auch eine andere Perfon / und wird doch aug der erften erboh⸗
zen :-Berftche/ der erfte Wille /derauger der Natur tft / der ift
frey von der Natur / aber die Natur wirdin feinem Begehren
gehohren.
20. Nun iſt der andere Wille welcher auf dem erſten aus der
Natur /alsein eigen Gentrumaufgehet / auch frey von der Nas
tur / dann er wohnet indem erften Willen / welcher Vatter heiſſet /
in der Liechten Ewigkeit / und iſt der liechten Ewigkeit Glantz /
Krafft / Staͤrcke und Weſen / fonft wäre kein Weſen darinnen/
ſondern eine ſtille Liecht Wonne / ohne Wandel und Weſen.
21. So aber daſſelbige ewige Weſen hat wollen offenbahr ſeyn /
ſo hat es muͤſſen einen Willen ſchoͤpffen / welcher begehrende iſt;
und da aber nichts war zu begehren / als nur das kraͤfftige Wort /
und daßelde doch auch jn der fi llen Ewigkeit nicht war/ fo haus?
}
&>
Cap.3. des Menſchen. 41
die 7. Geſtalten der ewigen Natur erbohren werden / welche ſind
die ſieben Siegel des Sohnes GOttes / wie die Offenbahrung Jo-
hannis zeuget: Und darauf iſt von Ewigkeit erbohren worden.
das kraͤfftige Wort / welches iſt der ſtillen Ewigkeit Krafft /
Hettze und Leben / und ſeine Weſenheit.
22. Und weil cs auß den ſieben Siegeln oder Geſtalten der
Natur erbohren iſt / ſo iſt es auch der Schoͤpffer und Macher al⸗
ler Dinge auß dein Weſen der Natur: dann es iſt ſonſt nichts /
das die Natur kan bewältigen / als das kraͤfftige Wort im Liech⸗
te / das kan allein überwinden den Grimm: Es hat allein den
Schluͤſſel auffzuſchlieſſen / und zu brechen die ſieben Siegel der
grimmen Natur des Vatters / und auffzuthun das Buch des Le⸗
bens / dehme der auff dem ewigen Stuhl ſitzet. KB Apoc. 1e es iſt
juſt und recht: Dan ſo es den Grim̃ erhlicket / ſo iſt es eine Zer⸗
ſprengung der Finfternüß / und nimbtder grimmigen Angſt den
Gewalt! und heiſſet recht GOttes Barmhertzigkeit.
23. Dann Barm iſt Liechte⸗erblickung im Centro auß der liech⸗
ten Ewigkeit / da der Blick die ſtrenge / herbe / harte Kaͤlte und bit⸗
tere Angſt faͤnget / und mit dem Blick erſchreckt / und den grimmen
Gewalt nimbt / und verwandelt ihn in Saͤnffte. Hertz iſt der
Blitz / der die vier Geftaften gefangen hat /-da fie der Blick der
Ewigkeit hat geſchaͤrffet / und nunmehr die vier Geftalten in ſich
hat / der ſchwebet im Centro auffin Ereuße/ und machet ein ander
Gentrum in fich felber. Igift des Blitzes Berwandlung ins Liecht
des Glantzes Fdarinnen die fünffte und fechfte Geftalt erbohren
wird / als die Liebe und Frewde / da denn der ganzen Nafur Ver⸗
mögenheit inne ftehet / und wäredie Natur auffer dieſer zwo Ge⸗
ſtalten eingrimmer harter Todt / aber das Liecht macht die Liebe /
und auch das Begehren der ſechſten Geſtalt / darinnen dan das
Leben mit dem Verſtande ſtehet. Keit iſt der ewige Eingang und
Erhoͤhung uͤber die Natur der vier Geſtalten / umd eine ewige
Inwohnung der ſtillen Ewigkeit / und eine Erfüllung des erſten
Willens / der Vatter heiſt. *
24. Alſo heiſſet die andere Gebuhrt GOttes Sohn / GOttes
Wort! GOttes Wunder / GOttes Krafft / GOttes Siche +
Gottes Leben / und iſt ſelber das Weſen dus da offenbahret
alle Weſen. hai:
z5. Du Stebes ſuchendes Gemuͤhte / ich wolte dirs gerne in dein.
Hers fchreiben / koͤnt ich nur: Siheesift alles nur EN GOTT
du frageft aber / wo von das Boͤſe komt? fo haft dieſes in dieſer
hohen Beſchreibung eine Erkaͤndtnuͤß: Darm du ſiheſt in Aa
rea⸗
4 Vom dreyfachen Leben Capız.
Creaturen Boßheit und Gifft / und dan auch Liebe und Begierde:
So dencke nur / wie die Natur alſo ein ernſtlich Weſen ſey.
26. Aber gleich wie das Hertze GOttes den ſtrengen Vatter
in feiner Natur ſaͤnfftiget und freundlich machet / alſo auch das
Siccht der Sonnen in diefer Welt alle Dinge / welches alles aus
Der ewigen Natur feinen Uhrſtandt hat.. Ber
27. Dann wan die Strengheit nicht im ewigen Willenerboh-
zen würde/fo ware feine Natur/und würde auch ewig kein Herde
Krafft GOttes erbohren / fondern ware eineemwige Stille. So
aber die Ewigkeit das geben begehret/fo mags anderft nicht erboh⸗
sen werden: Und ſo es dan alſo erbohren wird / fo ift es ewiglich
das Liebſte : Darumb Fan und mag die ernſtliche ſtrenge Gebuhrt
in Ewigkeit nicht auffhoͤren / wegen des Lebens / welches iſt der
Geiſt GOttes.
28. Darumb ſihe dich und alle Creaturen an / und betrachte
dich / auch betrachte Himmel und Hoͤlle im Zorn und Grimm
GOttes / da findeſtu alſo und gar nicht anders / wiewohl wir al⸗
hier eine Engliſche Zunge beduͤrfften / und du ein Engliſch Liecht
im Gemuͤthe / ſo wolten wir einander wohl verſtehen / dieſe Welt
begreiffts nicht.
Von der ſiebenden Geſtalt der Ewigen Natur / die offen⸗
bahre Porte des Weſens aller Weſen.
29. M Ein lieber Leſer / wan du die hohen Geheimnuͤſſen wilt
verſtehen / ſo darffſtu nicht erſt eine Academiam auff
deine Naſe ſetzen / und eine Brill brauchen / und vieler Meiſter
Bücher leſen / dan fie find nicht alleine aufden hohen Schulen zu
ſuchen / zu finden und zu gruͤnden: Es iſt alles ein Taudt ohne Goͤtt⸗
lichen Verſtandt / was die Vernunfft in der Kunſt dieſer Welt
ſuchet: fie findet nichts mehr als dieſe Welt / und doch noch nicht
halb (fie gehei nur immer im fuchen / und findet endlich Hoffartp
und Gleißnerey / in deme fie Weltliche Weißheit findet.
30. Suche nur das Wort und Hertze GOttes / welches Menſch
worden iſt / in der Krippen beym Ochſen im Stalle / in der fin⸗
ſtern Nacht: So du daſſelbe findeſt / ſo findeſtu Chriſtum / als
das Wort im Vatter / mit ſambt dem Vatter / Sohne und heili⸗
gen Geiſte / darzu die ewige Natur / auch die Engliſche Welt
und Paradeis: Du findeſt deine blinde Vernunfft / die dich ale
fo lange hat taummelnde / als einen Trunckenen / geführet: Du
Darffeft dir nicht dein Gemüthe wit hohen Sinnen zerbrechen /
du findeft mit hohen Sinnen und Tichten niht den Grundt / nur
«its
*
Cap.3. des Menſchen. 48
aneigene dein Gemuͤthe und Sinnen mit aller Vernunfft in die
Liebe und Barmhertzigkeit GOttes / dag du indem Centro dei⸗
nes Lebens aus dem Worte und Hertzen GOttes gebohren wer⸗
deſt / daß fein Liecht in deines Lebens⸗Liecht ſcheine / dag du eines
ſeyſt mit ihme.
31. Dan IEſus CHriſtus GOttes Sohn / das ewige Wort
im Batter / der da iſt der Glantz und die Kraft / der liechten Es
wigfeit/ muß indir Menfch gebohren werden / wilt du GOTT
erkennen: ſonſt biſtu im finfiern Stalle / und geheſt nur ſuchen
und tappen / und ſucheſt immer CHriſtum zur Rechten GOt⸗
tes / und meineſt er ſey weit von dannen: Du wirſt dein Gemuͤh⸗
te über die Sternen zwingen / und allda GOTT ſuchen / wie doch
die Sophiften lehren / welche GOTT weit von dannen / in einen
Himmel mahlen.
32. Aber gleich wie der Teuffel über das Hertze GOttes in
Kinem Fewer-quallfliegen wil/ und bleibet doch nur in den vier
.Geftalten der ewigen Natur im Finſternuͤß / alfo gehets auch
der blinden Bernunfft / dieim finftern iget / und fuhet GOTT
in der Finſternuͤß / wilſtu ihn finden/ fo fische ihn in feiner Qually
die iſt überall/ alles. voll GOTT und ſcheinet in der Finfter>
nuͤß; imdeinem finftern Hergenift GOTT / aberin einem au⸗
dern Principio, klopffe an) fo wird dir auffgethan.
33. Der H. Geift GOttes iſt der Schlüffel im Centro, gehe
aus der Begierde des Sleifhes aus in eine rechte ernſte Buſfe /
und fege allein deinen Willen mit Vernunft und Sinnen indie
Barmhersigkeit GOttes / fo wird das Wort GOttes / alsfein
liebes Herke in direine Geftalt Eriegen: Dan ſteheſtu vor der
Krippen / da JEſus gebohren ward/ foncige dich zu dem Kind»
kein] und opffere ihm dein Herg / fo wird CHriſtus in dir geboh⸗
ren werten.
34. Alsdan muftuerftin Jordan / fo wird dich dir H. Geift
tauiffen /da ftehetdir der Himmel offen / und der H. Geift ſchwe⸗
bet über dir / aber dur muſt indie Wuͤſten / und vom Teuffel ver>
ſuchet werden ( verftehe esrecht / der Teuffel wird fich an dir ver⸗
ſuchen / und dich offt in die Wuͤſten der Welt führen/ und vor dei⸗
ne Seele in dein Fleiſchlich Hertz treten / und füfte zur riegelen) da
gehöret Ernft zudem Teuffel fein Centrum zu gerfprengen: Du
wirft Chriftum offte nicht fehen/ der Teuffel wird dir ihn verleug>
nen / er fey nicht in dir Menfch worden: Dan du fteheft alſo als ein
Liecht im Centro mit den Finfternüffen ümbgeben / und bift cin
Bewaͤchs im Leben GOttes / aus der finftern fErengen Natur.
35. Da
44 Vom dreyfachen ben Cap.ʒ.
35. Darumb beſinne dich / alsdann fiche und ſtehe feſte / wie
CHriſtus thaͤte: Thue nicht wie Adam / der ſich ließ geluͤſten des
Geiſtes dieſer Welt / und fuͤrete uns in die Fleiſchliche Finſternuͤß.
36. Du muſt mit Chriſto verfolget / verſpottet und gehoͤnet
werden / wilſtu in den Wundern GOttes ſchweben: und fo du
in ihme bleibeft / fo bleibet er in dir / ſo magſtu ſuchen was du
wilſt / du findeſt waß nur dein Begehren ift/ anders ſucheſtu
vergebens in der GOttheit: und wann du es gleich auffs hoͤchſte
¶ingeſt / fo findeftunurdiefe Welt: daß ſey dir zur Warnung,
geſaget / fo du wilt ſuchen / finden und erkennen / was hiernach ge⸗
ſchrieben iſt von den fieben Siegelen GOttes und des Lambs.
327. Dieweil wir den Leſer möchten ſchwer zu verſtehen feyn A
‚aber Doch deme auß GOTT gebohrnen gar leicht [ und auch unfer
Fuͤrnehmen anders nicht iſt / als dem Blinden den Weeg weiſen:
Siehe / ſo wollen wir euch die Offenbahrung Johannis mit den
ſieben Geiſtern / und ſteben Siegelen GOttes zeigen / welches.
iſt die Offenbahrung JEfu E-Hrifti / da ſich die gantze GOttheit
hat in der Menſcheit offenbahret / und neben der Perſon der
Menſchheit angedeutet das Weſen der drey⸗Zahl in Ternario.
Sando , da man die GOttheit nicht alleine im Ternario ſiehet /
fondern auch inder Englifchen Belt.
‚38. Und ſollen denen auß GOTT gebohrnen alhier recht die
Augen geöffnet werden / es mache fich nur Niemand felber blind /
dan die Zeit komt und it fehon da/ die fieben Siegel
find auffgebrochen und das Buch auffgethan / deme der
auffdem Stuhl ſitzet / welche hat gebrochen dasramb vom.
Haufe Iſrael / weiches erwuͤrget ward / und ewig lebet.
39. Undobesift/ daß die Offenbahrung biß daher iſt zugeſte⸗
gelt blieben / und von keinem Menſchen im Grunde verftanden:
worden / das ſol niemand alſo annehmen und dencken / daß es
in Menſchlicher Macht ſey geſtanden: denn es iſt die Offenbah⸗
rung Gottes / und hat ſieben Siegel / welche zugefiegelt find
geweſen / biß vollendet wuͤrde der Zorn GOttes / und find Die fies
ben Geiſter GOttes des Vatters / wie forne in dieſem Buche ge⸗
meldet / von den Geſtalten der Gebuhrt der ewigen Natur / wel⸗
che iſt GOttes.
40. Nun iſt dieſe Welt mit allem Weſen / ſo wohl auch der
Menſch auß der ewigen Natur / verſtehe auß den ſieben Geiſtern
der ewigen Natur / als eine Außgebuhrt geſchaffen worden / und
HEGHTTdiefe Welt umb Feiner andern Uhrſache Rn er⸗
chaffen/
Tapz: des Menſchen. 45
Fchaffen / als daß er in ſeiner ewigen Weißheit wil die Wunder /
fo inder ewigen Natur ſind offenbahren / dag ſte follen zum We⸗
fen kommen / und am gicchteerfcheinen / zu feiner Frewde / Ehre
und Herzligkeit/ nichtalleine in diefer Zeit der verborgenheit /
fondern nach diefer Zeit.
41. Dann dieſe Zeit ift gleich einem Acker / welcher ift das
ſiebende Siegelder ewigen Natur / darinnen fich die fechs Siegel
mitihren Krafften und Wundern eröffnen / umd ihren Grimm
-ausfchütten: Daran dann in diefer Weltift erbohren und er⸗
funden worden! Weißheit der Natur / Stimmen Donner und
‚Streit! in welchen man immer das Herke GOttes geſuchet hat /
und aber erfunden die Wunder / auß welchem ſind außgegangen
Streitte und Zwingung / daß ſich denn je ein Siegel nach dem
andern eroͤffnet hat / aber der Menſchlichen Vernunfft / als den
Kraͤfften der Siegel unverſtanden.
42. Dann als die Menſchen nach der Apoſtel zeit vonder rech⸗
ten Liebe und Demuht gegen GOTT abwiechen / und ſuchten ihre
eigene Weißheit / und machten auß CHriſti Reich ein Reich der
Macht / Pracht und Herꝛligkeit die ſer Welt / ſo entzog ſich ihnen
der Leuchter: das iſt / fie gingen ein in des Vatters Natur / in
die fieben Siegel GOttes / und verlieſſen die ſteben Guͤldene
$euchter / der ſieben Siegel des Hertzens GOttes / welches find
die ſteben Siegel des Lambs / welche helle leuchteten auß des Vat⸗
ters Natur: Dann fie waren in der Hand des Sohnes GOttes /
der da war Menſch worden / wie du dan am Bilde der Offenbah⸗
rung ſteheſt daß der Menſch IEſus CHriſtus GOttes Sohn
ſieben Sterne in ſeiner Hand hat / und ſtehet zwiſchen ſieben
guͤldenen Leuchtern.
43. Die ſteben Sterne ſind die fteben Geiſter GOttes des Vat⸗
ters / welche verborgene Siegel ſeind / wie ich euch forne berichtet
habe / wie je eine Geſtalt auß der andern erbohren werde / und
wie eine jede Geſtalt ohne die andere nichts waͤre: Und da ſich je
ein Siegel nach dem andern auffthut / und fie haben die ſieben
Donner / welcher Rede verſiegelt iſt: dann fie find im Centro
des Geiftes: Aber die ſieben Siegel ind im Werfen: denn durch
die Menfcheit EHrifti find fle offenbahr worden : Darumb
zeiget fie der Geiſt GOttes in Geſtalt fteben güldener Leuch⸗
ter / undleuchtenin dem Datter auf des Sohns Centro.
44. Denn da fehet ihr ein Gläfern Meer vordem Stuhldes
Alten / welcherift GO T T der Batter / unddas Meer iſt das
ſiebende Siegel / aber auffgethan und nicht verftegelt / denn dar⸗
innen
46 Bompreyfachenseben Cap. 3.
innen ſtehet die Engliſche Welt; aber die ſechs Siegel ſind die
Gebuhrt ver ewigen Natur / welche in des Batters ertien Wil⸗
len erbohren wird / darauß das Hertze oder Wort GOttes von
Eroigteit immer gebohren wird / als ein eigen Centrum, indem
Centro der fteben Beifter GOttes; und wie wohl es iſt / daß das
fiebende Siegel auch im Vatter iſt / und gehoͤret zun Centro,
fo wird es doc durchs Wort zum Weſen gebracht / dann die En⸗
glifche Welt ſtehet darinnen.
45: Darumb nein licher Sefer wiffe / daß alles was von GOtt
geſchrieben oder geredet wird/ das iſt Geiſt dann GOTZ ift
Geift. Er wäre aber in fich- nicht offenbahr / aber die fiebende
Geftalt macht ihn offenbahr / und darinnen iſt die Schöpfung -
der Englifhen Welt ergangen / dann ficheiffet Ternarius San-
&us: Dann die Dreyzahl Hi unbegreifflih. Aber das Wort
machet das Släferne Meer / darinnen die Begreifflichkeit wird
verſtanden / und wird euch inder Figur des Bildesinder Offen»
bahrung recht vorgeftellet.
46. Dann ihr fehet das Bild mitten unter fieben Leuchtern /
Das find jichen Geifter der Gottheit / ſtehen / und in der Rechten
hats fieben Sterne / das find auch fteben Geifter der Gottheit
ins Vatters Centro, welches das Wort in feiner Macht hat /in
Deme es die Grimmigkeit und Verzehrligkeit in eine fanffte
Wonne in das Gläferne Meer fteilet/ in welchem das Liecht
GOttes des Worts / das ift / auffem Worte fcheinet /umd ſtehen
die ſteben Geifter GOttes num im Centro des Worts / in bren⸗
nender Beftalt/ als fieben Fackeln. Und ift euch die Gottheit
hiermitte indem Bildeder Offenbahrung abgemahlet.
47. Und wirdetch auch ferner zuverftchen gegeben / wie for=
ne geuieldet / daß das Wort oder Herke des Vatters in feinen
fieben leuchtenden Geiſtern iſt um Vatter / im Centro des Vat⸗
ters / alsfein Hertze / und hat die fieben Sterne / als die ftchen
Geſtalten der ewigen Natur unter feiner Gewalt / darumb fuͤh⸗
ret ſie das Bild in der Hand.
48. Dieweil aber alle Ding / waß zum Weſen kommen ſol /
ſich muß aus des Vatters Natur uhrſtaͤnden / und wir auch wiſ⸗
ſen / wie ſolches auch Moſes bezeuget / daß GOTT der Batter
habe alle Ding durchs Verbum Fiat gemacht / als durchs Wort
gefprochen / und daß das Sprechen iftim Fiat geftanden/ und das ;
Fiat ift die herbe Matrix ins Vatters erften Willen / weiche die
Natur faſſet und Halt / welche der Geift erbohremauffeın Mer-
eutio formt / welches iſt der Geiſt GOttes.
49. So
Eapıze des Menfchen. AB
49. So nun alle Gefchöpfe im Batter ſtehen und er auch
darumb Valter heiſſet / als aller Weſen Vatter / und wir Men⸗
fihen auch als ſeine Kinder / und aber mit Adam aus der Krafft
des ſiebenden Geiſtes des Wores find abgewichen / mit unſerer
Imagination in die Außgebuhrt des Batters / als in Geiſt die⸗
ſer wDat / der ung mifverdert lichem Fleiſch und Blute beklei⸗
det / und in ſich geſangen haͤlt. So find wir nun in der Krafft
der fü ieben Sternen / oder der ſieben Geiſter des Vatters Natur /
die bringt ihr Wunder in uns zum Liechte. Dann wir ſind das
Ebenbild der Gottheit / in welchem der Geiſt GOttes ſeine
Wunder eroͤffnet. Und laſſet euch recht beſcheiden. GOTT der
Batter hat uns in Chrifto wiederserbohren daß wir follen mit
aunferer Imagination wieder ins Wort / alsinfeines Liecht⸗flam⸗
menden Hertzens Centrum , eingehen / dag der H. Beift wieder
aus uns außginge / mit Kräfften / Wundern und Thaten / wie
bey Chriſti Apoſtelen zu ſehen.
so. Weil wir uns haben laſſen die ft eben ſtrenge Geiſter des
Batters Natur aus feinem Centro halten / und find nicht mit
unfern Immanuel aus umnferer Bernunfft und ZBig ins Leben
Ehriftieingedrungen / daß das Wort in uns wäre Menfch wors
den/ fo haben auch alle fechs Geifter der Naturder Grinunig-
keit ihre Macht und Wunder in uns erzeiget / und haben uns in
Babel laſſen irre gehen / daß wir alſo nicht in der iebe des Worts
im Leben Chriſti haben gewan elt / ſondern in unſerm eigenen
Duaͤnckel / in ertichteten gleißneriſchen Weſen von GOttes Wil⸗
len / haben nicht in Chriſti Geiſt gewandelt / ſondern in Hof⸗
fahrt / ſintemahl die Sucher indes Vatters Natur haben Kür
fte erfunden? fo haben fie die albere Demuht mit Füffen ge⸗
treten.
51. Diemweil fie denn vom Herten GOttes gewichen find:in
ihrem Dündel/ und alfo ein irrdiſch Himmelreich erbawet zu
ihrer Wolluſt / ſo haben auch biilich alle fechs Geifter der Grim⸗
migkeit ihre Macht unter ihnen gewuͤrcket.
52. Dann wann gleich das Hertze GOttes hat mit einem Geiſte
aus ſeinem Centro geeß aunet / und die Menſchen zur Umb⸗
wendung geruffen / ſo hat ihnen doch ihr ſanfftes Fleiſch alzeit
lieber gefallen / und haben mehr dem Teuffel geſolget / welcher
allezeit aus des Batters Zorn darwieder gepoſaunet / ud Krieg
und Bluhfevergieffen angerichtet davon die Offenbahrungin
Bildern zeiget: Und hat der Geiſt GOttes die Offenbahrung
darumb gedeutet / als einen hellen Spiegel: Und wiſſets / gie
ER r
48. Bon dreyfachen Leben Cam z
der Engel ſaget: Verſtegele was. die ficben Donner gerer
det haben.
53. Uns Menfchen felte billig verbergen fenn die Stimme -
Der ſieben Donnerausdes Batters grimmigen Eflentien , fo wir
nicht ſelber hierinnen imaginirten / und dieſelben im ung cröffnes
ten: dann in des Sohnes Centto, in der ſanfften Liebe find ſie
nicht offenbahr.
54. Weil aber das Wort oder Hertze GHttes iſt Menſch
worden / und hat in ſich genommen eine menſchliche Seele / uns
aus der grimmen Natur ins Glaͤſerne Meer / als in die Engli⸗
ſche Welt wieder ein zufuͤhren / indie Wunder der ſieben guͤl⸗
denen Leichter / und wir aber in den ſieben Siegelen des Vatters
verborgen ligen; fo hat das Verbum Deĩ, mit ſeiner angenom⸗
menen Menſcheit muͤſſen in die grimme Marrix, indie Schaͤrffe
des Todes und Zornes eingehen / und alda hat der Menſch Chri⸗
ſtus gebrochen die fieben Siegel in der Menſchlichen Seelen:
55. Dann das Verbum. Dei oder. Hertze GOttes / welches
Menſch ward / und die Menſchliche Seele / welche aus den fies
ben Geiſtern GOttes dem Menſchen ward eingeblaſen / vom
Geiſt Mercurio, das iſt der Geiſt ver ſteben Siegel / welcher img,
Worteder H. Geiſt heiſſet / undaber vons Vatters Centro der.
Geiſt Metcurius, das iſt / aus den ſcharffen Eſſentien, auffen ı
Fewer⸗Rade / wie forne bemeldet / und aber indes Vatters Auß⸗
gebuhrt / durch die Saͤnfftigkeit der Liebe im Worte in dieſer
Welt / als im dritten Centro, Lufft heiſſet / hat gebrochen die
grimme Macht in Centro der Seelen.
56. Denn als die Seele Adams auffen Worte außgieng /ins
dritte Centrum, als in. Beiftidiefer Welt} fo war der Seelen
Centrum eiviglich in die Matrix der Grimmigfeit/ indie ſieben
Geftalten der grimmen Natur des Vatters / verfisgelt und war
Diemand der dahätte können dicke ficken Siegel brechen / weder
im Himmel in dem Gläfern Meer/ oder in dieſer Welt: Es
war nur alda inder Seelen der ewige Todt /-in der fehresklichen
Angſt und Finſternuͤß.
57. Alda iſt die Barmhertzigkeit aus des Batters Hertze auß⸗
gebrochen / und eingegangen in die menſchliche Seele / und hat
gebrochen die ſteben Siegel der Grimmigkeit / und in der Seelen
angezuͤndet das Liecht / welches uͤberwindet den Todt und Zorn.
58. Nicht iſt die Seele aus des Vatters Eſſentien auggeriſ⸗
ſen worden / daß ſie nicht mehr in den ſieben Geiſtern der Natur
ware: Rein / dus kan nicht ſeyn / Es ſtehet alles in den ſieben
Geiſtern
Cap. ;. des Menfchen- 49
Geiſtern des Vatters Natur/ auch das Herke GOttes felder/
alleine die Siegeldes Todes im Grimme find durch das Liecht im
Herken GOttes im Centro der Menfihlihen Seelen gebros
chen / und auffgethan worden.
59. Das dancken wir GOTT dem Batter | in Chris
ſto Jeſu / der da Menſch ward / und uns in Ihme zum
Liechte wieder⸗gebahr / und erloͤſete vom finſtern Grim⸗
men⸗Quall im Eyfer des Zornes in Ewigkeit.
60. Dieweil wir Menſchen aber ſolche groſſe Gnade und
Liecht nicht erkandten / und das auch nicht achteten / ſondern
lieſſen uns noch gelieben Adams Fleiſch / und den Luſt dieſer
Welt / und da wir gleich ſahen / wie GOTTin Chriſto dem
Menſchen / ſo wohl nach ihme / in ſeinen Juͤngern / und alle die
ihme mit Ernſt anhiengen in der newen Wieder-gebuhrt groſſe
Wunder und Thaten thäte/ ſondern ſtieſſen unſern Leuchter
ſelber weg / und lebeten in Heucheley / in eigener Gleißnerey /
in Tyranney / und verfolgeten Chriſtum / ſo ließ er uns auch
verſtegelt / daß wir ſein Liecht nicht erkanten / ſondern ſuchten
uns ſelber Weege zu GOTT / und wolten durch unſern eigenen
Wahn zu GOTI kommen / das Reich dieſer Welt geliebte
ums mehr als GSttes Reich / trieben vor ihme nur Heuchelen?
und unſer Hertze war ferne von ihme. Alſo muſten wir auch in
des Vatters Natur unter den Seegela bleiben / biß der Geiſt
Mercurius alle feine Wunder in uns erzeigete.
6x. Und deutet uns die Offenbahrung Flar / wieder Geiſt
Mercutius habe ein Siegel nach dem ander auffgethan/ und
alle Dlagen und Grewel in uns außgeſchuͤttet / und nur eitel
Krieg / Zanck und Boßheit / eitel Liſt und Falſcheit / mit Wun—
der und Kraͤfften in uns eröffnet: Wie er uns dann fein abmah⸗
let / mit einem grewlichen Thiere / gleich einem Drachen mit
ſieben Haͤuptern / und zehen Hoͤrnern / und auff ſeinen Haͤup⸗
gern fieben Kronen / und ſitzet unſer fromme Geiſtligkeit oben
auff dem Drachen / fein wohl geſchmuͤcket und gekroͤnet.
62. Da magſtu dich beſehen du ſchoͤne Braut auff dem Dra⸗
chen: Sihe doch nur worauff du reutheſt: Iſt das Chriſti Efel
in Demuht / oder iſt es der Teuffel auſſem Abgrunde: Dein
Thier iſt deine eigene Gewat und Auffſteigen deiner tyranni—⸗
fer Macht / die du dir in Chrifti Reich haft erbawet / in dem
du eine gottlofe Zwaͤngerung des Elenvden haft auffgerichtet/ und
nor in Pracht und Hochmuht lebeſt: Dein Geiſtlich Hers ift die
ſchoͤne glaͤntzende Braut auff dem Thier.
(3
C 63. Schawe /
str Vom dreyfachen Leben Capızı
63. Schawe / ich muß dirs ſagen: Beſihe dich du ſchoͤne
Sraut voll grewel der Verwuͤſtung / weil du dich fo ſchoͤn duͤn⸗
ckeſt zu ſeyn: Sihe was haſtu erbawet / groſſe glaͤntzende
Stein-haͤuſer / da geheſtu hinein / und treibeſt Heucheley und
Scheinheiligkeit: Du gibeſt GOTT gute Worte / und dein
Hertz Hänger am Drachen / du verſchwendeſt die Fettigkeit der
Erden / und deine Heuchler mürfen vor dem Thier und Drachen
Deiner tyranniſchen Gewalt nicderfallen / und dich anbeten / fie
müſſen deine Hure auff deinem Thiere anbeten / oder dein Dras
che ermordet fie / was du ſetze ſt ſoll Göttlich heiſſen.
64. O wie ſchoͤn biſtu abgemahlet / beſtehe dich nur / es iſt
Zeit / ſieheſtu nicht wie dich der Engel mit ſambt dem Drachen
in Abgrund wirfft / in den Schwefel⸗pful? oder kenneſtu dich
och nicht?
65. Weiſtu nicht dag wir muͤſſen in Chriſto aus GOTT
wieder⸗gebohren werden / und wandelen im Leben Jeſu Chrifti?
Weiſtu nicht dag das Wort iſt Menſch worden ? wir muͤſſen in
Ehriſto new⸗gebohren werden / alſo dag die Seele ſey Chriſti
Glied: auß einem Leibe / welcher iſt Chriſtus / muͤſſen wir alle
gebohren werden / anderſt koͤnnen wir die ſieben Leuchter GOttes
in uns nicht ſchawen.
66. Was heuchelſtu dir viel mit Gleißnerey ? was nimbſtu
Goͤttliche Gewaltin deine Gleißnerey? du haſt fienicht :du haft
nur des Drachen / deines Antichtiſtiſchen Abgotts gewalt: wiltu
Goͤttliche Gewalt haben / ſo muſtu im Leben Chriſti in GOTT
ſeyn / ſo cipfaͤheſtu Göttlihe Gewalt / zu würden in denen fo
ihr Hertze zu Chriſto in GOTT erheben / alda haſtu des Him⸗
melreiches Schluͤffet / in der Engliſchen Welt.
67. Deine Geſetze / Conblia, Beſchluͤſſe und eigner Wahn
iſt Betrug / der Geiſt Chriſti in GOTZlaͤſſet ſich an fein Ge⸗
ſetze binden: Alles waß du lehreſt von eigener Gewalt im Him⸗
mel / fo du dir ſelber zumiſſeſt / das iſt auger der newen Wieder⸗
gebuhrt in Chriſto alles falſch und erlogen / und feine Krafft ge⸗
hoͤret dem Drachen.
68. Kein Menſch hat keine Gewalt in GOTT / er ſey dan,
aus GOTT in Chriſto Jeſu Wiedergebohren / der kan dem an⸗
neigenden Hertzen / das ſich in Chriſto Jeſu zu GOTT neiget /
durch feine Stimme und Wort/ welches aus GOTT ſchallet /
die fieben Siegel auffſchlieſſen / und poſaunen in das begehrende .
Geuiuͤhte.
69. Darumb ſiehe / beſchawe dich in der Offenbahrung in den
Bildern)
Cap: des Dienfchen. St
Bildern / in deme du auff dem Drachen reutheſt / wie ſchoͤn reuthe⸗
fu auff Erden / wie der Drache der alte Teuffel in den ſteben
Siegelen / welcher immer wil uͤber das Hertze GOttes in
Feuers⸗macht reuthen / und bleibet Doch in den ſteben Siegelen
im finſterm Abgrunde der Ewigkeit / im Urkunde der Natur / in
der ſtrengen Matrix verſiegelt.
70. Alſo auch du / wiewohl die Siegel in der Menſchlichen
Scele im Tode Chriſti find gebrochen / ſo hat dich doch GOttes
Zorn mit dem Geiſte dieſer Welt verſtegelt / und fuͤhret dich / daß
er alle feine Wunder an dir verbringe.
71. Sihe du ſtoltze Hure auffm Thiere / was haſtu geſuchet /
ſeith der Apoſtel Zeit / welche im Leben Chriſti wandelten / und
nicht nach der Luſt des grimmen Geiſtes in der Natur Uhr—
ſtandt / wie du: Beſiehe dein prächtiges Reich / welches du in
der Welt auffgerichtet haſt / in deme man hat muͤſſen von GOTT
weichen / und deine Geſetze ehren und anbethen.
72. Chriſtus bethet ſeinen Vatter an / ſeine Menſchliche See⸗
fe drang ins Verbum Domini, in die ſieben guͤldene Leuchter /
welche find der brennende Liebe-geiſt des Hertzens GOttes im
Vatter / in der ſtillen Ewigkeit: Alda wuͤrckete Chriſtus hie auff
Erden in des Vatters Quall groſſe Wunder: Dann er thaͤt auff
die Siegel der Verborgenheit / und trieb die unſaubern Geiſter
aus der grimmen Quall ver Seelen / und ſchallete mit ſeinem
Worte im Centro der armen gefangenen Seelen / daß ſich alle
Siegel bewegten / und ins Leben Chriſti zu GOTT eindrungen:
Alda konte der Teuffel nicht wohnen / dann er iſt ein Geiſt der
Finſternuͤß / wie wir ihn hernach wollen anzeigen.
73. Du aber nimbſt das Reich Chriſti / und den Gewalt Chri⸗
ſti mit Gleißnerey and Betrug ein: Wo ſind deine Wunder?
So du Goͤttliche Geſetze macheſt / nur zu deinen weltlichen
Ehren und Betrug / daß du moͤgeſt herrſchen uͤber Silber / Gold
und Seelen der Menſchen.
74. O du Babelſche Hure! du biſtes von der die Propheten
geſagt haben / welche haben gedeutet in den verborgenen Siegeln
die Wunder / ſo in der ewigen Natur verborgen waͤren: In dir
find die Wunder ans Sicht kommen / aber du verwuͤſteſt den
Baum des Schens / darumb muſtu inden Pfuhlder mit Schwe⸗
fel brennet: Und darumb fagst der Geift inder Offenbahrung:
Gehe aus von ihr mein Bold / auff daß du nicht theilhafftig wer=
delt ihrer Quaal.
75. Weil du dann ans dir felber in der grimmen Macht des
€ 3 Zorns
52 Vom dreyfachen Leben Cap.3.
Zorns Gottes biſt gewachſen / und biſt nur ein Freſſer / und
haft alle Wunder GHttes in Hoffahrt geſetzet zu deinen Thieri⸗
ſchen Ehren: So find auch die Siegel in dir verfiegelt / big der
Zorne feine Macht an dir beweifet/ und du dich felber friſſeſt.
76. Dann du haft der Engel Pofaunen verachtet / und vers
folget die dir von GOTT gefandt waren/ du achteſt deinen
Baͤuch-Gott und Herzligkeit vor alles / und läffeft dir heuchelen.
77. Die Braut des Thiers ſpricht: Ich bin dein GOTT /
fee mich auffdich / reuth wie du wilt / Ich wilruffen/ dag die
Fettigkeit der Erden dein fey / und man folldich in mir anbe⸗
then / Furcht und Schreiten fey in deme /der uns verachtet. Als
fo reuthe ich über die gebogene Knie / undüber die Seelen der
Menſchen: wo mag ein folch Reich feyn als wir haben ?
78. Aberder Geift Mercurius, welcher außgehet aus den fie=
ben brennenden Fackeln / der da iſt der Geiſt der Braut GOttes /
deutet in Apocalypfi , wann auffgehet das ſtebende Siegel / ſoll
vollendet werden das Geheimnuͤß des Reiches GOttes.
79. Dann das Lamb das erwuͤrget war / nam zur Zeit des
ſtebenden Siegels das Buch aus der rechten Handt deß der auff
dem Stuhl ſaß / und thaͤt fein Siegel auff / und die vier und»
zwantzig Elteſten fielen vor das Lamb nieder / und ſprachen:
Du haſt auffgethan das Buch / und gebrochen ſeine Siegel /
Preiß / Ehre und Sobfen GO TTund dem Lamme / das wür-
dig wer zu nehmen das Buch / und zu brechen feine Siegel
Und die Hure ward mit dem Drachen in pen ferwrigen Pfuhl ge⸗
worffen. Verſteheſtu dig nicht / ſo biſtu unter dem Siegel.“
80. Siehe wann das ſiebende Siegel guffgethan iſt /
fo weidet der Erg-Hirte feine Schafe felber auff ſeiner
gruͤnen Awe / Er führet fie zum frifchen Waſſer / und
erquicket ihre Seelen / und führet fie auff feiner rechten
Straße ; der iftein guter Hirte / und die Schafe folgen ihme /
und Er giebtihnen das ewige Leben.
8x. Zu der Zeitzerbricht Babel die groſſe Statt auff
Erden in don Wundern / und gehen ausihr alle See—
len der Menſchen / ſo im Buch des gebens / im Glaͤſern
Meer geſchrieben ſind alle die aus GOTT gebohren
ſind / und es iſt eine Huͤtte GOttes bey den Menſchen:
Dann der ſie verfuͤhret hat / wird verſiegelt / das Liecht
vertreibet ihn.
82. Da⸗r
Eapz. des Menſchen. 53
82. Darumb merckets ihr Schlaffenden / und wachet auff /
der Tag bricht an / es iſt hohe Zeit / daß euch wicht der Zorn in
Babelergreitfe: Es ift groffer Ernſt vorhanden: taffetab vom
Zancke umb den Kelch Chrifti/ ihr werdetvor GOTT als Nar⸗
renerfunden: Es licget nichts an ewren Schlüffen / day ihr
euch rottet und fchlieffer: So wollen wir glauben / fo wollen
wirshaben/ fo kan die Kirche GOttes erhalten werden / und dit
ander Dart fpricht darwider / und heiffet einander Ketzer / und
führet alſo den blinden Laͤyen in ewrem Teuffels⸗zancke in ewerer
Hoffahrt gefangen: Ihr bindet den rechten Verſtandt an ewer
Kunft: QBer nicht ſtudiret hat / der foll nichts wiffen von den
Geheimnüffen GOttes.
83. D Ihr hoffaͤrtige blinde Menſchen / wie laffetihr euch
den Guthduͤnckel ohne GOttes Geift verführen / wie wollet ihr
em Gerichts⸗tage GOttes mit ewren verirreten Schäflein be⸗
ſtehen / die ihr alſo in Blindheit habet gefuͤhret? Ihr habt ſie
voll Laͤſterung geſchuͤttet / und ſeyd in eytel Gleyßnerey / in
Geitz / Hochmuht und falſcher Lehre auff dem Drachen geritten
ihr habt von auſſen gegliſſen / und inwendig ſeyd ihr voll des
Teuffels geweſen.
84. Wo iſt ewer Apoſtoliſch Hertze? habt ihr Chriſtum f
warumb zancket ihr dan umb Ihn / und macht den Laͤyen auch
zanckende / da er doch nicht weiß waß er thut / er fiedelt auff ewerer
Geigen / und laffet ehe das Leben / als er vom Irrthumb auge
gienge ias nn
85. O du einfaͤltige Heiligkeit / warumb nimſtu nicht Chris
ſtum deinen trewen Hirten zum Hirten an / und laͤſſeſt die
Woͤlffe ſahren / du darffeſt umb Chriſti Reich nicht zancken:
Die Woͤlffe haben auch keine Gewalt dir daſſelbe zu nehmen /
oder zu geben / du darffeſt auch nicht fragen / wo iſt Chriſtus?
Iſt er im Abendmahl / und in der Tauffe / iſt er im Gehoͤr des
Predig-⸗ambts / wie man dan heute fo hart darauff dringet?
86. Schawe nur zu / und anneige dein Herke/ / Sinnen und
Gemuͤhte in Chriſto / daß Chriſtus in dir gebohren wird / ſo haſtu
Chriſtum / Tauffe / Sacrament und den H. Geiſt an allen Or⸗
then / du haſt ihn im Gehoͤr des Worts.
87. Die Bunde und Teſtamenta Chriſti / ſo die ohne Glau⸗
ben lange gebrauchet werden / find nur verborgene Siegel: Se
du aber in Chriſto gebohren wirst / fo find ie die auffgethane
Siegel in deinem Hertzen / in deiner Seelen / es iſt alles deine]
Chriſtus iſt indie) und du biſt in Zhme | und Chriſtus iſt auch
C.3 ins
54 Vom dreyfachen Leben Cap. 3.
im Vatter / und du in Chrifto auch im Vatter: Und der heilige
Geiſt gehet aus dem Vatter in Chriſto aus / und auch in dir / das
Wort des Lebens iſt imner in dir: was ſucheſtu dan zu deiner
Seeligteit? So du hoͤreſt von GOTTlehren / fo lehret auch der
Geiſt aus deinem Hertzen: Und iſt eine Liebe / ein CHriſtus /
ein GOtt / eine Seeligkeit an allen Orten: Wo du biſt / iſt
die Himmels Porte / ſie iſt nicht alleine im Steinhauſe der Kir=
chen / da man glaͤntzet vor Hoffahrt: ſondern wo bußfertige
rewige Menſchen bey einander jind/ die mit Begierde nach
GOttes Barmhertzigkeit trachten / Die da gerne reden von der
Liebe und von den Wundern GOttes.
88. Hoͤre du blinde Babel / ſolte der heilige Geiſt in deinem
Worte kraͤfftig wuͤrcken / ſo du vor der Gemeine GOttes ſteheſt /
und verachteſt deine Vorfahren wegen ihrer Blindheit in ihrem
guffgethanen Siegel / und du biſt ſelber eine boͤſe falſche Natter /
lehreſt nur Auffruhr / Zanck und Schmach / du geuſſeſt in deine
Zuhoͤrer nicht den heiligen Geiſt / wie du ruͤhmeſt / ſondern den
Zanck⸗geiſt: dur lehreſt fie Verachtung / und nicht die Liebe:
as weiß der Laͤye von den Todten vor Tauſend Sahren / find
fie doch in GOttes Gerichte / und nicht in deiner Gewalt: Du
cichteſt manchen der in der Englifchen Welt iſt / folte dan ver
H · Geiſt in deinem falfhen Richten in der Menſchen Hertzen
predigen? Nicht Chriſti Geift/ fondern des Zeuffels Geift pres.
digeſt du in ihre Hertzen / daß flean deiner Fabel bangen! und
Äntion Das there FRort Chrinii fahren.
80. Siehe der Apoſtel Geſchichte an / als ſie bey einander
waren gantz einmuͤtig / mit Begierde des Reichs GOttes / und
redeten von den groſſen Wundern und Thaten GOttes / und
von feiner Liebe gegen den Menſchen / wie ſich Die Erde unter
ihnen hat beweget: daß auch der H. Geifl aus groffer Freude
hat das irrdiſche Centrum beweget: Hatten fie aber geſeſſen /
und nur die Pharifzer ausgeecket / ihrer geſpottet / ſte verachtet/
und ein hönifch Spiel aus ihren getrichen / der H. Geiſt ware
icht fo Eräfftig unter ihnen geweſen. |
— thut eure Augen auff ihr Kinder GOttes / und
gehet in Tempel Chriſti / und hanget nicht am Zeurpel der
Gleifnerey / an den Heuchlern und Moͤrdern: Nicht verbiete
ich die fteinerne Kirchen darumb / ſondern ich Ichre den Tempel,
Chriſti an allen Orten : In der Kichen wird die groffefte
Pracht getrieben.
91. So du aber wilt in Chrifti Tempel eingehen / fo bp
%*
apa: des Menfchen.. s$
ein demuͤtiges / zerſchlagenes und gerbrochenes Hertze bringen/
daß ſich ſaͤhnet nach GOttes Reich: Es mu nicht in Heucheley
ſtehen / da man mit den Gebarden ſich heilig und andaͤchtig er⸗
zeiget / und aber die arme Seele auſſer Chriſti Tempel laͤſſet in
den ſteben Geiſtern der Finſternuͤß / da nur der Mund ein
Chriſt iſt / und das Hertze im Zweiffel / auch wol in eitel Wol⸗
luͤſten des Fleiſches.
92. O ihr blinden Sophiſten / was habe ich mit euch zu thun /
daß ich von euren Wundern ſchreiben mug / babe ich Doch nicht
euren Weeg geſuchet / ſondern das Hertze GOttes / mich zu
verbergen in Chriſto: Ich wolte alleine mit der Jungfrawen in
der Offenbahrung / welche auff dem Monden ſtehet / in die
Wuͤſten fliehen vor dem Drachen / und muß nun ſelber ven
Deagenanzeigen: HErr du thuſt waß du wilt/ deine
Weege find eitel Wunder.
Das 4. Capittel.
Bon der ſiebenden Geſtalt ver Natur | der Weſen⸗
heit odereiblichfeit. Item: Bon den drey
Perſonen in der GOttheit.
’ 5 O wir euch Dan nun alfo ven Weeg des Liechtes
zeigen / fo gelüfter ven Geift nicht alleine alfo
bloß als in einer Hiftorien zu reden / ſondern
das Liecht in der hoͤchſten Zierfe in feinem Quall-
brunn darzuſtellen daß ine ſehet als in ein
auffgerhan Siegel in Ternarium Sandtum.
2. Dann fo in dem Hebenden Siegel foil Das Geheimnuß des
Reiches GOttes offenbahr ſtehen / und das Lamb in feinen
Schaͤflein felber Hirte ſeyn / fo muß es nicht zugeſiegelt ſeyn:
dann wir haben die Stimme der Poſaunen des fies
benden Siegels im Ternario San&to erkant / und füllen
billig reden von unferm Vatterlandt / dahin wir
werben. .
. 3. Niemand folluns vor unwiffend achten / dag wir alfo tief
reden: Sühen wir nichts / und erkenneten Das nicht / fo ge=-
ſchwiegen wir doch: Man fager weh das Herge voll iſt / deß
ehet der Mundt über. Ein ſolches iſt von dieſer Handt nicht
geſuchet worden / aber es ſtehet geſchrieben: Ich bin funde
* &4 werdent
56 Vom dreyfachen Leben Cap.4.
a von denen fo mich nicht fucheten / und nach mir nicht
ragten.
4. Ich war wol ſo einfültigin den Geheimnüffen als der al
Serwenigftes Aber meine Jungfraw der Wunder GHDttes leh⸗
ret mich / daß ich von feinen Wundern fhreiben muß / wiewol
mein Fuͤrſatz iſt / mir zum Meworial, und ſoll doch alfo reden /
als vor vielen / das GOTT bewuſt iſt.
5. So wir nun wollen reden von der ſtebenden Geſtalt der
Natur / ſo ſehen wir vornemblich daß die Leiblichkeit darinnen
ſtehet: dann ein Geiſt iſt rohe ohne Leib: Da aber doch kein
Verſtandt ohne Leib iſt / und auch der Geiſt in ſich ſelber ohne
Leib nicht beſtehet: Denn eine Geftalt in dem Geiſte iſt cin
Hunger] und cin ſaͤhnliches Begehren / je eine Geftalt nach
der andern.
6. Dann alle Ding ſtehen im Willen / und werden im Wil⸗
len getrieben: dann ſo ich keinen Willen faſſe zu gehen / ſo
bleibet mein Leib ſtille ſtehen: darumb traͤget mich mein Wille:
und ſo ich nicht ein Begehren habe nach einem Orthe / ſo iſt auch
rein Wille in mir. So ich aber etwas begehre / fo iſt das der
Pſſentien Wille.
7. Nun begehren doch die Eſſentien nichts / als die Erhaltung
und Bawung des Leibes: dann der Leib iſt ihre Speiſe / und
iſt das gantze Weſen aller Weſen / ein ftäter. Hunger / erfuͤl⸗
jen / unddennaus dem gefüheten wieder Gebähren/ wie mar
das fichet.
8. Eine fede Geftalt des Geiſtes begehret der andern im
Hunger / und ſo ſie die kriegt fo wirdausihr eineandere Ge⸗
ſtalt / und vergehet doch die erſte nicht / fondern die andere for:
met ſich in der erften in eine andere Quaal / und behalten doch
alle beide einander / eine jede ihre Eigenſchafft wie wir dan
alſo haben vonder Natur in fechs Geftaften gefchrichen / wie je
eine aus der anderen gehe/umd wie je die eine Urſache der anderen
{ey / das fte gebohren werde / und doch eine jede ihre Eigenfchafft
ander andern behalte / und da fiegleich nun in fechs Geftalten
in einander ſtehen / fo 4t doch Feine Stätte der Ruhe fondern
iſt ein ſtaͤtes Begehren aller ſechs Geftalten/ als cin großer
Hunger: Daraus dander Wille immer gebohren wird: und da
aber nichts iſt da Ruhe wäre/ als die ftille Ewigkeit / und
folches doch auch im Rade der feurigen Efentien nicht mag er=
griffen oder gefunden werden ; fo ſuchet die hungrige Natur in
ihrer Mutter / als im Begehren der Herbigkeit/ und * 59
igkeit
Cap. 4. des Menſchen. 57
bigkeit fanget das begehren der Eflentien , und haͤlts: Alſo
fichen alle Eſſentien des Hungers in der herben Mutter gehal⸗
ten / denn dieiftihre einige Ruhe / welche ſte wieder füllet mit
deine was inihrift/ als mit ſich felber.
9. Hierinne fichet das Regiment eines Geiftes: Dann die
Natur ſtehet nicht alleine in ficben Geſtalten fondern es mag
aus jedem Begehren wieder ein Wille erboyren werden / dar=
innen wieder die Eflentien fichen / aber veränderlich nach deffel-
ben Willens Begehren / und ſtehet in diefem die Allmacht / und
die Wunder / deren keine Zahlerfunden wird / wie du diß an der
Schöpfung der Weltinagft fehen.
10. So aber denn das ewige Weſen ein gewiß Zichl und
Maß begehret / Ddamwider oder darüber esnichtshöhers / anders
eder mehrers begehret / fohats ihme erbohren Das Herke/ das
ift der Natur Ende / und das Herge iſt die Erfüllung des
Ewigen.
ır. Nun aber iſt das Hertze der Natur auch nicht begreifflich /
und bleibet die Natur gleichwohl im Finſternuͤß in ſich ſelber /
und das Hertze in ſich ſelber im Liechte / und waͤre keines offen⸗
bahr: und iſt doch ein ſtaͤter Hunger in beyden: dann die beyde
haben von Ewigkeit gewuͤrcket Liecht und Finſternuͤß.
12. Nun ſehen wir an der Engliſchen Welt / fo wol an
dieſer Welt / dag die ſiebende Geftalt der Natur eine We—
fentliche Geftalt iſt daraus die Seibwerdung iſt worden /
durchs Verbum Fiat, ud gründen / daß die auch in zweyen
Geftalten ftehet / cine in der Finſternuͤß / und die ande—
re im Liechte / und gehören doch nicht zur Gebuhrt der Fin-
ſternuͤß um des Liechtes / fondern [ind Der Leib oder Die Be—
greifflichkeit. ;
Die maͤchtigſte Porte im Centro hoch zu betrachten.
23. &:% es zeigen wir cuch an Sicht und Finſternuͤß: Dann
wir koͤnnen nicht fagen / daß die Finflernüß die Quaal
fey fowol auch das Liecht / fondern die Finſternuͤß umbſchleuſt
die Quaal / und urſachet daß eine Qual der Angſt des Saͤhnens
und Begehrensinihmefey: dann die Finfternug bat Eein Be—
gehren / ſondern das Begehren wird in ihr gebohren / und die
Sinfternügurfachet das Begehren] Daß ein Begehren entitchet/
als vonder Finſternuͤß frey zu ſeyn.
24. So arbeitet nun das Begehren fo fehr nach der Srenheit/
bis die Angſt in dem ſcharffen Begehren die Freyheit in ſich er⸗
es blicket /
*
58 Vom dreyfachen Leben Cap.
blicket / und da es doch nicht die Freyheit iſt; und ob ſie das iſt /
fo ſtehet fe doch in der Schärffe der Angft / und wird Feuer ge⸗
nant / da das Begehren dan nicht hoͤher kan / ſondern muß in
ſich ſelber erſticken / und in der Quaal ſincken: und die Schaͤrffe
des Feuer-Blitzes in der ſcharffen Freyheit behaͤlt das Recht /
als eine ſtille Quaal / welche in der Schaͤrffe der Freyheit ſtehet.
Und iſt das Sincken der Angſt alſo zu vergleichen wie ein Todt /
daraus das Leben erbohren wird: und derſelbe Todt giebt das
Gewichte) dann es iſt gegen dem Feuer der Freyheit als ein Er—
ſincken in ſich ſelber / und wird in ſeinem Sincken die Angſt
materialiſch / alſo daß man in dieſem Todte die gantze Geſtalt
der Quaal begreifflich / oder empfindlich / wie ich ſagen moͤchte /
empfindet / und dieſe Empfindlichkeit iſt die Leiblichkeit der Fin⸗
ſternuͤß / und das Feuer der Freyheit im grimmen Blitz iſt ſein
Geiſt und geben; und wirdeuch hiemit angedeutet / dag ihr in
euch ſelber gehet und fehet dag das Feuer die Fühlung in der
Schaͤrffe der todten geiblichfeit machet; dann ohne Fewer hat
kein Leib keine Fuͤhlung: wie ihr diß an der Erden und Steinen.
jehet.
15. Nun wirdeuch ferner dargethan / daß der Leib oder die
Weſenheit nicht alſo ein Todt ſey / der nichts tange/ und nur
ein unnuͤtz Ding fey/ denn die Erſinckung treibet feine Quaal
unter ſich / und giebt Gewichte / und das Feuer über ſich / und
giebt Geiſt / Leben und Beweglichfeit.
16. Nun zwiſchen dieſen im mitten iſt das Centrum der
begehrenden Angſt / das iſt eine Urſache des obern / als
Des Feuers / und auch Des untern/ als ver Weſenheit: und
fo aber das Centrum nicht tiber fih kan / und auch nicht une
ger ſich und Doch mit dem Begehren treibende ift / fo freiz
ber es quericht / und ſtehet die ganke Geftalt als cin Basın.
im Gewaͤchſe: Dann e8 erfcheinet im Centro alsein Creutz
daraus die Eſſentien des Begehrens ausdringen / gleich als ein
Baum oder Gewächfe/ wie ich es deuten möchte / und iſt doch
Kein Wachfen / fondern ein Außtreiben in fich felber / gleich
einen Stechen in der todten Weſenheit.
17. Und geben euch hierinnen ernſtlich zu verſtehen / daß die
Quaal im Centro (aus welcher das Feuer oben aus in der We⸗
ſenheit gehet / und der Todt unter ſich ſincket / und die Eſſentien
quericht) gebaͤhre einen andern Willen / den Todt und auch das
Feuer in der Schaͤrffe mit den Eſſentien des Willens in die
Freyheit zu ſetzen / und derſelbe Wille erlanget Die Freyheit
Feuer)
Gap 4. des Menfchen. 59:
Feuer / und machet / dag das Feuer lichte ſcheinet / und maches
eine Wonne. tig
18. Und diefer ander gefaffete Wille heiſſet Tindtur, denner -
tft ein Glantz im der Finſternuͤß / und hat die Macht des Le⸗
bens/ und grünet Durch den Todt der Weſenheit / und ſtillet
die Angſt: Erhat aber Feine Effentien in ſich fordern er iſt
Die Zierde und Krafft der Effentien, erift die Wonne des Lebens .
er fan von der aͤngſtlichen Schärfe nicht weichen / und Die
Schaͤrffe halt ihn doc) auch nicht dan er ifäfrey/und eine Blume
des Lebens / er ift nicht fanffre over ſuͤſſe fondern er gleichet
fih einem brennenden Schwefel/ da das Feuer einen Glan
bekommet / welches fonften im Centro in der Angſt ſchwartz
und finfterift.
19. Alto Befheiden mir euch des Weſens in der Finfters
nuß / amd wiewohl wir alſo gantz ſchwer Ju verfichen find /
und ums auch nicht Glauben geben werdet; fo baten wirdoch
Degen trefflichen Beweis / nicht alleine an den Geſchaffenen
Beifterir/ fordern am Centro der Erden / P wohl am gantzen
Psincipio diefer Welt / welches alles außzufuͤhren albie zu lang
ſeyn wolte/ wir entwerffens aber init kurtzen und wenigen dent -
Leſer die Verſtaͤndnuͤß zu eröffnen.
20, Schet an das Gentrum der Erden / wlheHGHTT !
Durchs Wort hat geſchaffen / eben auß dem Gentro des begehren⸗
den Willens / nicht etwa aus einem ſondern Orte / fondern aus-
der Weite und Tiefe / fo weit fh Das Wort hat in die cher
eingegeben / daift an allen Orten das Centrum gewefen / und
ift noch alfo/ und bleibet in Ewigkeit alfo / denn es ıft von
Ewigkeit alfa geweſen / und iſt dig der Anfang / dag das Wort
hat einen Willen geſchoͤpffet inder Finfternüß / die Finſternuͤß
zu offenbahren mit allen ihren Geſtalten der Wunder GOttes
des Vatters in ſeiner Natur / welche er erbiehret in ſeinem ewi⸗
gen Willen im Begehren.
21. Und zeigen euch dieſes: Sehetan die Erde / Steine und
Metallen / die ind alzumahl als waͤren fie todt und geben Ge⸗
wichte / dar zu ind ſie im Finſtern / und haben doc ihr Liecht in
ſich / als die edle Tinctur, welches ihr Liecht und Leben iſt / in
welchen die Ertzt⸗ ſteine / als in denen Die Tindur maͤchtig iſt /
wachſen.
22. So ſchet ihr auch wie das Schwefel⸗ feuer der Natur Bes =
waͤltiger iſt / als in deme Die Tinctur ange: und alſo durch
—
“o Vom dreyfachen Leben ap. 42
Der Tode der Natur in Steinen und Metallen grünet/ und in
‚der Natur die Wefenheit des Scheines und Glantzes hervor>
dringet/ wie an Boldt und Silber / fowolanallen glingenden
Metallen zu ſehen ift : Darinnen wir dann auch zugleich die
giftige Angſt der Finſternuͤß erfehen / auch den herben Todt der
Finſternuß an der ſtrengen mareria der Vermiſchung / wie fols
ches die verſtehen / die darmitte umbgehen.
23. Auch fo ſehen wir / wie die Tinctur das niedrigſte im
Tode Ean zur feiner höchften. Zierde bringen / als ein geringes
Metallin Gold / und dasalles/ wegen der groffen Macht der
Ewigkeit. Darumb ift auch den Alchymiften die Tindtur ver»
borgen / dieweilfte ftch aus dem Ewigen urkundet / und fie die
aber irrdiſch ſuchen / ſucheten ſie recht / fie fanden ſie wohl als
wir im Geiſte erfunden haben.
24. Noch viel groͤſſer haben wir deß eine Erkaͤntnuͤß an den
mancherley materien der Erden: Da wir dan wiſſen daß ſolches
aus den ewigen Eſſentien als eine Ausgebuhrt geſchaffen / und
alſo alda im Weſen iſt / als ein Bild der Eſſentien, da wir
koͤnnen fehen die Veränderung des Willens in den Effentien ,
und die groſſen Wunder der Allmacht GOttes.
25. Dann alle Ding fo zum Weſen kommen ſind / die find
aus der ewigen Gebahrerin gegangen / nicht unterfchiedlicher
Zeit/ ſondern auffeinmahl/ aber unterſchiedlicher Zeit ift die
Formung des Weſens im Dingen des Centsi in der Figur oder
Form geftanden/ und vom Hertzen GOttes im Lichte geſehen
worden / welche es endlich gefchaffen/ da ſich dann Die Zeit an⸗
gefungen hat. 1
26. Danndie Bottheit hat gelüftert die Wunder der ewigen
Natur / der unzahlbaren und der ewigen Effentien im Weſen
und Cörperlichen Dingen zu ſehen.
27. Und geben euch diß auch hoch und fcharff zu verftehen/ daß
BHLL alles ans Sicht hat geſchaffen / und nicht in Die Fin
ſternuͤß / dann dem Todeim Centro, als dem $eibe / oder der
Eirperlihen Weſen der Erden / hat er erwecket die Tinctur,
das iſt ihr Glantz / Schein und Licht / darinnen fteherihr Le⸗
ben: und der Tieffe über dem Centro hat er gegeben die Sonne /
welche iſt eine Tinctur des Feuers / und reichet mit ihrer Krafft
in die Freyheit auſſer der Natur / in welcher ſie auch ihren Glantz
erhaͤlt / und iſt des gantzen Rades der Sternen ihr Leben / und
ein Auffſchliefſſer des Todes in der Angſt-Kammer / dann alle
Sternen ſind ihee Kinder: nicht das fie derer Eflentien habe ?
fondern
Cap. 4. des Menfchen. 61
fondern iftihr Seben / und ausihrem Centro find fie am Anfang
gangen: fie find Das Centrum des Obern in der Freyheit des $e=
bens/ und die Erde ift das Centrum des untern im Lode/ und
da doch fein fterben in keinem iſt fondern Beranderung dee
Weſens in ein anders.
28. Dann dieſe Welt ſtirbet nicht / ſondern wird verändert
serden in ein Weſen / fo es vorhin nicht war / verſtehe der
Eilentien: Aber der Schatten aller diefer Weſen bleibet ewig
ſtehen / als eine Figur zu GOttes Ehre / Freude und Wun⸗
derthat.
29. Und dann zum andern / fo fügen wir euch von den Gei—
ſtern / welche auch alle zum Liechte ſeynd erſchaffen worden /
denn ſie ſind die Eſſentien des Lebens / nicht aus der Leibligkeit
des Todes / ſondern außm Centro der Eſſentien, im Uhrſtandt
der Tinctur, welche erreichet Die Freyheit GOttes des Vatters/
die da iſt liechte undeine Wonne der Ewigkeit / darinnen das
Wort mit der Engliſchen Welt ſein Regiment hat: Sie ſind
alle aus der Schaͤrffe der Blicke im Rade der Eſſentien geſchaf⸗
fen / und ſtehen in der Freyheit fürm Hertzen GOttes / und
find die Wunder in der Luſt GOttes / welche das Hertze GOttes
erblickte / in den Wundern der Krafft / darumb es denn den
Willen ſetzete in das Fiat, und die ſchuff.
30. Und verſtehen wir mit dem Worte Schuff / eine Ent⸗
ſcheidung der Eſentien im Centrein der herben Matrice: Dar⸗
umb iſt auch ſo ein groſſer Unterſcheidt in den Geiſtern / als wie
ein groſſer Unterſcheidt im Willen der Eſſentien ift : als wir
deffen ein Exempel und Gleihnüg an dem ARillen unfers Ge⸗
muͤhts haben/ daraus fo mancherley Gedandenentfpringen /
und da ein jeder Gedancke wicder das Centrum hat zu einem
Willen / daß aljo aus einem gefaffeten Gedanden mag eine
Subitang werden / wiedasder Bernünfftige wohl verftchet.
3x. Auff eine folche Ahrt find alle Geifter aus dem Centro
des ewigen Gemühtes gefihaffen worden / darumb find fie auch
ewig: dann wag aus dem ewigen Gemuͤhte erbohren iſt / das
ist ewig.
32. Damm vor dem Fiat, che GOTT das faffet/ gieng das
Radt derewigen Eflfentien ohne Wefen im Wunder: Aber als
GOTT den Willen ins Fiat fegete: fo giengs im Weſen / und
da hat ſich angefangen die Zeit] die vor in Ewigkeit nicht war,
33. Und geben wir euch hoch zu erkennen den ſchweren Fall
Lacifers / Der feinen. Willen zurüde in des Feuers Matrix im
€ > Centro
62 Vom dreyfachen Leben Cap.4
Centro faſſete / und von dem. Willen des ewigen Gemuͤthes /
welcher nur zum Hertzen GOttes gehet / abwendete / und
wolte in ver Wurtzel der Tinctur, als in der Feuers Matrix,
über das Herke GOttes herrſchen. Dann die firenge Feuers—
macht gelichte ihme mehr als die Sanfftmuht in ver ftillen
Wonne. Darumb ward er auch zuruͤcke in die finftere Matri-
cem , in das Angitlihe Gemühte/ in das Sinden des Todes
geftoffen.
34: Dem hochfragenden Gemühte zu begegnen / und zu ers
füllen feinen Begriff/ was doch den $ucifer habe darzu bewo⸗
gen? Geben wir zu bedencken die Matricemder Gebährerin / da
findet er alle Geftälte fo inder gansen Natur mögen ergründer
werden. |
35. Dann er findet Herbe / Grimm / Bitter / Finſter /
Sawer / Stachlicht / Reidig: Welches alles im Centro der
Gebährerin / inder finſtern Herbigkeit vor der Anzuͤndung des
Liechtes ſtehet.
36: Als aber GOTT den Willen im Fiat hatte / und wolte
Geiſter Schaffen / fo war esanderfinicht als gleich wie GOTT
zur Gebährerin des Dritten Principii diefer Welt ſprach: Es
gehen hervor allerley Thiere / Voͤgel / Fiſche und Würme/ ein.
jedes nach feiner Ahrt / verſtehe nach jeder Eflentien Ahrt iſt
Der Leib / und auch das Weſen im Leibe / welches ſein Geiſt iſt:
Gleich alſo auch mit den Hohen Geiſtern. Auß der ewigen Ma-⸗
trix, giengen aus allen Eſſentien (welche ohne Zahl find vor ung
zu rechnen) Geiſter.
37. Und wie wir euch angezeiget haben / von den fieben Ge⸗
falten des Cenirider ewigen Natur / da jede Geftalt ein fon
derlicher Quellbrun der Natur iſt/ giengen aus jever Geftalt
oder aus jedem Quellbrun / Geifter nach der manigfaͤltigerley
Eſſentien und Eigenſchafften / ein jedes nach feiner Ahrt: Und
komt das Ober⸗Fuͤrſtliche Regiment vom Haupt⸗quaͤll / weicher
iſt eine Urſache der Vielfaͤltigung in ihme / gleich wie das Ge⸗
muͤhte eine Urſache der Sinnen.
38. Und fuͤgen euch ernſtlich zu bedencken und zu betrachten /
Die Matricem: Da ihr dan bald werdet erkennen den gefaſſeten
Willen des Lucifers / was er in ſeinem Uhrſtand iſt / wie die
Creatur hat in die Matricem geimaginiret / und ſich laſſen hal⸗
ten / und da doch GOTT alle Geiſter ins Liecht geſchaffen.
39. Dann die Tinctur der freundlichen Wonne leuchtete aus
allen / und das Hertze GOttes ſchien vor ihnen / da hinein ſolten
| ; je :
Cap. 4. des Menſchen. 6
fie imaginiren / undihren Willen und Krafft fehöpffen im Verbo
Domini.
40. Weil fie aberfahen/ daß das Verbum Domini im Cen-
tro alseine andere Gebuhrt aus dem Centro war / und fie aus.
den Eflentien des groffen Quaͤllbruns erbohren waren / welcher
ift die Natur der Ewigfeit/ foverachteten ſite die Demuht aus:
der die Siebe und das Liecht erbohren wird / und wolten in der
firengen Macht über die Demuht herrfhen im Feuer⸗quall:
dann die Feuers Matrix wolte das Regimenthaben.
41. Dann wir können andersnichterfennen/ alsdas Luci⸗
fer in der vierdfen Geftalt der Matrix fey erfhaffen worden;
Dann vdafelbft ſtehet Zorn und Siebe gegen einander / und iſt der
Streit der Uberwindung / da das Licht die Finſternuͤß übers
winder und gefangen hält.
42. Auch fo wolte GOttes Grimmigkeit und Eyfer der ewi⸗
gen Naturauch ereatürlich ſeyn und feine Wunder erzeigen
Darumb ſind fie im Quällebrunnenihrer eigenen Natur gehal⸗
ten / und haben die Marrixder Grimmigkeit / Zornes und Nei⸗
des entzuͤndet: Das iſt nun ihr ewige Wonne.
43. Die Tinctur iſt falſch worden in ihrem gefaſſeten Willen /
in deme fie aus grimmiger Hoffart wolten uͤber die Demuth des
Hertzens GOttes herrſchen / und darumb aus dent obern Centro
ins untere / als ein Todt geworffen worden / da nur eitel Fin⸗
ſternuͤß iſt / und moͤgen das Liecht GOttes nicht erreichen.
44. Damm zum Kechte GOttes gehoͤret eine Faſſung der De⸗
muht / in welcher die Begierde der Liebe gebohren wird / welche
das Hertze GOttes ergreiffet: Und das iſt im Lucifer nicht / ſon⸗
dern eitel Zorn / Reid / Hochmuht / Immer über das Hertze
GOttes auszufliegen / und zu herrſchen in ſtrenger Machts -
Darumb iſt er aus dem Goͤttlichen Principio ausgeſtoſſen wor⸗
den ins Centrum der Finſternuͤß / das iſt Fin ewig Reich.
45. Und wird den Theologen , die fich unterwinden von -
Gttes Willen zu predigen / alhier Elar gezeiget / das ihr
Tichten von den Weegen zu GOTT / Fabeln ſind / da man Ges
ſetze machet / damit das Reich GOttes zu erreichen: Es ſtehet
alleine in deme / und liegt an unſerer imagination, daß wir un⸗
fern Willen in der Demuht ſchoͤpffen / darinnen die Liebe ge⸗
Bohren wird / welche dringet zum Hertzen GOttes / als in ihr
Eigenthumb / da dan die Menſchliche Seele in GOTT geboh>
zen wird / dag fie GOttes Willen empfaͤhet / zu thun waß GOt⸗
tes Wille iſt. [> 3
46. One: }
64 Vom dreyfachen Leben Cap.a.
46. Dann alles Thun der Menſchen / auſſer GOttes Wil⸗
len / iſt nur ein Schnitzwerck der Natuͤrlichen Kunſt / welches
in der Angſt des Centri bleibet / und iſt ein Suchen / da nichts
iſt / gleich einem der ein kuͤnſtlich Werck machet / daran er einen
Gefallen hat / alſo auch ſtehen ſolche Wercke vor GOTT / als
eine Figur / welche zwar in Ewigkeit in der Figur bleiben.
47. Aber zurrechten Wiedergebuhrt / das Herke GOttes zu
erreichen / gehöret nur der ernſte Wille/ undeine Ergebung/
da dan die Bernunfft läffet alles fahren / waß fie geſchnitzet hat /
und hanget am Verbo Domini, als am Hertzen GOttes / fo
wirdder Geift in GOttes Siebe empfangen und gebohren.
48. Wie wir euch dan Elar haben angedeutet / wie alles We⸗
fen ausdem Willen erbohren ift / und hatallDing feine Wie⸗
derfortpflangung im Willen: Dan der Wille ift ver Meifter
eller Wercke / dann er hat feinen erſten Uhrſtandt aus GOTT
dem Batter zur Natur / und faͤhret durch die Natur zu ſeinem
Hertzen / welches iſt der Natur Ende / das da wohnet in der
ewigen ſtillen Freyheit auſſer der Natur / und in der Natur /
als ein eigen Principium in ſich ſelber.
49. Alfo hat der Uhrſtandt der Natur das ander Principium,
daraus kommen nun Weſen / die da mögen verändert werden /
aber das Principium des Herkens GDttes nicht.
so. Darumbfage ich noch /undiftdie theure Warheit/ alles
was vom Werge zu GOTT gefchniget und gelehrer wird/ fo *
das nicht gehet auffdie Sanfftmuht der Siebe / und vorder inter
Faſſung des Willens zum Hergen GOttes / ſo iſt es alles nur
ein Schnitz⸗werck in den Wundern GOttes / daß die groſſen
Wunder ans Liecht gebracht werden / welche in den verborge⸗
nen Siegelen ſtunden / und ſind die Schnitzer nur Arbeiter in
den Wundern GOttes / am groſſen Gebaͤw zu GOttes Herr⸗
ligkeit / welche wird in den Wundern erſcheinen in Veraͤnde⸗
rung dieſer Zeit / da alle Ding wieder ing æther gehen.
51. Nicht richte und verdamme ich den begierigen Sucher /
der dain Blindheit ſuchet / und nicht weiß was er thut / ſinte⸗
mahler am Gebaͤw der groſſen Wunder GOttes arbeitet / dann
er wird feinen Lohn am Ende finden / ſintemahl er im Willen
ſtehet u GOTT einzudringen / und bleibet aber im Gebaͤw.
52. So nun das Gebaͤw am Ende der Zeitvor EDEL erfihei>
net / fo wird auch fein Werck-⸗meiſter vor GOTT erſcheinen.
Oder ſagen wir dieſes alleine / ſaget nicht die Schrifft in der
Offenbahrung JEſu EHrifti / dag uns unſere Wercke —
nach⸗
Cams. des Menfchen. 65
nachfolgen / da ein jeder foll erndten / waß er geſaͤet hat.
53. Darımblaffef abvom Schmaͤhen und Laͤſtern / und vom
eigenen Tichten der Weege U GOTT / und gebet euch aus des
Zeuffels Seite und Hochmuht indie Weege der Siebe / welche
ſtehen inder Demuth gegen dem Herken GOttes in Chriſto Je⸗
fü: Der da hat die verborgene Siegel wieder auffgetdan / mit
welchen wir in Adam rerliegelt worden / in den ewigen Zodt /
fo werdet ihr durch Chriſtum in GOTT gebohren / undErieget
Goͤttlichen Willen.
54. Wir fuͤgen euch in unſerm Begriff und Erkaͤntnuͤß
nich mehr in den Wundern GOttes: dann alles was da lebet
und webet / iſt zu GOttes Ehr und Wunder geſchaffen. Es ſind
noch viel figuͤrlicher Geiſter / die nicht aus dem ewigen Quäl-
brunnen ihren Uhrkundt haben / fenvdern aus temanfanglichen
Willen: alste find im Waſſer / Lufft / Erden und Fewer/ fon-
derlich unter dem Firmament die Afcendenten / derer vielumd
in groffen Heeren ſind und haben auch ihr Regiment / find aber
reranderlich/ dann ihr Schatten bleibet auch ſtehen / und And
fonderliche reine Geifter / dienicht ihre Fortpflautzung ang fich
felber haben / ſondern werden zu fondern Zeiten / durch Wuͤr⸗
ckung der Natur / durch die Tindtur der Himmel erbohren / vers
ſtehe die Obern.
55. Aber die Irrdiſchen haben ihr Centrum aus dem unter⸗
Clobo, und die Waͤßerigen aus der Matrice des Waſſers: und
die haben unterſchiedene Himmel zum Regiment / vergehen aber
alle zu ſeinen Zeiten / und ſtehen zu GOttes Wunderthat.
56. Und geben eich zu erkennen / daß vor den Zeiten der Ente
glischen Belt fey von Ewigkeit ein fol Regiment gemefen / da
allein die Erfantnüß und Verſtaͤndnuͤß in GOTT gewwefen /
aber mit der Engliſchen Welt auch indie Creatur fommen.
Die Porte in Ternarium Sandtum.
$7- S O wir euch dann num ein ſolches vom der Leibligkeit
und Geiftern haben gezeiget/ wiewohl die Geiſter
Ereatürlich und wefentlich find / und aber doch vor uns nicht be⸗
greifflich / fo wollen wir euch ferner zeigen das Himmelreich mit
feinen Geiftern und Geftakten: und nach dieſem das Menfch-
liche Reich / da denn die groffen Wunder GOttes im Liechte fol=
len gezeiget werden. So mache fih nur Niemand felber blindt /
es fananallen Dingen erwicfen werden / waß man nur anftchet/
fürnemblih an dem Menſchen / dann der ift ein ut >
eich⸗
66 Bon dreyfachen Then Cup.a.
Gleihnüß aller Weſen: darumb heiſſet er die Gleichnuͤß
GOttes. 9
58. Es iſt keine Creatur weder im Himmel noch in dieſer
Welt / da alle drey Principia darinnen offen ſtuͤnden / als am
Menſchen; ſo aber feine Seele in GOTT gebohren iſt / fo uͤber⸗
trift er in den Wundern die Engel / wie ich hernach anzei⸗
gen wil.
59. So aber dieſer Text dem Leſer möchte ſchwer ſeyn im Ver⸗
ſtande / fo wollen wir ihn doch vermahnet haben / ſich zu gedul⸗
den / und nur fleiſſig zu leſen / obs ihm nicht moͤg lich ſey zu er⸗
greiffen / fo wird es doch hernach / wan von dreyfachen Leben des
Menſchen geſchrieben iſt / ihm ſehr nuͤtzlich ſeyn / und erſt in die⸗
fen Verſtandt recht kommen / daß ers ihme dann vor ein groß
Kleynodt achten mag.
60. Dann das Gemuͤthe laͤſſet nicht nach zu forſchen / biß es
auff den innerften Grund kommet / welcher alhie angezeiget ift:
So es aberden Grund nicht erreicher/ fo erſtncket es doch in
Grund / und kan den nicht faffen / da komt denn Zweiffel / Un⸗
glaub und Verachtung in das Gemuͤthe / dafür wir den Leſer
wollen gewarnet haben / mit den hohen Geheimnuͤſſen nicht zu
ſchertzen. Es wird fonft der Geift GOttes gelaͤſtert.
6r. ind gehet dem Gemuͤthe wie dem Lucifer / da erfahedie
gröffeften Geheimnuͤſſe der Gottheit in einer ſolchen Demuht
ſtehen / ärgerte er fich / und gieng indie ſtrenge Fewers macht /
und wolte auß eigner Witze über GOTT heriſchen / SOTZ folte
ibm unterthan ſeyn: Er wolte der Bilderinder Natur ſeyn /
und warddarumd ein Teuffel.
62. Dann in der Sanfftmuht und Demuht ftchet das Reich
der Himmeln mit der Englifchen Welt / und die Kraft des Her⸗
tzens GOttes.
63. Dann das Liecht ſtehet in der Sanfftmuht: Und ob es
gleich aus dem Centro des Fewers / als der Schaͤrffe GOttes /
ſich uhrkundet / fo ſtellets doch ſein Centrum in gar große
Sanfftmuht: Dann die Freyheit auſſer der Natur iſt der Na—
tur Ende / und in der Freyheit wohnet das Liecht / als ein Glantz
einer ſtillen Wonne. Und das Wort aus den Kraͤfften der Nas
fur iſt des Liechtes Fewer / aus welchem der Schein gehet / der
die gantze Tieffe des Vatters erleuchtet / daß es alſo ein Weſen
ſey in einander / aber mit drey Unterſchieden / da ein jeder un:
terſcheidt ein Centrum hat / und mag Perſon genennet werden.
64. Dann der Batter erbieret die Natur aus der ewigen
— en
Cap.4- Des Menſchen. 67
len Freyheit / die Er felber ift / und in der Stille doch wicht Date
ter heißet / ſondern indem Er begehrcde iſt / und einen Willen
in ſich faſſet zur Gebaͤhrerin der Natur / da wird Er ein Vatter
erkandt / aus deme alle Weſen gehen / als aus ſeinem erſten
Willen durch alle Willen.
65. Gleich wie des Menſchen Gemuͤthe nur ein Wille iſt / der
iſt begehrende / und faſſet aber in ſich aus dem einigen Willen
unzehlich viel Willen / und gehet je einer aus dem andern: Da
wir dann feyen und befinden / das der erfte Wille Meifter ift/
und die andern wicder-gefoffeten Willen zum Liechte und Fine
ſternuͤß führe / zu Frewde und Leyd / alles nad) deme er etwas
guies oder böfes in ſich faſſet / wie fich die Bernunfft wird be=
ſcheiden: Alfo ift es auch im Batter in der Natur /aber nichtin
der Freyheit: dann daſelbſt iſt in fich felber nichts als die licchte
Ewigkeit. e
66. So dann alfo zweyerley Faſſunge aus einem Willen ges
hen / als zu Fremd und Leyd / zu Liebe und Feindung / fo hat ein
jeder feine Gebuhrt zum Wieder-willen aus einem in viel.
67. Die Natur hat ihren Willen ur Schärffe der ſtrengen
Gebahrung/ undder erſte ABille des Vatters / welcher fich aus
der liechten Ewigkeit uhrſtaͤndet / zur flillen Sanfftmuht / wie
dann Die Fine Ewigteit eine ſtiue janffte Wonne vhne Weſen
en ch ſelber iſt; alſo find zweyerley Trieb in einem Weſen / und
werden auch zwey Centra darauß erbohren; eines eilet zur
Sanfftmuht / und das ander zum Grimme / und ſind doch nicht
getrennet dan der Grimm in der Natur iſt das erſte / und auß
dem ewigen Grimme wird erbohren die Sanfftmuht / das iſt das
ander / und waͤre eines ohne das ander nichts / als nur eine ſtil⸗
le Ewigkeit.
68. So wird nun die Sanfftmuht GOttes Sohn genandt /
welcher wohnet in der ſtillen Ewigkeit / und faͤnfftiget den Grim̃ /
und wird darumb ein Sohn genandt daß Er aus des Vatters
Natur erbohren wird / und wird des Vatters Wort genandt /
darumb / dag er mit dem Blicke der ewigen Freyheit / aus der
ewigen Freyheit / aus dem Rade der Eflentien , aus den Geſtal⸗
ten der Natur / als das Leben der Natur außgeſprochen wird in
die Freyheit des Vatters / und wird darumb eine Perſon genandt /
daß Er ein ſelbſtaͤndiges Weſen iſt / das nicht zur Gebuhrt der
Natur gehoͤret / ſondern iſt der Natur Leben und Verſtaͤndt;
Und wird darumb des Vatters Hertze genandt / daß er die Krafft
im Centro der Natur iſt / und ſtehet in der Natur als a
e
63 Domprenfachenschen apa.
Keim Leibe / welches allen &liedern Krafft und Verſtandt giebt.
Und wird darumb GOttes Liecht genandt/dak das Liecht in ihme
entzuͤndet wirdt/ und feinen Uhrſtandt in ihme nimbt. Und
wird darumb der Blank GOttes genandt / daß es in der ewigen
ſtillen Freyheit einen Glantz machet / welcher ſich aus der ewigen
Natur Schaͤrſſe uhrſtaͤndet / wie ſorne gemeldet. Und wird
darumd des Datters Liebe genandt / dag der erſte Wille des
Baͤtters zur Gebaͤhrerin der Natur / eben nur dieſes ſein Liebes
Hertze begehret / und das iſt in des Vatters Willen / das lieb⸗
fie über die Natur / welche doch fein Weſen iſt. Und wird ver:
umb Wunder genandt/ dag er der Schöpffer aller Dinge iſt /
durch welchen alle Ding auß dem Centro des Batters Ellentien,
zum Sicchte und ins Weſen gebracht ift worden / daß des Vat⸗
ters Natur alfo in großem Wunder fichet.
69. Und iſt diß Der unterfcheidt / dag der Vatter und Sohn
zwo Perſohnen genandt werden / und doch nur cin GOTT in
einem Weſen / daß der Vatter iftder Bebährer der Natur / und
in deme fie gebohren wird durch feinen Willen auf dem Begeh—
ven / und dag fich fein Hertze fcheidet von der Natur / und ift nicht
mit der Natur begriffen / und führetein fonderliches Centsum,
als Libe / und der Vetter Zorn. In des Batters Scharffe ift
Fewer / und in des Sohnes Schaͤrffe iſt Liecht; and iſt Doch in ein⸗
ander wie Fewer und Liecht.
70. Aber gleich wie das Fewer wil frey ſeyn / oder erfticket /
und brennet doch auß dem finſtern gruͤnen Holtze: Alſo iſt die
Goͤttliche Natur frey vonder grimmen Finſternuͤß: Und obes
gleich aus vielen materien brennet / ſo giebt es doch nur eine
Quaal / als Hitze und Liecht.
71. Alſo verſtehet uns in dem Weege von der Gottheit auch:
Der Sohn iſt in des Vatters liechten Ewigkeit / und auch in ſei⸗
nem gefaſſeten Willen / in ſeiner Natur / nur eine Quaal / die
drennet in Siebe und Liecht / und iſt des Batters Glantz und
Herrligkeit und Fan nicht vom Vatter getrent / oder mit dem
Batter uneinig werden / dann es iſt nur ein Wille in ihme / der
heiſſet das Begehren der Barmhertzigkeit / und iſt anzuͤndende
alles was ſich in ihr aneignet.
72. Und der H. Geiſt iſt die dritte Perſon / den ich daforne
habe in der Goͤttlichen Natur den Mercurialiſchen Geiſt genen»
net / wegen feiner Eigenſchafft: Dann ihr ſehet daß ein jeder
Wille in ſich ſelber ſtille iſt / und ein jedes Liecht auch ſtille / und
der Schall macht den Willen offenbahr / und ſtehet als dann
vorm
r
Cap.4. des Menfchen. 69
vorm Willen / und machet ein ander Centrum: denn der Schall
wird gefaffet / und fortgetragen/ undder Wille nicht: Das ſe⸗
het ihr an einem Norte / wiedas auffgefaffet und fortgetragen
wird/ welches aus dem Schallerbohren wird.
73. So wiffet ihr auch wie der Schall feinen Uhrſtandt int
Hertzen nimbt/ undgehet auf den Eſſentien des Willens / und
wirdim Munde gefaffer / und drückt fich aber aus dem Hertzen /
und fchallet aus der gantzen Perfon / und zeiget an was im Wil⸗
len ift. Und dann fo finden wirwieder Schall der Auffwecker
des Lebens ift./ auch der Sinnen! Vernunfft und Berftandes
Werckmeiſter / dann er iftdas Gehör / und führet eine Efleng
in die ander / darvon der Ruch und Schmaduhrftänder: Auch
fo ift er die Urſach der Fuͤhlung / dag er eine Eflentiam in die
ander führet/ da eine die ander fühlet / auch urfachet er die
Sinnen: danıı die Ellentien faſſen den Schall/ daß alſo ein je⸗
der Eſſentz ein Wille iſt / und in dem Willen wieder das einge»
führte Centrum zur Gebaͤhrerin vieler Willen.
74. Und dann zum andern fehen wir/ wie die Lufft vom Her⸗
gen auffſtoſſend / den Schall faͤnget / und im Munde ein Cen-
trum machet: da danı der Wille das Wort forınet/ und der
Mille fo vom Hertzen ftöffer/ führetden Schalldes Willens in
dem gefaſſeten Centro ‚ welcher im Munde urfkändet / aus dein
felben Centro des Mundesaus/ und der iſt ſcharff / und durch⸗
dringet des Hertzens Willen] Gemuͤhte und Sinnen: dann er
iſt außgehend aus feinem Centro ineinander Weſen / alß in ein
ander Gemuͤhte: und fuͤhret daſſelbe mit ſeiner Schaͤrffe in ſei⸗
nen Willen: oder da ihme derſelbe Wille nicht gefallig iſt / zer=
bricht er denſelben Willen / und zerſtoͤret ihn / das iſt / er ſtraffet
das Gemuͤhte / das nicht mit feinem Willen einig iſt.
75. Alſo mein liebes ſuchendes und begehrendes Gemuͤhte /
betrachte dich ſelber / ſuche dich / und finde dich ſelber / du biſt
GoOttes Gleichnuͤß / Bildt / Wefen und Eigenthumb: wie du
biſt / alſo iſt auch die ewige Gebuhrt in GOTT: dann GOTT
iſt Geiſt / und dein Regiment in deinem Leibe iſt auch Geift /
und iſt außgangen und geſchaffen worden aus GOTTES Re
iment.
2 76. Dann GOTT hat ſich im Menſchlichen Geifte offenbah—
vet/ beides in Siche und Zorn: es find beyde Centra darinnen /
und das dritte mit dem Ausgang des Beiftes ift die Allmacht / ſo
nicht der Geift diefer Welt / als das dritte Principium in Adam,
hätte feinen Riegel darein geſtecket / welchen die Gebuhrt Chriſti
zerbro⸗
70 Vom dreyfachen Leben Cap. A
zerbrochen / und zum Wunder gemacht / daer dann vor GOTT
als ein groß Wunder / ſchaw getragen wird.
77. Alfo auch imgleichen erkennen wir die dritte Perſon der
Gottheit/ die vom Vatter und Sohn außgehet: dann crift der
Geiſt des Mundes GOttes / und hat ſeinen Urſtandt nicht in der
Natur / ſondern er iſt der Geiſt des erſten Willens zu der Na⸗
tur / aber ſeine Schaͤrffe bekomt er in der Natur / darumb iſt er
der Former und Bilder in der Natur als ein Gewaltiger und
Allmaͤchtiger.
78. Dann er führet das Schwerdt der Allmacht: Er iſt der
Gebaͤhrer / Leither / Fuͤhrer / und Zerbrecher der Boßheit / und
ein Auffſchlieſſer der Verborgenheit: Er uhrſtaͤndet ſich im Vat⸗
‚ter von Ewigkeit ohne Anfang: dann ohne ihn war der Vatter
nichts als eine ewige Stille/ ohne Weſen.
79. Eriftdas Wefen des Willens / gleich wie gemeldet wor⸗
den vom Fewer / aus welchen die Lufft uhrſtaͤndet welchevom
Fewer außgehet. Und wie ihr ſehet / dad das Menfchliche Seen
und Verſtaͤndtnuͤß in der Lufft ſtehet / und die Lufft das Leben
regieret: Alſo verſtehet ung in dem Weege vom Geiſte GOttes /
der iſt die außgehende und wallende Krafft / aus dem Hertzen
und Worte GDtfes.
80. Dann das Herke ift das Wort / und der Geiftift der
Former des Wortes nicht daß er das Wort machet / fondern er
iſt das Selbftandige Weſen / wann das Rad der Eflentien in
des Vatters Centro im Triumph als eine Gebährerin gehet / fo
ft er indem Rade / in den Blicken der Freyheit / und eröffnet die
Gebährerin in der Finſternuͤß / und urſachet das Sähnen des
andern Willens zum Centro des Worts.
81. Er ift der Schlüffel in dem Blicken des Willens in den
Eflentien , und eröffnet die Matricemter Gebaͤhrerin: Erift
von den Eflentien nichtergriffen / und auch nicht vom Centro des
ortsr fondern er entfchleuffet ſich mit dem Worte und Hers
Ken / und eröffnet das Hertze zum Drucke / dag der Willedes
Vaͤtters im Hertzen abdrucket: als dann iſt er in dem abgedruck⸗
ten / und formt in ſeinem eigenen Centro im abgedruckten / und ge⸗
het mit der Krafft des Worts aus dem Hertzen aus / und verrichtet
des Willens Gedancken.
82. Dann die Gedancken ſind die verborgene Siegel in den
ſteben Geſtalten / die eroͤffnet der Geiſt / daß ſte zum Willen
kommen / daß alſo auß einer Geſtalt der Gebaͤhrerin viel Wil⸗
Ion kemmen / und aufgehen ohne Zahl in unendlich / 8
Cap 4. Des Menſehen. „x
Eröffnung und Führung des Geiftes/ und ſtehen ale Wunder
ohne Zahl inder Eroͤffnung des Geiftes. Erift es der die Gott⸗
heit in der Natur offenbahret; Er breiter aus den Glantz ver
Mayeftät/ dag Er in ven Wundern der Natur erfenen wird.
Er iſt nichtder Glang felber / fondern die Kraft des Glantzes /
und fuͤhret den Glantz der Mayeſtaͤt Goͤttes im Triumph: Er iſt
die Frewde der Gottheit / und machet das heilige Spiel mit ſei⸗
ner Eröffnung in den verborgenen Siegelen der Eſſentien.
83. Dieſes gebe ich euch ein Gleichnuͤß am Menſchlichen Gei⸗
ſte und Leben: Ihr ſehet den Leib / er iſt in ſich ſelber ein Finſter
uͤnd unverſtaͤndig Weſen / er hat zwar die Eſſentien, aber von
Eroͤffnung des Geiſtes / welcher die Eſſentien eroͤffnet / und
zum Willſen bringet / ſonſt ware der Leib todt / ſtille und cin
nichtig Weſen.
84. So ſehet ihr auch / wieder Geiſt nicht der Leib iſt / ſon⸗
dern hat ein eigen Regiment / und ſo der außfaͤhret vom Leibe /
fo verdirbet der Leib: dann die Effentien bleiben im finſtern To⸗
de / und iſt kein Verſtand.
85. Dann der Geiſt eroͤffnet die Gedancken aus den Eſſen-
tien, und dann ſo ſehet ihr wie der Geiſt nicht das Liecht ſelber
iſt: dann das Liecht uhrſtaͤndet ſich in der Tinctur, welche iſt die
Blume des Fewers: aber der Geift iſt der Auffblaſer des
Fewers / wie ihr das an der Lufft ſehet / welche das Menſchliche
Fewer auffblaͤſet / und haben deſſen genug Verſtandes an uns
ſelber / ſo wir uns nur ſelber kennen / und eroͤffnen durch unſern
Geiſt / wie hernach ſoll angezeiget werden.
86. Alſo verſtehet uns recht von der Dreyzahl der Gottheit:
wir meinen nur einen GOTT in drey Perſonen / eines Weſens
und Willens: wir geben euch aber von der Dreyzahl zu verſte⸗
hen / dag darinnen ind drey Centra, und die werden in der ewi⸗
gen Natur erkandt. Aber außer der Natur werden ſie nicht
erkandt.
87. Dann auſſer der Natur / heiſſet die Gottheit Mayeſtaͤt /
aber in der Natur heiſſet ſie Vatter Sohn / H. Geiſt / Wun⸗
der / Rath / Krafft: dann das auſſer der Natur iſt / huͤlffe mich
nichts / ich koͤnte das in Ewigkeit weder ſehen / fuͤhlen noch gruͤn⸗
den / ſintemahl ich in der Natur bin / und aus derſelben erbohren.
88. So aber die Mayeſtaͤt hat die Natur erbohren / und ſich
alſo in drey Perſonen darinnen eroͤffnet / fo erfrewe ich mich in
derſelben Eroͤffnung / als ein inwohnende Creatur darinnen in
Ewigkeit.
89. Weil
72 Vom dreyfachen geben Cap. 5
89. Weil ich dann aus GOttes Natur erbogren bin ſo iſt fie
meine Mutter/ und meiner Seelen Speife/ und meine Seele
ift GOttes Speife/dann ich bin fein Lob / welches er auffnimt von
meinem Geifte : dann meine Seele eröffnet feine Wunder /
—* ſeine Wuͤrckung / daß alſo ſey eine Frewde im Ternario
ancto.
90. Nicht rede ich alleine von mir / ſondern von allen Men⸗
ſchen und Creaturen / in welchen ſeine Wunder offen ſtehen / bey⸗
des in ſeiner Liebe und auch in ſeinem Zorne: dann auch die Teuf⸗
fel ſtehen in den Wundern GOttes / dann fie eroͤffnen die Siegel
des Zornes: Und ſtehet alles zu GOttes Freude und Herr⸗
ligkeit.
Das 5. Capittel.
Von der thewren und Hoch-Edlen Jungfrawen der
Weißheit GOttes / und der Engliſchen Welt. Die
andere Porte in Ternarium Sanctum,
hoch zu betrachten.
Mi: Eh weiß dag der Sophiſt mir folhes für eine
a Hoffart zumeſſen wird / daß ich als ein niedri—
J ger und geringer in dieſer Weit / alfo in die
Tieffe ſteige. Aber dir wird geſaget / Das du
9 auff Weißheit dieſer Welt ſteheſt / ich aber der
nichts achte / dan ſie gibt mir keine Frewde. Aber deſſen erfrew
ich mich / daß meine Seele ſchwebet in den Wundern zu GOttes
Lobe / daß ich erkenne feine Wunderthat / in welchem ſich meine
Seele als in ihrer Mutter erluſtiget, So redet nur ein jeder
Geiſt von ſeiner Mutter / von derer Speiſe er iſſet / und in derer
Quaal er lebet.
2. So ich nun die Wunder erkenne / ſoll ich dann ſtumm
ſeyn? bin ich doch darzu gebohren / wie dann auch alle Creatu⸗
ren / daß ſie ſollen GOttes Wunder eroͤffnen; So arbeite ich
nun in dem meinen / und ein ander in dem ſeinen / und du ſtoltzer
Sophift auch in dem deinen.
3. Wir ftehen alle im Acker GOttes / und wachfen zu GOt⸗
tes Wunderthat und Heriligkeit/ der Bottlofe fo wohl als der
Fromme / aber ein jedes Gewaͤchß mächfer in feiner Quaal:
wann der Schnitter wird abmehen / fo komt ein jedes in feine
Schewren / und empfaͤhet jede Quaaldas feine. So wirddan
vffenbahr der Acker in füinen Eflentien, darauß wir gewachſen
nnd:
Sams Des Menfehen 73
find ; Dann es find zwey Centra in der Ewigkeit / und ein jenes
wird feine Frucht in fich einerndten.
4. Darumb du Menfch / bedencke was durichteft / daß die
nicht dem Geift GOttes ins Schwerdfalleft / und deine Werde
werden im, Fewer des Zornesauffgeblafen. Dann fiche an das
Bild in der Offenbahrung / welches das Schwerd indem Muns
de führet: Es ift warlich den Geift GOttes bedeutend / davon
Ehriftus ſagt / wann er kommen wird / wird er die Belt ſtraf⸗
fer umb die Sünde / umb die Gerechtigkeit/ und umb das
Gericht.
5. Umb die Sünde! dag fie in Gleißnerey leben / und dem
Geiſte GOttes nicht gehorchen / und glaͤuben an ihn / daß er moͤch⸗
te Himmliſche Wunder in ihnen eroͤffnen / ſondern bleiben un⸗
ter dem Zorne im erſten Centro, wollen nicht wiedergebohren
werden / ſondern eröffnen nur die Wunder im Zorne in eitel
Gleißnerey.
6. Und umb die Gerechtigkeit ſpricht Chriſtus / daß ich zum
Vaͤtter gehe: Er hat den Todt zerbrochen / und der Seelen die
Himmels Porten auffgeſchloſſen / und iſt wieder zum Vatter
gangen / und hat uns zu ſich beruffen: und der Gleißner wil
nicht / feine Hoffahrt geliebet ihme mehr: Darumb ſtraffet ihn
der zGeiſt / und ſchildt ihn unter Augen / und ſtellet ihme feine
falſche Weege ins Liecht / dag er ſehen ſoll.
7. Er aber ſchlaͤgt die Wunder der Straffe zu Boden / biß
ihn der Geiſt umb das Gerichte ſtraffet / dieweil der Fuͤrſt dieſer
Welt gerichtet iſt / welcher den Menſchen gefangen hielt: Und
du Sophiſt lauffeſt wiſſentlich umb eigen Nutzes und zeitlicher
Wolluſt und Ehren willen wieder zum Teuffel / und magft nicht
die offene Pforten fehen/ fo dir der Geift zeiget; fo ftrafferer
dich / und zeiget dir das unter Augen.
8. Und ſo du ja nicht wilt / fo heiſſets: wir haben euch gepfif-
fen / aber ihr habet nicht getantzet; wir haben euch geruffen /
aber ihr feyd nicht zu uns kommen; mich hat nach euch gehun⸗
gert / aber ihr habet mich nicht gefpeifet; ihr feid nicht in meinem
Roſen⸗garten gewachfen/ darumb ſeyd ihr auch nicht meine
Speiſe. Ewer Hergeift nicht in meinem Lobe erfunden worden)
darumb feyd ihr tausch nicht meine Speifes Und dieſer Bräutis
gamb zeucht fürüber / alsdan komt der ander / und ſamblet in
feine Schewren was er findet: Deme dencket nach.
9. So wir dann nun alſo von der H. Dreyfaltigkeit / als von
einem Einigen GOTT in einem ** Weſen reden: ſo ſa⸗
gen
74 Vom dreyfachen Shen Kup.
gen wir aber/ der H. Geiſt gehet vom Batter nd Sohn aus.
Nun fodenn GOTT überallift / und felber die Fülle alles We⸗
fens der gantzen Zieffe: So fragetdas Gemühte/ wogeheter
dan hin ?fintemahlerder Geiftin GOttes Mundift/ und auch
nuralleinein GOTT bleibet / als ein Geiſt im geibe ?
10. Da ſiehe die Dffenbahrung Johannis an (Cap.4.)da wird
pordem Stuhldes Alten gezeigetein Gläfern Meer / darinnen
ftehet der Stuhl mitden 24. Achteften / mit dem Lamme / das
erwürget ward / und ewig lebet⸗ Und der Alte auffın Stuhl hat
das Buch mit den ſteben Siegeln / welches das erwürgete Samb
aus feiner Hand nahm / undfeine Siegel brach.
11. Sihe / da ficheftu den ſtebenden Geiftder Göttlihen Nas
tur / der da iſt die Wonne der Mayeſtaͤt / in deine fich die Drey⸗
zahl offenbahret / und ficheft recht die Engliſche Welt: dann das
Meer iſt der Waſſer-geiſt / welcher im Urkunde der Natur die
ſtrenge Herbigkeit iſt / und aber vom Liechte GOttes einen
Schrack bekomt / da ſich dieſe Geſtalt zertheilet / und der Schrack
in der Finſternuͤß in ſich ſelber ein Sincken des Todes wird /
und aber der gefangene Schrack im Liechte / welcher nun Frewde
heiſſet auch in Sincken iſt / und in die Sanfftmuht verwan⸗
delt wird / darinnen das Liecht ſcheinet / und iſt gleich einem glaͤ⸗
ſern Meer.
12. Es iſt aber die Leiblichkeit der Goͤttlichen Natur / darin⸗
nen ſtehen alle Geſtalten der gantzen Natur / und hierinnen find
die ſteben Geiſter GOttes / als ſteben brennende Fackeln offen⸗
bahr / die hieß der Engel in der Offenbahrung ſchreiben: Aber
die ſieben Donner in der finſtern Matrice in der grimmen Natur /
hieß er verſiegeln / und nicht ſchreiben: denn ſie ſollen nach ein⸗
ander eroͤffnet werden / und ihre Wunder außgieſſen / welche
Niemand ſolte erkennen / biß fie vorüber wären / biß auffgethan
wuͤrde das ſtebende Siegel im Ternario Sancto: Alsdann ſoll
vollendet werden das Geheimnuͤß des Reiches GOttes / wenn
der ſiebende Engel wuͤrde poſaunen.
13. Da geben wir euch nun zu erkennen / was Mofes ſaget:
GOTT ſchuff den Himmel auß dem Mittel des Waſſers.
14. Sihe du Suchendes Gemuͤhte / dieſes glaͤſerne Meer /
welches iſt der Waſſer · Geiſt vor GOTT / iſt die Matrix, darauß
das Verbum Fiat hat das Element Waſſer geſchaffen / denn das
Element Waſſer dieſer Welt iſt eine Außgebuhrt auß der Matri-
ce des Himmels / da man ſpricht: GOTT wohnet im Himmel /
und das iſt wahr: Und derſelbe Hunmel iſt der Begriff —
rin⸗
Cap.5. des Menſchen. 75
darinnen ſich GOTT durch Creaturen / als Engel und Seelen
der Menſchen hat offenbahret: Denn in dieſer ſtebenden Geſtalt
ſtehet des Vatters Natur in groſſer Heiligkeit offenbahr / nicht
im Fewer / fondern das Wort ift das Fewer diefer Qual /und
der heilige Geift gehet Durchs Wort alhie aus in die Englifche
Welt / und formet alle Gewächfe und geben / denn er ift der
Geiftdes Lebens in diefer Quahl / Siche du ſuchendes Gemüh>
te / ich zeige dir dieſes nach heller undElärer.
15. Gleich wie auf den erften Willen des Vatters iſt erbohren
Die Natur / welche in ſich felber nur ein Geiſt iſt / und eine Finſter⸗
nuͤß / und aber vom Willen ſo weit getrieben wird biß in 7 Geſtaͤl⸗
te / und auß den ſteben in unendlich / und aber die Urſache der Na⸗
tur in den erſten vier Geſtaͤlten ſtehet: als im herben Begehren/
und im bitter Stachlichten / und im Fewer⸗Blitze / da ſich dan
das Leben uhrſtaͤndet und zum vierdten vom Schracke der Matri-
cis fuͤrm Fewer / da unter ſich das Sincken des ſchweren Todes /
amd über ſich das Fewer⸗leben erbohren wird / da dan im mitten
Das Centrum ftehet / als ein Herge im $eibe/ darauf fich die Tin-
&ur , als die fünffte Geſtalt vom Fewer urftänder / welche iſt
Das Siche- Begehren: und daſſelbe Begehren ein durchdringen»
ver Schallinderfechften Geſtalt iſt / und dringet das Leben der
Tin&ur durch das Sincken des Todes / da wir dann verſtehen die
Saufftmuht der Tinctur, welche das Sincken leiblich machet /
welches iſt die fiebende Geſtalt / auß welcher Leiblichkeit iſt im
Anfang dieſer Welt erbohren worden die Erde/ Steine und
Metallen/ und das ganke Centrum der Erd-kugel: und ſtehet die
Erd⸗kugel in den ſechs Geſtalten der Natur mit ihrem Regiment /
und die ſiebende iſt die Begreiffligkeit als Erde und Steine / und
iſt der 6ten Geſtalte Leib / darinnen ſte ihre Wuͤrckung verbrin⸗
gen / als ein Geiſt im Leibe / und die ober-Globul in der Tieffe
uͤber der Erden eben ſolch Regiment hat in ſieben Geſtalten / da
dann die vier Elementa das ober⸗Centrum halten / und das Ge⸗
flirne das Radt der Eflentien des Willens / und die Sonne die
Tin&ur des Fewers / darinnen alles geben diefer Welt ſtehet.
16. Eben alſo iſt auch das innere Regiment im Ternario San-
&to , nicht von dieſer Welt abgetrennet / fondernein Principium
ſcheidet diß nur: Es iſt keine Staͤtt oder Orth in dieſer Welt /
da nicht das innere Regiment innen waͤre.
17. Dann dieſe Welt iſt aus des Vatters Natur / aus dem
Grimme / aus der ſiebenden Geſtalt leiblich worden / da ſte dann
der Sonnen Tinctur, wieder lieblich und wonneſahm machet.
D 2 18. Dar⸗
76 Vom dreyfachen Leben ap. $:
18. Darumb wird der Teuffel ein Fuͤrſt dieſer Welt genandt /
dann er iſt ein Fuͤrſt in der Grimmigkeit des Vatters Natur /
und die Engliſche Welt iſt des Sohns Natur / in groſſer Liebe /
Frewde / Wonne und Demuht: denn das Wort oder Hertzt
GHttes iſt das Centrum darinnen.
19. Und der Blitz da ſich Liecht und Finſternuͤß ſcheidet / ma⸗
chet Das Principium und ſcheidets in zwey Reiche / da ein Cen-
trum im Fewer brennet / und das ander in der Liebe / daraus das
helle Liecht ſcheinet; und wiſſet daß der grimme Blitz das Scheide⸗
ziehl iſt / denn der iſt der Schrack zum Leben / und zum Tode / da ſich
Grim̃ und Liebe ſcheidet / welches ich euch hernach bewaͤhren wil.
20. Alſo geben wir euch zu verſtehen von der Engliſchen
Welt: des Vatters Eigenſchafft iſt nicht Finſternuͤß / ſondern
die Finſternuͤß wird im ſtrengen Begehren erbohren / und des
Vatters Eigenſchafft iſt die liechte freye Ewigkeit / die hat einen
Willen zur Natur / und derſelbe liechte Wille iſt in der Natur
der Blitz in den Eſſentien, und ſchaͤrfſet ſich in der grimmen hars
ten Herbigkeit / und treibet ſich bis an die vierdte Geſtalt / da der
Blitz der Freyheit in der Schaͤrffe erſcheinet als Fewer / da ſchei⸗
det ſich der Blitz der Freyheit in zwey Principia, einer vor ſich
mit der ſtrengen Macht des Fewers / der ander in ſich in die
Freyheit der liechten Ewigkeit / und giebet der liechten Frey⸗
heit Glantz.
21. Und in dieſer Scheidung machet der Blitz das Creutz / da
er alſo ſchrecklich durch die finſtere Herbigkeit dringet: Alſo wei⸗
het die Grimmigkeit mit feinem Centro über ſich / denn das
Fewer treibet über fich / und die Matrixder Herbigfeit findet als
ein getöptes Wefen vom Schrack umter ſich in Todt / und der
Blitz auffim Creutz ſtehet wefentlich file / / dan er hat die Matri>
cem erblicket / und ſie hat ihn infciret / der hält fie gefangen / und
wandelt fi der grimme Blitz in der Matrice in Sanfftmuht.
Denn der Blitz krieget in der erſchrockenen und uͤberwundenen
Matrice auch einen Schrack / gleich als goͤſſe man Waſſer ins
Fewer / und da doch kein Waſſer iſt / ſondern Geiſt.
22. Alſo erliſchet die Grimmigkeit des Fewers auffm Creutz /
und gehet auff die Blume ver ewigen Tinctur, auffin Creutze /
wie forne gemeldet: und die Blume des Lebens inder Tinctur
als cin freundlich Fewer / fleigetauffals ein Gewäche / und der
Schrack als cin Ohnmacht ſincket unter ſich / umd da doch kein
Weichen von einander ift/ fondernalfo ſtehet die Geftalt der
Goͤttlichen Natur: und das Sincen iſt gleich einer on.
nich
Cap. 5. des Menfchen- 77
nicht dem Geiſte in den fechs Geftalten / weiche unfaßlich find :
dann das Sincken ift faßlich vom Geiſte / und dieſe Wonne hat
alle Geftalten des Geiftes / und ift des Geiſtes feine Speife umd
Erfüllung / dann es urftändet fich aus der herben Marrice,, ſo
iſſet ein jedes Seben von feiner Matrice,
23. Und wierwohl wir hie Feine Zunge haben / dag wir moͤch⸗
ger diefe Geheimnuͤß nach der Sprache unferer Zunge zum Der
ftande bringen / fo reden wir doch als cin Kind von einer Mut⸗
ter: dann die Mutter hatunfer Gemühte aufgenommen / und
unfer Sinn feet fih inihren Schoß / da wir dann im Sicchte
fehen und erkennen unſere Mutter / undreden alfd von unferer
Mutter Haus / und von ihrer Speiſe.
24. nd ob wirdie Sprade nicht wohl koͤnnen / fo verfichen
wir fie aber im Sinn gar wohl) undurfachet/ daß wirder
Sprache nicht haben / dag wir nach dem äuffern Menſchen gar
ein frembder Mann in unſerer Mutter Haufe ſind: dann der euſ⸗
ſere Menſch gehoͤret nicht hinein / darumb hat er auch nicht di
Mutter-fprache / ſondern redet mit dem Sinn des innern Men⸗
ſchen / welcher erreichet die Mutter.
25. Darumb werden wir alhier dem jenigen / welcher nicht
in GOTT gebohren iſt / ſtumm ſeyn / denn wir find nach dent
eufferen Menfchen in diefer Welt / und nach dem innern im
GOTT / darumb rederder Sinn des Semuͤhtes vom Himmel>
reich; der euſſere Geiſt welcher: vom Principio dieſer Welt er⸗
bohren iſt / redet von dieſer Welt / und der innere aus GOTT ge⸗
bohren / redet von der inneren Welt.
26. So wir dann aus beyden gebohren find / fo reden wir aus
zweyen Zungen: Alſo werden wir auch von zweyen Zungen ver⸗
ſtanden werden / da eine dieſes wird ſpotten / und die ander hoch
belieben / dann ein jeder Geiſt nimt das ſeine.
22. So wir aber mit unſerer Seele in einer frembden Herberge
in dieſer Welt ſind / und aber gewiß wiſſen / daß wir wanderen
muͤſſen / und entweder in Himmel zu GOTT / oder in die Hoͤl⸗
te zum Teuffel / und uns aber ver Teuffel nicht beliebet / ſo thun
wir recht / daß wir das Himmelreich ſuchen / und unſern Sinn
und Gemuͤhte darein verſencken: denn da erlangen wir die ſchoͤne
Perlen⸗Crone vor die Crone dieſer Welt / welche uns der Teu⸗
fel mit der Suͤnden aufgeſetzet hat / damit wir in Hochmuht / in
eigener Macht / in Gleißnerey / in dieſer Welt prangen; als
wollen wir die fahren laſſen / und reden von unſerer Mutter Cro⸗
ne / in unſerm Vatterlande.
78 Vom dreyfachen Leben Cap.5.
28. Wir haben deſſen / ſo wir uns ſelber recht kennen / ge⸗
nugſamb Verſtands / und befinden das in Leib und Seele / dazu
en Form und Geftalt des Leibes / vornemblich am Gemuͤthe:
aber der Geift dieſer Welt kennet ſich felber nicht / es ſey dann
daß einander Liecht in ihme fcheine / da fich das Gemühte innen
fiehet / und Eennen lernet.
29. Dann der Geiſt aus GOTT gebohren / der von GOTT
aufßgehet in den Göttlichen Sinn / der eröffnet dem Gemühte
die Berftändtnüß und Erkaͤndtnuͤß / dag ſich der Menſch in den
Banden dieſer Welt felber fiehet / aber feine Heiligkeit fiehet er
nicht / fonderner fehawet in Ternarium Sandtum , in die Englis
ſche Welt / dahin arbeiteter mit groffem Saͤhnen / und iſt eine
ftaͤte Unruhe in ihme.
30. Denn er wird von zweyen gezogen / als vom Geiſte GOt⸗
tes und vom Teuffel / in welches Banden er nach dem euſſern ſuͤn⸗
digen Menſchen auch hanget / und ſtehet ſein Centrum recht auf
—* Creutz / und iſt in dieſer Welt gleich einer Wage / da bald
heil oben / bald unten ſtehet / und find alhie nur im Jaumer⸗
* / in Angft und Noht.
31. So uns dann GOTT fonaheift/ jainungfelber ift/ fo
‚wollen wir ihn ſuchen: und fo wir ihn dann finden wollen / fo
anüffen wirvondiefer Welt umbkehren / und werden als ein uns
zerftändiges Kind / das nur an ſeiner Mutter hanget / und in
GOTT new⸗gebohren werden / mit Sinn und Gemuͤhte:
Sonſt koͤnnen wir Ihn nicht ſehen / wie uns Chriſtus ſolches
ſelber lehret / daß ſein Liecht in uns ſcheinet.
32. Wir muͤſſen gantz aus unſerer Vernunfft außgehen /und
nicht anſehen die gleißneriſche Kunſt dieſer Welt / ſie iſt uns
nichts nuͤtze zu dieſem Liechte / ſondern iſt nur eine Irrunge und
Zuruͤckhaltung.
33. Solches ‚fügen wir dem Sefer / daß er miffe was er lieſet /
nicht eines verftändigen / fondern eines Kindes Schrift: als ein
Kind der Mutter / aber dieſer Welt als ein Frembder.
34. So reden wir von unſerer Kinder⸗gebuhrt in GOTT/
denn unſer Anfang iſt auffin Creutz / wir ſind auffin Creutze er⸗
ſchaffen nach unſeren Seelen / darumb iſt auch der Leib ein Creutz /
und das Centrum oder Hertze iſt mitten im Creutze / und ſind mit
Adam außgegangen von der Bildnuͤß des Creutzes in die
Schlangen⸗Bildnuͤß: Es hat uns aber der Jungfrauen Sohn
am Creutz wiedergebohren zur himliſchen Bildnuͤß.
3 een wollen wir reden und nicht ſchweigen / ut wir
ehen
Caps. des Menfchen. 79
ſehen und im Grunde erkennen. Dann eine Creutz⸗ Gebuhrt haͤlt
das Centrum im Ternario Sancto, verſtehets recht in der heiligen
Dreyzaͤhl / nicht in der Mayeſtaͤt / welche iſt ohne Weſen / ſon⸗
dern in dem Unterſcheid der Dreyheit / da die Gottheit wird
Datter/ Sohn / H.Geift genandt / da ſich die zwey Principia
ſcheiden / das heilige und zornige / da macht der Blitz ein Creuͤtz /
und auffm Creutz wird erbohren das Hertze GOttes / und ſtehet
als ein Hertz im Leibe / oder als ein Wort GOttes des Vatters
in feinem Centro, und machet alfo ein ander Centrum in ſich
felber / denn es gehet im fich ſelber ein / big ins Liecht der Frey⸗
heit des Vatters. :
36. Darumb iſt es GOttes Hertze / dann es iſt die Krafft der
Mayeſtaͤt / und giebet der Mayeſtaͤt Glantz / Krafft und
Herrligkeit. |
37. Aus diefem Worte fpricht der Batter ausfeinen Geiſt /
der gehet aus dem Worte aus indie Sanffimuhtdes Worts /
und führet mit ſich den Glantz der Mayeſtaͤt: denn die Sanfft⸗
muht urſtaͤndet ſich mit dem Blitze / welcher ift das Scheide⸗ ziehl
der zweyen Prineipien,, da. gehet der Grimm über ſich / und
* Sanfftmuht unter ſich / und ſind beide das Weſen der geib-
igkeit.
38. Denn ob gleich der Grimm im Blitze über ſich weichet /
fo wohl auch quericht / fo iſt doch gleichwol das Sincken des Zu:
des in ihme / denn der Blitz ertoͤdtet die harte ſtrenge Macht /
wie man ſtehet daß er die Finſternůß vertreibet / und bleibet doch
in ihme der Stachel der Grimmigkeit / da dan fein Todt geſpuͤ—
ret wird / ſondern Weſenheit / ohne Verſtand / ſo wohl im
Sincken der gefangenen Sanfftmuht im Liecht / iſt auch kein
Verſtand / ſondern Weſenheit / und hat aber die Tinctur wel-
che gruͤnet in der Weſenheit / Das iſt gleich einem Wachſen /
der Verſtand bleibet bloß im Centro auffm Creutz und in der
Dreyzahl.
39. Alſo ſagen wir / der H. Geiſt gehet vom Vatter und
Sohn auß / wo gehet er hin? Indie Weſenheit mit dem Glan⸗
tze der Mayeſtaͤt / darinnen ſtehet die Gottheit offenbahr. Dieſe
Pforte heiſſe ich in allen meinen Schrifften Ternarium Sanctum:
Dann ich verſtehe die Dreyzahl in der Weſenheit / als in der En⸗
gliſchen Welt / da ſie ſich in drey Perſonen hat geoffenbahret.
40. Nun ſagen wir gantz recht / der Sohn iſt des Vatters
Wort / das der Vatter ſpricht: nun fraget das tieffe Gemuͤhte /
wo ſpricht ers hin? Sihe das a ift das Hertze / und fchaller
4 aus
80 Som preyfachen Seben - Caps,
aus den Effentien des PVatters/ und das Herke fprichts im
Munde des Barters/ und im Munde faffetsder H. Geiftdes
Vatters in feinem Centro, und gehet alfo damit aus in die We⸗
fengeit/ da ſtehet es mit dem Glantze der Mapeftätin der We=
ſenheit als eine Jungfraw der Weißheit GOttes in Ternario
Sandto.
42. Diefisaufgefprochene ift ein Bildnüg der H. Dreyzahl /
und eine Jungfraw / aber ohne Wefen / fondern eine Gleichnuͤß
GOttes In dieſer Jungfram eröffnet der heilige Geiſt die groſ⸗
fen Wunder GOttes des Vatters / welche find in feinen verbor=
genen Sicgelen.
42. Mehr eröffnet der H. Geift die auffgefhanen Siegel
des Hergeng GOttes im Glang der Mayeſtaͤt / welche im Liech⸗
te ſtehen / und heiffen die Sieben Geifter GOttes.
43. Alfo ftchet die Vildnuͤß der Weißheit GOttes im We⸗
ſen / unter ſieben brennenden Geiſtern / welche im Liechte GOt⸗
res brennen: denn fie find die Goͤttliche Natur: und hat die ſie—
ben Sternen der verborgenen Siegelen / welche in des Vatters
Zorn in feinem Centro ſtehen / in ſeiner Handt: Denn das Her⸗
Be GOttes iſt Die Macht der Dreyzahl / wie euch die Offenbah⸗
zung Johanns zeuget im x. Capittel.
Die Hoch-thewre Porte dem Menſchen zu
betrachten.
44. D Je Weißheit GOttes iſt eine ewige Jungfraw / nicht
ein Weib / ſondern die Zucht und Reinigkeit ohne
Mackel / und ſtehet als ein Bildnuß GOttes / iſt ein Ebenbild
Der Dreyzahl / fie gebieret nichts / ſondern es ſtehen in ihr die
groſſen Wunder / welche der H. Geiſt erblicket / und das Wort
des Vatters durch die herbe Matricem, als durchs Fiat ſchaffet /
und iſt die Wundersweigheit ohne Zahl: In ihr hat der heilige
Geiſt erblicket die Bildnuͤß der Engel / ſo wohl die Bildnuͤß des
Menſchen / welche das verbum Fiat geſchaffen hat.
45. Sie iſt die groſſe Heimlichteit im Raht GOttes / und
gehet ins ander Prineipium, welche im Urſtandt das erſte iſt /
als im Zorn des Vatters / und eroͤffnet die Wunder / in den ver⸗
borgenen Siegelen oder Geſtalten der Natur im Grimme / und
wird von nichts ergriffen / dann ſie iſt eine Bildnuͤß ohne We⸗
ſen der Gebaͤhrung: Durch ſie hat der H. Geiſt das dritte Prin-
cipium erblicket / welche das Verbum Fiat aus beiden Matricibus,
ans beiden Müttern / der Weſenheit leiblich geſchaffen / en
eſen
ee Te
Cams. des Mienfchen. $r
Weſen er dann ein Zichl im Centro der ſteben Geftalten erblicker
hat / da fie follen ins zcher gehen mit ihrem cörperlichen Weſen /
und aber die beiden Mütter follen in ver Weſenheit / vorder
Jungfrawen der Weißheit / vorder Dreyzahl in der ewigen Fin
gur / zu GOttes Wunderthat und Herzligkeit ſtehen.
46. Darumb ſehet euch umbihr Philofophi, wie GOTT in
fechs Zagen habe dieſe Welt gefchaffen: dann ein jedes Tagwerck
ein Gefchöpffe eines Geiftes in Ternario Santo „ und der fie-
bende Tag ift die Ruhe / der Sabbath) GOttes / indem ſiebenden
Geifte GOttes / da die Jungfraw der Weigheit innen ftehet / da
fein Würden der Aengftlichfeit mehr innen iſt / ſondern Die ewige
Bollenfommenheitder Ruhe. 3
47. Dann die fechs- Geifter muͤſſen außgieſſen ihre Wuͤrckung /
was in ihren Siegelenift / und werden che nicht erfandt / big fie
ihre Schalen ihrer Krafft in dem Principiodiefer Welt haben
aufgegoffen / welches die Menfchen und Ereaturen zun Weſen
und Werde bringen) gleich einem Gebaͤw zu GOttes ewigen
Wunderthat.
48. Und wann diefes vollenderift / fo gehen die verborgenerr
Geiſter GOttes unter den Siegelen wieder ins æther, als in ihr
Centrum , ind gehet an des ftebenden Giegels Zeit in der We⸗
fenheit vor GOTTI und wird vollendet das Geheimnuͤß des
Reiches GOttes / wie die Offenbahrung Jeſu Chriſti bezeuget /
und wir im Ternario Sandto erkandt haben.
49. Dieſe Weißheit GSOttes / welchs iſt eine Jungfraw der
Zierheit und Ebenbild der Dreyzahl / iſt in ihrer Figur eine
Bildnuͤß gleich den Engelen und Menſchen / und nimt ihren
Urſtaͤndt im Centro auffm Creutz / als eine Blume des Ge⸗
waͤchſes aus dem Geiſte GOttes.
50. Dann ſie iſt des Geiſtes Weſenheit / welche der Geiſt
GHttes an ſich führer) als ein Kleidt / mit welchem er ſich offen=
bahret / ſonſt wuͤrde ſeine Geſtalt nicht erkandt / denn ſie iſt des
Geiſtes Leiblichkeit: Und da ſie doch nicht ein coͤrperlich begreiff⸗
lich Weſen iſt / gleich uns Menſchen / aber doch weſentlich und
ſichtig iſt: Und aber der Geiſt nicht weſenthch iſt.
sı. Dann wir Menſchen koͤnnen vom Geiſte GOttes in E⸗
wigkeit nicht mehr ſehen / als den Glantz der Mayeſtaͤt / und feine
herrliche Krafft fuͤhlen wir in uns / denn ſie iſt unſer Leben / und
fuͤhret uns.
52, Aber die Jungftaw erkennen wir an aller Himmliſchen
Rildnuͤß / da fie allen Fruͤchten 2% Leib giebet: Nicht —
D5 3
82 Vom dreyfachen eben Cap.y.
die Leibligkeit der Fruͤchte / ſondern die Zierheit und Schoͤne.
53. Die Leibligkeit gehet aus der Weſenheit / welche nicht iſt
der Geiſt / ſondern eine Ohnmacht gegen dem Geiſte zu achten /
in welchem die Dreyzahl wohnet: und dieſelbe Weſenheit iſt das
Element GOttes / denn es iſt ein Leben darinnen / aber ohne
Er / und fichet darinnen das Paradeiß GOttes / denn
die fieben Beifter GOttes würden darinnen/ umdift alsein
Waͤchſen / und ſtehen hierinnen die groffen Wunder GOttes
nach allen Eflentien inunendlich.
54. Denn eine jede Geftalt der Effentien bringet feine Frucht
herfuͤr / welche durch das Ringen des Rades feine höchfte Zierheit
und Krafft befomt/ und aber mitder Uberwundenheit vergehetz
Dann es iſt alles allhierinnen; gleich wie ein Ringen / da je ei⸗
nes oben und maͤchtig iſt / und dan uͤberwunden wird / und ein
anders auffgehet anderer Eſſentien, iſt ein heiliges Spiel /
Fruͤchte der Engel / eine Erfuͤllung des Willens alles Lebens.
55. Alhier duͤrfften wir abermals eine Engels⸗-zunge / dann
das Gemuͤhte fraget immer wo oder wie? Wann man redet von
der Weite ohne Begrieff ohne Zahl / ſo verſtehet das Gemuͤhte
ammer ein coͤrperlich Ding.
56. Wenn ich redevon der Jungfrawender Weißheit GOt⸗
tes / ſo verſtehe ich nicht ein Ding an einem Ende / gleich wie auch
von der Dreyzahl alſo / ſondern ich verſtehe Die gantze Tieffe der
Gottheit ohne Ende und Zahl:
$7. Aber eine jede Göttliche Creatur / als da find Engel und
Menſchen⸗Seelen / haben die Jungfraw der Weißheit GOttes
gleich ein Bildnuͤß ins Lebens⸗Liecht / verſtehe in der Weſenheit
des Geiſtes / darinnen iſt die Dreyzahl in ſich ſelbſt wohnend.
58. Dann die Dreyzahl begreiffen wir in der Bildnuͤß / als
inder Jungfrawen der Weißheit vor uns ſelber / verſtehe auſſer
unſerer Perſon ſehen wir nur die Mayeſtaͤt der Gottheit: Dann
die Creatur begreifft nicht die Dreyzahl im Augen⸗ſchein / aber
der Geiſt der Seelen / welcher im Goͤttlichen Centro ſtehet / be⸗
greiffts / aber nicht vollfommen.
s9. Dann ein Seelen-Beift ift auseiner Geftaltder Natur)
und kan aber in ihme alle Geftalten der Natur herfür bringen.
Darımb weil nichts gans und vollkommen ift / als nur alleine
die Dreyzahl / foift das ander unterfchieden / wie dann vielerley
Eigenfchafften der Engel find.
60. Alſo ſtehen die Effentien des Centriin GOTT mit den
Engels⸗Geiſtern alle in Wunder / und iſt GOTT a an,
iſchen
Cams: des Menſchen. 83
liſchen Welt in Creatuͤrlicher Geſtalt offenbahr: Dann ſie ſind
alle aus GOttes Weſen.
6x. Wir reden alſo nur vorn den Unterſcheiden der groſſen
under it GOTT. Die Geifter der Engel find nicht aus der
unverftändigen Wefenheiterbohren/ fondern außm Centro der
ficben Geftalte oder Geifterder ewigen Natur / ausjeder Ge⸗
ſtalt ein Thron / und aus dem Thron ſeine Engelund Diener;
Darumb haben fie ein gans Regiment unter Ihnen: Und dars
umb ſeynd ihr mit Lucifer ein gan Negiment gefallen.
62. Und allhie uhrſtaͤndet fich das Königliche und Fürftliche
Regiment diefer Welt / weil es ein eigen Principium hat / fo hat
esalle Formen der Himmel: Ob ſolches die Gleißner der hoher
Geiftligkeit/ wie fie fich nennen (welche ſich uͤber Könige und
Fuͤrſten erheben) nicht glauben wollen / fo ift es doch wahr.
63. Dann die firenge Macht des Principii führetfeine Ord⸗
nung nah Himmlifcher Form. Ob nun wohldie ſtrengen Gei⸗
ffer der verborgenen Siegelhierinnen ihre Schaalen des Zornes
außgieſſen / und der Teuffeleinen groffen Raubhierinnen erlanz
get/ was gehet das die Ordnung an / Haben wir doch Leben und
Todt vor uns / und mögen greiffen zu welchem wir wollen: Wer
wil GOTT befchuldigen ? Es mag ein jeder gehen wo er hin wil:
Weme er fich zum Knechte ergicbet in Gehorſamb / dep Knecht
Pi ei / in deſſen Reich wird er ewig ſeyn / er ſey Fuͤrſt oder
necht.
64. Ob einer gleich ein Oberer und Führer in dieſem Princi-
pioift/ fo hater dach eine Göttliche Gewalt / fonderner ift al-
fo des Principii Statthalter / undift unter den Siegeln / welche
ihr Wunder unter feinem Regiment ans Liecht bringen.
65. Es fißet fo balde ein Fürft des Teufels zu wartten in Ges
horſamb / als ein elender Hirte; Es ift allhie kein Unterſcheid /
als nur das Ambt ſo er traget / das traͤget er GOtte / undnicht
ihme ſelber.
66. Dann in der Fuͤrſten und Koͤnige Hoͤfen werden die Scha⸗
len des Zornes der verborgenen Siegeln oder Geiſter außgegoſ⸗
fen / davon Donner / Blitz und Streitauff Erden komt / welche
allezeit auffblafen mit ihren Poſaunen die Gleißner der groffen
Huren zu Babeljdie auff dem Thiere der Fuͤrſten Macht reuthen
alsein GOTT / vor welchen fich die Fürften hüten follen / wol⸗
len fie aber nicht mit der Hure im Schwefel-Pfuldes Zornes
GHttes gehen / wie in Apocalypſi zuſehen iſt.
D6 Die
.
84 Vom dreyfachen Leben Cap. 5.
Die Porte des Unterſcheids zwiſchen der Weſenheit /
und zwiſchen dem Element / und zwiſchen dem
Paradeiß / und auch des Himmels.
67. ES" jedes Weſen hat feine Geſtalt / der Sefer möchte alſo
in diefen vier Geftalten nur eine verftehen / fo wollen
wir ihme den Iinterfcheid zeigen. Der Himmel ſtehet in der
Matriceder Herbigkeit/ welche inder Sanfftmuht der Waſſer⸗
A heiffet/ / und iſt der auffere Schluß / da fich die Pzincipia
eiden.
68. Die Weſenheit iſt Himmel / und iſt die Krafft oder Leib⸗
ligkeit der ſieben Geiſter GOttes / und heiſſet der Leib GOttes:
Welchen unſere Haͤnde auch nicht koͤnnen greiffen oder faffen /
und iſt doch im Weſen / und vom Geiſte begreifflich / dann es
iſt des Geiſtes Leib / auch unferer Seelen Leib / ſo wir in GOTT
wiedergebohren ſind: dann es iſt Chriſti Leib / den er uns im
Glauben zu eſſen giebt / wie in ſeinem Teſtament zu ſehen iſt:
Und das Element fuͤhret das Principium darinnen / als ein Le⸗
den der Bewegligkeit / welches zwar nicht der Geift GOttes
ſelber iſt aber der Geiſt GOttes hat dig Leben und die Weſen⸗
heit an ſich als einen Leib / under iſt erſt ver Geiſt des Verſtan⸗
des und der Allmacht.
69. Und das Paradeiß iſt das Gruͤnen aus den Eſſentien in
Dem Centro GOttes / das gehet durch alle Geſtaͤlte: Es geher”
durch das Element / und durch die Weſenheit / und auch durch
den Himmel / als ein Gewaͤchſe eines Luſtgartens: Drumb
iſt auch Adam in dieſer Welt im Paradeiß geweſen.
70. O ihr lieben Menſchen⸗Kinder / verſtuͤndet ihr dieſes /
wie ſoltet ihr den Zanck der Sophiſten mit Fuͤſſen tretten: Es
ſtecket viel hierinnen / ſoll euch / ſo viel wir duͤrffen / hernach
gezeiget werden: Mache ſich nur keiner ſelber blind wegen der
Einfalt dieſer Hand / dann Kinder muͤſſen wir werden / wollen
wir ins Himmelreich eingehen / nicht Kluge und Weiſe Welt⸗
Verſtaͤndige: wir muͤſſen aus unſerer eigenen Vernunfft aus⸗
gehen / uno nur in Gehorſamb unſerer ewigen Mutter tretten / ſo
empfahen wir auch der Mutter Geiſt und Leben; alsdann erken⸗
nen wir auch ihre Wohmmg.
71. Kein eigen Witz erlanget die Crone des Geheimnuͤßes
BGOttes: ſie iſt wohl in den Schrifften der Heiligen offenbahr /
aber der Geiſt dieſer Welt ergreifft das nicht: Hierinnen hats
keine Doctores, die genug ſtudiret haben.
72. Es
Caps. des Menfehen. 3;
72. Eshatkeiner eigene Macht in der Tieffe GOttes etwas
zu ergreiffen / und andere folhes zu lehren: ſondern find alle
nur Kinder/ und ABE- Schüler. So wir gleich hoch Davon
chreiben und reden / fo ift doch der Verftand nicht unfer cigen /
! ondern 4 Geiſtes der Mutter/ der redet aus feinen Kindern
was er wil.
73. Er ce en ch in vielen Geſtaͤlten / in einem anderſt
alsim andern: Dann feine Wunder⸗-Weißheit iſt eine Tieffe
ohne Zahl; und duͤrffet euch nichts wundern / daß die Kinder
Gottes nicht einerley Sprache und Wort führen / dann ein
jeder redet aus der Weißheit ver Mutter / welcher Zahl ohne
Grund md Enveift: Aber das Zielmaß ift das Herke GOttes /
fie Lauffen alle dahin / unddasiftdie Probe) da ihr folt erken⸗
nen ob der Geiſt aus GOTT rede/ oder ausdem Teuffel.
74. Damm der Teuffel hat auch feine Matricem „ und darins
nen feine Kinder / die reden auch aus ihrer Mutter Geiſt.
75. Da ſehet an die Sleiäner/ Stoltzen / Ruhmhafften /die
ſich Meiſter / und genugſame Erkenner der Schrifften der Hei⸗
ligen nennen / die da ſagen: Wir haben it den Gcheimnüjfen
der Geſchrifften der Heiligen ſtudiret / ir verſtehen fie genug;
und noch beffer / die da Schlüffe machen; fo wollen wir glaͤu⸗
ben / ſo wollen wirdie Sdrifft verſtehen: und machen daruͤber
ſchwere Saͤtze und Straffe uͤber den / der ihren Saͤtzen / welche
ſie unter Weltlichen Arm bringen / nicht wil anhane gen. Ja
recht / das heiſſet ſich über GOTT erheben in eigener Ehr und
Luſt / wie der Prophet Daniel faget vom gleigneriähen Wie⸗
der⸗Chriſt.
76. Vor denen huͤtet euch ihr Kinder GOttes / fie reden aus
ſich ſelber / und nicht aus dem Geiſte GOttes; ſie haben nicht
den Kinder⸗Geiſt der Demuht in Gehorſamb und Liebe gegen
der Mutter / viel weniger gegen ihre Kinder / die den Kindern
ihr Brod freſſen / und nehren ſich mit Truge: Sie ſeynd die
rechten Mörder und Woͤlffe / welche in ihrer gefaſſeten hoffaͤr⸗
tigen Meinung / Krieg Ind Blut⸗ vergieffen / fo wol alle $a=
fer und Grewel / anrichten: Sie find die groffe ftolge Hure
zu Babel / die in der Fürften Hergenreuthen: Durch jie wird
ausgeg goffen die Schwule des Zornes GOttes / und nennen ſich
doch Schaͤflein Chriſti.
77. O Ihr Woͤlffe / wo habt ihr ewer Kinder-Kleid? Habt
ihr die Geheimnuͤß GOttes wol und genug gelernet / fo ſeyd ihr
trine Kinder um Schüler. Sp — den Wundern der Mut⸗
7 ter
| 86 Dom dreyfachen Leben ans.
ter / inihrer Demuth und Neinigkeit in GOttes Wunverthat/
fo wollen wir euch gläuben : Zichet ewren ftolgen Rock aus und
nehmet uns arme ABE-Schüler auch zu euch in unfer Mutter
Schoß / und lehret uns die Mutter Sprache / folebenwir bey
einander als Brüder.
73. Was foll man abervon euch fagen? der Mutter Geift
deutet / ihr ſeyd die fFolge Hure zu Babel/ reuthend auff dem
Drachen in der Offenbahrung Jeſu Ehrifti/ da iſt dein Spiegel.
Die Porte diefer Welt.
79. CENIE Vernunfft fraget immer: Woraus fennd dan die
Erde und Steine/ fo wohldie Element und das Ge=
flirne erbohren ?Diefes wüften wir inder Vernunfft und Kunft
diefer Welt nicht / Fönten das auch nicht aus der Doctoren
Bücher lernen: Alleine in unſerer lieben Mutter erkennen wirs/
in der Mutter Liecht fehen wirs / aber in diefer Welt waren wir
hierinnen blind / und Fönnens auch von Niemand lernen.
80. Die Schrifftender Heiligen und Kinder GOttes fagen/
GOTT habe diefe Welt duch feine Weißheit gefhaffen durch
den Geift feines Mundes: Iſt recht alfo / wir haben auch keine
andere Erkaͤntnuͤß als daß fi GOTT in feiner Weißheit
hat offenbahret.
81. Diefe Welt ift aber nicht feine Weißheit / fondern fie ift
eine Figur aus feiner Weigheit: Sie hatdie Weisheit GOttes
sticht begreifflich / fondern die ABunderder Weißheit / und ift
dieſe Welt auch nicht anders als eine Gleihrüß der gantzen
Gottheit/ in Liebe und Zorn in und auffer der Natur.
82. Dan fehet an das Radt der Sternen / und denn förders
die fieben Planeten / auch die vier Elementen / Feuer / Lufft /
Waſſer / Erde / fo findet ihr ven Grund/ daß es warhafftig
eine Ausgebuhrt der ewigen Natur ift/ da ſich die Gottheit in
. der Begreifflichfeit hat offenbahret.
83. Denn in der Jungfrawen feiner Weisheit hat der Geift
Gottes erblicket die Gleichnuͤß GOttes / und das Verbum Fiat
hats gefchaffen. /
84. Die Form diefer Weltift in GOttes Natur von Ewig⸗
keit gewefen/ aber unftchtbar / ammaterialifch.
85. So faget die Vernunfft : Was ift GOttes Schaffen
gewefen? Das Wort] Schuff/ hats in feinem eigenen Ber:
ſtande nach der Natur⸗ſprache / fo dur diefelbe Sprache verftchen
wilt / ſo mercke im Sinne / wie ſich ein jedes Wort un:
en
+
Cap. y. des Menſchen. 87
Ken im Munde faffet / was der Mund und die Zunge damit
thut / ehe esder Geift wegftöffet/ wan du diß begreiffeft / fo
verficheftir alles in feinem Namen] warumb ein jedes Ding
alfo yeiffet / (aber ven Begriff der drey Principien muft du ha=
ben zur Natur⸗Sprache) dannihrer find drey die das Wort bil-
den / als Seel / Geift und geib.
86. Es wird in aller Voͤlcker⸗Sprachen alfo erfandt / ein
jedes in der feinen / und cben an dem Orte lieges der ſchwere
Sal Adams / dag wir verlohren haben was wirin der Unſchuld
hatten / aberin der Wiedergebuhrt Jeſu Ehrifti nach dem neu⸗
en inwendigen Menfchen / wieder erlanget haben.
87. Siche mercke ob es wahr fen was ich Dir von der Natur
Sprache fage / verſuche es und dende ihme nah / nicht allein
mit die ſen Worte Schuff / fondern mit allen Worten und
Naınen aller Voͤlcker Sprachen / ein jedes in feinem Verſtan⸗
de: Es iſt dem Menſchen wol nicht gut / Daß er es wilfen muß)
weil er aber iſt aus dem Innern ins Euſſere gangen / und ſtehet
nun im Suchen / ſo muß er wieder ins Innere eingehen / alda
ſchawet er die Geheimnuͤſſe der Schoͤpffung.
88. Wann du ſageſt Schuff / fo faſſet ſich der Geiſt im
Munde / und machet die Zaͤhne zuſammen / und ziſchet durch
die Zaͤhne als ein angezuͤndetes Feuer / das da brennet / und
machet aber die Lippen auff / haͤlt ſie offen / alsdan gehet der
Druck vom Hertzen / da ſchmiegen ſich die obern Zaͤhne in die
untern Lippen / und die Zunge verkreucht ſich / und ſchmieget
ſich in untern Gaumen / und der Geiſt ſtoͤſſet die Sylbe Schuff /
durch die Zaͤhne aus / und das Wort des Unterſcheides / welches
die Sylbe / Schuff / von ſich ſtoſſet / bleibet in ſeinem Sitz im
Hertzen: Es weckt die herbe Mutter in der ſtrengen Macht
nicht auff / daß ſich kein Feuer entzuͤndet. (Das R iſt der
Character dcs Feuer⸗qualles / dann ein jeder Buchſtabe iſt ein
Geiſt / und eine Geſtalt des Centri: wiewohl ſie durch die
Umbwendung und Verwechſelung das Wort veraͤndern / noch
hat ein jeder Buchſtabe einen Urſtand am Centro: aber es iſt
wunderlich / und wird doch im Sinn ergriffen / ſo das Liecht im
Centro ſcheinend iſt.)
89. Siche der Menſch iſt GOttes Gleichnuͤß / dann ſeine
Seecle iſt aus dem Centro auffin Creutz / da ſich das ewige Wort
erbieret vom Geiſte GOttes gefaſſet worden / und in die Bild⸗
nuͤß oder Gleichnuͤß GOttes eingeblaſen: Da hat der Geiſt
alle drey Principia geſaſſet / und ins Corpus bracht: Als — *
| chen
*
88 Vonm dreyfachen Leben Cap. 5.
fehen / wie der Geiſt vom Innern / und darnach vom Euſſern
lebet / als vom Geiſte des Centri, und auch von Geiſte dieſer
Welt / als von der Lufft.
90. Nun gleich wieder Geiſt der Ewigkeit hat alle Ding ge—
Bilder / alfo bildets auch der Menfchen Geiſt in feinem Worte /
denn. es urſtaͤndet fich alles aus feinem Centro : Denn der
menfehliche Geift ift eine Forme/ Geftalt und Gleihnüß der
Dreyzahl der Gottheit: Was GOTT in feiner Natur ift / das
ift der Menfchen Geift in fich felber : Darumb giebt er alle
Dingen Naͤhmen / nach eines jeden Dinges. Geift und Form /
Dan das Innere fpricht aus das Euffere.
91. Gleich wie dieſe Welt ift von Ewigkeit. in GOttes Nas
tur verborgen geweſen / undinder Weißheit geſtanden / und ift
alſe zufagen / anfanglih und enolich vom Worte des Centri
Durch den ausgehenden Geift des Centri ausgefprochen worden /
verfiche aus der Weſenheit der Natur ineimbegreifflich Weſen /
da dieſe Welt als ein Principium eigener Qual und Regiments
erſcheinet: Alfo ift auch der Nahme und Gleichnuͤß GOttes
als dieſe Welt im Menſchen⸗Geiſt verborgen / und der fpricht
fie mit feinem Worte aus / auff eine Ahrt wie fein GOttes Nas
fur vom Geiſte GOttes in die Weisheit geſprochen worden] da
fie dan ift iin Sicchte GOttes gefchen worden.
92. Verſtehe es recht und hoch: Der menfchliche Geift in
feiner drepfachen Geftalt hat alle drey Principia, als GOttes
Reich / Höllen-Reic) / und diefer Welt Neich in ſich / und der
fpricht aus fich felber aus die Dual] Form und Geftalt aller
Weſen / es fey himliſch / irrdiſch oder höllifch / wie es von
Ewigkeit im unſichtbaren Weſen der unfichtbahren Natur / als
eine Figur oder Geift vom Worte GOttes durch den Geift
GOttes ausgeſprochen worden / und ift ohne Weſengeſtanden /
biß zum A und O / und im Aund Din Anfang und Ende:
Alſo auch ſprichts der Menſchen Geiſt aus in Anfang und Ende
ohne Weſen / dann das Weſen iſt einmahl geſchaffen worden in
die Creatur.
93. Alſo verſtehet uns ferner von der Natur⸗Sprache: Wann
wir fprechen: Im Anfang Schuff GOTT Himmel und Erde:
Sp nennen wir alles das/ woraus Himmel und Erde iſt ge>
Bafen worden: Und das verſtehet alleine der Sinn im Liechte
Ottes.
94. Dann gleich wie die Forme der Welt iſt im Liechte GOt⸗
ges geſehen worden vorm Weſen: Alſo ſfiehet ſit der ae 2”
iechte
Cap. >. des Menfchen. 39
Liechte GOttes in der Schöpffung wie fie ift ins Weſen ge>
bracht worden. Denn die Natur ins Menfchen Geiſte / und die
Natur in GOttes Geifte/ nach den drey Principien , ift eines
ai s Der Menschliche Geift ift ein vollkommen Funde
araus,
95. Aber wiffet/ gleich wie die ewige Natur nicht den Glantz
und Machtder Mayeftät in eigener Gewalt hat/ dag fie mag
die Dreyzahl in Ternario Sande ergreiffen / (umd ob gleich die
Dreyzahl im Centro der Natur wohnet) und ift ein Unterſcheid
zwifchen Wen fieben Geftalten der Natur, und der Dreyzahl /
alfo ift auch ein Unterſcheid zwiſchen dem Seelen>geifte der Na⸗
tur / und der Dreyzahl GOttes / daß der Seelen-Geiſt / want
er zuruͤcke indie Naturing Centrum der Grimmigkeit imagini-
ret / die Mayeſtaͤt verleuret undim Grimme über die Mayeftät
ausfähret da erdanals ein verworffener Zeuffelgenant wird.
96. Alfo verfteher der Sinn das Wort / und die Formung
des Worts. Mercke: Wander Drepfache Geift des Menfchen
ſpricht Schuff/ fo mercket der Sinn auff die Form und Ges
buhrt des Worts.
97. Erſtlich faſſet der Geiſt das Wort im Munde / und nicht
im Hertzen / und machet die Zähne zuſammen / und ziſchot durch
die Zaͤhne / als ein angezuͤndetes Feuer / das bedeutet den Be=
griff / denn die Lippen ſperren ſich auff / und dad Ziſchen iſt Feuer /
und daraus die Lufft: Das verſtehet alſo:
98. In GOTT iff die Welt geweſen vor der Zeit / aber
ohne Weſen. Nun hat Lucifer / der Groß-Fürft aufm Centro
der Natur den Grimm und das Feuer erwecket und entzuͤndet /
welcher in der Ewigkeit nie erkant ward-: Dann er wolte in
Seuerssmachtüber GOTT herrfihen ; darumb ward der Feuer⸗
qual ſeine Wohnung.
99. Und verſtehen alhier das ſtrenge Fiat, als die Mutter
der Natur / die Herbigkeit und Härtigkeit : die iſt in ihrer
ſtrengen Macht entzuͤndet worden / und hat im Centro der Na⸗
tur aus den unzahlbaren Eſſentien zuſammen gezogen die We⸗
ſenheit der grimmen Matricis, daraus ſind worden Erde und
Steine / auch Metallen / denn Das Centrum war Sulphur ,
Mercurius und Sal, und war nur ein Geiſt: Aberim ſtrengen
Fiat wards im fErengen grimmigen Anziehen alfohart zu Stei⸗
nen / Metallen und Erden / alles nad) den Eſſentien jeder
Geſtalt.
zoo, Es iſt alles marerialifch worden / was vor den Zeiten in
der
0 Vom preyfachen Sehen ap.s.
der Natur der finftern grimmigen Welenheit nur ein Geftübe
war / das ward allesin dem Anziehen grob / darb und harte /
unddaswolte GOTT alfo particular vor der Mayeftät (auf.
ereatürlich alfo geredt) nicht haben / und ift alfobald im felben
pun& zufammen gefihaffen worden / zu einem eigenen Centro.
101. ind uhrftänden ſich alhier die dreyPrincipia, im Un⸗
terſcheid / welche vorhin nicht erkant waren; dann die waren
in einem Weſen / und wurden nur inder Weißheit mit ıhrem
——— erkant im Liechte vor der Mayeſtaͤt. Verſtehet den
inn recht:
102. Wie der Mund das Wort Schuff / formet / alſo iſt
Die Schöpffung auch geformet worden: Dann die Sippen thun
ſich auff und der Obergaumen mit den Zähnen faffet fich mit
der untern Sippe / und zifchet der Geift durch die Zähne: Das
iſt alfo / wie ich die Lippen / als der euſſere Umbfañg / auffthuns
Alfo hat fich auffgethan die Matrix der Gebährerin / verftche in
der Entündung : Das Zifchen ift das Feuer / und aus dem
Feuer die Lufft / alsein Geift/ der Matrix, welcher jest er=
wecket ward / und zuvor im Centro nicht erfant ward / fondern
alleine in der Weißheit vor der Dreyzahl.
103. Die Lufft iſt nicht der Geiſt der Dreyzahl / ſondern
der erweckte Geiſt aus der Matrix, verſtehe außm Centro der
Natur: Dann der Geiſt der Dreyzahl iſt eine Urſache der Na⸗
rur / und hat in ſich die Weißheit: Dieſer aber iſt ohne Ver»
ſtand / gleich wie die Weſenheit: und wie ſich das Feuer von
der ewigen Freyheit urſtaͤndet / in deme es die Schaͤrffe der
Grimmigkeit bekomt / alſo auch der Lufft-Geiſt vom heiligen
Geiſte / welcher der Natur das Leben und Bewegligkeit giebet:
104. Alſo giebt die Natur wieder den Geiſt / als die Lufft aus
ihren Kräften / verftehe aus der fFummen Weſenheit / und ur-
feänder fich im Feuer. Und dan mercke / wie in dem Worte
Schuff / der Geift den Druck vom Herten ftöffet / welcher das
angezündete Feuer übereilet/ / und gefangen hält; alfo übereilet
der Waffer-quäalldas Feuer / und hälts in fich gefangen.
205. Danndas Waffer urftändet von der Uberwundenheit
und Weſenheit / undift Feuer / Lufft / Waſſer und Erde / alles
aufm Centro der Natur gegangen / undiftvor der Enkündung
alles in einem Weſen gewefen: Aber mit der Ensündung er⸗
kennet man es in vier Geftalten / welche man vier Elementa
heiffet / und find doch noch in einander als eines / und ift auch
nicht mehr als eines. Es find nicht vier Elementa um a a
onde
Cap.5. des Menſchen. 91
ſondern eines: aber cs liegen alle vier Geftälte darinnen vers
bergen / und mit der Entzündung find fie qualificirende wor⸗
den ftehen jest im euffern Weſen / den Ereaturen be-
reifflich
Br Alfo verſtehet uns weiter: Gleich wie fich die untere
Sippe an die öbern Zähne ſtoſt / und der Geift im Munde bleibet/
unddas Wert/ Schuff / durch die Zahnıe ausftoffet / da fich die
Zunge in unfern Gaumen verfreucht / und wil nicht dig QBort
Schuff / bilden / ſondern Läffets den Geiſt durch die Zähne aus:
ſtoſſen: Alſo mercket / hat der Geiſt GOttes die vier Elementa,
als da ſind die vier Geſtalten / ſo da ſind im Weſen erſchienen /
aus Ternario Sancto ausgetrieben in das euſſere / und einen
Schluß darein gemacht / welcher Himmel heiſſet / und bleibet
er der H. Geiſt im Himmel / und laͤſſet den vier Geſtalten ihr
Regiment / da ſie dan als ein Principium eigener Macht er⸗
ſcheinen.
107. Denn die Zunge iſt den Geiſt GOttes bedeutend / und
der Ausgang der vier Elementen / den Geiſt Des Centri / mit
ſamt dem Centro felber.
108. Alfo verfiehen wir im Worte allhierinnen drey Princi-
pia, und da doch im Urkunde nur einesifts Dann wir verfter -
ben mit der Entzuͤndung das Centrum Naturæ am dem Centro
der Erdfugel/ wiein der Matriceder Gebaͤhrerin gar ein ernſt⸗
lich ſtreng Regiment fen / Daraus Erde und Steine find wor⸗
den / und darinnen ftehet ein Principium.
109. Und dan zum andern / verfichen wir ein Regiment der
Sanfftnuht / welches den Grimm überwindet und gefangen
haͤlt als wir am Waſſer⸗Quaͤll ſehen / wie e8 das Feuer ge-
fangen hält / und doch des Fewers Eigenfchafft darinnen blei⸗
bet / mit feinem gansen Regiment aller Geftälte des Dürren
Hungers/ darinnender Abgrund der Höllen im Zorn GOttes
ſtehet. Auch fo verfichen wir ven Schluß zwifchen diefen beyden
Principien ‚derda Himmel heiffet / beides mit dem gefchloffenen
Munde im Worte / und auch im euſſerlichen Weſen / dann der
Geiſt⸗Lufft giebt dem euffern fanfften Waſſer ein Leben / wie er
dan mit dem Drucke vom Hertzen durch die Zaͤhne außgehet im
Worte / daß alſo ein Regiment und Leben im euſſern iſt / und
welches doch vom Innern urkundet / und aber doch das Euſſere
das Innere gefangen haͤlt.
zıo. Und alſo liegen die Geifter der Finſternuͤß im Ab⸗
grunde im Zorn⸗quaͤlle gefangen? und find nichteigen —
ieſer
2 Vom dreyfachen eben Cap. $.
dieſer Welt: Und liegt alhier des Teuffels Liſt in des Fewers⸗
Macht zu Grunde in der Verſinckung.
zıı. Alhier ihr Sucher / ſuchet den Abgrund / darinnen die
Teuffel wohnen in den Elementen / und thut die Augen im Ge⸗
muͤhte auff / und nicht abſentiam in der ferne / wie ihr bißhero ge⸗
than habt: Mercket was diß ſey.
112. Und das dritte Principium verſtehen wir auch im Wor⸗
te / und auch in der Macht des Schaffens / dann die Zunge ſchmeu⸗
get ſich im untern Gaumen / und laͤſſet die zwey Regiment hin⸗
fahren / durch die Zaͤhne auß / und behaͤlt ihr Regiment ohne ei⸗
nige Auffweckung des Hertzens.
113. Alſo verſtehet den Zweck: Das zweyte Principium als
Das Reich GOttes / iſt in beiden Principien, in Mitten; das iſt /
mit der Anzuͤndung nicht erwecket oder entzuͤndet worden / dann
es iſt blieben als es von Ewigkeit war / und iſt darinnen nichts
geaͤndert / weder gemehret noch gemindert worden: Es iſt ihme
in der Schoͤpffung nichts ab⸗noch zugangen: Und daſſelbe hat den
rechten Geiſt der Weißheit und des Verſtaͤndnuͤß / der hat ent⸗
ſchieden das ſtrenge Grimmige / und das Sanffte / und iſt jedem
ſein Leben erwecket worden.
114. Und geben euch diß zum Verſtande / daß es mit dem In⸗
nern und auch euſſern nicht gefangen noch auch eingeſperret iſt:
Es gruͤnet in beyden / dann es iſt dieſer beider Macht.
zı5. In dem Innern gruͤnet es im Zorn⸗eyfer mit groſſen
Wundern und Kraͤfften / da denn alle Geſtaͤlte in der Wuͤrckung
ſtehen / darumb dan in den ſelben Creaturen alle Liſt und Witz
ſtecket / als in Teufſeln / welche alle Wunder in der grimmen
Matrice zum Weſen bringen / wie es die Hiſtorien in der Welt
von den Kindern des Zorns bezeugen: Und in dem euſſern gruͤ⸗
net es durch die Sanfftmuht mit der lebendigen Krafft / welche
vom Hergen GOttes durch den Geiſt GOttes außgehet: Und
daſſelbe grünen heiſſet Paradeiß / und iſt ein Gewaͤchſe in den
Kindern GOttes / da die Seele zugleich mit gruͤnet: Dann in
dieſem grünen waͤchſet der newe Leib der Seelen im Element / in
der Weſenheit fuͤr der Dreyzahl in Ternario Sancto.
1x6. Und geben euch diß im rechten Grunde zu verſtehen / als
wirs dan gewiß erkennen / daß das Paradeiß in dieſer Welt ſey /
und auch auſſer dieſer Welt / und daß GOTT in dieſer Welt
wohne / und iſt uͤberall / und ſcheidets nur die Quall.
117. Denn die Engliſche Welt iſt im Paradeis offenbahr / a⸗
ber fie wird nicht ergriffen / als nur in paradeiſiſcher Quahl / ale
Cups. des Menfchen. 9%
zum Element / und nicht im Außgang / im Regiment der vier E⸗
lementen.
x18, Dan die vier Elementen halten inne ein ander Princi-
pium anderer Quahl / auch eines andern Sicchtesals die Sonne:
aber im reinen Element ind die Weſen diefer Weltnur als eine
Figur /welche unbegreifilich ift : Da find die vier Unterſcheide in
einem / und macht keine Finſternuͤß: Allda erſcheinet die Frey⸗
heit GOttes auſſer der Natur im Glantze der Mayeſtaͤt: Aber in
den vier Außgebuhrten iſt eine Finſternuͤß / denn die Weſen ſind
dicke und faßlich.
119. Denn der Himmel / welcher ein Unterſcheid zwiſchen
GOttes Reich und diefer Welt Reich ift / verift ein Firmament
mit allen Geſtalten der geiblichkeit / und ift die Decke in unſern
Augen: Dann wir haben Firmamentiſche Augen / darumb ſehen
wir nicht GOttes Reich.
120. Und das iſt der ſchwere Fall Adams / daß ſeine Augen
und Geiſt in das Euſſere / in die vier Element eingiengen / in die
Begreiffligkeit / als in Todt / da waren ſie an GOttes Reich blind.
121. Denn das Euſſere in den vier Außggeburten außm Ele⸗
ment / als das Weſen der vier Elementen / iſt anfaͤnglich und end⸗
lich / iſt zerbrechlich; drumb alles was darinnen lebet / muß zerbre⸗
chen / dan das Principium der euſſern Welt vergehet wieder: Dan
es hat ein Ziehl / dag es wieder ins æther gehet / und die vier Ele-
menta wieder in eines: Alsdan iſt Gott offenbahr / und gruͤnet die
Krafft GOttes als ein Paradeiß wieder in dem ewigen Element.
122. Da kommen die Weſen der Vielheit wieder in eines / a⸗
ber die Figur von allem Weſen bleibet ſtehen / in dem einigen
Element.
123. Dan darumb find alle Ding zum coͤrperlichen Weſen
kommen zu GOttes Wunderthat / dag ſie ewig von den Creatu⸗
ren / als Engel und Menſchen geſehen wuͤrden / welche vor den
Zeiten der Welt nur in der Weißheit in GOTT offenbahr wa⸗
ser / und nun in der Weſenheit vor GOTZ ſtehen werden.
124. Ihr lieben Kinder GOttes in Chriſto / thut ewere Augen
des Gemuͤhtes auff / erhebet ewren Sinn auß dieſer Welt ins
Element fuͤ GOTT: Euch ſoll allhie recht die Schoͤpffung ge-
zeiget werden: Lafſſet euch keinen Spiegel-fechter und Sophiſten
narren. N
225. Denn das Paradeiß / da der Heiligen Kinder Seelen
einfahren./ warn der Leib gerbricht/ iſt auff der Stelle / da der Leib
zerbriht: Es iſt auch in der Erden: Es ift in allen vier Elemen=
ten / nicht zertheilet / fondern gang überall. 126. Denn
4 Bompreyfachen Shen Kup. F:
126. Dem in dem reinen Element / darauf die vier Ele-
menta aufgehen/ ift das Paradeig 5 es ift ein Grünen aus
der Wefenpeit vor GOTT / fein Leben und Verſtand ift der
Heilige Geift der Dreyzahl GOttes / fein Liecht ift der Glan
der Mapeftatder Dreyzahl: Es ift nur umb das Euffere zuthun:
Wanndievier Elementa am Menfchen zerbrechen / fo ift die
Seele ſchon im Paradeiß / oder im Abgrumde des Centriinder
finftern Marrice : Alles nach deme / worinnen die Seele in diefer
zeit auff Erden gewachfen ift.
127. Hatfteihreimagination in GOTT gefeget/ foift fie im
Paradeiß gewachſen /und hat fie nur der geſchwulle finftere Leib
diefer Zeit verdecket.
123. Iſt fie aber im grimmen Zorne gewachfen / in Falfcheit/
in Hochmuht /über das Paradeiß aufzufliegen / fo fliegt fie in
Hochmuhtinder grimmen Matrice über das Paradeiß auß / und
kan nicht indie Sanfftmuht hinein: Da iftfieinder Hölle bey
pen folgen Teuffeln.
129. Dann nach diefem Leben iſt kein Wiedergebaͤhren mehr:
Dann die vier Elemenra mit dem euſſern Principio find weg / dar⸗
innen die Gebaͤhrerin im Wuͤrcken und Schafn ftund : Sie hat
nichts mehr zu gewarten nach diefer Zeit / als wanam Ende dies
fer Welt diefes Principium wird ins ziher gehen / daß die Weſen⸗
heit / ſo von Ewigkeitgewefen ift / wird wieder frey feyn / daß
fie wird wieder einen Leib auß ihrer eigenen Mutterihrer Quayl”
bekommen: Da dan alle ihre Wercke werden inihre Mutter für
ihr erfcheinen.
130. Dann der Juͤngſte Tagift anders nichts als das Einge⸗
fchlaffene wieder erwecken / und den Todt zerbrechen / welcher
in den vier Elementen iſt: Dann die Decke mug weg / und muß
alles wider grünen und leben / was aus dem ewigen gebohren ift.
132. Was aber auf dem Tode / als auß den vier Elementen /
gebohren iſt / alß da ift das Viche und alles Leben der vier Ele=
menten / das befomt keinen Leib mehr / auch fo ift fein Geift nur
in den vier Elementen gebohren / der zerbricht mit den vier Ele=
menten auch / und bleibet nur die Figur von dem Elementifchen
Weſen / als von den vier Außgebuhrten.
232. Aber was auf dem Eigen ift/ auß dem ewigen Lebens
Centro ‚das ift und bleibet ewig : Auch alle Worte und Wercke /
fo auß dem Ewigen find erbohren worden / bleiben im Weſen der
Figur: Dann ewig im Geiſte undKrafft können fie nicht bleiben/
denn cin Wort des Geiſtes ift nicht von Ewigkeit ——
vn⸗
Sap.s. des Menſchen. 9%
ondern hat fich im euffern Principio geurftändet.
233. Drumb wird ein jeder Geift Fremde und $eid in feinem
Werde und Worte in der Ewigkeit haben / alles nach deme er an
inem Orte iftin einer Quall: Dann wann lich der Geiſt wird bes
encken feiner Quahl/ warumb er andiefem Orte iſt / fo fteigee
ie Quahl feiner Wercke und Worte in ihme auff / und gibtihme
Frewde und Leyd / nach deme er an einem Orte und Quahlift/
in jeder in dem ſeinem.
134. Aber dieſes wiſſet / daß der Newgebohrnen in Chriſto
hre Sünde und boͤſe Wercke und Worte / auf den Todt Chriſti /
darein die Kinder Chriſti auß ihren Suͤnden ſeind wieder einge⸗
gangen / werden außgruͤnen / und eine andere Quall empfangen
yaben werden / in welchem Anſchawen und Betrachten der Geiſt
in Lobgeſang zu GOttes Danckſagung und Wunderthat machen
wird / wie Eſaias ſagt: Ob ewere Suͤnde Blutroht waͤren / ſo ihr
umbkehret / ſollen fie Schneeweiß als Wolle werden: Und wiſſet /
daß ſie doch in jenem Leben erſcheinen wird in der Figur / aber in
anderer Quahl: das mercket ihr Kinder GOttes / dann es ſtecket
viel hierinnen.
135. Auß dieſem Grunde wiſſen wir / daß Adam in feiner Un⸗
ſchuld vor feinem Schlaffe / welcher den Todt andeutet / als er
hatte in Geiſt der vier Elementen imaginicet, iſt in dieſer Welt
im Paradeiß geweſen; Solte aber wol billig ſagen / nicht in die⸗
ſer Welt: Er war in dieſer Welt auff dem Erdbodem / aber in
Paradeiſiſcher Quahl im Regiment des Elements / und nicht in
den vier Elementen.
136. Als er aber in die vier Elementen eingieng / ſo gieng er
in Todt / und ward fein Leib als ein Thier: Da ward die Erde
verfluchet vom Herren / daß ſie nicht mehr Paradeiſtſche Fruͤchte
trug. Denn Adam ward ausgetrieben in das aͤuſſer Principium:
Da muſte er Irrdiſche Frucht eſſen und die Wunder des auffern
Principii eröffnen: und wardalsbald Irrdiſch.
137. Dann ſein Leib war vonder Erden/ undausder Erden
gefchaffen / aber er war nicht Erden : dann er war aus der Ma-
trice, auseiner Mafla, verfiche ausder Wefenheit / daraus die
Erde urkundlich war erbogren worden / gefchaffen : Das reine
Elementift auch in der Erden/ fo wohl das Paradeiß / und macht
nur die Quaal die Veraͤnderung / in welcher das Liecht GOttes
verhalten wird.
138. Adam wolte ſeyn wie GOTT in allen dreyen Principien,
und die Schlange beredet auch dig die Reyam: fo ſie von der Er—
den
—* Vom dreyfachen Leben ap.
den Frucht aͤße / ſo wuͤrde ſie Boͤſes und Gutes erkennen: Ja
mwehlböfesgenug/ / Kummer / Jammer und Elende im Tode der
vier Elementen.
139. Darumb weil die vier Elemente muͤſſen zerbrechen / fo
iſt auch die Verweſung im Cörper des Menfchen / und die See⸗
le/welche aus dem Ewigen ift genommen worden/bleibet im Ewi⸗
gen. Und darumb mufte wieder ein Himmliſcher Cörper fome -
men aus dem reinen Element/ auß der Wefenheit vor GOTT /
ausder Erden Matrice, wieder erfte Cörper war in Adam / und
muſte unfere Menfchliche Seele in fich nehmen / und in Todt ge=
hen / und uns aus dem Todte am Creuße wieder ins Element/
in die ABefenheit vor GOTT / in Ternarium Sanctum einfüh=
zer: Denn die Seele Adams iſt auffm Greuß / im ewigen Cen-
tro , wo fich das Hertze GOttes von Ewigkeit uhrſtaͤndet / ge=
nommen / und ins gefchaffene Corpus Adams vom Geifte GOt⸗
tes eingeblafen worden. Darumb muſte GOttes Hertze Menſch
werden.
140. Und wie Adam war ins Irrdiſche Creutz eingegangen /
in Todt der vier Elementen / alſo muſte der newe Adam Chriſtus
ſich ans Irrdiſche Creutz laſſen Hängen / und im Irrdiſchen Ele⸗
mentiſchen Todt eingehen: Dann der Todt ſtecket nicht alleine
in der Erden / ſondern auch in der Lufft: Und Adam begehrte
auch mit ſeiner Imagination nicht in die Erden / ſondern in die
Lufft / ihn luͤſterte nach dem Geiſte des Principii dieſer Welt / und
das fieng ihn auch: Alſo fiel er auch indie Erde.
141. Dann die vier Elementa find alle in einander / und ihr
Grimd darauff fie ftchen / ifi das Gewer des grimmen Zor—
13 GOttes / darinnen die Teuffel wohnen / wie oben ges
meldet.
142. Alfo mufte der newe Adam Chriftus in Abgrund der
vier Elementen / als ins Höllifche Fewer des Grimmes / und
durch die Hölle des Grimmes durch den Todt durchgehen / und
die Menfhliche Seele wieder ins Paradeis GOttes einführen.
143. Und darumb wurde ver newe Adam Chriſtus / viergig
Zage in der Wuͤſten verfuchet/ ob er Eönte in Parapeififcher
Quall befichen / dag er alleine affe von Paradeiſiſcher Frucht)
welche mächfet in der Auall/ aus den Effentien des Geiſtes
GOttes: Daafervierkig Tage vom Verbo Domini ‚und nichts
von den vier Elementen.
144. Dann er frug auch zugleich das Irrdiſche Bilde/ da
muſt das meme Himmliſche das Zradifche überwinden / = *
eele
J
Sans 7 Des Menfchen. - 97
Seele muſte wieder in den newen himmliſchen Leib eingehen /
daß ihr der irrdiſcht nur anhienge.
145. Alſo war Adam im Anfange auch geſchaffen: Er ſolte
vom Paradeiß eſſen: Dieſelbe Quaal folte über die Irrdiſche
herrſchen; Ob er gleich in den vier Elementen war / ſolte er doch
in dem reinen Element leben / ſo waͤre er ewig blieben wanız
gleich das aͤuſſere Principium waͤre zerbrochen worden / ſo waͤre
er blieben.
146. Denn er war im Paradeiß / und nicht in den vier Ele—
menten; da er da hinein gieng / fo gieng erin Todt / und der
Zorn GOttes im Abgrund nam die Seele gefangen/welche Chria
flus wieder heraus führete.
147. D Ihr Mienfchen Kinder / merdet was euch
geoffenbahret wird / haltets nicht vor eine Fabel oder
Hiftoria: Es ift in Ternario Santo erfandt worden}
in dem auffgethanen Siegel der fieben Geitalten ing
Centro : und wiſſet was es iſt.
148. Ench wird hierunter oder hiermitte die endliche
Zerbrechung des äuffern Principii angekuͤndiget / ſchmuͤ⸗
cket ewre Sampen/ der Brantigam ift gerüfter/ feine
Pofaune ſchallet | der fiebende Engel auff vem Thron
des Himmels pofaunet: Die Geheimnüß des Reiches
GOttes werden in Zeit feines Pofaunens vollendet |
und ist fürbaf Feine Zeit mehr in den vier Elementen:
fondern es gehet an die ewige Zeit im Element im Le⸗
ben GOttes und auch die Zeitdes Abgrundes.
149. Gehet aus von dem Sprechen in Babel: Dann wir re⸗
den in Jeruſalem alle nur eine Sprache: Babel brennet im Fe⸗
wer / Amen.
Das 6. Capittel.
Die andere Porte der Welt / und auch des Paradei⸗
fes / hoch zu betrachten.
I. 9 Ir haben such droben gezeiget den Grun®
der Natur⸗ſprache / wie Adam hat allen Din
gen Rahmen gegeben / und worauf GOTT
zu Adam hat geredet / als aus dem Leben der
Gebuhrt/wie wir noch heute reden) fo wir uns
nun derfelben entlinnen / fo finden 23 allen Grund im wen
ms
iA
98 Vom dreyfachen Leben Sa '
mel und in dieſer Welt / und fehen das mit irzdifchen Teiblichen
Augen genug / dag es wahr ſey: Wir duͤrſfen kein ander Zeugs
nüß als das groffe Buch / Himmels und der Erden / Sternen
und Elementen / mit. der Sonnen / da wir dandie Gleihnüß
der Gottheit genug erkennen/ und noch vielhundert mahl mehr
in uns felber / fo wir uns felber kennen und betrachten.
2. Dan der Geift giebt jedem Dinge Nahmen / wie esinder
Gebuhrt in fich felber ſtehet / und wie es fich im Anfange hat ges
formetinder Schöpfung: alfo formbts auch unfer Mundt ; wie
es ift aus dem ewigen Wefen außgebohren worden / und zum
Wefen Eommen ; alfo gehet auch das menfchliche Wort aus dem
Centro des Geiſtes in Form / Quaal und Geftalt herfür / und
iſt nichts anders / als machte der Geiſt ein folch Weſen wie die
Schöpffung ift/ wan er die Geftalten der Schöpffung auß⸗
ſpricht.
3. Denn er formet das Wort des Nahmens eines Dinges im
Munde / wie das Ding in der Schoͤpfung iſt worden: Und
daran erkennen wir / daß wir GHttes Kinder / und aus GOTT
gebohren ſind.
4. Denn wie GOTT von Ewigkeit hat das Weſen dieſer
Welt in feinem Worte gehabt / welches er immer in die Weiß⸗
heit hat gefprochen ; alfohaben wirs auch in unſerm Worte / und
fprechen es in die ABunder feiner Weißheit.
5. Dan GO TT ift felber das Wefen aller Weſen / und“
Bi find als Götter in Ihme / Durch welche Er fich offen⸗
bahret.
6. Ihr fehetdag ein Vieh nichts ausfprechen kan / das man⸗
gelt / daß es nicht aus dem Ewigen ift/ als der Menſch; Es
plecket und kirret als die Geſtalt in der Auggebuhrt der vier Ele⸗
menten ift/ und hat auch feinen höhern Geiſt / als die Elemen⸗
ten find : wiewohl ihre fliegende Sinnen aus dem Geſtirne feind/
welche doch ſtumme / und ohne Begriff des Weſens find.
7. So wollen wir nun den Grunddes Himmels/ Sternen
und Elementen im Grunde fürftellen/ dag ihr doch ſehet mas
himmliſch oder irzdifch iſt: Was vergänglich umd tödtlich /
und was ewig sd leiblich iſt: Zu welchem Ende wir auch diefes
Buch zu fihreiben vor uns haben genommen: Nicht zur umferm
Ruhin unferer hohen Erkaͤndtnuͤß / welche in GOTT IE / ung
sans in diefer Welt nichts nuͤtzet / fondern aus Liebe in Chriſto /
als ein Knecht und Diener Ehrifti zu fuchen das verlohrne
Schaͤflein vom Haufe Iſrael GOttes: Danıı der ver hat
eides
Erd des Menſchen. oe
beides das Wollen und das Thun in feinen Händen: Wir ver-
mögen nichtss auch verſtehet unfer irzdifche Vernunffl nichts:
Wir findergeben inder Mutter Schog/ und thun alſo / wie ung
Die Mutter zeiget / von keinem andern wiſſen wir nichts.
8. Wir ſind nicht damit ausder Weisheit diefer Welt erboh⸗
ren / verftchen die auch nicht ; fondern was uns gegeben wird /
das geben wir wieder / und haben ferner hierinnen Feinen andern
gefchöpfften Willen) wiſſen auch nicht genug/ zu waßerley Ende /
ohne was unsder Geift zeiget / welches wir auch fegen : Arbei=
ten alfo in unſerm Weinberge / darein uns der Hanssvatter ge⸗
feget hat / verhoffen der lieblichen Trauben-auch zu genieffen /
welche wir dann gar offte empfahen aus dem Paradeig Gottes.
9. Wollen doch alfo reden als vor vielen / und meinen doch J
wir fchreiben vor unsfelber / welches allesin GOTT verborgen
ift: Denn der fewrige Trieb wil esalfohaben / als wann wir
aus vielen redeten / und auch vor vielen / da ich dan nichts
von reif.
zo. Darumb obs kaͤme daß es gelefen würde /folls Niemand
vor ein Werder äuffern Vernunfft achten / dan esift aus dem
ännern verborgenen Menfchen gemacht worden ; dene nach hat
diefe Hand gefchrieben / ohne jemands anfehen.
z1. Vermahnen demnach dem Leſer / er wolle in fich felber ges
hen / und ſich indem inmwendigen Menfchen beſchawen / fo wer⸗
den wir ihmegarfüffe und lieb feyn / fagen wir ohne Schers in
ganzem Trewen. .
12. So wir ng indiefer Erfäntnüß recht entſinnen / ſo ſe⸗
hen wir klar / daß wir gleich wie eingeſperret ſind biß daher ge⸗
fuͤhret worden / und eben von den Klugen dieſer Welt / die haben
uns in ihrer Vernunfft⸗kunſt geſperret gehabt / daß wir haben
muͤſſen mit ihren Augen ſehen / beides inPhilofophia und Theolo-
gia: Und mag diefer Geiſt / welcher uns alſo länge hat geſan⸗
gen geführet/ wohl billich der Antichriſt heiſſen. Ich finde im
Liechte der Natur keinen andern Nahmen / da ich ihn koͤnte mit
nennen / als den Antichrift in Babel, Mercket nur fleißig dar⸗
auff / ihr werdet ihn fehen reuthen; er folleuch recht gezeiget wer⸗
den / ihr duͤrffet keine Brillendarzu / auch Feiner Academia. Er
reuthet uͤber die ganze Weltinallen Schlöffern / Stätten und
Dörffern / über Leib und Seele; darumb heiffet ung der Engelin
der Dffenbahrung von ihme aufgehen: Erift fo hoffärtig / daß
er über Himmel und Erden reuthet/ ja über die Gottheit: Erift
ein König/ reuthend über dag Principiumdiefer Welt / und über
die Hölle, E 13.209
100 Vom dreyfachen chen Cap.6
13. Wo wiltu dan hinreuthen / du ſtoltze Fraw ? wan diß
Principium zerbricht / fo biſtu auſſer GOTT bey allen Teuffeln /
Warumb bleibeftu nicht hinnen bey den Kindern.
14. O Adam wärejtu nicht auff das ftolge Thier geſeſſen!waͤ⸗
reftu bey den Kindern GOttes im Paradeiß blieben ! was hilffe
dich dag du in einem fremden Principio reutheft über GOTT ?
waͤreſtu nicht befferin GOTT? was ift dir der Wit der Ster⸗
nen nuͤtze / das du alfo alscin eigener GOTT in Hoffart reu⸗
theſt ? Reutheſtu doch nur in Todt / wer wil dich herauß führen /
fo du sticht von deinem Thier abſitzeſt / Iſt doch Niemand weder
im Himmel noch indiefer Welt der dich mag herauf führen / als
nur ein demuͤtiges Jeinfältiges / erwuͤrgetes Lamb / daß nicht die
Witz dieſer Welt traͤget / wie wiltu heraus fommen / ſo du auff
einem Drachen reutheſt? Das Lamb fleucht vor deinem Thier ?
Es fuͤhret dich nicht herauß auff ſeine Weyde.
15. So du abſitzeſt / und deinen Glantz außzeuchſt / und in
Kinder Geſtalt zu dem Lamme geheſt / ſo faͤheſtu es / und es ge⸗
het gerne mit dir / ſo du mit ihme kindiſch ſpieleſt in Einfalt /
du magſt nicht auff ihme reuthen: So du aber uͤber daſſelbe her⸗
reutheſt / fo fleucht es vor dir / und findeſt nicht feine Weyde / und
magft auch nicht vom Thiere abſttzen / es laͤſſet dich nicht / es haͤlt
dich / du hoͤreſt denn des Lammes Geſchrey / vor welchem das
Thier erſchrickt und zu Boden fallet / dann magſtu fliehen: Ver⸗
ſteheſtu diß nicht / ſo biſtu warlich vom Thier gehalten / und reu⸗
theſt in Babel / in der Verwirrung.
16. Mein liebes ſuchendes und hungeriges Gemuͤthe / der du
gerne des Thieres los waͤreſt / betrachte was wir dir alhier wer⸗
den zeigen: wir wollen nicht Hoͤrner auffſetzen / und dich mit
dem Drachen in Abgrund werffen: Nur ſteige ab / und neige dei⸗
ne Ohren zur Stimme des Lammes: Gehe aus deinem außwen⸗
digen Menſchen in den inwendigen / ſo kommeſtu in dein recht
Batterfandtins Paradeiß.
17. Viel ſchwere Dinge haben die begierige Sucher erfunden
und herfuͤr gebracht / und immer vermeinet das Perlein zu fin⸗
den von der Schoͤpffung dieſer Welt: und waͤre gar viel naͤher
gefunden worden / alleine die Zeit des ſiebenden Engels war noch
nichtda: Die ſechs Engel muſten von erſt poſaunen / und ihre
Schalen außgieſſen.
18. Darumb ſoll Niemand den andern ſchmaͤhen / denn er
weiß nicht unter welcher Stimme cin jeder geweſen iſt: Es iſt
nur das geſchehen / was geſchehen ſoll.
19. ES
End des Menſchen. 1er
19. Es ift aber einem jeden frey geftanden von Siegel auß⸗
zugeben; dan vom Auffgange big zum Niedergange hat gefchie>
nen die Sonneder Gerechtigkeit hat fich jemand in die Finſter⸗
nuͤß vertieffet / deffen ift GOTT feine Schuld / GOttes Gefege
iſt in unfere Hergen gefchrieben / und auch der. Weeg zum Leben.
20. &$ liegt an Niemands Waͤhnen oder Wiſſen / auch au
feiner hiftorifchen Meynunge / fonvern am Wohl⸗wollen / und
am Wohl-thun.
21, Der Wille führet uns gu GOTT / und auch zum Teuffel:
Es liget nicht daran / ob du cinen Chriften Nahmen habeft/ es
ſtecket keine Seeligkeit darinnen: Ein Heyde und Zürdke iſt
GOTT fo nahe / als du unter Chriſti Nahmen. So du aber ci>
nen falſchen un⸗Goͤttlichen Willen in ver That fuͤhreſt / fo Biftır
fo wohl auffer GOTT alsein Heyde / der GOttes nicht begeh⸗
rer / und den nicht wil. Und ſo ein Türke G OT Tfichet / und
das mit Ernft/ und ob erin Blindheit wandelt / fo iſt er doch
unter dem Kinder-hauffen / welche unverftändig feind: und er⸗
reichet GOTT mitden Kindern / welche nicht wiffen was fie re⸗
den: denn es lieget am Willen / und nicht am Wiſſen / wir find
alle blind an GOTT. :
22. Sp wir aber unfern ernſtlichen Willen im GOTT ſetzen /
und den begehren / ſo empfahen wir ihn in unſerm Willen alſo daß
wir ihme in unſerem Willen gebohren werden: denn durch den
Willen iſt dieſe Welt gemacht worden / und im Willen ſtehet
unſer Leben / auch alle unſer Thun.
23. Oder meineftu wir reden ohne Erkaͤntnuͤß / oder alleine?
Mein! das Buch der Offenbahrung Jeſu Chriſti zeiget ung / daß
der innere Chor aus dem Tempel ſoll heraus geworffen / und den
Heyden gegeben werden / die den Nehmen Chriſti nicht kennen/
aber mit Ernſt in GOTTeindringen; da ſie dan unwiſſentlich
zu ihme kommen.
24. Und das iſt es daß Eſaias ſagt: Ach kin funden worden
von denen die nach mir nicht fragten / und mich nicht ſucheten / tc
Dann mein Rahme HERR / iſt ihnen nicht offenbahr /2c. Al»
ſo find fie nicht Kinder nach dem Nahmen / fondern nach dent
Willen.
25. Wann aber der Treiber hingehet an feinen Ort / fo leben
wir bey einander als Kinder bey unſerm Batter Adam in Chri⸗
ſto / aus deffen enden / Leben und Beift wir alle gezeuget / und
durch Chriſtum zum Leben gebohren find.
26. Oder ruͤhmeſtu EN du ſeyſt Chriſt oder Si
3 6%
&;
102 Vom dreyfachen Seben Cap.6.
de? Ja ſihe / wandele auch darinnen / oder du biſt ein Heide im
Willen und Wercken: Der den Willen ſeines Herren weis / und
den nicht thut / ſoll viel Streiche leiden.
27. Oder weiſtu nicht was Chriſtus redet non zweyen Soͤh⸗
nen / da der Vatter ſaget zu dem einen / gebe hin / und thue das /
und er ſprach ja / und der ander ſprach nein / und der erſte gieng
hin / und thaͤts nicht / der ander aber / der nein ſagete / gieng
hin und that es: der erfuͤllete ja des Vatters Willen / und der
erſte der unter dem Nahmen des Gehorſambs war / thaͤt es
nicht.
28. Alfo find wir alle gegen einander: Wir haben Chriftt
Nahmen / find in feinem Bunde: Wir haben jagefaget / wel⸗
che es aber nicht thun / die ſeind unnuͤtze Knechte / und leben auſ⸗
fer des Vatters Willen. So aber die Tuͤrcken des Vatters
Willen thun / welche zu Ehrifto fagen/ nein / und kennen ihn
aber nicht / desgleichen auch die Juden / wer iſt nun der Richter)
der fie aus des Vatters Willen reiffer ? Iſt nicht der Sohn des
Baͤtters Herge: So fieden Vatter ehren / fo ergreiffen fie auch
fein Herge / dann auffer feinem Hertzen ift fein GOTT.
29. Oder meineftir ich beftättige ihre Blindheit / daß fie ſollen
alſo fahren? Nein / ich zeige dir Deine Blindheit / der du Chris
Fi Namen führeft) der du richteſt andere / und thuſt eben das
mas du richteft / und führeft GSttes Urtheil wiſſentlich über
Dich / derda fprach : Siebet ewre Feinde / und thut woldenen die
euch verfolgen s Der Ichret euch nicht richten noch. ſchinaͤhen/
fondern den fanfftmütigen Weeg. Ihr follet ein Sicht der Welt
feyn / daß die Heyden an ewren Wercken ſehen daß ihr GOttes
Kinder feyd. N
30. Wenn wir uns nach dem rechten Menfchen entſinnen /
welcher die rechte Gleihnüg und Bildnuͤß GOttes iſt / fo finden
wir GOTT in uns / und uns aber quffer GOTT. Und lieget
nun an deme / daß wir wieder in ums felber in GOTT eingehen?
inunferen verborgenen Menſchen.
312. So wir dan unfern Willen in rechter ernfter Einfalt in
GOTT fegen/ fo gehen wir mit Chriſto ang diefer Welt / aus
den Sternenumd Elementenin GOTT ei.
32. Dann im Willen der Bernunfft find wirder Sternen
und Elementen Kinder/ und herrſchet der Geift dDiefer Welt über
uns: So wir aber auß dieſer Welt Willen außgehen / in den
Willen zu GOTT / fo herzfchet der Geift GOttes in uns / und
beſtaͤtiget uns zufeinen Kindern: Auch fo wirdder Ba das
Arge
Sp des Menſchen. 103
Paradeiſiſche Kraͤntzlein auffgeſetzet / da ſie dan ein unverſtaͤn⸗
diges Kind wird in dieſer Welt / denn fie verleuret den Meiſter
dieſer Welt / der ſie zuvor in der Vernunfft fuͤhrete.
33. O Menſch bedencke wer dich leiter und fuͤhret: Dann
Ewig ohne Ende iſt lang: zeitliche Ehr und Gut iſt vor GOTT
nur Koth: Es faͤllet alles mit dir ins Grab / und wird zu nichts:
Aber in GOttes Willen ſeyn / iſt ewig Reichthumb und Ehre:
Da iſt keine Sorge mehr / unſere Mutter forget vor uns / in de—
rer Schos wir leben / als die Kinder.
34. Deine zeitliche Ehre iſt dein Fall⸗ſtrick / und dein Elendt
in Goͤttlicher Hoffnung / iſt dein Roſengarten. Gedult iſt ein
edel Kraut; O wie wirſtu ſo ſchoͤn gekroͤnet / was iſt ſchoͤner als
die Sonne ? und du wirft ſchoͤner / du kriegeſt ein Kraͤntzlein im
Ternario Sancto.
35. Oder meineſtu abermahlwir reden hiſtoriſch? Nein/wie
reden lebendig in eigener Erkaͤndnuͤß / nicht im Waͤhnen aus ans
derm Munde / ſondern aus unſerm: Wir ſehen mit eigenen
Augen / nicht ruͤhmen wir uns deß / dann die Gewalt iſt der
Mutter.
36. Alleine wir vermahnen euch / daß ihr eingehet in der Mut⸗
ter Schos / und lernet auch mit ewren Augen ſehen. Alldieweil
ihr euch laſſet wiegen / und begehret frembder Augen / ſo ſeyd ihr⸗
blind: So ihr aber von der Wiegen auffſtehet / und gehet zur
Mutter / ſo ſehet ihr die Mutter / und alle ihre Kinder: O wie
gut iſt es ſehen mit ſeinen Augen?
37. Ein Blinder der das Liecht der Welt nicht ſtehet / wird
geachtet als ein Schlaffender der da traͤumet / denn er hoͤret wohl
von dem Schmuck der Welt / aber er erkennet das nicht: Er
hats aus dem Gehoͤr / und dencket doch offte ein Ding ſey beſſer
oder ärger / darumb daß ers nicht ſiehet / bildet ers ihm ein nach
der Sage; der aber felber das Liecht ſtehet / der ſaget von der
Warheit / dan er begreift das Weſen.
38. Alſo ſage ich / find wir im aͤuſſern Menſchen alle ſchlaf⸗
fend / liegen in der Wiegen / und laſſen uns die Vernunfft wie⸗
gen: ſehen mit den Augen der Gleißnerey unſerer Heuchler /
welche uns Schellen und Klingelen vor die Ohren hangen / daß
wir nur ſchlaffen / und mit ihren Klingelen ſpielen / daß ſie alſo
Herr im Hauſe bleiben.
39. D blinde Bernunfft! ſtehe auff vonder Wiegen / biſtu
doch ein Kind der Mutter / und ein Erbe der Guͤter / dazu das
Kind und Herrim Hauſe; Waruumb laͤßeſtu deine Knechte alſo
wmit dit umbgehea? E4 40. Chri⸗
04 Vom preyfachenfeben Cap.s.
40. Chriſtus ſpricht; Ich bin das Liecht der Welt / wer mir
nachfolget / der wird das Liecht des ewigen Lebens haben. Er
weiſet uns nicht zu den Heuchlern / Moͤrdern und Zaͤnckern /
fendern nur zur ſich; in feinem Liecht ſollen wir ſehen / nach den
inmendigen Augen / fo fehen wir Ihn / danner iftdas Sicht.
Ban wir ihn nun fehen/ fo gehen wir im Liechte: Eriftder
Morgenfiern/ und wird inunsgebohren/ er gehet in uns auff/
and ſcheinet in der Finſternuͤß unfers $eibes.
41. D ein groffer Triumph der Seelen! So der auffgehet /
als denn fiehet der Menſch mitfeinen eigenen Augen / „und ers
Eennet dag er in einer frembden Herberg ift.
42, Von deme wollen wir allyier ſchreiben / waß wir in Liech⸗
te ſehen und erkennen.
43. Wir find Kinderder Ewigkeit / diefe MBelt aber ift eine
Außgebuhrt aus dein Emwigen / ımd ihre Begreifflichkeit ur⸗
ſtaͤndet fih im Zornes ihre Wurgelift die ewige Natur / aber
das Außgebohrne / weil es nicht von Ewigfeitift alfo geweſen /
* eine Zerbrechung / und muß alles wieder ins ewige Weſen
gehen.
44. Die Sterne find aus dein Centro Naturæ: fie ſind die
Eflentien der ſteben Geftalten der Natur / da dan aus jeder Gt=
ſtalt wieder außgehet eine andere / alles von wegen des ringenden
Rades Naturz: Darumb find der fo vielohne Zahl vor ung zu
zechnens weil ihr aber gleichwohl alfo eine gewiffe Zahlift / fo
wiſſen wir daraus / dag jie müffen wieder ing Ether gehen sdenn
im ewigen Centro ift Eeine Zahl/ fondern tft die Allmacht im
Auffgange ohne Zahl: Dann was fich zahlen und greiffen läffet/
Das iſt nicht ewig/ eshat Anfangumd Ende. Als wir denner>
kennen / daß des Menfchen Geift und Seele keinen Ahfang und
Ende hat/ md fich nicht zahlen laͤſſet: welches wir in unſerm
Geftirne des Gemuͤthes verfichen / daraus die Sinnen gehen /
welche ohne Zahl find; dann aus einem Sinne mögen in Zeit
mehr andere Sinnen ausgehen / als Sternen am Firmamenfe
find/ darinnen wir unfere Ewigkeit hoch erkennen / und un
hoch erfrewen / das wir folches wiſſen.
45. Verſtehet uns recht / wie diefe Belt im Grunde fen:
Das ewige Centrum des Lebens Gebuhrt und der ABefenheit iſt
überal: Wann du einen Eleinen Circkelfchleuffeft / als ein Elei=
nes Körnlein / fo iſt darinnen die gantze Gebuhrt der ewigen Na⸗
tur / und auchdie drey Zahlim Ternario Sancto: Dir befchleufs
ſeſt aber wicht die ewige Natnt / begreiffeft fie auch nicht / viel⸗
meniger
Sup. des Mienfchen. 10%
weniger die Drey⸗ Zahl / ſondern du faffeft die Außgebuhrt auſſem
Centro : Die ewige Natur iſt unfaklich / wie auch GOTT.
46. Wan ich etwas auffhebe und forttrage / fo trage ich nicht
die Ewigkeit fort/ vielweniger GOTT / und die Ewigkeit ifk
doch indem Dinge / aber das Ding iſt außgebohren / und ruͤget
die Emwigkeit/und das Außgebohrne begreift die Ewigkeit nicht;
aber die Ewigkeit begreifft das Außgebohrne durch end durch /
ohne Bewegung: Dann die Ewigkeit mit ſambt der Gottheit
iſt an einem Orte als amandern : dann esift darinnen Fein Ort /
fordern die Außgebuhrt macht Ort und Stätte: Darumb fpricht
\ GHITT ich bin A und O / Anfang und Ende.
| 47. Diefe Welt macht Anfang/und GOTT in der Drey⸗ Zahl
iſt der Anfang; auch fo machet fie Ende / das iſt die Ewigkeit /
und das iſt auch GOTT: Dann vor dieſer Welt war alleine
GHTT von Ewigkeit / und nach dieſer Welt iſt auch alleine
G80T in Ewigkeit. Daß wir aber ſolches nicht begreiffen /
das iſt es / daß in GOTT kein Begriff iſt; denn wo ein Begriff
iſt / da iſt ein Anfang und Ende: Darumb find wir indie Fitz
ſternuͤß beſchloſſen / dag wir arbeiten / und GOTT offenbahren /
als wir euch gezeiget Haben / von den ſieben Geſtalten der Na⸗
tur / welche eine ewige Arbeit darinnen ſey / daß alſo eine Ge=
ſtalt die andere gebaͤhre / biß fie alle zum Liechte gebracht wer-
den / und das Ewige alfo ineiner dreyfachen Geftalt offenbahr
ſtehet / welche fonft nicht erkant würde,
48. Wir zeigen euch dieſes / daß das ewige Weſen gleich iſt
einem Menſchen / und dieſe Welt iſt auch gleich einem Men⸗
ſchen; Die Ewigkeit gebieret auch ſonſt nichts als ihres gleichen:
dann es iſt ſonſt nichts darinnen / und ſie iſt unwandelbahr /
ſonſt Hi an fie / oder würde ein anders aus ihr / welches nicht
eyn kan.
8 49 Wie ihr nun ſehet und empfindet daß der Menſch iſt / al
ſo iſt auch die Ewigkeit: Betrachter ven in Leib und Seel / in
Guten und Boͤſen / in Frewde und Leyd / in Licht und Finſter⸗
nuͤß / in Macht und Unmacht / in Leben und Todt. Es iſt Him—⸗
mel / Erde / Steine und Elementa alles im Menſchen / darzu
die Drey⸗Zahl der Gottheit and kan nichts genant werden / dag
nicht im Menſchen ware. Es find alle Ereaturen im Men—
ſchen / beides in dieſer Welt / und in der Engliſchen Welt; Wir
find alzumahl mit dem gantzen Weſen aller Weſen nur rin Leib
in vielen Gliedern / da ein jedes Gliedt wieder ein gantzes iſt -
and hat ein jedes Gliedt nur ein Geſchaͤffte. fr
| $ 5%
106 Dom dreyfachen Leben Cap.s
50. O Menſch! ſuche dich / ſo findeſtu dich; ſiehe / dein gan⸗
tzer Menſch ſeind drey Principia, da feines ohne das ander ift /
ſtehen nicht neben einander / oder über einander / fondern una
ser einander / als Eines / undift auch nur cines/ aber nach der
Schöpfungdrey. Sprichftu/ wie ift das? Adams Seele war-
aus dem ewigen Willen / aus dem Centro Naturz, aus dent
Ereug der Drey⸗ Zahl / da ſich Liecht und Finſternuͤß fcheidet z
Berfiche / es warnicht ein zertheileter Funcke / als ein Stüd
vom Gantzen / danesift kein Stuck fondernalles gang ; wie:
dan in einem jeden Pundtein Gantzes iſt. Nun macht das ewige
Centrum die ewige Weſenheit / als finden und aufffteigen / von.
welchem das Bewegen des Elements entftehet / fo wol das
Durchdringen und vielfältigen / da doch nichts ift / als nur ein.
folcher Geiſt / fo ift die Wefenheit Leib / und eine Unmacht
Bann esift ein Sincken / und das Aufffteigenift Geift.
51. Alfo nun hatder Geiſt die Wefenheit gefchaffen im eine
Bildnuͤß / gleich dem Ereuß der Drey-Zahl/ und eingeblaſen
den Geift der Drey⸗Zahl / als fich ſelber; alda ift die Bildnüg.
geſtanden / und hatalfo balde aus der Wefenheit der Bildnüg.
gegrünet die Blume der Effentien ; welche Paradeig heiffet/ alfa
ſtundt die Bildnüg in der Englifchen Welt.
52. Run ift in der Bildnuͤß nichts wenigers geweſen / als:
im Centro Naturz, als der Urſtand der Herbigkeit/ / Grim⸗
migkeit / und des Geuers/ fo wohl alle Seftalten der Natur /”
was von Ewigkeit war in der Weißheit erfehen worden / das
mar alles in diefer Bildnuͤß / auch Die Macht zum Liecht und
Sinfternüß: und fund die Weißheit im Liecht der Bildnuͤß /
da alle ewige Wunder inne finden / die Bildnuͤß aller Creatu⸗
zen im Sincken des Todes / und im Quälle des Daradeif-$ea
bens / mit welchem wir verftehen Die Matricem der Gebaͤhrerin
in der Finſternuͤß und im Sischte/ alsdarang find worden Enge
und Teuffel / wie oben gemeldet.
53. Diefer Quall war alles in der Bildnüg / dan fie war ein
ganz Gleichnuß des ewigen Wefens/ wie Mofes davon ſchrei⸗
bit: GOTT habe dem Menfchen ihme zum Bilde geſchaffenz
als da man den Menſchen im Paradeig fahe ſtehen Fonte mare: _
ſagen: Alyieift die gange Ewigfeitineiner Bildnüß offenbahr /
creatürlich alfo geredet / und doch recht im Verſtande.
54. Rung’eich wie Lucifer imaginirere nach dem Außfliegen
in Feuers-Qual / Über die ftille fanffte Drey-Zahl / übers
Creutz in der Majeſtaͤt der Ewigkeit / und erweckete ihme oife
Cap. 6. des Menſchen. 107
die feurige Matricem in ihme ſelber / und entzuͤndete die Matri-
cem Naturz, welches Entzuͤnden coͤrperlich und bald vom
Verbo Fiat zufammen gefchaffen ward / da-dan auch zugleich die
andere Geftaltinder Matrice, alsdie Sanfftmuhtder Weſen⸗
heit mit-engündet ward / daraus Waſſer ward / welches zu ei⸗
nem Himunelgefchaffen ward/ welches das Feuer gefangen hält/
Daraus dan die Sternen find erbohren. Alfo verfichets/ hat
auch die Bildnuͤß GOttes imaginiret nach dem erweckten Sehen?
als nach dem erweckten Geift der Lufft / und ift-auch alfobald von
der Lufft der Ausgebuhrt gefangen worden/ da dann die Sternen
und Elementen; Himmel) Hölle / Todt und Leben / alles in ihme
hat gewuͤrcket; (Die £ufft ward ihme wohl mit eingeblafen / aber
der Geiſt des Centri ſolte über die herrſchen / wie der H. Geift
über dieſe Welt; dan er ſolte in der Krafft GOttes leben / und ein
Herr uͤber die vier Elemente ſeyn / aber im Falle ſeynd fie wor⸗
den ſein Her. Wil er nun in GOTTleben / fo muß er wieder in
ſich eingehen / und gleichwohl den alten Leib der vier Elementen
laſſen / under mug in ſich in GOTT anderſt gebohren werden.)
55. Weil aber eine Feſte zwiſchen GOTT und dieſer Welt
Regiment ward / vom Geiſte GOttes geſchaffen / als das Fir⸗
mament / ſo ward der Menſch in drey Theil geſetzet / als in
drey Principia. Eines iſt die verborgene: Gottheit / welche im:
der Feſte des Himmels in ſich inne ſtehet / als ein eigen Ptinci-
pium: und das ander iſt das Regiment dieſer Welt / als der
Sternen und Elementen: das dritte iſt der Abgrund der Bild⸗
nuͤß / und auch der Abgrund dieſer Welt / als der Grim oder
Die Matrix Naturz, daraus alle Weſen find gegangen.
56. Nun ſtehet die Bildnuͤß / als der Menſch / in Mitten?
als zwifhen GOttes und der Hölen- Reich / als zwifchen Siehe
und Zorn; welchem Geifte er fish nun eineigenet / deß iſt Er:
Ob gleich der Menſch fich in Zorn ſtuͤrtzet fogedetder Gottheit
nichtsabe: Dann das erfte Einblaſen / als der Geift GOttes
felber / hatfein eigen Principium vor fich / und wırd dom Zern-
nichtergriffen. Als dan die Drey-Zahlmitten im Zorne wohnet /
und der Zorn rüget fie nicht / Eennet te auch nicht / es iſt kein
fühlen noch feyen: Danndie Bildnüg erreget den Zorn⸗quall /
und quallet der erſte eingeblafene Geift in der Bildnuͤß im
Grimme der Hoffartauff/ alles nach deme / wie er im diefer
Zeit ſich hat gebawet / und gehet doch der erften eingeblaſenen
Geſtalt nichts abe / dan derſelbe Qual iſt nicht in der Bildnuͤß /
ſondern tritt zuruͤck in fein Principiam mit der ſchoͤnen Junck⸗
&.6: ftawen
108 Dom dreyfachen Leben Kap.s.
frawen der Weißheit / und wird aus der Menſchen Bildnuͤß
eine Schlangen Bildnuͤß: Dan wie der Geiſt iſt / alſo iſt auch
der Leib: in was Willen der Geiſt fleuget / mit ſolcher Form und
Qual guriret er auch feinen Leib.
57. So wiſſen wir nun / dag alles aus einem Brunnen iſt
herkommen / und das begreiffliche Weſen dieſer Welt hat ſich
geanfaͤnget / darumb iſt es auch ein Todt; dann was nicht von
Ewigkeit iſt / das iſt toͤdtlich.
58. Daß aber die Menſchen-Bildnuͤß beſtunde / welche nach
dem Leibe auch einen Anfang hat / HE GOTT Menſch worden /
and wohnet wieder in der Seelen / und hat die Seele wieder die
erfte Bildnuͤß aufferdiefer Welt erlanget / aber nur die/ welche
fh IN GOTT eineigenet / mit dem Seelen-Geifte/ und alhie
Heiffets New⸗gebohren werden [ oder ewig in der Höllen von
GHTT verlohren werden.
59. Alfo fagen wir mit Brimde ift der Geftirnete Himmel
als das dritte Prineipium dieſer Welt / auch gefchaffen worden /
als ein gank Corpus, welches einen Umbfang hat/ amd fteher
auffrecht / alsdas Centrum Naturz. Was du in dieſem groſſen
Umbfange ſieheſt / das iſt auch in dem kleineſten Circkel / und
iſt das gantze Principiumdiefer Welt im aͤuſſern anders nichts
als eine Offenbahrung und Entdeckung der Ewigkeit in GOtt.
60. Es hat ſeinen Aufgang / Inneſtehen und Gebaͤhrung /
wie die ewige Natur; und wie ſich die ewige Natur von Ewig⸗
keit in Ewigkeit immer erbiehret und urſtaͤndet / alſo iſt das
—— Regiment dieſer Welt auch erbohren und geſchaffen
worden.
61. Dann es hat einen hohen runden Umbfang / gleich einem
Lirckel / und daran ſtehet dag Geſtirne: Darnach iſt die groſſe
Tieffe / das bedeutet die ewige Freyheit GOttes. Nun ſind in
der Tieffe die ſteben Planeten / bedeuten die ſieben Geiſter Na-
turæ: Und die Sternen die Eſſenien aus den Geiſtern der Na⸗
tur / und die Sonne iſt das mittelſte unter den Planeten / die
Machtvier Oerther der Welt / und ſtehet um Puncte gleich als
euffin Creutz / die bedeutet das Hertze GOttes: Ihr Glank in
Der Tieffe bedeutet die Mayeſtuͤt GOttes: da GOTT in fih
felber wohnet / und von nichts ergriffen wird / und wird auch
vor ihme nichts gefehen als die Mayeſtaͤt / und das Centrum
Nature an aller himliſchen Bildnuͤß aus dem Ewigen erfanf
wird.
62, Die Erde bedeutet das Sincken des ewigen Todes in dev
finftern
Sams. des Menſchen. 109
finſtern Matrice, und da doch kein Todt innen iſt / ſondern ein
Gruͤnen der grimmen Eſſentien: alſo bedeut ſie eine Geſtalt
am Centro, und ein eigenes Reich / und iſt eine Figur der Hoͤl⸗
len / als ein verborgen Regiment in der Finſternuͤß. Und wie
die Erde gegen dem obern Regiment gleich wie ein Todt zu achten
iſt / alſo iſt die grimme Matrix des Zornes / gleich wie ein Todt
gegen GOTT zu achten: Und da doch Fein Todt in keinem iſt /
ſondern das ewige Leben in zweyerley Quall.
63. Nun ſehen wir / daß die Sonne die groſſe Tieffe uͤber der
Erden lieblich / freundlich / ſanffte und wonneſahme machet /
ſonſt waͤre kein ander Regiment in der Tieffe als in der Erden:
Dann wan die Sonne erloͤſche / ſo waͤre eine ewige Finſternuͤß /
und die ſtrenge Herbigkeit machete alles harte / rauch und derb /
und waͤre eine ewige Kaͤlte; und wan gleich alles ineinander
fuͤhre / als ein Radt / ſo wuͤrde doch nichts mehr geſehen / als
ein Feuer⸗blitz.
64. Alſo geben wir euch zu verſtehen der Höllen Abgrumd /
Der iſt in dieſer Welt / und iſt die Sonne alleine eine Urſache
des Waſſers / daß der Himmel in der Tieffe iſt. Auch ſo verſtehet
ihr an der Sonnen das Hertze GOttes / aus welchem das Liecht
der Mayeſtaͤt ſcheinet; denn das gantze Centrum der Ewigkeit
* finfter / wan nicht das Sicht auſſem Hertzen GOttes
chiene.
65. Nicht hats eine Geſtalt mit dem Hertzen GOttes / als
Die Sonne / daß es alſo eine Kugel ſey / an einem Orthe alleine
ſtehende; Nein / es hat keinen Umbfang oder Orth / auch kei⸗
nen Anfang / und iſt doch gleich einer runden Kugel / aber nicht
eines runden Circkels / ſondern iſt als theilig oder offen / dan es
gleichet fi dem runden O / gleich dem gantzen Regenbogen /
welcher doch zertheilet erſcheinet / dann das gantze Creutz iſt
feine Theilung / und iſt doch gantz: —* das Centrum als das
Verbum Domini , das Wert des Vatters ift alda auffin Creutz
das Centrum, (das Ereug bedeutet überall die Drey-zahl/) da
dan von unten erſchetnet blaw / bedeutet die Weſenheit / im
mitten roht / bedeutet den Batter im Feuer-glantz / darunter
gelbe / bedeut das Sicht / Glantz / Mayeſtaͤt des Sohnes
GOttes / und dan brauntunckel mit Vermiſchung aller Ge:
ſtaͤlte bedeut das ander Reich der Finfternüg im Feuer / in
welchem Lucifer über GOTT ausfähret / und die Mayeftät und
das Hertze nicht ergreiffet: Und auffeinem ſolchen Bogen wird
E7 Chriſtus
ıto Vom dreyfachen eben Cap.6.
Chriſtus des Menſchen Sohne mit dem letzten Gerichte erſchei⸗
nen: Dann alſo iſt fein Sitzen in der Mayeſtaͤt der Drey-Zahl
in Ternario Sancto, verſtehe die Engliſche Welt und Paradeiß.
66. Alſo wiſſet / daß alles dieſes nicht zertheilet iſt / und an
einem Orthe alleine alſo / ſondern in ſeinem Principio erſcheinet
uͤberall dieſe Geſtalt. Wenn du einen kleinen Circkel / als ein
Senff⸗Koͤrnlein ſchlieſſeſt / ſo waͤre doch das Hertze GOttes
gantz und völlig alſo darinnen / und fo du in GOTT gebohren
wirſt / ſo iſt in dir ſelber / in deinem Lebens⸗Circkel / das gantze
Hertze GOttes unzertheilet: Und ſitzet des Menſchen Sohn.
Ehriſtus alſo in deinem Lebens⸗Circkel auffem Regen⸗bogen in
Ternario Sancto zur Rechten GOttes / und biſt alfo fein Kind /
welches er wieder in ſich gebohren hat / auch ſein Glied / ſein
Leib / darinnen er wohnet/ fein Bruder / fein Fleiſch / fein
Geift / und GOttes des Vatters Kindt in ihme: GOTTrIN
dir und du in GOTT / Krafft/ Macht / Mayeſtaͤt Hints
mel / Paradeiß / Element / Sterne / Etden / alles iſt dein;
Du biſt in Chriſto über Hölle und Teuffel / aber in dieſer Welt
biſtu mit dem irrdiſchen Leben unterm Himmel / Sternen und
Eiementen / und auch unter Hölle und Teuffel / es herrſchet
alles in dir / und uͤber dich.
67. Darumb beſtnne dich und gehe aus / es iſt kein Schertz /
wir reden was wir wiſſen / und was wir ſollen; dan anders ge⸗
ziemet uns nicht von der Ewigkeit zu reden / ſonſt redeten wir
von Anfängen / und da doch in der Ewigkeit keiner iſt.
68. Dencket auch nicht / daß das menſchliche Geſchlechte alſo
einen Anfang habe / wie wir von ung nach der Schöpfung muͤſſen
reden: Nein). die Bildnüß ift in der JZungfrauen. der Weiß⸗
heit in GOTT in Emwigfeit erfchienen / aber nicht im Weſen /
fondern gleich wie diefe Welt /aber GOTT fehuffs zum Weſen/
daß er alſo in Bildnüffenoffenbahr ware. Die Bildnuͤß ift in
GHTT eine ewige Jungfrau. in der Weißheit GOttes gewe⸗
fen / nicht eine Fraw / auch fein Mann / aber fie ift beides ge»
weſen; Wie auch Adam beides war vor feiner Heven, welche
bedeutet den irdifchen Menfchen / darzu thierifch ; denn nichts
beftchetinder Ewigfeit/ was nicht ewiggeweſen iſt.
69. Ihr Kinder GOttes / thut eure Augen des iamendigen-
Menſchens auff / und ſehet recht!
70. So ihr in GOTT widergebohren werdet / fo ziehet ihr
an dieſelbige ewige Bildnuͤß / und der Menſch Chriſtus iſt in
dieſer Bildnuͤß / als in der ewigen Jungfrawen Menſch wor⸗
den
Tips Des Menfehen arm
zen / (damm keine tödfiche Jungfraw iftrein) under ift inciner
reinen Jungfrawen empfangen vom H. Geifte/ und auch in
der tödlichen Jungfrawen / wegen unferer Seelen / daß er die
an fich name: denn Maria hatte alledrey Principia in fih: und
indem. Göttlichen und in der ewigen Wefenheit ftundt dic Bild-
nuͤß der ewigen Jungfrawen / wohl ohne Weſen / aber im Men⸗
ſchen Chriſto kam fie zum Weſen.
71. Nicht ſagen wir vonder aͤuſſern Jungfrawen Matia, daß
fie nicht fep Joachimiund Annz Tochter geweſen / wie die Alten
alfo geirret haben / denen das Göttliche Liecht nicht alfo geſchie⸗
nen / aus Urſache / dag fte ihren eigen-Nuß darunter ſucheten.
72.Mariaift vonJoachimi und annæ Saamen gejeuget worden]
wie alle Menfchen aber fie ward gebenedepet unter den Wei⸗
bern / in Ihr eröffnet fich die ewige Jungfram- in Ternario San«
&o, welche von Ewigkeit iſt gewefen. Nicht ift fie van auffen
in Sie eingefahren / nein Menſch / es ift ein anders ; alhie
ward GOTT und Menfch wieder eines; was Adam verlohr /
das that fich wieder auff.
73. Berfiche es recht. E84 fam das Verbum Domini, dag
Wort deß Battersauffin Ereuß in Mariam , verſtehe in die irr⸗
diſche Mariam; Wo nun das Wort iſt / da iſt die ewige Jung⸗
fraw / dann das Wort iſt in der Weißheit / und die Jungfraw
der Ewigkeit iſt auch in der Weißheit / und iſt keines ohne das
ander / ſonſt waͤre die Ewigkeit zertheilet.
74. Da nun das Wort in Maria in ihr Fleiſch und Blut in
ihre Matricem einging / fo ſtund das Fiat in der Matrice, und
ſchuff nicht augenblicklich einen gantzen irrdiſchen Menſchen /
auch nicht einen himliſchen; ſondern es anfaͤngete die Menſch⸗
werdung: Dann der Goͤttlichen Natur gehet nicht zu oder ab /
ſondern iſt immer gantz.
75. Aber dieſes wiſſet / die ewige Jungfraw / welche ohne
Weſen war / die gab ſich mit in die Menſchwerdung / und ward
die rechte Seele Chriſti aus Mariæ Eſſentien in der ewigen
Jungfrawen empfangen / und in der ewigen Jungfrawen ward
GOTT Wenſch / und kamdie ewige Jungfraw alſo zur Weſen⸗
heit / denn ſie kriegte die menſchliche Seele in ſich.
76. Alſo ſtund die menſchliche Seele in Chriſto in den irrdi⸗
ſchen Effentien ‚und in der Jungfrau der ewigen Weißheit / in
Fernario Sancto, in der Drey⸗Zahl GOttes: denn das Verbum
Domini war in Ihr / und ward GOtt und Menſch Eine Perſon.
77. In dieſer Perſon waren alle drey Principia offen / keines
getrennet.
rı2 Vom drehſachen Sehen Cap. 6,
getrennet. Die Jungfraw in Ternario Santo giebt him̃liſchen
Leib / und Maria irdifchen/und das Wort war im Centro auffenz
Ercuß in der Drey-Zahl: Denn vor fagen 5; Das Wort ift
Fleiſch worden / und das ift wahr.
78. Siehe / die Jungfraw ver Ewigkeit hatte kein Fleiſch /
auch von Ewigkeit nie gehabt / ausgenommen in Adam vorm
I I welches hernach iradifch ward / die nam menfchlich Fleiſch
an ſich.
79. Verſtehe / das Wort mit der gantzen Gottheit war in
der Zungfinwen: dann ohne das Wort war Fein Verſtand in
der ewigen Jungfrawen: Dann der Geift GOttes war im
orte / der warder Berftand: Sie aber war als cin Him̃li⸗
ſche Figur / eine Figur der Drey-Zahl/ aber nicht im Wuͤrc⸗
ten / gleich wie auch das Fleiſch nicht würdet / fondern der
Geiſt im Sleifche / und das lebendige Wort / in derfelben ewi⸗
gen Fungframen wohnend / zog an fich dag Fleiſch Mariz, ver:
ſtehe das Wort zog das Fleiſch / als die Eflentien aus Marie
Leibe / indie ewige Jungfraw / und ward alfo in neun Monat
ein volkommener Menſch / mit Seel / Geiſt und Fleiſch.
80. Alſo ward die verderbte Seele Adams in dem Leibe Mariæ
wieder indie ewige Menſchheit gefeßet:Demm das Wort mohnes
fein ChHriſti Fleiſche / und hatte die Geele in fich genommen.
Sr. Nicht iſt die Seele und das Wort eines/ ein Weſen:
PReiny die Seele ift auſſem Centro Naturz , aus den Eflentien
erbohren / und gehöret dem Leibe / dann fie gehet aus des Leibes
Eflentier aus / und zeucht Leib an ſich: Aberdas Wortift auffın
Centro der Mayeftat/ und zeucht Mayeſtaͤt an ſich.
82. Das Wort ift ohne Wefen/ und die Geele ift auſſem
Weſen; Sie iſt der Wefenheit Geiſt / aus des Vatters Cen-
tro, fonft hatte fie in Adam nicht fönnen auſſem Worte aus⸗
chen.
; 33. Nicht ftchet das Wort und die Seele neben einander als
zwey Derfonen: Nein / Das Wort durchdringet die Secle/
und aus dem Worte ſcheinet Mayeſtaͤt / als des Lebens Liecht /
und die Seele iſt frey vor ſich / dann ſie iſt eine Creatur.
84. Ich gebe dieſes ein irrdiſch Gleichnuͤß: Siehe an ein
gluͤendes Eiſen / das iſt im ſich ſelber fiſter und ſchwartz / und
das Feuer durchdringet das Eiſen / daß es alles leuchtet.
85. Run geſchiehet doch dem Eiſen nichts / es bleibet Eiſen /
and die Qual des Feuers behaͤlt ihr eigen Recht / ſte nimt nicht
das Eiſen in ſich / ſendern fie durchdringet Das Eiſen / *
a
— —
— ö⸗
+ et
are ee
Cap. 6, des Menfehen- 113
das Eifen einmahlals das ander frey in ſich und auch die Qual
des Feuers / feines ift das andere.
86. Alfo ift die Secleindas Feuer der Gottheit gefeket / die
Gottheitdurchfcheinetdie Seele / und wohnet inder Seele / aber
die Seele begreiffet nicht die Gottheit] aber die Gottheit be=
greiffeedie Seele / undverwandelt ſie doch nicht fordern giebt
ihr nur Goͤttliche Qual der Mayeſtaͤt.
87. So ſich nun die Seele in der Goͤttlichen Quaͤlle eineignet/
fo bleibet fie ig der Mayeſtaͤt GOttes; dann die Qual iſt das
Wort bedeutend / und der Glantz die Mayeſtaͤt / und der Aus⸗
gang aus der Qual / als die Hitze auſſem Eiſen / den H. Geiſt
bedeutend.
88. So ſich nun das gluͤende Eiſen in ein Waſſer wirft oder
faͤllet / ſo erliſchet des Feuers Qual / Glantz / und Ausgang der
Hitze / alles zugleich:
89. Alſo iſt es Adam auch gegangen: Er warf ſich aus GOt⸗
tes Mayeſtaͤt mit ſeinem Willen in Geiſt dieſer Welt / alſo
gieng er aus GOTT. Nicht verlaſch GOTT in Ihme / wie des
Eiſens Glut: Nein / das kan nicht ſeyn / er ſcheinet ewig.
90. GOTT hblieb in feinem Principio, und Adam gieng her⸗
aus / wäre Adams Wille in GOTT blieben / fo waͤre er Kind
geweſen / und GOTT waͤre im Willen blieben / fo haͤtte dir
Mapyeftätden Willen durchleuchtet.
91. So gieng er ausdem Willen GOttes in diefe Welt / alſo
fieng ihn dieſe Welt / der Todt / Teuffel und Hölle / und wohne⸗
ten in Adam.
92. Adam war in dieſer Welt / wohnete in den Elementen/
und GOTT blies ihme auch die Lufft in feine Naſen; aber er
folte nicht feinen Willen darein ſetzen / und von irrdiſcher Frucht
eſſen / welche irrdiſch Fleiſch machet: Daswar fein Fall’ daß
er aß von irrdiſcher Frucht. Alſo wurden auch ſeine Eſſentien
irrdiſch / und ward die Seele mit dem irrdiſchen Reich gefangen.
93. Da ſprach Das Verbum Domini zur Seelen: Adam wo
biſtu? und ſein Leib verſteckete fich / alfo fehr ſchaͤmete fich die
arıne Seele; und Adam fprach : Ich bin nackend / und fürchte
mich, Ja recht nackend / eswar verlohren die theure himliſche
Jungfraw / welche fein Kleid war / und war verlohren das Liecht
der Mayeſtaͤt und Adam ftund aufferdem Worte.
94. O ſchrecklich iſt das / deme der es erkennet! eg erzittert
die Seel darob / und fuͤrchet fich wol recht vor dieſer Gefaͤngnuͤßz /
wenn die arme Seele ſoll vom Teuffel gefangen ſeyn / — in
Ottes
114 Vom dreyfachen Leben Cap.6.
Gottes Zorn baden/ und das iſt die Urſache / daß GOTT
Menſch ward / daß er uns wieder einfuͤhrete in Ternarkım San-
ctum, in die Engliſche Welt.
95. Und wie wir alle find mit Adam aus GOTT gegangen /
(dann wir haben alle Adams Seele und Fleiſch) alfo hat ung
GOTT in Chrifto alle wiedergebohren / und ſiehet das Goͤtt⸗
liche Reich in Chriſto offen / es mag hinein gehen wer da wil.
9. Wer feinen Willen aus fich felber in Chriſtum feger /
und laͤſſet nur alle Bernunfft diefer Welt fahren L D gleiffe wie
fie wolle / der wird in Chriſto wiedergebohren 5 Seine Seele
frieget wieder das ewige Fleiſch / in dene GOTT Menſch ward/
ein unbegreifflich Fleiſch der ewigen Weſenheit.
97. Richt wird das alte Adamiſche Fleiſch des Todes zu him̃⸗
liſchen Fleiſche: Nein / es gehoͤret in die Erde / in Todt; ſon⸗
dern in dem alten irrdiſchen Menſchen iſt das ewige Fleiſch ver⸗
borgen / und ſcheinet in dem Alten Menſchen / wie das Feuer
in einem Eiſen / oder wie Gold in einem Steine.
98. Das iſt der Edle / hochtewre Stein / Lapis Philofopho-
zum den die Magi finden / der die Natur tingiret/ und einem:
newen Sohn imalten gebieret: der ihn findet / achtet ihn höher
als diefe Welt : Dann der Sohn ift vieltaufendmahlgräffer als
Der Batter.
99. Ah fehöne Perlen-Erone / biſtu doch fchöner als die |
Sonne) dir iſt nichts gleich / und bift alfo offenbahr / undalfe:
heimlich / daß du unter viel taufenden in diefer Welt nicht von
einem recht erkant wirft / und wirſt doch in vielen getragen / die
Dich nicht kennen.
100. Ehriftusfpricht: Suchet / fo werdet ihr finden / er wil
gefuchet feyn / Fein Faullentzer findet ihn nicht; und db er den
bey fich träger / fo kennet er ihn nicht; deme er fich aber offen⸗
bahret / der hat alleine feine Freude daran: Dann feiner Tus
gendift fein Ende: Der ihn hat / giebtihn nicht weg: Und ob
er ihn gaͤbe / fo iſt er doch dem Faulen nichts nuͤtze; Denn er er⸗
lernet nicht ſeine Tugend:
101. Aber der Sucher findet die Tugend mit dem Steine /
daß wann er ihn finder/ und erfennet/ daß ers gewiß ift/ iſt
gröffer Fremde in ihme / als die Welt nicht vermag / das feine
2 fihreiben mag / auch keine Zunge reden auff Adamiſche
rt).
102, Er ift der allerfehlechgefte vor Adamifchen Augen vor
allen Steinen zu achten / und wird mit Füffen getretten danız
‘>
Cap. 7: des Menſchen. 15
er gibt den Augen feinen Glantz: So mandaran ftöffet / wird
er weggemworffen/ gleich als unnuͤtze: Niemand fraget deme
nach / und wird doch fo fehr in der Welt gefuchet. Es ift kein
Menſch auff Erden / er begehret ihn / alle Hohen und Weiſen
ſuchen ihn: Sie finden wohl einen / und vermeinen er ſey es /
aber fie fehlen deß: Sie fegen ihme Krafftund Tugend zu / und
vermeinen zu erhalten) fie haben ihn aber erift es nicht/ denn er
darff keiner Tugend / es liegen alle Tugenden in ihme verborgen,
103: Der ihn hat und kennet ihn / fo der ſuchet / mager alles
finden/ was im Hiumel und Erden ift/ er findet das.
204. Dasift der Steim / der vonden Bauleuten verworffen/
und ift eingroßer Eckſtein; auff welchen er fallet / den zerfchel-
feter / und zündetein Feuer in ihme an: alle hohe Schulen fu-
chen ihn / aber mit ihrem ſuchen finden fie ihn nicht / zuzeiten
findet ihn einer / der ihn recht ſuchet / aber die andern verachten
ihn / und werffen ihn weg / alfo bleibet er verborgen.
Das 7. Eapittel.
Wie wirdas Berlohrne wider ſuchen muͤſſen /1e.
2. NE Mienfchen in diefer Welt ift daran am meiften
gelegen / daß wir dag Verlohrne wieder ſuchen.
Sp mir nun wollen ſuchen / fo müffen wir nichts
auffer uns ſuchen. Er:
2. Wir dürffen keiner Heuchler und Ohren- REN:
Jucker / dieuns tröften und viel güldene Berge verheißen aa ©.
wir nur ihnen nachlauffen / und fie gleiffend machen. FR? E
3. Und wann ich alle mein lebenlang fäffe und hörete Dres
digt / und höreteimmer vom Himmelreich und von der newen
Wiedergebuhrt predigen / fingen und klingen / und lieffe es alſo
darbey bleiben / ſo waͤre ich doch einmahl als das ander.
4. Wann man einen Stein ins Waſſer wirfft / und wieder
heraus zeucht / ſo iſts einmahl ein harter Stein / als das ander /
und er behaͤlt ſeine Geſtalt: Wann man ihn aber ins Fewer
wirfft / ſo kriegt er eine andere Qual in ſich ſelber.
5. Alſo auch du Menſch / wann du gleich in die Kirche lauf⸗
feſt / und wilt auch als ein Diener Chriſti geſehen ſeyn / das iſt
nicht genug / ſo du es dabey laͤſſeſt bleiben / ſo biſtu einmahl als
das ander.
6. Es iſt auch nicht genug / daß du alle Bücher auswendig
lerneſt: Und wann du Zahr und Tag ſtuͤndeſt / und laͤſeſt alle
* Schrifften /
3116 Vom dreyfachen Leben Cap.⸗
Schrifften / und koͤnteſt gleich die Bibel auswendig / ſo biſtu
darmitte nichts beſſer vor GOTT / als ein Saͤwhirte / der dieſe
Zeit die Saͤwe gehuͤtet hat: oder ein armer Gefangener in der
Finſternuͤs / der des Tages Liecht dieſe Zeit nicht geſehen hat.
7. Es hilfft kein ſchwaͤtzen / daß du viel weiſt von GOTT zu
reden / und verachteft die Einfaͤltigen / wie die Heuchler auff
deß Antichriſts Thier thun / welche dem Sehenden das Liecht ver⸗
bieten / wie dieſer Handt auch geſchehen iſt. Es heiſſet wie
Chriſtus ſpricht: Es ſey dann daß ihr umbkehret / und werdet
als die Kinder / ſonſt werdet ihr das Himmelreich nicht ſehen
ewiglich: Ihr muͤſſet von neuem gebohren werden / wolt ihr das
Reich GOttes fehens das iſt der rechte Zweck.
8. Es darff keine Kunſt oder Wolredenheit darzu ſeyn / du
darffeſt auch weder Buͤcher noch Kunſt darzu / ein Hirte iſt ſo
geſchickt darzu als ein Doctor / und noch vielmahl beſſer: Dann
er gehet eher aus feiner eigenen Vernunfft in GOttes Barm⸗
hertzigkeit: Er hat nicht groſſe weiſe Vernunfft / darumb be⸗
rahtſchlaͤget er ſich nicht darmitte / ſondern gehet ſchlecht mit dem
armen Zoͤllner in Tempel Chriſti / da der Hochgelaͤhrte noch wol
erſt eine Academiam auff die Naſen ſetzet / und beſinnet ſich erſt /
in welcher Meynung er wil in Tempel Chriſti eingehen. Er
nimt ihme erſt Menfhen-Mepnung vor / aus diefer oder jener
Meynung wilftu GOTT fuchen : Einer ins Babſts Meynuͤng /
der andere in Luthers / der dritte in Calvini / der vicrdte in ”
— — —n und fo fortan / es find ver Meynungen kei
nde. ;
9. Alfo frehet dann die arena. Seele auffer dem Tempel Chriſti
in zweiffel / klopffet und ſuchet / und gweiffelt doch auch immer /
es fey nicht der rechte XBerg. i
10. O du arme verirrete Scelein Babel! mas macheſtu? O
laß ab von allen Meynungen / wie die in dieſer Welt heißen; Es
iſt alles nur ein Streit der Vernunfft.
11. Mann finder die Newe Wiedergeburt und den Edlen
Steinnichtim Streite/ auch in feiner weifen Vernunfft: Dis
muſt alles wasin dieſer Welt iſt / es ſey hochglingende wie es
wolle / fahren laſſen / und in dich ſelber eingehen / und nur Deine
Suͤnde / in der du gefangen biſt / zuſammen auff einen hauffen
raffen / und in die Barmhertzigkeit GOttes werffen und zu
GoOTT fliehen / und den umb Verzeihung bitten / und umb Er⸗
leuchtung ſeines Geiſtes.
5 12. Nicht lange diſpatiren / nur Ernſt: dann der ug
mu
j m
Cap.7. des Menfchen. » 117
muß zerſpringen / und die Hölle erzittern / und es geſchicht auch.
» Dumuftalle Sinnen / mit Vernunfft / und alles was dir in
„den Weeg konunet / darein ſetzen / daß du nicht wolleſt von ihm
„laſſen / er ſegne dich dan / wie Jacob die gantze Nacht alſo mit
» GOTTrang: Wann gleich dein Gewiſſen ſagt lauter Nein /
» GHTT mil deiner nicht / fo wil ich aber feiner / ich. laffe vor
„dir nicht abe / man trage nich dan ins Grab: mein Wille ſey
a, dein Wille / ich wil was du Her: wilft ; Und wann gleich alle
„Teuffel umb dich ſtuͤnden / und fprächen verzeuch / es iſt auff
„einmahlgenug ; fo muftu fagen/ Nein / mein Sinn und Wille
„ſoll nicht außer GOTT konnen Er ſoll ewig in GOTT feyne
„Seine Liebe iſt groͤſſer als alle meine Sünde: Habt ihr Teuf⸗
„fel und Welt den ſterblichen Leib in ewrem Gefaͤngnuͤß / fo
„habe ich meinen Heyland und Widergebaͤhrer in meiner See⸗
„en / der wird mir einen him̃liſchen Leib geben / der ewig bleibet.
23. Verſuche es nur alſo / du wirft Wunder erfahren / du
wirſt balde Einen in dich bekommen / der dir wird helffen ringen /
kaͤmpffen und beten; Und ob du gleich nicht viel Worte kanſt /
lieget nichts daran / und du gleich nur das einige Wort deß Zoͤll⸗
ners: Ah GOTT ſey mir Suͤnder gnaͤdig! koͤnteſt: Wann a=
ber dein Wille mit aller Bernunfft und Sinnen in GOTT ge⸗
ſetzet ſind / von ihme nicht abzulaſſen / und ſolte gleich Leib und
Seele zerſpringen; ſo haͤlteſtu GOTT / und brichſt durch Todt
und Hoͤlle / und Himmel und geheſt in Tempel IJEſu Cehriſti
ein / wider aller Teuffel wehren: GOttes Zorn kan dich nicht
halten / wie groß und maͤchtig der in dir ſey: Und ob Leib und
Seele im Zorne brenneten / und ſtuͤnden mitten in der Hoͤlle bey
allen Teuffeln / ſo reiſſeſtu doch rauß / und komſt in Tempel
Ceriſti / da bekommeſtu das Perlen⸗Kraͤntzlein / verſetzet mit
dem Edlen und hochwuͤrdigen Steine / Lapide Philofophorum
angulari. Wir: ;
24. Aber wiffe ! das Himmelreich ift alfo in dich geſaͤet / und
it Eleinals ein Senfflorn: Du befomft wohl groge Frewde ob
dem Englifchen Krantze / aber ſchawe zu / fege ihn nicht dein alten
Adam auff / oder es gehet dir wie Adam. .
Halt waß du haſt / Noth leyden das ift einböfer Gaſt:
15. Aus einem Zweiglein waͤchſet endlich ein Baum / fo der
bleibet im guten Acker ſtehen / es rauſchet mancher kalter rawer
Wind über ein Zweiglein / biß ein Baum drauß waͤchſet: Es iſt
unbeſtaͤndig / du muſt für den Verſuch⸗baum / auch indie Wuͤ⸗
ſten der Welt Spott / haͤlteſtu nicht / ſo haſtu nicht: reitteſtu
dein
118 Dom drepfachen chen TE?
Dein Zweiglein auß / fothuftu als Adam that / du wirft es ſchwe⸗
rer wieder erfeßen / als zum erftens jedoch waͤchſets im Roſenthal
dem alten Adam verborgen: Danneswar eine lange Zeit von“
Adam bi auf Chriſti Menfchheit/in welcher der Perlen ⸗Baum
verborgen wuchs / unter der decke Moſis / und kam doch gu feiner
zeit als ein Baum mir fchöner Frucht herfür.
16. Alfo ob du gefallen wäreft/ und haͤtte ſt verlohren den ſchoͤ⸗
nen Krank / verzage nicht / fuche/ Flopffe an / kom wieder / und
thue als zuerft / ſo wirſtu erfahren/ aus welchem Geifte diefe
Hand gefihrieben hat: Du wirft hernach einen Baum bekommen
für ein Zweiglein / und wirft fagen : Iſt doch mein Zweiglein ein
Ban worden in meinem Schlaffe! Alsdann kenneſtu erft den
Steinder Weifen / dasmerde,
Die Pforte des Zirmamentifihen Himmels mit den
Sternenund Elementen | und vom Dreyfachen eben
des Menſchen: Der Edle Stein | von den Magis recht
ins Licht geſetzet Geiftlich.
x7. O wir wollen von dem Edlen Steine reden / und den
ing Sicht ftellen zu erkennen / fo muͤſſen wir anzeigen die
Finfternüß und Ungeſtalt des Steines / dag er alfo nicht ers _
Fand wird / dann fo wir wilfen/ das der Edle Steinin dieſer
Belt verborgen liegt / und ift an allen Orten anzutreffen / -
a doch nicht erkandt wird/ fo müffen wir nach den Urſachen
forfchen.
18. Esfprichtdie Bernunfft / fo dieſe Welt dem Menſchen
ſchaͤdlich iſt / arumb hat dann GOTT den Menfchen darein
gefeßet? Oder warumb hat er ſie gefchaffen ? Alfo richtet fie auch _
vom Teuffel: Warumb hat GOTT den Zeuffel nach feinem Fall
nicht wieder zu Nichts gemacht ?
19. Ja liche Bernunfft du haft den Stein funden / Ich mei⸗
ne aber einen Mauerſtein / den haftıs funden / damit baueftu dir
ein fteinern Haus zur Wohnungs Der edle Stein ligetinder
Emigfeit : Was ewig iſt / zerbricht nicht / was aber Anfang hat/
erbricht.
e 20. Die Teufſel find ewig / darumb zerbrechen fte nicht; nicht
in Geiſtes Geſtalt find fie von Ewigkeit / aber ihre Eflentien find
Ewig: Nunhaben fie ihren Willen in ihre Eſſentien geſetzet / und
ihr Will iſt ewig. Gleich wie das Centrum Naturæ der ſtrengen
Matsicis ewig iſt / darein ihr Willen iſt gangen: alſo fine fie nur
ewige
Cap. 7. des Menfehen. Is
ewige Geifter darinnen / auch zum Spiegel der andern Engel]
fo wol der Seelen der Menfchen.
21. Daß aber GOTT das dritfe Principiam folte umb des
Menfchen willen verwerffen/und wieder vor der Zeitder Vollen⸗
dung ins Ather fegen/ das fan auch nicht feyn : Denn die Wun⸗
der / fo von Ewigkeit findinder Weigheitgefehen worden ohne
Weſen die muften zum Weſen kommen / und alfoinder Zeitder
Geftalten der Natur.
22, Denn GOTT IF drenfaltigin Perfonen / und wolte fich
euch drey mahlbewegen/ nach ieder Perfon Eigenfchafft/ und
nicht mehr in Ewigkeit. Zum Erften beweget fich das Centrum
def Vatters Natur zur Schöpfung der Engel / und fort zu die-
fer Welt. Zum Andern beweget fich def Sohnes Natur /da das
Herge GOttes Menfh ward: unddas wird in Ewigfeit nicht
mehr gefihehen : und ob es gefchiehet/fo gefchiehets doch Durch den⸗
felben einigen Menfchen/ der GOtt iſt / durch viele und in vielen.
Zum dritten wird fich am Ende der Welt des heiligen Geiftes
Matur bewegen /da die Welt wird wiederins Aucher gehen/ und
die Todten auffftchen. So wird der heilige Geift der Beweger
ſeyn /der wirddiegrogen Wunder / fo in diefer Welt gefchehen
find /alle indieewige Wefenheit flellen / zu GOttes Ehren und
Wunderthat / und zur Fremde der Ereaturen / und er wird der
ewige Beweger der Creaturen / als Engel und Menfchen ſeyn' /
dann durch ihn grünet wieder dag Paradeiß / welches wir albier
verlohren haben : Alfo wiffet / ligen uns die großen Wunder der
Melt / welche haben muͤſſen gefchehen / im Weege.
23. Diefe Weltift eingrog Wunder / und wäre von den Eu⸗
gelnnie erfand wordeninder Weißheit GOttes. Darumb bes
sorgete fich deß Batters Natur zur Schöpffung des Weſens .
daß die groflen Wunder offenbahr würden / und dann werden
fie in Ewigkeit von Engeln und Menfchen erkandt werden / was
es alles in feinem Vermögen hatgehabt. Und die Bildnüf der
Dreyzzahl/ alsdieewige Jungfraw / weiche ffund im Ternario
Sande ‚ in der ewigen Weißheit / inder Weferheit/ als cine Fi⸗
gur / wärevonden Engeln in Ewigkeit nie erkant worden / war
nicht das Hertze GOtts wäre Menſch worden. Da ſahen die En-
gelden Glantz der Mayeſtaͤt in einerdebendigen Bildnäg / dar⸗
ein die ganke Dreyzahl war befchloffen.
" 24. Go wäredas Centrum Naturz un Engeln auch in Ewig⸗
keit nicht offenbahr worden / vielmeniger das Regiment des hei⸗
Agen Geiſtes / wann wicht wäre dieſe Welt mit den Sternen F
‚les
3 Vonm dreyfachen Leben Caps:
Elementen geſchaffen worden. Alſo erkennen die Engel das e=
wige Weſen mit allen Geſtalten an dieſer Welt / und auch wir
Menfchen/und darınnd hat GOTT die Bildnuͤß der Drey Zahl /
als den Menſchen / in diefe Welt geſchaffen / daß er foll alle Wun⸗
der eroͤffnen / und ſolte erkennen den ewigen GOTT.
16. Aber die Bildnuͤg vergaffete ſich darinnen / und imaginirte
darein / wie Lucifer in die grimme Matricem Naturæ, alſo ward
fie auch gefangen: Dann Adam ſolte ein Herr über Sterne und
lementen ſeyn / nichts ſolte ihn ruͤgen er war aller mächtig / er
haͤtte koͤnnen Berge mit einem Worte verſetzen / er war ein Herr
über Fewer / Lifft / Waſſer und Erden / dan es war kein Todt in
ihme: das Liecht ſchien in ihme: Er war im Paradeiß / ihme
wuchs Paradiſiſche Frucht : Er war ein Menſch / und nicht
zween / er war der Mann und auch das ABeib/ und folte ein Eng⸗
liſch Reich aus ihme gebahren. Und das war müglich/ dan er
hatte nicht ſolch Fleifch und Blut / wienac dem Fall/ da er ſich
deſſen fchämte dor der Meyeſtaͤt GOttes: Er hatte Fleifch und
Blut / ober⸗him̃liſch / feine Eflentien waren heilig : Er Eonte ge⸗
bähren ohne Zerreiffung feines Leibes cin Bild wie er wars
Dan er war eine Jungfraw/ ohne weibliche Geſtalt / nach der
Form der Ewigen/ mit einem reinen / züchtigen Gemuͤhte / darzu
keuſch ohne Begehren: Sein Begehren war nur ſeines gleichen
aus ſich / er ſatzte feinen Willen in ſich / und in Ihme war GOtt /
alſo war ſein Wille in GOtt / und GOtt in ihme / und er im Pa⸗
radeiß. Er ſahe in ihm aber zugleich zwey Geſtalten des Goͤtt⸗
lichen Weſens: Eine außer ihme an dieſer Welt / und eine in
ihme an der Paradeis-Welt / welche er auch vor ihm hatte mit
voller Genuͤge.
26. Darumb kam das Gebott und ſprach: Iß nicht vonder
vermengeten Frucht / Boͤſe und Gut / ſonſt ſtirbſtu; Aber er
imaginirte glſo lange] / biß er gefangen ward: Er meinete im⸗
mer/ er wolte von beyden eſſen / und ewig leben: Daß hatte er
viertzig Tage getrieben / ſo lange der ander Adam in der Wuͤſten
verſuchet ward / und Moyles auff dem Berge war / da Iſrael
auch verſuchet ward / ob es muͤglich ware Jim Gehorſam und im
Willen des Vatters zu leben. Alſo lange hat ers getrieben / biß
er nieder ſanck in Schlaff; Dann Moſes ſagt: GOTT ließ
einen tieffen Schlaff auff ihn fallen / aAls GOTT ſahe daß es ihme
nicht muͤglich war / dann die Luſt hatte ihn gefangen / ließ er ihn
einſchlaffen. Das bedeutet den Todt: Da ward das Weib aus
zhine gemacht; Und der Geiſt dieſer Welt formete Adam zur ei⸗
Rei
*
Can des Menſchen. 121
nem Manne / als wir noch ſind: Und Hevam zu einem Weibe /
welches ſie / als ſie erwacheten / noch nicht ſahen / dann ſte waren
noch im Paradeiß / big ſie die irrdiſche Frucht aſſen: Da nam
der Geiſt dieſer Welt die Seele gefangen / und wurden zur Stun⸗
de ihre Eſſentien irrdiſch / und ihr Fleiſch und Blut thierifch / deg
ſchaͤmeten fie fich / und wurden gewahr ihrer thierifchen Geftalt-
mit ihren Gliedern der männlichen und weiblichen Geftalt.
27. Alfo wurden fie aus dem Paradeiß außgetrieben / und
ftellet jich das Verbum Domini , mit einer Verheigung vom
Schlangen=tretter in ihres Lebens Liecht / welches zuvor inihme
wohnete / und in ihme herrſchete: das. blieb nun in feinem Prin-
eipio, und die Bildnuͤt blieb im äuffern Principio , und ward
mit dem Sternen und Elementifhen Geift gefangen. Das Re=
gimentdiefer Welt wohnete nun in diefem Menſchen / und wur⸗
den irrdiſch: da verfluchete auch GOTT die Erde / umb def
Menfchen willen / daß Feine Paradififhe Fruchtmehr wuchs :
Es war alles hin/ big auff GOttes Gnade und Barmher—
tzigkeit die war noch übrig : Dann fte ſtunden nun mit der
Welt Grunde im Abgrund der Hoͤllen bey allen Zeuffeln/
und lebeten in Ohnmacht / als wir noch heute thun / zeugeten
ihnen Kinder in zwey Reichen ; dann der Zorn GOttes hatte fie
nun gefangen/ und wolt nun feine Wunder inihnen erzeigen:
So hatte. fie der Schlangen-Tretter ins Lebens-Liecht aud; ge>
fangen und wolte feine Wunder auch in ihnen erzeigen: Da
war Streitund Unruhe / wieanihren Kindern zu fehen iſt; der
erfievom Weibe gebohren ward eingottloſer Moͤrder / und be⸗
gehrete GOttes Reich unterzudrucken / und der ander ward ein
heiliger frommer Mann. In ſumma / du fichefts durch die gan
ge heilige Schrifft / fonderlich bey Eain und Abel / und bey Iſaae
und Iſmael / auch bey Efau und Jacob / welche noch in Mutter⸗
leibe zancketen / umb GOttes und der Höllen Reich :
28. Darumb ſprach GOTT: Jacob habe ich geliebet / und
Eſau gehaſſet: und daher urftander die Gnaden⸗wahl / über die
Kinder dis ihme anhangen: Die andern nehmens nur vor ein
Spott/ was von GOTT und Himmelreich geſaget wird / und
die finden nicht den edlen Stein Philofophorum , dann ſie fuchen
ihn nicht zecht / fie find nur Gleißner / wieder Teuffel in Engels
Geſtalt; aber Abel / Iſaac und Sacob funden ihn wol: Sacob
rang eine gange Nacht darumb/ und Iſaac trug fein Fewer—
holtz ſelber / und wolt laſſen die Finfternüg von feinem Steine
freywillig abbrennen / Denn er hatte den Stein in Mutterleibe
bekommen, 29. Sihe
122 Vom dreyſachen Leben Carr,
29. Sihe den König und Propheten Davidan/ wieermit
dem Steine thate/ wie er ihn liebete danner fprah: Wann
mir gleich Leib und Seele zerbricht) ſo biſtu dennoch meines Her⸗
tzens Zuverſicht und mein Theil. Sihe Salomon in feiner grof-
fen ABumder-weigheit an / der aller Ereaturen / fo wohl Kraͤu⸗
ter Eigenfchafften wuſte / welches er nicht in einer Academia ge>
lernet hatte: alleine vom edlen Steine / den er infeinem Her⸗
tzen hatte / erkant ers: Siehe Mofen an / weldhe Wunder wuͤr⸗
ckete er durch den edlen Stein: Sihe Eliam den Propheten an /
der ſchloß den Himmel ein vierdtehalb Jahr / er bracht das Fe=
wer im Zorn Gottes herfuͤr / dag es hundert Mann verſchlang:
Sihe alle Propheten an / welche Wunder ſte haben damit ges
wuͤrcket: ſie erkanten zukuͤnfftige Dinge / in Krafft dieſes
Steins / und wecketen Todten auff / macheten Krancke geſund.
30. Und derſelbige Stein iſt Chriſtus / der lebendige GOt—
tes Sohn / das bewaͤhret ſich an allen die ihn ſuchen und finden.
Welch ein trefflich Exempel haben wir an den Apoſteln / welche
nur geringe / ungelaͤhrte Leute waren / wie ſte mit dieſem Stei:
ne in Wundern / Kraͤfften und Thaten einhergiengen / ſo wol
alle ihre Nachfolger.
31. O! wie trefflich Haben ihn die Vernunfft⸗ weiſen vonder
Schulen dieſer Welt zu allen Zeiten verfolget / und noch heute /
Sie haben den glaͤntzenden Stein mit den Schellen / und ver—
meynen es ſey der rechte: Breitten ſich alſo über den auß und.
prangen darmitte / laſſen ſich darmitte ehren als Goͤtter: Aber
ihr Stein iſt nur ein Mawer-Stein / zum Gebaͤw der großen
Wunder der Welt / in welchen die ſieben Siegel ihr Wunder
verbringen / und unter welche die ſteben Geiſter des Zorns GOt⸗
tes ihre Schaalen des Zorns und Grewels ausgieſſen.
32. Dann wir ſind mit Adam im Zorn beſchloſſen / der haͤlt
uns gefangen / So ſtehet die Genade auch gegen uns / und bes
gehret unſer / und iſt ein großer Streit in uns. Das ſehet ihr
in Mofis Schrifften / wie GOTT geboth / daß ihme alle erſte
Geburth / was maͤnnlich war / ſolte geopffert werden: Aber
ihr ſehet den hefftigen Gegenſtreit ſeines Zorns / wie ſich ſein
Zorn hat eingedraͤngt / und offte die erſte Geburth hinweg ge⸗
nommen / wie bey Eain und Habel / ſo wohl Eſau und Jacob /
auch bey Jacobs Kindern / und durch die gantze Schriffk/ durch
und durch zuſehen / wie der Stein nicht hat wollen auff dem
erſten Adam ruhen / ſondern auff dem andern.
33. Ein groß Exempel haben wir an Jeſſe feinen zei i
a
Cap Dis Menſchen. 123
alsder Prophete meynete/ es folteder Altefte König werden / ſo
fiel die Wahl auff ven Züngften/ darumb dag er den Stein
hatte,
34. Diefe Wahl ift nicht von GOTT in Ewigkeit alfo be-
ſchloſſen geweſen / dann Adam wer gut und vollkommen / darzır
rein / aber er lich fich überwinden / dann der Zorn ftund im Ab
grumde/ und war mit dem Principiodiefer Welt verdecket: Und
wiſſet / dag der Verſuchbaum Adams im Paradeiß / welcher
doch nur im Abgrund ſtund / iſt aus dem Zorn⸗quall gewachſen /
und ward Adam verſuchet / ob er wolte mit ſeinem Willen an
GOTT hangen: Nichts zwang die Eva / daß ſie davon aß / als
nur die Luſt / welche der Teuffel im Zorne in ſte bracht. Hätte
fie ihre Augen vom Baume und der Schlangen abgewandt/ fie
wäre im Paradeiß blieben: Hatte fie doch das Schott ; da fie
aber dem Teuffel folgete/ und wolte Elug ſeyn / da ward fie
Naͤrriſch.
35. Alſo gehet es uns noch heute: Wir find mit dem Abgrun⸗
de des Zorns gefangen; So ſtelt ung nun der Teuffel die Gleiß⸗
nerey dieſer Welt fuͤr den Pracht / Kunſt und Reichthumb /
Daran beiſſen wir: alfo werden wir auch auſſem Paradeiß aus⸗
getrieben / und verlieren den edlen Stein.
36. Chriſtus hat die Tauffe eingefeket/ als cin Bad/ daß
wir den Zorn abebaden / und hatımsden edlen Stein/ alsdas
Waſſer des ewigen Schens zum Paten-Gelde eingebunden / dag
wir alfo balde in unferer Kindheit auſſem Zorne Fönnen fehreitenz
Aber die Schlange ftellet ih vor uns/ da wir nach dem Bers
ſuchbaum imaginiren / wie folches vor Augen ftehet / wann die
Jugend ein wenigermwächfet / fo kreucht fie in Pracht und gleif-
nerifhen Hochmuth / und feget der Schlangen das Paradeif-
Krängleinauff: Alfo fpiclet die Schlange mit ihnen / lehret fie
allerley Uppigkeit / und führet fie aus dem Paradeiß in dieſe
Welt / in Pracht und Hochmut / darzu gehoͤret Geitz / Falſch⸗
heit / das man deme kan genug thun: Alſo wird dan der edle
Stein verachtet / wo man einen Menſchen ſihet / der den Stein
traͤget / der muß ihr Narr ſeyn; Urſache / ſte haben der Schlan—⸗
gen Witz / und der den Stein hat iſt alber ohne Witz / gleich als
ein Kind / ſein Spiel ſtehet in dieſer Welt / in Kummer / Roth /
Verachtung und Elende; aber es ſtehet geſchrieben: Sie gehen
zwar dahin / und weynen / aber ſie tragen edlen Samen. Die
Ewigkeit iſt beſſer als eins kleine weile Augen⸗ luſt / md hernach
ewig Trawren.
F 2 37. Weil
124 Vom dreyfachẽn Leben Caps,
37. Weil wir denn ſolches erkennen / und im Grunde wiſſen /
daß wir alſo in ſchwerer Gefaͤngnuͤß gefangen ligen / ſo wollen
wir denſelben Grund mit der Gefaͤngnuͤß alhier eroͤffnen / ob
zemand wolte ſehen / was er doch ſey; wir wollen nicht hiſtoriſch
reden / ſondern waß wir an uns ſelber in Leib und Seele erken⸗
nen / darzu an der Welt Grund ſehen: aus unſerm eigenen
Liechte / welches wir aus Gnaden haben / wollen wir reden / und
hicht aus einem Waͤhnen / da wir muͤßen zweiffeln / ob es
wahr ſey.
38. Man ſpricht; was die Augen ſehen / daß glaubet das
Hertze: mit eigenen Augen iſt gut ſehen / der aber mit frembden
Augen ſthet / zweiffelt immer / ob der Geiſt recht oder falſch ſey.
Darumb iſts gut zu haben den edlen Stein / der gibet Gewiß⸗
heit und zeiget an die falſchen Magos, welche Hiſtorien Magi
ſeyn / und mit der Hiſtorien einher prangen / als ein Hure / die
doch wil Jungfraw genandt ſeyn / und iſt doch eines Kindes
ſchwanger. Alſo find ſie der Finſternuͤß und des Zornes ſchwan⸗
ger / und ſchreyen Doch immer: Hie Kirche / hie iſt Chriſtus /
auffet alle zus ja wohllauffet nach der Huren zu Babel / die der
Hoffarth ſchwanger iſt / gebetihr zum K indelbette / daß ſie ihren
Hurenbalck kan mit maͤſten / und ihrer glintzenden ſtinckenden
Hoffarth genug thun. Sie ſind als die Huren / welche / wan man
faget/ fie ſind Huren / wollen ſie das nicht leyden / fluchen und
laͤſtern: Alſo / wann ihnen der Geiſt der Warheit unter die
Augen tritt] ſo ſchreyen fies O Keger / Keger! Fewer her; O
fauffet / fliehet alle / dann ver Teuffel iſt da; alſo nennen ſie den
Geiſt GOttes / weil ſte ihn nicht kennen.
39: Solches ſchreiben wir nicht aus Begierde / ihrer zu fpot=
ten / denn wir erkennen das große Elend unferer Befängnüß s
fordern zu dem Ende / weil der Einfaͤltige alſo gar an ihren
Worten hanget / und glaͤubet alles was der Teuffel im Zorn aus⸗
ſchuͤttet / daß ein jeder ſoll in ſich ſelber eingehen / und pruͤfen obs
die Warheit ſey / und nicht alſo in Blindheit mit dem Zorn und
Reid eyfern / unerkantes Grundes und der Warheit.
40. Alſo haben wir genug aus der Erfahrung / daß offt der
H. Geiſt cin Teuffel genandt wird / und der Teuffel ein guter
Geitt/ und ſolches geſchicht offt unwiſſend: denn die Gleißner
fuͤllen den Laͤyen die Ohren mit Wolreden / zichen auch die
Schrifften nach ihren Begierden. 2 ein erfchreckliches Safter
iſts! das GOttes Geiſt mug vonder Bildnuͤß GOttes geſchaͤn⸗
det werden; wiewol wir nicht ſagen / das es die Bildnuͤß thut /
fonderg
Tap.7. des Menschen. 125
fondern die Schlange in der Bildnuͤß: So balddas Gemüthe
vorn GOTT gewand ift / fo hats die Schlange gefangen / die re=
gieret das / und ſpeyet Säfterung wider GOTT und feine Kin
Der aus / darumb mercket den folgenden Zert.
41. Gleich wie GOTT der Vatter felberalle Ding iſt / er
ift die Drey⸗Zahl der Gottheit) eriftdie Mayeſtaͤt / erift die
ftille Ewigkeit / erift die Natur / und darinnen Liebe und Zorn „
Der Zorn ift eine Urſache feiner Stärde und Macht / und auch
eine Urſache des Lebens / undaller Beweglichkeit / wie auch im
Menfchen die Gift und die Liebe ift eine Urſache feines Her—
tzens / feiner Mayeſtaͤt / und eine Lrfache der Drey⸗Zahl / und
der drey Principien : Und wie wir erkennen / und forne bemel⸗
det haben/ fo iftdas Fewer eine Lirfache deg Lichts / und wäre
kein Siecht ohne Fewer / alfo wäre Feine Liebe ohne Licht / das
Liecht ift Die Liebe / dann esift fanfft und holdſelig: Lind ſehen
wir / wie das Sicht und das Fewer in zweyerley Quaal ſtehet /
das Fewer ift ſtachlicht / grimmig / freffend und verzchrend/ und
das Kiecht iſt lieblich / ſuͤſſe und ſaͤhnend / als eines Leibes: Die
Liebe begehret Leib / und das Fewer begehret auch den Leib zu ſeiner
Speiſe / aber es friſſet ihn gar auff / und das Liecht zeucht ihn
auff / und begehret ihn zu füllen / es nimbt nichts von dem Leibe /
ſendern zeucht ihn auff und macht ihn freundlich.
42. Alſo verſtehet uns vom ewigen Weſen: Alſo iſt ein ewig
Weſen / und wan das nicht waͤre / fo wäre alles ein Nichts / ſon⸗
dern eine ewige Stille ohne Weſen / und das finden wir in allen
Dingen alſo. Alſo betrachten wir uns ſelber / woher ein grim=
miger und guter Wille entftehet: Dann ihr fehet am Fewer /
daß es zween Geifter hat / einer ifk der Ausgang der Hitze /und
der ander der Ausgang des Liechts: Nun iſt die Hike der Na—
tur / und das Liecht der ewigen Freyheit auſſer der Natur / dann
die Ratur ergreiffet das Siccht nicht.
43. So verſtehet uns nun alſo von den zweyerley Willen in
GOTT: Einer iſt der Natur / der heiſt nicht GOTT / und iſt
doch GOttes / dann er iſt zornig / grimmig / ſtachlicht / verzeh⸗
rend / alles an ſich ziehend und freſſend / immer uͤber das Sicht
ausfliegen / und nicht koͤnnen / wie das Fewer thut: Je hoͤher es
fleugt / je höher iſt das Liecht und mögen wohl billich zwey
Principia heiffen: Dann das Liecht begchret Wefenheit/ und
hält Weſenheit / und verzehret die nicht und das Fewer begch-
tet alles zu freſſen / und ein Nichts zu machen / und wenn es das
Nichts gemacht hat / fo wirds cine Finfternäß. Darumb hat
“* 53 GTZ
4
126 Dom dreyfachen eben Cap.7.
GOTT fich im Sicht der Sanfftmuth beweget / und die Sanfft⸗
muth angezogen/ daß das Liecht eine Weſenheit hat / das ift
Waſſer oder in Ternario Sancto der Waſſer-geiſt / der haͤlt das
Fewer gefangen / daß das Fewer alſo eine Finſternuͤß iſt / und
nicht erkennet wird / es werde denn entzuͤndet; Und ſtehet in ſich
im Hunger in der ewigen Finſternuͤß / und iſt alſo ein ſtaͤtes
Begehren.
44. Aus einem ſolchen Urkunde kommen die Teuffel / dann
es iſt der Grimm GOttes: und alles was falſch und boͤß iſt /
urſtaͤndet ſich alſo aus dieſer Matrice, und allen Geſchoͤpffe die⸗
ſer Welt / es ſey Himmel / Sternen / Erde / und was es wolle /
und hat alles eine zweyfache Quaal / als Fewer und Waſſer. In
den zweyen ſtehen alle Coͤrper / himmliſch und irrdiſch: die
himmliſchen ſtehen in des Waſſers Matrice , und haben das
Fewer verborgen in ſich: Dan die Waſſers-Matrix, welche nur
ein Geiſt ſanffter Quaal iſt / hält das Fewer gefangen: Alſo
ſcheinet die Mayeſtaͤt in der Sanfftmuth durch und durch: Und
die irrdiſchen ſtehen im begreifflichen Weſen / dan das Waſſer
iſt in der Entzuͤndung materialiſch worden / das hat der Grimm
zn Fiat zuſammen gezogen zu Steinen / und ein Theil zu Erden)
alles nach deme / wie die Natur in ihren ſieben Geſtaͤlten iſt / und
hat das Waſſer das Fewer geloͤſchet / daß alſo der Grimm in der
Finſternuͤß ſtehet / als ein verborgen Fewer.
45. Und da aber noch die Matrix iſt blieben / welche alfo vom "
begreifflihen Waſſer nicht erlifchet / iſt fie gefchaffen worden zu
Sternen: Dan ein Stern ift anders nichts als Fewer und
Waſſer / dag eraber nichtbrennet/ und auch vom Waſſer nicht
erliſchet / fo verftehen wir daß das Waſſer nicht materialifch ift/
fondern iſt gleich als ein Oele / in welchem ein Sicht brennnet /
welches nicht Waffer iſt / das das Fewer auslefchet / ſondern
hält ein ſtaͤts brennendes Liecht ohne groffe Quaal. Alfo find die
Sternen eine quinta Efkentia ‚eine fünffte Geftalt der Elemen>
ten / und find gleich wie ein Leben der Elementen / gleich wiedas
Fette eine Urſache ift in einer Ereatur/ daß das Quaal-Leben
brenner: Alfoift diefe quinta Eſſentia eine Urſache dee Sternen
brennens.
46. Die Sternen haben aber alle Urſachen diefer Welt in
fich / alles was lebet und webet / wird von ihrer Eigenfchafft er=
wecket und zum Leben bracht: Dan fie find nicht alleine Fewer
und Waſſer (wiewohl Feuer und Waſſer das vornembftein
ihnen iſt) ſondern auch hart / weich / finfter/ bitter/ fauer/ pair
un
Cap.7 des Menſchen. 127
und alle Kraͤffte der Natur haben ſie in ſich / alles was die Erde in
ſich hat: Dein cin jeder Stern hat eine ſonderliche Eigenſchafft /
alles nach den Eſſentien des ewigen Centri Naturæ. Es iſt alles
in der Schöpffung ergriffen worden und zum Weſen kommen /
alfo vielals Eigenfihafften zur ſelben Stunde im Rade der Nas
tur find offen geftanden/ als Jich die Ewigkeit hat beweger zur
Schöpfung: Und die Lufft ift ver Geift/ mit allen Geſtaͤlten
vermifchet. Gleich wie die Hitze außem Fewer auffgehet / alfo
gehet die Lufft augem Fewer und allen Krafften immer aus:
darumb iſt fie unbeftändig / baldt erwecketeine Geftaltim Cen-
tro Narurz den Geift der Lufft / garbaldt eine andere / und ift
*— ein Ringen / Siegen / und bald unten liegen / bald
oben.
47. Die gante Tieffe zwifchen Erden und Sternen ift wie
ein Gemüthe eines Menſchen: Dadie Augen bald etiwas anfe=
ben / und einen Willen darin fehöpffen / und zun Welen brin=
gen / etwan nur mit laufenden Sedancken / etwan auch in ein
gantz Weſen / daß Maul und Haͤnde zu greiffen. Alſo iſt die
Tieffe auch wie ein Gemuͤthe / bald vergaffet ie ſich an einem
Sterne / bald am anderen. Und die Sonne iſt König und das
Hertze der Tieſſe / die leuchtet und wuͤrcket in der Tieffe und
machet alſo ein Leben in der Tieffe / gleich wie das Hertze im Lei⸗
be iſt / alſo iſt auch die Sonne in der Tieffe / und die anderen 6.
Planeten machen die Sinnen und den Verſtandt in der Tieffe /
daß es alles zuſammen iſt als ein lebendiger Geiſt. Das verſte⸗
het ihr am Biehe / welches ſeinen Geiſt hierinnen ſchoͤpffet / ſo
mol an Vögeln und auch wir Menſchen nach den Adami->
ſchen Menfchen : Aber dieſes Negiment und Geift hat nicht
Göttlihen Berftand und Witz / denn eshat Anfang und Ende;
was nun Anfang und Ende hat/ das ift nicht geiftlich oder
göttlich / fondern natürlich umd zerbrechlich / wie ihr am Win⸗
de ſehet / wie baldt er an einem Orte erwecket wird / und ſich auch
vald wider leget / bald am anderen / und ſo fort.
48. Auch ſo iſt das Geſtirne Urſache aller Witz / Kunſt und
Liſt / auch eine Urſache aller Ordnung und Regiment dieſer
Welt / unter den Menſchen nach dem Falle / und auch unter den
Thieren und Voͤgeln / auch iſts eine Urſache / und erwecket alle
Kraͤuter und Metallen / auch Baͤume / daß ſie wachſen; Dan in
der Erde liget alles das was das Geſtirne in ſich hat / und das
Geſtirne zuͤndet die Erde an / und iſt alles zuſammen ein Geift7
ein Regiment / den heiſſe sch Das drifte Principinm : denn es iſt
54 das
=
128 Vom dreyfachen Leben Gap.r.
das dritte Leben in GOTT / das erweckte Leben / und nicht ein
ewiges: dan in diefem geben follen nur die grogen Wunder / fo
im Centro der ewigen Natur liegen / ins fichtbahre NBefen ge:
bracht werden welcher Figur ewig bleibet/ aber nicht inden
Eilentien, die gehenalle wieder ins Ather, wiecs war vor der
Schöpfung / alfo wird es wieder am Ende ; Aber es bleibet al=
les ſtehen von diefer Welt inder Ewigen Natur mit feinen Far⸗
benumd Geftalt/ gleich einem gemaͤhlten Wefen/ fonft hatten
die Ereaturen/ als Engel und Menfchen/ weiche ewig find/
Feine Fremde.
49. Alfo werden fie alles mächtig ſeyn / und wird doch ein
Grünen / Bluͤhen / Wachſen / ſeyn /aber ohne Erfäntnüß des
Grimmes und des Fewers: dan die Effentien find nicht mehr ein
Wefen/ darumb gibts fein Fewer: das Fewer iſt eine ewige
Finſternuͤß eine Nagung in ſich felber/ und das heiffet der
ewige Todt / davon die Schrifft an allen Enden zeuget / und halts |
für feinen Tand / dan es iſt wahr / wir reden srewlich/ was wir |
erkennen in unſerer Mutter Schos.
Das 8. Capittel.
Daß auſſer diefem irrdiſchen geben noch ein ander
geben in Uns fen. x
ES Se num ein Seben und geiftlich Regiment in der
nV Zieffediefer Welt an allen Enden iſt / daß al=
ſo alle Creaturen gleich als wie in einem Leibe
beſchloſſen ſind / der ihnen Leben / Nahrung /
Witz und Kunſt gibt in allen Geſchlechten / in
Menſchen / Thieren / Voͤgeln / Fiſchen / Wuͤrmen / Bäumen
und Kraͤutern / einem jeglichen nach feiner Eſſentien Art: Alſo
iſt noch ein Leben in dieſer Welt und auſſer dieſer Welt / in der
Ewigkeit / welches der Geiſt dieſer Welt nicht ergreiffet / das
hat alle Eigenſchafften dieſer Welt in ſich / aber nicht in ſolchen
entzuͤndeten Eſſentien, denn es hat kein Fewer: wiewohles
Doch ein mächtig Fewer hat / aber es brennet in anderer Quaal / als
im Begehren. Es iſt ſanffte und linde ohne Wehe: Es ver—
zehret auch nichts / ſondern ſein Geiſt iſt Liebe und Freude / ſein
Fewer macht Mayeſtaͤt und Glantz / und das iſt von Ewigkeit
imner geweſen. Es hat feinen Grundt: es hat ſein Wachſen
und Bluͤhen / aber nicht aus ſolcher Erde / und iſt doch ra
welche
En. des Menſchen. 129
welche ich in meinem gansen Buche die Wefenheit heiffe; Das
es ift der ewige scib / ohne einigen Mangel. Es ift Feine Noth /
Sammer oder Elende darinnen / man weiß nichts Davon / esift
auch Erin Todt / Zeuffeloder Zorn darinnen erkandt / ſondern
ſtehet alles in der Finſternuͤß im erften Principio verborgen.
2. Und dieſe Welt/ verftehe die Englifche Welt / heiffen wir
Ternatium Sanctum, undgangrechtalfo: Dbgleich die $atei=
nifhe Sprache nur die Drey-Zahl damit verfichet / ſo begreif⸗
fets doch die Natur-Sprache zufammen als einen Leib: denn
gleich wie diß Priucipium diefer Welt alles zuſammen nur cin
Leib iſt; alſo iſt GOTT / Himmelreih / Engel / Menſch / und
Paradeiß mit allem himmliſchen / Goͤttlichen Weſen und Eia
genſchafften / alles nur ein Leib / derheiffer zufammen GOTTI
Mapeftat und Ewigkeit. Denn die Mayeftaͤt iſt deſſelben Lei⸗
bes Liecht / und der heilige Geiſt iſt feine Lufft und Lebens Geiſt—
aber die Creaturen haben ihren eigenen Lebens-Geiſt aus fich
ſelber: Denn ein jeder Engel und Menſch iſt gleich wie der
ganze GOTT.
3. Er hat in ſich auch die Drey-Zahl/ und der heilige Geiſt
gehet in Ihm auch aus/ gleich wie ihr fehet im Gleichnuͤß ein
gluͤend Eiſen: das Eifen bedeut die Creatur / Das Fewer darin
nen bedeut die Gottheit / Die Hite des Eifensder Ereatur eige=
nen Geiſt / die Lufft aus der Hitze / welche feine Quaal hat / bes
deutet den H. Geiſt.
4. Alſo geben wir euch dieſe hohe Dinge in groſſer Einfalt
genug zu erkennen: wil nun jemand blind ſeyn / dem helffe
SOLIT ! und können euch alſo mit rechtem Grunde darſtellen /
was der Menfch vorm Fall gemefen ift/ und was er im Fall
moıden iſt / und was er in der Newen 8iedergebuhrt wieder
wird / und was ernachdiefem Leben ſeyn wird, Denn wir wife
fon / was er im Tode und in Leben iſt / und wiſſen auch / was
er in der Hoͤllen iſt / und ſolches nicht aus unſerer Witz / welche
groͤſſer ſey als aller Lebendigen / ſondern in der Mutter Schoß /
in der Mutter Geiſt. Ich bin todt / und als ein nichts / ſo ich
alſo rede und ſchreibe / und ſchreibe nicht aus mir ſelber / ſon⸗
dern aus der Mutter / aus ihrem Wiſſen und Sehen; und da ich
doch lebe / gleich allen Menſchen / in Angſt / Muͤhe und Arbeit /
in Furcht und Schrecken / in Anfechtungen als alle Menſchen:
Dann ich habe auch Adams Pelz an/ und lebe in ver Hoff⸗
ung Sfracls.
5. Alſo wiſſet nun / auff ar abe unfer Batter #=
$ Edge
130 Vom dreyfachen Leben Cap;
dam im Paradeiß im Leibe GOttes geweſen / und iſt ausgangen
in den Leib dieſer Welt/ in das Regiment der Sternen md
Elementen] die haben nun den $eib und auch den Geiſt gefanz
gen / biß auffdie arme Seele / die iſt in der Wurtzel dieſer Welt/
zwiſchen Himmel und Hoͤlle: Die Hoͤlle und Zorn hat ſie an die
Finſternuß und Zorn⸗quall hart angebunden an eine feſte Ket⸗
ten / die heiffet Centrum Naturæ: Aber GOTT ift ihr wieder
zu Hülffe kommen / und ift Menfch werden/und hat die Menſch⸗
liche Seele wieder in ſeinen himmliſchen Leib genommen / und
wieder an ſich / an Chriſto / feſte angebunden: Alſo ſtehet die
Seele im mitten / unten im hoͤlliſchen Fewer / und oben in
GHTTim Himmel: Wo ſie nun ihren Willen hinſchwinget /
und ſich hin ergibt / da iſt ſie / deß Knecht iſt ſie / aus der Hoͤllen
iſt kein miederruffen.
6. Du groſſe Hure zu Babel / of num Göttliche Gewalt)
fo hilff dir ſelber und ung / allhier befiche dich mit deinen Traͤu⸗
men; Kanftu fo reig die Ketten / alsdas Centrum Naturz ‚ ent⸗
zwey: Aber es heiffet/ ihr muͤſſet newgeboren werden / Das
Böttlihe Fewer muß in euch engündetwerden/ gleich wie ein
Eifen glühet/ dan greiffetsder Bawer mit feinen Händen wohl
nicht an / alfo auch der Teuffel die Seele nicht: Dann er vers
brennet ſich er hat Finſternuͤß: Sp er ans Liecht kaͤme / fo
duͤrfften wol ſeine grimmige / neidiſche boͤſe Stücke gefchen wer⸗
den / er ſchaͤmet ſich deß / und verkreucht ſich in die Finſternuͤß /
wie Adam und Eva hinter die Baͤume; der Biſſen ſchmecket ihm
nicht / er reucht nicht gerne ſolch Fewer / denn es iſt ſein Gifft:
Wuͤſte er ein Bißlein oder Fuͤncklein ſolches Fewers in ſeinem
gantzen Hauſe / er litte es nicht / oder lieffe ſelber daraus / wie er
dan auch vom Menſchen fliehen muß / wenn das Feuer Gottes mit
Der Newen Gebuhrt in ihn komt. O wie zaghafft und matt wird
er / wann die Seele anfaͤnget fein Schloß zu ſtuͤrmen! wie huns
dert taufend Liſt erdencketer dagerdie Seele vom Sturm abs
lite / O! wie fchmeichelt er / und ſtrewet der Seelen Zucker auff/
und miſſet ihr groffe Heiligkeit zu / als habe fie Göttliche Ge⸗
walt / fie fey fein Sünder mehr / big er fie möchte auff die Zin⸗
nendes Tempels bringen / daß fie fich erhebet: O wie ſchuͤret er
zu! welche gute Gefellen führer er ihr zu / bifdie guten Gefel-
len anfahen / voneigener Heiligkeit und Macht zu fpielen / wie
die Antichriftifche Kirche zu Babel nun lange gethan hat. Dicfe
Zeit hat der Teufel Friede / Nicmand ſtuͤrmet ihme die Hölle,
und er kriegt gute feiſte Braten / die ſchicket er zu S. Petro mit
tinem
Cap. 8. des Menſchen. 131
einem guten Paſſport: Wo nun Petrus im Abgrunde iſt / ſo
wird er ſie wohl leſen; Iſt er aber nicht da / ſo lieſet ſte der groſſe
Fuͤrſt Lucifer, dem dienet fie wol.
7. O lieben Kinder / ſehet doch nur / in was Elende wir gefan⸗
gen liegen / in welcher Herberge wir daheime ſind / denn wir ſind
vom Geiſte die ſer Welt gefangen / er iſt unſer Leben / er nehret und
fuͤhret uns / er regieret in uns / in Marck und Beine / in Blut und
Fleiſch: Er hat unſer Fleiſch irrdiſch gemacht / daß wir alſo im
Tode gefangen ligen / wir ſchwimmen im Waſſer biß ans Maul /
wie der Prophet David ſaget: Das Waſſer gehet mir biß an die
Seele: Groſſe Farren haben mich umbgeben / ich wohne unter
Nattern und Drachen.
8. Ach du jammerlichesund elendes mühefames geben / wie
biſtu alſo todt / ſchwimmeſtu doch nur im Waſſer in einer Hand
voll Blut / und ſtoltziereſt auch alſo? Was iſt nun deine Schoͤn⸗
heit / deine Pracht / Ehr und Gut / betrachte dich doch nur / ſuche
dich / und finde dich / gehe auß aus dieſem gefaͤhrlichen Leben / von
den Nattern und Schlangen / in ein ewiges / haſtu das doch in vol⸗
ler Gewalt: Wer anders lehret und redet / der redet aus dem
Teuffel / welcher nicht wil geſtehen / dag der Menſch Macht Habe
Gottes Kind zu werden: Da doch die Schrifft ſaget / GOtt hat
den Menſchen in Chriſto Macht gegeben / Gottes Kinder zu
werden: Und Gott wil daß allen Menſchen geholffen werde:
Und du biſt wicht ein Gott / der das Boͤſe wil / oder dem gottloß
Weſen gefalle / und wie Hezechiel: So war ich lebe / ich begehre
— * den Todt des armen Suͤnders / ſondern daß er ſich bekehre
und lebe.
9. Denn es iſt kein anderer Wille in GOtt / als ſelig zu machen
was verlohren iſt / darumb ſol kein Menſch verzagen: Denn ſo ſich
der Seelen⸗Geiſt recht erhebet / ſo iſt er ſtaͤrcker als Gott / und
uͤberwindet Gott: dan der Zorn iſt auch Gottes / und iſt Gottes
groͤſſeſte Macht / die uͤberwindet er; er iſt ſtaͤrcker als der Hoͤllen
—— er kan Berge verſetzen ohne Sturm / nur mit ſeinem
Willen.
10. Dan durch den Willen Hat Gott Hiumel und Erden ge⸗
ſchaffen: Und ein ſolcher maͤchtiger Wille iſt auch in der Seelen
verborgen / und ſchwimmet nun da im Elende / in groſſer Unmacht /
im Sincken des Todes / iſt angebunden / und laͤſſet ſich fuͤhren als
eine arme gefangene Creatur aus einem Schlamm in den andern.
Jetzt ſuͤhlet ſie der Teufel in dieſen Pfuhl / Sald in einem andern /
Ind ſehet aus wie ein beflecktes = I voll Unreinigkeit: an
ie - e
132 Dom dreyfachengehen Cap⸗s.
le Sternen (hätten ihren Gifft in Leib / und befudelen die arıne
Secele: Sie muß ſich mit allen Thieren laffen beſudelen /der Leib
friſſet der Thiere Fleiſch / damit wird die arme Seele bekleidet.
11. Weiſtu warumb GOtt den Juden etzlich Fleiſch verbot?
Zuͤnde ihr Fettes an / und betrachteihre Eigenfchafft / fo ſteheſtu
es. Die arme Seele iſt ein Fewer das da brennet / wann num eine
ſolche Eigenſchafft in der Seelen⸗Fewer komt / was meyneſtu / ob
GOtt alda innen wohnen werde? Darumb lehret uns Chriſtus
und ſaget: Seid nuͤchtern und maͤſſig in Eſſen und Trincken:
Waͤchet und betet/ denn ewer Wiederſacher der Teuffel gehet
umbher / als ein bruͤllender Loͤwe / und ſuchet welchen er verſchlin⸗
gen moͤge.
12. Alſo ſehet ihr / wie wir in einem dreyfachen Leben ſtehen:
Die Seele ſtehet auffem Abgrunde zwiſchen zweyen Principien,
und iſt an beyden angebunden / und der Leib iſt bloß in dieſer
Welt / der lebet vom Geiſte dieſer Welt / darumb ſuchet er auch
nur Freſſen und Sauffen / Macht und Ehre / dann er gehoͤret in
die Erde / und fraget wenig nach der armen Seelen / welche aus
der Ewigkeit iſt. So ſollen wir nun den Leib zaͤhmen / ihme nicht
Raum laſſen / feine Begierde daͤmpffen / nicht füllen wenn er wil /
ſondern nur zur Nothurfft / daß er nicht ein geiler Eſel werde /
und den Teuffel zur Herberge einlade.
13. Die arme Seele folwachen und beten / und ſtaͤts ihren
Willen in Gottes Willen ſetzen; Sie ſoll dem Leibe nichts zu
laſſen / ſie habe ſich dan zuvor GOtt ergeben: Sie ſollan aller
ihrer Macht keinen Gefallen haben / ſondern ſich nur blog in
GoOtt werffen/ als wäre fie ummächtig/ und vermöchte felber
nichts / da ſie doch ſtarck iſt: Sie ſoll ftäts aus lich felber ausge⸗
hen / aus ihrem natuͤrlichen Willen / und in GOttes Willen fal⸗
len / ſo kan ihr der Teuffel nichts anhaben.
14. Es thut dem Leibe wol ſchmertzlich wehe / daß ſein Will
und Begehren gebrochen wird; Aber es hilfft nicht / Ewig iſt
lange / der Leib hat nur eine kurtze Zeit / fo faͤhret er heim in feine
Mutter / und weiß nicht welchen Augenblick der Todt komt / fo
muß der Leib fort / in ſeine Mutter: as dan laͤſſet er die arme
Seele hinfahren / wo fie hin kan / er iſt gar ein untrewer Nachbar
either Selen,
%
Eap.8. des Menfchen. 133
Dierechte offne Pforte.
Wie fih.ein Menſch firchen und felber finden kan;
Woher er feinen Anfang habe] und was erendlich
wieder werde.
15. She Menſch / betrachte dich / was du von deinem Anfang
bift/und was du in deinem Ende wieder wirft/fo wirftu
gewig finden / wo du daheim bift / in welcher Herberg dur gefan⸗
genligeft: Auch wirft finden / wie du zugleich ein Menfch und
ein Thier biſt / dur wirft den ſchweren Fall wohl ſehen / ift aber ein
Fuͤncklein aus GOttes Liecht in dir / denn kein Thier begreiffet
das / denn es urſtaͤndet nur aus dem Leben dieſer Welt: Und
darumb erkennen wir / daß noch ein ander Leben in Uns iſt / in
deme wir den Grund dieſer Welterfennen: Denn wan wir aus
dem Leymen oder Erden dieſer Welt wären / fo wären wir Leym
und Erden / wie ein Viche/ Das feinen Verffandt hat / wir koͤn⸗
ten nicht den Grimd diefer Welt erfennen: Denn ein Topff
Fennst nicht feinen Töpfer / amd ein Were den Meifter /alfo er⸗
kennet auch das Vieh nicht feinen Meiſter / eshat auch Feine
Begierde nach Ihme / denn es weiß nichts von Ihme / feine Be⸗
gierde iſt nur ſich zu fuͤllen / nehren und mehren / wie das Centrum
Naturæ an ihm ſelber iſt welches keinen Verſtandt vom hoͤhern
Weſen hat: Denn es hat ſeinen eigenen Geiſt / daß es lebet und
waͤchſet / und dan ſich wieder verzehret / und das thuts einmahl als
das ander: Dan ein ſolch Weſen iſt das Band der Ewigkeit /
welches Natur heiſſet.
16. So haben wir Menſchen noch eine hoͤhere Wiſſene und
Erkaͤntniß / dann wir koͤnnen allen Dingen ins Hertze ſehen / weß
Weſens und Eigenſchafft es ſey: Auch fo Haben wir noch ein
ander Saͤhnen und Begehren nach einem andern Weſen und
Leben / welches nicht thierifch und vergaͤnglich ift / und auch nicht
elementiſcher irrdiſcher Speiſe begehret.
17. So erkennen wir nun / daß ein jenes Sehen begehret feiner
Mutter] daraus es urſtaͤndet und darinnen es ſtehet / als uns
zu erkennen iſt / daß ein jedes Leben begehret das beſte / ſo in ſeinem
Centro iſt / als das Hertze oder Oleum, in welchem das Fewer
brennet / und das Leben offen ſtehet / daß es cin Leben it.
18. Denn ein jedes Leben iſt wie ein Fewer / und iſt doch auch
die Quaal des Fewers nicht das rechte Leben / ſondern die Tiuctur,
welche außm Fewer urſtaͤndet / die iſt eine liebliche Wonne / und
57 iſt
134 Vom dreyfachen Sehen ap. 8.
ift die Sreyheit der Natur / dann die Natur fichet in groffer
Angft/und zwinget fich fo harte mit Begehren nach der Freyheit /
bigjiedie erreichet: und wenn fie die erreichet / fo ift die Natur
eine Schärffe in der Freyheit / und wil immer die Freyheit in fich
freffen / daß ſie moͤchte gantz zu einer Freyheit werden / und kan
doch nicht / je mehr fie ſich ergrimmet und erhebet nach der Frey⸗
heit / je gröffer wird die Tinctur der Freyheit: Alſo bleibet Die
Natur ein Fewer / und die Frepheitein Sicht: Was die Tinctut
kamet das friffet das Fewer / denn die Tindur machet Weſen⸗
heit] ihr Centrum ift fanffte/ und ift ein Sincken / gleich wie
das Fewer ein Aufffteigen.
19. Weilaberdas Sicht} alsdie Tinctur Wefenheitmachet
in feinem Sinden / dag es eine Wefenheit gleich dem Waſſer in
dem Liechte ift/ und doch nicht Waſſer / fondern folher Geift und
Quaal / fo friffet das Fewer diefelbe Weſenheit in fich/ un? davon
erlifcherfein Grim / umd ſteiget auff in der Weſenheit / und bren⸗
net gleich alsein Fewer im Oele / und das iſt das rechte natürs
liche Leben aller Creaturen / und heiſſet Tintar.
20. Nuniftaberdig Leben zerbrechlich / denn es anfaͤnget ſich /
und ſtehet nur in vier Geſtalten / als in Fewer / Lufft / Waſſer / und
in der Weſenheit / welche Leib iſt: Und beſcheiden wir euch noch
eines in dieſem Tin&ur-$chben/ als ihr das natuͤrlich ſehet / dag
aus jedem Fewer eine Quaal ausgehet / als Lufft / das iſt alſo ge⸗
ſtalt. Wenn das Fewer die Weſenheit in ſich mit Gewalt friſſet
und anzeucht / ſo fleucht die Weſenheit auch wieder mit Gewalt
aus der Qual des Fewers / denn ſie iſt alſo ſubtil, daß ſie das
Fewer nicht kan halten / und iſt alſo ein Angichen ‚und wider fli⸗
hen: denn das Fewer wil mit Gewalt das fliehende wieder ha⸗
ben / und iſt ein immerwaͤrender Streit.
21. Alſo ſehet ihr das / und iſt gantz offen / wie das Lebens⸗
Fewer die Lufft von ſich laͤſſet / denn ſie wil auch nicht ins Fewers⸗
Qual bleiben / ſondern fleucht mit Macht / und deß Fewers⸗Qual
zeucht die immer wieder in ſich: Alſo wird das Fewer auffge—
blaſen / ſonſt erſtickete es / und würde ſtuſter: Aus denen Urſachen
greiffets alſo nach der Weſenheit als Lufft / denn keine Qual be—
gehret das einſchlieſſen des Todes / und das heiffet auch Todt /
wan das Leben eingeſchleſſen iſt. Weiter iſt fein Todt / denn in
der Ewigkeit iſt nie kein Todt geweſen / wird auch noch keiner
ſeyn / ſondern das man den ewigen Todt heiſſet / iſt eine Einſchlief⸗
ſung der Tinctur, da die Tinctur weichet als eine Figur / ſo bleibet
das Cemrum als der Fewer⸗Qual in der Finſterniß / und quillet
in
Cap. 8: des Menfchen. 135
ineitel Grimmigkeit in fich felber / und mwolte gerite wieder die
Tin&urerreichen/und hat doch auch feine Macht/denndieTin&ur
ift alleine die Macht/welche das Fewer aufbläfer.
22. Allhie beſinnet euch der Höllen ımd des ewigen Todes)
denn alſo ifter/ und verſtehet / das die Teuffel die Tin&ur der
Sanfftmuth verlohren haben / welde nun ein grimmig Fewer⸗
Qual ohne Wefenheit find / denn fie haben keinen Leib: Und dan
zum andern beſinnet euch des Elements Waſſers / wie fhr erkennet
dah es ſich im Geiſte der Creatur urſtaͤnde / alſo auch in der Tieffe
der Welt / welche auch ein Geiſt iſt / und hat ein ſolch Leben wie
eine Creatur. Und dan zum dritten beſinnet euch / wie zweyerley
Fewer ſeynd / ein hitziges und ein kaltes: Dan was die Hitze
mit Anziehen thut / das thut auch die Kaͤlte die machet Waſſer zu
Eyß / und machet ihme einen fremden Leib / aus der Weſenheit/
die nicht ſein iſt.
23. Alſo geben wir euch durch dieſes hochthewer zu erkennen
den Fall Lucifers, welcher alfs auch ins Centrum Naturz griff / in
die herbe Marricem, und erweckete diefelbe / dag fie die Wefenheit
zufammen zoch/ dag Erde und Steine find worden, Sprichſtu /
warumb lied GH das zu? Ermwarein Fürfte und Thron der
Engel /un® ward mitder erften Schörffung geſchaffen / darumb
weil ereine Urſache des dritten Principii , verfichet der Außge⸗
buhrt / war) ſo nennete ihn auch Ehriftus einen Fürften die⸗
fer Welt: Dann er hatte einen freyen Willen / wie wir
Menſchen.
24. Wir machen auch offte Wercke die wider GOTT ſind /
nur zu unferer Pracht und Ehren / wie man dasandengroffen
Schlöffern und Häufern fichet: Alfo wolt Lucifer auch alsein
GOTT und Schöpffer ſeyn: welches alles wäre hingegangen /
denn das iſt nicht fein Fall / fondern das ift fein Fall} daß er des
Fewers Matricem erweckte / und wolte über die Sanfftmuth des
Herkens GOttes herrſchen: Das ift num fein Hölle/ und hat
GOTT diefelbe Hölle mit dem Himmel gefangen / alsmitder
Waſſers Matrice: Dan der Locus diefer Welt folte ihıne im
Fewer brennen/ fo bewegte ih GOTT zur Schörffung / und
ſchuff fo ward Waſſer / welches feine grimme Hölle gefangen
halt/ und das iſt die Urſache des Meers / und dergroffen uner⸗
gruͤndlichen Waller / dagandenfelben Enden ift die Matrix Na-
tur alfe hartim Fewer entzuͤndet geſtanden / und geben euch diß
zum Exempel.
25. S:ht an Sodom und Gemorra: Als derer Sünde
groß
136 Vom dreyfachen Leben Cap. 3
groß ward / und der Teuffel alda wohnete / und wolte alſo ein
Reich alda erhalten / fo ließ es GOTT gefchehen / dag der Fuͤrſt
dieſer Welt dieſe fuͤnff Koͤnigreiche mit Fewer und Schweſel an⸗
zuͤndete / in welchen der Teuffel vermeynete zu wohnen: Aber
gleich wie der Teuffel vermeynete / alda Herr zu ſeyn / und eine
Wohnung zu haben / alſo gedachte GOTT ihme feinen Hoch⸗
muth zubrechen / und ließ an dieſelbe Orte Waſſer kommen / und
legte ſeinen Pracht.
26. Und haben wir def ein herrlich Exempel wie GOTT
für feine Kinder / welche ihm anhangen / forget / denn als er
fahe den Grimm führete er Soth aus Sodom. Und zum ans
dern habt ihr diefes ein groß Exempel dag wann GOttes Zorn
angebrandt iſt / wie ers feinen Kindern zuvor anzeiget / daß fie
ſollen fliehen/ wieers Abraham und Loth anzeiget und fte hieß
fliehen / affo bat ervon der Welt her gethan.
27. Dan die Propheten waren anders nichts / als das fie
GOttes Zorn ankuͤndigten / und hieffen die Kinder GOttes flie=
hen / wie diß an Jeruſalem / und am Juͤdiſchen Volcke genug zu⸗
ſehen iſt / und von der Welt her bey allen Voͤlckern immer geſche—
henift. Darumb mache ſich Niemand blind | und denke
nur eben] was folche Anzeigung und Offenbarung bes
deute / fo jetzt der Welt fuͤrgeſtellet wird: Es ift die Di
deß Untergangs des Drachens mit der Huren Babel ]
die foll hinunter in Abgrund : Wer nun nicht fliehen wil /
der fen Doch gewarnet 5; Wer ihr Mahlzeichen wird fürs Licht
bringen / der wird des groffen Spott und Schande haben / reden
wir / als wir follen.
28, Die Morgenröthebrichtan/ die Sonne wird bald auff⸗
chen : Halts vor keinen Tandt / eg ift beſchloſſen und er=
Fandt worden in Ternario Sandto, Schetdie Schrifft⸗Of⸗
fenbayrıma an/welche die Sophiften lieber aus der Bibel würffen;
aber ihr Berftand wird bald grünen : Dan ſtehen die Krämer
des Thiers und der Huren in groffen Schanden / und wird Nie»
wand ihre Waare mehr Fauffen.
29. Es zerbricht die Hure Fein Schmwerd / ſondern ihr eigen
Mund erſticket ſie dames find nur Säfterungen und fügen dars
innen / und da fie doch erſcheinet / alswäre fie BOTT. Dar:
umb fagen wir / es habe ein jederacht auff feine Sachen / bebet
eure Haͤupter auff / wie Ehriftus fpricht / denn die Zeit eurer
Erloͤſung it nahe : Ihr ſeyd mit Waſſer getauft Z aber der
wis
«
Cap.8. des Menſchen. 137
mit dem heiligen Geiſt tauffen wird / und mit Fewer ſei⸗
nes Zorns / iſt ſchon auff der Bahn / blendet euch nur hicht.
30. Alſo verſtehet uns recht von des Menſchen Leben / wie
wir jetzt haben bemeldet: Dieſes jetzt bemeldete Leben iſt im Bie⸗
he einſach / denn es urſtaͤndet nur im Principiodiefer Welt / in
Matrice Naturæ, welche allenthalben ein ſolcher Geiſt iſt und
ein ſolch Leben in ſich ſelber / und im Menſchen zweyfach: dan
der Menſch hat auch das Leben dieſes Principii in ſich / er begeh⸗
ret aber noch ein ander Leben / das da hoͤher und beſſer iſt / als
dieſes. Wo nun ein Begehren iſt / da iſt eine Mutter / die das
Begehren ſelber iſt / denn kein Begehren kan ſich ſelber mache /
es muß aus ſeinem Willen entſpringen / und der Wille aus der
Tinkur, welche des Willens Leben iſt.
31. Alſo wiſſen und gründen wir / daß in der Tinctur des
Prineipii dieſer Welt / als im Leben dieſer Welt / noch eine an⸗
dere Tinctur iſt: Des haben wir eine Erkäntnug in uus ſelber /
waͤre keine andere Tinctur, ſo begehrete das Leben nicht mehr.
Wir koͤnnen aber nicht ſagen / daß das aͤuſſerliche Leben etwas
sicht begehret / Das begehret nur feiner Mutter / als des Prin-
eipii dieſer Welt / dan es iſt nur auch ein Geiſt darinnen / dan
fein Principinm begehret ein anders.
3. Ein brincipium iſt ein eigen Leben / und hat ſein Centrum
zur Natur / und darumb heiſſen wirs Principium, daß ein gantz
Regiment darinnen iſt / als wie in der Ewigkeit / das nichks hoͤ⸗
hers noch mehreres begehret / als nur das jenige / was in ſeinem
eigenen Centro mag erbohren werden: Wie ihr dig am Himmel⸗
und Höllen-Neich. gut nachdencken habet / dander Himmel bes
gehret nur Göttliche Weſenheit / und die Hölle grimmige / moͤr⸗
deriſche / feweriſche / herbe / hochfliegende/hartgebährende/und was
des Zorns Eigenſchafft iſt im Fewer.
33. Alſo dennoch ein Begehren in uns iſt nach dem hoͤchſten
Gute / und nach der Ewigkeit x So iſt daſſelbe Begehren aus
dem ewigen und hoͤchſten Willen / aus dem hoͤchſten Weſen / und
fein Leben iſt aus der hoͤchſten Tinctar: Dan wo ein Begehrem iſt /
da iſt Fewer / dan das Fewer begehret Weſenheit / das es zu zehren
hat / und kan doch ſelber keine Weſenheit machen / ſondern es
machet die Tinctur, und die Tinctur machet die Weſenheit / wie
oben bemeldet worden. Br
34. Nun ift die Tinftur eine Creatur / dan fichat Leib / ob
wohl nicht faßlich / noch ifts eine Weſenheit / undiftder Ber:
ſtand in der Tinctur, denn fie iſt ein Ringen mit dem se Pr
eucht
138 Vom dreyfachen Leben Cap. 8,
fleucht vorm Fewer / und kan doch auch nicht / dan das Fewer
gebichret ſie / und zeucht Me immer wider in ſich / und fie reiſſet
immer mit der Weſenheit aus dem Fewer / und iſt eine Geſtalt /
wie der Menſch Athem holet.
35. So geben wir euch nun recht zu erkennen: Ihr ſehet wie
die Tinctur ſcheinet / und in dem Scheinen iſt kein Bewegen /
ſondern ein ſtaͤter Glantz / und iſt doch alle Krafft im Glantze /
wie in der Tinctur, und iſt eine ewige Stille / und die Tinctur
iſt das Bewegen / und auch das Leben: Alſo verſtehet uns recht
und hoch / dan es iſt der tieffeſt Grund im Himmel. Das ander
Begehren im Menſchen nach dem hoͤchſten Gut iſt die Seele /
denn ſie fichet in der ewigen Mutter / denn ein jedes Beachren
urſtaͤndet ausfeiner Mutter:So ift dig ein Begehrender Ewig—⸗
keit umd nicht der Ewigfeit / fondern der Tindurder Ewig⸗
keit / und der Mayeftätals des Glantzes inder ftillen Wonne /
wie jetzt bemeldet. So nun ein Geiſt in ſeiner Mutter iſt / ſo
begehret er nicht heraus / er wil auch nichts mehr / als nur was
in der Mutter iſt / was in ſeinem Centro iſt; Nun finden wir
aber und verſtehen das in unſerm Gemuͤthe / daß die Seele aus
dieſer Mutter wil / darinnen ſie jetzt ſtehet / und nicht allein die⸗
ſes: Sie begehret ihrer Mutter» Haus/ als ihre eigene Tin-
Eur, und die Mayeſtaͤt und die ewige Ruhe aus der Tinctur.
36. Alſo finden und gründen wir / und habens in warer Er⸗
kaͤntnuß / daß die arme Seele im Geiſte und in der Tinctur Die»
fer Welt gefangen ligt in einer frembden Herberge / und hat
nicht ihr Liecht der Mayeftät : Denn hätte fiedas / fo ruhete ſie /
und beaehrete nichts mehr : Und finden wir / daß fte im Tode
gefangen liget in groſſer Unmacht; denn hätte fieihre Tindur,
fo fchiene die Majeſtaͤt in ihr / inderfie ein Kind GOttes if.
37. Alfo fagen wir / ift die arme Seele Adams vom Geiffe
und Principio diefer Welt gefangen worden undhatdie Tin-
eur diefer Welt in fich genommen / da denn alſobald die Ma—⸗
yeſtaͤt und Glantz GOttes iſt in feinem Principio ftehen blieben:
Dan die Seele ſetzte ihren Willen mit dem Begehren in Geiſt
dieſer Welt / und gieng ſelber darein: Alſo ſchloß GOTT den
Himmel in der Seelen / daß fie feine Mayeſtaͤt nicht mehr ers
kandte: Da war Jammer und groß Elende / eine ewige Crea⸗
tur gefangen zu ſeyn in einem andern Principio , in einem an⸗
dern Centro.
38, Albier wurden der Seelen die fieben Siegel für das Buch
des ewigen Sehens geſchloſſen: denn ihres Lebens Centrum war
a
wi
Er des Menſchen. 939
zugeſchloſſen / und jm ewigen Tode gefangen / fie Fondte feine
Geftalt ihres Sebens-Centrimehrregen: Sie lag in der Höllen
mie ein Todtenbein/ der Drache hatte Heim Rachen / denn fie
war im Haufe des Elendes /da war Niemand, der helffen Eondte/
kein Engel / Fein Thron-Fürft / Feine Creatur / und Eontihme
der Selen Centrum auch nicht helffen / denn ihr Fewer war er⸗
loſchen: Der Geift diefer Welt hatte es in fich geſchlungen:
denn der Seelen Willen war im Geift eingegangen / und hatte
ſich einvermälet z Er war in einer andern Mutter / als es noch
heute iſt: So nun die Mutter dieſer Welt wäre zubrechen / als
ſie dan zerbricht / ſo waͤre die Seele im ewigen Todte / in der
Finſterniß geſtanden: Alhier war der Rath gar aus / die fchöne
Ereatur war vom Reiche der Hoͤllen gefangen / die triumphierte
daruͤber.
Die hochthewre Pforte.
39. 2) Reh war in derganken Gettyeit fein Raht / es würde
dan das ewige Wort und Hertze GOttes ein Menſch /
und gienge ins dritte Principium , ins menfihlich Fleiſch und
Blut ein / undnähmerine Menſchen-Seele in ſich / und gienge
in Zodt zu der arınen Serlen / und nahme dem Todt fein Ges
walt: derdie Seele gefangen hielt: und der Höllen ihren grim⸗
migen Shachel/ welcher in der armen Seelen alfo ftach/und fuͤh⸗
rete die arme Seele aus Dem Tode und aus der Höllen in fich
felber aus.
40. Und fehet ihr alhie nach deine das Wort Menfch ge-
worden / hat fich derfelbe Menfche laffen ans Creutze hangen /
und ift am Ereuß in Todteingegangen: Verſtehe / der Newe
lebendige Menfch aus GOtt gebohrengieng in Todt und in Ab⸗
grund / und zubrach den Todt in der Seelen / und eröffnete das
Centrum der Seelen: Denner brach alle fieben Siegel des Cen-
tri Naturz, dag die Seele wieder eigenmächtig ward / dan er
zündete wieder an das Göttliche Fewer inder Seelen / daß die
Seele wieder aus ihrem eigenen Fewer Die ewige Tindtur
erreichete.
41. Alfo kam ſie wieder in ihre erfte Mutter) in Krafft und
Wayeſtät / und der alte Adna hieng am Creutz als ein Fluch
allen Teuffeln zu Spot Dã mochten fie nun mit machen / konten
fie viel / als fie denn geſchaͤfftig waren bey den Sophiften und An-
tichtiſten den Phariſeern: Da licffen die Teuffelnun mit den
anderen Liſten zu Winckel / und verdecketen die Aufferftehung
Durch die Drachen⸗Diener / die Phariſcer / welche doc) Fe
s GENE
240° Vom dreyfachen Sehen Cap.s.
Gottes Diener ſeyn / und dieneten aber dem Teuffelin feinen
Sügen: Wie noch heute geſchiehet da man den Todt unddie
Krafft Chriſti einſchleuſt / und verleugnet.
42. Dieſes Creutz haͤngen iſt anders nichts / als wie die Seele
auffm Creutze im Centro Naturz urſtandet auſſem Verbo Do-
gwini, da der Rahme der Drey-Zahl ſtehet: Alda hat ſich das
Wort des Batters beweget / und iſt in die Menfchheit/ wie forne
vonder Jungfrawen gemeldet / eingegangen / und ift auffindreus
in der ewigen und irrdiſchen Jungfrawen Menſch worden / und
hat den alten Menſchen ſambt allen Teuffeln und ihren Hoch⸗
muth auffin Creutz ſchaw getragen / und den Todt am Creutze
erwuͤrget / und Durch ihn durchgebrochen / und alſo den Adami⸗
ſchen Menſchen mit Fleiſch und Blute im Tode ſchaw getragen /
und von ihme alle Irrdigkeit geworffen / und mit Gewalt durch
ven Todt ins Lebenbracht: Alfoifterin GOTT newgebohren /
und ſitzet auffm Regenbogen auff der Weſenheit und Farben der
Ewigkeit / in der Krafft der Mayeſtaͤt / und iſt ein HErr Him⸗
mels und dieſer Welt / und ein Richter der Hoͤllen / und eine
Maͤcht uͤber den Todt.
43. Und habt ihr dieſes einen gar gerechten Grund / die ihr in
Chriſto wiedergebohren werdet: Day gleich wie Chriſtus ſeinen
Leb / den er in Maria feiner Mutter empfing / beydes Him⸗
liſch und Irrdiſch wieder aus dem Tode fuͤhrete / und nur die irr⸗
diſche Quall / als den Geiſt dieſer Welt / von ſich warff: Alſo
muͤſſen auch unſere Leiber in Krafft der Seelen / welche in ihme
Und / das iſt in ſeinem Worte und Hertzen / welches uͤberal iſt /
am letzten Tage wieder herfuͤr gehen / und nur dieſe Quall und
Geiſt von fi) werffen.
44. Dan in dem gantzen verderbten Leibe ſtehet keiner auff /
ſondern in Chriſti Fleiſch und Blut: Aber der verderbte Geiſt /
welcher in der irrdiſchen Matrice in ihrer Tinctur bleibet / folvor
Gottes Gericht erſcheinen / am Ende der Tage / und wird alda
der Sententz und Urtheil vom Richter Chriſto geſprochen wer—
den / und als dan nach dem Spruche gehet alles in fein ziher z
dan diefes wird der Geift GOttes / der die Welt ſchuff / exe-
iren.
—9* 5. Daß ich aber nicht abermahl falſche Deuter kriege / die dies
ſen Text verfaͤlſchen / wie mir der Geiſt zeiget: Du ſolt wiſſen /
daß wan die Seele im Wort und Geiſte Chriſti newgebohren
wird / auch noch in dieſer Zeit / ſo wird auch die erſte Weſenheit /
als der Seelen innerer Leib / den adam im Paradeiß hatte / aus
der
Eap.y. des Menfchen. - . yaf
der ewigen Jungfrawen / in welcher ein Menſch gefchaffen ward?
newgeboren / und Erieget Ehrifti Fleifch.
46. Diefer Newe Leib / in welchem die newgebohrne Seele
ſtehet / der ſtecket im alten verderbten Sleifehe/ und ift unbe-
greifilich und unfterblich : Aber der alte Menfch vom Geifte die=
fer Welt empfangen / muß verwefen in der Erden: Ergebetin
feine Mutter / die wird ihn am legten Tage müffen zeigen und
darſtellen: Aber nad) dem Sententz Chriftigeheter ins Ather:
und iſt nur als eine Figur vor dem ewigen Newen Menfchen:
dan es folgen dem Menfihen in derfelben Figur alle feine
Werde nad.
47. Alfo auch die zur Stunde des legten Gerichts noch leben /
denen fallet auch der alte Menfch mit Bergehung der Welt hin
ins Ather: Dunn es werden aller Gottlofen Seiber inder Mut
ter dDargeftellet werden / als im Geifte dieſer Welt / und werden
die Seelen ihren Sententz hören/ dan vergehen auch mit der
Mutter ihre Seiber / und ftchen als eine Figur /und ihre Werde
folgen ihnen nach in Abgrund.
Das 9. Bapittel.
Vom Drenfachenseben/ und vom Trieb und gantzen
Regiment des Menſchen in dieſer Welt:
hoch zu betrachten.
2. Ir ift gegeiget / was der Teuffel im Sinn hat/als
F wie er diefe werthe und hohe Schrifften wilver-
decken: Darumb fehet euch vor ihr Kinder GOt⸗
tes / gläubet den Sophiften nicht zu viel/ die da
fhreyen/ DKesger/ Ketzer / Fewer her: &s iſt
nicht des heiligen Geiftes Stimme /fondern des Antichrifts und
des Drachen: Dan diefe Schrifften werden dem Teuffel fein
Rauchloch gewaltig offenbahren: Und nichtalleine diefes / ſon⸗
dern fie ftellen die Hure zu Babel dar gank offenbar / alseine
Hure am Pranger.
2. Darumb weil es den Menfchen des Geiftes diefer Welt
nur umb den Bauch zu thunift/ daß ſie nicht gerne wollen ihre
Ehre und Gut verlieren / fondern viellieber GOTT und Him⸗
inelreih/ ſo werden wir vonder Huren durch des Teuffels Trieb
verfolget werden: Da fehet euch für ihr Kinder GOttes / und
ſehet nicht auff das hohe / das Gewalt hat/ fondern betrachtet
ewerer Seelen Wolfahrt: das laſſen wir euch zur Letze. &
3. Chri⸗
142 VBom dreyfachen Leben Cap.8.
3. Chriſtus ſpricht: Niemand zuͤndet ein Liecht an / und
ſtecket es unter ein Banck oder Scheffel / ſondern ſetzet es guff
den Tiſch / auff daß alle / die im Hauſe ſind / davon ſehen: Das
ſollen wir auch thun / und unſer Pfundt / welches uns hochtewer
gegeben iſt / nicht in die Erde graben: dan wir ſollen am Tage
Gottes Gerichts davon antworten / als Uns der Mutter
Geift zeiget.
4. Iſts / daß die Erkaͤntniß diefes Geifles möchte auff je⸗
mand fallen / der wird wol erfahren / was das iſt / wir doͤrffen
keine Sobesbriefe: Chriſtus iſt unſer Brief / an deme gnuͤget
uns / und darff ſich Niemand nach meinem Nahmen nennen. Alle
die wir Chriſtum erkennen / die ziehen wir ihn an / und ſind alle
ſeines Leibes Glieder: Wir nennen uns Chriſten und GOttes
Kinder / und Bruͤder und Schweſtern untereinander.
5. So wir nun unſer Regiment unſers Lebens betrachten / ſo
finden wir darinnen einen gewaltigen Streit / welchen der Teuf⸗
fel mit der Seelen haͤlt / und auch der Geiſt dieſer Welt mit der
Seelen: Denn in dem Geiſte dieſer Welt iſt auch ein Wiſſen /
zwar kein Goͤttlicher Verſtand / aber es iſt ein Wiſſen in die
Matricem, als ins Centrum Natura eingepflantzet.
6. Denn dieſe Welt vor der Schoͤpffung iſt in der ewigen
Weißheit / als eine unſichtbare Figur von Ewigkeit geſtanden /
und die iſt nun zu dem Ende als ein eigen Principium geſchaffen /
daß ſie ſoll alle ihre Wunder und Wercke zum Weſen bringen /
daß fie nach der Zeit erſcheinen in ihrer Figur. Alſo iſt ein na—
tuͤrlicher Streit darinnen mit dem Menſchen / denn keine Crea—
tur kan der Welt Wunder an Tag und Liecht bringen / als der
Menſch: darumb hat ſich auch der Geiſt dieſer Welt alſo ſehr
nach dem Menſchen geſaͤhnet / und denſelben an ſich gezogen /
daß er möge feine Wunder im ihme erzeigen/ dag der Menfch
folte alle Kunſt und Sprachen in ihm herfür bringen / darzu aus
der Erden aus den Metallen den Geift und das Hertze / als
den edl.n Stein Lapidem Philofophorum , welcher zwar feuth
Salomonis Zeit ift von wenigen erfunden worden / aber doch jetzt
am Endenoc heller wird erfunden werden/als wir erfanthaben.
7. Denn wer unfere Schrifften recht verftchet vom Centro
Naturz ‚von feinem Zrieb biß zur Drey-zahl auffm Creutz / und
big zum Glan der Maneftät/ der Fan ihn wol in Metallen
finden: Esift nicht ſchwer / er lerne nur den rechten Eingang/
fo hat erdas Ende nahe/ davon wir alhie nichts melden follen /
denn das gehoͤret den Magis, welche Magigeboren find.
Wir
Cap. 9. des Menſchen. 143
8. Wir reden alleine von der Natur Grund / und vom Geiſte
diefer Welt / und zeigen euch dieſes / daß der Geiſt diefer Welt
mit einer ſolchen Inelinirung geſchaffen iſt / daß er einen ſolchen
natuͤrlichen Willen hat / ſich mit aller Heimligkeit zu offenba⸗
ren / wie das vor Augen iſt / was er gebawet hat / wie er ihme
ein Kegiment und Reich auff Erden hat zugerichtet. Sehet nur
an den menſchlichen Lauff / vom hoͤchſten Stande biß auff den
niedrigſten / dieſe gantze Ordnung hat der Geiſt dieſer Welt ſo
gebawet / und GOTT hat das verhaͤnget / denn GOTT iſt
nicht ein Zerſtoͤrer ſondern ein Erhalter / was ſeine Macht
auff bawet / und haͤlts vor feine Ordnung: denn es wird nichts
hervor bracht / das nicht in der Ewigkeit geſtanden waͤre.
9. Ihr muͤſſets aber recht verſtehen: Die Hoͤlle und der Zorn
iſt ‚9 Abgrund / und mifchet feine Wunder mitte ein/ alsihr
diefes fehet / wo ein guter Acker iſt / und gleich der Saͤemann
guten Saamenfüet/ fo wachſen doch Dorn und Diſtel darıma
ter: wie uns dan Chriſtus ein ſolch Gleichnuͤß vom Saͤeman
gibet / da der Teuffel Unkraut unter den Saamen ſaͤet: Wie
nun diß im Menſchen Gemuͤhte iſt / alſo iſts auch im Geiſt die⸗
ſer Welt.
10. Ihr ſollet wiſſen / daß alles boͤſe Unkraut von Dornen
und Diſteln / auch von Schlangen / Kroͤten / boͤſen Thieren und
Wuͤrmen ſeinen Urſtand von der grimmen Matrice hat: Dan
in Zeit der Schoͤpfung iſt alles / Boͤß und Gut hervor gangen /
ein jedes nach ſeiner Art und Eigenſchafft: Es iſt in allen Din⸗
gen Boͤſes und Gutes: Und hat ſich das Reich des Zorns gaͤntz⸗
lich mit eingebildet / darumb iſt die Frucht boͤſe und gut / und
ſolte Adam nicht davon eſſen.
1x. Ich gebe euch diß zu erkennen an den Früchten der Er—
den / wie alles Boͤß und Gut untereinander ſtehet / und hat jedes
feine Nusbarkeit/ das Böfe fo wol als das Gute: Es ftehet
alles zu GOttes Wunderthat / und dienet dem Geifte, diefer
Melt: Was eines verderbet / dasheilet das ander / und das iſt
auch Wunder,
ı2. Mehr fehen wir das groffe Myfterium an den Bäumen /
wi woldie auch unterſchiedlich und vermifchet feind/ noch erken⸗
nen wirdie Daradeiffihe Geftalt: dann fie tragen ihre Früchte
ht Zweigen / und iſt die Frucht ein anders als der Baum: Der
Baum iſt bitter / und die Fruͤchte ſuͤſſe: Und geben wir euch
diß zu erkennen / daß wir noch heute Paradeiſiſche Baͤume und
Fruͤchte haben / wan nur der * nicht darinnen ſteckte Das
Paradeiß
144 Vom dreyfachen Leben Cap.y
Paradeiß iſt daraus geflohen / und iſt die Frucht num alle mit
einander ein ſolch eſſen / als der Apffel war / daran Heva den
Todt fraß.
13. Und wiſſet / das ſich das Reich des Zornes im Garten in
Eden mit eindrengete / welches einen Baum zeugete / welcher
Frucht trug / alsnoch heute alle Baͤume / welche wir effen.
24. Alleine diefesift zu betrachten / dag dem Menfchen feine
Srucht nicht wächfet / er mug diefelbe pflantzen / wieihr fehet an
allen Bäumen / im Holge und Halmen / und begehret der
Menſche nicht gerne der Erden Eflentien, es fey dan garein
mild Kraut/ fonderirer trachtet nach der andern Gebuhrt aus
der Erden / als nach dem Kornes So iſt das Obſt auch die ans
dere Gebuhrt von der Erden : Daran wir erkennen unfere
Hoheit.
15. Alleine vordem Fallhat das Paradeiß durch alle Baͤume
gegruͤnet / und durch alle Frucht / / welche GOTT dem Men»
fchen ſchuf: Als aber die Erde verfluchet ward / fo tratt der Fluch
inalle Frucht / und war num alles Boͤß und Gut / in alleın der
Todt unddas Faulen / welches zuvor nur in dem einigen Batı=
me war / der da Bög und Gut hieß: Darumb freffen wir an
allen Früchten den Todt / und herrſchet der Geift boͤß und gut
in ums.
16. Eshersfchetder Geift diefer Welt in uns / und auch der
Zeuffel mit dem Zorn⸗geiſt / umd cin jedes erzeiget feine Wun⸗
der mit dem Menſchen: Es iſt ein geoffer Streit umb des Mens
ſchen Bilde / ein jedes Reich wil das haben : Die Hölle im
Zorne fpriht: Eriftaus Natur-Necht mein / er ift aus meiner
Wurtzel gezeuget umd fichet in meiner Wurtzel: So ſpricht
der Beift diefer Welt: Ich habe ihn in meinem $eibe / undgebe
ihme Seben und Nahrung / und ziehe ihn auff / und gebe ihm
alle meine Kraft und Wunder / Er ift mein; Und das Neich Got⸗
tes fpricht: ich Habe mein Hertze daran gewant/und habe ihn wie⸗
eergebohren: Er iſt aus meinem Reich ausgangen / ich habe
ihn gefuchet / und wieder funden / Eriftmein/ Er foll meine
under offenbaren.
17. Alfo ift ein hefftiger Streit im Menfchen und umb den
Menſchen / Sehet an feinen Wandel/ was er thut: Sein be—
gehren ſtehet vornemblich in dreyen Dingen / und Das find drey
Neiche/ die regieren Ihn auch / und in welches er faͤllet / da
ligt er. Er begehret erfilih Macht Ehre und Herrlichkeit /
das ihn alles ſoll fuͤrchten und ehren / Das ift eben des —
Grifft
Cap.y. des Menfchen. 145
Griff: Alfo ift er auch gefinnet / und deme thut er Benüge / fa
vielerfan. Und dan zum andern fo begehret er Reichthumb /
Gut und Geld / viel zu freffen und zu faurfen / und wie er das
auch krieget / darnach fraget er nichts: Dasift der Geiſt diefer
Welt / der begehret nur Huͤlle und Fuͤlle / als ein Thier thut.
18. Und dan zum dritten / ſo begehret er auch das Himmel⸗
reich / aͤchtzet und wuͤnſchet darnach / aber in groſſer Unmacht /
und ſtehet immer im Zweiffel / er ſey ein Suͤnder / GOTT
wolle ſein nicht: Dennoch ſeufftzet er ſaͤhnlich darnach / und
wolte gerne ſeelig werden: Er betet / und zweiffelt doch auch x
Er hoffet und zaget: Er hoffet der Abſtinentz und Erlöfunge
von einem Tage zum andern: Erdendet immer / morgen wirds
gut ſeyn / morgen wirftu Krafft haben auszugehen inein ander
seben / das freibet er immerdar.
19. Richt reden wir alfo vonden Saͤw⸗Menſchen / welche
nur im Dreck ligen / das fie nimmermehr einmal Abftineng ſu⸗
hen: Sondern wir reden vom armen Sünder zwifchen Him⸗
mel und Hölle / welcher beyder Trich hat / und laͤſſet fich den⸗
noch halten.
20. NRunfehet / was thut aber der Menfh ? Er folget aller
Dreyen / er fischet immer Macht und Ehre biß an fein Ende:
Und fuchet immer Geitz / Geld und Gut / Freffen und Sauf⸗
ten: Und ob er viel uͤberley hat / fo hater doch im Geige nicht ge-
nug / er thut als ſolte erhie ewig leben. Und dan zum dritten fo
aͤchtzet er ja denn der armen Seelen ift fehr bange / und fürchtet
ſich immerdar vorn Teuffel und GOttes Zorn / und wolte gerne
erloͤſet ſeyn; Aber dieerften zwey Reiche druͤcken ftenieder / und
ſperren fie in ihren Kercker / dag ſich manche arme Seele auch
verweget / und ſich in Abgrund ſtuͤrtzet / und an GOttes Reich
verzweiffelt.
‚ zz Man ſpricht / der Teuffel komme zum Menſchen in Eite
gels Geſtalt / und das iſt wahr. Sihe was thut er / das er den⸗
noch vor einen Engel und from gehalten wird: Wann die arme
Seele fih alfo unruhig erzeiget/ und dem Leibe offte den Todt
und GOttes Zorn unter die Augen ftellet / fo wehreter nicht / er
laͤſſet offte die arıne Seele mit dem $eide hinlauffen / in Stein
hauffen / oder wo fie hin wil; am liebften fuͤhreker fie indie
Mauer-Kirchen / und fpricht dan zur Seelen / du bift ja from̃ /
du geheft gerne indie Kirchen.
22. Was thut er aber ? Wann man den Tempel Ehrifti
Ichret von der newen Gebuhrt / fo _ andere — er
ci
146 Vom dreyfachen Leben Caps.
Geiſt dieſer Welt in Menſchen / etwan feinen Geitz / etwan
wendet er ihme die Augen auff Hoffart und ſchoͤne Geſtalt / et⸗
wan faͤnget er den Geiſt mit ver Luſt der Imagination gegen
Mannern und Weibern / nach dem er eines Geſchlechts ift / und
riselt das Hertze mit Brunſt / etwan gar mit Schlaffe.
23. Wann aber der Prediger ein Sophilt und boßhafftiger
Ehren-rührer iſt; oder manchen umb feinen Wolverdienft
guter Meynung Amptshalben ftraffer: O da thut der Teuffek
Thuͤr und Thor auff/ und Fiselt das Here / und das Herse
wünfchet noch immermehr / immer baß / das ift fein. Wenn
nun derſelbe Menſch aus der Kirchen gehet / ſo kan man alle
Worte auswendig / und noch viel beſſer / was den Leuten zur
Schmach gehoͤret / da friſſet man ſich eine gantze Woche mit
Der Teuffel kitzelt immer das Hertze mit / es iſt ihme lieber als
GOttes Wort.
24. Siehe / das iſt ein Teuffel in Engels Geſtalt / daß der
Menſch meynet / wan er nur in die Kirche laͤuffet neben andern /
ſo ſey man ja ein guter Chriſt. Aber wan du nichts mehr als
Spott und Schertz gelernet haſt / und daſſelbe den deinen heim⸗
bracht / ſo haͤtteſtu beſſer gethan / wann du dich dieſe Zeit haͤtteſt in
einer Miſtpfulen geſuͤhlet oder haͤtteſt doch geſchlaffen / ſo haͤtte
dir doch der Teuffel dein Hertz nicht in der Mauer-Kirche verle⸗
get mit Brunft und Spotte: Owie ein feliger Schlaff ift das
in der Kirchen / fo man in derſelben Zeit den Teuffel ins Herge
zu gaftlader! VBeſſer geſchlaffen / als in Brunft geimaginiret/
oder $afterung ein gefaffet.
25. DihrSophiften/ dieihr euer Predigt mit Safterung der
Alten / die längft geftorken find / zubringet / die ihr aus Neid
und Begierde öffters fromme Hertzen läftert / wie wolt ihr be=
fichen mit euren Schäfflein / die ihr follet an grüner Amwen wey⸗
den/ und auff Chriſti Strafen führen zur Liebe / Keufchheit
ud Demuth / und ihr fchüttet Safterung in fie ? Ihr wäret
beffer mit euerer unbillichen Säfterung im Dichesftalle / als auff
der Cantzel / fo verführet ihr doch Niemand.
26. Solches rede ich nicht aus Begierde) fondern thue was
ich foll: Ich ſchmaͤhe Niemand darmit / fondern decke nur dee
Zeuffels Rauchloch auff / dag man doch fehe / was am Menfchen
iſt in einem als im andern; er fey denn Newgebohren / fo
widerfichet der Geiſt den Teuffel / und ſtoͤſſet ihn von fich.
27. Derander Teuffel ift kuͤnſtlicher als diefer / der ift auch
alfo ein glingender Engel mit Kuͤhfuͤſſen: Wan er ſiehet / "-
IE
«
Cap. 9. des Menfchen. 147
Die arme Steele zaget / und begehret Buße undabitineng / der
fpricht / beteund ſey from / thue einmahl Buße: Und wan die
Seele wil beten / fo fhlüpffter ins Hertze und nimf dem Her=
Ben den Berftand/ und macher eitel Zweiffel darinnen / als
hoͤre es GOTT nicht: Er mahlet die Sünde dem Hertzen vor
und fpricht: Morgen ifts beffer / lag nur abe / du wirft jest
nichterhöret. Da ftehet dan das Hertze / und zehlet die Worte
des Gebets / wie es etwan gelernet hat / nach ein ander her / und
der Teuffel nimt die Krafft vom Hertzen / daß die Seele nicht
kan das Centrum Naturz ergreiffen / mit einem Mauerflurm 7
wie Chriftus fpricht:der Teuffel nimtdas Wort von euren Herz
Ben / das ihr nicht gläubet / und ſeelig werdet.
28. Alfo bleibets abermahl alfo feehen/ und heiffet gebetet:
Aber es ift nicht gebetet / fondern nur die Worte gefprochen /
nicht im Seelen-Geift im Centro , da man das Feuer aufffchlä>
get / fondern im Munde / im Geifte diefer Welt / und faͤhret
in die Lufft / alsfonft ein Wort / da mar GOttes Namen ver=
gebens mit fuͤhret. Alyie heiſſets du folt GOttes Namen im
Mundenichtunnüslic führen: Denn GOTT wird den nichf
ungeftrafft laffen / der feinen Namen unnüslich führet. „ Zum
>, beten gehöret Ernſt / denn beten iſt GOTT rufen / und ihn
„> bitten / mit ihme reden / aus der Sünden Haus in GOttes
3, Haus gehen.
29. Wehretdirder Teuffel / fo ſtuͤrme ihme die Hölle / feße
an ihn / als er an dich / dir wirft erfahren was hier geſaget iſt:
Iſt er ſtarck / mache dich noch ſtaͤrcker / du haſt in Chriſto grof-
ſere Gewalt als er. Und daß du aber an GOttes Gnade zweif⸗
felſt / deß haſtu auch groſſe Suͤnde / er iſt immer barmhertzig /
und iſt ſonſt kein anderer Wille in ihme / als barmhertzig ſeyn / er
kan ſonſt anders nichts thun / feine Arme nd Tag und Nacht
ausgebreitet nach dem armen Sünder: Und ſo einer komt / und-
ſtuͤrmet alſo die Hölle / fo iſt groͤſſere Freude damit für GOttes
Engeln / als vor neun und neuntzig Frommen / die das nicht
duͤrffen / wie uns Chriſtus ſelber lehret.
30. Es iſt mit einem ſolchen Teuffel / der einem Menſchen
das Hertze verdecket / nichts beſſers zu thun / nur nichts von
wegen der Viele der Suͤnden mit ihme gediſputiret / ſondern
alle Sünde auff einen Hauffen geraffet/ und wan ihr fo viel
wären / als Sand am Meer / umd dem Teuffel auff feinen
Hals geworffen / undim Hergen gefprochen: Gehe hin Teuf—⸗
ſel / da biſt Urſache an all; ee die Suͤnde —
52 Ir
148 Dom drenfachenSeben Cap.g!
dir / aber GOttes Barınhergigkeit und den Todt Chrifti mir /
darinn wilich mich verwickelen/ Eanftu fo friß mich; und nur
fefte auff Chriſti Berheiffung gefeget/ und den Sturm durch⸗
aus in Ehrifti Todt und Wunden und Leyden umd in feine Siebe
geſetzet: Weiter nicht viel mit der Sünden gedifputiret/venn der
Zeuffel wickelt fich nur darein / und mutzet die Sünde auff / dag
du folt zagen.
32. Verſuche es alſo / du wirft bald einen andern Menfchen
ſehen umd fühlen / mit anderm Sinn und Willen: Reden wir
als wir wiſſen / und felber erfahren haben / und nicht in
waͤhnen oder meynen / oder aus Hiſtorien / fondern von dem
wir Grund haben / und ein Kriegsman weiß / wie erim Kriege
iſt; Der e8 aber nicht erfahren und darbey gewefen ift / der
dencket immer anderſt. Solches melden wir zur $chre und Line
termweifung aus Liebe / als ein Geiſt / der da redet wie es ihme
ergangen ift / andern zum Exempel / ob jemand uns wolte
nachfahren / der wird erfahren obs wahr fey.
Die Pforte des tieffen Grundes des Menfihen.
32. yon der Welt her ift ein Zanck umb diefes gewefen / weil
dieſe Pforte mit Adam ift verfencket gewefen / und wir
in Finfternis find gefangen gehalten worden: Weil es aber
uns GOTT gönnet und eröffnet / und auch einen ſtarcken Wil⸗
fen zum aufffchreiben gibt / fo follen wir das thun / und dancken
das GOTT dem Vatter in Ehrifto Jeſu in Ewigkeit] der ung
erlöfet hat aus der Finſternuͤß des Todes.
33: Wann wir wollen wiffen / was ein Menſch iſt / und ware
umb ein ſolcher geoffer Unterſcheid unter ven Menfchen ift/ daß
einer nicht thut als der ander / auch dag einer in Form und Ge»
ftalt anders ift als der ander / fo müffen wir feinen innerſten
Grund / vonder Menſchwerdung vor uns nehmen und betrach⸗
ten / fo finden wir alles.
34. Danfoder Menſch in GOTT wieder gebohren iſt / daß
erim Liechte ftehet / und fo der von feinem Urſtande anfünget zu
forſchen / fo forfchet der Seelen Geiſt inallen dreyen Principien,
was erineinem jeden ſey: als wir dan folches erkennen / und
können anders nicht fagen / daß wir in der Bildnüg des Geiftes/
und auch des Leibes in allen dreyen Principien nur einerley Re⸗
giment in uns haben.
35. Aber es ſtehet in dreyen Quaͤllen: Nach jedem Principio
wird der Geiſt und Leib getrieben: Und nach deme ein Princi⸗
plum
«
Cap.o. des Menfchen. 149
pium im Menfcher die Oberhand Erieget / daß fich ihme der
Menſch mit feinem Willen eineignet / nach demfelben machet
er ſeine Wercke / und die andern hangen ihme nur an / ohne ge⸗
nugſame Macht.
36. So wir aber von der Bildnuͤß ſollen reden / ſo muͤſſen
wir ſehen / was ſie im Grunde iſt. Dan wir werden geſaͤet mit
einem Saamen in einem Acker in Die Matricem: Nun fiche /
betrachte Dich / was gehet vorher / nichts als ein fähnlicher
Wille Mannes und Weibes zu der Vermiſchung / und wird
doch nicht allezeit die Frucht begehret / als man das an Huren
und Buben Exempel hat / auch wolinder Ehe.
37. Nun fraget fichs / was ift dan der Trieb im Maͤnnlein
und Weibleinaller Gefchlechte / fo wohlim Menſchen. Sehet /
inder Emwigkeitift allesin einem Weſen gewefen / als die Tin-
ur, welche ff das Centrum und Urſache des Lebens / wie forne
nach der lange gemeldet : Und Dan die Wefenheit / fo aus der
Tin&ur erbohren wird / welche auch alle Geftalt des Centri hat /
aber ohne Feuer / dan fteift ein finden/ und Fan das Schen in
fich nicht anzuͤnden / fie ift leiblich und gibt Leib / aber nicht Le⸗
ben / dan das Feuer gibt Leben.
38. Und geben wir euch dasinder Bermifchung zu verſtehen:
Der Mann hatdie Tindur, das Weib die Weſenheit / als die
Matrix, ſo aus der Wefenheitervehrenift: So fehet nun) in
der Ewigkeit war es ineinander / und ftund Diefe Belt daritıa
nenalseine Figur / dan die Weißheit hatte die Tindur beſchat⸗
tet und in ſich genommen / wieder Leib den Geiſt / und das moch⸗
te nicht zum ſichtbaren Weſen vor den Engeln gebracht wer⸗
den / GOtt bewegte dan die Ewigkeit / dan die Engel ſind in ei⸗
nem Weſen.
39. Run ſo ſich GOtt / als die Dreyzahl bewegte / fo ward
damit beweget das Centrum Naturæ in der Ewigkeit / ſo ward
alles ſabſtantialiſch / weſentlich / die Tinctur ward wefentlich?
und regieret / und die Weſenheit ward materialiſch / und ward
aber auch nicht getrennet / denn das kan nicht ſeyn / es iſt ein
Weſen.
40. Als nun GOTT das Fiat indie materialiſche Weſenheit
feste / oder wie ich rechter fagen möchte/ erweckete / daß das
Wort in die Weſenheit ſprach: Esgehenherfürallerley Thiere
und Geſchlechte / jedes nach ſeiner Art; So giengen aus der
materialiſchen Weſenheit zwey Geſchlecht / und alles im Leibe?
Dan dir Tinctat nahm Weſenheit an ſich durchs Verbum Do-
3 miniz
450 Dom dreyfachen Leben Gap.s.
mini: Undder Geiſt ver Weſenheit nahm auch einen Cörper an
ſich / und waren alfo zwey Gefchlechte.
‚42. Der Cörper der Tindtur hatte das Centrum des Lebens i in
ſich / und Der Cörper der Weſenheit hatte nicht dag Centrum
zum Fewer aufffchlagen: Er hatte wohldas Leben / aber cin bloͤ⸗
des Schen : Das zeigen wir euch recht zum Verſtande.
42. Gehet an ein glüend Eiſen / das treiber zween Geiſte
won fich / als einen hiesigen / der hat das Centrum, und kan ein
ander Fewer anzünden und erwecken; Und dan einen Sufffigen/
aus welchem Waffer kommet / der hat auch alle Krafft des Fe—
wers; Aber die Tin&us ift nicht Fewer darinnen / ſondern es
iſt ein ewiger Schluß / daß darinnen kein Fewer ſeyn kan / und
iſt doch des Fewers Geiſt / welcher ſich aus dem Fewer urſtaͤn⸗
det / und hat fein geben gleich dem Fewer / dann in der Ewig⸗
keit iſt kein Todt / darumb kan im Weiblichen Geſchlechte aus
ihren Tincturen fein geben kommen / die Matrix muß vom Mate
ne die Tindur in feinem Saamen bekommen.
43. Alfo beſcheiden wir Euch des Grundes der zweyerley
Geſchlechten / des Maͤnnlichen und Fraͤwlichen: : Denn / als
GOTT das Materialiſche Weſen ſchuff / ſo giengen aller Eilen-
tien im Centro Naturæ Geſchlecht herfuͤr nach allen Eigen?
fhafften: Dan als ihr fehetdie Sternen / wie je einer eine an⸗
were Eigenfchafft hatals der ander / welche alle aus dem Centro
Naturz nach der Materialifchen Weſenheit find erfchaffen wor⸗
den: Alfo find in der Materialiſchen Weſenheit alle Effentien
geſtanden / und hat das Fiat alles an fich gezogen / nach dem Ge⸗
ſchoͤpffe der Erden: Alda hat jede Geſtalt der Tinctur und des
Geiſtes des andern Geſchlechtes ein jedes feinen Leib figurirt
nach feiner Eigenfchafft / als zu Thieren / Voͤgelen / Würmen/
Fiſchen / Baͤumen und Kräutern / auch zu Metallen und Erden /
alles nach deme ein Leben geweſen iſt.
44. Und habt ihr dieſes guten Verſtand am Unterſcheid der
Zage- Werde: Dan den erften Tag ſchuff GOTT das Mate-
rialiſche Waſſer/ we Iches ein unmaͤchtig Leben hat / und ein Riegel
fuͤr das Fewer des Zornes iſt / und dem Teuffel fuͤr ſein Rauch⸗
loch / in dem er vermeynete im brennenden Fewer uͤber GOTT zu
harrſchen : Und die Erden und Steine / daß alfo das grobe weg
kaͤm / welches in toͤdtlichen und grimmigen kiſentien ſtund/
daher Lucifer vermeynete Koͤnig und Schoͤpffer darinnen
zu ſeyn.
45° Als nun diefes serhahe / ſo ſprach GOTT / * werde
iechte:
Cap. 9. des Menfchen. #1
Liechte: Das iſt / es thue fich auffdas Liecht der Tindtur ‚undes
ward licht) da ſcheidet GOTT das Liecht vonder Finfiernüß ;
Verſtehe allyie rechb: Er verfihlog das grimmige Fewer / das
Lucifer erweckete / welches urſtaͤndet aus der Finſternuͤß / und
ließ brennen die Tinctur in der quinta Eſſentia, als im Fetten
des Waſſer⸗Geiſtes / als in einem Oehle.
46. Alſo brandt das Leben in der Tinctur, und verwandelte
das Fette als das Dele in eine quintam Eſſentiam, als Blut 7
und brandte das Seben im Blute / denn darinnen ſtehet die edie
Tindur, und bat GOTT das Centrum zum Gewer in feiner
Macht behalten / daner hats indie Finſternuͤß beſchloſſen / als
es von Ewigkeit in der Finfternüg geftanden / und flehet alfo
alles Seben infeiner Hand: Dann fo erläffet das Fewer indie
Tinctur kommen ſo ift der Geiſt im höllifchen Fewer.
47. Als nun das Liecht aus der Tinctur ſchien / da ſcheidete
er die Tinctur in zwey Theil / als fie ſich dan ſelber ſcheidet; als
in das Fewer⸗Leben / und in das Lufft-Leben / wie droben am
naͤchſten Blade gemeldet worden / und ſchuff die zwey Leben /
das Fewer⸗Leben zu einem Himmehl / als eine Feſte zwiſchen die
H· Sanfftnauth / als das Hertze GOttes / und zwiſchen der
unmaͤchtigen Lufft⸗Geiſt / und gehet die Lufft doch aus ſeinck
Mutter der Tindtur, des Fewer-Geiſtes und wohnt GOTC
zwiſchen dieſen beyden.
48. Der Fewer-Geift der Tinctur hat die Ewigkeit in feiner
Wurtzel / und der Lufft-Geiſt hat das Materialifche Sehen / daß
ſich alſo mit ver erweckten Weſenheit hat geurſtaͤndet / und res
gieret das aͤuſſerliche thieriſche Leben / dan er iſt das thieriſche
geben aller Creaturen / auch Baͤumen / Kraut und Graßz: Er
hat auch eine Tioctur in ſich / aber nicht gnug maͤchtig.
49. Alſo ſehet ihr / wie das Leben im Waffer ſtehet / und hat
zwey Regiment: als Fewer und Luft / und ſehet / wovon das
Blut urſtaͤndet / welches eine Creatur edler macht / als die des
Bluts nicht hat / die hat eine falſche Tinctur, und iſt aus dent
Willen des Teuffels herkommen / als ihr an Nattern und
boͤſen Wuͤrmen ſehet / die haben nicht die edle Tinctur, ſondern
als ver Teuffelvermeynete ein Herz in der Tinctur zu ſeyn / und
wolte ſchaffen / hat er in feinem Willen ein ſolch Leben erwecket /
welches nun jetzt / Doch nicht alles / fein iſt: wol iſt er derſelben
Eſſentien, und die Teuffel figuriren fich auch in der Hoͤllen nur
zu ſolchen Schlangen / boͤſen Wuͤrmen / und ſcheußlichen Thie⸗
ten: Denn anders koͤnnen fie nicht ir ihrer eigenen Geſtalt
G 4 wWie⸗
152 Vom dreyfachen eben Cap. 9,
wiewol fie feinen Leib von der abgetheilten Tinctur von ihrer
Weſenheit haben / fondern auffın Centro Naturz , aus der ſtren⸗
gen Matrice, aus derewigen Weſenheit / ausder Finftermüß/
welches ein geiftlicher $eib ift.
so. Als nun GOTT die Erde gefchaffenhatte/ ſtund das
Waſſer auff der gantzen Erden: Das zertpeilet GOIT / dat
Die Erde trucken ward / und hieß das Waſſer Meer: Das hei
fet in der Natursfprache cine Verdeckung und Haltung der
Grimmigkeit des Teuffels / ein rechter Spott des Teuffels dag
feine Macht erfoffen ift: Zu welcher Erklärung gar fcharffe
Schrifften gehören müflen/und der Menſch ſchwerlich ergreiffen
möchte. Alfo grünete die Erde in ihren eigenen Eflentien und
Tinktur, welche inder erften Schöpffung mit ergriffen ward.
sı. Es wird euch auch recht gewiefen/ was Mofesfaget:
GOTT habedas Waſſer uͤber der Feften von dem Waſſer unter
Der Feſten geſchieden / dasift in Ereaturen/ Waſſer und Blut /
dan das Waffer über der Feſten ift Blut / und darin beftehet die
Tin&ar ‚das fcheidet der Himmelvom NBaffer unter der Feſten /
als rom Elementifhen Waſſer: wie wirdenn fehen/ daß ein
jedes feine eigene Wohnung hat / und fein Regiment davon an
einem andern Orte weitläufftig mag gehandelt werden.
52. Alleine wir verftehen darinnen zwey Reiche) als im Blu⸗
te in der Tinctur wohnet die Seele / und im Waſſer der Lufft="
Geiſt / welcher zerbrechlich ift / denn er hat geanfaͤnget / und die
Seele nicht: Denn die Tindtur ift von Ewigkeit / und darumb
muͤſſen auch aller Gefchlechte Figuren in Ewigkeit bleiben: Das
haltet nicht für Tand / es iſt wahr.
53. Als nun Himmel/ Erde und Element alfo formiret wa⸗
ren / ftund die fewrige Tinctur als ein fcheinend Liecht / und war
ein Firmament / das hieß Himmel denn diefe Welt hatte fonft
Fein Sicht: Da lieh GOTT das Centrum Naturz auffgehenan
der gefchaffenen Weſenheit / denn diß ganke Principium ward
nur ein Leib: Da brach fein Hertze herfür / mit feinen eigenen
Willen und Sinnen / aus den Eflentien, das ift die Sonne /
und die Sternen find ihre Effentien , und die fechs Planeten find
Die Beifter am Centro des Herkens/ und die Sonne iftihr Her⸗
ae / alles aufrecht / wie die Gottheit ift von Ewigkeit gemwefen.
54. Alfo kam ein recht Sehen und Verſtandt mit Bernunfft
und Sinnen / aber doch thierifch in Die aͤuſſere Tinctur, und
in Beift-$ufft / und Funden nun alſo die groffen Wunder offen⸗
bar: Denn GOTT hat füch offenbaret in figärlicher Re s
n»
— —
*
REN —
—
x
Cap. 9. des Menfchen. 153
Und fiheftu / daß es wahr ift / betrachte was wir forne haben vom
Centro der Natur gefchrieben / bit zum Liechte der Mayeſtaͤt /
und von der Dreyzahl/ fo findeftu allhier in diefer Welt ein fi=
gürlich Gleihnüg: Betrachte die Planeten.
55. Sarurnus der erfte und hoͤchſte iſt herbe / kalt / tundel/
und machet das Begehren und Anziehen / dan er iſt die Schaͤrf⸗
fe: So du diß wilt eine rechte Erkaͤntnis haben / ſo muſtu die
Planeten verwechſelen: Erſtlich nimb den Obern und dazu den
Untern / denn am Rade iſts uͤberall oben und unten / verſtehe
am Rade des Lebens / und es drehet daß Ober zum Untern wann
es umbgehet / welches alleine bey den Wahnwitzigen Menſchen
und Thieren / welchen das Rad Naturz drehend wird / verſtan⸗
den wird / dan das Creutz haͤlts.
56. So ſihe recht. Saturnus zeucht an ſich den Monden / der
ſtehet unten / urſachet in der Matrice der Creatur die Leibwer⸗
dung / als Fleiſch / dann Saturnus und Mond machen Sulphur,
nun begehret Saturnus ur einzuſchlieſſen / er faſſet und haͤlt / als
den liquor gu einem Sulphur, nun hat er aber nicht Sul: Denn
Zul iſt aus der Srenheit/ fondern er hat Willen/ und das Wollen
hat Sul ‚dennes urftändet von Mayeſtaͤt.
57. Run fihe/ unter dem Saturno ftchet Iupiter,, der iſt aus
Krafft Solis als ein Herkedes Saturni , fonft wäre kein Begeh⸗
ren/ kein Saturnus , denndie Natur begehret alleine Herke und
Solis: Wiewohl Iupiter nicht Sol ift / fondern Hirn: Und
merckts.
58. Das Rad Naturz windet ſich von auſſen in ſich hinein /
denn die Gottheit wohnet iin inneren in fich / und hat eine ſolche
Sigur/ nicht daß mans fan mahlen/ es ift nur einnatürlich
Gleichnuͤß: Gleich wie fih GOTT in der Figur diefer Welt
abmahlet daß GOTT ift überal gantz / und wohnet alfoin
fih felder.
50. Merde: Das äufferliche Rad ift der Zodiacus mit dem
Beftirne: Und hernach die fieben Planeten biß auff Sol, nach
Sol Fewer / nach Fewer Tinctur, nach Tin&ur Mayeſtaͤt / nach
Maheſtaͤt die Dreyzahl mit dem Creutze. Ob wol dieſe Figur
nicht genug gemacht iſt / ſo iſt es doch eine Nachdenckung: Und
koͤnte mans auff einem groſſen Circul feine entwerffen / den we⸗
nigern Berftändigen zur Nachdenckung.
60. Alfo merde / das Begehren gehet in fich hinein nach dem
Hertzen / welches iſt GOTT / wie du fanft alfo miteiner fol-
hen Figur nachdenken / dan die Wiedergebuhrt gehet auch in
fih zu GOttes Herse, N Fre 61. Alfo
*
——
An Be
——
— 1 PER ——
v
2
154 Vom dreyfachen Seben Cap.g.
61. Alfo mercke es recht / denn es ift das Centrum der aͤuſſern
Gebuhrt: Im achten Umbkreiß iſt nach dem Zodiaco die Erd»
Kugel / darnac am Rade herumb Saturnus , und wann man am
Raͤde herumb fahret/ der Mond: Und wiederumb am Rade /
Jupiter : nd wiederumb am Nade herumb Mercurius: Und
wiederumb Mars, und dan Venus: Und die Sonne im mitten:
Und nach der Sonnen das Fewer/ welches die Sonne gibt : Und
nach dem Fewer die ander Welt / als diehimmlifche Tindur :
Und nach der himmliſchen Tindtur die Dreyzahl/ als das ewi⸗
ge Herke/ und iſt das ewige Centrum der ewigen Natur: Und
in dem ewigen Centro gank die Krafft der Mayeftät GOttes
durch und durch / von Nichts gehalten oder eingefperret/ auch
keines Weſens oder Natur / gleich wieder Sonnen-Glans.
62. Alſo fehet ihr recht / was wir euch darſtellen: DerZo-
diacus mitdem Geftirne ift das Regiment des Gemuͤhtes / bey⸗
des in der Tiefſe dieſer Welt / undinder Creatur: Die zwölf
Zeichen ſind die zwoͤlff Theile / welche das Creutz im Centro ma⸗
et / davon ſich das Regiment deß Obern in zwoͤlff Theile ſchei⸗
det; Alſo auch das Gemuͤhte: Dann die ſechs Geſtalten am
Centro, auffer Sole die theilen ſich jedes in zwey Theil / © Sol
therfet fich nicht / denn nur in die Dreyzahl oder Glan: Fewer /
und in die Tindur, eines nach der Tinctur, welche Leben hat/
das ander mach der Tin&ur der Lufft / welche Geiſt hat / und doch
Fein geben machet.
63. Alſo find der Zeichen zwölf] die fich fcheiden in zwey Re⸗
giment / als in ein himmliſches / nach der Tinctur, undinein
irrdiſches / nach dem Geiſte dieſer Welt / als Lufft. Und die
zwey Reiche find auch zwe ylach : Als inder Fewers Tindtar iſt
ein Englifches / und zuruͤcke iftein Höllifches. Und das Keich
im Geiſte der Lufft iſt auch zweyfach / denn yon GOt⸗
tes Geiſt / und das aͤuſſere der Creaturen Geiſt / wie David fa=
get: Der HERR fahrer auff den Fittigen des Windes] das
iſt GOttes Seiſt / der ſeinem Wercke zu huͤlffe komt.
64. So machet der Tinctur Reich in GOTT ſechs Zahlen:
Und des Geiſtes aus der Tinctur, welches das Hertz und Leben
ii und ift GOttes Geiſt / auch ſechs Zahlen / und iſt zuſam⸗
jen zwoͤlff Zahlen: Die traͤget das Weib in der offenbahrung/
der Drache freſſen wolt / auffin Kopffe mit zwoͤlff Ster⸗
nen: Dan die eine ſechs Zahl hat ſte empfangen vom Geiſte die⸗
fer Welt / darinnen der H. Geiſt das ewige Leben hält: Und die
andern ſechs Zahl hat fie von der ewigen Tinctut suffin ewigen
Gene,
een a eh en Se
Tap.g. des Menfchen- 255
Centro, auſſem Worte / denn fie traͤget den Engliſchen Zodia-
cum , und auch den Menfchlichen / und haf jedes Centrum ſechs
Zahlen / das machet zwölf Zahlen: Die ſtebende Zahl am Gen-
tro ift Weſenheit und das Teich / denn GOTT ward Menfihl
und brachte die zwey Reiche in eins: Den Menfchen und Ens
gel ſind in einem Reiche in GOTT.
65. Alſo hat das Bilde in der Offenbahrung die zwoͤlff Ster⸗
nen auff der Cron. Daß das Bilde aber die Cron traͤget / und
die zwoͤlff Sternen auff der Cron / bedeut / daß die Gottheit uͤber
die Menſcheit iſt und Maria nicht ſelber GOTT iſt / ſondern
die Crone bedeut GOTT / und die Sternen die Geiſter GOt—⸗
tes / fechs in der Gottheit] und fehsin der Menſchheit den
GOTT und Menſch ijt eine Perſon worden: Darumb traͤget
fe auch Maria alle / dan wir find GOttes Kinder.
66. Denn das Bilde bedeut GOTT / es iſt GOttes Gleich⸗
nuͤß / in dem er ſich offenbaret / und in dem er wohnet. Die Cro⸗
ne bedeut die Krafft der Mayeſtaͤt GOttes / gleich wie ein Koͤ⸗
ni eine Erone aufftraͤget / welche das Reich und die Mayeſtaͤt
edeutet.
67. Weil dann die zwoͤlffte Zahl zwey Reiche haͤlt / mit duppel⸗
ter Zahl / als cin engliſches und menſchliches / jedes in ſechs Zahl
das es zwoͤlff zuſammen iſt / ſo haben die zwey Keiche noch ande⸗
re zwey ſechs Zahlen an ſich / als das Fewer / das Reich deß Ab⸗
grundes / und die Lufft / Das Reich des Viches / und aller irrdi⸗
ſchen Weſen. Das hat auch jedes am Centro ſechs Zahl / nach
den ſechs Planeten irrdiſch / und nach den ſechs Planeten Few⸗
riſch: Das macht nun zuſammen vier und zwangig Zabl: Das
find die vier und zwanzig Buchftaben inden Sprachen] daraus
urſtaͤnden fie. Und fihet man / wie die Zunge gutes und boͤſes re=
det / Himmliſches und Teuffliſches / nach der zwey Quaͤllen der
Buchſtaben / wie das ihre eigene Nahmen bezeugen nach der
Natur⸗Sprache.
68. Wann man nun die Zahl nach der Dreyzahl / dreymal vier⸗
und⸗zwantzig zehlet / als ſich dan die Dreyzahlalſo eröffnet mit
dreyen Reigen und Perfonen / und nach der Dreyzahl alles drey⸗
fach iſt / und nach den Creaturen zweyfach / fo hat man zwey⸗ und⸗
fiebensig Zahlen: Das bedeut und ſeind die zwey⸗und⸗ſtebentzig
Sprache / und bedeutet Babel / eine Berwirrung und ein Wunder.
69. So wir alhie wolten nachfahren / ſo wolten wir euch die
Hure und das Thier weiſen Davon die Offenbahrung faget / da⸗
zu alle Wunder / die ſeith der Welt her geſchehen ſind. Es es
66 a
136 Vom dreyfachen Leben Cap.y.
das groͤſte Arcanum hierinnen / und heiſſet Myſterium magnum,
amd aller Streit wegen des Glaubens urkundet hieraus / auch
alle Willen / boͤß und gut.
70. Die fieben Geifter / darinnen das Bilde des Menfchen
Sohn in der, Offenbahrung ſtehet / find fieben Geifter Naturz :
Der eine iftdas Reich / die fechs feynd Centrum Naturz himm⸗
liſch: Und wann es nach der Menfchen Zahlgefeket wird / fo
aft zwoͤlff Zahl: Und nach zweyen Reichen /als GOttes und die⸗
fer Weltzreich / da die Gläubigen aus geboren werden: So
ſeinds vier-und-zwansig Geifter / das find die Elteften vor dent
Stuhl EHrtes / die da GOTT und das erwürgete Samb anbe⸗
ten: Dencket ihm nach.
7x2. Alfo meldenwir weiter von Centro Naturz dieſer Welt /
Die Gebuhrt des Schens windet ſich als ein Rad in fich hinein ;
und war cs auffden Punct komt in dasinnerfte/ fo erreichets
Die Freyheit / und doch nicht GOttes / fondern die Tinctur, dar⸗
aus das schen brennet: Denn was GOTT erreichen wil / muß
„durchs Fewer: Denn keine Wefenheiterreichet GOtt / fie be=
ſtehe dan im Fewer / verftche in feinem eigenen Fewer : Wenn
„ fich das antzuͤndete / fo zerſchmeltzte die Welt.
72. Wir verftchen nicht das Fewer der Ausgebuhrt / welches
fein Fewer ift/ fondern nur fcharffer Grimm / der die Auffere
Weſenheit / welche aus dem Waſſer entfpringet / verzehret / als
Holtz und Fleiſch / und das innere Fewer inden Steinen nicht
ruͤget.
73. So mercket nun / die Freyheit auſſer der Natur dieſer
Welt iſt alleine die Ewigkeit ohne Weſen.
74. Nun wie ſich das ewige Centrum ſelber aus dein Begehren
deß ewigen Willens gebähret/ wie forne gemeldet; Alfo hat
ſich auch das ander Centrum des dritten Principii durchs Wort
Fiarin der Außgebuhrt aus dem ewigen erkohren: Denn von der
erjlen Schöpffung des erften Tages hat fich das Auffere Centrum
Naturz, DVerfiche / ehe die Sonne und Sternen ſeynd coͤrper⸗
Tih gefihaffen worden / dreymahlumbgewunden / und hat fechs
Geſtalten bekommen / drey obere / und drey untere / und ſeynd je
zwoͤlff derer zu einer Geftalt des Centri, dadanallezeitein Zei⸗
chen iſt: Verſtehe / die Zeichen in dem achſten Umbkreiß / an
der Cronen.
75. Saturnus mit ſeiner herben ſtrengen Anziehung und Kaͤl⸗
te iſt eine Geſtalt und Geiſt am Centro, der beſchleuſt den Ab⸗
grund / und macht Finſternuͤß in der Tieffe / und zeucht an 1“
dit
N
Cap.9. des Menfchen. 157
die Wefenheitder Äuffern Krafft dieſes Principii , und das Cen-
trum endet fich alsein Rad / fo ſtehet das zuſammen gezogene
als ein Rad gegen dem Saturoo über / und heiffet Mond / wegen
feiner Eigenfchafft / welche auffzufchreiben zu weit wäre,
76. Dan drehet fih das Rad weiter in fich hinein / und ma⸗
het Iupiter, denn Sarurnus begehret mit feinem Anziehen die
Freyheit Göttliches Weſens / und machtaber Hirn: Denn er
fünget mit feinem Begehren die Krafft der Freyheit / und nicht
die Freyheit Goͤttlicher Mayeftät felber/melche ohne Wefen ift.
77. Weil aber in der Krafft Verſtandt ift/ und fie (die
Kraft) doch den Verftandt nicht in eigener Macht Fönte erwe-
cken / fo begehret Iupiter cin geben in der Krafft / und das iſt am
Rade herumb Mercurius.
73. Denn das Rad iſt immer im drehen / und Mercurius iſt
ein Reger / Schaller / Thöner / und hat aber doc) nicht das Le⸗
ben / dan es urſtaͤndet im Fewer: Alfo begehret er das grimmi-
ge und ſtuͤrmige / das das Fewer auffſchlage: Und das iſt am
Rade herumb Mars, der iſt ein Wuͤtter / Stuͤrmer / und Fewer
auffſchlager.
79. Nun koͤnnen die 4. Geſtalten im Fewer auch nicht be⸗
ſtehen denn fie haben Weſenheit / und das Fewer verzehret We⸗
ſenheit / denn das Fewer beſtehet ſelber nicht / fo es nicht zu zeh⸗
ren hat / diefelbe Weſenheit begehret Sanfftmuth / und das ift
am Rade herumb Venus: Denn er ift der äufferlichen Natur
Sanfftmuth / und macher Liebe: Denn er iſt der andern 5. Ge⸗
ſtalten begehrend.
80. Denn ein jede Geſtalt windet ſich in ſich hinein / und be⸗
gehret der Freyheit GOttes / die iſt ſanffte / ſtille / und gleich
einem Nichts / und da fie doch alles iſt: Und ſo ſie dan nun die
Sanfftmuth haben / welche auch Waſſer machet / fo iſt das Waſ⸗
fer dicke / und gleichet der Tunckelheit: Das begehret Liecht /
und ſaͤhnet ſich trefflich nach dem Liechte / und wird des ſchwaͤn⸗
ger / daßdie Sanfftmuht als Venus einen eigenen Schein hat vor
allen Sternen am Firmament / denn das Begehren faͤhet
das Liecht.
Sr. Nun iſt das Liecht ohne Weſen / und nur ſtille und ſanff⸗
te das begehret Leben und Geiſt / und kan doch aus dem Waſ⸗
ſer und Sanfftmuht kein Leben noch Geiſt ſchoͤpffen.
82. So begehret die Venus mit ihrer Sanfftmuht und Liechte /
Hertze / das iſt aller Geſtalten Krafft / und ſie faͤhet Hertz / das
iſt am Rade herumb in puncto die Sonpe / die iſt aller ſechs ge⸗
G7 ſtalten
1:8 Vom dreyfachen Seben Cap.y.
ſtalten Hertze / und fie ſeynd geſtalten ihres Hertzens / und iſt
zuſammen ein Leben.
83. Nun waͤre das unbeſtaͤndig und vergienge / fo offt fi ich das
Rad einmahl umbwendet: Und obs lange beftünde / fo whärete
das ein feculam neun⸗ und⸗zwantzig Jahr: So begehren die fies
ben Geſtaͤlte Fewer / ein Fewer das da bleibe: Denn das Hertze
iſt ohne Fewer fein geben: Und das Herse füngef Fewer / und
das Fewer iſt grimmig und verzehrende / und verzehret alle fie=
ben Seftaften des Centrimifihrer Wefenheit.
84. Alto aͤngſtet fi ſich das Herge in ſich und aus ſi fih / denn es
hat nichts mehr im wefentlichen geben im Auffern: Wann es
gleicht ſuchet / fo findet es nichts / und ſuchet doch mit aͤngſtlichem
& ähnen / und durchdringet alle fechs Geſtalten / und finhet Lin⸗
derung des Fewers / und kan [le doc) auch alfo nicht finden.
85. Alſo empfahen alle ſechs Geftaltendes Herkens alleder
Sonnen Krafft: Denn fiedringef mächtig inalle ſechs Geftal-
ten/ und ſuchet Ruhe und Linderung: Undfe ſie die nicht fin=
det / fo dringet fie in fich auſſer fich ſelber durchs Fewer / und be⸗
gehret der ewigen Freyheit / und ſie erlanget die Freyheit durchs
Begehren] und kan doch nicht frey ſeyn / denn des Fewers
Schaͤrffe iſt in ihrem Begehren.
56. Aber die Freyheit zeucht fich ins Begehren ins Fewer }
denn das Begehren dringetin fte : Alfo ſchaͤrffet fich die Freyheit
in dem Fewer / und erſcheinet durchs Fewer als cin Blitz / das
iſt der Sonnen Glantz und Schein: Und dieſelbe geſchaͤrffete
Srepheit begehret ihrer ewigen Wonne / als ihrer fanfften ſtil—
ben Krafft / und dringet in fich hinein in die Kraft: Und dieſel⸗
bige Ewige Krafft in der Freyheit iſt das ewige Wort / und daſ⸗
ſelbe Wort wird aus dem ewigen Hertzen erbohren / und im
Hertzen iſt das Creutz der Dreyzahl / und iſt der Natur Ende /
und im Ende iſt Krafft und Glantz der Freyheit / welche aus dem
ewigen Centro auſſem Hertzen auffm Creutze erbohren wird /
und heiſſet Mayeſtaͤt GOttes des ewigen Weſens.
87. Rum feet / gleich wiedas äuffere Begehren der aufferen
Ratur hinein in fi gehet nad) dem ewigen Herzen / welches
GOTT iſt: Denn die auffere Natur ſ aͤhnet ſich wieder nach dem
Weſen der Freyheit / als es vor der Schoͤpffung war / daß ſie
moͤchte der Eitelkeit / als des Grimmes / loß ſeyn: Alſo auch
fahnet ftch das innere Hertze nach der aufferen Natur / und wolte
ſich in Dem au ſſeren in figurlichen Gleichnuͤſſen offenbaren / und
begehrte alſo das innere des aufſern zu einer Figur / und das ine
Nie
Cap.9. des Menſchen. 159
nere fing das Äuffere im Begehren: Denn die Gleichnuͤß des ewi⸗
gen Centri war wol vorhin vor der Sonnen und Sternen
Schöpffung in der auffern Weſenheit / es war aber nicht Figure
lich und angezündet.
38, Alſo feßete das Herke GOttes der Dreyzahl ſeinen Wils
leninsherbe Fiat, in Matricem Naturz, ins Herke der Ausge
buhrt / in das Firmamentifche Herke / ala in Locum Solis, und
ſchuff mit dem Geiftefeines Mundes durchs Fiat am Rade her-
umd die fieben Geftalten des Centri Naturz: Dan wie fich das
Rad drehet / alfo gieng auch das Fiat Magifch / mitten im Wil⸗
len des drehens.
89. Lind weifdie Ausgebuhrtder Erden ein finden des Todes
war / fo wendet fich das Leben von demfelben Tode auffiverts /
und jieheftu / wie die drey Planeten /als die Geftalten des Cen-
tri Natutæ, welche den Geiſt des Centri und das Haus des Bei-
ſtes machen / über die Sonne hinauff ſtehen / wie das Leben in
ſeinem Anfange ſich urſtaͤndet / und die drey zum Leibe und zur
Bewegligkeit unter der Sonnen herunter ein ander nach / wie
ſich die Leibwerdung urſtaͤndet / und das Hertze als die Sonne
mitten inne / und ſtehet die Geſtalt auffrecht / auffwerts gegen
dem Firmament / als ein Menſch.
90. Das verſtehet alſo: Sihe uͤber dem Hertzen Sonne ſte⸗
het Jder iſt ein Auffſchlaͤger des Fewers / und ein Ensünder
des Hertzens / und ein Zerbrecher der Eſſentien, daß das dicke
weſentliche nicht erſticket bleibe / ſo zerbricht ers / daß der Geiſt
fan die Sinnen alſo erwecken / denn er machet in Sole Tin-
&uram.
gr. Mars ift Gifft und Zorn / bedeutden Grim des Fewers /
wie forne vom Centrobemeldet: Er iſt die bitter wuͤtende Ge—
ſtalt im Rade / und urſachet die Eflentien im Fewer Blitze: Er
iſt eine Urſache des Lebens.
92. Die Sonne und Mars haben zuſammen das Tindtur-$es
ben / und Venus mif dem Mercurio und mitder Sonnen haben
das Geift Sehen / als Lufft / dasift das Fraͤwliche Leben / wer:
ſtehe die Matricem als ein Weiber⸗-leben aller Geſchlechte.
93. Und über Marte fichet Jupiter , der iſt die Krafft des Her⸗
tzens deine gibt Mars fein Fewer-Leben / welches er aus dem
Hertzen Solis empfähet/ der macht Hirn / darinnen Mars woh⸗
nen kan.
94. Und darüber Sarurnus , der zeucht die Krafft zuſammen /
und machet dan Geiſte ein Haus / als die Hirnſchalen: Und
machet
160 Dom preyfachen eben Caps,
machet die Weſenheit / als au Corpore die Haut. Alfo ift das
äuffere Leben über der Sonnen der Kopff / ein Hausdeg Geis
ſtes / welcher im Hergen im Fewer urftandet / und wohnet im
Kopffe inden fünff Sinnen im Lufft⸗Leben.
95. Und unter der Sonnen hinumnterwerts ift Venus , der
urſtaͤndet fich vom Außdringen aus dem Fewer / aus der Tin-
&ur: Darum hater eigen Schein: Ermachet Waſſer und Lie⸗
be) und ift ein finden: Denn er ift eine Urfache der Wefenheit
der Sonnen / und ein Anfänger des untern Seibes: Auch hater
die Tinctur, und ift eine Urfache und Anfänger des Saamens zu
einem andern Centro zur Fortpflangung s Denmer ftärcket fich
mit der obern Krafft / und nimt mit des Geiſtes Geftalt beydes
vom Hertzen und Hirn: Dennalle Geftälte begebren fein / und
sermifchen fich mit ihme / denn er ift liebe und fanffte : Alfo hater
aller Geftälte Kraft / und iſt wol ein luſtiger Spielmann / denn
er ſinget ein Lied / das ſie alle gerne hoͤren und fuͤhlen / wie dem
wol nachzudencken iſt.
96. Und unter Venus ſtehet Mercurius, dem gibt Venus feine
Kraffe mit feinem Sinden: Darumb ſo iſt er fo luſtig / und res
det gerne vonaller Wis der Natur: Er iſt ein behender ſchnel⸗
ler Auffwecer des Saamens / den ihme Venus gibt /denn er wil
den Leib auffwecken: Und weil er viel weis / fowiler inalles
wandern / und gibt Sprachen dem Leibe / und wecket den auff /
gibt ihme Sinnen / fonderlich ins Hirn und indie Matricem
des Saamens,
97. Unter dem Mercurio ftehet Luna, da bleibet das Sincken
ſtehen und iſt cin vermifchet Wefen aus allen: Er gibtden
Madenſack / und alles was darein gehöret/ ernimtallesan/
und machef das ganze Bild/ alsein Thier: Er iſt die Sciblig-
keit: in ihme gerinnet Venus: erhältalles / denn er läffet nichts
ſincken / und ſtehet inmer in Furchten fuͤrm Falle / wegen der Er⸗
den / welche unter ihme ſtehet: Denn er fuͤhlet den Zorn in der
Erden / darumb fuͤrchtet er ſich / und laͤſſet nicht ſincken / ſondern
rennet und eilet / als waͤre er flüchtig: Er jſt falſch / denn cr bes
gehret des Obern und Untern: Er heuchelt mit der ErdenCentro,
und auch mit der Sonnen Centro,
98. Alfo wie diß Regiment in ſich ſelber iſt / alſo iſt das Re—⸗
giment aller Creaturen / und auch ihr Leben ſtehet alſo. Und fe=
het ihr / wie ſich das Nad drehet / als das Centrum, und der Leib
mit den Eſſentien ſtehet ſtille.
99. Die ſechs Planeten lauffen umb die Sonnen / als a
ihr
Gap.9. des Menſchen. 16x
ihr Herge/umd geben deine Krafft/ und holen Krafft inder Son:
nen: Alfo aud) das Leben windet fich alſo umbs Herke/ und
dringet ins Here; denn das Geiſt-leben dringet Jich zur Sce⸗
len / welche auffın Hergen/ aus des Hergens Tindtur brenner
als ein Liecht / und dahinein winden fie fich / und treibet immer
einer den andern fort / undift die Geftalt wie cin drchend Rad/
denn des Geiſtes Leben ift alfo vom Urftande.
100. Die da reden / daß die Sonne fortlauffe / die reden als
der Blindevon der Farbe / und haben noch nie Centrum Naturæ
erfandt: Wiewol man ihnen nichts zumeſſen ſoll denn es iſt
behalten worden] biß fish der Sonnen-Siegel auffge—
than zur fiebenden Pofannen Schall. Mercket dieſes:
Es ift fein Schimpff oder Ruhm: Es gilt euch allen / oder ihr
ſterbet blind / daran GOTT unſchuldig ift.
or. Die Welt ift nachdem Falle Adams einäugig
geweſen / denn fie hat unter den fechs Giegeln / verſtehe
unter den fechs Planeten gelebet mitihrer Erfäntnüßr
Aber dag fiebende Siegel thut ſich auff / da werdet ihr
mit Solis Augen ſehen. Wir reden alhier als wir erkennen
und ſehen. Alſo verſtehet uns recht / wir wollen euch den ſchwe⸗
ren Begriff leichtern / ſehets und merckts.
102. Das gantze Regiment dieſer Welt in allerley Leben
komt von dem Geſtirne / boͤſe und gut; denn ſte ſind auch Urſacht
daß die vier Elemente / als Fewer / Lufft / Waſſer / Erde erwe⸗
cket werden / ſonſt waͤre es in dieſer Welt alles ſtille.
103. So ſehet ihr num vornemblich an den ſteben Planeten
Das Ober⸗Regiment / denn ſie find des Geiſtes Regiment / und
daſſelbe zweyfach: Sie haben der Tinctur Regiment / als
Das Fewer-Leben / und auch das Lufft⸗-Regiment / als das
Waſſer⸗Leben.
104. Die drey Planeten über der Sonnen führen mit der
Sonnen das Fewer⸗leben und Regiment: Und die drey unfer
der Sonnen findder Ausgang von des Feivers Tinctur, und find
ein Sincken / und führen mitder Sonnen das $ufft Regiment /
und haben das Weibliche Gefchlechte / denn ſie haben der Marri-
eis Wefenheit / und die Obern haben Matricis Tinctur.
105. Die Tin&ur hält die Seele / umd dieunter Matrix Ve-
neris den Geift. Alfo begehret das Ober des Untern/ und das
Unter des Obern; und ift zwar wol ein Leib / denn Sol ift
das Hertze / und hat Glantz der Mayeſtaͤt dieſes Principii; J
v
r
162 Vom dreyfachen Leben Cap.g,
fo verſtehet ihr die zwey Geſchlechte männlich und weiblich.
« 200. Der Mann ift das Haͤubt / und hat in ſich das Ober»
Regiment mit der Fewers Tinctur, under hat in feiner Tinctut
die Seele / der begehret Venerem , als die leibliche Matiicem ,
denn die Seele wil Geift haben / und wil Leib haben / und das
bat die Matrix der Frawen. Und das unter Negimentift das
teeibliche / und ftchet ihr Negiment im Monden : Denn ©
‚Sol gibt ihr Hertze und Venus Tin&ur: Undhataber feine
Fewrige fondern Wäfferige; Darumb gibt er den Geift Lufft /
und ſtehet ihre Fin&ur nicht inder Witze.
107. Darumb muß ſte der Mann regieren / denn des Fewers
Tinctar iſt die ſcharffe Probirung aller Weſen: Mercurius iſt
der Auffwecker ihrer Tinctur, darumb find he ſchwaͤtzig; Und
der Mond hat ihre Matricem, der iſt aus allen Planeten / und
iſt furchtſam vor der Erden / darumb eilet er alſo / und nimt im
Rade von allen Planeten und Sternen Krafft wo er kan.
108. Er begehret haͤfftig Solis , darumb zeucht er auch ihren
Schein an ſich: Und wie ſich der Mond nach der Sonnen ſaͤhnet /
denn er iſt irrdiſcher Art / und begehret himmliſch Hertze: Alſo
daͤhnet ſich auch die weibliche Matrix nach des Mannes Hertze /
nach ſeiner Tinctur, als nach der Seelen / dan die Seele ift das
ewige Gut.
109. So ſaͤhnet ſich nun die Natur nach dein Ewigen / und
wolte gerne der Eitelkeit loß ſeyn: Und alfo urſtaͤnder das haͤff⸗
tige Begehren in dem Weiblichen und Maͤnnlichen Geſchlechte
aller Creaturen / daß ſich eines nach dem andern ſaͤhnet zu ver⸗
miſchen: Dan der Leib verſtehet das nicht / auch der Geiſt Lufft
nicht / allein die zwey Tinctuten, Männliche und Weibliche/
verſtehen das.
210. Dan ein Viehe weiß nicht was es thut / allein die Tin-
cturen wiſſen das / die freibens alſo. Denn das Fiar feet in
ihnen; Sie follen die großen Wunder GOttes offenbahren :
Denn der Geift GOttes ſchwebet auff dem Waſſer der Veneris,
und in Tovis Matrice alsin der Hirns Matrice, und führet das
Fiat, denn das Herke hat Veneris Matricem, und das Hirn
Iovis Matricem, Rh
ııı. Alfo fähret der Geiſt GOttes auff den Fittigen des
Windes / in feinem Principio, undgehet aber vom Vatter und
Sohne aus in der Schöpfung / und eröffnet die Wunder fo in
der Weißheit Ind von een DENE
erkimeifter aller Weſen / und von GO
der Werckmeiſt raller W ſen / Du
1,
Cap.10. des Menfchen. 163
Das 10. Capittel.
Weiter von der Schoͤpffung aller Weſen: Und wie
ſich der Menſch ſuchen und finden ſoll / und wie er
mag alle Heimligkeit finden / biß in die neund⸗
te Zahl / und höher nicht.
2. Aß du in den Sternen und Elementen fucheft/
und vermeyneft die Heimligkeit der Natur zu
finden / ift vergebliche Arbeit) und findeſt nicht
mehr als ein Auge / und ficheft einaͤugig; Und
wenn du mepneft / du habeſt Solem , fo haſtu
kaum Lunam, nur einen Glaſt von Sole, und bift weit vom
Hertzen / und laufeftnur mit dem Monde umbs Centrum.
2. Es ijteineiniger Weeg / den du gehen muft / wilftu My-
fterium magnum finden: Denn wenn du gleich Dein Lebenlang
in Luna ſucheſt / fo ift alles vergebens / dein Begehren bleibe
nur Luna,
3. Ir Mercurio macheftu groffe und ſchwere Arbeit / und den⸗
ckeſt / der Stein ligedarinnen: Aber aus deiner Alchimey wird
Kuͤhmiſt.
4. Wan du in Venerem komſt / ſo meynſtu / du habeſt So-
lem, es ſey Gold. Aber es iſt das Weib / und hat nur eine
Waͤſſerige Tinctur: Ihr Leben iſt Lufft / alſo arbeiteſtu in dem
Leibe vergeblich; So du aber nun den Geiſt der Tinctur ergreif⸗
feſt / ſo geheſtu zwar auff einem Weege / auff welchem viel Solem
haben gefunden.
5. Aber fie find dem Weege nach gegangen / biß auff Solis
Hertze / da hatfieder Geiſt der himmliſchen Tinctur gefangen /
und in die Freyheit in die Mayeſtaͤt gefuͤhret: Alda ſie dan den
Erlen Stein / Lapidem Philofophorum, haben erkandt / und ſich
gleich entſetzet für der Menſchlichen Blindheit / und geſehen die
vergebene Arbeit.
6. Wilſtu den Edlen Stein finden / ſihe / ſo wollen wir dir
ihn genug zeigen / biſtu ein Magus, und des wehrt / ſonſt blei⸗
beſtu wohl blind: So greiff es alſo an / denn er hat nichts mehr
als drey Zahlen.
7. Erſtlich zehle von einem biz auff zehen (X) das iſt zehen /
und iſt eine Creutzzahl. Bon einem big auff zehen iſt eine Zahl /
und du haſt nur uͤber neun Zahl gewalt / fuͤr der Zehenden ſolſtu
ie, Gleis
764 Vom dreyfachen geben Tap.ro!
bleiben ſtehen / denn fie ift ver Natur Ende: Das gebühret der
Creatur nicht zu forſchen / fo ſie unterm Ereuß bleibt / fo bleibet
fie im Leibe des gefaffeten Willens GOttes.
8. Und denn hat er zehenmahl zehen / das ift hundert/ und
dan zehenmahl hundert / das ift tauſend: Da ligt der Stein
ohne groffe Mühe/ denn er iſt rein / und mit der irrdiſchen Nas
tur nie beflecket.
9. Mache es alſo / wie ich droben Habe vom Centro geſchrie⸗
ben: Verwechſele die Planeten am Rade herumb / und mimb
fie / einen Maͤnnlichen und dan einen Fraͤwlichen / einen zum
Seelen⸗-Geiſte / und einen zum Lufft-Geiſte.
zo. Umb den Leib darffeſtu nicht ſorgen / dan ein jeder Planes
En ihme fein eigen Corpus, was fein Begehrenift/ wol
elber.
21. Fange am Saturno an / dan er iſt der erfte an dem Fewer⸗
geben zu der Edlen Tin&ur: Und dan fahre am Rade herumb
zu Luna, dan Du muft je einen Planeten zum Tin&ur-$cben neh⸗
men / und dan einen zum Lufft-Geiſt / denn es beſtehet feines
ohne das ander / ſonſt kriegeſtu Geiſt ohne Leib / einen Fewer⸗
Geiſt / welcher ineiner Lucerne brennet/ gleich einem angezüns
deten Fewer / aber ergibtnichts: Es iſt nur eine Hoffart/ wol⸗
len ohne Leib ſeyn.
12. Fahre alſo am Rade herumb biß auff Solem, das iſt die
Siebenzahl in der erſten Zahl / und wan du nun dahin gelangeſt /
ſo meyneſtu / du habeſt den Stein / aber er beſtehet nicht / Mars
zerbricht den.
13. Fahre weiter durchs Fewer der Sonnen / welches die
achte Zahl iſt: Und wenn du durchkomſt / fo ergreiff durch die
Tinctur die Ewigkeit / iſt die neundte Zahl / und führe die auffs
Creutz auff die zehende Zahl / das iſt der Natur Ende.
x4. Da greiff zu und nimb den Stein / wieviel du wilt / der
zerbricht in keinem Fewer / er iſt frey von der Grimmigkeit und
Ausgebuhrt: Sein Glantz und Liecht ſtehet in Krafft der
Mayeſtaͤt: Sein Corpus iſt aus der ewigen Wefenheit /
- Seine Zahl ift auffm Ereutz hundert / und in der Mayeſtaͤt
taufend.
15. Diefes geben wir den Quchenden / denn Feiner findet
nm Luna, er komme dan auffs Ereug in die zehende
Zahl.
16. So ihn alsdan ferners ja lüftert dieſe Welt zu ſuchen /
und hätte alfo gerne diefer Welt Glantz / und begehret den Stein -
dieſer
Gap.ıo. des Menfchen. 165
Dicker Welt/ als in Metallen / der gehe alfo auffin inneren ins
Aufferes Er gehe in Lunam, und rioffe den in taufend Theil}
und gebe ihm ein wenigSolis: So aber fein Geitz groß ift/ fa
gebe er ihme den ftebenden Theil Solis , fo ifts fhon gemacht.
17. Denn es lauffen alle Planeten und Sternen nach dem
Hersen/ ein jeder nimt Krafft vom Hertzen / und macht ihm
felber feinen $eib ; Denn Luna ift aus allen fechs Planeten /
und hat auch O / aber nicht das Herge / denn er hat Solem nur
in Begehren/ wie ihr ſehet / daß er mit Sole fcheinet / und nicht
mit feinem eigenen Glaft : Darumb mug ihme der Geift des
Hergens zugefegef werden / welcher vorhin rein ift: Dan laufs
fen alle Planeten zu / ein jeder begehret das reine Kind / und
bawet ihme fein Haus hinein.
18. Nun ſihe zu / und hüte dich por Venere, daß er nicht eine
Meibifche Tin&ur hinein ſchwaͤtze / denn er erſcheinet lichte und
ſchoͤne: Aber erift ein Weib/ und machet einen finftern Leib /
und verfchlinget bald Solem.
19. Behalt du den ſchwartzen Saturnum mit Martis Hitze / fo
wird dir endlich der gütige Jupiter erfcheinen / der ift freundlich /
und hatdas Ober- Haus / daß Haus des Geiftes / der Tinctur,
wenn der aus dem ſchwartzen Sarurno komt / der ift der Metalli-
(he Stein.
20. Aengſte dich nicht gar zu fehr indie länge mit Feuer / es
gibt nichts mehr als es vermag / du zehleft fonft zu ruͤcke / in
verluſt wol nicht ins verderben / ſondern nur in Solem Hun-
gariz: Venus freuet ſich defto hoͤher aber deine Geitzige Hoffs
nung nimt abe/ wiewol dis dich billich lieffeft in der gehenden
Zahlgenügen: Dandiefer Welt Reichthumb ift Koth.
21. Und ſo du die gehende Zahl erreicheft mit deiner vorhin
zubereitung / darffſtu Dich nicht alfo harte umb die Tauſend
Zahl kuͤmmeren / fie ftchet auff der Eron der Jungfrawen / in
welcher zwölff Sterne verfeget find / ſechs Göttliche / und ſechs
menſchliche: Die Erone hat taufend Zahl und die Jungfraw
hundert.
22. Chriftusfpricht: Suchet zum erften das Reich GOttes /
fo wird euch das ander alles zufallen: Es liget alles im Willen /
denn der Wille macht Begehren / und das Begehren nimt da
2 ift : Und wiewol es doc) iſt / aber uns Menfchen vers
orgen.
23. Es fey dan daß ein Menſch habe den Stein auffm
Ereuse erlanget/ der findet / / wo die Vernunfft fpricht / —*
nich
186 Dom dreyfachen Sehen Gap. ro,
nicht das Denn was nicht von Ewigkeit gewefen ift/ das ift
auch noch nicht / und davon wiſſen wir auch nichts / wir wilfen
nur von dem / das da iſt / und je geweſen iſt / ob wel nicht of⸗
fenbahr vor uns Menſchen / aber doch aus GOTT in feiner
Weigpeit von Ewigkeit.
24. Darumbob wir reden von zwey Reichen / als von Got⸗
tes und diefer Welt Reich / mit ſolcher Geftalt/ als fähen wir
Die mit leiblichen Augen / laffet euch das nicht wundern: So
fi GOTT im Menſchen offenbahret / foift er in zweyen Rei:
chen / und ſthet mit duppelten Augen: Und diefer Weeg ift doch
auch nicht alfo ſchwer / als ihn die Vernunfft im auffern ſuchet.
25. Es liget alles am Willen / der aͤußerliche Wille muß in
innern gehen / er muß ſich ſelber verlaͤugnen / gleich als waͤre er
im aͤuſſern Todt / und haͤtſe kein Leben im aͤuſſern / und da er
doch lebet: Gleich wie GOTT im aͤuſſern lebet und iſt / und das
aͤuſſere iſt an ihme todt / daß es ihn nicht kan ſaſſen; Alſo auch
Du Menſch: Du biſt mit deiner Seelen im inneren / aber deis
ner Seelen Willen hat fich mit Adam umbaewand ins aͤuſſere.
26. Darumb wiltu GOTT und die Ewigkeit ſchawen / fo
wende Dich mit deinen Willen umb ins innere / fo biftu wie
GOTXT felber: Denn alfo biftu auch im Anfange gefihaffen
worden/ und alſo Icheftu nach dem inneren Pillen &Dtte 7}
und in GOTT : nd nach dem Auffern in diefer Welt / und haft
beyde Reiche zum Eigenthumb / und bift wolrecht ein Bild und
Gleichnuß GOttes / duerforfcheft alle Ding / was im verbor⸗
genen ift/ findeſtu / denn du findeft das in der Ewigkeit / und
fipeft es zurischin der Ausgeburtin der Figur ftchen.
27. Der Grundder Schöpffung diefer Welt ift dem innern
Menfchen in GOttes Willen vielleichter zu erkennen / als dem
Auffern das fichtbare Weſen: der Auffere erkennet das weni—
ger / das er mit Augen ſihet / und mit Haͤnden greiffet / mit
Ohren hoͤret mit der Naſen reucht und mit vom Munde
ſchmecket / als der innere den Grund und das herkommen des
aͤuſſern. Der innere fihet wol das Geſchoͤpfe in ſeinem Grunde /
aber er iſt am aͤuſſern wie todt / und da er doch lebet. Und was
er dem aͤuſſern lebet / das lebet er GOtte umb feiner Wunder:
that willen / daß er das eroͤffnet / und ins Weſen bringet / was
in der Figur im verborgenen ſtehet.
28. Alſo ſagen wir noch: Das ewige ſtehet im Willen / und
der Wille macht Begehren / und im Begehren ſtehet des Wil⸗
lens Figur / alſo ifts gewefen vor den Zeiten der Welt; als A
; gber
— — De BE ru
Er +
u
{
f
Cap. 10. des Menſchen. 167
aber GOTT in feinem Willen bewegete / fo fhuff er das Be-
gehren / dag es im Weſen ſtund / und anderſt erkennen wir
nichts als nur daffelbige.
29. So iſt nun das Begehren ein anders als das Wollen 4
dennder Willeiftohne Wefen/ und das Begehren macht We=
fen. Alfoift aus dem Ewigen Nichts worden das da ift/ und
vorhin nichts war/ als nur ein Wille; der war eine Jung:
fraw ohne Bildnig/ und war doch eine Figur eines Bildes im
Willen: Und dieſelbe Figur hat der Geift erbficket/ und in
eine Weſenheit gefchaffen / als wir denn erkennen ander Forme
dieſer Welt. Die Figur hat den Geiſt geurfachet/ daß er hat
ausgefprochen die Wunder in der Figur / und das ift die Matrix
der Gebaͤhrerin / und das ift der Geift dieſer Welt / den ane
derſt Eonseder Geiſt nicht ausſprechen / als ein Gleichniß nach
ihme / denn es war ſonſt nichts.
30. So zeigen wir euch nun alſo an die Schoͤpfung / denn
Schoͤpfen heiſſet in den Willen faſſen das jenige / was in der
Figur in dem Willen ſtehet: Denn wan ein Zimmermann wil
ein Haus bawen / ſo muß er ihme vorhin ein Modell in ſeinem
Willen pflantzen / wie er das bawen wil / als dan bawet er nach
dem Modell ſeines Willens.
31. Alſo hat ihme der Geiſt GOttes auch ein Modell nach
feines gleichen in feinen Willen gepflantzet / und das Model
alfo gefhaffen: Denn das fehet ihr an diefer Welt / als der
Geift durchs Wort Fiat den erfien Tag / die Ausgebuhrt im
Grimme fhuff/ als Waffer und Erde / fo faſſet er in Willen
Die Figur / unddas war der Himmel / den ſchuff er den andern
Tag / und verſuchete ven dritten Tagdas Werck / und lieg aus
der Erden auffgehen Formen und Bildniffen aus den Eflentien,
als Baͤume / Kraut und Graß: Das waren Bildniffen der
Eflentien des Begehrens / aber des Geiftes Bildniß ſtund noch
verborgen / und war doc im Weſen / biß am vierdfen Zag: Da
verftehe einen Tag ohne Sonne / ift eine Umbwendung des Ra⸗
des Naturz im Vegehren des Willens. Und der innere Wille
hat fehs Zahlen nach den fechs Geiftern: Und der auffere im
Bezchrender Figur hat auch fechs Zahlen / nach der Gleichniß
des Geiſtes: Und die zwey Reiche machen mit ihren ſechs Zah⸗
len vier und zwantzig / die theilen ſich in vier Theil: Als ſechs
vorm Mittage / und ſechs nach Mittage / und ſechs vor Mitter⸗
und ſechs nach Mitternacht / biß zum Auffgange eder
Unfange.
— 32. Nach
*
168 Vom dreyfachen Leben Kap.ıs,
32. Nach dleſem hat der Geiſt ins Begehren geſetzet ein Zei»
hen / und eine Rechnung davon Zeiten und Jahre kommen / die
zuvor nicht waren: Denn jede zwölf Zahl / welche ift Himmli⸗
ſche Göttliye und Irrdiſche / Menſchliche oder Thierifche / hat
ein Zeichen am Firmament / das ſchuff der Geift ins fichtbare
Weſen / mit ſamt des Centri Eron / welche ift der Umbfang des
Geſtirnes.
33, Und fügen dir diß zu erkennen / daß das Schaffen des
Geiſtes iſt ein Ausgang aus ſich ſelber ins aͤuſſere: Denn im
loco Solis iſt der Punct / da der Geiſt die Gleichnuͤß hat ge—
ſchaffen: Denn das Wort ih Fiat ſtund alda / und eröffnete ſich /
und gieng aus von der inneren zehenden Zahl / und ſchuff fort
durch und durch / biß auff Eins / das behielt die zehende Zahl als
ein Corpus, das iſt Luna, denn in ſolchem Begriff war die Ge=
fralt und Form der Tieffe ergriffen / und der Geiſt gieng aus /
und trieb die Effentien des Centri biß zur Cron: Da faffeter die
mit den Zeichen und allen Geſtalten der Bildnuͤß / welche in der
Sungframwen in der Figurim Wilken ftunden / und das Ind die
Sternen / und fchuff fie gleich als einen Umbfang des Geiftes/
und find alle ein Leib des Geiftes / welcher Sol heiffet: Denn al-
Da hatder Ewige Geiffdie Gleichnuͤß des Geiftes gefaffet / und
die gehet alfo aus dem natuͤrlichen Leibe diefer Welt aus als ein
Geiſt: Gleich wie der Ewige Geiſt aus dem Ewigen Centro
Naturæ, aus der zehenden Zahl. Und wie fie ſich haben mit ihrem
Umbgangein den dreyen Tagen geordnet / verſtehe vor der Son—⸗
nen: Alſo ſind ſie auch im Fiat blieben ſtehen in der Ordnung /
And find nichts Materialiſches oder begreiffliches / obs wol gegen
der Ewigkeit ein Materialifch Weſen iſt / aber gegen Uns nicht/
fondern fie find Kräfte / eine Ausgebuhrt auffin Emwigen verbore
genen Centro, und eine Gleichnuͤß des Ewigen/ und haben
Kroft und Gewalt / nad) aller und jeder Sternen Eigenſchaff⸗
ten geiber und Bildnüffen zu figuriren.
34. Alfo verfiehet uns: Aus dem Loco Solis gehet aus die
Eröffnung aller Sternen und Elementen / und findalle Ster-
ten der Sonnen Kinder / big auff Saturnum , deriftdas Haus
deß fechs-füchigen Geiftes: Dan die Planeten find der Geift/ |
und die Eroneder Obern der $eib / undift cine Geftalt/ wie wir |
forne vom Centro Naturz und vom Thronder Engel gemeldet
haben. Gar groffe Dinge ſind hierinnen / welche wir billich ver»
ſchweigen / wegen der Welt Bopheit/ welche / foflediefeswüe
ſte / die Kraͤffte der Natur wuͤrde zu ihrem Geitze und Falſch⸗
heit mißbrauchen. 35. Date
Cap. ro. Des Menfehen: 169
35. Darımb fagen mir euch / deme die zehende Zahl eroͤffnet
wird / deme wird auch in feinem Willen gegeben nichts mehr zu
reden / als was der Welt noth ift/ und folches zu allen Zeiten/
wie es die Noth erfordert) und in GOTT erfandt wird. Alfa
verftändigen wir euch des Grundes/ wie GOTT am vierdien
Zage habe die Sonne / und mit demſelben führenden Beifte die
Sternen gefchaffen / und was fte find / anders nichts/ als zuſam⸗
men cin Leben nach der Gleihnüß GOttes / da fich die Ewigkeit
hat in einem Weſen offenbapret.
36. Den fünfften Tag hat GOTT ME Werfen und Leben bes
weget / und darein das Fiar gefeßet/ und allerley Gleichnuͤſſen
nach jeder Geſtalt im Geifte aus der Matrice gefchaffen. Zn die>
fe Schöpfung hat ſich nun das dritte Reich / alsdas Reich des
Zornes harte mit eingedrenget: Da giengen herfür allerley
Thiere / Voͤgel / Fiſche / Würme / und was fich reget und leber/
Das gieng alles aus der Auffern Matrice, und ffund auffder Er⸗
den. Und in der Tieffe giengen herfür allerley Geifter des Few⸗
ers / als da find die Afcendenten ud Phoenix ; Und in der Lufft
auch allerley Geiſter / nach der Lufft Wefenheit: Und im Waſ⸗
fer und Erden allerley Geifter / ein jeder nach feiner Mutter
Eigenfhafft: Und iſt die gange Tieffe zwifchen dem Geftirne /
alfoweit fich das Wort zur Schöpffung hateingegeben / nichts
als cin Leben und Raͤgen von Geiſtern.
37. Run fraget die Bernunfft: Weil der Teuffelin diefer
Welt wohnet/ und hat fein Fürftlih Negiment/ wo wohnet
denn der»Sihe Menfch / betrachte dig wohl: Es find in der gan
sen Tieffe nicht mehr als fichen Umbgänge / die waͤltzen und dre=
hen fih herumb als ein Rad / oder wie fich das Sehen umb die
Seele windet / und das Herge ftehet in Mitten / als das Cen-
trum, ftille/ das ift die Sonne / und die Umbgänge umb die
Sonne find die ſechs Planeten / als Beifter am Centro; Und
der fiebende Umbgang ift die Erde / die drehet fich in vier⸗ und⸗
zwansig Stunden einmahlumb / und lauffet mitden Planeten
ein Jahr einmahlihren Lauff auffer dem Monden / mit umb die
Sonne / welchesdie andern auch thun / aber in Furger und auch
viel längerer Zeit: Als D Saturnus erft in neun⸗ und⸗zwantzig
Jahren wegen ſeines weiten Ganges / ausgenommen der Mon⸗
de / welcher zuruͤcke lauffet / thuts alle Monden / ein Jahr zwoͤlff⸗
mahl / und ſchreitet noch daruͤber.
38. Nun das machet zuſammen das Rad der Gebuhrt / dar⸗
innen das Verbum Eiar ſtehet / das hat den Teuffel aus dieſem
H Circul
170 Vom dreyfachen Leben Gap.ıo,
Circul ausgetrieben / und wohnet auſſer dieſem Circul, und iſt
eine groſſe Finſternuͤß gegen der Crone der Sternen am Firma⸗
ment / daß auch viel Sternen an dem Firmament nicht geſehen
werden / wegen der Finſternuͤß: Und hat auch ſonſt groſſe Deutung
wegen der Menſchen / welches wir wolten melden / wan die Welt
nicht alſo toll waͤre / und ſich lieſſe den Teuffel treiben / welcher
aller Offenbahrung ſpottet / damit er die Menſchen blendet.
Es ſol zur letzten Zeit ſtehen den Kindern die mit beyden
Augen ſehen.
39. Alſo wohnet uns der Teuffel nahe / und hat doch ein Fuͤrſt⸗
lich Regiment noch viel tieffer / naͤher gegen dem Geſtirne in der
Mitten / wo es am finſterſten iſt: Denn die Naͤhe des Glantzes
von Sternen mag er auch nicht: Und iſt alſo als ein Gefange⸗
ner / und darff die ſieben Regimente des Verbi Fiats nicht beruͤh⸗
ren / und hat keine Macht darinnen / und iſt alſo die aͤrmſte
Creatur in der Crone.
40. Diefes laͤſſet ſich wohl mit keinem Circkel entwerfſen
denn die Sonne ſtehet im innerſten Circkel hinein / und die an⸗
dern immer weiter auffwarts biß auff die Crone: Die ſchleuſſet
den aͤuſſern Himmel / und kan nicht verſtanden werden / allein
der Geiſt verſtehet das in ſich / wie er iſt / ſo iſt auch diefer Cir⸗
ckel: Man kan es auch nicht ſchreiben / denn das Leben windet
ſich hinein zu der Sonnen: Alſo auch die Geiſter des Lebens im
Menfchen hinein indie Seele / als ihr von den dreyen Pincipien
möget nachlinnen / da das aufferffe auch das aller inmerfte ift/
welches der auffere Beift unferer Bernunfft nicht kan faſſen / denn
er ift nur Eines / undnicht Dreyzahl. Aberder Seelen Geift/
fo der umbgewendet wird / dag er ins innere fichet mit feinen ei⸗
genen Augen / und mitdiefer Welt Augen ins äuffere / der vers
fiehets ; denn dasift das Geftchtim Ezechiele, vom Geifte mit
Den inwendigen und auswendigen Augen / da der Geift fchlechts
für fich gehet / und wo er auch hingehet.
4x. Ob wol die weiſen Magi und Mathematici haben eine
Sphzram gemacht / und das Rad entworffen/ fo ifts doch nicht ge⸗
nug: Es ift wohlden Inbegreiffenden ein Weeg zu betrachten
Myiterium Magnum , aber das Rad hat viel einen ſobtilern
Verſtand / und mag mit feinem Circkel auff folde Weifege>
macht werden: Denn cs gehet in fichgegen dem Herken Solis,
und aus fich gegen der Figur der Weſenheit: Estreibet über
fich und unter ſich: Denn der Tinctur Geiſt / als das rechte Fe—
wer⸗Leben / treibet über ſich hinein nach der Freyheit GOttes /
und
Cayın des Menſchen. 171
und begehret aber den Geiſt der Weſenheit / welcher unter ſich
treibet / dan ohne den beſtehet das Fewer⸗Leben nicht.
42. Alſo wendet ſich der Fewer Geiſt umb gleich wie auff die
Seite / und greiffet immer nach dem Geiſte der Weſenheit / und
der Geiſt der Weſenheit fleucht fuͤrm Fewer; Weil er aber aus
dem Fewer⸗Leben erbohren wird / und mag nicht davon getren⸗
net werden / fo wird er mit dem Fewer⸗Geiſt gedrehet: Denn
‚wenn der Fewer⸗Geiſt ſich zur rechten in die Quere wendet / und
greiffet nad) dem Geifte der Weſenheit / fo wendet fich der Geift
der MWefenheit auch in die Quere / umd unten auffver andern
Seiten hinauffwerts / und das machet ein Drehen / und eilet je
eines dem andern nach: Denn die Wefenheit fleucht fürm Fe⸗
wer / und komt doch auſſm Fewer / alsihr fehet / wie Lufft auffin
Fewer gehet / und ausder Lufft wird Waſſer / welches die We⸗
ſenheit iſt.
43. Alſo begehret das Fewer / welches eine Angſt iſt / Sanfft⸗
muth / und die Freyheit auſſer der Quaal / und greiffet nach dem
Waſſer-quell: Und die Sanfftmuth / als der Waſſer-quell bes
gehret Leib / daß ſie moͤchte fuͤrm Fewer frey und verdeckt ſeyn /
und eilet je das Fewer nach dem Waſſer / und das Waſſer fleucht
fuͤrm Fewer: Denn wan das Fewer oben ausfuͤhre / und das
Waͤſſer unten aus / fo würde eine weite Zertrennunge / und in
jedem der Todt und ein Nichts; Weil ſtchaber das Fewer nach
dem Waſſer beuget / und ſtch darinnen erquicket / ſo behaͤlt es
fein Leben / und kan wieder alſo den Geiſt⸗Lufft von ſich geben /
daß das Leben beſtehet.
44. Alſo zeigen wir dir Myſterium Magnum an / daß du ſolt
lernen verſtehen / wie weit du gehen ſolt / wo deine Zahl und En⸗
de iſt: Denn das Fewer iſt die achte Zahl / nach den ſieben Gei⸗
ſtern Naturæ, und iſt eine Urſache der ſteben Geiſter. Nun be—
ſtehet aber keine Creatur im Fewer / denn das Fewer verzehret
die Weſenheit / darinnen das natuͤrliche Leben ſtehet: Nun aber
machet Das Fewer Tinctur, und darzu doppelt / eine in fich
greiffende nach der ewigen Freyheit / nach der ſtillen Sanfft⸗
muth ohne Weſen; md die andere aus fich greiffende / nach der
Aufferlichen Weſenheit / als nach dein Oleo , weiches aus dent
Waſſer iſt / welches von Venereift / darinnen fein Aufferlicher
Blank und Scheinentfpringet: Und inderinnerlichen Tinctur
im Begehren der ewigen Freyheit entfpringet Mayeſtaͤt der
Freyheit.
45. Alſo verſtehet uns recht / das Fewer hat die achte Zahl
und
N
72 Dom drenfachen Sehen Cap.ıo.
und die innerliche Tinctur hat die neundte Zahl: Alfo weit fellen
wir gehen / dann die zehende Zahlift das ewige Fewer GOttes /
undhältinder Mitte feiner Gebuhrt das Creutz / das theiletdas
Centrum der ewigen Natur in zwey Reiche / Davon wir vorn
haben gemeldet: Und welche Ereatur hindurch wil fahren / die
komt duͤrchs Reich GOttes hindurch wieder in das äufferfte/ aus
GOTT und auffer diefer Belt ins Fewers-Centrum hinein /
als in eine ewige Finfternüß / da das Fewer ſchwartz / und ein
immerwährender Hunger ift.
46. Die Anzündung des Fewer⸗Liechts ftchet alleine untermt
Creutze in der Sanfftmuth / inder neunden Zahl/ das iſt eine
Zahl: zehen Zahl iſt zwey Gezahl / die gebuͤret den Engeln und
Menſchen / aber nicht weiter ins Creutzes Centrum zu greiffen /
ſondern ſie muͤſſen alda fuͤrm Creutz der Dreyzahl ſtehen / und
ihr Gemuͤthe unter ſich ſchlagen in die Tinctur der Demuth / zu⸗
ruͤck in die neundte Zahl / und fuͤr ſich in die zehende ſehen / aber
mit furchtſamen Gemuͤthe / nicht Willen ſchoͤpffen / oder haben
ig, die zehende Zahl / als ins Centrum des Fewers GOttes hin⸗
ein zu gehen / ſondern ſich hoch vor der zehenden Zahl ewig freu⸗
en / und mit ſeinem Lobgeſang vor der zehenden Zahl ſingen:
Heilig / Heilig / Heilig iſt unſer GOTT der HErre Zebaoth /
und derſelbe Geſang iſt eine Speiſe des Goͤttlichen Fewers /
davon ausgehen in den Goͤttlichen Eſſentien Wunder / Para⸗
deiß / Element / und him̃liſche Weſenheit / und ſtehet vor der
Dreyzahl als eine Jungfraw der ewigen Witze GOttes / und
das iſt GOttes Weißheit.
47. Denn in der Weißheit erſcheinen aller Goͤttlichen Effen-
tien Weſenheit / darzu wir alhier keine Zunge noch Feder zu
ſchreiben mehr haben: Alleine wir zeigen euch an / wie weit ihr
in ſolcher Offenbahrung forſchen ſollet: Denn in der neundten
Zahl ſehet ihr alle Ding / denn es iſt des himliſchen Lebens Tin-
&ur. Ihr feher die hunderſte Zahl der JZungfrawen der Weiß⸗
heit/ md auch die tauſendſte Zahl der Erone der Mayeftäts
Alleine ihr follet nicht weiter forfchen in die zchende Zahl / dar⸗
innen den Abgrund zu erforſchen; ihr gehet fonft auffer GOTT/
wie Lucifer , welcher in der gehenden Zahl wolte Schöpffer ſeyn /
umd fuchete das Fewer des ewigen Urkundes / und alda innen
muß er als im Tode inder Finfternüß ewig bleiben.
48. Darumb fey der Leſer gewarnet/ in Diefen gar tieffen
Schriften nicht weiter zu gruͤnden umd feinen Willen tieffer
zu ſchwingen / als er begreiffet: Er ſoll fich allezeit am —
aſſen
Cap.ıo. des Menſchen. 173
laffen genügen: Denn im Begriff ſtehet er noch in der Weſen⸗
heit/ da irret er nicht / und wietieffihnder Geift auch immer
führetes Denn einem wird vielmehr gegeben als dein andern:
Alleine das ift das Ziel/ dag ein jeder inder Demuth gegen
GOTT bleibe ſtehen / und ſich GOTT ergebe/ dag er das Wollen
und Thun mit ihme mache/wieer wil: Wenn du das thuft/fo biſtu
in dir ſelber als todt / dañ du begehreſt nichts als GOttesWillen/
und der Wille GOttes iſt dein Leben / der gehet in ſich hinein bi
in die tauſendſte Zahl / und forſchet die Tieffe der Gottheit mit
allen Wundern: Er fuͤhret deinen ihme ergebenen Willen in
die Jungfraw ſeiner Weißheit / daß du magſt alle Wunder
ſchawen: Aber du ſolt nicht von ihme indie Wunder imagini-
ren / fo bald du das thuſt / ſo geheſtu aus GOttes Willen aus /
welcher die ewige Freyheit iſt / und biſt in deiner Imagination
gefangen / das mercke: Denn eine jede Imagination macht We⸗
ſenheit: Aldainnen ſteheſtu / und muſt wieder heraus gehen /
oder ſchaweſt GOTT nicht.
49. Darumb lehret uns Chriſtus Demuth / Liebe / Reinig⸗
keit des Hertzens / barmhertzig ſeyn / und heiſſet uns GOttes
Willen fischen / und uns darein ergeben: Dan in GOttes Wil⸗
len vermoͤgen wir alles: Nicht unfere eigene Natur ſoll es thun /
ſondern GOTT eröffnet ſelber in uns / und er iſt unſer Thum
fo wir etwas Wunder würden: Denn feine Menfchen-Seele
fol fagen oder dencken / ich wil Wunder thun / Nein / das kan
auch nicht ſeyn.
50. Denn die Wunder uͤber die aͤuſſere Natur gehen allein
auſſm Centro der ewigen Natur / aus der gehenden Zahl / die
vermag die Creatur nicht. Aber ſo ſie in GOttes Willen erge⸗
ben iſt / ſo thut GOTT in der Creatur Wunder / denn es iſt
feine Luſt / ſich in ven Schwachen zu offenbahren: Denn der
Starde ftarret in feinem Willen / und wildenniht GOTT
ergeben: Er trawet ihme in feiner eigenen Witze. Alfo ift fein
Wille auffer GOTT / undvermagnichtsz Und fo er denn alſo
aus fich felber von GOttes Wefen und Willen redet / fo iſt er ein
unmiffender Luͤgner / denn er redet nicht aus GOttes Geift und
Willen / ſondern aus ſich ſelber aus feinem Wahn / in wel⸗
chem eitel Zweiffel iſt: und daher urſtaͤnden die Streite des
Glaubens umb die Goͤttliche Wiſſenſchafft / daß man GOTT
in ſeinem eigenen Willen und Wiſſen ſuchet: Die Menſchen
wollen GOTT in ihrem eigenen Willen finden / under iſt nicht
darinnen / denn er wohnet nur bloß in dem Willen / der ſich ihme
H3 gang
174 Vom dreyfachen Leben Gap.ıc,
gantz mit aller Bernunfft und Wiſſen ergiebet / dem gibt er Er⸗
kaͤntnuͤß und Krafft / ſein Weſen zu erkennen.
52. Darumb hebet ewre Haͤubter auff / und merckts / es iſt
in keinem Zancke und Streit GOttes Wille / ſondern der
Menſch und des Teuffels Wille: Es iſt des Zorns Wille,
Laſſet euch richt verführen die Gleißner / die da einherprangen
in der Hifforien / und ſagen: Wir haben GOttes Willen bey
uns / wir find feine Diener / fehet auffuns / wir find GOttes
Ambtleute: Und ob wir gleichhöfe find / noch tragen wirdas
Ambt und Willenrecht. O verfluchte Cains⸗ und Judas- Arth/
du bift nicht in GOTT gebohren oder erfandt/ wie ruͤhmeſtu
Dich dan GOttes Willen? Wie maaftu fagen / du trägeft My-
fterium Magnum GOttes / fo du doch auffer GOTT bift in ei⸗
nem freimbden Willen / und in dir felber: Dur trägeft nicht
Myfterium Magnum, fondern der arıne Sünder / der da umb⸗
fehret/ welcher vom Teuffel ift gefangen worden / und iftim
Streite wider den Teuffel / der zu GOTT achget / ſeufftzet und
ſchreyet / der läufft in Rew und Abftinentz gu dem Ambt des
Myfterii Magni, welches Ehriftug feinen Jüngern und Kins
Bern gegeben hat / dieda im Willen GOttes find / die haben den
rechten Schlüffel zum Himmel un» Hölle. Nun traͤgeſtu So-
phift nicht das Ambt / weil du auffer GOttes Willen bift / ſon⸗
Bern der arme bußferfige Menfch bringet mit zu dir das Myſte-
zium Magnum , und ergibt fich in den Apoftolifchen Gewalt /
den dur nicht haft / fondern die Gemeine Chrifti / die in GOttes
Willen find: Alfo empfähet ein Glaube denandern: unddie
Gemeine Chrifti abfolviret den’ bußfertigen Sünder / und
nicht du Sophift „der du weder Krafft/ Macht/ noch Wiſſen haft
won Reihe GoOttes / fondern bift felber ein Gefangener des
Zeuffels / und figeftin GOttes Zorn: Du biſt nur die ſtoltze Hu⸗
re zu Babel / und fchwebeft auffdem Ambte Myfterii Magni, und
bift deß unfähig / dur feyeft denn in GOttes Willens So biſtu
Ehrifti Apoftel/ und trägeft das Kleid Aaronis und GOTT
fehleuffet durch deinen Mund auff und zu / und auch nicht dein
natürlicher Wille / der mug allerwegen todt ſeyn / oder du bift
des Ambts nicht fähig: Du ſitzeſt auch nicht im Ambte Chriſti
auff Petri Stuhlin deinem eigenen Willen / fondern auff dem
Stuhl der Peftilens / und bift der Antichrift, als wir dich in der
zwey und ficbensiaften Zahlerkandt haben / die trägeftu / denn
du bift im Zande umb Ehrifti Kelch / und haft den nicht in deia
ner Gewalt / fondern die Gemeine Ehrifti in GOttes *
ergeben
Gap.ıt. des Menfchen. 175
ergeben hat dehn: Denn dic heilige ade des Bundes ift bey ihnen
zu Silo ‚ umd nicht in deinem Se&tirifchen Hierufalem, das du haft
zoll Grewel der Laͤſterung gemachet.
52. Was ſoll aber der Geiſt mehr von dir richten / weil du ein
Ehebruͤchich Weib biſt / und haſt den Glauben und Eyd verloh⸗
zen: Er hat dir Zeit gegeben zur Buſſe / und thuſt keine Buſſe /
ſondern hureſt Tag und Nacht: Darumb wil er dich in die Kel⸗
ter ſeines grimmen Zornes ausſpeyen / und Babel ſoll ſich ſelber
verbrennen. So ſpricht Chriſtus: DO Jerufalem / Jeruſalem /
wie offt habe ich deine Kinder wollen verſamlen / als eine Kluck⸗
henne ihre Kuͤchlein unter ihre Fluͤgel / und du haſt nicht gewolt:
Sihe / ewer Haus ſoll euch wuͤſte bleiben! Das ſaget er itzt
auch zu dir / du verwuͤſtetes Jeruſalem in Babel. Es komt die
Zeit / daß die Kinder Chriſti von dir ausgehen / und iſt
ſchon / und du muſt in deiner Hurerey verſchmachten:
Sihe deine Kauffleute werden von ferne ſtehen / und ſa⸗
gen: Sehet doch / Babel / in der wir reich worden ſind
und fett / ſtehet wuͤſte.
Das ıı. Capittel.
Bon rechter Erkaͤntnuͤß des Menſchen.
I. II Zr haben euch gezeiget / wasdas Weſen aller
— Weſen ſey / und was ſein Geiſt und Leben ſey /
und was die Matrixder Gebaͤhrerin ſey / als
nemlich / daß ſie ſtehet in dem ewigen Willen /
und in demſelben ewigen Willen iſt das Cen-
trum Naturæ, und darinnen die Dreyzahl / welche das Hertze
iſt / welche offenbahret die Ewigkeit in Creaturen / Figuͤren /
Gleichnuͤſſen / und ſonderlich mit dreyen Reichen / als mit dem
himmliſchen / engliſchen: und denn mit dem hoͤlliſchen / few⸗
rigen / teuffliſchen: Und zum dritten mit dem weſentlichen Rei⸗
che der Ausgebuhrt / als mit dieſer Welt.
2. Nun wiſſet ihr gar wohl / was der thewre Mann Moſes
ſaget in feinem erſten Buche / als daß GOTT am fünfften Tage
habe alle lebendige Ercaturen auff einmahl gefhaffen. Das
verſtehet mit einer Umbwendung der Erden hat GOTT aus
dein Myftetio Magno irrdiſch / aus der Matricedes Geiſtes der
irrdiſchen Eigenfihafft / als eine Außgebuhrt aus der ewigen
Eigenfchafft / alle lebendige Ereaturen gefchaffen / dag fre ſollen
Bildnüffe und Gleichnüffe des ewigen Weſens ſeyn.
3. Nun find ſie aus dem ir Myfterio Magno ——
4 en
176 Vom dreyfachen Leben Gap.ır,
fen worden / und da der Geiſt doch nicht gantz irrdiſch iſt / denn
er iſt noch Luna,als wir denn ſehen die Erde zur naͤchſt dem Men⸗
de ſtehen / und auſſer dem Monden: Und wie ein jeder Circul
iſt / alſo auch fein Geiſt in feiner eigenen felbft-Inclinirung, und
des Rades Eigenfchafft in demfelbigen Umbgange.
4. Alfo ift der Circulus zwifchen vom Monden und Erben
irrdiſch / und auch Lunarifch / denn der Mond hataller Sternen
Eigenfchafft / undiftalsein Sack oder Halterder Eigenfchaff>
ten der Sternen / die ſchuͤttet er in feinen Eirculimmer aus:
Denn die Erde fähiset ſich trefflich nach dem Monden / und dar⸗
umb zeucht fie den Monden-fihein und Glank an fich / fo wohl
Der Sonnen ⸗ſchein / denn es fühnet fich alles nach dem Hergen/
und begehret der Freyheit /von der Eitelkeit loß zu ſeyn.
5. Alſo hat die Erde in ihrer Sucht den Geiſt des ſiebenfaͤchi⸗
gen Rades an ſich gezogen / und haͤlt den in ſich als eine eigene
Matrix Naturæ, und wolte immer gerne in ihr ſelbſt das Rad des
Sybens erwecen: Darumb drehet fie fich umb / denn fie hat bey⸗
„be Fewer / ald das Hitzige und auch das Kalte/ und wilimmer
das unterſte hinauff gegen der Sonnen: Denn vonder Sonnen
empfaͤhet ſie Krafft und Geiſt: Darumb wird ſie alſo gedrehet /
denn das Fewer drehet ſie: Es wolte gerne entzuͤndet ſeyn / daß
es ein eigen Leben haͤtte; So es aber im Tode bleiben muß / ſo hat
es Doch gleichwohl die Sucht nach dem Obern Leben / und es zeucht
das Ober⸗Leben an ſich / und ſperret fein Centrum noch immer⸗
dar auff nach der Sonnen Tindur und Fewer.
6. Alſo gehet ausder Sucht gegen der Sonnen das Ausfäys
men und Wachfen aus der irrdifchen Matrice: Denn die Eflen-
rien der Erden fteigen mit dem gefangenen Leben aus dem Obern
Centro immer über fich aus der Erden heraus / und daͤhnen fich
bit zu einem groſſem Baum und Halm: Und fehet ihr gar recht/wie
> auff dem Baume und Halm eine vermengefe Frucht wächfet /
halb irrdifch / und halb nach dem Obern Centro: Und gehet die
Srucht auch nicht eher in die Frewde / fte habe dan deß Obern fats
und genug/ da ift fie reiff/ denn fie hat Venus Leib erlanget :
Aber wie Veneris Leib unbeftändigift / und vergienge balde / fo
ihn nicht die Sonne mit Sarurni Krafft anhielte / alfo auch da ift
es unbeftändig / und wird bald ein Eckel in fich felber / denn es
mag nicht erhalten werden / denn das Paradeiß ift draus.
7. Alſo fügen wir euch zu erkennen / daß alle Ercaturen find
aus dem Untern und Obern=$chen gefchaffen worden: Der Er>
den Matrix gab den Leib / und das Geftirne den Geiſt / *
eben
“
Cap.ır. des Menfchen. 177
Leben reichet nicht biß in die Sonne/dann die Erde hatder Son⸗
nen Krafft in ihre Matricem gezogen: Alfo haben alle Ereatu-
ren der Sonnen und der Sternen Kraft bekommen / die auff
Erden wohnen.
8, Aber der Voͤgel Leib ift aus der Tieffe über der Erden /
darımb fliegen fie auch in ihrer eigenen Matrice am liebften : Und
fehet ihr wie alle Thiere ihr Angefichte und den Kopf für fich
und unter fich wenden / und fehen nach ihrer Marrice, und be=
gehren auch nur derſelben Speife: Denn ein jedes Sehen begeh⸗
ret feiner Mutter: Und werdet auch balde an den Vögeln mer»
den koͤnnen / welche der Erden Matrici nahe find verwandt / die
freffen Fleiſch und find raͤuberiſch / dan fie find aus zweyen
Müttern inder Schöpffung worden/ als aus der Obern / und
ausder Suchtder Erden. t
9. Die Erde iſt cin eigen Centrum, darumb iſt fie auch ſon⸗
derlich geſchaffen / am erflen Tage / und ift aus der ewigen We⸗
fenheit eine Ausgebuhrt / eine verderbfe Matrix : Inder Ewig-
keit ift die Zungfraw der Weisheit GOttes darinnen erkandt
worden / Darinnenalle Wunder GOttes erfchen worden: Und
inder Schöpffung und auch hernach big auff Adams Fall gruͤ⸗
nete das Paradeig durch die Erden / und zog alfo das Obere
Centrum Nature , ald ter Sonnen Hertze / Paradeilifche
Frucht aus der Erden / welche wohl von Feiner Creatur auf En⸗
glifche Art genoflen worden alsnur vom Menſchen / wiewohl
er nicht davon gegeffen hat: Denn die Sucht des zweyfachen $e=
bens fing ihn balde : Da flundt er biß zu feinem Schlaff in
der Proba / obs ſeyn Föndte / daß fein Wille in GOTT
bliebe / und er auff Euglifche Weiſe affe: Aber der Ausgang
weiſet das] wie er beftanden ift/ daran wir wohl zu Eawen haben/
und darumb Erben frejfen/ und envlichder Erden Speiſe wer⸗
Denmüflen.
zo. Alfo fehet ihr / fo ihr euch entfinnet / die Schöpffung
Gottes / und wie GOTT Die Creaturen vor dem Dienfihen
habe erſchaffen / und ſehet / wie aller Ereaturen Leben nur in
der Matrice ſtehet / daraus fie find erfchaffen worden,
11. Nun wiſſet ihr was Mofes ſaget: GOTT habe in fich
betrachtet / ein Gleichnuͤß nach feinem Wefen zu ſchaffen / ein
Bild nach ihme / das da herrfihe über alle Ereaturen diefer
Welt / über Tbiere / Fiſche und Vögel) und alks was Ichet
und weber/ und faget: GOTT habe gefprochen / Saffet ung
Wenſchen machen ein Bilde nad uns: Und SOFT ſchuff
DS den
178 Vom dreyfachen Leben Gap.ın
den Menſchen ihme zum Bilde: Ja zum Bilde GOttes ſchuff
er ihn. Ey woraus ſpricht die Vernunfft? So ſaget Moſes:
von dem Erden⸗Kloß machete er dem Menſchen feinen Leib.
ı2. Sihe du liebe Bernunfft/ thue beyde Augen auff / und
ſiehe nicht einaͤugig / wie bißdaher lange Zeit geſchehen iſt in
der Verborgenheit der Menſchheit: Hoͤreſtu was Moſes ſaget?
Er ſatzte den Menſchen in den Bartenin Eden / den er gemacht
hatte dag er den bawete und bewahrete / und das Paradeiß
war darinnen. Verſteheſtu nun des Menſchen Heimbligkeit?
Er iſt im Paradeiß geweſen in der Schoͤpffung / und iſt in dem
Paradeiß geſchaffen worden / denn es gruͤnete durch die Erde:
Und von derſelben Paradeiß-Erden / darinnen die himliſche
Quall war / ward Adams Leib geſchaffen / denn alſo ſolte das
ſeyn / er folte ein Herr der Erden ſeyn / und über alles was
srıdifch war / umd folte der Erden Wunder eröffnen: Sonſt hatte
ihm GoOtt wohl bald einen englifchen Leib gegeben / aber das bes
greiffliche Weſen ware mit feinen Wundern nicht eröffnet wor⸗
ven : Alfo gab er ihme einen begreifflichen Leib / aber nicht fo fine
Fer und daͤrbthieriſch / wie wir jestfegn / fondern paradiſiſch.
13. Dumufts alfo verftcehen:Die ewige Jungfraw der Weiß⸗
heit ſtund im Paradeig alseine Figur / in welcher alle Wunder
GoOttes erkandt wurden / und die war inihrer Figur eine Bild⸗
nuß in fich felber / aber ohne Weſen /-gleich dem Menſchen: Ind
aus derfelben Jungfraw fihuff GOtt der Erden Matricem ‚daß.
es cin fichtlich begreifflich Bild im Weſen ware /darinnen Him⸗
mel/ Erde) Sternen und Elementen im Wefen ſtuͤnden / und
alles was lebet und webet / das war indiefem einigen Bilde,
14. Die Matrixder Erden Fondte ihn nicht bandigen/ viel we⸗
niger die Auffere Elementen / denn er war einen Grad höher als
fie alle} Erhatte die unvermefliche Weſenheit mit der Jungs
frawen empfangen: Nicht war die Jungfraw in das Bild ges
bracht / fondern die Matrix der Erden war in das Jungfräwliche
Bild gebracht.
15. Denn die Jungfraw iſt ewig / ungeſchaffen und unge—
bohren: Sie iſt GOttes Weisheit und cin Ebenbild der Gott⸗
heit in Ternario Sancto nach der Dreyzahl / und aller ewigen
under des ewigen Centri Naturæ, und wird in der Mayeſtaͤt
im den Wundern GOttes erkandt / denn fie iſt / die da dar⸗
ſtellet ins Liecht das Verborgene der Tieffe der Gottheit. Alſo
ſehet ihr lieben Menſchen / was ihr ſeyd.
16. Nun ſaget Moſes: Und GOTT bließ ihm ein den le⸗
bendigen
Cap.ır. des Menſchen. 779
bendigen Athem in feine Nafe ; da ward der Menſche eine le⸗
bendige Seele. Das iftder Grund / da tantzet umb liebe hohe
Schulen / könnet ihr was; Hie ſeyd Doctor, Magifter und
Bacealaureus =: Seyd ihr das / wie ihr euch denn felber alfo
krawet / warumb feyd ihr denn alhier blind Warumb laffer
ihr euch Door nennen / und da ihr Doch im Grunde noch nie
ſeyd Schüler worden ? Wasverftehetihr mit dem Einblafen %
Saget euch dasniht Mofes: GOTT habe dem Mienfihen den.
lebendigen Athemeingeblafen. Was verftehetihr albier ? Vers
ſtehet ihr allein. die $ufft ? Das ift nicht alleine GOttes Athen =
Denn die Lufft hat erihme zur Nafe eingeblafen/ wie Mofes
fagetz Aber GOttes Athem laͤſſet fich nicht von auffen hinein
blafen: Denn GOTT ift felber die Fülle aller Dinge / und iſt
ſchon da / wenn das äufferfte komt.
17. Nun damit ihr aber recht und gruͤndlich / darzu warhaff⸗
tig verſtaͤndiget werdet / ſo ſehet was wir forne haben gemel⸗
det / wie ſich GOTT habe nach dein ſichtbaren Weſen feines
gleichen Bildnüffe gefahner / und die Bildnuͤß der Jungfra⸗
wen / darinnen feine Wunder ſtunden / hat ihn alfo geurfachet)
daß alfo eine Imagination die andere empfangen : Wiewohl
GOTT ohne Wefen und Luſt ift s denn feine Luſt ift nur Maye⸗
ſtaͤt und Freyheit: Aber das Centrum Naturæ auffin Ereuß der
Wunder hargelüftert nach der Bildnuͤß / foinder Zungframen
erfchen worden / da der Geift GOttes ausgehet in die Weiß⸗
heit / da die Weißheit Weſenheit urſachet.
18. Schet / alſo war GOttes einblaſen: Der Geiſt GOttes
ſchwebete auff dem Waſſer / und fuhr auff ven Fittigen des
Windes / wie die Schrifft ſaget / der hatte den Geiſt / das Re⸗
giment dieſer Welt / mit dem Verbo Fiat gefaſſet / und bließ
den in Adams Naſe: Nun bließ der Geiſt die Lufft von auſſen
hinein / und ſich ſelber von innen heraus ins Centrum des Her⸗
tzens: Denn er wohnet nicht im auffern/fondern im Centro Natu-
zz ‚und gehet von innen aus der Gottheit aus in das aͤuſſere / und
eröffnet in Bild nach ihme / verſtehe nach dem Centro Naturæ.
19: Wir haben euch forne geſaget / wie ſich das Rad der aufs
ſern Natur hinein windet biß auff die Sonne / und fort durchs
Fewer in die Freyheit GOttes / darinnen es denn auch ſeinen
Beſtand erhaͤlt: Und die innere. Luſt des ewigen Centri drin⸗
get mit dem Geiſte GOttes heraus ins Hertze Solis, welches
das groſſe Leben und Fewer iſt / das Steine und Erden zer—
fhmelget/ / darinnen die ewige Tinctur hinein in der neunden
Sankerkand wird, 56 zo, Alle
480 Vom dreyfachen Sehen Gap. 11.
20. Alſo verſtehet auch das Einblaſen: Das aͤuſſere Regi⸗
ment des Geiſtes dieſer Welt / welcher reichet bißi in die Sonne /
ward ihme von auſſen eingeblaſen / als ein aͤuſſer Leben; Und
das innere Regiment aus dem innern Feuer in der achten Zahl /
ward ihme von innen heraus ins Hertze geblaſen: Denn daffelbe
war aus dem ewigen Feuer / welches greiffet gegen dem Creutz
in die neundte Zahl nach ſeiner eigenen Tinctur, welche gegen
der Dreyzahl gehet / als in die ewige Freyheit: Da ward der
Menfch eine lebendige Seele mit Geiſt und Seele : Denn
die Seele urftändet einen Grad tieffer als die Sonne aus dem
ewigen Feuer / das im ewigen Willen brennet / welcher Mille
ift / das Hertze GoOttes zu gebaͤhren / und den Glantz der Maye⸗
ſtaͤt zu erhoͤhen in die Wunder.
21. Alſo verſtehet uns recht: Der heilige Geiſt GOttes hat
die lebendige Seele vom Centto der ewigen Natur auffin Ereuge
erwecket alsein eigen Centrum, nicht aus der Drepzahl/ ſon⸗
dern aus der ewigen Natur / aus dem Feuer des Centri Naturz
an der fünften Geſtalt des Centri, da lich die zwey Reiche ſchei⸗
den / als GOttes Liebe und Zorn / da hat der Geiſt GOttes die
Seele erwecket / und von innen heraus in des Aufferen Beiftes
Tindtur, ins Herkens Gebluͤte / durch fich felber eingeführer /
das iſt die Seele.
22. Mein Herr Doctor, ver ſtehets recht / und gehet nicht
alſo hoffaͤrtig mit ſpatzieren / denn fie iſt GOttes Kind: Ihr
Wille ſoll ſtaͤts in GOttes Willen in die zehendt Zahl geſetzet
ſeyn / ſo iſt ſte ein Engel / und lebet in GOTT / und iſſet von
GOttes Wort / vorn GOttes Krafft und Leben: Sie fol nicht
Dee in Geift diefer Welt wenden / ins Feuer der Ausge-
Kurth / fondern ins Feuer der Dreyzahl / in Ternarium Sanctum.
23. Nun alfo verficheftu/ was du biſt und was du vorm
alle geweſen biſt Denn du Eonteft über Sonne und Sternen
regieren: Es waralles in deiner Gewalt/ das Feuer / Lufft
amd Waffer mit ſambt der Erden fonten dich nicht zaͤhmen: Kein
auffer Feuer brandte dich / kein Waſſer ertraͤnckte Dich / Feine
Lufft er ſtickte dich: Alles was lebete fuͤrchtete dich: Du hatteſt
deine eigene Speiſe an paradeiſtſcher Frucht dem aͤuſſern Leben
zu geben / und dem innern Serlen-Schen Das Yorbum Domini:
Du haͤtteſt ewig ohne Wehe oder Fuͤhlung einigerley Kranckheit
gelebet in eitel Freude und Luſt / darzu ohne Muͤhe und Kum⸗
mer: Dein Gemuͤthe waͤre als eines Kindes / das da nit den
Wundern feinss Vatters fpislets Keine Erkaͤntnuͤß des böfen
Willens
Gap.ıı. des Menſchen. 181
Willens waͤre in dir geweſen / kein Geitz / Fein Hofſart / Fein
Neid / kein Zorn / ſondern alles ein Liebes-ſpiel.
24. Nun ſihe / daß du das doch faſſeſt: GOTT nahm ihm
ein ſonderlich Tage⸗Werck vor mit dem Menſchen: Hätte er
gewolt/ daß er folte irzdifch / threrifch und fterblich feyn / er
hätte ihn mol am fünften Tage gefihaffen mit andern Thieren.
Und daß du das doch wohl einnehmeft : Er ſchuff nur einen Mens
ſchen mit dem gangen Creutz in der Hirnfchale / bedeutet ve
Drepzahl: Ermwar ein Mann und auch ein Weib / aber nicht
ein Weib zu verftchen / fondern eine Jungfraw / gank rein in
Zucht: Erhatte den Tindur-Geift des Feuers / und auch des
Tin&ur-Beift des Waffers als der Veneris, in fich filber: Er
ficbete fich felber / unddurch ih GOTT : Er Fonte jungfrämw-
lich gebähren aus feinem Willen/ aus feinen Eflentien, ohne
ehe / olme Zerreiffung / einen folhen Menfchen wieer war ;
Denn er hatte alle drey Centrainfich: Gleich wie das Centrum
der ewigen Natur nicht zerriffen ward / als der Geift GOttes
feine Seele auffin Creutze füffete / und in die Weißheit fuͤhrete /
und auch der Geiſt dieſer Welt nicht zerriſſen ward / als der
Geiſt GOttes ihme den Geiſt dieſer Welt einbließ als ein äuffer
Leben: Alſo waͤre er auch nicht zerriſſen worden / denn er hatte
einen Leib der konte durch Baͤume und Steine gehen: So waͤre
er alſo balde im Willen Gottes blieben / denn er hätte ihn mit fich
in die groſſe Wunder gefuͤhret.
25. Der edle Lapis Philoſophorum war ihm ſo leichtlich als
ein Maner-flein zu finden gewefen / da haͤtte er das aͤuſſere Le⸗
ben mögen mit Golde / Silber und Perlen ſchmuͤcken / alles zu
feiner Freude und zu GOttes Wunderthat: Erhafteder thie⸗
rifchen Kleider nicht bevörfft / denn er gieng nadend mit der
Himmels-Tin&ur bekleidet: Er hätte keine ſolche Glieder / derer
er ſich ſchaͤmet / wie es fein Fall ausweiſet.
26. Sein Fall war diefer: Seine Seele imaginierte nach
dem aͤuſſern Feuer der Ausgebuhrt / nach dein Geifte diefer Welt /
und wandte ſich von GOTTab / und wolte in feiner eigenen
Quall leben und ein Herr ſeyn: Sein Wille wandte ſich aus
GOttes Willen /und ward GOTT ungehorſam / und begehrete
der irrdiſchen Frucht / ausirmdifchen Effentien , und wrfüchete
GOTT / daß er lich den Verfuchbaum wachen / dag er Doch
ſaͤhe / was fein Bild thun würde / und verbot ihme den Baum.
27. Aber feine Luſt war fort nach der irrdiſchen Eſſentien
Boͤſe und Gut! darzu halff der Teuffel / als er noch thut gar
7 wehl⸗/
182 Vom dreyfachen Sehen Cap. ır.
wohl / biß Adam überwinden ward / und von GOttes Willen
ausgieng / undlich lich den Geift diefer Welt gans fangen / da
waresgefchehen: Das hinlifche Bild ward irrdiſch / die Seele
ward im Feuer GOttes Zornes gefangen / fie hatte nicht mehr
diehimlifche Tindtur , und konte nicht mehr effen vom Verbo Do-
mini: Sie hatte fi) umbgewandt in Geift diefer Welt / und
war aus GOttes Willen ausgegangen im die $uft diefer Welt.
28. Alfo machere auch zur Stunde des Falls der Geift diefer
Welt den $eib gang irrdiſch: Das Paradeiß mit aller him̃li—⸗
ſcher Wise entwich in fich / und blieb die theure Jungfram der
Weißheit in Trawren fichen / biß Das Verbum Domini wieder
kam / und blickete fie wieder an mit der VBerheiffung vom Wei⸗
bes-Saamen/ da traft fie ins Lebens-Liecht md warnet num:
den Menſchen des ungoͤttlichen Weeges / wie wir in unfern vo⸗
tigen Schriften nach der ange haben gemeldet / und auch von
feinem Weibe : Laſſens hie weiter bleiben / und zeigen euch nur
ferner an unfere Fortpflangung mit Leib und Seele.
29. Wir haben da fornegemelvet / wie die Luſt zwiſchen den
beyden Geſchlechten Mannes und Weibes fich zu vermifchen /
urſtaͤnde als nemlich ans zwey Negimenten eines Weſens:
Denn als Adam nicht konte beftehen / fo ließ GOTT einen
Schlaf auff ihn fallen / und nahm das eine Regiment / als des
Geiftes Tinkur ‚von Ihme / und lich Ihme der Scelen Tinctur,
amd bawete ein Weib aus Ihme: Damit fie aber auch eine Seele
hätte / nahm er cine Rippe von feinen geibe / mit feinem Sleifch
und Blut / und darinnen die Scele eingefaffet / aber ohne
Macht weiterer Fortpflangungs Denn ihre Seele blieb in Ve-
nere des Mannes Scelen begehrend / gleich wie das untere Re—
giment der drey untern Planeten unter der Sonnen (welche
Geiſt und Fleisch machen) der drey Obern begehren zu ihrem Le⸗
ben / wie forne bemeldet.
30. Alto ift auch das Negimentim Mann und Weiber Der
Mann hat die Feuers-Tindur, darinne die Seele ftchet / im
feinem Saamen / unddas Weib hat des Geiftes diefer Welt/
(alsder Veneris, alfo natürlich genennet) Tindur in ſich / in
ihrem Saamen und Matrice Wennesder Spötter nicht thäte/
wolte ich euch das fein weifen an den Gliedern ihrer Vermi⸗
ſchung: Ihr follet euch / wie billich / verwundern / warumb ein
jedes alfoift / foll auff ein eigen Papier entworffen werden /
denn nichts ift ohne Urſache.
3x. Die Natur hatsin eigen Manl / ſo fie was begehret / machet
te
Cap. ır. des Menfchen. 283
fie ihr ein Maul darzu / und gibt dem Dinge Form / das fie bes
gehret/ das ſich ins Maul ſchicke / wie es der Natur am liebſten
iſt / das mercket. Wenn nun der Saame geſaͤet wird / ſo ſaͤet
nicht alleine der Saͤemann / ſondern auch der Acker / der gibet
feine Eſſentien auch darzu: Der Mann ſaͤet Seele / das Weib
ſaͤet Geiſt / und alle beyde geben den Leib / keines ohne das an⸗
dere: Die Feuers-Tinctur hat auch Leib / aber er wäre in dieſer
Verderbung faſt grimmig: Alſo muß ihme die Waſſers⸗Na⸗
tur in Venere einen ſanfften Geiſt darein geben / denn der Mann
und das Weib find ein Leib.
32. Und Paulus ſaget: So vu Manmm ein unglaͤubig Weib
haſt oder du Weib einen ungläubigen Mann / fo ſcheide fich
einsnichtvomandern: Denn du Mann weiffeft nicht / ob du
das Weib wirft feclig machen / oder du Weib den Mann / gleich
wie Adam feine Hevam / welche den erften Biß thate/feelig mach
te / dennfte war ein Theil deß Lebens aus feinem Fleifche und
Blute / undderfelbe Geift und diefelbe Seele / fo Adam hatte /
und feine Heva von Adam kriegete / ift noch in uns beyden Ge⸗
fihlechten alfo.
33. Darumb auffdiefeshaderden Bericht / wennein Mann
feinen Saamen ſaͤet / ſolſaͤet er Fleiſch / Blut / und die edle Tin-
Eur der Seelen / unddas Weib nimt das an in ihre Matricem,
und die Marıiz gibt zur Stunde des Mannes Saanıen darzu
ihre Veneris Tin&ur , darinnen ftchet der Elementifihe Geift /
das nimt Saturnus an / und führets am Rade herumb big auff
O Sol, da wird dasınatürliche geben. mit der Seelen geben auff-
gefchloffenz Denn. Saturnus gibts dem Monden/ der bruͤtet es
aus / und machet in einem Umbgange aller Sternen Effentien
darein. Als denn entftchen die Effentien, und winden fich ſelbſt
herumb big zum Marte, derfihlüget das Feuer auff: Da rech—⸗
net die Himmels Zeichen / und wie viel Stunden ein jedes hat /
und duppliciret das mit zwey Reichen / fo habt ihr den Grund
der Menſchwerdung / was alle Stunden mit dem Sulphure ge⸗
ſchicht.
34. Denn der Menſch hat ſich dem Geiſte dieſer Welt erge⸗
ben / und iſt ihme heimgefallen. Alſo machet derſelbe nun ein
irrdiſch elementiſch Kind / nach den Sternen und ihrem Re—
giment.
35. Wenn GOTT nicht wäre Menſch werden / fo wären
wir nach dem Leibe ein Viehe blieben / und nach der Seele ein
Teuffel; Und fo wirnicht aus unſerm Sünden- Haufe ausgehen/
fo ſind wir folche, 36, Darts
184 Vom dreyfachen Seben Gap.ır.
36.Darıumb hat Bott feinen Bund inChrifto mitUns gemacht /
dag mir follen in Chrifto wieder Newgebohren werden : Denn er
hat fein $eben für uns in Todt gegeben / und unfere Seele wies
der Durchs ewige Fewer durchgeführet und umbgewendet / daß
wir können wieder in die zehende-⸗Zahl ſehen: Paulus fpricht
Es foll alles durchs Fewer bewähret werden: Sehet zu / dag
nicht jemandes Wercke verbrennen / tr wird fonft deß Scha⸗
den haben.
37. Wiſſet dieſes: am Ende / wenn diefe Welt wird wieder
ing Ather gehen / fowird GOTT das Feier im Centro erwec⸗
Een / welches ift das Ewige / und wird diefe Tenne figen: Ver⸗
fiche / es ift ver Seelen Fewer: So nun die Seele in GOttes
Willen wird gewandt ſeyn / fo wird der heilige Geift mit der
Göttlihen Tin&urausder Seelen brennen / und wird der Sees
len Tindur inder Mayeſtaͤt GOttes ergriffen feyn/die zeucht die
Seele wieder in fich/und das wirdihre Kühlung und Sabfal fenns
und wird alfo können im Fewer beſtehen; Welche aber zuruͤcke in
dieſe Welt wird gewendet feyn / und fo diefer Welt Wefen wird
im Fewer ftehen/ fo wird die Scele ohne GOTT feyn: Denn
sm Abgrumde diefer Welt ift dashöllifche Fewer / darein muß
fie geben / und alda effen / was fie allyie gefochet hat: Denn eia
nem jeden folgen feine Wercke nach.
38. Denn werden fie fagen zu den Flugen Jungfrawen: Ach
gebet uns Dele von ewrem Dele ! aber die Klugen fagen : O’nein/
dat wir nicht mit euch darben und mangeln: Gehet hin zu den
Krämern diefer Welt / zu den Sophiften und kauffet euch Dele:
Aber che fie ſich werden Eönnen befinnen / wie das Oele zu kauf⸗
fen fey / und wo es zu holen iſt / wird die Thür de Himmels und
Hoͤlle geſchloſſen ſeyn: Denn darauff folget die Ewigkeit und
vergehet diefes Weſen. Diefes merder: Denn es ift dem Geift
diefer Offenbahrung Fein Schimpff / es gilt $eib und
Seele: Wer fehenwil] der fehe: Wer aber nicht will
der iſt gewarnet.
Die Porte des groſſen Jammers und Efendes / wie
die Bildnus in Mutter Leibe / weilfie noch ein Sul:
phur ift / verderbet wird / daß aus mancher Bildnuß
nach dem Geifte ein Thier / auch Kroͤte und Schlan—
ge wird welches füh an feinem Weſen / —
Gap.ın. des Menfchen. 185
und Willen hernach genug erweifet / und fo Ihme
nicht wieder VON GOTT in Ehrifto geholffen wuͤrde /
daß er wieder newgebohren wird / wohlin Ewigkeit
in feiner Figur alfo bleibet,
39. L Jeben Kinder in Chriſto / wir haben ms dieſes nicht vor⸗
genommen zu offenbahren / das menfchliche Gefchlechte
darmit zu ſchmaͤhen / es ift die gantze Wahrheit / wir habens hoch
erkandt: Darzu ſaget ſolches auch der Mund der Wahrheit Chri⸗
ſtus / der Herodem einen Fuchs / und die Pharifeer Nattern und
Schlangen-gerecke hieß: Auch die Schrifft fonften hin und wie⸗
der die Tyrannen Loͤwen / Bahren / Wölfe und grewliche Ihier
heiffet : Auch die Offenbayrung Iohannis, fo wohl Daniel und
die andere Propheten die gewaltigen Reichediefer Welt nur mit
böfen / grimmigen Ihierenabmahlen: Warlich fie haben nicht
die Bildnuͤß GOttes damit gemepner / denn das waͤre ja uns
recht / wenn GOTT feine Bildnuͤß / welche Engliſch ift / einem
folhen grewlichen Thiere vergleichete/ da er doc) die Wahrheit
felber iſt und aus feinem Munde kein Trug noch Falſches schet/
auch Feine Unwarheit.
40. So er nun Die Reiche diefer Welt hat alfo geheiffen! fo
gilts ja denſelben / die fie regieren / dic ſtifften Krieg / Mord und
alles Ungluͤck in den Reichen an und feynd diefelbe reiffende Woͤl⸗
fe / roͤwen / Baͤhren / Fuͤchſe / Nattern und Schlangen / denn vor
GoOtt erſcheinen fie alſo: Ob ſie aͤuſſerlich menſchliche Bildnuͤß
haben / ſo iſt doch der Seelen-Geiſt ein ſolcher / und hierauf folget
auch die Wahl GOttes / wiewohl GOtt wil / daß allen Menſchan
geholffen werde / ſo erkennet er doch wohl / wer ihme wil helffen
laſſen: Nicht ſperren wir alhier die Gnade GOttes zu / vor de⸗
nen die umbwenden und neu⸗gebohren werden aus dieſer thie⸗
riſchen Art: Dann Chriſtus iſt darumb Menſch worden / daß
er uns helffen wil / daß wir wieder zur Bildnuͤß GOttes kom⸗
men ſollen: Er hat unſere menſchiche Seelen darumb in das
Feuer des Zornes GOttes eingefuͤhret / als in Abgrund des Cen-
tri indie Hoͤlle und in Todt / (da unfere Seelen verfehloffen la⸗
gen ) undaus dem Todte und Höllen wieder in die gehende Zahl
in die ewige Tinctuc GOttes aufs Ereuß/daher die Seele von E⸗
wigkeit entſtanden war/welche vor den Zeitender Welt in feiner
Weißheit erfchien.
41. Und follet ihr wiffen/ dag eine jede Seele / weil fie nech im
Saamen iſt / feine Erentur ift/ fondern fie iſt im — rein
eurer
186 Vom dreyfachen Leben Cap.an
Feuer der Tinctur, und iſt einWillen zur@reatur/und ſtehet noch
in der Eltern Macht/die Creatur zu erwecken / oder zu verderben /
welches doch wider die Ordnung der Schoͤpffung lauffet / und vor
GOtt ein Greuel iſt: Und wird Euch hiermit auch angedeutet /
daß wie der Baum iſt / auch eine ſolche Frucht waͤchſet: Doch nicht
derogeſtalt / daß derzwang gang vollkommen ſey: Denn die zwey
Reiche / als Liebe und Zorn / ſtehen bald im Saamen gegenein⸗
ander im Ringen / denn GOtt hat ſeine Liebe wieder in Chriſto
in die Menſchheit eingefuͤhret / darumb ſtehet ſte gegen dem Zorn
im Streite.
42. Aber das wiſſet / daß auch ein falſcher gottloſer Saame
wohl kan verlaſſen werden / und ſo das geſchicht / fo figuriret die
Natur des Feuers offt eine greuliche Geſtalt des Seelen Geiſtes /
welche in der aͤuſſern Bildnuͤß nicht erkandt wird / als nur am
Wandel und falſchem Willen / wie man nun ſiehet / daß ein jeder
wandelt aus feinem Abgrunde / alſo iſt ſein Seelen⸗Geiſt in der
Figur / denn das Innere gehet heraus: Was der Wille im Ab⸗
grunde iſt / das thut der Leibe: Darff er nicht offentlich wegen
ſpoͤttiſcher Straffe / ſo thut ers doch heimlich / und hat ſeinen Wil⸗
len darzu / achtet ihme auch das fuͤr kein Laſter / denn er kennet ſich
ſelber nicht / er thut / das er ſelber richtet.
43. Und denn zum andern / geben wir euch dieſes zu erkennen /
daß das aͤuſſere Regiment / als der Geiſt dieſer Welt / auch mit
im Saamen iſt / weil er noch ein Sulphur iſt / und in demſelben hat -
das Geſtirne fein Regiment / und zeucht auch hinein die Conftel-
lation des Geſtirns / wiees einander anfchauet und vergiftet /
und auch lieblich machet / alles nach feiner Imagination gu allen
Zeiten : Denmein jeder Stern ifteine Sucht / ein Begehren /
als Wunder nach feiner Eigenfchafft / ein jeder begehret ein Le⸗
ben / und der Elementifche Sulphur , welcher auıch begehrende ift }
vergaffet fich an dem Begehren der Sternen / zeucht oder Läffet
Das in lich / und wird dep ſchwanger.
44. Nun find doch in den Sternen alle Eigenfchafften diefer
Melt: Was alle Creaturen find/das find die Sternen / ein je⸗
der hülfft zum Leben und zur Offenbarung der ABunder GOttes:
denn darumb find fie ing Weſen gebracht / daß GOtt wolte alle
Geſtalt ver Natur eröffnen.
45. So machet mancher eine Humdes-Eigenfchafft im äuffe>
zen Geifte diefer Welt / mancher eines Wolffes/eines Bähren/
doͤwen / Fuchſen / Stiers / Pſauen / Hanen / auch Kroͤten / Schlan⸗
gen / und ſo fort nach allen Creaturen: Und ſo denn ein er
ern
Cap.ır. Des Menfchen. - 187
Stern firift/ daß er der Sonnen Kraft durch Einführung des
Geiftes hat empfangen / fo ift er mächtig/ und dringet feine Ima-
gination mit in Saamen/ davon eine Ereatur im Elementifchen
geben und Geifte eine folche Eigenfchafft Erieget im Menfchen 7
fo wohl als in Thieren.
46. Eine folche böfe Eigenfchafft verdecket denn offt die See»
le / und reiffet fie von GOttes Willen / dag fie von GOttes Wil⸗
Ion außgehet : Deun es gefchicht offte / daß in der Seele die
Bildnüg Gottes iſt / welche GOttes begehret/ und ift mit einem
folchen äufferlichen Geifte gefangen/ver fie plaget und martert.
47. Das ſehet und erkennet ihr an den jenigen/ welche offter$
in grobe Untugend und Safter fallen/denn der auffere Geift ſtuͤr⸗
Bet fie darein/und alsdann alfobalne in folche Heu und Leyd dar»
über gerathen / daß fie ächzen und umbwenden/und zur Abftinens
lauffen : Das ift ein gewaltiger Kampff der Seelen gegen den
Geiſte diefer Welt : Dennesthut offt einer ein Ding / daser
zuvor ins Gemuͤthe nicht gefaffer hatte / vielweniger in Willen
zu thun / und wird doch alſobald übereilet:
48. Dann wann der Menfch ficher iſt / und nicht immer in
Furcht und Zittern für@Dfte3 Zorn ſtehet / ſo ſchlupffet der Teuf⸗
fel in Geiſte / und ſiehet eben / wenn eine boͤſe Conſtellation ſei⸗
ner Eigenſchafft und Geſtirne in ihme iſt / und ſtuͤrtzet alſs den
Menſchen in einen unverſehenen Fall / in Zorn / Mord / Hurerey /
Diebſtal / in Gifft und Todt / das iſt feine Kunſt / der er ſich am
meiſten befleiſſet: Denn das aͤuſſerſte Leben iſt dem Geſtirne
gantz heimgefallen.
49. Wiltu dem wiederſtehen / ſo muſtu in GOttes Willen
eingehen; Alsdenn iſt es fein Spiegelfechten an dir / und kan das
nicht verbringen / was es in Macht hat: Es begehret das auch
nicht / ſondern nur der Teuffel / denn die gantze Natur beuget ſich
vor GOttes Willen: Dann die Bildnuͤß GOttes im Menſchen
iſt ſo maͤchtig und kraͤfftig / daß / weñ ſte ſich gantz in GOttes Wil⸗
len wirfft / ſie die Natur baͤndiget / daß ihr das Geſtirne gehor⸗
ſam iſt / und ſich hoch in der Bildnuͤß erfreuet: Denn ſein Wille
iſt auch von der Eitelkeit loß zu ſeyn / und wird alſo in der
Bildnuͤß in Sanfftmuth entzuͤndet / deſſen ſich der Himmel freuet /
und wird GOttes Zorn in dem Regiment dieſer Welt alſo ge⸗
leſchet: Denn wenn der brennende wird / fo ifts der Menſchen
Boßheit Schuld / dag fein dem fich in dem Geifte diefer Welt
entzunden.
so. Denn ein falfcher böfer Menſch entzuͤndet die rn
enn
188 Vom dreyfachen Leben Cap.ır.
denn er wirfft feine boͤſe Krafft und Falſchheit darein / welches
der Zorn des Abgrundes in ſich ſchlinget / und davon rege und
wuͤrckende wird / welchen ſonſt GOttes Liebe im ſanfften Leben
aufhaͤlt; So aber der maͤchtig wird / ſo uͤberwindet er dieſe Welt.
51. So ſpricht dann der Prophet aus GOttes Geiſt: Ich
wil meinen Grimm kommen laſſen / der ſoll euch aufffreſſen und
verderben / denn GOtt iſt nicht als guͤtig / und wil nicht das Boͤſe:
Er warnet die Menſchen zuvor / daß fie ſollen mit Umbwendung
und Außgehung aus dem Zerne den Zorn ſtillen; Wenn es aber
nicht geſchicht / ſo laͤſſet Er kommen / was die Menfchen erwecket
haben / als Krieg / Hunger / Peſtilentz; Nun thut doch dieſes
nicht GOtt / ſondern der Menſch ſelber / der macht Krieg / und der
Himmel entzeucht ſeineFruchtbarkeit / und der Geiſt dieſer Welt
entzuͤndet ſich in der hoͤlliſchen Gifft / in Grimme / daß alſo Kranck⸗
heiten und Peſtilentz kommen / daran GOtt keine Schuld hat /
fondern die Menfchen haben folches erwerket/das friffet fie auch
Denn der Zorn wird alfo gefchärffet / und Erieget eine Luſt zus
freffen / denn die Menfchen in ihrer Boßheit erwecken ihn? und
zünden ihn an /da er fonft wohl ruhete.
52. Alfo verſtehet uns in dem Weege / folches hat uns Adam
auff-und angeserbet : Wäre erin GOttes Willen bfieben / fo
hätte ihnder Zorn in Ewigkeit nicht geruͤget / ſe ware der Teuffel
im Zorn verfihloffen gemefen : Darumb hat er mit dem Mens
fhen-Bilde gerungen / und ihn in Suͤnde geſtuͤrtzet / daß er den
Zorn im Geifte dieſer Melt erweckete / in welchem der Zeuffel
Groß⸗Fuͤrſt iſt / und fein Reich mit Menfchens&eelen mehrete
Und alſo iſt der Teuffel ein Fuͤrſt dieſer Welt / ſonſt koͤnte er
nicht eine Muͤcke ruͤhren / oder ein Laͤublein bewegen / wenn nicht
der Menſch den Zorn⸗Quall entzuͤndete / wie er denn in Zeit / weñ
die Menſchen fromm ſind / gar ohnmaͤchtig iſt: Und darumb
treibet er alſo mächtig zur Unzucht / er weiß wohl/ was er allda
erlangst / was das in der Menfchwerdung verinag / was für ein
ſchoͤner Geift aus falſchem Willen gegeuget wird / zu welchen er
einen groffen Zutritt und Gemalt hat. 7
53. Und denn zum dritten geben wir euch zu erkennen aus
rechtem Grumde die gröffefte Heimligkeit des Zornes und Teuf⸗
fels / denn wir eigens euch alfo : Dieweil 2. Negimente im
Menfchen find / auch weil er noch im Saamen in Mutterleibe
verfchloffen lieget / alsin z. Tincturen / eine au sder ewigen Ma-
trice, als der Seelen Tinctur, und denn eine aus dem Centro
dieſer Welt / als vom Geiſte und Leben dieſer Welt / day offters
sine
Cap.ın des Menfchen. 189
eine gantze falfche Seele nad) des Teufels Willen Aguriret wirdy
welche der Zorn fanget = Und denn fo figuriret der Geift diefer
Weit / ſo es in einer guten Conflellation ift / zur Zeitdes Gei⸗
es Erweckung offte einen gar freundlichen /lieblichen / auſſer⸗
ichen Geift /verda fan gute Worte ohne Geld geben / und feine
Seele ift ein Zeuffel / ergibt gute ſchleichende Worte mit dem
Munde / und feines Hertzens Geift ift Gifft/ und dendet nur
übels zu thun/und das mit Glantz der Gebährung eines Scheins
gu verdecken: Der wohnet in zweyen Reichen/als in diefer Welt
undbeym Teufel: Ergläubet nicht an einen GOtt / denn er hält
fih für GOtt: Undober als ein Gleißner in der Hiftorien les
bet / als wäre er GOttes Kind / das thut er zun Schein / und kuͤtzelt
ihme der Teuffel alſo ſein Hertze / daß er meynet / GOttes Reich
ſtehe alſo in der hiſtoriſchen Wiſſenſchafft / daß wenn er wife /
daß ein GOtt in dreyen Perfonen ſey / und daß GOtt ſey Menſch
worden / und habe ſeine Gnade uns zugewandt / ſo ſey er j GOttes
Kind / und ein Chriſt.
54. Etliche ſchreiben den Sophiſten zu Macht Suͤnde zu
vergeben / und welcher ein Sophiſt iſt / und ihme dieſe Macht
auſſer GOttes Willen zumiſſet / ohne Eingehung ſeines Willens
in GOTT / der iſt des Teuffels und Antichriſts Prieſter / fo
wohl als der Heuchler / der an der Hiſtorien haͤnget / und haͤlt
die Wiſſenſchafft für Glauben: Nein Fritz / aus Glauben muß
Gerechtigkeit und Wahrheit erfolgen / ein eyferiges Hertze hzur
Gerechtigkeit und Wohlwollen / und ob der Teuffel in dem aͤuſ⸗
ſeren Geiſte / weil er boͤſe iſt / wegen ſeiner Conſtellation dem
Menſchen zuſetzet / dat er ſich offte vergreiffet / noch wuͤnſchet
das Hertze alſobald wieder Gerechtigkeit und Wahrheit / und
ſchlaͤget ſich mit dem Teuffel umb der begangenen Sünde willen.
55. Aber eine falſche Seele fraget nichts nach Gerechtigkeit /
wenn ſie die Suͤnde nur kan verdecken / ſo iſt ſie genaͤſen / ſie
ſuchet eitel Trug unter dem aͤußern Glantze / den ſie traͤget in
dem gleiffendem Geiſte dieſer Welt: Ihre Heiligkeit iſt Schein /
und erkennet nimmer GOttes Willen / ſondern dencket / das
Reich GOttes ſtehe in Ceremonien; Aber die Ceremonien find
in dieſer Welt / und ſind nur ein Zeichen / daß der alber Leye deme
fol nachdencken was GOTT mit Menſchen zu thun habe;
Die Bünde der hochwuͤrdigen Zeftamente/ welcher fich der
Gleißner zum Schein brauchet / find ihme kein nüge/ er erzuͤr⸗
net nur GOTT darmit / daß er GOTT wilzu einem Gleißner
feiner Falſchheit Deckel machen. J
sv.
190 Vom dreyfachen Leben Cap.rz,
56. O du Antichriſtiſche Welt / was haſtu mit deinen Cere-
monien angerichtet / daß du die an GOttes Statt geſetzet haſt:
Haͤtteſtu dem Suͤnder GOttes Zorn und Straffe und die fal⸗
ſche Luſt des Teuffels angekuͤndiget / wie er aus ſeinen Suͤnden
muͤſſe außgehen in GOttes Willen / und mit wahrer Rewe und
Buſſe in rechter Zuverſicht in GOTT gebohren werden / und
wie SHIT alleine des Hertzens Abgrund / alß die Seele / ſuche
und haben wolle / daß aller falſcher Wille / Luſt und Begehren
muͤſſe aus dem Hertzen geraumet werden / wiewohl haͤtteſtu ge⸗
lehret! Aber die Concilia ſind nur dahin gerichtet / daß du uͤber
Silber und Gold / und über der Menſchen Seelen und Gewiſ⸗
fen ein Herr feyeft! Alfo biftu auch der. Antichrift in deiner
Gleißnerey / du haft Ceremonien geftifftet/ und gleigeft in
Aaronis Geftalt: Warumb lebeſtu nicht in Aaronis gehorfamb
gegen GOTT? Jederman ſihet auffdas Werd der Gleißnerey /
und das Hertze richtet ſich gegen der Gleißnerey / und mey⸗
net / wenn es die Ceremonien hält/ das ſey die Verſoͤhnung
Gottes Zorns; Aber es ift eine Abgötterey / welche dag Her⸗
Be faͤnget und in der Gleißnerey gefangen führet: Es wäre
beffer Keine Ceremonien, fondern nur bloß der Gebrauch des
ernten Befehls GOttes / was er uns in feinem Bunde und Te⸗
ftament hat gelaffen: Die Gemeine Chrifi fan gleichwohl von
Chriti Wunderthat fingen und Elingen / aberam beften in der
Mutter-Sprache / daß es ein jeder verftehet/ und Fan ſein Hertz
und Seele darein erheben / da denn die gange Gemeine Chris
fli/ als ein Leib / fih in GOTT erhebet/ und vonden Wun⸗
Bern GHttes finget / welches doch Andacht erwecket / welches in
frembder Sprache nur Gleifinerey und Pracht iſt / darmit die
Hoffart wil gefehen ſeyn / denn fie erfcheinet allegeit gerne im
Göttlihen Schein in Gleißnerey: Denn ein folder Abgott ift
der Teuffel / denn er fpottet GOttes feines Schöpffers darmit/
und mahlet alfo den Antichrift für GOttes Angefiht/ dag
GOTT folle fehen / wie er alfoein gewaltiger Herz und Fürft
ſey /der auch koͤnne gleißen: Dieweil GOttes Mayeftät gleiget/
fo machet er GOtt zu Spotte auch alfo eine Gleißnerey / und fuͤh⸗
ret der Menſchen Seelenindie Gleißnerey.
57. O hoffaͤrtiger und geitziger Antichriſt / was haſtu gethan /
daß du dich und viel rooo. Seelen haſt von GOtt in deinen eige⸗
nen Glan gefuͤhret? Wie wiltu beftehen / fo das helle Ange»
ſichte GOttes erſcheinet? Wo wird deine arme Seele hinge—
wandt ſtehen in deiner Gleißnexey / wenn der Tag des Gerichts
wird
i
Cap.ır. des Menſchen. 195
wird kommen? So alles muß durchs Fewer gehen] wo wird dei»
ae eigene Scheinheiligfeit bleiben / wird fie nicht im Fewer bleis
ben? Denn feine Seele mag GOTT erreichen / ftefey dan in
GHttes Willen gewandt / und fey in GOTT widergebohren/
anderft iſt kein Beſtehen im Fewer: Denn die Seele muß
Durchs Fewer bewäahret werden / und mus fonft nirgend hin ges
wandt ſeyn / alfingroffe Demuth in GOttes Liebe und Barm⸗
hertzigkeit in die Menfchheit leſu Chriſti: Sie muß Chriſti
Leib bringen / und in GOttes Wefenheit ſtehen / der mug ihr
Leib ſeyn / fonft wird fte nicht für GOttes Kindt erkandt / denn
fie muß alfo rein feyn/ als fie war / da fie auffin Ereuß ges
fhaffen ward : Sie muß auff Ehrifti Creutz wiedergebohe
ren werden / und mit Ehrifto in Chrifti Fleifch und Blut /
durch Ehrifti Todt / durch den Zorn GOttes in die neumde Zahl]
als in die Tinctur def ewigen Göttlichen Fewers eingehen / da
ſtehet fie als eine Ereatur für ver zehenden Zahl / alsfürder H.
Dreyzahl und demuͤtiget ſich für der Dreyzahl/ und die Maye⸗
ftät der Dreyzahl fünget fie als ein liches Kind: Denn die De⸗
muth iſt der Mayeſtaͤt Speife und Stärde/ daraus der Glan
aufgehet von Ewigkeit zu Ewigkeit: Wo wiltu Heuchler mit
deinem Glantze bleiben / der aus Geik und Hoffart gebohren
ift ? Ogehet aus vondiefer Huren ihr Kinder GOttes / fie ftchet
ans Zeuffels Pranger / und wird rom Teufel / GOTT zu
Spotte / ſchaw getragen. va
Die groffe offene Porte des Antichriſts.
58. H oͤrc und ſihe du arme Seele / wir wollen dir den rech⸗
ten Antichriſt weiſen / der uͤber die gantze Welt herr⸗
ſchet den GOTT ung zu erkennen gegeben / daß du doch ihr
feheft: Denn du haft ihn bißhero für einen GOTT gehalten /
aber nun muß feine Schande an Tag kommen / dennerift fo
heimlich! dag ihn Niemand Fennet/er fey dan wieder auf GOTT
gebohren / dag er GOttes Werfen und Willen ergreiffet/ ſonſt
bleibet er in allen Menfchen verborgen: Denn esift kein Menfchr
er hat den / und träget den in feinem Hertzen / und wenn er gleich
ein Kind Gottes iſt / und aber nicht die Tieffe Erkaͤntnuͤß von
GOTT hat / noch hanget er ihme an / denn der Teuffel hat fich
in Engels Geftalt inihn verwickelt.
s9. Darumb merdet/ was hernach folget / denn es ift des
ſiebendẽ Siegels Zahl / und verfündiget den ervigen Taa.
60. Mertet ihr Kinder GOttes / denn ich habe ihn vor der
Zeit meiner hohen Erkaͤntnuͤß auch alfo geehret / und vermeyne⸗
ie /
197 Vom dreyfachen Leben Tap.rr.
te / GOttes Wille wäre alfo / denn ich auch nicht anderft geleh⸗
ret war: Und die ganse Welt ift in dem Wahn wiewehl er
den Unwiſſenden nicht ſchadet / und kan wohlin feiner Einfalt
alſo feelig werden; Aber dennoch wilihn GOTT inder legten
Zeit offenbahren: Denn alhier wird der Teuffel feinen Stachel
in den Kindern GOttes verlichren] denen diefe Erfandtnug
wird recht ins Herse fteigen / denn es iſt das rechte Fewer⸗eiſen /
damit GoOttes Siebesfewer auffgefchlagen wird / und die Seele
Chriſti Leib empfaͤhet / und in GOTT gebohren wird: Denn die
Seele darff keiner andern Gebuhrt / ſondern nur eine Umbwen⸗
dung und Eingehung in GOTT.
6r. Sihe dur arme verwundete Seele / du ſteheſt und beteſt:
O GoTT vergib mir meine Suͤnde / laß deinen Zorn ſincken /
amd nimm auch mich zu Gnaden an / das iſt gar recht alſo; dus
verſteheſt aber nicht wie GOTT den armen Sünder aunimbt:
Du meyneft.es ſey alfo / als warn du für deinem Sands-Fürften
komſt / und haft dein Leben verwuͤrcket / und bitteſt ihn / und er
vergibt dir deine Miſſethat aus Genaden / fo biſtu ja quifts Aber
Deine Sünden fihelten dich unter Augen / und dein Hertze ver»
Elaget dich felber / dag du der Straffe noch ſchuldig bift: Sihe
alfo komſtu auch für GOTT / und darmit werden alſo viel
Heuchler gebohren : Du denckeſt / GOTT in feinem Weſen
und Geifte nehme deine Sünde vondirmeg: Weiſtu nicht was
die Schrifft faget / daß alle unfere Wercke follen uns nachfol=
gen? Wenn c8 alfo zugienge/ ſo muͤſte ſich GOTT umb eines
jeden Auruffenden willen bewegen / und feine Sünde von ihme
wegwerffen / und da fih doch GOTT von Ewigkeit nicht mehr
alg zweymahl beweget hat / eines mit der Schöpffung der Welt
und aller Ereaturen / und denn zum andern in der Menſchwer⸗
dung Chrifti/da hat ſich das Hertze GOttes beweget.
62. Sihe / wenn GOTT deine Sünde vergibt / wenn du ihn
anruffeft / fo nimbt er nichtsvondir / Er führet auch nicht vom
Himmel herab indich / denn er iſt von Ewigkeitin deiner See⸗
len gewefen / aber in feinem Princıpio: Deine Seele ift nur von
ihme aus feinem Principio ausgegangen / verftche aus dem heile
gen Willen der Mapeftät /inden Zorn: Nun wareſtu indem
Zorn im ewigen Tode/ und der Menfch Chriſtus / welcher if
GHIT und Menfch / hat eine Bahn durch den Todt und Zorn
zur Mayeſtaͤt GOttes gemachet: Du muft nur umbwenden /
und durch dieſelbe Bahn / durch den Todt Chriſti / durch den
Zorn in die Mayeſtaͤt gehen / ſo wirſtu empfangen als der Lieb⸗
ſte
Eapıt. - Bes Menfchen. 193
fie Engel / der nie keine Sünde gehabthat: Es wird auch feine
Simdeandirerkant/ fondern nur GOttes Wunderthat / wel⸗
che im Zorn muſte eröffnef werden / denn die Siebe vermöcht: das
im gewer nicht / fte menget fich auch nicht ins Fewer / ſondern
fleucht dafür.
63. Wenn du nun alſo beteft: O GOtt vergib mir / fo zwei⸗
felft du auch noch immer wegen deiner Sünde) ob dich GOtt
woll ezerhoͤren und in dein Hertz kommen: Sihe / thue das nicht /
denn mit deinem Zweiffel verachteſtu die Mayeſtaͤt / es iſt auch
Sünde: Sondern raffe alle deine Sünde ohne Zahl zu hauffe?
und komme mit deiner begehrenden Seelen nur getroſt in De⸗
muth zu Gott / und gehe in GOtt ein / wende nur deine Seele
umb aus dieſer Welt Willen in GOttes Willen / wirff dich mit
aller Vernunfft und Sinnen in GOttes Willen: Und ob dein
Hertze und der Teuffel ſprechen lauter nein / ſo mache deine aͤuſſere
Vernunfft todt / und gehe mit Gewalt ein / und bleib ſtehen / ſihe
nicht zurück) wie Lots Weib / welche wieder zu einem Sulphur
und Salg-feulen ward: Sondern ftche/ lag den Teuffel/ fo wohl
den Geift diefer Welt / auch dein Hertz mit Fleifh und Blue
zappeln / gib der Vernunfft keinen Raum: Wenn ſie ſpricht /
du bift auffer GDEL/ fo ſprich Nein / ich bin in GOtt / ich bin im
Himmel in Ihme / und wil ewignichtvonihm weichen: Der
Zeuffel mag meine Sünde behalten / und die Welt den Leib /
Ich lebe in GOttes Willen / fein Leben foll mein geben feyn /
jein Wille fol mein Wille-feyn/ Ich wiltodt feyn in meiner
Vernunfft / dag Erinmirlebe: Alle mein Thun follfein Thun
ſeyn: Ergib dich Ihme inalleveinem Fürhaben: Was du aır=
faͤngeſt / das befihl Ihm in fein Regiment / dag alles in feinem
Willen geſchehe.
64. Sihe / ſo du das thuſt / fo weichen alle böfe Süfte von dir
denn dur fecheft ftäts vor GOttes Angeft chte umd die Junge
fram feiner Weisheit leitet dich / umd eröffnet dir den Weeg zum
ewigen schen: Sie wehrefdir des falfchen Weeges / fie treibee
immer zur Abftineng / und zur Einergebung.
65. Daß du aber alſo auffdiefem Weege ſolche groſſe Anſtoͤſ⸗
ſe vom Zweiffel haſt / das iſt der Streit der Seelen mit dem
Teuffel / der leget ſich in Weeg / als eine beſudelte Saw / deme
wirff deine Suͤnde auff ſeinen Halß / und zweiffele nicht: Und
ob du das nicht kanſt laſſen / ſo greiff nur mit der Seelen in
GOtt / denn SHE iſt in dir: Chriſtus hat die Porte zu ſei⸗
nem Vatter auffgefchloffen / gehe 3 laß dich nichts hal⸗
ten:
194 Wonm dreyfachen Leben Cap.ız,
ten: Und wenn Himmel und Erden / und alle Creaturen ſpre⸗
chen / du kanſt nicht / glaub es nicht / gehe für dich / fo wirft du
deß bald innen werden. So bald dur hinein komſt / fo kriegeſtu
einen newen Leib an die Seele / das ift Chriſti Leib / der da GOtt
und Menfch ift: Du wirft wol hernach Loͤſung und Linderung in
deinem Hertzen haben / du wirſt wol einen kriegen / der dich
zeucht / und dir das Falſche der Welt unter Augen ſtellet / und dich
dafiir warnet.
66. Alſo mercket diß / es dencket mancher: ich wil beten / da
GOtt meine Sünde von mir nimt / daß ich der alten Sünde loß
werde: Und wenn es denn komt / daß er GOttes Siebe erreichet/
dencket er / das Alte iſt alles hin / es iſt vergeben / ich mag nun
auff ein newes ſuͤndigen. Ich wil hernach wieder einmahl Buſſe
thun / und die Grewel von mir werffen. Ja der Weeg waͤre wol
gut / der Fuͤrſatz iſt da; Aber hoͤre / wenn du aus GOttes Liebe
außgeheſt / fo haſtu alle Sünden / die du dein lebenlang gethan
haft / wieder am Halfe/ denn dur geheſt wieder ins Suͤnden-haus
ein / und verläffeft GOtt: dur geheft aus GOtt ins Reich des
Teuffels / deine Wercke felgen dir nach / und wo du immer hin⸗
geheſt / es huͤlfft dich Fein Fuͤrſatz / du muft nur in Fürfas einge⸗
hen: Oder ſagen wir das alleine? Spricht doch Chriſtus:
Wenn der unf aubere Geiſt vom Menſchen außfaͤhret / ſo durch⸗
wandelt er duͤrre Staͤtte / ſuchet Ruhe und findet der nicht:
Alsdan kehret er wider in fein Haus / und wenn er / ıc. biß
verf. 27. Luc. xx. Verſteheſtu din? Duhaft den Satan aufs
getrieben / und haft dein Hertz gefeget und dein Sünden-haus
gekehret und wol geſchmuͤcket: So du num ficher bift / fo komt
der Teuffelmit allen ſieben Geftalten der Natur / und fchlupffet
darein / und ſcheubet die alte Welt-guft in dein Herke/ darauf
alle Safter gebohren werden Dann er wohnet in denfelben fies
ben Geiftern/ und Eigelt dir dein Hertze darmitte / und betreu⸗
get dich fiebenfältig / dag du ihme nachgeheft / und fälleft aus ei⸗
ner Sünde indie andere: Da bindet er dan die arıne Seele an die
Sünde faft an / und laffet fte nicht zur Abflineng lauffen / fon»
dern fuͤhret ſite in fleiſchlicher Luſt und wenn die Seele gappelt/
fo fpricht er Morgen / Morgen / alfo lange big er den Braden
Frieget.
67. Darumb heiſſets / ſtehe ſtille / denn der Teuffel gehet her⸗
umb als ein bruͤllender Loͤwe / und ſuchet / wehn er verſchlingen
mag: Er komt alle Stunden fuͤr deines Hertzens Thuͤr / und
ſihet / ober wieder hinein kan / denn es iſt ſeine liebe —
n
⸗*
Supıı. 0° Bes Menfehen. 195
In der Hoͤllen hat er keine Ruhe / aberin des Menfchen Seele
hat er Frewde und Luſt / er fan alda feine boßhafftige Wunder
darinnen eröffnen / darmitte er nach diefer Zeit auch ein Spiel
habe / darinnen er fich erluftiges Denn die Hölle und GOttes
Zorn begehref das.
68. Zum andern fiheftu/ wie fich die groffe Hure zu Babel
hat in dig Spielder Vergebung gefeget: Sie ruͤhmet / fie habe
den Schlüffel zum Ablaß / fte koͤnne Sünde vergeben / und ruͤh⸗
met fich des Apoſtoliſchen Schlüffels / und verfaufft die Sünde
umbs Geld / und nimbt das aus Chrifti Worten / welchen ihr
die Sünde erlaſſet /2r. j
69. Nun wolte ich gerne wiſſen / wie dem busfertigen Suͤn⸗
der/ der fih in GOttes Willen wirfft/ der ausdiefer Welt
Vernunfft außgehet in GOttes Barmhertzigkeit / feine Sünde
zu behalten waͤren. Noch viel lieber wolte ich gerne wiſſen / wie
ein ſuͤndiger Menſch den andern aus der Hoͤllen fuͤhren koͤnne
ins Himmelreich / und da er doch ſelber nicht hinein kan / und
ſttzet nur dem Teuffel zu hofieren / wegen ſeines Geitzes / in deme
er die Vergebung der Suͤnden umbs Geld verkauffet / ſintemahl
alle Sünden in dem newen Leibe Chriſti / in Chriſti Fleiſch und
Blut erſauffet werden / und Elaias in Chriſti Perſon ſaget: Ich
alleine trette die Kaͤlter und tilge alleine ewere Suͤnde / und Nie⸗
mand iſt mit mir. So das wahr waͤre / wie der Antichriſt ruͤh⸗
met / ſo muͤſte ein Teuffel den andern verjagen: Und obs geſchaͤ⸗
he / wo bliebe dan die Widergebuhrt ausChriſti Fleiſch und
Blut / da unſere Seelen in GOTT eingefuͤhret werden? Wenig
möglich wäre geweſen / daß GOTT hätte Adam auff eine ſolche
Weiſe feine Sünde wegnchmen wollen / fowäre GOTT nicht
Menfh worden und hätte uns In GOTT wieder eingefünrer:
Er hatte wohl Adam feine Sünde vergeben) als ein Fürft einem
Mörder das Leben ſchencket: Nein Frig/ du muftfelber aus
der Sünde außgehen und in GOttes Willen eingehen / den
GOLT ſtehet nicht da als ein König / undvergibt Sünde mit
Worten: Es mug Kraft ſeyn / du muft aus dem Fewer ing
Sicht gehen / denn GOTT ift nicht ein Bild / fürden wir fret=
ten und gute Wort geben / fondern er ift ein Geift / und durch⸗
dringet Here und Nieren / dasift / Seel und Geiſt: Eriftdas
Liebe-Fewer / und fein Centrum Naturz ift fein Zorn-‘Sewer /
du bift bey GOtt / und wenn du gleich ben allen Teuffeln in der
Hölle bift: Denn der Zorn ift auch fein? esiftfein Abgrund:
Wenn du aber heraus gepeft / ſo geheſtu in GOttes Liebe / in die
Freyheit von der Quaal. — 70. Es
196 Bon dreyfachen Leben Gap.ır,
70. Esift kein ander Sündensvergeben verftanten/ als daß
du aus dieſer Welt und deines Fleifches / fo wohl aus des Teuf⸗
fels Willen außgeheft in GOttes Willen/ fo empfähet dich
Gottes Willen / und bift aller Sünden [of / denn fie bleiben iur
Sewer/ und dein Wille in der Tindur GOttes / welchen die
Mapyeftät erleuchtet: Es ift dir alles nahe: deine Sünde find
dir nahe / aber fie rühren dich nicht / denn wir haben dir forne ges
meldet / wiedag die ftille Ewigkeit eine Freyheit fey : So dende
nur nicht / daß fie deine Sünde werde vondirin fich nehmen /
deine Grewel und gafter / fondern fie gehören in GOttes Zorn/
da müffen fie baden / und werden dem Teuffel gefchencket ; Aber
fie ſtehen unter dir im Centro, du bift als ein ſchoͤn Gewaͤchſe /
welches durch den Zorn aufgewachfen fichet zu GOttes Frewde
und Wunderthat: If doch der Zorn auhin GOtt / aberim
Abgrundes Und da ich der Teufſel erhub über GOtt / fuhr er in
Abgrund / und ward GOttes Fußſchemel.
71. Der Text Matth. 16. hat einen andern Verſtand: Der
Tempel Ehrifti/ als die Kinder Chriſti / find Chriſti Braut /
der hat er ſeinen ſchoͤnen Schmuck angehencket / daß gleich wie
Er uͤns geliebet hat / und durch ſich in GOtt ſeinen Vatter ein⸗
führet: Alſo ſollen wir uns unter einander lieben. Und wenn
ein rewiger bußfertiger Sünder kommet / der ſich wil in die
Gemeine Ehrifti eingeben / der Chriſtum begehret / dehn foll die
Gemeine aufnehmen / denn Ehriftus hat ihn auffgenommen /
fo feynd wir in Chriſto alle ein Leib: Und wie nun ein Glied das
andere halt und liebet / alfo follen wir uns auffnehmen / den ars
men befehrten Sünder in unfere Gemeine nehmen / und ihme an
Gottes ftatt Vergebung der Sünden ankundigen/unfere Haͤn⸗
de auff ihn legen / und Ihn unfers Leibes und Gemeinfchafft
theilyafftig machen / fo wilauch unfer Geift und Kraft auffihme
ruhen / wie bey Chriſti Apoftelen zu fehen ift.
72. Wenn wirihnin Chrifti Gemeine nehmen ſo iſt er un⸗
fer Bruder: Wenn wir fagen / deine Sünde find dir vergeben/
fo find fie auch in Chriſti Zodt und Bluterfauffet/ underift
unſer Glied: Wir nehmen fte nicht von ihme /fondern Chriftus
in uns erfüuffet fie durch unfern und feinen Glauben / in feinem
Blut: Nenn wirdie Hände auffihn legen/ und beten über ihn/
fo dringen wir mit unferm Willen / welcher in GOttiſt / in
feinen Willen / und führen Ihn in unſerm Willen / als in einem
$eibe in Ehrifto zum Vatter: Sein Wille wird unfer Wille,
denn er ergibt fich durch Chriſtum indie Braut / alsin unfern
Willen /
Cap.r 1. des Menſchen. 197
Willen / welcher auch GOttes Wille iſt / und wir nehmen Ihn
billich in unſere Liebe in unfern Willen / und ſencken Uns in Some
durch Chriſtum in GOtt / alſo vergeben wir ihme feine Suͤnde:
Dann wir ſeind die Gemeine und Brauf Chriſti / welche er lie⸗
bet: Und was wir thun / das thut Chriſtus in uns / ud GOtt
in Chriſto. Es iftalleseines/ Ehriftus iſt unſer / und GOtt
iſt Chriſti / und der bekehrte Sünder iſt auch unſer / und auch
Chriſti / und auch GOttes: Wir leben in einem Leibe / und has
ben einen Geiſt / und ſind ein Fleiſch: Und wie wir in GOttes
Willen eingehen / ſo nehmen wir auch mit den Bruder / die Suͤn⸗
de werffen wir hinter uns ins Zorn⸗Fewer / wir aber leben und
bluͤhen in GOtt.
73. Wir haben den Schlüffel zum Himmel und Hölle:
Beni wirdem Gottlefenfeine Sünde ankündigen / under wil
ſich nicht bekehren / fo binden wir ihn in Abgrund / denn wir ge>
hen hindurch und ſchließen zu / fo mug er baden in feinen Suͤn⸗
den/ da Eraget ihn der Teuffel: Wenn wir ihn nicht mehr zie>
hen mit unfern Worten / welches Krafft hat / fozeucht ihn der
Teuffel: So er fich aber endlich befehret / fo yaben wir Macht/
dag wirihn dem Teuffel wieder nehmen / und mit Uns mit unfe>
rem Geifte in Chriſto einfuͤhren in GOtt.
74. Sihe / eine ſolche Gewalt hat die Braut Chriſti / und
keine andere: und wenn es ware, dag ein Menſch in einer
Wildnuͤß wäre / da er nimmerme hr keine: Bicaſenſahe jun?»
er bekehrte fih aus der Sünden in Chriſtum / und wuͤnſchete
unfere Brüderfchafft / weil er nicht bey uns ſeyn koͤndte: Und ob
wir den nicht kenneten / noch dennoch / dieweil er ſich in unſere
Bruͤderſchafft befihlet fo nehmen wir ihn mit durch Chriſtum
zum Vatter / und ſtoßen feine Suͤnde von ihme hinter ihn / und
blühen mit ihme alſo aus einem Acker: Denn Chriſti Leib iſt
unſerer Seelen Acker / dar innen fie waͤchſet und ſchoͤne Frucht traͤ⸗
get in Ternarium Sanctum.
Die Hochtheure Porte.
75. ya fpricht die Bernunfft: Wie Fan Chrifti Seib unfer
$eib feyn / ift er doch eine Creatur / wie Eönnen wir in
Chriſti Seibe wohnen? Sihe Menſch / Adam war unfer Bat»
ter / auch unfere Mutter: Nunhaben wir alle Adams Fleiſch /
Seele und Geiſt / denn wir find alle aus einem Fleifche / Seele
und Geift gezeuget / und find alle feine Glieder / gleich wie die
Arfte des Baumes Glieder find / a) er führete uns in ae
3 | x
‘198 Bom dreyfachen Sehen Cap.r
Er hatte die ſchoͤne Jungfraw der Weißheit GOttes an ſich /
welche über alle/ und die Fuͤlle aller Dinge iſt wie GOTT ſel⸗
ber / die verlohr er: Er ſolte ſie uns anerben / und er gieng von
ihr aus.
RR Aber der ander Adam Chriftus famaus GOTT / und
war GSttes Herke/ und hatte die fhöne Jungfraw an fich :
Der nahm unfere Seele und Fleiſch in feine Jungfraw / und das
ward Fleiſch / Seel und Geiſt / ein Fleiſch aus unferm Fleiſch / eine
Seele aus unſerer Seelen / und blieb doch GOTT: Unſer Fleiſch
ſtund in Chriſto / in Ternario Sancto: Er nahm aus uns in die
Sungfraw GOttes / das ewige Fleiſch / und auch das irrdiſche /
———— die irrdiſche Quaal denn in GOTT gehet nichts
Zerbrechliches.
77. Als das Wort ins Fleiſch kam / ſo ward es Himmliſch /
gleich wie es in Adam war irrdiſch worden. Denn das Fleiſch
Chriſti ward in den ewigen Willen ins Wort eingefuͤhret / daß
das Fleiſch und Wort eine Unzertrennliche Perſon ward: Nun
war es doch umb den ewigen Willen zu thun / daraus Adam war
außgegangen / und GOtt fuͤhrete uns in Chriſti Seele wider in
denſelbigen Willen. Alfo iſt jest die Seele Chriſti unfere See⸗
le / denn ſie iſt Adams Seele und Chrifti Zleifch unfer Fleiſch /
den er nahıng ausunferer Menfcheit an ſich / und die ſchoͤne Jung⸗
fraw GOttes in Chrifto ift unfere Jungfraw / denn Chriftus
bet Die unſerer Seelen angezogen: So wir ung mungang in
Chriſtum ergeben / fo lebet Chriſtus in ung / und wir in ihme:
Ob uns gleich der Auffere fterbliche Leib anhanget / fo lebet doch
Chriſtus in uns / und wird uns am Endeder Welt gang rein
ohne Mackel in feinem Fleiſche darftellen : Wir find in ihme
alle ein Leib / denn er iſt unſer Leib in GOtt / und Adam iſt un⸗
ſer Leib in dieſer Welt.
78. An Ggtt iſt Fein ſolch toͤlpiſcher Leib / ſondern ein Leib
in Krafft und himliſchen Fleiſch und Blut / wo unſer Wille iſt /
da iſt auch unſer Hertze: GOtt iſt in uns: Wenn wir in ſeinen
Willen eingehen] ſo ziehen wir an ſeine Weißheit / und in der
Weißheit iſt Chriſtus ein Menſch / alſo gehen wir in ſeine
Menſchheit ein / und werden cin newer Menſch im Leben Chris
ſti / in der Seele" Chriſti / im Fleiſche Chriſti / in der Tinctur
Chriſti / in der Maheſtaͤt Chriſti / und Chriſtus iſt in feinem
Vaͤtter / und ſein Batterift die Ewigkeit / und der Natur En—
de. Wo wilſtu nun weiter hin / du armer Menfch ? Laß dich den
Teuffel und Antich riſt nicht narren.
79.Kein
Euip.tr. des Menfchen. 199
79. Kein Menſch hat keine Gewalt in GOTT / erfeydan
in GOttes Willen/ in GOttes Liebe in Chriſto / er habe dann
Ehrifti Seele und Fleiſch; hat eraber daffelbe / fo ift er nicht
ein Geitzhalß / ein Gleißner / undverkauffet das Himmelreich
umbs Geld. Als Simon Magus s. Petro Geld anboth / er folte
ihme Macht geben / daß / ſo er iemand die Hand aufflegete / er
auch den H. Geiſt empfinge: So ſaget Petrus / daß du verflu=
chet werdeſt mit deinem Gelde: Meyneſtu die Gaben GOttes
werden umbs Geld verkauffet? Woher habt ihr Sophiſten denn
ſolche Gewalt / daß ihr das Himmelreich verkauffet und in
ewern Gewalt ziehet? Ihr ſeid nicht Chriſti Jünger / ſondern
des Antichriſts / der Huren zu Babel: Kein Prieſter iſt des
Aumbts faͤhig / er ſey dan in GOttes Willen: Sein Abſolviren
iſt kein Abſolviren / ſondern die Gemeine Chriſti abſolviret ihn /
deren er ſich ergibt: Er iſt der Kirchen eben ſo viel nuͤtze / als
dem Wagen das fuͤnffte Radt: Du Sophiſt / wie wiltu Myfte-
rium Magnum mittheilen / das du nicht haſt? Die Gemeine hat
Das / und der bußfertige Sünder ver zu dir komt / Der hat das /
und du bift ein Sophift: Waͤreſt beger im Kuͤheſtall / als in
Der Kirchen: Wie mag der Teuffel einen rewigen Menſchen
abfolviren ? Und du dieneft nur deinem Abgott Bauch.
80. O du blinde Welt / wie biftugeblendet / du vermeyneſt /
du duͤrffeſt Myſterium Magnum nicht anruͤhren / du ſeyeſt der
nicht faͤhig / der Pfaffe ſey deß alleine faͤhig: So du in Chriſte
biſt / ſo haſtu alles frey / du haſt ſeinen Bund mit Tauffe und
Sacrament / und den Leib und Blut Chriſti darinnen: Gebö-
ret doch der Bund den Glaͤubigen / und nicht den Sophiſten:
Haben doch Chriſti Juͤnger / und wieder ihre Juͤnger und Rach⸗
kommende getaufft / und die glaͤubige Gemeine hat das Brod
Chriſti gebrochen in Haͤuſern / und wo ſie gekondt haben / und
den Leib und das Blut Chriſti genoſſen: Es war uͤberall der
Tempel GOttes / wo Chriſten beyſammen waren.
Sr. Solches melden wir nicht / Die Kirchen einzureiſſen / in
welchen man Chriſti Ambt treibet / ſondern wir zeigen euch die
Heuchler / welche euch an ſich binden / daß ihr von ihnen außge⸗
het zur Gemeine Chrifti: Gehet in die Gemeine Chriſti / und
gehet in Tempel Chriſti und laſſet euch nicht blog ander Maw⸗
er⸗Kirchen genügen / denn fie iſt nur cin Steinhauffe / und ift
todt / aber Chriſti Tempel ift lebendig; Ihr vertraget euch alle
mit der Kirchen und gehet darein / aber in Tempel Ehrifti wil
Niemand gehen: Sehet in Tempel SI ſo werget ihr leben⸗
4 dig
200 Bon dreyfachen Leben Gap.ız.
Dig aus dem Todte: Es ift fein anderer Math] weder im
Himmel noch in diefer Welt | es muß ſeyn / oder blei⸗
bet im Finfternuß.
82. Nicht richten wir alſo ſtrenge: Denn GOttes Wille
ſtehet allen Menfchen offen / erfey weg Namensermwolle: Es
Tan ein Heyde fechig werden / wenn er ſich zu dem lebendigen
GOTT wendet in rechter Zuverficht fich in GOttes Willen er>
gibet / der komt ja unerkandter Wigenfchafft vom Reiche Ehri-
Fi in GOttes Willen / und in GOttes Willen ift das Herse
WoOttes / und Chriftushatdas Here GOttes in fich / Dann der
Heyde glaͤubet ja. Wird doch der Stumme und Taube feclig/
Der von GOTT nie nichts gehöret hat/ foerfeine Imagination
m Behorfamb ımd Willen GOttes und ferne Gerechtigfeit fe=
Bet: Wer wil den richten / du Sophiſt / der dir aus Meynun⸗
gen Glauben macheft ? Was darffeftu der Meynungen ?
Meynnungen find nicht der Geift Ehrifti/ der da lebendig ma⸗
chet / fondern Ehrifti Geift gibt Zeugnug unſerm Beifte / dag
wir GOttes Kinder find: Er iſt in uns / was fuchen wir dann
lange Meynungen.
83. Wir ſagen / daß in allen Meynungen Ketzereyen ſeynd
und der Antichriſt: Haſtu doch Chriſtum mit ſeinem Worte /
hang einfaltig daran / nicht am Buchſtaben alleine / fondern am
lebendigen Wort / das GOTT und Menſch iſt / das iſt die
Schrifft / die du ſolt leſen und predigen aus Chriſti Geiſt / und
nicht aus waͤhnen. Biſtu aber deſſelben unfaͤhig / was lehreſtu
dan viel und erdenckeſt Meynungen: Meyneſtu / GOTT ſey
ein Luͤgner wie du / er halte deine ertichtete Meynung fuͤr ſein
Wort / da du doch todt biſt an GOTT? Wer da waͤhnet / ob
ein Ding alſo ſey / der zweiffelt: Nun iſt Zweiffel kein Glaus
ben / ſondern ein Weeg der faͤhrlich zugehen iſt.
84. Nun ſpricht die betruͤbte Seele / welche alfo in Babel
umbgetrieben wird von einem Wahn und Meynung zur an⸗—
dern / wenn fie fihet dag cin jederfihreyet / Hie iſt Chriftus /
tauffet mir nach / jener iſt ein Keger / und redet aus einem fals
fhen Geifte: Zu welchem Part foll ich mich doch wenden / 109
fell ic) doch hingehen / daß ich das rechte Evangelium höre pre di⸗
gen? Wo ſoll ich Chriſtum finden‘; fluchen ftedoch alle und
zichten einander / und ich höre doch / wie ein jeder aus der Bibel
redet und das feine gründet/ und Ichretden Werg GOttes:
Was foll ich doch thun ? und fehe auch / dag fie alfo gifftig auff
einander feind / und in der Fuͤrſten Hergen reuthen / und *
un
Cap.Ire des Menfchen. 201
und Verfolgung umb des Glanbens willen anrichten / und ein⸗
ander dem Teuffel geben / und ſagen je / der Teuffel redet aus je⸗
nem / er iſt ein Ketzer / flichet von ihm.
Die Porte Emanuelis.
85. S Ihe du liebe Seele / wie uns Chriſtus ſo trewlich fuͤr
dieſer Zeit warnet / in welcher wir jetzt blind ſind ge⸗
weſen: Wenn die falſche ſelbgewachſene Pfaffen werden ſchrey⸗
en und ſagen / Chriſtus iſt in der Wuͤſten: Item ein anderer /
er iſt nicht in der Wuͤſten / er iſt in der Kammer / er iſt auff dem
Felde: Und der ander Rein / er iſt da oder da: Item er iſt im
Abendmal und in der Tauffe: Und der ander wird ſagen / er iſt
nicht darinnen / es ſind nur Zeichen / fo ſpricht Ehriftus : Glaͤu⸗
bet ihnen nicht / gehet nicht hiaauß; ſondern wieder Blitz ſchei⸗
net vom Auffgange biß zum Niedergange / alſo wird auch ſeyn
die Zukunfft des Menſchen Sohns: Denn wo cin Aaß iſt / da
famlen ſich die Adler.
86. Ehriſtus ſpricht: Ich bin der Weeg / die Wahrheit und
das Leben / Niemand komt zum Vatter / als durch mich: Ich
bin die Thür zu den Schafen / und bin ein guter Hirte: Die
andernaber / fo vor mir kommen find / aus ich felber / in ihrem
Namen / find alle Diebe und Mörder / und fischen nur / wie
fie rauben und ftelen mögen Denn ſie füchen ihre eigene Ehre ;
Sch aber fische nicht meine Ehre/ fondern mein Batter ehret
mich / und ſte unchren mich. Ich bin das Liecht ver Welt / wer
mir nachfolget / der wird das Liecht des ewigen Lebens haben:
Mein Batter wil den H. Geiffgeben / denen die ihn darumb
bitten / wenn der kommen wird / der wird euch in alle Wahrheit
leithen: Denn von dem meinen wird ers nehmen / und euch ver⸗
tuͤndigen: Sorget nicht für ewer Leben / denn mein Vatter ſor⸗
get für euch: Denn wo ewer Hertz iſt / da iſt auch ewer Schatz.
Das heiſſet / lauffet nicht den ſelbgewachſenen Lehrern nach /
welche aus Hiſtorien ohne GOttes Geiſt lehren. Wenn ſie ein
wenig frembde Sprachen koͤnnen / fo wollen fie Lehrer ſeyn / und
Ichren aus Kunſt und Hoffarth / und Ubung der wol-Redenheit/-
da huͤlfft ein Gleißner dem andern zu / fonderlich wo vicl Geld
und Ehre im Ambte ſeynd.
87. Chriſtus ſprach: Ich ſuche nicht meine Ehre; Mein
Reich iſt nicht von dieſer Welt; Sie aber lehren / Chriſti Reich
ſey in der Hiſtorien: Chriſtus ſprach zu ſeinen Juͤngern: Der
H · Geiſt wird es van dyn — nehmen und euch ——
* gan
202 Vom dreyfachen Leben Cap. ır,
gen / und euch erinneren alles deß / was ich geredet habe. Alſo
lieben Kinder Chriſti / niemand lauffe dem Zancke nach /
fagen einander die Wahrheit / denn fie find alle aus einem
Baume gewachſen / und find uneins uͤber der Beute / über dem
Haube des Antichrifts / welches Ende da iſt.
83. Wendet euer Herg und Gemüth von allen Zande ab/
and gehet gank einfäaltig und demuͤthig zur Thuͤr Chriſti / in
Chriſti Schaffſtal: Suchet den in euren Hertzen / ihr duͤrfſet
nichtvieldifpwiren : Bittet GOTT den Batter im Nahmen
Jeſu Chriftiaufffeine Verheiffung / daß er Euch durch feinen
NH. Geiſt ewere —A auffſchließe: Wendet euch mit gantzem
Fleiß in ihn: Laſſet alles fahren / was in dem Steinhauffen
glaͤntzet / und gehet in Teinpel Chriſti / da entgegnet euch der
H. Geiſt / deme ergebet euch in Demuth / der wird euch euere
Hertzen auffſchlieſſen und Euch erinnern aller Wolthat Chris
fi: Erwird Euch das Berftändnüß auffthun/ und Euch er=
innern alles deß / was Ehriftus geredet hat: Denn aus Chrifte
wirdersnehmen/ und Euch verkuͤndigen: Sorget auch nicht/
wo die Stätte am beſten fey/ da er euch wolle auffſchlieſſen:
Denn gleich wiedie Sonne auffgehet und feheinet big zum Nie⸗
dergange/ alfo ſcheinet Chriftus inalle Derter und Winckel / von
feiner Menfchwerdung big in Ewigkeit: Suche Feine Stätte
für die andere /erift überal: Denn wo ein Nat iſt / da ſamblen
ſich die Adler > Chriftus ift uͤberal / feine Kinder können über»
al zu ihm kommen / und wenn wir in Chriftum eingeben / fo
ſind wir bey unferm Aaß / und füttigen uns von feinem Fleifche/
und trincken von feinem Blut: Denn er ſprach: Mein Zleifch
iſt die rechte Speife / und mein Blutiftder rechte Trank: Der
mein Fleiſch iſſet / und mein Blut trincket / der bleibet in mir /
und ich in ihme: Item / Vatter / ich wil / daß die / fo du mir
gegeben hatt / feyen/ wo ich bin: Sie waren dein / und du haft
fe mir gegeben / und ich gebe ihnen das ewige geben / und ich
werde fie am jüngften Tage auffwecken: So ihr in mir bleiber/
fo bleiben meine Worte in euch.
89. So ihr nun ſehet / daß die Welt umb Chrifti Reich zanc⸗
ket / ſo wiſſet dag fie den Schluͤſſel Myſterium Magnum vers
lohren hat / und find nicht in Chriſto / denn in Chriſto iſt kein
Zanck / ſondern Liebe / Demuth / ſeines Nächften begehren zur
Gerechtigkeit.
90. Wo wir ſind / da find wir in Chriſto: Wenn wir zu⸗
a kommen / fo ſollen wir allesinen Willen indie ——
ne brin⸗
Cap.ır. des Mienfchen. 207
ne bringen / als nemlich das Begehren Chrifti : Und fo wir ihn
begehren / ſo empfahen wir ihn / und ſind in ihme ein Leib. Er
ſpeiſet uns mit ſeinem Leib und Blut: Wenn wir den Gebrauch
feines Teſtaments mit dem letzten Abendmal halten / da ſpeiſet er
uns mit ſeinem Fleiſche / und traͤncket uns mit ſeinem Blute: Er
tauffet uns mit der Tauffe zu einem Leibe in Ihme: Was ſuchen
oder forſchen wir lange? Gleich wie der Sonnen⸗glantz die gantze
Welt erfuͤllet / alſo auch Chriſti Leib und Blut: Sein Weſen iſt
die Ewigkeit / da kein Ort nech Stelle iſt: Er iſt in nichts einge⸗
ſchloſſen / dan er iſt im Vatter / und der Vatter iſt in ihme / und
der H. Geiſt gehet vom Batter und Sohn aus: Nun find alle
Weſen aus den Batter gefihaffen / und der Vatter iſt in allen /
und haͤlt alles: Er gibt allem Leben und Weſen / und der Sohn iſt
im Batter/ und gibt allem Krafft und Liecht: Er iſt unſer Liecht /
ohne ihn kennen wir nicht GOTT / wie wollen wir denn von
ihme recht reden ? Wenn wirvon ihme recht reden. wollen / fo
muͤſſen wir aus feinem Geifte reden denn der zeuget von GOtt;
So wir aberausder Kunft und Hiſtorien reden / fo reden wir
ausunsfelber / und nicht aus GOTT / und find Mörder und
Diebe) und nicht Chrifti Hirten: Ein Dieb komt nur/ daß
er ftehlen und rauben wil; BAT o kommen die Zaͤncker in ihrem Na⸗
men / nur daß ſie wollen ein groß Anſehen haben / und wollen
—* Pfruͤnden oder Præbenden haben / die ſchreyen: Hie iſt
Chriſtus / Chriſtus wird alleine von uns durch ſein Wort der
Gemeine vorgetragen / dort ſind Ketzer.
gr. Keben Kinder Chriſti / ſtopffet eure Ohren zu vor den
Laͤſter⸗Woͤlffen / denn-fte fhanden nicht alleine fich unter ein-
ander / fondern die Gemeine Chriſti / welche überal in allen
Sandenift/ wo bußfertige Menfchen find: Welche ihre Sünde
berewen / und aus denſelben aus-gehen Fund ſich in die Barm⸗
hertzigkeit GHttes wenden / die find in Chriſto / und ob fie
Tuͤrcken find: Es ift Fein Anfehen der Perfon oder Namens und
Meynungen vor SOITT/ Erfucherdes Hersens Abgrund.
92. Der Antichrift iſt Urſache daran / daß die Türcken findin
eine eigene Meynung gerathen / denn des Zanckes war kein
Ende / daran aͤrgerten ſich die Aflaner / — Egypter /
Mohren / Griechen / und die Africaner: Die Indianer fuͤh—
ren ein beſſer Goͤttlicher Leben in ſchlechter Einfalt als der Anti⸗
chriſt; Ob wohl nicht alle / noch find viel Sitten unter denſel⸗
ben / welche andaͤchtiger ſind als die Hoffart der Huren.
93. Die Hure Halt Chriſti gi auff / daß ff ch alle Voͤlcker
an
204 Vom dreyfachen Sehen Cap. 11.
an ihr ärgern und fagen/ wie Fönnen die das GOttes Volck
ſeyn / die nur Tyrannen / Hoffärtige/ Geitzige / Stoͤrrige /
Blutgierige Leute ſeind / welche nur nach anderer Voͤlcker Gut
trachten / und nur nach Macht und Ehren ? Sind doch die Hei—
Bennichtfoarg: Wir wollen uns ihrer nicht theilhafftig ma⸗
hen] wohnetdeh GOTT überal/ Erift fo wohl bey uns/ als
bey ihnen / wir wollen ein ehrbar / zuͤchtig / andaͤchtig Leben
führen / und den Einigen waren GOTT anruffen / der alle
Ding gefchaffen hat/ und von ihrem Zande ausgehen: Bir
‚wollen in einer Mepnung bleiben / fo bleiben auch unfere Laͤnder
mit Frieden: Wenn wir alle an Einen GOTT glauben / ſo iſt
Fein Streit / ſondern wir haben alle einen Willen / fo koͤnnen
swir auch in Siebe untereinander leben,
94. Sihemein lieber Chriſt / das hat die Tuͤrcken erhöhet /
und in die gröffefte Macht gebracht) dag ihre Macht ift geftiegen
biß in 1000. Zahl: Sie herrſchen iin einer Meynung und Siebe
Über die gantze Welt / denn ſie find ein Baum der Natur / wel⸗
cher auch vor GOTT ſtehet; Aber er waͤchſet nicht hoͤher / als in
2000. Zahl / denn fo krieget fein wildes Hertze ein Angeſichte
mit Augen: Du Antichrift wirft ihn nicht freffen mit deinem
Draden:maul/ wie in der Offenbahrung zufehen / er befizet
Fein Reich big ans Ende ; Aber wenn du bift in Pful gefahren/
Daß Ehriftus feine Schäfflein felber weydet / denn gehet er unter
Den Schäfflein / wenn dein Mord⸗ſchwerd zerbricht: Nicht mit
Spies oder Stangen zerbrichftu / du Heuchler / fondern Deine
Sügenerfticken dich: Ber den Antichrift wilerfchlagen / der ift
des Antichriſts Thier / darauff er reuthet/ er wird nur mächtiger
im Zande: Denn die Herken werdenvon der Wahrheit abge>
wandt/ undgehenaus GOTT in Zand / da vergaffet fich jeder⸗
anananden Wundern des Zanckes / und lauffen den prächtigen
Reden nach / und kommen alſo aus Chriſto in die Meynungen /
und ſuchen Weege in den Finſternuͤſſen / da kein Liecht iſt: Alſo
Herrſchet der Teuffel im Antichriſt / und fuͤhret die Kinder auff
Menſchen-Bahn in Menschen Tandt / und ſehen nicht mehr in
Chriſti Liecht.
95. Alſo giengs den. mächtigen Laͤndern auch / uͤber welche
der Alcoran herrfchet: Da ſie von Chriſto ausgiengen in Mey⸗
nungen / da wuchs ihnen ein Baum aus der Natur in ihren
Hertzen / geriethen in eine Meynung / lebeten alfo in dem wil-
den Baume; Aber das Antichriſtiſche Reich lebet in vielen
Baͤmuen / ſie lauffen von einem zum andern / und wiſſen *
weſcher
Sapıın. des Menſchen. *
welcher der beſte iſt / denn ſie ſind aus dem Paradeiß Chriſti
ausgegangen: Sie ruͤhmen ſich Chriſti Schr/ und mit der Krafft
verlaͤugnen ſte die / und bezeugen alfo/ daß Chriſtus nicht in
ihnen iſt: Sie wollen Ihn auch nicht in ihnen haben / ſie ſtoßen
Ihn mit ſeinem Leibe und Blut / mit ſeiner Menſchheit aus der
Gemeine / fie wollen nur ein Zeichen von ihme haben / damit
fie alfo können inihrer Hoffart Chriſti Stelle befigen/ und alfe
feine reiche fette Baͤuche ſeyn: Denn Ehriftus war auff Erden
in dieſem Auffern geben arm / und hatte nicht / da er fein Haube
binlegte; Sicaber wollenan Ehrifti Statt fein reich und fert
feyn: Sie fagen / eriftim Himmel / wir wollen ihme zu Ehren
ein glingend uns prächtig Reich anrichten / damit wir in feinem '
Ambte gute Zeitund Ehre erlangen: Wir find die Höchften der
Melt / denn wir find GOttes Statthalter: Wir treiben Chris
ſti Ambt / und haben das Myfterium Magnum + Trotz der wis
der uns rede / wir wollen ihn wohl fchweygen.
96. Ihr Heben Kinder Chrifti/ thus euere Augen auff/ und
feet doch / lauffet doch nicatalfo dem Teuffel nah: Sehet ihr
nichts? Werdet doch fehend: Sehetihr nicht / wie alles umb
Geldes willen geſchiehet? Wer ihnen viel Gel gibt / den loben
fie als einen frommen Chriften/ der fich gegen der Kirchen danck⸗
barhalte: Iſt einergeftorben / iſt er gleich fein lebenlang ein
ungercchter / falfeher Wucherer / Hurer/ Mörder und Dich
gewefen / da ſie das gleich wiſſen / gibt er nur viel oder die ſei⸗
nigen/ O wie preiſet man ihn herzlich und feelig ! Welche groffe
Denck-zettel machet man Doch / daß es ein anderer Ungerechter
hoͤret und auch deme nachkomt / und dendet: Harı/ ſtecket
Das Reich GOttes im Gelde / ins Pfaffen Munde / es fol. dich
auch nicht tawren / da gibt denn die Kalter viel Blut / wie in
der Dffenkahrung Johannis ftehet / und wird verführet der Un=
fhuldiges: Denn wer nicht viel gibt oder zu geben hat/ der if
bey ihnen Fein erbarer Mann: Erift auch nicht danckbar gegen
den Minifterio: Weis man einen Fehler an ſeinem guten Leben /
O wie muͤtzet man das auff / wie ſtoͤſſet man ihn hinunter / und
wuͤnſchet doch ja endlich einen groſſen andaͤchtigen Wunſch
hinnach / daß es ihme doch GOTT wolle vergeben.
97. Thut euere Augen auff / ihr Kinder Chriſti! dieſes iſt
der Antichriſt / huret ihm nicht nach: Es iſt mancher ein Suͤn⸗
der geweſen / und hat ſich aber umbgewandt von ſeinen Suͤnden /
and iſt in Chriſtum eingegangen / und feine Seele iſt in Chriſto
ein Engel GOttes: Was darſſſu hoffaͤrtiger Widerchrit
7 nit
106 Vom drenfachen eben Capꝛ 1.
die Engel GOttes ſchertzen aus deinen Begierden? Du blinder
Menſch / ficheft du doch nicht! Biſtu Ehrifti Hirte und Diener/
und GOttes Statthalter / haſtu Myfterium Magnum bey dir)
ift dein Ambt Chriſti Ambt mie du rühmeft / warumb biftu dan
ein Sügner ? Du ruͤhmeſt ven Bottlofen ınnb Geldes willen / hat
das Ehriftus umd feine Apoftelauch gethan ?
98. Höre du Widerchriſt: Sihe der Apoftel Gefhichte an /
Da einer feine Güter verkauffte / und legte Das Geld zu der Apo=
ſtel Füffe einen Theil / und ihn Petrus fragete: Habt ihrden Acker
alfo thewer verfauffet ? Und da er ja fprach / und hatte ein falfch
zweiffelyafftig Gemüthe / fprach Petrus : Du haft dem H.
Geiste gelogen; Sihe / Pie Füffe derer find vor der Thür / die
Dich weg tragen ausder Gemeine der Wahrheit: Waß meynſtu
nun von dir ? Iſt das dem Sayen und Zuhörer Petri gefchehen/
mus würde wohlansS. Perro gefehehen ſeyn / wann er alfo nit
gügen hätte nach Gelde getrachtet / und den heiligen Geift ge=
laͤſtert? Du aber thuſt alfo: Du rühmeft einen Ungerehten/
daß du nur Geld friegeft/ und frageft nichts nach feiner See⸗
fen; Du frageft auch nichts darnach / daß du deine Sügen in
die Gemeine Chriſti ſchuͤtteſt: Wie gar mancher fecher offt/
und ſeuftzet über feine Falfchheit und Trug / in deme er den
Elenden unbillich hat beleidiger/ und auch über deine Gleyßne⸗
rey und Lügen.
99. Höre / wird nicht der Name Chrifti hiermit geläftert/
und die Gemeine Chriftigeärgert/ welche fagenz O faget Doch
der Pfaffe auf der Cantzel umb Geldes willen $ügen / wäre es
Sünde / er thaͤte es doch nicht; Wan du gleich auch leugeſt und
betreugeſt die Leute umb Geld / Gut und Ehre / ſiehe nur / daß
du das kanſt mit einem Schein zu decken: Waͤre es ſo groſſe
Suͤnde / ſo thaͤte es der Pfafſe nicht / du wilſt wohl einmahl dar⸗
vor Buſſe thun / hat doch der Pfaffe Gnade genug.
100. Sihe du falſcher Antichriſt / alſo leugeſtu dem heiligen
Geiſte im Ambte Chriſti / der dein Hertze pruͤfet / und leugeſt
auch der Gemeine Chriſti / und aͤrgerſt ſie noch damit: Und waͤre
vielmahl beſſer / ſie haͤtte deiner Luͤgen nicht zugehoͤret / ſo waͤre ihr
Hertz mitLuͤgen nicht erfuͤllet worden: Wie kanſtu ſagen / du freie
beſt Chriſti Ambt / ſo du doch ein Luͤgner und Spoͤtter Chriſti
biſt? Du biſt nicht aus Chriſto gebohren / ſondern aus der Luͤgen:
Und war du die Luͤgen ſageſt / fo fageftu von deinem Thier /dar=
auf du reutheſt / inder Offenbahrung: Du fageft von Deinen
Kigentyumb / von dem Geifte/ ser in dir ift/ und wilſt auch
— Chriſti
9
3
Cap.rr. des Menfchen- 207
Chriſti Schafe wenden: Dir folteft fie auff gruͤner Awen im fet⸗
ten Effen Jeſu Eprifti weyden / und ihnen Die Wahrheit fagen z
So weydeſt du fie auffs Zeuffels Felfen / auff den Bergen des.
Abgrundes in feinem fetten Grafe.
ıor. Biſtu Chrifti Diener / fo diene ihme im Geifte und in
der Wahrheit:Straffe Sünde ohne jemandes Anfehen der Per⸗
fon: Schene nicht / erhebe deine Stimme als eine Poſaune:
Straffins gemein alle after des Obern und Untern: Lehre den.
Weeg Chriſti recht: Lobe Niemand umb Geldes und Ehre wil-
len: Denn Chriftus lobete nicht die Gewaltigen umb Nutzens
willen: Er firaffete fie auch nicht aus Mißgunſt / umb ihrer Ge⸗
walt und Ehre willen / denn er wil Ordnung haben / und ſprach:
Gebet dem Keyſer / was des Keyſers iſt und GOTT was Gt⸗
tes iſt: Er ſtraffte aber die Heuchler / die Phariſeer / daß ſte lange
Gebethe vorwendeten / und auff ven Gaſſen ſtunden glingen /
und wolten vom Volck geſehen ſeyn / und ſucheten nur ihren
Ruhm. Ein ſolcher iſt der Antichriſt auch.
102. Darumb ſpricht der Geiſt / gehet aus von ihr mein
Volck / daß ihr nicht theilhafftig werdet ihrer Siindenz Denn
wer ſich zur Suͤnde bekennet / der iſt ein Geiſt mit der Suͤnden—
Wer einem Luͤgner ſeine Luͤgen aus Gunſt beſtaͤtiget / der iſt
derſelben Luͤgen und aller Laſter ſchuldig: GOTT der Vatter
hat uns in Chriſto aus der Wahrheit wieder; gebohren / wir ſollen
nicht der Luͤgen Knechte werden: Denn wan wir in die Luͤgen
eingehen / ſo gehen wir aus Chriſto / und find beym Teuffel /
der iſt ein Batter der Luͤgen: Ein ſolcher iſt auch der Antichriſt /
und alle die ihm anhangen und dienen: Beſſer weit davon / und
Chriſtum ins Hertze eingebildet / als im Antichriſtiſchen Ambt
Luͤgen hoͤren.
103. Ich weiß / du boͤſes Thier wirſt mich ausſchreyen alß
einen Mißgoͤnner / alßob ich dir nicht goͤnnete / waß dir gute
Leute geben: Nein / das iſt nicht mein Grund / denn Chriſtus
ſpricht: Der am Evangelio dienet / der ſoll ſich vom Evangelio:
nehren: Du ſolſt dem Ochſen / der dadrifchet / nicht das Maul
verbinden / er muß eſſen: „Sie hangen auch nicht alleam An⸗
„tichriſt / wir haben nur den falſchen Antichriſt / ver in der
„> Menschen Hergen reuthet / dargeftellet: Wir ſchmaͤhen Nie-
„ mand in feinem guten Gemiffen ; Alleine der Antichriſt fell
>, blog ſtehen / zu einem Zeugnus aller Voͤlcker: Er reuthet über
den Erdfreig in allen Santen: Man meynet jest/ man hate
ihn ausgerottet / und man iſt im Streite umb ihn / cin —
wi
208 Vom preyfachen eben Kap.ız,
oil ihn todt ſchlagen: O du blinde Einfalt / duerfchlägeft ihn
nicht/ gehe nur von ihme aus / geheim Tempel Ehriftiein / und
laß den Antichriſt herauſſen ſtehen / ſo wird er ſelber fallen / und
ſich auff dir legte feiner Grewel und Hurerey ſchaͤmen: Bethe
ihn nur nicht an: Beuge nicht deine Knie vor ihm: Bethe GOtt
an / thue nur die Augen auff: Iſt doch die gantze Welt voll
Gottes / es iſt nur umb das aͤuſſere Leben zu thun: Im inne⸗
ren wohnet GOTT in ſich ſelber / das aͤuſſere Leben ift auch
GoOttes / aber ver Abgrund iſt darinnen / als das Centrum Na-
turæ, in welchem das ernſte / ſtrenge Leben iſt / davor iſt dieſe
Warnung.
104. Es ſeind drey Principia, drey Reiche: zwey Ewige /
und ein anfaͤngliches und vergaͤngliches: Ein jedes begehret
des Menſchen / denn der Menſch iſt ein Bild aus allen dreyen /
und das Weſen aller Weſen iſt eine Sucht! / Saͤhnen und Bes
gehren / das urſtaͤndet aus dein ewigen Willen / und der Wille
iſt die Ewigkeit.
105. In GOTTiſt Fein Regiment / ſondern in den dreyen
Principien, in ihren Creaturen: Es iſt nicht mehr in GOTT/
alß ein einiger Geiſt / der komt alle feinem Weſen zu huͤlffe /
im Waſſer / und im Fewer / woraus ein jedes iſt: Er iſt fein
Verderber / ſondernein Erhalter ſeines Weſens: Ob was ver⸗
dirbet / das iſt des Regiments der Natur Schuld: Was aber
aus dem ewigen iſt / kan nicht verderben / ſondern es veraͤndert
ſich nur in eine andere Quall / davor wir euch warnen: Und ift-
diefer Welt Lehren und Suchen anders nichts / als dag wir euch
alle vor der ernſten Fewers⸗quall warnen: Es ift auch cin Le⸗
bendarinnen/ und beſtehet keine Kreatur / ftehabe dan daffelbe
geben / aber wir Menſchen find nicht zu demfelben geben ges -
fchaffen worden: Darumb wil GOTT eine jede Ercatur in
der Quall haben / dareiner fte gefcharfen hat / auff daß fein ewi⸗
ger Wille beſtehe / und nicht zerbrochen werde.
106. Ein jedes Ding hat feinen freyen Willen / und in deme
feine Neigligfeit nach feiner Eigenfchafft ; Und ift das ganse
Wefen diefer Welt / fo wol auch der Englifchen Welt / und auch
der höllifchen Welt / nur cin Wunder vor GOtt: Erhateinen
jeden Sicht und Finſternuͤß fürgeftellt/ er mag greiffen worzu er
wil/du wirft GOtt damit in feinem Weſen nicht bewegen: Sein
Geiſt gehet von ihme aus / und entgegenet allen penen/die ihn fürs
chen / er iſt GOttes Sucht/inder GOtt derMenfchheit begehret /
denn ſie iſt ſein Bilde / das er nach alle feinem Weſen geſchaffen /
—
Cap. Ir. Des Menfchen. 209
in deme er fich felber fehen und erfennen wil / und er wohnet auch
im Menfihen = Was fuchen wir dann lange ? Laſſet uns nur
uns felber füchen und Eennen : Wenn wir uns finden, fo finden
wir alles / wir dürffen nirgend hinlauffen GOtt zu fuchen / auch
fo fönnen wir ihme keinen Dienft thım : Wenn wir uns nur
felber ſuchen und lieben, fo lieben wir GOtt: Was wir uns fel-
ber unter einander thun/das than wir GOtt: Wer feinen Bru⸗
der und Schweſter ſuchet und findet / der hat GOtt gefuchet und
funden : Wir find in ihme alle ein Leib in vielen Gliedern / da
ein jedes fein Gefchäffte hat / fein Negiment und Thun / und das
iſt GOttes Wunder : Wir waren vor. den Zeitender Welt in
feiner Weißheit erfant / und er ſchuff uns ins Weſen /auffdag
ein Spiel in ihme ſey.
107. Die Kinder ſind unſere Lehrmeiſter / wir ſind in unſerer
Witze Narren gegen ihnen: Wenn die gebohren ſind / ſo iſt das
ihr erſtes / daß fie lernen mit ſich felber ſpielen / und wenn fie groͤſ⸗
fer find / ſpielen fie miteinander : Alſo hat GOtt von Ewigkeit
In feiner Weisheit in unferer Eindifchen Werborgenheit mit ung
gefpielet ; Daerums aber in die Wise ſchuff / ta folten wir unit
einander und unter einander foielen/ aber der Teuffel mißgoͤnne⸗
ge uns das / und machete ung im unferm Spiel uneins / Darum
zancken wir noch: Wir haben ſonſt nichts/ dag wir Fönten zarte
cken als in unſerm Spiel : Wenn das aus ift / fo legen wirung
indie Ruhe und gehen heim: Dann kommen andere zum Spice
le / und zancken fich auch Big an Abend/ big fie ſchlaffen gehen / in
ihr Land / daraus fie gegangen find : Denn wir waren im Sande
des Friedes / aber der Teuffel beredete uns zu gehen in fein unfrie⸗
diges Sand.
208, Sieben Rinder/was machen wir doch/dak wir dem Teuf⸗
felgehorhen ? Warumb ganden wir umb ein Hölslein / das
wir nicht gemacht Haben ? Iſt doch diß Sand nicht unfer/ und
auch dig Kleid nicht unſer: Es iſt unferer Mutter / und der
Zeuffelhat das beſudelt: Wir wollen das aufziehen / und zur
Mutter gehen /dag fie uns ein fehöners anziehe / fo dörffen wir
nicht umb das Röklein / das beſüdelt iſt zancken: Wir zanden
albier umb einen Roc / dag ein Bruder ein ſchoͤner Roͤcklein hat
als der ander: Zeucht doch die Mutter einem jeden fein Roͤcklein
en: Warumb zanden wir mit der Mutter / die unsgebohren
hat? Sind wir doch alle ihre Kinder/laffet uns nur fromm ſeyn /
fo wird fie uns allen einem jeden einen neuen fauffen / fo wollen
wir uns frenen/ wir wollendes beſudelten alles vergeffen.
109. Wir
DER
2 I
a
Rt
210 Dom dreyfachen geben - Cip.ız,
109. Wir gehen im Roſen⸗Garten / da find Lilien und Blu⸗
men genug/ wir wollen unferer Schwegter einen Krang machen/
fo wird fie fi vor uns freuen = Wir haben einen NeyensZang ]
daran wollen wir alle hangen : Laſſet uns doc) frölich ſeyn / iſt
doch keine Nacht mehr da/unfere Mutter forget für uns: Wir
gehen unter dem Feigen» Baum/wic iſt feiner Frucht fo vicl/ wie
ſchoͤn find die Tannen im Libano ! $affet uns freuen und frölich
ſeyn / daß unfere Mutter eine Freude an uns hat.
110. Wir wollen fingen cin Lied vom Treiber/der uns uneins
machete: Wie ifter gefangen/ wo ift feine Macht ? Iſt er Doch
nirgend da: Dazu hat er das beſudelte Roͤcklein nicht gekrieget /
da wir uns umb jauckten / die Mutter hats inne behalten wie iſt
er ſo arm! Er herrfchete uber uns / und nun iſt er gebunden: Wie
biſtu groſſe Macht alſo zu Spott worden: Schwebteſtu doch
über die Cedern / und liegeſt nun zum Fuͤſſen / und biſt ſo uns
maͤchtig: Freuet euch ihr Himmel und ihr Kinder GOttes; der
unſer Treiber war / der uns plagete Tag und Nacht / der iſt gefan⸗
gen / freuet euch ihr Engel GOttes / die Menſchen ſind ih
die Boßheit iſt gefangen.
Das 12. Capittel.
Vom Chriſtlichen Leben und Wandel : Was dem
Menſchen zu thun ſey i in dieſem Jammerthal daß
er Gotles Wert wir cke / und alfo dadurch
erlange das ewige hoͤchſte Guth.
$, Em Menſchen iſt in dieſein Jammerthal auff Er⸗
den nichts noͤthiger und nuͤtzlicher / als daß er ſich
lerne ſelber erkennen / was er ſey / von wannen er
ſey / und wohin er wolle: Was er werbe / und wo er
hinfahre wenn er ſtirbet; Einem jeden iſt das am
nuͤtzlichſten zu wiſſen: Denn der aͤuſſere Wandel bleibet in die⸗
fer Welt; Aber was das Hertze ſaſſet / nimt der Menſch mit.
2. Des Seelen⸗Geiſtes Wille iſt ewig / was indes Seelen⸗
Geiſtes Willen eingefaffer wird / dag nimt die Seele mit / wenn
ſich Leib und Seele ſcheidet. Darumb iſt uns noth / daß wir nach
etwas gutes trachten / darinne die Seele koͤnne ihr ewig Spiel
verbringen / und darinnen ſie ihre Freude habe / denn unſerer
Seelen Wercke folgen uns nach / und der Haͤnde und des aͤuſſern
Geiſtes Wercke bleiben in dieſer Welt: Denn die Seele iſt in
der Ewigkeit / was fie ihr alhie machet und einbildet / das ſtehet
im⸗
| Cap.ı2z.: des Menſchen. 211
immer vor ihr / es ſey dann daß ſie das wieder zerbreche / ſo iſt es
als ein zerbrochen Werck / daran te rein Suchen mehr verbrin⸗
get: Dann fleiftdavon aufgegangen: Denn das Ewige ſchni⸗
tzet ein ewig Modell / und das ee und anfaͤngliche ſchni⸗
tzet ein zerbrechlich Modell: Denn es werden alle Dinge dieſer
Zeit ein jedes in ſeinem Moreil ſtehen / denn was der ewige Wille
faffet/ daß krieget eine ungerbrechliche Geſtalt / fo er das nicht fel=
ber zerbricht.
3. Darumb iftes dem Menſchen gut / dag er ihme im dieſem
Leben das befte erwehle / in welchen er mag ewige Freude haben:
Denn wenn du dir gleich wolteft Schönheit und Ehre erwehlen }
oder Reichthumb / fo biftu Doch deinem Bruder und Schweſter /
ſo im —— dieſer Welt iſt / darmit unwerth: Denn Schoͤn⸗
heit dieſer Welt verachtet das Albere / und Reichthumb dringet
dem Elenden feinen Schweiß ab / und groſſe Macht dringet und
druͤcket den Niedrigen und Elenden: Groſſe Ehre verachtet das
Albere / und gleichet ſich nicht mit dem Duͤrfftigen.
4. So denn in jenem Leben vielalbere / elende / und in dieſer
Welt verachtete / arme und muͤhſelige Seelen erſcheinen werden /
ſo wird in ihren Geſtaͤlten nicht viel Hochheit / Schoͤnheit / Be⸗
gehren der Macht und Ehren eingefaſſet ſeyn: Dann ihre See—
len haben ſich in dieſem Jammerthal nur in die ſanffte Liebe
Gottes eingeſchloſſen / und ſich in das Albere und Niedrige ein⸗
gegeben / und mit der Macht / Pracht und groſſen Ehren keine
—— chafft doͤrffen haben / denn diß hat ſich ihnen nie ge—
gleichet.
5. Und ſo es denn nun iſt / daß die Seelen in jenem Leben ſelen
Freude mit einander haben / und ſich je cines des andern Gabe
und Tugenden erfreuen ; Und aber der Seelen ihre hie einge
faffete Weſen in ihren ewigen Willen als eine Figur werden
erſcheinen / ſo iſt uns ja dieſes gant herzlich und inniglich zu be⸗
trachten / daß wir doch in diefer Welt nicht Pracht und Hoch⸗
muth / darzu Geitz und Bedraͤngung des Elenden in unſere
Hertzen faſſen: Denn wir koͤnnen mit dieſem allem nicht in die
Gemeine Chriſti eingehen / fte nehmen uns nicht —— Geſe il⸗
ſchafft / denn es iſt ein widerwaͤrtig Ding.
6. Im Himmelreich iſt nichts als Liebe und Eintrachtigkeit : *
Ein jedes aneignet dem andern ſeine Liebe und Gunſt / und
freuet ſich ein jedes deß andern Gaben / Krafft und Schönheit / fo
es aus der Mayeſtaͤt GOttes erlanget hat / und dancken alle—
Gott dem Vatter in Chriſto JEſu / daß er fie zu Kindern —
212 Vom dreyfachen Leben Cap.ız,
let und angenommen hat / denn die maͤchtige Krafft des Starcken
freuet ſich des Schwachen / daß GOttes Geiſt auch in ihme iſt /
daß er auch in den Wundern im ewigen Willen iſt.
7. Darumb lieben Kinder und Bruͤder in Chriſto / laſſet uns
doch unſere Hertzen Sinnen und Willen in Demuth / in eine
Siebe ſchlieſſen in dieſer Welt / dag wir doch eines ſeyen in Chri⸗
Fo. Biſtu hoch erhaben zu Macht / Gewalt und Ehren / fo ſey
demuͤthig / verachte nicht das Albere und Elende: Dencke / daß fie
in jenem Leben neben dir in einer Hochheit ſind: Quetſche nicht
den Bedraͤngten / betruͤbe nicht den Betruͤbten / daß ſolches ſeine
Seele nicht einfaſſe / und ſperre dir die Himmels-Porten: Biſtu
ſchoͤn von Leibe / ſey nicht ſtoltz / und verachte den nicht / der nicht
deines gleichen iſt / daß Deines albern Bruders und Schweſtern
Seele nicht einen Eckel an dir habe / und dich aus feinem Ge—
müthwerffe: Sen demüthig/ dag fich dein Bruder und Schwe⸗
fer indir freuen/und deine Schönheit zu GOttes Lobe bringen/
der alfo eine fhöne / züchtige / und demüthige Ereatur gefihaffen
hat: Sey züchtig und freundlich mit Worten und Werden:
Du Reicher / lag deine Büchlein in des Elenden Haus flieffen/
auff dag feine Seele diny fegene : Du Gewaltiger / beuge nicht
Das Gerichte dem Mächtigen zu gefallen/ auff dag dich der Be=
drängfe in deiner Gerechtigkeit ſeegne / fo biſtu auch in Chriſti
Gemeine: Biſtu hoch / laß deinem Hertzen nicht Raum zu flie⸗
gen: Demuͤthige dich in die Gemeine Chriſti / fo wird dich die
Gemeine feegnen/und wird dich in ihre Liebe faffen.
8. O wie wohl gefhicht dem Reichen und Gewaltigen / wenn
ihn Die geringe und albere Gemeine Ehriftilicbet / und GOttes
Heyl wuͤnſchet! O wie wohl geſchiehet einem Schrer und Pre⸗
„diger / der ein rechter Diener Chriſti iſt / der ſeine Schaͤfflein /
die ihme vertrauet find / Chriſti Speig und Tranck gibet / und
„ſie Damit erquicket / daß lich ihre Seelen in feinen Gehor ſam
„geben / und ihn von Hertzen lieben / ihm alle Wohlfarth wuͤn⸗
» [chen ! DO wie ſeelig und leuchtende iſt der in Chriſto / wie gar
„ein fchöner Hirte ift der /denn feine Schafflein folgen ihme /
„und er führet fie zum Erg- Hirten ! DO wie übel beftchetder /
„deme fie aus Verdienſt in der Warheit fluchen / von deme wird
„das fchöne Klıid weggenommen / und er zeucht eine Laſter⸗
>> $arven an ; Aber der umb Gerechtigkeit willen verfluchee
„wird / der dringet aus/als das Gold aus dem Steine) und ſetzet
„Chriſti Marter⸗Cron auff / in der ſich alle heilige Seelen an
a jenem Tage werden hoch erfreuen / daß er ein a
una
Capız! des Menfchen. 217
„Juͤnger Chriftiift geblicben/der nichtangefehen hat Ehre und
», Gewalt / oder Gelt und Gut/ fondern hat Chriſti Schafe
recht gewendet... *
9. Ihr lieben Brüder und Schweſtern in der Gemeine Chris
ſti / vertraget uns doch / laſſet uns doch ein wenig mit euch erge⸗
tzen / lieben wir euch doch / uñ reden aus unſerer Mutter Geiſt / wir
wollen freundlich mit euch reden von unſerer Mutter uñ von un⸗
ſerm Vatterlande. Wir wollen reden von groſſen Wundern /
wie es uns allen untereinander gehet: Wir wollen uns alſo
troͤſten / denn wir find in einem frembden Lande:: Wir wollen
uns bereden und alle einig werden / und wollen heim in unſer
Sand/zuunferer Mutter gegen: O wie wird fie fich freuen / fo fie
ihre Kinder fichet! Wir wollen ihr fagen von den groffen Trübs
fahlen/ fo wir in Jericho gehabt : Von der groffen Fährligkeit
wollen wir reden / da wir unter viel böfen Thieren waren/wir
mollen reden vondem Treiber/der uns alfo lange gefangen hielt/
und wollen reden /wie wir vonihme find ledig worden: $affet
Doch uns einig ſeyn / daß unfere Mutter nicht betrübet werde/und
einen Eckel an uns habe.
zo. Freuet euch ihr Himmel mit ums / und du Erde jauchze /
denn des HErrn Lob gehet über alle Berge und Hügel: Er thut
uns auff die Thuͤr zur Mutter / daß wir eingehen; Laſſet uns
freuen und froͤlich ſeyn: Denn wir waren blind gebohren / und
find nun ſehend worden: Thut auff die Thore des HErrn ihr
Knechte GOttes / daß die Jungfrauen mit ihrem Spiel einher⸗
gehen: Denn es iſt ein Reyen / da wir a mit der Jung⸗
frauen freuen und frölich ſeyn / faget der Geiſt des HErrn /
Her. J
11. O Liebe Menſchen-Kinder / alle die ihr von Adam
herkommen und gebohren ſeyd in allen Inſulen und
Landen / wo ihr da wohnet | weh Namens ihr ſeyd;
Merdets: Der GOTT Himmels und der Erden der
uns alle'gefibaffen hat / und gezeuget aus einem $eibe/
der ung Leben und Athem gibt] der uns erhält unfer Leib
und Seele | der ruffet uns alle ineine Siebe: Ihr ſeyd
weyland irre gegangen / denn ihr habet Menfchen-Tand gefol-
get / und der Zeuffel hat euch befrogen / daß wir uns unterein-
ander haffen / ermorden/und anfeinden: Thut ewre Augen auf
und fehet / haben wir doch alle einen Athem / und find aus einer
Seelen gebohren: Wirhaben alle einen GOTT / den wir ehren
und
2142 Vonm dreyfachen Leben Cap.ız)
und anbeten / derſelbige einige GOTT hat uns alle geſchaffen/
dar zu haben wir einen Himmel / und der iſt GOttes / und GOTT
wohnet darinnen / wir werden an jenem Tage alle zuſammen
kommen / die wirin GOTT getrawerhaben: Was zancken wir
lange umb GOTT und ſeinen Willen?
12. So wir unſer Hertz in ihn erheben / und uns ihme in Ge⸗
horſamb ergeben / ſo ſind wir alle in ſeinem Willen / es kan uns
Niemand daraus ſtoſſen. Wir ſtehen alhier in dieſem Leben in
einem Acker und wachfen/ und die Sternen und Elementen
ſeynd der Acker / darinnen wir wachſen: GOTT hat uns hinein
geſaͤet / Adam iſt das erſte Korn / das GOtt ſelber ſaͤete / und aus
deinfelben Kern wachſen wir alle: Wir find alle eines Saͤemens /
wir ſind alleſambt leibliche Bruͤder und Schweſtern; Aber der
Teuffel hat Unkraut unter uns geſaͤet: Nicht hat er Menſchen
geſaͤet / denn das kan er in Ewigkeit nicht: Sondern er hat uns
geblendet / und hat Hoffart / Neyd / Zorn / Geitz und boͤſen Wil⸗
len in unſer Gemuͤthe geſaͤet / damit er uns verderbe: Denn er
goͤnnete uns der Ehren nicht / daß wir Gottes Kinder ſind an
ſeiner Statt / da er war: Er iſt durch Zorn / Hoffarth und Neyd
von GoOtt gefallen / und hat ſich abgewandt von GOtt: Darumb
wil er uns verfuͤhren / daß nur ſein Reich groß werde.
13. O Lieben Kinder Gottes! trawet dem Sathan nicht /
denn wo GOtt feinen guten Saamen hinſaͤet / da gehet der Teu⸗
fol hernach und ſaͤet Unkraut darein: Das ſehet ihr an Moſis
und der Propheten Lehre / fo wohl an Chriſti Lehre / die predig⸗
ten alle den Weeg Gottes in einer Liebe / und weiſeten uns zu
dem. lebendigen GOtt / dag wir ſollen von unfern boͤſen Flei—
ſches Luͤſten / von Luͤgen und Falſchheit / von Unreinigkeit / von
Geitz und Mord und Diebſtal außgehen / in ein rein / zuͤchtiges /
demuͤhtiges und gotts⸗fuͤrchtiges Leben / und uns ihme als feine
Kinder gaͤntzlich vertrawen / und ihn für unfern Vatter erken⸗
nen: So wil er uns geben Regen und Seegen an Leib und Stes
L4e7 und wil uns nach dieſem Leben zur ſich nehmen in fein Reich /
da wir alle unſers Truͤbſals ſollen ewig erloͤſet ſeyn.
14. Alſo und nicht anderſt iſtMoſis / aller Propheten / und
auch Chriſti Lehre / daß wir uns ſollen untereinander lieben / als
ein Leben / und GOtt in uns; Aber ſehet / was hat der Antichri⸗
ſtiſche Teuffel darein geſaͤet? Er hat Hoffart / eigene Ehre mit
Macht und Pracht darein gefaet: Er hat ſich auf Moſis und
der Propheten Stuhl/ fo wohl in Chrifti Gewalt eingeſetzet /
und hat uns irre. gemachet/ dag wir uns haben getrennet: Er
hat
Cap. 12. des Mienfchen. 21%
hat eine Wahlaufgeworffen/ und hataus dem Geifte Gottes)
der fich doch im Menfchen offt mit Wundern und groffen Thaten
erzeiget hat eine neidige Boßheit gemachet/ als wan Er ein
Volck liebete / und das ander haffete: Als wanerein Befchlech =
te wolte / und das ander nicht / damitte er (der Teuffel⸗Chriſt
und Sathan genandt) nur iſt in Ehren und Wolluͤſten geſef⸗
ſen: Er hat uͤnter den Voͤlckern Krieg angerichtet / daß die
Voͤlcker ſind uneins worden / und find in Meynungen gerathen /
und haben Gott erzuͤrnet / denn fie find mit den Meynungen
von GOtt außgegangen: Alfo hatder Zorn über fie geherrfchet/
und fie offte verfilget / denn wo nichts gufes iſt das wil GOtt
in feinem Sande nimmer dulden / fondern er gibts dem Zorn /
wiewohl fie felber darein lauffen/ und wegen das Schwerd / daß
alfo ein Volck das andere hat gefreffei. i
15. Bon der Welt her ift aller Zand und ee A wohl
Meyd und Hay vom Antichrift entſtanden / welcher wil als ein
GoOtt / in Engels Geſtalt geehret ſeyn / und in ihme ſtecket der
Teuffel: Denſelben Antichriſt ſehet ihr ſchon bey Cain und Ha-
bel , wie Cain feinen Bruder erſchlug umbs Glaubens willen:
Denn Habel hatte fein Hertz in GOtt geſetzet / und hatte fich-
ihme ergeben / und dehn liebete GOtt / und nahm fein Opffer an:
_ Cain aber hatte fein Her& in diefe Welt geſetzet / er wolte ein
Herr auff Erden feyn: undftin Mund gab GHf gute Worte/
aber fein Herse ſteckete in irrdiſcher Meynung: Er liebste den
Geift deß Mammons diefer Welt / und der Zeuffel fchloffin
denfelben: Alfo ward auch fein Opffer GOtt nicht angenchine/
fondern der Rauch fuhr zur Erden / undder Teuffel nahm fein
Opffer an: Alfo erfchlug er feinen Bruder indes Teuffels Ein—
gebung/ und in falfcher Meynung / er begehrte diefer Welt
Glantz und Ehren mitder Gewalt / und Habel begehrte Gottes
Siebe und Gnade.
26. Alfo ſehet ihr lieben Völker auf Erden: Ihr fend alle ei⸗
nes Fleiſches; Daß ihr euch aber habt zertrennet / das hat der
Zeuffel im Antichrift angerichtet: Ewer Gottesfurcht iſt zu
manchen Zeiten groß gewefen / und ihr habet den Menfchen alzız
greze Ehre angethan/ zwar guter Meynung aus ewerer Liebe /
als danckbare Kute gegen def H. Geiftes Negiment ; Aber dies
weil ihr habt Menfhenfolhe Ehre angethan / die GOtt gehoͤret
(wiewohl GOtt zu frieden wäre/ wan fie auch in Gottes Kebe in
Demuth blieben ) fo find fie aus fich gegangen in Gelüfte zeitli=
her Ehre / und haben fich laſſen geluften mit Liſt und Trug über
ewer
216 Bon preyfachenfeben Gap.ızz
ewer Gut und Seclen zu herrfchen / und die find euch zum Falle
fericke worden: Denn der Antichriftifihe Teuffel ift in fieges
ſchloffen / und der Geift Gottes ift von ihnen gewichen / und has
ben nicht mehr aus Gottes Geift geredet / fondern aus Pracht
und Kunſt: Es habens mürfen frembde Sprachen thun / dic ha=
ben follen das Myfterium magnum herfürbringen.
17. Schet doch nun ihr lieben Brüder / wie gar diebifch has
ben fie mit euch gehandelt: Sie haben ſich über die Erde geſetzet /
und haben allen Gewalt / Macht und Ehre an fich gezogen / Sie
haben Himmel und Hölle an fich gezogen / und ihnenallen Ge⸗
walt zugemeffen / und haben euch mit Gleißnerey verblendet /
haben euch von GOtt auf Meynungen gefuͤhret / da gehetihr
nun irre: Sie haben euch zu Zand und Krieg verheßet / dag ihr
einander habet ermordet / und ewer Batterland verwüftet : Sie
haben euch umb Leib und Secle/ darzu umb Gut und Muth
gebracht / und vorgegeben / ihr thut GOtt einen Dienft daran
wenn ihr die anfeinder/ welche nicht inewerer Meynung ſind /
und da ihr doc, alle alfo geblendet feyd.
18. Sehet das feind ewre Seel-Sorger / ewre Geiftlichen:
Schet an das Pabſtthumb; Woraus iſt das gewachſen? aus
dem Teuffel zu Rom, der hat Aßam, Africam, Syriam, Per-
ſiam und Griechen-Landt verurſachet / dag ſie von ſeinem Trug
ſind gewichen: Dann der Antichriſtiſche Pfaffen-Teuffel hatte
die gantze Welt geblendet / und in eitel Traditiones und Mey=
nungen gebracht / und ſie von der einhaͤlligen Liebe abgewandt:
Er hat einen Orden und Meynung heiliger gemacht als die an⸗
der / und die Orden der Hohen Stande umbs Geld verkauffet:
Welcher Orden viel trug/ der mufte dem oberften Teuffel viel
geben / daß er doch fett undein Herr auff Erden ward: Der ein⸗
faͤltige Lay ward beredet es waͤre Heiligkeit / und betete alſo vor
dem Drachen in der Offenbahrung / und ſuchete alda Ablaß. O
wie war der gemeine Mann an ſie gebunden / wer dawieder re⸗
dete / der war ein Ketzer geachtet: Mit Fewer verbrand man
den. Alſo thaͤte das einfültige Volck / und meyneten / fie thäten
EHtt einen Dienft daran. O du einfaͤltige Heiligkeit / du bift
nicht Schuld daran: Es wirddir auch an jenem Tage nicht zu⸗
gerechnet werden / wiewohl du darmit biſt blind gegangen / und
dir anjenem Tagedie H. Märtyrer werden unter Augen geſtel⸗
fet werden / aber du haft blind umb GOtt geehfert. Die thew⸗
zen Märtyrer / fodas giecht Gottes gefchen haben / werden dich
darumb nicht ausihrer Gemeine verwerffen / ſintemahl du *
| e
Gap.rz. des Menfchen- 2
ches nicht erkandt haft / ſondern alfo blind gefuͤhret wor—
den biſt.
19. che doch und merckets / was der enferige Wille ver=
mag / fo der Menſch mit allen Begierden in Gottes Willen ge>
het; Und ob er dehn fehon nicht kennet / und eyfert in frembder
Meynung/ umd fein Herge ift aber in GOtt gerichtet / und
gläubet unwiſſend ganz fäftiglich/ es gefalle GOtt alfo. In die⸗
fer Meynung find unter des Antichrifts Reiche große Wunder
und Ihaten gefchehen / dan dem ſtarcken Glauben iff fein Ding
unmöglich. In diefe Wunder hat fich der Antichrift eingewickelt/
und faft fo viel Meynungen gemacht / als Tage im Jahr find?
da denn in den Gläubigen / welche alfo in Blindheit inihrer
Meynung gegläubet / auch Wunder find gefchehen. Diefes hat
der Antichrift der Meynung zugefchrieben / und da die Mey—
nung doc nicht eine Mücke hat beweget / fondernder fefte und
ſtarcke Glaube / der aus der Meynung in Gott iſt gegangen
Der hat Wunder erwecket: Dennder Beift Gottes iftim Glau=
ben / amd nicht in der Meynung / undder Glaube ift aus GOtt:
Denn die Seele richtet fich in der Meynungin GOtt und er—
greiffet Gottes Geift: Die Meynung iftdas Fewer / aber die
Seele bleibt nicht im Fewer / ſondern tringet heraus in GOtt /
ſte bluͤhet aus dein Fewer / als eine ſchoͤne Blume.
20. Die Meynungen wären zu dulden geweſen in GOTT /
und GOTT verwarffe fie nicht / alfolange die Seele durch die
Meynung Gott ſuchete / alfelange ftund auch die Kirche Chri=
fi in einem Regiment: Daaber der Teuffel darein fchloff/ und
machete ihme ein glinsend Reich daraus / daß die Pfaffen mer
Ehre/ Geig und Wolluſt darinnen fucheten / und die Menfchen
von GOtt nur blog im ihre Werde führeten / fo wurden die
Meynungen gank blind / denn fiegiengen felber von GOtt aus
inihrer Hände Wercke / in ertichtete Weege / darumb lies fie
Pr GoOtt gehen / dieweil fie fich feinen Geift nicht wolten ziehen
en.
21. Und ift Afıa und Africa, fo wohl Gricchen-Sand feelig
darumb zu ſchaͤtzen / daß fie aus Menfchen- Werden wieder find
inden Einigen GOtt eingangen: Ob ſie am Reiche Chriſti nun
wohl blind ſind geweſen / ſo iſt ihr Gemuͤthe doch in dem Einigen
GoOtt blieben / und ſte in Eintraͤchtigkeit / da man einander doch
nicht alſo haͤfftig umb des thewren Nahmens Chriſti Willen hat
geſchmaͤhet und gelaͤſtert / als eben die gethan / welche in der Fin⸗
ſternus ihrer Wercke ſind blind gefuͤhret worden. Die art
38 K nie
218 Vom dreyfachen Leben Cap. ı2,
nicht alleine die geſcheuet / ſo ihnen ſind abgewichen / ſondern ſik
ſelbſt in ihren Meynungen haben ſich gebiſſen und gelaͤſtert als
ein Hund umb ein Bein / und haben verfuͤhret den Layen / der
im finſtern tappen gehet / und nicht weis welche Meynung am
beſten iſt: Alſo hanget ihr an der Meynung / und ſeyd GOtt
meineydig.
22. Wann der einfaͤltige Menſch ſterben foll/ ſo weis er
nicht / wo er ſeine Seele ſoll hingeben / er hanget an ſeinen Werc⸗
re nund ander Meynung / und verlaͤſſet den Willen Gottes / und
bleibet alſo außer GOtt. Wo meyneſtu nun / daß die arme See⸗
fe bleibe / / wan fie auſſer Gottes Willen iſt? Sihe / wir wollen
dirs fagen / denn wir erkennen das gewiß / denn der Geiſt
unferer Mutter eröffnet ung das / daß wir alfo mit bey:
den Augen fehen.
23. Sihe Chriſtus fpricht: Wo ewer Schatz iſt / da ift auch
ewer Hertze: Sihe / die Seele ift in die Meynung gewickelt /
und laͤuffet alfo darmit zudem Patron , der fie alfo gelehret hat}
und ſuchet dehn / und fo fie dehn nicht findet/fo ftellet fte ſich leydig /
und hat keine Ruhe / ſchwebet alſo zwiſchen Himmel und Hoͤlle /
und wolte dem Teuffel gerne entlauffen.
24. Darumb hat ſichs zu getragen / daß oͤffters die arme Seelen
find wieder in der Gemeine / oder ſonſt in Haufern / in Feldern /
in Kirchen erſchienen / und haben die Gemeine umb huͤlffe ange⸗
ruffen mit ihrem Gebethe / und ſich in die Orden begeben / und
vermeynet alſo Linderung zu empfahen / davon das Fegfewer iſt
gemacht worden: Denn die Seele hat recht das Fegfewer / fo fie
nicht Gottes Willen mag erreichen / und in ſolchem inbruͤnſti⸗
gen Eingeben in die Meynungen iſt fte erfuncken durch die Mey⸗
nung / und doc indie ftille Ewigkeit kommen. Wir verftchen
aber dieſe Seelen / welche alfo in ihren Meynungen haben nach
dem Reiche Gottes geimaginiret, und nicht des Triegers Seelen:
Die ihren Nutz und Wolluft darinn gefucchet habenjdiefelben find
alle bey dem Antichrift zu huren / denn fie find ihme mit Eyde
verbunden /umd ob fieimhölifchen Fewer bey ihme figen zu hu⸗
ven / noch dennoch heuchlen fie ihme / und laͤſtern GOtt / als thäs
fe er ihnen Unrecht.
25. Denn was die Seele alhier indiefer Zeit machet/darinnen
fie fich verwickelt / das fiein ihren Willen nimbt / daßelbe nimbt
fie is ihrem Willen mitte/ und Fan deffen nach Aenderung des
Leibs nicht log werden / denn fie hat hernach nichts mehr als dafz
ſelbige: Und wenn fie gleich in daſſelbige führer / und en
u
Eip.ız. des Menfchen. 219
und fuchet mit Fleiß / foiftesnurkine Auffwickelung deſſelben
Wefens/und muß fic die arıne Seele alfo genügen laffen: Allei⸗
ne in Zeit deß Leibes Eanfieein Ding/das fie in ihren Willen hat
gewictelt/wieder zerbrechen/ das ſtehet hernach als ein zerbrochen
Kad/ das zerbrochen und nichts nuͤtze iſt / und darein gehet keine
Seele mehr/ fie fuchet auch nichts mehr darinnen.
26. Alfo fagen wir euch / das die Antichriftifche Seelen nach
Zerbrechung deß Leibes nicht die Thür Chriſti ſuchen / denn fie
wiſſen auch nichts davon) fie wiffen nur von deine / was fie ale
hier eingefaffet Haben / in dieſelbe Meynung erfinden die See⸗
fen in tieffeften Grund / vieltieffer als fie ihn hie gefaffet haben:
Denn was in derfelben Meynung in Bielen erfand wird / was
ihrer Biel oder Alle in derſelben Meynunge wiffen/das weiß die
Seele alleiner Denn hie iſt fie ein Leib mit allen denen /die derfel>
ber Meynungen feynd/und haben ein Her in vielen Gliedern / da
ein jedes fein Geſchaͤffte treibet: Das ſtehet alfo biß ins Gerich⸗
te Gottes / der wirds hernach ſcheiden; da denn alle Gefchlechte
auff Erden vor ihme heulen und weinen werden / wenn ſie wer⸗
Der erkennen den jenigen Richter / dehn fte alhier verachtet
haben. j
27. Höre du verfluchter Antichriſt was wiltu antworten,
daß du die Bölder vom Glauben an GOtt / und von der Recht⸗
fertigung des $eidens und Sterbens Jeſu Chriffi haft abgefüh-
ret indeine betriegliche Gleißnerey / in Meynungen / nur mb
deiner Hoffart und Ehre willen/ und umb deines Geitzes wil⸗
fen? Duhaft fte beredet / daß fte fich auch mancher in feiner Ju⸗
gend und Unverftand/dirhaben verpllichtet: Was haſtu gethan?
Sihe / das haſtu gethan / was Chriſtus zu den Dharifeern faget?
Wehe euch Phariſeern: die ihr Sand und Waſſer umbziehet /
biß ihr einen Juden und Juden-genoſſen machet; und wenn ihr
dehn gemachet habt / ſo machet ihr ein Kind der Hoͤllen aus ihme /
zweyfaͤltig mehr als ihr ſeyd: Das thut auch der Antichriſt.
28. Man meynet / man ſey jetzt vom Antichriſt im Teutſch⸗
lande außgegangen mit dem Streiten: Aber es iſt noch nicht:
Denn die den Antichriſt jetzt verfluchen / und ihme ſeine Schan⸗
de unter Augen ſtellen / ſind auch aus des Antichriſts Baume ge⸗
wachſen / und ſind des Antichriſts Baͤren und Woͤlffe / die ihn
außſaugen und ſreſſen / denn der Geiſt dieſes Principii hat fiedas
geheiffen: Sie müffen das thun / denn fie find eine Pofaune uns
fer den fieben Engeln in der Offenbahrung: Aber fie blaſen in
ein Horn! une ſchallen / dag ſich die 7— beweget: Aber —9—
* er⸗
220 Vom dreyfachen Leben Fap.ız2;
derſelbe Donner wird hernach folgen / ſo wird das Geheimnus
des Reichs Gottes wieder offenbahr / und thut ſich unſer Gna⸗
den⸗Thuͤr in Chriſto wieder auff / welche der Antichriſt verſte⸗
gelt hat / denn er wird in Abgrund geſtuͤrtzet / mercke diß.
29. Die Meynungen umb den Kelch und Perſon Chriſti / die
jetzt in Teutſchland gehen / ſind auch aus dem Antichriſtiſchen
Baume gewaͤchſen / und ſind des Antichriſts Kinder / die er fein
ſubtil einherfuͤhret: O wie iſt der Teuffel ein Kuͤnſtler! werdet
ihr nicht die Augen auffthun / ſo waͤrets biß ans Ende.
30. Es wird dem Einfaͤltigen geſaget / daß er die Augen auff⸗
thue / und fehe doch nicht auff Meynungen: Es ſtecken lauter
Kesereyen in Meynungen: Und der da gleich in feiner Mey⸗
unge eyfert / und in der Meynung zu GOtt eindringet/ und
alfo GOtt und Himmelreich erlanget/ der hat doc, einen
Schwantz vom Antichrift an ihme hangen: Dennerenfert über
andere / undläftert und verfolget Die / die feiner Meynung nicht
fennd. Das merdet ihr Fürften und Obern / laffet euch nicht
verführen: Treibet die Schrer in die Kirchen / und heiffet ſie den
Willen Gottes aus feiner Kiebe lehren / und machet fie nicht zus
gewaltigen Herren: Geſtattet ihnen nicht Aufffüge zu machen /
denn fie bangen fonft dem Geige an / denn in jedem Geitz
ftecket der Antichriſt machs wie du wilt / du haft ihn am
Halfe.
32. Schet zu ihr Fuͤrſten / daß ihr Männer höret / welche
aus GoOtt gelehret ind / und nicht alleine aus Kunft: Dennis -
groffe Kunſt iſt und nicht ein demüthig Herkezu GOtt genei⸗
get / das nichteigene Ehre ſuchet und den Geitz / da iſt der aller>
gewiffefte Antichrift: Denn in der Kunft ſtecket Hoffarth und
eigene Ehre / diewildie Welt regiren/ und viel haben / denen
trawet nicht / fie find nicht Ehrifti Hirten.
32. Werdet ihr nicht folgen deme/ das euch geoffen-
bahret wird / fo wird der legte Antichriſt ärger ſeyn alß
der erſte und wird darzu Fommen/ daß ihn die Welt
wird imuͤſſen auff einen Hauffen in Abgrund werffen /
welches ihnen Danielund die Offenbahrung genug zeis
get / und wie wir aucherfandt haben] dagesihnen al:
fo gehen wird: Dennfie find jest ein Befem und Ruthe
über den alten Antichrift ihren Groß: Batter: Aber
cin anderer komt / der fie auch guͤrten wird / und ihmen
die Wahrheit darstellen.
| | 33. Mer⸗
Eup.r2. des Menſchen. 22:
33. Merdet es ihr Kinder Gottes / das ift ein Zeichen des
legten Antichrifts: In feinem Reiche und Meynungen ver-
läugnet man den Leib und Blut Eyrifti/ im welchem wirin
GOTT gebohren werden: Hebet euere Haͤubter auff / und ſehet
doch / denn ewere Erlöfung nahet ſich: Laſſet euch nicht alfe
führen und wiegen: Sehet nicht alfo mit frembden Augen / thut
ewere eigene auff / und flichet vom Antichrift in Geift Chrifti:
Es iſt nicht mehr alß ein einiger Weeg in Chriſti Reich einzu⸗
gehen / der ift alfo gethan.
Eine forte.
Der Weeg durch diefe Welt in GOttes Reich /
wie man dehn wandeln foll.
34. Hr müffet aus ewerer Vernunfft aus dem fleifchlicher
$ Geifte aufgehen /undewere Hergen/ Sinnen und Ge—
muͤthe gänslih in Gehorfamb Gottes einführen/ und ewren
MWillenin Gottes Willen ergeben / Eeine eigene Weege durch die
PBernunfft tichten / oder fragen / wo ift Chriftus ? Richtet ewren
Weeg in Ehrifto / und dencket gewiß / daß er in ewrem Hertzen
iſt: Ergebet euch deme in groffer Demuth / werffet alleewer
Thun ımd Fürhaben in feinen Willen und Gefallen/ und dencz
ket anderſt nicht / als daß ihr alle Zeit und Stunden vor dem kla⸗
ren Angefichte Gottes ſtehet / und Ehriftus in euch auff dem Re⸗
genbogen zur rechten Gottes fige: Und dencket | dag ihr alle Au-
genblick vor der H. Dreyzahl ſtehet: Daß GOTT / dic heilige
Dreyzahl ewres Hergens Abgrund immer prüfet und ficher >
Und dencket / dag ihr in feinen tieffen Sinn noch Forſchen wollet
eingehen / alg nur blog in feine Siebe und Barmhertzigkeit:
Auch fo dencket / dag ihr nimmermehr wollet davon aufgehen?
fondern Ewig alfo darinnen bleiben.
35. Und denn zumandern dendet / dag ihr GOTT den hoͤch⸗
fen Wolgefallen thut / wenn ihr ewre Brüder und Schweftern
in diefer Welt / wer die find / weß Nahmens oder Meynung fie
find / mit ewrer Liebe fuchet / und in ewre Herken einfchlieffet/
für fie Helffet betyen / und ihnen mit dem Teuffelringen: Sie
auch / fo es ſeyn kan / ſein demuͤthig unterrichtet; So fie dag
aber nicht wollen annehmen / fo ziehet das Roͤcklein Chriſti an /
und gehetihnen mit gutem Erempelvor ; Seyd ihnen dienſtwil⸗
lig / vergebet ihnen / fo ftecuch beleidigen: Wenn fie euch ſchel⸗
ten / fo ſeegnet ihr fie: Wenn fte N euch thun /
3 ihr
222 Vom dreyfachen Leben Eap.ız,
ihr das nicht in Gutem zu wenden und ihnen zu entfliehen / fo laſ⸗
fets fahren / und dendet / daß ihr alhier nur Säfte ſeyd: Entzie⸗
het ewre Liebe Niemand / dennewer GOTT / in dene ihr lebet/
entzeucht fich Niemand / der ihn nur fuchet und begehret : Send
swillfartig dem Wiederſacher / wenn er fich dermahl eins bekeh⸗
ret: In Handelund Wandel habt Gerechtigkeit lieb / dendet/
daß ihr ewer Werde GOTT treiber: Wir müffen in diefer
Welt in dieſem muͤhſeeligen Jammerthal mit Werben und
Wercken umbgehen/ wir follen nicht in $öcher / Elaufen und
Windel kriechen / denn Chriftus fpricht: Laſſet ewer Liecht
leuchten vor den Menfchen / dag fie ewren Vatter Jreifen in ew⸗
ren erden: Thut alles von gankem Herken in reinem Ge—
muͤthe: Dencket / dag ihrs Chrifto thut / und dag es Ehrifti
Geiſt in Euch. thut: Seyd alle Stunden bereit und gewärtig
tes Brautigams: Gebet ewrem Herken Feinen andern Raum /
irgend auff eine andere Meynung zu finnen oder zu forfchen :
Biel Wiffenift euch Eein nuͤtze / lerne ein jeder fein Werck / damit
er ſeinen Leib nehret / er ſey ein Oberer oder ein Laͤye.
36. Der Obere lerne Gerechtigkeit / und das Falſche von den
Reinen ſcheiden / denn er iſt Gottes Ambtmann: Was er thut
und richtet / daß richtet er GOTT / und GOTT durch ihn. Der
Laͤye ſey demuͤthig und ſittig vor Gottes Ordnung: Geſchiehet
ihme Unrecht mit Gewalt / und dag es nicht mag anderſt ſeyn /
der dencke / daß er Unrecht leide umb der Waͤhrheit willen daR .
es ihme in Chriſto vor GOTT eine groſſe Ehre iſt.
37. Stellet euch in allem ewren Weſen / Wandel / Handel
und Thun allezeit das Gerichte Gottes fuͤr Augen / und dencket
ja / daß ihr alhier unſchuldig lebet: Denn dieſe Zeit iſt kur:
Ihr ſtehet alhier in einem Acker im Wachſen: Sehet zu / daß
ihr eine gute Frucht Gottes werdet / an der alle Engel und
Himmels: Heer einen Wohlgefallen tragen: Traget auff Nies
mand feinen Haß / denn wer Haß traͤget / der lädetden Zeuffel
jur Herberge ein: Seyd nüchtern und maͤſſig: Laſſet euch nicht
diefer Welt Sucht übereplen / umd obs geſchaͤhe / foverharret
nicht Darinnen/ Gehet alle Stunden auffem Tode ing Leben:
Ereußiget euch felber in rechter Buffe und Umbkehrung von dem
SBöfen.
38. Wan man euch ſchmaͤhet umb ewerer Gottesfurcht wil⸗
len / und euch uͤbel nachredet / und ſie daran luͤgen / ſo frewet
ech zum hoͤchſten / daß ihr. würdig ſeyd werden / umb Chriſti
dehre und Ehre willen Schmach zu leiden: Wenns euch *
gehe
Eup.ı2. des Menfchen. 223
schet / fo zaget nicht / dencket / dag ihr in Gottes Willen feyd/
Er wird euch wicht mehr laffen aufflegen alß ihr tragen möget :
Bender ewre Augen vom Geige / von Hochmuth und Pracht /
gaffet ihnen nicht gerne nach / daß ihr nicht gefangen werdet :
Denn der Teuffel ftellet feinen Vögeln mit Pracht und Hoch»
muth / gehet nicht in fein Nege: Seyd allezeit fürfichfig und
feinmahl fihers Denn derfelbe Vogelfteller gehet ſtaͤts umb
euch / und fihet wo er Einen fangen mag.
39. Wo man ehrliche Leuthe ſchertzet / da gehet nicht zu / machet
euch nicht theilhafftig ihrer Laſter / laſſets nicht zu ewren Ohren
ein / daß der Teuffel nicht ewre Hertzen mit Lachen der Thorheit
kitzele und ihr alſo inficiret werdet. In ſumma, ergebet euch GOtt
in Chriſto / und betet GOtt den Vatter im Namen und auff die
Verheißung Chriſti an umb ſeinen H. Geiſt. Begehret dehn auff
Chriſti Verheiſſung / fo empfahet ihr ihn / denn er iſt warhafftig /
Der es verheiſſen hat / er leuget nicht / ihr bekomt ihn gewiß: Nur
ergebet euch ihme zaͤntzlich / das iſt das groͤſſe ſte und fuͤrnemeſte /
ſtellet alles in ſeinen Willen / wenn ihr dehn habet / der lehret
euch wohl / was ihr thun und laſſen folletz Er lehret euch reden/
er gibt euch Muth und Verſtandt / wie ihr euch halten ſollet:
Sorget nicht umb das thun / wie ihr mit Leuten thun ſollet / fen⸗
dern befehlet ihm cwer Thum / er wird wohl in euch thun / was
GOTT gefaͤllet: Und ob er eyferte und Fewer vom Himmel
vom HERRNHERRN braͤchte über die Gottloſen / fo ifts
ihme alfo gefällig / denn der Gottloſe hat das erwecket.
40. Gehet nur einher in Gottes Krafft /ſo iſt alle ewer Thun
GOTT wolgefaͤllig: Denn daß ſich einer auff die Roth feines
Feindes wehret ohne andere Begierde / iſt GOTT nicht zuwi⸗
der: Denn weme ſein Haus brennet / der leſchet es: Hat er
doch Iſrael erlaubet ſich zu wehren: Wer einen Krieg anfaͤnget
und urſachet / der iſt des Teuffels Ambtmann: Denn alle Kriege
treibet Gottes Zorn / darinnen der Teuffel wohnet: GOTT
hat keinen Krieg geſtifftet / denn er ſchuff uns in der Liebe / dar
wir folten im Paradeis in freundlicher Liebe beyſammen feyn ;
alg vie lieben Kinder; aber der Teuffel mißgoͤnnete uns das /
und führete unsin Geift diefer Welt/ welcher Kriege und alles
Ubels im Zorne Gottes erwecket / dag wir uns felber feinden und
ermorden,
41. Dieweil wir denn in diefem Jammerthalalfo mit Fein
den umbgeben find / und unter citel Dornen und Difteln wach»
fen / fo mögen wir unfer wohl warnehmen: Denn wir ſollen
84 um
224 Vom dreyfachen Seben Cap.ı >.
uns auch vor dem Feinde hüten) dehn wir im Bufen tragenjer ift
der ärgefte/ald unfer Gemuͤthe mitden Sinnen:Der Teuffel hat
auch fein Raub-fcylog darinnen / undgehöret groffe Mühe dar-
au / denſelben außzutreiben: Er ſchlupffet offte in unfer Gemuͤ⸗
she / und führet uns auff einen gleiſſenden Weege / dag wir mey⸗
nen / wir ſind in GOTT / unfer Weeg ſey recht / da ſollen wir
ſtats den Probeſtein bey uns haben / dus iſt / dic ho.dfeclige Liebe
gegen GOTT und Menfchen. v
42. Wirfollennichtfelber einen Wolgefallen an uns tragen)
ſondern alfo wandeln / dag GOTT und Menfchen wegen unft-
zer Tugend einen Wolgefallen an uns tragen: Und wenn wer
alfo wandeln in Gottes Liebe und Gerechtigkeit / und im Ge⸗
horfamb des Glaubens / fo zichen wir Ehriftuman / der feet
uns auff die ſchoͤne Perlen:Erone/ alß nemlich die Crone My-
fterium Magnum : Er frönet ung mitfeiner Weißheit / dag wir
feine Wunder erkennen die wir zuvorhin blind darinnen wa⸗
zen / als es diefer Hand auchergangen / welche vor der Zeit der
x0. Zahl / da fie noch in Einer war / fo einfältigin den Myfterien
war / alß der allergeringftes Aber wie das Gold durchs Fewer
muß bewäret ſeyn / alfo ift es ihr auch ergangen: Es hat an
Puttefaction nicht gefehlet: Ein jeder wolte das einfaͤltige Kind
mit Fuͤſſen tretten/ da ihme zum erſtenmahl ein Kraͤntzlein aufs
geſetzet ward. O welche groſſe Muͤhe hatte der Teuffel / ob ers
möchte beſudeln / wie geſchaͤfftig war er! daß / ſo ich mich beſtn⸗
ne / nur groß verwundere / und billich GOtt dancke / der mich
erhalten hat. O wie trachtete er / daß er moͤchte das Craͤntzlein
zerreiſſen! Wie hetzete er bey dem Antichriſt an / daß er dieſe
Hand verfolgete / daß ein jeder ein Grewelfolte darob haben.
43. Aber es gieng dem Teuffel wie mit Chriſto / da er an den
Phariſeiſchen Antichriſt ſetzte / daß ſte Chriſtum ereutzigten:
Da dachte der Teuffel / er iſt ja weg / ich werde nun wohl Friede
vor ſeiner Lehre haben / welche mir mein Reich zerſtoͤret hat / al⸗
ſo auch alhie; Aber er erweckte erſt den ernſten Sturm damit:
Chriſtus ſtuͤrmete ihme die Hoͤlle / und nahm ihn gefangen in
Zorn / alſo auch mit dieſer Hand wird ihme erſt fein
Rauchloch auffgemachet / welches er nicht wird koͤnnen
wieder zumachen / biß in ſein Gerichte: Schreiben wir
Dem Leſer zu einem Exempel / dag er wiſſe / was er auff die—
ſem Weege zu gewarten habe / anders nichts / alß Spott und
Verachtung.
44.Doch
Cap. 3. des Menſchen. 225
44. Doch ſeyd nur getroſt / ihr lieben Kinder GOttes / helf⸗
fet nur getrewlich und ritterlich ringen: Denn wir ringen
alle in dieſem Leben und eine Engels⸗Krone / welche Her Lu⸗
cifer auff feinem Kopff hatte: Solte der nicht zörnen / der fand
und Königreich verlohren hat/ ſo ein anderer komt und nimbt
ihme feine Erone / und ſtoſſet ihn zu boden / und haͤlt ihn gefan=
gen ? Ninget nur getroft/ ihr lieben Brüder Ehrifti/ es ift
umb eine £leine Zeit zu thun/ fo haben wir erlanget Scepter
und Eron: Beſſer ein Herr / alseingefangener Knecht: diefer
Welt Leiden / ſo es je ſeyn foll/ ift nicht wehrt / daß es ein Leiden
genant wird / gegen der groſſen Herrligkeit / die an uns ſoll of⸗
fenbar werden: Wir ſtehen alhier zwiſchen Himmel und Hoͤlle
in einem Acer: Entweder es wächfet ein Engel oder Teuffel
ausuns/ Weme nun das Himmelreich beliebet / und gerne ein
Engel ſeyn wolte/ der mag wohl acht auf fich haben: Esift
balde umb einen Menfchen gefchehen: Du hatt frenen Willen 7
wo du hingeheſt da biſtu / was du ausfäheft / das erndteſt du
ein/ das lag dir gefagt ſeyn.
Das 13. Capittel.
Bon Ehrifti Hochwuͤrdigen Teſtamenten / dag fiböne
Derlen-Erängleindes edlen hochthenren Steins My-
fterii Magni und Lapidis Philofophorum , da die
Anticheiftifche Kirche umb tantzet / und den
immer firchee / aber nicht auff rechtem
Grunde und Stelle.
3. N dieſem Steine ligt verborgen / was GOTT
und die Ewigkeit / darzu Himmel / Sternen und
Elemente haben md vermögen: Es ift kein beffe-
* rer noch koͤſtlicherer von Ewigkeit je geweſen / als
eben dieſer / und der wird dem Menſchen von
GOTT angebotten und geſchencket / es mag ihn ein jeder haben /
wer nur wil / er iſt in alberer Geſtalt / und hat die Krafft der
gantzen Gottheit in ſich. Chriſtus ſpricht: Ich habe Waſſer
des ewigen Lebens / wehn da duͤrſtet / der komme zu mir / und
trincke es umbſonſt / es wird ihme in einen Brunn des ewigen
Sehens auallens; Und der das trincket / dehn wird nimmermehr
duͤrſten.
85 2. Chris
226 Vom dreyfachen Leben Capırz.
2. Chriſtus beut uns an ſein Fleiſch zu einer Speiſe / und
ſein Blut zu einem Trancke / wir ſollen ſein Fleiſch eſſen / und
ſein Blut trincken / ſo wil Er in uns bleiben / und wir ſollen
in Ihm bleiben / wo Exiſt / da follen Wir auch ſeyn / wohl hie
und dort / denn er wil alle Tage bis an der Welt Ende bey uns
ſeyn: Er wil uns als ſeine Kinder nicht Waͤyſen laſſen: Wie
ein Batter für feine Kinder forget / alſo ſorget er für uns: Und
wenn gleich ein Vatter fein Kind werliege/ fo wil er uns doch
nimmermehr verlaſſen / dennerhat uns in feine durchgrabene
Hände gezeichnet / und in feine hohle Seite genommen / daraus
Blut und Waſſer rann / deme follen wir glauben und vertrawen/
wie uns feinthewres Wort hat zugeſaget / erift ver Mund der
Wahrheit / und kan nicht fügen.
3. Albie du werthe Ehriftenheit / thue dein Gemuͤthe auff /
und laß dich die Vernunfft / welche auſſer GOTT iſt / nicht
ärren. Bedencke diß wohl: Wir wollen euch den rechten Grund
und Zweck zeigen / ohne Tand und Meynungen: Wir wolleng
euch gant rein ohne Flecken und Mackel darſtellen / und nur das
zeigen / was Chriſtus iſt: Wir wollen keinen Zand von Mens
ſchen ertichtet darein führen / jemandes Meynunge zu gefallen:
Bir wollens auch nicht vonder Welt Ausftreichen nehmen, wie
ſie das gloßieret Wir wollen reden / was ung geoffen-
bahretift aus dem Munde Chriſti / und was feine Teftas
mente im Weſen ſeynd: Denn diefes iſt das Kleynod / der edle
Stein / da die Kirche zu Babel uinb tantzet / darumb dag fie
Kriegund Verfolgunganrichtet: Wie gar viel Schmäh- und
Schand-Bücher find darumb geſchrieben worden: Das ift der
zechten Ehriftlichen Gemeine Kleynod : Als diefes die Römifche
Kirche verlohr / fo ward eine. Babel aus Ihr / und wid, der
Geiſt OOttes von ihr / und wandten fich die mächtigften Sander
gegen Morgen? Mittag und Abend von Ihr / denn die Offen-
bahrung fagte ihnen das: Wirſtu nicht in meiner Siebe bleiben/
fo werde Ich dir kommen / und deinen geuchter wegftoffen / das
geſchach alfo.
4. Europa behielt den Namen vom Kleynod / umd Afıa die
Farbe / die Tugend aber blieb beyden verfiegelt / denn fie waren
beyde davon ausgegangen / fie giengen nurim Finftern tappen:
Sie wurden fett/ ftolg und prächtig / und wolten des Kley«
nods Her ſeyn: Sie ſuchten damit MenfchensTage / große
Ehre und Herzligfeit : Sie baweten ihnen ein glängend und ir:⸗
diſch Reich darauff / wie das ander Roͤmiſchen Babel zu ſehen *
Cap.r3. des Menſchem 227
das thaten fie als Bleifiner / dag fie von der Gemeine wolten
gechretimdin großen Würden ſeyn: Was ihnen Paulus und
die Apoftel hinterliegen/ daß die Gemeine folte in Andacht und
in der Siebe bleiben / und die Aelteften / welche wohl vorftchen/
zweyfacher Ehren wehrt halten (melches in der Gemeine recht
fund denen zuthun / welche wohl vorftumden ) das nahmen fie
für fich felber in eigene Macht in Zwang / man mufte es ihnen
thun / und ob ſie das gleich nicht werth waren: Und ob fie fein
ander Schwerd füglich brauchen durfften / fo macheten fie ihnen
doch ein falſch Schwerd als den Bann / das folte ihrer Heilig»
keit Andacht feyn / dag fie Ja nicht Blutrichter waͤren / wie die
Pharifeer auch / welche Ehriftum Pilato uͤberantworteten / alfo
thun fie auch Sie find zu andachtig im Schein / aber ihr Herke
iſt ein Teuffel : Sie hegen die Obrigkeit über ihren Teuffels⸗
Bann! die muͤſſen ihre Nachrichter feyn / und das exequiren/
was ihr Teuffels⸗Hertze befihloffen hat.
5. O Ihr thewren Fuͤrſten / thut ewre Augen auf: Ewer Ambt /
ſo ihr das recht fuͤhret / iſt doch in der Natur gegruͤndet / aber
ihr Tand nicht / werdet nicht ihre Nachrichter: Sehet mit eueren
Augen / ihr ſollet und muͤſſet an jenem Tage Rechenſchafft von
euerem Ambte geben: Laſſet euch nicht ohne Augen fuͤhren / ihr
follet ſelber ſehen / ihr ſeyd das rechte Haubt der Gemeine / euch
werden Chriſti Schaͤfflein vertrawet: Die Prieſter ſeind nur
Aelteſten in der Gemeine: So die recht und wohl vorſtehen /
und der Gemeine mit guter Lehre / Leben und Exempel vorgehen /
ſo ſol man ſie ehren / als die Aelteſten in der Gemeine Chriſti:
Nicht ſind ſie uͤber die Gemeine Herren / ſondern Diener der
Gemeine: Sie ſollen den Geiſt Chriſti haben / und die Gemeine
ſeegnen: Und die Gemeine ſoll ſich mit ihnen in eine Siebe / in
einen Willen begeben / und alſo miteinander bethen / ſingen / und
von EHttes Siebe und Wundern reden / daß es alſo ſey ein Geiſt /
ein Hertze / in einem Willen / dag alſo dem Schwachen mit deß
Starcken Gebethe und Glauben geholffen werde.
6. Die Gemeine ſoll ihre Ohren zu der Rede der Aelteſten
wenden / welche ſtarck im Geiſte find / und ſollen mit Begierde
das Wort des Geiſtes annehmen: die Aelteſten ſollen ſanfft⸗
muͤhtig lehren / und mit der Gemeine umbgehen / als emit ihren
Kindern / fie fein zuͤchtig in Lehren und Strafen mit Vermah⸗
nen unterweiſen: Sie follen nicht Pisfündige Herken in die
Gemeine bringen? Laͤſterungen auszufchütten wider die Kin=
der der Schwachen! auff daß das a = ap forcht ſam a
| t
u.
228 Vom dreyfachen eben Gap.ız)
Deraberdie Gemeine Chrifti verachtet/ und vom Chriſtlichen
Weege abweichet / den follen fie privarim warnen und vermah⸗
nen: Wilernicht/ fohaben fiedes Geiftes Bann / dag fie ihn
in die Höllein GOttes Zorn binden) dag der Sathanfein Herke
Eriefche / big er umbkehre: Denn die Gemeine hat einen groffen
Sewalt in Ehrifto : Siehat den Schlüffel auff und zu zufchliefz
fen ; Aber wie forne bemeldet / nicht hat die Gewalt der Priefter
alleine Rein / er hat die nicht alleine / denner iftnurein Diener
Der Gemeine: Derallertleinefte/ fo er glaubig ift/ hat ſo viel
Gewalt im Bann / alß der allergröffefte / denn wir find alle
Glieder am Leibe Chriſti: So ihn der Eleinefteaus der Gemei-
ne ausfchleuft in Bann / fo er deß ſchuldig iſt / fo ift er in der
Gemeine Bann; Aber foihmelinrechtgefchihet/ fo ift der im
Bann) der ihm Unrecht thut / der ihn beleuget.
7. Darumb ſehet zu Ihr Aelteſten / was ihr thut: Machet
Die Gemeine Chriſti / welche Chriſtus mit feinem Blut thewer
erkaufft hat / nicht läftern / ihr ſeyd fonft auch felbft im Bann
und auffer der Gemeine Chrifti. Forfchet und fehet zuvor / che
ahr richtet / weß Geiſtes Kind der ſey / denihr richtet: Prüffet
feinen Geift zuvor / denn mancher eyfert mit Unverſtand / den
anterrichtet / und nehmet ihn auff: Ihr wiffet nicht / was der
Geiſt GOttes einem jedengibt/ denn er hatviel Gaben : Rich⸗
ter allesauffden Weeg der Liebe: Pochet nicht /feyd nicht wilde
und ftörrig: Unterrichtet den albern in Demuth / daß er auch
feine Luſt in Die Gemeine feße : Denn folche find die Apoſtel
Chriſti euere Borfahren geweſen / alſo haben fie gelehret/ und
ins unferiwiefen mit guten Exempeln / Lehren und
Jeben.
8. Wenn fie (die erften Ehriften) find zuſammen gekommen
amd haben des HErrn Wunder verkündiget / und alfo mit einem
inbrünftigen Beifte bey einander gefeffen: So haben fie nach
der Bermahnung des HErrn letztes Abendmahl / wie ers ihnen
vefohlen hatte ausgetheilet/ haben das Brod genommen und
gebrochen/ und das gegeſſen / und dardurch und hiermit den Todt
des Hrn verkündiget: Defgleichen haben fie den Kelch ge—
nommen / und daraus getrunken / und fein Blutvergieſſen
werkündiget/ und je einer zum andern geſagt: Nim hin umd ig
den Leib des HErm / welcher am Stamme des Creutzes ift für
uns gegeben worden: Desgleihenthäten fie auch mitdem Kel⸗
che / nahmen den in ihre Handt/ und truncken daraus: Denn
Br Oberſte der Gemeine fieng das an / und fprash zu a‘ an-
ern;
Cap.t3. des Menſchen. 229
dern: Nimb hin den Kelch / und trinck das Blut Chriſti unſers
HErrn / welches er am Stamme des Creutzes hat fuͤr uns ver⸗
goſſen zur Vergebung der Suͤnden / und verkuͤndige ſeinen Todt
und Blutvergieſſen / biß er wiederkomt zum Gerichte / und uns
zu Ihme einfuͤhret.
9. Dieſes / ihr lieben Chriſten / iſt der rechte Apoſtoliſche
Brauch geweſen / und iſt auch das letzte Abendmahl Chriſti alſo
geweſen: Denn als Chriſtus ſeine Juͤnger hatte unterwieſen
und gelehret / fo fieng er nach dem Abend=effen / als fie das
Oſter⸗lamb hatten geffen / das rechte Oſter-lamb⸗eſſen an / und
gabihnen das Ofter-lamb zueffen / deßen das erſte (bey Mofe
eingefeget) nur cin Bild und Schatten war: Dennergabihnen
feinen Hunlifchen geib zu eſſen und fein Himlifhes Blut zu
trincken / weldes er in Marien $eibe indie ewige unanfangliche
Hühlifche Jungfraw GOttes / in die reine züchtige / ohne Macs
kel und Weſenheit hatte eingefuͤhret / und aus ſeiner Mutter
der irrdiſchen Marien hatte angenommen.
10. Du muſt diß hoch verſtehen: Er gab feinen Juͤngern
nicht das irrdiſche Weſen / welches an Chriſti Leib nur anhieng /
in deme er den Todt erlitten / welcher verſpottet / verſpeyet / ge⸗
geiſelt und getoͤdtet ward / mit deme haͤtte er ihnen das toͤdtliche
Fleiſch gegeben; Sondern er gab ihnen feinen Heiligen Leib }
fein Heiliges Fleiſch welches mit am Stamme des Ereußes
hieng in dem tödtlichen Wefen: Und fein Heilig Blut / wel⸗
ches mit vergoffen ward unter dem tödtlichen/ alg ein unfterbli-
ches Fleiſch und Blut / dasdie Jünger empfiengen inihren Leib /
welches der Seelen angezogen ward / als ein newer Leib aus
Chriſti Leibe: Damit wurden die Jünger Chriſti fähig / und
waren Glieder anfeinem Leibe. Nicht foltu dig verftchen / dag
die Zünger Ehrifti haben ein Stüd vom Auffern Leibe Chriſti /
alß vom irdischen $eibe bekommen / und ins Maul genommen/
und mit den auffern irrdiſchen Zähnen zerfauen und gerbiffen /
und in Bauch gefehlungen: Nein dig weiſet das aus / daß er ſaß
bey ihnen am Tiſche / und zerriße fich nicht am aͤußern Leibe.
11. Gleich wie die Gottheit in feinem Willen hat gefaſſet
das Bilde] das GOTT fhuff / in feine JZungfram feiner Wun⸗
der und Weißheit / und führete das Sleifch und Blur mit der
ewigen Tinctur, in welcher die Seele lebet / als das ewige
Sewer/ welches indie Gottheit nach der Wefenheit der Maye⸗
ſtaͤt greiffet / und fich davon fanfftiget / fuͤllet und ſtaͤrcket / aus
Maria in die Jungfraw / in —— Sandum ein / in
7 ‚gi
238 Vom dreyfachen Leben Cap.ız,
ſich das Wort darein ergab / als ein Leben / in die Tinctur der
Ewigkeit / und ward deſſelben Fleiſches (welches aus der Tin-
ctur deſſelben Seelen Fewers quall) ſein Geiſt / Leben und
Krafft: Denn der Geiſt war im Worte / und das Wort war
die Krafft / und aus der Krafft ſchien das Liecht der Mayeſtaͤt /
und hieng ihme das Reich mit der Krafft dieſer Welt an / als
auch ſein Eigenthumb / welches aus der Jungfrawen ſeiner Wun⸗
der und Weißheit aus dem ewigen Centro Naturæ war ausge⸗
bohren worden / und auch Maria darinnen ſtundt mit der aͤuſſern
Krafft und schen / mit dem aͤuſſern Fleiſch und Blut: Alſo auff
eine ſolche Weiſe hat auch Chriſtus Gottes wahrer Sohne / unſer
Bruder / ſeinen Juͤngern ſeinen Leib und Blut zu eſſen und
trincken gegeben.
12. Gleich wie GOTT in feiner Himliſchen Jungfrawen /
daraus die him̃liſche Weſenheit wird erſehen / und in des Fe⸗
wers⸗Tinctur Weſen bekomt / ein Weſen ift/ welches Weſen
GOTT mit dem Worte und Hertzen mit Einfaſſung der Tin-
&ur aus Marien Blute / in welcher die Seele wohnete/ mit
dem Verbo Fiat , alf mit der ewigen herben Marrice, faffete) und
mit einander ließ zu Fleifch und Blute werden / nach menſch⸗
Eicher Art und Weiſe. Verſtehet: Gleich wie fich die irrdiſche
Weſenheit mit der Weißheit als der ewigen Jungfrawſchafft
hat in die verderbte Tinctur und Matricem Mariz eingegeben /
darinnen das verheiffene Wort war / welches ſich mit in der
ewigen Wefenheit in die verderbte Tindtur eingab / und alfo
ein newer Menfch ward / derder irzdifhen Natur frembde amd
unbekandt war.
13. Alfo hat fich derfelbe newe Leib Chriſti / verſtehe der in»
nere Chriftus / welchen der auffere Menfch / der da fterblich
war / verdeckte unter Brodund Wein / alß unter einem irr⸗
diſchen Weſen in der Apoſtel Seelen Tinctur eingegeben / und
Ft in den Apofteln in der Seelen Tinctur Menſch worden / und
das iſt der newe Leib / dehn uns Chriſtus vom Himmel ge⸗
bracht hat.
14. Daß wan wir ung ihme gantz in feinen Willen in Gehor⸗
ſamb ergeben / und mit unſerm alten Willen aus uns ausgehen
in feinen Willen / und kommen in die Gemeine Chriſti und
begehren feines Fleifches und Bluts / mit allen feinen Woltha=
ten / fo gibter uns diefen geib und Blut zu effen und zu trincken /
den empfähet der innere Menfch aus GOTT gebohren: Denn
derſelbe Leib Chriſti it allweſend und allgegenwaͤrtig / erhält
das
Cap.13. des Menſchen. 231
Das andere Principium inne: Denn daß du wolteft ſagen / Chri>
ſtus fpeifet die Seele mit Geiſt ohne Leib / das iſt nicht wahr/ der
H. Geiſt inachet kein Principium , fondern die ewige Wefenheit/
in welcher der H. Geift wohnet / und alda ausgehet in eine For⸗
me der vicl Ag ach Kiga en ’ Darffelbe *
angene iſt die Jungfraw der reinen Zucht / als die ewige Weiß⸗
beit in welcher alle Wunder diefer Welt find von Ewigkeit er⸗
fehen worden. N
15. Berftchet uns recht und thewer: Diefelbe Wefenheit?
darinnen die Jungfraw GDttes ftehet/ hatte Adam an fich/ denn
der Geift diefer Welt war ihme darein gegeben worden und eine
geblafen : Aber die Eflentien waren Paradeiß / undgrüneten
durchs Element / welches die Weſenheit hielt/ und viefelbe
Wefenheitfiengder Geiſt diefer Welt in Adam in fich / in feine
Gewalt. Erftlich hatte die Himliſche Weſenheit die Gewalt }
hernach alt Adam zuruͤcke wandte mit feiner Luſt indie irrdiſche
fo kriegte ftedieirzdifche: Und das iftes / dag unfere verderbte
himlifche Weſenheit iſt iredifch worden: Darumb muſte GOtt
mit der himliſchen Weſenheit in uns Menſch werden / und in
der himliſchen Jungfrawen und im der irrdiſchen iſt GOTT
Menſch worden / und hat unſeren Seelen wieder die himliſche
Weſenheit angezogen / als feinen himliſchen Leib / aber unſer
irrdiſcher mu verweſen / aber der himmliſche bleibet ewig bes
ehen.
ß 16. Nun iſt nicht minder / wir ſind gefangene arme Suͤnder
mit dem alten Adam / in welchem der Teuffel einen Zutritt hat /
und gehen manchmal aus der ſchoͤnen Bildnuͤs aus: Verſtehe
die Seele wendet ihren Willen offt in den aͤuſſeren Menſchen:
So hat uns GOTT die Teſtamente geſtifftet / daß wenn wir
wieder zu ihm wenden / ſo gibt er unſeren Seelen wieder das
Newe Kleyd / als ven himlifchen Leib / er vernewret es / und
ſpeiſet es: Wer Chriſti Leib einmal bekomt / von deme weichet
er nicht / er verderbe ihn dan / wie Adam / allein er wird mit
dem alten Adam verdecket / darzu tritt er ins Myfterium, und
iſt der Seelen gar wohl möglich / davon auszugehen / daruuib
foll fie nicht ficher ſeyn / ſondern wachen.
17. Alfo wiffet: Ehriftus hat feinen Züngern feinen war⸗
hafftigen / allwefentlihen / ewigen / Böttlichen $eib gegeben
zu eſſen / undfein Blut zu trincken / daraus der heilige Geift
ausgehet: Undder innere Mund / der dehn empfieng / war ihrer
Scelen begehrender Wille + Denn Die Seele def u
hungere
237 Vom dreyfachen Leben ap.ız.
hungert und duͤrſtet immer von dem ſchwaͤren Falle nach ſolchem
Fleiſch und Blut / und ſie nahm das an als GOttes Kleyd / denn
die Seele iſt Geiſt / und darff Leib / da kriegte ſie Leib / einen
newen ewigen unzerbrechlichen Leib in dem alten Adamiſchen.
18. Alſo wiſſet / das Brod das Chriſtus ſeinen Juͤngern gab /
das nahm das Auffere Maul und gabs dem Bauch; aber das
Wort / da Ehriftus ſprach:Eſſet / das ift mein Seib/daffelbe Wort
war aus Chriſti ewigemLeibe / und hatte him̃liſch Fleiſch und Blut
an ſich: Das nahm die Seele an ſich als einen newen Leib:Alſo
waren auff einmal in der Hand Chriſti zwey Reiche / als ein
him̃liſches und irrdiſches. Aber du ſolt wiſſen / daß ſich das him̃⸗
liſche vom irrdiſchen nicht laͤßt faffen oder fort tragen: Denn
der himliſche Menfch / als der himlifche Leib Chriſtus / der in
dem aͤußern Chriſto war / der erfüllete zugleich auffeinmal und
in Ewigkeit die englifche Welt / als das ander Priecipium GOt⸗
tes / alfo daß auffer demſelben leiblichen Wefen fein GOTT er⸗
kandt wird/ denn die Krafft der GOttheit hat fich darinnen of⸗
fenbahret / und bleibet doch das aͤuſſere Bild ſtehen dag man
im Himmel die menſchliche Creatur faßlich und begreifflich ſiehet
ſtehen / in der Geſtalt / als er hie auff Erden war: Du ſieheſt
nichts mehr an Ihm / als die Mayeſtaͤt der Klarheit des lan
tzes / welche die gantze Welt erfuͤllet: Und wo nun die Maye⸗
ſtaͤt iſt da iſt Chriſti Weſenheit / denn das Hertze und Wort
GOttes hat ſich in die Weſenheit einvermaͤhlet: Wie du nun
denckeſt / daß das Wort uͤberal iſt / alſo iſt die Weſenheit deß
Worts Leib / wohl ohne Bildung: Denn die Creatur hat
alleine die Bildung.
19. Sihe ich gebe dir ein Gleichnus: Siehe / alle Ding
find aus dem Waſſer gefchaffen/ und in dem Waffer war alle
Krafft: Denn du findet / dag alles Waſſer hat/ wenns gleich
ein Steinift / fo ifts Waſſer / es fen Fleifch oder was eg wolle)
aber der Sulphur iſt darinnen mit Krafft der Natur / welche die
Weſenheit formet. Nun fiche) in der gantzen Tieffe iftnichts als
MWaffer / Lufft und Fewer / aus dendreyen wird Wefen/ als
Seiboder Erden: Run fiheftu ja wohl) daf Die einige Sonne
das urſachet / die iſt auch die Krafft und Mayeftät in dieſem ele=
mentiſchen Weſen: Es iſt alles der Sonnen / und begehret
alles der Sonnen / und die Sonne gibt mit ihrer Krafft das Re⸗—
giment.
20. Siehe / alfodendeim Gleihnüß: GOTT iſt die ewige
Sonne im andren Priasipio , verftche das Herke / en /
| Kate, Kraft
Cap. 3. des Menfchen. 233
Krafft und Maneftät/ und die Elemente Feuer und Waſſer und
Erden ſeynd GOtt der Vaͤtter / im Gleihnüß alfo geritet:
Run fiehetdie Sonne allda als ein Corpus,.das ſie denn auch ifr/
das bedeutet die Creatur Ehrifti 2 Und das ganse Weſen der
vier Elementen bedeutet die Weſenheit der Creatur / darinnen
der Sonnen Blanß leuchtet : Die Sonne dedeutet das Wort
und die Majeftät/und die vier Elementen bedeuten die Krafft
des Leibes / und den Batter/aus welchem der Sohn feuchtet.
21. Alfo wife / im Himmel ift überall des Batters Krafft /
und in der Krafft das Wort / und das Worthat Weſenheit / das
gehoͤret alles zu der Perſon Chriſti: Denn Chriſtus ſtehet in
feinem Vatter / ein Bilde / als wie die Sonne in den Elementen :
Wenn ſich GOtt wolte eröffnen / fo wäre die gantze Welt ein eis
tel Sonne/denn die Tieffe fühet ven Glang der Sonnen: Sonft
wo Fein folch Weſen in der Tieffe wäre als die Sonne ift/fo fien⸗
ge fie nicht das Liecht / alfo begehret fie nur ihres gleichen / alfo ift
es auch im Himmel,
22. Der Sohn iſt uͤberall im Vatter / und iſt Menſch worden:
Die gantze Heilige Dreyzahl ohne Ende und Weſen hat ſich in
einem Bilde / im Weſen offenbahret / und das iſt Chriftus / und
wir feine Glieder + Wir find Götter/fo wir in ihme bleiben x
Er iſt der Bruñ / unſer Liecht / und wir ſind ſeine Sternen: Er gibt
uns ſeinen Leib und Krafft / und ſeinen Glantz zum Liechte: Alſo
ſpeiſet er uns auff Erden / alhier im Abendmal / und wo wir das
begehren / mit der Krafft ſeines Leibes / und mit dem Geiſt aus
der Krafft / denn derſelbe iſt der Krafft-Geift und geben > Wir
empfahen die ganse Drepygahl : Die Weſenheit Hat Sulpkur „
verſtehe der Leib Ehrifti/das ift der Batter/ Sulphur ift des Vat⸗
. ters Eigenfhafft : Die Weſenheit iſt der Leib /und der Sulphar
hat Krafft/und in der Krafft ift des Schens $iccht/als eine andere
Perſon / und aus der Krafftim Liecht gehet der Ruch und Geiſt
der Krafft aus / und iſt der Krafft nicht faßlich oder haltlich / und
gehet doch aus der Krafft / das iſt der Heil. Geiſt SOttes.
23. Alſo verſtehet uns doch recht: Wir empfahen nicht im
Abendmal eine andere Creatur mit einer neuen Seelen / Nein /
fondern Chriſti Leib / der den Himmel erfuͤllet an unfere Seelen /
die iſt vorhin die ewige Creatur: Die Seele iſſet Chriſti Fleiſch /
und trincket ſein Blut / das den Himmel erfuͤllet und aus demſel⸗
ben / welches die Seele annimt und iſſet / waͤchſet ihr ein Leib / und
in demſelben Leibe iſt ſie in GOttes Hand / und kan am Ende
der Welt mit demſelben Leibe durchs Feuer des Zorns m.
i gehen
234 Vom dreyfachen geben Eap.ız.
gehen ohne FGühlung : Gleich wie daffelbe Feuer nicht fan Ehri-
ſtum in der Dreyzahlergreiffen /alfo auch uns nicht / denn das
Feuer empfähet von GOttes un unfererSanfftmuth die Sanfft⸗
muth / und wird in uns in ein Auffſteigen des Begehrens der
Liebe verwandelt / alſo daß unſer Feuer und Brennen in uns ein
eitel Liebe-Begehren iſt denn es wird zu einem Glantze der
Mapyeftät/und alſo find wir in GOtt und GVttes Kinder / Hal-
leluja, Halleluja, Halleluja.
24. Und alfohatsauch eine Geftalt mit der Tauffeder Kin
der: Gleich wie die Seele in zwey Dingen ſtehet Jalsin Feuer
und Waſſer / denn das Blut hat zwey Geftalten/als Sulphur und
Waſſer: Salphurgibf Tin&ur und Leben / denn es gibt Liccht /
Das ift ein Brennen aus dem phur „dasift Leben: Das phur iſt
geben / und das Sulift Liecht / und aus dem Liechte gehet Sanfft=
muth / das zeucht das phur wieder an fich/umd lefchet feinen Grim̃
damit/und das Anzichen machet die Sanfftmuth wefentlich/ das
ift Waſſer / und Mercurius machet darinnen das groffe Seben/ als
ein Leben im Waſſer / und Luna him̃liſch brütets/ dag es zıreineme
Liquor wird und zu Blut/ darinnen ift Centrum Naturz mit ſte⸗
ben Beftalten.
25. Nun ſehet / wenn der Saamen gefäct wird zum Kinde/ fo
wird die Tindturdes Feuers / alsdes Mannes Tinctut in Vene-
zis Tin&ur gefact/daraus wird ein zweyfach geben als ein Feuer⸗
Seelen⸗Leben / und in Venere cin Waſſer⸗Geiſt⸗Leben / das gehet
mit einander auff / und wird ein Menſch: Alſo ſind nun beyde
Tio&turen in Adam verderbet worden: Der Seelen Tin&ur fieng
GoOttes ewiger Zorn / darinne der Teuffel war / und des Geiſtes
Tin&ur fing der Geiſt Majoris Mundi, der Geiſt die ſer Welt / und
wurden beyde vom Teuffel gefangen / ſo ſich nicht hätte das Ver-
bum Domini, welches endlich Fleiſch ward / ins Mittel geſetzet.
26. Darumb hat GOtt durch Chriſtum zwey Teſtament auff⸗
gerichtet: Eines den kleinen Kindern in dem H. Geiſt / welcher
das Ambt treibet / der das Ober⸗Ambt fuͤhret in der Taufſe / und
machet in der Seelen Waſſer ein Waſſer des Lebens in ſeiner
Krafft: Und denn eines den alten armen Suͤndern / die es ver⸗
ſtehen / im Wort des Lebens / als im Fleiſch und Blut / da das
Wort/als das Hertze GOttes / das Ober⸗Ambt fuͤhret / und ſpei⸗
ſet ung mit feinem Leibe und traͤncket mit feinem Blute : Das
Zeftament mit Speife und Blut fichet in der Tinctur des Feuer⸗
Lebens / als der Seelen] zu / und das Teftament des Waſſers ſte⸗
het dem Geiſt⸗ Leben / als der andern Tinctur zu / und iſt doch nur
an
Eap.ız. des Menſchen. 235
ein Menſch / alleine der Teuffel trieb vor Chriſti Gebuhrt groſſe
Schalckheit mit den Menſchen / in dem er fte geiftlich beſaß / und
alhier ward ihme das Handwerck geleget / denn Chriſtus richtet
den Kindern ein Bad der Wiedergebuhrt im H. Geiſt zu: Deñ
ein Kind hat noch feinen Glauben / auch fo lernet mancher wenig
vom Glauben / daß doc alfo ein Teftament möchte den arınen une
verftändigen Menfchen erhalten. Nicht tauffet alleine der H.
Geift: Er führerdas Ober-⸗Ambt / und niit die Krafft vonder
Drenzahlidarmiter tauffet;s Bann der Tauffer fpricht : Ich
Zauffedih im Namen des Vatters / und des Sohnes / und des
H. Griftes/fo faſſet fich der H. Geift Inder Dreyzahl / und tauf⸗
fet in der Seelen Waſſer / im Waffer des Sehens / welches im
Blut der Tindtur ift/welches das Geiſt⸗Leben haͤlt / als das anzere
Centrum Natuiæ: Der Scelen⸗Geiſt empfaͤhet des H. Geiſtes
Krafft und Ambt / und alhier lieget Myſterium Magnum. Lieben
— zu Babel / tantzet doch nicht von auſſen alſo umbs My-
eilum. —
27. Gehet hinein / oder ihr ſeyd nicht Chriſti Diener: Koͤnnet
ihr das nicht ergreiffen / fo bfeibet doch im Glauben am Worte;
Wenn ihr aber fprecht/Chrifti Teftamente find nur Zeichen/und
nicht Weſen / ſo feyd ihr der Antichrift/und verlaugne t die Gott⸗
heit / und ſeyd des Ambts nicht faͤhig: Ihr koͤnnet kein Kind
tauffen/fondern die Gemeine Chriſti tauffet das) dic den Glau=
ben hat. Ein Schäfer oder Saͤuhirte tauffet beffer in feiner
Einfalt / (der da einfaltig glaubet dag das dag groffe Geheim⸗
nüs ſey / dadie H. Dreyfaltigfeit tauffe / und er nur ein Diener
ſey /der das äuffere Werck treibe ) als eben ihr / Ihr groffen
Schul- Rabbi und Meifter/ die ihr oben an fißet : Laſſets euch
ſagen / es kommt Einer hernach / der wird euch mit
Feuer des Zorns tauffen / darumb daß ihr feine Krafft
verlaͤugnet: Ihr habt einen ſchweren Biſſen an Chriſti Teſta⸗
menten: Werdet ihr nicht von euren Rathſchlaͤgen außgehen
in Tempel JEſu Chriſti / ſo muͤſſet ihr gar außgeworfſen wer»
den: Euerer waren vor altenZeiten viel / denn ihr zeuget euch ſel⸗
ber und nicht Chriſti Ambt / ihr ſeyd in Teutſchland duͤnne wor⸗
den : Da ihr 1000. waren / ſeynd derichtfaumxoo. Werdet
ihr nicht ablaſſen von Menſchen-Witze und Tand / ſo wird euch
Gott wegwerffen / daß wo ihr ietzt 100. ſeynd / werden euerer nicht
10. ſeyn / und noch weniger: Wachet auff von eurem Schlaffe /
daß iht nicht alſo hinunter ins Verderben fahret in a :
£
236 Vom dreyfachen Leben ap.ız,
Ihr ſaget / wir ſchertzen euch: Aber es iſt nicht ohne / es ſchertzet
cuch Einer / dehn wir kennen / der es ung zeiget: Er wird bald auff⸗
wachen / ſeyd nicht alſo ſicher / dencket deme nach / denn kein Menſch
nimt ihme etwas / es werde ihme denn gegeben / es wird auch
nicht vergebens geſaget.
28. O du liebe werthe Chriſtenheit / mercket doch: Saget doch
nicht / wird uns unſer Lehrer nicht recht führen / fo ſehe er dar⸗
umb zu: O Nein /es gilt euch / es koſtet Leib und Seele. Die
werthe Chriſtenheit iſt aus allen Apoſtoliſchen Orden oder Tu⸗
genden in Menſchen⸗Satzungen außgefuͤhret worden / und iſt in
Chriſti Reich ein Pracht-⸗Reich in Gleißnerey bey der Tauffe
und Abendmal gemacht worden : Man hat Ceremonien zuge⸗
ſetzet / O hätte man den rechten Glauben und Verſtand behalten /
und haͤtte den Menſchen den Weeg GOttes in der neuen ABie-
dergebuhrt gezeiget! haͤtte man ihnen das klare Angeſichte GOt⸗
tes gezeiget / fo waͤren ſie von Suͤnden außgegangen in ein Goͤtt⸗
lich Leben / aber dein Witz / O du Hure / hat alles verblendet: So
mir meine Augen von GOtt nicht auffgethan wären /.was ken⸗
nete ich Dich /ich dörffte dich auch noch wohl anbeten.
29. Uber die Welt wird dich ſuchen / und endlich
finden: Alsdann folf Europa eine Erone feynjund Alıa
der Mann/ und Africa das Land / und ein einfältiger
Hirte folluns wenden.
30. Berftündeitudas/ du giengeſt in dich und ſucheteſt dich /
aber du wirft blind feyn/big du bezahlet wirft: Wie du haft Leyd
eingefchendtet/alfe foltu Quaal außtrincken / denn du haſt dep zu
viel gemacht / und bift ein wilder Baum / und folft abgebrochen
werden: Es ift Fein Rath dein eigen Zorn wirfft Dich zu Bo⸗
den : Dann du bift gewogen und zu leicht erfinden worden]
faget der Geijt der groffen Wunder.
Magia aus den groffen Wandern.
31. EI" Ding / dag aus einem Anfange wächfet / dashat An⸗
fang und Ende / und wächfet nicht höher / alsdas Ding
in feiner Zahl hat / daraus es gewachfen ift ; Was aber in einer
Zahl iſt /das ift ungerbrechlich / denn es iſt nur eines umd nichts
mehr: Es iſt nichts in ihme / das es zerbreche / denn fein Ding /
das nur eines iſt / feindetfich fefber ; Wenn aber zwey Dingin
einem ſind / fo iſt ſchon Widerwertigkeit und Streit /denn eines
ſtreitet nicht wider fich ſelbſt / fondern zeucht ſich in fich und aus
ſich / und bleibet eines / und ob es mehr in fich ſuchet / fo ur
o
* FRE, |
Cap.t 3. des Menſchen. 237
doch nicht mehr / und das kan nimmermehr mit ihme ſelſt uneins
werden / denn es iſt ein Ding / wo das hingehet / ſo gehet es in einen
Willen: Denn wenn zween Willen ſind / ſo iſt Trennung / denn
einer wil offters in ſich / und der ander aus ſich / und ſo das Ding
dan einen Leib hat / ſo iſt das Regiment in ſelben Leibe uneins:
Und fo dan eines ins ander gehet mit Anfetndung / fo iſt der Wi⸗
derwille (der ins ander gehet / und darinnen wohnet) die dritte
Zahl und dieſelbe dritte Zahl iſt ein vermiſchet Weſen aus den
erſten beyden / und iſt wider alle beyde / und wil ein eignes ſeyn /
und hat doch auch zweene Willen in ſich von den erſten zweyen /
da Doch einer zur Rechten / der ander zur Lincken wil: Alſo
ſteiget das Ding auffvon zweyen in viel / und jedes hat einen ci»
genen ABillen : Und fo es nun in einem Corpus ift / fo ifts nit
ihme felber uneinig / denn es hat viel Willen / und bedarff einen
Richter / der da ſcheide unddie Willen im Zwange halte. So
aber die Willen ſtarck werden / und ſich den Richter nicht wollen
baͤndigen laſſen / ſondern fahren uͤber aus / ſo werden aus einem
Regiment zwey / denn das außgefahrue richtet ſich ſelber nach
ſeinem Willen / und feindet das erſte an / daß es nicht in ſeinem
Willen iſt / und iſt alſo ein Streit / da eines das ander begehret
zu daͤmpffen / und ſich alleine in einem Weſen zu erheben / und ſo
es das nicht vermag zu daͤmpffen / wie hefftig es auch darwider
ſtreitet / ſo waͤchſet ein jedes in ſich ſelber / bis in feine hoͤch ſte Zahl /
und iſt immer im Streite wider das ander. Und fo es dan kom̃t /
daß es in ſeine hoͤchſte Zahl gewachſen iſt / daß es nicht weiter kan /
ſo gehet es in ſich ſelber / und ſchauet ſich / warumb es nicht mehr
wachſen kan / fo ſtehet es der Zahl Ende / und ſetzet ſeinen Willen
in der Zahl Ende / und wil das Ziel zerbrechen: Und in demſelben
Willen / welchen es in der Zahl Ende ſetzet / damit es zerbrechen
wil / iſt der Prophet gebohren / und der iſt ſein eigener Prophet /
und weiſſaget von den Irrungen im Willen / wie dag derſelbe
nicht mehr fuͤr ſich gehen kan / und von der Zerbrechung / denn er
wird in der hoͤchſten Zahl in der Croue am Ende des Ziels ge⸗
bohren / und redet von der Turba in feinem Reiche / wie ſich daſ⸗
ſelbe enden ſoll / und was die Urſachen ſind / daß es nicht aus ſeiner
eigenen Zahl ſchreiten kan: Und denn weiſſaget er von einem
neuen / das aus der Zerbrechung wieder ſoll gebohren werden: Dei
er iſt deſſelbigen Reichs Mund / und zeiget an den Widerwillen /
wie daß das Reich ſey in einem Willen gewachſen / und ſey aus
eigener Begierde aus ſich felber aufgegangen in viel Willen:
Und decket auff des Reiches Hoffart/ und feinen Geitz und Neid/
it
238 Vom dreyfachen Leben Cap.ız.
in deme das Reich nur eine Wurtzel hatte / daraus es war ge⸗
wachſen: So zeiget er an die boͤſen Zweige / die aus der Wurtzel
gewachſen ſind / die des Reichs Irrungen und Turba ſind / welche
den alten Baum verdaͤmpffen / und ihme ſeine Krafft und Safft
nehmen / daß er verweſen muß: Und denn zeiget er an die Falſch⸗
heit der Zweige / welche dem Baume die Krafft genommen haben /
und drucken ihn nur zu Bodem: Sie ſagen / fie find ein neuer
Baum / und ein gutes Reich / und prangen / als waͤren ſie frembde
Gaͤſte mit groſſem Wis und Froͤmmigkeit / und find doc aus dem
alten Baume gewachſen / und find feine Kinder / und freſſen alſo
ihren eigenen Battersfo faget der Prophet/dag ſie Woͤlfe un nicht
Kinder feynd/ welche kommen find zu morden und auffzufreffen /
und fich an des alten Baumes Stelle zu feßen : Welche ihre
Hoffart auch treiben biß an ihr Ziel/und denn wieder von ihren
Kindern gefreffen werden. Diefes ift ihr eigener Prophet / wel⸗
cher auff ihrer Crone gewachfen ift/venn er geiget an die Boßheit
der Wurtzel / daraus der erſte Baum gewachfen war: Er zeiget
anden Gifft/ damit die Wurtzel vergifftet war / daß alſo aus ei⸗
nem Willen viel Willen find gewachfen/ aus welchen der Streit
und die Boßheit iftentftanden.
32. So denn nundie Turba in einem Dinge mit auffgewache
ſen iſt / welche aus einem vielmachet / da fich die Vielheit ſelber
feindet / fo zerbricht auch die Turba die Vielheit / denn der erfte
Wille zu einem Dinge begehret nur daffelbe einige Ding / wel⸗
ches fein geib und feine Wonne iſt: Aber die Vielheit in einen
- Dinge machet eine Anfeindung / denn eines wil immer über das
ander aufffteigen/ fo wiles dasander nicht leyden: Daher kom̃t
der Neid und Falſchheit / aus welchen der Zorn und Streit wäche
fet/dag eines das ander begehret abzubrechen und niederzuwerf⸗
fen: Undob es ift/ dag der erfte Wille fein Richter ift/fo ift doch
die Turba in allen zweyen mit auffgewachfen / welche den Gehor⸗
fan zerflöret / daß alſo ein jedes einen kigenen Weeg wil / und
wil ſich nicht laffen richten! fondern zeucht ſich felder/. und verach»
tet den Batter mit allen Kindern/ welche doch feine Brüder und
Schweſtern find und ſaget: Er ſey allein der Baum mit der
Kraft / und da er doch ein abtrünniger / eigenwilliger / ſtoltzer /
falſcher Moͤrder iſt / der ſich wider den erſten Willen / als die
Wurtzel leget: Und ſo es denn nun iſt / daß der Vatter ſeine boͤſe
ungehorſame Kinder ſiehet / ſo ſuchet er das Heyl / wie er das
zerbrochene heylen möchte / und geuſt Oel in die Wunden; Aber
es befindet ſich / daß ihnen das Oel cin Gifft iſt / denn fie er
Ha
Cap. 13. des Menſchen. 239
Willen von dem erſten Willen / als vonder Wurtzel / daraus das
Oele quillet / abgewandt / und die Turba hat ihnen ein ander Oel in
ihren Willen gebohren: Daß alſo dieſem Reich kein Rath zum
Heyl iſt / es muß ſich nur in ſich und mit ſich ſelber aufffreffen/als
ein boͤſes Reich: Jedoch waͤchſet es in feine hoͤchſte Zahl / als in
zooo. bis ans Ende: Denn die Crone hat 1000. Zahl / alsdenn
iſt kein Rath mehr / es werde denn gantz mit ihme ſelber wieder
eins / und gehe in erſten Willen wieder ein / und gebe fich in Ge⸗
horfam / und werde wieder ein Ding / alsdenn hebefes wieder an
zu zählen ; Jedoch ifts am erften gut / weil es in wenigen iſt:
Denn was Raum hat / das quetfchet fich nicht leichtlich ; / Was
aber eingefaffet und gefperret wird/ dag wil immer über fein Ziel
aus und läffet fich vünden / feines Nachbars Wohnunge fey
auch fein/und wil immer den Ringoder Band und das Ziel ab>
brechen: Und wiewohlesift / dag alfo aus einem Dinge ein an⸗
ders wächfet/fo es aber dem erften Willen/ daraus es ift urkund⸗
lich gewachfen /nicht gemäß iſt / foift es doch nicht fein rechter
Sohn / fondern es ift ein wilder Zweig / welcher wider die Mut⸗
ter ift/ welchen die Mutter nicht liebet / denn er wächfet in feiner
Borheit: Darumb nimit ihn die Mutter nicht wieder in ihren
erften Willen / dag er ewig beftehe / fondern laffer ihn hinlauf⸗
fen biß an fein Ziel.
33. Wenn aber die Mutter fiehet / daß alfo alle ihre Kinder
von ihr abtrünnig werden/und fie verlaffen/und gleich als frembd
werden / fotritt fiein Traurigkeit / hoffer der Befferung / und
fie konit nicht / alsdann fuchet fiefelber die Turba , denn fie ſetzt
ihren Willen wieder in fich/und fuchet die Gebahrerin/ da findet
fie ein neues Kind in dem $ilien- Zweige / undgibt die abtrünni»
gen Kinder der Turba ‚dag fie fich felber freffen und ermorden:
Auch geuft fie ihre eigene Turba und Gifft über fie aus / daß fie nur
abgeraͤumet werden) auff dag fie möge ihren jungen Sohn auff⸗
giehen/der in ihrem Haufe bleibe/ an deme fie Freude mag haben.
34. Afowird dir gefaget ou groffer und breiter Baum / der
du im Anfange nur ein Zweiglein wareft : Du wareft nur im
einen Willen gefihaffen / alle deine Zweige folten deinen Willen
haben: Aber der Teuffel mißgoͤnnete dir das / und ſtreuete Gifft
in deinen Willen / aus welchem die Turba wuchs: Alfo haftu alle
deine Kinder und Zweige damit verderbet/ daß alfo in jedem
Zweigfein die Turba ift- mit auffgewachfen : Du gerietheft in
Hoffart / und giengeft aus dem erſten Willen / den dir GOtt
gab / aus / in die groſſen Wunder der groffen Turbæ, allda rer
haben
»
740 Vom dreyfachen eben Eap.ız.
haben fich alledeine Kinder vergaffer und dich verlaffen.
35. Darumb ſpricht die Mutter der Gebährerin: Mir ift
Angft/ich hatte mir ein Baͤumlein gezeuget / und wolte feiner gu⸗
ten Früchte effen/.aber er hat vielwilde Früchte getragen / die ich
nicht effen mag: Ich wilgebähren/ und mir einen jungen Sohn
zeugenin meinen Alter/der in meinem Haufebleibe und meinen
Willen thue/auffdag ich doch Freude habe/dieweilmich alle meis
ne Kinder verlaffen : Ich wil mich über meinem jungen Sohn
troͤſten /under foll in meinem Haufe bleiben / weil ich lebe / der
Satan foll ihn wicht ſichten; Ich wil ihme ein Kinder-Kleid
anzichen / er foll Eindifch und gang einfältig bey mir wohnen :
Siehe / aus der erſten Wurtzel wilich ihn zeugen : und wil zer⸗
brechen die Turbam, denn ihre Zahl iſt in der Crone vollendet.
36. Was ſuchet ihr viel / ihr wilden Zweige? Ihr ſaget/
wir ſind über die Mutter / wirhaben Witz und Kunfl: Was
füftert die Mutter ewer Wis und Kunft? Sie wil Gehorfam
haben / fie begehret Feine Kunft noch Witz / denn fie ift gar eine
faͤltig / und zählet nur eines: Wollet ihr der Mutter gefallen/
fo müffet ihr ausder Vielheit wider in Eines gehen / nicht durch
Kunſt und Witz / ſondern aus ewerer hoffärtigen Turba, aus euch
ſelber / indie albere Demuth Ihr muͤſſet den Glantz der eigen⸗
Witz aus der Turba verlaffen / und werden als die Kinder / ſonſt
ſeyd ihr nicht ewrer erſten Mutter angenehme Kinder / ſondern
der Turbz , die nimbt euch auff: Da ſchetalsdan zu / wo ihr
bleiben werdet / wenn GOtt das verborgene der Menſchheit
richten wird / wenn alles durchs Fewer feines Zorns gehen wird/
faget ver Geijtder groffen Wunder.
37. Mutter Hevasfprach / als fte das erfte Kind gebahr: Ich
habe den Mann den Herrn / der ſolls thun: Er folder Schlan=
gen den Kopff zertretten / und das Reich beſttzen; aber es war
Cain, ein Mörder. Alſo ſagſtu auch jetzund: Wir haben den
Herin funden/ nun wollen wir alfodas Reich befigen / denn wir
haben die wahre Lehre funden/ wir wollen alfo lehren / ſo ſind
wir Gottes Kinder ; Aber höre / du haft wohl die Lehre gefunden /
aber du bift Cain, du meyneft nur das Neich / und nicht die
Kraft Habels im Opffer: Du wilſt nur in Sleifches Luſt bleia
ben / und behaͤlteſt nur die Hülfe vom Worte Gottes / welche
keine Krafft hat: Die Hiftorien behalteftu / und flreiteft drumb /
verswüfteft dein Sand und Leute / und die Krafft verläugneftu :
Du fprichft / wir feynd nahe beym Reiche GOttes / und bift noch
nie ferner darvon geweſen / das wird dein Ende bezeugen. Time
hi
— —
Eap.ı3. des Menfchen: 24:
huͤlfft dich dein Wiffen? Der Teuffel weiß das auch / das du weiſt /
er thut es aber nicht / alfo auch du / darumb bleibet euch beyden
Das Reich GOttes verborgen: Dein Wiſſen iſt dein Strid /
Der dich faͤnget / waͤreſtu alber / fo waͤreſtu nicht alfo ftolg : Was
weiß der Einfaltige von der falfchen Liſt und Trug / ſo ers nicht
vonder Wise der Turbz lernete ? |
38. Sageſtu / wir tragen GOttes Willen / und Ichren dehnt.
Biſtu nicht Cain,der Habel alle Tage ermordet? Schawe dich nur
recht an / du biſts ja: Habel liget vor deinen Füffen und flehet dir/
aber du bift das böfe Thiet / das Habel mit Füffen tritt / du reutheſt
über die gebogene Knie / und achteft ven Albern für Staub / und
friſſeſt doch feinen Schweiß / und fülleft dich mir Trug ohne
Grund: Wie magftır denn ſagen: Hie Kirche Chriſti! O due
bift Babel/ eine Statt der Hurerey und Falfhheit: Dir weift
GoOttes Willen / und thuſt nur deinen Willen / und fprichtt
auch / wir find von Babelaufigegangen / wir haßenbey ung die
wahre Schre:Ia hätteftu den Geift der@erechtigkeit und Wahr⸗
heit/ undlieffeft dich an wenig genügen / fogabedir die Mutter
immer genug / dur hätteft keinen Mangel; Aber deine Pracht
und Hochmuͤth vertrawet GOTT nicht / darumb verlaͤſtu dich
nur auff Geis /.umd wilft nur alleine das Fetteder Erden indich
freſſen du nimbſt das mit Gewaltund nicht mit Recht : Das
echt / das du führeft / hat dein falſch geitzig Herke erfichtet/ dur
Icheft nur in Trug: Dur beredeft und betriegeft dich felber zıe
Deinem eignen Schaden: Wäreftu wisig / fo füheftu auff dein
Ende / umd was nach dieſem folget; Aber du blendeft.dich mit
Hoffart und fageft doch: Hie güldene Zeit/ viel wolten gerne
geſehen haben / das wir ſehen / und hoͤren das wir hoͤren / und
habens nicht geſehen noch gehoͤret. Ja hoͤre / dann es wird auch
ein Zeugnuͤß über dich ſeyn / und dein Urtheil deſto ſchwerer ma⸗
chen: Du biſt biß daher nicht beſſer / ſondern aͤrger worden:
Darumb wiſſe / was dir verkuͤndiget iſt worden / das iſt dein ei⸗
gener Prophet geweſen / der hat dich aus deiner Hoffart wieder
zuruͤcke in die Mutter der Demuth geruffen; Aber du biſt nur
aͤrger worden / du haſt dem Geiſt ſein Schwerd zerbrochen / auff
daß du thueſt / was du wilt. Aber er hat dich verlaſſen und der
Turbz übergeben / die ſoll dich aufffreſſen / wie vor alten Zeiten
Ifrael geſchehen: Es hilfft kein Rathſchlag / deine Bünde find
alle nichtig /weil du dich auff fleiſchlichen Arm verlaͤſſeſt / fe iſt
auch GOTT von dir gewichen und laͤſſet Dich machen / daB dus
dich ſelber friſſeſt. ——
$ 36.908
241 Vom dreyfachen Leben Cap. 14.
39. Oder was nimbſtu ven Bund Gottes in deinen Mund /
fo du Doch Zucht haſſeſt md nur Geitz fucheft ? Meyneſtu /
GOtt ſey ein falfcher Heuchler und Luͤgner / als du bift ? Laſſe
nur abvon deinem Geſchrey / du bift GOtt micht angenehm / du
Echreft denn umb / und geheftvon Falfchheit aus. Es gehet dir
itzt / wie es die Turba treibet / dic hat ihr Ergetzen / dag fie alfo den
Zorn GOttes erfuͤlle / daß der freffe/ was in feinem Reiche ges
wachſen iſt / und du bift darben blind und fiheft nichts: Mas
geitzeſtu viel / gehe nur aus? Sieheſtu nicht / wie fich die edle
Tin&ur hat erhaben: Sie wird gar nahe ihre Blume geben / da
wirſtu Silber und Goldes genug haben.
40. Aber was ſoll man doch ſagen? Du haſt dich fchlaffende
gehuret: Du fuͤhreſt eher lebendig in Abgrund / ehe du die Hure
lieſſeſt fahren: Darumb ſolls dir auch gehen / was dir dein eige⸗
‚ner Prophet zeuget / der dir ſchon lange mit ſeiner Poſaune geruf⸗
fen hat / du wartteſt nur auff des Fewers Schwerd / das wird dich
auch ſchneiden. Oder meyneſtu wir find toll daß wir alſo reden?
Ja wol: Aus dir find wir gebohren / wir ſehen und verſtehen die
Klage unſerer Mutter / welche ihre Kinder ſtraffet / denn fie zeiget
an denGrimm in der Turba, der da iſt gewachſen biß in den grim⸗
migen Zorn GOttes: Wir reden was uns gegeben iſt / was wir
erkennen im Eyfer deß Herren: was haben wir mit Babel zu
thun / wir reden mit uns ſelber / und mit unſers Leibes Glie⸗
dern / und denen die da wohnen in den Vorhoͤfen GOttes / mit
denen / ſo jetzt mit uns trawrig ſeind / welcher Trawrigkeit ſoll
in Frewde verkehret werden.
Das 14. Capittel.
Vom breiten Weege dieſer Welt / welcher in Ab⸗
grund führe: und denn von dem ſchmalen
Steigein GOttes Reich.
8. Jeben Kinder EHttes/ laffet ung doch herklich
undgankinniglich betrachten / von wannen wir
fennd / oder wo wir hin wollen: Und denn / was
wir thun und vorhaben / damit wirdoch nicht das
ewige und höchfte Gut verlicehren.
2. Was trachten wir doch alfe nach zeitlicher Wolluſt / nad)
Ehren) Gelt und Gut / find wir doch alhier in dieſem re
J
—
Co des Menſehen. 243
nur frembde Gaͤſte und darzu Pilgers⸗leute / die alle Stunden
muͤſſen warten / wenn ſich dieſes Leben endet? Sind wir doch
nicht zur Wolluſt dieſes Lebens geſchaffen worden / ſondern zur
paradiſtſchen Frewde / und zu einem einfaͤltigen Kinders$eben :
Wir ſolten von keinem Pracht und Hochmuth wiſſen: ſondern
als die Kinder bey einander leben in einem Freuden Spiel. Wir
ſind auſgangen aus unſerer rechten reinen paradiſtſe chen Mutter /
darinnen wir ſolten in ihr als liebe Kinder leben: Wir ſind in
die Mutter / welche die boͤſen Thiere gebieret / geſchloffen / und
haben thieriſche Eigenſchafft empfangen. Wir thun anders nicht
als die boͤſen Thiere: Wir haben uns einer frembden Mutter
ergeben / die unſer pfleget / und uns an ihren Seylen gefangen
fuͤhret: Nun müffen wir doch den aͤuſſeren Menſchen der irrdi⸗
Shen Mutter laffen/ wir mögen nicht aus ihr fliehen / denn fie
hat uns im Fleiſch und Blut gefangen: Sie zeucht ums in ihr
auff / umd halt uns für ihre Kinder ; Aber wir haben gar ein
thewres Kleynod darinnen verborgen / mit welchem wir GOttes
Kinder feynd / damit laffet uns ſtreben nach dem hoͤchſten Gut /
auff daß wirs erlangen.
3. Keben Kinder / unſer Streit unib das hoͤchſte Gut ſtehet
nicht in Schwerd und Schlag / das wir umb GOttes Willen
und Reich Eriegen / und uns verfolgen und ermorden: Auch
richt in viel Wiſſen / fondern bloß in einemeinfältigem / Find
lichen Gehorſam / dag wir aus unfers Fleiſches Willen / wel>
cher thierifch iſt Darinnen der Teuffel wohnet / ausgehen in
GoOttes Willen: Es lieget an Niemandes meynen dder wiffen:
Denn der Geiſt GOttes gibt einem jeden zu wiſſen aus den
Wunderndaraus er gebohren ift: Ihr ſehet / wiewir dem Geift
der geoffen Welt unterworfen ſeynd: Denim wenn ein Kind in
Muͤtterleibe geſaͤet iſt 7 fo iſt er ſchon da / und bildet das nach
dem Rade der aͤuſſern Natur: Er gibt ihme Sitten und Willen /
er zeiget ihme die Wunder feiner Heimligkeit / und eroͤffnet ihme
den Weeg ſeines Willens: Er fuͤhret ihn in Eingang ſeiner
Mutter / und aus der Mutter durch dieſe Welt: Er gibet ſei⸗
nen Leib der Erden und ſeine Seele der Hoͤllen. So wir denn
ſolches wiſſen / ſo ſollen wir uns in unſerm Seelen-Geiſte er—
heben / und alleine wider denſelben boͤſen irrdiſchen Geiſt Erie=
gen / und uns mit Seel und Leib wider ihn feßen / und nicht wi⸗
der = Brüder und Schwefterit.
. Wir fönnenden Teuffel nicht mit difpuriren und viel wiſ⸗
I bereinigt: Auch for können, rap EHE Wort ev” mit
rieg
244 Vom dreyfachen Leben Cap.14.
Krieg und Schwerd erhalten / ſondern mit einem einfaͤltigen ge⸗
horſamen Leben GOttes / da wir uns laſſen an wenig genügen /
und gehen aus der boͤſen Hoffarts⸗Sucht aus in ein demuͤtig Kin⸗
der⸗Leben / da ein jeder fein Werck mit gantzem Fleiß feinem
Bruder und Schwefter zu nutze machet: Alfo dag er gedencket
GOTT feinem Schöpffer hiemit zu dienen / und feinem Bru⸗
der zugefallen / da man wicht ſuchet eigene Ehre / fondern
daß man alfo wohlthue/ dag uns der Bruder und Schweiter
liebe / und alles Gutes wünfhes Wiltu GOTT dienen /fogib
Niemand aͤrgernuͤß / auff daß dein Gutes nicht verhindert werde:
Laß dem Saran nicht Gewalt über dein Hertze dag er dich ſichte:
Wehre den böfen Gedanden und Einflüffen / denn der Saran
wickelt fich in die Einflüffe vom Geift diefer Welt / und hefiget
dir dein Gemuͤthe: Sey ftäts wader / und ftreit wider ihn /
wirff ihme die falfhen Einflüffe auff feinen Kopff / und lag ihne
damit hingehen: Gedencke / daß du zwifchen Himmelund Hölle
auff einem ſchmalen Steig wandelft in gar groffer Gefahr: Sey
feine Stunde fiher / denn du weift nicht / wenn der Geiftdiefer
Welt das feine von dir nimbt/ denn dein Ziel wird dir in Mut⸗
terleibe geftecket / dasmagftunicht übergehen / und weiſt auch
nicht den Tag und Stunde / da dich der Geift-diefer Welt ver=
läffet ; fo ſtehet alsdandeine arme Seele gang nacket / hunge⸗
rigund bloß / und fo die denn nicht Ehrifti Leib an ihr hat/ fo
wird fie vom Teuffel gefangen.
5. Sieben Kinder / es iſt gar ein fehr enger Weeg in GOttes
Reich / wer den in die ſem Leben wandeln wil/ der muß fich zur
Truͤbſal ſchicken / denn es ift alles wider ihn z Der Zeuffel ift
gang wider ihn : Sein Fleifch und Blut feget ſich ernftlich wider
ihn / dennder Geift diefer Welt im Fleifch und Blut ſuchet nur
Das Weſen und Regiment diefer Welt / der Teuffelverhegetfeine
Kinder undDiener immer wider ihn /er muß nur in der Quetfche
und im Spotte bfeiben/ er wird in dieſer Weltnicht erkandt /
dag er ein Kind GOttes ift.
6. Sieben Brüder/fehet euch ießt in diefer Welt wohl für/ man
führet euch jest auff glepfinerifchen Wergen: Manrühmet viel
vom Glauben/ und führet den Menſchen im dem hiftorifchen
Glauben / welcher nur eine Wiffenfhafftift: Man lehret euch
Die Wiffenfhafft/ und welchernicht deme anhanget / wird für
eine Keger gehalten. O mie tedtift der jegige Glaube ! Es blei=
bet bey der Wiſſenſchafft: Man meynet / wenn man viel wiſſe
VON GMOTT zu reden / von Chrifti Verdienſt / Leyden und *
*
Cap.14. des Menſchen. 245
für das menſchliche Geſchlechte / und ſich des troͤſte das ſey der
Weeg zum ewigen Leben: Onein / das alles huͤlfft nicht / daß
du es weiſt / und dich damit kitzelſt: Der rechte Glaube in
Chriſto iſt gar ein ander Ding / er liget nicht alſo bloß in der
Hiftoria und im Buchſtaben: Der Buchſtabe iſt nicht das
Wort / er ift nur eine Seitter und Interweifuing des Worts:
das Wort iſt lebendig und hat Geift : Der rechte Glaube ift der
rechte Wille) der da in das lebendige Wort eingehet: So du
dich lange des Leydens Chrifti tröfteft / umd dein Wille bleibet
ein Schalck / fo ift doch der Geift / der ausdeinem Willen aus=
gehet/ ein Dieb und Mörder: Anderft Ichreftu / anderſt thuftus
GOTT begehret Eeinen Heuchler / fondern einen ernften Wil⸗
fen / der zu ihm in Gehorſam eingehet / das iſt Glauben im H.
Geiſt: Da iſt das Wort und der Todt Chriſti fruchtbar. Chri⸗
ſtus ſaget: Ihr muͤſſet umbkehren / und werden als die Kinder /
die noch von der Falſchheit nichts wiſſen / und muͤſſet in Chriſto
durch Chriſti Todt und aus ſeinem Fleiſch und Blut gebohren
werden / wollet ihr das Hiumelreich ſehen: Denn wer nicht
iſſet das Fleiſch deg Menſchen Sohns / und trincket fein Blut /
der hat kein Theil an ihme.
7. Lieben Bruͤder / es ſtecket nicht alleine in der Koſtia, vie
ihr ausſpendet / und in demſelben Kelch: Nein / ſondern wenn die
Seele umbwendet / und ven Leib zaͤmet / und ergibt ich gank in
Gehorſam GOttes / in feinen Willen / und begehret Chriſti
Eingang zum Vatter / ſo gehet ſie aus dieſer Welt Leben aus /
und gehet mit Chriſto in Vatter / der gibt ihr Chriſti Fleiſch und
Blut: Denn ſie iſſet von Verbo Domini an GOttes Tiſch / und
krieget Chriſti Fleiſch zu einem Leibe / und Chriſti Blut zu ei=
ner Wonne: Denn die Seele wohnet im Hertzen / und brennet
aus dem Hertzen⸗Blut als ein angezuͤndet Liecht / und hat ihr
Fuͤrſtliches Regiment im Kopffe im Hirne: Da hat ſie fünf
offene Porten / da fie mit ihrem Geiſt⸗Leben inne regiret: Iſt
nun die Tin&ur in der Seelen im Hergen-geblüt in Chriſti
Willen eingegangen / fo regiret auch derfelbe Wille den Geift
der Seelen im Kopffe: Ob es wohl viel Anftöge vom irrdiſchen
vichifchen Geiftehat / fo wohl vom Teuffel/ welcher den irrdi⸗
fhen Geift / fo offt die Seele nur ficher iſt / infieiret/ und in
Luſt des Fleifches führet ; Noch dennoch / wenn nur Die Seele
die irrdiſchen viehifchen Gedancken und Einflüffe verwirfft / fo
bleibet fie doch in Chriſto: Denn es iftdem Teuffel ein harter
Biffe/ den Leib Chriſti / welchen die Seele träger / zu über»
83 winden /
246 Vom dreyfachen geben Kapırz.
winden / aber noch ein viel härterer Biffe ifts der Seelen / ſich
von dem Geifte diefer Welt umbzuwenden / und in Gehorfam,
GOttes einzugehen. N9
8. Lieben Bruͤder / es gehoͤret nicht eine Handvoll hiſtoriſches
Glaubens darzu / da man nur Das Verdienſt Chriſti an die
Spise ftellet: Es muß Ernft-feyn / du, muſt mit Ernſt ins
Berdienſt Chrifti/ durch Todt / Teuffel und Hölle eingehen:
Du muſt den Geiftdiefer Weltüberwinden: Dein Wille muß
fih gang mit aller Vernunfft und Sinnen in GOttes Willen
einwinden / da wirft wohlfchen/ was die Hifteria der Wiſ⸗
ſenſchafft thue: Wirftunichtden Teuffelaus dem Hergen aus⸗
treiben / fo laͤſſet er dich niht in. GOttes Willen eingehen: Wir-
ſtu den Schale der Falſchheit im Hergen behalten. / und alſo
nur mit Chrifti Verdienſt mitihme fechten / fo wirftu wohl ge⸗
halten werden/ denn der Zeuffelleget fich heftig darwider / er
ftreitet mitder Seelen / weiler kan / er laͤſſet fie nicht cher loß /
fie laſſe ihme dan alles irrdiſches auff feinem Halfe/ und gehe
daraus aus: Wenn ſie das thut / fo gehet le ihme aus feinem
Lande / foifber überwunden. Aber Owie haͤlt er ihr das immer
wieder für !-alsein Bogelſteller gehet er immer nach: Vermag
er nur / ſo zeucht er ihr das irrdiſche Kleid wieder an: Wie gar
einen ſchweren Streit muß doch die arme Seele mit dem Teuffel
ausſtehen! Da iſt Chriſti Verdienſt / Leyden und Todt gut /
wenn der Teuffel die arme Seele wieder gefangen hat / und wil
ſie nicht loß laſſen / ſondern faͤhret mit ihr hinunter in Abgrund
in die Verzweiffelung / da muß die Seele Chriſti Leyden und
Todt ergreiffen: und mit dem Teuffel durch die Hoͤlle in Todt
Chriſti einwandelen / und aus Chriſti Todt mit Chriſto in
GOTT wieder ausgruͤnen: Das iſt eine Lilie / die der Teuffel
nicht gerne reucht; Aber daß du wilt an der Hiſtorien hangen /
und dir alſo Chriſti Verdienſt / Leyden und Todt zueignen / und
den falſchen Teuffel in deiner Seelen zur Herberge behalten / das
iſt eine Schmach Chriſti.
9. Was huͤlffet dichs / daß du betheſt GOTT ſolle dir umb
Chriſti Willen vergeben / und du vergibeſt nicht / dein Hertz
ſtecket vol Rache und Raͤuberey: Du geheſt in die Kirche / in
die Gemeine Chrifti / und führeft einen falfhen Heuchler /
ruͤgner / Geitzigen / Zürner/ Hurer/ und hoffärtigen Men-
ſchen und Seele hinein / und alſo auch wieder heraus: Was
uses haſtu davon?
10. Du geheſt in der Gemeine zum Abendmahl Chriſti / und
begehreſt
Eap.ız. des Menſchen. 247
begchreft Chriſti Fleiſch und Blut / und haft den ſchwartzen
Zeuffel noch in die zur Herberge: Was meyneſtu wohl? Du
empfaͤheſt anders nichts alß den ernten Zorn GOttes: Wie
wiltu Chrifti Fleiſch und Blut nieſſen / fo deine Seele nicht mit
gantzem Ernfte in GOTT eingewandt ift ? Meyneſtu / Chriſti
Fleiſch und Blut wohne alfo im irrdiſchen Element / daß du es mit
deinen Zähnen faſſeſt? O Nein / Geſelle!es iſt viel ſubtiler: Die
Seele muß ihn faſſen / der Seelen Mund muß ihn einnehmen;
Wie wil ſie aber nehmen / ſo der Teuffel noch in ihr iſt? Sie
muß in GOttes Willen ſeyn / wil ſte von GOTT ejfen; Sie
kan auch alle Stunden von Chriſti Fleiſch eſſen / ſo ſie in Chriſti
Fleiſche lebet: Denn ein jeder Geiſt iſſet von ſeinem Leibe.
11. Das Teſtament iſt zu dem Ende geordnet / daß wir alda
in der Gemeine ſollen Chriſti Fleiſch und Blut eſſen und trinc⸗
ken / daß wir ſollen darbey ſeinen Todt verkuͤndigen / und ſol⸗
ches unfere Kinder lehren / was Chriſtus für uns gethan habe /
auffdag wir in einem Sinn und Willen erhalten werden/ und
Dag wir ein Seib ſeyen in Chriſto / und in einer Siche wandelen:
Darumb follen wir aud) von einem Brode eſſen / undaus cinenz
Kelche trincken / und erkennen / daß uns Chriflus wieder zu eis
nem Leibe in ihme gebohren hat/ umd Daß er uns Durch feiner
Todt ducch die Hoͤlle und GOttes Zorn- Feuer zu feinem Vatter
in ihme wiedergebohren und wieder eingeführet hat Dag wir
ſollen allefambt unfern Willen in feinen Willen fegen / und ung
in Ihme lieben und frewen/und inder Gemeine von feinen Wol⸗
thaten fingen/ reden/ Elingen/ und dem Zeuffel/ der uns ges
fangen hielt / Hiermit abfagen/ und ihn mit Füffen fretten in uns
ferm Gemüthe. |
12. Das ift der rechte Gatholifche Weeg des rechten Blau»
bens: Wer anderſt lehret und lebet / der ift von Chriſto nicht
eingeſetzet zum Hirten / ſondern iſt ein ſelbſtgewachſener Hirte
aus feiner Vernunfft⸗Kunſt / welche im Reiche Chriſti nach dem
aͤuſſern Menſchen allweege todt ſeyn muß / auff daß Chriſtus in
uns lebe: Keiner iſt Chriſti rechter Hirte über Chriſti Schafe/
er habe dan den Geiſt Chriſti / So er dehn nicht hat / ſo hat er
auch nicht den Apoſtoliſchen Gewalt mit dem Bann: Er muß
den Schluͤſſel zum Himmel und Hölle haben im Geiſte Chriſti/
fo er dehn nicht hat / fo iſt er eine Larxa, und ein Bild ohne Le⸗
ben / Was kan der in Chriſti Gemeine richten / der vom Teu⸗
fel gefangen iſt? Soll fein Wort und Gebott GOttes Wort
ſeyn / da er doch nur aus einem falſchen Geiſt redet?
24 123.0
248 Vom dreyfachen Leben Cap.14.
13. O ihr falſchen Biſchoͤffe von den hohen Schulen / wie hat
euch der Hoffarts⸗Teuffel geblendet / daß ihr Hirten uͤber Chriſti
Schaͤflein ſetzet nach ewrer Gunſt und Anſehen! Lehret euch das
8. Paulus? So leſet ihr den doch nur / welche ſchwere Rechen⸗
ſchafft ſollet ihr geben! Es ſoll bey euch nur Kunſt gelten / und
in Chriſti Reich iſt Kunſt nur Koth: GOTT fuͤhret ein reines
Hertze mit ſeinem Geiſte / das ſich zu ihme nahet / und in ſeinen
Willen ergibt / das lehret er himliſche Kunſt: Die Gemeine
Chriſti ſoll in einem Willen ſeyn / und ihr Hirte ſoll der Gemeine
Geiſt und Willen haben.
14. Es iſt nicht fo ein ſchlecht Ding / den Ned Chriſti an⸗
ziehen / wie mancher meynet / der nur Geis und Ehre darinn
ſuchet: Er findet auch wohl GOttes Zorn darinnen: Oder was
follmanfagen? Der PfaffeneZeuffel hat das Reich Ehrifti ge>
blendet / dag die Gemeine Ehrifti ftockblind ift / da man mey⸗
net / fie ſeyen Götter/ und lehren aus den H. Geiſte / ob gleich in
Salfchheit ihre eigene Ehre und Geitz gefuchet wird: Man ft>
bet / welch groß Unglück fie inder Welt haben angerichtet/ welch
manch Landt fie haben verwuͤſtet / und mit ihrer falſchen Mey»
nung viel hundert taufend Menfchen ermordet / und nurdem
Zeuffelin Ehrifti Rock gedienet: Wenn die Gemeine Doch fähe/
fo würden fiedas inne werden. Das komt allesdaher / dag man
dem Geift Ehrifti nicht die Ehre goͤnnet / man wilfelber Hirten
sochlen / und da doch der Teuffel in aller Menfhen Wahl iſt /
wenn es GOttes Ehre und Lehre antrifft. Die felbgewachfene
nach Gunft erwehlte Biſchoͤffe ohne GOttes Geift find der Welt
fo viel nuͤtze alsdem Wagen das fünffte Radt / ohne dag fie die
Gemeine irren / läftern und zanden machen / wie das ihre
Schmaͤhebuͤcher darthun/da in manchen fo viel GOttes⸗Furcht /
und Siebe zum Nächften iſt / alsihr der Teuffel in der Hölle hat.
Blutpaucken find fie /des Teuffels Heertrummel / damit fpottet
er der einfältigen Gemeine Ehrifti.
15. D lieben Kinder / thutewere Augen weit auff/ gehet aus
vom Pfaffen-zand/ umd trettet in Streit wider den Teuffel /
wider ewer wollüftiges Fleifch und Blut: Ein Chrift ift nicht
ein zorniger Kriegsmann/ der das Reich dDiefer Welt begehret /
denn Chriftus fprah: Mein Neich ift nieht von diefer Welt /
fonft würden meine Diener darumb kaͤmpffen. 8. Paulus faget:
Suchet wasdrobenift/ da Chriftus ift: Wir find von Chrifto
aus diefer Welt beruffen / dag wir alfo mit der Seelen GOTT
dienen / und inChrifte ſind; Aber mit dem irrdiſchen Leibe Ve
elt
Cap.ra. des Menfchen. 249
Welt / daß wir dehme müffen Nahrung geben: So gebuͤhret dem
irrdiſchen Leben / das es würde und arbeite/ und feinen Leib
nähre/ aber die Seele foll fein Herr ſeyn / und ihn regieren : Sie
fol dem Stern-Beift nicht zulaſſen / daß er Falſchheit treibe/und
fich mit Luͤgen und Trug fülle / denn ein folches wird in die Seele
eingeführet.
16. Die arme Seele ift alhie in dieſem Leben in gar groffer
Gefahr / da ihr der Höllen Rachen immer biß ans Maulreichetz
Denn fie ift mit dem Sternen- und Elementen-Beifte inficiret/
die ſtreiten Tagund Nacht wider fie. Betrachte Dich nur liches
Gemuͤthe / und dende / inwas Gefüge du deine Seele / als dein
nen beften Schaß /ligen haft: Dur wirft wohlausden Schlaf⸗
fe des vichifcehen Sebens auffwachen; und dencke / was nach die ſem
werden wird/ wenn dich der Sternen- und Elementen⸗Geiſt ver⸗
laffen wird: Wo alsdan dein beftes Kleynod/ das du felber
—9 bleiben wird / in was fuͤr Quaal du ewig ohne Ende ſeyn
wirſt.
17. Denn wir wiſſen / daß die Seele im Hertzen wohnet:
Ihr eigen Weſen iſt das Centrum der fieben Geiſter der Natur:
Sechs Beifter find das Regiment des Lebens / und der Siebende
iſt die Tinctur der Weſenheit / denn ihre Weſenheit iſt Blut und
Fleiſch / das machet die Tinctur, wiewohl die Tinctur nicht Blut
und Fleiſch iſt / ſondern eine Jungfraw ohne gebaͤhren; Aber
die ſechs Geiſter in der Tinctur gebaͤhren je einer den andern / wie
forne vom Centto Naturæ gemeldet worden: Aber die Schoͤn⸗
heit der edlen Perlen der Seelen wird fuͤrnemblich in der Tin-
ctur erkandt / denn darinnen erlanget ſie GOttes Krafft und
Geiſt / und bekomt alda ihren rechten Namen Seele: Denn
gleich wie GOTT uͤber die Natur iſt / welche ihn nicht kan faſ⸗
fen: Alſo iſt die Jungfraw in der Tinctur ein Geiſt uͤber die
Geiſter der Natur / welche zum Centro gehören / und wäre doch
auch die Zungfram ohne die Geifter der Natur nichts / fo wohl
als die Dreyzahl GOttes ohne die ewige Natur nichterkandt
würde: Alfo auch die Seele.
18. Die ſechs Geifter Naturz halten innen das ewige Ten-
trum, mit welchem die Finfternuß und GOttes Zorn ergriffen
wird / denn e8 fEchet der Urkund der Beweglichkeit darinnen:
Denn das Fewer urfländet darinnen/ wiewohl es nur in vier
Geftalten ſtehet / und in der fünften das rechte Siebesleben auff⸗
gehet / und in der fechften der Berftand: So iſt es doch inder
ſRebenden erft ein anderer Geift / ange das ——
5 x
250 Vom dreyfachen Leben Kap.ız.
der Angſt⸗ quaal iſt / denn in der ſtebenden Geſtalt wird ein ande⸗
re Quaal: Wohl regieren die erſten ſechs Geſtalten darinnen /
und find der Quaal Leben / und eine Urſache des Lebens: Aber
ſie machen zuſammen einen Geiſt / der lebet im Blute / Waſſer
und Lufft / und wiewohl es iſt / daß wir durch den ſchweren Fall
Adauus find in das aͤuſſere Regiment eingefuͤhret worden / daß die
Seel im begreifflichen Waſſer ſchwimmet / ſo iſt doch das ewige
Waſſer (als des Waſſers Mutter) im aͤuſſeren verborgen/ dar.
‚innen die Seele ein Engel iſt.
2.19. Wir verſtaͤndigen euch / daß die Seele iſt ein Geiſt / gleich
wie GOTT der H. Geiſt / der vom Vatter und Sohn außge—
het / und iſt die Beweglichkeit der Gottheit / denn der Vatter
ſtehet ſtille / und hat ſich nur einmahl beweget / als in der Schoͤpf⸗
ung; Aber ver Geiſt / der hat das Wort des Vaͤtters / der ver⸗
richtet alle Ding durchs Wort: Alſo iſt auch die Seele ein Geiſt
erbohren worden aus dem ewigen Centro Naturz, aus ihren eige⸗
nen Geiſtern ihrer eigenen Natur / nichts frembdes: Die hat
das Wort / welches ſich in der ſechſten Geſtalt der Natur auffm
Rade des Creutzes ſaſſet / und verrichtet alle Ding durchs Wort /
denn ſie iſt des Worts Geiſt und Leben / und faͤhret auff den Fit⸗
tigen des Windes als ein Blitz: Sie formet das Wort und
fuͤhret das / und die ſechs Geiſter find ihre Raͤthe / wiewohl ihrer
nur fuͤnff ſind / denn die ſechſte Geſtalt iſt die Geſtalt des Worte
ſelber: Die fuͤnffe aber halten inne die fuͤnff Sinnen.
20. Da wir dan leyder befinden und mit groffem Schmertzen
lagen müffen / wie uns unfer Vatter Adam das böfe gifftige/
irrdiſche Regiment hier eingeführet hat / daß alfo dic arme See—
le mit dem Geift diefer Welt gang und gar gefangen ift / welcher
in der Seelen Regiment quallet und £räfftig würdet / daß alſo
aus unferer Serlen Worte offt und ftündfich die Boßheit des
Abgrundes herfürbricht / in welche fich der Teuffel einmiſchet /
und uns unfere Herken im aufferen/ und denn auchimallerin=
nerften / als in den erften vier Geftaltender Natur / befiget /
und von GOttes Willen abwendet inalle Safter und Boßheit /
die in ihme find : Und wieer nun ſtehet / dag ein Menfch qualifi=
eiret iſt das welcher Geift nach dem äuffern Regiment feines
Leibes Herr ift/ nach demſelben fihter ihn immer an / und trei⸗
betfolche groffe Schaldheit mit der Seelen / dag es fein Mund
reden Fan.
21. Denn es find auch ficben Geftalten im Auffern Regi⸗
ment / als die 7. Planeten / welche den aͤuſſern Menſchen 9*
ren
Cap. 14. des Menſchen 251°
ren / und greiffen indie Seele hinein / fo fich die nicht ohne Un⸗
terlag wehret und die böfen Einflüffe verwirffet : In dem⸗
felbigen hat der Zeuffeleinen mächtigen Zugang zu der Seelen -
Aber daſſelbe Regiment bater nicht / und auch keinen gangen
Gewalt darinnen/ Turba magna fey denn im Zorne GOttes
entzuͤndet / fo iſt er Scharffricgter : Aber das innere Regiment
der 4. Öeftalten zum Fewer⸗Leben hater / die kan er / fo offte fich
die Seele darinnen vertichjet / befisen: Kriegeterfiealda/ DO
wie haͤlt er ſte / und wil mit ihr gänglich hinein / dennesift fein.
Reich / und mercket uns thewer.
22. Die vier Geſtalten halten inne den Urſtand der Natur:
Als da erſtlich im begehrenden Willen die Finſternus mit dem
Anziehen ins Vegehren tritt: Und denn ſo wird das Begehren
ſtrenge / herbe und harte / und kalt / und das Begehren macht
ein Anziehen und Regen in der ſtrengen Herbigkeit / welches
zwey Geſtaͤlten find: Und die dritte Geſtalt iſt die groſſe Angſt /
dag Das Begehren wil frey feyn / welches das angſtliche
Rad ver Natur erwecket / und endlich den Fewer-blitz der
vierdten Geftalt / wie forne nach der länge gemeldet worden -
Punmachet daſſelbe herbe Anzichen im Begehren des Willens -
in der auffern Natur dieſer Welt einen groſſen Geis / Da das -
Gemüthe wil alles an fich sichen und alleine befigen / und ob es
das nicht freffen kan / noch wil es das bejigen / und wil Niemand.
gerne was laffen oder gönnen. Das ift eine Wursel des Abs
grundes der Höllen/ in derder Teuffel der Seelen kafftig zufes
Set / dag fie nicht fol. ausgehen / und zum Liechte GOttes
kommen.
23. Die ander Wurtzel iſt die Bitterkeit der Natur / die iſt in
der Herbigkeit ein feindlicher Stachel / und wil ſich nicht laſſen
baͤndigen: Je ſehrer man der wehret / je groͤſſer wird der Sta⸗
chel. Dieſes iſt die andere Geſtalt / welche in der aͤuſſern Nature:
ein feindig / ſtachlicht / neidig / bitter Gemuͤthe machet / da ſich
der Teuffel auch darein wickelt / und der Seelen Worte mit ſpitz⸗
fuͤndigem / ſtachlichtem / neidigem Weſen anſtecket / daß der
Wille immer im Neide brennet / und nimmermehr was Gutes
redet / ſondern eitel Leichtfertigkeit I welche dem Teuffel die—
net: Dahero kommen die Luͤgner / Berleumbder / libeldeuter /
falſche Hertzen / GOTT ſey es getlaget unſer grofſes Elende /
darein wir vertieffet ſind!
24. Die dritte Wurtzel iſt das aͤngſtliche Radt des Gemüthst |
daraus Die Sinnen entftehen und ganes werden: Das haͤlt
N vor» -
252. Vom dreyfachen Leben Cap. za,
vornemblich in ſich Das elende Trawerhaus / und iſt doch auch
das Haus des Lebens Auffgang: Dieſes iſt vornemlich des Teuf⸗
fels ſein Sitz / da hinein ſetzet er ſich / es iſt ſein Stuhl / und er⸗
wecket immer daßelbe Trawerhaus / daß die Seele kleinmuͤhtig
wird / und zweiffelt an GOttes Gnade und am Liechte des ewi⸗
gen Lebens: Er wirfft immer die zwey erſten Geſtalten / als
Geitz und Neid hinein / und drehet das Rad des Gemuͤthes mit
derſelben Gifft umb / und machet eine Wirrung in den Eſſentien
der Gedancken / und vermiſchet immer Geitz und Neid unterein⸗
ander / daß ihme nur ſein Sitz bleibe: Wenn denn die arme
Seele uͤber aus wil / und wil daraus fliegen / ſo ſperret er ſie in
die Angft-Rammer / und quetfchet ſie / daß fie möchte und ſoll
verzweiffeln: Denn die Angſt Kammer hat noch die Finfters
nuͤſſe / da ſchlaͤget er fie nieder / daß ſie nicht ſoll auffin Rade
Lea fie möchte fonft das Fewer erblicken / fo würdeerers
andt
25. Die vierdte Wurkel ift der Fewer⸗Blitz: Wenn der
Teuffel je nicht kan erhalten / daß die Seele im Trawer-hauſe
bleibet / ſondern greiffet nach dem Blitz des Liechts der Freyheit
GoOttes / fo ſchleuffet er in Blitz / und fuͤhret die Gedancken im
Wort der Seelen übers Creutz hinaus in Hochmuth/daß fie uͤber
die Sanfftmuth außfaͤhret / und ſich erhebet / wie er gethan hat:
Denn wie wir euch haben forne gemeldet / ſo krieget die Natur
in der Anzuͤndung des Fewers zwey Reiche / als eines in des
Fewers Grimme / welches uͤbers Centrum außfaͤhret mit den
vier grimmigen ernſtlichen Geſtalten: Und denn das andere im
Liechte der Sanfftmuth / welches bleibet unbewehlich ſtehen / und
Hat auch alle Krafft des Centri, in welcher Krafft der Geiſt der
Gottheit und der Mayeſtaͤt erkandt wird / da dem der Bogen mit
dem Creutz der Dreyzahl innen ſtehet: Denn die Mayeſtaͤt iſt
alhier der Glantz der Gottheit: Und alhie Frieget die ewige Frey⸗
heit auffer der Ratur / weldenureinen Willen bat die Krafft /
Staͤrcke / Mayeſtaͤt und Herrligkeit: Denn alſo wird die Ewig⸗
keit offenbahr / welche ſonſt ein ſtille Nichts waͤre gegen der
Crea ur alfo zu achten.
25. Uber dieſe ſtille fanffte Demuth führer der Teuffel des
Menſchen Seele in ihrem Willen über aus in Fewer-Blitze /
denn nach dem Geifte diefer Welt ftehet hierinnen der Sonnen
Hegiment / welche dem auffern Menfchen gibt Macht und
Staͤrcke / darzu Sicht und Krafft der auffern Sinnen / daß die
Vernunfft ſehend wird / daß der auflere Geift groffe a
Cap. 14. des Menſchen. 253
Witze und Weißheit nach dem Regiment dieſer Welt bekomt /
auch alle Liſten der Eſſentien und Sinnen eroͤffnen ſich darinnen /
das mercket der Teuffel eben. Iſt einer im Ober⸗Regiment nach
dem Geiſte dieſer Welt ein Sonnen-Kind / fo ſchleuffet er
ihme imCentro Naturz ohne Unterlaß in Fewer⸗blitz der Seelen /
da fih das Fewer und Hige urftändet/ und führet die ans
dere drey giftige Geftalten im Urkunde immer hinein: Er füh>
ret die Seele übers Ereug über die Sanfftinuth der Mapeftät im
grimmen Fewer-Blige über auß / das fie ſtoltz / Frech und ſtren⸗
gewird: Er machet / day ſie die Sanfftmuth und Demuth ver»
achtet / und faͤhret in eigener Witze im Grimme des Blitzes uͤber
GOTT und Himmelreich aus.
27. Und diß iſts / lieben Bruͤder zu Babel / daß Euch die
Goͤttliche Witze gebricht / daß ihr in ewerer eignen Witze auffm
Rade Naturz fahret: Ihr ſollet auffm Creutz in der Demuth
bleiben / und ewere Seel ſoll in die ſanffte Mayeſtaͤt Gottes
eingewandt ſeyn: So fahret ihr auffm Fewer-rade in ewrer
Hoffart uͤber die Gottheit aus / und das thut euch der Teuffel zur
Schalckheit / daß er euch alſo fuͤhret / damit Gottes Reich nicht
erkandt wird: Ihr ſuchet Gottes Reich in Kunſt / aber die Kunſt
hat die ſechſte Geſtalt des Rades der Natur: Die Gottheit hat
auffm Creutz ein ander Centrum, dann der Goͤttliche Geiſt ſchei⸗
det ſich vom Fewer: Es iſt wohl nicht getrennet / aber er machet
einander Principium , das ſtehet in Sanfftmuth / in eitel Siebe
und Frewde / die Beftälte der Natur find darinnen in eitel Sicher
Krafft/danesifteine Erfüllungdes ewigen Willens / aus wel⸗
chem die Natur Arftandet: Unddas grimme Reich iſt eine Er⸗
füllung des ewigen Hungers und Durftes / und Fanin Ewigkeit
nicht anderft ſeyn / dan alſo iſt das Werfen aller Weſen.
28. Dann diß iſt ja uns gnug erkaͤndtlich / ſintemahl
GOTT allein gut iſt / daß er nichts Boͤſes hat geſchaffen / denn
wo von Ewigkeit nichts geweſen iſt / da iſt auch in der Schoͤpf⸗
ung nichts worden. GOTT hat keine Hoͤlle geſchaffen / auch
feinen Teuffel fondern Engel: Allein $ucifer hat ſich pon der
Sunfftmuth abgewandt / und ift übers Ereugeder Dreyzahl
über aufgefahren / und hat ihme das Zorn-Gewer im Blige er⸗
wecket / welches von Ewigkeit it verborgen geftanden:Das iftnun
ſeine Hoͤlle und ſeine Wohnung: Der kan nun nichts / als gei⸗
tzig / neidig / aͤngſtlich und zornig ſeyn: Es iſt kein andere
Quaal in ihme; Dan feine eigene Mutter / daraus er iſt er⸗
wecket und geſchaffen worden / die haͤlt ihn nun / daß er ein Teuf⸗
fel iſt mit ſambt ſeinen Legionen. 29. Dar⸗
254. Vom dreyfachen geben Cap.ı4,
. >29. Darumb lieben Kinder / weilwir folches wiſſen / dak wir
alfo mit der Höllen und Teuffeln in Gottes Zorn umbgeben find/
ſo iſt uns jahöchlich noth / indie Sanfftmuth zuflichen: Dar⸗
umb fo lehret uns Ehriftus. mit fo gar ernften Worten die
Sanfftmuth / Liebe und Barmhertzigkeit / daß wir uns follen
untereinander lieben / und ſollen nicht nach dem Geiſte dieſer
Welt alfo ſehr trachten / dan der Teuffel ſchleufft darein / und
verfuͤhret uns: Wir ſollen uns huͤten fuͤr Hoffart / dan der
Teuffel fleuget darinnen: Und für Zorn / dan es iſt des Teuffels
Schwerd / damit er mordet.
30. Ach dagdarhdiearme Seele alſo geblendet wird / daß fte
nicht kennet die ſchweren Bande / darinnen fie gefangen liget:
Das Hoͤlliſche Fewer gehet ihr biß ans Maul: Die gunge
Welt iſt voll Fallſtricke / welche der Teuffel hat geleget / zu fan⸗
gen die arme Seele: Wan dem aͤuſſern Menſchen feine Au:
gen möchten auffgethan werden / fo würde er fich ſchrecklich
entfegen: Alles was der Menſch nur angreiffet oder anfichet/
da ift ein Nege und Strich des Teuffels darinnen: Und wan
das Verbum Domini, welches ift Menſch worden /
nicht im Mittel wäre / daß alfo die verborgene ewige
Wefenheit des Worts Leib iſt / fo würde Fein Menfch
feelig / der Teuffel fienge und verfchlünge alle Seelen.
32. Darumb/ lieben Kinder /faget Ehriftus unsrecht / das
Reich GOttes fey in uns Eleine als ein Senffkorn; Der aber mit
‚Ernftedarein wallet / und darnach ſtrebet / deme wächfet es großi/
als ein Baum / den der Teuffel wohl muß ſtehen laſſen / und ober
gleich manchmahl einen Zweig davon abwirffet / noch bleibet der
Stamm ftchen. Chriſtus warnet den reichen Juͤngling fuͤrm
Geitze / und ſaget ihme / daß ehe ein Kameel werde durch ein
Nadeloͤhr / als ein Reicher ins Himmelreich eingehen. Das iſt
alles die Urſache / daß die Seele in Luſt und ins Regiment dieſer
Welt eingehet / und von GOttes Willen außgehet: Denn ſo die
‚Seele ſich gaͤntzlich ins Regiment und Luſt diefer Welt einergie⸗
bet / fo ficht fieder Teuffel nicht fo ſtrenge an / ſondern er fuͤhret
fie auff feinem Braut⸗wagen / aus einem Safter und Falſchheit
in die andere; Sein Wagen iſt die Venus, als die Liebe des
Fleiſches / da trachtet die Seele immer nach zeitlicher Macht
und Ehren / nach Reichthumb und Schoͤnheit / und nach Unzucht
des Fleiſches / nach der viehiſchen Vermiſchung und Unord⸗
nung / wiewohl die Seele das ſo haͤfftig nicht begehret / ſie ſeye
dan
Cap.14. des Menſchen. 25$-
dan gantz inßciret. Alleine das iſts: Die Seele hat fich in Adam
dep laffen gelüften / und ift damit gefangen worden, daffelbe ma⸗
het der Teuffel nun immer räge/ er Eißeltdie Seele immer
damit / dag fie folle nur getroft anbeiffen an die verbotte-
ne Frucht.
32. Wir befinden / daß das Menfchliche Seben Drepfach ift/
mit dreyen Beiftern in einander / als wäre es nur cin Geiſt / und
ift auch nur ein geben; Aber es hat drey Regimente / da jedes eine
Mutter hat / die das gibet. Das Centrum Naturæ mit ſeinen
Geſtalten iſt das ewige Leben / dan es iſt das Fewer⸗-Leben und
der Geiſt fo aus dem Centro Naturæ erbohren wird und auß⸗
gehet: Derinder Tindtur wohnet /iftdas ewige Seelen-$eben: _
Und der Lufft⸗geiſt mit der Aualitätdes Sternen-Regiments in _
das anfangliche und endliche zerbrechliche Leben / das ift das vie>
hiſche geben.
33. Nun ift die Seele nur aus den beyden erftenerbohren ;
und das dritte iſt ihr eingeblaſen worden: Nicht dag fie follda
eingehen und Sich Darein ergeben / wie ſie in Adam gethan hat /
fondern das fie foll mächtig über daffelbe herrſchen / und die grof>
fen Wunder GDLtes / fo von Ewigfeitinder Weisheit GOttes
erfehen worden / darinnen eröffnen: Denn das dritte Kegiment
iſt aus dem erſten erbohren und gefchaffen worden : Und das an⸗
der Regiment folte in ſeinem Sitze in der edlen Tinctur im Pas
radeis bleiben / und folte in dem dritten die groffen Wunder
eröffnen: Darumb war der Menfch ein Herr über alle Dinge :
Er hattedie Tinctur der Erden in feiner Handt / und wäreihme
Gold und Silber fo leicht zu finden gewefen als andere fichtbare
Dinge: Die rinctur der Erden warfein Schmuck und Spiel/
alles Kindlich ohne Geig: Kein ander Kleid war ihme noth:
Gleich wie das Gold reine ohne Makelift / alfo war auch fein
Kindlich Gemuͤthe: Aber der Teuffel hat ihme Sulphur darinnen
erwecket / und hat ihme den Viehiſchen Geift zum Ober⸗Regen⸗
ten geſetzet / über den der Menfch folte herrſchen / derſelbe herr⸗
ſchet über ihn / und das ift fein Fall.
34. Alfo hatder Teuffelnun Macht gekrieget: Dieweildas
Auffere Regiment aus dem innern iſt erbohren / und er im innern
wohnet / fo fchleuffeter aus dem innern ins Auffere / und entzuͤn⸗
det das Auffere im Gemuͤthe / davon entftchet die falfihe Sucht
‚und böfe Luſt / daß alfo zwey Negimente wider das Seelen⸗Re⸗
giment ftreiten: Und ift die arme Seele in mitten zwiſchen die>
fer Welt Regiment und zwifchen der hoͤlliſchen Quaal — *
4 ment
256 Bompreyfachen Leben ap.ra.
ment/ daftchet fie vor der Himmels Porten ineiner groffen
Gefahr: Ihre Wurtzel iſt GOttes Zorn und das höllifche Few⸗
er / und ihr Ober-Geiſt ift das Regiment diefer Welt / da ftchet
fie indes Fewers Tinctur inmitten; Wo fte nun yingreiffet / da
hineingehetfies Iſt es in die Luſt dieſer Welt / fo ftehet ſte dar»
innen / und wird vom Teuffel gefangen; Iſt es aber in ſich hinein
in GOTT / ſo ſchlaͤget der Teuffel auff ſie zu / dann fie iſt jetzt in
feinem Sande: Aber wenn fie Chriſti Fleiſch zu einem newen
Leibe krieget / ſo iſt ſie nicht in ſeinem Lande. Das iſt ihme ein
Baum / der ſein Gifft und Todt iſt / deme iſt er gramm / und
ruͤhret dehn nicht gerne an / aber ſeine Diener verhetzet er wieder
den aͤuſſern Leib / der muß Schmach und Spott tragen / damit
er ja dieſen Baum zudecke / daß er nicht erkandt werde / er moͤchte
ſonſt mehr Zweiglein zeugen / und duͤrffte ihme wohl auff die letzte
die Hoͤlle zu enge werden / darumb wehret er / weil er kan.
35. Wann ſich nun die arme Seele von ihme abbricht / und
mit ihrem lieben Braͤutigam Chriſto zu GOttes Liebe wendet /
daß ſie durch ernſte Buſſe und Einwendung in GOTT in
GOttes Willen tritt / ſo hat er noch ſteben Fallſtricke / da er fie
mit jedem haͤlt / ehe er ſie loß laͤſſet: Da muß ſie ſich durch alle
ſteben loß winden / und ihme ſeine Seyle nur gantz laſſen: Zum
Achten muß fie durchs Feuer gehen / da iſt die ernſte Proba, und
wann fie allda durchkomt / fo erlanget fie himliſche Tinkkur in der
Neundten Zahl/und inderzehenden Zahl auffin@reuge erlanget
fie Ehrifti Leib / daß fte ein Engelim Himmel ift/ und ein Gaft
auff Erden in diefem Hütten-Thal.
36. Die fieben Striche / damit die Seele angebunden ift/
find die fieben Geifter der Auffern Natur / des Regiments diefer
Welt / durch die mug fie fich winden und durch fie durchdringen /
und alle hinter fich werffen / und inder achten Zahl ftehet Mofes
mit feinem Geſetze / da wird der Seelen erft fürgelefen / was fie
fur ein fchöner Bogelift gewefen : Da kom̃t der Teuffelmit feis
nem Regifter / und liefet ihr / was fie iſt / und zeiget an feine Ge⸗
techtigfeit zu ihr : Da heiffets ; Buͤcke dich / und ergreiff die
Wunden und das Leiden Chriſtie: Hieift Noth / daß derarme
Sünder das Berdienft und den Tod Chriſti nimt / umd fich fefte
darein wickelt / denn aus diefer Windel kan der Teuffel die Seele
nicht reiffen/ er darff fie auch nicht anrühren/ und an dieſem Orte
ms der Teuffel die Seele verlaffen / dann Ehriftus fechet ing
Datters Zorn Ferner / und ift die Erfüllung des Gehorſams:
Allda wird die Seele in die Reundte Zahl eingeführet/in die u
⸗
Cap. 14: Des Menfchen. 257
Eur des ewigen Schens /da wird fie mit GOttes Mayeſtaͤt umb⸗
fangen / und entgegnet ihr die ſchoͤne holdfelige Jungfrau der
Weißheit GOttes mit ihrem Perlen⸗Krantz / und Erönet die See⸗
le zu einem Himmels⸗Ritter.
37. Was alhie für Freude vor GOttes Engeln ſey / und was
dte Seele fuͤr Freude allda erlange / haben wir keine Feder zu
ſchreiben / haben auch ſonſt in dieſer Welt keinen Mund / ſolches
zu reden. Alleine wir wuͤnſchen dem Leſer und allen Menfchen /
daß fte es ſelber erfahren moͤchten / umb welcher Urſachen willen
wir alſo mit vieler Muͤhe und tieffer Arbeit mit dieſem Auff⸗
ſchreiben umbgehen / dann wir ſchreiben / was wir ſelber erkant
haben und mit geiſtlichen Augen geſehen: Nicht ſagen wirs uns
zum Ruhm / ſondern dag der Keſer wiſſe / ſo er uns wil nachfahren /
was er dafür zu gewarten habe / dieweil er ſonſten ftehet / daß die
Welt an EHttes Kindern nur eine Eule hat; Aber wir wollen
uns def nach diefem Furßenschen wohlergesen : So ift uns auch
dig Kranslein lieber alsdie ganke Welt / obs uns wohl manch⸗
mal verdeckt wirds; &s ftirbet aber nicht : Dann gleich wie der
rauhe Winter diegrüne&rden verdecket / da die Bernunft fpricht/
esift alles todt ; Aber wenn der Frühling wieder komt / fo hebet
fie anzu grünen und blühen : Alfo ifts auch mit dem edlen und
ſchoͤnen Kränglein Chrifti gethan / wann das wieder grünet / fo
bringets $ilien ohne Zahl / und alle Frühlinge / fo das Gemüthe
wieder inChrifto verneuert wird / zehenfaͤchtig.
Bon Beywohnung der H. Engel.
38. Af*— wir Menſchen alhier in dieſer Welt / fo wir andere
Kinder GOttes feynd / einander in Röthen und Unfall
beyſpringen / und einander gerne von Leyd und Trübfalerretten z
Alfo ifts auch umb die Kinder GOttes im Himmel: Diemeildie
Seele in der Engel Geſellſchafft gehöret / fo halten fte fich gar
gerne zu den gottsfürchtigen/ froinmen und zuͤchtigen Menſchen /
und wohnen denen in Nöthen bey : Denn die Schrifft faget
auch: Sie find allzumahl dienftbare Geifter / aufgefandt zum
Dienfte derer/die das Reich GOttes ererben follen : Sie fangen
gar offte auff die ſeurigeStraalen des Boͤſewichts: Was Ungluͤck
wuͤrde nicht der Teuffel aufErden offte anrichten / wañ ihme nicht
von den Thron-Fürften der Legionen Widerſtand gethan wuͤr⸗
de? Wie offte wuͤrde er die Menſchen erſchrecken und ſtuͤrtzen ?
Aber die Engel ſind unſere Diener und Waͤchter / ſo wir aber
Chriſten und nicht Thiere ſind / wiewohl der Teuffel den Chriſten
eis
258 Vom dreyfachen Leben ap.ız.
am meiſten nachtrachtet: Wie gar offte wuͤrde mancher ertrinc⸗
ken / oder ſich zu tode fallen / der gar eine wunderliche Errettung
‚von Engeln empfaͤhet: Sie ſind gerne umb Leute / die von GOtt
ſingen und reden: Sie haben ihre Freude mit den unmuͤndigen
Kindern / daß ſie ſich auch wohl einem Kinde duͤrffen offenbaren /
und mit ihme ſpielen / ſo das ein Kind GOttes iſt. Wie gar viel
Exempel ſind doch in der H. Schrifft begriffen / daß die Engel
haben fromme Kinder geleitet und ſie gefuͤhret / ſonderlich das
Exempel Tobiz / welches unſere Schul-Rabbinen wohl lieber
ausder Bibelwürffen. So fehet doch die drey Engel bey Abra⸗
ham / und die zweene bey Loth: Item, mie fie die Empfaͤngnuͤß
theurer Menfchen haben verfündiget/fonderlich Johannem / und
dann Chriſtum: Sehet doch das Geſchaͤffte bey feiner Gebuhrt /
und bey den Weiſen aus Morgenland / und endlich beym Joſeph /
wie er Mariam mit dem Kindlein ſolte in Egypten fuͤhren: Da⸗
bey wir wohl ſpuͤren können ihre groſſe Sorgfaͤltigkeit für uns /
dann ſie find GOttes Diener / er ſchicket dieſelben / daß ſie uns ge⸗
leiten und fuͤrm Teuffel ſchuͤtzen: Welche groſſe Freude haben
ſie doch mit den armen Seelen / wann ſie ſich dem Teuffel aus ſei⸗
nen Stricken reiſſet / fuͤr neun und neuntzig / die gerecht ſind / wie
Chriſtus ſaget.
39. Darumb ſollen wir in Truͤbſal nicht alſo zagen / wann wir
in Roͤthen ſind / daß wir offte vermeynen / die gantze Welt ſey wi⸗
der uns / ſo iſt doch das Engliſche Heer bey uns / und der Geiſt
GHttes. Es gehet uns offte als dem Cananeiſchen Weiblein /
daß wir GOttes Angeſichte nicht koͤnnen finden: Aber wir muͤſ⸗
fen ſtehen / denn es muß geprobiret und bewaͤhret ſeyn: Je mehr
man das Gold laͤutert / je ſchoͤner wird es: Alſo auch die Seele:
Je mehr ſie in die Proba gefuͤhret wird ſo ſie beſtehet / je ſchoͤner
and klaͤrer wird ſie: Und iſt GOtt darumb zu thun / daß er ſchoͤ⸗
ne liebe Kinder habe / die da witzig werden / und lernen den alten
Teuffel kennen.
40. Aber dieſes wiſſet / die Engel ſind gantz reine / keuſche /
zuͤchtige Geiſter / darzu demuͤthig und freundlich / und gleichen
ſich den unmuͤndigen Kindern / welche von keiner Falſchheit wiſſen /
ohne was ihnen angebohren iſt: Wer nun der Engel Beywoh⸗
nung genieſſen wil / und fie zu Geleits⸗Geſellen haben / der muß
nicht ein bruͤnſtiger Stier ſeyn / eine geile Venus und ein falſches
Gemuͤthe tragen / das Tag und Nacht nur nach Liſt und Trug
tichtet / wie es möchte But und Muth erlangen > Er muß ſich
auch nicht alle Stunden inder Welt ſpitzfuͤndigen RT
en
*
Cap. 14. des Menſchen. 259
ten baden / und ſeine Seele damit kitzeln und ſpeiſen / in deme die
Welt pfleget einander außzuecken / undübelzudeuten ; Nein /
bey dieſen Menſchen bleibet kein Engel / ſondern der ſchwartze
Teuffel / der beſitzet der Meuſchen Hertzen und Seelen / daß ſte
alſo ein Wohlgefallen an der Falſchheit haben.
41. Wer die Engelzum Beyſtand haben wil / der darff ihnen.
nicht ruffen oder ſie anbethen / dann ſie nehmen keine Ehre an / ſie
geben alle GOtt die Ehre: Er wende nur aus ſeines Hertzens
Unreinigkeit umb / und trette durch ernſte Buſſe in GOttes Wil⸗
len / und wehre ſtaͤts den boͤſen Gedancken und Einfluͤſſen: Er
muß ſeinen Willen ſtaͤts in GOtt wenden / und GOtt umb Re⸗
gierung feines H.Geiſtes bitten: Und ob ihn der Teuffel Hält und
nicht wil laſſen / und ihme feinellnreinigkeit zeiget / deme iſt nichts
beſſer / als daß er dem Teuffel alle ſeine Unreinigkeit auff ſeinem
Halſe laſſe / und ſich über alle Vernunfft daraus mit feiner See⸗
len außwinde / und in Demuth in GOttes Willen einwerffe und
ergebe / und allen Zweiffel dem Teuffel laſſe; (dann es iſt feine
Herberge: ) auch ſoll er ihme ein ſolches fuͤrnehmen / daß es eine
groſſe Sünde ſey / wann er im Zweiffel bleibe: Er mag anderſt
nicht dencken / dann daß der Zweiffel eben des Teuffels Band iſt /
damit er die Seele haͤlt / wañ ihme feine Unreinigkeit entgegnet /
und unter Augen tritt / daß die Seele fan feine Krafft empfan⸗
gen. 3 Das ift niht GOttes Verſtockung /fondern der Teuffel
. wickelt jich umb die Seele / und wil die Seele nicht laffen an das.
Siccht kommen / daß fie Krafftempfahe : Da find Chriſti Worte
und Berheiffung mit feinem Blutvergieffen/Seyden und Todt ei⸗
ne edle Artzney / wann fich die Seele hinein widelt/und dem Teuf⸗
felalle Unreinigkeit auffın Halſe laͤſſet / ſo iſt das feine Gifft/ da⸗
von wird er matt und ſchwach / ſo dringet alsdann die Seele
aus ins Liecht GOttes / und empfaͤhet Kraͤfft: Da muß ſte mit
Ernſt in die Demuth tretten / ſo tritt fie dem Teuffel auff feinen
Kopff / und zerſtoͤret ihme die Hölle: Alsdenn tretten die Engel
zum Menſchen / und haben ihre groſſeFreude / daß der uͤberwunden
iſt / der da in der Seelen vermeynete EHE und Schoͤpffer zu ſeyn.
442. Aber eine Seele in Chriſto muß ein ſtaͤter Ritter ſeyn:
Dañ ob wohl der Teuffel die Seele nicht beſitzen kan / ſo haͤlt er ihr
doch ſtaͤts den verbottenen unreinen Baum fuͤr / fie ſoll anbeiſſen /
an Unzucht / Falſchheit / Luͤgen / Trug / an Zorn und Reyd: Bringet
ers nur dahin / daß die Seele die falſche Sucht in ſich einlaͤſſet /
O wie decket er zu / wie ſtreuet er Zucker auff / und ſolte er ihne in
veneris Himmel holen / ſo iſt er nicht verdroſſen / damit fen
nude
260 Vom dreyfachen Sehen Capıry
Raub⸗Schloß wieder kriege:Dañ dem Teuffel iſt nirgends beffer/
als im Menſchen / da kan er ein Herr ſeyn der Welt / und kan ſein
Geſchaͤffte treiben / und ſeinen Willen erfuͤllen / welches er auſſer
dem Menſchen im Geiſte dieſer Welt nicht vermag: Dann ſein
Reich iſt nicht im aͤuſſern Regiment dieſer Welt / ſondern im in⸗
nern / in der Wurtzel im Abgruͤnde: Er kan in dieſer Welt im aͤuſ⸗
fern nichts thun / es ſey dann / daß Turba Magnaim Zorne GOttes
entzündet ſey / da iſt er geſchaͤftig / ſenderlich wan ſich die Elemente
in groſſen Ungewittern entzuͤnden: Und fo dann der Zorn GOt⸗
tes darinnen brennet / da iſt er ein geſchaͤfftiger Richter: Koͤnte
er die gantze Welt verderben / er thaͤte das: Aber er hat nicht
weiter Raum / als ihme der Grimm in Turba Magna zulaͤſſet:
Die Turba iſt fein Meiſter / er iſt nur ein Gauckler und Verder⸗
ber / ſo weit der Zorn die Turbam anſtecket.
43. Alſo wiſſet / daß der Teuffel oͤffters mit den Engeln ſtrei⸗
tet: Wann die Seele des Menſchen ſicher iſt / ſo wil er mit
Macht hinzu / aber er wird auffgehalten / daß er das jenige / was
er wil / nicht thun kan; Aber ſo bald die Seele imaginiret und
die Luſt faͤnget / ſo ſteget der Teuffel; Wann die Seele aber die
boͤſe Luſt wegwirffet / ſo wird er vom Engel vertrieben / und iſt ein
ſtaͤter Streit umb die Seele des Menſchen: GOtt wil ſie haben /
ſo wil ſte der Teuffel auch haben: Und das iſt die Urſache des
Streits / daß ſich zwey Reiche auffm Creutze ſcheiden: Eines iſt
GoOttes Siche/das Aetch in Ternario Sancto, als das Engliſche:
Und das andere iſt der Grimm aus dem Centro Naturæ, welcher
GHttes Zorn und Schärffe iſt.
44. Darumb hat uns Gtt feinen Willen, offenbaret / und
dem Menſchen Liecht und Finſternuͤß fürgeffellet / er mag greif>
fen worzu er wil; Und dag wiraber erfennen / daß er die Seele
wil in ſeinem H. Reiche haben / ſo laͤſſet er uns lehren / und weiſet
uns den Weeg zum Leben: Er erwecket durch ſeinen Geiſt theu⸗
re Lehrer / welche der Welt Liechter ſeynd / daß die Menſchen ſich
ſollen für feinen Zorn und Grimm huͤten / und den in ihnen nicht
erwecken: Dann der Zorn muß wohl in allen $eben feyn ; Aber
wann ihn die Siche und Sanfftmuth überwindet /fowird er in
Ewigkeit nicht offenbahr/fondern ift nur als eine Urſache des Le⸗
bens / Dann in der Liebe machet der —* die groſſe auffſteigende
Frewde und Paradiß. Der Zorn iſt im Reiche GOttes die groſſe
Wunder⸗Frewde / da man doch nichts vom Zorne weiß: Gleich
wie Weinen und Lachen aus einem Sacke komt / und die Traw⸗
rigkeit in Frewde verkehret wird: Alſo hats auch eine Geſtalt
mit Gottes Liebe und Zorn. 45. Dar⸗
Tar.ız. des Menfcben 261
45. Darumb lehret uns Chriſtus ſo ernſtlich die Liebe / De—
muth und Barmhertzigkeit / und darumb iſt GOtt Menſch wor⸗
den / umb unſers Heyls und Seeligkeit willen / daß wir uns ja
nicht ſollen von feiner Liebe verruͤcken: GOtt hat fein Herge
daran gewandt / daß wir möchten feine Kinder-werden und ewig
bleiben z Da kein Rath war weder im Himmelnoc in diefer
Welt / ſo hater fich noch eines beweget umb des Menfchen willen/
daß er möchtevom Teuffelund aus feinem Zorn erlöfet werden.
46. Darumb werffefdoh GOttes Liebe und Gnade nicht alfo
von euch weg / lieben Kinder e5 wird euch fonft in Ewigkeit
rewen / dañ nach diefer Zeit iſt keine Rettung mehr: Lernet doch
Göttliche Weißheit / und lernet Eennen was GOtt iſt: Bildet
euch doch nicht ein Bilde eines Wefens ein / daß GOtt irgend ein
Bild ſey / als nur in Chriſto: Wir leben und find in Gott / wir
ſind ſeines Weſens: Wir haben Himmel und Hoͤlle in uns ſel⸗
ber / was wir aus uns machen / das ſind wir: Machen wir einen
Engel in GOttes Liebe und Liecht aus uns in Chriſto / ſo find
wirs; Machen wir dann einen grimmigen / zornigen / falfcheit /
hochfliegenden Zeuffel aus uns /derüber alle Siebe und Sanfft⸗
much außfleuget in eitel Geis / Hunger und Durft /fo find wir
das auch: Deit nach dieſemLeben ſind wir gar vielanderft: Was
albierder Serlen- Wille faffet / dashat er: Sp ihme dann das
Auffere im Tode zerbricht / fo halt doch der Wille daſſelbe ge>
faſſete Wefen in feiner Quaalumd ift feine Ergegung ; Aber wie
das vor GOttes Paradififcher Auaal und Regiment beftche /
und vor feinen Engeln) dehme magftu nachdenden: Wollen wir
trewlich dargeftellet haben/ als es uns dann ift gegeben.
Das 15. Capittel.
Bon der vermifcberen Welt und ihrer Boßheit : Wie
fie ietzo ſtehet /und wie fie ihr Regiment ietzo treiber:
Ein Spiegel] da fich ein jeder mag befihauen und fich
prüfen/ weß Geiftes Kinder fey: Aus dein
Spiegelder Wunver.
8. Hriftus fpricht Matth. 23. O Jeruſalem / Jeruſalem /
wie offt habe ich deine Kinder wollen verſamlen / als
eine Gluckhenne ihre Kuͤchlein unter ihre Fluͤgel / und
du haft nicht gewolt! O Jeruſalem / die du tödteft/zc.
A ‚Item , Bir haben euch gepfiffen / und ihr habet — *
getan⸗
162 Vom dreyfachen Sehen Lapıız,
getanket /2c. Was follich doch mehr dieſem halßſtarrigen Bolcs
ke thun / das fich meinen Geift michtwil ftraffen laſſen. Item;
Ihr Mund ift voll Fluchens und Bitterkeit; Ottergifft iſt un⸗
ter ihren Lippen; Sie reden eitel Trug / und ihre Hertzen find
immer eins zO wie gerne wolte ich auch der beſten Trauben
eſſen! Aber ich bin wie ein Weingärtner /dermachliefet : Sch
hatte mir einen Weingartemgezeuget / aber er träget nur Heer⸗
linge: Ich bin gang frembde worden meiner Mutter Kindern’:
Die meint Brod eſſen / tretten mich mit Füflen. RP
2. Alfo hat die Mutter zu jener Zeitgeklagerüber die boͤſen
Kinder ver Menfchen/ was foll fie aber nicht ietzt thun ? Jetzt
fichet fie in groffem Trauren / und hatihr Angeficht von den boͤ⸗
fen Kindern gewandt /undwilihrer in dehm Kleide nicht mehr/
‚Sie weinet/und es ift Niemand / der es hoͤre: Sie ftehet in groſſen
Trauren und Janımer über die Boßheit der falfchen ungerathe⸗
nen Kinder. Einjederlauffetder geisigen Huren nach / welche
voll safter und Grewel ift: Der Hirte mit den Schafen thut
ſolches: Es ifb ein hoch⸗ truͤbſeelige Zeit/ und wann dienicht ver⸗
kuͤrtzet würde/fo würde Fein Menſch feelig: Das ift eine Zeit]
von der alle Propheten geweiſſaget haben / und du mey⸗
neſt / es fey eine guͤldene Zeit.
3. Beſchawe Pich doch nur dur blinder Menſch / wobiftu hin⸗
gegangen ? Meyneſt du / daß diefe Boßheit und Falſchheit / die
du treibeſt / GOttes Ordnung ſey ? Ja warte der Zeit / du wirft
es balde ſehen: Es iſt des legten Siegels Zeit | da der
Zorn Ggttes feine Schalen hat ausgegoſſen / daß der
Hoͤllen Wunder ans Liecht kommen. Laſſets euch geſa⸗
get ſeyn / wir habens im Ternario sancto erkandt: Dann
die Mutter hat diß verworffen / und wil nicht mehr der
Grewel / ſie iſt ſchwanger / und gebieret einen Sohn in
ihrem Alter] der die Tage der Boßheit verkuͤrtzet. Das
laſſeſt euch geſaget feyn : Der in feiner Boßheit verhat:
vet) wird def Schande und groffen Spott genieflen.
4. Iſt doch der kleine Knabe / ſo im Spiel der Kinder lauffet/
jetzt voll Gifft und Boßheit des Teuffels / und alle Laſter der
Boßheit ſtecken inihme: Er ift ein Spötter und Gotteslaͤſte⸗
rer / darzu ein Slucher / Schwerer / und Trieger / gank wohl
gefchickt dein Teuffel zu dienen in allen Schand-laftern : Die
Unzuchtift fein Latein auff feiner Zungen / er weiß alle ".
“ e
Gap.ıs. des Menfchen. 267
ſche Schergworte dem Albern anzuthum : Aller Diebſtal if
ihme eine Kunſt: Betrug ift ihm ein Ruhm: Sie fpotten
frommer Leute ohne Bedacht: Der GOTT fürchtet / mug ihr
Narı und Eule feyn. Solches fehen die Alten / und haben
ihre Fremde und Wolluft daran dag ihr Kind alfo gefchickt
ift in ver uͤppigkeit: Sie kitzlen ihr Herge darmit / wan fie
redliche Seute fchergen + Was fie felber nicht dürffen verbrin⸗
gen das Ichren fie ihre Kinder / damit fte nur ihres Hertzens
Luſt erfüllen. Solches alles Ichret fie der Teuffel / erreuthet in
ihrem Hertzen als ein Her: über Seele und Leib.
5. Wer feinen Nächften kan betriegen / verleumbden / ver>
‚achten / und ihn umb Ehrund Gut bringen / der hat feine Luſt
daranz Alleunzüchtige Wort und Gebärden werden für Kunſt
‚gehalten: Wer den andern kan aughoͤnen / der ift Meifter auff
dem Plage: Das find alles deß Teuffels Griffe / alfo führet er
— Seele an ſeinem Seyl / und der Menſch verſtehet es
nicht.
6. Die Jugend lernet am erſten des Teuffels Handwerck / ehe
ſie was anders werben lernet / beydes im Maͤnnlichen und Weib⸗
lichen Geſchlechte. Die Vernunfft iſt voll veraͤchtlicher / ſpoͤttli⸗
cher / boßhafftiger Uppigkeit / und das iſt das erſte Werck das
ſie lernet / darzu heiffen die Eltern trewlich / und halten das
fuͤr eine weltliche Kunſt und Ubung. Iſts dan / daß ſie ein
wenig erwachſen / ſo iſt die Begierde der viehiſchen Unzucht das
andere Werck / das fie lernen / und ie eines das ander darzu
reiget. Die Jugend raͤumet dem Teuffeldas Herge alfobald in
der erften Blütheein/ dag der Teuffel fein Neft darinn machet/
daß er alfo einen Menfchen mit desandern Grewelfänget / das
Männlein mit dem Weiblein / und das Weiblein mit dem
Maͤnnlein.
7. Schicket ein Mann einen Sohn auff die hohe Schule}
daß der follwas gutes lernen) daß er möge GOTT und der Welt
nuͤtze ſeyn / ſo lernet er Uppigkeit / Hochmuth / Luͤſtigkeit / wie
man einem Einfaltigen moͤge das ſeine / ſeinen Schweiß mit Liſt
abdringen: Da machet man einen Mantel darumb / und heißets
Jura; Aber der Mantel iſt des Teuffels / und das falſche Hertz
iſt ſein Diener: Kan er ein wenig freubde Sprachen / fo iſt ih⸗
me ſchon Fein einfaͤltig Mañ gut genug: Der Hochmuth faͤhret o⸗
ben auß: Der ſtinckende Madenſack muß mit Loden und Zotten
behangen ſeyn: Buhlen und Jungfrawſchaͤnden iſt bey ihnen
hoͤffliche Kunſt: Es ſind Leute / die da koͤnnen fein thun / —
ie
u
264 Vom dreyfachen Leben Cap.ız.
fie mancher Mutter Tochter den nagenden Wurm ins Hertz oder
Gewiſſen ſchieben.
8. Solche ſetzet man den Kirchen und Schulen vor: Sie ſol⸗
fen Chriſti Schaffhirten ſeyn / und haben doc den Teuffel im
Hertzen zur Herberge: Auch fo werden fie in die Weltliche Re—
gimenser eingefeget / Die regieren hernach / wieder Gaftin ihren
Herkenwil: Alfo wuͤrcket der Dbere die größefte Laſter / und
lernets von ihme der Unteres Er erdencket Sifte/ wieer mag des
Unteren Gut im Schein des Nechtens an fich bringen: Erma=
chet Aufffäße, und heiſſets den gemeinen Nuß: Er zwinget ben
Albern und Elenden in ſchwere Dienfte/ dag er mag feiner Hof>
fart gnug thun: Er dringetden Albern mit harten Worten /
nimbt ihme feinen Schweiß / und plaget ihn an feinem $eib: Er
machet ihm alles leibeigen / und da er Doch nicht mehr als eine
einige Secle zum Eigenthumb hat / und iſt in dieſer Welt nur
ein frembder Gaſt: Der Elende muß ſeinen Schweiß gantz an
ſeinem Dienſte verzehren / es iſt kein Erbarmen oder Nachlaſſen
bey ihme: Sein Hund hats beſſer als die duͤrfftige Seele unter
feinem Joch : Solches halt er fuͤr recht / und da es gleich nicht
in der Naturgegrünvdetift/ als nur im Abgrunde/ da cine Ge⸗
ſtalt die andere plaget/ angftet/ martert und qualet/ da das schen
fein eigen Feind ift.
9. Solches lernet auch der Untere vom Obern / und nähret
fich auch mit Liſt und Trug / Geig und Schalckheit: Denn fo er
das nicht brauchet / mag er faft feinen Bauch in Gercchtigkeit
nicht füllen: So meynet die Vernunfft / alſo dringet ihn der Ge⸗
walt/ er muͤße mit feiner Arbeitund Weſen fleigern/ und feinem
Naͤchſten wieder feinen Schweiß ohne Siebe und Gerechtigkeit
abdringen / dag er nur feinen Bauch, füllen möge: Er lernet
von dem Obern ſchwelgen / praffen und das rechte Vieh-leben:
Was der Obere in höfflihen Sitten vollbringet/ das thut der
Untere in viehifchem farsifchem Schen und Sitten: Alfo wird
after mit Safter gewürcket / und bleibet der Teuffel Fürft auff
Erden über Leib und Seele. Wie wilftu nun beſtehen / wanGOtt
in ſeinem Eyfer das verborgene der Menſchheit richten wird?
Da wird eines jeden Dinges Urſache erſcheinen / warumb das
oder jenes alſo boͤß iſt worden: Da wird eine jede Seele uͤber ſei⸗
nen Verfuͤhrer ſchreyen und ihn verfluchen.
10. Ein jedes Ding wird ſeine Urſachen vor ihme ſehen / und
in ſeinem Gewiſſen fuͤhlen. Wo wilſtu Oberer nun bleiben / ſo
dein Unterer Ach und Wehe uͤber dich ſchreyet / daß du ihn haſt zur
Leicht⸗
Gay.ız. des Menfchen. 265
Leichtfertigkeit verurſachet / daß du ihme haft feinen Schweiß
verprangek / daß er hat zur Leichtfertigkeit gegriffen ? Wie wil⸗
ſtu dein Ambt verantworten / da du biſt eingeſetzet worden / daß
du ſolteſt dem Unrecht wehren / und den Gottloſen im Zwang der
Strafe halten: Und. du haft nicht auff feinen gottloſen Weeg
gefehen / daß du wareft deme zuvor kommen / fondern haft nur
auffdeinen Geis gefehen / wie du ihme möchteft feinen Schweiß
abdringen: Du haft nicht feine Seele geſuchet / fondern feinen
Schweiß und Arbeit: Erhat fonft mögen ſeyn als er wolte / du
biſt ihme noch mit deinem boghafftigen Exempel fürgegangen/
daß er auch auff deine Weege gefehen hat / und Jich an dir vergaf-
fet. Fluchen / Laͤſtern und Lrogenift deine Arth gewefen / das
harter auch gelernet / und hat flats GOttes Namen gefchändetz
das haſtu nicht geachtet: Du haft nur nach feinem Gelde gefe=
hen / und nicht nach feiner Seelen.
12. So nun das ernfte Gerichte GOttes erſcheinet / daß alle
erde werden in den feurigen Effentien erſcheinen / da dann
alles foll durchs ewige Feuer probiret werden; Was meyneſtu?
Werden nicht foldye Wercke im ewigen Feuer bleiben / da wird
die arme Seele fhreyen uber ihre gottlofe verfluchte Arbeit /
Norte und Wercke / und wird je einer den andern verfluchen und
vermaledeyen / dag er ihn habe zu folchem Ubelverurfachet / und
die Quaal der Falſchheit wird in der Seelen aufffleigen und ihn
nagen / daß er umb fo fihnöder Uppigkeit und falſcher Sucht wil⸗
len babe eine folche groffe ewige Herrligkeit verſchertzet. Alle
Laͤſterung / aller Spott/ alle Höhnerey/ aller Geiß/ Hoffart und
Trug wird inder Seelen aufffteigen / und eine Quaalwird im⸗
mer die andere anzuͤnden / und wird Die andere nagen / welche der
andern hat Urſache gegeben. So wird die Seele denen) wann
nur nichediefer Greuel in dir ware / fo möchteftu zu Gnaden
Eommen : nd fo fie fich wird beſchauen und befrachten / fo wird
fie finden / wie immer cin Grewelden andern gebohfen hat / und
wird ſehen / daß fie eitel ffindicht Greuelvor SHttift.
ı2. Da wird fie fich in die Angft-Quaal ins Centrum hineitt
ſchwingen / und GOtt verfluchen / dag er fie eine Seele geſchaffen
hat: Lind je tieffer fie ſich begehret zu vertieffen / jetieffer iſt ihr
Fall / und muß doch auff der Stätteihrer Greuel bleiben / fiemag
nicht von dannen / dann die hoͤlliſche Matrix haͤlt ſie / und muß ſich
alſo mit Angſt / Fluchen / Greuel und Bitterkeit ſpeiſen / und eben
mit derne / was alhier ihr Hertze gemachet hat / darinne fie am
Ende verzweiffelt I das iſt ihre ewige Speiſe: Alle irrdiſche
= Al Srtife
366 Dom dreyfachen Leben Cap.r5.
Speiſe und Luſt vergehet am Ende der Tage / und gehet Alles
wieder ins Ether; Aber der Wille bleibet ewig ſtehen / und das
Begehren im Willen.
13. Darumb ihr Eltern und Kinder / ihr Obern und Untern /
mercket auff / ihr habet die Mutter der Ratur voll Greuel ge⸗
ſchuͤttet / der grimmige Zorn GOttes iſt vorhanden | das
endliche Gericht ift vor der Thür: GOtt wil die Erden
mit Feuer fegen / und einem jeden feinen Sohn geben] die
Ernöte komt diß Treid beftehet nimmer / es wird ein je⸗
des in ſeine Scheune geſamlet werden: Wer ihme nicht
wil laſſen rathen / der fahre hin / er wird bald erfahren /
was das ſiebende Siegel am Centro mit ſich bringet.
14. Wenn fich die Vernunfft umbſchawet und bedencket / fo
ſaget fie : Ich ſehe doch nichts / daß es anderſt iſt als vorzeiten:
Darzu iſt die Welt immer boͤß und gut geweſen / wie esdie Hiſto⸗
rien geben; Auch fo muß man doch alſo trachten und thun / ſonſt
muͤſte einer wohl gar der Welt Narr und Eule ſeyn: Auch
muͤſte er wohl Hungers flerben; So ich meinen Kindern auch)
nicht Raum lieſſe / daß ſte der Welt Sitten und Uppigkeit lerne⸗
ten / fo muͤſten fie doch ja veracht ſeyn: Und ſo ich mich nicht auch
mit Pracht und Hohmuth herfür thue / fo bin ich nichts geach⸗
tet ;Sell ich aber das haben) fo muß ich ja Lift brauchen/ mit
Wahrheit / Liebe und Gerechtigkeit werde ich wohl nichts erlan⸗
gen: Sch muß nur thun als andere Leute / damit kan ich auch ne⸗
ben andern leben : Soll ich dann eben allein der Welt Narı
ſeyn: Suͤndige ich gleichwol / foift doch GOtt gnädigund barm⸗
hertzig: Hat doch Chriſtus die Suͤnde und den Tod am Creutz
erwuͤrget / und dem Teuffel feine Macht genommen: Du kanſt
och wohl Buſſe thun und ſeelig werden. Das iſt der Welt Re⸗
gul / das treibet der Obere und Untere / der Hirte mit den Scha⸗
fen: Das Leyden Chriſti muß der Schalckheit Deckel ſeyn: Es
wil ein jeder ein Chriſt unter Chriſti Decke ſeyn / wann gleich die
arme Seele ſitzet dem Teuffel zu huren; Wann ſich nur das
Maul einen Chriſten bekennet / und decket feine Schalckheit mit
Chriſti Purpur-Mantel zu / da iſt alles gut: Wir find alſo
ja ſtattliche Maul⸗Chriſten unter Chriſti Decke / und im Her⸗
tzen haben wir alſo die Antichriſtiſche Hure zur Herberge ſitzen.
15. O Ahr falſchen Hirten Chriſti / die ihr nur zur Raub⸗
Thuͤr in Schafftall ſteiget! Was kitzelt ihr den Schalck mit
Chriſti Leyden und Tod? Iſt Chriſtus an ein Schalck Ban.
uche
Gap.ız. des Menſchen. 267
Suchet das Centrum Naturz , und weifet ihnen den Abgrund -
im Hertzen: Weifetihnen des Teufels Strick / damit wir ges
fangen liegen /damit fte nicht fehen auff das verfluchte Weſen
dieſer Welt / ſondern dag fie lernen wider Fleiſch und Blut/ und
wider denTeuffel und wider das gleißneriſche Leben ftreiten/ dat
fie aus desTeuffels Hochmuth aufgehen in Die Gerechtigkeit / in
die Liebe ud Demuth. Das Leyden Chriſti ift keinem nichts nüge/
er kehre dann aus ſeinem falſchen boͤſen Fuͤrhaben umb / und thue
Buſſe / uñ trette in6Ottes Bund: Deme iſts kraͤfftig und nuͤtze:
Die Heuchler führen das zum Schein / daß ſie Chriſti Name
haben ; Aber fie führen damit den Namen GOtts unnüslich /
und follen Davon ernſte Nechenfchafft geben.
16. O Ihr Antichriftifche Hirten des neuen Ordens / die ihr
das Leyden Ehrifti mitfalfher Heucheley Menfhen-Gunft zu⸗
gefallen / und umb ewres Abgotts des Bauchs willen dem Heuch⸗
ler und falſchem Truͤger uͤberdecket / der doch nur rin Schein—
Chriſt iſt: Wie wollet ihr das verantworten / wann Chriſtus
ſeine Schafe wird von euch fordern / und ihr habet ihme wiſſent⸗
lich Woͤlfe unter feinen Purpur⸗Mantel geſtecket / darinnen der
Teuffel wohnet? Warumb beiſſet ihr Vie Nuß / darinnen der
Kern und das Hertze lieget / nicht auff / und ſaget dem Obern als
dem Untern feine Grewel an? Seyd ihr Chriſti Hirten / wars
umb thut ihr nicht als Chriſtus / der jederman die Wahrheit tie
ter Augen ſtellete? Er zerſchellete und heilete / nicht umb Gunſt
und jemandes Anfchen willen / ſondern nach feines Vatters
Willen das gebührer Chrifti Hirten auch zu thun.
- 37. Dliche Vernunfft / du geheit wohl weißlich auff die⸗
fer Welt Straffen / was den auffern Seid anfanget / wo bleibe
aber die arme Seele ? Aft fie doch in diefem Leben nicht daheime /
es iſt nicht ihr Vatterland; Was huͤlfft dichs / day du eine kleine
WeileWolluſt treibeſt mit ewigem Schaden? Oder was iſt es /
daß du deine Kinder eine kleine Weile in dieſer Welt laͤſſeſt ein⸗
her prangen / und haſt wohlgefallen daran / wann ſie den Elenden
verachten / und verleureſt ſte hernach ewig? Du meyneſt / du lie⸗
beſt ſte / und thuſt ihnen wohl / wann die Welt ihre Liſt / Uppig⸗
keit und Falſchheit oder Schalckheit lobet / das gefaͤllet dir wohl;
Aber der Teuffel nimt das an / und dir biſt Deiner Kinder Moͤr⸗
der / du biſt ihr gröffefter Feind : Dann die Kinder ſehen auff die
Eltern: Wann den Eltern ihre Poſſen gefallen / fo treiben fie
dieſelbe deſtomehr / und ſeynd deſto kuͤhner: Sie ſchreyen am
Zuͤngſten Gericht über ihre Eltern / daz ſie die nicht haben von
M2 Uppig⸗
268 Vom dreyfachen Leben ap.ıc.
Uppigkeit und gottloſem Leben abgewandt / in Zucht und Gottes⸗
urcht.
18. Haſtu dein Leben / deine Kinder / lieb? So verliere fie iz
diefer Welt Boßheit / das ſie nicht darinnen ſeyen / fo wirſtu ſie
ſambt deinem Leben im Himmel wieder finden / wie uns Chriſtus
Ichret: Wer fein Leben lieb hat / der wirds verlieren; Wer aber
ſein Leben / ſein Gut und Ehre umb meinentwillen verleuret / der
wird es im Himmelreich finden. Item: Wenn euch die Welt
verachtet / verfolget und haſſet umb meinentwillen / ſo freuet euch
alsdann / euer Sohn iſt im Himmelreich groß. Item: Was
huͤlffts dem Menſchen / daß er hie zeitliche Ehre und Wolluſt
hat / und verleuret aber feine Seele? Da diß Leben doch nur einen
Augenblick waͤret gegen der Ewigkeit zu achten.
19. Lieben Kinder in Chriſto / ſehe ja ein jeder zu / in was Acker
er alhie waͤchſet:: Es iſt nicht zu harren auff Beſſerung des $e=
bens / ſondern heut / wann die Stimme GOttes ſchallet / fo gehe
ein jeder in ſich ſelber und ſuche ſtch: Niemand ſehe auff den brei⸗
den Weeg der Welt / er gehet in den Abgrund zu allen Teuffeln:
Denn der Weeg zum Himmelreich iſt ſehr ſchmal und enge / der
hinein wil / mag nicht verziehen / biß ihme der Teuffel die Thuͤr
gar verriegele: Er muß nicht auff den Lauff der Welt ſehen:
Er muß ſchlechts in fich gehen und ſich ſuchen: Es wird kommen /
daß er meynet / er ſey alleine auff der Bahn: Aber GOtt hat im⸗
mer feine 7000. beym Elia neben ihm / die er nicht kennet: Dann
ein ernſter Chriſt kennet auch fich ſelber nicht: Er ſtehet nichts/
als ſeine Untugend / in welcher der Teuffel gegen ihm ſtreitet /
das iſt immer vor ihme; Aber feine. Heiligkeit kennet er in dieſer
Welt nicht / denn Chriſtus verbirget die unter fein Creutz / daß fie
Der Teuffel nicht ſtehet: Darumb ſeyd wacker und munter alles
zeit / und widerſtehet dem liſtigen Teuffel / auff daß ihr ewig lebet /
Amen.
Das 16. Capittel.
Vom Beten und Faſten / und rechter Zubereitung zum
Reiche GHttes : Was das Beten fey oder verbrin⸗
ge: Was feine Kraft und endlicher
Nutz ſey.
Er rechten wahren einfaͤltigen Chriſtenheit zum Un⸗
richt und zum Troſte / und ung ſelber zu ſtaͤter
— y Auffweckung / daß wir mögen würdig werden zu hoͤ⸗
ren die Stimme des edlen Braͤutigams / der ſeine
Braut ruffet / und ts heimfuͤhren wil. Die
Cap.16. des Menſchen. 269
Die gar ſehr liebliche Porte.
x. ( FIn hungeriger Geiſt / der abgemattet und ermüdet ift /der
Diſt begehrend der ffillen Sanfftmuth und der Ruhe / dag
er möge ans der Quaal des Treibers aufgehen / und möge fich er=
füttigen mit einer Sanfftmuth und Stille / und dann mit deme/
daß feines Schens Begehren ift/davon er feinen Leib erhaͤlt.
2. Alfo mein liebes Gemuͤthe / du biſt erbohren aus der ewigen
ftillen Sanfftmuth / du wareft in GOttes Weißheit vor den Zei⸗
ten der Welt: Die Sanfftmuth der Liebe GOttes war deine
Duaal/ und wareſt ein fruchtbarer Regen in deiner ſtillen
ewigen Mutter / da du noch nicht zu einem Geifte geſchaffen wa⸗
reſt: Betrachte dich / wie du ietzt in fo groffer Unruhebift: Dir
biſt hungerig ohne maſſen / Dich duͤrſtet immer nach Deiner Mut⸗
ter Speife und Quaal: Ach wann Doch Die Zeitder Erquickung
kaͤme! Achzet und wünfchet die arme Scele. Ein Tag Flagets
dem andern / der Morgen dem Abend / und vie Nacht verlanget
nad) dem Tage / undift doch des Treibershalb Eein Stätte noch
Ruhe für die arme Seele: Der Treiber greiffet ihr biß ins
Maul : Und ob fie fich verbirget / fo findet fie doch Feine Stätte
noch Ruhe von der Duaal ihres Treibers : Das treibet fie für
und für’ big lie findet ihrer Mutter Schoß / darein leget fie fich/
und iftihr als einem / der aus einer groffen Schlacht entrunnen
war / der fein Haubt nicht gerne auffhebet fuͤr Furcht des Feindes.
3. Meine lieben Kinder in Chriſto / und alle die ihr euch in
Chriſto zum Himmelreich ergeben habt / ihr Außerwehlten in
Ehrifto /alfo gehets unferer Seelen / in folder groffen Unruhe
ſtecket unfere Seele: Gleich wie cin Kriegsmañ in der Schlacht/
der immer des Todes gewärtig ift /da ihn die Feinde auff allen
Seiten draͤngen / und auff ihn zufchlagen / und immer feinen Tod
begehren: Oder wie einem iſt / der in eine tieffe See faͤllet / der
da ſchwimmet / und ſtehet Fein Ufer / und wartet immer des Todes /
da ihme das Waſſer ins Maul gehet / der achzet und begehret der
Huͤlffe von oben herab : Oder gleich einem / der in cine tieffe
Gruben fället/ da keine Rettung erſehen wird /der wartet auch
der Hülffevon oben herab ; Alſo gehets auch der armen See»
len : Sie ift ineinen finftern Kercker gefallen / und ſchwimmet
in einem gefährlichen tieffen Waſſer / da fie auff aller Seiten,
mit geinden umbgeben ift/ die alleauff fie zufchlagen: Ein jeder
wil ſie ermorden / und fie fichet Eeinen Helffer und fich/ wann fie
gleich Leib / Blut und Fleiſch / ſo wohl Mark und Bein durch⸗
M3 ſuchtef
»
276 Vom dreyfachen Leben Cap.ı 6,
ſuchte / ſo find es doch alle nur ihre Feinde / die fie auffn Abgrund
zi führen.
4. Der Geift diefer Welt in Fleiſch und Blut zeucht fie und
beuget fie zur Gruben in ver Tiefe des Waſſers / und wil fie im⸗
mer erfanffen / dann er wil nur fein thierifeh Leben erhalten und
pfiegen : So zeucht fie der Teuffel auch machtig hinunter in Ab⸗
grund / und wil fie in die ewige Angft-Quaalftürsen x Und fo
fie fich wehret / ſchlaͤget er auff ſie mit hoͤlliſcher Angſt / daß fie-felle
verzweifflen und ſich ſelber in Abgrund ſtuͤrtzen: Da hat ſie
keinen Erretter bey ſich nech umb ſich / kan auch keinen erblicken /
big fie ſich über ſich in die Liebe und Barmhertzigkeit GOttes
ſchwinget / da ſie dann alles muß verlaſſen / was in ihrem Hauſe
iſt / und muß ſich durchwinden als ein Geiſt ohne Weſen:: Das
iſt / ſie muß aus allen Sinnen und aus dem Gemuͤthe mit ihrem
Willen außfahren in die Barmhertzigkeit GOttes / in die erſte
urkundliche Mutter / da ſie nur ein Saame war vor der Welt
Schoͤpffung.
5. Und wann ſie dahin komt / ſo findet ſte / daß daſſelbe Wort /
das ſie ſchuff / iſ Menſch worden: Da hinein ſchwinget ſie fich /
und iſſet von derſelben Menſchheit / als von einem reinen und
neuen Leibe / in welchem keine Quaal der Anfeindung iſt / ſondern
nur cine fanffte reine begehrende Liebe: Allda wirdihr Wille
von GOtt angenommen / und der H. Geiſt faͤhret in ihrem
Willen / und bringet der armen gefangenen Seelen himmliſche
Labſal / daß fie iffet vom Sleifche des ewigen Worts ihrer urkund⸗
lichen Mutter/ und trincket vom Waſſer des ewigen Lebens / dar⸗
innen fievorder Welt nur ein Saame war: Da findet fie die
Stätteihrer Ruhe / und Fühler damit ihre Flamme / und ruhet
in ihrer Mutter Schoß / dann fie gehet ein in das Sand der Le⸗
kendigen / und der H. Geiſt führet fie aus dem Kercker/ und fie
iſſet an GOttes Tifche / und figet unter den Kindern der Siebe,
Ach wieift ſie fo demuͤthig / daß fieder H. Geift austem Strei:
te des Krieges erlöfethat / da hat GOtt ein recht gehorfam und
demuͤthig Kind an ihr!
6. Alſo gehets mit der Seelen) welche aus dieſem Jammer zut
GoOtt eindringer : Oder welche mit Erledigung des irrdiſchen
Lebens zu GOtt einfaͤhret / daß fie des Treibers log wird : Weil
denn deme gewiß alfo ift /und wir den Weeg erkant haben) ſo
follen wir reden / was wir wiffen/umd zeugen vonder Wahrheit;
Dann Ehriftus fpricht auch / Mein Vatter wilden H. Geiſt ge⸗
ben denen / die ihn darumb bitten: Kein Sohn bittet den rg
um
Cap.ı6. des Menfchen. 278
umb ein Ey / der ihme einen Scorpion biste /oder umbs Brod / der
ihm einen Stein biete: BVittet / ſo werdet ihr nehmen: Suchet /
ſo werdet ihr finden: Klopffet an / ſo wird euch auffgethan / ſpricht
Chriſtus.
7. Wann ſich das Hertz und Gemuͤthe mit allen Sinnen in
einen Willen raffet/dag es wil fir Gottes Barmhertzigkeit kom⸗
men /umd reuet feiner Miſſethat / und nimt ihme gaͤnzzlich für /
GOttes Siebe und Barmhertzigkeit zu fuchen / ſo heiſt es: Ehe
fie ruffen / fo habe ich fie erhoͤret / wie beym Daniel zu ſehen / da
der Engel zu ihm ſagte: Da du dich kaſteyteſt / und anfiengeſt zu
beten fuͤr deine und des Bolcks Suͤnde / brachte ich dein Gebete
für GOTT / und gieng dieſer Befehl aus. Kiß die Hiſtori vor
Tobia / was beten / faſten / und ſich zum Reich Gottes bereiten /
vermag: Summa, die H. Schrifft iſt voll davon.
8. Sihe an das Gebet Chriſti / wie ſeine Menſchliche Seele
in GOTT feinen Datter rieff und das Verbum Domini in
ihme auffweckete / waner wolte groffe Wunder thun / fonvderlich
beym Lazaro / welchen er vom Tode auffweckete / da achzefeer zu
feinem Batter / und erweckete Centrum Naturz , und das Wort
in Centro Naturz auffin Ereuße der Dreyzahl: Alda giengder
H. Geiſt in feiner Seelen aus/ und das Wort / welches jest
erwecket war / hatte den H. Geiſt: Da danckete Chriſti Seele
feinem Batter/ der ſie erhoͤret Hatte / und fprachin Krafft des
Worts zum todten Lazaro: Lazare / kom̃ herfür: Alda fahe
man die Krafft des Worts in der Seelen / daß der todte muſte
auffſtehen / welche Krafft die Seele Chriſti mit ſeinem Anklopf⸗
en hatte eröffnet und erwecket. i
9. Ihr follet wiſſen / dag Sazarus iſt von innen erwecket wor:
den / und wir allefambt werden am jüngften Tage die Stimme
GOttes von innen im Centro der Seelen hören: Denn ns
Wort mit der Dreyzahl wohnet im Centro darinnen auffut
Ereuge/ unddas ſchallet herauf / und wechet den Seib der Effen-
tien auff: Denn die Seelen der Menfchen find allefambt / als
waren fie eine Seele / dan fte ſind alleſambt aus einer Seelen
gezeuget worden / darumb werden fie alle die Stimme der Men
ſchen⸗Seele in Chriſto hoͤren / und auffſtehen mit ihren Leibern.
10. Wan wir nun zu GOTT beten / fo erhoͤret GOTT unſe⸗
re Seele in uns ſelber im Centro: Das iſt / die Seele dringet mit
ihrem bußfertigen Willen aus dem Centro der Angſt / auß der
Hoͤllen Abgrund / und auch aus dem Geiſte dieſer Welt aus ins
ander Prineipium in GOTT / welches auch in der Seelen ift?
M4 dann
272 WVom dreyfachen Sehen Cap.i6.
dann es find alle drey Principia in der Seelen / als zwey ewi⸗
ge / und dan das zerbrechliche / welches den Todt dieſer Welt
machet.
Alſo verſtehet uns thewer:
11. G OTT der Vatter beweget ſich nicht / allein der H. Geiſt
beweget ſich / wiewohl uns das auch nichts huͤlffe: Al—⸗
leine das Wort / welches unſere Seele geſchaffen hat / iſt Menſch
worden / das hat den H. Geiſt in ſich / und der gehet vom Vatter
un Worte aus / und entgegnet dem anruffenden Gemuͤthe und
Willen / und eroͤffnet ſich von innen herauß in der Seelen / denn
der aͤuſſere thieriſche Leib iſt des H. Geiſtes nicht werth / daß er
ſich in deme eroͤffne / alß es doch zu Zeiten bey den Heiligen ge⸗
ſchiehet / daß er aus der Seelen ins auffere Principium außge⸗
bet / da der Leib triuwmphiret / und weiß vor Frewden nicht / wie
ihme gefchichet.
12, Aber inder Seelen newen $eibe in Chrifto / wan fie Chri⸗
fi Leib krieget da wohnet der H. Geift innen: Und wenn dan
Der Teuffel komt / und wil die Seele von unten in dem erften
Principio, im Centro der Erften vier Geftalten zum Fewer⸗
Dumal anfechten/ fo dringet der ABille der Seelen ins Sleifch
Chriſti / ins ander Principium in ſich hinein / da wird ſie ge⸗
fanffriget und erlöfet / und mug der Zeuffelhinunter: Dan das
Leben ſchmecket ihme nicht: Noch ift er fo trotzig / und ficht die See⸗
le an / fo offte er nur ſihet / dag Ne ſicher iſt / oder ſich ein wenig
mit Falſchheit beladet: Er ſuchet immer Gelegenheit / ob er
moͤchte ſein Neſt offen finden.
13. Darumb lieben Kinder ſo ihr betet / fo dencket nicht /
GOTT wohne ferne von euch / er höre ruch nicht und fehe cs nicht:
Es ift ein falfcher Wahn: Der wird nicht erhöret / der nicht im
GOTT wileingehen / der in feiner Boßheit bleibet ſtecken / und
hat den Schalt inder Seelen) derdaruffet/ GOTT folle feine
Wort voun ihme von auffen annchmen/ und er behaͤlt den Schal
an der Seelen / der fpottet GOTT. GOTT wohnet nicht im
auffern / dan das Auffere ift der thierifche Stern-Beift : Er
wohnet iminnern in ſich: Das auffere Weſen ift nur eine Figur
und Gleichnuͤß von GOTT: Wohlift es GOttes / und ans dem
innern Centro ausgebohren/ aufgefprochen durchs Verbum Fiaz,
aber es ift nicht das Weſen der Dreyzahl / welches ein Weſen und
Geift in einer Drevheitift/ über die Natur / und wohnet doch
in der Natur in ſich felber 7 Der Natur unbegreifflich / gleich 2
ec
Cap.16. des Menſchen. 273
der Wind und das Liecht nicht wird vom Fewer ergriffen / und
iſt * des Fewers Geift Glantz und geben.
.Alſo wan du wilt beten / fo raͤume den Grewel aus dei—
dr Seelen / und gehe in dich felber: Das iſt / du muſt dem
Grewel gramm werden / und einen Willen in deiner Seelen
fhöpffen! das du ſolchen Grewel nicht mehr wilſt in dich laſſen /
du muſt auch mit deinem Willen nicht im Grewel bleiben ſtecken
und verzagen: Dan wan du verzageſt / fo ſinckeſtu unter dich in
Abgrund: Nur dencke / daß es GOttes lieber Wille iſt / daß du
durch den Gewalt hindurch dringeft und laͤſſe ſt den Grewel dem
Teuffel auffin Halfe/ und kommeſt gantz demuͤthig bittende als
ein fündig Kind zu ihme: Er iſt ver Vatter des verlohrnen
Sohns / du haft Deine Schönheit und Gerechtigkeit mit dem
Zeuffel und nieder Antichriftifchen Huren verpranget / du bift
unter den Saͤwen zu Babel / nach dem du dein Gut durchge-
bracht / ſo haſtu Treber mit den Saͤwen gefreffen: Du bift nacs
ket umd zerlumpt / und biſt nicht wehrt / daß du fein Sohn heiſ⸗
ſeſt. Sihe / dieſes bilde dir ein / denn es iſt wahr / und komm al⸗
ſo mit rechter Umbwendung aus dem Kothe von den Saͤwen zu
unſerm alten lieben Vatter / und bitte umb Gnade / er wolle
dich doch zum Tagloͤhner in ſeinem Vorhofe machen: Bekenne
ihm / * du uͤbel gethan / und nicht wehrt biſt / daß du fein Sohn
heiſſeſt.
15. Sihe du Liebe Seele / mercke es doch / es iſt die **
Waͤhrheit: Wan du alſo in Dich geheft/ und ſucheſt deine
Grewel / und ſiheſt des Teufſels und der Welt Treber / die du
lange Zeit gefreſſen haſt / und erinnerſt dich GOttes und feiner
Barmhertzigkeit / ſo kehre ja nicht wiederumb in Saͤwſtall / und
ſprich ja nicht / ich ſchaͤme mich meines frommen alten Vatters /
ich darff ihme nicht unter Augen tretten vor groſſem Spott und
Grewel / denn ich war ein herrlicher Sohn / und bin nun ein
nackender Saͤwhirte: Sondern dencke / Das ſich dein Vatter
eben fo wohl umb dich (als umb ſeinen verlohrnen Sohn) be—
ruͤmmert / als du umb ſeine Gunſt und Liebe / die du muthwillig
verſchertzet haſt: Faſſe dir nur einen freundlichen / d demuͤhtigen /
unterthaͤnigen gehorſahmen Willen / und kom̃ / gehe von Saͤwen
aus / lag Die Treber der Welt ſtehen/ laß ſie die Saͤwe freſſen
und ſich ſelber weyden: Gehe du in dich / und klopffe an dein boͤ⸗
ſes Hertze / brich durch Thuͤren und Thore ein / und wenn gleich
alle Saͤwe und Teuffel umb ihren Hirten heuleten / fo Erst dir
zum Baͤtter mit folchen Geberden und Worten / die du nicht
M 5 darffeſt
274 Vom preyfachenteben Cap.ıs,
darffeſt ſchmuͤcken / wie fie feyn follen / und ob du gleich nichtmehr
als des armen Zöllners Worte hätteft / es liget nichts an deme:
Nur ernfter Beftandt ohne Nachlaß: Undfolte die Hölle ger:
ſpringen / und geib und Seele vergehen / fo ſtehe ſtille / und gehe
nicht wieder aus der Thür des Batters: So bald du winft die
Thuͤr auffmachen indeiner Seelen / und wirft ausdem Koth ge=
gen den alten Datter gehen/ dag er dich nur erkenne / daß du
fein Sohn bift/ dag du zu ihme eingewandtbift/ fo fageter:
Das ift mein verlohener Sohn / umb dehn fich mein Herke hat
bekuͤmmert / und iſt im die Menfchheit eingegangen in diefe
Welt und hat ihn geſuchet / jest habe ich ihn funden: Da fhic-
ket er ihme den H. Geift entgegen / und Faller ihme freundlich
umb feinen Hals’ und nimt ihn mit Freuden an / und ſtecket ihme
zum Zeichen feiner Liebe das Siegel und den Ring der H. Drey⸗
Einigkeit im Leyden und Tod Chriftian feine Handt der Sees
fen: Da bringet er die holofeelige Jungfraw feiner Weißheit
das newe Engels-Kleid / alsdas Fleifch Chriſti / und zeuchts der
Seelen an / und muͤſſen ſich alle Knechte Gottes / als die H.Engel
im Hauſe des Vatters erfrewen / und mit dem verlohrnen Sohne
froͤlich ſeyn. Da ſchlachtet der alte Vatter eingut Kalb / und
ſpeiſet den Sohne auff ſeinem Tiſche der himliſchen Weſenheit
mit der Krafft und mit dem Fleiſche ſeines gehorſahmen Sohnes
Chriſti / und traͤncket ihn mit dem Waſſer des Ewigen Lebens
im Blute Chriſti / in der erſten Mutter / Daraus die Seele iſt
erſchaffen worden / und iſt Frewde im Himinel fuͤr 99. Engel
oder heiligen Seelen / dic bey GO TT ſind / daß aber mahl ein
lieber Bruder iſt in ihre Geſellſchafft kommen.
16. Und ob gleich die eigene Werck-heiligkeit / als der ältere
Sohn / der immer in dem Antichriſtiſchen Haufe umbhergan⸗
gen / Dawieder murret und gruntzet / und rühmet fich feines Ge=
borfams und feiner Miche und Arbeit / dieer m Gleyßnerey hat
zugebracht; Darnach fragetder Batter nicht / der newe Sohne-
gefaͤlt ihme beffer / als der im Haufe / dann der im Haufe ift eine
Reidiger/ und wil nicht himlifche Fremde mit feinen verlohr⸗
nen Bruder haben: Er meynet / erhabe das Erbe alleine / das
Himmelreich ſey feine / er habe es verdienet/ und fen nicht aus
dem Harfe gangen / ihme gebühreder Schlüffel zum Schake /
jener fey nur ein Saͤwhirte / dasirretden Batternichts / er ift
mit ſeinen Knechten den Engeln und heiligen Seelen fröfich/ und
laͤſſet den Zürner/ der nicht wil himlifche Fremde mit feinem
Bruder paben/ hingehen in die Zorngrube des Teufels / und F
-
Cap.16. des Menſchen. 275
iſt mit ſeinem Kinde froͤlich; Dieweil aber der Gleißner zuͤrnet /
und das Abendmahl des Vatters verachtet / fo geneuſt er auch
nicht der himliſchen Frewden.
17. Höre du Roͤmiſcher Pabft und du Nömifcher Käyfer /
was zuͤrneſtu mit uns armen verlohrnen Söhnen in Teutſch⸗
landt / die wir zu unſerm erften rechten alten Batter eingehen?
Wil er uns doch gernehaben: Biſtu unſer Bruder/ warumb
Srungefib dan? Biſtu Pabft im Haufe / fo ſchawe und ſey des
Batters gchorfahmer Sohn/ und frewe dich mit dem verlohr⸗
nen Sohne/ warn er aus dem Antichrift zum Vatter gehetz
Wirſtu das nicht thun / fo muftu ewig zuͤrnen / und mit uns
verlohrnen und wieder lebendigen Kindern keine Frewde in E⸗
wigkeit haben. Saget der Geiſt der großen Wunder.
18. Oder du Antichriſtiſcher Wolff / was zuͤrneſtu / wan der
Batter einen Saͤwhirten zu einem lieben Kinde annimt / und
gibt ihme den Siegel-ring Myfterium Magnum: Meyneſtu /
du haft recht/ ob du gleich auff einer Academia bift gebohren /
undder Hirteim Felde bey den Saͤwen / wie du fie achteft ? An
denen doch die gröffeften Wunder erwecket werden über deine
gleißneriſche Vernunfft; Schawe zu / regiere recht im Haufe
deiner Academia: Wir haben einen Waͤchter hoͤren ſa⸗
gen/ rein ab: Die Statt Babel iſt gefallen] ſchawe /
daß du nicht in Babel werdeſt ergriffen / dan fie brennet
im Fewer: Turba Magna wil fie außſpeyen / esift Fein
anderer Rath / als nurallefamt mir dem Saͤwhirten zum
Vatter zu gehen / und ihn umb Gnade zu bitten: Sonſt
wirſtu erfahren | was die Feder geſchrieben hat | aus
welchem Seitte es gefloffen ung eröffnet ut worden.
29. Als Chriſtus von dem Mondfüchtigen die Teuffel auß⸗
trieb / fprachenfeine Jünger zuihme : warumb konten wir fie
nicht außtreiben? Da ſprach Chriſtus: Diefe Art fähret nicht
auß / als durch Faſten und Beten.
20. Lieben Kinder / Brüder und Schmeftern/ laffet euch Doch
rathen / Dan diefreimdliche Siebe GOttes des Batters in ſeinem
Hertzen / welcher umb unfert willen ift Menſch worden / hat
fich in der Kron deß Geiftes diefer Welt erhoben/und ruffet ung :
es jammert feine Barmhersigkeit / dagwir den Zorn in Turba‘
magna ſind heimgefallen: Er ſchicket dir ietzt viel Boten / und
ruffet dich in ſeiner Stimme / und wird dir der noch mehr ſchik⸗
Een: Warumb hoͤneſtu fie und toͤdteſt fie ? Pruͤffe ſie / ob ihr Geiſt
M6 auß
276 Vom dreyfachen Leben ap.ıc.
auf SOTT gebohren ſey? Ob ſie den eigenen Weeg des Bauchs
im Antichriſt ſuchen? Warlich es iſt die Zeit / vom Schlaff zu
erwachen / es wird kein Schertz hernach folgen : Ihr doͤrffet
nicht alſo ſchertzlich mit dem Schluͤſſel deß Heiligen Geiſtes
umbgehen / und Schluͤſſe vom Glauben machen nach ewrem
Wahn: Es wil nicht geſchloſſen ſeyn / fondern mit rechten
Ernſte / als gehorfame Kinder Ehrifti erwecket ſeyn.
21. S Paulus fügte nicht zu feinem Jünger: Difputire vom
Geheimnuͤß Gottes; Sondern erwecke die Gaben / dieindir
feind: Es thuts Feine eigene Witz / viel weniger die Hoffart der
hohen Schulen / welche ſte doch mit Gleißnerey unter deß H.
Geiftes Mantel verdecken: Was ſchlieſſet ihr vom Leibe und
von der Perfon Ehrifti? Habt ihr den Gewalt? Iſt es euch
nicht Myfterium , und verfichet nichts darinnen / ihr werdet
dan in Chriſto newgebohren? Koͤnnet ihr mit ewren irrdiſchen
Augen in Himmel ſehen / wo Chriſtus iſt? Saget er nicht:
Siehe / Ich bin bey euch biß an der Welt-Ende? Iſt er bey
euch) was ſetzet ihr euch dan auff ſeinen Stuhl / ud verlaͤugnet
feine Gegenwart? Seyd ihr nicht Pilatus der Chriſtum ur⸗
theilet? Von weme habt ihr die Macht / daß ihr Schluͤſſe machet?
Seid ihr ſeine Herren / ſo ſeid ihr nicht Kinder: Sehet zu / das
ihr nicht der altere Sohn im Hauſe ſeyd / welcher ſich umb das
Erbe rei het und: umb den Gewalt/und bleibet doch nur cin ſtoltzer
Murrer und Zuͤrner wider den Batter.
22. Ihr lieben Kinder / Warlich es thuts nicht / ‚alfd einen
ſolchen Weeg zugehen: Chriſtus ſprach zu feinen Jüngern / als
er die Teuffel vom Mondſuͤchtigen außtrieb / welches die Jünger
in ihrer eigenen Bernunfft nicht Eontenthun: Diefe Art führet
nicht auß / als durch Faſten und Beten. Sieben Brüderihr wer:
det den Teuffel nicht von uns auftreiben wenn ihr nicht Chris:
ſtum ben euch habt: Euer Kunſt und Bernunffe-fchlüffe thun
nichts alg daß ſte von GOTT aufgehen / incinen eigenen Wil⸗
len; Wir muͤßen faften und beten / daß wir nicht in Anfechtung
und in unſerer Vernunfft in die Stricke und Retze des Teuffels
fallen: Dan der Teuffel haͤlt der Vernunfft immer fein Nee fuͤr /
wer darein faͤllet / der meynet / er ſey in Chriſti Fiſchhamen gefan⸗
gen / aber er iſt in des Wider-chriſts Hamen gefangen: Keine Ver⸗
—— begreiffet nichts vom Reiche GOttes / alsaur die Huͤlſe:
Die Krafft bleibet der Vernunfft verborgen; Sie ſey dar in
pr OTT gebohren / ſo gebet die Bernunfft als ein bremmend Fewer
in GOttes Geiſte; Aber der Geiſt laͤſſet fie nicht in die FA fons
dern
Cap.16. des Menſchen. 277
dern er beuget fie zur Erden / dan er weiß den Kriegsman gegen
ihr: Es gehoͤret ein wachendes Leben darzu / das ſich caſteyet / und
nicht mit dem fleiſchlichen wolluͤſtigen Geiſte dieſer Welt uͤber⸗
ſchuͤttet / nicht ein immer⸗trunckenes volles Leben: Dann fo bald
die Seele mit der Krafft des irrdiſchen Geiſts entzuͤndet wird / ſo
tritt der Geiſt GOttes in ſein Principium, und iſt die Seele vom
Geiſte dieſer Welt gefangen / und krieget der Teuffel einen Zu⸗
tritt zu ihme: So wird feine vorhin in GOTT erkandte Witze in
die aͤuſſere Vernunfft verwandelt: So meynet der Menſch / es ſey
noch GOttes Geiſt:O nein Fritz: Das Geſtirne / welches im Gei⸗
ſte Chriſti muß ruhen / das luͤſtert auch ein ſolch Hertze und Seele
zu beſttzen / wo GOttes Geiſt iſt geſeſſen / dan es ſaͤhnen ſich alle
Creaturen nach der Krafft Goltes; Aber das Geflirne / obs
gleichin Tempel Chriſti komt / treibet nur das feine / was in
feinem Bermögen ift / es weisnichtsvon Göttlicher Weißheit /
eshateine Weisheit und machetden Geift dieſer Welt: Wol
hatsgroffe Kunſt dann Myfterium Magnum irrdiſch und Ele=
mentiſch liget inihme : Aber den Schlügfel zum Principio der
Freyheit GOttes auffer der Natur hats nicht / Denn es hat An⸗
fang und Ende/ und ſihet nicht weiter / es machet umd ſuchet nur
ein gleißneriſch chen.
23. Darumb laſſet uns nicht ftolg und ficher ſeyn unduns
nicht auff Kunſt verlaſſen / viel weni ger auff den Buchſtaben / dan
ſein Geiſt iſt uns ohne GOttes Geiſt verborgen: Wir haben
GOttes Willen in der H. Schrifft klar aber ohne GOttes
Geiſt haben wir nur cine Huͤlſe und todes Wort : GOttes
Geift erwecket erft das lebendige Wort in uns/ daß wir dem
Buchſtaben und dasgefihriebene Wort verfiehen: Das weifer
ſich gnug auß / daß die Kunftgelehrte nur Buchftaben gelchrter
und nicht von GOTT gelehrte ſeynd / ſonſt zancketen ſie nicht umb
Chriſti Ehre und Lehre / ſie wuͤrden ſonſt nicht alſo umb den
Kelch Chriſti tantzen.
24. Wann gleich 1000. von GOTT gelehrte / welche im Geiſt
Chriſti erbohren feind/bey einander wären/ und da ein jeder eine
fonderliche Gabe und Erfäntnüg in GOTT haͤtte / noch wären
fie alleinder Wurtzel Chriſti einig / und begehrte einjeder nur
die Liebe GOttes in Chrifto: Welcher Jünger wird fich über
feinen Meifter erheben? Sind wir in Ehrifto ein Leib was
darff dan ein Glied mit dem andern zanden umb die Speife ?
Wenn der begehrende Mund iſſet / fo empfahen alle Glieder
Krafft / ein jedes Glied hat feine Geſchaͤffte die Wunder Gottes
M7 3b
278 Vom dreyfachen Leben Capus.
zu eroͤffnen: Wir fuͤhren nicht alle ein Wort / aber einen Geiſt
in Chriſto / einem jeden wird feines zugetheilet / was er in GOTT
ecöffnenfoll/ auff daß die groſſe Gehe im nuͤße GOttes offenbahr
werden / und die Wunder / ſo von Ewigkeit in ſeiner Weißheit
ſind erſehen worden / zu welchem Ende die Seele von GOTT
ward geſchaffen.
25. Ich weiß / und der Geiſt zeiget mirs / du Antichriſtiſcher
Sophift wirft mir fuͤrwerffen / dag auch in den Apoſteln ſey
Streit umb Chriſti Worte gewefen: Ia freplich / es ift des
Satans Meifterftüc gewefen/Chrifti Sünger /und wieder ihre
Juͤnger zu fichten/ fo bald fie ficher gewefen : Gie find chen
Menſchen gewefen alswir/ undiftieeiner ftärder im Geiſte
gewefen alsder ander/ nach deme fie fich felber gefischet und int
SHIT ergebenhaben: Dann fie haben unter bofen Mienfchen
gelebet und haben fich offte muͤſſen in die Welt ſchicken / und
habendem Schwachen müffen Milch zu trinden geben / an wels
chem fich offt die andern in ihrer Vernunfft geftoffen / und fich
enteyfert haben / und einander darumb geftraffet: Als folches
beym Cornelio zu fehen/da Perrus zu den Heyden eingieng / und
ar andern Apoſtel meyneten / das Reich GOttes gehöre nur
Iſrael.
26. Ihr ſollet wiſſen / daß GOttes Liebe ſo demuͤthig ift/ daß
fie auch / wan ſich die Seele darinnen entzuͤndet / der Seelen un—⸗
kKrthänigift: Aber deß ſoll ſich keine Seele frewen / ſondern in
die Liebe GOttes verdemuͤthigen / und ſtaͤts auß ihren Begierden
außgehen / auff daß der Geiſt GOttes in ihr lebe / und ſie ihme
nach ſehe: Es wird der Seelen zugelaſſen / daß ſte eyfert; Aber
beſſer thut ſie / daß ſte in Sanfftmuth wandelt / in welcher ſie in
Krafft der Mayeſtaͤt einhergehet / und iſt gar ein liebes Kind.
Was huͤlfft michs / daß ich Fewer uͤber meinen Bruder außgieſſe
und entzuͤnde mich nur auch darinnen? Es iſt ſeeliger unter
Creutz in Gedult bleiben in Sanfftmuth / als Fewer vom Him⸗
mel bringen: Chriſtus iſt kommen zu ſuchen und ſeelig zu
machen / das verlohren iſt / nicht daß er Zorn über uns erwecke/
ſondern daß er uns helffe auß dem Rachen des Teuffels / und hat
uns in ihme wieder gebohren zu einer lebendigen Creatur in
GOTT / und hat uns gefuͤhret Durch feines Vatters Zornfewer:
Er hat uns die Bahn gebrochen / daß wir ihme ſollen in Liebe und
Saunfftmuth nachfolgen / als die Kinder ihren Eltern thun ſol⸗
len: Darumb lehret er uns trewlich / was wir thun / und wie
wir beten ſollen.
27. Das
Cap. 16. des Menſchen. 279
27. Das gebet / fo er (Chriſtus) uns gelehret hat / iſt eine
Unterweiſung und Lehre alles deſſen / was wir thun und laſſen
ſollen / und was wir von GOTT bitten und warten ſollen: Usd
wird alleweege nach den dreyen Principien recht verſtanden wel⸗
ches wir alhier eine kurtze Anleitung geben wollen; Wiewol es
ſich nicht laͤſſet umbſchlieſſen / dan der Geiſt darinnen hat die
gantze Ewigkeit / ſo wol die Ratur und alle Weſen darinnen
begriffen / daß es alſo keine Zunge genug deuten kan: Je mehr
man das betrachtet / ie mehr wird darinnen befunden: Jedoch
wollen wirs wagen / und dem Leſer eine Anleitung geben / nicht den
Geiſt zu binden / dan es gehet einem jeden in feiner Seelen auff /
nach deme ihme eine Krafft auf GOttes Wundern gegeben ift.
28. Und alſo ifts auch mit dem Evangeliojes laͤßet fich an keine
Auslegung binden: Je mehr man darinnen ſuchet / je mehr
findet man / dan der Geift Gottes ifts felser/der uns lehret recht
beten / ervertritt uns auch felberin GOTT: Dan wir wiſſen
nicht / was wir reden follen: Unſer Wandelift nur im Willen)
daß wir uns in GOTT ergeben: GOTT der H. Geift machet
folder das grünen und auswachfen durch ſich felber in GOTT /er
greibet die Blume des newen Leibes der Seelen auſſem Centro
GOttes durch Die Seele auß / dag alfo die Frucht des ewigen Le—
bens auß der Seelen $eibe außwaͤchſet mitden vielen Zweigen
und Schöner Frucht / und ſtehen als ein herrlicher Baum in GOt⸗
tes Reiche/ dag / wan wir beten / fo. effen wir mitder Seelenvon
vielen him̃liſchen Früchten / welche alle auß der Geelen Leibe / als
auß einem him̃liſchen Acker find außgewachſen / und davon iſſet
die Seele im Gebete wieder / und iſt ihre Speiſe an GOttes
ZTiſche: Alſo iſſet ſte vom Verbo Domini, davon Chriſtus ſa⸗
gete: Der Menſch lebet nicht allein vom Brod / ſondern vom
einem jeglichen Wort / das durch den Mund GOttes außgehet.
29. Einen gar hohen und trefflichen Verſtand gibt das Vat—
ter unſer in der Naturſprache: Dann es ſpricht auß die ewige
Gebuhrt / auch alle drey Principia ‚fd wol den klaͤglichen Fall des
Menſchen / und zeiget ihme die Wiedergeburt in Chriſto: Es
eiſet ihme / wie er thun und ſich gebaͤhrden ſolle / daß er wieder in
die Göftliche Einigung komme / und zeiget ihme / wie ihme der
Geiſt GOttes ſo freundlich entgegnet. Weil wir aber ſchwehr
moͤchten zu verſtehen ſeyn / ſo wollen wir nur einen ſummari⸗
ſchen Inhalt und Verſtandt ſetzen / und fuͤrter das Werck der
hoͤchſten Zungen / dem Geiſt GOttes in jeder Seelen empfehlen :
Und mag doch wol in einem eigenen Tractat davon gehandelt
werden
280 Vonm dreyfachen Leben Cap.ıe,
werden nach der Laͤnge / ſo der Herr uns ſolches zulaͤſſet.
30. Wan wir ſagen: Unſer Vater im Himmel: So erhebet
ſich die Seele in allen dreyen Principien, und aneignet ſich in
das / daraus ſie iſt geſchaffen worden: Das verſtehen wir in der
Natur Sprache gar ſcharff und eigentlich: Dan Un / iſt der
ewige Wille GOttes zur Natur: Ser / haͤlt inne die erſten vier
Geſtaͤlte der Natur / darinnen das erſte Principium ſtehet.
Vater / gibt zweene Unterſcheid zweyer Principien, dan Da/ iſt
die matrixauffin Creutze: Ter / iſt Mercurius in Centro Naturz:
Und ſind die zwey Muͤtter im ewigen Willen / darauß alle Ding
ſind worden / da ſich eine ins Fewer ſcheidet / und die ander ins
Liecht der Sanfftmuth / und ins Waſſer: Dan Da iſt die Mut⸗
ter ausm Liechte welche Weſenheit gibt: Und ter iſt die Mut-
fer des Fewers-Tinctur, welche das groffe und ſtarcke Leben
gibet/ und der Vater iſt beydes. Wan wir fagen im/fo verftchen
wir das innere / als das Hertze / von deme der Geiſt außgehet / dañ
die Sylbe gehet auß dem Hertzen / und ſchallet durch die Lippen /
und die Lippen behalten das Hertze im innern unauffgewecket.
Wan wir fügen Him / fo verſtehen wir die Schoͤpffung der
Seclen. Die sy!bemeljift die Englifche Seele ſelber / welche das
Hertze auffin Creutze im Centro zwifchen.beyden Müttern hat
gefaſſet / und mit dem Worte Him zu einer Creatur gefchaffen/
alszummel: Dan Him ift des mels Wohnunge: Darumb
iſt die Seele in Himmel geſchaffen / das ift/in der $iebe matrix.
Die erfte Bitte,
32. Wan wir ſagen Dein/fo verftchen wir/wie die arıne See=
le im Waſſer diefer Welt ſchwimmet / und fich mit ihrem Willen
ins Principium GOttes einwirffet: Denn ſie gehet in der Sylbe
Dein / in GOttes Stimme: In der Sylbe Na / eignet fie fich ein/
undinder Sylbeme/ faffet ſte die himmliſche Weſenheit / das ge⸗
ſchiehet alfo im Willen der Seelen. Und wan wir fagen Wer / fo
faͤhret die gantze Ereaturin Willen: Dan wer / hat das gunge
Centrum: Und mit der Sylbede/ leget ſte ſich in Gehorſam in
die Sanfftmuth / und wil das wer im Fewer nicht entzuͤnden /
wie Lucifer gethan hat. Und wenn wir fagen ®e/ fo gehet die
Seele in der Him̃liſchen Wefenheit/ als cin ftilles Kind ohne
Zorn: Und dan hei /ift der gewaltige Eingang auffın Ereuße in
der Dreyzahl / da der Seelen Willen eindringet in die Mayeſtaͤt
ins gicht GOttes. Mitvder Sylbe, li/ hat der Seelen Wille
ven H. Geiſt gefaſſet: Get / dagehetder Seelen Willen mit
om H. Geiſte auß: Dan der Glantz der Mayeſtaͤt leuchtet im
Wil⸗
Cap.t6. des Menſchen. 28:
Witlen / undder H. Geift führer im Glantze der Mayeſtaͤt auff
der Seelen Wagen: Dan der Wille iſt der Seelen Braut: Was
gen / damit ſie in Ternarium Sanctum einfaͤhret / darinnen der H.
Geiſt ſttzet mit dem Glantze der GOttheit.
Die andere Bitte.
32. Dein / da ergibt ſich abermal die arme Seele mit ihrem
Willen in GOttes Willen / als GOttes Kind. Reich / hie ans
eignet ſte ſich in die Krafft der Engliſchen Welt / und begehret
aus der Tieffe des Waſſers in GOttes Krafft. Komme: In
dieſer Sylbe kom / gehet ſie in die Krafft ein / und faſſet die und
init der Sylbe me / machet ſte ihren Himmel auff / und gehet mit
ter gefaſſeten Krafftausim Reiche / als ein Gewaͤchſe: Dan
das me machet die Lippen auff / und laͤſſet das Gewaͤchſe des Wil⸗
lens ausgehen / und langſam ſanffte wachſen.
Die dritte Bitte.
33. Dein: alhier thut die Seele mit ihrem Willen / wie in
der erſten und andern Bitte: Sie wirffet ih in GOttes Wil-
ben ein. Wil iſt ihr Begehren mit dem H. Geifte zu wallen/ Ken /
mit dieſer Sylbe nimt fie den Geiſt mit dem Willen ins Centrum
ein/alsins Herge / und wil / das ihr Wille im H. Geifte ſoll im
Seren wallen: Ge / mit dieſer Sylbe gehet fie in Willen / fche/
mit dieſer Sylbe würdet fie GOttes Werck: Daun da thut ſie / was
des Vaters Rath iſt / was das Hertze GOttes wil / als da ſich
Chriſti Seele ließ ans Creutz haͤngen / und wir in Trubfalun-
ters Creutz kriechen. He / in dieſer Sylbe nimmet fie es gedultig
an / was GOTT wuͤrcket / fie buͤcket ſich als ein Kind. Wie / da
gehet ſte abermal indie Stimme der hohen Mayeſtaͤt / im / iſt das
Hertze GOttes / da der Geiſt ausgehet / in dem Willen wil ſte
ſeyn: Him / iſt abermal die Schoͤpffung der Creaturen / mel /
iſt die Seele: das iſt / ſie wil in GOttes Willen thun als die
Engel/ was Gottes Willen gefaͤllet. Al / da faſſet ſte denſelben
Wiüllen / und treibet ihn mit der Sylbe ſo / aus ihrem Centro in
dieſe Welt ins.äuffere Principium , auch / da gibt ſte alles / was
ſte in ſich hat / heraus ins Auffere/auffer fich in Diefe Welt. Auff /
mit dieſer Sylbe faffet fie das wieder / und wil / daß ihr Weſen nicht
ſoll zerſtrewet werden: Dan ſie laͤſſet nur den Willen vom We—
fen durch die zugethane Lippen an die Zähne außgehen / und wil/
das die Form deß Willens als ein Figurlich Weſen ſoll ewig
bleiben. Er /mit dieſer Sylbe bringet ſie ihr Weſen in Geiſt die⸗
fer Welt auff die Erden / da ſoll der Wille Wunder wuͤrcken /
wie in der Goͤttlichen Krafft im Engliſchen Reiche: Der er
el
292 Vom dreyfachen Leben Cap.ı6,
ſoll GOttes Geheimnuͤß offenbahren. Den / mit dieſer Sylbe zei⸗
get ſie an / daß es ſoll nicht im Zornfewer geſchehen / wo der Teuffel
inne wohnet: Dann die Sylbe wecket nicht das Centrum auff /
es ſoll in der ſanfften Liebe geſchehen / und doch aus dem ER , ge⸗
nommen werden. Die Seele ſoll maͤchtig herrſchen in allen Ge⸗
heimnußen / aber den Teuffel nicht einlaͤſſen: Alhier mangelt ung
viel / der ſchwere Fall drucket uns ſehr. Oes iſt viel hierinnen /
welches zu lange ſeyn wolte zu ſchreiben / denn GOttes Wille ſoll
geſchehen / und nicht des Fleiſches und des Teuffels! Darumb
find wir im Gebete ſo zweiffelyafftig/ / daß die arme Seel in des
Fleiſches und des Teuffels Willen lauffet: So ſie in der Uns
ſchuld lebete / ſo haͤtten wir dieſe Erkaͤntnus vollkommen / und
waͤre kein Zweiffel in unſerem Gebete / ſondern nur ein Thun
und Vollbringen“: Wir ſchwimmen alhie recht im Elende /
zeiget uns der Geiſt der Wunder.
Die vierdte Bitte.
34. Gib. Da ſtecket der Wille im Hertzen / und drinzet
herauß / und das Maulfängetign: Das iſt / die Seele wil ge⸗
freifet ſeyn: Waß das Wort aus ſich gibt / das faſſet die Seele:
Denn es iſt ihr / ſte wils haben: Uns / mit dieſer Sylbe begehret
die Seele fuͤr alle Glieder Speiſe / als fuͤr alle Seelen / gleich
als waͤre fie ein Baum in viel Zweige und Aeſte / da ein jeder
vomStammen Krafft und Safft bedarf: Alſo wil ſie es in gemein
aus GOttes Krafft fuͤr aller Seelen Leben haben: Dannſie zeucht
das mit aller Begierde zu ſich / und in alle / als ein lieber Bruder:
Sie wil es zugleich haben / und nicht alleine im Geitze / wie der
Teuffel thut. Un / mit dieſer Sylbe gehet der Seelen Willen indie
ewige Weißheit / darinnen er vor der Schoͤpffung im Saamen /
im ewigen Willen erblicket ward. ſer / mit dieſer Sylbe nimmet fie
den Urſtand der Naturim Willen / da eine Geſtalt die andere in
Urſtand erbieret / erfuͤllet und erhaͤlt: Dann das iſt der Seelen
Band / daß ſie ewig lebe und beſtehe: Das begehret der Wille
der Seelen / ſonſt zerbraͤche ſie / dann ein Geiſt begehret nichts
mehr als ſein Band zu erhalten / und das mit Krafft zu erfüllen)
dag es quaͤlle: Und hie liget der Schlüffel der groͤſſeſten Ge>
heimnuͤßgen des Weſens aller Weſen. Sicher Do&or , feyd
ihr gelehrt / albier ſuchet; Und fo ihr alhier nichts verftchet /
oder verftchen wollet / fo feyd ihr nicht gelehrt / fondern nur Hi-
forien Erzehler / welches der Einfältige / ſo er fich über/ auch
thut. Das iſt das rechte Doctorat im H. Heift: Das auffereift
| nur
Cap. 16, des Menſchen. 283
nur ein Spiegelfechten / und gibt Hochmuth. Tag; Mit dieſer
sylben wird die him̃liſche Zahl verftanden / als da der Geift
auffn Ereuß in der H. Matrice der Gebährerin in der Biel-
faͤltigung ergeeiffet/ da der Wille des Geiſtes ſich in jeder Zahl
befuftiger / Eräfftiget und ſtaͤrcket. Lich: In diefer Sylbe er:
quicket Jia) der Seelen Wille im Sieht und Krafftder Mayes
ſtaͤt GOttes / und ſtaͤrcket die Seele mit der himliſchen Zahl /
welche auffgehet aus der Mayeſtaͤt in unendlich / und hier ift die
Seele ein Engel erkandt / und lebet in GOttes Hand. Brod?
Alhier hebt ſich an das leibliche Weſen / und unfer Elend / dan
Brod ift auſſein Centro Naturæ aufgebohren: Wiewohl es der
letzte Buchſtabe inder Sylbe Brod außſpricht / daß es Paradeis⸗
Brod ſey / dan das Creutz fuͤhret in ſeinem Character in der Ra⸗
tur⸗ſprache den ſchweren Namen GOttes: Welches / ſo man
den recht erklaͤren und nach der Natur⸗ſprache verſtehen wil / in
dem Worte Tetragrammaton gewaltig und zum hoͤchſten ver>
fanden wird: Dan cs faſſet alle drey Principia: Und in dem
Worte Adonai wird GOTT ineinem Principio ‚alsinder En—
gliſchen Welt serftanden / welches in einen fondern Tractat mag
pay werden/ wir gebens nur den Syiben nach zu finnen :
Dan Brod ift des Leibes Speife / und wird vom Grimme ver-
fanden / daß fich der hat mit eingemiſchet / und bezeichnet dag
Trawerhaus; Weil wirs aber nun haben müffen / fo greiffet die
Seele darnach / ihren thieriſchen Leib zu erhalten. Heu⸗ dieſe
Sylbe verſtehet das einige Seelen⸗Brod des newen Leibes / als
ver himliſchen Weſenheit: Denn der Wille gehet aus dem Brod
aus in heu⸗ das ift die ewige Wefenheit / als das Brod Gottes)
Chriſti Fleifh. Te: Dieſe Sy!be beftätiget / daß es den ſchwe⸗
ren Namen Gottes gibt und Ihaffer: Dan die Seele begehret
zweyerley Brod / eines dem Bauche / und eines ihrem H: him̃⸗
fischen Leibe.
Die fünfte Bitte.
5. Und. Diefe Sylbe ift es/ da der Willeder Seelen die
Siehe Gottes auffwecket: Denn der AWille verſtecket ſich in das
und / als indie Sanfſtmuth / und erfüllet das ver- als ven Zorn/
und gehet mit dem Um / alsein auffwachſendes Weſen / gleich
einer Blumen aus dem ver aus / und bleibet doch ineinander 5
Dan ver ift des Sehens Centrum , es hat das Fewer des Grin
mes / und das Und gehöret ins ander Principium. Laſſe / oder.
bau / iſt die Lauterung deſſen / was aus dem ver erbehren ift/ da
Eſaias
284 Vom dreyfachen Lbben Kap.ıs,
Eſaias ſaget: Wan ewere Suͤnde gleich Blutroth waͤren / ſo ihr
euch bekehret / fo follen fie Schneeweis als Wolle werden. In
diefer Sylbe , laſſe / ift das Bad / darinnen das ver muß gewa⸗
fhen werden / oder beſtehet nicht in Gottes Reich. Uns / iſt
abermahl die Einigung / da der Seelen Wille die Brüders
ſchafft / als alle Seelen in einem Willen begehret gemafchen zu
fen. une da fihmieget fich ver Wille in Gottes Liebe / und
wäfchet das böfe Kind / fer/ und bekennet hiemitalle Bosheit /
als wäre es eine in einer Seelen. Schuldt: das ifl das rechte
Regiſter / das der Zorn indie Seele hat eingeführet / das begeh⸗
ret der Wille gar weg zu werffens Aber der Mund füngerdie
Sylbe wicder als ein Blitz / zum Zeichen / das unfere Wercke
follen ewig zu Gottes Wunderthat ftchen / und doͤrffen nur des
Bades / day fie nicht im Grimme Gottes ergriffen und entzuͤn⸗
det werden: Sonſt gehören fie in Abgrund / inserfte Princi-
pium. Als / in diefer Sylbe faffet der Seelen Wille alles zus
ſammen / was Seele heiffet / und redet von vielen als von einen.
Wir : In diefer SylbeElagetder Wille über die Angſt der Quaal
der Unruhe in der Seelen / da fich eine Seele an der andern offt
vergreiffet: Derowegen faffet der Wille aller Seelen Turbam
zuſammen und fpricht: Ver⸗ das iſt: Der Wille wilaller See⸗
len Grimm auff einen Hauffen unter ſich in Abgrund drucken.
af: das iſt / von fich laſſen und nicht mehr im Grimme des
Zorns wiffen: Dan Die Sylbe ſen / begalt die Form der Wun⸗
der / aber ſie müffen im laſſen gewafchen feyn / denn laffen iſt das
Bar. Un: diefe Sylbe dringet aber indie Siebe Gottes / und be—
gehret die gewaſchene Seelen in die Siebe zu führen. Sern : Diefe
Sylbe zeiget vor GOTT an das böfe Kind/ welches jest in der
Siebe gewafchen ift / und fkellet es zu Gottes Wunder dar: Dan
es ftellet das dar / was aus des Fewers Tinkur inder Seelen
ift zum Wunder kommen. Schul-diefe Sylbezeigetandas uns
nüse Werd / daß eine Seele gegender andern ausdes Fewers
Tinctur gewuͤrcket hat: Und iſt eine Darftellung des Ubels / wels
ches die Seele im Willen ſelber wieder gewaſchen und gereiniget
hat. Di: dieſe Syibe ſtellet die Einigung wieder indie Maye—
ſtaͤt und in H. Geiſt / alsda Fein Widerwillenmehrift. Gern
ift das böfe Kind / welches jeht vor GOTT fichet zu GOttes
Wunder; Bon welchen der Wille den Schlgenommen hat / und
begehret / dag es der H. Grift wolte in die Mayeſtaͤt als ein
under einnehmen,
Die
Sup. 16. des Menfchen. 285
Die ſechſte Bitte.
36. Und ift abermahl die Einwerffung indie liche Sanfft⸗
muth Gottes /dafich der Seelen Wille inder Mayeftatdemüs
thiget vor der Dreyzahl. Fuͤh⸗ da führetder Wille mit dem H.
Geiſte. Re’ da wil der Wille nicht durch den Grimm fahren /
dem er fuͤrchtet ſich für der Gefaͤngnuͤß des Grimmes: Dan der
Wille ſoll aiſo ſtas ſeyn in GOTT gefeget/ daß er moͤge durchs
Fewer gehen unverletzt / und auch durchs aͤuſſere Principium,
als durch dieſe Welt / und ſoll doch von keinem ſich fangen oder
ſich geluͤſten laſſen. Weil aber die Seele weiß / dag ſie in der ers
ſten Verſuchung nicht iſt beſtanden / da ſte in Geiſt dieſer Welt
eingeführet ward / als fie das Verbum Fiat in die Bildnuͤß bließ:
So flehet fie nun dem H. Geiſte / daß er nicht mit ihrem Willen
foll in die Proba eingehen: Dan fie trawet ihr nicht vor dem Teu⸗
fel zu beftchen / wan er fie fichten folte / wie Chriſtus gu Petro
ſprach: Der Teuffel hat euch begehret zu ſichten / aber ich habe
für euch) gebeten / dag ewer Glaube nicht auffyöre: Das ift / ich
habe euch ins Wort befchloffen / und dem Teuffel nicht zugelafs
fen / fondern in meiner Bitte euch in Gottes Willen geführet/
daß ihr feyd vom H. Geifte erhalten worden ; Sonſt waͤret ihr
von dem Teuffel durch den Zorn und Geiftdiefer Welt gefichtet
worden. Uns / diefe Sy!be faſſet abermahl die bruͤderliche Ei»
nigung/ als in einen Willen / in die Mayeſtaͤt / und flehet
im Geiſte. Nicht / in dieſer Sylbe reiſſet der Wille ſchlechts aus
der Zornwurtzel aus / und behaͤlt ein ſonderlich Regiment auſſer
dem Zorne / als die Seele dann aus dem Fewer brennet / und iſt
Das rechte Leben (auſſer dem Fewer) in der Liechtſtlammenden
Tinctur in Lufft und Krafft. In / va ſtehet fie als ein eigen
Klang und Weſen / gleich als wäre es das Centrum. Per-da
muß fie mit dem Willen durch den Grimm gehen und ihn fänffti=
gen / ſie muß ihn erkuͤlen / daß er ſie in ihrem fanfften Leben sicht
anzuͤnde. Such⸗ mit dieſer Sylbe durchdringet fie mit ihrer Lie⸗
be⸗TFinctut den Grimm / als das Centram Naturæ, und leſchet
den Grimm auff Goͤttliche Arth / und treibet die Liſt des Teuffels
aus dem Fewers-quaal außm Urſtande / da er ſonſt einen Zutritt
in die Seele haͤtte. Ung / da nimt die Seele die Krafft aus den
7. Geſtaͤlten ihrer Natur mit ſich / als einen Geiſt / und ſetzet
ſich gewaltig übers Centrum , und herrfihetdarüber als ein Kö-
nig uber fein Reich: Dann fie hat jest das Centrum mit der
Licbe gefanfftige Fund überwunden / und wilnunden Berfücher
nicht mehr einlaſſen.
Die
286 Dom dreyfachen Leben Cap.t6.
Die ſiebende Bitte.
37. Son: In dieſer Sylbe erſcheinet fie in der Mayeſtaͤt mit
NR Kraft und Glange überm Gentro des Hergens/ und hat
ein eigen Principium in der Mayeſtaͤt. Dern / da gebeut fiedem
Grimm im Centro, umd herzfihet über den / und baͤndiget ihu
mit ihrem Willen. Er⸗da dringet ſie wie eine Blume und Gewaͤcht
ſe außm Centro, und eroͤffnet Gottes Wunder: Dan ſie gehet
alhie mit dem Centro umb / als fie wil / dan ſie hat überwunden,
Loͤ⸗ das ift das Gewäfche/ fo aus dem Grimm aus der Natur
wächfet / und iſt nun loͤblich und gut / und taugt in Gottes Rei—
et. Se da gebähret ſie eine Frucht auff Gottes Tifche / die vom
Zorn log ift. Uns / da nimt ſie aber die Einigung aller Seelen
mit / und ſtellet es oſſenbahr dar / dag fte ſey eine Wurtzel in
Gottes Reich vor ihrer Schoͤpfung geweſen / und habe nun viel
gebohren: Das iſt / fie ſey ein Baum / und habe viel Zweige er⸗
wecket / und ſtellet ſie dar in einem Baume. Vom / das iſt das
groſſe Wunder / daß GOTT aus einem zwey gemachet / und iſt
doch eines blieben / hie zeiget ſte dißzan: Dan ihr ſehet / daß die
Wurtzel in der Erden ein anders iſt als der Halm / foausder
Wuͤrdel waͤchſet: Alſo verſtehet uns auch von der rechten H.
Seele: Sie waͤchſet als ein Halm aus der Wurtzel / auſſem
Gentro Naturæ, und iſt ein anders alsdas Centrum , und rag
Centrum gebichret fie doch / und fie ſchwebet in Allınacht über
dent Centro , rd herrfihet über ibm / wie GOTT über die Na⸗
fur / und da doc der Name der Dreyzahlinder ewigen Natur
urſtaͤndet: Und wie GOTT von der Natur frey iſt / und die Natur
iſt doch ſeines Weſens / und von GOTT ungetrennet: Alſo auch
die Seele / die iſt von der Natur frey / und iſt ein Herz der Na⸗
tur / denn ſie iſt ein Geiſt mit GOTT / und bluͤhet oder waͤchſet
doch aus der Natur: Wohl iſt GOTT nicht gantz mit der See—
fen zugleichen / denn GOttes ewiger Wille iſt eine Urſache und
Anfang der Natur / aber mit GOttes Mayeſtaͤt / welcher Glantz
entſtehet aus der Schaͤrffe der ewigen Natur / und urſtaͤndet
doch vor der Natur als der Blitz der ewigen Freyheit / von deme
die Natur in ihrer ſcharffen Gebaͤhrung den Glantz faͤnget / und
ihn im Fewer erhebet zu einem triumphirenden hohen Liechte:
Umb welcher Urſachen willen ſich die ewige Freyheit außer der
Natur nach der Natur ſaͤhnet / daß ſte wilim Wunder offenbahr
ſeyn / und Mayeſtaͤt und Herrligkeit und Macht haben: Dan
wan keine Natur waͤre / ſo waͤre auch keine Herrligkeit und
Macht / viel weniger Mayeſtaͤt / und auch Fein Geiſt / —
eine Stille ohne Weſen. 38. Alſo
en DEE —
Sar.ıe. des Menſchen. 287
38. Alſo erſcheinet in der Natur / Krafft / Macht / Herrligkeit /
Mayeſtaͤt / Dreyzahl und Weſen / und iſt des ewigen Weſens
Offenbahrung. So dann nun die Seele / als ein Geiſt / iſt aus
dieſem Weſen eröffnet und genommen worden / ſo hat fie auch
zwey Geſtalten. Eine iſt Natura, und die andere iſt die Göttliche
Blume / oder das Gewaͤchſe aus des Natur / welches über die Na=
tur iſt / und iſt ein Geiſt in ſich ſelber wie GOtt ein Geiſt in ſich
ſelber iſt / wie ihr diß am Fewer ſehet: Das Fewer iſt der Natur /
und der Schein mit der Lufft / ſo aus dem Fewer außfaͤhret / iſt
ein Geiſt mit aller Krafft des Fewers Natur / denn die Fewers⸗
Natur kan ihn nicht greiffen: Auch fo koͤnte des Fewers
Natur nicht beſtehen / wann nicht der Geiſt⸗Lufft das Fewer wier
der auffblieſe: Alſo erbieret das Fewer den Geiſt mit dem
Glante / und faͤhnet ſich wieder haͤfftig nach den Geiſte / und
zeucht den immer wieder in ſich / und haͤlt ihn doch auch nicht:
Dann er iſt des Fewers Leben / und der Glantz iſt aus der
Schaͤrffe des Fewers / und iſt doch auch keine Fuͤhlung in dem
Glange/undder Glautz hat doch die Krafft / und nicht das Feuer:
Dann von des Glantzes Krafft gehet auff und waͤchſet ein Ge—
waͤchſe / und nicht vom Fewer: Wie ihr diß an der Sonngen
Glantze erſehen möget. |
39. So nun die arme Seele im ſchweren Fall Adams iff von
zweyen Fewern gefangen worden /als daß fie der Geift diefer
Melt hat in fich gefaſſet [darunter das Fewer des Urftandes ift/
fo wil fte wieder frey ſeyn mit ihrem Geiſt⸗Leben / in welchem fie
ein Engel und GOttes Bild ift / und gehet mit ihrem Willen
vom / das ift / als ein Gewaͤchſe ausder Natur / und auch aus dem
Geiſte dieſer Welt / aus den Wundern GOttes aus / und ſtehet
recht vom: Das iſt / ſie hat ietzt der Natur Krafft / und Mercuri-
um in Krafft der Mayeſtaͤt / das iſt ein ander Principium, und
hat doch auch das erſte Fewrige / aber es wird nicht offenbar / dann
das H. Principiuminder Mayeſtaͤt verwandelt den Grimm in
Siebe ; Und fo das erfte wieder erwecket würde/ fo wäre es Fewer /
und quälen die erftevier Geftälteder Natur herfür/ darumb ift
GOtt Menſch worden/daß der Liebe-Geiſt Leib habe/ das ift der
Seelen-Geiſt. Darumb flehet fie/ fo fte noch unwiedergebohren
iſt / und noch im irrdiſchen Leibe alleine ftedket / und ſpricht: Er⸗
loͤſe uns vom uͤbel. Sie begehret vom Zorn ledig zu ſeyn.
40. Denn / und bel / find zween Willen in einem Weſen:
uͤ iſt das Feuer⸗Kind / und bel hat auch zwey Principia: Dann
der erſte Buchſtabe B hat das aͤuſſere Regiment / und die andern
zwee⸗
238 Vom dreyfachen Leben Cap.ıe.
zweene als Sund L/ das iſt / el / hat den Engel / der wil von bey⸗
den erloͤſet ſeyn / nicht alſobald abgetrant / ( dann daz fie in einan⸗
der wohnen / das iſt GOttes Rath) ſondern des Engels Wille
wil frey ſeyn von der Falſchheit / er wil uͤber das übel herrſchen.
Erwil in GOttes Willen ſeyn / und das übel ſoll ſtehen / eines
nach dem Geiſte dieſer Welt zu GOttes Wunder / und das an⸗
Der nach dem Quaal des Grimmes zu GOttes Zorns Wunder ;
Dann beyde Mütter find rege / und wollen ihre Wunder cröffe
nen: So wil aber ver Seelen Wille nicht in Zorn eingehen /
Dann fie Eennetden Teuffel / dag er hoch-außfahrende über GOt⸗
tes Liebe und Sanfftmuth ift /dafür entſetzet fie ſich: So wil fie
auch nicht gerne im Geifte dieſer Welt würden/ dann er verdec⸗
ket ihr auch GOttes Sicht : Darumbgehet fie von beyden mit
ihrem Willen aus /und wihin ihrem QBillen Frey feyn 3 Der
Geift diefer Welt mag im Sleifihe feine Wunder erwecken / fie
wirfft ihren Willenin GOttes Geiſt / der fol fie regieren / er ſoll
nur das uͤbel in ihren Willen nicht einlaſſen: Sie wil in dieſer
Welt todt ſeyn / auff daß fein H. Geiſte lebe: So wil ſie den
Abgrund auch nicht auffwecken: Darumb ſchmieget ſie ſich un⸗
fer das Creutze / und laͤfſet den rauſchenden Teuffel fürüber : Sie
laͤſſet den Geiſt dieſer Welt / als des Fleiſches Leben / fuͤruͤber /
und thut / als waͤre ſte todt; Sie leydet / aber nicht in GOTT /
fondern im Abel / das ihr Adams Seele hat angeerbet / daſſelbe
übel Hält fie nicht für ihr Eigenthumb / ſondern für GOttes
Wunder. Darumb bleibet fie gedultig als ein Leyder / und dach
auch nichts leydend / unter dem Ereußge der Gedult / biß fie Chri⸗
flus wird wieder auffdas Creutze in Regenbogen einſetzen / dann
er ſitzet auff den Regenbogen / und fein Leib/feine Weſenheit ift
des Himmels voll: Der Negenbogen find Die 3. Prineipia mit
3. Farben / die vierdte ift fein Leib in Ternario ſancto.
41. Ogroß ſind die Wunder / wer dig erkennet/ der hat groffe
Sreudedaran ! nichts kan genannt werden / dag dieſen Geheim⸗
nüffen gleich ſey: Keine Zunge Fan das außfprehen : Dann
was ift beffer / als GOtt zu einem Gemahlhaben / in GOtt mit
feinem Willen zu ſeyn / und nach Diefer Zeit gang im Weſen mit
himmliſchen geibe und verklärter Seelen.
42. O groffe Tieffe / warumb biftu fo verborgen vor den Mens
fchen! Das machet / dag fie den Teuffel und den hochmuͤthigen
Grimm mehr lichen als dich / darumb mögen fie alfo in dich nicht
eingehen! O barmhertziger GOtt / hole doch wieder den Bauny
dehn du gepflantzet haft! Was ſoll ſich dein Zorn ruͤhmen / er art
mehr
rn
Cap. 16. des Mienfchen: 289
mehr Frucht auff deinem Barum getragen / als dei ne Jiche?
43. Baue doch Jeruſalem die zerbrochene Statt / auff daß dein
Reich komme / und dein Wille geſchehe ! Wer wil dir in der Hoͤl⸗
len danıten ? Zeuch uns Doch an mit deinem Geiſt zu dei⸗
nem Lobe Wielange foldie Hölle erieffenvon Fetten !Siche
fie hat ihren Rachen offen / und wiluns alleverfchlingen! Koma
me doch nun / und baue doch die Statt deines Vorhoffs / daß wir
nahe bey dir leben/vag deine Wunder jauchzen / wann dein Licbe⸗
Beiftrichtet. Verzeuch nicht mehr Herr / denn dein Baum iſt
alt worden für trauren! Bringe doch herfür den neuen und grů⸗
nen Zweig / welcher dem Teuffel duch fein Reich durchwaͤchſet ohne
feinen Willen: Bricht doch der Tag an / warumb ſoll dann die
Racht des Zorns den Lilienzweig aufhalten ? HErr dein Bauue
gruͤnet durch die gantze Welt / darumb wecke uns auff HErr / daß
wir feine Frucht eſſen.
Von dem Amen des Beſchluſſes.
44. A / iſt der erſte Buchſtab / und dringet auffen Hertzes
aus / und hat keine Natur / ſondern wir verfichen klar darinnen
die Sucht des ewigen Willens aus der Natur / in welchem ſich
Die Natur erbieret / welcher von Ewigkeit iſt geweſcn: Dann der
Wille begehret das Hertze / und das Hertze begehret den Willen z
Es iſt Baͤtter und Sohn / und feine Krafft / fo davon außgehet
iſt der Geiſt des ewigen Lebens / davon wir forne haben gemeldet.
45. Nun ſo dann das Y/ans dem Hergen/als aus dem ewigen
Willen erbohren wird/ und aus dem Willen außftoffet fo wire
arsdem A hernach dasgarke Alphaberh mit 24. Zahlen : Dann
DasY fünget an zu zehlen / und faffet die ganke Zahl mit dem
men. Das find die Wunder und Wercke GOttes welche ing,
Geift über die Natur / als im Blank der Mayeſtaͤt erſcheinen.
46. Dasverfichetalfb =: Wir ſind mit unſerer Seelen in ei⸗
ner frembden Herberg / als im Geiſte dieſer Welt) der halt ſie in
ſich gefangen / und koͤnten alſo nicht in GOtt kommen / wann
GOtt nicht waͤre Menſch worden / welcher unſere Seele ins
zus in Die lebendige Krafft GOttes in fich hat eingeführetz
Nun ſind wir Zweige am felben Baume / und müffen des Bau⸗
mes Safft in uns zichen / wollen wit aniderft aus dem Baume
grünen s Sonft wo wir alleine nach der Lufft und Sonnen
ämaginiren/fo verwelcket unſer Zweig: Unſer Wille mug in Baum
gerichtet ſeyn / das iſt das Gebeth? Wann wir beten / ſo gehee
der Wille in Baum / und zeucht — Baumes Safft in die hun⸗
* gerige
290. DBomdrenfüchenSeben Cap. rs,
gerige / durſtige und duͤrre Seele / und denn waͤchſet aus demfelben
Safft ein Leib: Sp ſpricht die Seele mit groſſen Freuden men;
Das iſt / es iſt meine: Da heiſt es / ja / es geſchiehet / nimis an /
was dein Wille begehret / das iſt Glauben / und nicht die. Hiſtoria /
davon Babel rumpelt. —*
47. Dann Beten hat zwey Dinge in ſich: Eines iſt der ernſt
Wille / welcher aus dem elenden Kauchhaufe des Hergens aus
Der Seelen aufdringet in groffer Demuth / und fich ins Herge ı
GOttes / welches Menfch ward /als in Baum des Schens einers
giebet : Das heiffet Blsu= und denn iffer der Wille von der
Goͤttlichen Krafft /das heiffet ben; Dann der Seelen Wille
ergreifft und haͤlts mit der Zungen an die Zähne/verftcheftu esin
der Natur-Sprache/und laffet doch den H.Geift aus der Krafft /
Die der Wille in die Seele einführet/aus der Krafft/ fo die Seele
Hatgefaffer/ aufgehen : Wie er denn mächtig auſſem Hertzen
durch die gefaffeteKrasft durch die Zaͤhne aufigehet:Dan in GOt⸗
tes Krafft iſt nichts verschrliches: Je mehr der Wille faffet und
die Seele iffet / je mehr iſt der Krafft / je mächtiger und freuden-
reicher iſt GOttes Leib / dasift / Chriſti Leib: Nicht daß er ein
mahl groͤſſer ſey / als das ander / Nein / dann er iſt groͤſſer dann
alles; Allein die Krafft in groſſen Freuden⸗Wundern ſteiget
auff aus der Ewigkeit in Ewigkeit.
48 Alſo verſtehet uns hochtheuer: Wann wir beten / ſo reden
wir nicht alleine vor GOTT: Wohl beuget ſich der Wille vor
GOtt / aber er gehet in GOtt ein / da wird er mit GOttes Krafft
erfuͤllet / das bringet er der Seelen: Die Seele iſſet an GOttes
Tiſch: Das iſts / das Chriſtus ſaget: Der Menſch lebet von
jeglichem Worte GOttes.
49. Das Vatter unfer iſt GOttes Wort / und hat ſteben
Bitten / und einen Eingang / und Amen : Das iſt zuſammen
Neun Zahl / und die Zehende iſt GOtt felber. Mit dem Eingan⸗
ge des Vatterunſers gehet der Seelen Wille in Vatter / und
mit den ſieben Bitten nimt fie / was des Vatters iſt / dann davon
wird ſie wieder ein Engel / dann ſte krieget in den ſieben Bitten
Centrum Nature himmliſch / Goͤttlich / und im Amen faffer fie
Das alles zuſammen / und wohnetdarinnen/dennesiftihr Leib / es
aft Chriſti Fleiſch / GOttes Leib: Der iſt die neundte Zahl in
Ternario Sancto: Hierinnen iſt die Tinctur him̃liſch / Goͤttlich /
amd die zehende Zahl haͤlt das Creutz / darein kan Feine Creatur
gehen; Alleine der Seelen Wille gehet hinein x Er iſt ſo ſubtil
als GOttes Geiſt /und GOttes Geiftfähret auch in der Seelen
Willen / wir ſein Wagen / den er gerne hat. 50.Al⸗
r ze 5 e @ 11g, E *
Cap. 177 des Menſehen. 298
so. Alſo verftchet : Die bloffe Gottheit ift Geift / und affe
duͤnne als ein Wille; Aber fte ift Menfch worden / und wohnet
Der dünne GOttes⸗Geiſt in der Menſchheit / daß unfere Scelen
alfo wohl zu GOtt kommen Eönnen : Ind wann die Seele alfo
von GOttes Leib iſſet / ſo Erieget fie auch GOttes Leib an ſich / und
iſt GOttes Kind: Gott iſt in Chriſto der Baum / und unfere
Seelen in ihrem heiligen Leibe find feine Aefte und ——
5x. Das laß dir geoffenbahret ſeyn / du werthe Chri⸗
ſtenheit vom Auffgange zum Niedergange : Die Zeit
at nahe / da der Braͤutigam wil die Braut holen) fen fer
hend undnicht blind : Kauffet euch Oele / D ihr tollen
Jungfraueu! Gehet don der Hurerey des Geiges und
der Hoffarth aus / oder ihr werdet diefes Abendmal
nicht ſehmecken: Welcher nicht wird GOttes Leib ander See⸗
Ten haben / derfollnicht Saft ſeyn / er kan guch nicht in GOttes
Reich eingehen.
52. Und wenn wir von dem Schluffe des Batterunfers fa>
gen / ſo finden wir / daß er Die gehende Zahlift: Dann cs heiffer ;
Det iſt das Reich) und die Rrafft / und Die Heraligkeit in S⸗
wigfeit : Das ift GOtt felber in feiner Drey-Zahl. Dann
verftchet das doch recht: Des Vatters iſt das Reich / er ift alles:
Und des Sohnes iſt die Krafft / die iſt im Reiche auch alles: Und
des H. Geiſtes iſt die Herrligkeit / dann er beſitzet alles im Reiche
und iſt das Leben im Reiche: Und dieſe Dreyheit iſt von der ewi⸗
gen Freyheit / und bleibet ewig die Freyheit. Es iſt in Gott /
ein Wille / ein Geiſt / ein Her: / und heiſſet zuſammen Wunder /
Rath / Krafft / und iſt ein Menſch worden / der heiſſet Friede-
Fuͤrſt / Held im Streit: Und iſt zu dem Ende geſchehen / auff daß
feine Herrſchafft groß werde / und des Friedens Erin Ende / ſaget
Eſaias der Prophet GOttes.
Das 17. Capittel.
Vom Seegen Gottes in dieſer Welt [eine gar ſehr gu:
te Offenbahrung fuͤr den ſchwachglaͤubigen
| Menfiben.
æ. Jeben Kinder / ſo wir umbkehren aus unſerer Ver⸗
nunfft / und ergeben uns dem Willen GOttes / day
er mit uns ſchaͤffe und thue / was er wil: Wann
wir unſer Vertrauen in ihn ſetzen / ſo gehen wir
28
—
_
7
-
202 Dom dreyfachen Leben Cap.rz:
zu unſerm rechten Batter ein / und feynd feine Kinter. Wie
nun ein Vatter für feine Kinder forget / alfo auh GOtt unfer.
Batter für Uns / wie uns Ehriftus treulich Ichret : Trachtet am
eriten nad) dem Reiche GHltes / und nach feiner Gerechtigkeit /
fo wird euch das ander alles zufallen. Item: Schetdie Vögel
unterdem Himmel an / ſie ſaͤen noch ſpinnen nicht / auch ſamſen
fie nicht in die Scheure / noch naͤhret fie ewer him̃liſcher Vatter:
Seyd ihr denn nicht viel beſſer / O ihr Kleingläubigen! /!/
2. Die Seele weiß / daß dieſes Kleid mit irrdiſchem Fleiſch
und Blut ein frembdes Kleid iſt / darinnen ſie ſich hertzlich vor
GoOttes Angeſicht ſchaͤmet © Darumb iſt fie auch zweiffelhafftig
en GOttes Gnaden / wenn fie betet : Sie dencket immer der
Suͤnden ſeynd zu viel / fie koͤnne nicht GOttes Mayeſtaͤt errei⸗
chen: Eine ſolche Marter thut ihr auch der Teuffel an / der im⸗
mer ſein Rauchloch mit dem Zorne auffmachet / und zeucht den
Rauch in der Seelen Willen / daß ſie zuruͤcke bleibet / daß fie ſich
für Gott fürchtet / der Teuffel machet immer aus GOtt einen
ſtrengen Richter: Alfo bleibet die arme Seele zuruͤcke / und ge⸗
Het in Geiſt dieſer Welt ein / und ſuchet Nahrung: Sie deucket /
OoOtt laſſe es gehen / wie es nur gehe: Ja recht wohl mit denen?
die in ſich bauen und trauen: Denn die Seele meynet / wann ſie
alſo auſſer GOtt in der Vernunfft ſtecket / fie müffe es mit ihren
Sorgen außrichten/ cs ſey Fein anderer Weeg / es muͤſſe alfo gez
hen / die Hande müffens alleine thun / oder ja der gift / davon
maͤchtig viel böfes entftchet.
3. Sieben Kinder laffet euch doch auch recht befcheiden : Das
äuffere irrdiſche Leben ift dem Geiſt dieſer Welt heimgefallen /
der Bauch bedarff irrdiſche Speiſe / und der Leib irrdiſche Kleider /
und eine Huͤtte zur Wohnung / darnach muß der aͤuſſere Geiſt
crachten / er follarbeiten und wandeln / denn im Schweiß feines
Angefichtes fol der irodifche Menfch ſeyn Brod eſſen / biß er wie⸗
Der zur Erden werde / davon er genommen it / ſaget GOtt in
Mofe: Denn der geibift vonder Erden Marris genommen wor⸗
den / und hat in die Erde geimaginiret / und die Erde hat ihn wi⸗
Bergefangen / daß er hat irrdiſche Frucht geſſen / da iſt er zu Er⸗
Den worden / davon er genommen war:: Denn GOtt nahm ihn
von der Erden / das iſt ein Menſch oder rothe Erden / vomgeuers⸗
Centro und yon Waflers-Centro, als von beyden Muͤttern der
Matur / und bließ ihme den Athem von auſſen durch ven Geiſt der
groſſen Welt ein / und die Seele von innen auſſem andern Prin ·-·
cipio hinein ing Hertze.
4Dit
Eap.ız. des Menſchen. 293
4. Die Seele wohnet nicht alſo im aͤuſſern; Alleine fie iſt
mit dem aͤuſſern gefangen: Ihr Wille iſt ins aͤuſſere eingangen/
da iſt ſie im Willen geſchwaͤngert werden mit dem aͤuſſern Res
gimente / und iſt alſo das aͤuſſere Regiment in die Seele kommen /
welches GOtt dem Menſchen verbot / ſich nicht geluͤſten zu laſſen
irrdiſcher Frucht und Krafft: Und er haͤtte es nicht aus Noth
geduͤrffet dern er war im Paradiß / md hatte Paradiſiſche
Speife ohne Noth und Tod. Gleich wie GOtt eben fo wohlin
Der Erden wohnet / und die Erde Fennet ihn doch nicht und era
greiffer ihn nicht = Alfo auch der Menfch hätte koͤnnen in der
Erden Matrix wohnen / und ware doch mit. der Seelen in GOtt
geweſen / umd der Seelen Wille hätte der Seelen Göttliche
Speife gebracht ; Aber fo er nun umbgewandt iſt / fo iſſet die
Seele vom Centro Naturz, und der Auffere Geift vonder Erdene
So ſich aber die Secle bekehret / undgehet mit ihrem Willen in
GoOttes Liebe / ſo iſſet ſte von GOttes Wort / und der aͤuſſere Leib
von GOttes Sergen.: Dann wann die Seele gebenedeyet iſt / ſo
benedeyet auch GOtt den Leib: Denn die Seele traͤget einen.
him̃liſchen Leib im alten Adamiſchen: Alſo wird feine Speife
und Tranck gebenedeyet / und alles was der gange Menſch thus
und hat: Ererlanget wunderlichen Seegen/ welches feine Ber»
nunfft nicht ergreiffet:: Arbeiten und werben muß er/ denn er iſt
darumb ins aͤuſſere Leben gefchaffen/dag er fol GOttes Wunder
offendahren mit ſeiner Kunſt und Werbung.
5Es ſind alle Stände GOttes Ordnung / ein jeder wuͤrcket
Gottes Wunder / und fo nur die Seele in GOttes Hand in
feiner Liebe ſtehet / foift der $eib in GOttes Wunderthat / und
hat GOtt feinen Misfallen an feinem Weſen / was er denn im⸗
mer thut / davon er Speife famlet. Das äuffere geben ſtehet in
dreyen Stuͤcken: Eines iftdas Sternen-Regiment: Dasana
der iftdas Element in vier Theilen [als in vier Geftalten / mit
Feuer / Lufft / Waſſer / Erde: Dasdritteift GOttes Regiment?
denn der Geiſt GOttes ſchwebet auff dem Waſſer / auff der
Capſula, auff der Matrix.
6. Welcher Menſch nun GOTT vertrauet / und nicht ſein
Hertze gantz in ſeine Vernunfft ſetzet / der hat den Geiſt GOttes
immer zu feinem Schöpffer : Er hat das Verbum fiat, und
fhaffetimmerdar: Erfegnet ihn an $eib und Seele / zu Felde /
im Haufe /in feinem Handwerk und Werbe = Was er denn
thut / da iſt der Geift GOttes inne und fchaffet : Wie wolte das
nicht ſeyn ? Die Seele hat feinen geib/ wie wird er denn den
R 3 aͤugern
294 Vom dreyfachen Leben ap.ız.
aͤuſſern Leib verlaſſen / der ſeine Wunder ſoll eröffnen ? Er iſt mit
allen Dingen wohl daran / was nur nicht falſch iſt / and nicht wider
Gottes und Menſchen Liebe lauffet: Und wan einer Steine ins
Meer truͤge / wans ſeinem Bruder wohlgefaͤlt / und er ſeine Nah⸗
rung darimnen hat / ſo iſt er ihme fo lich als ein Prediger auff
der Eangel : Denn was darff GOTT der Arbeit? Er darff
ihr nicht.
7. Der Menfch hat freyen Willen / er mag fich auff Erden in
einem Wercke erluftigen / worinnenerwil/ es ſtehet alles in
GOttes Wunder / der Menſch thue was er mil: Ein E: whirte
iſt ihme fo lieb als ein Doctot, ſo er nur fremm iſt / und ſich nur in
ſeinen Willen vertrawet: Der Albere iſt ihme ſo nuͤtze als der
Weiſe / deñ mit dem Weiſen regieret er / und mit den Albern bau⸗
et er: Sie find allzumahl ſeine Werckleute zu ſeiner Wun—
derthat: Ein jeder hat Beruff / darinnen er feine Zeit vertreibe /
ſie ſind vor ihme alle gleich; Alleine der Geiſt dieſer Welt hat
feine Hochheit / die theilet er aus in ſeiner Macht / gleichwie der
Geiſt GOttes im Himmel / da ſind auch groſſe Unterſcheid / alles
nachdem der Geiſt oder Seele iſt mit Goͤttlicher Krafft ange⸗
than / alſo iſt auch feine Hochheit im Himmel / auch in Schönheit
und Klarheit / aber alles in einer Liebe: Ein jeder Engel und
Seele hat Frewde an des andern Krafft und Schönheit.
- 8 Gleich wie die Blumen der Erden einander nicht mißgoͤn⸗
nen / ob gleich eine ſchoͤner und kraͤfftiger iſt als die andere / ſondern
ſtehen freundlich untereinander / und geneußet je eine der andern
Krafft: Und wie ein Artzt mancherley Kräuter durcheinander
thut / darinnen jede Krafft ſeine Tugend von ſich giebt / und dienen
alle dem Krancken: Alſo auch gefallen wir alle GOTT / die wir
nur in ſeinen Willen eingehen / wir ſtehen alle in ſeinem Acker:
Und wie nun Dorn und Diſteln auß der Erden wachſen / und
verdecken und zerreiſſen manch gut Kraut und Blume: Alſo iſt
auch der GOttloſe / der GOTT nicht trawet / ſondern bawet in
ſich / und dencket / ich habe meinen GOoTT im Kaſten / ich wil geit⸗
zen / und meinen-Kindern große Schaͤtze laffen / daß fie auch in
meiner Ehre ſttzen / das iſt ja der beſte Weeg / und zerreiſſet da=
mit manch Hertze / daß cs auch leichtfertig wird / und dencket / das
iſt ja der gute Weeg des Gluͤcks / daß einer Reichthumb / Macht
und Ehre habe / der hats ja gut: Und wan man das bedencket / ſo
gehets einem als dem andern / und wird Doch die arme Seele da=
mit verlohren / denn dem Reichen fehmecket fein koͤſtliches nicht
— dem Hungrigen 9 biſſen Brod: iſt uͤberal Sor⸗
gu
. i a
Cap. 17. des Menfchen. 29%
ge / Kummer / Furcht / Krandheit / undendlich der Tod: Es iſt
nurein Spiegelfechten in diefer Welt/ der Gemwaltige ſttzet im
Regiment des Geiftes diefer Welt) undder GOTT fürchtet?
ſitzet im Regiment der Göttlichen Krafft ımd Weißheit: Das
Regiment diefer Welt endet fich mit dem Leibe / und das Regi—⸗
ment in GOttes Geifte bleibet ewig fichen. .
9. Es iſt ein gantz jammerlich Ding / daß der Menfch dehme
alfo nachlauffe / das ihme Doch ſelber nachlieffe / waͤre er recht und
fromm: Er lauffet nach Kummer und Sorgen / und das laͤuffet
ihme doch ſelber nach: Er iſt als waͤre er immer toll / er machet
ihme Unruhe: Und lieſſe er ſich genügen / ſo haͤtte er Ruhe: Er
ſetzet ihme einen freſſenden Wurm ins Hertze / der ihn plaget / und
machet ihme ein beg Gewiſſen / das ihn naget/ und iſt nur cin
Narr darmit: Dan ſein Gut laͤſſet er andern / und den nagen⸗
den Wurm im boͤſen Gewiſſen nimt er nit von dieſer Welt/und
haͤlt das für feinen Schatz / das ihn ewig plaget: Mag doc rine
groͤſſere Thorheit unter der Sonnen nicht gefunden werden!
10. So denn der Menſch die Edleſte und Verruͤnfftigſte
Creatur in dieſer Welt iſt / ſo iſt er ja auch im Geitze der groͤſſeſte
Rarı unter allen Geſchlechten / daß er ſo hart nach dehme jaget /
das er nicht ſelber darff: Denn eineng jeden iſt fein Theil ron
Dem Geiſte dieſer Welt zugetheilet / lieſſe er ſich nur genuͤgen:
Alſo iſt ein Menſch des andern Teuffel/ Der den andern quaͤlet /
und iſt nur umb eine Hand voll Erden zu thun / oder umb Stei⸗
ne / derer doch die Erde genug hat: Moͤchte das nicht ein Wun⸗
der ſeyn? Verbringet nicht der grimmige hoͤlliſche Geiſt feine
Wunder nach ſeinem Wunſch in dem Menſchen / wie das Buch
der Offenbahrung bezeuget / da ſich je ein Siegel des Zorns nach
dem andern hat auffgethan / und die Menſchen ſind des Zorns
Diener worden; Sie ſind gantz willig mit Blut und Gut ange⸗
gangen; Sie meyneten noch / ſie thaͤen GOTT einen Dienſt
daran,
11. O du blinder Menſch / wie biftir im Zorn gefangen! Was
thuſtu / oder wo biſtu? Warumb laͤſſeſtu dich den Teuffel narren?
Iſt doch Himmel und Erden dein / GOTT wil dir alles geben?
er hat dir alles gegeben / du hatteſt es aus Natur⸗Recht: Die
Sonne und Sternen find dein / du biſt ein Herr uͤber alles; Laß
nur den naͤrriſchen Willen fahren: Was begibſtu dich in Geitz
und in Hochmuth? Stehet doch GOttes Reich in Liebe und De»
much: Oder meyneſtu / es ſey ſo gut im Zorn wohnen? Sihe/
wan dir dein Augen⸗Liecht bricht / fo * in die ne
+ an
296 Vom dreyfachen Leben Cap. ı7z,
und nimſt mit deine naͤrriſche Quaal / darein du dich alhie haſt
begeben: Iſt dan die Finſternus beffer als das ewige Liecht?
So frage doch Die Nacht / ob fie beffer fen als der Tag? Oder
aneyneſtu / wir find tolle/dag wir alfo reden ? Wir reden mas wir
hen/und geugen von deme / Das wir wiffen/und ihr ſeyd blind:
Ho ſeyd ihr von der Babelfhen Huren geblendet worden / welche
Der Geiß-Teuffelyatgebohren/ da die Menſchen ſicher waren / da
fie GOttes Wortes und Geiſtes uͤberdruͤſſig waren / wie die
Dfienbarung Johannis zeuget: Sch werde dir kommen / und dei⸗
nen Leuchter wegſtoſſen. Und Paulus ſaget: GOTT wolle kraͤf⸗
Age Irrthuͤmer laſſen kom̃en / daß fie glauben werden den Geiſtern
der Laͤgen / welche in Gleißnerey und Irrthumb Lügen reden:
Sie werden anhangen den Teuffeln; Aber in der letzten Zeit /
ſpricht der Prophet David, ſoll des Herrn Wort grünen wie
Graß auff Erden: Maͤchet die Thore in der Welt hoch / und die
Thuͤren weit / daß der Herr einherfahre: Wer iſt der Henn? Er
aftder Held im Streit. Ale Schwerder und Spieße ſollen zu
Pflugſcharren und Sichelen gemacht werden / ſaget der Prophet
GOttes: Und es ſoll geſchehen / wer des Herın Namen anruffet /
ſoll ſeelig werden. Darumb iſts gut auff GOTT trauen / und
Tolte der irrdiſche Leib gleich immer im Kothe ſtecken: Es iſt
umb eine kleine Zeit zu thun / und da doch Niemand weiß / welche
Stunde ſeine Zeit in dieſer Welt auß iſt / ſo erfolget alsdan das
Berichte über fein Leben.
ı2. Darumb laſſet ab vom Geitz / er ift die einige Wurselalles
Ubels und aller Narıheit: Ein geitziger Menſch iſt der groͤſſeſte
Narr auff Erden / denn er friſſet ſich ſelber und machet ihme Un⸗
ruhe / und richtet nur Ubel damitan: Er weiß nicht / was das fuͤr
ein Mann iſt / der feinen Geitz beſitzen mus / und wird offte
ſchaͤndlich mit Huren verſchlungen: Damit einer hat ſeine Seele
verderbet / mit demſelben iſt ein anderer froͤlich in anderer Narr⸗
heit: Denn es muß doch alles zum Wercke kommen. Aber der
GOTT vertrauet / der hat immer genug; Was er hat / da laͤſſet
er ſich genuͤgen / alſo iſt er viel reicher als der Narr / der den Elen⸗
den traͤnget umb Geldes Willen / welcher ſein Leben nicht kan
fuͤrm Tode und der Hoͤllen bewahren.
23. Der Fromme ſamlet ihme einen Schas im Himmel ex
krieget einen newen Leib / indeme kein Hunger / Durft / weder
roſt noch Hiseift/ und hat Ruhe in feinem Gewiſſen / und wird
ich ewig feines Schatzes frewen: Und der Geitznarr ſamlet ihme
einen irrdiſchen Schatz / der andern bleibet/und ein boͤſes Gewiſ⸗
fen.
vr
PT Pe ı We
— —
Cap. 13. des Menfchen. 297
fen und einen Schatz im Abgrunde / ver ihn wird tagen und
reffen.
14. GoOttes Seegen verläffer feinen nimmermehr / wernur
wit Ernftin GOTZ trauet / und läffet nur fahren / was nicht
gerne bleibenwils GOTT hat wunderbarliche Weege / damit er
feine Kinder fpeifet und nahret/ wieden Danielinder Loͤwengru⸗
ben / und Eliam unterm Wachholter Baum / und die Wittfraw zu
Sareptainder Iheurung. Wer GOTT vertraut/ hat wol ge⸗
kart/ im Himmel und auff Erden,
Das 18. Eapittel,
Dom Tede und Sterben : Wie einem ſey / wan er"
ſterbe / und wie ihme im Tode fey. Eine groffe
Wunder-Porte.
I; Eh weiß / die Bernunfft wird fagen / haftır das doch
nicht verfischet / und biſt noch in dieſer Welt in dem
STE aͤuſſern Leben / wie Eanftu das wilfen? Ja wohl liche:
nr Vernunfft / inmeinem Auffern Menſchen würde
ıch auch wol alfo fagen/ und fügte nach dem auffern -
die Woaͤhrheit; Weil wir aber auch zugleich Eönnenin GOTT .
und auch in dieſer Welt leben / und die Seele muß / fo fie GOTT.
wileriennen / durch eine enge Pforte mit Chrifte durch Tod und »
Hölle zu GOTT eindringen/fo haben mir Macht von dem Wee⸗
ge zu ſchreiben und wollen Uns das zueinem Memorial feßen]-
dieweil wir auch noch indiefer Welt find: Denn wunderlich iſt
GOTT der da in einem Dinge richtet / und ob gleich das Gerichte
nicht in dem Dinge fichet: Als wir feynd indem irrdiſchen Le⸗
ben / und ſollen doch vom Leben und Tode reden/ welches wir wohl
erkennen: Denn der Matrix Natutæ iſt keine Erkaͤntnus unbe⸗
greifflich / ſo der Geiſt auff den Fittigen faͤhret / der gehet durch
drey Prineipien: So er auff ſeinem Braut⸗ wagen faͤhret mag.
er Dan nicht durch Todt und Hoͤlle fahren? Wer wil ihn be⸗
greifen? Mag ine Seele nicht die Wunder GHttes alſo ſchau⸗
en / bevorab fo es jetzt die Zeit ift/da alle Wunder follen»
offenbahr ſeyn? Nicht reden wir von uns alleine: Es
iſt der Stern erfchienen] welcher das Siegel zerbrochen
bat: Was gaffeſtu dan lange? Mercke auff / dandie:
Zeit iſt kommen es iſt kein Auffhalten mehr.
R $, 3... Al 5
“
298 WVonm dreyfachen Sehen. Gay. 18,
2. Alleswas Anfang hat/ das hat Eder Was indie Zeit
gefchloffen ift / das gehet mit der Zeit wieder ins Ather: Ob wir
gleich hatten in diefer Welt ohne Noth und Tod gelebet / in einem
reinen Leibe ohne Mackel / noch dennoch wäre das Auffere Reich
am Ende von uns gewichen / und wir wären alfo in der himmli—⸗
(hen Weſenheit verblieben: Dasift eine Art wie Henoch und
Helias / fo wohl Mofes ( welcher doch durch den Todt gieng) find
eingegangenindas Paradiß⸗Leben; Aber Henoch und Helias
unfterblich/nur verzuͤcket / da das Auffere Negiment mit dem Gets
gie diefer Welt ward von ihnen ohne Sterben genommen/ wel⸗
ches auch zur legten Poſaunen gefchehen wird / darauff dan ein
ewiges geben und cin ewiges Sterben wird erfolgen.
3. Det rechte Menſch inder himmlifchen Bildnuͤß hat Feine
Zeit: Seine Zeit ift gleich einer rumden Erone / oder einem
gantzen Regenbogen / der keinen Anfang hat/und auch kein Ende:
Denn die Bildnuͤß / welche die Gleichnuͤß GOttes iſt / die hat weder
Anfang noͤch Zahl; Sie iſt von Ewigkeit in GOttes Weißheit
geſtanden / als eine Jungfrau ohne Gebaͤhren oder ohne Willen /
denn GOttes Willen iſt in ihr der Wille geweſen: Sie iſt mit
allen Wundern (ſo wir in dieſer Welt haben / zum Liechte und
zum Weſen gebracht) im H. Geiſte erblicket worden; Aber ſie
war ohne Leib / ohne Weſen / ohne Eſſentien: Die Eſſentien wur⸗
den auß dent ewigen Centro in ihr mit ihrer Schoͤpffung räge/
als in dreyen Müttern/ nach dendreyen Principien. Das war
Lie Schöpffung/ dab GOTT wolte in allen dreyen Müttern
offenbar werden: Und das war der Todt / daß das Regiment der
Bildnuͤß nicht in feiner Ordnung blieb / daß fich das Mittlere ing
Aeuſſere begab /und das Aeuffere ins Mittlere : Das ift nicht die
Ordnung der Emwigfeit/ darumbift in dieſem eine Zerbrechung
worden / dan das Aeuſſere hat in Mittlern einen Anfang und eine
Zahl / darumb gehets ans Ende / und muß fich vom Mittlern ab-
brechen: Dashatdie Sucht gethan/ daß fichat das Mittlere
(als in deine ein ewig geben ift ) ins Aeuffere geftellet/ / und das
Asuffere ins Mittlere eingelaffen.
4. Alſo iſt das schen in drey Theilen / alsdas Innere 1. wel⸗
ches iſt GOttes ewige Verborgenheit im Fewer / davon das Leben
urſtaͤndet; und 2. das Mittlere / welches iſt von Ewigkeit als
eine Bildnüg oder eine Gleichnuͤß GOttes in GOttes Wundern
ohne Weſen geſtanden / in welchem GOttes Luſt geſtanden ift/
ſich in einer Bildnuͤß zu beluſtigen; Gleich als ſich ein Menſch in
einem Spiegel ſelber ſiehet / alſo iſt diß auch geweſen: So hat
z. dieſe
Cap. 18. des Menfchen: 299
3. diefe Bildnus in der Schöpffung wieder einen Spiegel bea
tommenjfich zu befehen/das ift gewefender Geift majoris Mundi,
als das Auffere Principium , welches auch eine Figur des Ewigen
ift : Und in diefer Figur hat ſich die Bildnuͤß vergaffet/ dag fic hat
geimaginiret / und die äuffere Bildnüf eingenommen / die muß
nun wieder abbrechen; Weil ſte aber mitihrem Bande ift ans
ewige Centrum Naturæ angebunden / ſo geſchiehet das ſchmertzlich
nach demſelben Bande / denn es wird ein Leben zerbrochen.
5. Wenn die Lufft auffhöret/fo mug das Fewer erſticken / und
ins Ather gehen / das iſt der Todt: Denn das aͤuſſere Principium
und das innere brechen ſich von einander: Denn das aͤuſſere hat
Anfang / und das innere nicht / darumb muß das Auffere zerbre⸗
hen: Das aͤuſſere ſtehet nur in der Sonnen Tinctur, und ſein
Regiment ſind die Planeten und Sternen / die treiben ihr Regi⸗
ment immer ans Ziel: Denneinjeder Planet hat ſein Ziel an
einem Ort; Da er iſt in der Schöpffung geftanden / das ift feine
Ziel und fein Secuum: Warner andiefen Ort komt / fo wird alle
dasjenige / darüber er ein vollkommener Hert iſt geweſen / zer⸗
brochen / denn er faͤnget ein new Seculum an.
6. Aber doch ſolſtu diß recht verſtehen: Nichtein jeder hat des
Lebens Tinctut: Saturnus, Jupiter und Mars haben das groſſe
Seben: Saturnus fehneidet ab/ was erin feinem Ziel Eriegeis
Nicht thut ers / fonderner verlaͤſſet das geben / ſo hats alßdan
keinen Fuͤhrer / und zerbricht ſelber: Alſo gehet das auch mit den
‚andern; Aber fein Ziel muß in der Cron der Sternen zutreffen /
in welchen Zeichen und Puncten der Planete fern Ziel hat: Dar⸗
umb iſt manch junges Kind ſchon in Mutter-Leibe alt genug
zum Tode / denn ſein Herz iſt am Ziel / und verlaͤſſet eine Kinder.
(iind das iſts / daß wir unſer Ende nicht koͤnnen ergründer / weil
wir nicht eigentlich Das Ziel unfers Führers wiſſen / denn wir
müjfen feine Zahl und auch des Zeichens Zahl wiſſen / wollen wir
unfer Ziel treffen. )
7. Schet/ alfoinfolher Gefahr find wirnach dem aͤuſſern
geben / und find alfo in dieſem Leben nicht daheime / und werden
doch durch das Auffere Schen erwecket / Daß eine Seele gebohren
wird : Wiewahl das Auffere Schen Feine Seele kan gebaͤhren /
denn der Saame wird mit allen dreven Principien geſaͤet / und
find drey Mütter / da eine jede ihre Küchlein augbruͤttet. Dieſe
Maͤcht iſt den Menfchen gegeben ; Wiewohl diß iſt / dag die Bild⸗
nus GOttes nicht alſo ſtunde / denn Adam war vor ſeiner Heva
Die zuͤchtige Jungfraw / kein Mann und kein Weib / er hatte bey⸗
N6 de
300 Vom drenfachengeben Cap. 18
de Tincturen / die im Fewer / und die im Geiſte der Sanfftmuth / und
Haͤtte koͤnnen ſelber auff himmliſche Art / ohne Zerreiſſung gebaͤh⸗
ren / waͤre er nur der Proba beſtanden: Und ware je ein Menſch
aus dem andern gebohren worden / auff Art/wie Adam in feiner
zungfraͤwlichen Art ein Menfch und Bildnus GOttes ward:
Denn was auß dem Ewigen iſt / das hat auch ewige Art zu ger
baͤhren / ſein Weſen muß gantz auß dem ewigen gehen / ſonſt beſte⸗
het nichts in Ewigkeit. Dieweil wir aber keine Zunge haben /
daß wir koͤnnen an Tag geben / wie einem im Tode ſey / wann er
geſtorben iſt / wiewohl wir dig verſſeyen / fo muͤſſen wirs in
Gleichnuͤſſen geben.
8. Ein toder Menſch hat keinen Athem / und hat auch kein.
Fewer in ſeinem Leibe: Der Leib hat keine Fuͤhlung / denn er
zerbricht gantz und gar / ſeine Eſſentien fahren in die Erden:
Seinen Elementiſchen Geiſt / als die Lufft / nimt wieder die
Lufft und zerſteubet: Das Waſſer md Blut nimt das irrdiſche
Waſſer und die Erde / va bleibet nichts vom aͤuſſern Menſchen /
ar iſt hin / dan er hatte Anfang und Ende / alle ſeine Weſen ſind
weg. Nun verſtehet uns in dem Weege: Gleichwie die Bilp-
aus von. Ewigkeit iſt in einer. Form geſtanden / und da cs doch
wich feiner Form ahnlich gefehen / fondern einem Wunder /
gleich als ob einem von einem Geſichte und Bildnuͤſſe träumete :
Alſo ift fie. in Gottes Weißheit mit allen Wundern erfeben
worden.
9. Alfo mercket diß: Als ſich GOTT der Batter hat einmahl
zur Schöpffung beweget / fo hat er in der Bildnuͤß / Effentien er=
wecket / welche im ewigen Gentro Nature verborgen ſtunden: Und
dieſelbige Effentien find aus der ewigen Freyheit / die folten in
Gottes Willen ihre Wunder wuͤrcken: Sie folten feinen an
Der Willen fhöpffen / denn was fie wurden würden und cröff-
zen / das folte ewig ſtehen / denn es war aus dem Emigen / und
ſolten würden in dem zerbreshlichen / und ihr Gleichnuͤß in
unver bringen / denn das zerbrechliche hat im Innern eine ewi⸗
ge Mutter: So aber nun die ewige Bildnuͤß hat das zerbrech⸗
liche in feinen Willen eingelaſſen / fo hat die Wurtzel des Zer-
Br echlichen / welche auch ewigiſt / in der Bildnuͤß gewuͤrcket / und
feine Wunder darein geitellet/ Die bleiben nur als eine Figur
ewig ſtehen / dieweil ſie ſind aus dem ewigen erbohren / und ſte⸗
hen der Seelen / wan ſie iſt vom Leibe geſchieden / in ihrem Wil—
len / und in ihrem Bezehren: Und ob es geſchichet / daß der Wil⸗
dr aus den Falſchen bey des Lebens Zeit / als ins Leibes Zeit / auß⸗
geht!
Eap.ıe. des Menſchen. 30
4
geiyet / fo iſt es doch eine Figur, welche dem Willen als ein Schat⸗
sen nachfolget / denn es iſt ausdem Ewigen erbohren worden.s
Die Seele yat das in ihren ewigen Eſſentien gemacht / denn die.
Scele wurderim Gento in ihrem Willen/ und der Sternena
Geiſt im Leibe / in Fleiſch und Blut / und hanget der Seelen an/
machet vie Gele luͤſtern / daß ſie auch aifo thut / als der Ster⸗
nen⸗Geiſt: Und was nun die Seele thut / das thut fie in ihrem
Principio in dem ewigen / das folget ihr im Abſcheid des Leibes
alles nach: Alleine daß ſie in Zeit des Leibes Macht hat / ihren
Willen daraus zu ziehen / und wenn der Wille renovirer wird/
fo wird auch das Weſen / fo der Will im Centro gemacht hat}
renoyirer : Und ob es wäre böfe geweſen / fo wird es gut / und ſte⸗
het im Centro zu GOttes Wunderthat.
10. Alfo geben wir euch zu bedencken / wie deme ſey / das iſt /
ie der gottloſen Seelen ſey / weiche alſo in Geitz / in Hochmuth/
in Tyranney und in eitel Falſchheit vom Leibe ſcheidet Ada daſſel⸗
be noch alles unbekehret im Willen der Seelen ſtecket: In der⸗
ſelben Arbeit muß doch ja die Seele ewig baden / denn es iſt ihr
Weſen / das ſie hat ſelber gemachet / ſie begehret auch keinen an⸗
dern: Und ob ſic Dem gram wird / und ſuchet im Centro nach
Abftinentz,, fo erwecket fie don) nur die Fewer-⸗Wurtzel / welche.
dis Weſen anzunder und vermehret / denn die Sanfftmuth iſt
nicht in ihrem Willen / damit fie koͤnte das Fewer leſchen / und
fi) in der Bopheit umbwenden in GOttes Willen: Wan fie.
gleich ſuchet / fo iſt kein Finden / dan gehet Grewel auff / und zuͤn⸗
det das boͤſe Weſen viel hundert mahl ſehrer an / daß fie Die Sees
le begehret zu ſtuͤrtzen / und faͤllet doch immer tieffer ins Gen-
trum des Abgrundes: Der Seelen iſt gleich als einem / der da
ligt und traͤwmet / wie er in groſſer Quaal und Angſt ſey / und
ſuchet uͤberal Huͤlffe / und könne dog keine erſehen / wer verzwei⸗
felt alſo endlich / und ergibt ſich dem Treiber / ſo er keine Erret»
‚tung ſiehet / was der mit ihme thue: Und alſo faͤllet die arme
Seele ins Teuffels Arme / da fie nicht weiter Fan noch darff / ſon⸗
dern was der thut / das muß ſie auch thun: Sie muß GOttes
Feind werden / und in Hochmuth ihrer hiegemachten Falſchheit
uber Die Fuͤrſtle Thronen der Engel im Fewer außfahren / das
iſt ihre Frewde in ihrem Narrenſpiel: Dieweil ſie ſich auff Era
den ini Leibe hat flats zum Narren gemacht / fo bleibet fie auch
ein Rarıumd Gaudler/ denn es faͤhret eine jede verdamte See⸗
Le in ihrem hie gemachten falſchen gottloſen Weſen in GOttes
Zorne aus / als ein ſtoltzer Teuffel: Ey ſte alhie hat getrieben,
* T.
»
302 Vom dreyfachen Leben ap.ı$,
das thut ſie dort auch / denn daſſelbe Rarrenweſen iſt ihr Schatz /
da iſt auch ihr Wille und Hertz innen / wie Chriſtus ſaget.
zz. Aber die Seelen / welche dem Teuffel kaum am Ende ent⸗
lauffen / dag fie er in GOttes Willen eingehen / wan der Leib
fol hinfahren / denen ift / als einem /der auf der Schlacht ent⸗
runnen iſt / denn fie find faft blog / und haben wenigdes Leibes
der himmlifchen Weſenheit: Und die find gang demuͤhtig / und
legen fich gerne in die Ruhe / warten alfoin der Stille des juͤng⸗
ften Gerichts / hoffen mit Verklärung des Himmels mit allen
Seelen Fremde zu haben: Und wiersohlesijt / dag fie Frewde
mit ihnen haben / aber dennoch fehen fie ihr Weſen unter ihnen/
und find gang demuͤthig inder Mayeſtaͤt / dennihre Wonne ift
nur Paradeis/ alsim Element / und nicht Mapeftat / denn die
Verklaͤrung ift ungleich / alles nach der Heiligkeit und Liebe.
ı2. Aber die Ernſten Scelen der Wunder GOttes / welche
alyier unterm Ereus haben GOttes Wunder in Geherfam in
feinem Willen gewuͤrcket / welche mächtig find in Gottes Krafft/
welche GOttes /dasift / Chriſti Leib haben angezogen / und dar⸗
innen gewandelt in Gerechtigkeit und Wahrheit / denen ift auch
all ihr Weſen in ihrem ſtarcken Willen und Begehren nachgefol=
get/ die haben unaugfprechliche Frewde in GOttes Liebe und
Barmhertzigkeit / denn die fanffte Siehe GOttes umbfaͤhet fie
immerdar: Alle GOttes Wunder ſind ihre Speiſe / und ſind in
Gloria, Krafft / Macht / Mayeſtaͤt und Wunder / das keine
Zunge reden kan / denn fie find GOttes Kinder / GOttes Wun-
der / GOttes Krafft / GOttes Staͤrcke / Ehre und Ruhm: Sie
ſind ſein Lob / ſie ſingen ſeinen Lobgeſang im Paradeif-Element)
und im Centro Natutæ, da iſt Feine Erweckung des Zorns in
Ewigkeit / fondern ein jeder Geiſt in der Natur ift ein Siche-
begehren / man weiß von feinem Teuffel/ Zorn oder Hölle / es
iſt cine ewige Bollfommenheitz was der Wille wil/ das ift
da/ und allesin Krafft.
13. Es ſtehet geſchrieben: Das Reich GOttes ſtehet in
Krafft / nicht im irrdiſchen Weſen: Denn dieſes irrdiſche We—⸗
ſen iſt nicht von Ewigkeit / darumb iſt es auch nicht in der Ewig⸗
keit. Wenn du wilt vom him̃liſchen Weſen ſinnen / fo ſchawe
nur / daß du ein himliſches Gemuͤthe darzu bringeſt / fo wird dir
der Geiſt GOttes wohl himliſch Weſen zeigen / es iſt dem Er—
leuchteten gar viel leichter / als das irrdiſche: Der Leſer folls ihme
nicht fo ſchwehr einbilden / denn fein Sinn in eigener Bernunfft
erreichts nicht / er laſſe nur ab / er bekomt nur einen Glaſt da>
. von}
Eap.ı8. des Menfchen. - 383
von / gleich wie der Antichrift nur einen Glaft von Gottes Wort
und Chrifti Schre hat und führet / er meynet doch ſtarck / er habe
‚das Wort gefaſſet: Aber es ift ein Spiegel⸗fechten / fein ſchreyen
und rufen ift Gauckeley: Haſtu nicht einen rechten Hammer?
fo Fanftu nicht die Glocke fchlagen / die die arme gefangene
Seele auffwecket: Es liget Hinmelumd Erden mit allem We—
fen im Menſchen: Du muft nur einen rechten Hammer brau⸗
chen / wiltu ſeine Stunde ſchlagen / und ihn aus dem Schlaffe
auffwecken: Dein groſſes Geſchrey thuts nicht / du ſchreyeſt ihme
nicht den Goͤttlichen Klang hinein / haſtu ihn ſelber nicht; Aber
wo der rechte Hammer iſt / der wecket auff: Darumb find alle
Lehrer ohne GOttes Hammer nur Gaucklet / Bauch⸗Haͤmmer /
Ohren⸗Haͤmmer / und nicht Seelen-⸗Haͤmmer: Die Scele
wohnet nicht im äuffern Geiſt: Wohl hat ſich der Äußere Geiſt
indie Secle als ein Schalck eingeftochten; Aber er hat nicht das
Principiom innen / da die Seele innen wohnet / er iſt nur ihr
Deckel und Verhinderung: Alſo iſt auch der Antichriſt nur eine
Verhinderung der armen Seelen. Wann die Seele nicht alſo
hart an das Ohren⸗geſchtey gebunden wuͤrde / fo würde fie doch
in fich gehen und fich fuchen /fie würde doch nach Abſtinentz trach-
ten: So meynct ſie / das ſey Heiligkeit / das ihre zum Ohren ein⸗
faͤhret / und iſt doch manchmahl Koth und Spott wieder die Liebe
und Eintraͤchtigkeit darinnen. Was ſoll man doch ſagen / iſt
doch alles geblendet und voll Heucheley / ein jeder trachtet nur
nach dem Bauche / der Hirte mit den Schafen / der Obere und
Untere: Der Seit GoOttes ift fehr thewer / und man rühmetdoch
alfo fehr vom Geifte/und ift nur Gleißnerey / da das Hertze wenig
und nichts von weiß / esift ein auffgeraffet Weſen ohne Geift.
14. D du werthe Ehriftenheit / ſchawe dich doch! D Europa,
Aſia und Africa „the die Augen auff / und befiche dich nur ſelber!
Ein jeder Menfch fuche fich felber / oder wird nicht gut werden:
Es iſt ein ernfter Bogengefpannet: alledem Schießer in fei-
nen Arm / und kehre wieder / und findedich / oder dur wirft weg⸗
geſchoſſen werden: Laſſe dich nicht Kinder wiegen/ gehe auff
deinen eigenen Füffen: Es ift zeit] der Schlaff iſt aus /
der Engel hat gepoſaunet / verzeuch nimmer | gedende
was die Offenbarung JEſu Chriſti ſaget / das dieſe / welche an
der Huren zu Babel hangen / ſollen mit in Pfuhl gehen / der mit
Fewer und Schwefel brennet: Denn die Hure wird ſich nicht
bekehren / denn fie ſoll das Mas / das ſie eingeſchencket hat / auß⸗
ſauffen: Darumb thue ein jeder ſelber die Augen auff / denn
groz
304 Vom dreyfachen Leben Cap.rs.
groß iſt GOTT / der ſie richten wird: Sie wird in ihren Suͤn⸗
den beharren / und endlich verzagen. Sie ſchreyet Mordio, und
iſt doch nichts / als ihr eigen Übel plaget fie / als die Gleißnerey
ihrer Heyligteit / ihr Hochmuth und Geitz: Sie hat Woͤlffe /
Die ſie deiſſen; Aber ſie ind Woͤlffe / und gehören auch nicht un»
ter die Schafe. Darumb iſt cs Noth auffzuwachen / nicht in viel
Forſchen / ſondern ſich felver zu ſuchen: Denn viel Forſchen ohne
Umbwendung deg Ubels iſt Trug auff dieſem Weege: Und wan
du 1000. mahl dieſes lieſeſt / und bleibeſt doch nur alſo unumb⸗
gewendet deines Willens / ſo verſteheſtu ſo viel davon / als der
Eſel vom Pfalter.
15. Alſo gehet es auch dem Bauch-Orden / dem Antichriſt:
Meyneſtu / es ſey ein leicht Ding / einen Eſel auff einen Koͤnig⸗
lichen Stuhl zu ſetzen? Wie wil denn der Bauch⸗Eſel vor GOtt
beſtehen / der ſich mit einem Eſels-Hertze in Chriſti Stuhl / wel⸗
ches des H. Geiſtes Stelle iſt / einſetzet / nur umb Gut und Eh—⸗
ren Willen / und iſt nur ein Hiſtorien⸗ſchreyer / ohne einige
Erkaͤntnuͤß / und noch wol voll Laſter ? Oder meyneftu/ du
ſeyeſt geſchickt genug in Chriſti Stuhl einzuſitzen / wan du Kuͤn⸗
fe und frembde Sprachen kanſt? Ja riech Fritz: Sihe Gottes
Wahl an: Schawe Abraham und die Erg-Vätter /ſo wohl
Moylen den Schafhirten / auch Die Propheten und Apoſtel an /
fo wirftu bald fehen / welchen GOTT erwehlet / ob er Kunft over
Geiſt erwenle,
16. Darumb habe ein jeder Acht aufffeinen Stand / darin
nen erfiget: Einer der da würdet / der würdet GOttes Wun⸗
Der / undder geyetcinfültig mit feinem Willen in GOttes Wil⸗
Sen / und hanget Findifc an GOTT / er führer nur zween Wee—
ge / einen in fein Werck / darmit er dem Bauch Nahrung gibt /
den andern in GOttes Willen / und vertrawet GOTT/ was
der immer mit ihme thue und mache: Und wo er denn iſt / und
was er thut / fo ſpricht er: Es iſt mein Beruff / HErr dein
Wiile geſchehe; Gib mir was mir gut iſt / der gehet in GOttes
Wunderthat gar recht.
17. Der aber von der Natur zu einem Regenten erfohren iſt
und zu einem Fuͤhrer / vorab im geiſtlichen Stande) dermag
wohl acyt auff feine Sachen haben / dag er nicht ohne Waffen
gehe / venner führet Chriſti Heerde / er iſt ein Hirte/der Wolf
gehet immer umbihn: ABirder wacer feyn / und erkennen / dag
er Chriſti Schafe unter feiner Weyde habe / und wird fie als cin
ctrewer Hirte recht weyden / fo wird ihme der Hirten-Stabin
Ewig⸗
Cap. 18. des Menſchen. 30%
Ewigkeit ein groffer Ruhm ſeyn. Wirder aber nur die Wolle
ſuchen / feine Ehre / Macht / Pracht und Herzligkeit/ feine Bor
luſt / und den Schafen ihre Wolle verſchwenden / ſte nicht weyden
und traͤncken /fondernals ein Faullentzer in Sleichesluft ſchnar⸗
een) day alfpein Schaf hie} das ander dort in der irregehet/
und vom Wolffe gefreffen wird: ver nichtin Schafsftallhinein
wilgehen / fondern ſteiget von auffen hinein / und fichet / wie er
moͤge mit $ijt den Schafenihr Sutter fichlen / und ihre Wolle
ſcheeren: Diefe alle gehören zu den Woͤlffen und haben nicht,
Enrifti Hirten⸗ſtab / fondern des Teufels Scheermeſſer / und
muͤſſen hernach ewig mit den Woͤlffen heulen.
18. Wie mag ſich einer einen Hirten Chriſti nennen / der
nicht von Chrifti Geiſt erwehlet iſt zun Hirten? Mag auch ein
Wolff einen Hirten uͤber die Schafe machen? Sind ſie nicht
beyde Wölfe? Oder fügen wir das auß Begierde? Iſt es doch
in der Natur alſo gethan / das ein boͤſes Ding auß ſich felber nicht
kan ein gutes machen / ſondern nur wieder ein boͤſes: Wie mag
denn ein zorniger Kriegsmann den andern zornigen guͤtigen / da
er nur morden und ſchlagen wil? Oder wie wilſtu den H. Geiſt
im Menſchen erwecken / da in deiner Stimme nur der Geiſt dieſer
Welt iſt? Das wird wol nicht ſeyn / er waͤre denn zuvorhin
ſchon im Hoͤrer erwecket: Derböretdes H. Geiſtes Stimme in
allen Worten / ſo von GOttes Wundern geredet werden: Und
wan ein Eſel koͤnte reden / und ſagte von GOttes Wort / ſo ſchluͤ⸗
ge der Hammer des Auffweckens in der Seele / welhein GOTT
iſt / denn wer von GOTT iſt / der hoͤret GOttes Wort / ſaget
Chriſtus: Darumb hoͤret ihr nicht / dan ihr ſeyd nicht von GOtt /
ſondern vom Teu fel / und vom Geiſte dieſer Welt.
19. In manchem Menſchen iſt gar kein GOttes Wort oder
Geiſt zu erwecken / dan die grimme Matrix hat ihn gefangen:
Das weiſet ſich auß / indeme Chriſtus redete / der hatte freylich
den Hammer; Aber fein Geiſt gehet nicht in die boßhafftige ver=
ſtockte Seele / ſondern in dieſe / welche gerne wolten fromm ſeyn /
wan lie nur Eöntens Und wan dan alfo der Hanuner den Scelen=
Geift auffwecket /dag die Seele umbwendet / und ih in GOTT
einwirffet / als dan kan ſte. Der alte Menſch mug nicht das Re⸗
giment haben / ſondern GOttes Geiſt / ſonſt iſt kein koͤnnen da/
ſondern ein halten vom Zorne: Denn es ſind zwo Suchten is
der Seelen / eine iſt die geitzige /grimmige Fewers-ſucht / die fu>
chet immer das irrdiſche Weſen: Und dan eine auß dem Geiſte /
welche vom Fewer außgebohren wird/ IRRE — *
eclec
306 Vom dreyfachen Seben Cap.i8.
Seelen⸗Leben in der Bildnuͤß GOttes verſtehen / das iſt GOttes
Sucht / und ſuchet Himmelreich:
20. So nun der rechte Hammer darinnen ſchlaͤget / als der
Geiſt GOttes / ſo wird dieſelbe Sucht fo ftard/das ſte dengewer⸗
Quall und Sucht uͤberwindet / und ihn ſanftiget / da ß er der Liebes
Sucht / als der Seelen⸗Geiſtes Sucht begehret / da iſt gut ma⸗
chen: eine ſolche Seele iſt leichtlich auffzuwecken / daß ſie das
aͤuſſere Regiment zwinget / und ſonderlich wan ihr der rechte
Hammer der H. Geiſt Durch) die Ohren ins Hertze ſchallet / fo
fanget der Seelen Tinctut geſchwinde / alda gehets durch den
gansın Seelen-Geiſt aus Durch beyde Suchten / denn es wirfft
ih in einen Willen: Denn zweene Willen beſtehen nicht in der
Ewigkeit / es muß nur Einer ſeyn: Der eine muß ſeyn als Ohn⸗
maͤchtig / und der ander Allmaͤchtig / ſonſt it Uneinigkeit.
21. Denn das iſt ver Ewigkeit Recht und ewig Beſtehen /
daß ſie nur Einen Willen hat? Wann fie der zweene haͤtte / fo
zerbraͤche einer den andern / und waͤre Streit: Sie ſtehet wohl
in viel Krafft und Wundern: Aber ihr Leben iſt nur bloß allei⸗
Be die Liebe / aus welcher Liecht und Maneftätaußgeher. Alle
Eresturen im Himmel haben Einen Willen / und der ift ins. Herke
GOttes gerichtet / und gehet in GOttes Geift / wohl im Centro
der Vielheit / in wachen und blühen ; Aber GOttes Geift ift
das schen inallen Dingen;Centrum Nature giebt Weſen / Maye⸗
feat und Krafft/ und der H. Geift ift Führer / er hat das obe⸗
te Regiment: Iſt es doch von Ewigkeit alfo gewefen / aber int
unfichtbahren Weſen / vor den Ereaturen.
22. Esiftim Himmelnichts Newes / das nicht geweſen wäre/
. dan das Werfen ift begreifflich worden: GOTT hat fich aus fich
in Gleihnüffen und Bildnuͤſſen offenbahret / fonft iftallesnur -
alleine GOTT. Der Zeuffelift auch GOttes / erift fein Grit
im inneren Centro welcher auch das alleräufferfie ift / denn
fein Reich ift die Finfternüg inder Natur / wie forne bemeldet.
Darımb fol ein Menfch zufehen / und fich felser gebähren:
Denn er ift eine Wurtzel in GOttes Acker / und hat den Geift
zum Verſtande gekrieget: Er ſoll eine Frucht aus dem Seelen⸗
Geiſte in Krafft deß H. Geiſtes gebaͤhren / nicht nach der fin⸗
ſtern Geſtalt ſeiner Erden / ſondern aus des Liechts Krafft:
Denn was aus des Liechts Krafft waͤchſet / das gehoͤret auff
GHttes Tiſch: Und was aus der Finſternuͤß waͤchſet / das eine
Frucht in der Finſternuͤß bleibet / das gehoͤret in die Finſternuͤß
in Abgrund / in diegrinme Matrix; Es iſt nach diefer ER ak
jeder⸗
Gap.ı8. des Menfchen, 307?
MWiederruffen: Denn wie ein Kraut gewachfen ift / alſo ſtehets /
und alfo ſchmeckts / und wird hernach nur von dehme beachret zur
Speiſe / der auch derfelben Eflentien ift ; Der aber dicke Eſſen-
tien nicht hat / der begehret es nicht zur Speife / er ſamlet das
auch nicht ein. {
23. Darumb bedende fih ein jede Seele / und prüfe ſich /
was ſie für cine Frucht ſey: Alhier iſt noch gut umbwenden / und
das Kraut abhawen / und aus der Wurtzel ein beſſer Kraut zeu⸗
gen; Wan aber der groffe Einerndter komt / der ſchneidets durch >
einander ab/ alsdan wird das Unkraut in Bündel gebunden /
und ins Fewer geworffen ; Aber das gute Kraut wirdauf GOt⸗
tes Tiſch getragen. - 2
24. Dieſes haben wir gantz trewlich nach unſern Gaben eroͤff⸗
net: Und wehn da hungert / Der eſſe und wehn duͤrſtet / der trinc⸗
ke: Es iſt ohne Geld zu nehmen / auff daß unſere Frewde in
GOTT völlig werde / und wir in jenei Leben auch zu eſſen ha⸗
ben. Halleluja, Amen.
ENDE.
Berzeichnäß der Capittelen dieſes dritten
Buchs | von dem drenfachen geben des Menfiher /
hohe und tieffe Gründung / durch die
drey Principia,
Cap. x.
Fon Urftand deß Lebens / Item / vonderewigen Gehuhrt
des Goͤttlichen Weſens. Pag.5
Cup. 2.
Dom. Grunde der ewigen: Gebährerin. 17
Eap. 3.
Bon der Schften Geſtalt der Natur / auch eine Anweiſung zur
Goͤttlichen Erkaͤndtnuͤß. 36
Cap. 4.
Von der Siebenden Geſtalt der Natur / der Weſenheit oder
Libligkeit / Item von den drey Perſonen in. der Gott>
heit. * 55
Cap. 5.
Bon der thewren und Hoch⸗edlen Jungfrawen der Weißheit
GOttes / und der Engliſchen Welt: Die andere Porte in,
Ternarium Sanctum. 72
Cap. 6.
Die andere Porte der Welt und auch des Paradiſes / hoch zu be⸗
trachten. 97
Cap. 7.
Wie wir das Verlohrne wieder ſuchen muͤſſen: Item / die Por—⸗
te des Firmamentiſchen Himmels mit den Sternen und
Elsinenten / und vom drepfachen geben des. Menfihen ;
Der edle Stein) den Magis recht in das Liecht gefeget Geiſt⸗
lich. 115
Cap.S.
Ten TEE
Regiſter.
Cap. 8.
Daß außer dieſem irrdiſchen Leben noch ein ander Leben im
Uns iſt. Pag.128
Die —* offene Porte / wie ſich ein ei ſuchen — —5
finden kan. 133
Cap. 9.
Dom dreyfachen Leben / und vom Leibt und gantzen Regiment
des Menſchen in dieſer Welt / hoch zu betrachten. 142
Cap. x0.
Von der Schoͤpffung aller Weſen / und wie ſich der Menſch ſu⸗
hen und finden ſoll / und wie er mag alle Heimligteit ei
biß in die Neundte Zahl / und höher nicht. 165
Eap. ır,
Bon rechter Erfäntnüß des Menfchen: Item / die Porte des
groffen Jammers und Elendes / wie die Bildnuͤß in Mutter⸗
feibe / weil fte noch im Sulphur iſt / verderbet wird / dayaus
mancher Bildnuͤß nach dem Geiſt ein Thierwird, 175.134
Cap. 12,
Vom Chriſtlichen Sehen und Wandel / was dem Menſchen zw
thun ſey in dieſem Jammerthal / daß er GOttes Werk wuͤrc⸗
ke / und alſo erlange das ewige hoͤchſte Gut. 210
Item / eine Porte des Weeges dieſer Welt / in GOttes Reich zu
wandlen. 222
Cap. 13.
Don Ehrifti Hohmürdigen Zeftamenten / das fchöne Perlen⸗
Kränslein des edlen — * Steins Myfterii Magni
und Lapidis Philofophorum,, da. die Antichriſtiſche Kirche
umb tanget / und dehn inuner ſuchet / aber nicht auff rechtem
Grunde und Stelle. —
Cap. 14.
Vom breiden Weege diefer Welt / welcher in Abgrund führet
und denn von dem ſchmahlen Weege in GOttes Reich. 242
Cap. aA5.
Megifter.
Cap. 15. at
Bon der vermiſcheten Weltund ihrer Bogheit wie ſie ietzo ſte⸗
het/und wie fteihr Regiment icho treibet:
Ein Spiegel/ da fich ein jeder mag beſchawen / umd fich prüs
fen / weg Geiftes Kind Erfey/ aus dem Spiegelder Wun⸗
der, Pag.26x
Cap. 16.
Vom Beten ımdFaften/ und rechter Zubereitung zum Reiche
GoOttes / was das Beten fey oder verbringe / was feine Krafft
und endlicher Nutz fey. 2
Eap. 17.
Dom Segen Gottes in dieſer Welt / eine fehr gute Offenbah⸗
rung für die Schwach-gläukigen. 29X
Cap. 13.
Vom Tode und Sterben / wie einem ſey / wan er ſterbe / und wie
hme im Tode ſey / eine groſſe Wunder⸗Porte. 207
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Andeutun — Figur uber die i jertzig
Fragen von der Seele.
>? Hne ſchwartze Erde wird keine ſchoͤne wohl⸗ riechende Blume
oͤffenbahr / kein Gold ohne finſtern harten Stein und giffti—
gen Dampff / alſo auch kein Licht ohne Finſternuß. Denu das iſt
nur der einige Weeg und Weife der Offenbahrung aller Geheim⸗
nu GOttes.
Alſo hat dich liebe Seele auch GOtt zu einem GOtt geformet /
day du ſeine eichnuͤtz / ſein Bild und Erbe waͤreſt / und die Wun⸗
der deines Reichs eroͤffneteſt. Aber der Reid hat dich perſolget /
weil er fahe dag du in deiner Kindheit mit weiſſer Seyde geklei⸗
det / und mit ſeiner Krohne gekroͤhnet wandelteit ; Und ob er wohl
groͤſſerer Staͤrcke war / ſcheuete er doch deine Macht / darıımb
heuchelte er deinen Gefaͤhrten der an feiner Graͤntze wohnet ſdaß
er dich Durch ihn mit Luſt fallete / und dein Leben vergifftete.
O! haͤtteſt du dieſen mit ſeinem Sonn-Mond-und Sternen⸗
—9 n Knecht bleiben laſſen / wie ihn die obere Weißheit ges
net / fo ſaͤſſeſtdu nochi in Ehren und Ruhe; weil du ihn aber zit
geliebet / und deinen heimlichen Schatz vertrauet ſo hat er
feine Fluͤgel auch übers Kerhoben / und dich uͤberwaͤltiget / daß
du —— ne chiworden⸗ und in ſeiner Muͤhle mahlen muſt.
dun iſt deine Macht dahin / deine Ehre zur Schmach worden /
ungen eine Schönyeit ein Greuel unterm Staub /d darzu ſind dei⸗
ne Kraͤffte und Gedaͤchtnuͤß fuͤr Alter / Muͤhe nad Arbeit in der
Muͤhle vergangenfdag dud dich felbtt nicht mehr kenneſt / on wane
nen du kommen biſt / und wie die Geſtalt deiner Jugend geweſen.
Aber Dit GOtt und Vatter der dich gezeuget ———
Deiner Truͤbſahl in feiner. Barmhertzigkeit /darumb ſendet er dir
eg der deine erſte Herzligkeitverkündiget; Und
das er bald wil Feuer auff den Acker ſchicken / der das Setraid
verzehreiumdeinen Wind / der die Mühle umbreiſſe; Die Stei⸗
ne wil er zerbrechen / und deiner Arbeit cin Ende machen alsdann
ſoll deine Geftaltinerfter Krafft erneuert deine Ehre Freude
undSicherheifdeppelt werden / daß du wirſt jauchzen und ſingen:
eine Seele erhebe 9 URS / u mein Geiſt freue ſich
Gottes meines Heyl
N N —B
N
Wovon
Wovon zu befchen
x. Frage. v. 56. 59. 61. 62.195.187. 188. 189. 204.239.
7. Frage. v. 13. biß 16,
Umbgewandtes Auge. v. 5. 6. 7. 8.9. 10. biß ans Ende.
Aurora. Cap. q.v. x3. biß 21. c. 13. v. 46.
Drey Principien. Cap. 2. v. 2. 3. 4. 7. c. 4. 0.19.20, 21. t. 76
v.2,8.0.122.0.10.0.14. 0.9. 10. XL. 12.
Dreyfüchen Keben. Cap. 1. 9.13. 15.17. 20.27. 22. 24. c. 5.
2.89.0.60. 50.51. 0.3.9.5.42.0. 11,9. 21.
x. Theil der Menſchwerdung Chrifti. Cap. 3.0. 16.18. 19. 2a
21.22.23,24.0.8.0.2.0.11.0.1.2.3.
3. Theil der Menſchwerdung Ehrifti. Cap. 3.8. 2.3.4 5.9.
6. 5.09.13. 24. (.6.0.1.6.7.0.6.0.4. 5.
6. Puncten. Cap. 7.0. 18.19. 20.28.29. 30.
Teſtament Chriftivonder Tauffe. Cap... 3.
Wiedergebuhrt. Cap. 2.0.4.5. 06.7.8
4. Complesionen. v. a2. 13. 17.
Die Deu fehler nrdiefem Buche der 40. Fragen
von der Seele | find diefe:
Folio44. Linea7. deleer.
>. 56. L zu dſLeib iſt eineGleichuaß adge des Gelftẽs
Viertzig Fragen
Bon der Seelen Vrftand / Eſ⸗
ſentz / Weſen / Natur und Eigenſchafft /
was ſte von Ewigkeit in Ewigkeit ſey.
Verfaſſet von
D'- BALTHASAR WALTER,
tiebhaber der groffen Geheimnuͤſſen.
Und beantwortet durch
Jacers Böume,
Darbey am Ende beygefuͤget ift Das unge
wandte Auge don der Seefen und ihrer
Bildnuͤß.
Zu Amſterdam /
Gedruckt im Jahr Chriſti 1682,
Wohl:
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BORREDE.
A: £liebter Her: und guter Freund /
aufenre Fragen ift der Vernunfft
nicht müglich zu antworten / dan
diß find die gröften Geheimnuͤſſe /
d slleine GOTT bewuſt find.
Dan Daniel fügte zudem Koͤmi⸗
ge Mebucadnesar : Dasder Koͤ⸗
nig von den gelehrtenChaldeeri/
Stern-fehern / und Weiſen fraget
und begehret / ſtehet nicht in ih=
rem Dermösen; allein GOTT
vom Himmel Fan verborgene
Dinge offenbabhren : £s ftehet nichtin meiner Vernunfft dem
Rönige zu anfivorten x Aber Doch daß der König feines
Hergens Gedancken erführe/ bats BOTT geoffenbshret ;
nicht daß meine Dernunfft gröffer fey / als.aller die da leben.
Alſo füge ich auch zu euch; Luch wird geantwortet / nicht
daß meine Dernunffegröffer fey als alter dDieda leben ; allein
auff daß ihr euers Hertzens Gedancken / ernſtes Suchen und
Begehren möger erfahren / ift mir gegeben worden euch zur
antworten ; Und follet folches nicht alſo ſchwer ſuchen / es ſte⸗
bet in Eeiner äufferlichen Dernunfft/ aber dem Geiſte Gottes
ift Fein Ding unmüglidy) fintemal wir GOttes Kinder find/
undin CHriſto wieder in GOTT geboren : So ſihet ja der
Sohn gar wol / was der Datter im Hauſe machet / auch ler⸗
net er feine Kunſt und Werck. So wir dan GOttes Geheim⸗
nuͤß ſind / follen wirs darum nicht anfehen / als dörften wir
ſolche Beheimnüß nicht anruͤhren / wie ſolches der Antichriſt
narret: Dan keiner nimt ihm nichts aus GOttes Geheim⸗
nuͤß / es werde ihm dan gegeben. Und S. Jacob ſaget: Alle
gute und vollkommene Gaben kommen von oben herab/
vom Datter des Liechts / bey welchem Eeine Yenderung noch
Wechjelift. Und fo ihr dan folches alſo heftig fuchet / Jo ſeyd
ihr auch die Urfach des Findens; dan GOTT giebet feine
Geheimnäffe durch Mittel und ohne Mittel; Aber daß ch
.
2 Trier
BORREDE
Niemand ruͤhme / brauchet er offt gar fchlechte Leutedarsı }
auff daß erkant werde / daß es von feiner Handt komme.
So foll euch) geantwortet werden mit einer fehr ſtarcken
und tieffen Antwort / jedoch Eurg gefafler snicht nach der aͤuſ⸗
feen Dernunfft / fondern nach dem Geifte der Erkaͤntnuͤß.
Und da ich Doch folches mit längerer Befchreibung genug er=
weiſen und Darthun Eönte: Weil aber folches alles in meinen”
andern Schrifften weitläuffig ift befchrieben und erkläret /
laſſe ichs ietzt in der Kuͤrtze / um Luft des Lefers willen / und
Daß es ein kurtz Memorial fey von den groſſen Beheimnäffen;
Der das aber ganz auß dem Grunde begehret / mags Inden
vorigen Schriften ſuchen / fonderlichim dritten Theil / da
hat er den gantzen Grund vom Goͤttlichen Weſen / ſo wohl
von der Schöpffung aller Dinge/ vom Ewigen / und dan
auch vom Zerbrechlichen / und wie alles alfo worden ey /
und alfo gehe ; und was es endlich feyn wird: Da dander
Schlüffel Myfterium Magnum innen liget / fo vieleiner Crea⸗
tur faßlich und erträglich feyn mag. Dahin wollen wir euch
mit weiterer £rFlärung gewiefen haben : und thue mich euch
in CHrifto in die Brüderliche Kiebe befeblen.
Anno Chrifti 1620,
Jacob Böhnte!
Teutonicus genant.
Die
Die 1. Frage
Woher die Seele vom Anfange der
Welt entftanden?
I»
Ir haben euch im andern und
dritten Buch die Geheimnuͤß
der Seelen genug erkläret}
durch die drey Principia Goͤtt⸗
lihes Wefens / da wir dan
auch Das ewige Centrum der
ewigen Natur / und dan die
3 Zahl des Göttlichen Weſens
haben beſchrieben / mit viel
Umflanden / und was die E—
wiglkeit je gewefen ſey / und wie
DAN! der Anfang ver Schöpfung ſey
worden / und was Engel und
Seelen ſeyen / fo wol den fehmweren Fall Lucifers / und dan Die
beyden Muͤtter die das haben alſo erbohren: da eine die himliſche
Weſenheit gebieret / und die andere hoͤlliſche Grewel; auch von
Liecht und Finſternuͤß.
2. Darumb wir in dieſem Tractat garnicht wohl zu verſte—
hen ſeyn werden / es ſey dan daß einer habe den dritten
Theil unferer Schriften gelefen / und gefaſſet: Wiewohl daf⸗
felse Faſſen faſt nicht in Menſchen-Gewalt ſtehet / fo ift ihm
doch der Weeg darzu gang trewlich gewieſen worden / daß ſo⸗
ferne ihn luͤſtert dahin zugelangen / Er wohl) fo Er unferem
Mathe folgen wird/ einen Führer und Weiſer erlangen werde /
der ihme den Schlüffel Myfterium Magnum zeigen wird zur dem
Edlen Stein/ Lapis Philofophorum , ımdaller Geheimmirffe :
Es folls feiner für unmöglich achten / Dann bey GOTT ift alles
möglich / wer GOTT findet / der findet Alles mit und in ihme.
3. Ihr wiffetdas aus der Vernunfft / daß alle Dinge find au
ver Ewigkeit entfprungen und herkommen / auch faget euch Das
die Schrift: in GOTT feind alle Dinge / in ihme leben und we⸗
ben wir / und ſind feines Gefchlechtes.
A; 4. Und
6 Dier. Frage. Woher die Seele |
4. Und ob wir wohl nicht Fönnen von GOTT fagen/ das die
lautere Gottheit Natur fey/ fondern Majeftät in drey Zahl / fo
muͤſſen wir doch fagen/ daß GOTT inder Natur ſey; ob ihn
wohl die Natur nicht greiffet oder faſſet / fo wenig die Sufft kan
den Sonnenglang faſſen; fo müffen wir Doc) ſagen daß die Na—
tur ſey in feinem Willen erbohren / und eine Sucht fey aus der
Ewigkeit: Dann wo kein Wille ift / da ift auch Erin Be»
gehren.
5. So ift aber in GOTT ein Ewiger Wille / der Erfelber
iſt / fein! Hertz oder Sohn zu gebähren/ und, derfelbe Wille
machet die Kügung oder den Außgang auß dem ABillen des Hertz»
ens/ welhes cin Geift: ift: alfo daß die Ewigkeit indreyen
ewigen Seftalten ftchet/ welche Perfonen genennet werden /
wie wir ſolches haben gar ſcharff im dritten Buche erklärct.
6. Und fo wir denn fehen und wiffen / daß nicht allein Siecht
amd Majeftät fey / fondern auch Finfternüß / wie für Augen ;
So muͤſſen wir ja auch wiſſen / wovon Finſternuͤß urſtaͤnde:
dann in der Ewigkeit auſſer der Natur kan keine Finſternuͤß
ſeyn / dann es iſt nichts / die das giebet / wir muͤſſen nur in
Willen ſehen / und ins Begehren; dann ein Begehren iſt an—⸗
ziehende: Und da es doch in der Ewigkeit nichts hat / als nur ſich
ſelber / das zeucht ſich im Willen / amd machet den Willen voll /
das iſt ſeine Sinfternüß/ da er fonft/.da er nicht begehren»
de ware/ ein Nichts wäre / fondern eine ewige Stille ohne
een.
7. So machet das Anziehen Bersegligkeit und Eflens / die
fonft in der Stille nicht können ſeyn; auch fo macht es herbe /
harte undderbe/ dazu die Scharffe. So koͤnnen wir auch nicht
fagen/ daß darumb die Finſternuͤß das Siccht verſchlinge / als die
ewige Freyheit: dann was Ewig iſt / laͤſſet ſich nicht aͤndern
oder verwechſeln; ſondern wir muͤſſen ſagen / dag Liecht und
Finſternuͤß ineinander ſey.
8. So iſt nun das Liecht gut / und hat Krafft; und die Fins
ſternuͤß hat herbe / harte / kalt; und des Willens Begehren
macht Eſſentien und Anziehen / das iſt eine Ruͤgung in der Haͤr⸗
‚tigkeit / fo ſich das Angezogene rüget vom Zichen / fo ifts eine
Wirrung / da in der Schärffe Liecht und Finfternüß vermenget
werden.
9. Und ift ung zu erfinnen/ wie daß das freye Liecht inder
ſcharffen Raͤgung im Weſen mit gefchärffet werde / da wir datt
an Scwerblis ung Ernſthafftigkeit verfichen / und is
] Du
vom Anfänge ver Welt entſtanden. 7
doch nicht fagen / daß eine Trennung alda ſey: dan was ewig
iſt von keinem Anfange / das hat kein Weichen außeinander /
ſondern es ſtehet als ein Radt / das ſich in ſich ſelber gebieret /
wie ihr an des Menſchen Gemuͤth ein Gleichnuͤß habet / da zwar
ein Wille eines Erhebens und Fliehens iſt / und aber fein
Reichen; je gröffer der Wille ift / je gröffer ift auch, das We⸗
fer / und jemächtiger wird es geſchaͤrffet.
10. Alſo wird die ſtille Freyheit / welche weder finfter noch
liecht iſt / in dem fcharffen Begehren und Anzichen gefchärffet /
daß ſie als ein Blig erfcheinet / der da leuchtet: So können wir
auch nicht fügen / daß die Freyheit den Blitz fanget/ dan fic hat
von Ewigkeit nichts gehabt: aber das fönnen wir wohl ſagen /
daß das Sicht und der Glank in der Freyheit leuchtet:
dan was fren iff/das Fäffet das Liecht ein; was aber nicht frey ift /
als die Herbigkeit welhe Finſternuͤß machet / und ift materin-
liſch / auf geiftliche Arth geredet / das faͤnget nicht das Liecht:
das Fönnen wir wol fagen/ was ſanffte und unfaffend ift/ daß es
das Siecht fanget/ wie ihr am Waſſer feher / welches das Liecht
faͤnget / und die herbe Erde nicht.
ze. Auch fo habet ihr am Fewer cine gnugſame Erkaͤnt⸗
nuͤß des Weſens aller Weſen / dan ihr ſehet daß das Fewer alſo
aus einer herben und ſtrengen Materi brennet / dan es iſt das
ſcharffe Begehren / welches alſo als eine groffe Angſt in ſich fel-
"ber eingehet / und greiffet nach der Freyheit / da es dan die
Freyheit als einen Blitz ergreiffet / und ſich alſo mit dem Blitz
- felber entzuͤndet / daß es brennet. Und wiewol im Ewigen We- e
ſen kein folch Fewer zu verftchen iſt / das im aͤuſſern ſcheinet / fo
iſts doch im innern im herben Begehren / und das aͤuſſere biei-
bet eine Finſternuͤß / darumb iſt das ewige Fewer im aͤuſſern
finſter / und in ſich hinein im Willen der ewigen Freyheit iſts
ein Liecht / das da ſcheinet in der ſtillen Ewigkeit.
12. Nun verſtehen wir am Fewer zehen Geſtalten / welche
alle im Willen erbohren werden / und ſind alle des ewigen Wil⸗
lens Eigenthumb: darumb ſagen wir recht / es ſeh GOttes /
und die Freyheit (welche den Willen hat) ſey GOTT fe.ber;
dan es iſt die Ewigkeit / und nichts weiters |
Die Erſte Geſtalt.
13. (FRſtlich iſt die Ewige Freyheit / die hat den Willen /
und iſt ſelber der Wille. Nun hat ein jeder Wille eine
Sucht etwas zu thun oder zu begehren / und in demſelben
8 | U 4 ſchauet
8. Dier. Frage. Woher die Seele
ſchauet Er ſich ſelbſt; Er ſiehet in fich in die Ewigkeit / mas er fel-
ber ift; Er machet ihm felber den Spiegel feines, gleichensdan er
beſtehet ſich / was Er ift/ fo findet Er nun nichts mehr als fich ſel⸗
ber / und begehret ſich ſelber.
Die andere Geſtalt.
14. D iſt die Andere Geſtalt das begehrend iſt / und hat
doch nichts als ſich ſelbſt: ſo zeucht ſein Begehren das
Modell ſeines Willens in ſich / und ſchwaͤngert ſ ch ſelber / daß
alſo eine Finſtecnaß oder Uberſchattung am Willen wird /
welches der Wille auch nicht haben wil / fondern das Begehren:
Die Suchtmiacht das / umd iſt auch nichts das das Begehren
verzehren oder vertreiben mag. Danıı was vor dem Begehren ift
auffer der Sucht / Das iſt frey und ein Nichts / und da cs doch
iſt: ſo es aber etwas erkaͤndtliches waͤre / fo waͤre es ein We⸗
ſen / und ſtuͤnde wieder in einem Weſen / das das gaͤbe, So es
aber ohne Weſen iſt / ſo iſts die Ewigteit / das iſt gut / dann es
iſt Feine Quaal / auch hats keinen Wandel / ſondern iſt cine
Ruhe und Ewiger Friede.
15. Weil aber die groſſe Weite ohne Grund iſt / da keine
Zahl noch Ende iſt / und auch kein Anfaug / ſo iſts gleich einem
Spiegel: es iſt Alles und doch auch als ein Nichts; es befichet
ſich ſelbſt / und findet doch nichts / alscin A„ das iſt fein Auge:
AV Das iſt der ewige Urkundt daß etwas key) dann es ift der
ewige Anfang und das ewige Ende.
* Alſo ſiehet der Ungrunde in ſich / und findet ſich ſelber.
Das Aiſt unten / und das Viſt oben/ und das O iſt Auge / und
da es doch in ſich kein Weſen iſt / ſondern alſo iſt der Urſtand des
Weſens. Es iſt kein Unten noch Oben: alleine fein Spiegelim
AV iſt alſo ein Sehen. Dieweilaber Fein Grund iſt ſo iſt ſein
Spiegel ein ſolch O Auge: dan EDit ſpricht felber / Ach bin das
A und O, Anfang und Ende/ in Apocalypli, der Erfteund Letzte.
— Aif⸗ mercket uns thewer und hoch / dan wir reden alhier
nicht in Natur / in Forma / ſondern im Geiſte uͤber Natur / im
Character GOttes T. Das O iſt GOttes Auge / der Ewigkeit
Auge / das macht und iſt ein Spiegel / und iſt ein runder Circkel
gleich einer Kugel / nicht einem Ringe / wie wirs dan nicht koͤn⸗
nen anderſt ſchreiben.
18. Alſo verſtehet hiemit die Kugel der Aterniter , darinnen
der Grund Himmels und Erden / und der Elementen mit dem
Sternen⸗Rade ſtehet. Dan das iſt eine Kugel gleich einem u.
\ ge
vom Anfange der Weltentftanden. 9
ge / und iſt GOttes Wunder-Auge/ da von Ewigkeit iſt alles
Weſen darinne geſehen worden / aber ohne Weſen /
gleich als im Spiegel oder im Ange: dan das Auge iſt des Une
grundes Auge/ da wir dan dazu Feine Feder noch Zunge zu
ſchreiben over zu reden haben / alleine der Geift der Ewigkeit
führet der Seelen Auge dahinein/ und alfo fehen wirs / fonft
würde es wol ſtumm bleiben / und von diefer Handt ungeſchrieben.
19. So dann alſo in der Ewigkeit ein ſolch Auge iſt / das
Gott ſelber iſt / und alſo nicht GOtt / ſondern Ewigkeit heiſſet /
aber nach dem Auge AundO, vorm A nichts / und imO alles /
und im A und O Anfang und Ende.
20. So gründen wir daß im O ein Wille ſey / und der Wille
ift das O felber / und machet das Aals den ewigen Anfang der
Sucht / daß fi der Abgrumd befichet/ und alfo in fich eine
Form machet/ gleich einer Kugel; dan das Auge finder keine
Grund / es ſchleuſt ſich Selber als wie in einen Spiegel zu einer
runden Kugel; dag es alfoder Ewigkeit Gleichnuͤß ſey / daß es
ſich kan ſelber finden / dan im Abgrunde iſt kein Finden / dan es
iſt kein Orth oder Ziel / ſondern nur der Ungrund: und ſo es ſich
dan alſo im Auge ſelber findet / ſo findet es doch nichts alß das
Auge / das iſt die Kugel.
21. Nun macht das Auge die Kugel / und iſt die Kugel / und
iſt alles zuſammen im Willen ſich ſelber zu ſuchen / und alſo zu
ſehen / was doch Ewigkeit ſey / das wird im Auge offenbahr.
Dan das Auge macht einen Anfang und ein Ende / und da doch
nichts iſt / das das gibt / ſondern es gibt ſich ſelber / und iſt von
Ewigkeit in Ewigkeit / und die Ewigkeit ſelber: es beruͤhre
nichts / dan es iſt in nichts / als in ſich ſelber.
22. So dan nu ein Wille iſt / der das Auge iſt / der das Auge
haͤlt / ſo iſt das Halten ein Begehren / nemblich des Auges / ſo
iſt das Begehren ins Auge einziehend / und da doch nichts iſt als
das Auge / und zeucht ſich das Begehren nur ſelber im Auge /
und ſchwaͤngert das Auge mit dem Angezogenen daß es voll iſt /
und ift Doch auch nichts als eine Finfternüg des freyen Auges z
wiewol Das Auge nicht finſter wird / ſondern das Begehren im
Auge in fich felber ſchwaͤngert fich : Denn der Wille des Auges iſt
ſtille und das Begehren des Willens macht ihn voll/ und das
Auge bleibet frey in ſich: dan es ift von Ewigkeit frey ; und das
heiſſen wir pie steige Freyheit in allen unfeen Schriften.
Us ze
1
10Die x. Frage. Woher die Seele
Die dritte Geſtalt.
23 O iſt nun ein Begehren ſcharf und ziehende / und
machet die dritte Geſtalt / nemlich eine Raͤgung in ſich
ſelber / und iſt der Urſtand der Eſſentien / daß im Auge und im
Willen Eſſentien find/ und der Wille mags doch auch nicht lei=
den / daß Er gezogen wird: dan ſein eigen Recht iſt ſtille ſeyn /
und das Auge im Circkel in der Kugel halten / und kan ſich auch
nicht wehren vorm Ziehen / und vorm Erfuͤllen / dann Er hat
nichts damit Er ſich kan wehren alß das Begehren.
24, Und allhier urſtaͤndet die ewige Feindung und Widerwil⸗
le: der Wille wil nicht finſter ſeyn / und ſein Begehren macht
ihn doch finſter / die Raͤgung kitte Er gerne / dann es iſt feine
Offenbahrung / aber das Einziehen und Verfinſtern iſt ihme
nicht lieb: wiewohl der Wille nicht gezogen noch verfinſtert
wird / ſondern das Begehren im Willen ſchwaͤngert ſich.
25. So aber nun das Begehren in der Finſternuͤß ſtecket / ſo
iſts eine groſſe Angſt / dan es wird geruͤget und gezogen / und
auch verfinſtert / und aͤngſtet ſich in ſich ſelber / und begehret der
Freyheit / und wil ſich indie Freyheit einziehen / und macht ſich
nur ſtrenger/ rau und harte / und gleichet einer grauſamen
Schaͤrffe / welche verzehrend iſt / als nemlich die Finſternuͤß:
Dan es greiffet die Freyheit in ſich / aber es iſt alſo ſcharff / daß
es in der Freyheit als ein Blitz erſcheinet / welcher die Finſter—
nuͤß mit der Strengigkeit verzehret: Darumb ſaget GOTT:
Ich bin ein verzehrendes Fewer.
26. Allhie verſtehe es / wie alle Materia in des rechten Fewers
Macht ſtehet / und wie die Tenne einmahl wird gefeget werden /
dan das iſt der Urſtand des Fewers / welches alle Macht hat /
Dam es verzehret was das Begehren gemacht hat / es ſey gleich
Stein oder Erden: dan es iſt die Schaͤrffe der ewigen Freyheit /
und giebet Centrum Naturæ.
27. Daß ihr aber tieffer gruͤndet / ſo wiſſet daß das Fewer in ſich
ſelber urkuͤndlich in dreyen Geſtalten ſtehet / als im Begehren ;
rd dan in der Materia des angezogenen / als in der Finſternuͤß /
in welcher Weſenheit iſt vom Anziehen; und zum dritten in
der Angſt⸗Quaal.
Bn: Die vierdte Geſtalt. | -
28. FR die Vierdte Geftalt macht es felber / als
den Blitz / dan die Freyheit urfachet das / und Das
iſt der Anzünder der Angſt-quaal; dan Das Begehren inder
Finſternuͤß wil nur Die Freyheit haben / fo ift die Freyheit
ei
vom Anfange ver Welt entſtanden. ır
ein Siccht ohne Schein / iſt gleich einer hochtieffen blawen Farbe
nit gruͤn gemenget/ da man nicht weiß was das für eine Farbe
iſt / dan es feind alle Farben darinnen ; und das Begehren in ſich
felber in feiner firengen Angft und Schärffe bricht die Farben -
. und macht in fich den ſchrecklichen verzehrenden Bliß / und ver⸗
wandelt ihn nach der Angft / daß er roth wird. So läffet fich doch
auch die Freyheit im Begehren nicht binden oder fangen / fondern
fie wandelt fich vom rothen Blise im Siechte in einen Glan der
Majeftät : und das ift im der Freyheit cin erhebliche groffe
Frewde.
29. Dann im Liechte wird das Auge offenbahr / fo wohl die
Weſenheit im Willen / da dan erkandt wird was Liecht oder Fin
ſternuͤß ſey; auch fo wird erfandt die Ewigkeit / und urftändet
alfo GOttes Heiligkeit im Wunder immerdar und von Ewig>
feit/ und hat fein Zielnoch Anfang : dan es iſt ein ewiger An⸗
fang] in nichts gefaffet als nur indie Wunder / die fein eigen
Weſen find / da weder Ziel noch Zahlift. Und wird alfpin der
ftillen Ewigkeit nichts erfandt als der Glantz der Majeftät / und
der Geiſt / welcher im Willen erbohren wird / undinder Maje⸗
ſtaͤt das Regiment ift.
30. Gelichter Her: und Freund / verficher ven Sinnrecht 7
wir mepnen nicht daß die Geburht auffer fich die Frenheiter-
greiffe / fondernin fich im Centro : fie greiffer fich felber in fichy
und machet Majeftät in fich felber ; und da doch feine Einfper>
rung iſt / fondern ift gleich als wann aus einem Tode oder Nichts
ein Leben würde / das alfe in fich alleine wohnet / das heiffet Prin-
cipium: und das / darinnenes wohnet / das heiffet Nature / und
hat-7 Geifter und Geflalten/ wie in unferm Andern und Drittens
uche zu fehen.
31. Aber das Principium hat nur einen Geift/ der iſt das Le⸗
ben des Prineipii z und hatauch nur einen Willen / der iſt die Er⸗
füllung der Ewigkeit / mitdem Glantze der Maieflät.
32. Dan das Principium iff die Krafft/ erbohren aus dent
Willen der Ewigkeit / undder Eingang oder ewige Anfang der
Krafft/ iſt der Krafft Schen und Geiſt / derdie Eflentien der Ge⸗
baͤrerin führet / / und derden Urſtand der Majeftäteröffnet. Und
Das gange Auge das fich alfo zu einem Spiegel hatgefaffetin A
und O ift alles : Es ift die Ewigkeit / underbichret in ſich int
Auge die Majeftät/ welche das Hertze und die Kraft des Auges
iſt / undauch den Geift / welcher im Hergen ausder Krafft auß⸗
gehet / aus den fewrigen licht⸗ Tammenden Elſentien.
46 33. Ab
12. Dien. Frage Woherdie Seele
33: Alſo verftehet ihr die heilige Dreyzahl in einem Weſen }
25 der Vatter ft Die Ewigkeit ohne Brund / da nichts ift und
Doch alles iſt und im Auge feines Glantzes fiehet Er ſich / daß
Er alles iſt / undinder Krafft der Majeftät fühlet Er ſich / und
ſchmecket ſich / und reucht ſich / daß Er gut iſt / das iſt das Er
GOTT iſt / wiewol das Tim Centro als die Schwaͤrigkeit ſich
urſtaͤndet. Und im Geiſt iſt die Ruͤgung in der Krafft / und die
Vielfaͤltigung ohne Grund und Zahl/ darinnen cine ewige un⸗
gruͤndliche Vielheit entſtehet / und alles in der Krafft. Dan was
keinen Grund hat / das hat keine Zahl / und iſt kein Auffhalten
oder Faſſen noch Einſperren / und was in ſich iſt / das iſt aus
ſich nicht kaͤutlich / aber nach dem Geiſte wohl fuͤhlend: : alfo trei⸗
bet das Innere aus fih/ und offenbahret ſich in Figuren / fonft
wirde GOTT nihterfandt.
34. Alſo iſt GOTT zufammen ein Geift/ und ſtehet von E⸗
wigkeit in dreyen Anfängen md Enden / und nur in ſich ſelber;
ihme ift keine Städte funden / und hat auch nichts in jich das Ih⸗
me gleichet ; es iſt auch nichts / das etwas mehrers koͤnte firchen
und offenbahren/ alsfein Geift/ der orfenbahret fi) von Ewig⸗
Eeit in Ewigkeit immer felber > Er iſt ein ewiger Sucher und
Kinder / alsnemlich fich felber in groſſen Wundern / und was Er
findet / das findet Er in der groſſen Kraffte: Er iſt das Eroͤffnen
der Krafft / ſein iſt nichts gleich / und ihn findet nichts / als
nur was ſich in ihme aneignet / das gehet in ihn ein / was
ſich ſelber verlaͤugnet daß es fen / ſo iſt der Geiſt GOttes dar—
innen Alles / dan es iſt ein Wille im Ewigen Richts / und iſt
doch in allen wie GOttes Geiſt ſelber.
35. Und das iſt / mein geliebter Herr / das hoͤchſte Myfterium,
und darumb ſo ihr diß wollet finden / fo firchets nicht in mir / ſona
dern in Euch felber / aber nicht in Ewerer Vernunfft / die
muß ſeyn als tod / und ewer — Wille in GOTT : fo iſt
doch in Euch das Wollen und Thun / ſo fuͤhret der Geiſt GOttes
ewren Willen in ſich / fo moͤget ihr als dan wohl ſehen was GOtt
iſt / und weß Geiſtes Kind dieſe Handt iſt / aus welchem Geiſte
ſie ſchreibet.
36. Und vermahne euch bruͤderlich / daß ihr es nicht alſo ſchwaͤr
ſuchet. Ihr werdets nicht alſo mit Forſchen ergruͤnden / wiewohl
ihr von GOTT erkandt und lich ſeyd / und euch auch dieſes dar⸗
umb gegeben wird / zu einer Richtſchnur: ſo habe ich Doch keine
Gewalt auffer mir euch zu geben 5 alleine folget meinem Rathe /
und gehet aus ewrem ſchwaͤhren Suchen in der Bernunftaus/ in
il⸗
vom Anfange der Weltentftanden. 13
Willen GOttes / in GOttes Geiſt / und werffet die aͤuſſere Wer:
nunfft weg / ſo iſt wer Wille GOttes Wille / um GOttes Geiſt
wird euch ſuchen in euch.
37. Und fo er ewren Willen in ihme findet / ſo offenbahret er
ſich in ewren Willen / als in ſeinem Eigenthumb: dan ſo ihr dehn
log gebet / fo iſt er ſein; dan Er iſt alles / und wan er gehet ſo
fahret ihr forth / dan ihr habet Goͤttliche Macht: alles was ihr
dan forſchet / da iſt Er innen / ſo iſt ihme nichts verborgen: alſo
ſehet ihr in ſeinem Liechte / und ſeyd ſeine.
38. Laſſet euch keine Furcht ſchrecken / es iſt nichts das das
koͤnne wegnehmen / als ewere Imagination, die laſſet nicht in
Willen / fo werdet ihr GOttes Wunder in feinem Geiſte wuͤrc⸗
fen/ und mich als einen Bruder erkennen in Ihme; fonften
werde ich euch wohl ſtumm ſeyn / fage ich euch wol meynend.
39. Und fo wir dann alfo von der Emigfeit ſchreiben / euch
endlich in ewrem Willen von der Seelen zu erfuͤllen / welchesal-
ſo hierinnen unfer Fuͤrnehmen in GOttes Geiſt und WBillen iſt;
fo wollen wir euch zu erſt fein anzeigen den Grund der Seelen /
und alſo den Urſtand / und euch die Augen wol eroͤffnen / damit
ihr ewres ſchwaͤhren Suchens loß werdet: dan ihr habt dieſes
big in ewer Aiter getrieben / und wie ich verſtehe / das tieffe My-
ſterium im Geiſte nicht funden.
40. Weils aber GOttes Wille iſt / daß ihrs ſollet wiſſen und
erkennen / und euch gleich cin ſolcher Sohn fuͤreuwere Arbeit wird
gegeben : fo felset zu daß ihr es recht annehmet / und die Perlen
auch fürter nicht für vie Saͤwe werffet / die es nicht wehrt feynd /
und auch in Ewigkeit nicht wehrt werden. Denn was euch
hierimmen wird geoffenbahret / das gehöret GOTtes Kinde>
gen 2 darumb feyd trew / und handelt damit nad) dem Geifte /
nicht nach der Vernunft s dan es ift fo fubtile / daß es nicht
leydet das Irrdiſche in Geitze / Hoffart oder in Eigen- Ruhm
erbohren : wiewol ihr deren Feiner feyd / allein ſehet zu in
wehn ihr Oehl gieſſet / dan es ft manchem eine Gifft / laſſet ſie ſel⸗
ber ſuchen / als ihr gethan: Aber den Kindern gebet ihr Brod/
daz ſie eſſen / und unſern Vatter im Himmel preiſen / zu dem En⸗
de wirds euch auch gegeben.
Die fuͤnffte Geſtalt des Fewers im Ewigen Willen.
41. Ls wir, Euch dan alſo einen Eingang und Spiegel des
A ewigen Urſtandes eroͤffnet / wovon das ewige Fewer
urſtaͤndet / und was es ſey / ſo iſt auch noth / Euch ferner nach
7
A der
er
24 Dier. Frage. Woher die Seele
der hoͤchſten Tieffe zu zeigen / was Die ewige Natur inihrer Fort⸗
Pflansung ſey. Darinnen man dan 2 Neiche verftcher/ alß ein
gutes und fröliches / und dan ein böfes und grimmiges ; ein ewige
neydiges und trauriges/ davon die Philofophi vonder Welt her
gehandelt und immer gefüchthaben : Uber des findens Zeit
iſt noch nicht gebohren gewefen ; Nun ift fie aberda / daß
Das Verborgene gefunden werde/ nicht von mir alleine / ſondern
von vielen dieda werden trew ſeyn / und fih in GOTT demuͤti⸗
gen/ und in ſeinem Geiſt und Willen ſuchen. Es wird allein im
GOttes Auge gefunden/ fonft nirgend : darumb laſſe fich keiner
mit Suchen weiter ein / oder Er findet den Teufel. ,
42. So dan alfo die Emigkeik ift/ die doch nichts iſt; aber
darinnen Liecht und Finſternuͤß / Leben und Geift / welcher als
les iſt; ſo iſt in beyden eine Sucht / alß ein Begehren ſich ſelber
immer zu finden / da doch nichts iſt / das da finden koͤnte / als
der Geiſt.
43. So Er dan nichts hat das Er finde / und das begehren
gleichwol ewig fuͤr ſich gehet / ſo iſt das Begehren eine Figur des
ſuchenden Willens / ein Gleichnuͤß nach GOttes Auge / und iſt
als ein Spiegel des ewigen Auges / ſo GOTT genandt wird.
44. Spift nundasinz Weegen / eines nach dem Liechte / und
eines nach der Finſternuͤß: dan die Sucht iſt in beyden / und ift
Doch auch Fein voneinander⸗weichen: ſo iſt das Liecht im innern /
und die Finſternuͤß im aͤuſſern / da doch das allerinnerſte auch
das aͤuſſerſte iſt / das Liecht aber iſt das Mittel. Dan es iſt in
nichts / darumb Fans nicht das allersinnerfte ſeyn / dan es hat
keine Stätte oder Ziel / es iſt ſein eigen Finden / welches die Fin⸗
ſternuͤß nicht findet / ſondern der Wille in der Finſternuͤß / der dag
$iccht begehret / der gehet aus der Finſternuͤß auß / und der ſtehet
ewig im Liechte. .
45. So ſtellet ihme nun des Liechts Begehren ein Modell für
ſeines gleichen / darinn die Ewigkeit offenbahr ſtehet / als alles
das jenige welches der Geiſt in der ewigen Krafft GOttes von E⸗
wigkeit in Ewigkeit in ſich findet.
46. Daſſelbe Modell iſt nicht GOTT / die Ewigkeit ſelber /
dan es anfänger ſich im Geiſte / und iſt des Geiſtes Wun—
der / welche er von Ewigkeit ſuchet und findet / und ſtehet in
GOTtes Auge als eine Figur / und find alle Wunder des
Ungrundes ver Ewigkeit darinnen / und werden im Liechte
der Majeftät erſehen / als ein Wunder in vielen imendlichen
Wundern.
—* 47. Und
vom Anfangeder Weltentftanden. 75
47. Und das ift ein Bild GOttes / cine Jungfram voller
Reinigkeit und Zucht / und Feine Gebaͤhrerin: dan der heilige
Geift eröffnet alleine die Wunder in der Krafft.
48. Diefe Jungfraw aber iſt GOttes Gleichnuͤß / ſeine Weig-
heit / darinne ſich der Geiſt erblicket und immer und in Ewig⸗
keit feine Wunder darinne eroͤffnet / und jemehr eröffnet wird /
jemehr iſt darinnen: Dan ſie iſt ohne Grund und Zahl / darzu
unmeßlich / als das Auge GOttes ſelbſt: Es iſt ihr nichts gleich /
mag auch nichts gefunden werden / das fich ihr gleichet > dan ſie
ift die ewige Gleihnüß der GOttheit / und der Geift GOttes
iſt darinn ihr Weſen. Sie ift ein Cirkul und Modell / welche
uns unſer Gemuͤth eroͤffnet / daß wir ſte und in ihr GOTT ſchau⸗
en / dan unſer Wille iſt in ſte geworffen / und Sie ſtehet in un—
ſerem Willen: darumb reden wir von GOTT / und ſehen dehn
in ihr als in unſerm Eigenthumb / nach der Verborgenheit der
Menſchheit / welches Sehen hochthewer iſt.
49. Alſo ſollen wir auch von wegen der Finſternuͤß reden / die
ift in fich eme Einfperrung / und da Doch auch nichts ift / das fie
ſperret / ſondern fie ſperret fich felber / und erbieret fich'felber /
und iſt ihr felber eigen Feind / dann fie macht ihr Quaal ohne
Grund und Zahl/ undhat feinen Geber der diß giebet/ als der
Finfternügeigne Geftalt. Das urſtaͤndet vom erften Begehren,
da das Begehren in fich zeucht und fich ſchwaͤngert / daß es ein.
ſtachlichter / bitterer /herber / kalter / grimmiger Fewer-Geiſt
iſt. Dan das Begehren macht herbe vom Anziehen im Willen/
fo ift das Zichen fachliht / und das Leiden bitter / welches der
Wille nicht wil/ und deromegen in fih außm Stachel aufge
hei / undeineigen Principium machet /in welchen Majeftäters
feine.
so. Alfo entftehet im bitterm Leiden die groffe Angſt / da doch
auch nichts iſt das da leidet / ſondern es ift in ſich ſelbſt alfo / und
ift fein eigen Leben: wäre diefes nicht fp wäre auch der Glantz
der Majeftät nicht / eines iſt des andern Urſach: dan inder Sins
ſternuͤs iſt der Blitz / und in der Freyheit das Sieht mitder Ma=
jeſtaͤt. Und iſt dieſes nur das Scheiden / daß die Freyheit ein ſtil⸗
le Nichts iſt / welche das Liecht annimt / und die Finſternuͤß ma⸗
terialiſch macht / da doch auch kein Weſen einer Begreiffligkeit
iſt; ſondern finſter Geiſt und Krafft / eine Erfüllung der Frey-
heit in ſich ſelber / verſtehe im Begehren / und nicht auffer : dan
auſſer iſt die Freyheit.
51. Darumb iſt GOZTT dns Heimlichſte / auch das *
*
85 Die1. Frage. Wohet die Seele
bahrlichſte / und das ift Myſterium Magnum. So ift der Abgrund
auch heimlich / Doch auch offenbahr / wie dan die Finfternüs vor
Augen / aber die Quaal unerforfchlich iſt / biß ſich der Wille dar⸗
ein verteufſet / dan wird ſie gefuͤhlet und empfunden / wan der
Wille das Liecht verleuret: und hierinnen ſtecket der Grund
Bi < Glaubens / laffet Euch das fagen ihr Schrer zu
abel
52. Alſo dan ein Abgrund iſt der da Grund heiſſet wegen der
Faſſung der Finſternuͤß / da die Quaal als eine Urſache des Le⸗
bensinnenift : dan der grimme Blitz iſt des Lebens Auffwachen /
und da es doch auch Nichts iſt als nur in ſich ſelber / ſo iſt das auch
cin Begehren / und das Begehren iſt ein Suchen / und kan doch
nichts finden als einen S Spiegel und cin Gleichnuͤß der finſtern
grimmen Duaal/ da nichts innen iſt: Dan cs iſt eine Figur des
ernſten grimmen Blitzes / und der Schaͤrffe und ſtrengen Macht /
welche GOttes iſt / darnach er ſich ein verzehrend Fewer heifs
ex und einen Zornigen Eyferigen GOTT.
3. Diefer Spiegel ift auch ohne Grund / ohne Anfang und
Endet und hatdoc einen ewigen Anfang und Ende / und ift die
ewige (einige) Urſache daß der Abgrund blaw / tunckel und few⸗
rig iſt. Er iſt die Urſache der Sternen und Elementen / dan das
Firmament iſt der andere Spiegel aus dieſem erbohren. Wie
dan in allen Di ingen eine dreyfache Quaal iſt / da je eines des an⸗
dern Spiegel / Gebaͤhren und Urfache iſt / nichts außggenommen /
es ſtehet alles nach dem Weſen der 3. Zahl.
54. Alſo dan ein Spiegel im Abgrund iſt / da ſich die Quaal
ſelbſt inne beſchawet / ſo iſt das auch eine Figur und Bildnuͤß der
Quaal welcher vor der Quaal ſtehet / und nichts thut oder ge⸗
bieret / ſondern iſt eine Jungftaw der Quaal / darinn ſich der
Grimm des Blitzes erblicket / in unendlich ohne Zahl / und eroͤff⸗
net immer ſeine Wunder darinnen / mit dem bittern Geiſt der
raͤgenden Ellentien : weicher im Blitze ſein Leben hat / daß er
ſchneller gehet als ein Gedancke / wiewohl die Gedancken der Crea⸗
turen hierinnen ſtehen und gehen: Und die Geiſter aller leben⸗
digen Creaturen ſeind mit der Wurtzel alhier innen ſtehend ein
jedes Leben nach ſeinem brincipio.
55. Und in diefen Geiſte des Fewer⸗-blitzes ſtehet das groſſe
Allmaͤchtige Leben / dan es iſt verzehrend / wie der Blitz die Fin⸗
ſternühß verzehret / und daſſelbe Fewer alle Dinge / und bleibet
doch ein Leben in ſich felber / aber es iſt ein Hunger und Durſt /
und ung Weſenheit haben I ſonſt bleibts ein finfter « *
ewer
vom Anfang der Woltentftanden. 77
fewer /ein Mille zu freffen und nichts haben / ein Wille gu wuͤt⸗
ten und ftechen und nichts finden / als fich ſelber / aus welcher
Urſach die Weſenheit / als das Waſſer / fo wolSulphur ift ers
bohren / und ſich erbichret von Ewigkeit zu Ewigkeit.
56. Und alhier mein gelichter Herr ſuchet die erfie Wurtzel der
Seelen alsim Fewerzieben und die andere im Liecht-leben / in
ver Majeſtaͤt / ſo werdet ihr GOttes Bild und Gleichnůß finden/
und die groͤſten Geheimnuͤß der Gottheit inne liegend.
57. So dan alſo ein ſoich Auge des Grimmes iſt / darin ſich das
ernſte ſtrenge Fewer⸗leben urſtaͤndet / fo iſts mit nich en vom
Liecht⸗Leben abgetrañt / es iſt Ein Leben / und hat z Principia, Dan
es brennet in zweyerley Quaal in einander / und iſt ein Geiſt in
2 Unterſcheiden mit z Willen / da einer im Fewer wohnet / Der
andere im Liechte.
—58. Und wiffer gewiß und wahrhaftig dafidas finſter⸗Fewer⸗
leben der Hoͤllen Abgrund iſt / dan es iſt der ffrenge Zorn GOt⸗
tes. Und ſuͤchets nicht alfo / wie es Babel die groſſe Statt der
Berwirrung auf Erden hat gefucht / welche wir doch nicht an—
derſt wollen ſchuldigen / als ihrer Nachlaͤſſigkeit / Unachtfamfeit/
eigen⸗Ehre und Macht-fischt / und haben ſich alſo ſelber im grim⸗
men Zorne GOttes gefangen / welcher ſie hat eine lange Zeit
unter feinen Wundern gehabt / und viel Seelen in feine Quaal
gezogen / deme dencket nad
59. Im dritten Buch unſerer Schrifften iſts außfuͤhrlich ge⸗
ſchrieben / das iſt etwas leichter zu gruͤnden dan dieſes / aber die⸗
ſes iſt der tieffſte Grund der Ewigkeit / fo viel einem Geiſt trage
lich ſeyn mag: dan mehr kan Er nicht ertragen / wol weitlaͤuff⸗
tiger / aber nicht tieffer: dan es iſt im Abgrunde in beiden Prin-
cipien gefaſſet / als dan eine Scele im Abgrunde urſtaͤndet in
beyden Frincipien, und im Seiſtlichen Willen in der Ewigkeit.
60. Und da fie nicht fuͤrſichtig iſt / mag der Teuffel wohl guff
ihrem Wagen / als auff ihrem Willen fahren: ſo ſie aber fürs
ſichtig iſt / und ſich in Willen der Majeſtaͤt GOttes einwirfft / ſo
faͤhret der H. Geiſt GOttes auffin Willen / und iſt ſein Wagen.
Hierinne kan man ſchoͤn gruͤnden / Himmel und Hoͤlle / Engel
und Teufel) Boͤſes und Gutes / Leben und Todt / da ihr aber
nachforſchet / wie wir euch weiter melden wollen.
Die ſechſte Geſtalt des Fewers.
61. &? dan alfo zwey Pzincipiain einen Weſen ſtehen / wie
denn Das Niemand mit einiger Vernunft ——
ar
33 Die 1. Frage. Woher pie Seele
kan / dan alles Leben ſtehet im Gifft und im Liechte / ein jedesin
feinem Principio, nach dem es die Quaal hat / ſo hat es auch ſein
Liecht; ſo iſt zuforfchen von des Lebens Erhaltung / was das fen dag
das Leben erhalte / daß es nicht verhungere / und was ſeine Quaal
fort treibe / daß cs ewig beſtehe.
62. Dieſes iſt nu auch in 2 Unterſcheiden; dan das Liecht⸗
‚Leben hat feine Quaal und Ereibung / und das Fewer⸗leben auch
feine Quaalumd Treibung / jedes in fich felber s aber das Fewer-
leben ift ein Urſach des Liecht-lebens / und das Liecht⸗leben ift ein
Herr des Fewer-lebens / und hie ligt Mylterium Magnum inne.
Dan wenn Fein Fewer ware/ fo waͤre kein Liecht und auch kein
Geiſt; und wenn Fein Beift wäre der das Fewer auff-bliefe / fo
erſtickte das Feuer / und wäre eine Finfternüs/ und wärealfo
eines ohne Das ander nichts : alfo gehöret beydes zuſammen /
und theilet ſich Doch ſelber von einander / aber ohne Flichen / und-
iſt doch ein Fliehen des Beiftes.
63. Dieſes gebe ich euch alfo zu verſtehen: Sehet an ein Glut
Fewer: erfilich iſt die Materia/ Daraus es brennet / das ift das
herbe angezogene bittere Weſen / welches in einer Angſt⸗quaal
ſtehet / cs fen Holtz oder was das ſeyn mag / das iftein finfter
Corpus: wann nun daffelbe entzuͤndet wird / fo fiehet man dren
‚Pr ncipia: ı das Holg in der Finſternuͤs mit der Aufferen Quaal
dieſer Welt / welches auch fein Leben hat / fonft nahme es das
Fewer nichtan,
64. Nun hat das Fewer eine grimme / herbe / ſtrenge / bittere /
dur ſt ige / begehrende Quaal / eine freſſende / verzehrende / und
die groſſe Bitterkeit iſt ſein rechter Geiſt / ein Wuͤtter und Auff⸗
wecker / ver alle Eſſe tien des Lebens in ſich hat / und iſt auch die
Krafft des Lebens und des Treibens / fonft ware fein Brennen;
Bas macht die groffe Angſt⸗ ſucht nach der Freyheit / undim Feu⸗
er erlanget fie die Freyheit/ dan fie verzehret im Grimm die
Binfiernäs und auch Die Materiam. des Fewers / Davon das Fewer
rennet.
65. Nun alda erkennen wir den Einigen Geiſt / der ſich in
2 Principia ſcheidet / inz Geiſte / aber nicht abtheilig / und doch
vor einander fliehend / und ergreifft doch einer den andern nicht /
und iſt einer des andern Leben und Urſach: darumb finds 2 Prin-
cipia, weil es zweyerley Quaal und Leben gibt / und iſt nur eine
Wurtzel die das gibt / eines gibt Leben / das andere gibt dem
Leben Speiſe / das iſt Wunder / und doch auch nicht Wunder /
dan es iſt nichts das ſich kan daruͤber verwundern / dan es iſt ſel⸗
ber alle Dinge in einem Weſen. 66. Nun
\
vom Anfange der Weltentftanden. 1
66. Nun ſehet; das Fewer iſt erſtlich die Sucht / m̃ ſich zu
ziehen / das iſt die Weſenheit / das Phur , dan die Sucht machet
das im Begehren wegen ſeines Ziehens / ſonſt waͤre nichts / und
das Ziehen iſt der bittere Stachel / ein Brecher / welches die
Weſenheit nicht ertragen kan / und nicht leiden wil / und das
Nicht-leiden⸗wollen iſt cine Angſt im Willen / die Weſenheit
mit dem bittern Stachel zu uͤberwaͤltigen / und die Angſt drin
get in ſich ein / und greiffet nach der Freyheit / und die Freyheit
iſt ein Liecht gegen der Finſternuͤß geachtet.
67. Nun iſt die Angſt eine graufaue Schaͤrffe / alſo wird die
Freyheit empfangen und geſchaͤrffet / dag ſie cin Fewer⸗blitz iſt /
und der Angſt-wille in der Schaͤrffe des bittern Blitzes verzeh⸗
ret did Weſenheit / es ſey Holtz oder anders: So es dan das verzeh⸗
ret hat / ſo iſt die Angſt wieder eine Finſternuͤß / und bleibet der
Blitz wieder in ſich verborgen/ und iſt ein Erloͤſchen / und iſt die
Angſt wieder in der Finſternuͤß wie vorhin / alg vorm Blitze des
Fewers / und ſtehet nur in ſchrecklicher Quaal / da die Bitter—
keit wegen des rauen Anziehens immer ſchrecklicher gebohren
wird.
68. Nun ſehet / dieſes iſt nach dem aͤuſſern Principio diefer
Welt alſo / wie unlaugbar vor Augen iſt: So es dann in der
Ewigkeit ein immerbeſtaͤndiges Weſen iſt / fo zeigen wir cuch
dieſes alfo.
69. Sehet und mercket tief / alhier leſet fleiſſig. Das Erſtuc⸗
ken der Angſt in der Ewigen Finſternuͤß iſt ein ewiger Hunger /
und ein ewiger Durſt / und ein ewiges Begehren / und die Fin—
ſternuͤß in ſich ſelber erreichet in der Ewigkett nichts / das es
aus der Ewigkeit hatte zu einer Erfüllung / darumb iſts wohl
recht der Hunger und Durſt des Abgrundes der Hoͤllen und
Zornes GOttes.
70. Aber der Wille in der Angſt / weil Er nichts kan errei⸗
chen / oder finden / machet ihme ſelber eine Figur und ein Gleich⸗
nuͤß im Begehren mit dem ſtrengen Ziehen; und das ſtrenge /
herbe / bittere / finſtere Weſen iſt die materialiſche Gleichnuͤß
ſelber / Es friſſet ſich ſelber / und iſt ſelber die Materia des Feu—
ers / das alſo der ewige Blitz immer waͤhret / und iſt der Grin
immer und ewig immer brennend / und brennet ewig aus der
Sinfternü: / und hat fein eigen Leben in fich als den bitteren
Stachel der Angft/ welcher wüttet und tobet / und iſt die Ruͤ⸗
gung und Urſtand des Lebens / und das iſt ein Principium.
71. Und verſtehet hierinnen das Ewige begehrende Suchen
einen
50 Dier. Frage Woherdie Seele
einen eigen Geitz / und doch nichts haben / alß fich felber 7 eine
ewige / neidige Anfeindung / ein Suchen der Eſſentien, da dan
Die unzahlbare und ungründfiche Bielyeit im Willen immer er»
bohren wird / und eine ewige Liſtigkeit / ein Immeraufſteigen
im Hunger / und cin ewig Finden im Willen/ als nemlich die
Gleichnuͤß feines Begehrens/ die Gleihnug der Eſſentien, und
im Blitze iſt das offenbahr; dan der Blitz erhebt fich ewig über die
Finſternuͤß / und im Blitze ſeind die Eſſentien, und werden im⸗
mer im Willen gefuͤhret.
72. Alſo iſt der Fewer⸗wille eine Sucht der auffſteigenden
Hoffart / eine Verachtung der Finfternuͤß: er verachtet feine
eigene Wurtzel / er iſt ein Geitziger / und wil mehr freſſen als er
hat/ oder ſein Recht iſt; Er hat alle Luͤſte / dan die begehrenden
Elſentien werden im Fewer offenbahr / und davon komts / daß in
jedem Willen jeder Eſſentz wieder ein Centrum eines gantzen
Weſens ift.
73. Und das ift die Urfache der Schöpfung diefer Welt} daß
das Modell ift alfo in einem Spiegelvon Ewigfeit erfchienen /
und iſt in den ewigen Eflentieninder Figur / alsin einer Jungs
fraw ohne gebähren geftanden / und im Liechte GOttes geſehen
worden / und daher urſtaͤndet die Materiader Erden / der Ster⸗
nen und Elementen / auch alle Kunſt / Witz / Liſt / Trug / Falſch⸗
heit/ Geis / und Hochmuth in den Creaturen diefer Welt.
74. Dan viefe Welt iſt eine materialiſche Sucht aus der ewi⸗
gen / und ift in der Schöpfung als im Verbo Fiat durch ven
Maffer- Himmel materialifch und greifflich worden / wie an
Erde und Steinen zufchen: und das Firmament mitden Ele—
menten iſt noch die Sucht / und fuchet das Irrdiſche / dan es fan
sicht zurücke ins Ewige greiffen. Dan alle Weſen gehen vor
fich / big fo lange das Ende den Anfang finder/ dan verfchlingt
der Anfang das Ende wieder / und ift als es ewigwar/ ohne
daß das Modell bleibet / Dan das Modell ift aus dem Ewigen /
daraus die Schöpfung aufgieng in ein Weſen /- gleich vem
under-Auge GOttes.
75: Auch wird euch vermeldet / daß ver Geiſt-Litft alfo aus
dem bittern ewigen Fewersgeifte urſtaͤndet / welcher auch vor ſich
gehet nach den Wundernim Willen der Sucht der Effentien als
der Sternen / und darumb machet Er Wirrung / und Eomtvon
vielen Orthen / ale von oben herunter und hinauff / auch quericht/
und oft als cin Radt / alles nach deme die Fewer-ſucht mit den
Eſſentien der Sternen entzuͤndet wird,
76. Das
vom Anfang der Welfentftanden. 21
76. Das ift alles zuſammen wie ein Radt des Gemuͤthes / umd
Hat feinen eigenen Willen-Geift / und ein eigen Leben / und einen
eigenen Willen / und darumb ifts ein Präncipium ‚und ftchet alfo
lange / biß das Ende den Anfang finder: dan nimbt der Anfang
das Ende infich / und macht das Mittel / was in dep darinnen
gefchehen ift / offenbahr ; als ihr dan dieſem nachfinnen follet 7
fo ihr aber nicht tolle Zungfrawen ſeyd. i
77. Auch fo ſtehet dig Regiment nicht länger als es in der Zahl
der Schöpfung hat: dan jeder Tagder Schöpfung iſt ein Circul
eines Umbganges im Auge / und hat feine Zahl; derer Zehen ift
das Creutz die hoͤchſte Zahl / und der Menfch hat zo mahl ro Zahl}
alß 200) und inder Erone des Paradifes 1000 Zahl/ und inder
ewigen Wefenheit im Göttlihen Centro der Majeftät hat er
feine Zahl.
73. Nun ſehet recht mit guten frifchen Augen: GOTT fchuff
in ſechs Tagen diefe Weltmitallem Weſen / und ward im Mit—
tel des ſechſten tages vollendet / übern Mittag gegen Abend ; da
ging an die Ruhe am fechften Tage / und ward der Sabbath des
fiebenden Tages : Alfo fand die ewige Ruhe den Anfang der
Schöpfung am fechften Tage nach Mittage / das war das Endes
da Fam Anfang umd End wieder ineins/ und war offenbahr was
GOTT in den Tagen hatte gemacht.
79. Weildander Menfch den himliſchen Englifchen $eib durch
feine Imagination verwuͤſtet / und in ein zerbrechliche Zahl hat
eingeführet / als ins Auffere Principium ſo ift er auch darinnen /
dan Er hat die Paradififche Zahl verlohren / und ift in 100 ge⸗
feßet worden / da er doc) auch im auffern geben iſt feinem Führer
gegeben worden / das ift / er hat fich ihme felber gegeben: fe ift
ung klar Eennlich feine Zahlder Vollendung im Circul des aͤuſ⸗
fern Principii-
80. So wir gründlich wüften die Stunde des fechften Tages /
in der die Schöpfung ift vollendet worden / fo wolten wir euch das
Jahr und Tag / verftehe des Juͤngſten Tages / darftellen / dan es
fhreitet Eeine Minute darüber / eshatfein Ziel/ das ſtehet im
innern Circul verborgen.
81. Daruub wiſſet gewiß / daß die Zeit nahe iſt dan im
fehften Tage nach) Mittage ift angegangen die Feyer des ewigen
Zages/ undhat GOTT den Sabbath des fiebenden Tages dar⸗
umb zu einer Ruhe und immermwehrenden Gedächtnüß geftifter.
82. Und mie am fechften Tage ift angegangen gegen Abend die
Ruhe / und der Eingang der Dffenbahrung des —
pp
*
32. Dier. Frage Woher die Seele
Schoͤpfung / da das Ende hat wieder den Anfang eingenommen?
und find alſo die ſechs Tage im Circul als ein Wunder geftandens
Alſo wiſſet diß / ihr ſeyd ins Paradiß geſchaffen worden / und
ſeyd aber daraus in Geiſt der Grimmigkeit in Todt eingegangen /
der hat ſeine Wunder nu über fechfterhalb Tauſend Jahr in Euch
gewuͤrcket.
83. Nun hat das Ende den Anfang wieder funden / und ihr
follet ſehen / auch fühlen und finden/ was das Paradig fen ges
weſen / alledie jenigen pin GOTT gebohren werden. Dan daß
Paradiß ift wieder gebohren worden ; alfo anff Arth der Ver—
nunfft geredet / undnichtin GOTT : Aber der Sterbligfeitent-
rinnet ihr nicht / auch nicht dem Grimme im Sleifche/ aber im
Gemüthe umd in der Seelen ſtehet das Paradig nunmehr den
Kindern GHttes offenbahr / und haben den rechten Schmack der
Krafft. Und das mag Feine Liſt noh Macht auff halten / Feine
gift mag das daͤmpfen / und Fein Teuffel zerbrechen; dan das Ende
hat den Anfang funden; esift kein Auff halten / die Macht und
Salfchheit zerbricht / und ift numehr nurcin Warten des Braͤu⸗
tigams / dan die Kinder GOttes follen im Paradig gefunden
werden/ wan die Turba im Grimm verfchlungen wird/ reden
wir thewer was wir erkennen umd gewiß willen im Wunder.
84. Alfo wie oben gemeldet/ ( verfichet uns doch nur ) iſt außm
Grimme des Zornes außm ewigen Centro / auf welchem diefe
Welt ift erbohren und gefchatfen worden / als eine Sucht des
Ewigen im Geifte diefer Welt in diefem Principio darinnen wir
jetzt leben / erbohren / und wird immer gebohren / die Falſchheit /
Geitz / Liſt / Trug / Feindſchaft im Willen / Luͤgen / Mord /
Hochmuth / Begehren der Ehren / eigene Macht / Kunſt / Witz /
Weißheit dieſer Welt aus der Vernunfft / das alles iſt aus dieſer
Wurtzel / und ſtehet 33 GOttes Zorn⸗wundern; und wie ſchoͤn
die Vernunft und eigene Witze iſt / ſo iſt ſie doch im Zorne GOt⸗
tes / und quillet außm Abgrunde.
85. Alhie beſiehe dich du ſchoͤne Welk / es Kkein Tandt / wie
du es dafür haͤlteſt / es iſt in Ternario S. erkandt worden.
Und wer an das Ziel nicht mag / der iſt vom Antichriſt gefangen /
und gehoͤret endlich in dieſen Pfuhldarauf Er gewachſen iſt: Es
iſt keine Zeit mehr auf harren / beyde Thuͤren ſtehen offen / die
Turba wird mit ſich verſchlingen was in ihr iſt gewachſen.
86. Alfo mercket uns num weiter vom ewigen Fewer / und
nehmet euch eine Gleichnuͤß von allen Feweren in dieſer Welt;
dan was in der Ewigkeit ein Geiſt iſt / das iſt in dieſer Welt
ein
dom Anfange der Weit entftanden. 23,
ein Werfen: ihr fehet alfo dag ein Fewer in fich-felber ein aͤngſt⸗
Eich / grimmig aufffteigend bitter Weſen und Quaal iſt / und
ſehet doch ins Fewers eigener Geſtalt nichts mehr alß den Blitz
des Scheines / die Quaal ſehet ihr nicht / ihr muͤſſet das nur
uͤh len. g 1
Nun ſehet ihr auch wie das brennende Fewer einen Rauch
über ſich giebet / und im Rauche iſt ein Waſſer / davon ein Ruf
wird / der ſich anlegt / ſonderlich ſo das Fewer gefaſſet wird/
daß es nicht frey iſt / ſo iſt der Ruß offenbahr als im Ofen: alſo
iſt Ruß und Waſſer durch einander / davon verſtehet die Mates
zialifhe Erde aus dem ewigen Fewer / welches Sucifer anzuͤn⸗
dete / da fich dan im Grimme eine Zeit anfieng/ und die Schoͤp⸗
fung ergieng/ wieim Dritten Buch gemeldet.
88. Nun verftehet weiter Myfteriam Magnum : Ihr fehet
daß ein jedes Fewer leuchtet / und dan fehet ihr daß eine Lufft
aus dem Fewer⸗quaal außgehet / und verfichet das ja wol / daß
wan das Fewer nicht wieder $uffthatte/ daß es erſtickte / wie
dan alle Fewer erſticken / wanfienicht Sufft haben / und gebäreıt
Doch auch die Lufft; die Lufft iſt des Fewers Leben / die urſtaͤndet
aus der aͤngſtlichen bittern ruͤgenden Quaal der Eſſentien außm
Willen.
89. Nun ſehet ihr ja auch wohl daß ein Fewer muß zu zehren
haben / fonftifts eine Finfternüß / und obs fich felber friffet / als
feln ſtrenges Anzichen / fo ift Doch daſſelbe Fewer nur eine Quaal
in der Finſternuͤß mit welchem wir ven Abgrund des Zornes
verfichen / welches in GOTT nicht offenbahr ift / fondern nur
als eine Urfach des Schensim Reiche GOttes.
90. Ihr fehet/ daß ein jedes Feuer mug Weſen haben / foll
es brennen; verſtehet aber DIE alfo: das Fewer gibt die Lufft /
und die Lufft das Waſſer / undzeuchtdie Lufft mächtig wieder int —
fi) mit dem Waſſer / davon des Fewers-Quaal gefänftiget ‘., .
wwird/ dag es fiheiner. Dan ohne Waſſer fcheinet kein Fewer:
wo in einem Dinge das ABaffer nicht zu erreichen ift / da iſt kein
Schein des Feuers / fondern nur ein Glaft/ wie ihr deffen ein
Erempel an eiuem gluͤenden Steinchabt/ der hat die Quaal des
Fewers / und vom Scheine hat er nichts als nur einen Glaſt:
und auch wol nicht: alleine / im Eiſen ſehet ihr Glaſt / in welchem
das Fewer das Waſſer erreicht. Darumb wird auch ein Eiſen
endlich verzehret / und krieget Roſt / ein Stein aber nicht / das iſt
alſo nach dem AuffernPrincipiodiefer Welt zuverſtehen / aber nach
dem Innern / als nach dem Reiche GOttes / mercket dieſen Ber.
ſtand. 91, Das
2 Die ı.Srage Woher die Stele
"gr. Das ewige Fewer brennef ewig) aber cs ift ein GBeift f ”
und im Reiche GOttes nicht offenbahr auffgrimmige Arch. Diß
mercket alſo: der Blitz machet einen Schein / der urftandet
vom Fewer / und wohnet nicht im Grimme des Feuers / ſondern
er erfuͤllet das Fewer gaͤntzlich / und leuchtet auch auſſer dem Feu⸗
er / und wird vom Feuet nicht ergriffen noch gehalten / und
fuͤhret auch eine beſondere Quaal / als Sanfte / und hat doch des
Fewers Krafft / Witze und Kunſt / dan iin Licchte wirderftdes "
Fewers Quaalinfeinen Effeiitien offenbahr.
‚92. Nun macht das Liecht keine Quaal / ſondern gehet in ſich
ſelber / in eine Sanftmuth ein / und iſt auch begehrende / vons
Frewers⸗ Quaal herruͤhrende. Ind ſein Begehren iſt auch ein An⸗
ziehen / als nemlich die Sanftmuth und Krafft in ſich ſelber /
und ſchwaͤngert ſich mit Sanftmuth. Dan das Liecht iſt auch ein
Feuer / ein gahr fehnliches Fewer / ein begehrendes Fewer / und ein
inmerfindendes Fewer / welches immer findet / was im Urſtande
erbohren wird. Alle Kraft die im grimmen Fewer urſtäaͤndet /
Die iſt im Liechte offenbahr / und Das Liecht begehret die in Sanft⸗
mut / dan die Fewers-Grimmigfeitunddes Liechts Schein find
2 Principia , zweyerley Quaal / eine jede wohnet in ſich felber /
und begreiftin Ewigfeiteinsdasander nicht / und iſt Doch eines
des andern Leben und Urſach. Verſtehe alſo:
93. Als wir gedencken / daß eine grauſame aͤngſtliche Quaal /
ein Erſincken in ſich ſelber machet sleech eisen Tode / da dan
das Scheide⸗ziel iſt / und doch die Angſt in ſich ſelber ihre Quaal
behaͤlt: Das Sincken aber in ſich als ein Todt eingehet in ſein
Sther: da dan das Angſt⸗leben nicht mehr erkandt wird: dam
das Sincken bricht ſich aus der Angſt-Quaal gleich einem Ster⸗
ben / und iſt ein Sterben / und da doch in der Ewigkeit kein
Sterben iſt / ſondern ein ſolcher Eingang in eine andere Welt
eines andern brincipii, anderer Quaal.
94. Dan das Sincken gehet in die ſtille Ewigkeit / als in die
Freyheit ein / und weil die grimme Fewers-Quaal iſt in ſich in
feinem Leben geblieben / fo iſt das Sincken ein Außgehen außm
Fewer-Leben / und iſt doch aus dem Fewer-Leben / aber feine
Quaal hat es nicht / dan ſte iſt im Tode abgebrochen / und iſt das
Scheide-ziel ein Todt / daß alſo das ſinckende Leben durch dert
Todt dringet und gruͤnet in einer andern Welt durch den Todt
aus / und hat andere Weſenheit als ein ander Waſſer / darin⸗
nen das Liecht ſcheinet / darinn Feine Grimmigkeit iſt: Dann in
der Ewigkeit iſt kein Todt der da haͤlt / ſondern ein ſolch ur
n:
vom Anfange der Welt entſtanden. 25
hen: dan was nicht Anfang hat / das hat auch kein Ende und
Grund.
95. Und alſo urſtaͤndet das Liecht aus des Fewers⸗quaal. Dan
das Liecht wohnet im Fewer / und auch nicht im Fewer / es iſt
in einer andern Welt / und iſt ein ander Fewer / das heiſſet Lic⸗
be / Krafft / Wunder / Suͤſſe / milde / rein; und iſt fein We—
ſen / und auch nicht Natur / ſondern auſſer der Natur in einem
andern Principio.
96. Es iſt nichts als ein liecht⸗lammende kraͤſtige Majeſtaͤt /
und hat ſeinen eigenen Geiſt der das Sincken durch den Todt fuͤh⸗
ret / der aus der Angſt das Sincken durch den Todt iſt / der das
Gruͤnen durch den Todt machet: Er iſt in ſich frey beydes vom
Fewer und vom Liechte / und wird von keinem gehalten noch er=
griffen / (fo wenig das Fewer die $uft hält/) und gehet aus dem
Liechte aus / aus der Krafft des Licchts / und eroͤfnet alles was im
Fewer⸗Quaal und auch im Liechtes-Quaal iſt; Aber Er hat fei>
ne Empfindung in ſich vom Fewer / ſondern Er iſt ein Nuffbla>
fer des Liecht⸗Fewers / ein Führer der Liebe⸗Eſſentien in der be—
gehrenden Krafft / ein Eroͤffner der Liebe⸗Zſſentien.
97. Und daß wir auch alſo mögen verſtanden ſeyn / dieweil
wir von den Siche-Eflentien reden / als von einem andern Fewerz
ſo mercket dieſes: Sehet / wann nun alſo das Liecht durch die
Grimmigkeit erbohren wird / daß alſo ein Fewer durch das an⸗
der außgehet / ſo begehret das Liecht-Fewer nicht mehr der Grim⸗
migkeit / dan es iſt der Grimmigkeit abgeſtorben / und iſt ein
eigen Fewer in ſich ſelber / und wirfft fein Leben aus ſich felber 7
das iſt ein Gruͤnen: dann es iſt auch begehrende und anzichen—
de / davon Eſſentien entſtehen / und hat alle Geſtalten in ſich /
wiedas Fewer⸗Leben / einen folhen Aufganghatesauch: Aber
die Eflentien find aus des Liechts Krafft erbohren; und fo dann
je eine die andere koſtet / fo iſt ein eitel Begehren und erfüllen?
und da doc) auch nichts ift Das das Liebe-Begehren koͤnte in ſich
gichen. Es zeucht ſich felber in fich / und fhwängert ſich ans
Krafft der Majeftat/ daß derfelbe Willeveilift / und da es doch
auch nichts iſt / als ſolche Krafft / eine Bildnuͤßder Wunder / es
iſt eine Gleichnuͤß der Gebuhrt / und iſt die Krafft ſelber: Es
iſt das Weſen des Geiſtes / davon der Geiſt feine Speiſe hat /
dan er gehet aus der Bildnuͤß aus / und wallet gleich wie die Luft
in dieſer Welt.
98. So aber dann nun der Geiſt fein Gleichnuͤß findet / das auſ⸗
fer ihm wäre / und ſich alſo nur der Krafft findet / ſo iſt er auch
begeh⸗
wi; p ep ff! we
—2 — re * 4 2 ”
—* =
28 Dier. Frage. Woher die Seele
begehrende / dan er wohnetinder Krafft Grunde/ und iſt nicht
ſeilbſt die Krafft: So macht fein Begehren auch ein Gleichnuͤß
nach ihme.
99. Dan ein Begehren iſt Sucht / und in der Sucht ſtehet die
Figur der Sucht: Die Figur machet die Sucht offenbahr. Als
fo wohnet der Geiſt auch in ferner eigenen Figur / in der Krafft-
und im Liechte der Majeftat/ und iſt cine Bildnuͤs nach Geiſtes
Eigenſchafft.
100, Nicht iſt der Geiſt die Bildnuͤß / ſondern die Sucht
und fein Begehren iftdie Bildnuͤß / dan er wohnet in ſich ſelber
in ſeiner Sucht / und iſt eine andere Perſon in ſeiner Figur /
als der Krafft Figur / und nach dieſem Weſen wird GOtt drey⸗
faltig in Perſonen genannt.
za 101. Daß wircuch aber ewere Augen mögen weit auffthun /
— allen Grund der GOttheit zuſehen / als dan jetzt ſeyn ſoll und
al muß / fo fehet Doch nun das groffe Wunder / welches wir mit
u Außgehen aus dem Paradeig verlohren hatten/ Da wir muͤſſen
in den ſechs Tage-wercken diefer Welt arbeiten ſo ſehet doch
nun was und wo wir ſeynd / ihr findet alhie ein ſolch Ding / das
a auch der Natur ift verborgen geſtanden.
AL 102. Schet wan ihr wollet vonder Dreyheitreden/ fo fchet
\ auff Die erfte Zahlauffs a, auffn Ewigen Anfang / derift Vat—
I ter/ und dan ſehet aufs O im Mittlen / dasift Sohn ; denn fe
j het aufs V, das ift der Außgang des H. Geiftes / der gehet in fich
ſelber mit dem Sinden/ durch den ſcharffen Grimm ins ander
crincipium ein / der hat E, und gehet durch die Kraft ausals ein
Liecht Rammender Bis / das hat J.
103. Nun nehmet den geſchwinden Gang des flammenden
Blitzes darzu / das iſt T, die Allmacht des ewigen GOttes / der
da im Grimme als ein Blitz verderbet / und in der Liebe im J,
alß ein mächtiger lieber GOTT erhoͤhet / durchdringet / und ge⸗
I waltig erhebet: So ihr das L. darein thut / ſo habt ihr eine Ma-
teriam des Goͤttlichen Weſens: in der Krafft iſts ein Engel /
und in der Auß⸗geburt außm Centro iſts Bold.
104. Die Welt iſt geitzig und ruhmhaftig / ſonderlich die da
wollen Meiſter der Künſte ſeyn / und ſagen fie kennen Gold / und
ſind blinde Leute / warumb ſuchet ihr das nicht: ſprichſtu wie?
gehe mit dem aͤußern Leben in Todt / da muß das aͤuſſere Leben
ſterben / und in der Angſt ſtich außgeben / in der Cronen Zahl /
als in tauſend Zahly da iſts Ende / und ſtehet der Todt auf zum
herrlichen Leben mit einem newen ſchoͤnen Leibe / und darfſt ne
nichts
— ® _
Philolophifhe Ku
M under Huge der ©
oder das
— zZ — 33
icheeMenlch. Dılälı. GOTT.
f BeelmCmige MWehnung. Englſche welt
F IE 8. Seife. Bilmils, —
\ Ne. ige. Saik.
s Des“ geiftlichen Leibes Wohräng.
Beiſi Göndiche wite
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| —S Seelen fende nn ler"
———— *
2. Bodeüt das Myflerıum aufier der Natur.
2 6 Er Mn glich.
en Wunder. Babel. |’ erheit. F |
——
Sie ei an u Sa
vom Anfangeder Welt entſtanden. 27
nichts alsdie Seele geben / er bringer vielfültige Frucht ; da
haſtu einen Engel der von dem. Grimm frey ift/ dan Er iſt
‚ganz rein: ſuche ihn fo findeftu ih. *
105. Du meyneſt aber vielleicht alſo in Deinem alten Kleide
ihn zu finden: nein $rig / wir wollendich jetzt ein ander A BC.
Ichren / lerne vonchedas / Dann fuche/ fodirsaber alfdan wird
gelieben 5 wonicht / laß bleiben / dan das O iſt viel edler als das
L. Sihe 1. nimm das A als den Anfang Des Auges mit dem Vy
Das ift des Geiftes Zeichen/und gehe mit durchs O,fo wirftu einer
Strich und Feichen durchs (D nahen. Nun theile die zwey
Principiavon einander/ dieweil fie fich felber fcheiden / und fege die
an einander / ein jedes mif einem halben © gleich einem Regenbo⸗
gen I. danalfo ſtehen fein der Figur : IC. Seheden Grimm
zur Lincken D. umd Das Liecht zur Rechten C. Dananderft kan
mans nicht mahlen: Aber es iſt eine Kugel. Und nimb den Geiſt / der
in dem Fewer erbohren wird / und gehe mit ihm aus dem Grim⸗
me in das Sincken / durch den Tod in das andere halbe Auge F
als in das andere Priocipium, fo wirſtu dieſe Figur ſehen / die
ſtehet alfo : j
Erklärung ver Philoſophiſchen Kugel oder Auges}
beyder dreyfachen Circkelen / welche fürnemlich die
zwey ewige Principia bedeuten} da doch das Dritte
auch darinnen Flar verftanden wird / wie man ſie ver⸗
ſtehen ſoll.
106. D Jeſer Circkel ſolte gleich einer runden Kugel ſeyn / da
das durchgienge: dan es iſt ein Auge der Ewig⸗
keit / das man nicht mahlen kan / es iſt das Auge des Weſens
aller Weſen bedeutend / das Auge GOttes / welches iſt der Spie⸗
gel der Weißheit / davon Ewigkeit ſind alle Wunder inne erſe⸗
hen worden.
107. Iſt alſo hiemit entworffen / wie es in ein Weſen ſey ge⸗
gangen / Dem Leſer des Buches nachzudencken. Nicht dergeſtalt/
Dad maus ſchreiben oder mahlen koͤnte / dann der Sinn ergreifft
das nur / und auch nur dieſer / der im Goͤttlichen Myfterio wan⸗
delen mag / nicht durch Kunſt oder Vernunfft / ſondern durch
Verſtand / welchen der Gtiſt GOttes den Menſchlichen See⸗
len⸗Geiſte im groſſen Myſterio eroͤffnet / anderſt mags nicht er —
griffen werden. Fa |
108, Der Leſer ſoll acht auf a Zahlen haben / und dann was
PAS, er
8 inte Bi
I rz *
28 Die 1. Frage. Woher die Seele
inn⸗oder auffer den Eirckel ftchet / oder wo fich ein jedes Wort
im Circkel anfaͤhet und endet / es hat alles feine gewiffe Deu⸗
tung : dan es ftchet ein jedes Wort an feinen gewiffen Orthe.
Was auffer dem Circkel und Rade iſt / beveut die Frepheit des
Abgrundes/ auffer dem Principio. Das groffe Myfterium des
Abgrumdes / da das Göttliche Wefen im Spiegelder Weißheit
fich felber im Grunde erbichret / iſt mit 1. bezeichnet und fle=
* bey num. 2. Alſo auch umb den gantzen Circkel zu vera
chen.
109. Die drey Circkel umbeinander geführet/ bedeuten die
Ewige Gebuhrt des Göttlichen Weſens mitallen ewigen My»
fterien / auffer und inder Natur / als den Urftand aller Weſen /
wie bezeichnet iſt.
110. Der dreyfache Circkel zur Lincken / da auſſer dem Cir⸗
ckel ſtehet num. z. Das Myfterium auſſer der Natur / bedeu⸗
tet wie ſich der Ungrund in Grund führer / als das Auge der E—
wigkeit / der erſte Wille der Vatter der Ewigkeit und alles An⸗
fangs heiſſet / wie er ſich in Dreyfaltigkeit in der Weißheit in ei⸗
nen ewigen Grund einfuͤhret / und in ſich felber wohnet / ſich fel=
ber beſttzet / und wie er ſich in Natur fuͤhret; und wie Weſen ur⸗
finder / fo wohl die Empfindligkeit und Findligkeit.
1xx. Der andere dreyfache Circkel zur Rechten bedeut das
Goͤttliche Weſen der Heiligen Dreyfaltigkeit mit der En—
gliſchen Welt / welche aus dem groſſen Myſterio der Ewigkeit
urſtaͤndet / und durchs Principium des Fewers offenbahrwird.
ıı2. Das Creutz durch die zween Circkel bedeut die Perſonen
Der Gottheit / wie ſich die in der ewigen einigen Gebuhrt ſelber
theilen/ wie ferner gemeldet / nach den Zahlen.
113. Das Auge im Eirckel/ da das Creutz durchgehet mit eie
nem Angeloder Lini / bedeut ein jedes eine Welt / beides zur Sins
cken und Rechten. Zur Lincken bedeuts das groffe Myfterium der
finfteren Welt/ da fih das AWWundersauge in Natur einführet:
Zur Kechten bedeuts die Siecht- Wels / da ſich das Göttlihe My-
iterium hat durchs Fewer aufgeführet / und wohnet im Maje⸗
ſtaͤtiſchen Liechte / mit dem erſten Myflerioder Wunder.
114. Das Hertz im Angel des Creutzes bedeut den Grund o⸗
der das Centrum der GOttheit / nicht dergeſtalt / daß es abthei⸗
lig ſey / und eine Staͤtte beſttze / dan es iſt ſelber die Staͤtte oder
der Grund der GOttheit / und iſt uͤberall das Mittelfte : fon=
dern das man lerne die GOttheit von der Natur unterſcheiden /
und daß die Chriſten lernen verſtehen die Wiedergebuhrt / *
u
vom Anfange der Weltentftanden. 29
uns GOTT in Chriſto aus feinem Herkenam Creutze hat wies
derzgebohren ; Umb welches willen diefe Figur iſt alfo entwerp
fen worden / dag der $efer foll nachfinnen : Dandiefe Figur be⸗
greift alles was GOTT und die Ewigkeit iſt.
Erklärung des Circkels zur lincken Handt.
215, D ie 3. Characteres mit A. O. V. gezeichnet mit 3. 4. 5-
bedeuten das Myſtcrium der heiligen GOttheit auſſer
der Natur / wie fichs in der Natur offenbanre. Abedeut den ers
ſten ungründlichen Willen /der Batter heiſſet. Fahre am ſelben
Circkel umb an die untere Spitze / da ſtehet Tinctur 6, die iſt des
Willens Ens, und der erſte Anfang zur Natur: Dan das
Goͤttliche Geheimnuͤß der Drey-Zahl ſtehet oben / und das Ge—
heimnuͤß der Natur unten. Jeder Circkel bedeut eine Perſon der
GoOttheit im erſten Myſterio.
116. Das O mit num. 4. bedeut den Grund des Myfterii , als
die Geburt des Hertzens / oder Wort GOttes / welches der er⸗
fie Wille / als das Aim Spiegel der Weißheit faſſet und in ſich
haͤlt / als einen Grund ſeines Weſens. Dan das O bedeutet auch
das Auge des Spiegels der Weißheit. Dan in der Weißheit
wird das ewige Wort gefaffet / das offenbahret jich durchs Prin-
cipium des Fewers im der Sieht - Welt. Sahre vom O am
Circkel umb / fo findeftu unten Principium , und Semwers
num. 7.
117. Das V mitnum. 5. bedeutet den Geift des Myfterii aufe
fer der Natur / als den erften ewigen ungründlichen Willens
Geift/ der aus dem MWillen und in der Krafftdes Wortes im
groffen Myfterio urſtaͤndet und aus dem Willen und Worte
ausgehet / und fein Ausgang macht Wefen/ als Wunder ver
Krafft/ Farben und Tugend / da doch im Mylteris des Ungrun—⸗
des auffer der Natur feine Farben erfandt werden : dann ſie lica
gen alle in einer / und ift ein Anblick einesgroffen Wunders f
und das heiffet ein Wefen der Wunder.
218. Fahre am Circkel vom v umb / fo findeftu unten bey
num. 8. Wefen/ beveut dag alles Wefen unter dem Geifteder
Drey-Zahlift/ und daß man allzeit muß Weſen von der GOtt⸗
heit unterſcheiden: Dan im Weſen urſtaͤndet die Natur mit
ihren fieben Geſtalten: Dan die Drey⸗zahl iſt nur ein Geiſt im
Weſen / und iſt doch auch Fein Weſen ohne die Drey-zahl: dan
die Begierde der Drey⸗zahl iſt ar Magia, und machet *
RB ins
30 Dier. Frage Woherdie Seele _
Ten: Sie fuͤhret in Grund ein / nach dem Modell ſo der Geiſt in
der Weißheit eroͤffnet / aus ihr iſt die Schoͤpffung ergangangen /
nach dem Modell in Spiegel der Jungfraͤwlichen Weißheit.
Weiterer Bericht.
Don dem erſten Principio und dem Myſterio des Anfan⸗
ges in der Schoͤpffung / und vonder finſtern Welt!
wie der Ungel am Creutze mit num. 9. zur finden mit
feinem obern und untern Spatio verftanden wird.
219. Um. 9. ftehet vorm Ereuß- Angel: Datter / und da⸗
- "por Abgrund / beveut das Myfteriu:n Des Vatters
auffer der Natur : dan mit dem Ereug- Angel fährt die Na-
tur an.
120. Daserfte und gröfte Myfleriumift der Abgrund / da fich
Das Nichts in einen Willen einführet / der Batter heiſſet / oder
ver Urſtand zum Etwas. Aus dem Myfterio des Vatters iſt die
Schöpffung durch die Natur geurftandet. Man vorfichet al-
hie die Ewige Natur mit ihren fieben Geftalten mit diefem
Myttetio.
+ 222. Am Angel oder Knea fichet Seel. num. ro. bedeutet
Den Urftand der Ewigen Geifter / als Engel md Seelen der
Menfchen : Dan der Angel bedeut das Centrum in der Ratıtr }
da fich der dreyfache Geift mit der Natur orfenbahrer / bedeut das
Magifche Fewer indes Batters Eigenſchafft darauß haben die
Engelihren Urftand / fo wohldie Seel des Menſchen.
122. Manfollalyieden Grund und Urſtand eines ewigen Gei⸗
fies verfichen / dan nichtsift ewig / es hate dan feinen Urſtand
aus dem ewigen Magifhen Fewer. Diefer Urſtand wird nicht
fürdenwahren Geift verftanden / ſondern fürdes Centrum, als
Die Urſache des Geiſtes.
123. Ein jeder rechter Geift wird im Lebens⸗Liecht mit dem
DBerfiandeverftanden : Danes mag im Fewer kein rechter Ber⸗
fand feyn / fondern in der Begierde des Lichtes. Darumb mug
fich der fewrige Wille zum Hersen GOttes / als zur Krafft des
Sicchtes und Berftandes wenden / wie allyie zu ſehen / da auff
der Ereus-$ini ſtehet der Seelen⸗wille mirnum. 1x. bezeich⸗
net / alda empfühet er Krafft vom Hergen GOttes / und wird
zu einem verftändigen Geifte erbehren.
- 824. Dan er empfaͤhet Die Kraft des Liechtes in der —
—— muth
ge
[2
vom Anfangeder Weltentitanden. 77
muht und Demuth / und gehet mit feinem Willen⸗Geiſte / als
mit ver edlen Bildnuͤß und Gleichnuͤß GOttes durch die Krafft
des Hertzens in das andere Principium als in die Liecht⸗Welt ein /
wie dann alhier zur rechten des Hertzens im andern Circkel zu
ſehen iſt: Da ſtehet Wille num. ı2. und dar Seel / num. 13. be⸗
deut / wie Die Seel aus des Fewers-quaal aus des Batters Ei⸗
genſchafft in des Sohns Krafft und Eigenſchaft eingehet / und
wohnet in Goͤttlicher Krafft in der Liecht⸗welt.
125. Auſſer dem Angel des Creutzes ſtehet / heiliger Geiſt /
num. 14. bedeutet den heiligen Geiſt / der von Ewigkeit im
Willen des Vatters zur lincken am Angel num 9. urſtaͤndet /
und fuͤhret ſich durch Die Natur durch das Hertze und Goͤttliche
Krafft zur Rechten auffer der Natur / auch durch bes Engels o⸗
der Seelen Geiſtes Kraft aus / und woimet in der Freyheit
im Glan der Kraft und Majefkät/ und iſt in der Natur /
jedoch der Natur unergrieffen / als nur in Göttlicher Kraft
Eigenſchafft.
126. Hinter dem Wort heiligen Stif/num. ı5. ſtehet Bild⸗
nuͤß / auch auſſer der Natur / bedeutet daß die edle Bildnuͤß ans
dem Seelen⸗fewer außgruͤnet / als eine Blume aus der Erden f
und hat kein Fuͤhlen der fewrigen Eigenfhafft : dan das Fewer
ſtehet in ihr gleich als verſchlungen / und da es doch iſt / aber in
anderer Quant / als Begierde der Liebe / ein Uecht Naunnendes
Fewer in Goͤttlicher Sigenſchaſt.
127. Hinter der Bildnuͤß ſte er Argrund / vum. 16. bivent] -
das die rechte Bildarz im Abgrunde auger aller Qugal ſtehet /
und in Nichts wohnet) als nur in ſich ſelber / und durch Sie
GOTT. Darumb iſt nichts / das ſie mag finden / ruͤgen oder
zerbrechen / als nur die Goͤttliche Krafft: Dan ſie ſtehet nicht in
der Natur / ob ſie gleich mit der Wurbei von der Natur her⸗
komt / ſo iſt ſie doch ein anders / gleich wie der Apffel ein ana
Ders iſt als der Baum / od er gleich am Vaume ſtehet / und
Kraft vom Baume empfühet / fo gibt ihme Doch die Genie
auch Kraft: Alfo gibt der Bildnuͤß die Göttliche Sonne als ne
Majeftat Krafft.
128. Ferner ſtehet zur Lincken num. 17. Allmacht/ und
ſtehet auch auffer dein Eirdel der Natur / bedeutet des Vatters
Myfterium , der fich mit der Magia, als.mit der Begierde in
Grimm einführet / Da dandas ſtarcke lautbare Seben und Staͤrc⸗
te verflanden wird / im Eingang der Naturin denerften drey
Geſtalten / als Herbe / —— Angſt: wie dann das ri
4
——
*
*
-
33 Die 1. Frage. Woher die Seele
Brim im Spatio unter der $ini ftehet/ num. 18. bedeutet daß der
Brimm den Angel der Dreyszahlnicht beruͤhret fondern wird
in der Begierde erbohren.
129. Unterdem Wörtlein Allmacht num. 19. ſtehet Liſt / be>
deutet die Eſſentz auß dem Spiegel des Mylterii : welche Liſt im
endern Principio in einen rechten Derftand verwandelt wird /
und alhie im Magifchen Fewer nur Liftift / dan ſie iſt fpisig und
ſcharff / und eine Urſach des Verſtandes.
130. Gegenüber ſtehet Teuffel num. 20. im Spatio der fin⸗
Kern Welt/ bedeutet die Boßheit des Teufels / daß er vom Angel
Der Drey⸗zahl ift abgewichen / und hat feinen Willen in den
Grimm und gift gefeßet / in willens damit über GOttes Sanfft⸗
muth zu herrſchen / und fih der Stärde und Macht dis Fewers
ad Grimmes zu gebrauchen.
231. Unter dem Wort Lift) ſtehet Teuffels Rımft: num.
ar.22. Teuffels / ſtehet auffer dem Eirckel der Natur ; und
KRunſt fichet im Circkel der Natur / bedeutet daß der Teuffel fo
wol aus dein Myfterio des Watters ift auff der Lini oder Strich
Des Creutzes in der Ewigen Natur erfchaffen worden / als die ans
zern Engel. Aber er hat ihme feine Kunſt num. 22. in der
Magifher Sucht der Natur im Centro der finftern Welt
srfchöpffet / da er doch foltein GOTtes Hertzen Krafft ſchoͤpf⸗
fen / daß ift feine Urfach feines Falles und feines Neides.
132, Uberder Lini num. 23. ſtehet Wille/ bedeutet daß fich
Der Teuffel hat von der Bötslichen Lini / darauff er wardges
ſchaffen / über fich gefehwungen als ein hoffärtiger Geift / der
Da hat wollen felber Her ſeyn/ und in eigener Kunst und Witze
zgieren : Wie jeher die Hoffart und Klugheit des Menfchen
chut / die fich auch alfo von der Sinien GOttes vom Gehorfant
an ein Eigenes ſchwinget / da fledie Göttliche Krafft und Liecht
richt mag inneerreichen / fondern fallet in fich felber in das fin⸗
ſtere / ängftliche/ Magifche Fewer / wie über dem Worte Wille,
num. 24. gezeichnet.
133. Erftlich in Finſternuͤß: Dan die Vernunfft verleuret
Den Göftlichen Verftand und Begierde / darinnen fie fan GOt⸗
tes Wefen fahen / und fich mit Krafftaus GOTT fhwängern.
And dan entzuͤndet ſich das Magifche Geitz⸗fewer / daß fte wil
viel haben / undnichtgnughat/ wie alhie num. 25. Und wann
die ſich mit dem Geige hat gefuͤllet / ſo hebet das Magiſche Fewer
an der Angſt num. 26. an zu brennen. Dan das vom Geitze im
das Fewer eingeladen wird / iſt des Magiſchen Fewers *
atin⸗
vom Anfangeder Welt entſtanden. 35
darinnen das Fewer brennet. Alda ift der Tod gebohren / der
muß feheiden wasder Geis eingeladen hat.
134. Und allyier ift auch der ſchwere Fall Adams/ der dem
Zeuffel nachimaginiret hat / und begehrte die Vielheit diefer
Welt vor ein Eigenes. Er wolte klug werden / undEriegte viel
Witz / und auch die irrdiſche und höllifche Quaal in der Witze.
Wäre er auffın Strihe in GOttes Lini blieben / fo ware er
Nicht iradifeh worden: Dan fein Willen⸗geiſt hattein GOTT
gewohnet / und hätte dem Leibe Göttliche Speife eingeführets
aber num fteheter inder Angft Num. 26. und muß wieder Durchs
Principiumin Tod Num. 27. Da fein Leib muß im Myfterio vera
zehret werden.
135. Und fo er feinen Willen nicht hat umbgekehret in diefer
Zeit in das Ereutze Chrifti/ wie in diefer Figur zufehenift / fo
wird Er im Mylerio zum Gerichte GOttes behalten/ da folk
er im Fewer probiret werden / ob fein Willensgeift Göttliche
Kraffe in fich habe oder nicht / ob er im Fewer koͤnne beſtehen:
Allda werden ihme dichoffartigen irrdiſchen Werde abbrennen /
und wird die Seel im finſtern Magiſchen Willen-fewer blei—
ben: dan ſie iſt auch ein Magiſch Fewer / wan nicht Goͤttlich
Licht⸗ſewer in ihr iſt; ſo faͤhet nur ein Magiſch Fewer das anderg
darauß iſt kein Rath.
136. Welche Seele aber in dieſer Zeit hat wieder umbge⸗
wandt / und hat fich mit ihrem Willen in Tod Chrifti aus
Ereußes Lini Num. 27. eingegeben/ die iſt ihren hoffärfigen boͤſen
erden erfunden / und iſt in demfelben willen-loß worden /
und ift in den Tod Chriſti eingegangen / und gruͤnet mit dene
Willen-Geifte Num. 28. durch das ander Principium in der
Göttlichen Krafft aus dem Tode Chriſti aus da dann der Wil⸗
len⸗geiſt als die Bildnuͤß wieder das Göttliche Llecht Num. 29.
erreichet / und ſtehet die Bildnuͤß Num. 30. wieder im Goͤttli⸗
chen Menſchen / Num 31.
137. Dan wan der Willen⸗geiſt in Tod au Creutze eingehet /
fo zeucht er wieder Göttliche Weſenheit / als Chriſti Fleiſch ar
fich / und führets mit fich in die Siccht-welt cin / da gruͤnet wie⸗
der das Göttliche Leben in dem heiligen Leibe / und ſtehet Die
Bildnuͤß wieder frey; Wie allhie Num. 32. zu ſehen / und woh⸗
net in GOTC Num. 33. und iſſet von GOttes Wort oder We⸗
ſen: Dan die Bildnuͤß iſt alhiz auſſer der Natur / in der Frey⸗
heit: Aber die Menſchheit iſt in der Natur / wie gezeichnetiſt.
138. Aber mit denen Seclen / welche in ihren hoſtaͤrtigen
Sn he
32° Dier. Frage Woherdie Seele
geitzigen Werden in der Angft/ Num. 26. ſtecken / die ftecken
ja im Magifhen Angſt-Fewer / und ihre Wercke find Holtz
zum Fewer.
139. So fich aber dannoch der Willen-geift etwan in Tod
Chrifti einwendet / und doch auch heftig an den Griumanges
bunden ift/ die hangetwican einem Faden am Tode Ehrifti.
140, Diefe Seel mug wohl eine Weile alfo brennen / biß der
Willen:geift kan in Tod Christi eingehen / biß ihr ſyderiſch
Holtz verbrennet : wan der indifche Leib ſtirbet fo muß Die
Bildnuͤß baden, welches die ietzt viel zu kluge Welt verachtet /
aber im Tod erfaͤhret; da muß ſich daſſelbe Fuucklein / welches
nur am Faden hanget / in Tod Chriſti einwinden: Dann es
hat Leib und Weſen verlohren / und ſtehet bloß / ohne Goͤttlich
Weſen oder Leib in GOttes Erbarmen / in der Goͤttlichen Tin-
ctur, als in der Neundten Zahl Num. 34 und wartet des Juͤng⸗
ſten Gerichtes da GOTT wird in der Tinctur herwiederbrin⸗
gen was Adam verlohr. Aber ihre hie-gemachte Wercke werden
nicht durchs Fewer gehen / fondern das finſter Magiſche Fewer
Hat ſie in fein Myſterium in die finſter⸗Welt eingefihlungen/
das lage dir Menſch geſagt fern.
141. Nach ver Neun⸗zahl ſtehet der Seelen Ewige Wohnung
anit Num. 35, bedeut / daß dieſe entrunnene Seelen dannoch in
GOTT in der Engliſchen Welt ſeynd / aber ohne ihre Wercte /
und koͤnnen den Blank der Majeſtaͤt nicht ſo hoch erreichen als
Diefe/ welche fich haben mit GOttes Krafft alhie gekleidet. Das
Wort/ Wohnung / gehet in die Freyheit auffer der Natur /
wie auch oben) Bildnüß.
142. Dann die Serl muß in der Natur ſtehen / aber der
Bildnuͤß Wohnung iſt auſſer der Natur in Göttlicher Freyheit.
143. Auſſer dieſer Wohnung ſtehet vie SEugliſche Welt
Num. 36, bedeutet der Engel Revier oder Fuͤrſtliche Thronen /
in der Freyheit der Goͤttlichen Majeſtaͤt / da doch ihre Wurtzel
auch in der Natur ſtehet / aber ſie wird nicht erkandt.
‚244. Zur Lincken im obern Spatio mit Num 37. ſtehet ſtoltzer
Teuffel / mit z Linien / eine auff dem Charadter O num. q. Und
eine über das groſſe Myſterium der Drey⸗zahl / da ſtehet Wille
des Teuffels Lucifer / Num. 38. Alhie iſt zu betrachten des Teuf⸗
fels Fall / er hat ſeinen ſtoltzen Willen von der Lini des Creutzes
über ſich geführet / und hat wollen über das Myfterium der Goͤtt⸗
lichen Weisheit / in Wise 7 Liſt und Grimm / in Fewers—
Macht herafchen! und Das Myfterium —— —*
*
daß Er Herr ſey: Als er dan auch die Weſenheit im Myſterio
hat angezuͤndet / davon Erde und Steine ſeind worden / und hat
wollen übers Myſterium der Dreyszahl Num. 38. ausfahren?
als er van noch heute begehret uber die Engliſche Fürften- Throa
nen auszufahren. >
145. lind aus dieſem iſt ihme feine Berſtoſſung aus den Goͤtt⸗
lichen Myſtetio erfolget / daß er iſt außgeſtoſſen worden aus der
obern Thronen indas finftere Magifche Fewer / und ift hinunter
geftürket worden das iſt / in Abgrund der finſtern Welt / Num,
39. Dann er muß auffer der Principio im Fewer⸗ſchrack / als
in den erſten drey Geftalten zum Fewer in der Angſt wohnen /
Da hat er feine Hoͤlle wie unten N.ım.40. zu ſehen iſt. Und
aldahin fallen auch die Verdamten Seelen / daß ſie GO TT
ewig nicht ſchawen koͤnnen.
Die andere Creutz-lini auffwerts.
146. V Ber der Lini Num. 1. oben ſtehet Abgrund / Ewigkeit.
bedeutet die Freyheit auſſer dem Principio, und wird
damit verſtanden Das Myſterium der Ewigkeit / da eine jede
Creatur in ſeiner cigenen Quaal / in ſeinem eigenen Fewer inne
ſtehet / es ſey in Finſternuͤß oder Lecht / und hat darinne fein
ander Liecht als in ihr ſcheinet / deſſen Liecht begreifft ſie auch
auſſer ſich: Es find beyde Welte / als die Liecht⸗ welt und Fin⸗
ſter⸗welt alda ineinander: Aber das Liecht wird nicht erreicht /
es ſey deß dann eine Creatur faͤhig.
147. Es find Engliſche Thronen / da wir nicht von wiſſen /
unſer Wiſſen langet nur allein in den Locum dieſer Welt / fo
weit die Anzuͤndung in der Schoͤpffung gereichet / und davon iſt
dieſes Radt gemacht mit dem Creutze.
148. Num. 41. Uber der auffrechten Lini ſtehet / Sohn / um
‚am lincken Angel Num.. 9. Vatter / und an der rechten Sins:
Num.14. H. Geiſt: bedeutet die Geburth und Perſonen der Hei⸗
ligen Dreyfaltigkeit. Das Hertz im Creutze iſt das Centrum,
und bedeut das ewige Band der Dreyheit.
149. Das Wort / Sohr/ Num.4n bedeut das Wort / das
zer ewige Vatter immer und von Ewigkeit ſpricht in der echt⸗
und finſter⸗Welt / nach jeder Quaal Eigenfchafft.
150. Daß aber die Drey Perſonen vom Creutze ſrey ſeynd /
und die Linien nicht ruͤhren / bedeut daß GOTT vonder Natur
frey iſt / und nicht in der Natur begriffen iſt / ſondern Er wohnt?“
in ſich ſelber / wohl in der Natur / aber unergriffen dehme das
ſich nicht in ihn ein⸗ ergibt. —E
B6 351. Das
u >
4
36 Die 1. Frage Woher die Seele
152. Das Hers im Creutze bedeut/ day ih GOttes Hertze
zu der Natur hat offenbahretimit dem Principio des Fewers / da⸗
von das Majeſtaͤtiſche Liecht urftändet, Zumandern bedeutsdie
Dffenbahrung in der Menfchheit/ da fih GOttes Herk mit eis
nein menfchlichen Herken hat offenbahret / und wie daffelbe
menſchliche Herse habe den Begriff ver heiligen Dreyfaltigkeit
erlanget/ wie es dan das Centrum im Ereugeift / da manfoll
den innern Menfchen/ alsdasinnere Herge verfichen.
152. Und fichet man / wie der Hetlige Geiſt zur Rechten an
Der Lini Num. 14. vom Hertzen in der Liecht-welt außgehet / be=
Deutet / wie der Heilige Geiſt im newgebohrnen Hertzen / als in der
Bildnuͤß wohne / und der Bildnuͤß Willen in die Goͤttliche
Viecht⸗welt immer einfuͤhre. Gleich wie dieſes Hertz im Creutze
mit der heiligen Dreyheit geeiniget iſt: Alſo muß das Menſch⸗
liche Hertze / verſtehe den innern Menſchen / mit der Gottheit
geeiniget ſeyn / daß GOTT ſey in ihm Alles in Allem / fein Wil⸗
len und Thun.
153. Daß aber das Wort / Sohn / Num. 41. auff der Creutz⸗
lini oben ſtehet vom Hertzen unterſchieden / bedeutet daß der
Menſch Chriſtus iſt ein Herr uͤber alles worden / und iſt der
König über dieſe Circkel: Dan GOTT hat ſich in der Menſch⸗
beit offenbahret / und dieſer Menſch begreifft das gantze Goͤtt⸗
liche Weſen in ſich / dan in ihm und auſſer ihme iſt eine Fülle /
ein GOTT und Goͤttliches Weſen: Es iſt keine andere Stätts/
da wir GOTT Fönten erkennen / als im Weſen Chriſti / da iſt
Dir gantze Fuͤlle der Gottheit leibhafftig.
154. Das Wort / Himmel / am der auffgerichten Creutz⸗
lini Num.42. bedeutet/dag der Himmel im Menſchen Chriſto iſt /
and auch in uns / und daß wir durch fein Creutz und Tod muͤſ⸗
ſen zu ihm in ſeinen Himmel / der Er ſelber iſt / eingehen: Dan
am Creutze iſt uns der Hinunel wieder eröffnet oder newgeboren
worden. Zum andern bedeuts / daß der rechte Goͤttliche Himmel
eine Wohnung der Goͤttlichen Begierde ſey / als der Goͤttlichen
AMagie: Darumb heiſſet es nicht / einfahren / ſondern eingeboh⸗
ren werden aus GOttes Fewer in Goͤttlicher Weſenheit / und
eben nur am Creutze / als durch und in der Geburth der H. Drey⸗
faltigkeit.
155. Das Wert / Rein Slement / an des Creutzes obern
Anen Num. a3. bedeutet dic innere Welt / davon dieäuffere mit
den 4. Elementen iſt außgebohren werden / und in der inner,
Wurtel im Weſen ſtehet.
156. Mehr
*
— —
EN vom Anfangeder Welt entſtanden. 37
256. Mehr ift zu fehen/ wie angeregte Worte ſtehen / an⸗
fahen undenden:Dan fie fahen am aͤuſſern Circkel zur Lincken an /
da oben Num. 5. des H. Geiſtes Character V. ſtehet und unten
Num. 8. Weſen / und gehet durch zweene Circkel zur Rechten /
biß ins ander Spatium, das bedeutet des reinen Goͤttlichen Ele—
ments Urſtand / Innwohnen und Weſen / wo es urſtaͤnde / als
vom Geiſte des Ewigen ANyſterũ in der Goͤttlichen Weſenheit /
als im Weſen des groſſen Myſter, und ſey aber alleine im atı=
dern Prineipiooffenbahr / alsim Weſen des Sohns und heiligen
Geiftes; wie oben am Circkel zur Rechten zu fehen Num- 44.
und 45.
1 fe: Das Keine Element iſt die Würdung im rechten Him⸗
mel / und fchleuft ſich mit dem Ereug ein und auff/ es iſt das
Quaͤllen und Weben im Fewer- und Liecht-himmel / davon die
Göttlihe Weſenheit / verſtehet Wefen und nicht den Geift GOt⸗
es / ein Leben ift: Bann esreicht nicht indas Wefendes Vatters
Num. 46. da untem am Circkel ſtehet Goͤttliche Witze / dan das
Element gibt nicht Goͤttliche Witze / ſondern der heilige Geiſt
Num. 47. gibt Goͤttliche Erkaͤntnuͤß und Witze.
158. Das Element iſt ein Weſen gegen der Goftheit/ wie
Bas Leben im Sleifche gegen der Seelen zuverftchen ift. Dar
die Tinctur ift höher/ und gibt Ensdes Geiſtes / darinnen das
Siccht=fewer verftanden wird,
159. Unter dem Worte / Nein-Element/ ftchet Nam. 27.
ans Ereuses Striche der obern Lini / Tod / umd faͤnget das
Wort am linden Circkel an / und gehet durch den erften rechten
durchs Creutze. Da beſiehe die beiden aͤuſſeren Circkel zur Lincken
und Rechten / oben und unten / ſo wirſtu bald finden / was des
Todes Recht iſt / und wie er die ſterbende Quaal im Magiſchen
Fewer iſt / und die Weſenheit in ſich gefangen haͤlt / wie zur
Lincken unten Nam. 8. und zur Rechten unten Num. 48. zur ſehen /
und dan oben eben an dieſem Circkel Num. 44. und zur Uncken
oben Num. 5. da fiehet man wie das geiftliche Leben durch den
Tod gehet und auß-gruͤnet / und den hoͤchſten Circkel bejiste
Dann alles was das Göttliche Leben wil erreichen / muß durch
das flerbende Magifche Fewer gehen / und darinnenbeftchen /
‚wie das Herk am Creutze im Fewer GOttes muſte beſtehen.
160. Mehrers iſt zu wiſſen / dag wir ıms in Adam haben vom
Creutze abgewandt / und find mit der Luſt⸗begierde übers Creutze
Raum 23. mit unſerm Willen in ein eigen Regiment gegangen,
Nun hat uns der Tod in ſich gefangen / ſo muͤſſen wir nun aus
B7 den
x
38 Die 1. Frage Woher die Seele
dem Tode am Creutze ander Lini Ehrifti wieder ins Herke fie»
£en/ und im Hergen newegebohrenwerden/ fonfthalt uns der
Tod in fich gefangen. Dan jetzt fichetder Todander Creutz-lini:
Aber am Gerichte foll Er ver finfteren Weltgegeben werden.
Dan jest mug unfer Wille durch den Tod am Ereuge zur Ruhe
‚eingehen / aber das Auffere Creutze ſoll aufgehaben werden:
Alßdan iftder Zodein Spott.
161. Zum Dritten beveuts / daß das Leben GOttes in Chri-
Fo den Tod am Creutze ſchaw getragen / als der Tod am Ereuge
im Sterben Chriſti zerbrochen ward / da das Leben durch den
Tod gruͤnete / und ſich das Hertze ins Mitten / als ins Centrum
eingab / als ein Siegs⸗Herr des Todes.
162. Unter dem Hertzen Num. 49. ſtehet Paradeiß: Das
Wort faͤhet zur Lincken am aͤuſſern Circkel an / da oben Num. 5.
der Geiſt des groſſen Myfterii des Ungrundes der Ewigkeit / als
v, und unten am ſelben Circkel / Num. 8 Weſen / bezeichnet iſt /
und gehet durchs Creutz zur Rechten durch alle drey Circkel biß
in die Freyheyt / das bedeutet des Paradiſes Innſtehen: Es
urſtaͤndet im Myſterio der Ewigkeit / und gruͤnet durch die aufs
ſere / und auch durch die Liecht-welt / in der auſſern Welt verbor⸗
gen / md in dem andern Principio in der Liecht-welt offenbahr/
wie dan das Wort durch alle drey Circkel durchgehet / bezeichnet
des menſchlichen Leibes Urſtand.
163. Dan in dieſem Orte / aus dieſem Weſen iſt Adams Leib
(verftche den aͤuſſern Leib) geſchaffen worden / nach dem dritten
Principio, und ver innere Leib aus dem himmliſchen Theil in der
Liecht⸗welt (verſtehet der Bildnuͤß Leib) aus Goͤttlicher We⸗
ſenheit / wie zur Rechten neben Paradeiß bezeichnet mit Num. so,
164. Daſſelbe Göttliche Weſen / verſtehet Weſen / nicht Geiſt /
iſt in die Weißheit GOttes geſchloſſen / und darinnen iſt die
himmliſche Tinctur. Dan dieſes Weſen brachte GOttes Wort/
Das Menſch ward / in Mariam in ihre in Tod eingeſchloſſene
Weſenheit / als in der Bildnuͤß Leib / und wardhiemit GOTT
amd Menſch cine Perſon: Dann dieſes Fleiſch iſt Chriſti Fleiſch
nach dem himmliſchen Theil.
165. Darumb ſtehet hinter Weſenheit / Chriſti Fleiſch.
Num. 51. 52. Chriſtus hat ſolch Fleiſch im innern Menſchen ge⸗
tragen / als Adam vor feiner Eva hatte) da Er in Goͤttlicher
Bildnuͤß in Neinigkeit fund. Darumb Fan kein Menſch ins
Paradeiß eingehen/ Er befommte dan daſſelbe Fleiſch wieder /
Das Adam vorm Falle / und Chriſtus in der Diem
etom⸗
von Anfange der Welt entſtanden. 39
bekommen. Darumb müffen wir alle aus dem Hertzen auffm
Ereuse anderft gebohren werden/ und Chriſtum anzichen.
166. Unter dem Paradeiß Num 53. ſtehet Myfterium; und
urſtaͤndet das Wort zur Lincken im andern Circkel / wooben am
ſelben Circkel Num 4. der Character O ſtehet / und unten Prin-
cipium, und Fewer / Num. 7. und gehet zur Rechten durchs
Creutze durch den erſten Circkel zur Rechten. Dieſes deutet recht
an des Menſchen Schoͤpffung nach dem Leibe.
167. Dan der Leib iſt ein Myſterium aus der innern und aͤuſ⸗
ſern Welt / von oben und unten / verſtehet aus der Erden Ma-
trice, genommen. Diefes iſt der Erden Matrix, ausdie ſem My-
Kerio ward ſie geſchaffen / und ſtehet man wie ſte aus dem innern
und aͤuſſern Weſen / als aus der Finſter⸗ und Liecht⸗ welt ſey
geſchaffen worden / und iſt mit dem Boͤſen als mit Grimm / und
dan mit Gutem vermiſchet.
168. Aber der Menſch war aus dem Myſterio geſchaffen / ein
Bild und Gleichnuͤß nach GOTT / u GOttes Wunder: Dar—
amd ſtehet zur Rechten Nom. 54. Wunder. Dann Er war cin
Wunder aller Wefen/ ein Herz aller ABefen ausallen Weſen
genommen / und war in der innern Bildnuͤß cin Engel/ wie
nebenden Wunderinder Freyheit ſtehet Engel Num. 55. Dann
fein Geift wohnete in ver Freyheit GOttes: als in der Maje—
ſtaͤt wichinterdemn Worte Engel Num. 56. Geiſt ftchet / das
bedeutet allesden rechten Menſchen / als den Erftenvorm Sally
und den Andern in Ehrifto / dahin mug Er wieder eingehen]
oder iſt von GOTT getrannt,
169. Unter dem Myſterio Num. 57. ſtehet Dier Elementa,
die urſtaͤnden zur Lincken am aͤuſſeren Circkel / und gehen zur
Rechten Durchs Creutz / durch zween Circkel- bedeut die äuffere
Welt / welche aus dem innern Weſen am aͤuſſern Circkel als
eine Außgebuhrt urſtaͤndet / und fuͤhret ihre Wunder ins My-
ſterium, Erſtlich ins ander Principium in die erſten zween Circ⸗
kel: Dann fie ſollen nicht mit ihrem Weſen in die Freyheit durch
ven dritten Circkel zur Rechten gehen / ſondern im Princ pio ins
Myfterium tretten / umd im Principio als im Fewer bewaͤhret
werden. Dann alda iſt das Scheide-Ziel.
170. Oben am andern Circkel zur Rechten Nam.45: ſtehet
Sohn verfelbe ift der Richter und Scheidemann / und uͤnten
am felben Circkel Num, ;8- ſtehet / Seelen-fravdein Ternario
Sandto, bedeutet daß die Seel ſoll Frewde an ihren Wercken ha⸗
ben / welche ſie in den vier Elementen zu GOttes Lobe ——
40 Dieı. Frage. Woher die Seele
ket hat/ welche fie hatindie Englifche Welt] insinnere Myftes
zium eingeführet. Dan dievier Elementa ftehen mit ihrer ABurs
tzel im groffen Myfterio.
172. Und wäre die Erde ineine folche verderbte Arth nicht ges
kommen / wanns des Teuffels Gifft und Anzündung nicht ges
Khan haͤtte / fie wäre ein Weſen inden andern dreyen Elementen
geweſen / wie fie dan in dem himmliſchen Weſen iſt.
172. Diefen Biffen Hat Adam in fich gefchluckt / und verlohr
damit feine Engels-Geftalt. Dan die vier Elementa folten in
ihme verborgen ſtehen / under folte nur indem Einigen Element
in GHttes Krafft leben / und von dem Böfennichts wiflen / als
zur Nechten in der Sreyheit Num. 59. ftchet des Beiftlichen
Menfchen Wohnung / alda folte der Bildnuͤß Leib wohnen /
als der Seelen Leib / aber es ward ihme verwehret/ er mufte
unter die Erde / und wardindie Jradigfeit eingefchloffen.
173. Unter den vier Elementen ſtehet Erde Num. 60. bedeut
daß die Erdeift der innern Welt gantz entfallen. Dan das Wort
ruͤget weder den linden noch den rechten Circkel / fteiftalsein
Tod / aber das Creutz gehet durch fie / bedeutet ihre Wiederbrin⸗
gung / daß die menfchliche Erde ift am Ereuge newgebohren /
und dag das himmlifche und Göttliche Werfen foll von der fin»
fern Welt Wefen durchs Fewer Gttes gefchieden werden,
da alsdan foll neue Erde in himmliſcher Quaal / Geſtalt / Ef
ſentz und Eigenſchafft werden / und ſoll das Verborgene in der
Erden in den himmliſchen Theil wieder grünen: Und alhie iſt
des Menfchen Yufferftehung zu betrachten. Mehrers ift zu bes
trachten / wie die Erde alfo auffın Abgrunde ſtehet / dan ſie er⸗
reicht Eein Principium , darumb muß fie vergehen.
174. Darunter ſtehet Num. 6r. irrdiſch Menſch / da gehet
das Ereutze mitten durchs Wort / das bedeutden gefallenen irt-
difchen Menſchen / der unter die Erde und indie Erde iſt gefalz
fen / dasift/ eriftder Erdeheimzgefallen ; und das Ereuß ſchei⸗
det das Wort/ Irrdiſch und Menſch; dan der Menſch foll wies
der von der Erde gefchieden werden / und in ſein ewig Theil ein⸗
schen / entweder indie Liecht- oder finfter-welt.
175. Unter der Creutz-lini ſtehet Num. 67. Wunder / bedeutet /
daß die boͤſen Wunder / auch das boͤſe Theil der Erden ſoll im
Gerichte GOttes / wan GOTT ſcheiden wird / Dem Abgrunde
der Finſternuͤß heimfallen / und das ſoll aller Teuffeln und boͤſen
Menſchen ihre Erde ſeyn / darauff ſte bey einander wohnen wer⸗
den / dan der Abgrund ſtehet darunter Num, 1.
76. Ne⸗
vom Anfangeder Welt entftanden. AT
76. Neben Wunder ftchet Babel Num. 63 / bedeutet / wie
Babel nur ein Wunder des Abgrundes ift/ und würdet nur
under im Abgrunde.
177. Weiter oben unterm Circkel zur Nechten / nach deut
irdischen Menfchen Num. 64. ftehef / Zigen-vernunfft in Ba⸗
bel / die gehet umd den Eirckel des andern Principii umb / und
gehet in eigener Gewalt unter der Göttlichen Welt hin / ver>
meynet / ſſe ſey in GOTT / und diene GOTT / und ift aber
auffer GOTT in fich felber / fie Ichret und thut nur ihr eigen
Ding / fieregieret die auffere Welt in eigener Vernunfft / ohne
GOttes Geiftund Willen/ nur zu ihrem eigenen Willen. Dar:
umb gehet fte umb die Liecht-welt umb ſchmeichelen / und gibt
GOTT gute Worte / umd bleibet aber auffer GOTT aufn
Abgrunde / und daͤhinein gehet fie auch.
x78. Unter der eigenen Vernunfft Num 65. ſtehet / Wunder
der groſſen Thorheit / bedeut Babel / die alle Kuͤnſte / Liſt und
Geſchickligkeit hat erfunden / und ſich ſelber verlohren: Sie
ſuchet Gold und verlaͤſſe GOTT / Sie nimbt Erde vor Gold /
den Tod fuͤrs Leben / das iſt die groͤſte Thorheit / ſo in dem We⸗
fen aller Weſen erfunden wird / wie an andern Orthen genug
gemeldet worden.
Beſchluß.
179. A $fo ſehen wir / wo wir daheime ſeind / nicht in dieſer
Welt / ſondern in den zwey innern Welten; in welche
wir allhier werben / dahinein gehen wir / wan wir ſterben. Das
aͤuſſere muͤſſen wir verlaſſen / wir muͤſſen nur am Creutze new⸗
gebohren werden.
180. Babel hat ſich gar vom Creutze abgewandt / das bedeutet
den hoffaͤrtigen eigen⸗vernunfft-klugen Menſchen / der ſich im
Witze der Thorheit regieret.
18r. Der irrdiſche Menſch am Creutze Num. 6x. bedeut den
einfaͤltigen Hauffen / welche noch an Chriſti Creutze hangen /
und werden doch endlich durchs Creutze new⸗gebohren.
182. Aber die Vernunfft hat fich auch vom Creutze abgeriffen/
in eigene Wolluſt / in eigene Macht und Gefüge / und das ift
Wunder der Thorheit / welcher auch die Teuffel fpotten.
183. Diefem wolle der Sefer weiter nachfinnen / dann es ligt
viel darunter / es hatden Berftandaller drey Welten. Beltehe
Dich darinnen / es iſt ein gerechter Spiegel / dann die Drey-zahl
ift ein Creutz / und bat zwey Reiche in einem/ da fie fich ſelber
durch das ſincken durch den Tod alſo feheiden,
” 284. Dare
42: Die1r. Frage. Woherdie Seele
154. Darumb wil der Teuffel über GOTT feyn / und dars
umb ward GOTT Menſch / daß Er die Geeleaus dem Grimme
durch den Tod in ein ander Leben fuͤhrete / in eine andere Welt /
welche doch in der Erſten ſtehet; aber ſie draͤhet ihr den Ruͤcken /
wie dieſe Figur ſtehet / und das Creutz ſtehet zwiſchen beyden
Principien, und gehet aus dem Fewer⸗-leben ins Liecht-leben.
185. Alſo verſtehet uns mein geliebter Herz die Seele ur⸗
ſtaͤndet im Fewer⸗leben; dann ohne die Fewer-quaal beſtehet
fein Geift/ und gehet mit ihrem eigenen willen aus fich durch den
Tod) das ift/ ſte achtet ſich als Tod / und erfindet in fich felber/
als ein Tod / fo fült fie mit ihrem Willen durchs Fewers Prin-
cipium in GDftes Liecht⸗auge / da iſt fie des H. Geiſtes Wagen)
darauff er fähret.
186. Wann fie aber wil ſelber fahren Ko bfeibet ſte in ihrem
eigenen Fewer⸗neſte im Urſtande / da fie iſt erwecket worden /
wie Lucifer: dan fie iſt im Anfange des Creutzes zur Lincken er⸗
wecket worden / wie in dieſer Figur zu ſehen / das iſt ihr Urſtand /
wie weiter ſoll gemeldet werden.
187. Sie iſt eine gantze Figur des Creutzes / und gleichet ſich
einem Creutz⸗bawme nach der aͤuſſern Bildnuͤß des Leibes / da
der Leib zwey Arme hat / bedeuten zwey Principia, da der Leib
in mitten ſtehet / als die gantze Perſon; das Hertz iſt das erſte
Principium: das Hirn das ander Principium: das Hertz hat
Seele / das Hirn der Seelen Geift/ und fie iſt ein new Kind /
Doch auch nicht ein newes / der Stamm iſt von Ewigkeit / aber
die Aeſte ſind aus dem Stamm gebohren.
188. Wiewohl ſie nicht iſt von Ewigkeit eine Seele geweſen /
‚aber ſie iſt in der Jungfraw der Weißheit GOttes auffm Creutze
von Ewigkeit erkandt worden / und ſtehet in der Wurtzel GOtt
Dem Baͤtter zu / und in ver Seele GOtt dem Sohne / und im
Willen GOtt dem H. Geiſte.
189 Als ſie im Vatter nicht beſtehen konte in ihrem Willen /
da ſie wolte in ihrem Willen herrſchen / und fiel damit ins Fewer
des Grimmes / ſo gab ſie der Vatter dem Sohne / und der Sohn
nahm ſie in ſich / und ward in ihr ein Menſch / und brachte ſie
wieder mit dem Verbo Fiar indie Majeſtaͤt ins Liecht: dan der
Sohn fuͤhret fie durch den Zorn und Toͤdt wieder ins Auge der
Heiligkeit zur Rechten ein/ ineincandere Welt / in GOTT / zu
den Engeln / davon hernach foll weiter gemeldet werden,
290. Jetzt kommen wir wieder zur ſechſten Geſtalt des Fewers:
Und iſt zu wiſſen / warumb wir das Creutz hieher ſetzen *
reu
vom Anfang der Welt entftanden. 43
Creutz iſt fonft die gehende Zahl nad) der Bernunffisordnumg zu
zehlen / aber nad den zweyen Principien / Da das Auge gethei⸗
fet erfcheinet / gehört das Creutz zwifchen die fünffte und fechfle
Geſtalt / da fich das Licht und Finſternuͤß ſcheidet.
191. Aber wiſſet daft GOTT iftder Anfang und das Ende:
So feßen wir nach der Vernunfft das Creutz ans Ende / dan
da gehen wir durch den Todt ins schen; es iſt unfere Auffer⸗
ſtehung.
.. 192. Die zehende Zahl iſt wieder die Erſte und auch die Sekte)
und hindurch ift der Tod / und nach dem Tode die Hölle / das iſt
der Grimm der Finſternuͤß / das iſt auffer dem Creutze / dan es
fället wieder ins A, und im A iſt der Schoͤpffer / dahinein hat
fich Lucifer rt ah und iſt auß getrieben worden indie
Finſternuͤß / da iſt ſein Reich in ver Quaal.
193. Ihr ſollet uns alſo verſtehen / daß wir mit dem zweyfa⸗
chen Auge eine runde Kugel alſo abtheilig verſtehen / da das
Creutze iſt von Ewigkeit inne geſtanden / man Fans gar nicht:
entiwerffen mit keinem mahlen / dann esiftalfo ineinander / es
iſt cin Eins] und doch Zwey / der Beift verficher diefes nur ;
und wer nicht indie Wiedergeburth durch den Todt auffs Creutz
eingehet / alsin GOttes Leib / der verſtehet diefes nicht / der laffe
es ungemeiſtert / oder er wird ein Macher und Meiſter des Teu⸗
fels fen wollen wir den Leſer treulich gewarnet haben und iſt
Ernſt.
194. Dan dieſe Figur hat allen Grund / ſo tieff ein Geiſt in
ſich ſelber iſt / und iſt dem Leſer ohne rechte Augen nicht kennlich /
man kans auch mit Worten in keine rechte Ordnung ſetzen / dan
Das Erſte iſt auch das Letzte / und das Mittel gehet durch alles /
und wird doch nicht erkant als in ſich ſelber: darumb iſt For⸗
ſchen nicht das fuͤrnemſte zu erkennen Myſterium, ſondern in
GOTT geboren werden iſt das rechte Finden: dan auſſer dehm
iſt Babel.
195. Es lieget alles am Willen und am Ernſte / daß der Wil⸗
le in die Magiam eingebe / dan die Ewigkeit ift Magiſch / alles iſt
aus Magia zum Weſen kommen / dan inder Ewigkeit im Ab⸗
grumde iſt nichts: wasaberift/ Das ift Magia.
196. Und aus Magia entftchet Philofophia, welche Mag am
gruͤndet und darinne ſuchet / und findet Aftrologiamewig : und
Aftrologia füchet wieder feinen Meifter und Macher als Aftro-
- nomiam,den Sulphur und denMereurium,welcher ein eigenPrinci-
pium hat / und iſt die dritte Magia drinne / als Der Medicuss.
der
ix
ww.
r 5 * BP
24 Dieı. Frage Woher die Seele
Der ſuchet den Zerbrecher / und wilihn heilen 5 aber er finder dik
vierdte Magiam als den Theo!ogum, der fuchet die Turbam in
Alen/ und wildie Turbam heilen / aber Er findet das Auge der
erften Magix, da fichet Er/ daß alles der Magix Wunder iſt /
da läffeter ab vom Suchen / und wird cin Magus im erften Wil⸗
len / dan er fichet dag er allen Gewalt hat zu finden / und zu
machen was Er wil: fo machetss Er aus fich einen Engef/ und
bleibet in fich felber / alfo ift Er von den andern allen frey / und
bleiber ewig fichen / und Das iſt der hoͤchſte Grund des Weſens
aller Weſen.
197. Und ob wohl dieſes der Huren zu Babel nicht wird
ſchmecken wollen / fo fagen wir mit Grunde) daß Babel und ih⸗
re Kinder find in der Magia, Philofophia, Aftrologia, Aftrono-
mia, Medicina, und Theologia aus Hurerey gebohren worden.
Babel iſt diefer Einer Kind / Sie ift ein wider-willig ftolg Hu⸗
ren-kind / wir haben fie im A und O erfantdurchtas Forfchen
Der Philofophix und Aftrologix, und haben fie inallen Spies
geln eine Hure erkandt / welche in allen Spiegeln huret.
298. Sie faget fie ſey das Auge / aber fie hatein falfch Auge /
daß glinzet aus ihrer Hurerey / aus Hoffarth / Geitz / Neid /
Zorn / und ihr Sitz in der Magia iſt das abgewandte lincke Auge /
fie pranget auffm Creutze / aber fie gehet nicht ins Centrum ein /
ſie wil nicht durch den Tod ins Leben gehen: Sie ſaget / Ich lebe /
und hat ein ungerecht Leben / jedoch iſt das ihr recht Leben: blie⸗
be fie für ſich allein darinnen: Aber fie beuget die Kinder / fo
auffm Ereußegebohren werden / und tritt fie mit Füffen.
199. Darumb hat das Ereuß den Bogen gefpannet]
and wilBabelvom Creutze weg ſchieſſen / deutet der Geiſt
der Wunder in Magia.
Die ſiebende Geſtalt des Fewers.
200. E Ine Magia gehet immer aus der andern / und iſt der an⸗
dern Spiegel und Auge / da die Wunder erkandt und
fortgepflantzet werden / dann im Abgrunde iſt nichts / und in
der Magia iſt alles: ein jeder Spiegel iſt ein Centrum , und
Doch fein Eigener / dann des erſten Liſt / Sucht / und Begeh⸗
ren gebiehret ihn / er iſt des Erſten Modell,
201. Dann wan ich gruͤnde vom Anfange des Weſens / fo fin⸗
De ich das Auge / das iſt GOTT / das iſt ein begehrender Wille
der Ewigkeit / der gehst in fich felber ein! und fuchet den Abgrund
in fich ſelber. ar,
vom Anfangeder Weltentftanden. 25
‚202. Er ift in nichts / fondern er iſt des Abgrundes Spiegel
und ſuchet fich felber/ / und findet fich felber / und das Gefundene
fucht wieder ein Modell/ dag fichs kan darinne ſuchen / finden
und fehen. Und das gehet biß in schen Zahl/ dan findet das Letzte
wieder das Erfte in fich / und ift alfo das Sekte des Erften Mo»
dell und Spiegel/ und das Erfte des Letzten / und ift als ein
ewiges Band / und feet im MWillen im Begehren / Su—
chen und Finden / und in dig Weſen ift Myſt. Magaum einges
ſchloſſen.
203. Nunaber wil das Mittel im Begehren ein Erfuͤllen has
ben darinnen es ruhe / ſonſt ſtuͤnde alles in aͤngſtlicher Quaal;
und das Begehren zeucht aus allen Geſtalten das Mittel / damit
es feinen Hunger erfuͤllet / damit es in ſich ſelber in Volkom—
menheit / in Frewde ſtehet / und alſo auß der Angſt eine Liebe
wird / ein Erfuͤllen der Quaal / und das Mittel iſt Sulphur, mit
dehm ergetzet ſich der Geiſt im Willen; dan Sulphur hat z Geſtal⸗
ten in ſich / als Krafft und Liecht. Und das iſt zuſammen das
Weſen aus allen Geſtalten erbohren / es iſt Materia / Weſenheit /
Leibligkeit / GOttes Leib / Chriſti Fleiſch / Himmliſch / und
iſt die gantze Erfüllung des Geiſtes im O; es iſt die Ruhe und
Offenbahrung der Gottheit / und ſtehet in der Jungfrawen der
Weißheit.
204. Das Creutz iſt ſein Ziel / und iſt die Weſenheit / welche
mit dem Sincken in Todt gehet / wie oben gemeldet / da der Grim̃
im Tode bleibet / und ſie iſt ſtille als ein Todt / oder ein Nichts /
uñ das Leben gruͤnet auß ihr in einem andern Principio.
205. Sie iſt nicht das Principium alleine / das Principium
wird in ihr gebohren; in ihr ſind alle Spiegel der Magiæ offen⸗
bahr / dazu die Wunderder Gebaͤrerin; ſie haͤlt Myſt Magnum,
und auß ihr eroͤffnet der Geiſt die Wunder der Ewigkeit / der Geiſt
gibt ihr die Eſſentien, dan ſie iſt feine Speiſe für feinen Hun⸗
ger : Sieiftein Wefen der Wunder ohne Zahlund Ende / und
ift auch Feines Anfangs ; dan der Geift im Begehren anfünget
fie von Ewigkeit / und bleibet in Ewigkeit / ſie ift ein Leib der drey⸗
Zahl / ſo GOTT genañt wird / und ein Leib der Engel) al—
ſo daß der Geiſt in einer Bildnuͤß ſtehet / ſonſt wuͤrde er nicht
erkandt.
206. Alſo kennet er ſich in der Bildnuͤß ſelber und ſucht die be⸗
ſte Magiam, und was er ſuchet / daß findet er / und iſſet das / und
gibt dem Leibe GOttes damit ſeinen Willen / daß alſe eine Einig⸗
keit im heiligen Principio iſt.
207. Dan
45 Dier. Frage. Woherdie Seele
207. Danim Willen des corporalifchen Beiftes gehen aufdie
Wunder / die faffer der Geift der Ewigkeit als der H. Geifts,
alfo ifts ein Klang und Gefang aus den ewigen Wundern / dan
des corporalifchen Geiſtes Wille ift darinne.
208. Und in dieſer fiebenden Geftalt wird die Frewde der Gott⸗
heit vermehret und vollkommen / dan ſie iſt ein Erfuͤllen des ewi⸗
gen Begehrens / und iſt die ewige Speiſe.
209. Dieweil aber alle Weſen vom Fewer urſtaͤnden / So
wollen wir euch Myſterium Magnum klar fuͤrſtellen und das Pa⸗
radeiß wohl zeigen; wil iemand blind ſeyn / dem iſts geſagt und
entdeckt worden / der fahre hin mit Babel.
210. Ihr wiſſet daß im Fewer und Waſſer alles Leben ſtehet /
und die Weſenheit iſt ſein Leib / und der Leib iſt aus Krafft des
Geiſtes: dan er iſt des Geiſtes Speiſe; und der Geiſt iſt wie—
der des Leibes Speiſe / und iſt das hoͤchſte und groͤſte Nutriment
in ihme ſelber: dan dag auffere erhielte ihn nicht / ſo nicht dag rech⸗
te Leben in ihme ſelber waͤre.
211. So iſt nu Das Fewer die erſte Urſache des Lebens / und
das Liecht die andere Urſache / und der Geiſt die dritte Urſach /
und iſt doch ein Weſen / welches ſich in einen Leib ſchleuſſet / und
offenbaͤhret / und alſo mit dem Suchen findet. Und jedes We⸗
fen iſt in zwey Weſen / als imaͤuſſern / und innern / eines ſuchet
amd findet daß andere; dae aͤuſſere iſt Natur / das innere iſt Geiſt
über die Natur / und iſt doch keine Trennung / als nur in dehme
was in eine Zeit geſchloſſen iſt / da trennet die Zeit das Ziel / daß
alſo daß Ende den Anfang findet.
212. Auch ſehet ihr wie aus dem Liechte die rechte Weſenheit
entſtehet / dan es iſt eine Erfuͤllung des Willens: das Waſſer
entſtehet aus der Sanftmuth des Liechtes / dan das Begehren
faſſet die Sanftmuth und haͤlt ſie / dan es iſt cin guter Geſchmacks
Alſo iſt die Sanftmuth weſentlich / und iſt ein Weſen des Few⸗
ers / eine Erfuͤllung des begehrenden Grimmes / eine Leſchung
des Grimmes / und eine Leibligkeit des Fewers; dan ſo der Leib
hinfaͤllet / ſo iſt ſein Geiſt im Anſange / in dehme der ihn hat ge⸗
geben / in demſelben Spiegel iſt er.
213. So dan der Qugal zweyerley iſt / alſo iſt auch das Waſ⸗
fer zweyerley / als ein aͤuſſeres und inneres: eines gehoͤret zum
Geiſte / das ander zum aͤuſſern Leben: Das aͤuſſere iſt ein Tod
geachtet / das innere iſt ſein Leben / dann daß aͤuſſere ſtehet zwi⸗
ſchen dem Grimme und Paradeiß / im eingeſunckenen Tode;
und das innere iſt das Paradeiß ſelber / dann Der Geiſt gruͤnet
darin⸗
vom Anfange der Welt entſtanden. 47
darinne aus der Ewigkeit: ſo ſehet ihr das ja wohl / daß es
wahr fey.
| 214. Sehet an Winter und Sommer / dazu Kälte und Hitze /
fo werdet ihr bald fehende werden / feyd ihr aber in fich und nicht
aus fich gebohren mit dem rechten Magifchen Willen GOTT
zu finden; dan das geſchicht im Augenſchein.
215. Dan das Waſſer in der Tieffe urſtaͤndet vom Fewer /
aber nicht vom Grimme / ſondern vom Liecht; dann das Liecht
gehet vom Fewer aus / und hat feine eigene Sucht 3 es ſuchet
ihm einen Spiegel/ dag fichs beſehe undeine Wohnung / und
zeucht im Begehren in fich und wohnet darinnen / und das Eins
gezogene iſt Waſſer / welches das Liecht faͤhet / fonft fienge die
Tieffe der Weltnicht das Liecht / wan nicht das Liecht im Waſ⸗
fer wohnete 3 das Waſſer ift des Liechts Erfüllung in feinem
Begehren.
216. Und daß Waſſer ſuchet wieder den Spiegel / und wilein
Wohnhauß haben / das ift Fleiſch / wieihr dan ſehet wie dag
Waſſer den Schiemen aller Weſen in Corpore fünget / daß fich
das Corpus felbft in Waſſer ſiehet / dns machts / daß ihn des Fe⸗
wers Sucht hat gefangen.
217. Weiter wird hierinnen geſehen ver Natur Ende / dan
' Das Auge findetfein geben im Waſſer / und gehet alfo inder fie>
| benden Geftalt zurüde/ es ſuchet feinen Leib im Waſſer / da iſt
weiter kein Begehren mehr ins Auffere / diefer Leib begehret Eci=
nen andern Leib mehr ing auffere / ſondern er fichet zu rücke nach
| feiner Mutter / wie ihr deß cin gerecht Erempelan einem Spies
gel habt / der ift Sewer und Waſſer / der fanget die Bildnüg
jr gang Flar.
218. Und fehet alfo/ daß das. Ende wieder zurücke gehet und
ſuchet ven Anfang und nichts weiters ins Auffere: dan diefe
Welt iſt am Ziel/ und ift in die Zeit gefchloffen / und laufe
fet bi ans Ziel: alsdan findet das Ende den Anfang / und
fichet diefe Welt als ein Modell / oder als ein Spiegel im
| Anfange.
219. Laſſet euch diefesein Finden des Myſterii feyn / und ſchic⸗
ket euch recht in Anfang das Ihr ein Wunder in GOttes Liebe
Jerkandt werdet.
| 220. Alfo wiſſet /die andere Geftaltdes Waſſers ift im Gei⸗
Iſtee / esift feines Batters Spiegel / feines Machers der im Geis
ſte wohnet / und wird von feinem Macher alleine gefunden / Er
| findet ſich nicht felber 3 dan alſolange sin Ding für lich achet / ſo
i
Be
3 Die 1. Frage Moher die Seele
iſt ins Innere kein Finden / alleine der Geift derim Innern
wohnet / der findet fich ſelbſt im Auffern.
221. Aber das auffere geben findet nicht das Innere / esha=
be dan des Innern Geift ; foift das Finden / und gefihicht nach
dem innern Geifte / fo redet das äuffere Sehen vom innern / und
kennet doch das nicht: alleineder innere Geift erfülletden aufs
fern / dag alfo der Auffere ein Mund ift/ und der Innere hat und
fuͤhret daß Wort / daß alfo das innere Reich im aͤuſſern im Schal⸗
ke offenbahr ſtehet / das iſt nun das Wunder.
222, Der Innere iſt ein Prophet / und ver äußere begreift
Das nicht / fo Ers aber begreift / fohat Er GOttes Wefenyeit
in ſich / als GOttes Fleiſch / Ehrifti Fleisch / der Jungfrawen
Fleiſch / und ftchet doch der Prophet im Geift/ aber daffelbe
Sleifch empfaͤhet feine Krafft/ umd gewiffert den äuffern Men»
fchen/dag er eben das thut was fein Macher haben wil/als es dan
auch alfo eine Gelegenheit mit dieſer Feder hat amd gar nichts
anders.
223. Alſo erkennen wir den Grund dieſer Welt / daß ſie alſo
eine Figur der Innern ſey / nach beyden Muͤttern / das iſt / nach
beyden Fewern / als nach dem Fewer des Grimmes / und nach
dem Fewer des Liechts: wie dan das Modell als der Spiegel des
Liechts der Ewigkeit an der Sonnen iſt / und der Spiegel des
Grimmes am Auffern Fewer / und ihrer beyder Weſenheit iſt
Waſſer und Erde / die Erde ift des Grimmes Weſenheit / dag
Waſſer des Liechts / die Luftdes ewigen Geiſtes / ſo GOTTH.
Geiſt genañdt wird.
224. Ihr ſollet aber wiſſen daß dieſe Welt nicht das We—⸗
fen der Ewigfeitift / fondern eine Figur / ein Spiegel/ dare
umb wirds ein eigen Principium genanndt / daß es ein eigen
Seben hat / und jechet Doc nur in der Magifchen Sucht des .
nnern.
225. Das Verbum Fiat iſt der Meiſter des aͤuſſern / dance
hält das aͤuſſere in feinem gefaften Spiegel ; es iſt nicht der
Spiegel felber / fondern ein Gleichnuͤß / in welchem fich fein ,
Geift in Wunderthat erblicdet zu ſchawen die Wunder beyder
Sewer/ als des Grimmes umd der Liebe: md führet alfo im⸗
mer das Weſen aller Weſen in Anfang : Darumb ift diefe
Welt drehende / dan das Ende firchet immer den Anfang / und
war es Wunder findet / fo gibtdas Ende die Runder dem An⸗
fange / und das ift die Urfach der Schöpfung diefer Welt.
226. Aller Creaturen Sehen iſt ein Wunder für dem Anfange/
dan
som Anfange der Weltentftanden. 49
dan der Abgrumd weiß nichts davon / und der Anfang des Auges
findet das alles/ und ſtellet das Modellin ſich / dag cs alfo cine
ewige Zahl hat / und ſich ergegt in der Zahl der Wunder.
Die achtſte Geſtalt des Fewers.
227. O dan alſo ein Weſen iſt inz. Geſtalten / eines dag
einen ungruͤndlichen Anfang in ſich ſelber nimt und
ewig haͤlt: und dan eines welches das ewige Modell iſt / welches
gefaſſet und mit ſeinem Corpus in ein Ziel geſchloſſen iſt; ſo iſt
uns zufinnen nach der Turba, die das eingeſchloſſene gefafte
Seben wieder zerbricht / und das Modell der gefaften Wunder
wieder in den Anfang ftellet/ und dem Anfange ſolches darſtel⸗
let / welches von Ewigkeit nicht war / fondern in der gefaften
Zeit ward.
228. Geliebter Freund / ench und ewers gleichen / Die ihr den
Anfang füchet/ wirdein folches gezeiget / dan ewer Gemuͤthe iſt
unſer Myſterium: Ihr ſuchet in uns / nicht in mir: Ich der aͤuſ⸗
ſere Menſch habe es nicht / ſondern der innere in der Jungfrawen
in welcher GOTT wohnet / hat es; dieſer nennet ſich zweyfach
229. Mein aͤuſſerer Menſch iſt deß Myſterii nicht wehrt / aber
GOTT hat das alſo zugerichtet / daß er ſich euch durch Mittel
offenbahre / daß ihr ihn durch Mittel ſollet erkennen / und nicht
ſaget / mein iſt die Witze. Sintemahl ihr eine hochgelehrte Per
ſon ſeyd / ſollet ihr erkennen / daß GOTT das albere und von der
Welt verachtete auch liebet / fo daſſelbe GOTT fuer / als ich
dan gethan; und daß das rechte Finden nicht in Kunft ftedie 4
fondern in GOttes Geift und Willen. Dan diefe Handt iſt eine
faͤltig und vor der Welt närrifch geacht / als ihr wiſſet und
ligt doch ein ſolch Arcanum darinnen / welches der Bernunfft une
gründlich ift.
230. Alfo fehet ihre nu zu / gieffet das Dchlein die Wunde 7
welche Heilung begehret/ und bedencket wohl / was Chriſtus ſaget /
wie ſchwer es ſey einem Menſchen ins Reich GOttes einzu
gehen / der mit Sorgen des Bauchs in Macht und Ehre ge—
fangen iſt.
231. Ihr werdet in der Welt Hoheit nicht das Pflantzen fin⸗
den / dan ihr vermoͤget nichts / ihr ſeyd ihnen ein Myſterium,
der Geiſt ſuchet ſelber den Anfang: Sehet zu / heuchelt Nie⸗
manden / dan der Anfang iſt Paradiſiſch / daß nicht das Unreine
ins Reine komme / und endlich wieder die Schlange Hevam be⸗
triege.
Er 232. Laſſet
5° Dier. Frage. Woher die Seele
232. Laſſet keine Deuteley in euch ſeyn / fondern einen run⸗
den Mund mit Ja und Nein; fürchtet euch auch nichts / dan was
ewig ift das bleibet flehen / und iſt nur der Unrath / daß fich die
Taurba als ein Zerbrecher immer mit einflechte/ vor der huͤttet
euch / dan die alte Schlange iſt liſtig / auff dag ihr im Anfang
und Ende rein feyd.
133. Dan dieſes Werd leidet nicht viel Deuteley/ es hat einen
hellen Grund / esgehöret auch nicht ver Turbz , fondern in Ans
fang der Klarheit: darumb hättet euch vor denen die da Woͤlf⸗
fiſch geboren find / welcher Geift eine liftige Schlange ift / reden
wir vor euch wolmeynende.
"234. Ein jedes Ding das fich anfänget / wird von dem An⸗
fang gefucht / dan der Anfang ſuchet durch die Tieffe / und wilden
Grund finden : Iſts dann nun / dag der Anfang den Grund
findet / daß ein Zielineinem Dingeift/ fofchreitetder Anfang
ins Ziel/ und verläft das Erfte/ und fuchet weiter / fo lange /
biß er den Abgrumd findet/ da muß er in fich felber ſtehen und kan
nicht weiter / dan es iſt nichts mehr.
235. So aber das Erſte verlaſſen wird vom Anſange / ſo iſts
der Turbæ heimgefallen / die zerbricht das / und machts wieder /
wie es im Anfange war. Alßdan ſo das Ding zerbrochen iſt / ſo
ſtehet die Turba bloß ohne Leib / und ſuchet ſich auch ſelber / und
findet fich ſelber aber ohne Weſen; ſo gehet ſie in ſich ſelber ein/
und ſuchet ſich biß in Abgrund / fo wird gefunden das erſte Auge /
darauß ſie iſt erbohren worden.
236. Weil ſie aber rohe iſt ohne Weſen / fo wird fie dem Feuer
heimgeſtellet / dann ſie ſtellet ſich ſelbſt darein / und iſt im Feuer
ein Begehren / nemolich ihren Leib wieder zu ſuchen / alſo wird
das Fewer des Urſtandes erwecket. Und iſt uns das endliche Ge⸗
richte im Fewer hierinnen erkaͤndtlich / und die Auferſtehung
des Fleiſches: dann die Turba im Fewer iſt begehrend des Leibes
dehn ſie hat gehabt / aber am Ziel zerbrochen; und ihr Begehren
iſt des Leibes Leben geweſen / als die Seele.
237. So dan der Fewer zwey ſind / ſo wird auch die Turba
in zweyerley Geſtalt erkandt / als in einem unzerbrechlichen
Leibe / und in einem zerbrechlichen / als eine im grimmigen Feu⸗
er / und eine im Liecht-fewer / da wir dan GOttes Leib innen
verſtehen / und im grimmigen Fewer den irrdiſchen Leib / welchen
die Turba zerbricht / dan ſie findet ſein Ziel.
238. So iſt nun das ewige Fewer in GOttes Auge zu ver⸗
ſtehen beides das grimmige und auch Das Liecht⸗lithe⸗Fewer *
geben
vom Anfange der. Welt entftanden. jr
eben euch zuverfichen/ dag der Geift ohne Leib mug im grims
migen Fewer bleiben / dann er hat feine Weſenheit verlohren /
die Turba hats im Fewer verfihlungen. Aber der Geift mit Leibe/
welchen die Turba nicht hat koͤnnen verfchlingen / bleibet ewig in
. der Weſenheit in GOttes Leibe / darin fein Geift ſtehet / als
der Seib in der Liebe GOttes / welcher ift der verborgene Menſch /
in dem alten Adamifchen / der da hat Ehrifti Sleifch in dem zera
brechlichen Leibe.
239. Alfo verftchen wir die Seele I daß fte iſt ein erweckt Seben
aus GOttes Auge: ihr Urftand iſt im Fewer / unddas Fewer
iſt ihr Leben; fo fie aber nicht aufn Fewer außgehet mit ihrene
Willen und Imagination ins Siccht / als durch den grimmigere
Zodt ins andere Principium ins Liebe-Fewer / fo bleibet fie in
ihrem eigenen urftändlichen Fewer / und hat nichts als die Tur-
banı zu einem $eibe/ als den erben Grimm / ein Begehren ine
Fewer / ein Berzehren und einen Hunger; und doch ein ewig
Suchen / welches die ewige Angft ift.
240. Aber die Seele welche mit ihrem begehrenden Willen in
fich felber eingehet / undimihrer Bernunft/ das ift in ihrem Be⸗
gehren erfincket / und fich nicht ſelbſt ſucht fondern GOttes
Siebe / die ift in ihrem Fewer als todt / dan ihr Wille/ welder
das Fewer erweckt / ift dem Fewer⸗-leben abgeftorben / und iſt
aus fich felber aufgegangen ins Liebe⸗Fewer / die ift dem Liebe⸗
Fewer heimgefallen / die hat auch des Liebe-Fewers Leib dar
ſie iſt darein eingegangen / undifteingrog Wunder in GOttes
Leibe / und ſie iſt nicht mehr ihr ſelber / denn fie hat ihren Willen
getoͤdtet / alſo iſt auch ihre Turba als todt / und der Liebe-Wille
erfuͤllet das Fewer des Urſtands / und darinnen lebet fie ewig.
241. Aber die Seelen / welche die Turbam haben erweckt /
diefelben haben die Bildnuͤß verlohren: dan die Turba hatdie in
fich verfchlungen / und darumb bekommen die Seelen im Zorne
und in der Höllen / thierifche Bildnuͤß / alles nach dehm die
Turba in ihnen iſt / wie $ucifer einer Schlangen Bildnuͤß / alles
nach dehme / wieder Wille allhie ift figuriref worden / fo ſtehet
er alsdan bloß.
242. Dandiegrimmige Turba ſucht immer die Bildnuͤß / und
findet der nicht / fo figuriret fie die Bildnuͤß nach dem Willen ;
dan das irdifche Begehren ſteckt im Willen ! und eine folche
Bildnuͤß ftehet nun in GOttes Wundern / im Auge des grim⸗
migen Principii.
243. Und alhie verfichen wir die achte Geftalt mit der Turba,
€ z welshe
32 Dier. Frage Woher die Serle
soelche die Bildnuͤß ſuchet / und fo fie das Ziel findet/ zerbricht
fie die/ und gehet ins Ziel/ und füchet ferner in ſich und finder
endlich den Grewel deſſen / fodie Seel alhier gemacht hat.
244. Und dan verfichen wir alhier das Fewer dasam Ende
fol den Tennen Fegen / und dasernflliche Gerichte: Und vers
ſtehen wie ein jedes Fewer wird fein Wefen empfangen von der
Turba, und was fie fey.
245. Da dan das Fewer wird die Erden verſchlingen / und
die Elemente mit den Wundern in ſich in Anfang ziehen / Da dan
das Erfte wird wieder feyn / und die Elementen in Einem / und
wird cin jedes feine Wunder darftellen/ ein jedes Ding in fein
Fewer / darein der Wille iſt eingegangen.
246. Laſſets euch geſagt ſeyn Menſchen⸗Kinder / es gilt euch;
dan kein Thier iſt aus dem ewigen Anfange / ſondern aus dem
Modell des Ewigen / und erreicht in ſeinem Geiſte nicht das E—
wige / als die Seele des Menſchen.
247. Auch kan der verderbte Leib nicht das Ewige beſttzen /
er iſt der Turbz heimgefallen; aber der newe Menſch in GOTT
gebohren/ wird das Erige befigen / dan er ift aus dem Zerbrech>
lichen außgegangen / und hat GOTT in Chrifto angezogen /
der hat GOttes Leib im alten Leibe.
248. Die Irddiſche Quaal nimbt die Turba hin; der aͤuſſere
Leib von der Erden bleibtder Erden / der Willenimt aber feine
Weſen in fich mitte / dan fie ftehen im newen Leibe umd folgen
ihme nach / er mag denden was eralhie machet,
Dieneundte Geſtalt des Fewers / der groffe Ernſt.
240. A Lſo verſtehen wir daß alles aus dem Anfange herruͤhret /
und alſo eines aus dem andern gehet / und verſtehen /
wie das Fewer eine Urſache des Lebens ſey; und wie ſich das $e>
ben in 2. Parten theilet / und doch nicht zerbricht / als nur das
aͤuſſere Leben / welches der Turbæ heimfaͤllet / die eg zerbricht.
250. So iſt uns zu entſinnen / worinnen dan das innere
ewige Leben ſtehe; was ſeine Haltung ſey / daß der Leib nicht zer⸗
bricht; Dan Weſenheit hat Anfang. Und daß wir auch mit
Grunde können ſagen / daß Fein Ende darinnen ſey; dan es
muß Grund haben / ſonſt iſts der Turbæ, die findet das Ziel.
251. Der ewige Leib mußin feinem Ziel ſtehen / ſondern frey
im Abgrunde / in dem ewigen Nichts: ſonſten wuͤrde wieder ein
Weſen in dem Weſen / welche das Zerſchiedene und Ziel
machte.
⸗52 ben
Y
vom Anfangeder Weltentftanden. 53
252. Oben ift gefagt wie alles muß durchs Feier gehen / Das
ewig währen foll ; dan was im Fewer bleibt/ das faͤngt die Turba;
Es ift fein Geift ins Fewer gefhaffen worden / daß er follim
Fewer bleiben: Allein die Turba hat derer vielgefangen/ aber
nicht aus GOttes Willen ; dan GOrttes Wille ift nur Liebe /
aber die Turba ift fein Sorn-wille/ der hat mit feinem heftiger
Hunger ein groß Reich feiner Offenbahrung in feine Wunder
gebracht / als die Teuffel umd die gottiofen Seelen der Menſchen.
253. &o aber das ewige Sehen in Sanftmuth feet / und
feinen Todt noch Turbam in ſich hat / fo müffen wir ja fagen /
dag die Seel und Geift nicht in der Turba ftchet / fonderlic der
Seelen Leib / fonft zerbraͤche ihn die Turba.
254. Alfo zu verſtehen wie oben gemeldet / daß der Wille in
der Angit-Quaal im Fewer / verftche der Seelen Wille in fich
felber erſincket / als in Tod / und mag nicht im Fewer leben / fo
faͤllet derſelbe Wille in eine andere Welt alsin Anfang/ oder
beſſer zu fagen / indie freye Ewigkeit / indas ewige Nichts / da
feine Quaal innen iſt / auch nichts die das gebe odek nimbt.
255. Nu iſt aber im dem erfundenen Willen Fein Sterben?
Dan er. ift aus dem fewrigen Anfang im Auge / und bringet alfs
fein Leben ineinander Principium , und wohnet in der Freyheit /
und hat dach alle Geftalten der Eflentien auſſin Fewer in fich /
aber unempfindlich / dan er iſt aus dem Fewer ausgegangen.
256. So iſt kin Leben feiner Eſſentien in der Freyheit / und iſt
auch begehrende / und empfaͤhet im Begehren in ſeine Eſſentien
die Kraft des Liechts / welches in der Freyheit ſcheinet / das iſt
Krafft ohne Turba; dan das Fewer iſt nur Liebe / das nicht ver-
zehret / ſondern immer begehret und erfüllet / daß alſo der Wille
der Seelen einer Leib anzeucht: Dan der Wille iſt ein Geiſt/
und * Seele iſt das groſſe Leben des Geiſtes das den Geiſt
erhaͤlt.
257. Alſo wird dic Seele mit Krafft angezogen / und wohnet
in 2 Principien , als GOTT telder / und nach dem aͤuſſeren $c=
ken in 3 Principien , und ift GOtles Gleihnüg : das innere
Waſſer im Geijteder Seelen ift das Waffer des ewigen Lebens
davon Chriftus fügte: Wer dieſes Waſſer wird trinden/ das
Ich ihm gebe / dehn wird nimmmermehr dürften / das iftes.
258. Und die Weſenheit des Griftes / welche der Seelen wird
angezogen / iſt GOttes / Chriſti Leib / davon er fagte : Wer
mein Fleiſch iſſet / und trincket mein Blut / der bleibet in mir und
ih in iha
C3 259. Aber
5+ Dier. Frage. Woherdie Seele
259. Aber das rechte geben im Liechte der Majeftät in der
Neundten Zahl/ ift der Jungfrawen der Tinctat; Es iftein
Fewer und doch nicht ein Fewer / es brennet / aber es verzehret
nichts; Es ift die Liebe die Sanfftmuth / die Demütigkeit /
Das iſt GOttes Leben / umd der H. Seelen Leben / ein unger=
brechlich Leben; und ein ungründlich Seben/ dan cs ftchet im Ab⸗
grunde in ſich felber / es ift ein Centrum darinnen / das Centrum
iſt fein erſtes gehen / und begreifft das auch nicht / gleich wie das
Fewer das giecht auch nicht ergreift.
260. Alfo ift die Neundte Zahl das Leben im Fewer GOttes /
und heift das geben für der drey-Zahl/ alsein Engel / der ftchet
En Creutz zu GOttes Wunderthat / und zuder himmliſchen
hre.
Die zehende Zahl und Geſtalt des Fewers;
Die Pforte in Ternarium Sanctum.
261. Us der Vernunfft wiſſet ihr / daß wo eine Wurtzel iſt
A da iſt ein begehrender Wille innen / als die edle Tinctur,
die treibet uͤber ſich / und aus ſich / und ſucht eine Gleichnuͤß nach
ihrer Geſtalt.
262. Die Tinctur iſt eine Jungfraw / und wird in GOttes
Weißheit in dem Wunder erfandt ; ſie iſt keine Gebaͤrerin / ſon⸗
dern eine Eröffncrin der Wunder fo in der Weißheit ſtehen / fie
ſuchet keinen Spiegel / ſondern ſie eroͤfnet ſchlechts die Eſſentien /
daß alſo eine gantze Gleichnuͤß aus den Eſſentien ſich ſelber erbie⸗
ret / ſtetreibet ven Zweig aus dem Bawme.
263. Solches verſtehen wir an den Engeln und an der See—
len / die ſeynd aus GOttes Eſſentien / aus dem gantzen Bawme /
Die Engel aus 2 Principien, und die Seele mit dem Leibe des
Auffern Lebens aus 3 Principien ; Darumb iſt ver Menfch höher
alsdie Engel/ foerin GOTThbleibet.
264. Und in der zehenden Zahl auffin Creutze find die Engel
und Seelen erwecket / amd inder himliſchen Weſenheit corpori-
zer worden / wiewohl die zehende Zahl zwifchen die fünffte und
fechfte gehöret / aber imeiner Kugel / alfo zu verftchen/ daß dag
Hertz im Mitten im Centro ift / welches GOttes Hertz ift/ dus
it GOttes Wort / die-Krafft im gansen Baum / als der Kern
im Holtze / der hat des gansen BaumsEflentien.
265. Alfo ift GOTTein Geiſt / unddas Wort iftfein Herk
welches er aus allen Kräften und Wundern außfpricht ; darumb
nennets Eſaias Wunder! Rath / Krafft/ Friedefuͤrſt / Ei 3
riede⸗
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vom Anfange der Welt entftanden. 55
Friedemacher des Zornes/ und eine ewige Krafft der Wunder /
ein Rath der Gebärerin. _
266. Dandas Wort hält Centrum Naturz ‚und ift ein Hertz
und Her: der Nafur/ es iſt der Gebärer in GOttes Auge] ein
Geber der Krafft / und eine Stärde der Allmacht: Eß haltdas
Sewer-Centrum gefangen mit dem Sieber gewer / daß es in ſich
felber muß finfter feyn / und das Wort hat alleine das Liecht⸗
Leben.
267. Wir koͤnnen die zehende Zahl gar nicht anderſt erkennen /
als daß ſie ein Creutz ſey / und iſt der Urſtand des efensaller
Weſen / welches Weſen ich in drey Anfänge theilet / wie oben
gemeldet / da ein jedes Wefen hat und find ineinander / und ha⸗
ben nicht mehr als einen Beift.
268, Und in Mitten des Puncts ift das Centrum ; dasift die
Urfach des Sebens / und im Centro iftdas Ficcht der Majeſtaͤt /
Darauf das Leben als cin ander Principium entſtehet / darauf ift
der Baum des ewigen Lebens von Ewigkeit immer gewachfen /
und aus dem Stamme die Zweiglein: Das find die Geifter der
Engel/ welche zwar nicht von Ewigkeit find corporaliſch gewe—
fer / aber die Eflentien find im Baum gewefen / und ihr Bildnuͤß
inder Zungfrawender Weifheitvon Ewigkeit erblichet worden :
dan ſie ſind eine Figurvon Ewigkeit inder Tindtur gewefen/ aber
nicht Corporaliſch fondern Effentialifeh ohne Korporirung.
269. Und darumb ift das das gröfte Wunder / das die Ewigfeif
gewuͤrcket hat/ daß He hat das Ewige zu einem Corporaliſchen
Geifte gefchaffen / welches Feine Bernunftergreiffet/ und kein
Sin findet/ und iſt unsauch nicht gründlich.
270. Dan fein Geift kan fich felber gründen; er fichet wohl
feine Tieffe big in Abgrund / aber feinen Töpfer begreiffet er
nicht / er ſchawet ihn wohl und gruͤndet in ihn big in Abgrund ;
Aber er kennet nur nicht fein Machen / das iſt ihm allein vers
borgen / und fonft nichts. ;
271. Dan cin Kind Eennet wohl feinen Batter und Mutter;
Aber es weig nicht wie ihn fein Batter gemacht hat: Es iſt auch
fo hoc, gradiret als fein Vatter; Aber das iſt ihme verborgen /
wie esim Saamengewefen; Undobes gründet / fo wein es doch
nicht Zeit/ und Stätte / den eswar im Saamen / im Wunder /
und im geben / ein Geiftim Wunder.
272. Allhier weiter zu gründen ift ung die Feyre gebotten
zuſchweigen / dan wir ſind ein Gefchöpfe / und follen fo weit re=
den / als das Gefchöpfe antrifft beydes im Innern und Aeuſ⸗
&4 ſern /
56 Die 1. Frage. Woherdie Seele somic.
ſern / in $eib und Seel / in GOZT I Engeln und Menfchen /
amd Teuffeln / auch in Thieren / Vögeln / Würmen/ in Laub und
Graf /in Himmel und Hölle/ das alles können wir gründen/ als
lein unfer eigen Machen nicht.
273. Und da wir doch das Fiat kennen / und wiſſen / wie wir
feind gemacht worden / fo wiſſen wir doch nicht die erſte Bewe⸗
gung GOttes zur Schöpfung :-Das Machen der Seelen wiſſen
wir wohl / aber wie das/ welches in Ewigkeit ift in feinem Weſen
geftanden /ift beweglich worden / wiffen wir feinen Grund / dan
es hat nichts / das es erreget hätte / und hat einen ewigen Willen)
welcher ohne Anfang und unveränderlich ift.
274. Co wiraber würden fagen/ die Engelund Seele fey von
Ewigkeit im Geiſte geweſen; So leydet das der Seelen Fort:
pflantzung nicht / wie vor Augen iſt; Darumb iſt diß GOttes
Geheimnuͤß alleine / und ſoll die Creatur unter GOTT in De—
muth und Gehorfamb bleiben / und ſich nicht weiter erheben:
Dun ſie iſt noch nicht GOTT gleich.
275. GOTT iſt ein Geiſt von Ewigkeit / ohne Grund und
Anfang ; Aberder Seelen und Engels-Geiſt hat Urftand / und
ſtehet in GOttes Handt; die Drey-Zahl hat die Wurffſchaufel
und feget ihre Tennen. Nur Gedult und Demuth in Gehorſamb
her / ſonſt huͤlfft kein aus GOtt ſeyn: Der Teuffel war auch
ein Engel / gleichwol ſtuͤrtzet ihn ſein Hochmuth in die Fin—
ſternuͤß.
276. Es ſteige nur Niemand übers Creutz / oder faͤllet indie
Hoͤlle zum Teuffel. GOtt wil Kinder / und nicht Herren bey
ãhm haben: Er iſt Herz und feiner mehr / von feiner Fuͤlle has
ken wir genommen/ aus feinen Efentien find wir gebohren /
wir ſeynd feine rechte Kinder / nicht Stief-Kinter / von einem
frembden Spiegel / auch nicht nur ein Gleichnuͤß / fondern Kin=
Aeapkrer : Aber der Seib ift ein Gleichnuͤßſ und der Geift ift eine
Gleichnuͤß nach GOttes Geift; Aber die rechte Serle ift ein Kind
aus GOtt gebohren.
277. GHttes Geift gibt Zeugnüß unferm Geifte / dag wir
SH Dttes Kinder finds nicht auff Art wie Babelrumpelt/ welche
alſo gerne wolte GOtt auff Erden ſeyn / nein / fondern Kinder
auf GOttes Saamen gezeuget find unfere Seelen / aus GOt—
aes Leib ift unfer himmlifcher Leib / welchen die H. Seele trägt /
dem Teuffel und dem alten Adam verborgen.
278. Darumb mein geliebter HERR und Bruder in GOttes
Vebe / wiſſet diß klar / und das fen unſer Antwort auff ewer erſte
Fra⸗
— — — ——n SE ⸗ — DE e Me ... ee
OÖ
Die 2. Fr. Was die Seele an Eſſentz ec. ſey? s7 K
Frage; woher die Seele urſtaͤnde? Alsnemlich aus GHrHtvot —
Ewigkeit / ohne Grund und Zahl/ und währet in feine Ewigkeit. Ak,
279, Uber der Anfang zur Bewegung der Ereaturwelhein
GOTT gefihehen ift/ der foll nicht genant werden: Ohne daß
wir eich dig geben / daß die Drey⸗Zahl auch geluͤſtert ihres glei⸗
chen aus ihr Kinder zu haben / und ſich in Engeln und in der Seele
Adams geoffenbahret / und in eine Bildnuͤß getretten / als ein
Baum der Frucht bringet / und einen Zweig aus ſich gebieret.
Dan dasiftder Ewigkeit Recht / und fonft nichts mehr.
280. Es ift nichts fremde / als nur ein Spiegelaus dem ana
dern / und ein Weſen aus dem andern / und fuchet alles ven Ana
fang / und iſt alles ein Wunder.
281. Das ſey der Eingang / und wollen euch in kurtzem auff
die Fragen beſcheiden; dan ihr ſehet in dieſer Beſchreibung ſchon
alle ewere Fragen: Jedoch umb Luſt und der Alberen Einſalt
willen / ſo unſer Erkaͤndtnuͤß nicht haben / wollen wir es voll⸗
enden.
Die ander Frage.
Was die Seele an Eſſentz, Weſen / Natur und
Eigenſchafft ſey?
* Hre Eſſentien find auſſin Centro Nature aus dent
| Fewer / mit allen Geftaltender Natur cs liegen
alle 3 Principia darinnen: alles was GOTT hat
en und vermag/ und was GOtt in feiner drey Zahl ift/
das ift die Seele in ihrer Eſſentz / als ein Zweig aug
der Krafftdes Baumes / ihr Weſen iſt himliſch gefcharfen / aus
der him̃liſchen Goͤttlichen Weſenheit.
2. Aber ihr Wille iſt frey a entweder in ſich zu erſincken / und
ſich nichts zu achten / ſondern als ein Zweig aus dem Baume
grünen und von GOttes Liebe eſſen; oder in ihrem Willen / im
Fewer auffſteigen / und ein eigener Baum zu ſeyn: und davon
ſie iſſet davon kriegt ſite Weſenheit / als Leib der Ereatur..
3. Ihre Natur iſt das Centrum ſelber mit 7. Geiſtern zur
Gebährungs fie ift ein gantz Weſen aus allen Weſen / und ein
Gleichnuͤß derdrey Zahl fo fiein GOTT IE: Wo nicht ſo iſt ſie
ein Gleichnuͤß Lucifers undaller Teuffel / allesferner nach ihrer
Eigenfhafft.
3. Ihre Eigenſchafft iſt in der a Seele nach beyden 9
$ a8}
58 Die 3. Frage. Wiefie gefchaffen feyzac.
tern gefchaffen gewefen/ daraufffolgete ihr das Gebott / und die
Verſuchung ich nicht gelüften zulaffen von Boͤß und Gut zu eſ⸗
fen / fondern von Him̃liſcher Paradeififchee Frucht alleine / und
folte mit ihrem Willen und Eigenfhafft in GOTT gerich-
tet feyn.
* liegen aber alle Eigenſchafften ihn ihr / ſte mag erwec⸗
ken und einlaſſen was fie wil : was fie dan immer erweckt und
einläffet das ift GOTT angenehme / fo fie nur mitihrem Wils
len in die Demuth / und in den Gehorſamb in GOttes Siebe ge=
wandt ftehet/ ſo mag fie under machen / was fie wil/ cs ſtehet
alles zu GOttes Ehren.
Die 3. Frage.
Wie fie zum Bilde GOttes gefihaffen fey ?
g. As iſt ſchon bewaͤhret. Die drey-Zahl mit allen
dreyen Princ pien hat geluͤſtert ein gantz Gleich»
nuͤß im Weſen und Eigenſchafft zu haben / nach
dem Weſen aller Wefen.
2. Und die Luſt daffelbe zu haben ift in GOttes
Hertze erweckt worden / als ein groß Wunder.
3. Und das Erwecken ift vasherbe Fiat, als das begehrende
Anziehen gewefen / dashataus Allen in Eins gezogen / und iſt
ein Bild worden nach der Gleichnuͤß GOttes / nach Himmel und
dieſer Welt / und auch nach der Zornswelt/ es hat alles geſchaf⸗
fen / das ganse Fiar im VerboDomini darinnen aus GOttes und
aus des Zorns⸗Reich.
4. Und fo dan nichts höhers ift als die Seele / fo ift auch nichts
das fie fan zerbrechen dan es iſt alles unter ihr und inihr / fie
iſt ein Kind des gantzen Wefens aller Weſen: alſo iſt fieges
ſchaffen worden.
| Die 4. Frage.
Was das Einbiafen fen / und wenn es gefihe:
hen fen ?
z, In jeder Geift ohne Leib ift rohe / und kennet ſich
nicht: nun begehret ein jeder Geiſt Leib beydes zu
einer Speiſe und zu einer Wohne.
2. So dan GOTT hatte vror der Seelen das zte
Prineipium geſchaffen / als einen Spiegel der — *
eit ⸗
|
|
Die 4. Frage: Was das einblaſen feyrıc. sy
*9 fo ward der Spiegel dem Ewigen ſchon mit⸗anhaͤngig / dan
ekwar aus den Ewigen Wundern erbohren / und alſo geſchaf⸗
fen worden.
3. Alfo wolte auch das dritte Principium die Seele nicht frey
laffen / weils auch aus GOttes Wundern war erſchaffen / und
fund im Anfange als eine Figur in GOttes Weißheit / und bes
gehrte / weiles Materialifch ſey / daß cs auch möchte cin Mater
rialifh Gleichnuͤß an der Seelenhaben ; underregtealfpinder
Seelen Schöpffung auch feinen Geift mitteim Fiat.
4. Da ward die Äufferliche Bildnuͤß nach dem Geiftedicfer
Welt mit dem Äuffern Fiat ergriffen / und ward ein Leibaus der
Erden Marrice erfchaffen/der ward ein Mefch, ein rothe Erde von
Fewer und ARaffer.
5. Und diehimlifche Matrix lüfterte auch nach der Seelen /
und wolte dag fie ihr Bildnüg trüge/und ergriff mit des Leibes
Schoͤpffung ihr eigen Fiat, und fchuff zuvor che das irzdifche Fiat
ſchuff: esift das erfte gemwefen ; dann auffin Centro des Worts
gieng das Fiarausmit dem Worte / alfo ward das zte Princi-
pium ins andere gefchaffen.
6. Die Jungfraw der Weisheit umgab den Seelen-Geiſt
erftlich mit himiliſcher Weſenheit / mit himliſchem Göttlicher
Sleifhe/undder H. Geift gab die himliſche Tindtur, welche him̃⸗
lifch Blut und Waſſer machte / wie in unſerm dritten Buche
nach der Länge gemeldet worden.
7. Alfo ſtund der innere Menſch im Himmel / und feine Effen-
tien waren Paradig / fein Glans in innern Augen war Maje⸗
ſtaͤt /einungerbrechlicher Seib / der konte GOttes und der Engel
Sprade/ die Sprache der Natur / wiedas an Adam zufehen /
dag erallen Ereaturen Namen gegeben / einem jeden nach feiner
Eſſentz und Eigenfchafft / er fund alfo indem Auffern Bilde /
and kannte das äuffere Bild nicht 3 wiewohl der Leib fein Er>
kantnuͤß hatte. r
3. Indiefem Zweyfachen $eibe / welcher am fechften Tage / in
der fechften Stunde am Tage ward gefchaffen / eben inder Stun⸗
de als Ehriftus ans Ereuß ward gehenckt / war die Königliche
Seele nach Vollendung des $eibes von innen vom H. Geifte ing
Hertz inden H. Menfchen in fein Principium eingeblafen / gleich
einer Erweckung der GOttheit.
9. Die Drey-Zahl hat fich mit der Seelen Schaffen und Ein
blafen bewegt / dan fie war auffin Centro im Saamen / als ein
Gewaͤchſe eins Gruͤnngens der em ward fir ins jun
en⸗
so Die 4. Frage. Was das einblafen fen ıc.
Centrum eingeblafen / in den innern Menſchen in das himli—⸗
ſche Hertzen⸗blut / in das Waſſer des ewigen Schens mit allen
beyden inneren Principien.
xo. Und der äuffere Geift als Lufft / mit dem gantzen Auffern
Principio mit Sternen und Elementen hing am innern/ und
bließ ihme der äuffere Geift fein geben mirder Seelen zugleich /
Durch die Nafe ins Herke/ in das Auffere Hertze in das irrdi⸗
fche Fleiſch / welches doch nicht alfo irıdifch war / dan es war
aus der Matrice ausder Sucht / darauf die Erde war / Körpers
Sich worden.
1x. Alfe fuhr der H. Geift auffder Seelen Wagen auff dem
innern Majeftätifchen Willen / und fchwebete auff dem Waſſer:
- Dan das Waffer begreifft ihn nicht / darumb ſchwebet er darauff
amddarinnen/ esiftalles gleich ; und brandte die Seele aus dem
Hertzen⸗Blute / alsein Liecht aus der Kerken / und ging durch
alle 3 Principia, als ein König über fein Sand. Sie koͤnte maͤch⸗
tig über das äuffere Prineipium herrfchen / fo fie wäre mitihrem
Willen ins Hertze GOttes / ins Verbum Domini wieder ein=-
gegangen.
12. Auch fo hat fich die Quaal des Brimmes mitdem Einblafen
mit cingedrenget/als mit dem Urſtande der Seelen. Und Eonte die
Seele anderft GOttes Bild nicht bleiben / ſie bliebe dan in der De⸗
aut) im Gehorfamb / und feßte ihren QBillen in GOttes ABil-
den / darinnen war fie ein Engel und GOttes Kind ; anderft
war eitel FGährligfeit / daß eine Creatur folte 2. Frincipia bewaͤl⸗
Algen) alsdas zornige / und das auffere welches aufn Zorne war
nußgebohren.
13. Darumb iſt ihre Verſuchung nicht ein laͤrer Apfel-biß ge·
weſen / und hat nicht nur etliche Stunden gewaͤhret / ſondern
40, Tage / alſolang Chriſtus in der Wuͤſten verſucht worden /
und eben auch alſo von allen dreyen Principien, und Iſrael in der
Wuͤſten / als Moſes 40. Tage auff dem Berge war / da ſie auch
mcht beſtunden / ſondern ein Kalb machten.
Die
—
£
=
+
Dies. Frage Wie die Seeleeigentlich ic. 68,
Die s. Frage.
Wie die Seele eigentlich formiret und geftaltet ſey?
I £ Anein Zweig aus dem Baume waͤchſt / fo ift ſei⸗
ne Geftalt dem Baume gleich / er ift wohl nicht
der Stamm noch die Wurtzel / aber feine Ges
ſtalt ift doch gleich dem Baume.
2. Alfo auch / wan ein Mutter ein Kind ges
bieret / ſo iſts ein Bild nach ihr. Und das kan nicht anderft ſeyn /
dan es iſt ſonſt nichts / das es anderſt macht / es ſey dan der Turbæ
heimgefallen / welche offt ein Monftrum. erweckt nach dem Geis
ſte die ſer Welt / nach feinem anfangenden Macher als dom Mon
de / da das Fiat ein MLonden-Monftrum in der Turba machet.
3.Alfo ift uns zu erkennen in was Form die Seele fey/ als nem⸗
lich einer runden Kugel / nach Gottes Aug/durc welche das Creutz
gehet / und theilet fich in 2. Theil / alsinz. Augen / welche rück:
lich ſtehen / wie wir oben haben cine Figur mit dem zweyfachen
Pegenbogen gemachet / da das Ereug durch beyde gehet / undin
mitten zwiſchen dem Bogen / die eine Spitze in die hoͤhe recket /
welches ein Gewaͤchſe durchs Feuer / durch die Angſt / als durch
den Todt andeutet / und doch kein Todt iſt / fondern ein Außgang
aus ſich ſelber in eine ander Quaal / da ſie alſo vor den zweyen Boͤ⸗
gen in mitten ſtehet / als ein Gewaͤchſe aus dem Creuͤtze.
4. Und der Arm des Creutzes zur rechten Hand bedeutet ihren |
Geiſt / der in die lichte Majeſtaͤt eingehet / und der Seelen / als-
dem Centro Goͤttliche Weſenheit anzeucht.
5. Und der Arm zur Lincken am Creutz bedeutet ihren Urſtand
im Fewer / und haͤlt innen das erſte Principium daß ſte des Bat—
ters iſt / und im urkundlichen Auge ſtehet / in der ſtarcken und
ſtrengen Macht / als ein Herr und Bewaltiger der Natur.
6. Das Untertheil des Creutzes bedeut Waſſer / als die De⸗
muth oder den Todt / alfo verglichen / dag ſie nicht ſoll im Fewer
herrſchen / noch das anzuͤnden / ſondern in ſich und unter ſich ſinc⸗
Een für GOttes Majeſtaͤt / ſich gleich als todt achten in ihrem
Willen / auff daß GOTT in ihr lebe / und der H. Geiſt ihr Res
giment führe; daß ſie alſo nicht thue was der Wille der Turbe im
Server wil/ fondern was der Wille im Liechte wil.
7: Darumb ſoll ihr Wille unter fich in die fanffte Demuth für
GOTT finden : Alfo gehet fie aus der Turba des Fewers aus;
dan ihr Wille iſt nicht darinnen / fo kan auch feine Imagination
Cr gt»
—
62 Die s. Frage: Wie die Seele eigentlich ꝛtc
gefchehen/ aus welcher der Spiegel erbohren wird / dag fie fich
im Fewer befiehet/ und erkeimet/ daß Nte ein Herzift/ davon
fie ftolg wird / und wilfelbft in eigener Macht regieren /wie Lu⸗
eifer thaͤte und Adam im Paradiß.
8. Alfo verſtehet uns recht : die Seele an ihr felber ift eine
Kugel/ mit einem Ereuße/ mit zwey Augen: ein heiliges Goͤtt⸗
liches ; und ein höllifches grimmiges im Fewer / das follfie zus
thun / und verborgentlich durch vie Angſt / als durch ven Tode
im andern Principio damit in der Liebe regieren.
9. Und fo fie die Siebe empfaͤhet / fo iftdas grimmige Fewer
als todt und unempfindlich / esift das Freuden-Leben des Para⸗
difes : Sonft wäre inder Sanfftmuth Fein geben und Regiment/
wan fich nicht das Fewer darein ergäbe / fondern es bliche die
ſtille Ewigkeit ohne Wefen/ dan alle Weſenentſtehen im Fewer.
zo. Und dan zumdritten/ iftdie Seele nach dem gangen Lei⸗
be formiret / mitallen Gliederen 5; Das verfichealfo : die See—
fe ift der Stock als die Wurtzel / die fichet gleich dem Centro der
drey⸗Zahl als ein Auge / eine Kugel/ ein Ereuß ; und dan iſt ihr
Wille / welcher aus dem ewigen Willen urftändet ein Geift / den
hat die rechte Seele inihrer Gewalt / und derfelbe Geiſt eröffnet
Die Effentien im Fewer und Waller. Day alfo ihre ganke
Geftalt fichet als ein Baum mit viel Zweigen und Aeften/ und
wird außgetheilet in alle Aefte des Baumes. Das ift alfo zu
verftehen.
ır. Der Geift theifet fie ingansen $eib / verftehe inder Tin-
ctur, inalle Glieder / es findalleihre Aefte / fie fichet in ihrem
Geifte nicht anderft aus als der gange Menfch mit allen Glie—⸗
dern : Und hierinn ist fie auch die rechte Bildnuͤß GOttes; dan
der H. Geift wohnet im Geifte / fo ſie trew iſt; wo nicht fo woh⸗
net der Teuffeldrinnen ; welchen fte fich ergibt / dem Geis und
Hochmuth / oder der Liebe und Demuth / dehme iſt fie.
12. So fie aber im Grewelbeharret/ und GOTT verleuret/
fo verleuret fie das Creutz / undiftihr Augeein Höllifch Auge /
da ihr die Turba eines greulichen Thiers Beftalt und Modell ins
Auge in Willen und Geift einführer.
13. Darumb hieg Chriftus die Pharifeer Nattern » und
Schlangen-Gerecke / dan alfo ſtundt ihre Figur vor ihm in ih—
rem Geiſte wegen ihrer Hoffart und Geitzes willen / daß fie
wolten Herrn / und nicht Diener GOttes inder Liebe und De⸗
muth ſeyn.
24. Und alſo ſtehet auch dis Figur des Antichriſts zu Babel
nos
— — —
— — —
Die 6. Fr. Was der Seelen Vermoͤgen ſey? 63
vor GOTT als ein Drache mit 7. Haͤubtern / find 7. Geifter /
darauff reuthet ihr gleißnerifcher Geift in Menſchen⸗Bildnuͤß /
im Abgrunde / er wil ein Engel ſeyn / und iſt ein Monftrum eia
nes rechten Kindes GOttes; den Namen führet er/ und fein
Herkiftdas Thier inder Offenbahrung Johannis. Er begehret
GDttes und auch des Teuffels / darumb ifter cin ſolch Monfttum
gleich einem Menſchen / umd hat doch den Teuffel unter fich.
15. O Menfhen-Kind fleuch / die Thür iſt offen die Turba
iſt kommen / fie wil das Bild zerflören : wo nicht/ ſo muſtu
mit 2 es iſt weder Artzney noch Rath / als nur dierechte Bild-
nuͤß in der Liebe ſuchen / oder iſt fuͤrbaß eitel Noht und Todt /
ſaget der Geiſt der groſſen Wunder.
16. Alſo iſt dieſes unſer rechte Antwort / daß die Seele im er⸗
ſten Principio nad) dem Urſtande eine Form des Auges habe / und
Doch zweyfach gleich einem Herg / da das Ereuß inne ſtehet. Und
im andern Principio ift fie ein Geift / und eine ganze Bildnuͤß
wie der auffere Menſch ift. Und im zten Principio ift fie ein Spie:
gelder gantzen Welt.
17. Es ligt alles darinnen was Himmel und Erden verinaa/
aller Creaturen Eigenſchafften; dan der Spiegel iſt gleich dem
Firmament / dem Geſtirne.
18. Eine ſolche Crone iſt es / und darinnen ſtehet des aͤuſſe—
ren Menſchen Zahl / feines Lebens Ende / mit allen Geluͤck
und Ungluͤcke / ſo dem aͤuſſern Leben von dem Geiſte dieſer Welt
zuſtehet.
Die 6. Frage.
Was der Seelen Bermögen ſey?
u)“ NE ift erfäntlich / was aus dem Ungrunde Font /
und felbft fein Grund ift / daß es in ihme al—
les vermag; dan es iſt feineigen Weſen / es macht
ſich ſelber.
2. Ob nu wol die Seele ein Zweig aus dem Bau⸗
me iſt / ſo iſt ſie doch nun in ein Geſchoͤpff gegangen / und iſt ein
Eigenes: Sie iſt nun ein Bild des Gantzen / und ein Kind des
Gaͤntzen: dan wan das Kind gebohren iſt / ſo iſt die Mutter und
das Kind Zwey / es find z Perſonen; weils aber noch in Saamen
in der Mutter ift/ feiftder Saame der Diutter / umd die Mut⸗
fir regieret dehn. 1
3. Dan man das Kindgebohrenift / ſo hats ſein eigen Sehen
in
64 Dies.Frage. Wasder Seelen
in fich / und hatdas Centrum Naturz ineigener Gewalt; es re»
rn nicht allein in ſich fondern auffer ihm / in dehme was Saas
me ift.
4. Alfo verftcher uns recht / GOttes Geiſt und der Seelen
Geift ſind zwey Perfonen/ ein jeder ift frey vondem andern}
Ba neben doch beyde im erften Anfange/ ein jeder hatfeinen
Willen.
5. Nun iſts aber recht daß das Kind dem Vatter gehorſam
ſey / bey Vermeidung des Vatters Erbe: der H. Geiſt iſt der
Seelen Werck-⸗meiſter geweſen / und hat die geſchaffen / dehme
ſoll der Seelen Geiſt gehorſam ſeyn / bey Verluſt des H. Geiſtes
Erbe / als der GOttheit.
6. Und wiewohl alhie viel zu ſchreiben waͤre / iſts doch ſehr faͤhr⸗
lich / wegen der falſchen Magia, wan das der falſche Geiſt weiß / fo
treibet er Zauberey hiemit.
7. So wollen wir doch alſo reden / daß wir den Kindern wohl
werden verfländig ſeyn / und den vollen Mund behalten für die
Kinder ; dan es iſt nicht gut fihreiben / man weiß nicht wer der
Leſer ſeyn wird.
8. Aber ven Gottloſen ſagen wir / daß ſie des Teuffels ſeynd /
und ſollen kein Theil an unſern Schrifften haben: wir beſchliſſen
die mit einer Mawer / und feſten Schloſſe / daß ſie blind ſeyen /
und unſern Geiſt nicht kennen; dan wir wollen nicht die Schlan—
ge darein ſetzen / unfer Wille ift von ihnen außgegangen/ darumb
föllen fie uns nicht kennen / und ob fie Uns in Händen tragen / es
iſt ein feftes Siegeldafuͤr.
9. Ehriftus ſagte wan ihr Glauber habt als ein Senff⸗
korn / fo möget ihr fügen zudem Berge / hebe dich weg und ſtuͤr⸗
tze dich ins Meer das iſt nicht ein ar Wort ohne Wahrheit.
20. Der Wille/ foder Kard für ſich gehet / iſt Glaube : Er
formiret feine eigene Geftaltim Beifte : er hat auch Die Macht
daß er kan eine andere Bildnuͤß im GHeifte auſſin Centro Naturz
ſormiren: er kan dem Leibe eine andere Forme geben nach dem
aͤuſſern Geiſte: dan der innere iſt ein Herr des aͤuſſeren / der Auf>
ſere muß ihme gehorſam ſeyn / under kan den aͤuſſern in ein
andere Bildnuͤß ſetzen / aber nicht beharrlich.
.zı. Dan Adams Seele hat die Turbam dieſer Welt eingelaſ⸗
fen / alſo daß die Turba ſo fie ein frembd Kind ſiehet / bald über
her iſt / und das zubricht: es beſtehet nur fo lange / als der innere
Geiſt Fan den aͤuſſern baͤndigen und bewältigen.
23. Und die Geſtalt heiſſet Nigromantia, eins Veranderur⸗
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Vermoͤgen fey? 65
da das innere das äuffere bewältiget ; dan das ift natürlich /als
wir dan gedencfendag wir follen verändert werden/alfo gefchichts
durch dieſelbe Turbam , welche das erfte Fiat hat.
13. Dan der $eibift Sulphur, und feet in der Tindtur ‚und
der Geift führet die Tindur: So nunder erfte Grund gank hin-
ein williget / alsdie Scele / fo fan der Beift der Seelen eine an
dere Form der Bildnuͤß im Sulphur machen ; Aber der Teuffel
miſcht Jich gerne darein / Dan es iſt des Abgrundes Wunder / dar⸗
innen er ein Herriſt.
14. Alſo ver ſtehet uns auch / kan der ernſte Wille / welcher ſonſt
Glaube heiſt / mit dem Geiſte groſſe Dinge thun: der Wille
kan den Geiſt ſelber in eine andere Form ſetzen / das iſt alſo: Ob
der Geiſt ein Engel waͤre / eine Gleichnuͤß GOttes / fo kan der
Wille einen ſtoltzen Teuffel aus ihme machen / und auch aus dem
Teuffel einen Engel / ſo er ſich in den Todt in die Demuth unters
Creutz ſencket / und ſich wieder in GOttes Geiſt einwirfft / daß
er ſich ſeines Regiments verzeihet / fo erſinckt er in die ſtillt
Ewigkeit aus der Quaal in das ſtille Nichts / und doch Alles:
fo ſtehet er wieder am Anfange da ihn GOTT ſchuff / und
empfaͤhet ihn wieder das Verbum Fiar, welches GOttes Bild⸗
nus halt.
25. Und dan zum dritten / fo hat der Seelen Geiſt Macht
einem andern Menfchen in Mark und Bein / alsin Sulphur ein
zugehen / une ihme / ſo er falſch ift / die Turbam einzufuͤhren / ſo
ferne der jenige nicht mit GOttes Geiſt gewapnet iſt / daß er nur
blog im Geiſte dieſer Welt erfunden wird / wie das an den Zau—
ber: Huren zu ſehen iſt.
x6. Zumvierdten hat er Macht/ ſo er Edttes Kindift/ daß
er mag die Turbam gefangen führen / und mag fte über des Gott-
lofen Haus außgieſſen; als Elias mit dem Fewer thate/ und
Mofes vor Pharaone: dan er kan Berge umbftürgen / und geh
fen zerbrechen. x
17. Dieſes ſolt ihr fo verſtehen / fofern derfeibe Ortder Turbx
faͤhig iſt / das erden Zorn hat räge gemacht / fo kan es fenn: we
eber nicht / und daß GOttes Geiſt in cinem Dinge ift / fo Fans
nicht ſeyn: dan es wird Waſſer in die Fewers:Turbam gegoffen/
fo iſt fie als todt / und liegetihr Bermögen im Koht.
18. Und darumb iſt der Himmel ein Mittel zwiſchen GOTT
und der Hoͤllen / als zwiſchen Liebe und Zorn / welcher aus dem
Mittel des Waſſers iſt erſchaffen / daß der Teuffel nicht kan mit
ſeiner Tucba regieren / ſein Fuͤrnehmen machet ihm das —
zuſpot⸗
66 Dies: Fr. Was der Seelen Vermoͤgen fer?
öufpotte/ wie dan die falfche Magia im Waſſer ertrincket mit ih⸗
zer Incanration und Blendung.
19. Zum fünften / der Seelen Geift hat Macht / daß er mag
und kan alle Wunder ſuchen / fo inder Natur find / als Künfte)
Sprachen/ Bawen/ Pflangen/ Zerbrechens er Ean den geſtirnten
Himmelbindigen/ wie Zofua der Sonnen gebot/ dag fie ſtille
ſtund und Miofes dem Meer dag es ftund/ auch geboter der
Finſternuͤß day fiefam : Er Ean ein irrdiſch Schen machen / als
Mofes die Laͤuſe und Fröfche / auch Schlangen / und andere
Wunder : Erhatden Zodt in feiner Macht dag er den bewälti=
ge / fo er aufden Braut: Wagen führet.
20. Er kan die Teufel zaͤhmen und bewältigen / fo er in
GOTTiſt.
22. Es iſt nichts genannt das er nicht kan baͤndigen: alleine
verſtehet das recht / eine ſolche Macht hat die Seele von ihrem
Urſtande / und einen ſolchen Geiſt haͤtte ſie mögen aus ſich geben /
wan ſie nicht Hätte Turbam Magnam irrdiſch in ſich gelaſſen / wel⸗
che ihr nun die Feyer giebt.
22. Es ſey dan daß der heilige Geiſt auff ihrem Wagen faͤh—
ret / wie bey Moſe / Elia und allen Propheten / bey Chriſto und
feinen Juͤngern / auch noch immerdar bey den heiligen Kindern
GOttes: die haben alle diefe Gewalt / Eönnen Todten auffivec=
ken / und Seuchen heilen undalle Krankheiten vertreiben ; es iſt
natuͤrlich / der Geift herrſchet nur damit über die Turbam.
»,23. Aber diefeshabet zum gegen-Bericht: die Seele weiß,
„wohl was ie für einen Bund mit dem Teuffel hat / und waser
„an ihr hat: ſie gehet nicht bloß / es ſey dan dag ſie der Geift Got⸗
„tes führe / dag fie dehn zum Schutze hat / daß des Teuffels Lift
„ſich nicht koͤnne eindringen.
24. Sie macht keine Wunder / GHttes Geifl erweckt ſie
„dan / fie gibt GOTT die Ehre und Macht: fie thut als ein de⸗
„muͤhtig Kind / und bleibt unterm Creutze ſtehen / und laͤſt den
„Teuffel uͤber hin rauſchen / ſie aber gruͤnet in Demuht und
„Sanfftmuht durch den Todt ins ewige Leben / und bringet viel
„Fruͤchte in Gedult.
»25. Alſo kan ihr der Teuffel nichts thun; fie iſt vor ihme als
„todt: er mag mit ſeiner Turba in dem irrdiſchen geben mit fei=
„nen Helffern den Gottloſen Menſchen poltern / er hat deg vor
„GOTT nur Spott/ dan kr ift ein ſtoltzer Geift / und will
„uber GOTtes under ſeyn / und eine Demuht kan ihn
„bandigem
—* 26. Auff
Die7. Frage. Ob die Seeleleiblich xt. 67
3,26. Aufffolhe Weiſe fan jeder Menfch dein falfchen Mago
„und auch Nigromantico entlauffen : dan es hafftet Feine Macht
„an dehme wo GOTT wohnet: gleich wie Ehriftus in fei=
„nem Tode den Teuffelund Todt überwand; alfo auch wir in
„Chriſto: dan das Wortdas Menfch ward/ wohnet in ung /
„und im Worte können wir über Teuffelund Hölle herrſchen /
„es iſt Fein Auffhalten.
27. Alſo geben wir euch auffdicfe Frage zur Antwort/ dag
die Seele in ihrem Urftande grogmächtig fey / ſte vermag viel /
aber nur in dehm Principio , in deme fie ſtehet / iſt ihre Macht?
dan der Teuffel Fan nicht über GOTT herrſchen. Ihre Macht
ift ihr nicht gegeben / wie einem ein König Macht und Be—
fehl gibt / fondern fichet in Natur-Necht : darumb-find wir
Kinder der Allmacht GOttes / und Erben feiner Güter inder
Allmacht.
Die 7. Frage.
Ob die Seele leiblich oder nicht leiblich ſey.
x. 5 In Ding das von feinem Anfange ift / das hat auch
nichts das ihine etwasgäbe : und fo. es doch Etwas
ift / fofuchets in fich den Anfang 5 dan jeder Geift
wohnet in dem tieffiten Abgrumde feines Aßefeng x
fo er ihm aber felber das Wefen machen muß / ſo
kan er in nichts frembdes wohnen / fondern in fich felber in ſeinem
eigenen Weſen. y
2. DaGHTT die Seele ſchuff / da umbgab fie der H. Geift
mit der Tin&ur, dan fie ſtund darinne / auffeinem Theil / in ſich
war fieroh / alsein Fewers-glut roh iſt / und iſt mit der Tinctur
umbgeben: Als ihr das verſtehet / daß von der Waͤrme das Wach⸗
fen entſtehet / das iſt ein Treiben der Tinctur, welche den Zweig
aus der Wurtzel treibet / als aus demſelben Fewer / es ſey kalt o⸗
der hitzig Fewer.
3. Dan die Finſternuͤß hat kalt Fewer / fo lange biß es die
Angſt erreicht / dan entzuͤndt ſichs in Hitze / wie diß an einem
Kraute zu ſehen / ſo es in andere Quaal komt.
4. Alſo geben wir euch zu verſtehen / daß die Tinctur der rech⸗
ten Seelen Leib ſey: dan die Seele iſt Fewer / und die Tindtur
gehet aus dem Fewer aus / die zeucht das Fewer wieder in ſich /
und ſaͤnfftiget ſich damitte / daß die Grimme Quaal erliſchet. Ian
J.
68 Die 7. Frage. Ob die Seele leiblich
5. So ftehet die Tinctur in Sanfftmuth / dan fte hat kein We—⸗
fen einer Macht in fich / fondern das Fewer iſt ihre Macht : fie
wird ausder Sanfftmuthder Tintur, Waffer. Dan das Fewer
iſt begehrende / und wo cin Begehren des Urftands iſt / ſo ift auch
ein Finden des Urſtands.
6. Alfo findet das Fewer inder Tindur Waſſer / und wan⸗
delt das in Sulphur, nach der Krafft aller ſteben Geifter der Na—
zur / dasiftein Waſſer des Lebens. Dan die Tindtur freibet im
Waſſer auffals ein Gewaͤchſe umd das Fewer im Abgrunde ur⸗
fachet das. |
7. Alfo wird das Waſſer in Sulphur der 7 Geifter verwandelt
in Myfterium, dan das groffe Arcanum ligt darinne/ was GOtt
und die Ewigkeit vermag.
8. Alfo beyältdas Myſterium zwey Geftalten Jals Fewer und
Waſſer / und wandelt fih nach beyden / als nachdem Fewer
roth / und nach der Tinctur weiß / daß cine Helle oder Glantz
vom Fewer entſtehet +alfo dag ſich das Leben ſiehet und kennet /
auf welchen. Vernunfft und Sinnen entflchen / und das Ge—
muͤhte ift im Made der Angſt im Fewer / darauf die Effentien
entſtehen.
9. Und ſehet alſo was das Blut iſt / nemblich ein Haus der
Seelen / aber die Tia&ur iſt ihr Leib.
10. Die rechte Seele hat keinen greifflichen Leib der Seele heiſ⸗
fet/fondern in derTındur waͤchſt der Leib im Sulphur aus Sulphur,
Das ift/ein jeder Geift der fieben Geifter der Natur begehret Iße>
fenpeit / das ift zufammen Sulphur : Dam Sul ift Krafft aus
dem Liechte / und Phur ift Krafft aus den vier Geftalten der
Natur Urſtande / wie im dritten Buche nad) der Sänge gemeldet
wordeit..
1x. Alfo begehretdas Phur Fleiſch / das iſt ein Meſchaus Fe⸗
wer und Waſſer / und wird in der Tincturempfangen und geboh⸗
ren: Und die Tinctur iſt das Wachſen des Leibes; und das Fe⸗—
wer iſt ein Urſtand des Geiſtes durch die Tinctur: dan in der Tin-
ctur nimbt der Seelen Geiſt ſeinen Urſtand / welcher als die rech⸗
te Bildnuͤs figuriret nach GOttes Bilde / das iſt nach allen drey⸗
en Principien.
12. Dan im Fewer iſt die Seele kein Gleichnuͤß GOttes / aber
im Geiſte iſt ſie die Bildnuͤß GOttes. Dan der erſten Seelen
ward die Goͤttliche Weſenheit in der Tinctur mit eincorporiret /
daß fie GOttes Leib hatte in der Jungfrawen der Weißheit / in
welcher die Tinctut ſtehet / das iſt die Engels⸗Bildnuͤß. a
13.4
oder nicht leiblich fey ? °F)
73. Und geben euch zur Antwort / dag was die Seele purals
dein antrifft / da wir den Geift nichtverftchen / fo iſt fteeine Feu⸗
er-Kugel mit einem Feuer-Auge/ und une einem Liecht-auge /
welche fich rücklich zufammen und. ineinander wenden / wie das
Radt im Ezechiel/ das auffallen Seiten gehen fan/ da Babel
gar einen andern Berftand darüber gemacht hat/ aber blind und
ohne Geift.
24. Was aber ihre Tinctur antrifft aus dem Liechte / welche
aus dem Fewer umd giechte entftehet/ iſt fieein Geiſt / da fich
der Urftand der Seelen und der Beift in Emwigfeit nicht trennen
fan) es iſt einewig Band: und wandas Bluthinlauffet/ und
der Leib ſtirbet / fo bleibet dig Band in Ewigfeit.
15. Der $eibgehöret (was die Seelepurantrifft) nicht zum
Wefen der Seelen / esfindz. Weſen; dan der geibift der See⸗
Ion Spiegel und Wohn-haug auch Eigenthumb / und ift auch
eine Urfache dag die pure Seele den Geift verändert / als nach
der Luſt des Leibes oder des Geiftes diefer Welt: Da dan die
Bildnuͤß im Geifte verändert wird/ alles nach Inhaltdes Wils
Iens / dehn die Seele aus dem Centro gefchöpffet hat/ auch außm
Grimm ins Sieht / als nach der Imagination.
16. Und geben euch zu verſtehen / dag der Geiſt kan fich in diefer
Zeit des Leibes verändern / welches ohne fein Bewuſt gefchicht
durch die Imagination , als durch die Luſt-ſucht / da das Begehren
eine folhe Geftalt in der Seelen Willen figuriret / als die $uft
ift zum Böfen oder Guten.
17. Und fagen daß die pure Seele nichts leibliches ſey / aber
es wäachft der Seib in der Tenctur entweder him̃liſch oder. höle
liſch / und ift doch auch Fein begreifflich Leib ach dem Auffern /
fondern ein Krafft:Seib / GOttes Leib / Chriſti himmliſcher
Leib / himmliſch Fleiſch / welches Chriſtus uns zu eſſen gibt in
feinem Teſtament; Es iſt ein Leib den die Turba nicht fan ruͤhren /
oder ergreiffen / er iſt unſterblich / unverweſlich / in nichts ge>
faſſet / als nur in die edele Tindur, welche ohne Weſen iſt; und
dieſer Leib iſt dem aͤuſſern Fleiſche unbegreifflich.
18. Aber der aͤuffere Geiſt / fo ihme die Seele nicht wehret /
ſondern ihn einlaͤſt / der fuͤhret ſeine Imagination darein / und
verderbt ihn / daß alſo ein andere fremde Bildnuͤß im Geiſte in der
Tinctur wird / nach Inhalt der Luſt: als ein Geitziger ein Wolff /
ein Neidiger ein Hund / ein Stoltzer ein Roß / Pfawe oder
ander Thier: Item Kroͤten / Nattern / Schlangen / und andere
Thier und Wuͤrme / welche Bildnuͤß GOttes Geiſt / ſo lange ſie
alſo ſtehet / nicht annimbt. x9. Und
75 Die3.Fr. Welcher geſtalt die Seele
29. Und darumb fpricht Chriſtus: Ihr müffer new gebohren
werden aus dem Waſſer und Geift/ woltihr das Reich GOttes
fehen: und darınnd ward GOTT Menfch/ und brachte die Gött-
liche Bildnüg wieder in der Seelen Tin&ur , weil fie in Adam
perdorben war / dag wir nu müffen in Chrifto newgebohren wers _
den / wollenwir GOTT ſchawen.
20. Dig gefchicht auch durch Imagination oder Glauben /
van Glauben ift effen von GOttes Liebe. So wählt ein jeder
Leib vom Effen.
zı. Undift mitder newen Gebuhrtgar nicht cin folche Geftalt
wie Babel Ichret/ es ift ihr Ding nurein Spiegeldes rechten
Weeges in GOTT / der muß zerbrochen werden ; dan Mofis
Dede iſt weg / wirfollen fürter mit hellen Paradififchen Augen
ſehen / verftehen alſo die Kinder GOttes.
Die achte Frage.
Welcher geftalt die Seele in Menſchen oder
scib komme?
⁊*. Kr Cissgelichter Herr. Dieſe Frage verſtehe ich von
ihrer Fortpflangung: Dan wie fie in Adam ges
kommen fey / fagt euch Mofes/ und iſt oben bes
waͤhret. Weil ihr aber fraget von ihrer Forts
pflansung / wie fie in ein Kind in Mutter Leibe
komme / fomüffen wir einen andern Mod anzichen.
2. In unferm dritten Buch iſt gantz ſcharff nach der Laͤnge /
mit viel Umbſtaͤnden von ihrer Fortpflantzung geſchrieben / wie
Adam in ein Bildnuͤß geſchaffen war ? Er war Mann und
Weib vor feiner Heva: Er hatte die Fewer- und Waſſers⸗
Tin&ur, das ift Seel und Geiſt / und folte feines gleichen ein
Bild nach ihme / aus ihme durch feine Imagination und eigene
Siebe aus fich gebären / das konte er auch thun ohne Zerreiffung.
3. Dan wieoben gemeldet / dag die Seele eine ſolche Macht
‚hat / den $eib zu änderen in eine andere Geftalt / alfo hat fie auch
Macht gehabt einen Zweig aus fich zu gebaͤren / nad ihrer Ei>
genſchaͤfft / fo Adam ware in der Proba beftanden.
4. Dieweil er aber nach der Allmacht imaginirte / und ließ
den Geift diefer Welt in die Seele in die Tindur , umd die
Schlange / undvergaffte fich ander irrdiſchen Frucht / von Boͤß
und Gut zu eſſen / fo fing auch feine Tin&ur eine folche Bi;
$
in Menſchen oder Leib tomme FE
als ein Monſtrum, welches halb irrdiſch iſt / darein auch alsbald
ſich die Turba einwandt / und ſuchte das Ziel.
5. Alſo ward die edle Bildnuͤß in der irrdiſchen funden / da dan
das Zerbrechen und der Todt anging: und konte Adam nicht ge⸗
baͤren / dan ſeine Allmacht war verlohren; Und ſollte wol ewig
verlohren ſeyn / wan ſich nicht haͤtte alſobald das Hertze GOttes
mit dem Worte der Verheiſſung in Adams Seele eingewunden /
welches ihn erhielt / daß alſo ſeine Bildnuͤß muſte zerbrechen /
und die Seele mit dem himmliſchen Leibe durch den Todt ſincken
ins newe Leben / da ihr Geiſt wieder renovirt ward.
6. Alſo fiel Adam in Unmacht in Schlaff / und ging an die ans
dere Schöpffung: dan GOTT nahm die Waſſers Tindur , als
in einen Zweige aus Adams Seele / und eine Rippe aus Adam }
und das halbe Ereuß in Adam / und bawete ein Weib darauf :
Wie ihr dan wiſſet dag das Weib das halbe Ereus im Kopffe hat /
undder Manndasandere.
7. Dau im Kopffe im Hirn wohnetder Seelen Geift / darauf
hat GOTT einen Zweig genommen / als ein Kind aus Adams
Seelen-Geifte / und dem Weibe gegeben / undhatdem Weibe
die Waffers-Tindur gegeben/ dag Itenicht folte Teuffel gebaͤh⸗
ren: Und der Mann hat des Fewers Tindur, alsdenrechten
Urftandves $ebens.
8. Darumb hat das Weib die Marricem bekommen / als Ve-
neris Tinctur, undder Mann hat deß Fewers Tindur , verftche
das Weib hat des Liechtes Tinctur, welches kein Seben Eaners
werfen / das Leben ftehetin des Fewers Tinctur.
9. So es nu nicht konte anderſt ſeyn / fo muften fie fich thie⸗
rifch fortpflangen / in zweyen Saamen; der Mann faet Seel /
und das Weib Geift/ und wird/ diemweil es in einen irrdiſchen
Acker geſaͤet wird / aufigebrütet nach aller Thiere Art.
ıo. Und find nichts deftoweniger alle drey Principiaim Saa⸗
men/ aber das Innere ift dem Aeuffern nicht kentlich; dan ine
Suamen ift Feine lebendige Seele / fondern wan die zwey Tin-
&uren zuſammen Eommen/ fo ifts gang im Weſen / dan die Seele
if im Saamen eflentialifch / und in der Außbruͤttung wird fie
fubfantialifch.
1x. Dan ſo balddas Fender auffgefchlagen wird vom VYulcano,
fo ift die Seele im Wefen gang vollkommen / und gehet zur ſtund
der Geift aus der Seelen in der Tin&ur aus / und zeucht das
Auffere Regiment an fich / als die Sternen mit der Lufft; Und iſt
alfo sin ewiges Kind/ und hatauch den gerbrechlichen Geift *
tr
75 Die 9. Fr. Was maſſen ſich die Seele c,
der Turba anihrhangen/ welchen Adam durch feine Imagination
ein⸗nahm.
12. Da ſuchet die Turba alſobald das Ziel im Geiſte dieſer
Welt / und wil ins Ziel / und iſt der Leibalt genug / fo bald die
Seele ihr Leben hat / zum ſterben: auch verdirbt manche Seele
in der Eſſentz / weil ſie im Sulphur ein Sgame iſt.
13. Daß ihr aber dieſes mercket dag der Mann des Fewers
Tin&ur hat und das Weibdes $icchts iin Waſſer als Veneris,
ſo ifts zu verfichen an ihrer beyder hefftiger Imagination gegen
einander; dan der Saame in der Effens ſuchet das Leben: der
Mannifche im Weibe in Venere , und der Weibiſche im Fewer
im Urftande des Lebens. Wie wir folches im dritten Buch gantz
lauter erkläret/ dahin wir den Leſer weifen.
14. Und geben euch zur Antwort / dag fie gar wicht von auſſen
in Leib komme / oder cingeblafen werde; fondern die drey Principia
haben ein jedes nun feinen Werckmeiſter / da einer Fewer ſchmie⸗
Def im Centro, und das Centrum Naturæ machet / und der aıt=
dere Tinctur und Fewer / und der dritte Myfterium Magnum ir!»
diſch: Und iſt doch nichts newes / fondern der Saame Manns
und Weibes ift eben daſſelbe / und wirdinder VBermifchung nur
außgebruͤtet / es wächft nur cin Zweig aus dem Baume.
Die neundte Frage.
Was maſſen ſich die Seele mit dem Leibe vereinige?
* Iß iſt oben erklaͤret / daß alle drey Principia inein⸗
ander ſind / und die gebaͤhren ein Kind ihres glei—
ychen / es ſtehet alles ineinander / biß die Turba den
Leib zerbricht / dan ſtehet die Seele im innern
Leibe / als in GOttes Leibe; oder fo ſie falſch iſt
in der Turba, welche ihr einen Leib giebt nach der Imagination,
alles nach den gemachten Greweln.
2. Die Seele ſtehet im Blute des Hertzens / da hat ſie ihren
Sitz und Urſtand / das aͤuſſere Waſſer und Blut vermenget ſich /
aber es faͤnget nicht gaͤntzlich das Waſſer des Blutes; aber mit
der Imagination wirds gefangen: Es faͤnget wohl natuͤrlich das
innere Waſfer / aber das Liecht der Majeſtaͤt mit des Liechtes
Tinctur faͤnget es nicht / als nur durch Imagination, darumb iſt
offt ein Kind ſeeliger als ein Alter / welcher den Teuffel zur Her⸗
berge hat.
3. Aber
Die 10.51. Ob die Seele ex Traduce feyt2e. 73
3. Aber es werden nicht viel Heiligen gebohren / als nur aus
gutem Saamen / da fich Doch oft nach der mächtigen Conftelia-
tion eine grimmige Turba einwindet; wie zu fehen/ daß offt from⸗
me Eltern böfe Kinder haben; doch GOTT Ffennet diefeinen.
Solches fichet man an Jacob und Eſau / welche in Mutter Seibe
zandten/ auch an Cain und Abel/ an Iſaac und Iſmael / und
fortan vielen.
Die 10. Frage.
Ob die Seelex Traducefey / und Menſchlich Leiblich
fortgepflanset : oder jedesmahlnewdon GOTT
erſchaffen und eingeblafen werde?
x S wundertimich hoch / was die Welt doch muß vor
einen Berftand und Philofophiam haben / dafifie
nicht kan dieſes gründen / wiewohlich euch hiermit
nicht ſchuldige: dan ich weiß dag folde Fragen une
ter den Belehrtenauff den Schulen gehen / da mare
noch wohl zancket: muß eben der folgen Blindheit mich wundernf
daß fo gar keine Erkaͤntnuͤß GOttes in der Bernunfft ift.
2. Da beſehet Euch ihr Weiſen / was ihr Doch ſeyd oder ver=
ſtehet / faſt nichts vom Myfterio, wie wollt ihr dan Lehrerſeyn?
Ein Hirten-Stab waͤre beſſer in ewere Handt / als das Kleid
Chriſti anziehen.
3. O ihr ſollet davon Rechenſchafft geben / dag ihrdie Welt
verfuͤhret / und pranget doch alſo als waͤret ihr GOTT / und
meſſet euch Göttliche Gewalt zu; ſehet eben zu was ihr thut / ihr
werdet ſehen in welchen ihr geſtochen habt; ich fuͤrchte daß ihr
meiftentheilsin Babel ſeyd / wachet auff / estft Tag:
4. Euch mein geliebter Freund / wird geantwortet / daß die
Seele nicht allemahl newgeſchaffen ud eingeblaſen werde / ſon⸗
dern fie wird Menſchlich fortgepflantzet / als ein Aſt aus dem
Baume waͤchſt; oder daß ichs beſſer gebe; wie man einen Kern
ſetzet / oder ein Korn ſaͤet / daß ein Geiſt und Leib daraus waͤchſt.
5. Und iſt nur dig der Unterſcheid / daß die drey Principia
immer im Ringen umb den Menſchen ſind / jedes wil ihn haben /
daß alfo manchmahl eine wunderliche Turba eingefuͤhret wird /
weils noch ein Saame iſt.
6. Aber wo die Eltern Chriſti Fleiſch / GOttes Weſenheit
an ihrer Seele haben / daß Vatter und Mutter alſo ſind / da
D kans
74 12.51. Wie und an welchem Ort der sc.
kans nicht ſeyn: dan Chriſtus ſpricht Ein guter Baum kan
sicht arge Früchte bringen: aber die Turba fan mit der Ber-
nunfft inder Zeitprein kommen.
7. Alfo auch ein böfer Baum kan nicht gute Früchte bringen:
Das iſt / wan die Eltern beyde böfe find / / und vom Teuffel gefane
gen / fo iſt eine boͤſe Seele geſaͤet: aber die Principia koͤnnen fie
noch nicht richten / auch die Turba nicht / ſie iſt cin boͤſe Kind /
und kan / wo fte umbkehret durch Imagination , eingehen ins
vVerbum Domini.
8. Aber es ift thewer und gefchicht felten / dag aus einem
ſchwartzen Naben ein weiffer wird / aber wo es halb und halbift/
da kan es leichter gefchehen: Jedoch ifts wol möglich/ es kan wol
„ſeyn / GOTT wirfft feine Seele weg / fie werffe fich dan felber
„weg: ein jede iſt ihr felbft Gericht.
9. Mercket dig ihr boͤſen Eltern / ihr ſamlet eweren Kindern
Geld] ſamlet ihnen gute Seelen / es ift ihnen nötiger.
Die 11. Frage.
Wie und an welchem Ort der Seelen Sitz im
Menſchen ſey?
8. In Ding das ungruͤndlich iſt / und aber.in fich ei⸗
nen Grund ſuchet und machet / das hat feinen Urs
ftand und Sitz im erften Faſſen / da ichs in fich
faffet / da ift das Zielals am Allersinnerften / und
gehet fort aus ich und fischet für fich / da es dan je
einen Spiegel nach dem andern machet/ biß es das erſte wieder
Findet / alsdasungrändliche Ziel: Alfo ift auch die Seele.
2. Sie ift von GOTT auff dem Herken gefaffet / und das
Wort / das fie faffete / war im Hertzen als im Centro alſo blich
fie in der Figur und Site, als fie vom Fiat ergriffen ward / und
iſt noch heute alfo.
3. Sie wohnet in drey Principien, aberdas Hertze iſt ihr Urs
ſtand im Hertzen drinnen / iminnern Blute des Hertzens iſt fie
das innere Fewer / und in der Tinctur iſt ihr Geiſt / der hat einen
Glaſt vom Fewer / dan er iſt mit der Tinctur umbgeben / und
brennet im Hertzen.
4. Und der Geiſt ſchwebet über dem Hertzen indem Hertzen⸗
grübel / da fich die 2 Principia ſcheiden / und brennet in der Tin-
&urals cin Schwefelzliecht / und theilet fich ferner in den gangen
" et
> die 12.57. Wie der Seelen Erleuchtung fey?7f
Leib in alle Glieder aus / dan die Tindtur gehet durch alle
Glieder.
5. Aber der rechte Fewer⸗ſchmid im Centro fißt im Hertzen)
und führer.fein Negiment mit dem Geifte in Kopfe/ dahater
fein Rath-hauß / als’ das Gemüthe und Sinnen / unddie fünf”
Fuͤrſten-Kxaͤthe / als die fünf Sinnen / welche aus den fünf
Geiftern des DVerftandes entſtehen / wie wir im dritten Buche
haben vermeldet / fo wohl iu Andern und Erſten. Die Seele ſitzt
wohl im innern-Principio , aber fie regieret auch im Äuffern 7
als im Geftirn und Elementen / two fie aber nicht ein Affeift 7
und laͤſſt ſich fangen / fo ift ſte dehren genug maͤchtig: Und das
Aeuſſere muß ſich baͤndigen laßen / fo die Seele ſich in GOTT
verſenckt und komt aber auff dem Braut⸗Wagen wieder ins
Aeuſſere f dag fie den H. Geiſt zum Beyſtand hat: Es hilfft
Fein Wehren des Teuffels / fie zerſtoͤret ihm ſein Neſt / und trei⸗
bet ihn aus / er muß in Spott und Schanden ſtehen.
6. Und diß iſt unſer Bericht auff dieſe Frage: und wird nicht
alſo verſtanden / daß war dem Menſchen der Kopff abgehawen
wird / daß das Blut hinlauffet / und das aͤuſſere Leben zerbricht 7
daß es die Secle treffe und toͤdte: Nein / ſie verleuret wohl ein
Principium, aber nicht dad Weſen des Principii: es folget ihr
in der Tin&ur im Geiſte / als ein Schatten nach.
7. Dan das aͤuſſere Weſen erreicht nicht das innere in der
Seelen / als nur durch Imagination, fonft ift nichts in diefer
Welt / dasdie Seele kan beruhren oder toͤdten Fein Fewer noch
Schwerd / als nur Imagination, dasiftihre Gifft: Danaus
| * Imagination iſt ſie urkuͤndlich herkommen / und bleibet ewig
darinne.
Die 12. Frage.
Wie der Seelen Erleuchtung ſey?
I. Ns ift zu entſinnen / daß wandie Sonne aus die⸗
fer Welt genommen wuͤrde / ſo waͤren alle Dinge
8 in Finſternuͤß / fo würde die aͤuſſere Vernunfft
ſagen: wir ſind im finſteren Tode / und in der Grim⸗
migkeit der Kaͤlte / und deme waͤre auch alſo.
2. Nun ſiehe / liches Gemuͤhte / dencke wan dir dein Leib wird
zerbrechen / ſo verleuret dein Geiſt auch die Sonne: Wie du
wilt im Liechte ſeyn? und wo von du wilt ſehen ? fügen wir euch
in der Einfalt nachzuſin gen zu Gemäthe, >
D 2 3.€in
76 Die 12. Frage. Wieder Seelen
3. Ein Ding / das in der ewigen Freyheit iſt / fodas indie
Freyheit immereingehet/ hatkeine Finfternüß / dan es wohnet
in nichts das das gabe / esiftfrey / alsdas Auge GOttes / wels
es in fich ſthet durch das Weſen.
4. Wan es imaginiret in der Luſt nach Etwas / ſo gehet der
Wille in das Etwas / welches die begehrende Luſt ſelber machet /
daſſelbe nimbt den Willen in ſich ein / uͤberſchattet dehn / daß er
in der Finſternuͤß wohnet / und mag kein Liecht haben / er gehe
dan wieder aus dem Dinge aus in die Freyheit.
5. Alſo geben wir euch ernſtlich zu verſtehen / daß wir in allem
unſerm Weſen und Machen kein Liecht haben / fo wir mit dent
Willen in das gemachte eingehen / daß wir unſer Hertz und
Willen ir unferer Haͤnde⸗werck fegen/ alsin Geitz: So find
wir inunfern Seelen gant blind / und haben Fein Liecht in uns /
als nur das Auffere $iecht der Sonnen / welches dem Äufferen
Leibe leuchtet; fo der zerbricht / fo ift die Seele mit dem Dinge
gefangen) verftche/ der Seelen Geift und Willen. |
6. Dan der Stock der Seelen ift ein finſter Thal/ er hat kein
Liecht / und wan er ſich gleich erhebt und entzuͤndet / ſo iſts nur ein
grimmiger Fewer-Blitz / und gleicht dem Teuffel / und kan das
Soͤttliche Liecht in ihr. nicht erreichen.
7. Urſache / fie hat Grewel inihren Willen und Geifte eins
geführet: welche den Geiſt verfinftern und mit der Turba gefans
gen halten / dan GOttes Liecht gehet nicht hinter fich / ſondern
vor fihindie Ewigkeit. \
8. Und darumb ift GOttes Auge zweyfach und ftehet rücklich/
wie oben die Figur zeiget : ein Theil gehet fürjtch in die ftille
Ewigkeit / in das ewige Nichts als indie Freyheit; Das ander
gehet hinterfich in das Begehren / und machet Finfternüg ins
Begehren / und darinne Centrum Naturz , und treibet das big
auff die groffe Angft und Scharfe. Da Sander Wille wieder
aus der Angft durch die Finſternuͤß erſincket in die ftille Freyheit /
und bringet alfo mit aus der Angft den Grimm der Beweglig-
keit / und die ernſte Schärffes In welcher Schärffedie Freyheit
(wan der Wille die Schaͤrffe darein fuͤhret) ein hoch triumphi—
rend Majeſtaͤtiſch Liecht wird / welches GOttes Liecht heiſſet /
das ewig leuchtet / und kan von nichts eingeſperret werden / dann
es leuchtet in der ewigen Freyheit / und begehret weiter nichts.
9. Und ſo du irrdiſcher Menſch nun wolteſt dencken: GOtt
werde deinen Geiſt in fein Majeſtaͤtiſch Liecht einnehmen in
dehm du deine Grewel / als Geitz / welcher Hoffarth hat / in
Willen
*
Errleuchtung fen? 77
Willen eingefuͤhret / welche des Geitzes Fewers-Leben iſt / und
dein Wille/ alſo in dem Irddiſchen ſtecket / fo wuͤrdeſt du damit
GOttes Majeſtaͤt verfinſtern / und ſteckte doc) dein Wille und
Geiſt nur in deinem Geige / und brennete mit dem Fewer⸗Quell
der Seelen herauß in einem Spiegel-glafte/ als in der Hoffarth /
und koͤnteſt GOttes Majeſtaͤt nicht erreichen.
10. Und war du im Creutz der H. Drey-Zahl ſaͤſſeſt und
wäreft mit allen H. Engeln umbgeben / fo ſaͤſſeſt du dog in der
Finſternuͤß / und dein Geift leuchtete nur im Spiegeldes We—
fee / fo du felbft in Geift haft eingeführet.
ır. So nundie Seele mit ihrem Geifte in ihrer Bildnuͤß wil
GHTT fhauen/ und in GOttes Majeſtaͤt und ewigen Liechte
ſehen / fo mug fiein diefer Welt zwey Weege gehen / fo wird fie
den ewigen Leib / als GOttes Bildnüg / und dan auch Das aͤuſ⸗
fere Leben mit dem irrdiſchen Leib erhalten / und wird die Aus
der/ darzu ſie GOTT ins äuffere Leben gefchaffen / welche tie ſoll
im aͤuſſeren Leben erwecken / als in das innere Leben einführen/
und ſich ewig darinn erfrewen / und ſie als ein Spiel haben / und
iſt der rechte Weeg / wie folget
Die Hochthewre Pforte der Morgen-Roͤthe.
—— 5: du licbe Seele / wan du wilt GOttes Liecht haben
und mit GOttes Auge fehen / und wilt auch diefer Welt
Sicht haben / und deinen Leib nehren unddie Wunder GOttes
ſuchen / ſo thue ihm wie GOTT ſelber thut.
13. Du haſt in deiner Seelen zwey Augen / die ſeind ruͤcklich
aneinander geſetzt / eines ſiehet in die Ewigkeit / und das ander
hinterfich in die Natur / und gehet immer fuͤrſich fort / und ſuchet
im Begehren / und machet je einen Spiegel nach dem andern / das
laß alſo gehen / cs ſoll ſeyn / GOtt wils haben.
14. Aber das andere Auge wende nicht zuruͤcke indie Sucht }
ſondern zeuch mit dem Nechten Auge immer das Since rüdlich an
dich / und laß das Auge mitdem Willender Wunder nicht von
dir / von dem Auge welches indie Srepheitift eingewandt; ſon⸗
dern zeuch feine eröffnete und gemachte Wunder an dich.
15. Laß daffelbe Auge dem irrdifchen Leben Speife firchen :
aber laß es nicht in die Speife alsin Geik eingehen / fondern
zeuchs harte an das fehende Auge an) und laß es nicht gehen x
Sondern laffe die Hände werden und Speife machen / und die
Wunder laß das Auge an fich ziehen / aber Ecine Materiam , ſonſt
wird dir das Eingezogene cine Finſternuͤß ſeyn.
26. Laß den Zeuffel hinter Dir fürm Lincken Auge herraufchen?
D3 er kan
78 Dierz. Stage. Wie der Seelen
er kan nicht hinein / du läffeft dann dem Auge zudaf es Mate-
ziam einnehme.
17. Alfo wirftu wan dein iradifcher Leib zerbricht / alle Wun⸗
Der im lincken Auge mit dem rechten fehen / Die du alhie gemacht
and funden haft.
18. Und fo dan dag irrdiſche Leben hinfaͤllet / ſo ift auch dein Linc⸗
Zes Auge von der Natur des Grunmes frey; Und obs Natur hat /
dann es iſt die Natur ſelbſt / welche die Wunder erweckt und hält!
ſo ſtehets doch alsdan mit den Wundern in der ewigen Freyheit /
weil es nichts von Materia hat eingelaſſen / fo iſts frep.
19. Und iſt die Natur mit den Wundern eine Fewersfchärffe/
und faͤngt die ewige Freyheit / und macht alſo Majeſtaͤt in der
Freyheit in den Wundern / davon das Rechte Auge / welches ſich
wlhie in dieſem Leben als tod geachtet / erleuchtet wird / und ſich
ewig mit dem linken Augeinder Hohe Srewdensreihen Maje⸗
ſtaͤt erfrewet und ewig mitbeyden Augen Gott ſiehet.
20. Dip ift eine Pforte/ wer dieſe rehtiu Geift erfeiit und.
Fiehet/ der fichetalles was GOtt iſt und vermag: Erfichetalf
damit durch Himmel’ Hölle und Erden / umd durch das Weſen
aller Wefen ; undift dieganke Schrifft / was vonder Welt her
Sf gefihrichen worden: aber es ift einthewer Sehen / der alte
Adam weiß das nicht/er fichet das nicht / ſondern der newe Menſch
En GOtt gebohren.
21. Weil wir aber fo gar ſchwer zuver ſtehen ſeynd dem blöden
Gemuͤthe / fo wollen wirs einfaͤltiger geben; Siehe wan du wilt
mit deiner Seele GOttes Liecht ſchawen / und wilt daß ſte von
GoOtt erleuchtet werde / fo thue ihm alſo.
22. Du biſt in der Welt / haſt du einen redlichen Beruff ohne
Falſchheit / bleibe darinnen / wercke / arbeite / wirbe alsdan / als
es die Nohtdurfft erfodert / / ſuche Wunder beydes in Elementen
amd in der Erden/ es fen in Künften mas es wolle / es iſt alles
BOttes Werk; fuche in der Erden Silber und Gold / mache
Fünftlihe Werde darauf / bawe und pflange/ es iſt alles zu
GBoOttes Wunderthat.
23. Aber hoͤre diß A. B. C, dir ſolt deinem Geiſt nicht zulaſſen /
daß er darein gehe / ſich damit fuͤlle und einen Mammon draußß
mache / und ſich darein ſetze als in eine Finfternüg s- er iſt ſonſt
Gottes Narı darinne / und des Teufels Affe / und ſetzt feinen
Willen darein / und wird dir deine edele Bildnuͤß nach deiner
Imagination im Geiſte verändert / nach deinem Willen Lwelcher
am Geitze iſt: Du verleureſt GOttes Bildnuͤß / dan ſie ift —*
giſch/
Erleuchtung ey? Ä 79
giſch / ſie iſt ſubtil als ein Geiſt / und noch viel ſubtiler / ja viel
ſubtiler und dünner als die Seele ſelber.
24. Sie iſt als Gott der in der ewigen Freyheit wohnet / uner⸗
griffen von etwas; dan er iſt duͤnner als das Etwas: Alſo auch
deine edle Bildnuͤß / welche doch im himmliſchen Fleiſche und
Blute ſtehet / und iſt Weſenheit aus GOttes Leibe / ſie iſt Chriſti
Fleiſch und Blut / und deine Seele wohnet darinnen / ſie iſt dag
Fewer der Majeſtaͤt darinnen / und der H. Geiſt ſitzt im Hertzen
der Bildnuͤß / und gehet aus der Bildnuͤß aus mit Stimmen /
Sprachen/ Wundern/ Sang und Klang, In dieſe Bildnuͤß
bringeſt du deine Wunder / ſo du trew biſt: thu ihm alſo.
25. Setze deinen linden Willen ins Werck das du macheſt /
und dencke daß du GOttes Knecht in Weinberge GOttes biſt /
und arbeite trewlich: und deinen rechten Willen ſetze in GOTT
ins Ewiges Und dencke daß du feine Stunde ficher biſt / daß du
nur in deinem Tagewercke biſt / und muſt immer nach der Stim⸗
me hoͤren / wan dich dein Herr heiſſet heimkommen.
26. Gib der Vernunfft keinen Raum / daß ſie ſage / das iſt
mein Schatz / er iſt mein); ich habe genug / ich wil viel ſamlen /
ich in der Welt zu Ehren komme / und meinen Kindern viel
aſſe.
27. Dencke dag deine Kinder GOttes Kinder ſeynd / und dir
Gottes Knecht) daß dein Werd GOttes Werck iſt / und dein
Geld / Gut! Muht und Blut in GOttes Hand ſtehet / Er mag
damit thun was Er wil / wan Er dich heiſſt heimgehen in dein
eigen Land / ſo mag Er deine Arbeit nehmen / und andern geben:
Und laß deinem Hertzen keinen Raum / daß dir der Willen-Geift
Hochmuth in die Bildnuͤß einfuͤhre.
28. Erſencke deinen Willen alle Stunden in die Demuht vor
Gott / fo gehet deine Bildnuͤß immer in der Demuht mit deinem
Willen in GOttes Majeſtaͤt / und wird deine Bildnuͤß mit dem
hoch⸗ triumphirenden Liechte GOttes immer erleuchtet. O wie
froͤlich iſt die Seele / wan ihre Angſt-Quaal des Fewers / GOt⸗
tes Liecht koſtet / wie gar freundlich wird ſie / wie beuget ſie ſich
doch vor GOTT! Alſo beſtehet die Seele und auch die Bildnuͤß
im Geiſte / alledrey ineinander / dann es ift ein Weſen nach der
H. Dreyfaltigkeit.
29. Alſo mein geliebter Herr und Bruder / geben wir euch auff
dieſe Frage zur Antwort / daß die Seele gar nicht kan anderſt er⸗
lſeuchtet werden / dan alſo: Alſo iſt ihre Erleuchtung / fteift in
Diefer Welt und auch in ae allhier in dieſem geben
4 an
30 Die 12.57. Wieder Seelen Erleucht: fen:
ein Knechtder Wunder GOttes / die foll fie mit dem einen Auge
eröffnen / und mit dem andernin Anfang vor GDft führen / alle
ihr Werfen in GOttes Willen flellen / und mit nichten fagen von
etwas indiefer Welt/ das iſt mein/ ich bin Herzdarüber /dan
fie leuget fo fte das ſaget: Esift alles GOttes / fie ift Knecht / und
foll in der Siebe und Demuhtgegen GOTT und ihrem Bruder
wallen ; dan ihres Bruders Geeleift ein Glied an ihrer Seelen;
ähres Bruders Fremde im Himmel bey GOTT ift auch ihre
Frewde / feine Wunder find auch ihre Wunder / dannim Him⸗
mel iſt GOTT alles inallem/ Ererfületalless; Der heilige
Geift iſt das Leben in allen / esifteitel Frewde / man weis nichts
vom Leid / es iſt alda alles GOttes / und iſt auch alles der Bild⸗
nüf GOttes / es iſt alles gemein / eines frewet ſich des andern
Krafft / Klarheit und Schoͤnheit / es iſt keine Mißgunſt oder
Neid / es iſt alles im Tode und in der Hoͤllen geblieben.
30. Darumb ihr Außerwehlten Kinder GOttes / in Chriſto
wiedergebohren / nehmets in acht / und gehet vom Geitze und eige⸗
nem Willen aus / ihr ſeyd eine lange Zeit in Babel blind gefuͤhret
worden / gehet aus von ihr / ihr ſeyd geruffen worden / durch
eine ſtarcke Stimme] fie wird nahend die Todten auff⸗
wecken / laffet euch doch helffen / daß ihr ewige Fremde
moͤget in GOTT erlangen. |
31. Der Geiftdeutets Flar] daß wer nicht wird mit
dem newen Gewächfe / (welches in der Mutter auf:
waͤchſt) mitte wachfen / der follund muß in Schwefel:
Pfuel / mit ſambt der Drachen⸗Huren zu Babel: Es
iſt eine Zeit da Ernſt iſt / ſieheſt du die gleich nicht mie
irrdiſchen Augen / ſie trifft dich gleichwohl / du wirſt ſie
in deinem Tode wohl ſehen / was das vor ein Gerichte
iſt / und in was Zeit] unter welcher Turba du gelebet
haſt / reden wir ohne Schertz als wir ſollen.
Die 13. Fr. Wieder Seelen Speifimgac. 8a
Die 13. Frage-
Wie der Seelen Speiſung aus dem Worte
GOttes fey?
3. O die Seele alfo indas Majeftätifche Liecht / wie
oben gemeldet / eingehet / und Das ticht GOttes
einpfaͤhet / fo wird ſie gang fahnend und Jüfterend/
und zeucht in ihren Begehren immer GOttes
Krafft (das iſt GOttes Leib in fich / und der heilige
Geift ift der Krafft GOttes Geiſt / alfo krieget fie GOttes Leib
und Geiſt / und iſſet an GOttes Tiſche; alles was der Vatter
hat / das iſt feines Sohnes; und alles was der Sohn hat / das
iſt feiner Bildnuͤße: Sie iſſet GOttes Fleiſch / Chriſti Leib /
und von ſolchem Eſſen waͤchſet ihr auch GOttes Leib / daß ſie alſo
Gottes Leib hat / und iſt GOttes Kind z nicht alleine Gleich⸗
nuͤß / ſondern Kind / aus GOttes Eſſentz / in GOTT geboh⸗
ren / undlebetin GOTT.
2. Wan fie hoͤret von GOttes Kindern GOttes Wort lehren
und reden / gleich auch in dieſer Welt / ſo faͤnget fie daſſelbe und
iſſet das: Der aͤuſſere Menſch iſſet irrdiſch Brod / und die Seele
Gottes Brod / darvon Chriſtus ſagte / daß er uns feinen Leib
zu einer Speiſe gebe. Und ſeine Teſtamente ind nichts anders /
wir eſſen nicht Geiſt ohne Leib / dan die Seele iſt vorhin Geiſt/
ſie wil Leib haben / alſo kriegt ſte Leib und Geiſt zugleich.
3. Laß dirs geſagt ſeyn Babel / und fiche mie dur mit Chriſti
Teſtaͤmenten umbgeheſt / was du lehreſt / wan du ſageſt / Chrifik
Teſtament find Geiſt ohne Leib / ſo leugſtu GOTTan / du ver⸗
leugneſt GOttes Weſenheit / Chriſti himmliſchen Leib / der groͤſ⸗
fer iſt als Alles / der die Bölle aller Dinge iſt / aber in feinem
Principio.
4. Du irrdiſcher Mund wirft ihn mit deinen Zähnen nicht
freſſen Die Seele bat einen andern Mund / die nimbt ihn an
unter dem aͤuſſerlichen Element: das Aeuſſere nimbt das Aeuſſere/
und das Innere nimbt das Innere.
5. War doch Chriſti Abendmahl mit ſeinen Juͤngern auch
alſo: das Aeuſſere iſt ein Gedaͤchtnuͤß / das Innere iſt das We⸗
fen/ dan das Reich GOttes ſtehet in Krafft / es iſt Magiſch /
nicht als ein Gedancke / ſondern ſubſtantialich / weſentlich⸗
Die Magia macht Weſen; dan in dem ewigen Nichts iſt Nichts?
aber Magia machet da nichts iſt. Es iſt nicht nur hloß Geiſt in
25 GAZIR
82 Die 14. Frage. Ob ſolche newe Seele
ee fondern Natur/ Weſen / Sleifch und Blut / Tinkur
undalles.
6. Diefe Welt im Aeufferen ift ein Gleichnuͤß der innern
Welt. Wir fagen euch / wir reden was wir fehen/ fühlen/fchmec=
Ken und wiffen / und ift nicht Tand oder Wehnen/ und das nicht
Uns / fondern Euch / als ein Glied dem andern pflitigift / auff
daß unfere Fremde in euch fey / und wir auch ewer genieffen als
Brüder / in einem Weſen.
7. Weralhier begehret weiter zu wiſſen / der leſe unſer drit⸗
tes Buch / da findet er die Umbftande von der Seelen Eſſen / und
son Ehrifti Teſtamenten.
Die 14. Frage.
Ob ſolche newe Seele ohne Sünde fey ?
> Ir verftehen allhier die fortgeflantzte Seele in einem
ZI nemgebohrnen Kinde. Mein gelichter Freund / diß iſt
eine gar feharffe Frage / aber euch lieber Freund fell
geantwortet werden / dan die Zeit der Eröffnung ift gchohren /
2er Tag brichtan die Nacht ift vergangen / Dafür fey GOTT
ewig $ob und Dand gefaget / der uns wicdererbohren hat zum
Liechte / zu einem unverweldlichen Erbe / und hat ums zu feinen
fieben Kindern angenommen.
2. Ihr mein geliebter Freumd wiffet wohl den ſchweren Fall A⸗
dams / wie wir euch in allen unfern Schriften gewaltig haben
dargethan / als dag fich die Seele mit dem rechten Auge hat von
BOTT in Geift diefer Welt gewendet / undilt GOTT unges
Horfam worden/ und hatihr edle Bildnuͤß verderbet/ md eine
Monftrofifhe Bildnuͤß eingeführet / und den Geift diefer Welt
eingelaffen/ da fie doch. folte mächtig mit ihrem Willen über
ihn herrſchen / und gang mitder Seelen nicht von Böfe und
Buteffen,
3. Nun hat ſie es gleichwol über GOttes Befchl gethan / und
shre Imagination in den iradifchen Beift gefeßet/ da fie dan auch
alfobald die Turba hat gefangen. welche ihr das irıdifche Mon-
rum hat eingefuͤhret in die edle Bildnüg. Und alſo hat die Tur-
ba alsbald das Ziel geſucht und gefunden / in dein die Bildnüg
jerbrochen wird ; und fo fich nicht Das Wort hätte ins Mittel
gefeßt / wol ewig gerbrochen bliche.
4. Nun iſt gleichwol die Turba in irrdiſchen Abgrund einmahl
elle
ie een ee een VE anne
ohne Suͤnde ſey? 83
eingefeffen / und hat Leib und Seele gefangen / und ſuͤhret den
Leib immer zum Ziel / da fie ihn alßdan zerbricht und hinwirfft /
fo bleibet algdan die arıne Seele roh ohne Leib: Es fey dan Sache
daß ſie umbwende mit ihrem rechten Auge wieder ins Wort / und
wieder einen Leib aus GOTT gebohren bekomme : fonftift fie
roh und hat die Turbam in ihr / welche das Fewer erweckt in ihrer
groffen Angſt / dan fie ift ein Hefftiger Hunger / ein Sucher
und Finder.
5. So ift uns nun gar wolerfäntlich / daß wir an Geiſt die⸗
fer Welt find mit der Seelen angebunden; dan die Turba hält
uns gefangen im grimmen Zorne GOttes: Und ob unſere See⸗
le außgehet undin GOTT gebohren wird / fo. hatfte (die Turba)
doch den Auffern Leib / den vergehret fie / dan. fie durchſucht ihn big
auffden Abgrund / da findet ſie daß er nur ein Spiegeldes Ewi⸗
gen iſt: So gehet ſte aus dem Spiegelausin das Emige/ und
laͤſt den Spiegel im Nichts liegen.
6. So wiſſet ihr ja wohl daß die Seele mit dem Leibe im Saas
men halb irrdiſch iſt / dan cs iſt Sulphur , das iſt Phur und Sul un⸗
tereinander / und iſt die Tutba darinnen / welche auch wohl Macht
hat den Saamen zu zerbrechen: Wie wil dan eine reine Seele
gebohren werden ? Es kan nicht ſeyn / fie bringet die Turbam mit
zur Welt / und iſt ſuͤndig in Mutter Leibe.
7. Aber das wiſſet / daß GOTT iſt Meuſch worden / und hat
fich das Verbum Fiat wieder in Saamen eingeſetzt: ob nun wohl.
die Turba auch im irgdifchen Theilift / dag der Saame gar nicht
frey iſt / fo hats doch diefe Geftalt mit der Seelen: fofern die
Mutter und Batter fromm / und in GDft find/ dag die Geele.
nicht von GOTT verläffen iſt / dan fie konunt aus des Vatters
und Mutters Seelen her; und ob ein Kind in Mutter geibe alſo
ſtirbt / gleich ohne Tauffe/ fo ifts doch mit des Vatters und Mut⸗
ter Geift g taufft als mit dem. H. Geifte / derin ihnen woh⸗
net / und wird die Tarba im Tod abgebrochen / dan des. Glaubens
Theil dringet in GOTT.
8. Aber mit den Gottloſen Eltern hats eine andere Geſtalt/
die Seele faͤllet / ſo das Kind in Mutter Leibe ſtirbt der Turbe
anheim / und erreicht in Ewigkeit nicht GOTT; Es weiß auch
nichts von ihm / ſondern es iſt ein Leben nach der Eltern Eſſentz
und Eigenſchafft: Da es doch nicht die Auzuͤndung alſo erreicht /
dan die Seele hat noch nicht ſelber Sünde gewuͤrcket / ſondern
iſt ein Auall-Beift / ohne eigene Begierde und Wunder / gleich
einem brennenden Schwefel/ als die Irrwiſche folche dergleichen.
»6 find
84 Die 14. Frage. Obfolche neweSeele sc.
ſind / welche GOTT nicht koͤnnen erreichen / bleiben alſo zwi⸗
ſchen Himmel und Hölle (imMyfterio) biß ins Gerichte Got—
tes / der wird hernach einerndten / und jedem Dinge feinen Stall
geben. Ob wol Meiſter Hans in dieſem möchte eine andere Phi-
lofophiamhaben / fo fragen wir nicht nach feiner Kunft / wir ha⸗
ben Sugen, er hat Kunſt / wir reden was mir fehen.
9. Alfo geben wir euch zu verftchen/ daß keine Seele ohne
Sünde zu diefer Welt gebohren werde / wie fromm auch die Ele
tern immer ſeynd / dan fie wird im irdischen Saamen aufges
bruͤtet / und bringetdie Turbam des Leibes mit / Die hat auch die
Seelumbfangen.
10. Darumb hat GOTT den Kindern im Alten Teftamene
einen Bund gemacht mit der Beſchneidung / und ſich in Bund
gethan / daß fte haben ihr Blut vergieffen muͤſſen / und die Tur-
bam der Scelendamiterfüuffen. Und im Newen Teftament ifts
die Tauffe / da der H. Geift mitdem Waſſer des Lebens / der
Seelen Waffer die Turbam abwäfcht / dag fie mag für GOTT
tretten und GOttes Kind feyn.
11. Daß man aber wilfagen/ daß der jenige / fo die Tauffe
nicht hat / als die Juden und Türden/ und andere Bölder/
bey welchen diefe Erkaͤntnuͤß nicht ift / welche den Leuchter nicht
haben / daß fic alle von GOTT verftoffen feyen / in deme fie doch
fonft hefftig mitihrer Lehre / Leben / und That in die giche Got=
tes eindringen / Das ift Phantafey und Bablifch geredet / ohne
Erfäntnüß.
12. Es lieget nicht die Seeligkeit alleine im Aufferen Wors
te / fondern in der Kraffts wer wilden außftoffen der In GOTT
eingehet?
23. Iſt das nicht Babel / welche die gantze Welt verwirret
Hat ? Das ſich die Voͤlcker in Meynungen zertrennet haben /
und im Willendoch nur Einen Weeg gehen / werift Urfach ?als
eben der Antichrift / da er das Reich GOttes in feine Macht zog /
und machte Tandt ausder Wiedergeburth / welches / wans wird
Zag werden? fichs auch die Kinder fhämen werden. Man kan
wol mit Grunde fagen / daß des Antichrifts Schre ein Spiegel⸗
ſechten ift / und eine Falſcheit der Schlangen / welche immer die
Hevamı betreuget.
24. Alfo ift uns erfäntlich / daß Feine Seele ohne Sünde zu
Diefer Welt komme > eine jede bringt die Turbam mit : dan wan
Fe ohne Sünde wäre / ſo muͤſte fie auch in einem gang reinen Lei⸗
Re wohnen / der keinen höfen Willen hätte! in deme Frin —
Su
Die rs. Frage. Wiedie Stunde mdier. 85
Sucht waͤre. Alfo ift ja Leib und Scele verbunden / big die Tur-
ba das Ziel des Leibes findet : alsdan ſucht fie des Leibes Wercke /
wie oben gemeldet worden.
Die 15. Frage.
ie die Suͤnde indie Seele komme / ſo ſie GOt⸗
tes Werck und Geſchoͤpff iſt?
1. Je oben —— fo hats eine Geftalt + die Turba
ſamt der irdifchen Sucht komt mit zudiefer Welt /
und wird die Seele nun von zweyen hefftig gezogen /
als erftlich vom Verbo Domini , welches ins Mittel getretten ift/
Das da aus Siebe ift Menfch worden / das zeucht Die Seele immer
in GOttes Reich / und ſtellet der Seelen die Turbam umter Augen/
daß die Seele in Natur ſiehet was ſalſch und Suͤnde iſt; und fo
fie fich Fäffer ziehen / fo wird fie im Worte wiedergeboren / dag fie
GOttes Bildnüs ift.
2. Zum andern / die Turba zeucht die Seele auch mächtig
an ihrem Bande / und fuͤhret immer die irıdifche Sucht hinein
* ſonderlich i in der Jugend / da der irrdiſche Baum voller grüner
„treibender Eſſentien und Gifft ſtecket / da flicht ſich die Turba
„alfſo mächtig ein / daß manche Seele in Ewigkeit nicht lo wer⸗
„den kan.
3. Ein Ding das von zwey Anfängen iſt / das in gleicher Waage
ſtehet / wird das eine Theil vom Auffladen geſencket / als mit Boͤ⸗
ſen oder Guten.
4. Die Suͤnde macht ſich nicht ſelber / fondern der Wille
wachtdie/ ſte komt von der Imagination in Geiſt / dan der Geift
gehet in ein Ding / und wirdvon dem Dinge inhciret / alfo komt
die Turba deffelben Dinges in Geiſt / nñ zerftörcterftlich die Bild⸗
nuͤß GOttes / und alßdan gehet ſte weiter / und ſuchet tieffer / ſo
findet fie den Abgrund als die Seele / und ſuchet in der Seelen /
fo findet ſie das grinunige Fewer / mit deme verinifcht fie fich mit
dem eingeführten Dingeim Get ; alſo iſt itzt die Sünde gan
gebohren.
5. So iſt nu alles Suͤnde was begehrt das Aeuſſere in Willen
zu fuͤhren; Der Will ſoll ſchlecht in die Liebe und Sanfftmuht
gerichtet ſeyn / gleich als waͤre er nichts oder tod / er ſoll nur
Gates Lben begehren / daß Bar in ihme fchaffe > alles was
; 7 er
38° Die1s. Frage. Wie die Seele beydes
er ſonſt thut / ſoll ſein Wille alſo gerichtet ſeyn / daß ers GOtt
thue: Und fo er feinen Willen in das Weſen ſetzt / fo führeter
das Wefen in Geift / das befigtihme fein Hertz / alfo ift die Tur»
ba gebohren / und die Scele mit dem Dinge gefangen.
6. So geben wir euch zur Antwort / dag Feine Seelerein aus
Mutter $eibe komme / fte fey von Heiligen oder unheiligen Eltern
gezeuget : Gleich wie der Abgrund und Zorn GOttes / ſo wohl
die irrdiſche Welt/ alles an GOTT dem Vatter hanget / und
verinag doch auch fein Herb und Geiſt nicht zu ergreifen und zu
rügen : Alfo ifts auch mit dem Kinde in Mutter-Leibe / fo es
von Böttlichen Eltern gezeuget wird / ſo ſtehet jedes Principium
in feinem Theil: Wan die Turba den irrdiſchen Leib nimt / fo
nimt der Himmel den Beift / fo erfüller die Majeftät den Geift/
fo iſt die Seele in GOTT / und iſt frey von der Pein.
7. Aber weil die Seele im indifchen Leben ſteckt / ſo iſt ſie
nicht frey / Urſach / der irrdiſche Geiſt fuͤhret immer ſeine Grew⸗
el mit feiner Imagination hinein / und muß der Geiſt immer ins
Streite wieder das irrdiſche Leben fichen:
Die 16. Frage.
Wie die Seele anne im Adamiſchen Leibe / und dar
auch im Newgebornen Leibe in ſolcher Vereinigung
gehalten werde?
a. SIr haben oben gemeldet / daß drey Principia
ſeynd / welche nunmehr alle drey in der Seelen
ſind / und ineinander ſtehen als ein Ding / und
fügen euch dieſes / daß der Streit in der See—
len ſchon im Saamen angehet / weil der noch in
beyden Geſchlechten in Mann und Weib verſchloſſen liegt / fo
erregt ſich ſchon Die Turba, in deme die Effeng des Saamens-
zu einer falfchen Imagination freibt / zu einer falfchen Begierde,
2. Und ob der Geift wohlden Leib zaͤhmet / noch imaginiret er/
und das urfachet die Turba im Saamen / das kan wohl-fein
Menſch laͤugnen / daß mancher auch felber derfelben Imagina-
tion feind ift / und wünfchet fie verbannt zur ſeyn / wo ein rechter
Seitteift.
3. Alfa follet ihr erkennen / dag der Seelen Geift in einer e—
ienden Quetſche ſteckt / und kan nicht loß werden / biß die Turba
den Leib nimt.
: Te
—— ——
A
dm Adamiſchen Seibel ıc. 87
4. Es iſt nie keine Bereinigung mit dem aͤuſſeren Men⸗
ſchen und dem Newgebohrnen ; der auffere wilimmer den New⸗
gebohrnen verſchlingen / dan fie fichen ineinander / aber jeder hat
ein eigen Principium alſo daß der auffere des innern nicht mäch-
tig kan werden / fonur der Geiftim Streitebleibet : Sie koͤn⸗
nen wohl alfo aneinander hangen / dan ſie ftchen alle drey zu
GOttes Wunderthat / fo fie nur in rechter Ordnung jeder in fei=
nem Principio bleiben flehen ; Dan die Serle hatdas Fewer⸗
Regiment und ſie iſt eine Urfach aller drey geben ; und der Geift
hat des Liechts Regiment / in dem vie edle Bildnuͤß ſtehet mit
GoOttes Leibe / und der Auffere Geift hat des irrdiſchen Sehens
Regiment / der ſoll die Wunder ſuchen und eroͤffnen / und der
innere Geiſt ſoll ihme Witz darzu geben / und die Seele ſoll ihm
den Abgrund / als die groͤſte Heimligkeit ofſenbahren.
5. Die Seele iſt das Kleinod / und der Seelen Geiſt iſt der
Finder des Kleinods; der irrdiſche Geiſt iſt der Sucher / der irr⸗
diſche Leib iſt Das Myſterium, darinn das Arcanum ligt der groſ⸗
fen Verborgenheit: dann die GOttheit hat ſich mit der Irrdig—
keit / als im begreifflichen Weſen geoffenbahret; fo gehoͤren nu
drey Sucher dazu.
6. Und ſollens nicht alſo anſehen / als wolten wir das aͤuſſere
Leben anfeinden / dan es iſt uns das allernuͤtzlichſte zu den groſſen
Wundern GOttes / dem gantzen Menſchen iſt nichts nuͤtzlichers /
als daß er in ſeinem dreyfachen Regiment ſtille ſtehe / und nur
nicht mit dem aͤuſſern ins Innere zurück gehe / ſondern mit den
Innern ins Aeuſſere.
7. Dan das Äeuſſere iſt ein Thier / und gehoͤret nicht ins In—⸗
nere / aber feine Wunder / welche aus dem Innern außgebohren /
und ſich eroͤffnet haben im begreifflichen Weſen / die gehoͤren mit
ihrer Figur / nicht mit ihrem Weſen ins Innere / die ſoll der
innere Geiſt einnehmen / als GOttes Wunderthat / dan es wird
in Ewigkeit feine Frewde ſeyn.
8. Alſo ſagen wir / daß die Seele gar wohl kan im newen
Menſchen gehalten werden / wan nur ihr Tinctur-Geiſt der
Sucht und Imagination wehret / ob gleich ver Auffere Geiſt
thieriſch ift / fo kan doch der innere verſtaͤndige den auffern hal⸗
ten und zaͤhmen / dan er ift fein Herr.
9. Wer aber den tyierifchen Geift läffet Herr ſeyn / deriftein
Thier / und hat auch thierifche Bildnuͤß in der innern Figur /
inder Tinctar; Und werden Fewer-Geiſt / als dic Turbam laͤf⸗
get Herz ſeyn / der ift ein wefentlicher Zeuffel in der Innern
Bild⸗
88 Die 16. Frage. Wie die Seele beydesic.
Bildnuͤß / alda ift dem Auffern Geiſt noht dag er Waſſer ing Fe⸗
wer gieffe / daß er doch den fErengen Geift gefangen halt / daß er
Doch (weil er ja nicht wil GOttes Bildnuͤß feyn/) ein Thier
iſt / nach der innern Bildnuͤß. J
10. Und ift uns/ warn wir uns inder Bereinigung betrach⸗
ten / der Auffere Geift fehr nuͤtzlich: dan vicl Seelen würden
verderben / wans der Ihier-Geift nicht thaͤte welrher noch das
Sewer gefangen haͤlt / und dem Fewer-Geiſte irzpifche / thierifche
Arbeit und Fremde fürftellet / darinn er fich doch kan erluftigen/
big er etwan magdurd Wunderfeine edle Bildnüg in der Ima-
gination wieder erblicden / dag er ſie wieder ſuchet.
11. Zhr meine geliebten Kinder / die ihr in GOTT gebohren
ſeyd / euch wird gefaget/ daß es nicht ohne Urfache geſchehen iſt /
das GOTT dem Adam hat den Auffern Geiſt / als das aͤuſſere
Seben in feine Nafe geblafen : Es war Gefahr bey diefer Bild:
nuͤhß / GOtt wufte wie es mit $ucifer war gegangen / wasdie
groffe.ewige Magia vermag : Adam hätte auch Fönnen ein Teu⸗
fel werden / aberder äuffere Spiegel verwehrete das / Dann wo
Waſſer ift das loͤſchet das Fewer.
z2. Auch würde manche Seele in ihrer Boßheit in einer
Stunde ein Teuffelwerden / wan das Auffere Leben das nicht
verwehrete/ daß fich die Seele nicht fan gang enkünden : Wie
iſt mancher fo gifftig und böfe / daß er mordet und übelthut/ aber
fein Fewer hat noch Waffer / fonft wäre cs geſchehen / alstan
ander Galle zufchen / welche ein Fewer-Gifft iſt / aber fie ift
mit dem Waſſer gemenget / dat alfo dem Fewer der Pracht.
geleget iſt.
13. Alfo ifts auch mit dem innern Wefen : der Geift diefer
Welt hat fich in Abgrund indie Seele geflochten / und er hatin
feinem Quaal toͤdtlich Waſſer / damit ſalbet er offtdie Seele warn
fie wil Fewer ſpeyen.
14. Auch Föndte der Auffere Gift ohne das Fewer nicht ein
Leben haben / wiewohl er Fewer hat in allen Eresturen / aber
Daffelbe Fewer ift nur der Grimm vom innern Sewer.
15. Das innere Fewerverzchret Erd und Steine / auch $cib
und Blut/ fo wohl die edle Bildnuͤß / fo das enttzuͤndet wird ing
Willen / da ift das Waffer eine Artzney dafür / welches ihme
den Pracht über die Sanfftmuth GOttes auszufnhren / wie
Lucifer thaͤte / leget.
Die
Die 17. Fr. Woher und warumb die ꝛc. 82
Die 17. Frage.
Woher und warumb die Widerwertigkeit des Geiſtes
und Fleiſches ſey?
Hr Mein geliebter Herr und Bruder / wiſſet ja
wohl/ das Fewer und Warfer cine Feindſchafft
ift ; dan das Fewer ift Leben / fo ift das Waſſer
Sy fein tödten/ das ſehet ihr ja wohlwan man Waſ⸗
URLS fer ins Femwer geuft / fo ift die Qunaldes Fewers
aus / und iſt das Fewer im Tode. ⸗
2. So es aber im Menſchen alſo nicht gantz im Tode iſt / we⸗
gen des Liechtes / welches das Fewer immer urſachet / ſo iſts doch
eine Feindſchafft / gleich wie zwiſchen GOTT und ver Höl-
pi eine Feindſchafft ift / und die Hölle oder Zorns Fewer ift doch
Ottes.
3. Und wäre GOttes Majeſtät nicht / wan nicht fein Zorn
waͤre / der das tunckele verborgene der Ewigkeit / durch den
Grimm der Natur ſchaͤrffet / daß es in Fewer verwandelt wird/
Darauf das hohe Liecht in der freyen Ewigkeit erbohren wird /
welches in dem ſanfften Quall eine Majeſtaͤt machet.
4. Und das Fewer iſt doch die einige Urfache / dag im Liechte
inder Sanfftmuht ein Quallen ift/ dann das Liecht entfichet vom
Fewer-Glaſt / und hat in ſich des Fewers⸗Quaal.
5. Aber wie forne gemeldet / der Wille ſinckt in der Angſt in
Tod ein / und gruͤnet in der Freyheit wieder aus / und das iſt
das Liecht mit des Fewers-Quaal : Aber es halt nun ein ander
Principiam inne / dan die Angftift Siche worden.
6. Alfo hats nu eine Geftalt im Leibe / daß das Fleifch wider
den Geift fireitet / das Äuffere Fleiſches-Leben iſt ein Spiegel
des allerinnerften Fewer⸗Lebens / als der Seelen Leben / foift
der Seelen Geift-Schen mit dem Liechte in der Tindtur da? mits
telſte Schen / und wird doch aus der Seelen erbohren.
7. Aber verftchet uns hochztpewer: Der Seelen⸗Geiſt darinn
die Goͤttliche Bildnüg ſtehet / urſtaͤndet im Fewer / und ift erſt⸗
lich Wille zum Fewer: wan ſich aber der Grimm zum Fewer
alſo ſchaͤrfft / und entzuͤndet / ſo komt der Wille in eine groſſe
Angſt / gleich einem Sterben / und erſincket in ſich ſelber aus dem
Grimm in die ewige Freyheit / und iſt doch Fein Sterben / ſon⸗
dern alſo wird eine andere Welt aus der erſten.
8. Dan der Wille gruͤnet nun in der andern Welt als eine
| Schärfe
zZ,
99 Die 17. Fr. Woher und warumb die
Schaͤrffe aus-dem Fewer / aber ohne ſolche Angſt quaal / in der
ewigen Freyheit aus / und ifbein Weben / ein Treiben / ein Er—⸗
kennen der Angſt-Natur / er hat alle Effentien , ſo in der
ersten fcharffen Fewer⸗Welt inder Angſt erbohren werden] aber
fie find gleich einem / der auffin Fewer ins Waſſer gehet/ da blei⸗
bet die Angft des Fewers im Waffer..
9. Alfo verftchet uns: dicſes Leben ift der Seelen Geiſt⸗Le⸗
ben / die Seele ift Centrum Nature „und der Geift die thewre
edle Bildnuͤß / die GOTT ſchuff zu feinem Bilde: Hierinn fte=
het Die. Hoch- Königliche und thewre Bildnuͤß GOttes / dan
GHTT ift auch alfo / und in demſelben Lebens⸗Quaal begriffen.
zo, Den Beift iſt nicht von. der Seelen abgetrennet / nein}.
gleich wie ihr ſehet daß Fewer und leuchten nicht getrannt ift/und
iſt doch auch nicht eines: eshat zweyerley Quaal / das Fewer ift
grimmig / Das Liecht fanffte und Fieblich / und im Liechte ift das
geben / und im Fewer iſt die Urſach des Lebens.
xx. Alſo koͤnnet ihr die Urſachen der Widerwertigkeit des
Fleiſches und Geiſtes / gar ſanffte ohne viel Suchen finden; dan
der innere Geiſt hat GOttes Leibe aus der ſanfften Weſenheit
und der aͤuſfere Geiſt hat des grimmen Fewer⸗Spiegels Leib /
als der. Seelen⸗ſpiegels Leib / der mil immer die Grimmigkeit
erwecken / als die groſſen Wunder ſo im Arcano der Seelen
Strengheit liegen / ſo wehret ihme der innere Liebe⸗Geiſt / daß er
ſich nicht ſoll erheben und die Seele entzuͤnden / er würde ſonſt feis
ne liebe Wonne und Bildnuͤß verlieren / und wuͤrde es ihm der
Seelen Grimm zerſtoͤren.
12. Alſo iſt Widerwertigkeit / der innere Geiſt wil Her
ſeyn / dan er zaͤhmet den aͤußeren; ſo wil der aͤuhßere auch Herr
ſeyn / dan er ſpricht / ich habe die groſſen Wunder und das Ar-
canum, und pranget alſo mit dem Myſterio, und iſt doch nur
ein Spiegel des Myſterii. Er iſt nicht Das Weſen des Myferii
fondern eine Sucht / wie ein begreifflicher Spiegel / in deme das
Myfterium erfehen wird/ noch wil er Meifter ſeyn / weilerein
Principium erlanget hat/ und ift ein eigen Leben; aber er ift
Marı gegen den Myfterio zu achten.
13. Darumb lieben Bruͤder wollet ihr Myferium ſuchen / fo
ſuchets nicht im aͤuſſern Geiſte / ihr werdet betrogen / ihr bekom⸗
met nur einen Glaſt vom Myſterio. Gehet hiuein biß ans Creu⸗
tze / dan ſuchet Gold / ihr werdet nicht betrogen werden / ihr
muͤſſet das reine Kind ohne Mackel in einer andern Welt ſuchen /
in dieſer Welt findet ihr nur das roſtige Kind / das gar unvoll⸗
kommen iſt / greiffets nur vechtan. 14. Ge⸗
a
Wiederwertigkeit des Geiftesic. fey? gr
124. Gehet vom Creutz zu rücke in die vierdfe Geſtalt / da habt
ihr Sonn und Mond ineinander / führets in die Angſt in den
Todt / und zertreibt den gemachten Magiſchen Leib alfo weit/
big er wieder das wird was ervorm Centro im Willen war / fo
ift er alsdan Magifch uud hungerig nach der Natur ; Erifteine
Sucht in der ewigen Sucht / und wolte gerne Leib haben / fo
gebet ihm für Leib Solem, als die Seel / ſo wird er gefhwind
ihm einen Leib nach der Seelenmachen / dan der Wille gruͤnet
im Paradiſe mit gar ſchoͤner Himmliſcher Frucht ohne Macul.
15. Du habt ihr das: ſchoͤne edle Kind ihr Geitzhaͤlſe / wir
muͤſſens euch doch ja ſagen / weil es mitte gebohren wird / und
wollen doch hiermit nur den unſern verſtaͤndig ſeyn; Dan wir
meynen nicht Spiegel oder Himmel / ſondern Gold / da ihr mit⸗
te pranget / das alſo lange Zeit ewer Abgott iſt geweſen / das iſt
gebohren / und ſtoͤſſet der blinden Kuhe die Augen vollend aus /
dag ſie weniger fichet als vorhin; aber die Kinder ſollen ſehen/
eſſen und fatt werden / daß ſte GOTT loben.
16. Wir reden allhier wunderlich / abernur das als wir fol:
fen / deſſen verwundere fih Piemand / daß der das Myfterium-
weiß / der es wie gelernet hat : waͤchſt doch eig Kraut auch ohne
ewren Rath / es fraget euch nicht umb Kunft ; alfo ift auch My⸗
fterium gerwachfen ohne ewere Kunſt: Es hat feine Schul /
gleich als die Apoſtel am Pfingftstage/ welche mit vielen Spras
hen und Zungen redeten/ ohne Vorwiſſen der Kunſt; alfo die»
fe Einfalt.
17. Und iſt dir Babel deines Unterganges ein Bor:
bote | daß du es weiſt / es hiffft dich Fein Stimm noch
Zorn ; Der Stern it gebohren / der die Weiſen aus
Morgenland fuͤhret / ſuche dich nur wo du biſt / und fin-
dedich / und wirff die Turbam von dir / fo wirft du mie
den Kindern leben | fagen wir ohne Schertz / es if
Fein anderer Raht / dein Zorn iſt dein Fewer das dich wird felber
verſchlingen.
18. Oder meyneſtu wir ſind blind? So wir nicht ſaͤhen / ſo
geſchwiegen wir doch was würde GOTT für Gefallen ander
tügen fragen/ und wir würden alfd in. der Turba erfunden /
welche aller Menfchen Wefen und Werke durchſucht: Oder
dienen wir damit umb sohn 2 iftsunfere Nahrung ? warumb
Heiben wir nicht am Brode nach unſerer Äuffern Vernunft? Se
5 unſer Zagewerd ift/ fo follen wir thun was der Batter wil
dan
92 die 17. Fr. Woher die Wiperwvertigk.ie. fey?
dan wir follen am Abend Nechenfchafft darvon geben / fagen wir
thewer ohne Scherß.
19. Alfo koͤnnet ihr ja die Widerwertigkeit des Geiftes und
Sleifches verfichen/und er kennet ja wohl/wiezwey Geifter inein⸗
ander find/ da ciner wider den andern ſtreitet; dan einer wil
GOTT haben / und der ander wil Brod haben / und find beyde
nuͤtzlich und gut.
20. Aber Menfchen:Kind laß dirs gefaget ſeyn / führe dein
Sehen fürfichtig/ lag der Seelen-Geiſt Herr ſeyn / fo wirft du
allhier gar wohl gefochten haben/ dan es ift allhier eine kurge
Zeit: Wir ſtehen allhier im Ader und Wachſen / fehe jeder zu
was er wilfür Früchte tragen ; es wirdam Endeder Erndte ci»
nem jedem Wercke fein Behalter gegeben werden.
21. Esiftbeffer eine kleine Weile in Muͤhe und Kummer im
Weinberge arbeiten / und des groffen Lohnes und Ergesung zu
erwarten / als allhier eine kleine Zeit cin König ſeyn / und
hernach ein Wolff / ein Loͤw / ein Hund / eine Katze / eine Kröhte/
eine Schlange/ und Wurm in der Figur.
22. O Menfchen-Kind bedencke es / fey doch gewarnet/ dan
wir reden gar thewer aus einem mwunderlichen Auge / ihr
werdet es gar naheerfahren / es iſt noch eine Fleine Zeit]
dan der Anfang hat ſchon das Ende finden und dig
it ein Möfefein aufm Unfange / werdet doch ſehend / thut
Doch den Geitz ausden Augen / over ihr werdet weinen und heit»
len / und Niemand wird ſich emerererbarmen ; dann waseiner
ſaͤet / das erndet er auch ein / dan was hülfft euch der Pracht und
Ehre / fo es doch von euch weg fället: Ihr feyd allhier viel⸗ maͤch⸗
tig / und werdet darnach unmächtig 5 Ihr ſeyd GOttes / und
laufft felber zum Zeuffel ; erbarmet euch Doch übet ewer Leben /
und über ewer fhöne Hinunels Bildnüß.
23. Seyd ihr doch GOttes Kinder / werdet doch nicht Teuffel/
laſt euch die Gleißner mit ihrem Loben nicht auffiyalten / fie thuns
umbs Bauchs und Ehre willen / umb Geldes willen / fie find
Dienerder groffen Babel : Suchet euch felber / fraget ewer Ge⸗
wijfen/ obs in GOTT ſey. Es wirds euch wohl Elagen und fagens
treibtdie Heuchler von euch / und fuchet das Flare Angelicht Got»
tes / ſehet nicht durch den Spiegel ; ift doch GOtt vor euch / Er
iſt in euch / beichtet ihme Eomt mit dem verlohrnen Sohn zu
ihme : Niemand fan fonft die Turbam von euch nehmen / ihr
muͤſſet nur Durch den Todt im eine andere Welt gehen / da ewre
Heuch⸗
Die 18.Fr. Wie fich die Seeleimsie. 93
Heuchler nicht hin koͤnnen / anderſt ift Feine Vergebung der
Sünden ; und wan ihr dem Heuchler alles gebet/ fo feyd ihr
einmahlals das ander in der Turba gefangen. .
24. Es ift nicht alfo das einer ſtehet und nimbt die Turbam
von euch weg / wan ihr ihm gute Wortgebet / nein / nein) es iſt
Magiſch / ihr muͤſſet anderft gebohren werden / wie Chriſtus
ſaget / fonfterreihtihrnicht GOTT / thut gleich wie ihr woller ;
Ale Heucheley ift Trug.
25. Wollet ihr GOTT dienen / ſo muß es im newen Men⸗
ſchen geſchehen / der irzdifche Adam Ean ihm keinen Dienſt thun /
der ihme angenehm wäre/ er ſinge / klinge / ruffe/ fchreye/ bete / und
was er dan thut / ſo iſts Spiegelfechten / der Wille muß darin⸗
nen ſeyn / das Hertz muß ſich darein ergeben / ſonſt iſts Tand
und eine Fabel des Anti⸗Chriſts / der die gantze Welterfuͤllet.
26. Der Wille iſt groͤſſer und maͤchtiger dan viel Geſchrey /
er fan die Turbam zerſtoͤren / und in die Bildnuͤß GOttes tret⸗
ten / er hat Macht GOttes Kind zu werden / er fan Berge umb⸗
werffen / und Todte aufferwecken / fo der in GOTT gebohren
iſt / und es ihme der H. Geiſt zulaͤſſet.
27. Dann in dem Gehorſam muß er in groſſer Demuht wan⸗
deln / und nur feinen Willen in GOttes Willen werffen / dag
GHTT in ihme ſey das Thun und Wollen / das iſt der Weeg
zur Seeligkeit / und zum Himmelreich / und kein anderer; es
predige gleich Bapſt oder Doctor anderſt / ſo iſts alles erlogen /
und ein Gleißneriſches Spiegelfechten.
Die 18. Frage.
Wie ſich die Seele ins Menſchen Tode vom Lei⸗
| be fiheide?
» hier wollen wir die Welt zu Gafte geladen haben}
fonderlich Babel die Hure / ob doch auch noch mache
B fe cin Kind ays ihr werden ; dann der Tod ift ein
M Schrecken⸗Gaſt / er wirfft den folgen Reuther mit
dem Roß zuboden.
2. Mein geliebter Freund / das ift gar eine ſcharffe Frage /
und darff Augen allerdrey Principien , die wohlfehen/fte muͤſſen
nicht im Tode ſterben / wan ſte hinein gehen und ſehen dieſes / ſie
muͤſſen dem Tode ein Gifft ſeyn / und der Hoͤllen eine Peſtilentz:
ſie muͤſſen den Todt gefangen nehmen / wollen ſie dehn (ha
94 Die 13. Frage. Wie ſich die Seele
en fonft erfährets kein Verſtand / er komme dan felber in
Tod / fo wird ers wohl fühlen/ was Todt ift / er wirds wohl
gi was das iſt / wan ein Principium zerbricht / als ein
leben.
3. Ihr habet oben vernommen / wie alle Weſen Magiſch
ſeynd / da je eines des andern Spiegeliſt / da im Spiegel wie⸗
der des erſten Spiegels Begehren eröffnet wird und zum Weſen
komt / und dan wie in allem Weſen die Turba fey / Die alles zer⸗
bricht / big auff das erſte Weſen / das ift alleine und hat feinen
Zerbrecher ; Dann cs ift nichts mehr / es kan nicht zerbrochen
werden / es ſtehet in fich und auffer fih / und gehet wohin es wil/
fo ifts überall auff einem Orte; dan es ift im Abgrunde / da feine
Städte der Ruhe iſt / es muß nur in fich felber ruhen.
4. So dan alle Weſen find aus Einem Eommen/ fo iftder
Anfang auch im leuten Weſen / dan das legte iſt wieder zu ruͤcke
in das erfte gewandt / und ſuchet das erfte / und findet das in
fich/ und fo es das erfte findet / fo-läffet es das ander alles fahren /
und wohnet am Ziel/ da Fan cs ohne Quaal ſeyn; Dan es ift
nichts das ihme Auaal mache / es iſt felber das Ding des erften
Weſens; und obs ein anders ift/ fo ifts Doch nur fein Zweig / und
bat fonft keinen als feinen QBillen / dann es iſt nicht 5 das einen
. andern Willen gebe.
5. Alfo verständigen wir euch des Sterbens ; Der Anfang
ſucht das Ziel/ und wan ers findet/ fo wirffter das Suchen weg /
das iſt das irrdiſche Seben / das wird weg geworffen / es muß ſich
felber zerbrechen : Dan der Anfang / alsdie Seele / bleibetim
Ziels und laͤſſet den Leib yinfallen / undift keine Klage umb ihn /
die Seele begehrt ihn auch nicht mehr / er muß auch in fein Ziel
gehen / alsindie Wunder deffen / was er gewefen ift.
6. Dem Seelen-Geiſt gefchicht kein Wehe / wan der Leib hin⸗
fallet; aber dem Fewer-leben geſchicht wehe / dan die Materia des
Fewers/ was das Fewer hat erbohren / das bricht abe / aber nur
im Weſen.
7. Die Figur bleibet im Willen ſtehen / dan der Wille kan
nicht brechen / und muß die Seele alſo im Willen bleiben / und
nimt Die Figur vor Materiam, und brennet im Willen: dan die
erſte Glut des Fewers vergehet nicht / aber ſeine Materia des irr⸗
diſchen Lebens / als Phur, wird ihme abgebrochen.
8. Alſo wird das Fewer unmuͤchtig / und tritt in die Finſter⸗
nuͤß / es ſey dann daß der Geiſt himmliſche Weſenheit habe / als
Gottes Leib / ſo einpfaͤhet das Fewer / als die rechte —
ſelben
ins Menfehen Tode vom Leibe ſcheide? 9 5
ſelben ſanfften Leib zu einem Sulphur, fo brennet die Seele im
Liebe-Fewer / undiſt gang aus dem erſten Fewer⸗Leben weg.
9. Sie iſt nun in GOttes Principio, das erſte grimmige Feu⸗
er kan ſie in Ewigkeit nicht beruͤhren / dan es hat eine andere
Quaal empfangen / und iſt wohl recht newgebohren / undweiß
nichts mehr vom erſten Leben / dan es iſt in Magia verſchlungen.
10. Die Turba bleibt im irrdiſchen Leibe / und wird wieder
das / das fie war cheder Leibward / als ein Nichts / eine Magia ,
Da alleihre Wefeninder Figur als imeinem Spiegel inneſtehen;
aber nicht leiblich / fondern nach. arth der Ewigkeit; alswirers
kennen / dag alle Wunder find vor diefer Welt in einen Myfterio
geſtanden / als in der Zungfrawen der Weißheit / aber ohne
Weſen.
1x. So erkennen wir auch nu allhier / daß daſſelbe Myſterium
in ſeiner Theilung ſey alſo offenbahr worden / daß es in Ewigkeit
nicht mag erloͤſchen / fondern bleibet ewiglich im Unterfcheide 7
und in der Theilung ſtehen / und wird in der Magia in der Thei⸗
lung geſehen / auff Arth / wie ſichs allhier hat geformt.
ı2. Alſo iſt uns erkaͤntlich / was das Scheiden ſey / als nehm⸗
lich dieſes: die Turba hat das Ziel des Weſens funden / dan die
Cranckheit zum Sterben iſt anders nichts / als daß ſich die Turba
hat entzuͤndet / und wil das Weſen zerbrechen; ſie iſt am Ziel/und
wil das eingefuͤhrte Mittel wegwerffen. Und das iſts auch daß
der Leib ſtirbet.
13. Die Turba tritt in ſich ins Fewer / fo erloͤſcht das aͤuſſere
Leben / dan ihme wirddas Seelen-Fewer entzogen / fo gehets in
fein Ather, und ift an feinen Biel.
14. Und fo nun das Seelen-Fewer nicht im Beifte GOttes
geib hat / und auch nicht im Willen / im Begehren/ foilts ein fin⸗
ſter Fewer das in Angft und groſſem Schrecken brennet / dan es
hat nur die erſte 4 Geſtalten der Natur in der Angſt.
25. So der Wille nichts von Krafftder Demuht hat / ſo ift
fein unter fich oder in fich Erfincken / durch den Tod ins Schen }
fondern es ift gleich einem ängftlichen unfinnigen Rade / das im⸗
mer über ſich gehen wil/ und gehet doch auff der andern Geiten
unter fihs es ifkeine Fewersant/ hat doch Eein Fewerbrennen /
dan die Turba iſt die gar ſtrenge Herbigkeitund Bitterfeit/ da
die Bitterfeit immer das Fewer fucht und wilaufffchlagen / und
die Herbigkeithälts gefangen / daß es nur eine erſchreckliche Angſt
ift / und gehet immer als ein Radt in ſich undimaginiret; aber
es findet nichts / als ſich ſelber / es zeucht ſich ſelber in ſich und
ſchwaͤn⸗
95 Die 18. Frage. Wiefich die Seele
ſchwaͤngert ſich / es friftfich felber / esift felder fein Weſen. Es
hat fonft Fein Weſen / als nur diefes/ was der Scelen-Geift
im auffern Sehen immer gemacht hat / als Geis / oder Hochmuht /
Fluchen / Schweren/ Schinden / Affterreven / Verleumden /
Neid / Haß / Grimm) Zorn / Falſcheit / das iſt feine Speiſe /
und. Kurtzweil / feine Verbringung / dan die Turba nimt im
Willen das Weſen mitte / ihre Wercke folgen ihnen nach.
16. Und obs was Guts gemacht haͤtte / ſo iſts doch nur im Gla⸗
ſte und Scheine geſchehen / aus ruhmhafftigem Gemuͤthe; alſo
ſtehets auch hernach immer im Auffſteigen / und erhebt ſich im⸗
mer / es wil immer uͤber die Sanfftmuht aus / und erkennet ſie
Doch nicht / und ſiehet ſie nicht / es iſt ein ſtaͤtes über GOtt Erhe⸗
ben / und doch nur ein ewig Sincken; es ſucht den Grund / und iſt
keiner / das iſt ſein Leben.
17. Und ſo er aber in ſeinem Willen noch etwas reines von der
Liebe ergriffen hat / als mancher / der ſich doch letzlich am Ende bekeh⸗
ret / der erſinckt doch alſo in ſich ſelber durch die Angſt: dan das de⸗
muͤhtige Fuͤncklein gehet unter ſich durch den Tod ins Leben / da ja
der Seelen⸗Quaal ein Ende nimbt / aber es iſt ein kleines Zweig⸗
lein gruͤnend in GOttes Reich.
18. Und was dieSeele vor cin Fege⸗fewer habe / ehe ſie vermag
mit dem Fuͤncklein in ſich einzugehen / iſt nicht gnug zu ſchreiben /
wie fie dan vom Teuffel gehalten und geplaget wird / welches die
kluge Welt nicht glaͤuben wil / ſie iſt zu klug / und auch gar zu blind /
ſte verſtehets nicht / und hanget ſtaͤts am Buchſtaben: O wolte
GoOtt es erfuͤhre es keiner wir wolten gerne ſchweigen.
19. Wir fagen aber von keiner fremben Quaal / ſondern nur
von der / welche in der Turba iſt / und auch von feiner andern
Macht des Teuffels über die arme Seele) als nur fein Schrecken /
und grewlich Fürftellen / dag alfo der Seelen Imagination genug
darinn gequaͤlet wird.
20. Es iſt noch lange nicht umb die Hoͤlle bewandt / wie Babel
lehret / ſagende / der Teuffel ſchlage und peinige die Seele / es iſt
gantz blind geredt: Der Teuffeliſt nicht mit ſeinen Kindern ſelbſt
uneins / ſte muͤſſen alle ſeinen Willen thun: der Hoͤllen Angſt und
Schrecken iſt ihnen Plage genug / einem jedem in ſeinen Greweln:
ein jeder hat ſeine eigene Hoͤlle / es iſt ſonſt nichts das ihn ergreifft
als fein eigen Gifft.
21. Die vierdte Geſtalt des Urſtandes der Natur iſt die allge»
meine Quaal / die fühleteiner n ach feiner Turba, je einer ander ſt
als der ander / als din Seitziger hat Froſt / cin Zorniger Fewer /
ein
Die 19. Fr. Wiedie Seele fterblich ic. fe? 37
ein Neidiger Bitter / ein Hoffärtiger hat Fliegen und ewig
Sincken / und in Abgrund fallen; ein $äfterer frift in ſich die
Turbam feiner außgefchütteten Grewel ; Ein falfch verleumde⸗
rifch Her hat die vierdte Geftalt/ alsdiegroffe Angft: Dan
die Tarba ſtehet im Fewer⸗Circkul als im Herge der Scelen ; und
die falfchen Reden / Luͤgen und Untrew / find ein Grewelund
Nagen / eininfich Verfluchen / und fo fort.
22. Ein Gemwaltiger / der den Elenden hat bedrenget md
ihme feinen Schweiß in Hoffarth vergehret / der reuthet im Flu⸗
he des Elenden imvollen Fewer / dan des Elenden Noth ſtecket
alle in ihm. Er hat feine Ruhe / feine Hoffart fleiget immer auff/
er thut in feinen Gebehrden / als er hie gethan hat er ſuchet im»
mer / unddarberdoch alles : deffen zu viel war / hater zumenig/
er friffet fich immer umbs Weſen / und hat Feines / dan er ilE
Magifh. Er hat feine rechte Bildnuͤß verlohren / er hat etwa
eines ſtoltzen Roſſes Bildnuͤß/ oder womit er allhie ift umbaes,
gangen / was er in feinem Willen mitnimt / das iſt feine Bilde
nuͤß; wo fein Hertz iſt / da iſt auch fein Schatz / und das in ſel⸗
ne Ewigkeit.
23. Aber Fritz reuch was das Juͤngſte Gericht wird mitbrin⸗
gen / da alles foll durchs Fewer gehen / da die Tenne ſoll gefeget
werden / und einem jeden feine Stelle werden / vor diefem erzig
gern auch die Teuffel.
Die 19. Frage.
Wie die Seele jterblich / oder unfterblich ſey?
1. In Ding das einen ewigen Anfang hat / dasha®
auch ein ewig Ende / als dan die Ejjens der Sce⸗
len ift.
2. Was anlanget die Bildnuͤß die GOTT
ſchuff / welche zeitlichen Anfang hat / die ift aus dem e⸗
wigen erbohren / und wird in das ewige Weſen ohne Quaal geſetzt.
3. Wo keine Quaal iſt / da iſt auch kein Todt; und obs Quaal
iſt / als dan im Himmel Quaal iſt / fo iſts in Einem Willen/
und der gründet in die Ewigkeit: Es iſt nichts das ihn findet /
ſo kan auch nichts darein kommen.
4. Wo nur Ein Wille iſt als in GOTT / der alles in allen
iſt / da iſt nichts mehr das den Willen kan finden / es iſt keine
Turba alldgr / dan der Wille begehret nichts mehr / als nur ſich
€ und
28 Die 19. Frage. Wie die Seele fterblich ıc.
und feine Zweige / welche alle in Einem Baume ſtehen / im
Einer Effeng : der Baum iſt fein felber- Anfang und auch fein
ſelbſt⸗Ende.
5. Die Seele iſt aus GOttes Munde aufgegangen / und ge»
het im Sterben des Leibes wieder in GOttes Mund / ſie iſt im
Worte das Weſen / und im Willen das Thun. Wer wil dehn
nun ſchuldigen / der ein Ding in feinem Leibe hat? Als die See—
de die in GOttes Leibe iſt / ſie iſt vor allem Ubel in GOTT ver>
borgen / wer wil fie finden ? Niemand als GOttes Geiſt / und ei⸗
ne Seele die andere / und eine Gemeinſchafft der Engel.
6. Aber der Gottloſen Seelen haben im Ziel ihr Bildnuͤß ver⸗
lohren / dan ſie ſind in ein Ziel eingegangen / und das Ziel iſt das
Ende der Bildnuͤß: ——— erſte Bildnuͤß / und
zeucht dem Willen ſein Weſen an zu einer Bildnuͤß / die ſind
auch unſterblich; dan die ewige Natur ſtirbet nicht / dan ſie iſt
von keinem Anfange; Wan die ewige Natur im Zorn⸗Fewer
ſtuͤrbe / ſo verloͤſche auch GOttes Majeſtaͤt / und würde aus dem
ewigen Etwas wieder ein ewig Nichts: Das kan nun nicht ſeyn;
was von Ewigkeit iſt / das bleibet ewig.
7. Die falſche Seele kan keine andere Quaal erwecken / als
nur dieſe / welche von Ewigkeit iſt im Zorn⸗Auge als im Centro
Naturæ geſtanden: Es iſt alles von Ewigkeit geweſen / aber eſ⸗
ſentialiſch in der Eſſentz / nicht im Weſen der Eſſentz; nicht we⸗
ſentliche Geiſter / aber figurliche Geiſter ohne Corporirunge
ind von Ewigkeit geweſen / als in einer Magia, da eines dasanz
Der verſchlungen hatin Magia. _
8. Und ift aus den Beyden das Dritte worden / mach dieſer
Keyder Geftalt : Es iſt von Ewigkeit ein Ringen geweſen / und
ein figürlich Weſen / und die Schepffung hat alles ins Wunder
geſetzt / alfo dag in der ewigen Magia nun und in Ervigkeit alles
iin Wunder ftchet.
9 Wan der Gottlofen Seelen kein Werfen in ihren Millen
Hatten eingeführet / fo wäre fein Wehe darinnen / es wäre Feine
Empfindligfeit fondern Magia.
20. So ift das Wefen eine Bildnuͤß / umdift in der Turba:
alfo ifts empfindliche Quaal; Es ift Sterben und. doch fein
Sterben / fondern ein Wille des Sterbens / als cine Angft in
demſelben Weſen / was in Willen ift eingefuͤhret worden.
zı. Und das urfachet das / daß fich alles nach GOTT faͤhnet /
undlmag ihn aber nicht erreichen / das macht Augſt und Rewe ü>
bet die einge fuͤhrte Boßheit / da dic Seele je gedencket /
I
Die 20. Fr. Wie ſie wieder zu Gottkorfer 99
du doch diß und jenes nicht gethan / ſo koͤnteſt du zu B9T»
tes Hulde kommen / und das böfe Weſen macht den ewigen
Zweiffel. !
12. Alfo fagenwir / dag keine Seele fterbe / fie feyin GOTT
der 2 der Hölle / und ihr Weſen bleibet ewig zu GOttes Wun⸗
der fichen. .
Die zo. Frage,
Wie fie mieder zu GOTT komme?
en} As iſt ſchon genug erkläret worden / daß ſie atis
BOttes Mundeift außgeſprochen worden / und
vom Heiligen Geifte indie Bildnuͤß GOttes ges
fchaffen : So fie alfo bleibet / fo ift fie/ waıt
fie aus dem irndifchen geben außtritt / ſchon in
OoOttes Munde / dan ſie ift in GOttes Leibe: Beine Anal
ruͤhret ſie an.
Die 21. Frage.
Wo fie hinfahre wann fie vom Leibe ſcheidet / fie few
ſeelig oder unſeelig?
1. Er die 3. Principia recht verſtehet / der hat allhie
keine weitere Frage > dan die Seele faͤhret nicht
zum Munde ans’ dan ſie iſt auch nicht zum Mun⸗
de eingefahren ; fondern fte tritt nur aus dem irr⸗
difchen Leben; die Turba bricht das irrdiſche Leben
ab / fo bleibtdie Seele in ihrem Principio ftehen
2. Dann der Leib faffer fie nicht / kein Hols noch Steine faſ⸗
J en ſie / fie iſt duͤnner als die Lufft / und ſo ſie GOttes Leib Hk 7
fo gehet fie ſchlecht als ein Ritter durch die Turbam, als durch
den Zorn GOttes / und durch den Tod durch / und war fie durch
iſt / ſo iſt ſie in GOtkes Weſen.
3. Sie bleibet bey ihren hie gemachten Wundern und Weſen /
ſie ſehet GOttes Majeſtaͤt und die Engel von Angeſicht zu An⸗
geſicht; wo ſie iſt da iſt ſie in der ungruͤndlichen Welt / da kein
Ende noch Ziel iſt / wo ſoll fie hinfahren ? wo ein Aas iſt / du
ſamlen ſich die Adler / ſie iſt in Chriſti Fleiſch und Blute / bey
Chriſto ihrem Hirten.
4. Und ob lic tauſend Meilen führe / fo wäre ſie doch m.
€: ur
100 Diezı. Srage. Wo ſie hinfahre wan fie
Drte da fie ware außgefahren/ dan in GOTT ift kein Ziel]
Rabe und Weit iſt ein Ding. Sie iſt fe ſchnelle als ein Gedanc⸗
ke des Menſchen / ſie iſt Magiſch / ſie wohnet in ihren Wundern /
das iſt ihr Haus.
5. Die Weſenheit auſſer ihr iſt Paradiß: Ein Gruͤnen / Bluͤhen /
und Wachſen / von allen ſchoͤnen Himmels-Früchten ; gleich wie
wir in dieſer Welt allerley Fruͤchte haben / davon wir irrdiſch
eſſen: alſo ſind auch allerley Fruͤchte im Paradiß / da die Seele
mag eſſen; ſie ſind mit Farben und Krafft ſo wohl im Weſen /
nicht als ein Gedancke / aber ſo duͤnne und ſubtile ſind ſie als ein
Gedancke / aber weſentlich / der Seelen begreifflich/.fühlig/ kraͤf⸗
tig / farftig vom Waſſer des Lebens / alles aus der himmliſchen
Weſenheit.
6. Denn der himmliſche Leib der Seelen iſt vom reinen Ele⸗
ment / darauß die 4. Elementa find aufgebohren/ und gibt Fleiſch /
und die Tinctur gibt Blut / der Himmliſche Menſch iſt im Flei⸗
ſche und Blute / und das Paradigift Krafft der Wefenheitz es
iſt himmliſche Erde / unſerer aͤußeren Vernuufft nicht faßlich.
7. Aber wir werden euch itzunder abermahl ein ander A. B. C.
lehren: Nicht alle haben Chriſti Fleiſch an ſich in dieſer Welt /
im alten Adam verborgen / auch wohl in ſehr vielen nicht einer /
nur die Newgebohrnen / welche find aus ihrem Willen außge⸗
gangen in GOttes Willen / in welche das edele Senffförnlein
äft geſaͤet worden / da ein Baum ift außgewachſen.
8. Die meiften Seelen fahren vom Leibe ohn Chrifti Leib / fie
hangen aber am Faden) und find in ihrem Glauben endlich in
Willen getretten; deren Seelen find wohl im Geifte inder Bild»
nuͤß / aber- nicht im Sleifihe ; Die wartendes Jüngften Tages /
Da die Bildnuͤß als der Leib / wird aus dem Grabe aus der erſten
Bildnuͤß herfuͤr gehen;dan GOTT wird fie durch Chriſti Stim⸗
me auffwecken / eben diefe Bildnüß die Adam in feiner Unſchuld
hatte / welche mit Chriſti Blut iſt gewaſchen worden.
9. Aber der irrdiſche Leib foll die nicht beruhren/ er muß auch
in der Turba fürs Gerichte tretten / aber nach dem Sententz des
“Urteils verſchlinget ihn die Turba , und bleiben nur die Wun⸗
der fichen.
10. Undverftehetuns recht ; Die Seelen welche alfo des Jüng-
fen Zages warten müffen auffihre geiber / die bleiben bey ihrem
Leibe in der ſtillen Ruhe / ohne empfindliche Quaal / biß an Jung»
ſten Tag / aber in einem andern Principio.
12, Sie haben in der Erden keine Finſternuͤß / auch Feine
PR Majepät]
vom Seibe fcheidet . For
Majeſtaͤt / fondern feynd in der einigen ftillen Freyheit in Ruhe
ohne Duaal/ ohne Berührung des Leibes.
12. Aber ihre Wunder fehen ſie / aber fie verbringen nichts
darinne / dan ſie warten auff GOTT / und find in Demuth; das
fte find durch den Tod geſuncken / und find in einer andern Welt:
„aber es ift noch eine Klufft zwifchen Ihnen und den heiligen
„Seelen in Chriſti Sleifch und Blute / wohl kein Principium,
dan fie find in Einem Principio : Aber ein Geiſt ohne Leib hat
richt die Macht als der im $eibe / darumb find fie in der Nuhe / ſte
find unter GOttes Altar.
13. Wann der Juͤngſte Tag komt / dan werdch fie herfür ge⸗
hen und von GOttes Brod effen/ und GOttes Seib anziehen /
wie in der Offenbahrung Johannis verineldet wird/ da die See⸗
ben in weiffen Kleidern unter dem Altar fagen : HErr / wan
raͤcheſt du unfer Blut ? Und ihnen wirdgefaget/ dag fie noch ei⸗
ne Feine Weile ruhen/ bit ihre Brüder auch dazu Eommen /
welche umb des Zeugnüg Chriſti willen follen ermordet werden.
14. Aber der Gottlofen Seelen haben eine andere Städte)
als imallerinnerften / welches auch das alleräufferfteift / in der
Finſternuͤß: Die Seel darff auch nirgends hinfahren / fie bleibe
auch fchlechts beym Leibe / in ihrem Weſen / aber nicht in diefer
Melt ; die berühret auch nicht die Erden ; Der Erden ift fie
zwar mächtig / ſie kan die auffthun ohne Weſen und Empfinden,
aber das Auffere Principium hat ftenicht / fie iſt des auffern Gei⸗
fies nicht genug maͤchtig; iedoch Fan fie eine Zeitlang Gauckel⸗
fpiel im Syderiſchen Geifte treiben; Wie dan manche int
Stern-Beifte wieder erſcheinet / und füchet Abftineng / auch
machet manche in Haͤuſern Schrecken und Doltern / das thut fie
ailes Durch den Stern-Geiſt / big ſich der auch verschret / als
Ban ligt ihre Pracht in der Finfternüg / und wartet des Juͤng⸗
ſten Gerichts,
15. Unfere Babel fagen/ es fey der Teuffel / der alſo in der
Selen Geftalt umbgehe; Ja recht Teufels genug mit einer
verdamten Seelen ; aber es iſt nicht der warhafftige Zeuffel/
der iſt im Abgrunde / und plaget auch die Seele in geibszzeit gerne
im Abgrunde der Seelen : Wiewohl ihm ein Schalckskleid
sicht zu viel iſt / er darff wohl ein aufferlich Kleid anziehen / den
Meenſchen zu verführen und zu ſchrecken.
26. Aser diß muͤſſen wir klagen über Babel / daß ſie doch fo
ger blind iſt / und fo wenig Erkaͤntnuͤß GOttes hat : ſie hat die
Magiam und Philofophiam ir und den Antichrift
5 3 ein⸗
202 Die 21. Fr. Wo fichinfahre wan fie ꝛc.
eingenommen; nun mangelt ihr Witz; Kunſt hat fie / allein.
Wis gobricht ihr: fie hat den Spiegel zerbrochen / und fichet-
zurc eine Brille.
ı7. Was ſoll man ſagen ? die Welt ift geblendet / man zeucht
ſie aneiner Schnur / und führet fie gefangen und fie ſihets nicht /
und wäre doch frey war fienur ſaͤhe; es iſt Schalckheit mit dem.
Stricke damit man fie anbindet : Du wirſt bald fehende werden/
48 ift fhon Zag / wache nur auffdu Hüter Iſrael.
18. Alfo gelichtee Freund / ſeyd dep berichtet / daß eine Un⸗
gleichheit der Statte ift mit den Seelen / alles nach dehm die Sec⸗
Is iſt eingegangen. Iſt ſie heilig und newgebohren / fü hat fie Leib /
ie wartet nur der Wunder des Leibes am Juͤngſten Zage : fie
hat diefelben wohl ſchon in. Willen gefaffet / aber fie follen am.
Gerihts-Tage vor Gerichte ſtehen: Alle Seelen gut und böfe /
eine jede follihren Sentent umd Lohn empfahen.
19. Die Heiligen follen den Gottlofen ins Geſichte geftellet
werden / daß fie die Urfachen ihrer Quaal ſehen und ſchuecken.
20. Dag jemand wolte von einer ſonderlichen Stelle oder Or⸗
zhe tichten / dag fie bey einander ſaͤſſen / das iſt gang wider die
Aagiam; Eine jede if in ihrem Lande / und nicht an die Stelle
des Leibes gebunden / ſondern ſie mag ſeyn wo ſie wil / wo ſie nun
iſt / da iſt ſte entweder in GOTT oder in der Finſternuͤß;
GoOTT iſt überall / Die Finſternuͤß iſt auch überall ; die Engel:
ſind auch überall; ein jedes in feinem Principio, und in feiner ei⸗
genen Quaal. |
21. Das Äuffere Bernunfft-tichten ehne Erfäntnüßder Prin-
Cipien ift ein Spiegelfechten; wanich 1000. mahlfragte/ und
würde mir immervon GOTT geſagt / fo ich aber nur im Fleich
und Blut wäre / fo fühe ich das an wie Bubel/ die meynet die
Seele fahre über die Sterne in einen Himmel; ich kenne denfels
Ken Himmel nicht / wilauch ein wohlentbehren.
22. Er iſt wohl droben / aber es find Engliſche Fürften-thro-
en / dieſes Auge der Stheren iſt unſer Fuͤrſtenthumb und unſer
Koͤnigreich; Es iſt mit den obern wohlalles eins mit unſerm/
aber unſer Schoͤpffung und Weſen iſt in unſeren Athern; eine
Seele mag wohl dahin reichen / wil ſie gerne / ſie iſt gar lieb von
GoOttes Engeln angenommen: Dan es iſt eben das Weſen
GoOttes bey ihnen als bey uns / und unterſcheidet nur dieſes /
daß fie Engliſche Werde gantz rein ohne Madel bey innen ha⸗
ken / und wir haben die groſſen Wunder / darumb luͤſtert fie
auch bey ung zu ſeyn / und fie find ohne Las unfere ar
NOIR.
Die 22. Fr. Was eine jede Seelethuerie. roy
beym $eben des $eibes / und widerfiehen dem Teuffel.
23. Sind nn die Engelindiefer Welt im heiligen Principio,
wo foll dan die Seele erft hinfahren / vielleicht in Hoffarth wie
Lucifer / möchte Babeldenden ; O nein) fiebleiben in Demuth/
und fehen auf GOttes Wunder / wie GOttes Geiſt gehet / alſo
auch ſie.
Die 22. Frage.
Was einejede Seele thue Job fie fich frewe biß ander
Tag des legten Gerichts?
=. Jeſe Frage begreift die Frewden⸗ reiche Ehrens
© Pforte / zu erkennen das Ritter-Kränglein der
Seelen.
2. Wan ein licher Sohn außwandert nach
Kunft und Ehren in ein weitesfrembdes Sand /
der dencket offers heimb / undan die Zeit da er wil feine Eltern
und Freunde erfrewen; er frewet ſich deſſelben Tages / und war⸗
tet deß mit innerlichen Fremden und Verlangen / auch uͤbet er ſich
ſelber in feinem Weſen / dag er auch Kunſt und Witz bekoms
me / damit er moͤge ſeine Eltern / Geſchwiſtere und Freunde
erfrewen.
3. Alfo imgleichen führen wir euch gu Gemuͤhte / und geben:
eich dieſes zu betrachten / daß die Seelen ohne Leib eine groffe in=
nerliche Frewde haben / und warten des Jüngften Tages mit
groffer innerlicher Begierde / da fie follen ihren ſchoͤnen heiligen
rLeib mitden Wundern wieder befommen. Auch ihre Zurüftung
in ihrem Willen / da fie dan ihre Wercke nad) Artder ewigen
ungründlichen Magia fehen / welche fie erſt werden in der Figur
am Züngften Tage mit dem newen Leibe aus Dem alten be⸗
Fommen,
4. Und iſt ung erkäntlich und hoch empfindlich / aber im Gei⸗
fte nach feinem Wiffen / dag die feefigen Seelen fich inihrer
hier gemachten Arbeit erfrewen / und fich im ihren Wundern 7
welche fie Magifch fehen / fehr ergesen; dan welche viel haben
zur Gerechtigkeit geführet / denen ift ihr Lohn inder Magia im
Willen vor Augen ; Welche haben viel Verfolgung umb der
Wahrheit willen gelitten/die fehen ihr fhönesRitter-Kränsleiny
welches fie follen am Züngften Tage dem newen Leibe aufffeken
Welche haben viel guts gethan / Denen —— im Willen / un⸗
* 4 ter
#04 Die$r.22. Was eine jede Seele thue /
2er Augen : Und welche find umb Chrifti Ehre / Schre und
Wahrheit willen verſpottet / gehönet / getödtet und verfolget
worden / denen ift der Nitterliche Sieg unter Augen / gleich ei=
em derin einer Schlacht feine Feinde hat überwunden) und ſtel⸗
det feinem Könige und Fürften den Sieg vor / welches er fehr
groſſe Ehre hat/ da ihn fein König mit groffer Frewde annimt /
und zu feinem trewen Gehülffen bey fich hält.
5: Was für Frewde in denen ift/ haben wir feine Feder zu
Treiben : Alleine wir erkennen / daß dieſelben meiftentheils in
Diefer Welt haben GOttes Leib angezogen / und ſind alſo in gröfs
ſerer Vollkommenheit dan die andern : Sie warten des Jüng-
ſten Tages mit geoffer Frewde und Ehren / da ihnen ihre Werc⸗
fe in Himmliſcher Figur werden unter Augen reiten / umd die
Gottlofen fehen werden in wehn ſie geſtochen haben.
6. Eine jede Seele frewer fich in groffer Hoffnung vor
GOTtes Angefichte / deſſen fo ihr wiederfahren toll : denn
shren Lohn erkennet fie / aber fie Kan ihn ohne Leib nicht be=
greiffen ; dan fie hat ihre Arbeit im Leibe gemacht / alfo wer⸗
* ſie ihr auch im newen Leibe wieder kommen / und nach»
folgen. |
7. Dann ob wohl die hoch-thewren heiligen Seelen haben in
dieſer Welt Chrifti Leib angezogen / daß fie alfoals ein S Dites-
Bildim Himmel ſtehen / fo ſeynd doch alleiyre Werde indem
alten geibe gemacht worden / welcher GOttes Spiegel ward / und
die werden in der Aufferſtehung ihnen in der Figur recht Him̃⸗
liſch in ihrem Leibe dargeftellet werden.
8. Dann das erſte Bild das Adam war vorm Falle / das iſt in
Chriſto wiedergebohren worden / und wird der Seelen wieder an⸗
gezogen werden mit ihren Wundern; und ob ſie gleich vorhin
GOttes Leib hat / fo ſtehen doch die Wunder in der erften Bild⸗
süß. Aber die Turba mit dem aͤuſſern Reiche der aͤuſſern Quaal
at weg / dan fie war ein Spiegel / und iſt nuein Wunder worden:
Sie lebet ohne Geiſt als ein Wunder / und wird der Seelen in
groſſer Verklaͤrung vom Liechte GOttes angezogen werden /
deſſen erfrewen ſich Die heiligen Seelen ſehr / und warten deß mit
groſſem Saͤhnen.
9. Und fügen euch zur erkennen / daß cine jede ſeelige Seele ihre
Sampe ſchmuͤcket / das fie wilam Jüngften Tage ihrem Bräuti»
gam entgegen gehen / ihren Willen renovirt fie immmerdar / und
dencket wie fie fich weil in ihrem newen Leibe inden Wundern/
mit allen heiligen Menfchen und Engeln erfrewen / es iſt sr
abe
ob fie fich freive big anden Tagıc. 10%
ſtaͤte Aufffteigung der Fremden in ihnen / wan ſie das Künfftige
bedencken / eine jedenach ihrer Tugend.
zo. Als ihre Werde unterfchiedlich find auff Erden geweſen /
alfo auch ihre Hoffnung ; dan ein Tagelehner der viel verdienet
hat / frewet fich des Sohns ; alfo auch alhier; esiftein freundlich
Weſen bey ihnen undinihnen: Aller Spott umd zugelegte $a>
fer derer fie unſchuldig waren / iſt ihnen eine groffeSieges-Ehre/
dag ſie haben in Unſchuld gelitten / und die Gedultin Hpffnung
angezogen / die haben fte auch noch an / der Ted fan fte nicht meg=
nehmen noch außziehen / die Seele nimt mitte was ſie gefaſſet hat.
Ihre offt hergliche Gebethe wünfchen und wolthun an ihrem
Naͤchſten in der Liebe / iſt ihre Speiſe / daß fie effen und fich frewenz
biß ihr newer Leib wird Paradiß⸗Fruͤchte eſſen.
ır, Aber die welche GOttes Leiballhie angezogen haben / dieſe
eſſen ohn Unterlaß an GOttes Tiſche: aber die Paradiß-Frucht
gehoͤret dem Leibe der Wunder / der auf dem Grabe wird auffſte⸗
hen / welcher ins Paradiß war geſchaffen worden; dan derſelbe
iſt auß dem Anfange gemacht worden / und bringet das Ende mit
den Wundern wieder in Anfang.
12. Und laſſet euch nicht wundern / daß wir alſo (fuͤr ewren
Augen vielleicht alſo unverftanden)gleich als wie von zweyen Lei⸗
beenderallerheiligften reden: Es find ihrer wohl nicht zwey / es
if Einer sdencher nur alfo wie GOttes Wefenheit alles erfülletz
das ift GOttes Leib / der wird den heiligen Seelen noch in die⸗
fern geben angezogen; Dan fie werffen ihren Willen in GOttes
Willen / alfo empfahen fie auch GOttes Leib der alles erfüllet :
ihr Wille wohnet in GOttes Leibe / und iſſet in GOttes Seibe von
GOttes Wort / von GOttes Frucht / von GOttes Krafft / und
Chriſtus iſt in GOTT / GOTT iſt Chriſtus worden.
13. Alſo tragen ſie Chriſti Leib in GOTT / und warten doch
nichts deſtoweniger ihres erſten Adams heiligen Leibes mit den
Wundern / welcher ihnen mit Paradijifcher Quaal ſoll angezo⸗
gen werden.
14. Damm EHttes Fürfas muß beſtehen / Er ſchuff den erſten
Leib ins Paradig / er ſolte ewig darinne bleiben; er muß wieder
hinein / und die Seel auffs Creutz der Drey⸗Zahl in Mund Got⸗
tes / daher ſie kam; und bleibet doch die gantze Perſon mit Leib
und Seel ineinander; aber GOtt erfuͤllet alles in allem.
15. Ach daß wir doch Menſchen⸗-Federn haͤtten / und koͤnten
das nach unſerer Erkaͤntnuͤß in ewren Seelen-Geiſt ſchreiben /
wie ſolte doch mancher umbkehren auß Sodom mp Gomorra / aut
Es Pabel /
206 Die22.Fr: Was eine jede Seele thue ꝛtc
Babel / und dem geisigen hoffärtigen Jammer⸗thal / welches dach
sur Angft und Quaalift/voll Furcht / Pein und Schrecken.
16. Alfo fügen wir euch nu zu erkeunen / und geben euch hoch
zu betrachten den Fläglichen und jämmerlichen Zuftand der ver».
damten Seelen / was fie wohl für cin Warten haben/ und mit
wenigem / weilsdienächfte Frage erfordert.
17. Ihr Warten iftgleich einem gefangenen Ubelthäter der
Farmer horchet / wan ſich etwasräget/ wander Scharffrichter
Tomt und wildas Recht exequiren / und ihm den Lohn gebeij
alſo auch fie. -
18. Sie haben ein falſch Gewiſſen das naget fie / ihre Suͤnde
Sretten ihnen immer unter Augen / ihre Werke fehen fie auch
Magiſch / ſie ſehen alle Ungerechtigkeit / ihre Leichtfertigkeit / ihren
unmaͤſſigen Pracht und Hochmuht / fie ſehen die Drangſahl des
Elenden/ ihren Spott und Ubermuth: Ihre falſche Zuverſicht
Feucht von ihnen / ihre Gleißnerey iſt nur Spiegelfechten gewe⸗
ſen / es hat nicht GOttes Hertz erreichet / ſte ſtehen wohl fuͤr ihnen
än Magia als in ihrem Willen ſichtlich aber wann ſte darinn
ſuchen / fo erregen fie die Turbam des Fewers / die wilimmer den
Spiegel verzehren / da ift Furcht und Schrecken; Dan fie ſehen
und wiſſen / dag am Juͤngſten Tage foll alles durchs ewige Zorn-
Fewer GOttes bewaͤhret werden / und fühlengar wohl daß ihre
Wercke werden im Fewer bleiben.
19. Dieſes entſetzen ſich auch die Teuffel / wan ſie ihren Fall
betrachten / dag nun in GHttes Gericht ſtehet / was Er thun wil /
welches uns die H. Schrifft genug anmeldet / ſonderlich der Rich⸗
ser Chriſtus ſelber.
20. Und geben euch alſo zu erkennen den gantz elendigen Zu—
Fandder Verdamten / daß wo fie ihre Lampen ſollen ſchmuͤcken
auff den Braͤutigam / da erzittern ſie / ver ſtecken alſo ihre Wercke /
welche ihnen doch die Turba immer unter Augen ſtellet.
21. Was nun hochverdaute Seelen find / die find vermegen];
fügen GOtt ab / verfluchen ihn / und find feine Argften Feinde:
Sie halten ihre Sachen für recht/tretten GOTT entgegen als im
Trotz / und dencken / iſts Fewer / fo find wir Fewer; iſts Quaal / ſo
wollen wir in der Fewer⸗Quaal auffſteigen / über GOTT und
Himmeb; was ſoll uns Demuth / wir wollen Fewers ſtaͤrcke
ynd Machdt haben / wir wollen über GOtt ſeyn / wir wollen Wun⸗
Ber thun nach unſerer Macht; Wir haben die Wurtzel / GOTT
dat nur den Glaſt / laſſet uns Herr ſeyn / GOtt ſoll Knecht ſeyn /
auſer Mutter iſt fein Sehens wir wollen noch eins ke fefte
— N urg
Die 23.Fr: 96V Gottlof Seelẽ Einber:se. 707
Burg zerftören. Sie haben der Landsknechte Sinn] die alfo an
Schſſer und Maren laufen / und dencken die Stadt fen ihtz.
ob fie gleich Das geben drüber zufegen.
22. Alfo rerſtehet ung iſt die Hölle wider den Himmel / und
ihre Einwohner wider die Himmlifchen Einwohner / und das
iſt in GOTT auch ein groß Wunder / es fichet alles zu feines
sHerzligkeit.
Die 23. Frage.
Ob der GOttloſen Seelen ohne Unterſcheid vor dem
Gerichstage info langer Zeit | etwa eine Linderung
oder Ergögung empfinden?
I. An Ding das in einen ewigen Einganggehet / das
iſt auch am ewigen Ende; wer wildchme mas ges
s ben / der von ferne und nicht daift/ da es ihme ul
—— gegeben werden; es wird ihme nur das gegeben /
das an dem Orte iſt da er iſt / und ein Ding das
mit ſeinem Willen aus ſich gehet / das kan in ſich nichts nehmen /
dan es begehret nichts in ſich.
2. Alfe iftder GOttloſe in dieſer Welt gerichtet; er iſt mit
ſeinem Willen auß fich gegangen inden Geis Fin Pracht und
Wolluſt / in gafter / Freſſen /Sauffen/ Huren und Panketiren/
und fein Wille ift ſtats in die Verachtung des Elenden getretten /
in Spotten und Berachten / den Gerechten zu plagen / und ihn
mit Gewalt zu untertretten: Das Recht hat er mit Luͤgen und
Geſchencken gemenget / und ſtaͤts Unrecht geſoffen als eine Kuhe
Mafler: fein Außgang iſt bitterer Zorn geweſen / das hat er für
ſeine Macht gehalten / ſein Wille iſt Muthwille geweſen / er hat
gethan was ihn geluͤſtet hat / er hat dem Teuffel getantzet nach
feiner Geigen / iſt nur in feinen Geitz eingegangen / fein Geld and
Gut hat er fuͤr ſeinen Schatz geachtet / dahinein iſt ſtaͤts ſein
Mille gegangen: Er iſt nie in ſich gegangen und die Liebe ge⸗
ſucht / viel weniger Demuht; der Elende iſt vor ihm wie ein Fuße
hader geacht geweſen / er hat dehn unterdruckt ohne maſſen / er
hats für Kunſt und Witz gehalten / warn er alſo hat koͤnnen den
Albern bendigen / und ihme feine Arbeit nehmen; Er hat gemey⸗
net er richte gute Policey damit an / daß er alſo ein geſaſſet We⸗
fen habe / daß er koͤnne thun was er wil / es ſey alſo kuͤnſtlich / und
Fche in groſſer Weißheit.
3. Weſes allia und nech viel mehr hat er nſeinen Willen
| &.€ sn,
J
108 Dier 3. Fr. Ob der Gottloſ. Seelen Lind:ꝛtc.
geſaſſet / und damit iſt feine Bildnuͤß des Seelen-Geiftes ge⸗
fuͤllet worden / und ſtehet alles in fi iner Figur / und fonu der $eib
hinfället/ fo hatdie Tarba im Geiſte diß alles gefaſſet.
4. Und ob der Geift numolte in fich gehen / fo gehet die Turba
mitte / und ſuchet ven Grund / als der Seelen Wurtzel / alſo wird
nur das Fewer damit entzuͤndet.
5. Und geben euch zu erkennen / daß die Seelen der GOttloſen
keine Linderung haben: das iſt ihre beſte Linderung und Frewde /
wann ſie in ihrem hie gehabten Weſen im Willen auffſteigen /
und begehren daſſelbe noch immer mehr zu thun / es rewet ſie ſo
ſie einen Frommen nicht genug gequaͤlet haben; Ihr Wille iſt
eben als er hie war / ſie ſind ein Geiſt der Hoffart als der Teuffel
iſt / ein Geitz / und freſſen alſo ihre Grewel die ſte allhier gemacht
Haben: ihre Frewde iſt nur daß ſte gedencken / fie wollen GOTT
verachten und eigene Herren ſeyn / das iſt ihre Ergekung und
Erquickung / und ſonſt keine.
6. Dan wo wollen fie andere Ergetzung nehmen ? ihre Augen
doͤrffen fievor Schande zu GOTT nicht erheben / fo dörffen fie
Die Heiligen / welche jte allpier verachtet haben / auch nicht anfle⸗
hen / ſte fchämen fich deſſen / dann ihre Falſchheit ſchlaͤget fie immer
ans Angeſicht / und ihre Boßheit und Falſchheit ſteiget auff von
Ewigkeit zu Ewigkeit: So ſie ſich ja erinnern des Juͤngſten
Tages / ſo iſt Furcht und Schrecken in ihnen; viel lieber laſſen
ſie das anſtehen und ergetzen ſich in Hochmuth.
7. Und das iſt auch Wunder / und das allergroͤſte Wunder /
wie aus einem Engel ein ſolcher unſinniger Teuffel wird.
8. Alſo iſt die Macht des Zornes in GOtt offenbahr; dann
GoOtt hat ſich nach beyden Augen geoffenbahret / beydes in Liebe
und Zorn / und ſtehet dem Menſchen frey / er mag gehen in welches
er wil; GOTT wirfft Niemand in Zorn / Die Seele wirfft ſich
ſelbſt hinein.
9. Aber dig wiſſet / der Zorn hatſeinen Rachen auffgeſperret /
Has d jelicht mächtig und wil alles verfihlingen/dan er iftder Geig
amd Hoffart über die Demuht: So hatvie Siebe und Demuht
ihren Rachen auch auffgefperret und zeucht au ausallen Kraͤf⸗
ten / wilden Menſchen in die Liebe in Himmel ziehen. Wo nun
Die Seele hingehet da iſt fie/ ſie wachſe in Siche oder Zorn / in dehm
Baume ſtehet ſte / und davon iſt keine Erloͤſung in Ewi gkeit.
10. Alhie in dieſem Leben iſt die Seele in der Wage im An⸗
gel / und kan ob fie boͤſe geweſen iſt wiedergebohren werden in der
Siehe; wan der Angel zerbricht ſo iſts hin / ſie iſt hernach in ihrem
tige»
nn
er
Die24.Fr.Hbihnen menſchl: Wunſch nutze o9
eigenem Lande in ihrem Principio; Wer wil das zerbrechen das
Ewig iſt ? da fein Zerbrecher kan gefunden werden / dann es iſt
fein cigen Macher / wo wil eine andere Turba herkommen / fo ein
Ding in der Ewigkeit iſt: da kein Ziel mehräaſt.
ır. Und daß ihr doch ſehet / daß GOtt nicht dag Boͤſe wil / fo
laͤſſet Er euch feinen Willen verkuͤndigen; Er ſendet euch Pro=
pheten und Lehrer und gibt ihnen feinen Geiſt / daß fie euch war⸗
nen; wolt ihr nu nicht / ſo habt ihr euch laſſen den Zorn halten/
der iſt auch ewer Lohn und ewer Reich. Es thut euch wehe daß
ihr ſollet aus ewrem Willen außreiſſen / aus ewrem wolluͤſtigen /
hoffaͤrtigen / uͤppigen Leben; wohlan / ſo wird euch die hoͤlliſche
Grundſuppe hernach auch wohlſchmecken.
12. Wir lehren euch das Creutz / und der Teuffel lehret euch
Wolluſt: Nu moͤget ihr doch greiffen wozu ihr wollet / das wer⸗
det ihr auch Haben / entweder Liebe oder Zorn: Wir arbeiten an
euch / und ihr verachtet uns; was ſollen wir euch Doch mehr thum ?
und find noch darzu ewore leibliche Knechte: fo ihr ja nicht wollet
fo fahret hin / und nehmet das ewere / fo nehmen wir das unferez
und find in Ewigfeit gefchieden.
13. Bir wollen doch unfer Tagewerck machen) umd thun was:
uns beſohlen iſt in der Einernde wollen wir einander unter
Augen tretten / da werdet ihr ung kennen / und euch felber thun /
was ihr uns allhie habt gethan / das follen wir auch nicht verbers
gen/und reden was wir ſehen.
Die 24. Frage.
Ob ihren Menfehlicher Wunſch etwas nuͤtze und em⸗
pfindfich zu ſtatten komme / oder nicht?
a. Ein geliebter Freund / da ſehet den reichen Mann und
2 Yarmen Lazarum an / ſo findet ihr daß eine groſſe Klufft
zwiſchen ihnen und uns iſt / alſo daß die jenigen / ſo da
wollen mit ihrem Gebeth und Willen zu ihnen hinab fahren / koͤn⸗
nen nicht / und ſie auch nicht zu uns heruͤber / es iſt ein Principium
darzwiſchen.
2. Des Gerechten Gebet und Wunſch dringet in Himmel
und nicht in die Hoͤlle; Die Schrifft ſaget auch: Aus der Hoͤl⸗
len iſt feine Erloͤſung; fie liegen in der Hölle als die Todten-
beine ; fieruffen / aber es hörets Niemand / kein beten hülfft fie
nichts: Und ob viel Menſchen für die verdamten Seelen beteten /
fo bleibt doch ihr Beten in ihrem Principio, und führetgen Him⸗
mel und nicht indie Hoͤlle; Aus der Höllen iſt Erin wiederruffen/
faget die Schrift, 3. Wiſ—
so Die 24. Fr: Ob ihnen menſchlicher
3. Wiſſet ihr was Chriſtus zu feinen 70. Jüngeren ſagte
Wan ihr in ein Haus gehet/ fo grüffet das Haus / iſt nun ein
Kind des Friedes im ſelben Hauſe / ſo wird ewer Wunſch und
Gruß auff ihme ruhen; wo nicht / ſo gehet ewer Wunſch wieder.
zu euch: alſo gehets auch alda zu. Es gehet kein guter Wunſch
in die Hoͤlle.
4. Aber dieſes / ſo der Gottloſe viel Falſcheit und Trug hinter
ihme laͤſſet / da ihm die hoͤlliſche Marter ins Grab gewuͤnſchet
wird / das gehet zu der Gottloſen Seelen / das iſt ihr Wunſch
der ihnen zu ſtatten Font / den muͤſſen fie in ſich freſſen aus ihren
hie gemachten Greweln / das iſt ihre Speiſe / welche ihnen die Le⸗
bendigen hernach ſchicken; „Aber auch gantz unbillich / und ge⸗
„hoͤret nicht GOttes Kindern: dann fie ſaͤen alſo damit indie.
„Hoͤlle n GOttes Zorn / ſie moͤgen zuſehen das ſie nicht auch
„daſſelbe ausgefacte einerndten: Fuͤrwahr geſchicht nicht Wis
„derruff und Bufferes gehet nicht anderſt zu.
5. Ferner fuͤgen wir euch dieſes nach unſerer Erkantnuͤß im
Geiſte / nicht nach dem aͤuſſern Menſchen im Wahn oder Mey—
nen / ſondern nach unſern Gaben / daß es mit den Seelen / welche
alſo noch am Faden hangen / und doch endlich am letzten Ende in
eine Rewe gehen / und alfo das Himmel-Reich am Faden er⸗
greiffen / da Zweiffel und Glauben vermenget iſt / ja eine Geſtalt
habe; daß ihnen ein hertzlich Gebet und Wunſch zu ſtatten kom⸗
me / das mit gantzem Ernſte zu der armen gefangenen Seelen in
ihre Quaal eindringet.
6. Dann ſie iſt nicht in der Hoͤllen / auch nicht im Hiumel/
ſondern in der Pforte mitten in der Quaal des Principii, da
fih Fewer und Liecht ſcheiden; und wird von ihrer Turba gehal⸗
ten / die ſuchet immer das Fewer / ſo erſinckt daſſelbe gefaſſete
Zweiglein als der ſchwache Glaube unter ſich / und dringet nach
Gottes Barmhertzigkeit / und ergibt ſich gedultig in Todt des
Erſinckens aus der Augſt / das findet doch ja aus der Quaal in
die Sanfftmuht des Himmels ein.
9. Und ob manche Seele gleich ziemliche Zeit gehalten wird/
och dennoch kan der Zorn den kleinen Glauben nicht verſchlin⸗
gen/und muß ihn endlich loß geben.
8; „, Aber was das ſey / laß ich den verfachen/der alfo muhtwile
s,figinder Sünde beharret biß ans Ende / und wil Dann erſt
FKelig werden’ dan ſoll ihn der Pfuffe feelig machen / er wirde:.
tunen.
9 Dieſen ſagen wir / kombt eines Menſchen herhhlicheẽ —
TREE eng
Wunſch zu ſtatten bimme um
ges Gebeth zu ſtatten / dan ein glaͤubiges hefftiges Gebeth hat
Macht die Thoren der Tieffe zu zerſprengen; Es zerſprenget ein
gan Principium, und ſuchet / iſt etwas darinnen das feines Wil⸗
lens faͤhig iſt / ſo faͤnget es das / als die arme Seele in ihrer Suͤn⸗
den⸗Quaal faͤnget ihres lieben Bruders Goͤttlichen ernſtlichen
Willen: alſo daß Sie geſtaͤrcket wird / und kan aus der Angſt in
ihres Bruders Geiſt und Willen durch den Tod erſincken / und
GOttes Reich erreichen.
10. Aber in feiner Glorficirung fan er ihme nichts helffen:
Dan die erſcheinet aus feinem Weſen und Willen; die Seele des
Naͤchſten gehet auch weiter nicht mit ihm / wiewohl nicht die See⸗
le / fondern der Seelen Beift und Wille / alsbig in Tod / da ſich
dr Zorn fcheidst/ da fie vom Griume log ift /dan tritt der Geiſt
wieder in feine Seele.
xr. Allhie ift im Bapſtumb viel Gaudelen mit den Seel⸗
Meffen gedichtet worden / nur umbs Geldesmillen: aberes iſt
eingroffer Trugder Babelifhen Pfaffen gewefen / dann es ges.
hoͤret Ernft dazu mit dem Zorne GOttes ftreiten und ſiegen.
ı2, Wir ſagen zwar und befennens gerne / daz die Gemeine
Ehriftigroffen Gewalt hateine folche Seele zu ransioniren? fo
fie ernftlichift/ und das. mit Ernfte thut / als dan in der erften .
Kirchen gefchehen iſt / da es Doch noch heilige Leute gehabt hat / auch
heilige Prieſter / denen ihr Dienſt iſt ein Ernſt geweſen: Die
haben freylich was außgerichtet / aber nicht aufffolche Arthals ,
der Bapft ruͤhmet / er habe den Schlüffel darzu / er könne eine
Seele mit ſeinem Seegen herauß laſſen / wan er wolle / wann man
ihm nur Geld gebe / das iſt erlogen.
13. Iſt er heilig / foträgeter Ayſterium Magnum, und iſt
Chriſti Hirt uͤber die Schaͤfflein / ſo ſoll er ſambt der Gemeine
mit groſſem Ernſte in GOTT dringen in groſſer Demuht / und
der armen Seelen zu ſtatten kommen / nicht umb Geldes willen z
Im Gelde iſt allzeit Geitz / und erreicht nie keinmahl das ernſte
krincipium: Des Geitzes Gebeth faͤhret in ſeinen Kaſten.
14. Wir fagen dag alles was in der Kirchen Chriſti umb
Geldes willen dienet / gehöret in Babel zum Antichrift / dan fie.
haͤngen ihr Hertz daran: Eswäre beffer man gabe ihnen Effer
und Trincken / und Nothdurfft / und Fein Geld / fo würden ſie doch
das Hertz nicht darein haͤngen.
15. Was kan ein Geiſt im Myſterio ſuchen und finden / der
nicht im Myfterioift? Des iſt ein groſſer Trug hierinnen / wans
Bird Tag werden fo werdet ihrs ſehen / daß deme alſo iſt. PN
: Bi DR:
ır2 Die 25. Fr: Was die Handt Gottes
16. Ihr ſeyd ietzt in Finſternuͤß im Myſterio, alſo hat eu
Babel geblendet. Und darumb daß ihr habt auff Kunſt und pas |
gefehen/ undnicht auff GOttes Geiſt / find euch auch reffliche
Srrthümer gekommen / daß ihr glaͤubet den Geiftern der Luͤgen /
welchein Gleißnerey Irrthumb reden / denen hanget ihr an / und
wuͤrcket Heucheley mit Irrthumb. *
17. Sehet wohl was euch die Offenbahrungen Johannis und
Daniels ſagen: Esiftder Tag / der Sohn folget nach. Ihr habt
ietzt Lehrer / welche die erſte Kirche mit ihrem Geiſt zu grunde
drucken: Pruͤfet ſie / ſo werdet ihr befinden / daß ſie ein Theil
Woͤlffe der Huren ſeynd / welche in der erſten Kirchen iſt entſtan⸗
den / und gebohren worden / da die Menſchen ſchlieffen; ſie werden
wohl dieſelbe Hure freſſen.
18. Aberprüfetfie/ ſie ſeynd Woͤlffe von der Turba geſandt /
fie muͤſſens thun / GOTT laͤſſets geſchehen / und wils haben / daß
er alſo einen Beſen mit dem andern außkehre; aber es ſind Be⸗
ſen / und werden nach Vollendung der Wunder des Zorns mit
einander der Turbz übergeben.
19. Laſſets euch diefen Geiſt gefaget haben] er ift
ewer eigener Weiſſager / er ift ausewerer Turba auff der
Crone gebohren: wachet nur auff / oder ihr muͤſſet euch
miteinander alſo freſſen; Dan Fein frembder verzch-
ret euch / fondern ewer eigene Turba, die ift ang Ziel
kommen / rühmet euch ja nicht der guͤldenen Zeit] es iſt
eine Zeitder Wunver.
Die 25. Frage.
Was die Handt GOttes und Schoß Abrahæ fen ?
in feinem P-incipio: Gleich wie der reiche Mann
; nicht konte erhalten / der inder Höllen fag / dag
Abraͤham häfte Lazarum zu ihme mit einem
Tropffen kalten Waſſers geſchickt / ſeine Zunge in der Flamme
zu kuͤhlen / er ſagte es waͤre eine groſſe Klufft darzwiſchen / das iſt
ein gantz Principium..
2. Die Schoß Abrahs iſt alſo zu verſtehen: Abraham war:
ein Vatter der Glaͤubigen / und GOtt gab ihm die Verheiſſung /
daß in ſeinem Saamen ſolten alle Voͤlcker geſeegnet —
1. Jeſes iſt zwar genug erklaͤret worden; dann es
iſt die allweſentliche Gegenwart GOttes / aber
und Schoß Abrahz fen? 113
das war zu verftehen in dem Meflia Ehrifto/ welcher in den
Bläubigen wolte Menſch gebohren werden s alser dann in A⸗
brahams Saamen Menfch ward Alſo wolte er auch in den
— der glaͤubigen Menſchen gebohren werden / und fie
eegnen.
3. Das iſt nun die heilige Chriſtliche Gemeine in Chriſto ge⸗
bohren / die iſt die Schoß Abrahz / dann wir ſind in Chriſto alle
ein Leib; und dem Abraham war die Verheiſſung gethan / er iſt
der Erg: Batter/wir find alle in derſelben Berheiſſung gebohren
worden / verſtehe die Neue⸗Gebuhrt in Chrifte / und find Inder»
ſelben Schoß / die nim̃t uns ein.
4. Wañ wir durch ernſte Buſſe in Abrahams Verheiſſung
eingehen / ſo gehen wir in die Schoß Abrahæ als in unfere Ver»
heiſſung; und in der Schoß des Glaubens wird Chriſtus in uns
gebohren / das iſt die Erfüllung.
5. Alſo fisd wir in der Demuth mit Lazaro in der Schoß A⸗
brayz: Dann Chriſtus iſt Abraham / dem Abraham ward Chri⸗
ſtus verheiſſen / nun hat er ihn und wir mit ihme / und kommen
alſo in feine Schoß / und find feine Kinder in der Verheiſſung /
und Cyriſtus iſt die Erfüllung ; alſo Jigen wir in der Erfüllung
in der Schoß Abrahæ / und find Abrahams Saamen nach dein
Glauben im Beifte.
6. Allhie ihr blinden Juden / thut die Augen auff was Abra⸗
ham in der Befchneidung ift geweſen / anders nichts / als daß die
Sünde folte iin Blute und Tode Chriſti /der fein Blut vergoß
für die Kinder des Glaubens Abrahams /erfauffen / und im fel>
ben Blute als in einer himmliſchen Tinctut wiedergebohren
werden.
7. Abraham und feine Kinder erfäufftendie Sünde in ihrem
Blute im Glauben an Chriſtum / der da folte in ihrem Blute
ein Menfch gebohren werden/und nun iftserfüllet/ fo hat GOtt
des Glaubens Siegelin das Weſen geſetzt /iegt follen und wer⸗
den wir in Chriſti wahrhafftigem Blute neu⸗gebohren.
8. Christi Blut nimmt die Tarbam von uns hinweg / und wir
ſtehen in feinem Vlute auff/ als cin neuer Menfch aus dem alteit
Adam / und tragen Ehrifti Bildnuͤß / Chriſti Fleiſch und Blut in
uns an unſerer Bildnuͤß; ſo wir aber Kinder Abrahams und nicht
Iſmaels ſind. Daun dem Iſaac gehoͤren die Guͤter der Bildnuͤß
des Leibes Chriſti; die Beſchneidung iſt Iſmaels / dañ er gehet mit
Wercken umb / aber die Guter find des Iſaacs / und Iſmael ſoll
doch endlich in Iſaacs Hütten wohnen: dann Japhet ſoll
Sem
114 Die2s.Fr. Was die Handt Gottes ie.
Seus Hütten wohnen; aber dem Sem gehoͤret das Reich.
Nicht aus Verdienft mit Werden haben wir Ifaacs Güter /
fondern aus Gnaden / aus Liebe GOttes / wir Fönnens mit den:
Werden nicht erreichen) fondern im Glauben /im Willen und-
Thun / im Eingehen..
9. Der aber in eine Heroffpafft eingehet die nicht: fein eigen:
ars Natur-Necht iſt der gehet aus Bunft des Gebers ein:
Was zürnet fein. Knecht im Haufe darumb / daß der Herr fo.
gütig iſt und ſchencket einem Frembden die Hersfchafft ?
10. Wir waremfrembde und Das Werck war einheimifch }
aberder HErr hat uns die Berheiſſung im Paradeiß gethan/er
wolte uns ſein Reich aus Gnaden wiederſchencken Er ließ.
Cain opffern / aber dem Abel gab er das Reich der Genaden / da
Abel ſuchte es im Geiſte / und Cain in Werden,
1x1. Alſo verſtehet ihr wie GOttes Reich magiſch iſt / dann.
der ernſte Wille erreichet das / und der Wille im Weſen nicht /
dañ er bleibet im Weſen; der aber frey gehet / der findet die Ewig⸗
keit und das Reich der Genaden dvarinnen / und die Verheiſſung
mit dem Weſen zugleiche; ſo wohnet alsdan das Wer im Wik⸗
ben / und iſt des Willens Hauſgenoſſe.
12. Alſo verſtehet ihr / fo ihr aber ſehend ſeyd / das ganze Alte
Teſtament; das iſt der einige Grund / aber kurtz gefaſſet; fo.
wir uͤber Moyſen ſchreiben / da ſollet ihrs gantz finden; und ha⸗
ben euch alſo den rechten Grund der Schoß Abrahz und der
wahren Chriftlichen Religion gezeiget.
13. Wer anderft. fchret /der ift aus Babel / für dem hütet
euch / er hat nicht Chriſti Geift/fondern er ift Afinael/und ſuchets
in feinem eigenen Wahn. O du werthe Chriftenheit ſey doch fe:
hend / oder wird dir nicht mehr alfo erſcheinen / gehe doch zum La⸗
Kro in die Schoß Ahrahe.
Die
Die26 Fr. Ob ſich die Seele bekmere etc 115
Die 26. Frage.
Ob ſich die Seele der Verſtorbenen umb Menſchen L
Kinder Freunde und Güter bekuͤmmere / und ihr
Fuͤrnehmen wiſſe / ſehe / billige oder
unbillige?
1. Ein geliebter Freund / diefe Frage ift wohl über.
aller Menfhen Vernunfft and Wiſſen nach der.
auffern Vernunfft:: Neil wir Abrahams Kine
ver ſeynd / fohaben wir auch Abraha ng Geiſt in
»Ihrifto; Und wie Abraham zuruͤcke auff die Ber⸗
heiſſung im Paradiß ſahe / und dann auch fuͤr ſich in die Erful⸗
lung der Verheiſſung / daß er alſo im gantzen Leibe Chriſti ſahe /
was doch im Mittel werden ſolte / und ſahe Chriſtum von ferne:
Alſo auch wir.
2. Weil euch alſo hefftig geluͤſtet nach den groͤſten Geheim⸗
nuͤſſen / und daſſelbe mit ernſtem Suchen begehret / doch aber
GOtt die Ehre gebet / alſo daß ihr euch in euerer hohen Kunſt
noch zu unwuͤrdig achtet / und gleich alfo vor GOtt demüthiget /
fo gibt euch das auch GOtt durch einen ſolchen ſchlechten gerin⸗
gen Werckzeug / der ſich noch viel unwuͤrdiger achtet / aber ſeinem
Willen nicht begehret zu widerſtreben / fo ſeyd ihr alſo in dieſer
Handt das Finden / und die Urſache des Erreichens.
3. Dann dieſe Handt hat nichts vom Myferio gewuſt / ſie
ſuchte nur Abrahams Glauben / aber es ward ihr auch Abra=
hams Verſtand gegeben / welches ihr verurſachet habt mit eurem
Suchen. Nun ſehet auch zu / daß ihr auch Abrahams Geiſt er⸗
langt / welcher in Erkaͤntnuͤß diefer Handt geſchrieben hat: Wir
woltens euch bruͤderlich darthun / dañ wir ſind nicht euer Herr in
der Geheimnuͤß / ſondern euer Diener: Erkennet uns recht / wir
ſind Lazarus / und ihr gegen uns zu achten Abraham; ihr habet
viel mehr gearbeitet / als wir / aber. wir ſind in euere Ernde ges
fallen (nicht ans Berdienft / fondern aus Gengden des Gebers /
auffadaß fich Feine Zunge vor GOtt ruͤhme / und fage / das hat
mem Verftand gemacht.
4. Ihr fraget eine hohe Frage / ich verftehe fie nicht: Dann.
fo ich die folte begreifen / fo muͤſte ich in der abgefchiedenen.
Seelen fteten / und müfte ebender Seelen Geift und Erkaͤnt⸗
süß ſeyn.
5. Nun wohlan / weil wir in Chriſto ein geib find/ und haben.
ale Chriſti Geiſt / ſo ſehen wir in Chrifto alle aus einem ——
une
.
116 Die 26. Fr. Ob ſich die Seelen der
und haben feine Erfantnüg : Dann Er iſt in uns Menſch ges
bohren worden / und find aller Heiligen Seelen unſere Glieder
alle aus Einer gezeugt/ und haben alle einen Willen in Chriſto /
inder rechten Schoß Abraͤhæe.
6. Jetzt haben wir Macht befommen /cuch das verborgene
Ding inChrifto zu offenbahren : Dann unfere Seele fiehet in
ihre Seele / nicht dag ſie alfo zu uns dringen fondern wir drin>
gen zu ihnen / dann ſie ſind in Vollkommenheit / uñ wir in Stüd-
werck: Jetzt koͤnnen wir euch antworten / nicht aus Vernunfft
der aͤuſſern Welt / ſondern ausder Bildnuͤß im Chriſto / und aus
feinem und unſerm Geiſte.
7. Ihr fraget ob ſich die abgeſchiedene Seele umb menſch lich
Weſen bekuͤmmere / und die ſehe / billige und unbillige? Das iſt
nun in drey Weege von dreyerley Seelen zu verſtehen / als dann
drey Unterſchiede find.
8. Als erſtlich von denen Seelen / die noch nicht den Himmel
haben erreichet / welche alſo in ver Auaal im Principio, in der
Gebuhrt ſtecken / dieſe haben noch das menſchliche Weſen mit den
Fe an ſich / die forfchen freylich nach der Urfache ihres Ber:
altens.
9. Drumb komt manche mit dem Stern-Geiſte herwieder /
und gehet in ihrem Hauſe und Orte umb / laͤſſet ſich in Menſchen
Geſtalt ſehen I begehret diß oder jenes / und bekuͤmmert ſich offt
umb Teſtament / vermeynet alſo der Hieligen Seegen zu ihrer
Ruhe zu erlangen.
10. Und ſo dann das irrdiſche Geſchaͤffte noch in ihr ſtecket /
bekuͤmmert fie ſich auch wohl umb Kinder und Freunde / das waͤh⸗
ret alſolange / biß ſie in ihre Ruhe erſincket / daß ihr der Stern⸗
Geiſt verzehret wird / dann iſt es alles hin mit allem Kummer
und Sorgen / und hat auch kein Wiſſen mehr davon / als nuur
bloß daß ſie es im Wunder in der Magia ſtehet.
11. Aber ſte ruͤhret nicht die Turbam, noch ſuchet was in diefer
Welt iſt / dañ fie iſt der Turbæ einmahl durch den Tod erſuncken /
fie begehret ihr nicht mehr / fie kuͤmmert ſich auch weiter nichts /
dann im Kummer ift die Turba räge: Dann der Seelen Wille
mug in indifche Dinge mit ihrem Geiſte eingehen / das laͤſſet fie
wohl/ fie ift dehme kaum vorhin entlauffen / fie wird ihr nicht
wieder den irrdiſchen Willen einladen.
12. Das iſt ein Bericht von der einen Part / und fagen frey
mie Wahrheit / daß lich dieſe Dart nicht mehr / nachdehme fie zur
Benaden kommen ift/ aus eigenem Fuͤrſatze umb menfchliche irr⸗
* diſche
a u a
Verſtorbenen mit Menfchen ac. befiniern ? 117
difche Wefen befümmere / aber umb himmliſche Weſen welche
zu ihr kommen durch Menſchen⸗-Geiſte / die ſiehet fie und hat ihre
Freude daran.
13. Aber es iſt noch eines dahinden: Ein lebendiger Menſch
hat eine ſolche Gewalt / daß er mag mit ſeinem Geiſte in den
Himmel zu den abgeſchiedenen Seelen reichen / und fie ja er⸗
wecken Joffters in Fragen /oder berslicher Begierde: Aber es
muß Ernſt ſeyn / es gehoͤret Glauben darzu ein Principium zu
zerſprengen.
14. Ein ſolches ſehen wir auch an Samuel den Propheten /
dehn der Koͤnig Iſrael erraͤgete / daß er ihme ſeinen Willen offen⸗
bahrte; obs gleich etliche anderſt anſehen / fo ſagen wir/ fie find
blind ohne Erkaͤntnuͤß / und reden ihren Schulen⸗Tandt / machen
Verſtand da fie nichts im Geiſte umb wiſſen / und der iſt Babel.
15. Und dann fuͤrs ander iſt die zweyte Part welche nur alſo
im Sterben ohne Leiberſincken / die ſind mit den erſten / ſo nun⸗
mehr erfuncken ſind alles eines im Orte des Principii; dieſe alle
LEADER lich Einer boghafftigen Sachen an / da die Turba innen
ecket.
ſ 16. Was aber die lebendigen frommen Seelen anlanget / die
Ihre Wercke mit ihrem Geiſte und Willen zu ihnen ſchicken / deß
erfreuen ie ſich auch / und find auch fo kuͤhne / daß ſie dem Men⸗
ſchen magiſch im Schlaffe erſcheinen / und ihnen gute Weege zei⸗
gen / und offte Kuͤnſte offenbahren / ſo im Atcano liegen; als in
der Seelen Abgrunde.
17. Dann weil der irrdiſche Geiſt das Myſterium für die
Seele zeucht / und die Seele im Myſterio gefangen haͤlt / fo fan
der Seelen Geiſt nicht allezeit das tieffſte Arcanum der Seelen
erreichen: Aber nach Abſcheiden des Leibes iſt Die Seele bloß /
und voraus ohne neuen Leib / die ſiehet ſich ſelber und auch ihre
Wunder die kan einem Lebendigen in der ſchlaffenden Magıa
wohl etwas (fo der Menſch fromm iſt / und nicht die Turbam haf
erwecket) zeigen: Danndie Träume find alle magifch /feift die
Seele ohne Leib in der Magia GOttes.
18. Alfo wiffet diß / was das gottlofe Weſen antrifft/da gehet
keine Seele hinein / ſo vom Leibe geſchieden iſt; es ſey dann eine
verdamte Seele / die gehet auch magiſch hinein / und hat ihre Freu⸗
de darinn / und lehret manchen im Traum groſſe Schelm-ftüdte /
dann ſie dienet dem Teuffel.
19. Was nur der boͤſe Menſch begehret / das fuͤget ihm auch
der Teuffel gerne zus: denn Durch eine Menſchen⸗Seele * er
* as
718 Die 26. Fr. Ob ſich die Seelen der
das beſſer thun / als durch ſich ſelber; er iſt zu raue und erſchreckt
die Magiam, daß ſich der elementiſche Geiſt entſetzet / und den
Leib erwecket.
20. Und fuͤgen euch ſolches / daß es nur alles magiſch im Willen
geſchehe / ohne Erweckung der Quaale Keine Seele erweckt ſich mit
ihren Eſſentien dem Menſchen zu gefallen ; der Menſch erwecke
und verunruhige ſie dann ſelber.
21. Auch ſind viel Schelmen⸗ſtuͤcke in der Nigromantia, wel⸗
ehe manchmahl können Menſchen⸗-Geiſter peinigen / aber keine
Seele welche Chriſti Weſenheit traͤget / dann dicſe iſt frey.
22. Die dritte Part der abgeſchiedenen Seelen / als die jenige
in der Schoß Abrahæ in Chriſto nit himmliſcher Weſenheit /
dicſelben kan Niemand raͤge machen / ſie wollen dann ſelber / daß
ſie zu einer Seelen Gunſt tragen / welche auch ihres gleichen ift /
dieſe nehmen fich umb irrdiſche Dinge auch gar nichts an / es fey
dann daß es zu GOttes Ehren gereiche / fo ſind fie auch unvers
Droffen aufmagifche Arth etwas zu offenbahren,
23. Aber feine Turbam laffen ſie in fich/fte bitten auch nicht
für uns bey GOtt / was zu ihnen komt da haben fte Freude an
neben den Engeln : Dann freuen fichdoch die Engel über den
Sünder der Buſſe thut / vielmehr die Seelen; Was follen fie
Gott fuͤr uns bitten? Es lieget nicht an ihrem Bitten / fondern
ar des Menfchen Eingehen in GOtt / waun er feinen Willen in
Gott ſetzet / fo huͤlfft ihm GOttes Geift wohl. 3
24. Dann ſeine Arme find Tag und Nicht aufgeftrecket dem
Menſchen zu helffen / was darffs dann bittens ? Esift GOttes
Wille daß der Menſch ſoll zuihme kommen.
25. Soll dann eine Scele ſo verwegen ſeyn / und aus GOtt
einen geſtrengen Richter machen / der den bekehrten Sünder nicht
wolte annehmen ? Das wäre feine Erkaͤntnuͤß GOttes; ſon⸗
dern fo fie ſehen daß die Seele mit dem Geiſte zu GOtt dringet /
ſo iſts ihnen Freude / daß GOttes Reich gemehret wird.
26. Die himmliſche Seele hat GOttes Willen / was GOtt
wil / das wil ſie auch; aber GOttes Geiſt iſts ſelber / der dem be⸗
kehrten Sünder helffen wil; Die Seelen ſehen wohl wie ſich
Gottes Geift indie Seele eindringet fo ihme der Seelen Wille
ur Raum und @tätte darzu gibt / esdarff Feines Engels Ge⸗
beth / ſte wuͤnſchen alle daß GOttes Neich zu ung komme / und
ne Wille gefchehe / aber im Regiment geben fie GOTT
Die Ehre.
27. Daß man die werftorbenen groffen Heiligen hat im
Bapſt⸗
Berftorbenen mi Menſchen ꝛc. bekuͤmern 21 29
Bapſtthumb angeruffen / und ſie auch alsdannden Menſchen er⸗
ſchienen / auch Wunder gewuͤrcket / das geſtehen wir alles / es iſt
wahr / und ob gleichietzt darwider gelehret wird / ſo iſts doch nicht
bey ihnen erkaͤntlich: Es hat aber ein ander A. B. C. als ſie alle
beyde Parten verſtehen.
28. EinGlaube faͤnget den andern; derLebendigen Glaube hat
der Verſtorbenen Heiligen Glauben gefangen/ und der Glaube
hat Wunder gewuͤrcket. Iſt er doch ſo mächtig daß er Berge
umbſtuͤrtzet / ſollte dann der reine Glaube der Heiligen in des Le⸗
bendigen Glaube nichtsvermögen.? Koͤnte er doch wohl die Welt
zerbrechen / ſo es GOtt verhienge; Als dann GOtt verhangen
hat / dag die Heyden find durch ſolche Mittel bekehret worden?
wann fie gefehen haben dag bey der Begrabnüg der Heiligen
find folche Wunder gefchehen.
29. Solte eine Seel im Himmel nicht wollen ihren Glauben
zu GOttes Ehr und Wunderthat leihen ? ifts doch im Heil,
Geifte gefchehen / derhat die Wunder durch ihrer beyder Park
—— gewuͤrcket und iſt nur Wunder GOttes und feiner
inder.
30. Daß aber dieſer Weeg alſo gantz zu Grunde geſtoſſen
wird / und ietzt alſo eine gelehrte Schule iſt / die alle GOttes⸗
Wunder verachtet / das iſt Babel und nicht Geiſt / es iſt neidige
Hoffart / da man ſtehet und ſchreyet; lauffet alle mir nach / hie iſt
Chriſtus / hie ift Evangeliuın: Ja wohl Hoffarth / Geitz / Ehr⸗
fucht/eigen Muthwill / ein Erheben der ſtoltzen Babel. Es iſt
eben der alte Antichriſt / es ſind junge Zweige aus dem alten
Baume gewachſen / die haben die Turbam mit ihrem ſtarcken
grimmen Safft erwecket / welche den gantzen Baum wird auß⸗
rotten / dann GOtt hat ſie das geheiſſen / er iſt allenthalben boͤß
und wurmſtichig / er ſoll fallen. Dann es iſt ein junger Baum aus
der Wurrgel gewachſen / eben ausdes alten Wurtzel / der wird dert
alten Baum verklären / waserin feinen Wundern gewefen ift.
312. Wir wollen aber alfo Niemand ſchmaͤhen / fondern wir
reden alfo von unfern Wandern / und dag der Knecht foll ins
Haus gehen / und in Freyer werden / daunn die Zeit iſt da / daß
er mit dem Sohne eſſe und froͤlich fey / und ſich mit ihme freue.
32. Alſo geben wir euch zur Antwort auff dieſe Frage / als in
Summa, das ja die heiligen Seelen umb unſere heilige Wercke
wiſſen und Ite billigen: aber umb die falſchen nehmen fie ſich nicht
any dann fie wohnen in einem andern Principio : Es komt kein
boͤſes Werck hinein / das fehen fie auch nicht / fragen dehm 2
ni
120 Die 27.57: Ob die Seele Künfte ꝛtc. wife?
sicht nach / was dem Teuffel zuftchet / fie erkennens auch nicht /
alleine nurdas was in ihr Principium fanget.
33. Kinder / Eltern / Freunde find ihnen mit Frembden alles
gleich/dan im Himmel find wir alle Brüder/ fie haben umb Kin
der und Eltern Eeinen gröffern Kumer / als ebert umb andere / es ſey
dan daß ſie in GOTT würden / ſo iſt ihnen ihr GOttesdienſt
freylich frewdenreicher: aber in ihre Turbam gehen ſie nicht ein.
34. Dan nach dem Juͤngſten Tage werden die fromme El—
tern nichts von ihren Kindern / ſo in der Hoͤllen ſind / wiſſen. Alſo
iſt uns wohl genug erkaͤntlich / daß ſie ſich auch itzo nicht umb ihr
GOttlos Weſen bekuͤmmern.
Die 27. Frage.
ob die Seelen im Tode diefe oder jene Sachen und
Künfte wiſſen und verſtehen | derer fie im Leibe gar
wohlkuͤndig gewefen find ? |
As iſt wie die naͤchſte Frage/ alleihre Wefen er>
fheinen ihnen in ihrem Willen auff magiſche
Arthifie fehlen das / aber die Figur deffelben wird,
ſchawen / dan ſie muͤſſen vonche durchs Fewer bewähret werden/
und was falſch iſt das muß der Turbz von demſelbigen im Feuer
bleiben/vermöge der Worte Ehrifti.
2. Daß man aber wil von Küntten fragen / ob fte die wiffen ?
Sie wiſſen alle Künfte/fo tieff fie gegründet ſind / aber ſie doͤrffen
die nicht erwecken / daß fte im Geifte erfcheinen / dan die Künfte
werden im Centro Naturz erbohren/ aus den Efentien/darinnen
die Wunder ftchen/die haben fie in diefer Welt gefuchet / alſoviel
als ihnen ift im Myfterio eroͤffnet worden.
3. Eine Seele ohne GOttes Leib gehet wohl nicht ins Mylte-
rium nach Kunſt / ſie ſtehet ſtille in ihrer Ruhe / fte fuͤrchtet der
Turbæ, ſie gibt GOTT die Ehre.
4. Aber die hocherleuchteten Seelen welche himmliſche We⸗
ſenheit am Geiſte fuͤhren / die haben die Wißenſchafft des Hims
mels / alles was im Myfterio lieget / ſonderlich dieſe / welche allhie
find mit dem Myſterio umbgegangen / die andere pflegen nicht
ins Myfterium zu gründen ; Dan cine jede bleibet in ihrem Ruff /
was ſie allhie hat gelicket/ob wohl kein ſolch Wercken iſt / noch ha⸗
ben fie Sreuderamit; dann im Himmel iſt ein einfaͤltig demuͤ⸗
thig Kinder- Leben. 5. Was
FÜ
Fihnen erſt am Tageder Micderbringung gegeben
werden / dag ſie ihre Wercke werden koͤnnen recht
Die 23. und 29. Fragen, 121
5. Was wolte man allda nach Kunſt fragen ? ſtehet doch das
gantze Myſterium GOttes offen. GHfterfülletalles in allem /
es iſt eitel Wunder / ſie leben alle im Wunder / und ind alle G Ot⸗
tes Kunſt / ſie haben alle groſſe Wiſſenſchafft / aber in einem Pa⸗
radiſtſchen einfaͤltigen Kinder⸗Leben.
Die 28. Frage.
Ob fie auch was mehr Wiſſenſchafft habe von Goͤtt⸗
fichen | Engliſchen und Irrdiſchen Dingen] und auch
Teuffliſchen / und gewiffer erfahren und wiffen
koͤnne / als fie im Seibe gehabt ?
e Nlangende die Göttliche und Englifhe Wiffens
ſchafft / hat fie freylich vielmehr: dan Reift im Prin-
cipio GOttes; der Sohn fichet ja wasder Vatter
im Haufe machet / auch ſiehet ja die Seele was im
Himmel ift: Ihre Wilfenfchafftift ungleich, dan
die hoͤchſte Wiſſenſchafft wird in der Majeftäterkant/ da muͤſ⸗
fen die meiften Seelen noch wohl warten bi; an Jüngflen Tags
da fie werden ihren newen Libkriegen.
2, Aber die hoch⸗erleuchteten heiligen Seelen in GOttes Leibe
und Krafft / die haben überfhwendliche Wiſſenſchafft und Era
kaͤntnuͤß an GOTT / fowohlan Engeln / dan fie ſind in Wun⸗
dern Gottes/ big ſie ihre Wunder werden auch darſtellen.
3. Die Seelen ohne Leib ſind im Himmel in GOtt gleich wie
wagiſch / ſte erwecken keine Wunder / ſondern find unter Gottes
Altar / und warten der Wunder am Tage der Erſcheinung. Umb
Teu liſche Dinge bekuͤmmern ſie ſich nicht / dan daſſelbe gehoͤret
den Engeln / daß ſie mit dem Teuffel ſtreiten / und die Men—
ſchen ſchuͤtzen / keine Seele imaginiret in die Hoͤlle / es iſt eine
Feindſchafft. *
Die 29. Frage. |
Was der Seelen Ruhe] Erweckung und Vers
klaͤrung fen?
1. Jeſes iſt auch ſchon genug erklaͤret; Ihr Ruhe iſt
ohne Wefeninder&tille/da ſte inGOttes Handt
ſind / und keine Quaal ruͤhret ſie an / ſie haben
keine Empfindligkeit einiger Quaal / ſondern ih⸗
nen iſt als einem der in einem ſuͤſſen Schlaff laͤge /
und gar ſanffte ruhete. F 2. Ihre
122 Die z0. Fr. Vom Unterſcheid der
2. Ihre Verklärung unter dieſer Zeit iſt man fie an die
kuͤnfftige Frewde gedenden/ fo gehet der Beift in die Majeftät
BHttescin/ Davon haben fie Frewde und Klarheit / und ſchmuͤc⸗
ten alfo die ganke Zeit ihre Lampen / daß fie in ihrem newen Leibe
wollen ihren Bräutigamannehmen.
3. Es iſt gar eine füffe magifche Paradis⸗Frewde in ihnen ;
Aber das Paradise ift in ihnen noch nicht räge / mit ganser Voll⸗
tommenheit/ dann es gehöret dem newen Leibe ausder Erden/
dem erften Seibe / dehn GOTT fhuff / dehn EHriftusmit ſeinem
Tode erloͤſet hat / der wird die Wunder bringen / und wieder
ins Paradis eingehen und mit GOttes Maieftät umbgeben
werden / alsdan iſt eine Huͤtte GOttes bey den Menſchen.
Die 30. Frage.
Vom Unterfiheid der gedendigen und Todten] Auf:
eritehung des Fleiſches und der Seelen?
z, On diefem faget uns @ Hriftus / daß es werde ein
großer Unterfcheid ſeyn: Damit weifen wir euch in
er Schrifft / dan das foll nach der Schrifft er>
gehen.
2. Weil aber diefes des Menfchen Bernunfft
auch ungrändlich und unerfäntlichift/ ſo wuͤſte ich euch darauf
nicht zu antworten ein mehrers als die Schrift ſaget: und fo ihr
doch ja alfo darnach achtzet / und begehret ſolches zu wiſſen / fo
ſeyd ihr auch in ewrem Suchen das Finden / und ich bin nur das
Werckzeug.
3. Und obs nu wohl iſt daß mirs gegeben und eröffnet wird / fo
iſts Doch nicht meines Verſtandes und eigen⸗Wiſſens / ſondern
das Wiſſen ſtehet im Geiſte Chriſti / nach welchem ſich die Hand
zweyfach nennet / als UNS / dann fie redet aus zweyen Perſo⸗
nen; dan zwey Perſonen ſagen nicht ICH I fondern WINI
und reden von zweyen: als ein Herz der von ſeiner Perſon und
von feinem Reiche redet. u
4. Alfo follen auch GOttes Kinder und Diener nichtfagen 7
mein ift das Wiſſen / mein iſt der Verſtand fondern GOTT
die Ehre geben / und mit ihrem Eröffnender Wunder GOttes
von zweyen reden / als vom Geber om Nehmer.
5. Und ſoll unſer Schreiben Ni alſo verſtehen / als wan
fi Die Hand ruͤhmete und ehrete m Menſchlicher Anipörkcäf
u
Lebendigen und Todteniac. «27
rd Würden /wiewohlwir in CHriſto der Würden find: Aber‘
Bach dem aͤuſſern Menfchen wollen wir keine Ehre noch Ruhm
haben/ dan der Ruhm iſt GOttes; Wir find Kinder des Bat
ters / und follen alfo thun / was er haben wil / unddas Pfund
welches Erunggiebet / nicht indie Erde ſcharren; dander Vat⸗
ter wils nit Wucher fordern / umd fo damit nicht gewuchert wird/
dehme wieder nehmen / dehm Ers gegeben hat / und dehme geben/
der vielgewonnen hat; welchesmir wohlein elendes Nehmen ſeyn
folte/ / GOtt haben und erkennen / und wieder verlieren wäre
beſſer die Welt und das aͤuſſere Leben verlohren / als GOtt und
Himmelreich.
6. Es laͤſſet ſich auch nicht viel damit ſchertzen / GOtt unge⸗
hor ſam ſeyn; ſehet an was beym Moſe dem Chore / Dathan und
Abyram widerfuhr / dieſes ſagen wir/ wiederfaͤhret ven Unge⸗
hor ſamen und auch den Spoͤttern; Der Spoͤtter ſtehet wohl nicht
bald feine Straffe/ aber feine Turba faſſet das ein / hat er nu
im Spotte gelachet / wil er derſelben Turbæ wieder loß werden /
fo muß er auch wohl in Jaumer und Elenddarumb vor GOTT
weinen / oder wird er ſeinen Spott mit ins Zorn⸗Fewer bringen /
ſo wird er ihn wohl ewig nagen / wollen wir zur Warnung geſa⸗
get haben.
7. Dann wir werden allhie gar einen ernſtlichen Handel be⸗
ſchreiben / es iſt damitte nicht zu ſchertzen: Irret euch nicht /
GOTT laffer ſich nicht ſpotten; der grimme Zorn ſtehet in ſei⸗
ner Macht / Er hat Hoͤlle und Himmel in ſeiner Macht.
8. Das Juͤngſte Gericht iſt ein ernſtlich Werck / weil wir euch
ſollen der Todten Aufferſtehung darthun / ſo muͤſſen wir ſchreiben
die Gelegenheit wie es damit bewandt ſey / in welcher Krafft dieſe
Welt ſoll vergehen / und die Todten aufferſtehen: es wird Ernſt
ſeyn / laſſets euch keinen Schertz ſeyn; wir werden vom Grunde
ſagen. Und dencket nicht daß es Tandt ſey.
9. Es iſt aus der Turba auff ewerer Crone gebohren / ewerer
eigenen Turbe Geiſt ſaget euch das / dann das Ende hat den An⸗
fang funden; alſo ſtehet der gantzen Welt Weſen im Mittel /
im Liechte / und daraus gehet ewer Prophet / als aus ewern ge⸗
machten Wundern. Er ſaget von der Zerbrechung; dan nicht
der Turbæ Geiſt wird regieren / fondern Chriſti Geiſt.
10. Er hat den Tod uͤberwunden / und die Turbam gefangen
genommen; Er fuͤhret das Gefaͤngnuͤß gefangen / als ein Sie⸗
ges⸗ Fuͤrſt: Aber die Turba wird das Recht exequiren / dan fie iſt
eos Knecht im Zorpe / — ae Serl ſondern —
124 Die 30.$r. Dom Anterſcheid der
darumb wird der Donner / welcher wird die Erde ſchrecken / aus
Gottes Munde gehen / der da wird das Firmament und die
Elementaanzünden.
ır. Das letzte Gerichte ift dem Richter CHriſto mit dene
Heiligen Geifte; dann allyie wird fich des ewigen Geiftes Cen-
trum bewegen / welcher ftch auch indrey Principia hat gefchieden z
als Eines in Zorn⸗Geiſt / und Eins in Göttlichen Liebe-Geiſte /
und Eins in $ufft-Geift der Auffern Belt.
12. Das legte Bewegen ſtehet ihm zu / Er iſt nach der Gotta
heit in Chriſti Munde / und nach dem Zorne in der hoͤlliſchen
Angſt⸗Quaal; und nach den Wundern im Geiſte dieſer Welt.
13. Er war aller Weſen Werckmeiſter / ſo iſt Er auch der /
der einem jeden Wercke wird ſeine ewige Herberge geben / und ein
jedes in ſeine Scheune ſamlen.
14. Dann Er hat viel Gehuͤlffen / nehmlich die Engel / welche
ſollen alles ſcheiden und ſondern / dan wird der Mund GOttes
des Vatters mit dem Verbo Domini, durch den Mund EHrifti
das Urtheilfprechen; alsdan gehetandie brennende Welt / und
der Eingangeines jeden Dinges in feine Scheume und Behalter.
15. Dan die Behalter werden mancherley ſeyn / nicht nur
zween alsin zweyen Principien ; wohl in zweyen Principien ‚aber
in vielen Unterfchieden / alles nad) der Krafft; Dan ein jedes
Werck ſtehet in einem magifchen Principio, als ein fonderliches
Wunder / beydes im Himmel und in der Hölle/ jedes nach ſei⸗
nem Geiſte.
160. Alſo wird auch feine Geſtalt erſcheinen / ach dem es gut
oder böfe iſt fo wird auch feine Krafft feyn/ gleich den Erds
Blumen inihren Unterſchieden / und alfo wird auch der Menfch
—— und Frewde haben / alles nach ſeinem gemachten
eſen.
17. Wir verſtehen aber des Glaubens Weſen / der Krafft in
der Liebe Weſen / nicht des aͤuſſern Werckes; dan es ſoll alles in
der Figur in den Wundern dargeſtellet werden / und das wird
mit feinem Anfange und Umbftänden alfo ſeyn.
18. Wan der Jüngfte Tag wird anbrechen / fo eröffnet fich
abermal als nun zum drittenmal / die Gostheitin allen Geſtal⸗
fen / in Siebe und Zorn: Da wird alles zugleich auff einmahl
offenbahr ſtehen / und vor allen Creaturen fichtlich : und das iſt
alfo gethan. *
19. Der Anfang der Schöpfung im Verbo Fiat hat dieſe Welt
als ein Modell in ſich geſchloſſen / und das Zir! gegruͤndet; u
4 1
—
*
*
—
—— —
gebendigenund Todten! X. 127
find nun die Wunder eingefchloffen worden / welche folten im
Mittel und in der Zeit eröffnet werden / und zum Wefen kom⸗
men/ welche warenvon Ewigkeit in der Weißheit / in GOttes
Magia gefehen worden / dieſelbe Wunder find alsvan alle im
Weſen / fo iſt das Zielvorhanden / und teine Zeitdes Suchens
mehr: dan es iſt vollbracht; was GOTT in feinen ewigen Rath
harte / das hat Er gefaſſet / und eröffnet das in einer Zeit.
20, Nun iftder Zeit Endeda/ und der Anfang hatvas Ende
alsdan funden/ und das Ende ift alsdan der Anfang / und tritt
wieder in das/ als es von Ewigkeit war: Aberdas Mittelin
der Zeit mit feinen eröffneten Wundern / bleibt ewig im Anfange
und im Ende / als ein ewig Mittelmit ſeinen Wundern / als
mis den Engeln und Menfchen in ihrem Weſen / ſo wohlaller
Ereaturen Figuren / auch fonftaller Ereaturen / undalles das
was jemals ift eflentialifch worden / die Erde mit ihren Metals
Ion / Steinen/ und allen materialifchen Weſen / fo wohl Bäume,
Kraut und Graf / dasalles ſtehet in der Figur / im Mittel und
im Wunder / aber ohne folche Eflentien und leben.
21. Dann kein Thier komt wieder / aber feine Figur in Magia
bleibe ſtehen / dann esift aus dem ewigen Spiegelgeurftändet:
alfo muß es nun auch wan der Auffere irrdiſche Spiegel zerbricht/
in dem ewigen / als ein Wunder zn GOttes Ehren und Herrlig⸗
keit ewig ſtehen.
22. Und dieſelben Weſen gehoͤren alle dem Paradis zu / dan
es wird das heilige Paradis ſeyn / da die himmliſchen Elementen
werden weſentliche begreiffliche Frucht tragen.
23. Und wie wir allhier in dieſem Leben / der Erden Früchte
aus ihrer Eflen gleich als fodte Dinge ohne Verſtand achten;
alfo wird auch diefer Welt thierifche und irrdiſche Bildnuͤß / gleich
wie als tod Weſen erfcheinen / fo wohl aller andern Creaturen
Weſen / es follalsein Schatten ſtehen; Aber das Paradis hat
und traͤget Frucht aus der ewigen Sebens-Krafft / alsaus Got⸗
tes Eſſentien.
24. Dieſes alles welches uns ietzt meiſtentheils verborgen iſt /
das iſt ins Verbum Fiat, in Anfang und Ende eingeſchloſſen /
and ligt darinn als ein groß Myſterium.
25. Nun wird ſich der Geiſt der erſten Schoͤpffung aller drey
Frineipien bewegen; und ehe ſolches geſchicht / fo faſſet ſich das
Wort GOttes mit demſelben Geiſte / als gleich wie eine Erhea
bung oder Offenbahrung der Gottheit.
26. Dan der Geiſt ruͤget die en aller Weſen in allen
3 drey
225 Die 30. Fr. Dom Unterſcheid der
drey Principien ‚da wird auff eine Stunde alles offenbahr ſtehen /
was im Himmel / Hoͤlle / und in dieſer Welt iſt; Dan die Turba
erregt alle Weſen aller Creaturen / und wird alles ſichtlich ſeyn /
was im Himmel und Hoͤlle iſt amd ein jeder wird die Wercke
ſeines Hertzens ſehen gut oder boͤſe.
27. Und in dieſer Stunde erſcheinet auch der Richter Chriſtus
auff dem Bogen der Drey⸗Zahl / gleich einem Regenbogen; dan
nach dem Principio dieſer Welt iſts ein natürlicher Regen⸗
bogen / aber nad) dein Principio GOttes iſts die Drey-Zahl/ das
Creutze mit einem voppelten Regenbogen / da das eine Theil in
das innere Principium gewandt fichet / alsin Abgrunddes Zor⸗
nes / da ſitzt Erauff GOttes Zorn / das werden die Teuffel und
alle Gottloſe Menſchen ſehen; Dann derſelbe Bogen ift in alle
drey Principia gefchloffen/ und fit diefer Richter Chriſtus auf /
and in der Allmacht der Ewigkeit / über alles was Weſen heiſſet.
28, Allda wird aufgehen das jämmerliche Erfihreden aller
Teuffel und Gottloſen Menſchen / und werden heulen / zittern)
gelffen und ſchreyen / und ſagen zu den klugen Jungfrawen: ge⸗
ber uns Oehle von ewrem Oehle / ac) troͤſtet uns doch / lehret ung
doch / was ſollen wir thun / gebet uns doch von ewerer Heiligkeit /
daß wir moͤgen vor dem zornigen Angeſichte GOttes beſtehen;
dan der Hoͤllen Auge ſtehet weit offen / wo ſollen wir hinfliehen
vor diſen Zorne!
29. Und die klugen Jungfrawen als die Kinder GOttes wer⸗
den ſagen / gehet hin zu ewern Kraͤmern / und kauffet euch / wir
haben Oehle fuͤr uns / auff daß nicht euch und uns gebreche: gehet
hin zu ewren Heuchlern und Triegern / die euch haben ewre Oh⸗
ren gejucket mit Gleißnerey umb ewer Geld / da kauffet euch
was doͤrfft ihr jetzt unſer ? find wir doch nur ewere Narren ge⸗
weſen: Nun gehet hin mit ewrem Glantze ewres Truges und
Heucheley / wir machen uns ewerer nicht theilhafftig / dag wir
nicht ewerer entgelten.
30. Da werden ſie in groſſen Schrecken und Zittern ſtehen in
gelften und ſchreyen zum Richter Chriſto / aber ſein Zorn⸗Auge
mit ihrer Turba greifft ihnen ins Hertze / durch Geiſt und Fleiſch /
durch Marck und Bein; dan die Seele iſt in der Tuaba mit der
Bewegung GOttes ſchon im Grimme raͤge.
31. Da werden ſie vor Angſt zur Erden fallen / und ein Theil
ihre Laͤſter⸗Zungen zerbeiſſen; Die Hoffaͤrtigen werden fagen/
Ag ihr Berge fallet auff uns / und ihr Hügel verdecket ung vor
dieſem Auge des Grimmes ; fie werden in Die Pintenagdt
Lebendigen und Todten / etc. 127
im die Stein⸗Felſen / in die Berge ſich einſcharren / fie werden
ſich wollen ertödten / und ift Fein Tod mehr da ; fie brauchen
Waffen fich zu entleiben / aber esift kein Sterben da / ſondern
nur Grimm und Zorn. >
32. In die ſem Schrecken werden alle Gebaͤwde der Welt umb⸗
fallen; dan die Erde wird erzittern / als ein Donner / und das
Schrecken wird in allem geben ſeyn / ein jedes nach feiner Auaal;
Ein Thier hat keine ſolche Quaal als die Seele / nur Furcht we⸗
gen der Turba.
33. Und in dieſem Erheben und Bewegen ſteigen alle Waſſer
‚über alle Berge hoch / daß keine Erquickung auff Erden iſt / alſo
hoch / gleich als waren ſie alle verzehret; dan fie werden alle im
Zorn in die Turbam gefaſſet / alſo daß in den Elementen nichts
dan Angſt wird ſeyn: Alle hohe Felſen und Berge zerkluͤmſen
und fallen umb / die Sternen fallen auff die Erden mit ihrer
ſtrengen Krafft / und dieſes alles wird in unterſchiedlichen Tagen
geſchehen / alles nach dehme / wie die Welt iſt erſchaffen worden /
alſo ſoll fie auch ein Ende nehmen.
34. Dander Erden Sucht inihrer Angft wird die Sterncan
fich ziehen / als fie allemahl diefe Zeit gethan hat / dag der irrdi⸗
ſche Leib hat der Sternen Sucht anfich gezogen.
35. Dan die Sterne findeine magifche Sucht / welche haben
Leben erwecket: fo dan iegt die Erde in der groffen Tutba erweckt
ſtehet / fo wird fie alfe durftig und hungerig / daß fte wird Sterne
an fich ziehen Jeine folche Augſt wird auff Erden feyn.
36, Aber die Kinder GOttes werden ihre Augen auff heben
mit gefaltenen Händen zu Chriſto / und ſtch frewen dag der Tag
ihrer Erloͤſung komt / dan die Angft rühret ftenicht.
37. Undindenfelben Tagen (welgein GOTT verborgen find)
wie viel ihrer dazu gehören; dan in 6 Tagen ward die Welt mit
ihrem Heer geſchaffen / das ſtehet uns nu verborgen) wird ſtch
das Waſſer wieder finden / und alle Tieffen erfüllen / mehr als
deſſen zuvor war.
38. Dan ietzt komt der Tod mitte/ ımdinderfelben Stunde
ſterben alle Ereaturen auffer dem Menſchen; und werden alle
Menſchen / ſo ſich haben verkrochen in die Felſen und Bergen /
wieder herfuͤr gehen / aber mit Angſt ihres Gewiſſens / wiewohl
jest die Turba hat nachgelaſſen / dag das Schrecken im Tode
ſtehet / dan das Waffer-fallen ergreifftdieTurbam.
39. Und allda wird fich die Stimme der H. Drey⸗Zahl nach
allen drey Principien eröffnen / und durch den Mund des Rich⸗
34 texs
*
#28 Die zo. Fr. Bom Unterſcheid der
ei Chriſti fagen: Stehet auff ihr Todten umd komt vor Ge⸗
richte.
40. Dieſe Stim̃e ift der urkundliche ewige Geiſt / der alles Leben
haͤlt / und jemals geregiret hat inallen dreyenPrincipien,dan es iſt
der Geiſt aus dehme alles Leben iſt entſtanden / und in dehme es in
Ewigkeit ſtehet der aller Dinge Leben und Bewegen iſt gewe⸗
ſen / in dehme der Anfang eines jeden Leben iſt geſtanden / und auch
ſein Ende / und die Ewigkeit; dan Er iſt von Ewigkeit / und der
Schoͤpffer aller Dinge.
41. Er hat z ewige Anfaͤnge / als im Fewer und im Liechte / und
Der dritte Anfang ift ein Spiegeldes Ewigen gewefen / alsder
Geiſt diefer Welt: Er ift in diefer Welt als ein Wunder ges
weſen / und durch ihn ind die Wunder offenbahr werden: und
Dr ifts der das letzte Gerichte beſitzet feine Bewegung ift die
etzte.
42. Dan in der Schoͤpffung bewegte Er den Vatter / und in
der Menſchwerdung des Worts den Sohn; und nun iſt die letzte
Bewegung und das Gerichte ſein: Er wird ein jedes Ding heim⸗
Führen in den ewigen Ort; und dieſes geſchicht durch Die Stimme
des Wortes aus dem Munde Chriſti.
43. Dan der Geiſt gehet in zwey Principien in GOTT aus /
als im Zorne als im Fewer gehet Er als der ernſte Grimm des
Fewer-Lebens; und im Liechte der Liebe gehet Er als eine Flam⸗
me der Goͤttlichen Majeſtaͤt aus; und im Geiſte dieſer Welt als
ein Wunder des Lebens / wie ſolches alles unlaͤugbar iſt.
44. Und ob einer waͤre der alſo hochgelehrt ſeyn wolte / und das
widerſprechen / dehme ſey angebotten ſolches mit allen Dingen zu
erweiſen / wir wollen nichts in dieſer Welt aufgenommen haben /
es ſoll uns Zeugnuͤß geben / er mag kommen wan er wil; er darff
nicht harren und ſagen / wir find toll / hat er mit fo kurtzen Wor⸗
ten nicht Genuͤge / wir wollen ihm das zeigen / daß er ſich finden
ſoll / und ſehen wer er iſt / und ſolte der Teuffel vor Zorn zerber⸗
ſten / ſo wollen wirs ihm unter Augen ſtellen.
45. Und weil derſelbe Geiſt das Verbum Fiat hat / als GOttes
Wort mit dem Centro Naturæ, darauß Er von Ewigkeit urſtaͤn⸗
det / und als des Centri Geiſt auff 2. Weege außgehet / als eines
im Fewer in den Eſſentien des Lebens Urſtand / im Grunde der
Seelen Urſtand; und dan zum andern im Liechte des Fewers /
als in der andern Quaal / welche durch den Tod gruͤnet / und Got—
tes Reich heiſſet / da Er im Liechte die Flamme der Liebe iſt / und
am Fewer die Flamme des Zorns.
46. So |
a Zu ee u u a
—
Lebendigen und Todten! x. 129
46. So wird Er auch die Pforten des Todes raͤge machen /
dan Er wecket den Tod auff/ und hatdas Verbum Fiat an ſich /
und daffelbe Fiat ift auch in der Seele und auch im Leibe / und ob
er der $eib / ſchon lange vermwefen ift / fo ift doch die Tuuba mit des
Seibes Wundern im Fiat geblieben.
47. Jetzt müffendie Elementadas Weſen / das fie verſchlun⸗
gen haben/ dem FIAT wiedergeben/ dan das Verbum Domini
iſt darinne/ aber in feinem Principio > ein jedes muß geben was
es hat empfangen: als die Erde den Leib als das Phurs und das
Waſſer auch feine Eflentien ; die Lufft den Hallder Stimme der
Worte / und das Fewer die Eflentien der Seelen; dan es ſoll al⸗
les geurtheilet werden.
48. Ale Worte fo der Mund hatgeredet/ welche die Lufft hat
in ſich genommen/ undden Worte zudem machen gedienet / fol
die Lufft wieder darftellen/dan fie ift der Spiegel des ewigen Gei⸗
fies: der Geiſt fichetdas im Spiegel.
49. Jetzt wird der Menſch nach Hertz / Sinn und Gedancken
geprüfet und gerichtet werden sdandie Turba ftchet in aller Boß⸗
heit} ſo wider die Liebe iſt; „Da mirds nicht vielentfchuldigens
„geben / dan ein jeder Elagt fich felber an / frine Turba vers
„klagt ihn.
so. Und alfo verftchet uns wird derfelbe Geift / deralles in
allem ift/ alles Leben / was unfterblich ift gewefen / erwecken?
und mit dem Fiar dem Leibe geben: dan das Fiar zeucht den Leib
an die Seele mit allen ſeinen Thaten und Wundern / mit allem
deme / was er allhie gethan hat mit Worten und Werden / al⸗
les was der Seelen Abgrund erreichet hat / Das mus herfuͤr.
51. Dan in der ſtillen Ewigkeit ſoll keine Turba mehr ſeyn /
und darumb ſoll alles Weſen durchs Fewer bewehret werden /
und die Turba ſoll im Fewer bleiben mit allem dehme was boͤſe / und
der Turbz iſt faͤhig geweſen / eg ſey van in der Zeit mit der See⸗
len Umbwendung im Waſſer des Lebens gewaſchen worden / ſonſt
muß es im Fewer bleiben.
52. Wird nu mancher viel ins Fewer geſaͤet haben / ſo wird er
deſſen Schaden haben / wie uns CHriſtus ſaget; Das dem Gott⸗
lofen werden feine Were im Fewer bleiben / under wird deß
Schaden haben.
53. Alfo verfichet uns ja recht; Der Leib der hie auf Erden
gegangen ift / der böfe verderbte Leib der das edle und ſchoͤne
Bild des Paradifes verfihlungen hat der fell kommen / und
darſtehen mit der thewren Bildnuͤß in ihme / er fol Rechenſchafft
an St Bildnuͤß geben. 85 54. Woh
130 Die 30. Fr. Bom Unterſcheid der
54. Wohl nu denen / welche Ehrifti Geift haben / diehaben
ihre erfte Bildnuͤß im Verbo Fiar, das mug fie wieder geben /
und eben in den Adamifchen Seiban die Seele.
55. Welcheaber CHriſti Geift nicht haben werden / die wer⸗
den wohl indem böfen geibe darftehen / aber ihre Seele wird die
rechte Bildnuͤß verlohren haben / und werden eine Bildnuͤß im
Seelen⸗Geiſte haben / nach dehme fie im Willen find geftanden /
was ihretägliche Luſt iſt geweſen / alſo wird ihre Bildnuͤß ſeyn.
56. Und in dieſer Stunde wird auch das grimmige Fiat Der
Finſternuͤß die Teuffel darftellen / die follen jest auch ihren
Lohn und Stallempfangen / davor fie] wan ſie diß hoͤren / er»
gittern.
57. Undalfo werdendie Todten alleſamt / böfe und gute / auff⸗
ſtehen Jeinjederim einem zweyfachen $eibe/ und werden die Seele
mit dem Geifteimgeibehaben.
58. Einer wird das aͤuſſere irrdiſche Leben / und darinnen eine
Thieres Bildnuͤß haben im Seelen Geiſte / und wird des grim⸗
men Zornes Weſenheit an der innern Bildnuͤß haben
59. Und der ander / den aͤuſſern Leib / und darinnen Chrifti
Bildnuͤtß / und in feinem Seelen⸗-⸗Geiſte wird GOttes Kiebe⸗
Geiſt leuchten / deme zeucht das Verbum Fiat die rechte. Adami⸗
ſche reine Bildnuͤß wieder an: Dan die reine Bildnüg iſt in
GOTT verborgen im Worte / Das Menſch ward/ geflanden
Jetzt als die Seele am Ziele ſtehet / Erieget ſie die wieder / mit der
fhönen Zungfram der Weißheit GOttes.
60. Dan die edfe Bildnuͤß ward in Adam zerftöret / indehme
das Weib aus ihmegemacht ward / daß er mur die Fewers Tin-
tar behielt / und das Weib des Geiftes Tindur; jetzt kombts
einem jeden gan nieder heime. z
61. Dan das Weib wirdim Fewer GOttes des Fewers Tin-
ur fahen / daß fie auch wird ſeyn wie Adam Fein Weib noch
Mann / ſondern eine Jungfraw voller Zucht / ohne weibliche oder
männliche Geſtalt oder Glieder,
62. Und hie wirds nimmer feyn / dis bift mein Mann: du biſt
mein Weib / fondern Brüder. In den Göttlichen mazifchen
Wurndern wird etwas davon erkant werden/ aber fein Menfch
achtet Das / fondern find alleſambt nur GOttes Kinder imeinens
Kinder⸗Leben und Liebe⸗ſpiel.
63. Dieſes alles wird vor dem Urtheil geſchehen / dan das Ur⸗
cheil iſt zu erſt / und der Juͤngſte Tag / der letzte Tag / und die Le⸗
bendigen werden nicht ſterben / ſondern zugleich mit der Stim⸗
ing
Lebendigen und Todteniie 138,
me GOttes vor GOttes Gericht geftellet werden.
64. Dan das Verbum Fiat wird fie alledahin bringen und
wird alles in ſeiner Ordnung dargeslellet werden vom Verbo Fiat,
als einem Könige und Kenfer feine Unterthanen / über welche er
geherrfchet hat / einem Fürften / Edelmann) Bürgermeifter und
Dbern/ jedem in feinem Ruffe.
65. Und allhie follen diejenigen / welche fih haben zu Hirten
E.Hrifti auffgeworffen ohne GOttes Ruff / ſtehen unter der
Heerde ihrer Schaafe / und Rechenfchafft geben von ihrem IBe=
fen und Lehre / ob fie find Chriſti Hirten gewefen / und die
Schaafe geweidet / oder ob fie find ihre eigene Bauch- Hirten
geweſen. Hiewird der Geift nach ihrem Rufffragen / ob ſie find
aus feiner Wahl und Kraft zu Hirten eingegangen / oder durch
Menfchen-gunft ohne GOttes Geift und Wahl.
66. Dan der Richter wird ſprechen: Nu gebet Rechenſchafft
von ewrem Schen / Worten/ Werden / Thaten und AWefen ; da
wird die Tarba eines jeden Dienfchen fagen / was fein Weſen ge⸗
weſen iſt: dan jest wird alles in der Figur in ihnen und auffer
ihnen vor ihnen ftehen/ dag alfo kein läugnen feyn wird; Dart
der Geiſt prüfet mit der Turba , Seel / Geift/ und Fleiſch / hie iſt
alles offenbahr.
67. Die Könige und Fürften werden follen Rechenfchafft ges
ben von ihren Unterthanen / wie fte die haben regiret / und ge⸗
ſchuͤtzet was fie haben vor Regiment geführet/ wie ſie haben man⸗
chem fein Leben in Tyranney genommen / unſchuldig Blut ver⸗
goſſen / Krieg gemacht nur umb Geig und Wolluft willen,
68. Deßgleichen die andere Obern / wie fie fich haben einge»
drumgen und zu Herren über den Albern gemacht haben / ihn ger
drenget / getrotzet ihme feinen Schweiß genommen / und mit
Hoffarth verzehret.
69. Jetzt wird nach jeder Wurtzel gefraget werden / woher fie
komme / worauß ſie gewachſen iſt; ob ſie GOttes Ordnung tra⸗
ge/ ob fie im himmliſchen Fiat aus der Liebe urſtaͤnde / oder in
höllifchen aus dem Zorne ; da folleinjeder Nechenfchafft von ſel⸗
nem Standegeben/ ober fey felber eingedrimgen aus Geis und
Hoffarth / und fich zum Herren geinacht Loder ob fein Regiment
von GOTT geordnet fen.
70. Da ſehet zu ihr Welt⸗regirer / ihr Gewaltigen / ob ihr in
GOttes Ordnung ſeyd; ob ihr in rechter Goͤttlicher Ordnung
ſitzet / wie ihr mit den Elenden umbgehet: jetzt ſtehet er euch un=
ter Augen / und klaget euch any daß ihr lrſach feiner ern
86 |
132 Die 30.Fr. Bom Unterſcheid der
and alles Ubels gewefen ſeyd.
71. Dan da wird je einer über den andern ſchreyen und kla⸗
gen / daß er ihn zu folchen Saftern geurſachet hat / er wird ihn vers
fluchen | der untere den Obern / der Obere wieder feinen Obern /
Der Fürfte feine falfche Raͤthe / die Raͤthe die Priefter die ihre
Sachen nicht haben geftrafft / ſondern geſchmuͤcket und haben
ähnen geheuchelt umb Erhebung der Ehren willen.
72. Wie wolt ihr nu hie beſtehen / ihr hohen Schulen und
Do&otes , ihr alle die ihr habt an Chriſti Stadtgefeffen/ daß
ähr habt alfo umb Chriſti Kelch / umb Chrifti Ehr und Schr in
ewerer Hoffarth getauset / und habt ewere Sands» Fürften/ wel⸗
che GOttes Ordnung ſeynd / zu Krieg und Blutzvergieffen ges
zeist und getrieben umb Worte willen / die ihr.doch felber ges
ſchmiedet habt: Wo ift nu Chriſti Geift in der Liebe / der da
ſagte: Liebet einander; darbey wird man erkennen daß ihr meine
Zuͤnger ſeyd / wo iſt nu ewer Liebe? Sehet ewre Blut⸗Paucken
an / damit ihr habt zum Kriege gelocket / und die Welt verwirret /
von der Liebe und Eintraͤchtigkeit; Ihr habt Trennungen ge⸗
macht / daß fich haben Könige getrennet und gefeindet umb ewerer
Hoffarth willen / in dehm ihr habt Chriſti Worte mit bey den
Haren gezogen und nicht geachtet / ob ihr Chriſti Geiſt und
Willen habt.
73. Allda ſollet ihr vor allen andern eine ſchwere Rechenſchafft
geben / dan ihr habt des Herren Willen gewuſt / und nicht ge⸗
hans Ihr ſeyd gelauffen / und habt euch in CHriſti Ambt einge⸗
drungen / nur umb Gut / Gunſt und Ehren willen: GOttes Geiſt
Habt ihr nicht geachtet / darumb nennet euch der Geiſt Babel /
eine Verwirrung aller derer vie da leben: Ihr habtdieganke
Belt uneinig gemacht/ ihr ſolt fie die Liebe lehren / fohabt ihr
fie Zanck und Streitgelchret/ daß ein Bruder den andern umb
ewres Tandes willen hatgehaffet und verfolget 3 wie ift doch der
Mame Ehrifti umb ewers Zands willen gefihmähet worden }
wo wolt ihr aus und bleiben / fo euch das unter Augen flehet / und
Die ganze Welt Ach und Ich über euch fihreyen wird?
74. Allhie werden die Engeldie Schnitter ſeyn / dieſe werden
fie unterſcheiden in zwey Heerden / die Frommen zur Rechten
ſtellen als zum Liebe-Auge / und die Boͤſe zur Lincken / als zun
Zorn⸗Auge: dan die Rechte heiſſet allhie des Lichts Principium,
die Lincke des Fewers Principium.
75. Allda wird das Gerichte beſetzt werden; alle die groſſe
Hirten / welche GOITT der Welt bat zum Liechte dargeſant /
Mi s Das
-
Sebendigen und Todten! 1 133
daß fie die haben geftrafft und gelehret / als die Ertz- Vaͤtter von
der Verheiffung Ehrifti/ mit den Propheten und Apofteln zur
Rechten des Gerichts / und Mofen und alle Gefeß=$chrer zur
Lincken des Gerichts.
76. Dan Mofes und Elias haben das Fewer-Schwerd / tes
ben allen hochethewren Geſetz⸗Lehrern und Förderern GOttes
Gerechtigkeit; und die zur Rechten GOttes Barmhertzigkeit.
77. Und indiefer Stunde ift der Züngfte Tag / da der Richter
wird ſprechen: Komtherihr Gebenedeyten meines Vatters / er⸗
erbet Das Reich das euch von Anbeginn bereitetifts dan ich bin
hungerig /durftig / nacket / kranck / und elend gewefen/ und ihr ha⸗
bet mir gedienet.
78. Und zum Gottloſen Hauffen / gehet hin ihr Verfluchten
in das ewige Fewer: Ich kenne euch nicht / dan ich bin hungerig /
durſtig / kranck / nackend / und gefangen geweſen / und ihr habt
mir nie gedienet: Da werden ſie ſich wollen wegen des Richters
Perſon entſchuldigen: HErr wir haben dich nie gekennet; aber
Er wird ſagen / was ihr meinen elenden Kindern nicht gethan
habt / das habt ihr mir auch nicht gethan.
79. Und allyie wird ſich der Geiſt GOttes erſt zum Recht be⸗
wegen in allen dreyen Principien , und das Centrum Naturz er⸗
wecken / dag es im Zorn-Fewer brennen wird; dan es wird alles
zugleich im Fewer fichen/ Himmel’ Erde/ und Firmament; Ind
wird die Turba die irrdiſche Welt im Fewer verſchlingen und
wieder in das fegen als fie war vor der Schoͤpffung / alleine die
Wunder bleiben ſtehen in beyden Principien; das driffe vergehet
gar big auff die Runder / die werden in Anfang geftellet.
80. Und da wird das irzdifige geben mit dem irzdifchen Seibe
hinfallen/ amd das Fewer wirdihnverzehren. Und wird in den
Gerechten der herzliche fehöne Paradig-geibe durchs Fewer geben
mit feinen Adundern / welche ihm werdennachfolgen; und was
falſch ift wird im Fewer bleiben.
81. Und werden alfo Augen=blicklich durchs Fewer gezucket
werden/ wiewohl das Fewer fänget fie nicht / fo wenig als das
Fewer fan das Sicht haltenoder den Wind / fo wenig auc das
Liecht der Heiligen Menfchen : dan fie Eönnen im Fewer wohnen
ohne Empfinden einiges Wehes.
82. Und alfobald nit der Anzuͤndung des Fewers iſt GOttes
Majeftät bereitet / und das Paradig-seben/ dahinein gehen fie
als Kinder) umd leben ewig bey ihrem Vatter / ineiner Liebe /
in einem einfaͤltigen lieben Kinder⸗Leben / und ifteine Gemein—
87 ſchafft
734 Die 3r. Fr. Welcherl. Leiber die Seeleꝛc.
fhafft der Heiligen / Fein Tag / auch keine Nacht : Dan vie
Sonne vergehet unddie Sternen vergehen / und ftehen nur ihre
under da /imdergroffen Magia, zur Ehren GOttes: alfo wer»
den fie fich fcheiden.
83. Die Gottlofen müffen auch ins Fewer / und wird ihrirt«
diſch Seben auch hinfallen / und wird im Geifte ihr Larven-Bild⸗
nüß gefehen werden? nach allerley grewlichen Thteren / ähnlich
den Teuffeln ; Dan fie wohnen in Einem Principio , und $ucis
fer iftihr Groß-fuͤrſt / dehme fie allyie haben gedienet; wiewohl
es ift daß fie werden ihren Heuchlern anhangen umb Narrens
Frewde willen.
84. Alfo geliebter Freund / habt ihr eine kurtze Andeutung
und Bericht des Juͤngſten Tages ; dan es wird alles von diefer
Welt vergehen + Die Erde wird verfchmelsen / alle Felfen und
Elementa , und wird nur das bleiben / dus GOTT haben wolte/
umb welches willeiter dieſe Welt gefihaffen.
85. Es ift vorhin ſchon inder Ewigkeit / beydes Gutes und
Böfes gefehen worden / und ift indiefer Welt nur zum Weſen
gebracht worden / daß rs ein Wunder ſey / und ſtehet hernach in
Ewigkeit alſo.
Die 31. Frage.
Welcherley newe Bahr seiber die Seelen werden
aben?
Jeſes iſt auch vorhin genug erklaͤret worden: Dan
nach dehme einer wird mit Krafft der Liebe / Ge⸗
rechtigkeit und Reinigkeit angethan ſeyn / nach
dehme er wird ſchoͤne Wercke des Glaubens ha⸗
ben / ſo wird er leuchten.
2. Das wird gar ungleich ſeyn; manchem werden faſt alle
Werde im Fewer bleiben / und er wird kaum entrunnen ſeyn /
der iſt nicht ſo ſchoͤne / als die Heiligen. Dann als die Schrifft
ſaget: fie werden einander übertreffen als die Sternen am Him⸗
mel: Aber es wird feine Mißgunſt ſeyn / fonern einer wird fich
nes andern Schoͤnheit frewen / dan alloa ift Fein ander Liecht / als
daß GOTT alles in allem erfüllst.
3. Und alfo wird jeder GOttes Slank und Majeftät fangen)
nach deme feine Krafft wird des Liechtes fähig feyn ; dan nach
dem Sehen iſt kein beſſer machen / ſondern jedes bleibt als es hin⸗
ein Font,
- | 4. Dan
Die 32. Fr. Was in jenem Lebẽ ð Seel. it. 135
4. Dan allhie wird der Richter Chriffus das Neich feinem
Batter haben überantworttet : dan wir dürffen Feines Schrers
und Führers mehr / fondern Er ift unfer König und Brüder: Es
ift Fein Gebieten / fondern wir find beyihmeals ein Kind beym
Batter; alles was wir thun das ift gut/ dan es iſt feine Falſch⸗
heit mehr.
Die 32. Frage.
Was fonft in jenem Leben der Seelen Seftalt / Zu⸗
ftand | Frewde und Herzligfeit fey ?
1. Ndieſem iſt uns das Paradiß zu betrachten: dan
diefe aͤuſſere Welt iſt eine Figur mit feinen Fruͤch⸗
ten und Farben des Paradifes geweſen: dan das
Paradiß war inuns/ und der Auffere Geift raube⸗
te uns folches / und zog uns in ſich / in deme Adam
darnach füfterte / fo fing ihm feine Suft.
2, Run aber werden wir wieder aldainnen feyn / und ung e⸗
wig frewen/ auch der ſchoͤnen Bewächfe vonallerley Blumen und
Formen / fo wohl von Baͤwmen und Stauden / und allerley
Srüchten ; aber nicht alfe irrdiſch / dicke und begreifflich: Dan
find doch unfere Leiber nichtalfo / wie foltedan das Weſen alfe
ſeyn ? es ift alles gleich als Englifch : die Früchte find Elärer
und fubtilerals die äuffern Elementa ietzt feynd/dan es macht kei⸗
nen Stand / ſo wir die eſſen: Wirhaben Feine Darıne / da wir
dörfften einen Sad voll einſacken / als allhie in den Maden⸗
ſack: fondern es ift alles von Krafft / wir eſſen im Maule und
nicht im Seibe/ wir bedürffen nicht erft Zähne zum kawen / es ift
Krafft / und doch inrechtnatürlicher Form und Geftalt mit fehö>
nen Karben.
3. Auch ift das Reich GOttes nicht Effen und Trinken / fon»
dern Friede und Fremde im heiligen Geiſt / Singen und Klingen
von GOttes Wunderthat / vonder Sichligkeitdes Paradifes.
4. Wir führen ein Kinder-Seben/ als fich diefe über einer
Docke erfrewen und frölich ſeyn / dan in unſerm Herken iſt kein
Trawren / Feine Furcht einiges Dinges / ſondern ein Spiel mit
den Engeln: Es wird dieſer Welt nichts mehr gedacht / dan al⸗
be irrdiſche Wiſſenſchafft und Gedancken bleiben in der Turba
des irrdiſchen Leibs im Fewer.
5. Wir wiſſen nichts mehr von unſern Eltern / oder Kindern /
oder Freunden / welche in der Hoͤllen ſind. —
Wir
un
136 Die 32. Frage. Was in jenem Leben ac.
6. Wir werden einander alle kennen und mit Namen wiffen )
wiewohl ver irzdifche Name bleibt auch der Turbz : wir haben
aus unſerem erſten Namen einen Namen nach der Engel Spra⸗
che / die wir allyier nicht verfichen/ in der NatursSprache verftes
hen wir etwas davon/aber wir haben allyie keine Zunge zum Auß ⸗
precheit.
: © Niemand fagt zum andern / du biſt Mann / du bift Weib /
du biſt Sohn / Tochter / Knecht! Magd / esift alles aleich/ wir
find alle Kinder / weder Mann / noch Weib / Kinder/noch Knech⸗
ge oder Mägde/ fondern alle Freye / ein jeder iſt Alles / es iſt
nur einerley Geflecht / als Himmliſche Jungfrawen / voller
Zucht / Keufhheit und Neinigfeit.
8 Wir findalle GOttes Weib) er ift unfer Mann Fer füet
feine Kraft in ums / und wir gebähren ihme Lob und Ehre: Es
find gleichwohl Reyhen und Singen / als die Kinder pflegen zus
thun / welcheaneinander bangen und fingen einen Reyhen.
9. Alle Kunft wird nicht geachtet: wiffet aber diefes/ daß die
jenigen/ welche allhier das Myfterium getragen / und an ihnen
eröffnet worden / daß fie auch groſſe Weißheit und Witze vor an⸗
dern haben werden / und den andern vorgehen : Zwar nicht im
Zwang oder Sehre / fonder ihre Weißheit faͤnget allerley Ubun⸗
gen ausden Himmlifhen Myſterio an/ daß alfodie Frewde auff>
gerichtet wird.
10. Danalsdie Kinder zufammen lauffen/ fo Einsein Spiel
anhebt / alſo auch hier : Und ſind die Fleinen Kinder unfese Schul»
meiſter / che fie die Boßheit betritt] dag fie Turbam Magnam
fangen / fobringen fte dach ihr Spiel mit aus Mutter Leibe / dag
iſt noch ein Stücke vom Paradis / fonftiftalleshin / big wire
wieder werden erlangen.
11. Ein Königgiltda nichts mehr als ein Bettler; foer wohl
regierethat/ fo folgen ihm feine Tugenden nach / und wird deffen
Ruhm in der Majeſtaͤt haben / dan er erlanget eine fhönc Glori-
fieirung / als ein Hirte feiner Schäflein ; Iſt er aberböfe ges
weſen / und doch endfich befehret worden / und am Faden einge⸗
. gangen/ fo bleiben feine Königliche Werde im Fewer / und wird
allyier nichts mehr alsein Bettler ſeyn oder gelten / der from ges
weſen iſt / und noch nicht fo fihöne.
12. In eines jeden Wercken wird man erkennen mas jeder ges
weſen iſt / war fie ihren Kram werden in der Himliſchen Magia
darſtellen / alsdie Kinder im Spiele thun.
23. Doc wiſſet / daß es wird nicht eben ein Spiel⸗Reich Mo
> an
Die 33.Fr. Was fir Materiam unfere sc. 137
dan man wird von GOttes Wundern und Weißheit ſagen / von
den groſſen Myſterien der Hinunliſchen Magia: dus Lied von
Treiber wird bleiben dem Teuffel zu Spott und GOTT zu
Lobe.
14. Man wird doch etwas wiſſen von der Hoͤllen / aber nichts
fehen / als in der Magia im Myſterio; dan die Teuffel muͤſſen iu
der Finſternuͤß wohnen / das grimmige Fewer in ihnen iſt ihr
Liecht / ſie haben Fewer⸗Augen / damit ſehen ſie / ſonſt iſt alles
Fewer hinweg / dan die Majeſtaͤt hat es alles erſencket / daß es in
Liebe brennet.
15. Wiewohl im Centro Fewer iſt / davon die Majeſtaͤt ur⸗
ſtaͤndet / aber daßelbe wird den Teuffeln nicht gegoͤnnet / ſie wer⸗
den außgeſtoſſen in die Finſternuͤß / da heulen und Zaͤhnklappen
iſt / da mehr Froſt als Hitze iſt.
Die 33. Frage.
Was fir Materiam unſere Leiber in jenem Leben haben
werden?
Ein geliebter Freund / das iſt eine ſtarcke Frage!
welche der aͤuſſere Menſch wohl ſoll ſtehen laſſen
und mit nichten betaſten / dan er iſt deſſen auch
nicht wehrt.
2. Ihr wiſſet gar wohl daß GOTT IE Menſch
worden / und hat an ſich genommen unſer Fleiſch / Blut und
Seele. Nun aber ſprach Thriſtus: Ich bin von oben herab /
Niemand fähretalfo gen Himmelals des Menſchen Sohn / wel>
cher vom Himmel kommen iſt / undder im Himmel ift.
3. DVerftchet ihr das / daß erfagte ; Erwäreim Himmel’
er fagte nicht allein von feiner GOttheit / als vom Worte / fon=
dern vom Menfihen-Sohne / vom Werte / das Fleiſch ward!
Das iſt uns nu zu betrachten < Dan in demſelben Fleiſche und
Blute ſollen wir ewig leben und muͤſſen Chriſti $eib haben / wol
len wir in GOTT beftchen.
4. Wir wiſſen aber von keinem andern Leibe den wir haben
werden / als unſern eigenen auß dem alten Leibe / als ein Hahn
aus einem Korn waͤchſt: Einen ſolchen Leib hatte auch Adam in
der Schoͤpffung; aber er ward mit dem Reiche dieſer Welt ge—
fangen / daß er irndifch ward / das war fein Fall / und urs
ſachte GOTT / daß er Adam zertrennete und cin Weib
1
*
138 Die 33.57. Was fir Materiam unfereie,
ihme bawete / wie in unferm dritten Buch gar weitläufftigges
ſchrieben ift.
5. Nun wiſſen wir wohl dag Adam sin züchtige Jungfraw
war / vor feiner Heva / wor feinem Sclaffe/ und hernad) ein
Mann ward / gleich als ein Thier mit Ungeſtalt / welches wir ung
noch heute vor GOTT ſchaͤmen / dag wir thierifche Glieder haben
zur Fortprlangung.
6. Nun hatte doch Adam die Jungfraw der Weißheit Got-
tesinfih: Weil er aber fiel / fo blieb fie ir ihrem Principio ſtehen /
und Adam gieng heraus.
7. Und wiſſet / dag Chriſtus iſt inderfelben Rungfrawen in
der irrdiſchen Maria Menfch worden ; dan das Verbum Domini
brachte Die mitin Marien Leib.
8. Und verftchet uns fo viel / daß Chriftus ift in dem Waſſer dee:
ewigen Lebens Sleifch worden / welches die gange GOttheit erfuͤl⸗
let / und auch in den Efſentien der irrdiſchen Mariæ.
9. Aber Maria ward mit der Himmels-Jungfraw gebene⸗
deyet / daß alfo Ehriftus in einem reinen Faffe Menfch ward /
und ihme alſo der. auffere Menfeh anhing.
10. Dan umb der Seele willen / dag er die aus Marin an-
naͤhme / mufte er Marix Sleifch annehmen / aber inder Wene-
deyung der Himmels-Fungfrawen. Die Tinctur des Bluts in.
der Himmels⸗Jungfraw war himmliſch: dann eine irrdiſche
hätte nicht können Durch den Zorn GOTtes und Todt gehen /
fie Hätte auch nicht Macht gehabt aus dem Grabe auffzuftehen.
11. Das Wort das Fleifch ward / hatte das Waſſer des ewi⸗
gen Lebens / es war aus GOttes Majeftät/ umd doch auch in.
Marien Blute. Allhier weiter weifen wir euch in unferdrits
tes Buch vom drepfachen geben / da ifts meitläufftiger bes
ſchrieben.
12. Alſo fuͤgen wir euch daß wir werden einen Leib in Fleiſch
und Blute haben / einen Leib als Chriſtus hat: dan Chris
iſt mit feiner Menſchwerdung auch in uns Menſch ge—
ohren.
13. Wan wir aus dem Geiſte und Waſſer newgebohren wer⸗
den / fo werden wir in Chriſti Geiſte / aus Chriſti Fleiſch und
Blute nemgebohren. Wir ziehen Chriſtum an / Chriſtus wird
is dem bekehrten Sünder gebohren / und er wird in Chriſto Got⸗
tes Kind / denfelben $eib werden wir im Himmel haben ; Nicht
grobsthierifch Fleiſch als wir im alten Adam haben, fondern
fubtile Fleiſch und Blut / ein fol Fleiſch das da Fan durch *
un
——
Die 34. Sr. Die jaͤmmerl. Gelegenheitie. 230
und Steine gehen / unzerbrochen des Steins / wie Chriftus zu
feinen Züngern durch verfchloffene Thüre einging / das iſt ein
$eib / in welchem Feine Turba noch Zerbrechen ift ; dan die Hölle
Fan ihn nicht ergreiffen ; er ift ähnlich der Ewigfeit/ und ift
doch warhafftig Fleiſch und Blut / das unfere himmliſche Hände
betaften / greiffen und fühlen ein fichtliger Leib als hie in die>
fer Welt.
14. Wirfügen euch zu bedencken / wie ein folcher Leib als wir
allyier tragen/ wolte GOttes Majeftät fangen : Es muß nur-
einer feyn der der Majeftät ahnlich iſt dag die Majeftat kan
aus dem Leibe feuchten / aus der Tiactar und IBaffer des ewigen: -
Lebens.
x5. Wir werden allhier der Bernunfft wohl ſtumm ſeyn / a⸗
ker unfern Brüdern genug verſtaͤndig: es gehoͤret den Kindern/
ein Wolf wil fein Maul voll yaben / ein Stud Fleiſch das er
in Darın friffet / von einem folchen reden wir nicht fondern von.
einem folhen/ als uns Ehriftus in feinem Zeftament gegeben:
hat/ und zu einer Letze gelaffen / dag er wil bey uns bleiben ewig⸗
lich / wir in ihme und Erin uns,
16. Alfo fagen wir / dag wir werden Ehrifti und GOttes Leib
haben/ welcher den Himmel erfüllet ; nicht werden wir in ſei⸗
ner Greatur ſtecken / ſondern nebeneinander / als Glieder /
Brüder / und Kinder. i
17. Es ift alles ein $eben in uns / nichts tödliche: / alles:
aus den Ewigen / Nichtsdas fich anfangete alsnurdie Wun⸗
der. ; aus dem Emigen ift worden eine Wefenheit / wir jind
als Götter! GOttes rechte Kinder aus feinen Eflentien in Leib
und Seele,
Die 34. Frage.
Die Jaͤmmerliche /erſchreckliehe elende Gelegenheit
der Verdamten.
Jeſes iſt auch oben faſt genug gemeldet worden : dan
GoOttes Zorn iſt ihre Wohnung in der Finſternuͤh; ihr
Liecht ſcheinet aus ihren fewrigen Augen / das glintzet
als der Fewer-⸗Blitz / ſonſt haben fie Fein Liecht / dan ſie wohnen
am aller aͤuſſerſten und fahren alfo aus Hochmuht über die
Thronen / als gewaltige Ritter / und doch einer anderſt als der an⸗
der / alles nach dehm ſein Geiſt iſt.
2. Da⸗
40 Die 34.81. Die jaͤmmerl. Gelegentheit x.
2. Danein Hund würdet hundiſche Arth / ein Wolff woͤlffi⸗
ſche / alfo ein Roß / Vogel) Kröhte/ Schlange ; aber fie find
alle geſchwinde und fliegende / als die Gedanden. Sie haben
Doch ihre Frewde an den Greweln / und dasift ihre befke Frewde
dag fie GOttes fpotten / daß fie Fewer-Geifter ind / und GOtt
ein Liecht⸗Geiſt: Ihr Ruhm iſt immer von ihrer ſtarcken Fes
wers- Macht; als ein Drache der Fewer ſpeyet / alſo auch lies
fie (uchen das Berderben / und finden Brewel : Ihnen wachfen
auch Früchte aus ihrem Principio, alles nach den Greweln ihres
Willens : Sie haben ein Spiel als die Narren thun / welche
ausden Racketten Fewer fpeyen/ ein Gaudeln und Narren ift
ihre Zeit⸗Vertreibung / wiewohl keine Zeit ift/ und auch nach dem
Juͤngſten Tage feine Furcht mehranderer Quaal/ fondern ihr
gantz schen ift eine ewige Furcht / ein ewig Schreden und
Jammern; ein jeder hat feine Wercke in der Figur / was
ee gemacht hat / daerwedter die Turbam und reuthet im
Fewer. |
3. Die Seele hätte keine Fühlung/ dan fie iſt ohne das Fe⸗
wer allein die Turba mit den eingeführten Greweln plaget fte /
es iſt ein ewig Verzweiffeln inihnen/ darumb find ſte auch Got-
tes Feinde.
4. Was GOTT zu laͤſtern anlanget / das iſt ihre beſte Krafft /
freſſen hoͤlliſchen Schwefel und Grewel / dan ihre Fruͤchte ſind
ſolche Materien / von auſſen ſchoͤne und inwendig eitel Grim̃ /
als ſie auch auf Erden find ſolche Gleißner geweſen / alfo gibt ih⸗
nen ihr Himmel auch nun ſolch Brod zu eſſen.
5. Sie find frey / in nichts eingeſchloſſen / ſte moͤgen fahren
ſo tief ſte wollen / fo iſt uͤberall der Abgrund und die Finfternüß/
und ſind doch auff der erſten Stelle / je tieffer ſie ſich begehren zu
ſchwingen / je tieffer fallen ſie / und ſind doch nirgend an einem
Ende oder Grunde.
6. Ihre Zahl iſt keines Menſchen Zahl / ihre Wonne iſt ein
Stand vom Fewer und Schwefel / wegen ihrer Laſter / daß
fie Engel waren und ſind nu Teuffel: fo fie ſich betrachten / fo
gehet erft der tagende Wurm auff/ der da friffet und quaͤlet.
7. Was foll man doch ihre $after fchreiben / fie find unzuͤchti⸗
ge böfe Thiere / alles was fie auff Erden getrieben / das folget ih>
nen nach / das wollen fie dort auch thun / und fauffen Grewel
und Safter ohne maſſen / man Fan ihr Regiment nicht beffer er»
kennen / als am Antichriftifchen Pferde / und an den lafterhaffe
tigen Menſchen / welche toll vor laſtern find / wiswohles = ein
t f pꝛea
—
7 u —
Di zen
Die 35. Fr. Was das Euschianifchexe. rar
Spiegel ift gegen den hoͤlliſchen Greweln / wollen die auch nicht
weiter nennen / dan fie ſind deſſen nicht wehrt.
Die 35. Frage.
as das Enorhianifibe schen ſey / wie lange das
währe?
1. Jeſes ift auch über Menfchen Bernunfft / welches Eeine
auffere Bernunfft mag ergreiffen : weiles aber geboh⸗
ren iſt / fo folles offen ſtehen / dan es ſtecken folche Ge⸗
heimnuͤß hierinnen / dag es die Welt nicht mag ergreiffen / und
wir auch nicht alles melden ſollen: dan es hat ſein Ziel / ſo weit
das gehen fol: Dan es follen in dieſem noch Wunder geſchehen
auf Erden} umb derer willen iſt uns zu fohweigen die Sprache
genommen.
2. Jedoch follen wir anzeigen / was das für ein Schenfey/ oder
wo Henoch ift hin kommen / fo wohl Elias und Mefes : Es ift
fein Tand / wir fagen was unsallhie gegeben wird/ weiter fols
len wir ſchweigen / undder Bernunfft nichts gläuben / ſie iſt eis
ne Närrinhierinne. Und mögen das wohl melden.
3. Dan die Zeit ift gebohren / daß Enoch rede / und
Elias Wunder würde] welches Babel erfahren wird:
dan Mofes hat Hörner] und wird dochein gedultiges
Lamm: O wie wirft du dieh frewen / fo dir unter Mofis
Heerde gehen wirft : dan er hat eine gute Botfchafft:
Frewet euch ihr Himmel] und die Erde jauchtze; dan
Enoch it im Felde und huͤtet feiner Heerde.
4. Was wil Elias ? hat er doch ein weiffes Kleidan : er
war ben Chrifto auffın Berge / und fagte ihme vom Außgange
der Menfihlichen Erlöfung ; er fagte auch vom Eingang ins Pa⸗
radis / undvonder endlichen Erlöfung vom Treiber.
5. Wer blind gebohren iſt der fiehet nichts : Wie mag ein
Lahmer nach dem Ziellauffen / und ein Zauber die Sprachen uns
terſcheiden ? fcheinet nihtdie Sonne alle Tage / und der Maul⸗
wurffbleibet doch blind ? wird dan Babel fehende werden Wir
fagen dag fie eine Spötterin ift / / darumb muß fie auch blind ſeyn /
ob ihr gleich die Senne ſcheinet: Wie mag einer in zwey Wels
ten fehen der nur in einer wohnet ? oder ift nicht Kunſt Witze /
Die Berſtand hat dag fie mag die tiefſe Thoren gründen ? aber
ft
⸗
242 Die 3 5. Fr. Was das Enochianiſche
fie fahret fuͤruͤber als ein Wind / der nichts faſſet / und pranget
doch alſo; alſo auch Babel.
6. Wan wir wollen vom Enochianiſchen Leben reden / ſo
muͤſſen wir die Schrifft anſehen / wer Enoch geweſen iſt / und
was er fuͤr ein geben geführethabe ; fo koͤnnen wir bald finden /
wo er ſey / und was ſein Hinfahren und Verzucken ſey.
7. Die Schrifft ſaget / ſein Vatter habe Jared geheiſſen: ver⸗
ſtuͤndet ihr die Natur-Sprache / fo hattet ihr fhonden Grund;
Und Henoch hat Matuſalah gezeuget / der das hoͤchſte Menſch⸗
liche Alter hat erreicht; und nachdem er ihn gezeuget hatte / blieb
er in einem Goͤttlichen Leben / big ihn der Her hinnahm in fein
Priincipium.
8. Undiftuns nicht zuverſtehen / daß er gank vollkommen im
Liechte der Majeftät GOttes ſey / und nicht am Gerichts- Tage
erſcheinen werde : Er ift wohlin GOTT ohne Noth und Tod /
auch in GOttes Leibe / aberinder Gebuhrt des Principii GOt⸗
tes; dan er hat auch Adams Fleiſch.
9. So wiſſet ihr ja wohl / daß das aͤuſſere Reich mit dem irr⸗
diſchen Fleiſche der Turbz gehoͤret / ober wohl in dem aͤuſſern Leibe
hat GOttes Wunder-Leib gehabt / nach welchem er ins Myſte-
rium verzucket ward / daß alſo der äuffere Leib vom Myfterio gleich
wie verſchlungen ward.
10. Nun muß aber das Mylterium alles wieder geben / was
5 verfchlungen hat / alsihr wiſſet / daß es am Ende follten aͤuf⸗
fern Leib mit allem Weſen für das Gerichte GOttes ftellen / fo
iſt doch die Turba im Auffern geibe mit den Wundern / / die follofe
fenbahr und im Fewer bewähret werden.
ıı. So dan Enoch alſo mit Leib und Seelift entzucket wor»
den / mit beyden Leibern / fo ift fein äufferer $eibim Myfterio,
und ift der innere Seibim Arcano ein himliſch Myfterium, und
febet alfo in z. Myflerien , der aufferen Welt unfichtlich oder un⸗
faßlich: als wir dan euch zu verſtehen geben / daß das Paradis
roch vorhanden ift unvergangen/ aber mitdem Fluche GOttes
wie verfehlungen / und ligt doch als cin Myfterium im Fluche uns
zerbrochen.
22. Dan wir koͤnnen mit Grunde und guter Wahrheit fagen?
Dan das Paradisnoc auff Erden ſey / aber wir find nicht darin⸗
nen / Henoch aber ift darinne ; aber er Hat noch der Turbz $eib im
Mytterio, undim himliſchen Myfterio GOttes $eib/ einen Paras
diß⸗Leib / der das Paradis faͤhet: Eriftalfo als cin Wunder /
und iſt ein Prophetauffder Crone am Ziel der Wunder. —
23.049
J—
Schen ſey / wie lange das waͤhre? 743
13. Dan ihr wiſſet daß die ſchrifft ſaget / nach dem er Matu⸗
ſalah / als den Menſchen des hoͤchſten Alters gebohten harte 7
daß er hernach in einem Goͤttlichen Leben blieben ſey; das iſt
etwas.
14. Matuſalah zeiget an das Ende der Wunder dieſer Welt /
und Henoch nach der Gebuhrt Matuſalah in ſeinem Goͤttlichen
Leben zeiget an als in feinen 300. Jahren / die Eröffnung der
Wunder und das offene Minifterium, als eine Predigtzur Ge⸗
rechtigkeit / da einem jeden feine Turba gezeiget / und das Ende
der Wunder diefer Welt angezeiget wird / als GOttes Straffe
und gute Belohnung.
15. Und die Zeit nach Henoch da Matuſalah hat biß an der
Cronen Zahl gelebt / da Henoch iſt mit ſeiner Predigt entzuͤckt
worden / zeiget an / daß das Henochianiſche Liecht / welches in
feiner Zeit ſcheinet / wird wieder ins Principium tretten / und
wird den Irrdiſchen Seib an Henoch ſuchen / fo wird es finden
daß die Turba noch darinnen ift / und dag alfo fein Suchen mehr
iſt / dan die Turba ift am Ziel funden/ und würdet nur zum Feu⸗
er und zum Gerichte.
16. Alſo ift das Ende diefer Welt eine Grundſuppe / und
würdet inder Turba zum Fewerauffblaſen / und zum Gerichte;
Dan die Auffere Weltift ausder Turba erbohren worden / und
hatinder Turba ihren Anfang genommen / und die Turba ift ihr
Eigenthumb.
17. Alfo fucht der Anfang das Ende wieder im Grimme;
Gleichwie dieſe Welt im Grimme iſt corporalifch worden / alfe
wil der Anfang am Ende den Geift wieder haben im Grimme;
van der Anfang und Endeift Eins: fo fehet ihr ja wohl daß im
Anfange die Turba Adam verſchlang / und in Zorn führete/ und
SHabefermordete.
18. Alfo ihr Außerwehlten / begehre ihn Niemand indes Ens
des Zeit zu leben nach Henochs Verzüdung ; fondern ſehet zu
warn euch Henoch prediget/ fo feheinet die Sonne / fogehet aus
Babel’ esifteingüldene Zeit ; aber ewer Turba verurfachet ders
Henoch daß er verzuͤcket wird.
29. Henoch iſt nicht aus dieſer Welt geflohen / er iſt ins Myſte
rium getretten in die Wunder / dan er iſt GOttes Prediger:
und nach dehm die Turba hat die Welt überwunden / ſo muß er
ſchweigen big die ſechs Siegel haben ihre Wunder geendet / und
die Engel der Turbz ihre Schalen aupgegoffen: dan find die
Wunder des Zorns vollendet,
20, So
144 Die 3 5: Fr. Was das Enochianiſche
20. So komt Hınoch wieder aus dem Myſterio, und gehet ins
Myfterium , und faget was geſchehen fen / und ſtraffet die Welt
umb der Turbz willen / dag fie haben laffenden Grewel in ſie
kommen / und dehme nicht wiederfianden.
21. Und nachdehm die Welt zu fette und geilwird im güldenen
Jahr / und wieder Sodom und Gomorrha fuchet/fo wird auch ihre
Tuıba fett und geil/ und ſuchet den Grim und das Ziel/ und gehet
die güldene Zeitheim/ und wird inder Turba verfchlungen/ und
dan ſtirbt Matuſalah der ältefte Menfch / und komtalfobald
die Suͤndfluth im Fewer: deme ſinnet nach / es iſt Ernft,
22. Wir fagen nicht alſo dag ihr werdet den Henoch mit ew⸗
ren Faͤuſten befaften ; nein / Henoch prediget nicht aus dem
Irdiſchen Lebens-Geiſte / fondern aus dehme der ein Prophet
war / der den Auffern Menfchen ins Principium einführete / alfo
werdet ihr den aͤuſſern Henoch nicht betaften / aber den Prophe⸗
ten hoͤren der aus Henoch redet ausdem Myſterio
23. Babel hält es für ſpoͤttlich nnd verachtete Henoch eine
Zeit / da ruffete Henoch dem Nohz/ aber fie hieffen ihn einen
olten Narren / dag er alfo predigte vom Untergange Babel.
24. Und Noha trattindieandere Welt durchs Waſſer / ud
ruffete dem Moſt mit feinen Wundern / und er kam / daner
hatte GOttes Wunder: Dan er iſt durch den Tod gegangen /
und hat ſeinen Leib durch den Todt gefuͤhret / da dan die Turba
der Berweſung begehrte / und der Teuffel darumb zanckte / und
wolte die Turbam am Moſe haben / in dehme er ein zorniger
Mann war geweſen / und die Turbam gefuͤhret.
25. Aber dem Teuffel ward geſagt / daß ihme nicht die Turba
im Fewer zuſtuͤnde / dan ſie ſtehe zu GOttes Majeſtaͤt / und
habe die Wunder: ihme ſtehe die Turba in der Finſternuͤß im
Grimme zu / und ſey auſſer der Stadt ; er ſolle nicht in der
Statt im Principio wohnen / fondern auffer.
26. Dan habe ihndoh GOTT nichtins Fewer gefchaffen /
er moͤge in feinem erwerkten Fewer-leben bleiben / fo habe er
nichts an Mofes Leibe / dan feine Wunder im Zorne gehören
richt feiner Turbz zu / er fey ein außgeſtoſſener / ein weggeworf⸗
fener 5 Und Mofis Leib fey durch den Tod gegangen / fein ums
perweltlicher Leib der die Wunder hatte/ hat das irrdiſche in
der Turba verſchlungen / und doch nicht verweflicher Arth vera
zehret / ſondern er iſt auch im Myfterio; und feine Turba, welche
die erfte Gebuhrt in Egypten ertoͤdtete und Pharao im Waſſer
erſauffte / und die Kaͤlber-diener erſchlug auch Core / Dathan
und
Leben fey / wie lange das währe? 145
und Abirammit der Erden verfchlang / iſt im Tode blieben ; in
dehme er ftarb/ fo ging fein Geift und Seele aus der Turba aus)
und er blieb in den Wundern indem Mylterio.
27. Nun er ift ein Lamm worden / und führet feine Wercke
in Iſaacs und Sems Güter / als cin Myfterium GOttes in ſei⸗
ner Wunderthat ein: Aber dom Iſaac iſt das Haus / und woh⸗
nen alle in Sems Huͤtten / in ſeinem Reich: mercket das ihr Juden
und Chriſten.
28. So dan nu Moſes iſt vom Zanck der Turbæ und des Teu⸗
fels mit Gerechtigkeit ins Myſterium eingegangen / und hat aber
gleichwohl ſeinen erſten Leib noch unverweſlich an ihme / wohl
us der Turbaausgeführet ; aber er ſoll im Fewer noch probiret
werden / am Ende der Tage / fo iſt fein Prophet im Myfterio:
Und dieweil er ift ein Jamm wordennach der Turba, fo hat er ſei⸗
nem Volck viel Propheten gefandt vom Myfteriozırpredigen /
als wie im Myfterio nicht alleine Gefeke und Wercke ſind / ſon⸗
Dern auch das Lamm Chriftus/ in welches er auch eingegangen
iſt umd feine Geſetze zum Hausgenoffen des Sammes gemacht
hat / daß alfo feine Wunder indes Lammes Stalle wohnen.
29. Dieſem Moft ruffetder Henoch / dieweiler auch iin My⸗
ſterio iſt / und hateben das weiſſe Kleidan,) welches er vom Lam⸗
me in der andern Welt Eriegte : dehme komt Mofes zu hälffe
mit des Lammes Wunderthat / diemeil fie Noam einem Mars
zen heiſſen / der ohne Wunder/alseinfroi Mann lehret.
30. Dieſes mag Babel nicht leyden / dan ihr wird alſo der
Pracht und Hochmuht entzogen / und lehnet ſich wieder Moſen
und Henoch auff / und verfolget die / ſie wil ſt ermorden; aber
Moſes iſt vorhin geſtorben / und Henoch iſt verzuͤcket / und iſt
keiner im aͤuſſern Leben bey ihnen: ſte ſaget / wohlher / wo iſt
der Henoch und Moſes / laſſet ihre Wunder ſehen; ſte aber find
blind / und koͤnnen die nicht ſehen: Alſo wuͤten fie wider Moſen
und Henoch / und ziehen aus in Streit.
31. Da rufft Moſes dem Eliz/ welcher im Fewer GOttes
aus dieſer Welt fuhre / in Abgrund des Principii, mit Leib und
Seele / der wohnet im Principio mit ſtarcker Macht / und ſo der
komt und ſtehet das Geſchrey / daß Babel im Fewer ſtehet / ſo
zündet er die Turbam an / da das groſſe Fewer brennet / das
Fleiſch und Blut verzehret auch Steine und Elementa : Allda
ſoll Babel den legten Trunck trincken.
32. Und nach dehme hat Henoch eine Zeit Friede / und iſt das
guͤldene Jahr / biß mein Sieber * und geil wird / —
Us
148 Die 36.Frage. Was die Seele Meffix
blich/ Mensch worden/und ift eingegangen in die Irrdiſche Bild»
nuͤß / als in die Turbam der Zerftörung.
9. Sp wiffet ihr ja wohl / daß das Wortdas Waſſer des e⸗
wigen Schens hat / und das gewer der GOttheit / und aus dem
Fewer die Tin&tur der GOttheit / und in der Tinctur den Geift
Gottes / welcher aus GOttes Munde außgehet / undim Auß⸗
gang ift der Glantz der Majeftät inder Wuͤrckung des Geiftes
offenbahr.
10. Daſſelbe Wort iſt in der zungfrawen der Weißheit Got»
tes / und mit den ewigen Wundern umbgeben / das iſt nu aus
groſſer Liebe und Demuht gegen unſer Bildnuͤß / welche uns in
Adam zerſtoͤret ward / wieder in uns eingegangen / und iſt in
Maria / verſtehe in der irrdiſchen Maria / aber mit der Bene⸗
deyung / Menſch worden.
11. Die Benedeyung iſt dieſes / daß der Seelen Mariæ ward
die Himmels⸗-Jungfraw die Weißheit GOttes angezogen / wel»
che Adam verlohren hatte / darumb hieß ſie der Engel die gebene⸗
deyte unter allen Weibern.
12. Kein Weib von Adam her hatte die Himmels-Jungfraw
angezogen als eben dieſe Maria / darumb ward fie mit der Be⸗
nedeyung keuſch und voller Zucht / dan der Heilige Geiſt gehet
nicht in das Irrdiſche / er vermiſcht fich nicht mit dem Spie—
"gel: dan das kan nicht feyn / dag der Spiegel ſey alsdas Le⸗
ben felber.
13. Alfo verfichet uns thewer; des Menfchen Seele ift aus
GHTT und aus dem Emigen ; aber des Menſchen Leibift ein
Spiegeldes Ewigen. Alfo hat GOTT derfelben Mariz/ Got>
tes Jungfraw angezogen ; aberinder Seelen Principio, nicht
in das irrdiſche Fleiſch / daß fie wäre vergöftet worden ;nein/ fie
muſte fterben / wie alle Menfchen.
14. Und in derfelben Jungfraw hat GOttes Wort) aus
BHDttes des Patters Herge/ des Weibes Saamen angenom⸗
men / als der Scelen Saamen / und der erften Bildnüf Saas
men / welche nu alfolange Zeit war im Myfterio zerbrochen ges
fanden.
25. Jetzt kam GOttes Sebendarein / und machte wieder eine
ganze Bildnuͤß / dan das Waſſer des ewigen Lebens aus GOt⸗
. tes Hertze vermifshte fih mit der Seelen Geiſt-Waſſer / dan
der Geift entftehet aus den Waſſer / und die Seele iſt Fewer.
26. Alfo fing das Wortder Seelen Tin&ur , und der Heilis
ge Geiſt des Geiſtes Tindtur als des Waſſers Tindtur , und *
au
oder Ehrifti fey? 149
aus den benden eine Seele / und blieb doch die Creatur unterſchie⸗
den von GOttes Beift: aber GOttes Geift wohnete darinne/ und
ward aus GOttes Waſſer und Tindtur , und aus dem Saamer
Mariz ausihrer Tinctur und Waſſer inderhohen Benedeyung
ein Fleiſch und Blut / alfo dag ein him̃liſcher Menſch im irıdi=
ſchen zugleiche auff einmahl Menfch ward 5; Das man konte ſa⸗
gen) das ift des Weibes Sohn / als Marienrechter leiblicher
und natürlicher Sohn) mit Seel und $eib/ mit Fleifh und
Blut / und allem dehme was ein Menſch hat ; und dan auch
BDtteswahrer Sohn / deraus GOttes ewigem Weſen geboh=
ren war von Ewigfeit/ che der Welt Grund gelegetiwar / der
inder Majeftäfder heiligen Drey-Zahlftund / und aus) in Ma⸗
rien Seibe zugleich auff einmal.
17. Und gehöret die Seele Ehrifti halb dem Principio diefer
Welt zu / undhalb dem heiligen Beifte : dan die Seele Chriſti
hat fich auch des Auffern Geiftes Lufft und des Geſtirns ge—
braucht mitder Krafft der Elementen , und auch des Worts Got =
tes / und der Böttlihen Speife : dan ein folcher Menſch war
Adam in der Unſchuld.
18. Alfo hat uns GOTT in Chriſto newgebohren / und alſo
werden wir in Chriſto aus GOttes Wort und Geifte Durchs
Waſſer des Ewigen $chens newgeboren / und alfo Ind wir Got⸗
tes Kinder in Chriſto; umd fo wir unsin Chriſto einergeben 7
aus unferer Vernunfft und Willen / fo werden wir alfo mit
Ehrifti Leib angezogen / und unfer Will und Geift lebet aus
Chriſto in uns / und wir in ihme.
19. Alſo koͤnnet ihr verſtehen was Chriſti Verſuchung iſt ge⸗
weſen / als daß der Newe widergebohrne Menſch nun ſolte +
dams Verſuchung außſtehen / ob ſeine Seele koͤnte in GOTT
beſtehen; da ward fie in der Turba probiret / ob ſte koͤnte inter
3. Principien recht beſtehen / und über das aͤuſſere Leben herr⸗
ſchen: darumb ward dem aͤuſſern Leben feine Speiſe entzogen /
und das innere Leben ſolte das aͤuſſere bewaͤltigen / und eſſen vom
Verbo Domini, und das aͤuſſere in eigener Gewalt und voller
Allmacht halten / und auch den Tod gefangen halten / daß er das
Be Leben nicht Eönte zerbrechen 5 das mochte ein Kampff
yn.
20. Und dan die andern zwey Verſuchungen waren dieſe / daß
verſucht ward / ob der Menſch wolte in vollem Gehorſamb Got⸗
tes leben / und laſſen GOTT in ihme wuͤrcken / oder ober ſich
wolte wieder erheben und von GOTT frey ſeyn / als Lucifer
63 thaͤtt:
#50 Die 37. Frage. Was der Geiſt Chrifti
thaͤte: darumb muſte ihn der Teuffelverfuchen/ dieweil dieſer
folte ſeinen Königlichen Stuhl befigen. ——
21. So ſagte der Teuffel / er hätte nicht koͤnnen beftcheny
die Mutter der Grimmigkeit hätte ihn zu harte gezogen / ſo
ward ihm ietzt zugelaſſen / daß ers folte verfuchen an diefem Mens
ſchen / und ſolte ihme das alles fürftellen/ / das ihme war fürs
geſtellet worden / und wo dieſer beſtuͤnde / ſolte er des Teuffels
Richter ſeyn / Der als ein Luͤgener ſey erfunden worden.
22. Dan er verſuchte ihn im Der andern und dritten Anfech⸗
tunge wohl / ob er wolte ſelber in eigener Macht fliegen / wieer
gethan hatte / und ihme Den Zorn erwecket hatte ; oder obıce
wolte fein Vertrawen allinin GOTT fegen/ und-in GOTT
leben mit Willen und Wefen / als cin Kind ins Vatters Ge⸗
herfamb z und dası trieb er alſolang mit ihme als Adam war
in der Verſuchung geſtanden vor feinen Schlaffe:
23. Ho muͤſſen wir nun auch immer verſucht werden; aber
in Chriſto / der uͤberwunden hat / koͤnnen wir ſiegen / dan ſeine
Seel iſt unſer Seel / und fein Fleiſch unſer Fleiſch / fo wir
aber auff ihn trawen / und uns ihme gaͤntzlich ergeben / wie ſich
CEhriſtus feinem Vatter ergab,
24, Und alſo verſtehet ihr geliebber Freund / was E,Hris
fi Seel und Leib iſt ? als nehmnlich unſer Seel und Seid / ſo
wir an GOTT bangen; wo aber nicht / fo ſind wir getrenu⸗
net / und ſind nach dem Auffern Leben / dem aͤuſſern Geiſte
dieſer Welt / als dem verderbten Adam und nach der Seelen
dem Teuffel im Zorne Gottes / heimgefallen. Suchet ſolches in
den andern Schrifften weitlaͤuffliger / da ihr allen Grund Him⸗
mels und dieſer Welt werdet finden.
Die 37: Frage:
Was der Geiſt Chriſti ſei / der da willig war / und dehn
er ins Batters Haͤnde befohlenk
As iſt eben das groſſe Kleinod / deſſen wir uns
— dboodh erfrewen / daß wir ſolches wiſſen / Daß wir
uns ſelber alſo kennen was wir ſind / und iſt uns
Elieber als die Welt; dan es iſt die Perle / da ei⸗
MN ner alle fein Gut verkaufte und kauffte die Pers
le Ndavon Chriſtus ſagte: Dan fie iſt dem Menſchen nuͤtzer als
die gantze Welt / ſie iſt edeler als die Sonne / dan —
etx
ſey / der da willig war x. 152
der Weiſen ligt darinne; ſie hat Myſterium Magnum himmliſch
und irrdiſch / und iſt ihr nichts gleich in dieſer Welt / als nur die
albere Einfalt / welche ſtille ſtehet / und keine Tucbam gebieret
oder erwecket / die hat das Kleinod verborgen ; als das Bold im
Steine lieget/ und bleibt unverſehret / ſo nicht ein Raͤuber mit
der Irrdiſchen Turba daruͤber komt / und das zerſtoͤret / und
doch nichts erlanget / alſo iſt auch die eigene Vernunfft im
Myfterio.
2. Darumb doͤrffen wir mit Grunde ſagen / daß ein einfalti=
ger Laͤye / der einfaͤltigohne viel Wiſſenſchafft ar GOTT han⸗
gef / Das Myſterium Magnum beſſer und gewiſſer hat / auch uns
zerſtoͤret / als ein hochgelehrter Doctor der in feiner Vernunfft
faͤhret / und zerſtoͤret das Kleinod / und ſetzts in Babel. Dieſes
wird wohl nicht ſchmaͤcken wollen / aber uns ligt nicht daran / wir
follendie Wahrheit ſagen und Feines fihonen.
3. Wan wir num von Ehrifti Geiſt reden / fo verſtehet die
Vernunfft die Seele / ‚oder ja den Auffern Lebens-Geiſt / welcher
in.der Sternen und Elementen. Kraft und Wuͤrckung fichees
aber nein / es iſt ein anderer da die Bildnuͤß SOttes inne ſtehet /
der aͤuſſere Geiſt gehoͤret nicht in die GOttheit / ſondern indie
Wunder.
4. Wir habens zwar wohl ſchon forne gemeldet: weil aber
deſſen in der Frage gedacht wird / alß daß ihn Chriſtus ſeinem
Vatter befohlen hat in ſeinem Sterben / fo muͤſſen wir daven
reden / wie das ſey beſchaffen.
5. Ihr habet num genug vernommen was maſſen die Seele
das Centrum Naturæ ſey / der Urſtand des Lebens und der Ber
wegligkeit / als ein Fewer GOttes / welches ſoll in GOttes ewi⸗
sen. Willen gewandt ſeyn / darinn cs urkuͤndlich iſt aus magi⸗
ſcher Sucht erbohren / und aus dem ewigen Nichts ein groß
Geheimnuͤß worden / da alle Dinge inne liegen / Die Gottheit
mit allen 3. Principien / und alles was Weſen heiſſet.
6. Auch iſt erklaͤret worden / wie aus dem Fewer das Liecht
erbohren werde / und der Geift⸗Lufft / und dan wie das Fewer
wieder den. Geiſt⸗Lufft in ſich ziehe / und ſich alſo ſelber inumer
wieder auffblaſe / und alſo mit dem Liecht und der Lufft und der
Quaal des Fewers ſein ſelbſt eigen Leben ſey.
7. Mehrauch haben wir euch vermeldet von der edlen Tinctur
weiche alſo im Lechte entſtehet in dehme des Liechts Sanfft⸗
much. iſt / welche aus der, Angſt als eine Ertödtung, gebohren
wird / —
4 er
152 Die 37. Frage. Was der Geift Chrifti
zer Sehen anderer Quaal / da des Fewers Auaalfür cine Tindur
erfand wird / gleich einem Treiben eines Geiſtes / und doch auch
begehrend ſey / und alfo die Krafft des Liechtes in fich ziche / und
Riefelbe zu einem Weſen als Waſſer mache s Darinnendiez.
Seftalten erkannt werden/ eine nach dem Fewer-Qiuaalals roht /
und darinn die Krafftals Sulphur ; und die andere als cine duͤn⸗
ne Sanfftmuht und doch Weſenheit / ale Waſſer / welches die
kegchrende Tindur in Eines zeucht und verwandelt / daß es
Blut ift.
8. Nun iſt im Blute der Urftand des Fewers als die Wärınb>
De / das iſt eine Tinctur, ein Leben / undinder Krafftder Tin-
“ur, gehet aus dem dünnen Wafſer des Lebens die Krafft aus
von der Krafft/ und dic Krafft fünget daſſelbe Außgehen immer
wieder / und iſt daffelbe Außgehen frey vom Fewer / und auch von
ver Krafft / dan esift außgchend / und wird doch aus der Krafft
gebohren.
9. Das ift nun der Geiftder ans der Seelen gebohren wird)
Tarinn die Bildnüs GOttes mit der Göttlichen Jungfrawen /
Der Weisheit GoOttes ſtehet / dan indem Geifte liegetaller Ver⸗
Fand und Witz / er haft die Sinnen und das edele chen / das
Jich mit GOTT vereiniget / und ift fo fubtile / daß diefer Geiſt
Fanundmagin GOTT. eingehen ; Sp ich diefer Geiſt in GOtt
einergiebt / und feiner Seelen Fewer- Pracht und Witz weg=
wirfft / fo erfangeter GOttes Bildnuͤß und GOttes Leib; dan
er gehet mit dem Willen in GOTT ein) und wohnet mit Gewalt
in GOTT : alfohater GOttes Wefen an fich und ift auffer die⸗
fer Belt im Leben GOttes.
zo. Weil aber dieſer Geift aus dem Centro Naturz erſtlich
urſtaͤndet / als aus dem Fewer-Leben / wiewohler nicht das Fe⸗
wer⸗Leben iſt / ſondern fein Geiſt / und das Fewer-Leben mit
dem Urſtand im Abgrund im Quaal des Zornes GOttes ſtehet /
fo hat Chriſtus dieſen feinen Geiſt nicht dem fewrigen Leben bes
johlen / fondern feinem Batter / in feine Hände,
11. Seine Hande find das Liebe-Begehren / damit er nad)
unſerm Geiftegreiffet/ wan wir zu ihm eingehen / amd uns ih⸗
me befehlen
12. Danalsickt fein Leib folte am Creutze fterben/ und die See⸗
le folte durch die Hölle durch Gottes Zorn gehen / allda die Teuffel
warfeten/und dachten/wir wollen fie wohl behalten in unſerer Tur⸗
ba im Fewer / fo befahl Chriſtus feinen Geift in GOttes Siebe.
23. Alſo kam nun die Seele Ehrifti mit dem Seife in GOt⸗
tes
u
fey der da willig war ꝛc. 153
tes Handt gefaſſet ins Zorn⸗Feuer im Tode; da wolte ſte der Tod
halten / aber er ward zerbrochen und zu Spott: Dan er wuͤrgete
den aͤuſſern Menſchen als das aͤuſſere Leben abe / und dachte / nun
muß wol die Seele in der Turba bleiben / aber es war ein ſtaͤrcke⸗
rer inder Seele / als GOttes Wort / das nahm den Tod gefangen/
und zerſtoͤrete den Zorn / und leſchte den Grimm mit der Liebe im
Geiſte Chriſti.
14. Das war der Hoͤllen eine Gifft / daß die Siebe GOttes int
ſie kam / und ſie in der Seele erwuͤrgete / und dem Tode eine Pe⸗
ſtilentz und ein Sterben / ein Zerbrechen; Er muſte jetzt leyden /
daß ein ewig Leben in ihme wuchs.
15. Alſo nahm der Geiſt Chriſti den Teuffel gefangen und
fuͤhrete ihn aus dieſem Seelen-fewer aus indie Finſternuͤß / und
ſchloß ihn in die Finſternuͤß auſſer der Seelen Fewer und auſſer
GOttes Fewer / in die grimme Herbigkeit und Bitterkeit / in
Die Kälte / da mag er ihme ſelber einheitzen daß er nicht erfreuret.
16. Betrachtet die erſten + Geſtalten der Natur / fo werdet
ihr innen was des Teufſels Wohnhauß iſt / dan vor Chriſto hielt
er die Seel in der Turba mit dem Fewer gefangen: und ob er
ſchon der Seelen Geiſt nicht hatte / doch hatte er die Wurtzel in
der Turba; aber allda ward ihme die Feyer gebotten/ und er ward
außgeſtoſſen / und in die Finſternuͤß geführet / und ward ihme
feine Bopheit alfo in Chriſti Höllen-fahrtzerftöret / und ward
Ehriftas fein Richter, S:
17. Alfo habt ihr kurtz beſchrieben was Chriffi und unſer
Geiſt ift / als nemblich nicht das Auffere Leben / fondern der
> der Seelen / nicht die Seele felber + fondernihres Lebens
eiſt.
18. Gleich wie in GOTT der heiligen Drey-Zahlein Unter⸗
ſchied iſt dag drey Perfonen find in Einem Wefen / und doch
nur Ein GOTT / da der Sohn den Geiſt / alsdas geben hat
aus dem Herken und Munde aufgehend/ undift das Herk die
Flamme der Siche/ und der Watterdie Quaaldes Zernes/ und
wird mit feinem Sohne in der $ichegefänfftiget / daß es alles in
GOTT Ein Wille und Weſen iſt: Alſo iſts auch im Menſchen⸗
und gar mit nichten nichts anders mit keiner Syllabe: was
GOLT in Chriſto iſt / das find wir auch in Chriſto in GOTT
feine rechte Kinder! darumb follen wir ihme auch unfern Geift
ig feine Hände befehlen / ſo können wir auch durch den Tod ins
geben mit Chrifto in GOTT eingehen.
39. Und laſſet euch nicht mitden Schwencken imbfreißen und
\ >58 DEZE m
*
154 Die 38. Fr. Bon denen Dingen Die zu
narren / wie man biäher in Babelhat gethan / da man vonder
Seelen und ihrem Geiſte diß und das gewaſchen / einer ſo / der
ander anderſt; es iſt kein Grund / ſondern Tand und Mens
nungen! alu a8 3
3 Der Verſtand wird in GOTEgebohren / nicht auff den
Schulen aus Kunſt / wiewohl wir die nicht wollen verachten;
dan ſo die Kunſt in GOTTgebohren wird / ſo iſt ſie ein zehen⸗
fuͤchtig Mylterium, dan ſie erreicht alle zeit die zehende Zahl in der
Witz / vielmehr als der Laye / dan ſie kan gus vielen Zahlen eine
machen: Aber es ſtehet nicht in eigenem Vermoͤgen / nein. der,
Eingangiauffs Creutze muß bey einem ſeyn als beym andern /
er fey Door over Laye / in GOttes Geheimnuͤß hats Feine
Do&ores;, fondernnur Schüler: aberdennoch kan ein gelehrter
Schuͤler weit fommen: RT
‚zri Hätte diefe Hand die hohe Kunſt / und auch die ſe hohe
Babe]: hr ſoltets wohl ſehen: aber GOTT wilsalfohaben/ cs
gefaͤllt ihm wohl daß Er die Weißheit diefer Weolt zum Tohren
mache / und ſeine Krafft den Schwachen gibt / auff daß ſich alles
Leben vor ihm biege / und erkenne daß Er der HErr iſt / der da thut
was Er wil
Die 38. Frage.
Don denen Dingen] die zu Ende der Welt
geſchehen ſollen.
CRY Ein geließter Freund / allhier gebuͤhret uns nicht
nach ewrem Fragen zu antworfen/ es ſtehet auch. nicht
& in meinem Vermögen undgebühret auch’ Niemanden
zu fragen / dan es iſt der geheime Rath GOttes; daß ſich ein
Menſch wolte achten als GOTT / und alles zu vorhin wiſſen.
2, Unſer Wiſſen ſtehet in GOttes Geiſte und Willen / wann
der gehet / ſo gehet er in derhilifchen Magia, und tritt in die
Wunder der irrdiſchen: Jetzt iſt der Prophet gebohren / dan er
ſtehet auff der Crone / und redet ————— der Wun⸗
der und ihrer Turba, wie ſie ſollen ans Ende kommen / und wieder
zerbrechen / und ins Erſte kommen.
3. Dan aile Propheten reden aus der Turba, fie zeigen das
—— an and weiſen ein beſſers / welches in GOttes Wilken
gehet.
4. Deroweogen wollet ihr uns mit die ſer Frage nicht beſchwe⸗
ren / dan wir puͤrden in der Furba gefangen / Ihr koͤnnet das ge⸗
— nug
Ende der Welt geſchehen ſollen. 155
nug in allen Fragen verſtehen / was geſchehen ſoll / es iſt euch helle
genug gedeutet. Wir doͤrffen von kuͤnfftigen Dingen garnichts
anderft als auff magiſche Arth reden; dan Urſach iſt diefes / Die
Gange Wunder werden alle in der Turba gefchen / ſo nun der
Geiſt die ſtehet fo ſaget er laut herauß / wie die Turba mit Boͤ⸗
ſem oder Gutem beladen iſt.
5. Sie ſihet aber daß es alles vermengt iſt; dann GOTT iſt
Menſch worden / und ſtellet ſich ſeine Barmhertzigkeit uͤber alle
in Zorn / und wehret dem. Verderben: Jetzt muß der Prophet
magiſch und nicht mit runden Worten reden / dann es geſchicht
offte daß ein Ding boͤſe im Weſen iſt / und waͤchſt doch bald ein
Zweiglein aus der Boßheit / das die Turbam zerbricht / und daß
eine Bekehrung dareinkomt
6. Darumb laͤſt euch GOtt warnen / daß ihr ſollet den Him⸗
mel des Firmaments baͤndigen undwiederſtreben / ſo muß offte
das Boͤſe / das der Firmamentiſche Himmel außſchuͤttet / in ein
beſſers verwandelt: werden. i
7. Sonſt wancsalfe allesmüftegefchehen / was der Firma
mentifche Himmel hat / ſo doͤrffte man keiner Schre / fondern es
waͤre alſo ein gewiſſer ſtaͤtiger und ewiger Calender.
3 Ihr wiſſet wohl was euch Daniel] und Ezechiel / ſo wohl
David in ſeinen Weiſſagungen / melden / ſonderlich die Offen⸗
bahrung JEſu Chriſti / da habt ihr alles innen liegen / was ge⸗
Gorhen foh ;. fie. haben auch, magiſch geredet. von. künftigen.
ingen.
9. Aber in unſern Schrifften habt ihrs heller / dan die Zeit iſt
nun mehr zum, Ende/ und: hat der Anfang das Ende fündens
darumb erſcheinets heller / was am Ende gefihchen foll., Und wol⸗
fen euch in Die. andere Schriften gewicfen haben / da ihr deſſen ge⸗
nug werdet finden; dan einer runden Elaren Erklärung iftdie
boghafftige Welt nicht. werth / dann es mußallegeitdas gröfte,
Geheimnuͤß damit geruͤget werden / welches alleine den Kindern
Gottes gehoͤret: dan GOTT wil nicht daß man die Perlen ſoll
— die Saͤwe werffen / ſondern den Kindern geben zu ihrem
Piel.
zo. Alfo thut ihre ihm auch; es liget nicht an. dag das My-
Beriumunter Weltlichem Schuß ſtehe/ es iſt eine Tohrhrit / und
wird damit GPO-TZ verworffen / als: der mächtig. genug zum
Schutze ift.
zz. Ihr dörffet die Geheimnuͤß nicht ben den Gewaltigen ſu⸗
chen / eder ihnen ver den — renen / —
X
156 Die 39. Fr. Was und wo das Paradis ze.
Turba darein / ein Geſetzt: So ift GOttes Grift gleich als ge⸗
bunden / und ift cin Antichrift worden,
ı2. Sechet Iſrael an/ als fie Samuel verworfen und ihre
Richter / und meyneten/ wanihre Lehre unter Weltlichem Arnr
ſtuͤnde / und hätten einen König / fo wolten fie ihre Geſetze erhals
ten / wie es zuging / wie ihre Konigedic Turbam drein führeten?
und Kälber zu GOttes⸗Dienſt machten/ und die Gemeine zwun⸗
gen die Abgötter zuchren / fagen wir wolmennend.
23. Und geben eich auff diefe Frage infonderheit Eeinen eige⸗
nen Beſcheid; ihr werdet deffen genug inden andern Fragen fin»
zen / dan wir doͤrffen anderfi nicht.
Die 39. Frage.
Was und wo das Paradis ſey mit feinen
Einwohnern.
z, Jeſes ift euch auch bey dem Enochianiſchen Seben anges
deutet worden / daß es in dieſer Welt ſey aber im My-
ſterio gleich als wie verſchlungen / und da es doch in ſich
felber nichts verändert iſt: Es ift nur unfern Augen und unferer
Quaal engogen ; fonft wan unſere Augen offen wären / ſo ſaͤhen
wir das.
2. Kt doeh GHTT in feiner Drey-Zal bey uns / wie wolte
Ran das Paradis verlohren ſeyn; wir haben indem Aufferr $e>
ben feine Quaal und Frucht verlohren / gleich wie der Teuffek
GOTT / Da er mit eigenem Willen als ein flolger Geift auß⸗
fuhr / umd wollte cin Herr ſeyn / alfo iſts uns auch gegangen.
Als Adam von der irrdiſchen Frucht Böfe und Gut wolte effen /
ſo kriegte er auch ein irrdiſch Leben / boͤß und gut md ward aus
Dem fchönen Luſt⸗garten des Paradiſes / da himmliſche Frucht
wuchs / außgetrieben / in das aͤuſſere Leben.
3. Biel haben vom Paradis wunderlich geſchrieben ;aber ihre
Blindheit iſt jetzt am Tage⸗licht / die wir doch nicht ſollen verach⸗
ten / dan ſie ſind Sucher geweſen: ein jedes Seculum hat ſeine
Sucher gehabt / welche haben das Myſterium geſucht; aber es iſt
eine zeitlang in Babel ſehr finſter worden.
„4 Anjetzo in 200. Jahren hat ſichs wieder angefangen zu era
Afnen/ indehme fich der Antichriftifche Fall hat ereuget /da man
bat angefangen Babel auff einer Seiten zu ſtuͤrmen / aberdas
Fe Schloß in Babel ftehet noch feſte; Man hat die Hure zwar
geoffenbahret / aber ihr Thier iſt nur gewachfen. a
Don
Die 40. Fr. Ob dz Paradis veränderl:feyac.ız7
5. Darumb iſt noch eine wunderliche Zeit vorhanden /
da ſich ſoll alles veraͤndern; es ſollen viel groſſe Berge
und Huͤgel ein eben Feld werden / und eine Quell aus
Zion flieſſen / da der Elende trincken wird / und ficher-
getzen. Und ſollen mit einem Stabe gewendet werden [
und wird fich der Hirte mit den Sıhafen frewen / daß
SOIT fo genädigift.
6. Dan Silber und Gold ift fo gemein als zu Sale:
monis Zeiten/ und feine Weißheit vegieret den Erd⸗
kreyß / das iſt Wunder.
Die 40. Frage.
Ob das Paradis veraͤnderlich fey / nnd was nach⸗
mahls ſeyn werde?
Rs wenig als GOTT veraͤnderlich iſt / alſo wenig
auch das Paradis; dann es iſt ein Theil an der
Gottheit: wann das aͤuſſere Regiment wird vera
gehen/fo wird andem Orte wo jegtdie Welt ftehet/
eineitel Paradis feyn.
\2, Danes wird eine Erde ſeyn aus himmliſcher Weſenheit /
; wir werden können durchunddurch wohnen: Wir werden
an Süngften Zage nicht über den Locum diefer Welt außfahren -
ſondern alfo in unferın Batterlande bleiben / und heimgehen in
einh andere Welt/ ineinander Principium anderer Qusaal, =”
» Dan. 65 wird fein Sroft noch Hiße mehr ſeyn / auch Eeine
Mcht / und wir werden durch und durch / Dusch Die himmliſche
de Eönnen gehen ohne Zerreiffung.
4. Diefe Erde wird gleich) feyn einem Erpftallen Meer / da
e Wunder der Welt werden gefehen werden / alles gans durch»
ſichtig und GOttes Blang wird das Sicht darinnen feyn; und
das heilige Jeruſalem / die groffe Stadt GOttes / da man GOtt
opfern wird die Farren unferer Sippen/ da wirddas Paradis
ſeyn / und eine Hütte GOttes bey den Menſchen.
5. Dan es fichet gefihricben / ich mache es alles new/ new
Himmel und nem Erde) dag man des Alten nicht inchr gedenden
wird; da wird die fehöne Statt GOttes mit den Wundern und
Weisheit inne ſtehen / and der Tempel GOttes das newe Jeru⸗
ſolem / wird auff der newen Erde / welche aus GOttes Krafft
and Wundern iſt zubereitet / ſtehen.
67 6. 4b
J
156 Die 39. Fr. Was und wo das Paradis ır.
Turba derein/ ein Gefeße: So ift GOttes Geiſt gleich als ge⸗
bunden / und ift cin Antichrift worden,
ı2. Sehet Iſrael an/ als ſie Samuel verworfen und ihre
Richter / und meyneten/ wanihre Lehre unter Weltlichem Arne
ſtuͤnde / und hatten einen König / fo wolten fie ihre Geſetze erhals
ten / wie es zuging / wie ihre Koͤnige die Turbam drein führeten?
and Kälber zn GOttes⸗Dienſt machten/ und die Gemeine zwun⸗
gen die Abgötter zuchren / fagen wir wolmennend.
23. Und geben euch auff diefe Frage infonderheit Feinen eige⸗
nen Beſcheid; ihr werdet deffen genug inden andern Fragen fin»
den / dan wir doͤrffen anderfi nicht.
Die 39. Frage.
Was und wo das Paradis ſey mit ſeinen
Einwohnern.
*. Jeſes iſt euch auch bey dem Enochianiſchen Leben ange⸗
deutet worden / daß es in dieſer Welt ſey / aber im My-
ſterio gleich als wie verschlungen / und da es doch in ſich
felber nichts verändert iſt: Es ift nur unfern Augen und unferer
Quaal engogen ; fonft wan unſere Augen offen wären / ſo ſaͤhen
wir das.
2. Iſt doch GOTT in feiner Drey-Zal bey uns / wie wolte
dan das Paradis verlohren ſeyn; wir haben in dem aͤuſſern Le⸗
hen feine Quaal und Frucht verlohren / gleich wie der Teuffek
GOTT da er mit eigenem Willen als ein flolger Geift auß⸗
uhr / umd wollte cin Herr ſeyn / alfo ifts uns auch gegangen.
Als Adam von der irdifhen Frucht Böfe und Gut wolte effen /
ſo Eriegte er auch ein irrdiſch Leben / boͤß und gut/ und ward aus
Dem ſchoͤnen $uftgarten des Paradifes/ da himmliſche Frucht
wuchs / außgetrieben / in das aͤuſſere Sehen.
3. Biel haben vom Paradis wunderlich geſchrieben ;aber ihre
Blindheit iſt jetzt am Tageslicht / die wir doch nicht ſollen verach⸗
ten / dan fie ſind Sucher geweſen: ein jedes Seculum hat feine
Sucher gehabt / welche haben das Myſterium geſucht; aber es iſt
eine zeitlang in Babel ſehr finſter worden.
4. Anjetzo in 200. Jahren hat ſichs wieder angefangen zu era
Afnen / indehme ſich der Antichriſtiſche Fall hat ereuget / da man
hat angefangen Babel auff einer Seiten zu ſtuͤrmen / aber das
Ffte Schloß in Babel ſtehet noch feſte; Man hat die Hure zwar
Seoffenbahret / aber ihr Thier iſt mr gewachfen. Pi
Dar
Die 40.51. Ob dz Paradis veraͤnderl: feyac.ız7
5. Darumb iſt noch eine wunderliche Zeit vorhanden
da ſich ſoll alles veraͤndern; es ſollen viel groſſe Berge
und Hügel ein eben Feld werden / und eine Quell aus
Zion flieffen / dader Elende trincken wird / und ficher-
getzen. Und follen mit einem Stabe gewendet werden /
und wird ſich der Hirte mit den Schafen frewen / daß
GOTT fo genädigift.
6. Dan Silber und Gold ift fo gemein als zu Sale:
monis Zeiten/ und feine Weißheit vegieret den Erd⸗
kreyß / das iſt Wunder.
Die 40. Frage.
Ob das Paradis veraͤnderlich fen] nnd was nach⸗
mahls ſeyn werde?
A O wenig als GOTT veraͤnderlich iſt / alſo wenig
auch das Paradis; Dann es iſt ein Theil ander
Gottheit: wann das Äuffere Regiment wird vera
gehen/fo wird an dem Orte wo jest die Welt ftehet/
eineitel Paradis feyn.
\2, Dan es wird eine Erde feyn aus himmliſcher Weſenheit /
; wir merden können durch und durch wohnen: Wir werden
an Süngften Tage nicht Über den Locum diefer Welt außfahren -
ſondern alfo in unferın Batterlande bleiben / und heimgehen in
einh andere Welt/ in ein ander Principium anderer Quaal, =”
» Dan. es wird Fein Froft noch Hitze mehr ſeyn / auch Eeine
Nächt/ und wir werden durch und durch / Durch Die himmliſche
de Eönnen gehen ohne Zerreiffung.
4. Diefe Erde wird gleich feyn einem Erpftallen Meer / da
le Wunder der Welt werden gefehen werden / alles gans durch
ſichtig und GOttes Glantz wird das Liecht darinnen feyn; und
das heilige Jeruſalem / die groffe Stadt GOttes / da man GOtt
opfern wird die Farren unferer $ippen/ da wirddas Paradise
ſeyn / und eine Hütte GOttes bey den Menfchen,
5. Dan es fichet gefihrieben / ich mache es alles new / new
Himmel und new Erde) dag man des Alten nicht inchr gedenken
wird; da wird Die fehöne Statt GOttes mit den Wundern und
Weißheit inne ſtehen / und der Tempel GOttes das newe Jeru⸗
ſolem / wird auff der newen Erde / welche aus GOttes Krafft
and Wundern iſt zubereitet / ſtehen.
67 6. Ab
158 Die 40. Fr: Ob dz Paradisveräuberkfanıe
6: Alles was dic Prophetenhaben gefchrieben / wird allda er⸗
fuͤllet werden: dann GOttes Wort und Wunder werden gruͤnen
wie Graß auff der newen Erden; Da iſt fein Tod mehr / auch
Feine: Furcht noch Trawrigkeit / keine Kranckheit / kein Ober⸗
Herr / als nur Chriſtus / der wird bey uns wohnen / und werden
mit den Engeln in einer Gemeinſchafft ſeyn.
7 Unfere Fruͤchte wachſen uns nach unferne Begehren und
Wuͤnſchen. Es wird kein Alter da ſeyn fondernein Mann von
x00,. Fahren wird ſeyn alb ein newgebohren Kind / und leben in
eitel Rebe⸗Luſt.
8. Alles was Frewde iſt das wird geſucht / und wo eins dem
andern kan Frewde machen / da iſt ſein Wille geneigt.
9. Wir werden einheilig Priefterlich Leben fuͤhren / und alle
von GOttes Weißheit und ewigen Wundern reden; dan die
Göttliche Magia hat Wunder ohne Zahl / je mehr geſücht wird /
je mehr iſt da / und das iſt die Vermehrung des Willens GOttes.
20, Zu dehin Ende hat ſich GOTT. IN Bildnuͤß geſchaffen / als
in Engel und Menſchen / daß Er alſo Frewde in ſich ſelber habe /
und ſich mit feines Lebens Eſſentien ewig er frewe / Halleluja!
Beſchluß.
mein geliehter Freund / ift euch auff ewre Fragen eine
Arunde Antwort nach unferm Gaben gefteller worden:
und vermahnen euch bruͤderlich / uns nicht zu verfhmahen /
unſerer einfaͤltigen Reden und Ungeſchickligkeit halben; Dan
wir ſeynd nicht von der Kunſt gebohren / ſondern von der Ein⸗
faͤlt / und reden groſſe Dinge mit einfaͤltigen Worten; nehmets
an als ein Geſchencke Gottes / ihr werdet ſo viel darinnen finden
als ihr wohl in den beſten Rednern der hohen Kunſt nicht werdet
finden / ſte ſeyen dan auch von dieſer Schule gebohren worden /
denen wollen wir nichts vorſchreiten / ſondern erkennen ſie vor
unſere liebe Bruͤder in CHriſto / mit denen wir uns gedencken
ewig zu erfrewen / in der Himmliſchen Schule / von welcher wir
alhie ein wenig einen Vorſchmack haben erlangt: Unpiftunfer
Erkaͤntnuͤg aldier nur ein Stuͤckwerck; wann wir aber werden
Das Gange bekommen / dan wollen wir fagen was GOZTT iſt
and vermag AMENR:
a: ANnmo 1620
Jacob Böhmer
Das
ri
Vmbgewandte Muse,
Welches handelt von
HER SEELEN
und ihrer Bildnuͤß /
And dan von der Turba , welche Die
Bildnuͤß zerſtoͤret.
161
Das
EMBEEWANDTE AUGE.
Je Seele ift ein Auge in dem ewigen Uns
grunde: Eine Gleichnus der Ewigfeitz
Eine gange Figur und Bildnuͤß nach dem
erften Principio, und gleich GOTT dem
Vatter sach feiner Perfon/ nad der ewi⸗
gen Natur. Ihre Efleng und Weſenheit
(wo fie pur in fichalleineift) ift erſtlich
das Rad der Natur / mitdeneriten vier
Geſtalten.
2. Dan das Verbum Domini hat die
Seele mit dem ewigen Fiat, im ewigen Willendes Batterd im
Centroder ewigen Natur gefaffet / und mit dem H. Geiſt eroͤff⸗
net / oderalsein Feuer welches inder Ewigkeit gelegen / auffge=
blaſen / darinnen dan alle Gefkalte der ewigen Natur feynd von
Ereigfeit geftanden/ und feynd alleine in GOttes Weißheit in
der Goͤttlichen Magia, als cine Figur oder Bildnüg ohne Weſen
von Ewigkeit erkañt worden.
3. Aber daffelbe Wefenift nicht ſubſtantialiſch / fondern eflen-
tialifch geweſen: Und ift im Principioim Blitz / wo das Feuer
urſtaͤndet / erkañt worden. Aber deſſelben Schatten hat ſich von
Ewigkeit in eine figuͤrliche Bildnuͤß in dem begehrenden Willen
Gottes ßguriret: Und iſt vor der Drey-zahl GOttes / in der
Magia,inder Weißheit Gottes als eine Gleichnuͤß der H. Drey⸗
faltigkeit / in welcher ſich GOtt / als in einem Spiegel / geoffen⸗
bahret hat / geſtanden.
4. Der Seelen Weſen mit ihrer Bildnuͤß / iſt ander Erden?
in einer (hönen Blumen / fo ausder Erden waͤchſet / und dan an
Feuer und Liecht zuerfinnen: Alsmanfichet / wiedie Erde tin
Centrum ift / und aber kein Sehen ; Sondern ift eſſentialiſch / und
darauß wächfer eine fehöne Blume / welhenicht der Erden aͤhn⸗
lich ſiehet / hat auch nicht ihren Geruch und Geſchmack / viel we⸗
niger ihre Figur / und iſt doch die Erde der Blumen Mutter.
5. Alſo auch iſt die Seele aus dem ewigen Centro Naturz ,
aus der ewigen Effenk mit dem Verbo Fiarim Willen GOttes
erblicket / und im Fiar gehalten worden: dag fie iftalfo * ei
Feuer⸗
162 Das Umogewandte Auge.
Feuer⸗Auge und Gleichnuͤß des erſten Principii erſchienen / in
einer Creatuͤrlichen Geſtalt und Weſen / und aus demſelbigen
Ange iſt der Glaͤntz ihres Feuers ausgegangen / wie das Liecht
aus dem Feuer / und in demſelben Glantz ihres eigenen-Feuers ift
die ewige Bildnuͤß / ſo in GOttes Weißheit iſt erſehen / und mit
dem Willen des Hertzens GOttes im andern Principio ergriffen
worden / verſtehet mit dem Verbo Fiatdes andern Principii, in der
Liebe und Krafft der H. Dreyfaltigkeit / in welcher der HGeiſt
ausgehet.
6. Alſo iſt die Seele ein gantz Gleichnuͤß und Bildnuͤß der
H. Dreyfaltigkeit worden / da man die Stelefuͤr das Centrum
Naturzverfichet / und ihr Feuer⸗Leben für das erſte Principium:
Aber der Seelen Ausgewaͤchſe oder Bildnuͤß / welche eine Gleich⸗
nuͤß Gottes iſt / waͤchſet aus der Seelen aus / wie eine Blume aus
der Erden / und wird vom H. Geiſt ergriffen / dan ſie iſt ſein
Wohnhaus; ſo die Seele ihre Imagination aus ſich / ver ſtehet aus
der Feuer⸗Quaal / ins Liecht Gottes ſetzet / fo einpfaͤhet ſie das
Liecht / gleichwie der Mond von der Sonnen Glantz. Alſo ſtehet
ihre Bildnus in der Majeſtaͤt Gottes / und ſie / die Scele / im
Liecht Gottes / und wird ihre Feuer⸗Quaal in eine Sanfflmuht
und begehrende Liebe verwandelt / da ſie dan vor Gottes Wille er⸗
kaũt wird.
7. Weilaber die Seele eſſentialiſch iſt / und ihr eigen Weſen
ein Begehren iſt 7 ſo iſts erkaͤntlich / dag fie in zweyen,Fiar ſtehet:
Eines iſt ihr Coͤrperlich Eigenthum / und das ander iſt des an⸗
dern Principii, aus dem Willen Gottes / der in der Seelen ſtehet /
indeme fie GOTT zu feiner Bildnuͤß und Gleichnuͤß begehret /
ſo iſt Gottes Begehren als ein Fiat in dem Seelen· Centro, und
ſchoͤpffet immerdar der-Seelen Willen gegen dem Hertzen Got⸗
tes / dan Gottes Luſt wil die Scele haben; ſo wil ſie das Centrum
in Feuers⸗macht auch haben / dan das Leben der Seelen urſtaͤndet
im Feuer.
8. Jetzt iſt Streit um der Seelen Bildnuͤß / und welche Ge⸗
ſtalt uͤberwindet / das Feuer / oder die Sanfftmuht der Liebe /
nach derfelben wird die Seele qualificiret/ und erſtehet auch eine
ſolche Bildnuͤß aus der Seelen / wieder Seelen Willen qualifi-
ciret iſt. Und iſt uns zu erkenen / daß ſo ſich der Seelen Wille
verändert / fo wird auch ihre: Geſtalt veraͤudert / dan / ſo der
Seelen Quaal feurig wird / ſo erſcheinet auch eine ſolche feurige
Bildnuͤß
9. So aber die Seele ins Centrum in die ſtrenge ——
u
Das Umbgewandte Auge 167
und Bitterkeit imaginiret / ſo wird auch ihre ſchoͤne Bildnuͤß in
der finſtern Herbigkeit gefangen / und mit dem herben Grimm
inßciret. Jetzt iſt derſelbige Grimm eine Turba worden / der die
Bildnuͤß beſttzet / und das Gleichnuͤß GOttes zerſtoͤret. Dan in
GOTT ift Siebe / Liecht / Sanfftmuht; und in dieſer Bildnuͤß iſt
finſter / herbe / und bitter / und ihre eſſentialiſche Quaal iſt Feuer
aus den grimmigen Eſſentien / und gehoͤret alſo dieſe Bildnuͤtßz
alſolang fie alſo in ſolcher Quaal um Form in der Finſternuͤß
ſtehet / nicht in GOttes Reich.
10. Mehrers habt ihr vom Feuer ein Gleichnuͤß der Seelen:
Die Seele iſt ein eſſentialiſch Feuer / und der Blitz des Feuers
machet das Leben in ihr. Die Seele gleichet ſich einer Feuer⸗Ku⸗
gel / oder einem Feuer⸗Auge. Nun bedeutet das brennende Feuer
in der Quaal das erſte Prineipium, und das Leben / ſo doch das
Feuer nicht das Leben iſt / ſondern der Quaal-Geiſt / der in der
Angſt des Feuers entſtehet / und der vom Feuer ausgehet / als sine
Lufft / der iſt der rechte Geiſt des Feuer⸗Lebens / der das Feuer.
immer wieder auffblaͤſet / daß es brennet.
ı2: Nun gibet das Feuer einen Schein und Liecht aus der
Quaal / welches in der Quaal wohnet / unddarausfcheinet: und
die Quaal begreiffet doch nicht das Liecht / das bedeutet das ander
Principium, darinnen die Gottheit wohnet: dan / man erkennet /
daß die Krafft ini Liechte iſt / und nicht im Feuer. Das Feuer gibt
nur Eſſentien dem Liechte / und das Leben oder das Liecht giebet die
Sanfftmuht und Weſenheit als Waſſer. Jetzt verſtehen wirt.
daß im Liecht ein ſanfft Leben ohne Quaal ſey / und da es doch
Qugaal iſt / aber unempfindlich / iſt nur eine Luſt⸗ oder Liebe⸗Be⸗
gierde. Da wir dan dieſelbe Quaal vor cine Tinctur erkennen }-
darinnen das Wachfen und Bluͤhen auffgehet / und iſt doch das
Feuer eine Urſach deßelben / und die Sanftmuth iſt eine Urſach
der Wefenheit : Dann / das Liebe⸗begehrende Liecht zeucht an
ſich / und haͤlt / daß es ein Weſen iſt; aber / das Feuer⸗begehren
verzehret die Weſenheit.
12. Alfo ift uns auch von der Seelen zu entſinnen / was die
Seel puralleinim Centro antrifft / das iſt ein eſſentialiſch Feuer
im Auge der Ewigkeit. Nun aber iſt daſſelbe Auge begehrende /
als nehmlich eine Figur und Bildnuͤh nach Gottes Weißheit / und
in ihrem Begehren / in ihrer Imagination ſtehet das Bildnuͤtz/
dan das VerbumFiarhat ſie ergriffen / daß ſie ſoll ein Gleichnuͤz
nach der ewigen Weißheit GOttes ſeyn / in der GOtt wohnet /
in der er ſich mit ſeinen Geiſte möge offenbahren / was in ſeinem
ewigen Raht je geweſen fey, 33. Al⸗
164 Das Umbgewandte Auge.
23. Alfo inflammiret die Majeftät GOttes in die Bildnuͤß /
In dem effenrialifhen Feuer / fo ferne das effentialifche Feuer
feine Begierde in die Majeftät einführet : wo aber nicht/ fo if die
Bildnuͤß rohe und blog auffer GOtt / umd wird die Tinctur falfch;
Ban/die Bildnuͤß ſtehet in der Tindar , und urftändet inder Tin-
Aur im Siccht/ nichtimder Feuers⸗Quaal; gleich wie Gottes Hertz
oder Wort ſeinen Urſtand im Liecht der Majeſtaͤt in der ewigen
Feners⸗Tinctur des Batters nimt: alſo auch die Bildnuͤß der
Seelen.
24. Die Bildnuͤß wohnet wohl in der Seelen Feuer / gleich
wie auch das Liecht iin Geier wohnet / aber fic hatein ander Prin-
Fi » gleich wie auch das Liecht eine andere Quaal iſt / als das
euer.
25. Alſo wohnet die rechte Bildnuͤß GOttes im Kiecht des
Seelen⸗ſeuers / welches Liecht die fenrige Serle muß in GOttes
Siebesbrunnen/ in der Majeftät fchöpffen / durch ihre Imagina-
tion und Einergebung; und fo das die Secle nicht tuht / fondern
imaginirt in fich felber in ihre grimmige Geftälte zur Feuers»
Quaal / und nichtin den Brunmder $iebe im Liechte Gottes / fo
scher ihre eigene Quaal ihrer Strengigkeit / Herbigkeit und
Bitterkeit auff / und wird der Bildnuͤß Gottes Turba, und vers
ſchlinget das Gleichnuͤß Gottes im Grimm,
16. Seht figuriret das herbe Fiat in der Seelen feurigen Effen-
rien der Seelen eine Bildnuͤß nachihrer Imagination, mihrem
Willen! deſſen / was das effentiafifche Feuer der Seelen begeh>
ret /das wird indie Seele gebildet / als irrdiſche Figuren worein
der Seelen Wille eingehet / alsin Geitz / Hochmuͤth / oder was
Des ift / woriñ fich des Herkens Wille einwirfft: Eine ſolche Bild⸗
müs machet das Fiarder Seelen; jedoch vermoͤg des dritten Prin-
eipii, nac) dem Sternen= md Eleimenten=-Geifte.
17. Dieweil fi der Seelen Wille in das Reich diefer Welt
einwirfft / fo hat jest das äuffere Reich Macht/ feine Imagination
indas innere Principium einzuführen / und fo es das innere Fiar
in der Seelen Feuererblicket / fo wird es darmit geſchwaͤngert /
und hältdas.
18. Jetzt hat die Seele eine thieriſche Bildnuͤß nach dem drit⸗
fen Principio, und mag in Ewigkeit nicht zerbrochen werden /
die Seele gehedan mit ihrem Willen wieder aus der Luſt der Irr⸗
digkeit aus/ und drange fih in GOTTES Siehe wieder ein /
fo Frieget fie wieder GOttes Bildnuͤß / welches allein in diefem
echen gefhehen mag / weil die Seele effentialifch in ihrem Ather,
70 in
Das Umbgewandte Auge. 165
* Gewaͤchſe ihres Baumes ſtehet / und nach dieſem Leben nicht
eyn mag.
19. Alſo geben wir euch zu verſtehen / was Seel / Geiſt / Bild⸗
nuͤs und Turba ſey: Die Seele wohnet in ſich ſelber / und iſt ein
eſſentialiſch Feuer / und ihre Bildnuͤß ſtehet in ihr ſelber / in ihrer
Imagination, in ihrem Liecht / foferne fie an GOTT hanget;
wo nicht / fo ſtehet ſte in der Aengſtligkeit im Grimm der Finſter⸗
nuͤß / und iſt eine Larva oder Bildnüg der Teufel.
20. Ihre Turbadiedas Goͤttliche Bild zerbricht / iſt die eſſen⸗
tialiſche Grimmigkeit / und geſchiehet durch Iwagination oder fal⸗
ſche Liebe und Einbildung.
21. Darumb lieget es gar am der Imagination: Was ein
Menſch in feine Begierde einläffet / darinn ſtehet die Bildnüg.
Und ift dem Menfchen hoch noht / dag er ftäts wider die irrdiſche
Bernunfft im Fleifch und Blut ftreite / und feinen Willen-Geift
der Barmhersigkeit und Liebe GOttes einseigene / und fich ſtaͤts
in Gottes Willen einwerffe/ und janichtirxdifeh Gut oder Wol⸗
luſt für feinen Schag achte / und feine Begierde darein ſetze / wel⸗
ches ihme die edle Bildnuͤß zerſtoͤret; Dan / es iſt eine Turba der
Bildnuͤß GOttes / und fuͤhret thieriſche Eigenſchafft in die Bild»
nuͤß ein. In ſumma, Chriſtus ſaget: Wo euer Schatz iſt / da
iſt auch euer Hertz / und nach dehme wil GOTT das verborgene
der Menfchheit richten / und das Reine vondem Unreinen ſchei⸗
den / und das Falſche der Feuer-Turba geben zu verfchlingen/ und
das Heilige/ ſo in GOtt iſt eingegangen! in fein Meich einführen,
AMEN
RES
—
REBSTETER
Der 40. Fragen.
=; W Oher die Seele am Anfang entſtanden ſey. Pag.
2 * eu Effens / Weſen / Natur und Gigenfharft
ſey? 57
3. Wie fi ie zum Bilde GOttes gefhaffenfen ? 5
A. Was das Einblaſen ſey / und wan es gefchehen ? ibid.
5. Wie ſie eigentlich ſormiret und geſtaltet ſey? 61
5. Was ihr Vermoͤgen ſey? 63
7. Ob ſie leiblich oder nicht leiblich ſey? 67
8. Welcher Geſtalt ſie in Menſchen / oder Leib —* ——
9. Was maſſen ſie ſich mit ihme vereinige?
10. Ob ſie ex Traduce ſey und menſchlich leiblich FERNEN re
Bet / oder jedesmahl von GO TTenew gefchaffen umd
eingeblaſen werde? 73
22, MWienndanmwelchem Orth * Sitz im Menſchen ſey? 74
x2. Wie ihre Erleuchtung ſey? 75
13. Wie ihre Speiſung aus dem Worte — ſey? 8r
‚24, Ob ſolche newe Seele ohne Sünde ſey? 82
ia. ie die See darein komme / Jo ſie GOttes Werck und
e 85
6. Wie ſi er e an um ri und newgebohrnen Leibe in
ſolcher Bereinigung gehalten werde? 86
"rm. Woher und warumbdie Widerwertigkeit des Sleifches und
8
Geiftesfey? 9
18. Wie ſie ſich ins Menſchen Tode vom Leibe ſcheide? 93
29. Dbfiefterblich / oder unſterblich ſey? 97
20, Wie ſie wieder zu GOTTkomme? 99
az. Wo ſie hinſahre wan ſie vom Leibe ſcheidet / fie ſey ſeelig oder
unfeelig? ibid.
22. Was cin jede time / wb ſie ſich frewe biß an den Tag des *
ten Gerichts? 103
23. Ob der Gottloſen Seelen ohn Unterſcheid für dem Ge—
richts⸗Tage in ſo langer Zeit etwa eine Linderung oder
Ergetzung empfinden — 107
24. Ob ihnen Menſchlicher Wunſch etwas nuͤtze und ihnen
empfindlich zu ſtatten kanme? 109
25. Was die Handt Gottes und die Schoß Abrahz ſey? *
Regiſter der 40. Fragen.
26. Ob fie fih umb Menfchen/ Freunde / Kinder / Güter bea
kuͤmmere / und ihr Fuͤrnehmen wilfe/ fehe / billige oder
unbillige? ag. 1x5
27. Ob fie dieſe oder jene Kuͤnſte und Sachen wiſſe und verſtehe /
derer ſte im Leibe gar wohlfündig gewefen ? 120
238. Ob ſie auch was mehrers Wiffenfihafft von Göttlichen/ En⸗
gliſchen / Irrdiſchen und Zeufflifchen Dingen gewiffer
erfahren und wiſſen kan / als ſie im Leibe gehabt? 121
29. Was ihre Ruhe / Erweckung und Verklärung ſey? ibid.
30. Unterſchied der Lebendigen und Toden Aufferſtehung des
* Fleiſches und der Seelen? 122
zr. Wilcherley newen glorificirten Leib ſie haben werde? 134
32. Was ſonſten in jenem Leben ihre Geſtalt / Zuſtand / Frewde
und Herꝛligkeit ſey? 135
33. Was Kür Materiam unſere Seiber in jenem Seben haben wer⸗
den ? 137
34. Die jaͤmmerliche erſchreckliche Gelegenheit der verdautn
Seelen. 139
35. Was das Enochianiſche Leben ſey / wie lange es waͤhre ? 144
36. Was die Sele Meſſiæ oder Chriſti ſey? 146
37. Was der GeiſtChriſti ſey / der da willig war / und dehn Er
ins Batters Hände befohlen? 150
38. Von denen Dingen die zu Ende der Welt geſchehen ſollen.
I
39. Was und wo das Paradif fey mit feinen Einwohnern >
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49. Obs veraͤnderlich / und was es nachmals ſeyn wid? - 157
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Andeutung der Titul Figur von der Menſch⸗
werdung JEſu Chriſti. *
at es für eine Gebuhrt und Perſon fey /daf das unmaͤß⸗
liche Wort / der Schöpffer aller Dinge ein Menſchen⸗kind /
und von einer irrdiſchen Jungfrauen ohne Erkaͤntnuͤß eines
Mannes zur Welt gebohren wird / kan uns die Vernunfft nicht
ſagen / denn ſie iſt nur ein bleicher Glaſt vom Verſtande wie der
Mond/ der ſich mit der Sonnen und Erden ſpiegelt / und we—
der Krafft / Hitze noch Glantz gibt.
Es iſt das hoͤch ſte Gehe imnuͤß GOttes / und muß mer durch
einen Stern den Weiſen in Morgenland / und durch einen En⸗
gel den einfaͤltigen Biehhirten auff dem Felde in der Nacht ange⸗
kuͤndiget werden / daß es der Hehland aller Welt dp ; ſonſt
erfaͤhrts Niemand / wer er iſt / biß daß er zum maͤnnlichen Als
ter komt / und das Geheimnuͤß der 30. Jahren erreicht; Alß⸗
dann muß die Welt das Licht erkennen durch die Macht feines
Wortsumndgewaltige Thaten. Wenn die Blinden ſehen / vie -
Zauben hören die Lahmen gehen / Die Sprachlofenreden / Pie
Sranden genefen/ die Teuffelvon Meuſchen flichen / undin die
Saͤue fahren die Zoden aufffichen / und was dergleichen un⸗
zehlig mehr.
Was zanden doc unferegreffe Chaldeer / Stern⸗ſeher Wahre
fager/ und Zeichensdeüter umb dieſen Göttlichen Frieden⸗ſuͤrſt /
den ſie doch nicht haben / er iſt zu Bethlehem und nicht zu Babel.
Im Leibe der irrdiſchen Mariæ / und zugleich im Chao und Circulo
der Goͤttlichen unendlichen Sophiz im Centro des — der Drep⸗
zahl / da ſein ewiger Sitz iſt; dan auch im zerknirſchten Geiſt
und zerbrochenen Hergen/ nicht aber in ihrem Gehirn / Buͤchern /
und hohenSchulen.
Merckt doch ihr kluge Doktores,Phyfici und Natur⸗ kuͤndiger /
warumb Moſes im Vorbilde mit feinem Volcke nicht konte über
das Meer gehen / er muſte dann zuvor durch dieſes Wort / das
noch in der Verheiſſung ſtund / die Waſſer theilen / und zu beyden
Seiten wie Mauren auffrichten / daß ihre Fuͤſſe die Erde bes
zeichten. Dieſer JESUS aber gehet in der sten Rachtwache oben
auff der Flaͤche des Meers / weiß nichts vom Sincken/ noch
Furcht fürertrinden wie Perrus frin Jünger.
Diefer Gegenfag deutet den Unterſcheid des irrdiſchen und
himmliſchen Fleiſches / was aus Heifchlicher Luſt eines Manzes
einpfangen;un vom Heiligen Geif Was auß dem ſiuckenden flief⸗
Laden Waſſer des Mannes / da Furcht / Unmacht / Schlaaf
und
*
und Tod in den Effentienifts und auß dem heiligen reinen Ele-
ment oder Glaͤſern Meer / das vom Gewuͤrcke der 7. leuchtenden
Geiſter GOttes erhoben / auffgericht und trucken iſt / da ein ſtaͤts⸗
wachendes Leben / Staͤrcke / Macht und Frewde iſt.
Das iſt das Waſſer des Lebens davon er ſagte / wer dieſes
trincken wuͤrde dehn wuͤrde nimmer duͤrſten. In dem iſt der
Schoͤpffer ſelbſt zu einer Goͤttlichen Creatur worden / und alſo
von oben kommen / daß iſt in der verblichenen Menſchheit in
Maria ſich eröffnet / da er ihre Seelen⸗ und Leibes⸗Eſſentien an
genommen. _
Aber wie GOttein verborgenes Wefen ift gegen der Creatur /
und doch allenthalben gegenwärtig / und alles erfüllet / alfo auch
dieſes Waſſer / Fleiſch und Perfon; Niemand kan cs trinc⸗
ken / als nur der nach GOtt und feiner Gerechtigkeit durſtet.
Iſt im Fall des erften Menfchen ein Geheimnuͤß worden / in
Kraft und Würdungbeyden Heiligen offenbahr / in der Ers
kantnuͤß aber verſchloſſen / biß Das 7de Siegel im Ternsrio
San&oiftgebrochen/ Da wird es num durch feinen Engel ver:
kuͤndiget. Davon beſtehe dieſes Buͤchlein
Cap. 3.0.24.1.8.0,2.3.4.5.8.12.13.0.9.0.5.6.10.12. 13.
15.16.17. 21.22.23.0.10.0. 3. 5.6,7.8.6.12.0.2:. c. 13. v. 4.9.
Den Dritten Theil. Cap. 6. v. 2. |
Und weiter die folgenden
Auroram, Cap. 8. v. 25.100. (. 11.0.19. c. 12. v. 5. 6. 21.40.
112. 6.13. 0.74.75. 0.15. 09.4.5. 39.0. 19.2. 1. 35. 36. 37.
101. 103. c. 20. v. 78. 85.
Drey Principia. Cap. 12.0. 1I.c. 18. v. 22. 23. 24. 40. biß 54.
79. 85. 89. 90. 91. 96. biß 100. €. 19.0.7. c. 22. v. 32. 35. 36.
38. 41. biß 49. 69. 70. 71. 73. biß 77.81.97. 98. 114. (. 23.
v.10.20,0.24.0. 15.
Dreyfaches Leben. Cap. 5. v. 139. c. 6. v. 58. 65. 70. 72. biß
79. c. 8. v. 42. c. 11. v. 76. 7. 0,13. v. 9. IT. x2.
40. Fragen 33. Frage v. 3. 6. biß 11. 36. fr. v. 3.8. biß 16.
6. Puncten. Cap. 8. v. 10.
Wiedergebuhrt. Cap. 3. v. 607. 8. 9. 10.
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Die Druckfehler in diefem Buch ver Menſchwerdung
Chriſti find dieſe.
"Folio. 22. Linea. 2. für Gleich lieſe Gleichnuͤß.
F. 85. L. 29. fuͤr Materien lieſe Matrix
F. ııg.L. zı.dele daß.
F. 134. L. 31.für dieſelbe lieſe. diß.
* 136. L. 4. fuͤr Weſen lieſe Weiſen.
F. 168. L. 29. fuͤr melden lieſe meiden.
—*
Don der
Menſchwerdung
JESU CHRISTI,
Wie das Ewige Wort ſey Menfch
| worden.
Und von
Maria der Jungfrawen /
Wer fie von ihrem Urſtand geweſen / und was
fie ſey in der Empfängnüßibres Sohnes Jeſu
Chriſti fuͤr eine Mutter worden.
In drey Theil abgetheilet.
Geſchrieben nach Goͤttlicher Erleuchtung
durch
Jacos Böume,
Sonſten Teutonicus genannt] im Jahr 1620,
Zu Amfterdam /
Gedruckt im Jahr Chriſti 1692
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Erſter Theil)
Bon der
Menſchwerdung Jeſu Chriſti.
Das erſte Capittel.
Daß die Perſon Chriſti wie auch feine Menſchwer⸗
dung/ aus natürlicher Witze / oder dem Buchſtaben
der 5. Schrift / ohne Göttliche Erleuchtung / niche
koͤnne erfannt worden.
Item:
Vom Urſtande des rigen Goͤttlichen Weſens.
S Chriſtus feine Juͤnger fragte 2
Wer fagen die Seute daß des
Menſchen Sohn fey ? Antwor⸗
feten ſie ihme: Etliche fagen / du
ſeyſt Elias / Etliche du fenft Joa
1] hannes der Täuffer / oder ver
Propheteneiner. Er fragete fies
E und ſprach: Wer ſaget dan ihr /
S daß ich ſey? Daantwortete Pe⸗
trus ihme: Du biſt Chriſtus des
© Icbendigen GOttes Sohn. Und
er antwortet ihin und forach: Wahrlich Fleifch und Blut hat
Dir das nicht offenbahret/ fondern mein Vatter im Himmel?
und verfündigfe ihnen auff diefes fein Seyden/ Sterben! Tod
und Aufferſtehen / anzuzeigen / daß die eigene Vernunfft ir
diefer Welt Witze und Weißheit die Perſon welhe GOTE
und Menſch war / nicht koͤnte in ihrer Vernunfft erkennen
noch ergreiffen / fondern er würde meiftentheils nur von de⸗
nen recht erkannt werden / welche ftch würden ihmeigänglich eine
ergeben / und umb feines Namens .. Creutz / —
2 u
4 Erſter Theil / von der Menſchw. Cap. r!
und Verfolgung leiden / welche ihme mit Ernſt anhangen
wuͤrden: Als denn ſolches auch geſchehen iſt / daß er auch /
weil er noch ſichtlich bey uns in dieſer Welt wandelte / von
den Vernunfft-witzigen wenigſten Theils erkannt ward: Und
ob er gleich in Goͤttlichen Wundern einhergieng | fo war doch
die Aufferliche Vernunfft alfo blind und umverftändig / dag
folche geoffe Göttlihe Wunder von den Flügften der Ver—
nunfft⸗t unſt dem Teuffel zugefehrichen worden: Und wie er zu
der Zeit / alser in diefer Welt fichtbarlich wandelte / ift von
eigner Vernunfft und Wise unerkannt blieben; Alfo iſt und
bleibet er nochmals der aͤuſſern Bernunfft unbekannt unduns
erkannt.
2. Aug dieſem ift fo viel Zand und Streit umb feine Perfon
worden / daß je die auflerliche Vernunfft vermeynte zu ergruͤn⸗
Sen / was GH und Menfch fen / wie GOtt und Menfch Fönne
eine Perfon ſeyn: Welcher Streit den Erdkreiß erfüllet hat
da die eigene Vernunfft je gemeynet / fe habe das Perlein er-
griffen / und nicht dabey bedacht / daß GOttes Reich nicht von
dieſer Welt ſey / und daß es Fleiſch und Blut nicht könne er>
rennen oder ergreiffen/ viel weniger ergründen,
3. So ſtehet nu einem jeden zu / der von Böttlicher Ge⸗
heimmüß wil zeden oder lehren daß er auch GOttes Geiſt
babe / und fein Ding/ daserfür wahr wil außgeben / in Gött-
lichem Liecht erfenne / nicht auf eig ner Vernunfft ſauge /
fih ohne Göttlihe Erkaͤntnuͤß alfo auff ven bloſſen Buchfta-
ben in feiner Meynung ftewre/ und die Schrifft beyn Haas
zen herzu giche / wie von der Vernunft gefpichet: Aug wel⸗
chem alfo frefflich viel Irrthumbs entftanden iſt / daß man die
Göttliche Erfantnügineigener Wigeumd Kunſt geſuchet hat
und ist alfo vonder Wahrheit Gottes in eigene Vernunfft getret>
ten / und hat alſo die Menſchwerdung Chriſti für ein frembdes
und fernes Ding gehalten / da wir doch alle muͤſſen in derſelben
Menſchwerdung wieder auß GOTT gebohren werden / wollen
wir aber dem Grimm der ewigen Natur entweichen.
4. Weil es dan den Kindern GOttes ein nahes und einheimi⸗
ſches Werckiſt / damit fie täglich und ſtuͤndtlich ſollen umbge⸗
hen / amd immer im die Menſchwerdung Chriſti eingehen /
auß der irdischen Vernunfft auggehen / und elfo in dieſem
Jammer-leben in der Gebuhrt und Menſchwerdung Chrifti
müffen gebohren werden / wollen fir, aber GOttes Kinder in
Eyrifto ſeyn: So habe ih mir fuͤrgenommen / dieſe hohe Ge⸗
heiumuͤß
\
- mr ge
Cap. r. Jeſu Chriſti. 5
heimnuͤh nach meiner Erkantnuͤß und Gaben zu einem Me-
morial zu fehreiben/ auff dag ich alfo Urſache habe/ nich auch
berglich mit meinem Immanuel zu ergegen und zu erquichen /
weil ich auch neben andern Kindern Chrifti in dieſer Gebuhrt
ſtehe / auf dag ich ein Denckmahl und Auffrichtung hätte) fo
nich ja das finftere und irrdiſche Fleifch und Blut mit des
Zeuffels Gifft wolte überziehen / und mir meine Bildnuͤs ver⸗
dunckelen: So habe ich mirs für eine Ubung des Glaubens
fuͤrgenommen / damit ſich meine Seele möge alfo als ein Acft>
fein an ihrem Baume Jeſu Ehrifto feines Safftes und Kraff-
tes erquicken / und folhes nicht mit Elugen und hohen Neden
der Kunſt / oder auß der Bernunfft dieſer Welt) fondern nach
der Erkaͤntnuͤß / fo ich von meinem Baume Chrifto habe / auff
dag mein Zweigleinm auch neben andern im Baume und Leben
GOttes grüne und wachfe. Und ob ich zwar Hoch amd tieff
gründe 7 und es gant helle werde darftellen / fo foll doch dent
Leſer dieſes geſaget ſeyn dag es ihme ohne GOttes Geift
wird ein Myfterium und unergriffen feyn : Darumb fehe ein
jeder zu / was er richte / daß er nichtin GOttes Gericht falle /
und von feiner eigenen Turba gefangen werde / und ihn feine
eigene Vernunfft ſtuͤrtze fage ich wolmeynend/ und gebe es
den Leſer zu erwegen.
5. Wennwirwollenvonder Menſchwerdung und Gebuhrt
Jeſu Ehrifti des Sohns GOttes ſchreiben / und davon recht
reden / fo müffen wir die Urfachen erwegen / was GOTT
bewogen habe / daß er ſey Menſch worden: Sinte mahl er fol-
ches zu feinem Weſen nicht iſt beduͤrffend geweſen / und koͤn—⸗
nen auch mit nichten ſagen / daß ſich fein eigen Weſen hate
in der Menfchwerdung verändert/ denn GOTT ift unverän:
derlich / und iſt doch worden/ was er nicht war ; Aber feinte
Eigenfchafft ift hiemit unveränderlich geblieben: Es war nur
umb des gefallenen Menfchens Heyl zu thun / dag er den wie⸗
der ind Paradiß braͤchte / und ift uns alhie der erſte Menſch
zu betrachten/ wieder vor feinem Falle fey gewefen / mb wel⸗
ches willen fich die Gottheit beweget hat / welches uns Mens
ſchen hoch zu betrachten ift.
6. Wir wiffen/ was Moſes faget/ daß GOTT habe den
Menfchen nad) feinem Gleihnüß in eine Bildnüß nach ihme
geſchafſen. Verſtehe alfo: Dat fih GOTT / der ein Geiſt
iſt / im einer Bildnuͤß fähe/ als in einem Gleihnüg: Nicht
weniger hat er dieſe Welt — daß er alſo die =
3 de
5 Erſter Theil / von der Menſchw. Cap. 1.
Natur in Weſenheit offenbahre / auch in lebendigen Ercatus
zen und Figuren / daß Diefes alles fey eine Gleihnüß und
Außgebuhrt auf der ewigen Natur des erſten Principii , wel>
he Gleichnüß vor den Zeiten der Welt ift in GOttes Weiß⸗
heit als eine verborgene Magia geflanden / amd vom Geijte
Gottes in der Weißheit if erfehen worden / der im Zeit des
Anfangs diefer Welt die ewige Natur beweget / und der ver⸗
borgenen Göttlihen Welt Gleihnüß herfürgebracht und er»
Öffnet hat: Denn die fewrige Welt ift im Sicht GOttes
gleich als verfehlungen und verborgen geftanden / in deme als
beine das Siccht der Mayeftät in fich felber regieret hat: Und
iſt uns doch nicht zu dencken / daß die fewrige Welt nicht ges
wefen fey / fie iſt geweſen; aber ſie hat fich in ihr eigen Prin-
eipium gefchieden / und ift im gicchte der Majeftät GOttes
nicht offenbahr gewefen / als uns folches am Fewer und Liecht
zu erfinnen ift/ daß das Fewer zwar einellrfache des Liechts iſt /
und wohnet doch das Liecht im Fewer / dem Fewer unergriffen/
amd führet eine andere Quaal als das Fewer / denn das Feuer ift
Grimmigkeit und verzehrende/ und das Licht ift Sanfftmuth /
und auf feiner Krafft wird Weſenheit / als Waſſer oder Sulphur
eines Dinges / welches das Fewer in fich zeucht / und zu feis
er Staͤrcke und geben braucht / und ift alfo ein ewig Band.
» 7. Diefes Fewer und Göttliche Liecht iſt zwar von Emigfeit
an fich felber ftille geftanden / da ein jedes in feiner Ordnung
än feinem Principio ift geſtanden md hat weder Grund noch
Anfang / denn das Fewer hat in fich feine eigene Geftalt zu
feiner Quaal / als das Begehren / auf welchem und in wel⸗
chem alle Geftälte ver Natur erbohren werden/ da je eine eine
Urfache der andern ift/ wie indenandern Schrifften außſuͤhr⸗
Lich gemeldet worden. Und finden wir im Liechte der Natur /
wie das Fewer in feiner eigenen Efleng fey gleich wie eine her⸗
be begehrende Quaal in fich felber eine Finfternüs geweſen /
welches in der Sanfftmuth GOttes gleich als- verfchlungen
geftanden / da es nicht qualitätifch fondern eflentialifch in ſich
felber gewefen / nicht anzuͤndlich / und ob es gleich gebrannt hat /
Fo ift es doch als eineigen Priacipium in fich felber nur empfinds
lich gewefen: Denn es find von Ewigkeit nur zwey Principia
geweſen / als eines in fich felber / die fewrende Welt/ und das
ander auch im fich felber die Fiechtsflannmende Welt/ da fie
Doch auch nicht getrannt waren / als das Fewer und Sicht
nicht getrannt find/ und das Liecht im Fewer wohnet / dem Fewer
anergriffen, 8. Un
*
—
Cap.r. JeEſu Chriſti. 2):
8. Umd iſt uns alfo zweyerley Geiſt ineinander zu verſte⸗
hen / als ein fewriger / nach der Efleng der herben und ſtren⸗
gen Natur auß dem hisigen und auch Falten ffrengen Eſſen⸗
tialiſchen Fewer / welcher für GOttes Zorn⸗Geiſt und Quaaf
erkannt wird / und gehoͤret zu des Vatters Eigenſchafft / nach
welchem er fich einen zornigen / eyferigen GOTT / umd ein
verzehrend Fewer nennet / in welchem das erfte Principium ver⸗
fanden wird: Und van ein fanffter Siecht-flammender Geift?
welcher von Ewigkeit im Centro dep Sicchts feine Verwandes
fung empfähet / denn cr ift im erften Principio in des Vat⸗
ters Eigenfchafft ein feiwrender Geift / und im andern Prin⸗
Eipio im Liecht / ein fanffter Siechtsflammender Geift / welcher
von Ewigkeitfich fo gebichret / und iſt nur der eine) und nicht
weene 5; Wirdaber in zweyerley Quaal verftanden / als in
ewer und Liecht nach jeder Quaal Eigenfchafft / wie uns ſol⸗
ches an jedem aufferlichen Fewer genug zuverftehen ift/ da des
Fewers Quaal einen grimmigen Geift gibt / der verzehrend iſt /
und des Liechtes Quaal einen ſanfften lieblichen Lufft Geiſt /
und iſt arſtaͤndlich doch nur ein Geiſt.
9. Alſo ingleichem iſt uns nachzuſinnen dem Weſen der E⸗
wigkeit / als der H. Dreyfaltigkeit / welche wir im Liechte der
Mapeftät für die GOttheit erkennen / und im Fewer für die
ewige Natur / wie ſolches in den andern Schrifften genug et⸗
Fläret worden; Denn der Allmächtige Geiſt GOttes mit beya
den Principien ift von Ewigkeit felber alles gemwefen / es iſt
nichts vor ihme / er ift felber der Grumd und Ungrund/ und
wird doch das H. Göttliche Weſen fürnemlich als eineigenes
Weſen in fich felber erfannt/ md wohnet auffer der fewren⸗
den Natur und Eigenfchafft in des Liechts Eigenfhafft/ und
wird GOTT genannt : Nicht von deß Fewers Eigenfchafft 7
fondern von des Liechts Eigenfchafft / wiewohldie beyden Eis
genfchafften ungetrennet find: Als wir ſolches an diefer Welt
verftchen / da ein verborgen Fewer in der Tieffe ver Natur
und in allem Werfen verborgen liget/ fonft möchte kein aͤuſ⸗
ferlich Fewer herfürgebracht werden/ und fehen] wie die Sanfft⸗
muth des Waffers daffelbe verborgene Fewer in fich gefangen
haͤlt / daß es fich nicht Eönne eröffnen / denn es ift gleich wie
verschlungen im Waſſer / und ift doch / aber nicht Subftanria-
liſch / fondern Effentualifch / und wird im erwecken erkannt /
und qualificirend gemacht / und wäre alles ein Nichts und
Ungrund ohne Fewer,
t,
KErſter Theil / von der Menſchw. Cap. r)
20. Alſo verfichen wir auch daß das dritte Principium, als die
Auaal und der Geiſt dieſer Welt / ſey von Ewigkeit in der
ewigen Natur des Batters Eigenſchafft verborgen geftanden/
amd vom Liecht⸗flammenden Geift in der heiligen Magia , als
an GOttes Weißheit / in der Göttlichen Tindur erfannt wor»
Den / umb welches willen fich vie Gottheit nach der Natur der
Gebährerin beweget / und das groffe Mylterium erbohren /
darinnen denn alles gelegen / was die ewige Natur vermag /
and ift nur ein Myfterium gewefen / und hat keinem Geſchoͤpff
gleich gefehen / fondern iftals ein Geftübe untereinander gewe⸗
fen / da die grimmige Natur hat finfter Geftüb gebohren /
und die Siccht-flammende Natur in feiner Eigenfhafft Flam⸗
men in der Mapeftät und Sanfftmuth / welches ver Waſ⸗
ſer⸗Quall und Urſach der H. Göttlichen Weſenheit ift von E⸗
wigkeit geweſen / und iſt nur Krafft und Geift / welches feinem
gleich gewefen ift/ und ift auch darinnen nichts gefpüret wor»
den / als der Geiſt GOttes in zweyerley Quaal und Geftalt/
als hitige und kalte Fewers-Quaal / und der fünfftliche Sie»
de⸗Quall / nach Arth def Fewers und $iechtes.
11. Dieſes iſt als ein Myſterium ineinander gegangen / und
hat doch eines das ander nicht ergriffen / ſondern iſt gleich⸗
wohl in zweyen Principien geſtanden / da dan die Herbigkeit /
als der Vatter der Natur / immer die Weſenheit iin Myfterio
ergriffen / da fih es venn gleich als in einem Bildnüs hat
Kormiret / und iſt Doch Feine Bildnuͤß geweſen / fondern
gleich einem Schatten eines Bildes. Solches alles im Myſte-
zio hat zwar wohl alfo einen ewigen Anfang immer gehabt/
Da man nicht fagen Fan / es fen etwas worden / das nicht ſei⸗
ne Figur, als einen Schatten in der groffen ewigen Magia
gehabt hätte; Aber es ift Fein Weſen gewefen / fondern ein
geiftlich Spiel ineinander / und iſt die Magia der groſſen Wun⸗
Der Gottes / da immer worden iſt da nichts war / als nur ein
Ungrund / das iſt in deß Fewers und Liechtes Natur in Grund
Kommen / und iſt doch auß dem Geiſte der Quaal / welcher
auch Fein Weſen iſt / ſondern cine Quaal / welches ſich in ſich
ſelber in zweyen Eigenſchafften gebieret / auch ſelber in zwey
Principia ſcheidet: Sie hat keinen Scheider noch Macher /
auch Erine Urfach zu feinem ſelbſt⸗machen / ſondern iſt felbft die
Urfach / als ſolches augführlic in andern Schrifften gemeldet
worden / wie der Ungrund fich felber in Grund führe undgebähre,
22, Alfo ift ums nun erkaͤnntlich Die Schöpffung als
, [4
* Fr D .
Car. r. Jeſu Chriſti. 8
Welt / fowohl die Schörffung der Engel und auch def Men»
ſchen / und aller Ercaturen ; Es ift alles auf dem groffen
Myfterio gefhaffen worden / denn das dritte Princıpium ift
vor GOTT als eine Magia geftanden/ und iſt nicht gank of»
fenbahr gewefen ; So hat GOTT auch kein Gleiches send!
da er hätte mögen fein rigen Weſen erblicken / alß nur Pie
Weißheit / das ift feine Luſt geweſen / und iſt in feinem Wil⸗
ien mit feinem Geiſte / als ein groß Wunder in der Liechtflam⸗
menden Göttlichen Magia vom Geifte GOttes dargeftanden /
denn es ift des Geiftes GOttes Wohnhauß gemefen / umd
fie ift keine Gebährerin gewefen / fondern die Offenbah⸗
tung GOttes / eine Zungfraw / und cine Urfache der Goͤtt⸗
lichen Wefenheit/ denn in ihr ift die Siccht-flammende Goͤtt⸗
liche Tin&ur zum Hertzen GOttes geſtanden / als zum Wor⸗
te des Sebens der Gottheit/ und ift die Offenbahrung der 9.
Dreyfaltigkeit gewefen : Nicht dar fie auß ihrem Vermögen
und Gebähren GOTT offendahrete / fondern das Göttliche
Centrum , als GHttes Herz oder Weſen offenbahrst fich in
ihr: Sie iſt als ein Spiegel der Gottheit / Dan ein jeder Spie-
gel haͤlt ſtille / und gebichret keine Bildnuͤß / fondern er fährt die
Bildnüg : Alfo ift diefe Jungſraw der Weißheit ein Spiegel
der GHftheit / darin der Geift GOttes ſich ſelber ſtehet fo »
wohl alle Wunder der Magix, welche mit der Schöpffung deß
dritten Prineipii find ins Weſen kommen / und ift alles auf dem
groffen Mylterio gefchaffen worden / und diefe Jungfraw der
Weißheit GOttes ift im Myfterio geſtanden / und inihr hat der
Geift GOttes die Formungen der Creaturen erblicket/ dem
Tie ift das Außgeſprochene was GOTT der Batter auf fei-
nem Centro der $icchteflaminenden Böttlichen Eigenſchafft auß
feines Hersens Centro , auf dem Worte der Gottheit/ mit
dem Heiligen Geiſte außſpricht: Sie ſtehet vor der Gottheit
als ein Glaſt oder Spiegel der Gottheit / da ſich die Gottheit in⸗
ne ſihet / und in ihr ſtehen die Goͤttlichen Frewden-Reich des
Goͤttlichen Willens / als die groſſen Wunder der Ewigkeit /
welche weder Anfang noch Ende / noch Zahl haben / ſondern es
iſt alles ein Ewiger Anfang / und cin Ewiges Ende; Und glei⸗
chet zuſammen einem Auge / das da fichet / da doch im Sehen
nichts iſt / und das Sehen Doch auf deß Fewers und Liechts Eſ-
ſentz urſtaͤndet.
13. Alſo verſtehet indes Fewers Aſſentz des Vatters Eigen⸗
ſchafft und das Erſte Principium, und in des Liechts⸗Quagl uad
Us 77 ige
So Erfter Theil / von der Menſchw. Cap. 2.
Eigenfchafft des Sohns Natıtr unddasander Principium , und
Ben führenden Geift aus beyden Eigenfchafften / verftchet
fürden Geiſt Gottes / welcher im erften Principio grimmig /
ſtreng / herbe / bitter / Kalt / und fewrig ift / und ift der treiben⸗
De Geiſt im Zorne / und darumb ruhet er nicht im Zorne und im
Grimme) fondern ift außgehend / und das Eflentialifche Few⸗
r auffblafende / indehm 3* in die Eſſentz deß Fewers wie⸗
er eineignet / denn die grimmigen Eſſentien ziehen ihn wieder
Sn fich / denn er iſt ihre Quaal und Leben / und gehet aber im
ungezuͤndten Fewer im Liechte vom Vatter und Sohne auß /
and eröffnet die fewrigen Eflentien in des Liechtes Quaal / da
denn die fewrigen Eflentien in groffer Begierde der Siebe bren⸗
nen / und die ernſte ſtrenge Quaal indes Liechts-quaal nicht er⸗
kzannt wird / ſondern die Fewers⸗-ſtrengheit iſt nur alſo eine Ur⸗
Facheder Liecht⸗ ſlammenden Majeſtaͤt und der begehrendenLiebe.
14. Und alſo iſt uns zuverſtehen das Weſen der Gottheit /
und denn der ewigen Natur / und verſtehen alleweege das Goͤtt⸗
liche Weſen im Liechte der Mayeſtaͤt / denn das ſanffte Liecht
machet des Vatters ſtrenge Natur fanffte / lieblich und barm⸗
hertzig / und wird ein Vatter der Barmhertzigkeit nach feinen
Hertzen oder Sohne genannt / denn des Vatters Eigenfchafft
ſtehet im Fewer und im Liechte / und iſt ſelber daß Weſen aller
Weſen: Er iſt der Ungrund und Grund / und theilet ſich in
der ewigen Gebuhrt in drey Eigenſchafften / als in drey Per⸗
ſonen / auch in drey Principia, da ihr doch in der Ewigkeit nur
zwey im Weſen find / und das dritte als ein Spiegelder erften
deyden iſt / guß welchem dieſe Welt / als ein greifflich Weſen
in Anfang und Ende geſchaffen iſt.
Das 2. Capittel.
Offenbahrung der GOttheit durch die Schoͤpffung der
Engel und Menſchen auß Goͤttlicher Eſſentz.
x O dann alfo ein Myfterium ift von Ewigkeit ge⸗
wefen/ fo ift uns jest feine Anmeigligkeitzu bes
trachten / denn wir koͤnnen von der Ewigkeit an⸗
⸗derſt nicht reden / als von einem Geiſte / denn es
NZ ift alles nur Geiftgewefen / und hatfich doc) von
Ewigkeit im Weſen gebohren / und folches durch Saͤhnen und
Luſt / und fönnen durchauß nicht fagen/ dag inder Ewigkeit nicht
{ey Weſen geweſen / denn kein Fewer beſtehet ohne Weſen; 3
1
Eap.2. JEſu Chriſti. Ir
ift Feine Sanfftmuth ohne gebähren den Weſens / denn die-
Sänffte gebichret Waſſer / und das Fewer ſchlinget das im.
fich / und machts in fich eines Theils zu Himmel und Firma= '
ment, und das ander Theil zu Sulphur, in welchem der Fe⸗
wer-Geift mit feinem Effentialifchen Rade einen Mercurium:
machet / und fort den Vulcanum erwecket / ( das ift/ das Fewer
auffchläget / ) dag der dritte Spiritus „ als Lufft / erbohren.
wird/ da dan die edle Tinctur im Mittelftchet / als ein Glaft
mit den Farben / und urftändet vonder Weißheit GOttes / denn
die Farben urftänden von der Quaal : Eine jede Farbe ftchet mie
ihrer Weſenheit in der Sanfftmuch des Waſſer-⸗quelles / außge⸗
nommen de Schwarge nicht/dic hat ihrenlirftand auf der herbei:
Grimmigkeit. Sie empfahen alleihre Farben von der Qunal.
2. So luͤſtert nu je eine Geftalt nach der andern / und von.
der begehrenden Luft wird eine Geftalt vonder andern fchwane
ger / und bringet eine die andere zum Weſen / dag alfo die Ea-
wigkeit in einer immermwährenden Magia ſtehet / da die Natur img
Waͤchſen und Ringen fichet / unddas Fewer verzehret das/ und
gibts auch; Und iſt alſo ein ewig Band / allein das Liecht der
Mapyeftät und Dreyheit GOttes iſt unwandelbar / denn das
Fewer mag das nicht ergreiffen / und wohnet frey in ſich.
3. Und iſt uns doch erkaͤntlich und findlich / daß das Liecht
der Liebe begehrende ſey / als nehmlich der Wunder und
Figuren in der Weißheit / in welchem Begehren dieſe
Melt als fein Modell ift von Emigfeit in der Weißheit / in
der fieffen verborgenen Magia GOttes erkannt worden / denn
das Begehren der Liebe forfchet im Grund und Ungrund: Alda
hat ſich auch von Ewigkeit mit eingemiſchet das Begehren des
Grimmes / und herken firengen Quaals in des Batters Nas
tur und Eigenſchafft / und iſt alfodie Bildnüg der Engel und
Menfchen von Ewigkeit in der Göttlichen Eigenſchafft in Got⸗
tes Weißheit erblicket worden / fo wohl auch in deß Grimmes
Eigenfchafft die Teufel / (aber nicht in der heiligen Liecht⸗
flammenden Eigenſchafft) aber in feinem Bilde noch Wefen #
fondern nach Arth / als ſich i im tieffen Sinn ein Gedancke entſpin⸗
net / und fuͤr ſeinen eigenen Spiegel des Gemuͤhts fuͤhret / da
das Gemůth offt ein Ding ſchawet / das nicht im Weſen iſt.
4. Alfd haben die zwo Gebaͤhrerin / als des Grimmes im:
Fewer / und dan die Liebe im Liecht ihr Modellin die Weisheit .
geſtellet / da denn das Herke GOttes in der Liebe geküftert ;.
Diefes Modell in eine Engliige Bildnuͤß zuſchaffen / auß:
46 Goͤtt⸗
a2 Erſter Theil / vonder Menſchw. Gap. 27
Goͤttlicher Weſenheit / day fie wären ein Gleihnüg und Bilz
De ver Gottheit / und wohneten in der Weißheit GOttes / zu
erfuͤllen die Luft der Gottheit / und zucwiger Frewde der Goͤtt⸗
Sichen Frewden⸗Reich.
5. Und ift uns jest alfo zu entfinnen das Verbum Fiat , das
fie gefaſſet / und in eine Sublanß und cörperlich Weſen gebracht,
hat / denn der Wille zu diefer Bildnuͤß ift auß dem Vatter /
auf des DBatters Eigenfharft im Norte oder Hertzen GOt—
tes von Ewigkeit entſtanden / als fein begehrender Wille zur
Creatur / und zur Offenbahrung der Gottheit ; Weil er fich
aber von Ewigkeit nicht beweget hat / biß auff die Schöpf>
fung der Engel / fo ift auch Feine Schöpfung geſchehen / biß
zur Engel Schöpfung / darzu wir dan den Grund und Ur—
ſachen nicht follen wiffen / und es GOTZ feiner Macht vors
behalten hat / wie es gewefen ſey / das ſich GOTT eines be=
weget hat/ fintemahl er doch ein Unwandelbahrer GOTT iſt;
Sollen auch alhier weiter nicht gründen | den diß turbiret uns,
6. Alleine von der Schöpfung haben wir Macht zur reven/
Denn fie ist ein Werd im Weſen GOttes / und verfichen /
Daß des Worts oder Herkens Gottes Wille habe das herbe
Fiat im Centro def Vatters Natur / mit feinen fleben Gei⸗
Uern und Geftelten der ewigen Natur ergriffen / und folches
än des Thrones Geſtalt / da denn das herbe Fiat nicht als ein
Macher / ſondern als ein Schaffer in jeder Eflentien Ei—
genſchafft geftanden / als in den groffen Wundern der
Weisheit 5 wie die Figuren waren von Ewigkeit inder Weiß⸗
heit erblicket worden / alfo wurden fie auch jeßt mir dem
Fiat im Willen-Geifte GOttes ergriffen / nicht auf fremb⸗
Der Materia, fondern auf GOttes Effeng / auf des Vatters
Natur / und wurden mit GOttes Willen-Geift ins Sicht der
Mayeftät GOttes eingeführet / Da fie denn Kinder GOttes
amd nicht frembde Gaͤſte waren / erbohren und erfihaffen auß
Des Batters Natur und Eigenſchafft / und ihr Willen-Geiſt
ward gerichtet in deh Sohns Natur und Eigenſchafft: Sie
- folten und Fonten eſſen von GOttes Liebe-Weſenheit im Liech⸗
ge der Mayeſtaͤt / da dan ihre grimme Eigenſchafft auf des
Datters Natur in Siche und Srewde verwandelt ward; wels
ches fie auch alle thaͤten / biß auff einen Thron und Königreich)
Das wandte ich vom Liechteder Liebe / und wolte in der ſtren—
sen Fewers-Natur uber GOttes Sanfftmuth und Liebe herz=
ſchen / und ward darumb aug des Daftırs Eigenſchafft / auß
ſe inem
7 — — —
Cap. ꝛ JEſu Chriſti. 13
feinem creatürlichen eigenen Loco getrieben in die ewige Fin»
ſternuͤß / in den Abgrund des firengen Fiats, da muß es in feiner
Ewigkeit ftehen / und ift alfo der Grim der ewigen Natur auch
allhier erfüllet worden.
7. Iſt uns aber nicht alfo zugedenden/ daß König Lucifer
nicht hatte können beſtehen / er hatte das Sicht der Mayeſtaͤt fo
wohl für ihme als die andere Thron-Engelen : So er hättedar>
ein imaginiret/wäre er cin Engel blieben / aber er zog ſich felber
aus GSttes Liebe in Zorn: Alſo iſt er nun ein Feind der Liebe
GoOttes und aller heiligen Engel.
8. Weiter iſt uns alhier zu betrachten die feindliche Anzuͤn⸗
dung der verſtoſſenen Geiſter / als fie noch indes Batters Eis
genſchafft waren? wie fie mit ihrer Imagination haben die Na⸗
tur der Wefenheit engündet/ dag aus der Himmliſchen We⸗
fenheit find Erde und Steine worden / und deß Waſſers fanff>
ter Geift im gewers-Quaalzımm brennenden Firmament , dars
auff dan die Schöpfung diefer Welt / als des dritten Principii
ist erfolget / und ward dem Loco diefer Welt einander Liecht er>
wecket / ads die Sonne / das alfo dem Teufel fein Pracht ent⸗
zogen ward / umd er wardals ein Gefangener zwifchen GOttes
und diefer Acht Reich in die Finſternuͤß eingeſchloſſen / da er
dan in dieſer Welt nicht weiter zu herrſchen hat / als nut in der
Turba, im Grimm und Zorn GOttes / wo der erwecket wird:
Da iſt er Scharff-Richter / und iſt ein ſtaͤter Luͤgener / Ver⸗
leumbder und Betrieger der Creaturen / er wendet alles Gute
in Boͤſes / ſo weit ihme nur raum gelaſſen wird : Was ſchreck⸗
lich und praͤchtig iſt / da erzeiget er ſeine Macht / und wil ſtaͤts
über GOTT ſeyn; Aber der Himmel / der aus dem Mittel des
Waſſers iſt erſchaffen / als ein fanfftes Firmament, leget ih—
meden Pracht / daß er nicht Groß⸗Fuͤrſt in dieſer Welt iſt / ſon⸗
dern Zorn⸗-Fuͤrſt.
9. Weil dan der Teufel aus feinem Loco ausgeftoffen ward /
fo Bund diefer Locus oder Thron (ohmefein Engels Heer) in
groffen Begehren nach feinem Fuͤrſten / aber er war außgeſtoſ⸗
fon : Jetzt ſchuff ihm GOTT einenandern Fürften/ den Adam
und Erften Menfchen / welcher auch ein Thron⸗ Fürſt vor GOtt
war / und iſt uns allhier ſeine Schoͤpffung recht zu betrachten / ſo
wohl ſein Fall / umb welches willen ſich das Hertze GOttes be⸗
wegte und Menſch ward.
10. Es iſt nicht alſo ein ſchlecht Ding oder Weſen mit der
Schoͤpffung deß Moenſthen / en welches u
Menſch
34 Erſter Theil vonder Menfchw. Cap. 2.
Menfch ward / daß er ihme wieder hülffe 2 So ift fein Fall auch
nicht ein bloffer Apffel-bif ; Auch ift feine Schöpffung nicht ders
maffen gethan / wie die äuffere Vernunfft vermeynet / da fie den
Erften Adam infeiner Schöpffung nur fuͤr einen bloffen Ere
denkloß verftehet : Nein / mein liebes Gemüthe/ GOTT ift
nicht umb eines Erdenkloffes willen Menfch worden 53 Auch ſo
war es nicht bloß umb einen Ungehorfamb zu thun / darüber
GHIT alfo zürne / dag fein Zorn nicht hätte mögen vers
föhnet werden / er rächete fih dan an GOttes Sohne und
mordete dehn.
zı. Uns Menfchen nach Verlierung unferer Paradififchen Bilds
nuͤß iſt diefes zwar ein Myfterium und verborgen blieben / auß⸗
genommen etlichen/ welche das him̃liſche Mylterium wieder erreis
chet haben/ denen ift etwas nach dem innern Menfchen davon er>
öffnet worden : Den wir finddem Paradigin Adam abgeftorben/
und muͤſſen durch ven Tod und Berwefung des Leibes (im Para⸗
diß) als in einer andern Welt / im geben Gottes in der himliſchen
Weſenheit und Leiblichkeit wieder außgruͤnen: Und ob es gleich
in etlichen iſt / daß ſie haben GOttes Weſenheit (als ChHriſti
Leib) wieder an die Seele bekommen / ſo hat doch der verderbte
irrdiſche Adam das heilige und reine Myſterium verdecket / daß
alfo die groſſe Heimligkeit iſt der Vernunfft verborgen blieben:
Denn GOTT wohnet nicht in dieſer Welt im aͤuſſern Principio,
ſondern im innern: Wohl wohnet er im Loco dieſer Welt / aber
dieſe Welt ergreiffet ihn nicht/ wie wolte denn der irrdiſche
Menſch GOttes Geheimnuͤſſen ergreiffen ? Und ob es cin
Menſch ergriffe/ fo ergreiffters nad dem innern Menfchen/ wels
cher wieder aus GOTT gebohren ift.
ı2. Weil aber das göttliche Myfterium fich auch nunmehr wit
alfo gar entbloͤſſen und dem Menfchen alfo gantz begreifflich.
gegeben wird daß er die Verborgenheit gang helle begreift ;
So iſt dehme wohl nachzufinnen | was das bedeute
anders nichts / als die Einernde diefer Welt : Denn /
der Anfang hatdas Ende funden / und das Mittelwird
in die Scheidung geftellet. Laſſets euch gefaget ſeyn / ihr
Kinder / die ihr wollet GOttes Neich erben : Es iſt ei⸗
‚ne Zeit groffes Ernſts vorhanden : Die Tenne foll gefe=
get werden : Boͤß und Gut foll von einander ges
ſehieden werden | der Tag bricht an / es wird hoch.
erkannt!
23. Wenn
Eap. 2. Jeſu Ehrifti. 15 _
23. Wenn wir wollen vom Menfchen reden / umd dehn
recht verfichen/ worauß er gemachet ift worden / fo müffen wir
ja die Gottheit mit dem Wefſen aller Weſen betrachten / denn
der Menſch ward nah GOttes Gleihnüßaus allendrepen Prin-
cipien erſchaffen / eingang Bild und Gleichnuͤß nach allem We⸗
fen : Nicht folte er allein ein Bildnuͤß diefer Welt feyn / denn
diefer Welt Bildnuͤß iſt thierifch / und umb Feiner thierifchen
Bildnüg willenift GOtt Menſch worden : Denn GOtt ſchuff
auch den Menfchen nicht alfo in thierifcher Eigenfchafft zus leben /
als wir jest nach dem Fallleben / fondern ins Paradiß / ins e⸗
tige Sehen. Der Menſch hatte fein fol thierifch Fleiſch / ſon⸗
dern himmlifch Fleiſch / aber im Fall ward cs irrdiſch und thies
riſch / und auch nicht der Meynung zuverftehen/ daß er nichts
von dieſer Welt hätte an fich gehabt : Er hatdiefer Welt Neich
und Regiment an fich gehabt / aber in ihme regiereten nicht die
4. Elementa, fondern die vier Elementa waren ineinem/ und
lag das irrdiſche Regiment in ihme verborgen : Erfolte in himm⸗
liſcher Quaal leben / und ob gleich alles räge in ihm war / folte
er doch mit der him̃liſchen Quaal des andern Principii über die
irrdiſche herrſchen / und das Reich und die Quaal der Sternen.
und Elementen folte unterder Paradifhen Quaal feyn x Keine
Hitze noch Froft/ Feine Krankheit noch Ungefall / auch keine
Furcht folte ihn rühren noch ſchrecken: Sein Leib konte durch
Erden und Steine gehen / ungerbrochen derereines + Denn das
wäre fein ewiger Menſch / dehn die Irrdigkeit koͤnte baͤndigen /
der zerbrechlich waͤre.
14. Darumb ſollen wir den Menſchen recht betrachten / es
heiſſet nicht ſophiſticiten oder waͤhnen / ſondern im Geiſte Got⸗
tes erkennen und wiſſen / es heiſſet: Ihr muͤſſet wieder new⸗
gebohren werden / wolt ihr wieder das Reich GOttes ſchawen /
darauß ihr gegangen ſeyd: Nicht thuts Kunſt / fondern Gottes
Geift/ der dem Menfchen Bilde die Himmels- Thür aufs
ſchleuſt / dag er mit dreyen Augen ſehe / denn der Menſch fichet
in einem dreyfachen Leben / iſt eraber GOttes Kind / wonicht /
fo ſtehet er nur in einem zweyfachen: und iſt uns genug erkaͤnnt⸗
lich / dag Adam iſt mit der rechten H. Bildnuͤß / welche das
Gleichnuͤs nach) der H. Dreyfaltigkeit war / ausdem göftlichen
Weſen aufgegangen / und in die Irrdigkeit imaginiref / und
das irzdifche Neich in die Göttliche Bildnügeingeführet / die
verderbet / und finfter gemacht hat darumb wir dan auch unfer-
zaradififches Schen verlohren, Auch hat uns GOTT das Pas
zadig
16 Erfter Theil von der Menſchw. Cap. 3,
radiß entzogen da wir dan matt / ſchwach und unmächtig wor»
den / und zuhand die vier Elementa-mit dem Geſtirne inung
mächtig worden / alfo dag wir dengelben find mit Adam heimges
fallen : Welches auch die Urfache dep Weibs iſt dad GOTT
Den Adam zertheilete / als er nicht beftehen konte / und in zwo
Tin&uren ftelte / als nach dem Fewer und Waſſer / wie her⸗
nach foll gemeldet werden / da eine Seele gibt / und die an
Dere Geiſt / und ift nach dem Fall ein thieriſch Weſen mit dem
Menſchen worden / der ſich nach thieriſcher Eigenſchafft fort=
pꝓflantzen muß / da ihme der Himmel und Paradis / fo wohl die
Gottheit ein Myſterium ward / und da doch das ewige im Men⸗
ſchen blieb / als die Edle Seele / aber mit einem irrdiſchen Klei⸗
De verdecket / verfinſtert / und mit irrdiſcher Quaal inficiret/
Durch falſche Imagination vergifftet / daß ſie nicht mehr für Got⸗
tes Kind erkannt ward / umb welcher willen GOTT Menſch
ward / daß er ſie von der finſtern Irrdigkeit wieder erloͤſete / und
wieder in hiniliſche Weſenheit / in Chriſti Fleiſch und Blut /
welches den Himmel erfuͤllet / einfuͤhrete.
Das 3. Capittel.
Die Pforte ver Schöpfung des Menſchen.
* Jewohl wir dieſes in den andern Buͤchern faſt genug
erklaͤret / ſo hat ſie doch nicht ein jeder in der Handt / ſo
thut noth eine kurtze runde Beſchreibung von der
Schoͤpffung des Menſchen / damit die Menſchwerdung Chriſti
hernach moͤchte beſſer verſtanden werden / auch umb der Perle
willen / die dem Menſchen in ſeinem Suchen noch immer mehr zu⸗
fallen / gegeben und eroͤffnet werden / welches mir denn eine
beſondere Frewde gibt / mich alſo mit GOTT zu ergetzen.
2. Die Schoͤpffung des Menſchen iſt in allen dreyen Princi-
pien geſchehen / als in des Vatters Ewigen Natur und Eigen
ſchafft und in des Sohnes ewigen Natur und Eigenfehafft /
and in dieſer Welt Natur und Eigenfihafft ; Und ift dem
Menſchen / welchen Das Verbum Fiat ſchuff / der dreyfachi⸗
ge Geiſt zu feinem Leben / aus dreyen Principien und Quällen
eingeblafen worden / als von einem dreyfachen Flat ift er geſchaf⸗
fen / verſtehet die Seibligfeit und Weſenheit / und ver Mille
des Herkens GOttes hat ihme den Geiſt nach allen dreyen Prin-
cipien eingefuͤhret / das verſtehe alſo / wie folget,
3. Dr
Car. 3 » JEſu Chriſti. 1 7
3. Der Menſch war gantz zu GOttes Gleichnuͤß geſchaffen;
GOTT offenbahrete ſich in der Menſchheit in einem Bilde /
das folte ſeyn wie er ſelber: Denn GOTT iſt alles / und von
ihm iſt alles herkommen / und wird darumb nicht alles GOTT
genannt wegen deß / daß nicht alles gut iſt; Denn was die pu⸗
rc Gottheit antrifft / foift GOTT ein Liecht⸗lammender Geiſt /
und wohnet in nichts / als nur in ſich ſelber / ſein iſt nichts gleich:
Was aber antrifft des Fewers Eigenſchafft / darauß das Liecht
erbohren wird / erkennen wir des Fewers Eigenſchafft fuͤr Na⸗
tur / welches sine Urfache des Lebens / Bewegens und Geiſtes iſt /
ſonſt wäre fein Geiſt / kein Liecht / auch kein Weſen / ſondern
eine ewige Stille / weder Farben noch Tugend / ſondern waͤre ein
Ungrund ohne Weſen.
4. Und wiewehl das Liecht der Mayeſtaͤt im Ungrunde woh⸗
net / und von der fewrenden Natur und Eigenſchafft nicht er⸗
griffen iſt / denn es iſt uns mit dem Fewer und Liechte alſo zu er⸗
ſinnen / das Fewer hat und machet erſchreckliche und ver zehrende
Quaal; Nun iſt in der Quaal ein Erſincken / gleich einem Ster⸗
ben oder ſich Frey⸗ergeben / und daſſelbe Frey⸗ergeben faͤllet in
die Freyheit auſſer der Quaal / als in Tod / und iſt doch kein
Tod / ſondern es gehet alſo einen Grad tieffer in ſich hinein / und
wird von der Quaal des Fewers Angſt frey / und hat doch die
Schärfe des Fewers / aber nicht in der Angfe / fondern in
der Freyheit.
5. Jetzt ift die Srepheit und der Ungrund ein Schen / und
wirdin ſich ein Liecht / denn fie Eriegt den Blig der Angſt⸗Quaal /
und wird begehrende / als der Wefenheit / und das Begehren
fhwängert fich felber mit Weſenheit aus der Frepheit und
Sanfftmuht / denn was der Angft-Nuaal erfindet oder entwird/
das frewet fich / daß es von der Angſt freyift/ und zeucht die
Frewde in fih/ und gehet mit feinem Willen aus fich / welches
der Fremde Geiſt und Leben ift/ dazu wir allhie eine Englifche
Zunge bevörfften: Aber dem Bottliebenden Leſer hiemit eine kurse
Andentung nachzufinnen geben wollen / die himliſche Weſenheit
zu verfichen.
6. Denn in GOTT iſt alles / Krafft/ Geift und Leben, Was
aber Wefen ift / das ift nicht Geiſt fondern was vom Fewer er⸗
findet / als in Unmacht / das ift Weſen / dennder Geilt urſtaͤn⸗
det im Fewer / und ſcheidet ſich aber in zwo Quaalen / als eine im
Fewer / und eine im Erſincken in die Freyheit im Liechte / dieſe heiſt
GoOtt Denn ic iſt ſanffte und lieblich / und hat in ſich die Frew⸗
den⸗ reicht
18 Erfter Theil / von der Menſchw. Cap. 3.
den⸗ reich / und wird die Engliſche Welt in der erſunckenen Frey⸗
heit der Weſenheit verſtanden.
7. Darumb / da wir waren aus der Freyheit der Engliſchen
Welt außgangen in die finftere Quaal / welcher Abgrund das
Fewer war / fo war ung fein Rath / es würde denn des Liechts
Kraft und Wort/ alsein Wort des göttlichen Lebens / ein
Menſch / und führete uns ausder Finfternüß durch des Fewers
Quaal durch den Tod im Fewer wieder indie Freyheit des göfts
fichen Lebens / im die göttliche Wefenheitmwiederein ; Darumb
mufte Chriſtus ſterben und mit dem Seelen-Beifte durchs Fee
wer der ewigen Natur / alsdurch die Hölle und Grimm der ewi⸗
gen Natur in die göttliche Weſenheit eingehen / und unferer
Seelen eine Bahn durch ven Tod und Zorn brechen / darauffwir
mit und in ihm Fönnen durch den Tod ins ewige göttliche Leben
eingeheit.
8. Aber von der göttlichen Weſenheit / als vonder göttlichen
Seibligkeit ift uns alfo zuverſtehen: Das Liecht gibt Sanfte
muth als eine Siebe : Run begehret des Fewers Angft Sanfft⸗
muth / daß es feinen groffen Durft möge ftillen / denn das Fe⸗
wer ift begehrende / und die Sanfftmuth ift gebende / denn fie
gibt fich ſelber: Alfo wird im Begehren der Sanfftmuth Weſen /
als eine fubftantialifche Wefenheit / welche dem Grimm entſunc⸗
ten iſt / die ihr eigen Schen frey gibt / das iſt Seibligkeit/ denn
fie wird aus der Krafft in der Sanfftmuth ſubſtantialiſch / und
wird von der Herbigkeit / als vom ewigen Fiat angezogen und
schalten / und wirddarumb Wefenheit oder Seibligkeit genannt/
daß es dem Fewer⸗Quaal und Beifte erſuncken iſt / und ift gegen
dem Beifte als ſtumm / tod. oder unmaͤchtig / da je doch ein Eflen-
tialifch Seben ift.
9. Alfo follet ihr ung recht verftehen : Als GOTT die Engel
ſchuff / waren nur zwey Principia offenbahr und im Weſen / als
das im Fewer / und Liechte / als mit grimmiger Weſenheit im
firengen herben Fiat , mit den Geftalten der Fewers-Natur /
and denn mit himmliſcher Wefenheit aus H. Krafft/ mit dem
MWaffer-Quaalder Sanfftınuth des Frewden⸗Lebens / in welchens
Goͤttlicher Sulphur, als in der Siebe und Sanfftmuth erbohren
ward; Sein Fiarwar GOttes begehrender Wille,
20. Auf diefer göttlichen Weſenheit / als aus Gottes Natur
wurden die Engel) als Ereaturen erfchaffen / und ihr Geiſt
oder Lebens⸗Quaal urftändet im Fewer / denn ohne Fewer beftes
bes kein Geiſt; Er ging aber aus dem Fewer ins vu. sd
rieg
Kap. 3. Jeſu Ehrifti. 19
kriegte er der Liebe⸗ Quaal / und war das Fewer nur eine Urſache
ſeines Lebens / aber des Fewers Grunm ward mit der Liebe im
Liechte geleſchet.
11. Dieſes verachtete Lucifer, und blieb ein Fewer⸗Geiſt:
Alſo erhub er ſich auch / und zuͤndete in ſeinem Loco die Weſen⸗
heit an / daraus iſt Erde und Steine worden / und ward aus⸗
geſtoſſen / und gieng alſo jetzt die dritte Leibligkeit und das dritte
Principiam an mit dem Reiche dieſer Welt.
12. &o dan der Teufel darauf in die Finfternüß geſtoſſen
ward / fo [huff GOTT ein ander Bild/ nach feinem Gleich»
nüß in diefen Locum ; Solte es aber GOttes Gleihnüß nad) ale
len dreyen Principien feyn / fo muft es auch aus allen dreyen ges
nommen feyn/ und aus allem Weſen dieſes Orts / oder diefer Tie⸗
fe/ alfo weit fich das Fiat mit Lucifers Fürften- Thron hatte indie
Ahern zur Schöpffung eingegeben : Denn der Menfche kam
an Lucifers ftelle / und daher urftänder auch der groffe Neyd der
Teuffel / daß fie dem Menfchen nicht die Ehregönnen/ fondern
führen ihn immer den böfen verderbten Weeg / damit fie nur ihr
Reich mehren / und thun folches der San th/ als GOttes
Liebe zu trotze / vermeynen noch / weilfteim Grimm der ftarden
Macht leben / fie find höher als GOttes Geift inder Liebe und
Sanfftmuth.
13. Alſo verſtehet / hat GOttes Willen⸗Geiſt / als der H.
Geiſt das zweyfache Fiat gefaſſet in zweyen Principiis, als in der
Engliſchen Welt das Innere / und denn in dieſer aͤuſſern Welt
das aͤuſſere / und den Meſch oder Menſchen geſchaffen / als eine
vermiſchete Perſon / denn er ſolte ſeyn ein Bild nach der innern
und aͤuſſern Welt / ſolte aber mit der innern Quaal uͤber die aͤuſ⸗
ſere herrſchen / alſo waͤre er GOttes Gleichnuͤß geweſen / denn
die aͤuſſere Weſenheit hieng an der innern / und gruͤnete das Pa⸗
radis durch die Erde / und war der Menſch in dieſer Welt auff
dem Erdboden im Paradiß / cs wuchs ihme auch Paradiſiſche
Frucht big auff den Fall} da der Herz die Erdeverfiuchete/ fo
tratt das Paradigins Myfterium , und ward dem Menfchen ein
Myfterium oder Geheimnuͤß / da er zwar / fperaus GOtt wies
dergebohren wird / nach dem innern Menſchen im Paradiß woh⸗
net / aber nach dem Auffern in diefer Welt.
14. Alfo ift uns ferner zu betrachten de Menfchen Ankunfft
und Urftand : GOTT hat feinen Leib gefchaffer aus der Erden
Matrice , darauf Die Erde gefchaffen ward : Eswar alles une
tereinander / und theilete ſich doch in 3. Atincipia dreyerley —
ei
20 Erſter Theil von der Menſchw. Cap. 3.
heit / und ward doch die im Grimme nicht erkannt. Waͤre nuk
Adam in der Unſchuld blieben /er hatte die gantze Zeit dieſer Welt
in zweyen Prineipien nur gelebet / und hätte mit einem geherrſchet
über alles / und ward das grimme Reich an ihme nie erkannt noͤch
offenbahr worden / ober das gleich an fich hatte.
15. Und ift uns weiter zuverſtehen / daß Adams Leib iſt aus
dem innern Element/ da das innere Firmament und Himmel
mit den himmliſchen Effenrien inne liget/ auffeinem Theil mit
Dem innern Flat gefchaffen worden ; Und denn zum andern iſt er
aus den vier Elementen der Auffern Natur / und aus dem Geſtir⸗
ge mit dein Auffern Fiar geſchaffen worden: Denn in der Erden
Matrice ſtund das untereinander / das Paradis war darinnen /
amd der $eib war auch ins Paradis gefhaffen. Verſtehets recht /
er hatte Göttliche und auch irrdiſche Weſenheit an ſich; Aber die
irrdiſche war in der Böttlichen gleich als verfehlungen oder un⸗
mächtig: Das Wefen oder Materia, daraus der Leib gemachet
wdergefchaffen ward / war eine Mafla, ein Waſſer und Fewer mit
Der Eſſentz beyder Principien, wiewohl das erfte auch darinnen
lag / aber nicht raͤge: Es folte ein jedes Principium in feinem Sitze
bleiben / und folten ſich wicht miſchen / als in GOTT gefchicht / fo
u. Menſch eine ganze Gleichnuͤß nach GOTTes Werfen
geweſt.
Vom Einblaſen der Seelen und des Geiſtes.
16. 7 Er Leib iſt eine Gleichnuͤß nad) GOttes Weſenheit /
und die Seele und Geiſt eine Gleichnuͤß nach der
H. Dreyfaltigkeit. GOtt gab dem Coͤrper ſeine Weſenheit aus
dreyen Principien, und den Geiſt mit der Seelen aus dem Quell⸗
brunn des Dreyfaͤchigen Geiſtes der Allweſenden Gottheit: Und
iſt uns auch alſo zuverſtehen / daß die Seele mit ihrer Bildnuͤß
und mit ihrem aͤuſſern Geiſte aus dreyen Principien iſt herkom⸗
men / und dem Leibe eingeblaſen und eingefuͤhret worden / wie ſol⸗
ches auch Moſes bezeuget: GOTT bließ dem Menſchen ein den
lebendigen Athem in ſeine Naſen / da ward der Menſche eine le⸗
bendige Seele.
17. Nun iſt aber der Athem und Geiſt GOTTes dreyerley
Quaal: Im Erſten Principioift er ein Fewer⸗Athem oder Geiſt /
welcher die rechte Urſach deß Lebens iſt / und ſtehet in des Vatters
QAuaal / als im Centro der grimmigen Natur. Im andern Prin-
cipio iſt GOttes Athem oder Geiſt der Liechtflammende Liebe⸗
Geiſt / als der rechte Geiſt der wahren Gottheit / * Da
H. Bil
Cap. 3. JEſu Chriſti. 2*
H. Geiſt heiſſet: Und im dritten Principio, als im Gleichnuͤß
GOttes / iſt GOttes Athem der Lufft-geiſt / auff welchem der Heia
lige Geiſtfaͤhret wie David ſaget; Der Her faͤhret auff den
Fittigen des Windes: Und Moſes ſaget: Der Geiſt GOttes
ſchwedet auff dem Waſſer / auff der Capfulä „ da die Lufft
urſtaͤndet.
18. Nun dieſen dreyfachen Geiſt hat der gantze GOTT aus
allen dreyen Principien in die geſchaffene Bildnuͤg eingeblaſen
und eingefuͤhret / als erſtlich den Fewer⸗Geiſt / den hat er ihm
von innen eingefuͤhret / und nicht zur Naſen / ſondern ins Hertze /
in die zweyfache Tinctur deß innern und aͤuſſern Bluts / wiewohl
das aͤuſſere nicht erkannt war / ſondern war Myfterium; Aber das
innere war raͤge / und hatte zwo Tincturen / die erſte aus dem Feu⸗
er / die ander aus dem Liechte. Dieſer Feuer-Geiſt iſt die rechte
eſſentaliſche Seele / denn fie hat Centrum Naturæ mit feinen vier
Geftalten zur Feuers-macht: Sie fihlaget ihr felber das Feuer
auff/ und machet felbft das Radt der Eflentien / wieim andern
und dritten Buch nad) der länge gemeldet worden.
19. Und follt wiſſen / daß das efenrialifche Seelen Feuer nicht die
rechte Vildnuͤß nach der Gottheit iſt: Sie iſt keine Bildnuͤß /
ſondern ein megiſch ewigwaͤhrend Feuer / es hat nie keinen An⸗
fang gehabt / wird auch kein Ende haben / und verſtehet / daß GOtt
das ewige / unanfaͤngliche Feuer / welches von Ewigkeit in ſich ſel⸗
ber in der ewigen Magia, als in GOttes Willen / im Begehren der
ewigen Natur/als ein ewig Centrum der Gebährerinift geweſen /
eingefuͤhret hat denn dieſe Bildnuͤß folte eine Gleichnuͤß nach
ihme ſeyn.
20. Zum andern hat ihme zugleich mit dem eſſentialiſchen See⸗
len⸗Feuer der H. Geiſt den Liecht-flammenden Liebe-Geiſt aus
ſich ſelber eingeſuͤhret auch eben nur im andern Principio, dar⸗
innen die Gottheit verftanden wird/ nicht zur Nafen ein / ſon⸗
dern wie Feuer umd Siccht aneinander hanget undeinesift / aber
in zweyen Quällen: Alfo ward ihme der gute Liebe-Geiſt mit
den eſſentialiſchen Feuer-Beifte eingeführetin fein Hertz / und
bracht jede Aunal feine eigene Tinctur mit / als ein eigen Leben /
and wirdinder Liebe-Tinctur der rechte Geift verfianden/ der
die Bildnuͤß Gottes iſt / der cin Gleichnuͤß iff nach der Elaren
wahren Sottheit/ und dem gantzen Menfchen ähnlich fichet/ auch
den ganzen Menfchen erfüllet /aber in feinem Principio.
21. Die Scele/ was fie pur alleine antrifft/ iftein Feuer»
Auge] oder ein Feuer⸗Spiegel / Darin fich die — ge⸗
offen⸗
32 Erſter Theil / von der Menſchw. Cap. 3.
offenbahret nach dein erſten Principio , als nach der Natur / denn
fie ift eine Creatur / doch in kein Gleich geſchaffen; Aber ihre Bild»
nüß / welche fie aus ihrem Feuer⸗auge in ein Liecht erbichret / das
iſt die rechte Ereatur / umb welcher Willen GOtt Menſch ward/
und fie wieder ausdem Grimm der ewigen Natur in Ternarium
Sanctum einführete.
22. Undift ung ferner alfo zuverſtehen mitder Seelen und ihrer
Bildnuͤßz: Es ift wohlein Geiſt zuſammen / aber die Seele iſt ein
hungerig Feuer/und mug Weſenheit haben / ſonſt wird fie ein hun»
gerig finfter Thal / als die Teufel folche worden find: So machet
Die Seele Feuer und Leben / und die Sanfftmuth der Bildnüß
machet Siebe und himmliſche Weſenheit: Alfo wird das Seelen⸗
Feuer gefänfftiger / und mit Liebe erfüllet / denn die Bildnüß hat
Waſſer aus Gottes Brunn / das da quillet ins ewige Leben / daf>
ſelbe ift Liebe und Sanfftmuth / und nimbt es aus GOttes Mas
jeſtaͤt / als diß im angezuͤndeten Feuer zu ſehen / wie das Feuer
einen grimmigen Quaal hat / und das Liecht einen ſanfften lieb⸗
lichen Quaal: und wie in der Tieffe dieſer Welt aus Liecht und
Lufft Waſſer wird / alſo diß im gleichen auch.
23. Zum dritten hat GOTT den Geiſt dieſer Welt mit der
Sternen und Elementen-Quagl / als die Lufft / auch zugleich auff
einmahl dem Menfchen in feine Nafen eingeblafen/ der folte ein
Regierer im Auffern Reiche fenn / unddie Wunder der äuffern
Welt eröffnen / zu welchem Ende GOtt den Menſchen auch ins
aͤuſſere geben ſchuff; Aber der Auffere Geift folte nicht indie Bild»
nuͤß Gottes greifen: Auch foltedie Bildnuͤß GOttes nicht den
äuffern Geift in fich zur Herberge einführen / und über fich herr⸗
chen laffen/denn ihre Speife war von GOttes Wort md Krafft/
und der Auffere Leib hatte Paradififche Speife / nicht in Diaden>
ſack / denn er hatte dehn nicht : Auch hatte er weder männliche noch
weibliche Geftalt oder Form / denn er war beydes/ und hatte beyde
Tin&uren/ alsder Seelen und des Geiſts / des Feuers und Sicchts/
und folte einen andern Menfchen aus fich gebähren nach feinem
Gleichnuͤß. Er war eine züchtige Jungfraw in reiner $iebe/ er
liebete und ſchwaͤngerte fich felber mit Imagination: Alſo war auch
feine Fortpflantzung: Er war ein Herr über Sternen umd Ele⸗
menten/ ein Gleihnüg nach GOtt / wie GOtt in Sternen und
Elementen wohnet/ und ihn ergreiffet nichts / erherrfchet über
alles : Alfo war auch der Menfch gefhaffen : Die irrdiſche Quaal
war nicht gang räge in ihm; Er hatte wohl den Lufft⸗Geiſt /
aber die Hitze und Kälte ſolte ihn wicht rühren / denn een:
en⸗
Cap. 4. Jeſu Chriſti. 23.
Wefenheit drang durch alles: Wiedas Paradis durch die Erde
drang und grünete / aljo gruͤnete die hinmlifche AWefenheit ins
aͤuſſern Weſen feines Seibes und Auffern Geiſtes: In Gott iſts
wohl müglich / was uns im irrdiſchen Leben Frembd anficher,
24. Zum vierdten hat Adam mitder Einführung feiner fchda
nen Himmels Bildnuͤß in dem Geiſte GOttes das Ichendige
Wort GOttes mit empfangen /das war feiner Seelen und Bilde
nuͤß Speife/ daffelbige lebendige Wort war umbgeben mit der
Böttlihen JZungfram der Weißheit: Und wiffet/ dag der Seelen
Bildnuͤß ift in dem Jungfräwlichen Bilde geftanden/ welches
in der Gottheitvon Emwigkeiterblicket war worden / und des Aa
dams reine Bildnüg war aus GOttes Weißheit: Denn GOtt
wolte fich alfo in einem Bilde fehen undoffenbahren/ und dag
war die Gleichnuͤß nach GOtt / verſtele nach GOttes Beift/ nach
der Dreyzahl / ein gang zuͤchtig Bild Wleich den Engeln Gottes:
In derſelben Bildnüß war Adam GOttes Kind / nicht allein eine
Gleichnuͤß /fondern cin Kind gebohren aus GOtt /aus dem We⸗
fen aller Werfen.
25. Alfo iſt Eurs gemeldet / was Adam vor ein Bild war vor
feinem Fall / und wieihn GOtt hat geſchaffen / zu beſſerm Ver⸗
ſtande / warumb Gottes Wort ſey ein Menſch worden / wie das
ſey zugangen / und was das habe geurſachet.
Das 4. Capitel.
Von dem Paradiſiſchen Weſen und Regiment / wie es
* mögen ſeyn / fo der Menſch wäre in der Unſchuld
ieben.
1.0 Jel Einwürffe hat der Teufel/ damit er fich will
entfhuldigen/ GOtt habe ihnalfo gefchaffen / da
ihn doch feine gehabte Englifche geftalt / Quaal und
Bildnuͤß immer uͤberzeuget / daß er ein Luͤgner iſt:
NT Alfo thut er auch dem armen gefallenen Menſchen /
führet ihm immer daß irrdiſche Reich mit feiner Krafft und Ver⸗
mögenheitein / daß er alfo einen ftäten Spiegel vor ſich habe / dag
er alfo auch GOTT fhuldige/ als habe er ihn irrdiſch und bög
geſchaffen; Er läffet aber das befte auffen / als das Paradis / im
welches der Menfch gefhaffen war / und denn GOttes Allınacht ?
daß der Menfch nicht alleine vom Brod Iche / fondern auch von
Gottes Krafft und Wort / und daß das Paradis mit feiner Ru
ha
[3
-
34 Erfter Theil / von der Menſchw. Cap. 4.
habe uͤber die Irrdigkeit geregieret: Er zeiget dem Menſchen nur
ſeine harte / elende fleiſcherne / nackende Geſtalt; Aber die Ge⸗
ſtalt in der Unſchuld / da Adam nicht wuſte daß er nackend war /
decket er zu / den Menſchen zu betriegen.
2. Und fo uns armen Hevx Kindern dieſes dan ja fo ſehr ver⸗
deckt ſeyn wil / und es auch wohl der irrdiſche Balg nicht werth iſt
zu wiſſen / aber unſerm Gemuͤthe ſehr noͤhtig: So thut uns hoch
noth / daß wir zu dem rechten Thuͤr-huͤtter / (der den Schluͤſſel
hat auffzuſchlieſſen) ſliehen / und ihn bitten / und unsihme gang
einergeben / daß er uns doch wolle die Paradiſtſche Pforte im in⸗
nern Centro unſerer Bildnuͤß auffſchlieſſen / daß uns doch möchte
Das Paradififche Sicht in unſerm Gemuͤthe anklicken und wir
Doch alfo möchten lüftern werden / mit unſerm Immanuel wieder
nach dem innern und ne enfchen im Daradis zu wohnen /
denn ohne diefelbe Aufffi ung verftchen wir nichts vom Pas
radis und unſerer gehabten Bildnuͤß in der Unschuld,
3. Weilunsaber Chriftus/ GOttes Sohn / hat wieder zur
Paradiß⸗Bildnuͤß erbohren / ſollen wir ja nicht fo laß ſeyn / ung
auff Kunſt und irrdiſche Vernunfft zu verlaffen: Mir finden
Das Paradiß und Ehriftum / (der in ums Menfch gebohren wor=
den / wollen wir anderft GHttfihawen ) nicht in unferer Ber-
nunfft / es iſt alles tod und blind; Wir müflenausder Vernunfft
außgehen / und in die Menſchwerdung Chriſti eingehen / fo wer⸗
den wir von GOtt gelehret; Alsdenn haben wir Macht / von
Gott / Paradisund Himmelreich zu reden / und in der irrdiſchen
Vernunfft / die nur vom Sefitt⸗ herruͤhret / ſind wir vor GOtt
Narren / ſo wir wollen vom Myſterio himmliſch reden / denn wir
reden von einem Di inge / das wir nie erkannt noch geſehen haben;
Aber ein Kind kennet ja die Mutter: Alſo auch ein jeder / der aus
Gott wiedergebohren wird / kennet ja ſeine Mutter / wohl nicht
mitiridifchen Augen / aber mit Goͤttlichen / und der Mutter Au>
gen/ von der er gebohren iſt: Geben wir dem Leſer trewhertzig
nachzuſinnen / was ihm zu thun ſey / und aus welchem Sinn und
Begriff wir ſchreiben wollen.
4. Die Vernunfft der aͤuſſern Welt wil ſchlecht erhalten /
Gott habe den Menſchen ins aͤuſſere Regiment geſch haffen/i in die
Quaal der Sternen undvier Elementen: So das wäre) fp wire
er ja in die Angſt und Tod gefihaffen / denn der geſtirnte Himmel
hat fein Ziel / wenn er das erreichet / ſo verlaͤſſet er die Creatur /
derer er ein Fuͤhrer war: Alsdenn zergehet ja das Regiment und
Weſen der Creatur / welche dem aͤuſſern H â—— M—
i
Cap. 4. JEſu Chriſti. 25
iſt / und ſehen wir ja wohl / wie wir hinfallen und ſterben / wenn
uns der aͤuſſere Himmel mit den Elementen verlaͤſt / daß auch ein
Kind in Mutterleibe ſchon alt genug iſt zum ſterben / auch offt ver⸗
dirbt / weil es noch ohne Leben / und im Fiat des aͤuſſern Regiments
iſt / in der Leibwerdung / ehe das Centrum Naturæ das Seelen⸗
Feuer auffſchlaͤget: Und erkennen wir freylich den Tod und das
Sterben mit Adams Fall / dag Adam ſey (alsbald er ift irrdiſch
worden) dem Paradig abgeſtorben / und ſey an GOttes Reich
tod worden / darumb uns dan die Wiedergeburt not) war/anderft
mochten wirnicht wieder lebendig werden.
. 5. Dieweilaber GOtt dem Adam / die irrdiſche Frucht / fo ver⸗
miſchet war / verboth / Die nicht anzurühren / und auch nur einen
Menfchen ſchuff / mit männlicher und weiblicher Eigenfchafft /
mit beyden Tincturen / als des Feuers und des Liechts in der Liebe /
ihn auch alfobald ins Paradig brachte; Ja im Paradiß warder
gefhaffen: So koͤnnen wirder Bernunfft nicht ffatt geben / wel⸗
he mit deß Teufels inkeiren faget/der Menfch fey irzdifch gefchafe
fen: Denn alles was vom irrdiſchen Leben oder von irrdifcher
Duaal einig und allein gefchaffenift/ das iſt thieriſch / und hat
Anfang und Ende/ underreichet nichtdie Ewigkeit: Was nun
nicht aus dein Ewigen iſt / das iſt zergänglich / und nur ein Spies
gel/ darin fich die ewige Weißheit als in einer Figur und Gleiche
nuͤß geſchawet hat: Es bleibet von ihm nichts mehr alsein Schata
ten ohne Quaal und Weſen: Es führetdahin als ein Wind/der
ſich erhaben hat/ und dann wieder legetz Umb einer folchen Crea⸗
tur willen ift GOtt nicht Menſch worden / das Ewige iftniche
umbs Berganglichen willen in die vergangliche Wefenheit eingea
gangen: So ift es auch nicht dadurch in das irrdiſche eingegan—
gen} dag es wildas irzdifche vergängliche in die Krafft der Ma»
jeſtaͤt erheben undeinführen: Sondern umb deß willen / das ans
der Krafft der Majeſtaͤt war herkommen / war aber boͤß und irr⸗
diſch worden / und gleich als im Tode verblichen / daß es das wolte
wieder lebendig machen / aufferwecken / und in die Krafft der
Majeftat erhoͤhen / in den Sitz / als es war / ehe es eine Crea⸗
tur war.
6. Und ſollen den Menſchen anderſt erkennen / als wir bißhero
gethan haben / in deme wir ihn thieriſch geſchaͤtzet; Er iſt ja thie⸗
riſch worden / nach der Eigenſchafft dieſer Welt / in dem er in A⸗
dam ſtarb / fo lebet er hernach dieſer Welt / und nicht GOtte; Sa
er aber mit feinem Willen-Geiſt in GOtt eingieng / fo erlangete
der Willen-Geiſt dis edle ra und lebte —
ild⸗
26 Erſter Theil / vonder Menſchw. Cap. 4:
Bildnuͤß /in ED / und nach der thierifchen Eigenfchafft / dieſer
Welt: Alfowarer im Tode / und war doch lebendig / und dar⸗
umb ward GOttes Wort ein Menfch daß er ihn wieder in Gott
einigte / daß er wieder gang in GOtt gebohren würde / und das
Paradiß in ihme empfindlich wäre.
7. Alfo ift unsdas Paradififche Bild zu betrachten: Wir ſa⸗
gen umd erkennen / dag Adam gut /rein und ohne Mackel war ge⸗
ſchaffen / fo wohl als Lucifer mit feinem Heer: Erhattereine
Augen/ und das doppelt oder zweyfach / denn er hatte beyde Reiche
an ſich / GOttes und diefer Welt Reich; Aber wie GOtt ein
Herr über alles iſt / alfo folte auch der Menfch in GOttes Krafft
ein Herz über diefe Welt ſeyn: Wie Gott in allem herefchet /
und alles durchgehet / dem Dinge unempfindlich ; Alfo Eonte der
verborgene Göttliche Menſch in alles gehen und ſchawẽ: Zwar der
äuffere Menfch war im äuffern / aber ein Herz über das. äuffere /
und war unter ihme es zaͤhmete ihn nicht: Er hätte können Fel⸗
fen zerbrechen ohne Noth / die Tinctur der Erden war ihme gan
erkaͤñtlich / er hätte ale Wunder der Erden erfunden: Deñ zu dehm
Ende war er auch ins aͤuſſere geſchaffen / daß ers ſolte in Figu-
zen offenbahren / und ins Werck fuͤhren / was in der ewigen Weiß⸗
heit war erſehen worden / denn er hatte die Jungfraͤwliche Weiß⸗
heit in ihme.
8. Gold / Silber / und das koͤſtliche Metall iſt wohl auch aus der
hunlifchen Magia mit der Entzuͤndung alſo eingeſchloſſen worden.
Es iſt ein anders als die Erde: Der Menſch liebet es wohl / und
brauchts zu feiner Nahrung: Aber er kennet nicht feinen Grund
und Urftand: Es wird nicht vergebens vom Gemuͤthe geliebet /
es hat einenhohen Urftand / fo wir dehme nachſinnen; Aber wir
geſchweigen deß billich allyier/ weilesder Menfch ohne das zu viel
kiebet/ und fich damit vom Geiſte GOttes entzeucht: Es folleiner
den Leib nicht mehr lichen als den Geift/ denn der Geift ift das
Leben: Alfo geben wir euch in Gleichnuͤß zu verſtehen / undges
ſchweigen diefer Materimirihrem Grund und Urſtande.
9. Aber das wiffet: Eswardem Menſchen zu ſeinem Spiel
und Zierheit gegeben / er hatte es aus Natur⸗Recht / es warfein /
verſtehe dem Auffern Leibe / denn der äuffere Leib mit feiner Tin-
ctur und die wetalliſche Tin&tur find einander nahe verwandt. Als
aber des auffern $eibes Tinctur verderbef war mit des Teuffels
böfer Sucht / fo verbarg fich auch Die merallifche Tinctur vor der
menſchlichen / und ſeindet dehn an / denn fie ift reiner als die ver>
derbte un aͤuſſern Menfchen.
10 Und
Cap. 4. Jeſu Ehrifti. 13
10. Und laſſet euch das / ihr Sucher der merallifhen Tin&urg
offenbahr ſeyn / wolt ihr den Lapidem Philofophorum finden / fo
ſchicket euch zur newen Wiedergebuhrtin Chriſto / fonft wird fie
euch ſchwer feyn zu erkennen denn fte hat eine groſſe Gemein⸗
ſchafft mit der himmliſchen Weſenheit / welche / fo fie vom Grimm
auffgelöfet würde / man wohl fehen würde: Sein Glaſt bedeut
etwas / das / fo wir paradififche Augen harten / wir wohlerkens
nen würden: Das Gemüthe zeiget uns das wohlan/ aber der
Berftand und volle Erkaͤntnuͤß ift am Paradis tod: Und darumb /
weil wir das Edele zu GOttes Unehr / und zu unfer felber Ber
derbnuͤß brauchen/und nicht Dadurch GOtt chren/und mit unſerm
Geifte in GOttes Geift eingehen / fondern laffen den Geift / und
hangen ander ABefenheit/fo ift ung die merallifche Tinctur Myſte-
rium worden / denn wir find Ihr frembd worden.
11. Der Menſch war gefchaffen/ das er folte ein Herr der
Tinetur feyn/und fie war ihm unterthan/er aber ward ihr Knecht /
darzu frembde: Alfo fucheternur Gold / und findet Erde / dar⸗
umb / daß erden Geift verlieh / und gieng mit feinem Geift in die
Wefenheit / hat ihn die Wefenheit gefangen und in Tod geſchloſ⸗
fen: Daß / wie die Tin&urder Erden im Grimm verfihloffen ligetf
big ins Gerichte GOttes; Alfo auch ligetder Menſchen-Geiſt
mit im Zorn verfchloffen / er gehe dan aus und werdein GOtt
gebohren / denn der Teufel wolte Groß⸗Fuͤrſt mit feinem Grimm
in der himliſchen Weſenheit ſeyn / darumb ward jie ihme vera
ſchloſſen / und ward zu Erden und Steinen / daß er alſo nicht
Fuͤrſt / ſondern ein Gefangener im Zorn iſt / und nutzet ihme die
Weſenheit nichts / denn er iſt Geiſt / und verachtete die himmliſche
Weſenheit / und entzuͤndete die Mutter der Natur / welche alſo⸗
bald hat alles begreifflich und coͤrperlich gemacht / welches GOt⸗
tes Geiſt zuſammen ſchuff / und war aber dem Menſchen gut
kaͤnntlich / er konte die Tinctur wohl aufloͤſen / und das edele Per⸗
lein herfuͤr bringen zu ſeinem Spiel und Frewden / auch zu Got⸗
tes Ehr und Wunderthat / ſo er in der Unſchuld blieben waͤre.
12. Anlangend des Menſchen Eſſen und Trincken / damiter
ſeinem Feuer Nahrung und Weſenheit ſolte geben / war alſo ge⸗
than: Er hatte zweyerley Feuer in ſich / das Seelen-Feuer /und
das aͤuſſere Feuer vonder Sonnen und Geſtirne: Nun muß ein
jedes Feuer Sulphuroder Weſen haben / oder es beſtehet nicht / das
iſt / es brennet nicht: So haben wir deſſen genug zum Verſtande
am Goͤttlichen Weſen / welches deß Menſchen Nahrung wäre
geweſen: Denn wie oben gemeldet / F wird das Seelen⸗Feuer
2 mit
28 Erſter Theil vonder Menſchw. Cap. a.
mit Gottes Siebe/ Sanfftmuth und Wefenheitgefpeifet / mit
allem deme / was das Wort als das Göttliche Centrum erbichret:
Denn die Seele ift aus dem ewigen magifchen Feuer / die muß
auch magifche Speifehaben/ als mit Imagination: So fie GOttes
Bildnuͤß hat / foimaginiret ſie in GOttes Siebe / indie Göttliche
Weſenheit / und iſſet von GOttes Speiſe / von der Engel Speife;
Wo aber nicht / fo iſſet fie von dehme / dareinihre Imagination ge⸗
het / als von irrdiſcher oder hoͤlliſcher Quaal / und in dieſelbe Ma-
cricem faͤllet fie auch / wohl nicht mit ihrer Subſtantz / aber fie wird
mit derſelben erfuͤllet / und daſſelbe hebet in ihr an zu qualificiren /
als ein Gifft im Fleiſche thut.
13. Alſo iſt uns auch des aͤuſſern Leibes Speiſe genug erkaͤnnt⸗
lich; Der aͤuſſere Menſch war ja / aber er war gleich wie halb
verſchlungen von dem innern: Der innere herrſchete durch und
Durch / wie das Feuer im gluͤenden Eifen / und nahm alfo ein jedes
Leben von dem Seinen Speife: Als die Bildnüg GOttes oder der
Seelen Geift und Bildnuͤß aß von himmliſcher Goͤttlicher We⸗
ſenheit: Und der aͤuſſere Leib aß Paradis-Frucht in Munde /
und nicht im Leib / denn wie der aͤuſſere Leib im innern als halb
verſchlungen ſtund / alſo war auch die Frucht des Paradiſes: Die
Goͤttliche Weſenheit gruͤnete durch die irrdiſche / und hatte die krr⸗
diſche in der Paradis⸗Frucht wie halb verſchlungen / alſo daß die
Frucht nicht irrdiſch erkangk ward/ und darumb hieß es Paradis/
als ein grünen durch den Zorn / da die Liebe GOttes im Zorn gruͤ⸗
nete und Frucht trug / wie es die Natur⸗Sprache klar verſtehet /
vhne einigerley Deuteley oder Meynung.
14. Und iſt uns ferner alfo zu verſtehen / wie GOtt in dieſer
Welt wohnet / und die Welt iſt in ihme wie verſchlungen / ſie iſt
an ihm unmaͤchtig / und er Allmaͤchtig; Alſo war auch der Menſch /
und alſo aß er auch; Sein irrdiſch eſſen war himmliſch: Als wir
wiſſen / dag wir muͤſſen wiedergebohren werden / alſo war die Pa⸗
zadig-frucht aus dem Zorne wieder in himmliſche Weſenheit ges
bohren: Oder wie wir ſehen / daß ein gut ſuͤß Kraut aus der bite
gern Erde waͤchſet / welches die Sonne anderſt qualificiret / als es
die Erde hat qualificiret: Alſo qualißcirete der H. Menſch die
Paradiß⸗frucht in-feinem Munde / daß alſo die Irrdigkeit ver—
ſchlungen ward / als ein Nichts / und den Menſchen nicht ruͤgete:
Oder / als wir erkennen / daß die Erde wird am Ende verſchlun—
gen werden / und nicht mehr ein greifflich Corpus ſeyn.
15. Alſo war auch das aͤuſſerliche Eſſen deß Menſchen / er aß
die Frucht in Mund / und bedorffte darzu keine Zaͤhne / denn alda
war
Eay-4 JEſu Chriſti. 29
war die Scheidungder Macht: Es waren zwey Centrader Krafft
in Adams Munde / ein jedes nahm das feine: Das irrdiſche ward
in himmliſche Quaalverwandelt/ als wir erfennen / daß wirnady
unferm Leibe follen verwandelt und in einen himmliſchen Kraffte
Leib geſetzet werden: Alſo auch war die Berwandlung m Mundes
und der Leib empfieng die Krafft / denn das Heich GOttes ſtehet
in Krafft: So ftund jader Menſch im Reihe GOttes / denn er
war unfterblich und cin Kind GOttes; Hätteer aber follen alfo
in die Därmer effen/ und einen ſolchen Stand im Leibe haben /
als wir jegt haben /fo wilich die Bernunfft fragen / obdig Para»
die fey / und ob GOttes Geift in dehme wohne / da doch GOttes
Geiſt in Adam ſolte wohnen / als in GOttes Creatur.
16. Seine Arbeit im Paradiß auff Erdenwar kindiſch / aber
mit himuliſcher Witze: Er mochte Baͤume pflantzen / auch an⸗
dere Kraͤuter / alles nach feiner Luſt: Es wuchs ihme in allem
Paradiſtſche Frucht / und war ihm alles reine: Er thaͤt was er
wolte / ſo that er recht: Er hatte kein Geſetze / als nur das Ge⸗
ſetze von der Imagination oder Luſt / die ſolte er mit ſeinem Geiſte
in GOtt ſetzen / fo waͤre er ewig blieben: Und ob gleich GOtt haͤtte
die Erde veraͤndert / ſo waͤre er doch blieben ohne Noth und Tod;
Es wäre ihme nur alles in himmliſche Weſenheit verwandelt
worden.
17. Alfo verftchet auch von feinem Trinden : Der innere
Menſch tranck Waſſer des ewigen Lebens aus GOttes Werfen /
und der Auffere sranck das Waſſer auff Erden: Aber wie die
Sonne und Lufft das Waſſer in ſich ſchlinget / und wird deſſen
doch nicht voll Alſo wars auch ins Menſchen Mund / es ſchei⸗
dete ſich ins Myſterium, als wir dencken und gewiß erkennen /
auch Die gantze Wahrheit iſt /daß GOTT hat alles aus Nichts ge⸗
macht / nur aus feiner Krafft: Alſo ſolte alles / was irrdiſch war⸗
ins Menſchen Mund wieder in das gehen / als es war vor der
Welt Schoͤpffung: Dem Meenſchen gehoͤret der Geiſt und die
Krafft darvon / und nicht ein irrdiſcher Leib denn GOTT hatte
ihme einmahleinen Leib geſchaffen / der da ewig war: Er dorffte
keines ſchafſens mehr / er war ein Fuͤrſtlicher Thron / (verftehe
der Adam) gemaͤcht aus Himmel / Erde / Sternen und Elemen«
ten; So wohl aus GOttes Wefen ein Herr der Welt/ undein
Kind GOttes.
18. Merdets ihr Philofopbi, es ift der wahre Grund und hoch
erkannt; Miſchet feinen Schul-tand darein / esifthellegnugz
Meynung thuts nicht; Aber der . Geiſt aus GOTT geboh⸗
3 ren
30 Erſter Theil / von der Menſchw. Cap. 5.
ren erkennet das recht: Alle Meynung ohne Erkaͤntyuͤß iſt ein
irrdiſcher Narr / und verſtehet Erde oder vier Elemeöta; Aber
GHttes Geiſt verſtehet nur ein Element, da ihrer vier darinnen
verborgen ligen: Nicht vier ſolten in Adam regiren / ſondern eines
über vier / das himmliſche Element über die vier Elementen dieſer
Welt / md alfo müffen wir wieder werden / wollen wir das Pas
radis befigen / umb welches willen GOTT iſt Menfch worden.
19. Laſſets euch gefagt feyn / ihr Schulszander: Ihr gehet
amb den Circul, und gehetnicht hinein / alseine Katze umb den
heiſſen Brey / welche ver Hiße fürchtet / alfo fürchtet und ſchaͤmet
ihr euch vor GOttes Fewer: Und fowenig die Kake deß Breyes
geneuft / indeme ſie nur umb den Rand gehet riechen; So wenig
geneuſt auch der Menſch der Paradigsfrucht / ergehedenn aus
Adams Peltze / dender Teufelbefudelthat/ aus/ und trette in
Ehrifti Wiedergebuhrtein: Er muß in Circuleingehen/und der
Bernunffts-Peltz wegwerffen / fo krieget er menfihliche Witze /
und Göttliche Erkäntnüs/ es thuts Fein Lernen / fondern ges
kohren werden.
Das V. Capitel.
Vom Klaͤglichen Elenden Fall deß Menſchen.
2 O wir wollen die Menfchwerdung JEfu Chriſti
recht befchreiben / fo thut noth / dag wir euch die
‚ Urfachen darftellen/ warumb GOTT iſt Menfch
worden: Es ift nicht ein geringes/ oder ein nichts/
als es die Juden und Türen anſehen / undauch
wohl bey den Ehpriften halb ſtumme ift: Es muß ja eine groffe
Urfache feyn / darumb fich der unwandelbahre GOtt hat beweget:
So mercket nundig / wir wollen euch die Urfachen darftellen.
‘2. Adam war ein Menfch und ein Bilde GOttes / ein gank
Gleichnuͤß nah GOTT: Wiewohl GOTT kein Bildilt; Er
iſt das Reich und die Krafft / und auch die Herzligkeit und Ewig⸗
keit / Alles in Allem. Aber die Tieffe ohne Grund luͤſterte fich in
Sleichnuffen zu offenbahren; Alsdennvon Ewigkeit folche Of⸗
fenbahrung in der Weisheit GoOttes iſt geſchehen / als in einer
Jungfraͤwlichen Figur , welche doch keine Gebaͤhrerin war / fonz
Dern ein Spiegel der Gottheit und Ewigkeit in Grund und Un—
grumd / ein Auge der Ewigkeit Gottes/ und nach demfelben Auge/
amd in demfelben wurden die Thronen der Fürften gefchaffen /als
wer Engel: Und endlich der Menſch / ver hatte wieder den Thron
J— in
J
ad *
Eur. JEſu Ehrifti. 3t
in fich / gleich wie er war aus der ewigen Magia aus GOttes We⸗
fen erfchaffen worden aus dem Nichts in Etwas / aus dem Geifte
in Leib: Und wie ihm Die etvige Magia aus fich gebahr/ im Auge der
Wunder und Weißheit GOttes; Alfo auch folte und konte er eis
nen andern Menfchen auff magifche Arth aus ſich gebaͤhren / ohne
Zerreiffung feines Leibs / denn er warin GOttes Luft empfangen /
und das Begehren GOttes hatte ihn gebohren und dargeſtellet;
Alſo hatte cr auch dieſelbe Luſt in ſich / zu feiner ſelbſt eignen
Schwaͤngerung: Denn Veneris Tindtar iſt die Matrix, die da
ſchwanger wird der Weſenheit / als deg Sulphuris im Fewer /
welcher doch in Veneris Waſſer zum Weſen komt. Des Fewers
Tinctur gibt Seele / und des Liechts Tin&ur gibt Geift / und das
Waſſer / alsdie Wefenheit Leib / und Mercurius, als das Cen-
trum Naturz gibt das Kad der Eſſentien, und das groffe Seben im
Fewer und Waſſer himmliſch und irrdiſch / und Salyimmlifch und
irrdiſch erhälts im Weſen / denn es ift das Fiat.
3. Denn gleich wie der Menfc) das auffere Geftirn in fich hat)
welches ift fein Rad der Auffern Welt Eflentien , und Lirfach
des Gemuͤths; Alfo auch das inmere Geſtirne / des Centri der
fewrigen Eflentien , fo wohl im anderen Principio der Liecht⸗
flammenden Böttlichen Effentien: Er hatte Die ganse Maziam
des Wefens aller Weſen in ih: Es war die Mögligkeit in ihme:
Er konte magifch gebähren / denn er lichte fich felber/ und begehrte
aus feinem Centro wieder die Gleichnuͤß /alser von GOttes Be—
gehren war emipfangen/ und mitder Gebährerin im Fiat darge:
ftellet worden / alfo folte er auch fein Englifch oder Menſchlich
Heer darftellen.
4. Ob fie aber folten alle aus einem als aus dem Fürftlichen
Thron erbohren werden / oder ausallen/ je einer aus dem andern /
iſt nicht noth zu wiſſen / denn das Ziel iſt zerbrochen: Wir haben
gnug an der Erkaͤntnuͤß / daß wir wiſſen / was wir ſind / und was
unſer Reich iſt. Ich befinde zwar in der Tieffe im Centro, dag je
einer folte aus dem andern gehen / denn das himmliſche Centrum
hat feine Minuten / fo wohlals das irrdiſche / welche immer fchla=
gen / da das Rad mitden Eſſentien in allen dreyen Principien im⸗
mer gehet und immer ein Wunder nach dem andern eroͤffnet: So
war doch des Menſchen Bild in GOttes Weißheit erfunden und
erdacht / da die Wunder ohne Zahl inne ligen / die ſolten mit dem
menſchlichen Heer eroͤffnet werden / und wuͤrde freylich in der Zeit
je ein groͤſſer Wunder in einem als im andern ſeyn eroͤffnet wor⸗
den / alles nach der himmliſchen — Gebuhrt wun⸗
+ der⸗
32 Erſter Theil / vonder Menſchw. Cap- 5.
derlichen änderungen / als es denn noch heutalfogefchicher / daß.
In einem mehr Kunft und Verftand der Wunder liget/ alsim
andern iſt: Darumb fchlieffeich/ daß je cin Menſch habe follen
aus dem andern gehen und gebohren werden / umb der groffen
Wunder und umb deß Menfchen Luſt und Frewde willen / da je
ein Menfch würde haben feines gleichen herfür bracht : Alfo ware
Das menſchliche Gefchlecht geftanden in der Gebaͤhrung / big
GHOIT das dritte Principiu.» dieſer Welt hatte wicder in feinen
‚Ather gefeget/ denn es ift eine Kugel mit Anfang und Ende }
wenn der Anfangdas Ende erreichet / daß das Letzte in das Erſte
tritt / fo ift cs alles vollendet und gan /alsdenn wird das Mittel
wieder gelaͤutert werden / und gehet wieder in das / als es vorhin
wor den Zeiten diefer Welt war/ big auff die Wunder / die bleiben
an GOttes Weißheit / in der groffen Magia, als ein Schatten
von dieſer Welt ſtehen.
5. So denn Adam ein ſolch herrlich Bild war / und darzu an
des verſtoſſenen Lucifers Stelle / ſo mochte ihm ſolches der Teufel
nicht vergoͤnnen / neidete dehn haͤfftig / und ſtellete ſeine Larvam
und Imagination immer für Adam / und ſchloff mit feiner Ima-
gination in die Jrodigkeit der Früchte/ und bildete Adanı für /
als wenn groffe Herrligkeit in feiner engündeten Irrdigkeit ſteck⸗
te: Wiewohl ihn Adam nicht kannte / denn er kam auch nicht
in feiner eigenen Geſtalt / ſondern in der Schlangen / als in einem
kuͤnſtlichen Thier: Er trieb das Affen-⸗Spiclals ein Vogelſteller /
der die Voͤgel betreugt und faͤngt / alſo thut er auch: Auch hatte er
Das irrdiſche Reich mit feiner Hoffarth-ſucht inficiret / und halb
ermordet / wie an Erde und Steinen zu ſehen iſt / welches auch ſo
gantz ſuͤchtig und eitel ward / und waren doch gerne der Eitelkeit
loß geweſen / und fo es denn empſand / daß Adam cin Kind GOt⸗
tes war / und hatte die Herrligkeit und Krafft / ſo imaginirte es
auch haͤfftig nach Adam / ſo wohl der entzuͤndete Zorn GOttes
imaginirte auch nach Adam / ſich in dieſem lebendigen Bilde zu
ergetzen.
6. Alſo zog alles an Adam / und wolte ihn haben: Das Him⸗
melreich wolte ihn haben / denn er war darzu geſchaffen: So wolte
ihn auch das irrdiſche Reich haben / denn es hatte einen Theil an
ihme / es wolte fein Herr ſeyn / dieweil er nur eine Creatur war:
So ſperrete der Grimm auch feinen Rachen auff / und wolte crea⸗
tuͤrlich und weſentlich ſeyn / feinen groffengrimmigen Hunger
zu erſaͤttigen / und ſtund Adam alſo in der Proba wohl 40 Tage /
alſolang Chriſtus in der Wuͤſten verſuchet ward / und Iſrael
am
Cap. 5. JEſu Chriſti. 33
am Berge Sinai /als ihnen GOTT das Gefeh gab) obs muͤglich
wäre / daß diß Volk Eönte in des Batters Quaal im Gefege vor
GHIT beſtehen: Ob der Menfch Fönte im Gehorfamb bleiben 7
daß er feine Imagination in GOTZ ſtellete dab GOTT nicht
dörffte Menſch werden / umb welches willen GOTT folde Wun⸗
der in Agyptenthäte/ daß doch der Menſch ſolte ſehen / daß ein
GOTT fey/ und ihn liebete und fuͤrchtete: Aber der Teufel war
ein Luͤgner und Schalck / er verfuͤhrete Iſrael / daß ſie ein Kalb
macheten / und für GOTT ehreten; Alſo war es jetzt nicht moͤg⸗
lich zu. beſtehen / darumb kam Moſes mit der Tafel vom Berge?
darauff das Geſetze geſchrieben war / und zerbrach die / und toͤd⸗
tete die Kaͤlber-diener: Alſo muſte Moſes nicht das Volck ins
gelobte Sand führen / es konte nicht ſeyn / es muſte es Joſua/ und
endlich IESUS thun / der in der Verſuchung fuͤrm Teufel und
Zorn GOttes beſtund / der den Zorn uͤberwand / und den Tod zeræ
brach / wie Moſes die Tafel deß Geſetzes: Der Erſte Adam
konte nun nicht beſtehen / ob ihm gleich GOttes Reich unter Au⸗
gen / und er im Paradeiß ſtund / ſo war doch GOttes Zorn alſo
ſehr entbrand / und zog Adam / denn er war in der Erden ſo ſehr
entzuͤndet / durch deß Teufels Imagination und ſtarcken Willen.
7. So ſpricht die Vernunfft: Hatte dan der Teufel ſolche
Macht? Ja lieber Menfch / hat fie doch der Menfhauh: Er
kan Berge umbjtürgen / ſo er ſtarck mitfeiner Imagination cine
schet: Der Teufel war ausder groffen Magia GOttes / und ein
Fuͤrſt oder König diefes Thrones / und gieng indie ſtaͤrckſte Feu⸗
ers⸗macht ein/ in willens/ Herr über alles Himmels⸗Heer zu
ſeyn: Alfo ward die Magia entzuͤndet / und die groffe Turbagea
bohren / die hat mit Adam gerungen/ober wolte ſtarck genug fenn?
dem Zeufehfein Reich zu befisen/ und inanderer Quaal darinn zu
herrfchen. Diefes verftund Adams Bernunft-Beift wohl nicht
aber die magifchen Effenzien ffritten widereinander / davon die
gantze Luſt und Willen entftchet / bis Adam anhub / und imagi-
nirte nach der Irrdigkeit / und wolte irzdifche Frucht haben) fo
war es geſchehen / derm feine Edel: Bildnüg / welche alleine vom
Verbo Domini fofte effen/ward inßeiret und verdunckelt: Alsbald
zu hand wuchs der irrdiſche Berfuch- Baum / denn Adams Luft
hatte das begehret und zugelaffen. Da mufte Adam verſuchet
werden ober Eönte beſtehen / denn es kam das ſtrenge Gebott von
GOTT und ſprach: Du ſolt eſſen von allerley Bäumen im Pas
radis / aber von den Baume des Erkaͤntnuͤßes Gutes und Boͤſes
ſoltu nicht eſſen / denn welches Tages du davon iſſeſt / ſoltu deß
| 5 E77 3
34 Erfter Theil / von der Menſchw. Cap. 5.
Zods ſterben / das iſt am Himmelreich ſterben / und irrdiſch
werden; Und Adam wuſte das Gebott wohl / aß auch nicht da⸗
von / aber er imaginirte datein / und ward in ſeiner Imagination
gefangen / gantz krafftloß / darzu matt und ſchwach / biß er uͤber⸗
wunden ward / da fiel er nieder und ſchlieff.
8. Alſo fiel er der Magiæ heim / und war geſchehen umb feine
Herrligkeit / denn der Schlaf deutet an den Tod / undeine Uber⸗
windung: Das irrdiſche Reich hatte ihn überwunden / es wolte
über ihn herrſchen; Das Sternen-Reich wolte Adam haben /
und feine Wunder mitihm verbringen / denn es war fonft keine‘
Ereatur/ die fo hoch wäre gradiret gewefen/ alsder Menſch /
welcher das Sternen-Reich Fonte erreichen) / darumb ward Adam
gezogen / und recht verſuchet / ob er koͤnte ein HEn und König
über Sternen und Elementen feyn:Der Teufel war gefchäfftig/er
vermeynete den Menfihen auch zuſtuͤrtzen / und in feine Gewalt zu
bringen / damit diefer Thron doch endlich fein Königreich bliebe /
denn er wufte wohl] wenn der Menfch aus GOttes QBillen würde
ausschen/ daß er irzdifch ſeyn würde; So wuſte er auch wohl/
daß der Höllen Abgrund im irrdiſchen Reiche ſtuͤnde / darumb
war er jeßt geſchaͤfftig: Denn fo Adam hätte magifch gebohren /
fo wäre das Paradisauff Erden blieben / das war dem Teufel
nicht eben / er mochte das nicht / es fchmäckte nicht in feinem Reis
ehe / denn es roch nichtnach Schwefel und Fewer / fondernnach
Liebe und Suͤßigkeit; Da dachte der Teufel/ Das Krautiffeftu
nicht / du bleibeft fonft nicht ein Fewer⸗Herr.
9. Alfo ſteckte der Fall Adams gantz in der irzdifchen Eſſentz }
er verlohr die himmliſche Eſſentz / aus welcher Göttliche Liebe
quillet / und Eriegte irrdiſche Eſſentz aus welcher Zorn / Boßheit /
Sifft/ Kranckheit und Elend quillet / und verlohr dic himmliſche
Augen; Auch Eonte er nichtmehr auf Paradiſtſche Arth effen/
fondern imaginsrte nach der verbottenen Frucht/da Boͤß und Gut
wermifchet war / als noch heut alle Frucht auf Erden ift / und alſo
wurden Die vier Elementa in ihme rage und qualihicirende/ denn
fein Wille mit der Imagination nahın das irrdifche Reich in das
Seelen-Fewer zur Herberge ein; Alfo gieng er von GOttes
Geift aus in den Sternen und Elementen-Beift/ dienahmen
ihn an / und freweten fich in ihme / denn fic wurden jeßt in ihme les
bendig und mächtig / zuvoren muſten fie unterthänig und im
Zwange ſeyn / jetzt kriegten ſie das Regiment.
10. Da wird der Teufel gelachet und GOttes geſpottet haben ;
Aber er wuſte noch nicht / was dahinten war / er wuſte noch nichts
vom
® . 21 R
Cap. s. Jeſu Ehrifti. 35
vom Schlangen-tretter/welcher ihme folte feinen Stuhl nehmen /
und fein Reich zerbrechen. Alfo ift Adam inden Schlaff niders
gefunden indie Magiam , denn GOtt ſahe / dag er nicht beſtehen
Eonte/ darumbfpraher: Esift nicht gut / daß der Menſch al-
lein fen / wir wollen ihm eine Gehülffin machen /die umb ihn ſey /
durch welche er firh Fönne bawen umd fortpflangen / denn er fahe
den Fall/ und kam ihme auffeinen andern Berg zu hülffe / denn
er woltenicht / daß fein Bildnuͤß folte verderben.
ır. Die VBernunfftfpricht: Warınnblief GOtt den Baum
wachfen / daran Adam verfishet ward? Es muß ja fein Wille
feyn geweſt dag Adam verfirchet ward. Alfo wilfie auch den Fall
in BHttes Willen fchieben / und dendet / GOtt habe gewolt/daß -
Adam folte falen/ GOtt wolte etlihe Menfhen im Himmel
und etlichein die Hölle haben / ſonſt Hätte er ja dem Ubel gewehret /
und Adam fönnen erhalten/dag er wäre gut und im Paradis blie⸗
ben: Alfo richtet auch die jetzige Welt; Denn fagetfie/ hatte
Gott nichts böfes gemacht/ fo wäre nichts böfes/fintemahles alles
von ihmeherrühret / under alleine der Schöpfferift / undalles
gemacht hat/ fo hater ja Böfes und Gut gemacht / fonft waͤre es
nicht alfo/ und das wil fie fehlechts erhalten; auch dencket fie 4
wäre je nichts gewefen / daran fich ver Menſch undauch der Teu⸗
fel vergaffet haben) und find böfe worden / fo wäre der Teufel ein
Engel blieben / und der Menfch im Paradis.
12. Antwort: Ja licbe Vernunfft / jetzt haftu das Ziel und
den Zweck getroffen/ es mag dir alfo nicht fehlen / wo du nicht blind
bift. Höre: Warumb fagftu auch nicht zum Liechte / warunib
leideftu das Fewer: wie gar wonneſam waͤreſtu / ſo du nicht im
Fewer waͤreſt? Ich wolte meine Huͤtte zu dir bawen / aber du
wohneſt im Fewer / ich kan nicht; ſage nur zum Liechte: gehe aus
dem Fewer / ſo biſtu gut und wonneſam / und ſo dir das Liecht
folget / fo findeſtu einen groſſen Schatz / wie wirſtu Dich frewen /
ſo du kanſt im Liechte wohnen / daß dich das Fewer nicht brennet /
alſoweit gehet die Vernunfft.
13. Aber ſihe recht mit r agiſchen Augen / verſtehe mit Goͤtt⸗
lichen / und auch mit natürlichen / fo ſoll dirs gezeiget werden /
biſtu aber nicht gar blind und tod. Sihe / ich gebe diß im Gleich⸗
nus zu verſtehen / weil ſonſt die Vernunfft eine Naͤrrin iſt / und
nichts vom Geiſte GOttes verſtehet: Wil alſo ſetzen / als haͤtte
ich die Gewalt / daß ich koͤnte das Liecht vom Fewer nehmen / wel⸗
ches doch nicht ſeyn kan / und ſehen / was doch darnach ſeyn wuͤrde?
Sihe wenn ich das Liecht vom Fewer nehme / fo verbeuret 1.008
36 Sicht
4
—
J
Ba 1
36 Erſter Theil von der Menſchw. Cap. 5.
Liecht feine Effeng /daraus cs fcheinet: 2. Es verleurt fein Sebenz
und wird eine Unmacht: Es wird 3. vonder Finfternüß gefans
gen / bewältiget / und erlifchet in fich felber / und wird ein Richts /
denn esift die ewige Freyheit und ein Ungrund: weils fcheinet /
fo ift es gut / und wenns erlifchet / fo ifts nichts.
14. Nun fiche weiter : Was bleibet mir aber am Fewer / wen
ich das $iecht und Glank vom Fewer nehme ? Nichts als nur ein
Dürrer Hunger / und eine Finſternuͤß / es verleuret Efleng und
Quaal / verhungert und wird auch ein Nichfs ; fein gewefener
Sulphur iftein Tod / verzehret ſich / weildie Effeng da iſt / folie
nun nimmer iſt / fo iſts ein Nichts / ein Ungrund / da Fein
Spuhr iſt.
15. Alſo liebes ſuchendes Gemuͤthe / dencke ihme doch alſo nach /
GoOtt ift das ewige Liecht / und feine Krafft und Quaal wohnet
sin Liechte / das Liecht urſachet Sanfftmuth / und aus der Sanfft=
much wird Weſen / daſſelbe Weſen iſt GOttes Weſen / und des
Liechts Quaalift GOttes Geiſt / der der Verſtand iſt / es iſt ſonſt
kein anderer GOtt / als dieſer: Im Liechte iſt die Krafft / und die:
Krafft iſt das Reich. Nun hat aber das Liecht und die Krafft ei—
nen KLiebe⸗Willen / es begehret nichts boͤſes / es begehret wohl We⸗
ſen / aber aus feiner eigenen Eſſentz / verſtehe aus der Liebe und
Suͤſſigkeit / denn daſſelbe iſt dem Liechte aͤhnlich. Nun urſtaͤndet,
aber dag Liecht vom Fewer / und ohne das Fewer waͤre es nichts/
es hätte keine Eſlentz ohne das Fewer; das Fewer machet Leben
und Bewegligkeit / und iſt die Natur / hat aber einen andern
Willen als das Liecht / denn es iſt ein Geitz / und wil nur zehren /
es nimt nirr / und ſteiget in Hoffartauff/ und das Liecht nimt
wicht / ſondern es gibt / daß das Fewer erhalten wird: Deß Zeus
ers Quaalift Grimm / feine Eflentien find bitter / fein Stachel
aft feindig und unwonneſam / es iſt eine Feindſchafft in fich ſelber /
es verzchretfich felber] und fo ihme das Liecht nicht zu hülffe komt /
fö friſſet fichs / dag ein Richts aus ihm wird.
26. Alfo mein liebes füchendes Gemuͤthe / betrachte diß / fo.
wirftu bald zu Ruhe undans Ziel komen: GHttiftvon Ewig⸗
keit die Kraft und das Liecht / und wird GOtt genañt nach dem
Liechte / und nach der Krafft des Liechtes / nach DE Geiſte des Liechts /
nicht nad) dem Fewer⸗Geiſte / dann der Fewer-Geiſt heiſſet fein
Grimm / Zorn / und wird nicht GOtt genannt / ſondern ein ver⸗
zehrend Fewer der Macht GOttes: Das Fewer heiſſet Natur /
und das Liecht heiſſet nicht Natur: Es hat wohl deß Fewers Ei⸗
serfhafft/ aber verwandelt aus Grimm in Liebe / aus a
4
Sarn.z Ef Ehrifti. *
und verzehren / ein gebaͤhren / aus Feindung und bitter Wehe ein
ſanfftes Wolthun und lieblich Begehren / und ein immer Erfüls
len: denn das Liebe-begehren zeucht die Sanfftmuth deß Kechts
in ſich / und iſt eine ſchwangere Jungfraw / nehmlich der Witze
und Weißheit / der Krafft der Gottheit.
17. Alſo iſt uns hoch erkaͤnntlich was GOtt und Natur iſt /
darzu auch Grund und Ungrund / auch die Tieffe der Ewigkeit /
und erkennen alſo / daß das ewige Fewer magiſch ſey / und werde
im begehrenden Willen erbohren / wie ſolches im andern oder drit⸗
ten Theil der Buͤcher erklaͤret worden: Iſt nun das ewige Un—⸗
gruͤndliche magifch / fo iſt auch Das magiſch / das aus den Ewigen
erbohren iſt / denn aus Begehren ſind alle Ding worden / Himmel
und Erden ſind magiſch / auch das Gemuͤthe mit den Sinnen / fo
wir doch eins uns welten kennen.
18. Was mag nun diß das Liecht / fo das Fewer etwas ergreifft
und verſchlinget / fo doch das Ding / ſo vom Fewer ergriffen wird /
auch magifch iſt ? So es dan ein Leben und des Liechts Krafft und,
Verſtand hat / warumb laufft es dan ins Fewer? Iſt doch der
Teufel ein Engel geweſen / und Adam ein Bild GOttes / ſte hat⸗
ten beyde das Fewer und das Liecht / dazu Goͤttliche Witz in ih⸗
nen: Warumb imaginirte der Teufel ins Fewer / und Adam nach
der Erden / waren ſie doch frey? Das Liecht und Krafft GOttes
zog den Teufel nicht ins Fewer / ſondern der Grimm der Natur;
Warumb willigte der Geiſt? Was ihr die Magia machte / das
hatte ſie: Der Teufel machte ihme die Hölle / die hatte er: Adam
machte ſich irrdiſch / das iſt er: Iſt doch GOtt keine Creatur /
* kein Macher / ſondern ein. Geiſt und Eroͤffner. Als die
Schöpfung gefch ach / feift uns alſo darvon zuerſinnen und zuer⸗
kennen: Es hat ſich das Fewer und Liecht zugleich in $ufter>
wecket / und einen Spiegel oder Bildnis nach der Ewigkeit be
gehret: So iſt uns doch inwahrer Erfäntnüg / daß der Grimm.
als deß Fewers Natur kein Macher iſt / er hat aus ſich nichts ge⸗
macht das weſentlich waͤre / denn das kan auch nicht ſeyn / ſondern
er hat Geiſt und Quaal gemacht: So ſtehet aber doch Feine Crea⸗
tur nur bloß in der Eſentz: Soll eine Creatur ſeyn / ſo muß ſi fie:
aus Weſen ſeyn / alsaus Krafft oder Sulphar. fie mug ingeift
lichem Sal beftehen/ fo wird alsdan, aus dem Fewer⸗Quaal etn
Mercasius; Und ein recht eſſentialiſch Leben / darzu muß fie Glan
haben) foll aber cin Berftand oder Erkaͤntnuͤß innen feyn.
29. Alfo wiffen wir / daß alle Ereatur im geiſtlichen Sulphur-
Mercutio und Sale ſtehet md thuts Doch nicht allein Geiſt / es.
m 87 mu
38 Erſter Theil/von der Menſchw. ap. 5.
muß Sulphur ſeyn / in dehme das Fiat ftchet / als dieherbe Matrix
zum Centro Naturz, darinn der Geiſt erhalten wird / das iſt /
es mus Weſen ſeyn / denn wo kein Weſen iſt / da ift kein fchaffen/
da doch ein ereatürlicher Geift Eein begreifflich Weſen ift/ aber er
muß ihme Weſen in fich einziehen durch feine Imagination , fonft
beſtuͤnde er nicht.
20. So ihme denn der Teufel Grimmigkeit in Geift 309 / und
der Menfch Irrdigkeit / was mochte das die Siebe ver Weſenheit
Gottes / ward doch dem Teufel die Liebe und Sanfftmuth GOt⸗
tes mit vom Göttlihen Wefen fürgeftellet und dargebotten / fo
wohl auch dem Menfchen: Wer wil GOtt ſchuldigen? Iſt aber
die Grimme-Effeng im Teufel zu ſtarck gewefen/dag fie die Liebe⸗
Eſſentz hat überwunden / wasmagveffen GOtt? So ein guter
Zweig geſetzet wird / verdirbet aber / was mag deſſen die Erde /
gibt ſie ihme doch Safft und Krafft/ warumb zeucht der Zweig
nicht an ſich? Sprichſtu: Seine Eſſentien find zu ſchwach; was
mag aber deſſen die Erde / und auch der / ſo den Zweig geſetzet hat
Sein Will iſt doch nur / daß er wil einen guten Baum auffziehen
zu feiner Luſt / und wil ſeiner Frucht genieſſen / wuͤſte er aber /
daß der Zweig folte verderben / er ſetzte dehn nimmer.
21. Alſo iſt uns zu erkennen / nicht als einer / der einen gu⸗
ten Baum ſetzet / ſind die Engel gefchaffen / ſondern mit der Be⸗
wegung GOttes / mit beyden Prineipien/ als Liecht und Fin⸗
ſternuͤß / in welcher das Fewer verborgen lag: Vrandte doch
das Fewer nicht in der Schoͤpffung und in der Bewegung / als
es noch heute nicht brennet / denn es hat ſein eigen Principium;
Warumb erwaͤhlete das Lucifer? Der Wille entſtund aus ſeiner
Creatur / und nicht auſſer ihme / er wolte ein Herr uͤber Fewer
und Liecht ſeyn / er wolte das Liecht verleſchen / und verachtete
die Sanfftmuth / Er wolte cin Fewer-herr ſeyn: So er dan das
Liecht verachtete / und ſeine Gebuhrt in der Sanfftmuth / ſo ward
er billich außgeſtoſſen: Alſo verlohr er Fewer und Liecht / und
muß im Abgrunde in der Finſternuͤß wohnen / wil er Fewer ha⸗
ben / ſo muß er ihme das auffſchlagen / und mit ſeiner Boßheit
in der Imagination anzuͤnden / welches ihme doch nicht recht bren⸗
net / ſondern nur in Eſſentialiſcher grimmiger Quaal / als die
vier Beftalten im Centro Naturæ in ſich ſelber geben / als Herbe/
Harte) Rau und Kalt iſt eine Geftalt : Bitter / ſtachlicht /
feindig iſt die andere Geſtalt am Centro; und denn Angſt / We⸗
he und Quaal iſt die dritte Geſtalt / und mit der Angſt / als im
raͤgen und Leben ſchlaͤgt er das Fewer in der harten Herbigkeit
zwi⸗
aan
Eup.s. JEſu Ehrifti. 39
zwiſchen der Haͤrte und bittern Stachel auff / daß es als ein Blitz
erſcheinet / das iſt die vierdte Geſtalt: Und fo nun nicht Sanffts
muth oder Weſen der Sanfftmuth iſt / ſo gibt es kein Liecht ſon⸗
dern nur einen Blitz / denn die Angſt wil die Freyheit haben / iſt
aber zu ſcharff / und erlanget ſie nur als einen Blitz / das iſt
Fewer / und hat doch keinen Beſtand oder Grund: Alſo mußz
der Teuffel in der Finſternuͤß wohnen / und hat nur den Grim⸗
men⸗blitz in ſich / iſt auch die gantze Geſtalt in ſeiner Wohnung
nur als ein grimmiger Blitz / als obs Donnerſchlaͤge thaͤte /alfe
ſtellet ſich die hoͤlliſche Eigenſchafft in der Quaal.
22. Alſo iſt uns auch imgleichen zu verſtehen von dem Ver⸗
ſuchbaum / welchen Adam durch feine Imagination erweckte / ſo
ſtellete ihme die Matrix Naturæ das fuͤr / das er begehrte: Aber
GOTTvoerbott ihme das / er ſolte es nicht anruͤhren GOTT.
wolte es nicht haben; aber die irrdiſche Matrix wolte Adam haben /
denn ſie erkañte in Adam die Göttliche Krafft / weil ſte war mit der
Anz uͤndung deß Teufels irrdiſch worden / doch nicht gar erſtorben /
ſo ſaͤhnete ſie ſich nach dehme / als ſie zuvor war / als nach der Frey⸗
heit der Eitelkeit loß zu ſeyn und in Adam war die Frepheif,
23. Alfo zog fie Adam/ daß Adam imaginirte ; und alfo [ä>
fterte Adam wider GOttes Gebott und Willen/ das ifts/das Pau-
lus faget : Das Fleifch lüftert wider den Geift / und den Geift
wider das Fleiſch: Adams Fleiſch war halb him̃liſch und Halb
irrdiſch / alſo hatte auch Adams Geiſt eine Macht mit der Imagina-
tion in die Erde gebracht / und alſo gab ihme die Matrix Naturæ
das jenige was er wolte: Er muſt verſuchet werden / ob er an
Lueifers Stelle ein Engel wolte beſtehen / darumb ſchuff ihn GOtt
auch nicht bloß rohe / als einen Engel / daß ſo er ja fiele / und
nicht beſtuͤnde / er ihme moͤchte helffen / daß er doch nicht alſo im
Grimme verduͤrbe / wie Lucifer / darumb ward er aus der Mate-
ria erſchaffen und ward ihm fein Geiſt indie Matcriam einge⸗
fuͤhret als in Sulphur, vom Waſſer und Fewer / daß ihn doc
GHTT koͤnte als ein new Leben wieder außgebaͤhren. Gleich
wie eine fchöne wohlricchende Blume ausder Erden wächft / alfo
war auch GOttes Vorſatz / mweiler erkannte / daß er nicht beſte⸗
hen würde. Darumb faget auch Paulus : Wir findin Chrifto
Jeſu verſehen / eheder Welt Grund geleget ward /dasift / Als
Lucifer fiel da war der Welt Grund noch nicht geleget / und
war aber der Menfch ſchon in GOttes Weisheit erfehen ; So er
aber folte aus dreyen Principien gemacht werden / fo war ſchon
Gefahr wegen 265 angezündeten Sulphuris der Materie : 9*
©
40 Erfter Theil von der Menſchw. Cap. s.
ob er wohlüber der Erden gefihaffen war / fo ward doch der Sul-
phur ausder Erden Matrice aufgezogen / als eine fehöne Blume
aus der Erden/ und war fhon Gefahr / undalda hat ſich der
holdfeelige Name Jeſus mit eingebildet/ als ein Heiland und
Wiedergebaͤhrer / denn der Menfch iſt das gröffefte Gcheimmüg
das Gott gewuͤrcket hat: Er hat die Figur / wie ſich vie Gottheit hat
von Ewigkeit ausdem Grimm / aus dem Fewer durch das Er—
ſincken / durch den Tod in einander principium anderer Quaal
außgebohren: Alſo wird er auch aus dem Tode wieder außge—
bohren / und grünet aus dem Tode in einem andern Principio
anderer Quaal und Kraft / Da er der Zrodigkeit gan
loß wird.
24. Und ift uns fehr gut / dag wir der Erden mitdem irrdi⸗
ſchen Theil find heimbgefallen/fofern wir aber auch das Göttliche
Theilerhalten/ deun wir werden alfo gang rein/ und Eommen
gan vollenkommen ohne einige Sucht des Teuffels wicder
in GOttes Reich / und find vieLein gröffer Gebeimnuͤß als die
Engels; Wir werden auch nach ver himliſchen ABefenheit fie uͤ—
bertreffen : denn fie find Fewer-flammen / mit dem Liechte durch
leuchtet 5; Wir aber erlangendengroffen Quallder Sanffimuth.
und Liebe / foin Gttes heiliger Weſenheitquillet.
25. Darumb thun die gantz falſch und unrecht / die da
ſagen / GOTT wolle nicht alle Menſchen im Himmel haben:
Er wil/ daß allen geholffen werde / cs fehlet am Menſchen ſel⸗
ber / daß er ihme nicht wil helffen laſſen: Und ob mancher boͤſer
Anneigligkeitift / das iſt nicht von GOtt ſondern von der Mut:
ter der Natur. Wiltu GOtt ſchuldigen * Du leugeſt / Gottes
Geiſt entzeucht ſich Niemanden / wirff deine Boßheit weg / und
sche in die Sanfftınuth ein/ tritt in die Wahrheit /
in die Liebe / und ergib dich G OTT / fo wird dir gcholf-
fen : denn darumb iſt Jeſus gebohren / dagerhelffen wil. Gag=
ſtu / ich werde gehalten./ daß ich nicht fan ja recht / du wilfts
‚haben / der Teuffel wolt esauch haben. Biſtuein Ritter / wars
umb ſtreiteſtu nicht wider das Boͤſe ? Streiteſtu aber wider
das Gute / fo biftu ein Feind GOttes: Meynftu/ GOTT
werde dem Teuffel eins englifche Erone auffſetzen ? Biſtu Feindy
fo biftu nicht Freund / wiltu Freund feyn / fo verlaffe die Feind⸗
ſchafft und gehe zum Vaͤtter / fo biftu Sohn : Darumb wer
GHTT fchuldiget / der ift ein Lügner und Mörder als der Zeus
felauch / biftu doch dein felbft eigener Macher) warumb machſtu
Rich köfe % Und ob du eine böfe Materia biſt / fo has dir Er
$ in
Cap. 5- JEſu Ehrifti. 43
fein Hertz umd Geift gefchendet + Nimmdas zu deinem machen‘
fo machſtu dich gut/ nimftu aber Geis und Hochmuth / dazu
Wolluſt des iradifchen Lebens / was mag deſſen GYIT ? Soll
dir auch noch GOTT in deinem verächtlihen Hochmuth figen ?
Nein / das ift nicht feine Quaal. Sprichſtu aber / ich bin böfer
Quaal / und Fan nicht / ich werde gehalten ; Wolan / laß die
köfe Quaal ſeyn / gehe du aber mitdeinem Willen-Geift in Got⸗
tes Liebe⸗Geiſt ein / und ergib dich feiner Barmhertzigkeit / du
wirſt der boͤſen Quaal wol eins loß werden: Die boͤſe Quaal iſe
aus der Erden / ſo die Erde den Kib krieget / fo mag ſie ihre
Boßheit hinnehmen / du aber biſt und bleibeſt ein Geiſt in GOttes
Willen / in ſeiner Siebe : Laß hinfahren den boͤſen Adam / es
wird dir ein newer und guter aus dem alten außgruͤnen / als ei⸗
ne ſchoͤne Blume aus dem. ſtinckenden Miſt außwaͤchſet: Nur
ſchawe zu / daß du den Geiſt in GOTT erhälteft > Umb den boͤ⸗
fen Leib / der voll boͤſer Affecten ſtecket / iſts nicht viel zu thun:
Iſt er böß geneiget / ſo thue ihme deſto weniger gutes / gib ih⸗
me nicht Urſache zur Geilheit / im Zwang halten iſt ein gut Reme-
dium, aber toll und voll ſeyn / iſt den boͤſen Eſel vollend in den
Miſtpfuhl werffen / da er ſich doch genug im Koth ſudelt / als eine
Saw: Ruͤchtern ſeyn / ein maͤſſig Leben fuͤhren / iſt eine gute Pur⸗
gatz für ven boͤſen Eſel; Nicht geben / wornach ihn gelüftet }
offt laffen faften / dag er das Gebeth nicht hindert / iſt ihme gute
Er wil wohl nicht) aber der Verſtand ſoll Herꝛ ſeyn / denn er
traͤget Gottes Bildnuͤß.
26. Dieſes Latein ſchmaͤcket zwar der Vernunfft- Welt in
Sleifches=guft nicht / weil ihr aber diefes nicht ſchmaͤcket und
giehen für dieſes eitel böfe irzdifche Wolluft ein/ und fauffen die
in fich / fo ift der Zorn in ihnen raͤge / der zeucht ſie immer mit
Adam ausdem Paradig / und mit Susifer in Abgrund / da wirft
du Doch fatt ſauffen und freſſen / was du allhie haſt willigin dich
gezogen ; Aber SITZ feltu nicht ſchuldigen / ſonſt biſtu ein
gügner und Feindder Wahrheit; GOTT wil kein boͤſes / iſt
auch kein böfer Gedancke in ihme / Er hat nur eine Quaal / das
iſt Liebe und Frewde / aber fein Grimm / als die Natur / hat
viel Quaalen / darumb ſehe ein jeder zu / was er thut: Es iſt
ein jeder Menſch ſein eigener GOtt / und auch fein eigener Teu⸗
fel/ zu welcher Quaaler ſich neiget und einergibt / die treibet und
führet ihn / derſelben Werd:meifter wirder.
27. Ein groß Elend ifEdas/ dag der Menfih fo blind wird /
daß er doch nicht mag erkennen / wasGHTTIfE] da ri
42 Erſter Theil / vonder Menſchw. Cap. 6.
GoTT lebet / und find noch Menfchen / die folches verbieten /
man folle nicht forfhen/ was GOTT fey/ und wollen auch
Schrer GOttes fenn ; Ja wohl Lehrer des Teuffels find folche /
daß der mit feinem falfchrgleignerifchem Reiche nicht offenbahr
und erkannt werde,
Das 6. Capittel.
Vom Adams Schlafe/ wie SOTT ein Weib habe
aus ihme gemacht / und wie er vollend fey irrdiſch
worden / und wie ihme GOTT mit dem Zluche das
Paradisentzogen habe.
3. (IN Enn der Menfch matt und müde wird / fo fäller er if
einen Schlaff / alsindie Magiam : Ihme iſt / alswäs
re er nicht in dieſer Welt / denn alle feine Sinnen hoͤ⸗
ten auff/ das Rad der Eflentien tritt in eine Ruhe : Erift/als
wire er eflentialifch / und nicht ſubſtantialiſch / er gleichet ſich
bloß der Magie, denn er weiß nichts von feinem $eibe / er liget
als tod / und ift doch nicht tod / fondern ver Geift ſtehet ſtille;
So haben alsdenn die Eſſentien ipr Verbringen / und fichet als:
feine der Seelen-Geiſt / da wird alles indem fyderifchen Beift
gemahlet/ was der geftirnte Himmel verbringe / und ftchet
magifch / alsein Spiegelim Gemüth / in welchem fich der Geift
der groffen Welt vergaffet/ und führetdas/ waserim Spies
gel ſiehet / in die Effentien / und die Eflentien quallen darinne /
als verbrachten fie das Werd indem Geifte / mahlen das auch im
Stift / welches Träume und Vorbildungen find.
2. Alfo iſt uns zu erkennen : Als die Irrdigkeit mit Adam
rang/ und cr im diefelbe imaginirte, fowarder fo balde davon
inficiret / ward in feinem Gemuͤthe finfter und ſtrenge / denn die
Irrdigkeit hub an zu qualificiren / alsein Waffer/ welches vom
Fewer anhebt zu ſteden der Sternen Quaal wardräge/ und
war ietzt des Scibes Herr : So ſaget nun Mofesgarrecht: Goft
ließ ihn in einen tiefen Schlaf fallen / dasift / weilfein Wil⸗
fen: Geift nach Iradigfeitimaginirte/ fo ließ ihn GOTT hinful>
fen / denn er führte mit der Imagination Irrdigkeit in die himm—⸗
liſche Wefenheit / und das wolte der Geift GOttes / welcherein
Geiſt des Liechts iſt nicht haben / denn Adams Geift war eine
Erratur/ und gieng aus Gottes Liebe⸗Geiſt aus / alſo ließ er ihn
wohl nicht gerne / aber die Irrdigkeit hatte ihn ſchon —
un
u
Cap. 6. ser Ehrifti. 43
und da er ihn ließ / da ſanck er nieder in eine Unmacht/und fiel dem
dritten Principio heim als dem Geftirne und den vier Elemen⸗
ten : Alfo lag er im der irzdifchen Magia, und ward doch auch
nicht gang irrdiſch / er lag im Myflerio, zwifchen Gottes und
diefer Welt Reich verborgen/ da beyde Fiar, als das Böttliche
undirzdifche in ihme räge waren ; Und waren die zwey Reiche /
als Bettesundder Höllen Reich ietzt zum erſtenmahl im Strei-
te umb den Menfchen : Sp nun jegt nicht der therore Name Je=
ſus in Adam eingebildet wäre gewefen/ auch noch vor feiner
Schoͤpffung / als in die Wefenheit Gottes / darinn die Jungs
fraw der Weißheit GOttes ſtundt / daraus Adam geſchaffen
—9 ſo ſolte er wohl noch ſchlaffen / und im irrdiſchen Tode
eyn.
3. Und dieſes iſts / daß der ander Adam Chriſtus muſte biß
an dritten Tag in der Erden in des erſten Adams Schlaffe ruhen /
und den erſten Adam wieder aus der Irrdigkeit aufferwecken /
denn Chriſtus hatte auch eine Seele und Geiſt aus Adam / und
Das thewre Wort der Gottheit mit Gottes Geiſt weckete die er»
ftorbene Weſenheit des Sulphuris , als den Leib / welcher int
Adam war erftorben/ in Ehrifti Sleifch wieder auff / und faste
das wieder in die Krafft der Mayeftät Gottes cin / und damit
uns alle.
4. Alle diejenigen / welche mit ihrem Glauben und Imagina-
tion in Ehrifti Sleifh und Blut / in feinen Tod und Ruhe in
der Erden eingehen / die grünen alle mitihrem Geift und Wil⸗
len in der Goͤttlichen Weſenheit aus / und find eine fhöne Blus
ine in der Mapyeftät Gottes/ und GOTT das ewige Wort und
Kraft wil am Juͤngſten Tage den erftorbenen geib / welcher ver
Erden ift mit Adam heimgefallen/ in fich mit feinem Geifte auff⸗
wecken; Denn Ehrifti Seele und Fleiſch 7 welches auch unfere
Seele und Fleiſch ift / verftehe es recht / das Theil / welches A⸗
dam aus der Göttlichen Wefenheit empfieng/ hat GOTT ge:
ſchieden durch und in dem Tode Chrifti von der irrdifchen Quaal /
und hats aufferwecket / und wieder in die Göttliche Wefenheit
eingeführet / als es war vor den Zeiten der Welt /und uns in und
mit ihme / und fehlet jegt bey uns nur an der Einergebung / das
wir uns den Teufel nicht laffen halten / denn unfer Zodift zer:
brochen / unfer Schlaf ift ein Seben worden / und folches in
Ehrifto und durch Ehriftum in GOTT / und durch GOTT in
die Ewigkeit mit unfern Grund in Ungrund / als indie Maye>
fat auffer der ferwrenden Natur,
Ach
44 Erfter Theil] von der Menſchw. Caps. "
5. Ah Blindheit/ dag wir ums nicht kennen! O du edler
Menſch / wenn du dich Eenneteft / wer du bift/ wie folteftudich
frewen! Wie ſolteſtu dem fingtern Teufel Urlaub geben / wel-
her Tag und Nacht dahin trachtet / daß er unfer Gemüthe irr⸗
diſch mache / daß wir nicht follen unfer rechtes Vatterland / dar=
aus wir ind aufgegangen / erkennen ! D clende verderbte Ver—⸗
nunfft/ erfenneteftu nur ein Fuͤncklein von deiner erften Herr⸗
ligkeit / wie folteftu dich darnach ſahnen ? Wie gar holdfeclig ift
doch der Anblick der Göttlichen Weſenheit! Wie ſuͤſſe iſt das
Waſſer dep ewigen Sehens aus GOttes Majeftät! O werthes
Liecht hole uns wieder / wir find jest mit Adam in der irrdiſchen
Quaal eingeſchlaffen! O kom du werthes Wort / und wecke ung
in Chriſto auff! Owerthes Liecht / biſtu doch erſchienen / zerbrich
sur deß Teufels Macht der uns gefangen haͤlt! Zerbrich des Wi⸗
der⸗Chriſts und deß Geitzes Macht / und erloͤſe uns vom Ubel!
Wecke uns auff HErr / denn wir haben lange ins Teufels Netz /
in irrdiſcher Quaal geſchlaffen: Laß uns doch noch eins ſehen dein
Heyl / bringe doch herfuͤr das newe Jeruſalem! Iſts doch Tag /
warumb ſollen wir am Tage ſchlaffen? Kot doch du Durchbre⸗
cher deß Todes / du gewaltiger Gott und Ritter / und zerbrich
dem Teufel ſein Reich auff Erden; Gib uns deinem Krancken
Adam doch noch einen Labe⸗Trunck aus Zion / auff dag wir ung
erquicken / amd in unfer rechtes Vatterland heimgehen. Sihe/
alle Berge und Hügel mitden Thalen ſind vollder Herrlig⸗
keit deß HErrn: Sr ſcheuſt auff als ein Gewaͤchs / wer wil
das wehren / Halleluja.
6. Als nun Adam eingeſchlaffen war / ſo lag er im Myſterio,
als in GOttes Wundern / was er mit ihm that / das war gethanz
Alſo bewegete der eingebildete Name IEfus abermal das Fiat in
zwo Geſtalten / als in beyden Tinduren des Fewers und Waſſers /
denn dieſe erſte Bildnuͤß war jetzt dem Namen IEſu im Worte
deH Lebens heimgefallen / und war jetzt das Wort des Lebens der
. ander Schöpffer / verſtehe mit dem eingebildeten Namen JEſu F
der da wolte Menfih werden/ der feheidete die zwo Tinduren von»
einander /alsdie Fewers- und Liechts-Tinctur, jedoch nicht gan
in der Kraft /fondern in der Weſenheit / denninder Wefenheit
des Liechts⸗Tinctur war der Sulphur Veneris, der Liebe / in wel⸗
cher Sich Adam folte und Eonte felber ſchwaͤngern: Die Fewers⸗
Tinctur gab Seele / und def Liechts Tindur Geiſt / als eine
Bildnuͤß nach der äufferen Bildnüß.. Das Fewer⸗Leben imagi-.
airte ach dem Liecht⸗ Leben / und das Liecht⸗ Leben nach dem m
eben
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Bay. 6. Seft Ehrifti. 46
Saben/ als nach der.effentialifchen Krafft / daraus das Liecht ſchei⸗
net: dieſes war in Adam eins / denn er war Dann und Weib /
und dasWort des Lebens nahm dieVeneris Tinctur mit deu him⸗
liſchen und irrdiſchen Fiat von Adam / und auch eine Rippe aus
ſeiner Seiten von ſeinem Gebeine / ſo wohl das halbe Creutz im
Kopffe / welches der Chatacter der H. Dreyfaltigkeit iſt / bezeich⸗
net mit dem Worte des Lebens / als mit dem ſchweren Mamen
GoOttes / welches einen ſolchen Character fuͤhret / T. bedeutet das
Creutz Chriſti / daran er den Tod ſolte leiden und Adam wieder
new gebaͤhren und in dem Namen IJESu in Ternarium San-
&um einführen: Dieſes alles nahm das Fiat in fich mit allen Er
ſentien menfchlicher Eigenſchafft / wiewohl auch des Seelen—
feuers Eigenſchafft / aber in Veneris Tinctut, nicht nach der Macht
des Centri, und ſcheidete ſich in die gantze Form des Menſchen.
7. Alſo ward das Weiberbawet mit allen Gliedern und weib⸗
lichen Eigenſchafften / als ſte noch haben / denn der Geiſt Majoris
Mundi hatte jetzt das ſtaͤrckeſte Fiat, und figurirfe das Weib nach
folder Geftalt / alsesinder Vermoͤgenheit fenn Fonte / den die
Englifche Form war weg/ es muſte nur nun auff thierifche Arth
gebohren ſeyn / und alfo ward auch dem Adam / weiler war der
irrdiſchen M gix heimgefallen / thierifche Form und Beftaltder
männlichen Glieder gegeben / und ward des Adams Gebähren
Dem Fiar gegeben / das machte eine Gleichnuͤß nach ihme / aus
ihme: Wäre er himmliſch gefinnet blieben / fo hätte er felber
himmlifch gebohren / alfo thats das irrdiſche Fiar , und ward fein
Aufferer Leib ein Thier /verlohr auch himmliſche Wik und Kraft
der Allvermögenheit.
8. Alfo lieber Sefer/ foltu wiſſen / daß fich der ander Adam
Ehriftus nicht vergebens hat laffen ereugigen/ und mit einem
Speer in feine Seite ſtechen / und fein Blut vergebens vergoffen.
Allhie liget der Schlüffel: Adam ward in feiner Seiten zerbro—
chen mit der Rippe zum Weibe / in diefelbe Seite muſte Longini
Speer mit GOttes Grimme kommen / denn er war in Adam
kommen / und aus Marien Irrdigkeit auch indie Seite Chriſti /
und muſte das Blut Chriſti den Grimm erſaͤuffen / und von dem
srften Adam wegnehmen / denn der andere Adam hat auch himm⸗
liſch Blut / das muſte die irrdiſche Turbam erfüuffen/ auff daß der
erſte Adam wieder heil würde.
9. Laſt es euch geſagt ſeyn ihr Menſchen Kinder /
denn es iſt in Ternario dancto erkannt worden / und nicht
m
46 Erſter Theil / vonder Menſchw. Cap. 6.
in Meynung oder waͤhnen / es koſtet euch Seel und Leib;
Sehet zu / was ihr thut.
10. Alſo iſt nun angegangen die menſchliche Fortpflantzung
auff thieriſche Arth / denn Adam behielt den Limbum, und ſeine
Heva die Matricem Veneris, denn die Tincturen waren geſchie⸗
den. Nun iſt jede Tinctur eine gantze Magia, als cine begehrende
Sucht / in welcher Centrum Naturæ erbohren wird / und ſolches
in Sulphur: So iſt alsdan indem Sulphur wieder die begehrende
Magia mit der Tinctur, und mag doch nicht zum Leben kommen /
es komme denn deß Fewers Tindtur in Veneris Tinctur: Und Ve-
neris Tinctur kan fein Fewer erwecken / ſie iſt zu ſchwach. So das
denn nicht in ſich ſeyn mag / und die beyde Tinctaren begehren
gleichwohl auch deß Lebens: Jetzt gehet die haͤfftige Imagination
des Mannes und Weibes an / daß ſich eines begehret mit dem an⸗
dern zu miſchen / denn die Krafft der Eſſentien wil lebendig ſeyn /
denn die Tinctur treibet darzu / und begehret das: Denn die Tin-
ctur iſt aus dem ewigenLeben / und iſt aber mit der Weſenheit ein⸗
geſchloſſen / alſo wil fie leben / als ſie von Ewigkeit gethan hat/
und darumb ſaͤhnet ſich der Mann nach des Weibes AMatrice, und
das Weib nach des Mannes Limbo.
zı. Das Weib hat eine wäfferige Tindur, und der Mann
eine fewrige: Der Mann faet Seele / unddas Weib Geift /
und beyde füen Fleifch/ als Sulphur,darumb it Mann und Weib
ein Leib / und machen beyde ein Kind / und darumb follen fte beyde
beyeinander bleiben / fo ſie fich einmahl miſchen / denn fie find ein
geib worden; Mer fich aber mitandernmifchet/ oder trennet /
Der gerbricht die Ordnung der Natur / gleicher einem Viehe / und
beſinnet fich nicht/ dag in feinem Saamen die ewige Tindur liget/
darinn die Göttliche Wefenheit verfchloffen liget / und dermals
eins im Zornstheile wird erwecket werden. Auch ift das ein
er / das dem Menfchen im Schattennachfolget / und feine
Quaal wird im Gewiffen dermaleines räge gemachet / denn die
Tin&ur im Saamen urftandetausder Ewigkeit/ ſie iſt unver⸗
gänglich / fie erfcheinet in Geiftes Geftalt / und tritt dem Men—⸗
ſchen infeine Magiam, darauß fie der Menfch haterbohren und
außgeſchuͤttet.
12. Mercket diß ihr Huren und Buben / was ihr im Winckel
treibet / offtmahl mit groſſer Falſchheit / Das tritt euch ins Ge⸗
wiſſen / und wird euch ein doͤſer Nagewurm. Die Tinctur iſt ein
ewig Weſen / und wolte gerne in GOttes Liebe ſeyn; So ihr ſie
aber
Cap: 6. Sen Ehrifti. : 47
aber im Triebder Sternen Region durch Inficirung des Teufels
in ein falfch Pühlicht Faß /in Grewel und Unordnung eingieffet/
fo wird fie Tchwerlih GOttes Liebe erreichen / fondern tritt mit
derlmagination wieder in den erften Orth / als in euch: Iſt fie falfch
worden in einem falfchen Gefage/ dag ſie nicht kan ruhen / fo
wird fie euch wohlnagen / und auch im hoͤlliſchen Abgrunde ins
Gewiffen retten/ es ift weder Tandt noch Schers/ ſeyd nicht alfo
gantz thieriſch / denn ein Thier hat feine Tinctur nur bloß von die⸗
fer Welt; Ihr aber nicht alfo/ ihr habt lie ausder Ewigkeit:
Was Ewig iſt / ftirbetnicht: Ob ihr gleich den Sulpzurverders
bet / ſo tritt doch der Willen⸗ Geiſt im Sulphur mit der edlen Tin-
ctur ins Myſterium, und nimt ein jedes Myſterium das feine /
und foll das Myſterium am Füngften Tage / wenn fich der Geift
GoOttes wird inallen dreyen Prineipien bewegen / offenbahr wer⸗
denn / da werdet ihr ewre ſchoͤne Wercke fchen.
13. Alfo ift uns hoch erkänntlich die groffe Barsıhersigkeit
GOttes über das menfihliche Gefchlechte / denn GOtt wolte dem
Menfchen alfo helffen; Sonft wo GOtt der thieriſchen Eigen
fchafft begehret hätte / fo hätte er wohl bald im Anfang ein Maͤñ⸗
fein undein Weiblein geſchaffen; Erhättenichteinen alleine ges
macht mit beyden Tin&uren : Aber GOtt erkannte wehlden Fall
des Menſchen / dazu des Teuffels Trug/ welcher alfo mit der
Heva zu Spott gemachet ward. Der Teufel dachte / als Adam
niederfiel in Schlaf: Nun bin ich Herz und Fürft auff Erdenz
Aber des Weibes Saamen wehrete ihme das.
14. Uns ift zu erkennen das auffwachen Adams aus feinem
Schlafe / er fchlieff ein der himliſchen Welt / und wachte auf
der irrdiſchen Welt: Der Geiſt der groſſen Welt weckte ihn auff/
da fahe er das Weib / und kannte ſie / dag ftefein Fleifch und Bein
war / denn die Jungfraw der Weisheit GOttes war noch in
ihme / under fahe fie an / und imaginirte in fie/ denn fie hatte feine
Matricem bekommen / dazu Veneris Tinctur, und fing alfobald
eine Tindtur mitder Imagination die andere / darumb nahm fie A⸗
dam zu fih und ſprach: Man wird fie Männin heiffen/ darumb
dag fie vom Manne genommenift/ undift Heva für Eeinereine
Jungfraw zır erfennen/ fo wohlalleihre Töchter: Die Turba
hatdie Jungfrawſchafft zerftöret/ und die reine Liebe irzdifch ge>
macht / die irıdifche Imagination zerftörct die rechte Zungfraws |
schafft denn GOttes Weißheit iſt eine reine Jungfraw / in wel⸗
cher Chriſtus empfangen / und im einem rechten jungſraw⸗
lichen Gefäffe Menſch ward/ wie hernach foll folgen. xl
25. Alſo
*
#3 Erſter Theil / vonder Menſchw. Cap. 6.
15. Alfo Eonte fte auch / die irrdifcehe Jungfraw / nicht im Pas
radis bleiben / wiewohl fie noch beyde im Paradis waren / hatten
auch noch beyde Paraditifche Auaal/ abermit irrdiſcher Sucht
gemenget: Sie waren nacdend / und hatten ihre thierifche Glie=
Der zur Fortpflantzung / und kannten die nicht / ſchaͤmeten fich auch
nicht / denn der Geiſt der groſſen Welt hatte noch nicht das Regi—
ment uͤber ſie / biß ſte von der irrdiſchen Frucht aſſen / da wurden
ihnen die Augen auffgethan / denn die himmliſche Jungfraw der
Weißhelt GOttes wich von ihnen / da wurden ſie erſt gewahr
des Sternen- und Elementen-Reichs: Da GOttes Geiſt auf
zog / fo zog der irrdiſche Geiſt in der Grimmen-Quaal ein / da
kriegte der Teufel einen zutritt / undinficirte/ und fuͤhrete ſte in
Grimm und Boßheit / als cs noch heute geſchicht denn der Grün
GOttes aus der ewigen Natur / dehn der Teufel entzuͤndet und
erwecket hatte / ſteckete im irrdiſchen Centro: Auch mag kein Le⸗
ben gebohren werden / das Centrumwerde denn erwecket / dent
Das Principium ſtehet im Fewer / darinnen alles geben ſtehet / und
Centrum Naturæ hat in feinen Geſtalten Grimmigkeit / darumb
heiſſet es nur / buͤcke dich / und gehe in die Sanfftmuth ein / und laß
dem Leben ſein Recht / denn das Leben iſt Fewer / und des Lebens
Bildnuͤß / welche GOttes Gleichnuͤß iſt / die iſt im Liechte / als
im Liebe-Fewer / fo gibt aber das Liecht-Fewer nicht Centrum
Naturz, darumb dencket der Teufel noch / er fey ein gröfferer
Her: als die Ercatur im Liebe-Fewer: Ja ftrenger ift er wohl /
aber er lebet in der Finfternüg / und friſſet Strenge Weſenheit in
fich / darumb ift er auch ein Feind der Liebe.
16. Unsift zu erkennen / dag der Teufel Schuld daran ift/ dag
Der Menſch in feine Stelle geſchaffen ward / und ift uns zu erken⸗
nen / daß er Schuld an deß Menſchen Zallift/wiewohl Adam und
feine Heva / als GOtt Adam zertrannt hatte / nicht beſtehen kon—
fen: Sie waren wohl im Paradis / und folten Paradis-Fruͤchte
auff Engliſch eſſen / aber ſie haben der nicht genoſſen / denn der
Baum des Erkaͤntnuͤß Gutes und Boͤſes war ihnen lieber / und
hat die Heva / ſo bald die gemacht ward / in den Verſuch-baum
imaginiret: Und ob ihr gleich Adam das Gebott eroͤffnet / doc)
war die Luſt nur nach dem Bauıne / denn die irrdiſchen Eflenrien
waren an Adam und Heva noch nicht offenbahr / fie waren noch
fangen / darumb trieben fie alfo in Luſt denn fie wolten Her2
feyn: Das geſchach durch des Teufels inficiren / durch feine A-
f-endentifihe falfche Imagination , darumb legte er fich in der
Schlangen Seftalt anden Baum / und lobete der. Heven dieFrucht /
ſie
Caps ° Iefuchifi: 049
fie machte flug; Ja wohl Elug / Voͤſes und Gutes zu erkennen /
Elende genug / zweyerley Quaal in einer Ereatur zu regieren?
Nicht erkannt / wäre beffer: Er fagt ihr Lügen und Wahrheit
untereinander / ſie würde flug werden / und ihre Augen wuͤrden
ihr auffgethban werden; Ja wohl genug / fie fahe bald / dag fie mit
der inpifchen Quaal war dem Geifte diefer Belt heimgefallen /
daß fie nackend war/ und erkannte ihre thierifche Glieder / Ericgte
Darme in Leib / und einen ſtinckenden Madenſack / voll Jammer
und Elende / in Angſt und Muͤhe / wie im Buche de tribus Prin-
eipiis gemeldet worden/ und wir nun vor Augen ſehen / waswir
für Paradis⸗Engel ſeyn / wie wir ung muͤſſen in Angft / Kum⸗
mer und Elende gebähren und ER / welcyes folte auffeine ans
dere Weife gefehehen.
77, Alfo ift uns genug ertaͤnntlich der Fall Adz, und warumb
er nicht konte im Paradiß bleiben / was das Paradis fey geweſen /
welches noch auff heute iſt: Es traͤget nun nicht Pararififche
Frucht / und wir haben nicht Paradiſiſche Quaal und Augen / wir
ſehen das nicht / denn GOtt hat die Erde verflucht umb des Mene
Then willen / daß das Paradis nicht mehr ** die Erde gruͤnet /
denn es iſt ung Myfterium worden / und iſt doch noch immerdar /
und in daſſelbe Myſterium ſcheiden die Seelen der Heiligen / wenn
ſich der irrdiſche Leib von der Seelen ſcheidet: Es ift indiefer
Welt / und iſt auch auffer diefer Welt / denn diefer Welt Qual
beruͤhret das nicht; Die zantze Welt waͤre Paradiſiſch / wenn Adam
in der Unſchuld blieben waͤre; Als aber GOtt den Fluch that / ſo
entwich das Paradis / denn GOttes Fluchen iſt fliehen: Es iſt
ſein Fliehen nicht weichen / ſondern in ein ander Principium ein⸗
gehen / als in ſich ſelber der Geiſt GOttes gehet von GOtt aus
indie Weſenheit / als aber dieſe Weſenheit irrdiſch ward/ und der
Teufel dariñ wohnete / welcher ein Feind GOttes war/ fo tratt der
Geiſt GOttes in ſein eigen Principium, als in die Liebe ein / und
wiech aus der Irrdigkeit: Alda ſtehet er nun dem Menſchen ins
Lebensliecht entgegen: Wer nun in GOttes Siehe begehret ein⸗
zugehen / der gehet mit ſeinem Willen-Geiſt ins Paradis / alda
gruͤnet das Paradis wieder in feinem Willen⸗ Beifte / und em—
pPfaͤhet an feine Bildnuͤß wieder himmliſche Weſenheit / in welcher
der H. Geift regieret.
- 28. Laſſet euch dif eine Perlein ſeyn ihr Menfihen
Kinder / dennesitder wahre Grund. Wers ſuchet und
finder] der hat eitel Frewde — Es iſt die Perle,
die
so Erſter Theil! von der Menſchw. Cap. 7,
dieim Acker liget /da einer alle fein But verfauffte/ und
Faufftedie Perle] davon Chriſtus faget.
19. Alfo ift uns auch zuerkennen der Cherub / der Adam und
Hevam aus dem Paradis trieb / als der ftrenge Engel / bedeutet
den Abſchneider des irrdiſchen Sehens vom Paradis / da fih mug
Seib und Seele ſcheiden.
20. Ungift zwar erkänntlich / daß Adam und Heva waren von
dem Ort / dader Verſuch⸗Baum ſtund / weg getrieben worden /
denn es ſtund Paradis-Frucht da / die folten fte nicht mehr ſehen
och eſſen / denn das himmliſche gehoͤret nicht in das irrdiſche:
Auch wurden die Thiere weg getrieben / des böfen Baums halber)
denn der Paradig-fruscht Eonten fie fonft nicht genieffen/ aber von
die ſem Baume konte ein jedes Thiereffen / denner war irrdiſch;
Alſo muſten ſie das Paradis verlaffen denn GOtt hatte fie durch
den Geiſt der groffen Welt mit Thieres- Fellen gekleidet für das
himmliſche Kleid ver Klarheit / und hatte ihnen den Sentent ges
ſprochen / was ihr Thun und gaffen indieger Welt feyn folte/ was
fie nunmehr effen folten / und wie fie fich in Kummer und Elend
folten nehren / biß fie gar zur Erden würden / davon fie waren
auffeinem Theil außgezogen.
Das 7. Capittel.
Dom verheiſſenen WBeibes-faamen und Schlangen:
fretter.
1. $s num Adam und Heva alſo wie Mann und Weib
im Paradis ftunden/ und hatten noch himmliſche
Quaal und Freude / wiewohl vermifchet / mochte das
der Teufel nicht leiden / denn fein Neid war zu groß/
weiler Adam gefüllet hatte / und umb feine englifche
Geſtalt gebracht / fofaheerjegtdie Hevam alsdas Wei Nus
Adam md dachte / fie möchten Kinder ins Paradis zeugen / und
im Paradis bleiben / du wilt fie verführen / daß fie von der vers
bottenen Frucht iffet / fo wird fie irrdiſch / fo kanſtu ihr ing Hertz
greiffen / und deine Imagination in fte einführen / fo Eriegftu fie in
dein Neich / und bleibeft noch Fürft im dritten Principio auff Er⸗
den / welches er denn auch that / und fie zu der falfchen Frucht be=
redete / day fie an Baum griff / und einen Apffel abbrach und ag /
und gab Adam auch / und da Adam fahe / daß Heva nicht zu hand
niederfiel und ftarb/ af er auch / denn die Suft war inbeyden. a
2. Die⸗
Cap. 7- JE Chriſti. yr
2. Dieſes iſt der Biſſen / davon der Himmel und das Paradis
entweich / da der Cherub / als der Abſchneider mit dem bloßhaw⸗
endem Schwerd für des Paradifes Thür tratt / und lieg Nie
nicht mehr ins Paradis / fein Schwerd warder Würg Engel /
das den Menfchen nun mit Hise / Kälte / Kranckheit Noth und
Tod wohl ſchneidet / und endlich das irrdiſche Seben vonder Seelen
ſcheldet.
3. Als dieſes Schwerd im Tode Chriftifolte wieder zerbro⸗
chen werden / fo erzittertedie Erde / und verlohr die Sonn ih>
zen Schein / die Felfen zerklüben für der ftarden Macht GOt⸗
tes / der alfo den Tod wieder zerbrach. Alfo thäten fich auff zu=
hand die Gräber der Heiligen / und giengen ihre Leiber wieder
aus dem Tode / denn das Schwerd war zubrochen / und der En—⸗
gelder des Paradiſes hütete / weggethan / umd giengen die Seiber
der Heiligen wieder ins Paradis. x
4. Allhie / als Adam und Heva von der irrdifchen Frucht af
fen / fielen fie unter die Mörder / welche fte fehlugen und auszo⸗
gen / undhalbtode Ligen liefen: Ihr Ausgangaus dem Para
disiftder Gang aus Jeruſalem gen Jericho, denn fie giengen aus
dem Himmel in diefe böfe verderbte Welt / in das Sändenhaus /
da alfo bald inihrem Gemüth / im Centro Naturz, das Rad der
Sinnen anhub zu qualificiren in irrdiſcher QAuall / da je ein
Sinn dem andern wiederwärtig war / da Neid/ Hoffart / Geiß/
Zorn und Wiederwille genug und mit hauffen quali / denn das
Edele Liecht der Siebe war erlofchen / welchesden Grimmenquall
lieblich freundlich und fanffte machete / in welchem der Geiſt
GoOttes würdete / und die ſchoͤne Jungfraw der Weißheit GOt⸗
tes ruhete: Sie giengen von der ſchoͤnen Weißheit auf.
5. GOtt hatte Adam indie züchtige Jungfram feiner Weiß⸗
heit geſchaffen / aber er kriegte eine böfe wiederwärtige irrdiſche
Fraw dafür / mit welcher er inthierifcher Geſtalt leben muſte /
imeitel Kummer / Angft und Noth / und ward ihm auß ſeinem
ſchoͤnen Luſt garten / dehn er in ſich hatte / ein wiederwaͤrtiger Dorn:
und Diſtel-garten / da er doch etwa der Jungfraͤwlichen Frucht
ſuchte; Aber es gieng ihm als einem Dieb / der in einem ſchoͤnen
Luſt⸗garten geweſen iſt / dehn zu verwahren iſt aber umb Dieb⸗
ſtal willen darauß geſtoſſen worden / und wolte doch gerne derſel⸗
ben Frucht eſſen / kan aber nicht hinein / fordern gehet von auf>
ſen herumb / langet mit einer Hand hinein nach der Frucht /
welche ihm der Gärtner doch aus der Hand reiffet/ under muß
wehemuͤhtig davon gehen / und Fan feine Luſt nicht buͤſſen; Alſo
gehets ihme mit dem Weibe. C2 6. Als
52 Erſter Theil/ von der Menſchw. Cap.7.
6. Als er in GOttes Liebe war / und das Weib in ihme eine
zuͤchtige Jungfraw war / in GOttes Suͤſſigkeit und Weißheit /
ſo aß er ihre Fruͤchte / und konte ſich mit ſeiner eigenen Liebe in
Veneris Tin&ar gar wohl ergetzen / denn des Fewers Tinctur hat
eine groſſe freudenreiche Ergetzung in des Liechtes Tinctur, das
hatte er in ſich / er war Mann und Weib; Nun muß er von aufs
fen umb denſelben Garten gehen / und Veneris Tinctur nur mit eis
nem Bliede anrühren / da denn die innere Tindurenim Saamen
einanderempfahen / und zu einem Leben arbeiten /aber der Auffer
Serb ift deſſen nicht werth / daß er folte des innern Freudenreiches
inqualiven / darinnen das Seelen⸗Leben gefüct wird / genieſſen:
die innere Effentien genieſſen das nur / denn fie find aus dem E=
wigen / aber der äuffere Tyier-Efel verbringet nur eine thierifche
Sucht / er weiß nicht vonder Frewde der Eflentien, als wen
eine Tin&ur indie andere koͤmt was alda gefchicht / Da doch je et⸗
was vom Paradis iſt / aberdie irzdifche Effeng mifcher fich balde
mit ein / und ift nur als ein frewdenreicher Anblick / da der
Wille zum geben erbohren wird / welcher hernach fort-treiber /
und ſich mit Sulphur ſchwaͤngert / biß er mag das Priscipium
erreichen / und im Centro Fewer aufffchlagen / da es denn ein
recht geben ift / und wieder eine Seele erbohren ift.
7. Als nun das ſchoͤne Bild alfo von Gottes Liebe wich / fo
erkannte fichs / dag es war in andere Quall kommen / da giengan
Furcht und Schreien vor GOttes Grimm / denner hub in ihnen
anzuqualificiren/ fahen einanderan/ und wurden gewahr ih=
zer thierifihen Geftalt/ und dag fie nackend waren. Da wird
der Teuffel gefanger haben / und GOttes gefpottet / denn fie
fürchteten ſich / und krochen hinter die Baume/ und nahmen Blaͤt⸗
ter von Feigenbaͤumen / flochten die / und hielten fie für ihre
Scham venndie himliſche Jungfraw war weg / fie erfannten
den Fall / und ſchaͤmeten fich / das iſt / Die Seele / welche aus
dem Ewigenift / ſchaͤmete fich für der thierifhen Arth / als es noch
heute gefchicht / dag wir uns der thieriſchen Glieder ſchaͤmen;
und daher komts / dag ſich das Weib mit einem weiffen Tuche
fürigeer Scham bekleidet / daß der Seelen⸗-Geiſt / welcher aus
den Augen blicket / nicht turbiret wird / / denn er kennet Veneris
Matricem, welcher auch alfobald im Männlein davon anhebet
zu imaginiren: Welches / fofih das Weib ſchwartz bekleides
fe/ undihre Augen verdeckte / nicht leichtlich geſchehe / als nur
durch Einbildung : Aber alfo fangen die beyde Tin&uren des
Mannes und Weibes einander alſo bald in den Augen / Da der
Seict blicket. 8. Als
Bee. —
Cap. 7. ef Chrifti. 53
8. Als nun Adam und Heva alſo im Schrecken ſtunden für dent
Zorn GOttes / rief GOTT dem Adam und ſprach: Adam wo
biſtu? Und er fprach: ‚Hie bin ich / ich fürchte mich / denn ich
bin nackend / und er ſprach: Wer hat dirs gefagt / daß du na⸗
end bift ? Haſtu nicht von dem Baume geſſen / den ich dir ver=
botiy ? Under ſprach: Das Weib gab mir/ umd ich af / umd er
- fprach zum Weibe / warunb thatefin das ? Sie ſprach; die
Schlange betrog mich / daß ich aß.
9. Hier verftchen wir die groſſe Liebe GOttes / daß GOTT
dem Adam wieder rieff / dag er ſich ſolte erkennen / ſuchen und fin⸗
den / und wieder zu GO kehren / denn Adam war in GOtt ge⸗
weſen / war aber außgangen aus GOttes Liebe / aus dem andern
Principio aus dem heiligen Paradis GOttes in das Auffere irrdi⸗
ſche Neich diefer Welt der Stergen und Elementen ins dritte
Principium. Darumb ſprach GOtt; Wo biſtu Adam? Sicheftur
nicht / daß du nicht mehr im Himmelbift ? Er wandte an einem
Theil ſein freundlich Angeſichte wieder in Adam / verſtehe / in das
Theil / daserhatte aus der himmliſchen Weſenheit empfangen /
und blickte das mit ſeinem Geiſte wieder an / und ſprach zu der
Schlangen zu dem alten Teufel: Weil du das gethan haſt / Ver⸗
fluchet ſeyſtu: Und zu der creatuͤrlichen Schlangen / welche nu
muſte eine Creatur ſeyn (denn der Tetifelhatte ſich in Schlan⸗
JgenGeſtalt verwandelt / darumb muſte die Schlange auch bleiben)
Du ſolt auff dem Bauche gehen / und Erden eſſen; weil fie Hat den
Menſchen verführet / dag er war irrdiſch worden] fo folte auch des
Teufels Bild irrdiſch ſeyn md grimmige irrdiſche Qugal / alg
Gifft / freſſen / das ſolte nun ihre Quaal ſeyn.
10. Und iſt uns alhier zuerkennen / daß ihme habe der Teufel
der Schlangen Bildnuͤß von dem Geſtirne und Elementen keu-
riret / durch feine Imagination, denn er hatte groſſen Gewalt /
biß ihn. der Herr gantz verfluchte / und den thewren Namen JE-
SUS zum Scheide⸗Ziel ſetzte / da lag ſeine groſſe Macht: Denn
er ſprach zu Adam und Eva: Dis Weibes Saamen ſoll der
Schlangen den Kopff zertretten / und du / als die Schlange / wirſt
ihn in die Ferßen ſtechen / das iſt /in GOttes Grimm wirftu den
toͤdten / aber er wird aus dem Tode außgruͤnen / und dir den Kopff
zertretten / das iſt Deine Macht nehmen / und den Grimm mit
Liebe uͤberwinden: Und allhie an dieſem Orte hat ſich das Wort
der Verheiſſung vom Weibes Saamen / das iſt geweſen der hoch⸗
thewre Name JESUS mit ſeinem Character ins Lebens⸗ Liecht
eingebildet / und in demſelben Character die hochthewre Jungfraw
0 | der
54 Erſter Theil) vonder Menfchiv. Cap. 7.
der Weisheit GOttes / in welcher ſolte Chriſtus / als der Zer-
brecher des Todes / ein wahrer Menfch werden / und dem Tode
feine Macht nehmen / und dem Teufel ſeinen Stachel zerbrechen /
der da folte die Kelter des Brimmes umd Zorns tretten / undin
den Zorn als ins Centrum des Fewerseingehen/ und das Fewer
mit feinem himmliſchen Blute/ und mit dem Waſſer der Sanfft-
muth aus dem Brunnquelldeg Beiftes EG Httes lefchen.
11. Und wiſſet gewiß / dag fo fich nicht Hättedas Wort der
Berheiffung ins Lebens⸗Liecht cingebildet / als Adam und Heva
in die irrdiſche Quaal einfielen / fo wäre der Seelen Beift ein
grimmiger Teufelmorden / und der Seibein böfes Thier / alser
noch wohlift / fo das elementifche Waſſer dem Grimme nicht den.
Pracht legte / ſolte man wohl ſehen / wie mancher ein reiffender
Teufel waͤre.
2. Alſo iſt uns jetzt zubetrachten / dag die Welt vor Chriſti
Menſchwerdung iſt in dieſem eingebildeten Worte und Namen
3ESu felig worden. Welche ihren Willen haben in GOtt ge⸗
richtet / die haben das Wort der Verheiſſung empfangen / denn
Die Seele ward darein eingenommen / denn des Moſts gantzes
Geſaͤtze vom Opffer iſt durchauß nichts anders / als ein Vorbild
der Menfchheit Chriſti: Was Chriſtus in feiner Menfhheit
chat mit feinem Opffer / in dem er mit feinem Blut / und mit fei=
ner Liebe den Zorn GOttes erſaͤuffte / dag thät Mofes mit feinem
Dpffer mit Thiers-Blut / denn das Wort der Verheiſſung wer
im Bunde/ und GOtt ſtelte ihme dieweilcine Figur für / und
ließ ſich im Bunde mit einem Gleichnuͤß verſoͤhnen / denn der
Name JESUS war im Bunde der verſoͤhnete durch die Ima-
gination den Zorn und Grimm deß Batters Natur. Die Juͤden
verſtunden das wohl nicht / aber der Bund verftund das wohl /
denn der thierifche Menfhe war das nicht werth / daß ers ſolte
wiſſen / biß dag Chriſtus gebohren ward: So gieng der Schall
aus / welcher doch nach kurtzer Zeit wieder mit dem Antichriſt in
Babel verdecket ward / denn der thieriſche Menfch der Boßheit
iſt des thewren Namens JEſus nicht werth / er gehoͤret auch nicht
dem thieriſchen Theil / ſondern dem goͤttlichen Theil: Das Thier
ſoll in der wilden Erden bleiben / und am Juͤngſten Tage durchs
Fewer GOttes verzehret werden: Aber das himmliſche Theil
ſoll in die goͤttliche Krafft eingefuͤhret werden / darumb iſt es ein
Eckel vor GOtt / daß der Menſch mit dem Thier alſo ſtoltzieret:
Das Thier iſt nicht die Bildnuͤß / wie auch Moſis Opffer nicht
die Verſoͤhnung war / ſondern der Bund der Gnaden / und das
Worlt des Lebens im Bunde, a13 . Dit
Eap.7. ef Ehrifti. 35
13. Die Beſchneidung der Juͤden / indem fie nur die Knaben
muſten befchneiden / hielt dig Necht infich/ wie folget. Adam
war der einige Menfch / den Gott ſchuff / und in ihme war Got⸗
tes Bildnuͤß: Die Hevam / als ſein Weib / wolte GO nicht
ſchaffen / ſie ſolte nur aus einem gebohren werden: Weil er aber
fiel / und dag ihme GOtt muſte das Weib machen / fo kam der
Bund wieder mit der Verheiſſung über Einen / dag ſie ſolten aus
Einem alle wieder anderſt und newgebohren werden / als aus dem
andern Adam / nicht aus der Frawen Maria / ſondern aus Chri⸗
ſto / dem himmliſchen Adam: Denn des erſten Mannes / als A⸗
dams erſtes Blut / welches er aus GOttes Weſenheit empfieng /
ſoll gelten / und nicht des Weibes irrdiſches Blut / in dehme Adam
irrdiſch ward / und ihme muſte ein Weib erdacht werden: Alſo
ward auch nur die maͤnnliche Arth beſchnitten / und eben an dem
Gliede welches vor GOtt cin Eckel iſt / und ein ſchaͤmen der See⸗
len / denn die Schwaͤngerung ſolte nicht Viehiſch ſeyn / darumb
war die Beſchneydung ein zeichen und Vorbilde / daß diefes Glied
wieder vom Menfchen abgefchnitten werden / und nicht mifin der
Ewigkeit erfcheinen folte. Und mufte Chriſtus Mannes Geſtalt
an fich nehmen / da er doch von innen ın einem Sungfräwlichen
Bilde ftund / dag ver Vorſatz GOttes beftünde [denn des Mans
nes / als des Fewers Eigenfchafft follregieren / und des WWeibeg /
els des Sischtes Eigenſchafft / foil fein Gewer fanfftigen / und in
die Sanffte Bildnuͤß GOttes bringen.
14. Des Weibes Blut hätte ven Zorn Gottes nicht verfähntet/ce
muſte es nur des Mannes Blut thun / denn das Weib gehöret ist
Mann / und wirdim Reiche GOttes eine männliche Zungfram
ſeyn / als Adam war) kein Weib) das Weib wird in des Mannes
Bunde feclig / dennder Band ward umb des Mannes / als umb
der männlichen Jungfraw willen gemacht / daß die wieder ver⸗
föhnet würde. Darumb fagt Paulus) das Weib wird durch
Kinderzeugen feclig fo fte bleibet im Glauben und in der Siebe 4
und in der Heiligung / ſambt der Zucht. Und nicht allein das }
fondern auch in des Mannes Bunde / denn fie ift ein Theilaus
Adam: Darımb fol ein jedes Weib unter dem Mann feyit/
und er foll HErr ſeyn. GOtt gibt auch dem Manne die Jung⸗
främliche Weißheit / er folldas Weib regiren / nicht als cin Zy-
rann fondernals feineigen geben / Er foll fein Weib lieben als
feinen eigenen $eib/ denn fteift fein Fleifch und geib/ ein Bild aus
ihme / fein Gehülffe / fein Kofengarte / ob wohl irrdiſch und
ſchwach / foker doch wiſſen / dag vr urtgg Urſache darañ ift / pr
4 N
56 Erſter Theil / von per Menfchw. Cap. 8.
mit ihr Gedult tragen / auch ſeinem Grimme nicht Gewalt laf⸗
ſen / ſte zuverderben.
15. Auch ſoll das Weib wiſſen / daß ſie in des Mannes Bund
und Blut ſeelig wird / und daß ſte Adams und des Mannes Rippe
ad Tinctur iſt / und dem Mann eigen / fie ſoll demuͤtig ſeyn / als
ein Glied dem Leibe dienet / alſo folldas Weib dem Manne die—
nen / und ihm lieben / als ſich ſelber: Ihre Liebe ſoll ſchlechts in
ihn geworffen ſeyn / denn alſo erlanget ſte dic himliſche Jungfraw
mit Goͤttlicher Witze / und den Geiſt des Bundes.
16. Aber den ledigen Jungfrawen und Mannen ohne Frawen
ward geſagt / ſo wohl den Wittiben / daß ſie den Bund EHrifti
zum Gemahl haben / vor deme ſollen fie zuͤchtig und demuͤhtig
ſeyn / denn Chriſtus iſt des Mannes Braut/feine zuͤchtige Jung⸗
fraw / Die Adam verlohr / und iſt auch der ledigen Jungfrawen
und Wittiben ihr Braͤutigamb / denn ſeine Mannheit iſt ihre
Mannheit / daß ſte alſo vor GOtt als eine maͤnnliche Jungfraw
erſcheinen: Denn / unſere, Bildnuͤß wird jetzt im Willen und
Glauben gebohren: Wo nun unſer Hertz und Wille iſt / alda iſt
auch unſer Schatz und Bildnuͤß.
17. Darumb huͤtet euch vor Hurerey und falſcher Liebe / denn
die rechte Bildnuͤß wird damit zerſtoͤret. Die Hurerey iſt das
groͤſſeſte Laſter / das der Menſch in ſich ſelber wuͤrcket: Die an⸗
dern Suͤnden gehen auſſer ihme in eine Figur; Die Hure aber
bleibet in ihme ſtehen / denn er wuͤrcket eine falſche Bildnuͤß / in
welcher nicht GOttes Jungfraw erkannt wird / ſondern eine thie⸗
riſche. Laß dir es geſagt ſeyn Menſch: Es ſtecket ein ſolcher groſ⸗
ſer Grewel dahinter / davor ſich der Himmel entſetzet mit ſeiner
Imagination, Er gehet nicht leichtlich in die thierifche Imagina-
tion /- darımb werden auch alfo viel thieriſche Menſchen geboh⸗
ven / fo hinten erklaͤret werden mag.
Das 8. Capittel.
Bon der Jungfrawen Maria ] und der Menſchwer—
dung Jeſu Ehriftides Sohns GOttes.
a. Jel haben ſich unterwunden von der Jungfrawen
Maria zu ſchreiben / und fie vermeynet keine irrdi⸗
ſche Tochter zu ſeyn. Ihnen iſt zwar ein Glaſt von
der ewigen Jungfrawſchafft fuͤrgeſtellet worden /
IXqhber des veihten Ziels haben fie noch gemangeitf
Cap. 8. JEſu Chriſti. 57
denn etzliche haben ſchlecht vermeynet / ſie ſey nicht Joachims und
‚ Anna Tochter / in deme Chriſtus des Weibes Saamen genannt
wird / und auch iſt / er auch ſelbſt bezeuget / er ſey von oben herab /
er ſey von Himmel kommen / ſo muͤſte er auch ja von einer gantz
himmliſchen Jungfrawen gebohren ſeyn; Aber das würde ung”
armen Heva Kindern wenig frommen / Die wir iradifch worden
find / und tragen unfere Seelen in einem irrdiſchen Gefaͤſſe. Wo
bliebe unſere arme Seele / wenn ſie nicht haͤtte das Wort des ewi⸗
gen Lebens in ſich genommen? Sp Chriſtus hätte eine Seele vons
Himmel bracht / wo bliebe unfere Serle / und der Bund mit A—
dam uno Heva / daß des Weibes Samen follte der Schlangeit
den rs opff zertretten ? Hätte Chriftus wollen gantz vom Himmel
kon/men und gebohren ſeyn / ſo haͤtte er nicht doͤrffen auff Erden
Menſch gebohren werden: Wo bliebe aber der Bund / in dehme
fich der Name JEſus der Derheiffung ins Lebens-Liecht / als in
der Seelen Tindtur alfobalde im Paradis / da Adam fiel / einlei⸗
bete / Ja ehe dan Adam gefchaffen war / wie Paulus füge: Wir
ſind in Ehriftoverfehen/che der Welt Grund geleget ward? Denn
GOtt erkannte in feiner Weißheit den Fall / darumb leibete fich
alda alſobald der Name JEfus in dem Worte des Lebens mit der
Jungfraw der Weißheit umbgeben in Adams Bildnuͤß / mit dem
Creutz ein: Denn auch die Seele iſt eine Creutz⸗ Geburt / wenn ſich
dan das Seelen⸗Fewer anzuͤndet / ſo machets im Blitze ein Creutz /
das iſt ein Auge mit einem Creutz mit dreyen Principen, mit dem
Character der H. Dreyfaltigkeit wie im dritten Buche vom
drepfachen Leben außgefuͤhret worden/und un vierdten Theil uͤber
die viertzig Fragen von der Seelen noch mehr.
2. Uns iſt zuverſtehen / daß Maria / in der CHriſtus Menſch
ward / wahrhafftig Joachim und Annæ Tochter ſey geweſen /
nach dem aͤuſſern Fleiſche / und auß Joachim und Annæ Sga⸗
men ſey erzeuget worden nach dem aͤuſſern Menſchen / aber nach
dem Willen iſt fie des Bundes der Verheiſſung Tochter geweſen /
denn fie war das Ziel / da der Bund hinweiſet: In ihr ſtund
das Centrumim Bunde / und darumb ward jie vom 2 Geiſte
im Bunde hoch erkannt und hoch gebenedeyet vor und water allen
Weibern von Heva her / denn ver Bund eröffnete ſich inihr.
3. Ihr follet uns recht thewer und hoch verftehen: das Abort
mit der Berheiffung / welches bey den Juden im Borbilde ſtund /
als in einem Spiegel / darein GOTT der zornige Batfer ima-
ginirte, und feinen Zorn damit lefchete / das bewegte ſich jı £
aufEßknsialfehe Arth / welches a Ewigkeit nie heſchehen ar /
4 u Te:
58 Erſter Theili vonder Menfchw. Cap. 8.
denn als ihr Gabr el der Fuͤrſt die Bottſchafft brachte / daß fie ſol⸗
te ſchwanger werden / und ſie darein willigte / und ſagte: mir
geſchehe / wie du geſagt haſt / fo hat ſich das Cenırum der 9.
Dreyfaltigkeit beweget und den Bund eroͤffnet / das iſt / die
ewige Jungfrawſchafft / welche Adam verlohr / in ihr im Wor⸗
te des Lebens eroͤffnet / denn die Jungfraw der Weißheit GOt⸗
tes umbgab das Wort des Lebens als das Cent rum der H. Drey⸗
faltigkeit: alſo ward das Centrum beweget / und ſchlug der
him̃liſche Vulcanus das Fewer der Liebe auff/ dag das Princi-
pium der Liebe⸗flammen erbohren ward.
4. Verſtehe das recht / in Mariæ Eſſentz / in der jungfraͤw⸗
lichen Effeng / welche in Adam verdorben/ daran ex folte ein
jungfrämlich Bild nach GOttes Weißheit gebähren / ward
Das Göttliche Fewer auffgefchlagen / und das Pzincipium der
Siebe angezündet: dur muſt verftchen/ indem Saamen Marix/
da fie des Seelen⸗ Geiſtes / als Veneris Tinctut, ſchwanger war/
denn in VenerisTin&ur als in der Liebe⸗Quall / ward Adams erſtes
Fewer im Wort des Lebens auffgeſchlagen / und waren in dem
Kinde JEſu beyde Tincturen vollkommen / wie in Adam / und das
Wort des Lebens im Bunde / verſtehe / die H. Dreyfaltigkeit war
das Centrum und das Principium erſchien ins Vatters
Theil: CHriſtus ward in GOTT und auch in Marien Menſch /
an allen dreyen Principien, denn auch zugleich hiemit in der
errdifhen Welt: er nahm Knechts Geſtalt an ſich / daß er des
Todes und des Teuffels maͤchtig wuͤrde / denn er ſolte ein
Fuͤrſt in dem Loco dieſer Welt / in dem Engliſchen Für:
ſten⸗Throne feyn / auff dem Stuhl und in der Gewalt des
gewefenen Engels und Fuͤrſten Lucifers über alle drey Principia.
Solteer nun x. ein Herz über die auffere Welt feyn / fo mufte
er auch inder äuffern Welt wohnen / und ihre Eflenk und Ei⸗
genfchafft haben: deßgleichen 2. folte er GOttes Sohne ſeyn / fo
anufte er auchaug GOTT gebohren ſeyn: folte er 3. des Batters
Zorn leſchen / fo mufter jaauch im Batter ſeyn: folte er 4. des
Menſchen Sohn feyn/ fo mufte er ja auch aus des Menfcher
Effeng und Weſen ſeyn / und inuſte eine menfchliche Seele und
Leib haben / als wir alle haben.
5. Uns iſt erkaͤnntlich / daß Maria ſeine Mutter / ſo wohl
Chriſtus aus feiner Mutter / find beyde menſchlicher Eſſentz ge=
weſen / mit Leib / Seel und Geiſt / und dag Ehriftushat eine
Seele aus Mariä Efleng empfangen/sber ohne maͤnnlichen Saa⸗
san; Alleindas grofle Geheimnuͤß GOttes ward allda ——
—8
—
Cap. 8. SEfuckif. 59
der erfte Menfch mit feiner Verborgenheit/ der in Tod fiel / der
ward allhie wieder lebendig gebohren / verftche in GOttes Prin-
eipio: Denn die Gottheit bewegte fich diefer Sachen halber / und
fchlug auff das Fewer ins Batters Principio, alfo wardder er»
ſtorbene Sulphur , welcher in Adam geftorben war / wieder leben⸗
dig / denn das Worte hattehimmlifche Wefenheitanfich / und
eröffnete fich in himmlifcher XBefenheit im jungfräwlichen Bilde
der Gottheit. Dasift die reine zuͤchtige Jungfraw / darin das
Wort des Lebens Menfch ward / und alſo ward die Auffere Ma-
ria mit der Hochgebenedeyten himmliſchen Jungfrawen gezieres
und gebenedeyet unter allen Weibern diefer Welt / inihr ward
das verftorbene und verfchloffene der Menfchheit wieder lebendig /
und alfo ward ſie hoch gradiret/ gleich dem erften Menfchen vor
dem Fall/ und wardeine Mutter des Thron-Fürften. Nicht aus
ihrem Vermoͤgen kam das/fondern aus GOttes Vermögen: Hätte
fich nicht da Centrum GOttes in ihr beweget / fie wäre nichts an»
ders/alsalle Heva Töchter: Aberdas Wort des Schens hatte an
dieſen Ort das Ziel geſtecket mitdem Bunde der Verheiffung /
darumb ift fie die Gebenedeyete unter allen Weibern / und für
allen Hevä Kindern; Nicht dag fie eine Göttin ſey / die man für
GoOtt ehren ſoll / denn fie ift nicht das Ziel] und ficfprach auch 3
ie foll das zugehen / ſintemahl ich von keinem Manne weiß 5
Sonderndas Wort des Lebens ins DBatterc Centro ‚das fich mit
der Bewegung der Gottheit in die Menſchheit eingab / und in
menfchlicher Effeng eröffnete / ift das Ziel/ das iſt der Zweck / dw
wir hinlauffen follen / indie Wiedergebuhrt.
6. Diefes ift ein gröffer Wunder / als in dem erſten Adam /
denn der erfte Adam ward aus drey Principien erfchaffen/ und
ward ihm fein Geift mit Gottes Beifkeingeführer/ und durffte
fich das Hertze Gottes nicht fonderlich bewegen / denn es bewegte
fih nur GOttes Geift/ aus GOttes Hertze: Jetzt bewegte fich
das Centrum oder Her GOttes / das von Ewigkeit geruhet
hatte / und ward das Göttliche Fewer auffgefchlagen / und ange»
zündet oder erwecket / wie mans fegen möchte.
Die thewre Pforte. _
= A Lſo follen wir die Menſchwerdung Chriſti des Sohns
Gottes recht verſtehen. Er iſt nicht allein in der Jung⸗
frawen Maria Menſch worden / das feine Gottheit oder Goͤtt⸗
liche Weſenheit alda eingeſperret ſaͤſſe oder ſteckte: Nein Menſch/
es hat eine andere Geſtalt / laß dich er Vernunfft nicht narren /
C wir
do Erſter Theil / von der Menfchiv. Cap.s.
wir erkennen ein anders. So wenig als GoOtt allein an einem
Orte wohnet / ſondern er iſt die Fuͤlle aller Dinge / ſo wenig hat
GOtt ſich auch nur in einem Stuͤcklein beweget / denn GOtt iſt
nicht abtheilig / ſondern uͤberahl gantz: Wo er ſich offenbahret £
da iſt er gantz offenbahr; fo iſt er auch nicht maͤßlich / ihme iſt
keine Staͤtte erfunden / er machte ihme dan ſelber eine Staͤtte in
einer Creatur; So iſt er doch gang neben der Ereatur / auſſer
Der Creatur.
8. Da fih das Wort bewegte zur Eröffnung des Lebens / fo
eröffnete ſich es in der Goͤttlichen Weſenheit / alsim Waſſer des
ewigen Lebens / es gieng cin / und ward Sulphur ‚das ift / Fleiſch
und Blut/ es machte himmliſche Tinctur, welche die Gottheit
umbfchleuft und erfüllet/darinn die Weißheit GOttes ewig fichet
mit der Göttlichen Magia. Verſtehe esrcht: Die Gottheit hat
geluͤſtert / Fleiſch und Blut zu werden / und wiewohldie reine
tlare Gottheit Geift bleibet/ noch ift fie des Fleiſches Geiſt und
Leben worden / und würdet im Fleiſche / dag wir können fagen /
wenn wir mifunferer Imagination in GOtt eingehen / und ung
gaͤntzlich darein ergeben wir gehen in GOttes Fleifch und Blut
ein / und leben in GOtt / denn das Wort iſt Menfch worden / und
GoOtt iſt das Wort.
9. Nicht heben wir alſo Chriſti Creatur auff / daß er nicht ſolte
eine Creatur ſeyn: Wir geben euch eine Gleichnuͤß mit der Son⸗
nen und ihrem Schein / und ſetzen alſo: Wir vergleichen die
Sonne der Creatur Chriſti im Gleichnuͤß / die iſt ja ein Corpus,
und vergleichen die gantze Tieffe der Welt dem ewigen Worte
im Datter: Nun ſehen wir doch / daß die Sonne in der gantzen
Tieffe leuchtet / und gibt ihr Waͤrme und Krafft: Nun koͤnnen
wir aber nicht ſagen / daß in der Tieffe auſſer des Corporis der
Sonnen nice auch der Sonnen Krafft und Glantz ſey / wan fie
nicht waͤre / ſo fienge fie auch nicht der Sonnen Krafft und Glang;
Es faͤnget nur eine Krafft und Glantz dieandere: Die Tieffe ift
mit ihrem Glanseverborgen: So GOTT wolte / fowäredie
gantze Tieffe ein eitel Sonne / es wäre nur umb die Anzuͤndung /
daß das Waſſer verſchlungen würde / daß das Waſſer zu einem
Geiſte wuͤrde / ſo ſchiene uͤberal der Sonnen Glantz / ſo ſich aber
des Fewers Centrum wolte entzuͤnden / wie in der Sonnen Loco,
10. Wiſſet auch dieſes: Wir verſtehen / daß GOttes Hertz
von Ewigkeit geruhet hat: Aber mit der Bewegung und Einge⸗
bung in die Weſenheit iſts an allen Orten offenbahr worden / wie⸗
wohl doch in Gott kein Ort noch Ziel iſt / als nur bloß are
J a rea⸗
ce
a er
Cap 8. Seuche 68
CreaturChriſti / allda hat ſich die gantze H. Dreyfaltigkeit in einer
Creatur offenbahret / und alſo durch die Creatur auch durch den
gautzen Him̃el. Er iſt hingangen / und hat uns die Staͤtte bereitet]
da wir ſollen von feinem Liechte ſehen / und in feiner Weſenhett
wohnen / und von feiner Böttlichen Wefenheit eſſen / feine We-
fengeit erfüllet ven Himmel und Paradis: Sind wir doch ans
fünglich aus GOttes Weſenheit ge nacht worden/ warumb ſollen
wir nicht auch darin ſtehen ? Gleich wie die Lufft und das Waſſer
dieſe Welt erfuͤllet / und wir derſelben alle genieſſen: Alfo ift im
Verborgenẽ die Goͤttliche Weſenhen / der wir genieſſen / ſo wir mit
ernſt imaginiren / und mit dem Willen uns darein ergeben. Das
iſt nun Chriſti Fleiſch und Blut in der Goͤttlichen Krafft denn.
der Creatur Chriſti ihr Fleiſch und Blut ſtehet darinnen / und iſt
ein Weſen / eine Krafft / ein Geiſt / ein GOtt / eine Fülle / gantz
ungetrennet von keinem Orte / aber in ſeinem Principio. Es ſolte
wohl ein Saw⸗Menſch ſagen: Ey wie wollen wir ihn zufreſſen;
O du Eſel / kom vor che dahin / daß du ihn auch erreicheſt / denn
du wirſt ihn nicht mit dem aͤuſſern Munde freſſen; Er iſt ein
Principium tieffer / und iſt doch der aͤuſſere / er iſt in der Jung⸗
fraw Maria / und auch nach ſeiner Gebuhrt in dieſer Welt ge⸗
weſen / wird auch am Juͤngſten Tage in allen dreyen Principien
vor allen Menſchen und Teufeln erſcheinen.
11. Er hat wahrlich irrdiſche Quaal an ſich genommen; Aber
in ſeinem Tode / als er den Tod uͤberwand / verſchlang die Goͤtt⸗
liche Quaal die irrdiſche / und nahm ihr das Regiment / nicht der⸗
geſtalt / daß CHriſtus haͤtte etwas abgelegt / ſondern die aͤuſſere
Qugal ward uͤberwunden und gleich. als verſchlungen / und mas
er num lebet / das lebet erin GOtt. Alſo folte Adam auch feyn /
und beſtund nicht: Alfo mufte das Wort Menfchgebohren wer⸗
Den / und fih in die Wefenheiteingeben/ auf dag wir Krafft
empfiengen / dan wir koͤnten in GOttleben.
72. Alſo hat Chriſtus herwieder gebracht / was Adam verlohr /
und noch vielmehr / denn das Wort iſt allenthalben Menſch wor⸗
den / verſtehe / es iſt allenthalben eroͤffnet in der Goͤttlichen We⸗
ſenheit / datinnen unſere ewige Menſchheit ſtehet / denn im ſelben
leiblichen Weſen ſollen wir in Ewigkeit ſtehen / darinnen die
Juugfraw GDttes ſtehet / wir muͤſſen GOttes Jungfraw an⸗
ziehen / denn Chriſtus hat ſie angezogen / er iſt in der ewigen
Jungfrawen / und auch in der irrdiſchen Jungfrawen Menſch
worden / wiewohl die irrdiſche keine rechte Jungfraw war; Aber
die himmliſche Goͤttliche machte ſie — der Benedeyung / das iſt /
7 * int
6: Erſter Theil / vonder Menſchw. Cap. 9.
indes Wortes und Bundes Eröffnung zu einer Jungfrawen /
denn das Theilin Maria /dasihr von Adam war aus der himm⸗
Fifchen Wefenheit angeerbet/ Das Adam irdifch machte / das
ward gebenedeyet; Alfo ſtarb nur das irrdiſche an ihr / das an⸗
dere lebte Ewiglich / und ward wieder zur keuſchen und zuͤchtigen
Jungfrawen / nicht im Tode / ſondern in der Benedeyung / als
ſich GOtt in ihr eroͤffnete / da zog fie die ſchoͤne Jungfraw GOttes
an / und ward eine maͤnnliche Jungfrawe am him̃liſchen Theil.
13. Alſo ward Chriſtus aus einer rechten reinen / zuͤchtigen /
himmliſchen Jungfrawen gebohren / denn fie empfieng in der Be⸗
nedeyung den Limbum GOttes / in ihre matricem, in ihren Saa⸗
men / wohl nichts frembdes / allein der Limbus GOttes eröffnete
ſich in ihr / in GOttes Krafft / der in Adam war erſtorben / der
ward mit GOttes Bewegung lebendig und gieng GOttes Eſſentz
im Worte des Lebens in ihren Limbum ein / und darinnen ward
der Seelen Centrum eroͤffnet / daß Maria einer Seelen ſchwan⸗
ger ward / und auch eines Geiſtes / beydes himmliſch und irrdiſch /
und das war ein recht Bild GOttes / eine Gleichnuͤß nach und
ausder H. Dreyzahl aus allen dreyen Principien.
Das 9. Capittel.
Von Marien Jungfrawſchafft / was ſie vor der Bene⸗
deyung ſey geweſen / und was ſie in der Bene⸗
deyung ſey worden.
* (> Ns arınen Heva Kindern ift diefes gar hoch-⸗noth
zu wiffen/ denn es ligt unfer ewiges Heyl darin
nen/ denn esiftdie Porte Emanuklis , und ftehet
der ganse Ehriftliche Glaube darinne / undift die
Porte der gröffeften Geheimnuͤß / denn allhie ligt
des Menfchen Heimligkeit verſchloſſen / in deme er Gottes Gleich:
nuͤß und Bilde iſt.
2. Denn / unſere gantze Religion ſtehet in dreyen Siuͤcken die
wir treiben und lehren / als erſtlich von der Schoͤpffung / was
Eſſentz / Weſen und Eigenſchafft der Menſch ſey / ob er ewig oder
nicht ewig ſey / und wie das moͤglich ſey: Was eigentlich der
menſchliche Urſtand ſey / von wannen er im Anfang ſey her⸗
kommen.
3. Und dan zum andern / weil ſo viel von ſeinem Fall geredet
und gelehret wird / wir auch ſehen / daß wir umb des Falls arte '
erb⸗
Cap. 9. Jeſſu Chriſti. 65.
ſterblich find / auch der Boßheit und Grimmen-Quaal unter:
worffen / was doch eigentlich fein Fall fey gewefen.
4. Und denn zumdritten/ weiluns GOtt wieder wilzu Genade
nehmen / umb welches willen er auch hat Geſetz und Schre gegeben]
und die mitgroffen Wunderthaten beftätiget/ was doch eigent⸗
lich die newe Wiedergebuhrt fey / dieweil wir ſehen / dag wir ſter⸗
ben müffen/ in welcher Gewalt und Geifte wir können wieder
new⸗gebohren werden / und vom Tode auffftchen.
5. Diefes alles finden wir nun in dieſen zweyen Bilden fürs
gemahlet / alsinder ewigen / heiligen / und aus) inder irzdifchen/
serbrechlichen Zungframfchafft / und finden die newe Wicderges
buhrt indem Bilde Chriſti gans hell und Elar. Denn in der ewi⸗
gen Jungfrawſchafft /alsin GOttes Wefenheit/ da die Bildnüg
und das Gleihnüg GDtfes iftalsineinem Spiegelvon Ewig⸗
keit gefehen/ und vom Geifte GOttes erfannt worden / ward
Adam der erfte Menfch erfchaffen / er hattedie Jungfrawſchafft
zum Eigenthumb / als der rechten Liebe⸗Tinctur im Liecht / welche
begehrende ift des Fewers⸗Tinctur, als der Effentien Eigen:
ſchafft / dag ſie mögen ein brennend Leben in Krafftund Herrlig⸗
feit ſeyn; und möge in des Fewers Eſſentz eine Gebährerin ſeyn /
welchesin des Liechtes Eſſentz ohne das Fewer nicht mag ſeyn.
6. Und erkennen alſo eine Jungfrawſchafft in GOttes Weiß⸗
heit im begehrenden Willen des Goͤttlichen Weſens von Ewig⸗
keit / nicht eine Fraw die gebaͤhre / ſondern eine Figur im Spiegel
der Weißheit GOttes / eine reine zuͤchtige Bildnuͤß ohne Weſen /
und doch in der Eſſentz / aber nicht in des Fewers Eileng offenbahr A
ſondern in des Liechtes Quaal.
7. Dieſelbe Bildnuͤß hat GOtt in ein Weſen geſchaffen / und
ſolches aus allen dreyen Principien, daß fie ſey eine Gleichnuͤß
nach der Gottheit und Ewigkeit / als ein gantzer Spiegel des
Grundes und Ungrundes / des Geiſtes und auch des Weſens /
und ward aus dem Ewigen geſchaffen / nicht zur Zerbrechligkeit.
Weil aber dag irrdiſche und Zerbrechliche am Ewigen hieng / hat
fich die irrdiſche Luſt in die ewige himmliſche eingeführet / und die
himmlische Eigenfchafft inheiret / denn fie wolte inder Ereigen
wohnen/ und war doch im Grimm GOttes verderber.
8. Alfo verderbte die irrdiſche Quaal die hHimmlifche/ und ward
derhimmlifchen Turba, als ſolches an Erde und Steinen gu er:
Fennen / welde zwar aus dem Ewigen ihren Urftand haben / find
aber im Grimme und indes Fewers Auaalverdorben/ und hat
das Fiar Erde und Steine ausder ewigen Weſenheit —
um
64 Erſter Theil von der Menſchw. Gap. 9,
umb welches willen ein Scheide-tag iſt beſtimbt / da ein jedes
Ding foll wieder in feinen Sther gehen / und durchs Fewer bes
waͤhret werden. FÜR
9. Alfo auch der Menſch: Erwar in der Jungfrawſchafft
in GOttes Weißheit erfchaffen / ward aber vom Grimm und
Zorn GOttes ergriffen / darumb ward er auch alfo bald verder⸗
bet und irrdiſch. Und als die Erde vergehet/ und im Fewer mug
bewähret werden/ und wiederumb in das gehen als fie war:
Alfo auch der Menfch / er fol wieder indie Jungfrawſchafft
eingehen darinn er gefihaffen ward / fo aber das dem Menfchers
nicht möglich war/ Day er vom grimmen Tode auffſtunde /
und in eine newe Gebuhrteingieng / denn feine Jungfrawſchafft
wer mitin Tod geſchloſſen umb welches willen GH T TI dem
Menſchen ein Weib aus ihme machte: Somuſte fih die Gott⸗
heit bewegen / und das eingeſchloſſene wieder eröffnen und le—
bendig machen. -
z0, Und das gefihahe in Marien der verfchloffenen Jung⸗
frawen / verfiche in der Jungfrawſchafft / welche Adam auf
GOttes Weißheit anerbete / nicht auß dem irrdiſchen Theil des
dritten Frincipii, ſondern des himmliſchen heiligen Theils / des
andern Principii, welches war in den irrdiſchen Tod im Zorn
GHttes / mitder irrdiſchen Imagination und Eingebung einges
ſchloſſen worden / und warals es tod ware / wie dan die Erde
auch als tod erſchien / darumb hat ſich Das Hertze GOttes be=
weget / und den Tod am Creuͤtz zerbrochen / und das Leben
wieder erbohren.
ır. Und iſt uns die Gebuhrt und Menſchwerdung Chriftiein
kraͤfftig Weſen / das ſich das gantze ungruͤndliche Hertze GOt⸗
tes hat beweget / und iſt alſo hiemit die hinimliſche Weſenheit
welche in Tod geſchloſſen war / wieder lebendig worden / dag
wir koͤnnen jetzt mit Grunde ſagen: GOTT hat feinen Zorn
ſelber wiederſtanden / in deme er ſich mit feines Hertzens Cen-
tro, weiches die Ewigkeit ohne Grund und Zielerfuͤllet hat
wieder eroͤffnet / und dem Tode ſeine Gewalt genommen / und
dem Grimm und Zorn feinen Stachel zerbrochen / ſintemahl
ſich die Liebe und Sanfftmuth im Zorn eroͤffnet / und des Fewers
Gewalt geleſchet hat.
x2. Und noch viel mehr ift uns Menſchen das eine groffe
Frewde / das fih GOTT in unferer todten und erftorbenen
Jungfrawſchafft hat eröffnen / und alſo fort durch alles. Daß
fie) aber das Wort oder dig Krafft des Lebens GOttes wieder 4
a Se
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# .
Cap. 9. JEſu Chriſti. 65
die Menſchheit / als in die verſtorbene und gleich als wie verlaſ⸗
ſene Jungfrawſchafft hat eingegeben / und das jungfroͤuliche
Leben wieder eröffnet / deß frewen wir uns / und gehen mit un⸗
ſerer Imagination ins Centium, als da ſich GOTT in der
Menſchheit hat eroͤffnet / als in die Menſchwerdung ſeines
Sohnes ein / und werden alſo in unſerer Imagination, welche
wir in feine Menſchwerdung einführen / feines eroͤffneten
Worts und Kraft der himmliſchen / Göttlihen Wefenheit
fhwanger / zwar nichts frembdes/ aber doch gegen der Irrdig⸗
keit fremsde. Das Wort hat firh allenthalben eröffnee/ auch
in jedes Menfchen Lebens-Liecht / und fehler nur daran das
fich der Seelen-Geift darein ergebe / fo zeucht er die ewige Jung⸗
frawſchafft wieder an / nicht alsein Kleid / fondern aus feiner
eigenen Eſſentz / in ihme wird GOtt gebohren; Denn Marie
ward mit allen Hevz Töchtern irrdiſch gebohren / aber der Bund
der Liebe GOttes weiſete in ihrer Effent / daß GOTT wolte
allda in ihr das Leben wieder aufffohlieffen. |
13. Und fönnen durchauß von Marien Jungfrawſchafft/
nach dem irrdiſchen Leben vor der Benedeyung / che ſich GOttes
Hergebewegte/ nicht fagen / das fie fey eine ganz vollkomme⸗
ne Jungfraw gewefen /"nach der Erften vor dem Fall / ſondern
fie war eine natürliche Tochter Hevz: Aber das fragen wir mit
Grunde /dagin Marien fowohlals inallen Adams Kindern]
ſey die ewige Jungfrawſchafft im Bunde der Berheiffung ver⸗
ſchloſſen gelegen / gleich als im Tode / und doch auch nicht in
GOTT verweſen: Denn der Name Jeſus aus GOttes Cen-
tro oder Herge hat fich von Ewigkeit in die Jungfraw der
Weisheit GOttes als ein Spiegel mit eingebilder / und iſt
des Vaters Centro, als des Fewers und Grimmes Centro
entgegen geftanden / nicht im Grimm im Fewer / indes Few⸗
ers Eſſentz / fondern in der Siebe im Liechte inder Liechtes Eſſentz /
und ward auch der Menſch in derſelben Eſſentz in dem Namen
Jeſu verſehen ehe der Welt Grund gelegt ward / da Adam
noch inhimmlifcher Efleng / ohne ein natürlich oder creafürlich
Weſen war: Denn in der Weißheit ward der Fallerfannt /
ehe der Menfch zur Ereatur ward / und folches nach des Fewers
Eigenſchafft / nicht in des Liechtes Eigenfchafft / ſondern nach
dem erften Principio.
24. Alfo fagen wir num nach unferer tieffen Erkäntnüs von
Maria / das fie feyeine Jungfraw vor der Zeitder Eröffnung
und Bottſchafft des Engels gewefen/ wie Heva / da ſie aus dem
— 9
66 Erfter Theil / von der Menſchw. Cap. 9.
Paradis gieng / che fie Adam ertannte / da war fie zwar eine
Jungfraw / aber die rechte Jungfrawſchafft war in ihr verbor⸗
gen / und mit der irrdiſchen Sucht inficiret / und ward an ihr
die thieriſche Eigenſchafft offenbahr / denn die irrdiſche Imagina-
tion zerbrach die hinunliſche Eigenſchafft / alſo dag ſie eine Fraw /
und nicht eine züchtige Jungfrauohne Mackel war / denn ſie
war nur ein Theikan der himmlischen Zungfrawfchafft / das an⸗
der Theil war Adam : Und alſo iſt keine reine / rechte Jungfraw
von Heva gebohren worden / die da gantz im Weſen wäre / die
Turba hatinallendie Zungfrawfchafft zerftöret / bit der Held
im Streit kam / derwareine gange männliche Jungfram in
Gottes Weigheit nach dem himliſchen Wefen / und das irrdiſche
hieng ihme an /aber das himmliſche herrfchete über das irrdiſche /
denn alfo folte Adam auch ſeyn / und er beftund nicht.
25. Darumb fagen wir mit Grunde / das Maria fey Joa—
chims Tochter von Annaerbohren/ und habe nach dem irrdiſchen
heil ihre Weſenheit effentialifch in ihr gehabt: Umd denn ſa⸗
gen wir / daß ftedes Bundes GOttes Tochter ſey gewefen / daß
GOtt habe das Ziel der Wiedergebuhrt in ſie geſteckt / daß das
gantze Alte Teftament habe in daſſelbe Ziel geſehen / und alle
Propheten vom ſelben Ziel (daß GOTT wolte die ewige Jungs
frawſchafft wieder eröffnen ) geweiſſaget: Und dag daſſelbe
Ziel ift gebenedeyet geweſen vorm GOTE hat fich mit feiner
Barmpergigkeit mit dem Bunde der Verheiffung in dig Ziel
eingegeben / und fund das Wort der Berheiffung im Bunde
und ins Lebens⸗Liecht dem Zorn entgegen : Und iſt die erſte Welt
vor und nach der Suͤndfluth im felben Bunde/ den GOTT als
einen Jungfräwlichen Spiegel für fich ftelte / feclig worden.
Denn / die ewige Jungfrawfchafft erfchien im Bunde alsim
Spiegel G9ttes / und darinnen beluftigte fich die Gottheit /
denn fo Iſrael den Bund hielt / und thate die Werde des Bun⸗
des / fo ward das von GOTT angenohmen / als wäre die
Menſchheit im Spiegelder Weißheit Gottes gemwefen ; Und ob
Iſrael gleich irrdiſch und böfe war / noch dennoch wohnet Gott
in Ifraelin feinem Bunde / inder Weißheit Gottes / nad ſei⸗
ner Siebe und Barınhersigkeit.
16. Alfo waren die Wercke des Befekes vor GOtt im Spie-
gel/ big das Schen wieder aus dem Bunde erbohren ward / bif
die Erfüllung kam / da hörten die Wercke im Spiegel auff /
send huben fich die Wercke der Erfüllung in Fleifch und Blut in
der himmlifchen Weſenheit wieder an/ denn in Maria *
er
Cap. 9: JEſu Ehrifti. 67
der Anfang / alsder Engel ihr die Bottſchafft brachte) und fie
ſprach: Mir geſchehe / wiedugefagt haft: So hat ſich zu hand
des Lebens Centrum im Wort Gottes/ alsdas Herk Gottes in
ihrem verftorbenen himmlifchen Saamen beweget / und dehn
wieder lebendig gemacht / und ift die Schwängerung angegan⸗
gen / denn alle drey principia der Gottheit find erraͤget worden/
und hat die Göttliche Tindtur inder verftorbenen himmliſchen
Wefenheit gefangen: nicht / Daß GOTT fen ohne Wefen ge»
ftanden/ fondern der Menfch war am himmliſchen Weſen er⸗
ſtorben / und jest kam das Hertz Gottes mit lebendiger Goͤtt⸗
licher Wefenheit in den Tod / und weckte die verftorbene We⸗
ſenheit auff: Nicht nahm fie dißmal die irrdiſche Quall hinweg /
ſondern trattin die irrdiſche Quall / als ein Herr und Uberwin⸗
der der Quall / ein / denn das rechte geben ſolte durch den Tod und
Zorn Gottes eingefuͤhret werden / welches geſchahe am Ereuß/
da der Todt zerbrochen ward / und der Grimm gefangen / und
mit der Liebe geleſchet und uͤberwunden ward.
17. Alſo verſtehen wir nun / was Maria mit der Empfaͤng⸗
nuͤß ſey worden / nehmlich eine rechte reine Jungſrau nach dem
himmliſchen Theil:Denn als ſich das Hertze Gottes bewegte / und
in ihr der Tag anbrach / ſo ſchien i nihrdas Liecht der Klarheit
und Reinigkeit Gottes: Denn ihre verſtorbene Jungfrawſchafft
als Gottes Weizheit ward eröffnet und lebendig / denn ſie ward
erfuͤllet mit der göttliche n Jungfrawſchafft / als mit GOttes
Weißbeit/ und in derſelben Weißheit und Goͤttlichen Weſen⸗
heit / ſo wohl in der verſtorbenen und jetzt lebendigen MWefenheit
ward das Wort Fleifh im Sulpkur, mit dem Centro Naturz,
aus def Vatters Eflentien, und auß Marien Eflinfien, aug
dem Tode ein Leben / eine Frucht mit beyden Tin&uren voll-
koͤmlich / da beyde Tincturen nur eine waren: Und weil Adam
war ein Mann worden / fo ward auch Chriftusein Mann nach
der Auffern Welt/ denn nicht Hevz Bildnüg inder Weibes⸗
Tinctur foll bleiben / fondern Adams Bildnuͤß / als er ein
Mann undanch ein Weib war / follbleiben: So aber doc der
Zeichen eines muft erſcheinen nach der Macht des äuffern
Fiats, und dag auch der Held im Streit wieder wurde in alle
drey Principia geſetzet fo Eriegte der Held im Streitmänn-
liche Zeichen / dannder Mann hat des Fewers Tin&ur, als des
Batters Eigenfhafft;So iftder Batter die Stärde und Macht
aller Dinge / und der Sohn ift feine Liebe: Alfo ward das
Wort in weibliher Efleng Menfh / und ward aber cin
Manı
EEREE
68 Erſter Theil / von der Menſchw. Cap 9. |
Manny daß feine Liebe möchte den Zorn und Grimmim Vat⸗
ter leſchen venn Veneris Tin&ur hat den Waffer-Quall-/ und
das Weib hat Veneris Tin&ur: Alfo folte das Fewer mit dem
Waſſer des ewigen Lebens / und des Vatters brennende Effen-
tien im Fewer wjeder gelefchet werden.
18. Nun erkennen wir aber Mariam Chriſti Mutter nach
dem Fleiſche / Seel und Geiſt / inder Benedeyung / für eine
reine zuͤchtige Jungfraw / denn das iſt ihre Benedeyung / daß
ſich GOTT hat in ihr eroͤffnet / ſie hat das Wort des Lebens in
ihrem Leibe getragen / das hat ſich in ihr beweget; Nicht hat
Maria das Wort beweget/ fondern das Wort hat Mariam
beweget / beydes die Frucht die fie gebahr / und aud ihre Seele /
ſo wohl das Theil der verſtorbenen Weſenheit / daß ihre Seele
zuhand mit goͤttlicher lebendiger Weſenheit umbgeben ward /
nicht nach dem irrdiſchen Theil / als nach dem dritten Principio,
ſondern nach dem Himmliſchen Theil als nach dem andern
Principio, daß ihr alfo das Irdiſche nur anhieng / denn ihre
Seele ſolte auch mit dem Wort des Lebens / welches in ihr
Menſch ward / mit durch den Tod und Zorn des Batters indie
himmliſche goͤttliche Quall eingehen / darumb muſte ihr aͤuſſerer
Menſch der irrdiſchen Quall abſterben / auff daß er GOTT
lebete / und darumb / daß ſie iſt gebenedeyet worden / und hat das
Ziel im Bunde getragen / iſt ihr Leib nicht verweſen / denn das
himmliſche hat das irrdiſche verſchlungen / und haͤlt das ewig
gefangen / zu Gottes Ehr und Wunderthat: Es follin Ewig—
keit nicht vergeſſen werden / daß GOTT in ihr iſt Menſch
worden.
19. Daß aber etliche ſagen / ſie ſey gantz im Tode verblieben /
dieſelben moͤgen ihre Bernunfft wohl anderſt ſchawen / denn was
Hochgebenedeyet wird / das iſt unverweſlich / ihr himmliſches
Theil der Goͤttlichen Weſenheit / das ſie hat gebenedeyet / iſt
unverweſlich: Sonſt muͤſte folgen / dag Gottes Weſenheit in
der Benedeyung waͤre noch einmahl gefallen und geſtorben /
als in Adam gefchach / umb welches Sterbens willndeh GOtt
Menſch ward/ daß er das Leben wiederbraͤchte. Zwar fie ift
nach dem Auffern Leben als nach der irrdiſchen Quall geftorben /
aber fie lebet nach der Benedeyung in Gottes Wefenheit/ und
auch inihrer eignen Wefenheit/ nichtin 4. Elementen / ſon⸗
dern inder Wurgelder 4. Elementen / welche die 4. in ſich ver⸗
ſchloſſen haͤlt im Paradis und reinen Element / inder Götts
lichen Wefenheit / indem Leben GOttes.
TE 20. Darumb
Cap 9. IJE0Eſu Chriſtitz. 69
20. Darumb ſagen wir / daß Maria gröffer ſey als irgend
eine Tochter von Adam / indem GOTT das Ziel ſeines Bundes
in ſie geſtecket hatte / und ſie alleine die Benedeyung unter allen
Hivz Töchtern erlanget hatte / als die reine Jungfraͤwliche
Zucht / welche in allen Heve Toͤchtern zerſtoͤret war. Bey ihr
aber ſtund die Jungframfchafft im Bunde / bi ſte das Wort
des Lebens hoch benedeyete / ſo ward ſie eine rechte reine zuͤchtige
Jungfraw / in der GO TT gebohren ward. Denn Chriſtus
ſprach auch zu den Juden: Ich bin von oben her ihr aber ſeyd
von unten her: Ich bin nicht von dieſer Welt / ihr aber ſeyd von
dieſer Welt. Wenn er waͤre in einem irrdiſchen Gefaͤſſe
Menſch worden / und nicht in einer reinen himmliſchen zuͤch⸗
tigen Jungfrawen / ſo waͤre er ja von dieſer Welt geweſen /
aber alſo war er in der himmliſchen Jungfraw Menſch worden /
und hieng ihme der irrdiſche Quall nur an / denn die Effeng der
Seelen war mit irrdiſcher Quall in uns armen Menſchen⸗
Kindern inhciret worden / und er folte unfere Seole in himm⸗
liſcher Eſſentz in ſich durch das Fewer Gottes in Ternarium San-
ctum ein fuͤhren / denn umb die Seele war es zuthun / dieweil
ſie aus dem Ewigen war —— worden/ ſo wolte ſie auch
GOTT nicht verlaſſen.
21. Darumb wenn gefraget wird / was das für Materia ſey
geweſen / dahinnein ſich GOttes Wort und Hertze hat eingege⸗
ben / und ihme einen Leib gemacht / obs frembde Materia, die
vom Himmel kommen fi y / oder obs Marien Eentz und Saa⸗
me ſey gewe fer So iſt diß unſere Antwort / daß Gottes
Hertze nie ohne Weſen ſey geweſt / denn ſeine Wohnung iſt
von Ewigteiti im Liechte / und die Krafft im Liechte iſt das Hertze
oder Wort / das GOTT von Ewigkeit hat geſprochen / und
das Sprechen iftder H. Geiſt geweſen / der mit dem Sprechen aus
der Krafft des Liechtes / aus dem gefprochenen Worte außgehet
in das Außgeſprochene / und das Aufsgefprochene ift GOttes
Wunder und Weisheit / dig hat in fich ven Göttlichen Spiegel
der Weißheit / darinn der Beift GoOttes ſtehet / und darinner
die Aumder eröffnet.
22. Und alfo verfichet / das das Wort aus dem Herkeit
Gottes des Batters mit der himmliſchen und züchtigen Jung⸗
fraw der Weisheit umbgeben in ver himmlischen Weſenheit
wohnet / bat ſich zu gleich in Marien Eſſentz und Weſenheit /
als in ihrem eigenen Saamen / verſtehe im menſchlichem Saa=
men / eroͤffnet / und Marien verftorbenen und an 69 —
blin⸗
70 Erfter Theil) vonder Menſchw. Cap. 9.
blinden Saamen in fich genommen / und dehn zum Leben er>
wecket. Die lebendige Weſenheit kam in dic halb ertoͤdtete / und
nahm die halb ertoͤdtete zum Leibe / nicht zu einem verweſlichen /
der da auffhoͤren ſolte / ſondern zu einem Ewigen / der da ewig
bleiben ſolte denn allhier ward das ewige Leben wieder ge⸗
bohren.
23. Alſo ward die Weſenheit der Ewigkeit in GOTT feiner
gantzen Tiefe ohne Grund / und die Weſenheit des verſtorbe⸗
nen Adams in der Menſchheit eine Weſenheit / gantz ein einig
Weſen / das alſo die Creatur Chriſtus mit feiner Weſenheit
zu gleich auff einmahl den gantzen Vatter erfuͤllete / der ohne Ziel
und Grund iſt: Aber die creatuͤrliche Seele blieb / und iſt eine
Creatur: Und nach dem dritten Principio , als von der Crea⸗
tur / iſt dieſer Chriſtus eine Creatur und Koͤnig der Menſchen
fo wohl auch nach dem andern Principio, als cin Kind des ums
gründlichen Batters. Was der Batter in feiner ungründ-
lichen Zierfe iſt das ift der Sohn in feiner Ereaturs Denn
die Krafft in der Creatur iſt mit der Krafft auffer der Creatur
eine Krafft/ eine Wefenheit/ in derdie Engel und Menfchen
wohnen: Sie gibt Paradis und fröliche Wonne / aberinder
Menfchheit gibt fie auch Fleifch und Blut / darumb ift und
bleibt fie auch eine Ereatur/ aber ungefchaffen/ fondern geboh-
ven / auff einem Theil auß GOTT von Ewigkeit / und auff
dem andern Theil auß der Menfchheit/ und ift GOTT und
Menſch eine Perfon worden / ein Ehriftus/ ein GOTT / cin
Herr / eine H. Dreyfültigkeit in der Menfchheit/ und auch
zugleich überal / ſo daß wenn wir Chriflum fehen / fo fehen wir
die H. Dreyfaltigkeit in einem Bilde: Seine Ereatur ift ein
Bilde / gleich/ und auf uns Menſchen / unfer Hoherpriefterumd
König/ unfer Bruder/ unfer Immanuel:Seine Kraft ift unfere
Krafft/ find wiraber auf Gottim Glauben an ihn wiederge⸗
bohren: Er ift uns nicht frembde oder (hredlich/fondern ift unfer
$Siebe-Tin&ur: Er iſt mit ſeiner Krafft unferer Seelen Erauif:
kung / unfer Schen/ un unferer Seelen Wonne: Wenn wir ihn
finden/fo finden wir unferen Gehuͤlffen / gleich wie ihn Adam fin»
den folte / uñ er ließ fich betriegen/und fand endlich eine Fraw da
ſprach er: Das ift Fleiſch von meinem Sleifch / und Beinevon
meinem Bebeine/ under nahm ſie zu fich/ zu einer Geſellin.
24. Alfo wenn ihn unfere Seele findet / fofagetfie: Das
iſt meine Jungfraw / die ich in Adam hatte verlohren/ da ein
irrdiſch Weib aus ihr ward / jest habe ich meine liebe Jungfraw
aus
9
Cap. ro. Je ſu Chriſti. 7*
aus meinen Leibe wieder funden / nun wil ich die nimmermehr
von mir laſſen / ſie iſt meine / mein Fleiſch und Blut / meine
Staͤrcke und Krafft / die ich in Adam verlohr / die wil ich be>
halten. Dein freundlich halten! freundlich inqualiren / Schoͤn⸗
heit / Frucht / Krafft / und Tugend.
25. Alſo findet die arme Seele ihres verlohrnen Liechts Tin-
Aur, und ihre liche Zungfraw / und im Weiblein wird gefuns
den der edle Braͤutigam darnach Veneris Matrix hat je gelü>
ſtert / hat aber nur einen irdischen männlichen Sulphur gefun
den / undhatlich mitirdifchen Saamen muͤſſen laſſen ſchwaͤn⸗
gern. Allhier bekomt fie des rechten Fewers und Mannes Tin-
ur, daß fie alfo auch eine rechte mannliche Jungfraw wird /
als Adam in feiner Unfchuld war.
Das 10. Capittel
Bon der Menfihwerdung JEſu Ehrifti des Sohns
GHttes / und wieerneun Monath/ als alle Men:
fihen Kinder / fey in Mutter⸗Leibe verfchloffen gefe:
gen/ und wie eigentlich feine Menſchwerdung fey.
x. > Tel difpurirens hat man getrieben umb die
Menfchwerdung ICſu Ehrifti/ aber faft Blindy
und daraus manderley Meynungen gemacht /
die Menfchen alfo mit Meynungen umbzutrei-
NI ben/ und die rechte Menfchwerdung laffen ligen/
daran unfer ewig Heyl liget. Deffen allen war Urfach / daß
man das in Aufferlicher Witze und Kunft gefuchet / undnicht
am rechten Ziel: Wäre man in die Menfchwerdung Chrifti
eingegangen / und auf GOTT gebohren worden / es hätte Eti>
nes diſputirens bedürfft/ / denn der Geift GOttes eröffnet einem
jeden die Menſchwerdung Ehrifti wohl in ihme felber/ und ohne
denfelben ift Eein Finden: Denn / wie wollen wir dasin diefer
Melt mit Vernunfft-Kunſt finden / das nicht indiefer Welt
iſt? Wir finden in der auffern Bernunfft Faum einen Glaft
davon / aberin GOttes Geiftift das rechte finden.
2. Die Menfhmwerdung Ehrifti iſt ein ſolch Myfterium , da⸗
von die äuffere Bernunfft nichts wei / denn fie ift inallen dreyen
rincipien gefchehen/ und mag wicht ergründet werden / mar
kenne danden erften Menfchen in feiner Schöpffung vorn *
e
72 Erfter Theil/ von der Menſchw. Cap. 10,
Te / gruͤndlich / denn Adam folte den andern Menfihen mit den
Eharacter der H. Drepfaltigkeit aus ſich gebahren / in deme
der Name JEſus eingeleibet ſtund / aber es konte nicht ſeyn:
Darumb muſte ein anderer Adam kommen / deme es moͤglich
war / denn Chriſtus iſt das Jungfrawliche Bild mit dem
Charader der H. Dreyfaltigkeit: Er iſt empfangen in GOt⸗
tes Siebe / und gebehren in Diefe Welt / Adam hatte Göttliche
Weſenheit / und feine Seele war auß dem erſten Principio ,
auf des Batters Eigenfchafft / die folte fich mit der Imagination
richten in des Vatters Herge / alsins Wort und Geift der Lie—
be und Reinigkeit / und eſſen von der Liebe Weſenheit / / fo haͤtte
ſie Gottes Weſen im Wort des Lebens an ſich behalten / und
waͤre mit der Krafft auß dem Hertzen Gottes g eſchwaͤngert wor⸗
den / davon ſie denn auß ſich ſelber in ihre W Seſenheit imaginiret /
und ihre Weſenheit ſelber geſchwaͤngert haͤtte / daß alſo waͤre eine
gantze Gleichnuͤß nach dem erſten Bilde durch Imagination und
der Seelen Willen Einergeben entſtanden / und in derK rafft der
Weſenheit empfangen worden.
3. Weil aber diefes in Adam nicht feyn Fonte / wegen der
Irrdigkeit / Die ihme anhieng / fo geſchach es im andern Adam
Chriſto / der ward auff eine ſolche Art durch Gottes Imazina-
tion und Eingehung indes erſten Adams Bildnuͤß empfangen.
4. Und iſt uns erkaͤnntlich / daß weil der erſte Adam ſeine
Imagination hat in die Irrdigkeit geſetzt / und irrdiſch worden /
auch ſolches wider Gottes Vorſatz gethan / dennoch Gottes
Vorſatz beſtehen muſte:: Denn allhier ſetzte GOtt ſeinen Bor⸗
ſatz in Adams Kind / und fuͤhrete feine Imaginarion in die Ver⸗
derbte Bildnuͤß / und ſchwaͤngerte dieſelbe mit ſeiner Goͤtt⸗
lichen Krafftund Weſenheit / undwendete umb der Seelen wil—⸗
len auß ver Irrdigkeit in GOTT / daß Maria eines folchen
Kindes ſchwanger ward / als Adaui folte ſchwanger werden /
welches die eigene Vermo oͤgenheit nicht thun konte / ſondern
fand nieder in den Schlaff / als indie Magiam, da denn das
Weib auß Adam gemacht ward / welches nicht ſolte gemacht
werden / ſondern Adam ſolte ſich in Veneris Matrice ſelber
ſchwaͤngern / und Magifih gebaͤhren; Weils aber nicht ſeyn
mochte / ward Adam zertheilet / und ward ibm fein eigener
Wille der groſſen Macht gebrochen / und in Tod gefchloffen :
Weil er feine Imagination nicht wolte in Gottes Geiſt ſetzen /
ſo muſte ſeine groffe Macht im Tode fill haften / und den Beift
Gottes laffen feine Imagination in ſich ſetzen und mit ihme
thun / was er wolte. 5. Darumb
Eınıa Zeche. 073
5. Darumb erweckte ihme Gottes Geift ans deinfelben Tode
Das Schen/ und ward deffelben Lebens Geiſt / auff Pag die Bild»
nuͤß und Gleichnuͤß nach GOTT (fovon Ewigkeitwarin Got⸗
tes Weißheit erkannt worden) doch möchte erbohren werden und
beſtehen: Denn ſie ſtund vor den zeiten der Welt und von
Ewigkeit im jungfraͤwlichen Spiegel in der Weißheit Gottes /
und ſolches in zweyen Geſtalten / als nach dem erſten Principie
des Vatters im Fewer / und im andern Principio des Sohns im
Liechte / und war doch nur im Liechte offenbahr / und im Fewer
gleich als in einer Magia, als in einer Moͤgligkeit. Gleichwie
der geſtirnte Himmel eine Figur dem Menſchen im Schlaffe
ins Gemuͤth modelt nach ſeiner Vermoͤgenheit: Alſo iſt auch
die Bildnuͤß im Centro des Fewers Natur erſchienen / gantz
unſichtbar / aber in der Weißheit im Spiegel der Gottheit iſt
fie als ein Bilde / gleich einem Schatten / aber ohne mate-
ziafifch Weſen erfihienen / und ift doch in der Efleng des Geiftes
gewefen: Welcher / fo er fich im Spiegelder Weißheit erblicket /
dieſe Bildnuͤß erkannt und geſehen hat/ und eineft feinen Wil⸗
len darein geſetzt / ſie in Weſenheit zu bringen / auff daß Gott
ein Bild oder Gleichnuͤß im Weſen habe / da er ſich nicht mehr
doͤrffe als im Spiegel ſchawen / ſondern im Weſen empfindens
Und darumb / fo das erfte Bild indie ſtrenge Macht imaginir-
te / und daruͤber irrdiſch und fod ward / führete Gottes Geiſt
feinen Willen und geben in Tod / und nahm aus dem Tode wie>
derdas erfte Sehen in fich / auff dag das erfte Leben in vollem
Gehorſamb vor ihn beftünde / und er allein fey das Wollen und
auch das Thun.
6. Alfo ift ung erfänntlich / dag Gott fey in die halb⸗tode
Bildnüg eingangen / verftche in Mariam / und chen in die=
felbe jungfraͤwliche Geftalt/ welche im Tode verfehloffen lag /
darinn Adam folte ſchwanger werden / undein Bild nad) ihme
in jungfräwlicher Zucht gebähren: In derſelben eingefchloffe-
nen und halbsertödteten jungfräwlichen Matrice ift GOttes
Wort oder Her& / als das Centrum der H. Dreyfaltigkeit/
ein Menfhen-Bild worden / ohne Verlegung feines Wefens.
Und weil die erfte lebendige Jungfraͤwliche Matrix in Adam
nicht wolte GOtt gehorſam ſeyn / fo ward fie ihme jetzt / als fie
wieder aus dem Tode erwecket ward / gehorfam / und ergab fich
ganz demühtig und willig in Gottes Willen; Alfo ward jest
wieder das rechte jungframliche Bild im Gchorfam Gottes figu-
ziret / denn der erſte Wille muſte im Tode bleiben / der wider
D Gottes
Ps
74 Erfter Theil von der Menſchw. Cap. ro
Gottes Willen imaginirte, umd ward ein reiner gehorfamer
Wille erwecket / der inder himmliſchen Sanfftmuth und We—⸗
fen blieb / der nicht mehr die Bildnuͤß im Fewer indes Vatters
Theil in ihm lieg auffquellen/ fondern bliebin einer Quaal /
alf dan die Bottheitnurimeiner Quaal ihr gehen führet / als
dm Liechte im H. Geifte / und führetaber dochihre Herrſchafft
über alle orey Principia.
7. Alfo ift uns auch von der Menfchwerdung Chriſti zu ver⸗
ftchen. Als GOttes Geift das jungfrämliche geben in Maria
wieder erweckete / welche in der irrdiſchen Effenk in Tod und
Grimm lag eingeſchloſſen / ſo wendete ſich daſſelbe Leben nun⸗
mehr in einen Willen / als in Gottes Liebe / und ergab ſich
dem Geiſte Gottes: Alſo ward daſſelbe Leben eines rechten
jungfraͤwlichen Bildes ſchwanger / welches bey Adam ſeyn ſolte /
aber nicht geſchach / denn eine Imagination empfieng die andere:
Gottes Imagination empfieng die Iwagination im Tode / und
brachte fie wieder zum Leben / und daſſelbe Leben imaginirte wies
Der in Gott / und ward Gottes ſchwanger / und ward aus der
Gottheit und Menſchheit eine Perſon / die Gottheit hieng an
der himmliſchen Weſenheit / die von Ewigkeit je geweſen war /
mit Reich / Krafft und Herrligkeit / als das Reich des Para⸗
diſes / und die Engliſche Welt / als der Geiſt / und die ſte⸗
bende Geſtalt am Centro Naturæ, wie im dritten Theil oder
Buche vom dreyfachen Leben mit allen Umbſtaͤnden gemeldet
worden; Und die Menſchheit hieng an dem Reich dieſer Welt;
Weil ſich aber der Wille der Menſchheit in die Gottheit ergab /
ſo ward dieſes jungfraͤwliche Bild in Chriſto JEſu nur ein
Gaſt in dieſer Welt / und feine Gottheit war ein Herr uͤber
dieſe Welt: Denn alſo ſolte das in Adam auch ſeyn / daß das
kleinere und Unmaͤchtige unter dem groͤſſern und Allmaͤchtigen
wäre: Aber Adams Wille gieng in das kleine und Unmaͤchti⸗
ge / darumb ward er gantz Unmaͤchtig / und fiel nieder in
Schlaff / und dem Schoͤpffer wieder heim: Aber dieſe Bildnuͤß
mit Chriſto blieb in der Goͤttlichen Weſenheit ſtehen / und
hieng ihr die irrdiſche Quall in Knechts-Ambt und Weiſe an /
nun nicht mehr als ein Herr / wie uͤber Adam und Mariam
ſeine Mutter / vor der hohen Benedeyung und Eroͤffnung der
Gottheit / ſondern als ein) Knecht / denn dieſe Bildnuͤß war
nun in Gottes Geiſte und Macht cin Herrüber das dritte Prin-
eipium diefer Welt.
8 Nun fpricht die Vernunfft / wie iſt es denn zugangen *
dieſer
— ————— — *
De nn ui
A TE DE 00
Cap. 15, Sefu Chrifti. T TR
dieſer Menfhwerdung ? Iſt dan das Sehen alſobald mit dein
Punct der Empfaͤngnuͤß räge worden über den natürlichen
Sauff/ dag alfo das Theil Mariz, alsdes Weibes Saamen /
hat alfobalde gelebet ? Nein/ denn eswar ein Effenrialifeger
Saame / und wardin feiner rechten natürlichen Zeit raͤge / mit
Seel und Geift/ wie alle Adams- Kinder / aber das Theil der
Gottheit umbgeben mit Göttliher Wefenheit und Zeißheit
lebte von Ewigkeit zu Ewigkeit: Der Gottheitgieng nichtes
zu noch abe/ was fie war das blieb fie/ und was ſie nicht war /
Das ward fie. Sie gab fich mit yimmlifcher göttlicher Weſen—
heit in die Effeng und Weſenheit Mariz, und ward Marieir
Efleng und Gottes Efleng eine Perſon / aber Marien Effeng
war tödlich / und Gottes Eſſentz untoͤdlich: Daruuib muften
Marien Effentien am Creuß fterben/ und durd den Tod ins
Leben gehen / dazu halffen Gottes Eflentien / fonft wäre es nicht
‚möglich geweſen. Alfo halff uns Gottes Eſſentz / und huͤlfft uns
Po: immerdar durch Chrifti Tod in Gottes Efleny und $c=
nein.
9. Alſo erkennen wir Chriſti Menfhwerdung watürlich / wie
aller Menfchen Kinder: Denn/die him̃liſche göttliche Wefenheit
hat fich mitihrem Leben in die irrdiſche halbsertödtete eingegeben;
Der Herr gab ſich unter den Knecht / auff daß der Knecht lebendig
wuͤrde / uñ iſt zugleich in neun Monden ein vollEommener Menſch
worden / und auch ein wahrer Gott blieben / und iſt auch auff
Arth und Weiſe aller Adams-Kinder zu dieſer Welt gebohren
worden / durch denſelben Gang / wie alle Menſchen: Und das
darumb / nicht daß ers bedoͤrffte / er haͤtte Eönnen magiſch ge⸗
bohren werden / aber er wolte und ſolte unſere unreine thieriſcht
Gebuhrt und Eingang in dieſes Leben heilen: Er folte in unſerm
Eingang in diefe Welt eingehen / und uns außdiefer Weltin
en Eingangeinführen/ undausder irrdiſchen Quaal auß⸗
uͤhren.
zo. Denn ſo er waͤre magiſch auff Goͤttliche Arth gebohren
worden / fo ware er nicht natuͤrlich in dieſer Welt geweſen
denn die himmliſche Weſenheit haͤtte muͤſſen den irrdiſchen Quall
verſchlingen / alſo waͤre er uns nicht gleich worden / wie haͤtte er
denn wollen den Tod leyden / und in Tod eingehen / und den zer⸗
brechen ? Aber / alſo iſt es nicht: Er iſt wahrhafftig des Weibes
Saame / und den Natürlihen Weeg / wie alle Menſchen /
in dieſe Welt eingegangen/ und aber den Goͤttlichen Weeg in
der goͤttlichen Macht und EN den Tod außgegan⸗
2 gen?
76 Erfter Theil / vonder Menſchw. Cap: 1o.
gen: Seine göttliche / lebendige Weſenheit iſt es / die im Tode
beftund / die ven Tod zerbrach umd ſpoltete / und führete die
verwundte halb-todte Menfchheit durch den Tod ins Ewige Le⸗
ben: Denn das irzdifche Theil/ welches er aus feiner Mutter
Mariaanfich/ dasift/ andas Göttliche ABefen annahm / das
ftarb am Greuß der irrdiſchen Quaal: Alfo war die Seele
in Gottes Wefenheit / und fuhr als ein Sieges-Fürft dem
Zeuffel in feine Hölle / das ift/ in Gottes Zorn) und lefchete dehn
mit Gottes Liebe und Sanfftmuth der Göftlichen Liebe Weſen⸗
heit denn es kam das Liebe⸗Feuer in des Zorns Feuer / umd
erfäuffte ven Zorn / darinn der Teufel wolte Gott ſeyn / alfo
waͤrd der Teuffel mit der Finfternüg gefangen genommen /
amd verlohr feine Herifchafft : Denn der Stadhel und das
Schwerd des Cherubs / des Würg-Engels/ ward allhier zer>
brochen / umd Das war die Urfache / daß Gott Menfch ward/
Dag er uns aus dem Tode ins ewige Seben einführete/ umd den
Zorn / der in uns brandte / mit feiner Siebe leſchete.
11. Denn / ihr ſolt uns recht verſtehen / wie Gottes Zorn
ſey geleſchet worden / nicht mit dem toͤdlichen Blute Chriſti / das
er vergoß / daruͤber die a fpotteten /_ fondern mit
dem Blute des ewigen Lebens / aus Gottes Weſen / welches
unfterblich war / das da hatteden Brunnquaͤll des Waſſers des
ewigen Sebens / das ward am Creutz mit unter dem Aufferlichen
Bluse vergoffen/ und da das Auffere in Tod fiel / da fieldas
himmliſche mit/ aber es war unfterblich.
ı2. Alfohatdie Erde Ehrifti Blut empfangen / Davon fie er»
zitterte und erbebete/ denn der Grimm Gottes war jest in ihr
überwunden / und Fam das lebendige Blut in fie/ welches aus
Gottes Wefenheit war vom Himmel Eommen/ das thät auff
die Gräber der Heiligen / und eröffnete den Tod / und machte
eine Straffe durch den Tod / daß der Tod ward ſchaw getragen /
denn als Chrifti Leib vom Tode auffſtund / da trug erden Tod
an ſeinem geibe ſchaw / Denn feine Macht war zerbrochen.
vas
Capır) 0° Zefuchife) 0 77
Das 11. Gapittel.
Bon der Nutzbarkeit was uns armen Hevaͤ⸗Kindern
die Menſchwerdung und Gebuhrt Jeſu Chriſti /
des Sohns GOttes / nüße,
Die Allerliebreichſte Pforte.
*. Ir armen Hevaͤ⸗Kinder waren in Adam alleerftorbeny
und ob wir gleich lebeten / ſo lebten wir doch nur dieſer
Welt / und der Tod wartete unſer / und verſchlange je
einen nach dem andern / und war uns kein Rath / ſo uns nicht
haͤtte GOtt wieder aus ſeinem Weſen erbohren / wir waͤren in
Ewigkeit nach dem Leibe nicht wiederkommen / und unſere Scele
wäre in GOttes Zorn⸗Quaal bey allen Teuffeln ewig blieben ;
Aber die Menfchwerdung JEſu Ehrifti ift uns ein Eräfftig IS»
fen worden / denn umb unferntwillen iſt GOtt Menſch worden /
auff daß er unfere Menfchheit wieder aus dem Tode in fich bräche
te / und unfere Seelen aus dem Feuer des Zorns GOttes erlö-
ſete: Denn die Seele iſt in ſich ſelber cin FiuersQuaal / und haͤlt⸗
in ſich ſelber inne das erſte Principium, die herbe Strengigkeit /
welcher in ſich ſeiber Su zun Seuer arbeitet; So aber dieſer
Seelen⸗Gebuhrt die Sanfftmuth und Liebe GOttes entzogen
wird / oder aber / ſo te mit gantz ſtrenger Materia inficiret wird |
fo bleibet fie eine Quaal in der Finſternuͤß / eine gantze ſtrenge
Rauhigkeit / fich ſelber freſſende und wird doch auch im Willen
Immer wieder Hunger / alfo mehr ſich zugebähren: Dennein
Ding / das feinen Anfang noch Grumdhat / das hat auch kein
Ende/ fondern es ift felber fein Grund / es gebichret fich felber.
2, Und wir doch auch nicht fagen wollen / daß die Serle
feinen Anfang habe: fie hat Anfang/ aber nur nach der Erene
fur / nicht nach der Efleng / ihre Efleng ift von Ewigkeit /
denn das Göttliche Fiar hat fie im Centro-der ewigen Natur
gefaſſet / und in ein ſubſtantialiſch Weſen gebracht/ dazu mit
dem ganken-H mit dein Charakter der heiligen Dreyfaltigkeit /
als eine Gleichnüß des dreyfachen Geiſtes der Gottheit / in
der GOTT wohnst] es gefchehe nun in Siebe oder Zorn / das
iſt im Liecht oder Fewer / im welches fie imaginiret / deſſen
wird fie ſchwanger / denn fie ift ein magifcher Geift / eine
Quaal in fic) felber + Sie ift das Centrum der Ewigkeit / ein
Fewer der Gottheit im Vatter / I nicht in der Freyhat
3 *
78 Erfter Theillvonder Menfchw. Cap. Til
des Batters/ fondern in der ewigen Natur: fie iſt nicht vor
dem MWefen / fondern im Weſen; aber GOTTes Freyheit
iſt aufferm Weſen / wohnet aber im Weſen / denn im Weſen
wird GOTT offenbahr / und wäre auch fein GOTT ohne
Weſen / fondern cine Emwige Stille ohne Quall / aber in der
Quall wird das Fewer erbohren / und auf dem Fewer das
Sicht / da fich dan zwey Weſen fcheiden / und zweyerley
Dual führen / als ein grimmige / hungerige / durftige im
Fewer / und eine fanffte/ liebliche / gebende im Liecht / denn
Das Liecht gibt / umd das Fewer nimt: das Liecht gibt Sanfft=
muth / und aus Sanfftmuth Weſenheit / die ift des Fewers
Speife / fonft wäre es ein grimmiger finfterer Hunger in
fich felber / als denn ein Geift ift / fo er nicht Weſen des
giechts hat / gleich einer verfhmachteten Gifft : fo er aber
Wefen der Sanfftmuth bekomt / fo zeucht er das in ſich und
wohnet darinne / und brauchts zur Speiſe und auch zum
Leibe / denn er inficiret ſich damit / und ſchwaͤngert ſich den
ſein Weſen iſt ſeine Erfuͤllung / alſo / daß der Hunger geſtillet
wird.
3. Alfo iſt uns zu betrachten die Menſchliche Seele / fie ward
genommen aus dem Centro Naturz, nicht aus dem Spiegeldes
ewigen I als aus der Quall dieſer Welt / ſondern aus der
ewigen Eſſentz des Geiſtes GOttes / aus dem erſten Principio,
aus des Vatters Eigenſchafft nach der Natur/ nicht von We⸗
ſen oder von etwas / ſondern der Geiſt GOttes bließ ihme
das Leben / verſtehe der Bildnuͤß in Adam / ſelber ein / auß
allen dreyen Principien: er hat ihme das Centrum Naturz,
als ven Fewer-Quall zum Leben eingeblafen / und auch die
Sanfftmuth der Siebe aus dem Weſen der Gottheit/ als das
ander Principium , mit göttlicher hinhlifcher Weſenheit / fo
wohl auch den Geiſt dieſer Welt / als den Spiegel und Fürbild
der Weißheit GOttes mit den Wundern.
4. Nun iſt aber der Geiſt dieſer Welt mit des Teuffels ent⸗
zuͤnden und Gifft / ſo er darein geſchmeiſt hat / verderbet / denn
der Teuffel wohnet in dieſer Welt / und ift ein ſtaͤter Inficirer
der aͤuſſern Natur und Eigenſchafft / wiewohl nur im Grimm/
als im herben Begehren / iſt er maͤchtig; aber er ſetzet feine
Imagination mit feiner falſchen Tinctur auch indie Liebe / und
wergiffiet der Seelen ihr beftes Kleynod / / und hat Adams
Seele mit feiner Imagination , mit feinem böfen Hunger»
Geiſt infeiret / daß alfo Adams Seele nach irrdiſcher Qual
luͤſterte /
Cab. ıT. JeEſu Ehrifti. 73
üfterte / von welcher Luſt fie mit indifcher Quall geſchwaͤn⸗
gert ward / daß alſo das aͤuſſere Reich ins innere eingefuͤh⸗
ret ward / davon das Liecht im Fewer des erſten Principii vers
loſch / und ſeine Goͤttliche Weſenheit / darinn er ſolte ewig
leben / in irrdiſchen Tod eingeſchloſſen ward.
5. Alſo ward dieſer Bildnuͤß und auch Seel kein Kath mehr/
es beivegte fich dan Die Gottheit nach dem andern Principio,, als
ach dem Liechte des Ewigen Sebens inihr/ und zündete die in
Tod eingefchloffene Wefenheit wiederumd mit dem Siebe-Glang
an / welches in der Menfchwerdung Ehrifti geſchahe / und ift
diß das aller geöffefte Wunder / das GOTT hat gewuͤrcket /
dag er fich mit dem Centro der H. Dreyfaltigkeit hat in des
Weibes Saamen bewegetz denn nicht im Fewer / alsin des
Mannes Tındur wolte ſich GOttes Herk vffenbahren / fona
dern in des Geiftes Tinctur, als in Veneris, inder Liebe des
Lebens / auff dag das Fewer in des Mannes Tindtur mitder
Sanfftmuth und. Siebe Gottes ergriffen wuͤrde / denn auf dene
eingefchloffenen Tode folte und muſte das ewige Sehen wieder
auggrünen : denn allhier hat die Wurtzel Zeffe und rechte
Aaronis-Juhte gegrünet/ und fchöne Früchte gebracht: denn
in Adam ward das Paradisin Tod gefchloffen / als er irrdiſch
ward / aber in Chriſto grünete das wieder aus dem Tode.
6. Von Adam haben wir alle den Tod geerbet / von Chriſto
erben wir das ewige Leben: Chriſtus iſt das jungfraͤwliche Bild /
das Adam auß ſich ſolte gebaͤhren / mit beyden Tincturen; Weil
er aber nicht konte / ward er zertheilet / und muſte durch zweene
Leiber gebaͤhren / biß der Siloh kam / das iſt der Jungfrawen
Sohn / welcher auß Gott und Menſchen gebohren ward. Er iſt der
Durchbrecher / von deme die Propheten redeten / der auffſcheuſt
als ein Reiß / er gruͤnet als ein Lorbeerbaum in GOttes Weſen /
er hat mit feiner Eingehung in die menſchliche halb-ertödtete
Effen& den Tod zerbrochen / denn er grünete zugleich in menſch⸗
licher und auch inGoͤttlicher Effeng: Er brachte uns mit in unfere
Menfhheit die Zungfräwliche Zucht der Weißheit GOttes / er
umbgab unfere GSeelen-Efleng mit himlifcher Weſenheit: er
ward der Held im Streit / da die zwey Reiche miteinander ine
Streite lagen/ als GOttes Zorn und Siebe: er gab fich willig
in Zorn / und lefchete dehn mit feiner Siebe / verftehe in der
menſchlichen Eſſentz: er kam auß GOTT in diefe Welt/ und
nahm unſere Seele in fihein/ auff daß er uns auß der Irrdig⸗
keit dieſer Welt wieder in ſich in ar ein fuͤhrete: Er gebalr
4 EINE
80 Erfter Theil vonder Menſchw. Cap. rı.
uns in fich wieder nem / daß wir in GOTT zu leben wieder tuͤch⸗
tig wären: auf feinem Willen gebahr er uns / dag wir follen
unferen Willen in ihn ſetzen: fo führete er uns in fich zum Vat⸗
ser in unſer erftes Vatterland wieder ein / als ins Paradis /
daraus Adam außgieng; Eriftunfer Bruñ⸗Quell worden / feiır
Waſſer quillet in uns: erift der Brunn / und wir feine Tropf⸗
en in ihme: er ift die Fülle unferer Wefenheit worden / auff
daß wir in ihme in GOTT leben : denn GOTT ift Menſch
worden? Er hat fein ungründlich und unmaͤßlich Weſen in die
Menfchheiteingeführetz fein Weſen / das den Hinunelerfüllet/
hat erinder Menfchheit offenbahret. Alfo ift das Menfchliche
Weſen und GOttes Weſen ein Weſen worden /- eine Fülle
GOttes : Unfer Weſen iſt fein Bewegen in feinem Himmel;
ir find feine Kinder / fein Wunder) fein Bewegen in ſeinem
ungruͤndlichen Leibe: erift Batter / und wir find Kinder in ih⸗
me: wir wohnen in ihme / und er in uns: wir findfein Werd
zeug / damit er ſuche und machet / was er wil: Er iſt das Few⸗
er und auch das Liecht mit allent Weſen: Er iſt verborgen / und
das Werck machet ihn offenbahr.
7. Alſo erkennen wir / daß GOTT ein Geiftift/ und ſein
ereiger ABille ift magifch / als begehrende / er macht auf Nicht
immer Wefen / und das in zweyerley Quall/ alsnad dem Few⸗
er und Liechte: auf dem Fewer wird Grimm) Aufffteigen /
Hoffart / ſich dem Liechte nicht wollen eineigenen / fondern ein
grimmiger eenfthaffter Wille / nach welchem er nicht GOTT
heiſſet / fondern ein grimmig verzchrend Fewer. Diß Fewer
wird auch in der bloffen GOttheit nicht orfenbahr / denn das
Sieht hat das Fewer in fich verfchlungen / und gibt dem Feuer
feine Siebe feine Weſenheit / fein Waſſer / alfo dag in
GoOttes Wefennur Liebe / Frewde und Wonne ift / und Fein
Fewer erkannt wird / ſondern das Fewer iſt alſo eine Urfache
des begehrenden Willens und der Liebe / ſo wohl des Liechtes
und der Majeſtaͤt / ſonſt wuͤrde kein Weſen / wie ſolches nach
der laͤnge in den vorgehenden Schrifften außgefuͤhret worden.
8: Und iſt uns jetzt erkaͤnntlich worinne unſere newe Wie—
vergebuhrt ſtehe / dieweil wir doch nun in dieſer Welt mit der
irrdiſchen Huͤtten verdecket / und dem irrdiſchen Leben heimge—
fallen ſind / als nehmlich bloß in der Imagination, daß wir mit
unſerm Willen in GOttes Willen eingehen / und uns ihme
gank eineignen und übergeben / welches Glauben heiſſet / denn
ans WortGlauben iſt nicht hiſtoriſch / ſondern es —
all
Cap ax. IJEſu Chriſtit. 8
aus GOttes Weſen / aus GOttes Weſen eſſen / GOttes Weſen
mit der Imagination in fein Seelen-⸗Fewer einfuͤhren / feinen
Hunger damit ſtillen / und alſo GOttes Weſen anziehen / nicht
als ein Kleid / ſondern als einen Leib der Seelen: die Seele
muß GOttes Weſen in ihrem Fewer haben / fie muß von GOt⸗
tes Brodt eſſen / wil ſie Kind ſeyn.
9. Alſo wird ſie auch in GOttes Geiſte und Weſen newge⸗
bohren werden / der ſie aus dem Acker des Grimmes und Zorns
in den Acker der Liebe / Sanfftmuth und Demuth GoOttes ein⸗
gepfroffet / und bluͤhet mit einer newen Blume / welche in Gottes
Liebe waͤchſet / als in GOttes Acker aus / dieſelbe Blume welche in
GOttes Liebe waͤchſt / die iſt die rechte wahre Bildnuͤß GOttes /
die GOtt begehrete / als er Adam zu ſeinem Gleichnuͤß ſchuff / die
hat uns nun wieder erbohren / GOttes und des Menſchen Sohn:
Denn ſeine Wiedergebuhrt aus GOttes und unſerm Weſen iſt
unſere Wiedergebuhrt / feine Krafft/ Leben und Geiſt iſt alles
unſer / und doͤrffen nichts mehr darzu thun / als daß wir nur bloß
mit unſerm Willen-Geiſte durch ihn in GOttes Weſen ein—
gehen / ſo wird unſer Wille in GOttes Willen neugebohren /
und empfaͤhet Goͤttliche Krafft und Weſen; Nicht frembde / ſon⸗
dern unſere erſte / mit welcher wir in Adam in Tod eingiengen /
die wecket uns der Erſt⸗ gebohrne aus den Todten wieder auff / wel⸗
cher iſt Chriſtus: Er iſt GOtt / iſt aber aus uns gebohren / auff
daß er uns lebendig mache aus dem Tode / nicht eines frembden
LKAbens / das wir allhie in dieſer Welt nicht hätten gehabt / fondern
unſers eigenen Lebens / denn GOttes Vorſatz ſoll beſtehen / die
ſchoͤne Blume und Bildnuͤß ſoll aus dem verderbten Acker wach⸗
ſen / und nicht allein das / ſondern auch aus dem reinen Acker.
10. Aus der Jungfrawen folten wir wieder⸗gebohren werden /
und nicht aus dem Manne des Zorns / aus der Fewers-Tinctur,
ſondern aus der Jungfrawen der Liebe aus der Liechts-Tinctur:
Bir ziehen mit unſerer Einergebung die Jungfraw Chriftian
wir werden hiermit die Jungfraw der Zucht/ Keuſchheit und
Reinigkeit in Ternario Santo , in ver englifhen Welt / ein
Spiegel der H. Dreyfaltigkeit / inder fih GOtt ſchawet / dieer
ihme hat zu feinem Gemahl genommen: Er iſt unſer Mann /
dehme wir in Chriſto vermaͤhlet / vertrawet und eingeleibet ſeind /
wir ſind nun Maria im Bunde der Gnaden / aus der GOtt und
Menſch gebohren wird. Maria war die erſte in der hohen Bene⸗
deyung / denn in ihr war das Ziel / da der Bund hinweiſete: Sie
war in GOtt Im dem thewren Namen SESHerfannt/ ehe der
Ds Welt
*
32 Erſter Theil / von der Menſchw. Eap. 12:
Welt Grund gelegt ward / nicht daß fie das Leben aus dem Todte
brachte / ſondern dag GOtt wolte in ihr das Leben aus dem Tode
bringen / darumb ward ſie hoch gebenedeyet / und ward ihr ange⸗
zogen die reine jungfraͤwliche Zucht / und aus derſelben Jungs
frawſchafft / daraus Chriſtus gebohren ward / muͤſſen wir alle
gebohren werden / denn Jungfrawen muͤſſen wir werden / und
dem Lamme Gottes folgen / anderſt ſollen wir nicht GOtt ſchauen /
denn Chriſtus ſaget: Ihr muͤſſet von hewengebohren werden /
wollet ihr das Reich GOttes ſchawen / durch das Waſſerbad und
H. Geiſt: Das Waſſer iſt die Jungfrawſchafft / denn die Jung⸗
fraw fuͤhret des Liechtes und Waſſers Tinctur, als Liebe und
Sanfftmuth / und der Geiſt / daraus wir ſollen gebohren werden?
iſt der / der mit der Bewegung der Gottheit ſich in des Weibes
Saamen einergab/ der den Tod zerbrach / der aus dem Waſſer
eine Liecht-flammende Blume außgebiehret / da er der Blumen
Geiſt und Leben iſt / nicht nach dem Feuer-quall deß Grimmes /
ſondern nach dem Quall des Liechts in der Sanfftmuth und
Demuth,
Das 12. Capitel.
Von der reinen Jungfrawſchafft / wie wir armen Hevaͤ⸗
Kinder muͤſſen aus der reinen Juugfraͤwlichen Zucht
in der Menſchwerdung CHriſti empfangen und in
Gott newgebohren werden / anderſt fallen wir Gott
nicht ſchawen.
1, Sr armen Hevä-Kinder finden in ung Feinen reinen
züchtigen jungfräwlichen Gedanden: Denn Mutter
Heva/ welche eine Frawe war / hatıms alle weibifch
und männlich gemacht: Wir find in Adam und Heva alle zu
Mannen und Srawen worden / es ſey denn / dag wir in die him̃⸗
lifche Zungframfchafft mit unferın begehrenden Willen eingehen?
in der ung GOtt aus Ehrifto hat wieder zu Jungfrawen geboh⸗
ren: Nicht nach dem irrdiſchen geben / in welchem Feine Zucht
noch Reinigkeit iſt fondern nach dem $eben der himmliſchen
Zungfrawen / in welcher Ehriftus ein Menſch ward / welche der
Marien mitliberfchattung des H. Geiltes angezogen ward / die
ohne Grund / Ziel / und Ende ift / die allenthalben vor der Gott⸗
heitfichet / und ift em Spiegel und Ebenbilde der Gottheit: In
dieſe Jungfraw / darinn die H. Dreyfaltigkeit wohnet / darinnen
* ws
FI en
Cap. ız. Se Ehrifti. 87
wir vor den Zeitender Weltvom Geifte GOttes erblicket / und in
dem Namen JESU erkannt worden / müffen wir mit unſerm
Willen-Geifte eingehen: Denn unſere wahre Bildnuͤß / in der
wir GOttes Gleichnuͤß ſind / iſt uns mit Adam und Heva vera
blichen / welches geſchach Durch Luſt oder Imagination, und ward
uns alſo GOttes klares Angeſicht verdecket / denn wir verlohren
himmliſche Zucht.
2. Weil uns aber GOtt aus feiner Gunſt und Liebe zu ung
hat fein helles Angeficht in der Menſchwerdung Chrifti wieder
eröffnet/fo ligets nur an dehme / daß gleichwie wir in Adam haben
in die irrdiſche Sucht imaginiret / davon wir irrdiſch worden /
dag wir nun unfern begehrenden Willen wieder in dic himliſche
Jungfraw ſetzen / und unfere Luſt darein führen / fo gehet unfere
Bildnuͤß aus der imdifhen Frawen aus / und empfaͤhet jungs
fraͤwliche Eſſentz und Eigenſchafft / darinn GOtt wohnet / da der
Seelen Bildnuͤß mag wieder das Angeſichte GOttes erreichen.
3. Die aͤuſſere Bernunfft ſpricht: Wie mag das zugehen / daß
wir mögen ausder Jungfrawen wiedergebohren werden/ daran
Ehriftusgebohren ward ?- Sieverfichetfhlehts Mariam / aber
wir verfiehen Mariam nicht welche eine creatuͤrliche Jungfraw
iſt als wir denn auch in der unmaterialiſchen jungfraͤwlichen
Zucht creatürliche Jungfraiwven werden ; &o wir aber in die
Menfchwerdung Ehriftieingehen / nicht nach dem Auffern Sehen?
in den vier Elementen / fondern nach dem innern / in dein Einen
Element] da das Feuer GOttes die vier Elementa in fich vera
ſchlinget / und aber in feinem Liechte / alsimandern Principioy
in deme der Auffere Mann und Fraw muß durch den Tod gehen
in Ehrifti Aufferftehung / eine Jungfraw in Einem Element) da
alle vier inne verborgen ligen / in der rechten jüngfrämlichere
Weißheit GOttes außgruͤnen: Wir müffen dem Manne und
der Frawen abfterben / und den verderbten Adam creußigen: Er
muß mit Chrifto fterben / und ins Batters Zorn geworffen wer-
den / der verſchlinget den irwifhen Mann und Frawen / und gibt
aus der Menſchwerdung Chriſti der Seelen ein jungfraͤwlich
Bild / da der Mann und Fraw nur ein Bild iſt / mit eigener
Liebe: Jetzt ſetzet der Mann ſein Liebe in die Fraw und die Fraw
in den Mann; So aber die beyde Liebe in Eine verwandelt wer⸗
den / ſo iſt keine Begierde zu der Vermiſchung mehr in dem einigen
Bilde / ſondern das Bild liebet ſich ſelber.
4. So iſt nun das Bild im Anfang in der jungfräwlichen
Weißheit GOttes erſchaffen worden / alsaus Höttlicher a
D6 hit;
—
34 Erſter Theil / von der Meuſchw. Eap. r2:
heit: So nun die Weſenheit irrdiſch worden / und in Tod gefal⸗
fen iſt / ſo wecket fie das Wort das Menſch ward / wieder auff: Alſo
bleibet die irrdiſche Quaal dem Tode im Zorne / und das auffge⸗
weckte bleibet im Wort deß Lebens / in der jungfraͤwlichen Zucht /
und fragen wir allyier in dieſer Welt einen zweyfachen Mens
ſchen in einer Perſon / als ein jungfräwlich Bilde /gebohren aus .
Der Menfihwerdung Ehrifti/ und ein irrdiſch Bild / männlich
oder weiblich / im Tode undim Zorne GOttes befoploffen. Das
irrdiſche muß das Creutz tragen ich im Zorn quaͤlen / verfolgen
and ſchmaͤhen laffen/ wird auch endlich dem Tode gegeben / als»
denn verfehlingets der Zorn im qualitätifchen Fewer GOttes:
Und ſo alfdenn das Wort des Schens/ welhesin Maria Menfch
ward / mitindemirwifchen Bild iſt / fo ſtehet Ehriftus / der das
Wort des Schens brachte aus GOTT / aus dem Tode auff/ und
fuͤhret die Eſſentz des qualitätifchen Fewers / verftche die menſch⸗
liche Eflent / aus dem Tode aus / denn er iſt aus dem Tode auffer⸗
ſtanden / und lebet in GOtt / und ſein Leben iſt unſer Leben wor⸗
den / und fein Tod unſer Tod: Wir werden in feinem Tode be—
graben / gruͤnen aber in feiner Aufferſtehung und Uberwuͤndung
an feinem Leben aus.
5. Vernehmet doch nurdenn Sinn recht :Adammwardasjungs
fraͤwliche Bild’ er hatte die eigene Liebe denn der Geift GOttes
hatte ihme die eingeblaſen: Denn was kan GOttes Geiſt anders
nus ſich blaſen / als er ſelber iſt? Nuifteraberalles/ und wird
Doch nicht aller Quall GOtt genannt / ſondern in allen Quaͤllen
aſt nur ein einiger Geiſt / der GOTT iſt / als nach dem andern
Principio im Liechte / und iſt doch Fein Liecht ohn Fewer; Er iſt
aber im Fewer nicht der Liebe⸗Geiſt oder der H. Geiſt / ſondern
Ber Grimm der Natur / und eine Urſach des H. Geiſtes / ein
Zorn und verschrend Fewer / denn im Fewer wird der.Geift der
atıir frey/ und das eſſenaliſche Fewer gibt doch auch die Na⸗
tur /umd iſt ſelber die Natur.
6. Nun verſtehen wir doch nur einen heiligen Geiſt im Liechte /
obs wohl alles ein Weſen iſt / verſtehen wir doch / daß die Materia,
welche aus der Sanfftmuth des Liechts erbohren wird / gleich als
unmaͤchtig und tunckel iſt / welche das Fewer in ſich zeucht und
verſchlinget / giebt aber aus der materialiſchen Quaal / aus dem
Fewer einen mächtigen Geiſt / der da frey iſt von der Materia,
und auch vom Fewer / wiewohl ihn das Fewer haͤlt / ſo ergreiffts
doch nicht ſeine Quaal / als wir diß ſehen / daß das Liecht im Feuer
wohnet / und hat doch nicht des Fewers Quaal / ſondern einen
ſanff⸗
ee VE
Cap. tz. JEſu Chrifti.. 8
ſanfften Liebe⸗Quall / welches auch nicht waͤre / ſo die Materia
nicht waͤre im Fewer geſtorben und verzehret worden.
7. Alſo betrachten wir den erſten Adam: Er war aus des
Sichts Eſſentz und Weſenheit erdacht: Dieweil er aber in ein
Befchönffe gehen folte / und folte eingang Gleichnuͤß GOttes/
sach allem Weſen / nach allen dreyen Principien feyn / fo warder:
auch mit dem Verbo Fiat in allem Weſen allerdreyen Prineipien
ergriffen/und in ein Geſchoͤpff gebracht. Nun waren zwar alledrep.
Principia in ihm frey / und flunden ineinander/ ein jedesin feiner
Ordnung / und war ein recht gantz Gleichnuͤß GOttes / nach und
aus dem Weſen aller Weſen: Aber uns iſt diß zu erkennen / wie
das dritte Principium, als die Quaal dieſer Welt ſey in der Ent⸗
zuͤndung Lacifers gantz grimmig / durſtig und boͤß worden / und
habe die Quaal alſobald in Adam nach dem anderen Principio,
als nad) der himmliſchen Materiagedürftet/ / davon die Sucht in
Adam entſtauden: Denn die Quaal der reinen Liebe aus dem
H.Beifte hatte das verwegert; So aber die Siebe in die irrdiſche
Quaal eingieng / fie zu erfättigen in ihrem entzuͤndeten Durſte /
fo empfieng die. reine unmarerialifche Liebe die begehrende irrdiſche
verderbte Sucht: Jet verlofch das ander Principium, nichtalg
ein Tod / daß es waͤre als ein Nichts worden /Tondern esward im
Grimmen⸗ Dur ſte gefangen: Und ſo dan Gott ein Liecht iſt / fo
ſtund die reine Liebe⸗Quaal alſo im Tode auſſer dem Liechte Got⸗
tes eingeſchloſſen / jetzt war die Bildnuͤß verderbet / und iin Grim̃
GOttes gefangen / und verlohr die eigene Liebe ihre Macht/ denn
ſie war in die verderbte Irrdigkeit eingeſchloſſen / und liebte die
Irddigkeit.
8. Alto muſte aus dieſer Bildnuͤß ein Weib gemacht werden /
und Die zwo Tincturen / als des Fewers Eſſentz / und der Materien
waͤſſerige Eſſentz geſchieden werden / als in einen Mann und
Fraw / daß doch die Liebe alſo in zweyerley Quaal raͤge waͤre / und
alſo eine Tinctur die ander liebete und begehrete / und ſich vermi⸗
ſcheten / davon dig Geſchlecht fortgebawet und erhalten würde.
9. Nun konte aber dig Geſchlechte der Menſchen alſo in irrdi—
ſcher Quaal nicht GOtt erkennen oder ſchawen / denn die reine
Liebe ohne Macul war in die irrdiſche durſtige Quaal eingeſchloſ⸗
ſen / und war im Durſte des Grimmes der ewigen Natur / welche
Lucifer entzuͤndet hatte / eingeſchloſſen und gefangen / denn der
Grim̃ hatte die Siebe mit der Irrdigkeit in ſich gezogen: So ſtund
nun in derſelben gefangenen Liebe die jungfraͤwliche Zucht / der
Weißheit GOttes / welche dem * mit dem andern Principio
8* mjt
E7 Erſter Theil von der Menſchw. Cap. 12,
mit der himmliſchen Weſenheit ward mit zu feinem Leibe incor-
poriret/ und vielmehr derofelben fanfften Weſenheit Geift / mit
dem Einblafen des heiligen Geiftes/ welcher dem Adam ward
eingeblafen,
10. Jetzt war nu kein Math / es errägte fich dan die Gottheitin
der Göttlichen Jungfraw nach dem andern Principio „ in der in
Tod eingefhloffenen Jungfrawſchafft / und wurde eine andere
Bildnuͤß aus der erften: Und iſt uns crkänntlich und genug vera
ſtaͤndlich / daß dieerfte Bildnüg mufte dem Grimm gegeben wer⸗
den / damit er feinen Durſt lefchete / und muſte in die Verweſung
gehen/ als in das eflentialifche Fewer / da doch die Eſſentz nicht
verwefet oder abſtirbet / umb welches willen GOtt einen Tag be>
ſtimt hat / da er die Eflenk des alten und erſten Adams wildurchs
Feuer führen / da fie ſoll der Eitelkeit loß werden / als der Sucht
des Teufels und Zorns der ewigen Natur.
11. Und verſtehen weiter / wie GOtt habe das Leben ſeines hei⸗
ligen Weſens wieder in uns gebracht / in deme er ſich mit ſeinem
eigenem Hertzen oder Worte and Krafft des Göttlichen Lebens
in der in Tod eingefchloffenen Jungfrawſchafft beweget / alsin
der waren reinen Kebe / und dieſelbe wieder entzündet / und feine
himmliſche Wefenheit mit der reinen Jungfrawſchafft indiein
Tod eingefchloffene Zungfraufchafft eingeführet / und hat aus
der himmlifchen und aus der in Tod und Zorn eingefchloffenen
Jungfrawſchafft eine newe Bildnuͤtz erbohren.
12. Und denn zum dritten verſtehen wir / daß diefe newe Bild⸗
nuͤß hat muͤſſen durch den Tod und Grimm des Feuers wieder in
die himmliſche goͤttliche Weſenheit in Ternarium Sanctum einge⸗
fuͤhret werden / denn die irrdiſche Sucht / welche der Teufel hatte
beſeſſen / muſte im Zorn⸗Feuer bleiben / und ward dem Teufel zur
Speiſe gegeben / da ſoll er ein Fuͤrſt inne ſeyn / nach dem Grim⸗
men⸗Quaal der ewigen Natur / denn der Teufel iſt des Grimmes
Speiſe / und der Grimm iſt des Teufels Speiſe.
13. Dieweil ſich dan das Wort des ewigen Lebens hat wieder in
unſerer in Tod eingeſchloſſenen kalten Liebe und Jungfrawſchafft
beweget / und an ſich genommen unſere verderbte Jungfraufhafft/
und iſt ein innerlicher und aͤuſſerlicher Menſch worden / und hat
das Centrum ‚als unſer Seelen⸗Feuer in feine Siebe eingeführet:
So erkennen wir feine in uns eingeführte Siebe und Jungfrau
ſchafft für umfere eigene Jungfrauſchafft: Dennfeine iebe und
Zungfraufchafft hat fih mit unferer Ealten Siebe und Jungfrau»
schafft vermähler/ und darein ergeben / daß GOtt und Menſch folk
ewig eine Perſon ſeyn. 14. Run
Cup. 12. JEſu Chriſti. 87
ıs. Nun ſpricht die Vernunfft: Das iſt in Maria / als nur
in einer Perſon geſchehen / wo bleibe aber ich ? Chriſtus iſt nicht
auch in mir gebohren worden.
15. Ach unſer groſſes Elende und Blindheit / daß wir nichts
verſtehen wollen: Wie gar hat uns doch die irrdiſche begreiffliche
Sucht geblendet / und der Teuffel durch und durch mit dem grewa
lichen Antichriſt in Babel verfuͤhret / daß wir gar keine Siunen
wollen haben! Sihe doch du elende und jaͤmmerliche Vernunfft /
was du biſt? Anders nichts / als ein huriſch Weib an GOTT:
Wie ſoll ich dich anderſt nennen / da du doch der reinen Jung⸗
frawſchafft an GOTT bruͤchig und meyneidig biſt! Haſtu
nicht Adams Fleiſch / Seel und Geiſt / und biſt auß Adam
herkommen? Biſtu nicht auf Adams Waſſer und Fewer enta
ferungen ? Du biſt ja Adams Kind : Machs wie du wilt/
du muſt flille halten : Das ſchwimmeſt in Adams Myſterio,
beydes im schen umd im Tode.
16. So ift ja das Wort GOttes ( in Adams in Tod eins
gefchloffener Jungfrawſchafft) Menſch worden: Es hat ſich
das Herb GOttes in Adams Jungfrawſchafft erräger / und
Die aus dem Tod durch GOttes Fewer indie Göttliche Qual ein⸗
gefuͤhret: Chriſtus iſt Adam worden / aber nicht der zerthei⸗
lete / ſondern der Jungfraͤwliche Adam / der Adam vor ſeinem
Schlafe war: Er hat den verderbten Adam in Tod / in
GOttes Fewereingeführet / und hat den reinen jungfraͤwlichen
auß dem Tode durchs Fewer außgefuͤhret / deſſen Sohn biftus
So du aber nicht im Tode bleibeſt ligen / als cin faul Holtz /
das nicht qualificiren kan / welches im Fewer keine Eſſentz gibt /
ſondern wird eine finſtere Aſche.
17. Nun ſpricht die Vernunfft: Wie komts denn / weil ich
Chriſti Glied und GOttes Kind bin / dag ich ihn nicht fuͤhle noch
empfinde? Antwort / ja hie ſteckt es / liebes beſudeltes Hoͤltz⸗
lein / reuch in deinen Buſem / wornach ſtinckeſtu? Nach teuf⸗
liſcher Sucht / als nach zeitlicher Wolluſt / nach Geitz / Ehren
und Macht. Hoͤre /das iſt des Teuffels Kleid: Zeuch dieſen
Peltz auf] und wirff ihn weg: Setze Deine Begierde in Chris
fi Leben / Geiſt / Fleiſch und Blut / imaginire darein/ als
du haſt im die irrdiſche Sucht imaginiret / fo wirſtu Chris
ſtum in deinem Leibe / in deinem. Fleiſch und Blut anzies
hen / du wirft Ehriftus werden / feine Menfchwerdung wird
fih zuhand im dir ereugen / und wirft in Chrifto neugebohren
werden.
23, Dem
88 Erfter Theil von der Menfchw. Eapırz.
18. Denndie Gottheit oder das Wort) das fih in Maria
errägete und Menfch ward / das ward auch zugleich in allen:
verftorbenen Menſchen von Adam her / welche ihren Geift hats
ten in GOTToder in den verheiſſenen Meſſiam einergeben und
befohlen / Menſch; Und gieng auch auff alle die jenigen / die
noch ſolten auf dem verderbten Adam gebohren werden / die
ſich nur daſſelbe Wort wuͤrden laſſen auffwecken / denn der
erſte Menſch begreifft auch ven legten. Adam iſt der Stamm /
wir ſind alle ſeine aͤſte: Chriſtus iſt aber unſer Safft / Krafft
und Leben worden 2 So nun ein Aſt am Baume verdorret /
was mag das der Safft und die Krafft des Baumes? Gibt
ſich doch die Krafft allen Aeſten / warumb zeucht nicht der Aſt
den Safft und Krafft in ſich? Es fehlet an dene / daß der
Menfch teuffliſche Krafft und Efleng / an flattder Goͤttlichen
Eſenz in fich zeücht / und laͤſt fich den Teuffel verführen in
irrdiſcher Sucht und Luft: Denn der Teuffelkennetden Zweig/
der ihme in feinem geweſenen Sande gewachfen ift / und noch
waͤchſet. Darumb / wie er am Anfang ein Luͤgner und Mörs
der iſt gewefen / alfo iſt er noch / und inficiret die Menſchen /
dieweil er weiß / dag ſie dem Auffern Regiment der Sternen
find im feine magifche Sucht gefallen : So ift er ein ſtaͤter
Bergiffter der Complexion, und wo er ein Fuͤncklein reucht / das
zhme dienct das ftellet er dem Menfchen immer für/ imaginiret
der Menſch nur drein / er wird ihn bald inficiren. ;
19.:Darumb heiffet es: Wachet / betet / ſeyd nüchtern /
fuͤhret ein maͤſſiges Leben / denn der Teuffel / ewer Wider⸗
ſacher / gehet herumb als ein bruͤllender Loͤw / und ſuchet wel⸗
chen er verſchlinge. Trachtet nicht alfo nach Geitz / Gelde /
Gut / Macht / Ehre / denn wir ſind in Chriſto nicht von dieſer
Welt / denn darumb gieng Chriſtus zum Vatter / als in das
Göttliche Weſen ein / dag wir ihm ſollen mit unſern Her—
Bent Sinnen und Willen nachfolgen/ fo wolle er alle Tage /
biß an der Welt Ende bey uns ſeyn / abernicht in diefer Welt
Quall: Wir ſollen auß dieſer Welt Quall auß dem ira
diſchen Menſchen außdringen / und unſeren Willen in feinen
Willen ergeben / und unſere Imagination und Luſt in ſei⸗—
ne cinführen/ fo werden wir in feiner Jungfrawſchafft / die
er iin ums wieder erräget / fihwanger /- und empfaben Das
Wort] das ſich in ihme väge machte / in unfere-in Tod
eingefchloffene Jungfrawſchafft / und werden in Chriſto in
uns ſelber nrugebohren:: Denn wie ber Tod durch Adam
auff
— *
Eap. 12. JEſu Chriſti. 3%
auff uns drang + Alfo dringet das Wort des Sehens aus Chri⸗
fo auff uns alle : Denn die Bewegung der Gottheit in der
Menſchwerdung Chriſti iſt beweglich blieben / und ftehet allen
Menfchen offen 7 es fehlet nur am eingehen / daß fich der
Menſch laft den Teuffel halten / Ehriftus darff nicht erfi von
kiner Stätte weichen / und in uns einfahren / wenn wir in
ihm Newgebohren werden denn das Göttliche Weſen / dar:
inn er gebohren war / hält an allen Orten und Enden innen
das andere Principium, Wo man fagen Fan / Da iſt GOTT
gegenwärtig/ da fan man auch fügen / alda ift die Menſch—
werdung Chriffi auch gegenwärtig / denn fie ift in Maris
eröffnet worden. / und inqualivet.alfo hinter fich zu rüde biß
in Adam und fuͤr ſich big in den letzten Menfchen.
20. Nun ſpricht die Bernunfft / der Glaube erreichet fie allei⸗
ne: Ja recht / in dem rechten Glauben gehet die Schwaͤnge—
rung an / denn der Glaube iſt Geiſt / und begehret Weſen / und
das Weſen iſt ohne das maallen Menſchen / und fehlet nur daran /
daß es der Slaubens-Geijſt ergreiffe / und fo es ergriffen wird /
ſo bluͤhet und waͤchſet die ſchoͤne Lilien auß / nicht allein ein
Geiſt / ſondern das jungfraͤwliche Bild wird auß dem Tode:
ins Leben gebohren. Die Ruthe Aaronis , welche duͤrre iſt
gruͤnet auf dem duͤrren Tode auß / und nimt auf Dem Tode
ſeinen Leib / au der halb⸗erſtorbenen Jungfrawſchafft das
ſchoͤne newe jungfraͤwliche Leben / und die duͤrre Ruthe Aa—
ronis hat diß angedeutet / ſo wohl deralte Zacharias / auch A⸗
braham mit ſeiner alten Sara / welche nach der aͤuſſern Welt
alle gleich als erftorben waren / und nicht mehr fruchtbahr:
Aber die Verheiſſung in der newen Widergebuhrt ſolte es thun /
das Leben ſolte auß dem Tode gruͤnen: Nicht der alte Adam /
der irrdiſch war / ſoll Herr ſeyn / auch nicht. Eſau der erſtge⸗
borne / dehme zwar das Erbe gehoͤret haͤtte / ſo Adam blieben
waͤre; Sondern der ander Adam Chriſtus / der auf dem er—
ſten durch den Tod außgruͤnet / ſoll Herr bleiben: Nicht der
Mannoder das Weib ſoll EHttes Reich befigen / ſondern die
Jungfraw / die auf des Mannes und Weibes Tode aufige-
bohren wird / foll Königin der Himmel ſeyn / Ein Geſchlechte /
nicht zwey / Ein Baum / nicht viele: Chriſtus war der Stamm /
weil er die Wurtzel des newen Leibes war / der aus dem Tode
gruͤnete / der die verſtorbene Jungfraw wieder als einen ſchoͤ⸗
nen Zweig auß dem Tode außfuͤhrete / und wir alle find Die.
aͤſte / und ſtehen alle auffrinem Stamme / der ift Rn:
21. Alſo
4 %
Aa 0
90 Erſter Theil / vonder Menfchtv. Fap-rz:
22, Alfo find wir Chriſti Aefte / feine Zweige / feine Kinder)
und GOTT iſt unfer aller / auch Chriſti Vatter / in ihm les
ben / weben und find wir: Wir tragen Chrifti Fleifch und Blut
an uns / fo wir aber zurnewen Gebuhrt kommen / denn im
Chriſti Geift werden wir wiedergebohren: Der in Maria in
der verfiorbenen Menſchheit ein lebendiger Menfch ward / ohne
Berührung eines Mañes / der wird auch in uns felber/in unferer
verftorbenen Jungfrawſchafft einnewer Menfch / und fehlet nur
an dehme / daß wir den alten Adam /als die Hülfe/ in Tod werfa
fen / daß des irrdiſchen Lebens Duall von uns gehe / und wir
alfo dem Zeuffel auf feinem Sande aufgehen.
32. Nicht allein diefes/ denmder alte Adam muß nicht fo gantz
und gar weggemworffen werden / fondern nur die Hülfe/ als die
Schale / dariñ der Saam verborgen ligt: Auß der alten Eflen
niuß der Newe Menſch in GOttes Bewegung außgruͤnen / als
ein Halm auß dem Korne / wie uns Chriſtus lehret. Darumb
muß die Eſſentz in GOttes Zorn eingeworffen werden / muß ver⸗
folget / geplaget / verſpottet werden und dem Creutz unters
ligen: Denn auß GHftes Zorn⸗Fewer muß der Newe Meuſch
außgruͤnen / er muß im Fewer bewaͤhret werden; wir waren
des Zorns Eſſentz heimgefallen / aber die Siebe GOttes ſtellete
ſich in Zorn / und leſchete den Zorn mit der Liebe im Blut
der himliſchen Weſenheit im Todte Ehrifti : Alſo behielt der
Zorn die Hülfe/ als den verderbten Menſchen / verftche die
Irrdiſche Auall/ und die Liebe behielt den newen Menfchen /
darumb fol kein Menfch mehr himliſch Blut vergieffen/ ſon⸗
dern nur das irrdiſche tödliche : Denn Ehriftus / der ohne
Mann umd Weib empfangen ward/ der konte das alleine thun /
denn in feiner himliſchen Weſenheit war kein irıdifh Blut / er
vergoß aber ſein himmliſch Blut unter das irrdiſche / daß er
uns arıne irrdiſche Menſchen vom Grimm erloͤſete / denn ſein
him̃liſch Blut muſte ſich in feinem Blutvergieſſen mit dem irr⸗
diſchen mengen/ auff daß die Turba in der Irrdigkeit in uns /
welche uns gefangen hielt / erſaͤufft / und der Zorn mit der
Siebe des himliſchen Bluts geleſchet würde: Er gab fein Leben
für uns in Tod / gieng für uns in die Hölle ins Vatters Fes
wers-Quall/ und auß der Hölle wieder in GOTT / auff daß er
den Tod gerbräche / den Zorn erfäuffte/ und uns eine Bahn
machte. Da Chriſtus am Creutze hiengund ſtarb / alda hiens
gen wir mit und in ihme am Creutz / und ſturben in ihm / ſtun⸗
den auch in ihm vom Todte auff / und leben ewig in ihm / * x
is
/
Cap. 12. JeEſu Chriſti. 57
Glied am Leibe: Und alfo hat des Weibes Saameder Schlans
gen den Kopff zertretten; Chriſtus hats in uns und wir in
Ehrifto gethan : göttliche und Menſchliche Efeng hats gethan.
23. Alfo ligtsnunjest an dehme / dag wir ihme nachfolgen x
Ehriftus hat wol den Tod zerbrochen / und den Zorn geleſchet;
Aber wollen wir ſeinem Bilde aͤhnlich werden / ſo muͤſſen wir
ihme auch in feinem Tode nachfolgen / fein Ereuß auff uns neh⸗
men / uns laſſen verfolgen) hönen / fpotten und toͤdten / denn
die alte Hülfe gehöret dein Zorne Gottes / ſie muß gefeget wer⸗
den/ weil nicht der alte Menfch foll in uns leben / fondern der
Newe / der Alte wird dem Zorn dargegeben / denn aus dem
Zorn blühetder Newe aus / wiedas Liecht aus dem Feuer ſchei⸗
net: Der alte Adam muß alfo das Hola zum Feuer ſeyn / auf
Das der Newe im Siechte des Feuers außgruͤne / denn im Feuer
muß er beſtehen: Nichtsiftewig/ das nicht im Feuer beſtehen
kan / und das nicht aus dem Feuer urſtaͤndet.
24. Unſere Seele iſt aus Gottes Feuer / und der Leib aus des
Liechtes Feuer / doch verſtehe allezeit mit dem Leibe eine ftums
me Weſenheit / welche nicht Geiſt / ſondern ein Eſſentialiſch
Feuer iſt: Der Geiſt iſt viel hoͤher / denn ſein Urſtand iſt Feuer
des Grimmes; der grimmen Quaal/ und fein recht Leben oder
Leib / den er in fich hat / ift das Siccht der Sanfftmuth / das
wohnet im Feuer / und gibt dem Feuer feine fanffte Nahrung
oder Liebe / fonften befkünde das Feuer nicht / es wil zuzehren
haben / denn Gott der Vatter ſpricht auch: Ich bin ein zorni⸗
ger / eyferiger / grimmiger Gott / ein verzehrend Feuer / und
nennet ſich doch auch einen barmhertzigen lieben Gott / nach
feinem Liechte / nach ſeinem Hertzen; Darumb ſpricht er / Ich
bin Barmhertzig / denn im Liecht wird das Waſſer des ewigen
Lebens gebohren / welches das Feuer und den Grimm des Data
ters leſchet.
Da⸗
92 Erſter Theil / von der Menſchw. Capırz
Das 13. Capittel.
Vom zweyfachen Meuſchen / als vom alten und vom
newen Adam: Bon zweyerley Menſchen / wie
ſich der Alte boͤſe gegen dem Newen halte / was ein
jeder fuͤr eine Religion , geben und Glauben führe];
und was ein jeder veritehe.
2 Sles wasim alten Adam von E Hrifto gelehret / ge>
fehrieben / gepredigt over geredet wird / es fey aus.
Kunft oder wie es wolle / fo ift es aus dem Tode /
und hat weder Verfiand noch Leben / Denn deralte
Adam iſt an Chriſto tod / es muß es nur der newe /
der aus der Jungfrawen gebohren wird / thun / der verſtehet
allein das Wort der Wiedergebuhrt / und gehet zur Thuͤr Chri—⸗
fi in Schaffſtall ein. Der alte Adam wil durch Kunſt und
Forſchen einfteigen: Er meynet / im Buchftaben könne Chris
ſtus genug ergriffen werden ; diefer fey von Gott beftelt und be=
ruffen zu Ichren/ der Kunſt und Sprachen gelernst habe / der
viel gelefen habe / der Geift Gottes müge Durch fein Predigen
reden / ober gleich nur der alte verderbte Adam ſey: Aber Chri⸗
ſtus faget/fie feind Diebe und Mörder / und find nur kommen zu
rauben und zu ſtehlen: XBer nicht zur Thür in Schaffſtall gehet /
fondern ſteiget anderft wo hinein / der iftein Dieb und cin Moͤr⸗
ders Und weiter fprihter = Ich bin die Thür zu den Schaffen /
wer: durch mich eingehet/ der wird Weyde finden / und die’
Schaffe werden ihme folgen: Denn wer nicht mitmir ift/ der
iſt wieder mich.
2 Ein Schrer follund mug aus.Chriftogebohren ſeyn / oder
ift ein Dieb und Mörder/ und ftehet nur da zu predigen wegen
der Bauchfülle/ er thuts umb Geldes und Ehre willen/ er
lehret fein Wort / umd nicht GOttes Wort; Wenn er aber‘
aus Chrifto wiedergebohren ift/ fo Ichret er Christi Xbort /y *
denn er fichet im Baum Chriſti / und gibt feinen Schallaus
dem Baum Chriſti / darinner ſtehet / darumb iſt ſolche Wider—
wertigkeit auff Erden / daß ihnen die Menſchen Lehrer auff⸗
laden / nachdeme ihnen die Ohren jucken / was der alte boͤſe
Adam gerne hoͤret / was zu ſeinem Auffſteigen und fleiſchlicher
Wolluſt dienet / was zur Macht und Pracht dienet.
3: DM ihr Teuffels⸗-Lehrer / wie wollet ihr vor dem Zorne
GOt⸗
F
Cap. 13. IJEſu Chriſti. 9
GHttes beftehen? Warumb lehret ihr / fo ihr doch nicht von
Gott gefandt ſeyd ? Ihr feyd aus Babel / aus der groffen
Huren gefands/ aus der Mutter der groffen Hurerey auff Erden:
Nicht aus der Jungfrawen ſeyd ihr gebohren / fondern aus der
ehebrecherifchen Frawen / denn ihr Ichret nicht allein Menſchen⸗
Zandt / fondern verfolget auch die gefandte Schrer / welche aus
Ehrifto gebohren ſeynd: Ihr ftreitet umb die Religion / und
ift Doch gar kein Streitin der Religion / es-feind nur mancher⸗
ley Gaben aber esredernur ein Geift: Gleich wie ein Baum
mancherley Zweige hat/ und die Frucht mancherley Form / und
nicht gar fehlecht einander ähnlich fichet: Auch wie die Erde
mancherley Kraut und Blumen träget/ und fiedie Erde if die
einige Mutter : Alfo auch ift es mit denen / die aus Goffes
Geift reden / ein jeder redet aus dem Wunder feiner Gaben:
Aber ihr Baum und ihr Acer darauff fie ftehen / ift Ehriftusin
GOTT I und ihr Geift-binder wollet das nicht leyden : She
wollet ewrem Chrifto / dehn ihr doch felber mit der irrdiſchen
Zungen unerkannt Ichret/ das Maul verftopffen/ und ihn an
ewer Gefeg binden. O die wahre Kirche Ehrifti hat kein Geſetz /
Chriftus ift ver Tempel / da wir müffen eingehen / der Stein⸗
hauffe machet Einen newen Menfchen / aberder Tempel Chris
ſti da Gottes Geiſt lehret / der wecket die halb=tode Bildnuͤß
auff / dag ſte anhebet zu gruͤnen: Es gilt alles gleich GOTT.
fraget nicht nach Kunſt / oder nach Wohlredenheit / ſondern wer
zu ihm komt / den wil er nicht hinauß ſtoſſen. Chriſtus iſt in
die Welt kommen / daß er die arme Suͤnder ruffen und ſeelig
machen wil / und Eſaias ſaget: Wer iſt ſo einfaͤltig als mein
Knecht? Darumb thuts dieſer Welt Witz gar nicht / ſie machet
nur Hoffart und auffgeblaſene Vernunfft / ſie wil oben aus und
wil herrſchen; Aber Chriſtus ſpricht: Wer nicht verlaͤſſet
Haͤuſer / Acker / Gut / Gelt / Weib und Kind umb meines
Namens willen / der iſt meiner nicht werth. Alles was in dieſer
Welt iſt / muß nicht ſo lieb ſeyn / als der theure Name IEſus
iſt / denn alles was dieſe Welt hat / das iſt irrdiſch / aber der
Name Jeſus iſt himmliſch / und aus dem Namen Jeſu muͤſſen
wir aus der Jungfrawen wiedergebohren werden.
4. Darumb ſtehet der Jungfrawen Kind gegen dem alten
Adam / dieſer erzeiget ſich mit Begierden der zeitlichen Wolluſt /
Ehren / Macht und Gewalt / und iſt ein grimmiger Drache /
der nur freſſen wil wie ihne die Offenbahrung Johannis dar⸗
ſtellet einen Feuerſpeyenden oder einen greulichen ——
rach⸗
94 Erſter Theil / von der Menſchw. Cap. 13:
Drachen / und der Jungfrawen Kind ſtehet auff dem Monden /
und fuͤhret eine Crone mit zwoͤlff Sternen / denn es tritt das
Irrdiſche / als den Mond mit Fuͤſſen / es iſt aus dem irrdiſchen
Mond außgewachſen / als eine Blume aus der Erden / darumb
ſtehet das jungfraͤwliche Bild auff dem Monde / dawieder
ſcheuſſet der grimmige Drache ſeinen Straal mit Waſſer / wil
das jungfraͤwliche Bild immer erſaͤuffen / aber die Erde komt
der Jungfrawen zu huͤlffe / und verſchlinget den Waſſer Straal /
amd fuͤhret die Jungfraw in eypten / das iſt / das jungfraͤw⸗
liche Bild mug ſich in Agypten in die Dienſtbarkeit laſſen ftel=
len / und die Erde /Jals der Grimm Gottes / verdecket das Jung⸗
fräwliche Bild / fie verfchlinget des Drachen Straal/ obgleich
Der Drache das Zungfräwliche Bild mit feinem Grewelüber-
häuffer/ läftert und fchmähet/ fo fchadets doc dem Zungs
frawen-Kindenichts/ denn der Grimm Gottes nimt die Läftes
zung / foüber dasreine Kind außgegoſſen wird / an/ denn die
Erde bedeut allegeitden Grimm Gottes : Alfo ſtehet das Jung⸗
främwliche Kind auff Erden / als auff dem irrdiſchen Monden /
sind muß immer in Agypfen für dem irrdiſchen Drachen fliehen :
Es muß allhier nur unter Pharaonis Dienftbarfeitfeyn / aber
es fichet auff dem Mond / nicht unterdem Mond: Der Fürft
Tofua oder JESUS führets Durch den Zordanin Zerufalem /
es muß nur Durch den Tod in Zerufalem eingehen / und dert
Mond verlaffen z Es ift in diefer Welt nur ein Gaft / ein
Frembdling und Pilgram / es muß durch des Drachen Sand
wandern / wenn der Drache feinen Straalauffdas fcheuft/ fo
muß fichs beugen / und unter'das Creutz tretten / fo nimt der
Zorn Gottes des Drachen Feuer an.
5. Uns ifterfanntlich / daß der alte Adam nichts vom newen
weiß noch verſtehet / er verficher alles irrdiſch / er weiß nicht /
wo GOtt oder was Gott iſt / erheuchelt ihme felber/ miſſet ihme
Froͤmmigkeit zu / und meynet / er diene Gott / dienet doch nur
dem alten Drachen / eropffert / und fein Hertze hanget am Dra⸗
chen / er wil ſchlecht from ſeyn / und mit der Irrdigkeit in Him⸗
mel fahren / ſpottet doch des Himmels Kinder: Damit zeiget
er an / daß er im Himmel frembd iſt / er iſt nur ein Herr auff
Erden / und ein Teuffelinder Hölle.
6. Unter ſolchen Dornen und Diſtelen muͤſſen Gottes Kinder
wachſen / ſie werden in dieſer Welt nichterkannt / denn der Zorn
Gottes verdecket ſie: Es kennet ſich auch ein Kind Gottes ſelbſt
nicht recht / es ſtehet nur den Alten Adam / der ip anhang
er
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Caprz. ICſu Chriſti. 95
der immer wil das Jungfrawen⸗ Kind erſaͤuffen / es ſey den?
daß das Jungfrawen-Kind einen Anblick in Ternarium Sanctum
empfahe / da kennet ſichs / wenn ihme das edle ſchoͤne Ritter⸗
Craͤntzlein wird auffgeſetzet / da muß derlalte Adam hinten nach
ſehen / und weiß nicht / wie ihm geſchicht: Er iſt wohl fehr
frewdig / aber er tantzet / als einer nad) der Seyten / wenn
Das Spiclauffhöret / fohat feine Frewde ein Ende/ und bleiber
der alte Adam / denn er gehöretder Erden / und nicht der Ent»
glifchen Welt,
7. So bald es mit dem Menfchen dahin komt / dag das
Sungfräwliche Bild aus dem alten Adam anhebet auszugruͤ—
nen) dag ſich des Menfchen Seele und Geift in Gehorfamb
Gotteseinergibt/ fo hebt mitihme der Streitan / dennder alte
Adam im Zorne Gottes flreitet wider den newen Adam: Der
alte wil im Fleifch und Blut Herz ſeyn / fo mag der Teuffel den
Sungfrämlichen Zweig auch nicht dulden / denn er darff ihn
nicht aurühren / aber den alten Adam mag er rühren inficires
und beſitzen: Weil ihm feine eigene Wohnung in der Finſter⸗
nüßdes Abgrumdes nicht gefället / fo wohneter gerne im Mens
ſchen / denn erift ein Feind Goftes / und hat auffer dem Mens
ſchen feine Gewalt/ darumb befiget er den Menfchen/ und
führet ihn nach feinem Gefallen / in Zorn und Grimm Gottes /
Damit er Gottes Liebe und Sanfftmuth fpotte / denn er ver⸗
nennt noch/weiler eingrimmig Feuͤer⸗Quall ift/er fey höher alg
die Demuth / dieweil er Eönne ſchrecklich fahren; Weil er aber den
jungframwlichen Zweig nicht darff anrühren/ fo brauchet er
eitel Liſt und Schalckheit / und verdecket dehn / daß er in dieſer
Welt nicht erkannt wird / es moͤchten ihm ſonſt zu viel ſolcher
Zweiglein in ſeinem vermeyneten Lande wachſen / denn er iſt
denen gram und feind / fuͤhret ſeine hoffaͤrtige Diener mit
Spott und Plagen über denſelben Menſchen / dag er verfolger /
verfpottet / und für einen Narren gehalten wird: Solches khut
er durch die Vernunfft-kluge Welt/ durch diefe / welche ſich
Chriſti Hirten nennen / auff welche die Welt fichet/ auff daß
Doch der Klien⸗zweig nicht erkannt werde / die Menſchen inoͤch⸗
tens ſonſt mercken / und moͤchten ihme zuviel ſolcher Zweiglein
Wwachſen / fo doͤrffte er wohl feine Herrſchafft bey ven Menſchen
‚ serliehren. A
8. Aber der Edle Lilien⸗Zweig waͤchſet in Gedult / in Sanfft⸗
muth / und nimt ſeine Eſſentz / Kraft und Ruch ausdem Ader
Gbottes / als aus per Menfhwerdung Ehrifti ; Chrifti Geiſt
iſt
»
96 Erſter Theil/ von der Menſchw. Cap. 17:
iſt ſeine Eſſentz / GOttes Weſen iſt ſein Leib / nicht aus fremb⸗
der Eigenſchafft / ſondern aus ſeiner eigenen in Tod eingeſchloſ⸗
ſenen und in Chriſti Geiſt außgruͤnenden Eſſentz waͤchſet ver
jungfraͤwliche Lilien-zweig / er ſuchet und begehret nicht dieſer
Welt Schoͤnheit / ſondern der Engliſchen Welt / denn er waͤch⸗
ſet auch nicht in dieſer Welt / im dritten Principio, ſondern
im andern Principio , in der Paradis- Welt : Darumb iſt grof⸗
fer Streit in Fleiſch und Blut / in der Auffern Vernunfft. Der
alte Adam kennet den newen nicht / und befindet doch daß er ihm
widerſtehet: Er wil nicht / was der Alte wil / er fuͤhret den
alten immer zur Abflineng / das thut dem Alten wehe / der Alte
soil nur Wolluft/ Gut umd zeitliche Ehre haben / er mag nicht
Spott und Creutz leiden/ aber dem Newen gefäller es wohl / Daß
er foll Chriſti Mahlzeichen tragen / dag er dem Bilde Chriſti
ahnlich wird : Darumb gehet der Alte offt ganz trawrig umb /
denn er fichet/ dag er muß Narı feyn/ weiß doch auch nicht /
wie ihme gefchicht/ denn er kennet nicht Gottes Willen erhat
nur den Willen dieſer Welt / was allda glaͤntzet / das wil er
haben : Er wil immer gerne Herrſeyn / vor dehme man ſich buͤc⸗
fe ; Aber der Rewe buͤcket fi vor feinem GOtt / er begehret
nichts / wil auch nichts / fondern fähnet fich nach feinem Gott /
als ein Kind nach feiner Mutter / er wirffet fich in feiner Mut⸗
ger Schoß / und ergibt fich feiner himlifchen Mutter im Geifte
Chriſti: Erbegehret feiner ewigen Mutter Speife und Tranck /
und iffer in der Mutter Schoß / als ein Kind in Mutter-Leibe
von der Mutter iffet / denn weiler im alten Adam verdecket it /
fo ift er noch in der Menfchwerdung/ weunn aber der Alte ftir-
bet / fo wird der Newe aus dem Alten aufgebohren / er laffet
Das Gefaͤſſe / da er innen lag / und ein jungfrawlich Kind ward/
der Erden und dem Gerichte Gottes; Eraber wird außgeboh⸗
ren/ als eine Blume in Gottes Reich / als denn wenn kommen
wird der Tag der Wiederbringung/follen ihme alle feine Wercke /
welche er im alten Adam gut gewuͤrcket hat/ nachfolgen/ und
die Boßheit des alten Adams foll im Fewer Gottes abgebrannt /
und dem Teufel zur Speiſe gegeben werden.
9. Nun ſpricht die Bernunfft: Weil denn der newe Menſch
in dieſer Welt in dem Alten nur in der Menſchwerdung iſt / fo
iſt er nicht volltommen ? Antwort: Diß iſt anderſt nicht / als
wie in einem Kinde / da der Saame mit zweyen Tincturen als
maͤnnlich und weiblich ineinander geſaͤet wird / und wird ein
Kind darauf ; Denn ſobald der Menſch umbkehret / und ſich
zu
Cap. ız. JEſu Chriſti.
zu Go0tt wendet mit gantzem Hertzen / Sinn und Willen / und
gehet vom Gottloſen Weege aus / und gibt ſich gantz ernſtlich
in GOtt / fo gehet die Schwaͤngerung im Seelen-Fewer in
der alten verderbten Bildnuͤß any und die Seelergreifftinfich
das Wort/ das ſich in Maria bewegfe im Centro der H: Drey⸗
faltigkeit das fih in Maria mit der züchtigen / hochgebene⸗
depten Himmels: IJungfraw der Weißheit Gottes eingab/ in
die halbzerjtorbene Jungfraw / und ward einwahrer Menſch /
daſſelbe Wort / das in Maria im Centro der H. Dreyfultigs
keit fich bewegte oder rägte/ das fich mitder halo-todten einge⸗
ſchloſſenen Jungfrawſchafft vermaͤhlete / ergreifft das feclifche
Sewer / alfobald gehet in der Seelen Bildnuͤß / als in der
Seelen Liecht in der Sanfftmuth / als in der vwerfihloffenen
jungfraͤwlichen Weſenheit Die Schwängerung an / denn deg
Menfchen Liebe-Tinctur ergreiffet Gottes Liebe-Tinctur, und
ift der Saame im H. Geifte in der Seelen-Bildnuͤß gefüct /
wie foldyes in unferm Buche vom Drepfachen Schen des Men
ſchen weitläufftig beſchrieben worden.
zo Num fiehe : So denn alfo das Jungfraͤwliche Zeichen in
Gottes Liebe erfiheinet / fo mag dieſer Zweig,fchon gebohren
werden/ denn in GHttiftallesvollfommen ; Weileraber im
alten Adam verdeckt ſtecket / und gleich nurimder Eſſentz als in
einem Saamen ftehet/ fo iſt noch groffe Gefahr dabey / den
mancher erlanget diefen Zweig erſt an ſeinem legten Ende / und
ob er ihn gleich aus Mutter » Leibe bracht hätte / ſo wird er
doch verderbet / und bey manchen gerbrochen und Irrdiſch ges
machet.
ı1. Alſo gehet es auch mit dem armen Sünder / wenn er
Buſſe thut / wird aber hernacher wieder ein boͤſer Menſch / ſo
gehets ihme als Adam geſchach / der war ein ſchoͤn / herrlich / von
GoOtt erſchaffen und hocherleuchtet Bild; Als er aber ſich ließ
die Luſt uͤberwinden / ward er Irrdiſch / und ward ſeine ſchoͤne
Bildnuͤß in der irrdiſchen Quaal im Zorn GOttes gefangen /
alſo gehets noch immerdar. Aber diß ſagen wir als wir Erleuch⸗
tung in Genaden Gottes empfangen / und umb diß Craͤntzlein
viel Zeit gerungen haben / daß dehme / der im Ernſt beſtaͤndig
bleibt / biß ſein Zweig ein Baͤumlein wird / dehme mag ſein
Zweig in einem oder mehr Stuͤrmen nicht leichtlich zerbrochen
werden: Denn was ſchwach iſt / das har auch ein ſchwach Le—
ben. Nicht reden wir alſo der Gottheit ein / ſondern natuͤrlich
iſt das / und geſchicht doch natürlich / denn das Ewi⸗
gt
98. Erfter Theil / von der Menſchw. Cap. 13.
ge hat auch ſeine Natur / und gehet nur eines aus dem andern:
Waͤre dieſe Welt nicht von des Teuffels Boßheit und Grimm
vergifftet geweſen / ſo waͤre Adam in dieſer Welt im Paradis
blieben / auch wäre kein ſolcher Grimm in Sternen und Ele»
menten 5; Denn der Teuffel war ein König umd groffer Her: in
Loco dieſer Welt / der hatden Grimm erräget : Darumb ſchuff
GOtt ven Himmel aus dem Mittel des Waſſers / daß die few⸗
rige Natur / als das fewrige Firmament mit dem Waſſer⸗Him⸗
mel gefangen waͤre / daß ſein Grimm verloͤſche: Sonſt wo das
Waſſer ſolte vergehen würde man wohl ſehen / was in dieſer
Welt ſeyn wuͤrde / anders nichts / als ein eitel kaltes / herbes
und fewriges Brennen / und doch nur finſter / denn es koͤnte kein
Liecht ſeyn / denn das Liecht beſtehet bloß in Sanfftmuth / ſo
kan auch kein ſcheinend Fewer ſeyn / es habe dan ſanffte Weſen⸗
heit. Darumb iſt uns erkaͤnntlich / daß GOtt hat die himmliſche
Weſenheit in Waſſer verwandelt / welches natuͤrlich geſchach /
als ſich GOtt der Vatter bewegte / und der Teuffel fiel / welcher
wolte ein Fewer⸗Herr ſeyn über die Sanfftmuth / fo ward ihme
ein ſolcher Riegel fuͤr ſeine gifftige Boßheit geſchoben / daß er alſo
nun Gottes Aff / und nicht Herriſt / ein Wuͤter und Erfuͤller
im Zorn⸗-Qugal.
12. So wir denn ſolches wiſſen / daß wir mit dem Zorn umb⸗
geben ſind / ſollen wir unſer ſelber wahrnehmen / und uns nicht
alſo gering und leicht ſchaͤtzen / denn wir ſind nicht allein von die⸗
ſer Welt / ſondern auch zugleich von der Goͤttlichen Welt / wel⸗
che in dieſer Welt verborgen ſtehet / und iſt uns nahe: Wir
koͤnnen zugleich auff einmaͤhl indreyen Welten leben und ſeyn /
ſo wir anderſt aus dem boͤſen Leben mit dem jungfraͤwlichen Bil⸗
de außgruͤnen: Denn wir leben 1. im erſten Principio ins Vat⸗
ters Welt im Fewer / nach der Eſſentialiſchen Seele / als nach
der Fewers-Quaal im Centro Naturæ der Ewigkeit; und denn
2. mit dem rechten reinen jungfraͤwlichem Bilde leben wir in
der Sicchtflammenden Paradis-Welt / wiewohl diefelbe im Lo-
co dieſer Welt nicht offenbahr ift / wird aber doch in dem junge
fräwlichen Bilde im H. Geifte und im Worte/ dasim junge
fräwfichen Bilde wohnet / erkannt; 3. Leben wir mitdem alten
Adam in diefer äußeren verderbten Sucht- Welt / beym Teuffel
in feiner entzuͤndeten Sucht/ darumb heiffets vorfichtig feyn.
Chriſtus ſpricht: Seyd einfältig als die Tauben / und liftig
als die Schlangen) nehmer ewer felber wahr : In Gottes Reich
turen wir keiner Liſt / wir find nur Kinder in der u
hoß
Cap. 12. Jeſu Ehrifti. 9
Schoß / aberindiefer Welt mögen wir uns wohl fürfchen / wir
fragen den edlen Schag in einem irzdifchen Gefafle : Es iſt bald
gefchehen / dag verlohren wird GOtt und Himmelreich / das
nach diefer Zeit nicht mehr zu erlangenift : Allbier find wir im
Ader und Saamen/ wir ſtehen alhier im Wachfen/ ift es gleich/
day der Halm zerbrochen wird/ foift doch noch die Wurtzel da /
dag ein anderer Halm wachfen mag.
13. Allhier ſtehet dem Menfchen die Genaden-thür offen: Es
iſt Fein Sünder fo groß / fo er umbkehret ımd rechtfinaffene
Früchte ver Buße würdet / er mag aus der Boßheit newge⸗
bohren werden ;s Wer aber feine Wurgel muthwillig in des
Zeuffels Fewer wirfft/ und an feinem auggrünen verzagt / wer
wil dem Helfen / der felber nicht wil ; Wenn er aber feinen
Willen umbwendet zu GO / fowil ihn GOtt haben : Den
wer in Gottes Zorn wil/ den wil Gottes Zorn haben/ wer
aber in die Liebe wil/ den wil Gottes Siebe haben. Paulus far
get: Welchen ihr euch begebef zu Rechten in Gehorſamb / ent⸗
weder der Suͤnden zum Tode / oderdem Gehorſam Gottes zur
Gerechtigkeit / des Knechte feyd ihr 5 Der Gottlofe iſt GOtt
ein lieblicher Geruch im Zorne/ und der Heilige iſt GOtt ein
lieblicher Geruch in feiner Siebe : Mag doch ein Menſch aus
fih machen was er wil/ er hat beydes vor fich / Fewer und Liecht:
Wil er ein Engel im Liechte ſeyn / ſo huͤlfft ihm Gottes Geifte
in Ehrifto zur Engel-Schaar : Wiler denn ein Teuffelim Few⸗
er ſeyn / fo huͤlfft ihm Gottes Zorn und Grimm / und zeucht
ihn in Abgrund zum Teuffel : Item er befomt feinen Afcenden-
ven / wozu er Luſt hat: Zubricht er aber die erfte Suft / und ges
het in eine andere / fo befomtereinen anderit Afcendenten/ aber
der erfte hanget ihm trefflich an / er wil ihn immer wieder haben /
darumb muß das edle Körnlein öffters in groffer Quetſche ftehen /
es muß fich laffen die Dornen ſtechen / denn die Schlange fticht
immer des Weibes Saamen / als das Jungfrawen- Kind / indie
Serfen : Der Schlangen-Stich ſtecket im alten Adam / der ſticht
immer das Jungfrawen-Kind in Mutterleib in die Ferſen. Dars
umb ift dig Sehen in diefer Welt mit ung armen gefüngenen
Menfchen ein Jammerthal / voller Angft / Creutz / Elend) Truͤb⸗
falı Marter und Pein : Wir find allyier frembde Gäfte/ und
find auffver Pilgrams⸗Straſſe / wir müffen durch groſſe wuͤſte /
, wilde Einöden wandelen / und find mit böfen Ihieren umbgeben /
mit Nattern und Schlangen / Woͤlffen umd eitel grewlichen
Thieren / und das böfefte Thier pr wir im Buſein: Unſer
2
N.
ſcho⸗
7
100 Erſter Theil! von der Menſchw. Cap. 13.
1’ hey Jungfraͤwlein ſtehet in demſelben böfen wüften Vieheſtal⸗
e zur Herberge.
24. Aber diß erkennen und ſagen wir mit Grunde / daß / wehme
der edle Zweig waͤchſet und ſtarck wird / allda in demſelben
Menſchen der alte Adam muß Knecht werden / er muß hinten
nach gehen / und offt thun / was er nicht wil: Er muß offt
Creutz / Spott und auch den Tod leyden / das thut er nicht ger⸗
ne / aber das jungfraͤwliche Bild in Chriſto zwinget ihn / denn
es wil Chriſto ſeinem Braͤutigam gerne mit Frewden nachfol⸗
gen / und ihme aͤhnlich werden in Creutz und Truͤbſal.
15. Und ſagen auch wohl dieſes / daß wohl keiner mit der jung⸗
fraͤwlichen Krone gekroͤnet wird / welche die Fraw in der Offen⸗
dahrung Johannis trägt mit zwoͤlff Sternen / als mit Sechs
Geiſtern der Natur himmliſch / und mit Sechs Geiſtern irrdiſch /
er beſtehe dan vor des Drachen Straal / und fliehe mit in Agyp-
en / als unters Creutz in die Plagen Aagypti: Er muß Chriſti
Creutz tragen / und Chriſti Dornen-Crone auffſetzen / ſich wohl
laſſen außaͤffen / narren und ſpotten / wil er Chriſti und der
Jungfrawen Crone auffſetzen / er muß vonerſt die Dornen⸗Crone
tragen / wil er die himmliſche Perlen⸗Crone in Ternario Sancto
auffſetzen.
16. Und geben den Erleuchteten noch ein groß Geheimnuͤß zu
erkennen / daß / wenn die Perle geſaͤet wird/ ſo ſetzet er zum
erſtenmahl die Crone in Ternario Sancto mit gar groſſen Frew⸗
den und Ehren vor Gottes Engeln und allen heiligen Jungfraw⸗
en auff / und iſt wohl groſſe Fremde alda : Aber dieſelbe Eros
ne verbirget fich wieder denn an dem Orte wird GOtt Menfch;
wie wolte da nicht Frewde ſeyn / der alte Adam tantzet mit / aber
als ein Eſel nach der Leyer / aber die Crone wird der Menſchwer⸗
dung beygelegt.
"17. Wiltu nun ein Ritter ſeyn / fo muſtu in Chriſti Fuß⸗
ſtapffen mit dem alten Eſel auch wieder den Teuffel ſtreiten:
So du ſiegeſt und fuͤr ein ritterlich Kind Gottes erkannt und
angenommen wirſt / ſo wird dir der Frawen Crone mit zwoͤlff
Sternen auffgeſetzet die ſoltu tragen / biß die Jungfraw aus
der Frawen aus Deinem Tode oder mit deinem Tode gebohren
wird / die foll die dreyfache Erone der groffen Ehren in Terna-
rio San&o aufficsen : Denn weil das jungfraͤwliche Bild noch
im alten Adam verfchloffen liget / erlanget es nicht die Engliſche
Erone / denn es ſtehet noch in Faͤhrlichkeit: Aber wenn es mif
des alten Adams Sterben gebohren wird / um aus ber DER
Dr
Cap.14. JEſu Chriſti. 101
oder Schalen auskreucht / alsdenn iſt es ein Engel / und mag
nicht mehr verderben / und wird ihme die rechte beygelegte Cro⸗
ne / da GOtt Menſch ward / auffgeſetzet / aber die Crone mit
den zwoͤlff Sternen behaͤlts zum ewigen Zeichen auch / denn es
ſoll in Ewigkeit nicht vergeſſen werden / daß GOtt in der irrdi⸗
ſchen Frawen wieder hat auffgeſchloſſen DIE Jungfrawſchafft /
und iſt Menſch worden. Die Gottheit iſt Geiſt / und das hei⸗
lige reine Element ift aus dem Worte von Ewigkeit erbohren /
und ifeder Herr in den Knecht eingegangen) deſſen fich alle Engel
im Himmel wundern / und iſt das groͤſte Wunder ſo von Ewig⸗
keit geſchehen / denn es iſt wider die Natur / und das mag Lie⸗
be ſeyn. Die ſechs Irrdiſche Zeichen ſollen zum ewigen Wun⸗
der ſtehen / und ein Ewiger Lobgeſang ſeyn / daß ung GOtt
hat aus Tod und Noth erloͤſet / und die Sechs himmliſche Zeichen
follen unſere Crone und Ehre ſeyn / daß wir mit dem himmli—
ſchen das irrdiſche haben uͤberwunden / daß wir Frawen und
Mannen waren / und find alsdenn zuͤchtige Jungfrawen mit
eigener Liebe / fo ſollen die Sieges-Zeichen bleiben in Ewigkeit
ſtehen / daran ſoll erkannt werden / was GOtt mit der Menſch⸗
heit habe zu thun gehabt / und wieder Menſch das groͤſte Wun⸗
der im Himmel iſt / deſſen ſich die Engel hoch erfrewen.
Das 14. Capittel.
Bon der newen Wiedergebuhrt: In was Subjtang/
Eſſentz / Weſen und Eigenſchafft die Newe Wieder:
gebuhrt / als das Jungfrawen-Kind / ſtehe / weil es
noch im alten Adam ſtecket.
* Jeweil wir in dieſem Jammerthal in dem irrdi⸗
Ir fen Fleisch und Blut ſchwimmen / und finder:
er nerirzdifchen Quaal worden / da wir inder Tunc⸗
kelheit im Glaſt verſchloſſen ligen / höret das
edle Gemuͤthe nicht auff zu forſchteu won feinem
rechten Vatterlande / dahin es schen ſoll / es ſpricht immer :
Wo iſt doch GOtt / oder wenn ſoll cs doch geſchehen / dag ich
Gottes Antlitz mag ſehen ? Wo iſt doch meine Perle ? Wo iſt
das Jungfrawen⸗-Kind ? Sehe ich es Doc) nicht / wie geſchicht
mir doch / daß ic) mich alfo angfte nach demſelben / das ich doch
nicht ſchawen kan: Ich befinde wohl den groffen Luſt und Bea
| E 3 gierde
102 Erfter Theil) von der Menſchw. Cap. 14.
gierde darnach / kan aber nichts fehen/ da mein Hertz möchtt
ruhen / ift mir Doch immerdar als einem Weibe / Dasgernege?
baͤhren wolte / mie wolte ich doch fo gerne meine Frucht ſehen /
Die mir von meinem Gott verheiſſen iſt / es ſaͤhnet fich immer
zur Gebuhrt / ein Tag ruffet dem andern / undder Morgen dem
Abend / umd die Macht wieder dem Tage / und hoffet in der Ab-
ſtinentz / wenn doc) aufgehen werde der helle Morgenfterne /
der dem Gemüthe feine Nuhe bringe/ und ift ihmeals einem
Weibe/ das zur Gebuhrt arbeitet/ das immer des Anblicks
hoffet / und mit Sähnen und Verlangen wartet.
2. Alfo meine Geliebte Kinder Gottes gehets uns : Wir
meynen / wir find noch fern Davon / und fichen doch alfo in der
Gebuhrt / wirgebähren alfo mit groffem Saͤhnen / in arigften/
und Fennen den Saamen nicht / den wir gebähren/ denn er li»
get verfchloffen : Wirgebähren nicht zu diefer Welt / wie wollen
wir deñ die Frucht mit diefer Welt Augen fehen / gehöret doch die
Frucht nicht in diefe Welt.
3. Dieweil wir aber die wahre Erfäntnüß diefes Weſens er>
fanget haben / nicht nach dem Äuffern Menfchen / fondernnach
dem innern / fo wollen wir uns dig in Gleichnuͤß fürmanlen/
umb deß Sefers und umb unferer Ergetzligkeit willen. 1
4. Wenn wir uns betrachten / wie wir doc, alfo zweyfach
find/ mit zweyfachen Sinnen und Willen; fo können wir nicht
beffer zur Erkaͤntnuͤß kommen / als wenm wir das Gefchöpff
betrachten : Wir fehen einen groben Stein ligen/ und ift iur
manchem das befte Gold ; Da fehen wirja/ wiedas Goldim
Steine glänsket/ und der Stein ift ſtumm / und weiß nicht / daß
er ein ſo edel Goldin fich hat : Alfo auch wir/ wir find ein Irrdi⸗
ſcher Sulphur, haben aber einen himmliſchen Sulphur im irr⸗
diſchen / da ein jedes das feine ift/ cs iſt wohl dieſe Zeit unter⸗
inander / aber es inqualiret nicht miteinander / es iſt nur eines
Des andern Behalter und Wohnhaus/ als wir dig am Golde
erkennen / da der grobe Stein nicht das Goldift/ fondermift
zur fein Behalter 2 Seine Grobheit gibt auch nicht das Gold /
fondern die Tin&tura Solis gibt dasimgroben Steine s Aber der
grobe Stein ift die Mutter/ undSoliftder Vatter / denn Sol
ſchwaͤngert den groben Stein / darumb daß er Centrum Naturz
hat} daran Sol feinen Urftand hat : Wenn wir wolten forts
chen biß ins Centrum, wolten wirs darftellen / weils aber
in andern Schriften genug erkliret worden / fo bleibts alhie
yet,
ſtehe Aldo
Eap.14. JEſu Chrifti. 103
5. Alfo ift es auch mit dem Menſchen: Der irıdifche Menſch
bedeutet den groben Stein / fo bedeutet das Wort / das Menſch
ward / Sol, das ſchwaͤngert den verderbten Menfchen / denn
Urfach ift dig 2 Der verderbte Menfchift wohl irrdiſch / er hat
aber Centrum Naturz in fi) Ewig / er fähnet fich nach Gottes
Sol, denn in feiner Schöpfung ward Gottes Sol mit zu ſeinem
Weſen gensinmen/ nun hat aber der grobe Stein das Sol uͤ⸗
berwachfen und in fich verfihlungen / dag das Sol mit dem gro⸗
ben Stein gemifchet ift / und mag dent groben Sulphur nicht ent⸗
rinnen / es werde denn im Fewer gelautert / dag das grobe ab⸗
geſchmeltzet wird / fo bleibet Solaileine : Dig verfiche mit dene
Sterben und Verweſen / da wird das grobe irrdiſche Fleifch ab⸗
—— fo bleibet das jungfraͤwliche geiſtliche Fleiſch als
eine.
6. Und verſtehet uns recht was wir meynen / wir reden theu⸗
er und warhafftig / als wir es erkennen: Nicht iſt der newe
Menſch nur ein Geift/ er ift im Fleiſch und Blut / gleich wie
das Gold im Steine nicht nur Geiftift / es hat Leib / aber nicht
einen folchen / wie der grobe Steinift / fondern einen Leib ver -
im Centro Naturz im Fewer beftehet / dehme das Fewer feinen
Leib nicht verzehren mag / darumb das das Gold einander Prin- -
cipium hat / wuͤſteſtu das du irrdiſcher Menſche; Aber cs blei⸗
ber billich ſtumm / denn die Erde iſt des Goldes nicht werth / ch
fie das gleich traͤgt / und auch gebichret; Alſo auch der irrdiſche
Menſch iſt des Kleynods nicht werth das er traͤgt: Und ober
gleich das huͤlfft gebaͤhren / noch iſt er eine finſtere Erde gegen dem
Jungfrawen-Kinde aus GOtt gebohren.
7. Und wie das Gold einen wahrhafftigen Leib hat / der im
groben Stein verborgen und gefangen liget; Alſo hat auch die
Sungfrawliche Tinctur in dem irrdiſchen Menfchen cinen war
hafften/ himmliſchen / göttlichen Leib in Fleifch und Blut: Aber
nicht in ſolchen Fleiſchund Blut) wie das Irrdiſche / es mag im
Fewer beſtehen / es gehet duxch Stein und Holtz / und wird nicht
ergriffen: Wie das Gold den groben Stein durchdringet / und
zerbricht den nicht / zerbricht auch ſich ſelber nicht / und der Stein
weiß nichts vom Golde: Alſo iſt au) der alte irrdiſche Menſch /
wen er das Wort des Lebens / das in Chriſto Menſch ward / empfaͤ⸗
het / ſo empfaͤhet er das in dem verderbten Sulphur ſeines Fleiſches
und Bluts in das in Tod eingeſchloſſene jungfraͤwliche Centrum,
da Adam ein jungfraͤwlich Bild innen war / da ihme die wilde Er⸗
de ſein Gold der RENT enheit uͤberzog / daß das 9
4 * iſche
1204 Erſter Theil / von der Menſchw. Cap. 14
liſche im Tode / im Centro des Fewers muſte ſtehen: In daſſel⸗
be / ſage ich / und in demſelben bewegte ſich das Wort des Lebens /
das in Marin ein Menſch ward / alda kriegte die in Tod einge⸗
ſchloſſene Weſenheit eine lebendige Tinctur; Da hebt das edle
Gold / als die himmliſche Wefenheit im Tode an zu grünen
und hat alfobald den Spiritum Sanctum im Wort deß Lebens in
ſich / der da vom Batter und Sohne außgehet / und machet die
Weisheit / als die himmliſche Sungfram / als einen Spiegel und
Ebenbild der Gottheit fir ſich / als einen reinen Sulphur, ein
rein Fleiſch und Blut / darinnen er wohnet / nicht irrdiſcher EL-
ſentz / fondern Göttlicher Eſſentz / aus himmliſcher Weſenheit /
das iſt das wahrhafftige Fleiſch und Blut Chriſti / denn es waͤch⸗
ſet in Chriſti Geiſte / im Worte des Lebens / das Menſch ward /
das den Tod zerbrach / da die goͤttliche Tinctur wieder gruͤnete /
und aus ſich Weſen gebahr / denn alles iſt aus Gottes Begehren
gebohren uno herkommen. So aber GOtt ein Fewer und auch
ein Sicht iſt / fo iſt uns genug erkaͤnntlich / woraus cin jedes Font»
men ift/ koͤnnen doch anderft nicht fagen / als aus dem Guten und
Sichreichen fey Gutes kommen / denn ein guter begehrender Wil⸗
fe empfaͤhet in feine Imagination feines gleichen / er machet ihme
nit dem Hunger feines Begehrens felber feines gleichen.
8. Alto iſt uns erkaͤnnklich / dag dieweil die Gottheit gelüs
ſtert / einen Spiegel/ ein Bild feines Gleichen zuhaben / die
göttliche Luft auch wird in feiner felbft-Schwängerung haben das
gute und liebfte in feinem begehrenden Willen gebohren/ ein
recht Gleichnuͤß nach dem guten / nach der Klaren Gottheit: Daß
Tich aber hat das irwifche mit eingemifchet / das ift des begehren⸗
den Zorns /alsdes Fewers Schuld/ des Teuffels / der ihn mit feis
ner Imagination entzündete.
9. Alfo ift uns auch nun hoch erfänntlich / daß GOtt das ftis
ne (als fein Allerbeftes und Liebſtes ] das er zufeines gleichen
ſchuff in ein creatürlich Weſen /) nich Pwolte verfaffen ; Ehe
ward er felber ein folches / als er gefchaffen hatte/ daß er das
Verderbte wieder ausder Berderbung gebähre / und indas befte
feßte/ da er möchte Ewig darinn wohnen : Und fagen mit Grun=
De / dag GOtt im newen Menfchen felber felbftandig wohnet /
nicht Durch einen Glaft oder frembden Schein / fondern weſent⸗
lich: aber im feinem Principio = Der aͤuſſere Menfch rühret
oder ergreift ihn nicht ; Auch ift Fleifch und Blut des newer
Menfchen nicht EDEL / esift himmliſche Weſenheit: Gott iſt
Geiſt / GH verdirbet nicht / ob ſchon das Weſen ——
ö
Cap. 14. Jeſu Chrifti. 10
fo bleibet GOtt in ſich / er darff keines Wegfahrens / denn er brau⸗
chet auch kein Einfahren / ſondern er offenbahret ſich im Fleiſch und
Blut / es iſt ſeine Luſt / eine Gleichnuͤß zu beſitzen.
10. Und ſo wir uns alſo recht erkennen / und dehme nachge⸗
hen / fo finden wir / dag der Sdenfch (verſtehe der gantze Menſch)
ſey ein recht Gleichnuͤß nach GOtt: Denn nach dem irrdi—
ſchen Leben und Leibe iſt er von dieſer Welt / und nach dem jung⸗
fraͤwlichen Leben und Leibe iſt er vom Himmel / denn die jung⸗
fraͤwliche Eſſentz hat himmliſche Tindur, und machet himm⸗
liſch Fleiſch / in dehme GOtt wohnet. Wie das Goldim Stei⸗
ne eine andere Tinctur hat / als der grobe Stein / und dieſelbe
rTinctur hat einen andern Leib / es wird ein jeder Leib aus ſeiner
eigenen Tinctur, als wir denn erkennen / daß die Erde iſt vom
Grimm aus dem Centro des herben Fewers / als des kalten
Fewers erbohren worden / aus dem Sulphur der Strengheit /
im der Angſt zum Fewer / wie im Buche de tribus Principiis
gemeldet.
ır. Alſo wird auch ein gut Corpus oder Leib aus guter Effent }
denn die Eflenz machet das geben / iſt doch felber nicht das Le⸗
ben / das Leben urſtaͤndet im Principio als im Fewer / es
fey nun gleich) im falten oder higigen / oder im Liecht- Fe—
wer / ein jedes ift ein eigen Principium , und ift doch nicht
gefchieden.
12. Alfo wollen wir num mit Grundeder Wahrheit vonder
Menfhwerdimg oder Menfchheit reden / und fagen mit hellen /
dürren / unverdeckten Worten / nihtaus Wahn oder Meynen /
fondern aus eigener wahren Erkaͤntnuͤß / in Erleuchtung ung
von GOtt gegeben.
I. Daf der newe Wiedergebohrne Menfhr der indem als.
ten verborgen figet / als das Gold im Steine / eine himmli=
fhe Tin&ur habe / und habe göttlich I himmliſch Fleiſch und
Blut an fich / und dag deſſelben Fleiſches Geiſt fein freinb⸗
der Geift ſey / fondern fein eigener / aus feiner eigenen Eſſentz
erbohren.
11. Wir bekennen und fagen / daß das Wort / dasin Ma⸗
ria der Jungfrawen Menfch ward / der erfle Grund zuran-
hebenden Tin&ur im Sulphur fey / und bekennen Chrifti Geift }
der den Himmel an allen Enden erfüllt / in derfelben Tindtur
wohnende.
111. Wir bekennen dieſes Himmliſche Fleiſch für CHri⸗
fi Fleiſch / im dehme Die H. Dreyſaltigkeit unzertrennet
Wohnet. E5 iv, Wir
105 Erſter Theil / vonder Menfchw. Eap. 14.
IV. Wir bekennen / daß cs möglich fey / daz daffelbe Fleiſch
und Blut in Zeitdesalten Adams Fönne durch Imagina:ion wies
der verderbet werden / wiein Adam gefchahe.
V. MWirfagen/ dag der Gottheit in der Verderbung nichts
abgehe/ auch mit keinem böfen berühret werde / denn was die
Siebe GOttes verleuret / das füllet dem Zorn GOttes heim:
Was aus dem Ficchte fallet/ das fähet das Fewer / und bleibet
GOttes Geiſt für fich unverdorben.
VI Wir fagen/ dag in allen Menfchen die Moͤgligkeit zur
Neuen Gebuhrtfey / fonftwäre GOTT zertreimet/ und an eis
nem Orthe nicht als am andern / und bekennen hiermit/ dag
der Menſche vom Fewer umd $icchte gezogen werde : Wo er
fih mit ver Waage hinlendet / da fälleter hin / und mag in dies
fer Zeit doch feinen Angel oder Waage-Zünglein wieder in die
Höhe ſchwingen / und daß die H.Elare Gottheitkein Boͤſes wil:
Sie wil auch keinen Teuffel; viel weniger einen Menſchen in
der Hölle im Zorne Gottes haben / Sie hat auch feinen gewolt:
Sondern dieweil kein Liecht ohne Fewer iſt / fo iſt ung ge>
nitg erkaͤnntlich / wie ſich der Teuffel durch Imagination am
Zorn-Fewer vergaffet / fo wohl alle Menſchen / die verdamt
werden / die wollen ihnen nicht rathen laſſen / ſondern erfuͤllen
ſelber den gierigen Fewer-Quaal : Sie laſſen ſich ziehen / koͤn⸗
ten aber wohl ſtehen.
VII. Wir ſagen / daß der wahre Tempel / dader H. Geiſt
prediget / in der newen Gebuhrt ſey: Daß alles todt / ſtumm /
krumm / blind und lahm ſey / das nicht aus GOttes Geiſt iſt
oder lehret / daß ſich der H. Geiſt nicht in den Schall des Gott:
loſen Mundes miſche / daß Fein Gottloſer Menſch Chriſti
Hirte ſey: Denn / ob gleich in dem Heiligen mit des Gottloſen
Stimm die Uhre geſchlagen wird / das geſchaͤhe wohl von einem
Viehe⸗geſchrey / wenn fein Hall verſtaͤndig waͤre / oder der
thewre Name GOttes genannt würde / denn fo bald der Name
GOttes genannt wird/ und einen Hall gibt / fo fänget der an⸗
dere Hall} als andem Orthe / wo er im Schall ift / alsinder
H. Scele / aber kein Gottlofer wecket einen anderen Gottlofen
aus dem Todeauff/ denn das fan nicht feyn / fie find beyde int
Zorne GOttes / und figen noch im Tode verfchloffen. Hätten
wir felber koͤnnen aus dem Tode fteigen und ung lebendig ma⸗
chen / GOttes Herk hätte nicht Dürffen Menfch werden : Dar⸗
umb fügen wir mit Grunde / daß alleine daffelbe Wort das
da iſt Menſch worden / den armen Sünder aus feinem Tode
auff⸗
Cap. 14. Jeſu Ehrifti. 107
auffwecket / und zur Buße und newen Leben gebiehret / dar“
umb ſind alle Schreyer / welche gottloß ſind / dem Tempel
Chriſti nichts nuͤtze / aber die Chriſti Geiſt haben / die ſind
Chriſti Hirten.
VIII. Wir bekennen und ſagen / daß alle Lehrer / die ſich
fuͤr Chriſti Diener und der Kirchen außgeben / und ſolches
umbs Bauchs und Ehre willen / doch aber un⸗wieder gebohren
ſind / der Antichriſt und das Weib in der Offenbahrung Johan
nis auff dem Drachen ſind.
1X. Wir ſagen / daß alle unbilliche Tyranney und eigen-ge⸗
nommene Gewalt / da der Elende mit gedrenget / außgeſogen /
gequetſchet und gequaͤllet wird / dardurch er leichtfertig / zu
aller Uppigkeit und Ungerechtigkeit gezogen und geurſachet
wird / ſey das grewliche ſcheußliche Thier / darauff der Anti⸗
Chriſt reuthet.
X. Wir erkennen und fagen / daß die Zeit na—
he/ und der Tag anbreche / da diß böfe Thier
mit der Huren foll in Abgrund gehen /
Amen, Hallelujah, Amen,
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Andeutung der Titul Figur über den andern
Theil der Menfchwerdung JEſu Chrifti
von ſeinem Leyden und Sterben.
De Bildnuͤß GOttes allein iſt eine auffgerichtete meuſch⸗
liche Geſtalt / welche er geſetzet hat zu herrſchen uͤber alle
Thiere auff Erden. Wie bildet ſich dann das Hertze GOttes
ſelbſt in Gleichnuͤß eines Lammes gebunden und geſchlachtet / che
noch die Welt offenbahret / die Erde gegründet / die Thiere et⸗
ſchaffen / und die Suͤnde begangen?
Hier lieber Menſch ſchlieſſet das Ende der Zeit den Anfang
auff: Denn da du noch im Saamen wareſt / ward ein Bogen ges
ſpannet / und ein Pfeil auff dich gerichtet; groſſe Liebe war zu dir /
und groſſe Angſt und Sorge war über dich; verborgen konteſt du
nicht bleiben; denn du wareft ein Eöniglicher Erbe und follteft den
Thron befigen/ über die Thiere ſollteſt du herrſchen / aber nicht ih⸗
res Fleiſches gelüften / noch ihre Seele im Blut anruͤhren / denn |
fie waren unrein für dir / und ihr Geift nur cin Spiel im Wun⸗ |
der der Eitelfeitiven ſollteſt du für allnicgt lieben ; dena die Liebe
iſt ein Feuer / und hat in ihrer Wurtzel die Macht der Bildung?
Daß fie fich gleich) foͤrmet dem Geliebten.
Weiler aber fo fehr umb dich buhlete /Tieffeft du dich Lethören /
und legteſt dein Haubt in feinen Schoß / und ſchlieffeſt ſicher ein;
alfo zieng dein Licht aus) und deine Macht und Stärde war von
Deinem Haubte weg/und wurdeft vom Behemoth in feinem Bauch
verſchlungen:: Da kamen alle feine Zungen aus ihren Höhlen
and Neftern herfür/und wolten fich von deinem Fleifche ſaͤttigen;
grimmige Bären / geigige Woͤlffe / zornige Löwen / hotfartige
Haͤngſte und Pfauen / ueidige Hunde / fraͤßige Schweine /geile
Boͤcke / liſtige Schlangen / wütende Drachen / giftige Kröten [
ftechende Spinnen / böfe Ottern / grobe Ochfen / dumme Efel/
furchtfame Hafen) freche Falcken /rauberifche Adler / alle Wür-
me der Erden / und alles fliegende Geſchmeiß in der Lufft hatte
Gewalt über dich, es war keines das wich Fannte und deiner ſcho⸗
nete / denn du wareſt ein Frembdes inihrem Walde.
Da ſprach deine Mutter die Liebe in ihrem Hertzen; wer er-
rettet meinen Sohn / und reiffet aus dem Machen der Thiere mei⸗
nen Erben? Ich weil mich früh guffmachen und in ein Thier ver=
ſtellen / mein geben wilich für fein Leben zum Raub geben / dah ich
ihn erköfe/und wieder zu Ehren fege.
Alſo ſormete fich das Hertze EN tes in dem füffen Namen |
JEſu zu einem ſanſſtmuͤthigen unfehuldigen Lamme / Mu |
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a he Ai * Km * u)
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Reihe * ah er uns von Sin
Si — — fe: *
Saar in Diefen En
Eap.6.0.9:tap.9. 03. i d a
msn Bi Cap. 5.0.23
Und weiter in
Drey Prineipiis. Cap. ı1.v.25.0.17.0. 207. 108,
ee Cap. 5.0.98.
109
Der Ander Theil
der
Menſchwerdung Jeſu Ehrifti.
Wie wir müffen in Chriſti Leyden Sterben
und Tod eingehen/und aus feinem Tode mit
ihm / und Durch ihn aufferſtehen / und fei-
nem Bilde ähnlich werden! und ewig in
ihme leben.
Das Erſte Eapittel.
Don des Sehens Urſtand aus dem Feuer: Item von
dem ewigen Geifte in der ewigen Jungfraw der
MWeißheit Gottes | und was der ewige Anfang und
das ewige Ende fey.
I.
Se auffere Vernunfft richt:
LE) Ware es dan nicht gnug geweſen /
EI das GOTT in uns Menſch ward]
ZZ. warumb mufte Ehriftus leyden
I) und fierben ? Vermochte denn
N GOTT nicht den Menſchen alfd
MN in Him̃el mit der Newen Gebuhrt
einzuführen ? Iſt denn GOtt nicht
genug Allnächtig / daß er thue
was er wil? Was hatdoh GOTT
L für einen Gefallen am Zode und
S nicht alleine ſeinen Sohne am Creutz hat ſter⸗
ben laſſen / ſondern wir muͤſſen auch alle fterben ? So uns denn
GO TT Hat mit dem Sterben feines Sohns erloͤſet / und er
für uns bezahlet / warumb muͤſſen wir dan auch ſterben und
rerweſen?
Alſo lauffet die Bernunftt.
3. Bor dieſen Spiegel wollen wir den Antichriſt / der ſich
E7 Chriſti
%
se ne 1 ET
110 Ander Theil / von der Menſchw. Sap.r:
Chriſti Diener und Hirten nennet / zu gaſte geladen haben /
und alle hohe Schulen dieſer Welt mit ihren Diſputationen und
Gefegen ; So wohl alle Kinder Chriſti / welche Chriſti Creutz
tragen / ſie ſollen alle den wahren Grund ſehen / nicht der
Meynung / jemand in feiner Unwiſſenheit zu ſchmaͤhen / font»
dern zur wahren Lehre / daß ſich ein jeder ſuchen und finden ſoll /
denn es wird gar ein NE Handel feyn / und
trifft den Menſchen: Es koſtet fein Leib amd Seele /
erdarff damit gar nicht ſchertzen denn der diefe Er:
kaͤntnuͤß hat gegeben / der hat feine Pofaune gerichtet]
es gilt dem menfihlichen Gefthlechte | ein jeder mag
feine Lampe ſchmuͤcken: Es wird ein groffer zwey—
facher König kommen / aus zweyen Thüren) Er ift
einer/ und doch zween / Er hat Fewer und Liecht / Er
zeucht auff Erden und auch im Himmel ein / das laſſe
man ein Wunder ſeyn.
3. Lieben Kinder Chriſti / wenn wir den Tod betrachten /
wie wir durch den Tod müffen ins gehen gehen / fo finden wir gar
viel ein ander Leben das aus dem Tode komt / und finden
bald / warumb Ehriftus hat müffen fterben/ warumb wir in
Chriſti Tod auch muͤſſen fterben / in ihme aufferftchen / umd
init und durch ihn in GOttes Reich eingehen.
4. Wenn wir nun dieſes finden wollen / muͤſſen wir die
Ewigkeit im Grund und Ungrund betrachten / ſonſt ift kein Fin⸗
den / wir muͤſſens nur finden / da es iſt: Denn aus dem ewigen
Grunde haben wir mit GOttes Bildnuͤß unſern Urftand / als
mit der Seelen und ihrer Bildnuͤß / find aber ins Zeitliche und
zerbrechliche eingeführet worden/ als in die Auaal. Nun ift
aber die Ewigkeit / als der Ungrumd / eine Freyheit auffer der
Quaal / darumb müffen wir wieder in die Freyheit durchs Ster⸗
ben eingehen / und können doch auch nicht fagen / daß kein Sehen
darinnen ſey / es iſt das rechte Jeben / das da ewig ohne Auaal
befichet / und geben euch Das in einem wahrhafftigen Gleichnuͤß
zuentfinnen/ welches zwar eine Gleihnüg ift nach dem Reiche
dieſer Welt; Aber fo wir die Göttliche Welt darzunchmen/ fo
ifts das Weſen ſelbſten.
5. Ihr wiffet / daß unfer Leben im Fewer ftehet / denn ohne
Wärme leben wirnicht; Nun hat das Fewer ein eigen Cen-
trum , feinen eigenen Macher in feinem Circul, als die an
(>
Cap. r. Jeſu Ehrifti. 111
Geftalten oder Geiſter der Natur / und werden doch nur die
Erften vier Geftalten für die Natur/ als fürdas Quaͤllen er⸗
kannt / in welchendas Fewer erwecket und auffgefchlagen wird /
daß ein Principium oder $ebeng-Centrum da ſey / Dadie Materia
des brennens fich inden Geiftern oder Geftalten felbermachet /
und wird immer im Fewer verzehret / unddas Fewer gibt aus
der Verzehrlichkeit ein anders / das beffer ift / alsdas Erfte /
daß das Fewer felber machet / ( verftche das Effentialifche Fewer
in den Geftalten zum $emwer/) es verzehrt es / und gibt aus dem
Tode ein viel edlers und beffers / das es nicht verschren Fan.
Das beweiſet fich am Fewer und $iechte / welches nicht alleine
das wahre Gleichnuͤß ift / fondern es ift das Wefen felber / nur
dag man die Principia unferfiheide: Es ift wohl alles ein Fewer /
aber es unterfcheidet fich felber nach der Auaal.
6. So wir num dig wollen zum Verſtand geben / fo thus
noth / dag wir des Fewers Urftand anmelden; Welchesaber
im Buche de Tribus Principiis, und in andern mehr nach der
lange / mit allen Umbftänden beſchrieben / fo geben wir nur all-
hier einen Furgen Begriff zum Berftande / und weifen den Leſer
auff die andern Schriften / fo er wil die Sieben Geflalten der
Natur forfchen.
7. Das Fewer hat fürnemblich drey Geftalten in fich zum
Centro: Die vierdfe Geftaltift das Fewer felbft / und gibt das
Principium, alsdas Leben mit dem Geifte / denn inden Erften
drey Geftalten ift Eein rechter Geift / es find nur Eſſentien / ala
ı- Herbe / das ift der begehrende Wille / die erfte und fuͤrnem⸗
fie Geftalt; 2. Bitter / ſtachlicht / iſt die ander Geftalt / eine
Urfache der Efientien; 3. Die Angft / alsder Circul oder Cen-
trum des Sehens / das drehende Rad / dasdie Sinnen / alsvie
bittern Effentien in fich faffet / und gleich als im Tode verſchlin⸗
get/ und gibt 4. aus der Angſt-Cammer / als aus dem Tode
das Gemůuͤthe / alseinander Centrum. Das verftchet nun alfo.
8. In der Emigfeit als im Ungrunde außer der Natur iſt
nichts / als eine Stille ohne Weſen / es hat auch nichts / das
| etwas gebe/ es iſt eine ewige Ruhe / und Feine Gleiche / ein
Ungrund ohne Anfang und Ende: Es ift auch fein Ziel noch
Stätte / auch Fein Suchen oder Finden / oder etwas / da cine‘
Möglichkeit wäre: Derfelbe Ungrund ift gleich einem Auge /
denn cr ift feineigener Spiegel / er hat kein Weſen / weder Siccht
noch Finſternuͤg / und ift fürnemblich eine Magia, und hat
can Willen / nach welchem wir nicht trachten noch forfihen’
follen/
112 Ander Theillvon der Menſchw. Eap. 1.
follen / denn es turbiret ung: Mit demſelben Willen verftehen
wir den Grund der Gottheit / welcher Feines Urſprungs iſt /
denn er faſſet fich felber in ſich Daran wir billich ſuumm ſeynd /
denn er iſt auſſer der Natur.
9. So wir denn in der Natur ſeynd / ſo erkennen wir den in
Ewigkeit nicht / denn indem Willen iſt die Gottheit ſelber al⸗
les / und der ewige Urftand feines eigenen Geiftes und aller
fen, Indem Willen iſt er Allmaͤchtig und Alwiffend / und
wird doch indiefem Willen nicht GOTT genannt oder erkannt /
denn es ift darinnen weder Gutes noch Böfes / es iſt ein begeh⸗
render Wille / der der Anfang und auch das Ende iſt / denn das
Ende machet auch den Anfang dieſes Willens / und der Anfang
das Ende wieder / und finden alſo / daß alle Weſen find in ein
Auge geſchloſſen / das iſt gleich einem Spiegel / da ſich der Wil⸗
le ſelber beſchawet / was er doch ſey / und in dem Schawen wird
er begehrend des Weſens / das er ſelber iſt / und das Begehren
iſt ein Einziehen / und iſt doch nichts / das da koͤnte gezogen
werden / ſondern der Wille zeucht ſich im Begehren ſelber /
und modelt ihme in feinem Begehren für / was er iſt / und daſ⸗
ſelbe Modell iſt der Spiegel / da der Wille ſiehet / waserift;
Denn es iſt eine Gleichnuͤß nach dem Willen / und wir erkennen
denſelben Spiegel / (da ſich der Wille ſelber immer ſchawet
und beſiehet) für die ewige Weißheit GOttes / denn fie iſt
eine ewige Jungfraw ohne Weſen / und iſt doch der Spiegel
aller Weſen / in der alle Ding ſind von Ewigkeit erſehen wor⸗
den / was da werden koͤnte oder ſolte.
10. Nun iſt dieſer Spiegel auch nicht das Sehen ſelber/
ſondern der Wille / der begehrend iſt / das iſt des Willens
außgehende Luſt / die aus dem Willen außgehet / die iſt ein
Geiſt / und machet in der Luſt des Begehrens den Spiegel:
Der Geiſt iſt das Leben / und der Spiegel iſt die Offenbahrung
des Lebens / fonften erkennete ſich der Geiſt ſelber nicht denn
der Spiegel / als die Weißheit / iſt ſein Grund und Behalter /
es iſt Das gefundene des Geiſtes / da ſich der Geiſt in der Weiß⸗
heit ſelber findet: Die Weißheit iſt ohne den Geiſt kein Weſen /
und der Geiſt iſt ohne die Weißheit ihme ſelber nicht offenbahr /
und waͤre auch eines ohne das ander ein Ungrund.
ır, Alſo iſt die Weißheit / als der Spiegel des Geiſtes der
Gottheit vor ſich ſelber ſtum / und iſt ver Gottheit / als des
Geiſtes / Leib / darinn der Geiſt wohnet: Er iſt eine jung⸗
fraͤwliche Matcix , dygrinnen ſich der Geiſt eroͤffnet / a" iſt
ot⸗
„3
\ *
4
Cap. z. JEſu Chrifti. 113
Gottes Wefenheit } alsein heiliger Böttlicher Sulphur , gefaffet
in der Imagination des Geiftes/ des Ungrundes der Ewigkeit:
Und ift diefer Spiegel oder Sulphur der ewige Erfte Anfang/ und
das ewige erfte Ende / und gleichet fich aleenthalben einem Auge /
da der Geift mitfichet 7 was er darinnen ſey / und was er wolle
eröffnen.
12. Diefer Spiegel oder Auge ift ohne Grund und Ziel/ wie
denn auch der Beift feinen Grund hat / als nur im diefem Auge :
Er iſt allenthalben gank / ungertheilet / als wir erkennen / daß
der Ungrumd nicht mag gertheilet werden / denn esiftnichts / das
da fiheide/ es ift fein Bewegen auſſer dem Geifte. Alfoift ung
erkaͤnntlich / was der ewige Geiſt in der Weigheitfcy / und was
der ewige Anfang und das ewige Ende ſey.
Das 2. Capittel.
Die wahre Hochthewre Pforte der heiligen Dreyfaltig⸗
keit das Auge des Lebens⸗Scheins. Von der
Gottheit auſſer der Natur.
1. I 83 wir dan erkennen / daß der ewige Anfang im Uns
8 grunde ein ewiger Wille in ſich ſelber ſey / deſſen Ur⸗
ſtand keine Creatur wiſſen ſoll: So iſt uns aber doch
zu wiſſen und im Geiſte znerkennen gegeben worden
ſein Grund / dehn er in ihm ſelber machet / darinn er
ruhet: Denn cin Wille iſt duͤnne als ein Nichts/ darumb iſt er
begehrende / er wil etwas ſeyn / daß er in ſich offenbahr ſey / denn das
Nichts urſachet den Willen / daß er begehreyd iſt / und das Be⸗
gehren iſt cine Imagination, da ſich der Wille im Spiegel der
Weißheit erblicket / imaginiret eraus dem lingrunde in ſich fel>
ber / und machet ihm in der Imagination einen Grumd in fich fel=
ber / und fchwängert lich mit der Imagination aus der Weisheit /
als aus dem jungfräulichen Spiegel / der da ift eine Mutter ohne
Gebaͤhren / ohne Willen.
2. Nicht geſchicht die Schwaͤngerung im Spiegel / ſondern im
Willen / indes Willens Imagination: Der Spiegel bleibet ewig
eine Jungfraw ohne gebaͤhren / aber der Wille wird geſchwaͤngert
mit dem Anblick des Spiegels / denn der Wille iſt Batter / und
die Schwaͤngerung im Vaͤtter als im Willen iſt Hertz oder
Sohn / denn es iſt des Willens als des Batters Grund / da der
Geiſt des Willens im Grunde ſtehet / undans dem — *
runde
374 Ander Theillvon der Menſchw. Cap. z
Grunde aufgehet indie jungfränliche Weißheit: Alfo zeucht des
Willens Imagination als der Vatter des Spiegels A. Viſion oder
Geftalt/ alsdie Wunder der Krafft / Farben und Tugend in fich /
und wird alfo des Glaftes der Weißheit mit der Krafft und Zur>
gend ſchwanger: Dasift des Willens als des Vatters fein Herk/
da der ungründliche Wille einen Grund in fich felbft bekomt /
Durch und in die ewige ungründliche Imagination.
3. Alfo erfennen wir die Schwängerung des Vatters fuͤr das
Centrum des Geiftes der Ewigkeit / da ich der ewige Geift im⸗
mer faffet / denn der Wille ift der Anfang/ und das Bewegen oder
Einzichen in die Imagination , als zum Spiegel der Weißheit /
iſt der ewige ungründliche Geift / der urſtaͤndet im QBillen / und
faſſet ſich im Centro des Hergens in der Krafft der eingezogenen
Weißheit / und ift des Herkens Leben und Geift: So denn der
ewige ungründliche Wille in ihme felber ſtumm wäre / fo ift das
gefaffete aus der Weißheit / (welches Her& oder Centrum heiffet)
des Willens Wort / denn esift der Schalloder Krafft / und iſt
des Willens Mund) der den Willen offenbahret/ denn der Wille /
als der Batter / ver ſpricht nit Bewegung des Geiftes die Kraft
ausinden Spiegelder Weißheit / und mit dem Außſprechen gehet
der Geiſt aus dem Willen / aus dem Worte des Mundes Gottes /
als aus dem Centro des Hertzens aus in das Außgeſprochene / als
in den jungfraͤwlichen Spiegel / und eroͤffnet das Wortdes Lebens
im Spiegel der Weißheit / daß das dreyfaltige Weſen der Gott⸗
heit in der Weißheit offenbahr wird.
4. Alſo erkennen wir ein ewig ungruͤndlich Goͤttlich Weſen /
und darinn drey Perſonen / da keine die andere iſt / als der ewige
Wille der eine Urſache alles Weſens iſt / der iſt die erſte Perfon;
Er iſt aber nicht das Weſen ſelber / ſondern die Urſache des We—
ſens / und iſt frey vom Weſen / denn er iſt der Ungrund: Nichts
iſt vor ihme / das ihn gebe / ſondern er gibt ſich felber / davon wir
kein Wiſſen haben: Er iſt alles / doch auch alſo Einig in ſich / ohne
das Weſen ein Nichts / und in dieſem einigen Willen urſtaͤndet
der ewige Anfang durch Imagination oder Begehren / und im Be⸗
gehren ſchwaͤngert ſich der Wille ſelber aus dem Ange der Weiß⸗
heit / welches mit dem Willen in gleicher Ewigkeit / ohne Grund
und Anfangift/ wieobengemelder. Diefelbe Schwängerung ift
der Grund des Willens und Weſens aller Weſen / undift des
Willens Sohn / denn der Wille gebichret dieſen Sohn von Ewig⸗
keit zu Ewigkeit immerdar / denn er iſt ſein Hertz / oder ſein
Wort / als ein Schall oder Offenbahrung des Pa Bee
illen
Cap. 3. JEſu Chriſti. 115
ſtillen Ewigkeit / und iſt des Willens Mund oder Verſtand/
und iſt billich eine andere Perſon genannt / als der Vatter / denn
er iſt des Vatters Offenbahrung / fein Grund und Weſen / denn
= —9— iſt kein Weſen / aber des Willens imaginiren machet
eſen.
5. Alfo iſt die andere Perſon das Weſen der Gottheit / ver⸗
ſtehe (das Weſen der heiligen Dreyfaltigkeit) der Mund oder
— — des Weſens aller Weſen / und die Krafft des Lebens
aller Leben.
6. Die dritte Perſon iſt der Geiſt / welcher mit der Faſſung des
Willens durch die Imagination aus der Krafft des Sprechens
ausgchet/ aus dem Munde des Vatters in das Auge/ alsin
Spiegel der Weißheit / der ift ja vom Willen und auch vom
Worte frey: Und ob ihn gleich der Wille aus dem Worte gibt /
noch iſt er frey / wiedie Sufftoom Feuer: Wie man denn ſiehet /
daß die Lufft des Feuers Geiſt und Leben iſt / iſt doch ein anders
als das Feuer / wird doch auch vom Feuer gegeben. Und wie man
ſiehet / daß die Lufft einen lebendigen und webenden Himmel gibt /
der da ſcheinlich und beweglich iſt: Alſo iſt auch der H. Geiſt das
Leben der Gottheit / und eine andere Perſon / als der Vatter und
Sohn / er fuͤhret auch ein ander Ambt / er eroͤffnet die Weißheit
Gottes / daß die Wunder erſcheinen / wie die Lufft alles Leben
dieſer Welt eröffnet / daß alles lebet und wächfet.
7. Dieſes iſt alſo eine kurtze Andeutung der Gottheit im Un⸗
grunde / wie GOtt in ſich ſelber wohne / und ſelber fein Centrum
der Gebaͤhrerin ſey. Nun ruhet aber das menſchliche Gemuͤthe
mit dieſem nicht / es fraget nach der Natur / nach dehme / daraus
dieſe Welt iſt erbohren / und alles geſchaffen worden: So folget
nu ferner der Text des Principii, dahin wir die Vernunfft zu gaſte
geladen haben.
Das 3. Capittel.
Die gar Ernſtliche Pforte.
Wie GH außer dem krincipio des Feuers nicht offen⸗
bahr ſey: Item von dem ewigen Weſen / und von
dem ungruͤndlichen Willen.
2. Ir haben mit diefer Beſchreibung gezeiget / was die
Gottheit auffer der Natur fey : Darinne zuvernchmen
iſt / daß die Gottheit / was die drey Prrfonen enerig
mi
216 Ander Theil / von der Menſchw. Cap. 3
mit der ewigen Weißheit von der Natur frey ſey / und daß die
Gottheit noch tieffern Grund habe / als das Principium im Feuer.
Nun wäre aberdie Gottheit ohne das Principium nicht offenbahr/
werfiche die Gottheit aufferdem Principio , gleich einem Anblick
grejfer Wunder / da Niemand wei oder erkennen kan / was das
ſey / da alle Farben Kraft und Tugend in einem gantz ſchreckli⸗
chen Wefen erfcheinen / das doch keinem Weſen gleich fähe / forte
dern einem ſchrecklichen Wunder⸗Auge / Da weder Feuer) Licht
noch Finſternuͤß erfehen würde/ fondern ein Anblick eines ſolchen
Geiſtes / inhochtieffer / blawer / grüner und gemengter Sarbe /
da alle Farben inne liegen/ und wirrde Doc) Feine vor Die ander er⸗
kannt / fondern gleichte fich einem Blitze / der ſchrecklich wäre /
deſſen Anblick alles turbirte und vergehrete,
2. Alfo ift ung zuerkennen das ewige Weſen / alsder ewige
Geiſt auffer dem Feuer und Liechte / denner ift ein begehrender
Wiile / der ſich ſelber alſo zu einem Geiſt machet; Und dieſer
Geiſt iſt die ewige Vermoͤgenheit deß Ungrundes / da ſich der Un»
grund in Grund fuͤhret / davon alles Wefen urſtaͤndet: Denn
eine jede Geſtalt im Geiſte iſt eine Imagination ‚ein begehrender
Wille / und begehret ſich zu offenbahren: Es ſchwaͤngert eine jede
Geſtalt ihre Imagination, und begehret ſich auch jede Geſtalt zu
offenbahren / darumb iſt der Spiegel des Anblicks ein Wunder
des Weſens aller Weſen / und der Wunder find keine Zahl /
Grund noch Ende / es iſt eitel Wunder / welchen Begriff man
nicht ſchreiben kan / denn der Seeliſche Geiſt / der aus dieſem
Wunder urſtaͤndet / verſtehet das alleine.
3. Und denn verſtehen wir / wie dieſer ungruͤndlicher Wille
von Ewigkeit in Ewigkeit immer begehrende ſey / nehmlich ſich zu
offenbahren / ſich zu ergruͤnden / was er ſey / die Wunder in ein
Weſen zu führen / und ſich in den Wundern zu offenbahren: Und
das Begehren iſt cine Imagination, da der Wille in ſich zeucht
und fich ſchwaͤngert / und mit der Imagination ſich felber befchattet
oder beſchawet dag aus vem freygen Willen ein Wider- Wille
entfichet / von der Befchattung / alsvonder Finfternüß frey zu
feyn / denn das Eingezogene ift des freyen Willens Finfternüß /
da er fonften auſſer der Imagination frey / und doch auch in lich
felber auffer der Imagination ein Nichts wäre / und alfo urffän
det im Begehren ein Widerwillen: Denn das Begehren ift anzie⸗
hende / und der erſte Willeift ftille / und in fich felber ohne It»
gen? fchwängert fih aber mit dem Vegehren / daß er voll Weſen
ift / nehmlich der Wunder und Krafft / welches ihn überfchattet -
un
/
|
1 DT
Cap. 3. JEſu Chriſti. 117
und aus ihm eine Finſternuͤß machet / da ſich denn in den einge⸗
zogenen Kraͤfften ein anderer Wille faſſet von der finſtern Krafft
auszugehen in die Freyheit: Derſelbe andere Wille iſt des Hertz⸗
ens oder Wortes Wille / denn er iſt ein Urſache des Principii ,
daß das Angſt⸗rad das Feuer anzuͤndet / fo gehet er alsdenn
durch die Angſt / als durchs Feuer aus mit dem Schein des Liechts /
als der Majeſtaͤt / darinn dan das Weſen der H. Dreyfaltigkeit
offenbahr wird / und euupfaͤhet allhie den thewren Namen Gottes
GOTT. Das verſtehet alſo:
4. Der erſte Wille / als GOtt der Vatter / der iſt und bleibet
Ewig frey von der Angſt⸗quall / was der Wille in ſich ſelber iſt;
Aber fein Begehren wird geſchwaͤngert / und im Begehren urs
ſtaͤndet die Natur mitden Geftalten/ und die Natur wohnet im
Willen / (in GOtt /) und der Wille in der Natur / und iſt doch
Feine Vermiſchung / denn der Wille iſt alſo duͤnne als ein Richts /
darumb iſt er nicht faßlich / er wird von der Natur nicht ergrif⸗
fen / denn fo er möchte ergriffen werden / fo wäre in der Gottheit
sur eine Perſon: Erift wohldie Urfache der Natur / abererift
und kleibet in Ewigkeit doch ein andere Welt/ und die Natur
bleibet auch ein andere Welt in ſich / denn fte ſtehet in Krafft der
Eſſentz / aus welcher das Principium urftänder/ denn die Elare
Gottheit in ver Majeftät ſtehet nicht in der Effeng oder im Prin-
cipio, ſondern in der Freyheit auffer der Natur / aber dag ſchei⸗
nende Liecht aus dem Principio machet die unfaßliche und une
gruͤndliche Gottheit offenbahr: Es gibt den Schein der Maje⸗
ſtaͤt / und haͤlt ihn doch auch nicht in ſich ſelber / ſondern es faſſet
ihn aus dem Spiegel der jungfraͤulichen Weißheit / aus der Frey⸗
heit GOttes: Denn wäre nicht der Spiegel der Weißheit / fo
moͤchte kein Feuer oder Liecht erbohren werden: Alles nimt ſei⸗
nen Urſtand von dem Spiegel der Gettheit: Das iſt nun in dem
Weege zu verſtehen.
5. Gott iſt in ſich der Ungrund / als die erſte Welt / davon
keine Creatur nichts weiß / dan ſie ſtehet alleine mit Geiſt und
Leibe im Grunde; Es wäre auch GOtt alſo im Ungrunde ihme
ſelber nicht offenbahr; Aber ſeine Weißheit iſt von Ewigkeit ſein
Grund worden / wornach dan den ewigen Willen des Ungrundes
der Gottheit geluͤſtert davon die Goͤttliche Imagination entſtan⸗
den / daß fich der umgründliche Wille der Gottheit hatalfovon
Ewigkeit in der Imagination, mit Krafftder Vifion oder Ge⸗
fralt des Spiegels dor Wunder geſchwaͤngert: Nun ift in diefer
Schwaͤngerung der ewige Urſtand zweyer Principien zu ver
ſtehen /
118 Ander Theil / vonder Dienfchiw. Cap. 5.
fichen/ als x. die ewige Finfternüß | daraus die feurende Welt
ſich urſtaͤndet. 2. die Weſenheit des Grimmes in der Finſternuͤß /
darinn wir GOttes Zorn und den Abgrund der Natur verſtehen /
und erkennen alſo die feurende Welt für das groffe Leben.
6. Zum andern verftehen wir / wieausdem Feuer das Liecht
erbohren werde / umd wie zwifchen der feurenden und Liecht—
Welt der Tod ſey / wiedas sicht aus dem Tode fcheine / und wie
die Ficchteflammende Welt ein ander Principium und Quaal in
fich fey / alsdie Feuer- Belt / und fey doch Feines vom andern ge=
trannt / und Lan auch Feines Das ander ergreiffen: Und ztens ver=
ſtehen wir/ wie die Liecht-⸗-Welt die ewige Freyheit / als den erften
Willen / ver Batter heiffet/ erfülle : tens verſtehen auch in dies
ſem ernſtlich und gründlich / wie das natürliche Leben / das in der
Sicchtzflammenden Belt wohnen wil/müffe durch den Tod gehen/
und aus dem Tode ausgebohren werden / verftche aber / welches
schen aus der Finfternüß / als aus der Eflen der Finſtern We⸗
ſenheit urſtaͤndet / als des Menſchen Seele / die ſich aus der Feuer⸗
Welt in die finſtere Weſenheit in Adam hatte eingewandt:
Darumb wir dan stens gründlich und eigentlich verſtehen / war⸗
umb Gott / als das Hertz Gottes / iſt Menſch worden / warumb er
hat ſterben muͤſſen / in Tod eingehen / und ſein Leben im Tode
zerbrechen / amd hernach Durch die feurende Welt in die Liecht⸗
flammende Welt einfuͤhren / und warumb wir ihme alſo muͤſſen
nachfolgen. 6tens warumb viel Seelen in der feurenden Welt blei⸗
ben / und nicht durch den Tod gehen mögen indie Liecht-Welt / und
was der Tod ſey / auch was die Seele ſey. Dieſes folget nun alſo:
7. Wenn wir betrachten / was das Leben fey / befinden wir /
dag es fürnemblich in dreyen Stüden ftche / alsim Begehren /
Gemuͤthe / Sinnen ; Forfchen wir dan weiter /was das ſey / das
Das gebe / fo finden wir das Centrum ‚als das eſſentialiſche Rad /
welches den Feuer-Schmid ſelbſt in ſich hat. Sp wir den weiter
finnen / wouondaseflentialifche Feuer⸗Rad entſtehet / fo finden
wir / daß esurftände im Begehren des ewigen ungründlichen
Willens / der ihme mit dem Begehren einen Grund machet/ denn
ein jedes Begehreniftherbe oder angichende deffen / foder Wille
begehret/ und ift doch auch nichts vor ihme / das es begehren mag
als nur fich felber.
8. Das iſt das groffe WundersAuge / ohne Ziel und Grund)
da alles inne liget / und ift doch auch cin Nichts/ es werde denn im
Gegehrenden Willen zu Einem etwas gemacht / das durch Imagi-
nation gefihicht / da es zu einer Subllank wird / da es doch 9 m
icht
Cap. 3- JEſu Chriſti. 119
Nichts iſt / denn es iſt nur eine Beſchattung des freyen Willens /
welches Weſen die Freyheit / als den duͤnnen unerforſchlichen
Willen beſchattet / daß alſo zwo Welten werden / die erſte / wel⸗
che im ſich ſelber unfaßlich oder ungreifflich iſt / ein Ungrund und
ewige Freyheit; Die Ander / die ſich ſelber faſſet / und zu einer
Finſternuͤß machet: und iſt doch keine vonder andern getrennet /
allein mit dieſem Unterſcheid / daß die Finſternuͤß nicht mag die
Freyheit ergreiffen / denn ſie iſt zu duͤnne / und wohnet auch in
ſich ſelber / wie dan die Finſternuͤß auch in ſich ſelber wohnet.
Die gar ernſte Pforte.
9. A Uhier verſtehen wir nun x. daß / wie des Vatters anderer
Wille / dehn er im Spiegel der Weißheit ſchoͤpffet / zu ſei⸗
nes Hertzens Centro, mit der Weſenheit in des VBatters Imagi-
— —
nation geſchwaͤngert werde / und daß dieſelbe Schwaͤngerung ge⸗
gen der Freyheit des Erſten Willens (der Vatter heiſſet) eine
Finfternüg ſey / und in dieſer Finfternuͤß oder Weſenheit alle
Krafft / Farben und Tugend in der Imagination ligen / darzu alle
Wunder: Und verſtehen / 2. wie die Krafft / Wunder und Tugend
muͤſſen durchs Feuer offenbahr werden / als im Principio, da alles
in ſeine Eſſentz tritt; Dan im Principio urſtaͤndet die Eſſentz /
md verſtehen 3. gar ernſtlich / dag im Principio, ehe ſich das Feuer
urftändet /ein Sterben fey / als das groffe Angſt-leben / das zwar
kein Sterben ift / fonderneinherbe/ ftrenge/ fterbende Quaal /
aus welcher Das groffe und ſtarcke Leben urftändet als dag Feuer⸗
geben / und denn aus Demgeftorbenen das Liecht-leben / mit der
Krafft ver Siebe / welches Liecht⸗leben mitder Siebe in der ewigen
Freyheit / als im erften Willen der Batter heiffet/ wohnet /
denn deſſen begehret der Batter in feinem eigenen Willen / derer
felber ift / und nichts mehr.
Das verftehet nun alſo:
zo. Ihr fehet und wiſſet / daß kein Sicht ohne Feuer iſt und
Fein Feuer ohne ernfte Quaal/ welche Quaal einem Sterben ver-
gleichet wird / und die Weſenheit / aus welcher das Feuer brennet/
muß auch alſo erfterben und vergehret werden. Aus dem Verzeh⸗
ren entſtehen zwey Principia zweyer groſſer Leben / das Erſte / in
der Quaal / das Feuer heiſſet / das ander aus der Uberwunden⸗
heit / als aus dem Tode / welches Liecht heiſſet / das unmaterialiſch
und ohne Quaal iſt / hat doch alle Maͤal in ſich / aber nicht des
Grimmes / denn der Grimm iſt im Tode blieben / und das Liecht—
leben gruͤnet aus dem Sterben / als eine ſchoͤne Blume ii der
rden /
120 Ander Theil / von der Menſchw. Cap. 3.
Erden / und wird vom Sterben nicht mehr ergriffen: Als ihr denn
ſehet / wie das Liecht im Feuer wohnet / und das Feuer kan das
nicht bewegen / iſt auch ſonſt nichts / das das Liecht bewegen mag /
denn es iſt gleich der ewigen Freyheit / und wohnet in der Frey⸗
cit.
1x. Allhier verſtehet man / wieder Sohn eine andere Perſon
ſey als der Vatter / denn er iſt die Liecht-Welt / wohnet doch im
Batter/ und der Batter gebiehret ihn in ſeinem Willen / er iſt
recht des Vatters Liebe / auch Wunder / Rath / und Krafft / denn
der Batter gebiehret ihn in feiner Imagination in ſich ſelber / und
fuͤhret ihn durch ſein eigen Feuer / als durchs Principium durch
den Tod aus / daß alſo der Sohn eine andere Welt / oder ein ander
Principium, im Batter machet und iſt / als die Feuer⸗Welt in
der Finſternuͤß ift.
22. Alfo verfichetihr auch / wiedes Vatters ewiger Geift fich
in drey Welte ſcheide Als x. iſt er der Außgang aus der Imagina-
tion des erſten Willens deß Ungrundes / der da Vatter heiſſet /
in dem er init dem Außgehen die Weißheit eroͤffnet / und in der
Weißheit wohnet / und die an ſich trägt / als fein Kleid der groſ⸗
ſen Wunder.
13. Und dan zum andern / iſt er die Urſache zum Einziehen zur
Weſenheit der Finſternuͤß / als zur andern Welt / und iſt die
Urſache und der Geiſt zum Urſtande des eſſentialiſchen Feuers:
Er iſt ſelber die Quaal in der Angſt des Principii, und auch die
feurende Welt / als das groſſe Leben.
14. Und dan zum dritten / iſt er auch ſelber der / der die Krafft
im Sterben des Principii aus dem Feuer außfuͤhret / da ſich die
Krafft aus der Angſt aus dem Sterben vom Sterben ſcheidet /
und gehet in die Freyheit / und wohnet in der Freyheit / und ma⸗
chet die Liecht⸗-Welt: So iſt er die Flamme der Liebe inder Liecht⸗
welt: Und allhie an dieſem Orthe urſtaͤndet der thewre Name
Gottes des Batters/ Sohns und heiligen Geiſtes: Denn in
der feurenden Welt wird er nicht der heilige Geiſt oder GOtt ge⸗
nannt / ſondern GOttes Zorn / GOttes Grimm / da ſich GOtt
hiemit ein verzehrend Feuer nennet; Aber in der Liecht⸗welt / als
im Sohne EHttes / iſt er die Flamme der Liebe / und die Krafft
des heiligen Goͤttlichen Lebens ſelbſt / da heiſſeter Gott H. Geiſt /
und die Liecht⸗welt heiſſet Wunder / Rath und Krafft der Gott—
heit / die eröffnet der heilige Geiſt / denn cr iſt das Leben darinne/
und ift alles zuſammen / wo unfer Hers und Sinn hinreichen
mag / nichts als nur diefe drey Welten / es ſtehet alles darin
| Als
Cap. et Chif, - rar
Als die Erfte/ dieewige Freyheit / und darinnen das Liecht mit
der Krafftim Spiegelder Weißheit / die heiſſet GOtt Batter /
Soln und heiliger Beifts Und die andere ift die finſtere Weſen⸗
heit in der Imagination „ im herben begehrenden Willen / die
Schwängerungdes Begehrens/da alles inder Finfternüß ſtehet /
als in ſtaͤtem furchtfamen und angfllichen Tode: und die vritte
iſt die feurende Welt / als das erfie Principium welches inder
Augſt entftchet als das groſſe ſtarcke Allmaͤchtige Sehen / da die
Liecht-⸗welt inne wohnet / aber dem Feuer unbegriffen.
Das 4. Capittel.
Vom brincipio und Urſtand der feurenden Welt: Und
vom Centro der Natur / und wie ſich das Liecht vom
Feuer ſcheidet / daß alſo zwo Welten in einan⸗
der von Ewigkeit in Ewigkeit ſeynd. —
x, Fr wollen nicht ſtumm ſchreiben / ſondern beweißlich:
Wir erkennen und wiſſen / daß ein jedes Leben ſich in
der Angſt urſtaͤndet / als in einer Gifft / die ein Ster⸗
ben iſt / und iſt doch auch das Leben ſelber / wie ſolches am Men⸗
ſchen und aller Creatur zuerkennen iſt / denn ohne die Angſt oder
Gifft iſt kein Leben / wie das gar wohl in aller Creatur zuſehen
iſt / ſonderlich im Menſchen / welcher in dreyenPrincipien ſtehet / als
eines im Feuer / darinn das große Feuer⸗Leben ſtehet / zu welchem
eine ſterbende Gifft / als die Galle gehoͤret / welche Gifft die Angſt⸗
Cammer machet / darinn das Feuer-Leben urſtaͤndet: Und aus
dem Feuer-leben das ander Principium, als das Liecht-leben /
daraus das edle Gemuͤthe mit den Sinnen entſtehet / darinn wir
unſere edle Bildnuͤß fragen / und verſtehen / wie das Feuer⸗leben
im Hertzen urſtaͤndet vom Tode der Gallen: Und das dritte Prin-
cipium verſtehen wir in der andern Angſt ⸗Cammer als im Ma⸗
gen) da wir die vier Elementa mit dem Geſtirn einſacken / da
denn die andere Angſt-Cammer als das dritte Centrum iſt / als
Das Reich Diefer Welt/ein Stanck und boͤſes Quaal⸗haus / da das
dritte Leben / alsdas Sternen und Elementifhe Leben inne er⸗
bohren wird/ und durch den aufffern Seibregieret mit der Ver⸗
nunfft des dritten Principii.
2. Nun verfichen wir aber gar wohl/ dag im Hertzen imt
Geutrd-Cntro, eine andere Welt verborgen ftchet / welche dem
Sternen⸗ und as unbegreifflich iſt / Bi:
a
122 Ander Theil / von ver Menſchw. Kap. 4.
das Hertz ſaͤhnet ſich nach derſelben Welt / und der Geift / der aus
dem Tode des Hertzens Gifft erbohren iſt und wird / beſitzet dies
ſelbe andere Welt / denn er iſt frey von der Gifft / welche das
Feuer entzuͤndet / und wohnet doch im Feuer des Hertzens / aber
mit ſeiner Imagination faͤhet er die andere Welt der Freyheit in
die Imagination, und wohnet in der Freyheit auſſer des Feuers
Quaal / ſo ferne er aber auch eine Luſt in GOtt fuͤhret.
3. So nun ein ſolch Dreyfach Regiment im Menſchen iſt / fo
iſt es ja vielmehr auſſer dem Menſchen / denn ſo das nicht waͤre /
fo hätte es in Menſchen nicht moͤgen kommen; Denn wo nichts
ift / da wird auch nichts Soaber etwas wird / fo wird esaus
dehme / das da ift. Eine jede Imagination modelt nurihres gleichen
in ſich / und offenbahret ſich in der Gleihnüß: So dan das We⸗
ſen aller Weſen ein ewig Wunder iſt in dreyen Principien / ſo
bringets auch nur Wunder herfuͤr / ein jedes Principium nach
feiner Eigenſchafft / und eine jede Eigenſchafft wieder aus ihrer
Imagination, daran wir erkennen / daß das ewige ein eitel Wun⸗
der iſt: So iſt nun He A nachzufinnen / und zu
betrachten Die Arth und Eigemfkhafft der ewigen Gebährerin /
denn es zus feine Eigenfihafft ſeyn / fe habe daneine Mutter /
Die da gibet.
4. Ss verftehen wir nun indem groffen Wunder aller Wun⸗
der (welches iſt SOtt und die an mitder Natur) ſonder⸗
lich fieben Muͤtter / daratıs das Weſen aller Weſen urftändet /
find doch alle ſieben nureineinig Weſen / und iſt keine die erfte
oder dielegte / fie find alle ſteben gleich ewig / ohne Anfang ; Ihr
Anfang ift bie er nungder Wunder des einigen / ewigen Wil⸗
lens / ver Gott der Batter heiffer / und dic ſteben Mütter moͤth⸗
ten nicht ofenbahr ſeyn / foder einige eroige Wille 7 der Vatter
heiſſet / nicht begehrend wäre; So er aber begehrende iſt / ſo iſt
er eine Imaginrung in ſich ſelber: Er iſt eine Luſt ſich ſelber zu ſtn⸗
den / er findet ſich auch in der Imagination, und findet fuͤrnehmlich
ſieben Geſtalten in ſich felber / da keine die andere iſt / und iſt auch
Feine ohne die ander/ ſondern eine jede gebiehret die ander : Waͤre
eine nicht / fo wäre die andere auch nicht / ſondern der Wille bliebe
ein ewig Nichfs ohne Weſen / Schein und Glantz.
5. So denn nun der Wille begehrende iſt / ſo iſt er ein iehende
deſſen / das in der Imaagioation iſt / und da aber nichts ift/ fü’
zeucht er ſich ſelber / und ſchwaͤngert ſich in der Imagination, und
nicht im Willen / deun der Wille iſt ſo duͤnne als nichts.
6. So iſt nu jedes Vegehren herbe / denn es iſt ſeine Ba:
chafft:
Capr IE Chriſti 113
ſchafft: Dasiftdieerffe Mutter / und des Willens Einiehen
ins Begehren ift die andere Mutter / denn es find zwo Geſtalten /
die einander widerwärtig ſeind / denn der Wille iſt ſtille als cin
Nichts / und iſt herbe als ein ſtiller Tod / und das Einziehen ift
ſeine Ruͤgung / das mag der ſtille Wille in der Herbigkeit nicht
leyden / jund zeucht viel heftiger in ſich / und ſchaͤrffet feinen eigenen
Willen doch nur im Ziehen / und wil das Einziehen mit ſeinem
ſtrengen Einziehen einſchlieſſen und Halten] und erweckt es nur
auff ſolche Arth: Ze harter ſich die Herbigkeit zuſammen raffet /
den Stachel zu halten / je groͤſſer wird nur der Stachel / das Wuͤ⸗
ten und Brechen / denn der Stachelwil ſich nicht laſſen baͤndigen /
wird doch von feiner Mutter alfo ſtreng gehalten / daz er nicht
weichen mag: Er wil uͤber ſich / und feine Mutter unter ſich /
denn Herbe zeucht in ſich / und machet ſich ſchwaͤr / und iſt ein
ſincken unter ſich / denn es machet im Sulphardas phur, und im
Mercurio das Sul, und der Stachel machet im phur die bittere
Geftalt / als das Wehe / eine Feindſchafft in der Herbigkeit / und
wil immer aus der Herbigkeit ausreiſſen / und kan doch auch
nicht: Alſo ſteiget eines über ſich / das ander unter ſich; Und ſo
es dan auch nicht kan / ſo wird es drehend als ein Rad / und drehet
ſich immer in ſich hinein. Das iſt nun die dritte Geſtalt / davon
die Eſſentz urſtaͤndet und das Wunder der Vielheit ohne Zahl
und Grund; Und in dieſem Rade verſtehet die Wunder oder
Krafft / welche ver Wille / nehmlich der erfte ungruͤndliche Wille
aus dem Spiegel des Ungrundes zu ſeinem Centro oder Hertzen
in ſich zeucht / das iſt allhie der Wille der Krafft und Wunder:
Und in dieſein Rade der groſſen Angſt urſtaͤndet der andere Wil⸗
fe / als des Sohns Wille / aus der Angſt auszugehen in die ſtille
Freyheit des erſten ungruͤndlichen Willens] denn das Rad ma⸗
chet die Natur / denn alſo urſtaͤndet die Natur / es iſt das Cen-
trum und ein Brechen der ſtillen Ewigkeit / nichts toͤdtet das / und
machet aber das groſſe Leben.
7. Und daß wir aber vom toͤdten reden / das verſtehet in dehm
Weege : Es iſt kein toͤdten / ſondern die Empfindlichkeit / denn das
Leben vor dem Feuer iſt ſtumm /tohne fuͤhlen / es iſt nur ein Hun⸗
ger nach dem Leben / gleich wie die materialiſche Welt nur ein
Bunger nach dem Leben iſt / und in ſeinem Hunger alſo ſtreng
arbeiter big ans Principium, daß ſie das Feuer erreichet / da ſich
dan das aͤuſſere Leben dieſer Welturſtaͤndet / und kan anderſt nicht
ſeyn / es zerbreche dan die erſte Matrix, als das herbe Begehren /
das iſt / das Rad der erſten dreyen Geſtalten / als herbe / und das
Ziehen
124 Ander Theil / von der Menſchw. Cap. 2
Ziehen der Herbigkeit machet das Angſt und Auaal-Wefen/denn
es iſt ein Schrecken in ſich ſelber / in dem das Nichts ſoll in die
Empfindlichkeit kommen / denn das iſt die Gifft-Quaal/ davon
der Grimm und alles boͤſes urſtaͤndet / und iſt doch auch der rechte
Urſprung des empfindlichen Lebens / denn alſo findet ſich das Le⸗
ben / nehmlich in der Angſt⸗Quaal / wie dis an allen Creaturen zig
ſehen / daß dag geben indem erſtickten Blute / in der Angſt feinen
Urftand nimt / beydes das creatuͤrliche und eſſentaliſche Leben /
als in einem ſtinckenden Miſte in der Faͤule / da im Sterben des
Korns das groͤſte Leben entſpringet / und doch in der Eſſentz fein
Sterben verftanden wird / ſondern cine Angſt-Qugal / da die
Mutter mug zerfpringen / welche eine ſtumme Weſenheit iſt /
wie am Korn zierjinnen da das effenrialifche Seben aus dem Zer⸗
brechen außgruͤnet.
8. Gleicher Geſtalt verhaͤlt ſichs auch mit dem Centro der Na⸗
tur: Die Angſt-Quaal iſt das rechte Centrum, und machet den
Triangel in der Ratur / und der Feuer-blitz / als die vierdte Geſtalt
der Natur / machet aus dem Triangel ein Creutz / denn allda iſt
Das Principium, und wird geſchieden in zwo Welten zweyer Prin-
eipien/ als in zweyerley Quaal und Leben / als eine Quaal blei⸗
bet und iſt das Feuer oder Angſt⸗Leben / und die ander Quaal ent⸗
ſtehet in dem Zerbrechen der Angſt / das verſtehet alſo: Die erſte
Geſtalt der Weſenheit / als Herbe / im begehrenden ungreifflichen
Willen muß ſich der Angſt-Quaal im Rade der Natur gang
heimgeben / denn der Stachel wirdzu ſtarck: Alfo erſincket die
Herbigfeit wie ein Tod / undift doch Fein Tod / ſondern eine ſter⸗
bende Quaal / dennder Stadyelwird HErr / uno verwandelt die
Herbigkeitin feine Eigenſchafft / als in einen wuͤtenden Blitz / im
eine Angſt⸗Quaal / welche vom Stachelundder Herbigfeit bitter
ift / als der Gifft Arthift: Denn die Gifftoder das Sterben hat
rnehmlich drey Geftalten/ als herbe / bitter und Feuer⸗Angſt /
Die machet fich alfo in fich ſelber / und hat feinen Macher /als nur
ben ſtarcken Willen zum grogen geben im euer.
9. Alfo verfichet uns recht / der Ungrund hat fein Seben / aber
alfo in folder Eigenfchafft wird das ewige Leben erbohren: Der
Ungrund hat keine Bewegligkeit oder fühlen: Und alſo erbiehret
fich Die BeweglichFeit undFuͤhlung / und alfo findet fich das Nichts
als im ewigen Willen / deffen Grund wir nicht wiſſen / auch nicht
ſorſchen follen / denn es turhiret ung: Und iſt dieſes doch nur ein
effen:ialıf.i; geben ohne Verſtand / gleich der Erden und dem Tode
oder Sterben / da zwar eine Quaal in ſich iſt / aberin wa
2
En =
Cap. 4. JEſu Chriſti. 125
ſternuͤß ohne Verſtande / denn die Herbe Angſt zeucht in ſich / und
das Eingezogene machet die Finſternuͤß / daß alſo das Angſt⸗Leben
in der Finſternuͤß ſtehet: Denn ein jedes Weſen iſt in ſich ſelbet
finfter 4 eshabe denn des Liechtes Tinctut in ſich: So iſt die Tin-
ctur eine Freyheit von der Finſternuͤß / und wird vonder Angſt⸗
Quaal nicht ergriffen / denn ſie iſt in der Liecht-⸗Welt / und ob ſie
gleich in der Weſenheit ſtecket / als in einem finſtern Leibe / iſt fie
doch aus dem Weſen der Liecht⸗Welt / da kein Begriff iſt.
10. Oben iſt gemeldet erſtlich vom Spiegel der Weißheit der
Wunder alles Weſens: Und dan von der Dreyzahl des Weſens
aller Weſen / wie dieſelbe aus einem einigen ewigen Willen ur⸗
ſtaͤnde / der der Vatter aller Weſen heiſſet / und wie er in ſich eds
nen andern Willen ſchoͤpffe / ſich im ſich zu offenbahren oder zig
finden / oder wie man ſagen moͤchte / zu empfinden / was und wie
er ſey; Und denn wie derſelbe andere wiedergeſchoͤpffte magiſche
Wille ſich zu empfinden / ſein Hertz oder eigener Sitz ſey / und
wie ſich der erſte ungruͤndliche Wille mit der Imagination ſelbſt
ſchwaͤngert aus dem Spiegel der Wunder / welcher in der Liecht⸗
Welt die Weißheit heiſſet. Und denn haben wir gemeldet / wie
daß derſelbe erſte Ungruͤndliche Wille / ſambt der Schwaͤngerung
und auch dem Spiegel der Wunder oder Weißheit / auff ſolche
Eigenſchafft vor dem Feuers⸗Principio Fein Goͤttlich Weſen recht
genannt werde / ſondern vielmehr ein Myſterium der Wunder al⸗
ler Weſen / welches Myſterium im Feuer ſeine Scheidung nimt /
ne — partes oder Weſen / und bleibet doc) auch nur ein
eſen.
11. So geben wir euch nun ferner zu verſtehen von dem andern
Willen / dehn der erſte Wille in ſeiner Imagination oder Schwaͤn⸗
gerung ſchoͤpffet / welcher das groſſe Myſterium iſt / darinne ſich
der erſte Wille / der Vatter heiſſet / ſuchet / findet und empfindet /
als ein Leben im Hertzen / wie daß derſelbe andere Wille ſey die
Mutter der Gebaͤhrerin / in der eingezogenen / oder in der Imagi-
nation eingefaſſeten Schwaͤngerung: Er iſts / der die ſteben Ge⸗
ſtalten zur Natur urſachet: Er iſt es auch / der das Angſt⸗Rad /
als das Sterben urſachet: Er iſt es auch / der in der Angſt durch
den Tod außgehet in die Freyheit / und den Tod zubricht / und das
Leben gibt; Der das Feuer anzuͤndet / und im Feuer den Glautz
der Majeſtaͤt in ſich nimt / und im Liechte der Majeſtaͤt im Feuer
wohnet / dem Feuer unergriffen / als einer der nichts fuͤhlet / der
der Quaal abgeſtorben iſt / und in ſich eine andere Quaal fuͤhret /
welche die erſte nicht fuͤhlet / deren er abgeſtorben iſt.
5 3 &2, Und
126 Ander Theil / vonder Menſchw. Cap.4.
12. Und daß wir euch kurtz / dazu gruͤndlich und eigentlich bes
ſcheiden des Feuers Urſtandes / ſo erkennen wir in der uns eroͤff⸗
neten Tieffe aus GOttes Genaden/ daß das Feuer in feinem
Urſprung in zweyen Urſachen ſtehe: Als eine Urſach iſt der Wil⸗
len⸗Geiſt des Hertzens / verſtehe des Vatters andern Willen /
als des Sohns Eigenſchafft: Die andere Urſach iſt des Willens
Materia, als des Wunders des Rades des eſſentialiſchen Lebens /
als der Angſt⸗Cammer. Die Angſt ſaͤhnet ſich nach dem Willen
der Sreyheit/ und der Wille ſaͤhnet ſich nach der Offenbahrung /
Denn der Wille Fan fich in der ſtillen Freyheit in fich felber nicht
offenbahren ohne das eflentialifche Leben / welches inder Angft /
alsim Sterben / zur Offenbahrung / als zum groffen Seben komt.
13. Alfo iſt der Wille in der finftern Angft / und die Angft ift
die Finſternuͤß ſelber: Und fo fich denn die Angft alfo häfftig ſaͤh⸗
net nach dem Willender Freyheit / ſo empfaͤhet fie der Wille der
Freyheit in ſich / alseinen Blitz /als ein groffer Schrack / als goͤtze
man Waſſer ins Feuer; und allhie geſchicht das rechte Sterben /
denn die gar grimmige finſtere Angſt erſchricket vor dem Blitze /
wie die Finſternuͤß vor dem Liechte / denn die Finſternuͤß wird
getoͤdtet und uͤberwunden / und der Schrack iſt ein Schrack groſ⸗
ſer Freuden / alda ſincket die grimmige herbe Gifft in ſich in Tod /
und wird unmaͤchtig / denn ſie verleuret den Stachel / und iſt doch
kein Tod / ſondern alſo wird das rechte Leben der Fuͤhlung und
Saͤhnung angezuͤndet / denn diß iſt eben / als ſchluͤge man Staal
und Stein aneinander / denn es ſind zweene groſſe Hunger des
Willens nach der Weſenheit / und der Weſenheit nach dem Le⸗
ben: Der Wille gibt Leben / und die Weſenheit gibt Offenbah⸗
rung des Lebens: Gleich wie ein Feuer aus einer Kertzen brennet /
alſo brennet der Wille aus der eſſentialiſchen Weſenheit. Der
Wille iſt nicht das Liecht ſelber / ſondern der Geiſt des Liechts /
als Feuer / das Liecht urſtaͤndet aus der Eſſentz / und die Eſſentz
wieder aus dem Willen: Das aͤngſtliche eſſentialiſche Feuer iſt
Die Materia zum ſcheinenden Feuer / und der Wille entzündet fich
indem eflentialifchen Feuer / und gibt das weiße liebliche Feuer /
das in dein .hikigen Feuer wohnet/ ohne Fühlung: Der Wille
nime feine Fuͤhlung vom Grimm des effentiafifchen Feuers in
der vierdten Geftalt daß er in fich offenbahr ift / und bleibet doch
frey vom Grimm / denn die Quaal wird inder Anzündung ver⸗
Andert in einen fanfften Liebe-Quaal.
14. Und allhier empfaͤhet der ander Wille feinen Ramen(Geift)
denn aus dem ellentialiſchen Feuer bekomt er die krenſceg
hr
Cap. 4. . IEfu Ehrifti. 127
aller Wunder / und auch das rechte Seben der Krafft und Macht/
uüͤber das eflentialifche Feuer⸗-leben / denn er nimt von der Natur
in ſich Die Krafft/ und fuͤhret auch in ſich die Freyheit / ſo iſt die
Freyheit eine Stille ohne Wefens Alſo gibt ich die ſtille Frey⸗
heit in das Weſen der Angſt / und die Angſt empfaͤhet dieſelbe
Freyheit ohne Quaal / davon wird ſie alſo freudenreich / daß aus
Angſt Liebe wird / (die fuͤnffte Geſtalt der Natur) denn der
Wille / der ſich in die Angſt hatte eingegeben / wird alſo erloͤſet
vom Tode der Angſt / darumb findet er ſich in der Freyheit / und
gehet von der Grimmen⸗ angſt aus / denn aühier wird der Tod
zerbrochen / und bleibet doch ein Tod in ſich ſelber / aber der Wil⸗
len⸗geiſt / als das rechte heilige Leben / gehet mit der Zerſprengung
aus der Angſt aus / und iſt nun auch chi Feuer / aber ein Feuer in
der Freyheit / und brennet in der Kebe-quall / wie man dig am
Feuer und Liechte ſtehet / wie das eſſentialiſche Feuer ein brennend
Wehe iſt / und das Liecht eine Freudenreiche Wonne / ohne em⸗
pfindliche Quaal / hat Doch alle Qugal und Eigenſchafft des
Feuers in ſich / aber in einer andern Eſſentz / als eine freundliche
wolthuende Eſſentz / ein rechter Anblick der Freuden⸗Reich / und
das Feuer ein Anblick des Schreckens und der Angſt / und woh⸗
net doch eines im andern / und findet auch eines das ander nicht in
der Eſſentz⸗quaal.
15. Alſo ſind zwo Welten ineinander / da keine die andere be⸗
greifft / und mag nichts in die Liecht⸗ welt eingehen / als nur durchs
Sterben / und vor dem Sterben muß die Imagination fuͤrher⸗
schen : Der ängftlihe Wille muß ſich nad) der Freyheit der
Krafft des Liechts ſaͤhnen und gans einergeben / und mit der bea
gehrenden Imagination die Krafftder Freyheit fahen; Alsdenn
gehet der ſtarcke Wille durch den Tod der Finfternüß / durch das
‚eflentialifche Feuer durch / und zerbricht die Finſternuͤß / und faͤl⸗
let in die Liecht-welt / und wohnet im Feuer ohne Quaal / in der
Sreuden-Reich, Und das iſt Die Pforte in Ternarium Sanctum,
und Glauben inden H. Geift / lieben Menfchen-kinder.
16. Allhier verfichet ihr den Fall deß Teufels / welcher feinen
Willenzgeift nur in das eſſentialiſche Feuer gewandt hatte/ und
‚hat wollen damit über das Liecht herrſchen: Und verftchet auch
allhie den Fall des Menschen / welcher fine Imagination hat in
die matezialifche eſſentialiſche Weſenheit gewandt / und iſt aus
dem Liechte außgegangen / umb welches willen der Wille der Liebe
aus der Liecht⸗welt wieder iſt indie materialiſche Weſenheit in die
Menſchheit eingegangen / und hat ſich wieder dem eſſentialiſchen
54 Feuer⸗
325 Ander Theil / von der Menſchw. ap.s.
Sewer-Geifte im Menfchen/ als der Seelen / einvermäiytet
amd einergeben/ und hat diefelbe Durch den Zod und das Fewer
Durchgeführes indie Liecht-Welt / in Ternarium Sanctum, als
in den Willender H. Dreyfaltigkeit.
x7. Laſſet euch das ein Finden und Wiſſen ſeyn / verachtet es
nicht umb der groſſen Tieffe willen / welche nicht jedermaus Be⸗
griff ſeyn wird: Urſach iſt die Finſternuͤß / darein ſich der Menſch
verteuffet: Sonſt mag es ein jeder wohl finden / wenn der irr⸗
diſche Weeg zerbrochen wuͤrde / und das Adamiſche boͤſe Fleiſch
nicht zu lieb waͤre / welches die Hinderung iſt.
Das 5. Capittel.
Vom Principio in ſich ſelber / was es fen.
= Ir haben ferner zirbetrachten die erften vier Geftalten
der Natur / fo werden wir finden / was ein Principium
fey : Denn das ift eigentlich ein Principium, da ein
Ding wird/ Das es nie gewefen ift/ da aus dem Nichts cine
Duaal wırd / und ausder Quaaleinrecht Schen / mit Berftand
und Sinnen s Und erkennen aber dag rechte Principium ins Few⸗
sts Urſtand in ver Fewers-Qugak / welche die Wefenpeit
und auch die Finſternuͤß zubricht. So erfennen wirdes Fewers
entz und Eigenſchafft fuͤr ein Principium, denn es machet und
gibt den Urſtandt des Lebens / und aller Bewegligkeit / und auch
die re Maͤcht des Grimmes.
Und zum andernerfennen wir das auch für ein Principium,
da 5 im Fewer wohnen kan / dem Fewer unergriffen / das dem
Fewer feine Macht nehmen kan / und des Fewers Qumalineine
ſauffte Liebe verwandeln / das da Allmaͤchtig über alles iſt /
Das ven Verftand hat dem Fewer feine Wurtzel zu zerbrechen /
und aus dem Fewer eine Finfternüg zu machen / und einen duͤr⸗
ren Hunger und Durſt / ohne Empfindung einiger Labung / als
der 5 öllen Quaal iſt / das iſt der Abgrund / da das Weſen ver—
ſcomachtet iſt / da der Tod ſeinen Stachel fuͤhret / als eine ver⸗
ſchmaͤchte Gifft / da zwar ein Ellentialiſch Leben innen iſt /
aber es feindet ſich ſelber an / da des rechten Fewers Anzuͤndung
nicht erreichet wird / ſondern nur als ein Blitz ohne Brennen
erſcheinet.
3. Und geben euch alſo zu verſtehen / daß in dem Ewigen nicht
mehr den zwey Principia ſtnd / x. das brennende Fewer / das
wird nit dem Liechte erfuͤllet das gibt ihme feine Eigenfaaz
a
Cap. s. JeEſu Chriſti. 129
daß aus der brennenden Quaal eine hohe Frewdenreich wird /
denn die Angſt erreichetdie Freyheit / und bleibet alfo das bren-
ende Fewer nurcine Urſache des Findens des Lebens / und des
Liechtes der Majeſtaͤt / das Fewer nimt in ſich des Liechtes Ei=
genſchafft / als Sanfftmuht / und das Liecht nimt in ſich des
Fewers Eigenſchafft / als Leben und ſich finden. Und das ander
Principium wird im Liechte verſtanden / aber die Ellenrialifihe
MWefenheit/ daraus das Fewer brennet / bleibet ewig eine Sins
ſternuͤh / umd eine Quaal des Grimmes / darin der Teuffel
mwohnet / als man fiehet/ dag das Fewer ein ander Ding ift /
als das jenige / daraus das Fewer brennet. Alſo fichet das
Principium im Fewer / umd nicht in der eflentialifchen Quaal
der Mefenheit ; die Effentralifche Quaal ift das Centrum der‘
Natur ] Die Urſache des Principii , aber cs ift finfter / und
das Fewer fheinend/ und wird allhier recht gezeiget/ wiedie
Zerbrehung des Grimmes/ alsdes Todes / und denn dic ewige
Freyheit auffer der Natur/ beyde zufammen die Urfache des
Scheines find / denn darumbift der Wundersgeift des Ungrun—
des begehrend / nehmlich daß. er feheinend werde / und darımd
führer er fich in Quaal / dag er fich finde und empfinde / daß er
möge feine Wunder inder Quaaloffenbahren / denn ohne Quant
Fan keine Offenbahrung ſeyn.
4. Alfo verfichet uns nun ferner : Die Quaal / als der
Grimm, hatkeine rechte Weſenheit / fondernder herbe Grimme
iſt des Stachels Wefenheit/ darinnener flicht / und die Angfe
mit ſambt dem. Fewer find oder machen auch keine rechte Weſen⸗
heit / ſondern es iſt nur ein ſolcher Geiſt / jedoch mug einer dic⸗
ker ſeyn als der ander / ſonſt waͤre kein Finden / alß die Herbig⸗
keit machet dicke und finſter. Alſo findet der bittere Stachel die
Angſt in der herben finſtern Eigenſchafft / als in einer Materia,
denn wäre feine Materia, ſo ware auch kein Geiſt oder Finden /
der Ungrund findet ſich in der herben Finſternuͤß / der zerſpren⸗
get aber die Finſternuͤß / undgehetaus der herben Finſternuͤß
aus/ als ein Geift / der ſich in der Angſt⸗Qutaal funden hat / laͤſ⸗
ſet aber dieſelbe herbe Materiam der Finſternuͤß / darinnen er
ſich fand / und gehet in ſich ſelber ein / wieder indie Freyhelt /
als in Ungrund / und wohnet in ſich ſelber: Alſo mug die Quaal
feine Schaͤrffe und Findung ſeyn / und iſt ihme auch eine An⸗
zuͤndung feiner Freyheit / als des Liechts / darinn er ſich ſtehet /
was er iſt.
Alſo begehret er für ſich m; nicht mehr der Qugal / denn
328 or
130 Ander Theil vonder Menſchw. Cap. 5.
er iſt nun ſelber cine Qugal:: Sondern er modelt fich felber / und
fichet fich felber nach allen Geftalten / und eine jede Geſtalt ift
begehrende fich zu finden und zu offenbahren / und es findet fich
alfo auch eine jede Geſtalt in fich felber / gehetaber mit dem Bes
gchren aus fich felber / und ſtellet fich dar alseine Figur oder
Geift / und das iſt die ewige Weißheit in den Farben / Wun⸗
dern und Tugenden / und iſt doch nicht particular, ſondern alles
gantz / aber in unendlicherley Geſtalt. Dieſe Geſtalten haben
ſich mit der Bewegung des erſten Willens / der Vatter heiſ⸗
ſet / in Geiſter corporiret / als in Engel; Alſo / daß ſtch das
verborgene Weſen in Creaturen ſehe / empfinde und finde /
yo ng ein ewig Spiel in den Wundern der Weißheit GOt⸗
tes ſey.
6. MWeiter verftehen wir die Wefenheit der Liecht-Welt / dag
fie wahrhafftig eine rechte Weſenheit ift / denn im Fewer mag
Fein recht Weſen beſtehen / ſondern nur der Geift des Weſens:
Das Fewer urſachet aber das Weſen / denn es iſt ein Hunger /
ein ernſtlich Begehren / es muß Weſen haben / oder es erliſchet.
Das verſtehet nun in dehm Weeg: Die Sanfftmuth gibt/ und
das Fewer nimt: Die Sanfftmuth iſt außgehende aus ſich ſel⸗
ber / und gibt ein Weſen ſeines gleichen / ein jede Geſtalt aus
ſich ſelber / und das Fewer verſchlinget daſſelbe / gibt aber das
Liecht aus demſelben: Es gibt ein Edlers / als es verſchlungen
hat / gibt Geiſt für Weſen / denn es verſchlinget das ſanffte
Wolthun / das iſt das Waſſer des ewigen Lebens / und gibt a⸗
ber den Geiſt des ewigen Lebens / als ihr ſehet / wie der Wind aus
Di Fewer gehet / alfo auch die Lufft / alsder rechte Geift aus
ein schen. “
7. Alſo verftehet unfern Sinn recht : GOtt der Vatter iſt
in ſich die Freyheitauffer der Natur / machet fich aber inder Na⸗
fur Durchs Fewer offenbahr: Diefewrende Natur ifkfeine Ei⸗
genſchafft / aber er skin fich ſelber der Ungrund / da Fein Fühlen
einigerley Quaal iſt / führer aber feinen begehrenden Willen in
Qugal / und ſchoͤpffet ihm in der Quaal einen andern Willen /
aus der Quaal außzugehen wieder in die Freyheit auſſer der
Quaal; Derſelbe andere Wille iſt ſein Sohn / dehn er aus ſei⸗
en ewigen einigen Willen von Ewigkeit gebiehret / dehn fuͤhret
er durch das zerbrechen der Todes-Quaal / als aus ſeinem Ernſte
des Grimmes / durchs Fewer aus: Derſelbe andere Wille / als
‚der Sohn G0ttes des Vatters / der iſt es der den Tod/ als
die ſtrenge finſtere Quaal zerbricht / Der das Fewer NER
un
age a EEE
Cap. 5- Jeſu Chriſti. 131
und gehet durchs Fewer aus / als ein Schein oder Glantz des
Fewers / und erfuͤllet den erſten Willen / der Vatter heiſſet /
denn der Glantz iſt auch alſo duͤnne als cin Nichts / oder als der
Wille / der Vatter heiſſet / darumb kan er in der Freyheit woh
nen / als in des Vatters Willen / und machet den Vatter liecht!
helle / lieblich und freundlich / denn er iſt des Vatters Hertz oder
Barmhertzigkeit: Er iſt des Vatters Weſenheit / er erfuͤllet den
Vatter an allen Orten / wiewohl kein Orth in ihm iſt / Fein An⸗
fang noch Ende.
8. Alſo verſtehet nun weiter / des Vatters Fewer verſchlin⸗
get das ſanffte Weſen / als den Waſſer⸗Quell des ewigen $ea
bens in lich / in des Fewerseigenen Efleng / und ſaͤnfftiget ſich
darınit / da muß die Wefenheit/ gleich als im Fewer erfterben/
denn das Fewer verſchlinget die in ſich / und verzehretdie/ ımd
gibt aus der Verzehrligkeit einen lebendigen frewden-reichen
Geift das ift der Heilige Geift / der. gehet alfo vom Vatter
und Schnausindie grogen Wunder der H. Weſenheit / und era
oͤffnet dieſelben immer und ewiglich.
9. Alſo iſt die Gottheit ein ewig Band / das nicht zergehen
fair > Alſo gebiehret fie ſich ſelber von Ewigkeit in Ewigkeit / und
iſt das erſte auch immer das letzte / und dieſes wieder das erſte.
Und verſtehet alſo den Vatter fuͤr die fewrende Welt / den Sohn
für die Liecht⸗ und Krafft⸗Welt / den H. Geiſt für das Leben der
Gottheit / als fuͤr die außgehende führende Krafft / iſt doch alles
nur ein GOtt / wie das Fewer und das Licht mit der Lufft nur
ein einig Weſen iſt / aber es ſcheidet ſich ſelber in drey Theil}
und kan keines ohne das ander beſtehen / denn das Fewer iſt nicht
das Sicht / auch nicht der Wind / der aus dem Fewer gehet / es
hat ein jedes ſein Ambt / und iſt ein jedes ein eigen Weſen in
ſich / iſt doch ein jedes des andern Leben / und eine Urſache des
andern Lebens: Denn der Wind blaͤſet das Fewer auff / ſonſt
erſticket das in ſeinem Grium / daß es in finſtern Todt fies
le / ‚wie denn das erſticken der wahrhafftige Todt iſt / da das
Be der Natur erlifchet / md nicht mehr Weſen in fich
zeucht.
10. Solches alles habt ihr ein gut Gleichnuͤß an der aͤuſſern
Welt / an allen Creaturen / wie alles Leben / als das eflentia-
liſche Fewer⸗Leben / Weſen an ſich zeucht / das iſt fein eſſen / und
das Fewer ſeines Lebens verzehret das Weſen / und gibt den Geiſt
der Krafft aus dem verzehrten / das iſt der Creatur Leben. Und
ſehet ihr ja gahr recht / wie das Ber aus dem ————
8 *
132 Under Theil von der Menfchw. Cap, 5,
Es wird kein Leben / es zerbreche dan dasjenige / daraus das
geben gehen oil: Es mug alles indie Angft-Cammer ins Cen⸗
rum eingehen / und muß den Fewer⸗blitz in der Anaft erreichen
ſonſt iſt keine Anzuͤndung / wiewohldas Fewer mancherlep ift/
alſo auch das Leben / aber aus der gröffeften Angſt urftändet auch
das gröffefte geben / als aus einem rechten Fewer.
zr. Alſo lieben Kinder GOttes in Chriſto / geben wir euch
zu erwegen unfer Erkaͤntnuͤß und Vorhaben: Anfangs haben
wir gemeldet / wir wollen euch den Tod Chriſti zeigen / warumb
Chriſtus hat ſollen ſterben und warumb wir auch haben muͤſſen
ſterben / und in Chriſto aufferſtehen / das ſehet ihr ja nun in
dieſer Beſchreibung klar / und verſtehet unſer groſſes Elende /
daß es uns noth geweſen iſt / daß das Wort oder Leben der H.
Liecht-Welt iſt wieder ein Menſch worden / und hat uns in ſich
newgebohren: Wer allhie nichts verſtehet / der iſt nicht aus
HDi gebohren. Sehet doch / in was Herberge uns Adam hat
eingefuͤhret er war ein Aufzug: aller dreyen Principien / cin
gantze Gleichnuͤß nach allen dreyen Welten / und hatte infei=
nem Gemüt) und Geift Englifche Eigenſchafft in ſich / er war
in die H. Krafft und Weſenheit eingefuͤhrt / als ins Paradis /
das iſt / "göttliche Weſenheit: Er folte von göttlicher ABefen>
heit effen/ und das Waſſer des Ewigen gebens trincken / auff
Englifche Arth / wie im Bische des Dreyfachen Lebens nach der
laͤnge gemeldet worden; Aber er verließ die göttliche Weſenheit /
und die Engliſche Eigenſchafft / und imaginicte in die Autzge⸗
buhrt / als ins Reich der irrdiſchen Quaat/ welches der Teuffel
entzuůndet hatte in ſeinem Fall: Er wandte feine Augen aus
GoOtt in den Spiritum Mundi oder irrdiſchen GOtt / aus dem
göttlichen Liechte ins Liecht dieſer Welt / alſo ward er gefangen/
and blieb in der irrdiſchen Auaal': Alſo fiel er in die irrdiſche
zerbrechliche Quaal / die herrſchet in ihme und fuͤllet ihn: Sie
zeucht ihm einen Leib auff / zerbricht dehn auch wieder / und
serfchlinget dehn in feine cigene Elleng / in fein. Eſſentialiſch
Fewer.
12. Weil aber die Seele aus dem Geiſte Gottes als auf dem
Ewigen iftinden Menſchen geblaſen worden alfo dag die Ste>
k cin Engelift ; So hat ih GOtt derſelben wieder angenom⸗
men] und iſt die Krafft der H. Liecht⸗Welt / als Gottes Hertz
un die Menſchliche Eſſentz / die im Tode verſchloſſen lag / ein⸗
gangen indie Augſt⸗Cammer unſers Elendes / hat aus unſerer
Beens eine Seele in ſich gezogen / bat unſer he 3
ars. JEſu Ehrifti. 233
ſich genommen / die Seele durch den Tod / durchs ernſte Fewer
Gottes des Butters in die Liecht-Welt eingefuͤhret / den Tod /
der uns gefangen hielt / zerbrechen / und das Leben auffge⸗
ſchloſſen.
13. Nun mag und kans nicht anderſt ſeyn / wer die Liecht⸗
Welt beſitzen wil / der muß durch dieſelbe Bahn / die er gemacht
hat / eingehen / er muß in Tod Chriſti eingehen / und in Chriſti
Aufferſtchung gehet er in die Liecht-Welt ein: Gleich als wir
erkennen / daß das ewige Wort des Vatters / welches des Bat⸗
ters Hertz iſt / von Ewigkeit zu Ewigkeit / aus dem Grimm
des Todes der Finſternuͤß durchs Vatters Fewer außgebohren
wird / und in ſich ſelber das rechte Centrum der H. Dreyfaltig⸗
keit iſt / und aus ſich ſelber mit dem außgehenden H. Geiſte /
die Liecht-flanmende Majeſtaͤt oder Liecht-Welt iſt: Alſo auch
in gleicher Weiſe und Eigenſchafft muͤſſen wir mit unſerm
Hertzen / Sinn und Gemuͤthe aus der herben ſtrengen und boͤfen
Irrdigkeit aus uns ſelber / aus dem verderbten adamiſchen Men⸗
ſchen außgehen / denſelben mit unſerm ernſten Willen und Thun
zerbrechen und toͤdten: Wir muͤſſen des alten Adams Creutz /
welcher uns anhanget / weilwir leben / auff uns nehmen / und
muͤſſen auff⸗ und ing Creutz Ling Centrum Naturæ, in den Drey⸗
angel eingehen / und wieder aus dem Angſt-Rade newgeboh⸗
ren werden / wollen wir anderft Engel ſeyn / und in GOTT
cwig leben.
14. Weil wir aber ſolches nicht vermochten / hat ſich Chri⸗
ſtus in daffelbe Centrum des Grimmes eingegeben / den Grimm
zerbrochen / und mit feiner Liebe geleſchet / denn erbrachte him⸗
liſche / goͤttliche Weſenheit in denſelben Grimm ins Centrum
der Angſt⸗Cammer / und leſchete der Scelen Angſt⸗-Fewer / als
den Grimm des Batters der ſewrenden Welt in der Sceelen 4
dag wir alſo anjetzo nicht mehr dem Grimm heimfallen / ſon⸗
dern weit wir uns in den Tod Ehrifti einergeben / und aus uns aus
dem boͤſen Adam außgehen / ſo fallen wir in Chriſti Tod / in die
Bahn / die er uns gemacht hat / wir fallen indie Schoß Abrahz ,
Bas ift / in Ehrifti Arme/ der empfaher unsin ſich / denn die
Schoß Abrahs iſt die auffaefhloffene Liecht⸗Welt un. Tode Chri-
ſti / es iſt das Paradis / darein uns GOtt ſchuff / und liget jetzt
an dehme / nicht daß wir Mund⸗Chriſten ſeyn / uns Chriſti Tod
fuͤrmahlen / und Schaͤlcke im Hertzen / Geiſt und Seele blei⸗
ben / ſondern daß wir gantz ernſtlich mit Sinne und Gemuͤthe /
mit Willen und Thun / aus der 4 Anneigligkeit amnee
7 UNE
134 Ander Theil / von der Menſchw. Cap. 5.
und wieder dieſelbe ſtreiten. Ob ſie uns ſchon anhanget / muͤſſen
wir doch taͤglich und ſtuͤndtlich demſelben boͤſen Adam ſeinen
Willen und Thun toͤdten: Wir muͤſſen thun / was wir nicht
gern thun wollen/ wir muͤſſen unfer irrdiſch boͤß Leben ſelber
verlaͤugnen / und Chriſti Leben in uns ziehen / alsdenn leidet
das Himmelreich Gewalt / und die Gewalt thun / ziehen ſolches
zu ſich / wie Chriſtus ſaget.
15. Alſo werden wir des Himmelreichs ſchwanger / und ges
hen alſo in Chriſti Tod bey lebendem Leibe ein / und empfahen
den Leib Chriſti / als die Goͤttliche Weſenheit / wir tragen das
Himmelreich in uns: Alſo ſind wir Chriſti Kinder / Glieder
und Erben in Gottes Reich / und das Ebenbild der H. Goͤttli⸗
hen Welt / welche iſt GOtt Vatter / Sohn / H. Geiſt / und
derſelben H. Dreyfaltigkeit Weſenheit: Alles was aus der
Weißheit gebohren und eroͤffnet wird / iſt unſer Paradis / und
ſtirbet an uns nichts / als nur der. todte Adam) der irrdiſche boͤſe /
dehme wir allhier ohne das haben feinen Willen gebrochen/dehme
wir feynd Feind worden ; Es weichef unfer Feind nur von ung /
er muß ins Fewer gehen / verftche ins Effentialifche Fewer / als
in die vier Elementa, und ins Myfterium, und mugam Ende
diefer Zeit Durchs Fewer Gottes bewähret werden / muß uns
unfere Wunder und Werke wieder darftellen : Was das irı-
Difche Mylterium hat in ſich gefchlungen / das muß esim Fewer
Soaͤttes wieder geben / und nicht ein ſolch Ubel / ſondern das Few⸗
er Bei verſchliuget das Ubel / und gibt uns cin folches da⸗
»7/ als.wir allhier in unſerm aͤn gſtlichen Suchen geſuchet ha⸗
ben / wie das Fewer die Weſenheit verſchlinget / gibt aber Geiſt
für Weſen / alſo werden uns unſere Wercke im Geiſte und him̃⸗
liſcher Frewden aus dem Fewer Gottes dargeſtellet / als ein hel⸗
fer Spiegel / gleich dem Wunder der Weißheit Gottes.
16. Diefelbe laſſet euch lieben Kinder geoffenbahret
ſeyn / dean es iſt hochthewer erkannt worden / und laſſet
euch nicht alſo mit Chriſti Tod kitzeln / und denſelben für:
mahlen / als ein Werd / das uns genug fey / wan wiresnur
wiſſen und glauben’ daß es fuͤr uns geſchehen ſey: Was hülfft
michs / daß ich einen Schatz weiß ligen / und grabe dehn nicht aus:
Es gilt nicht troͤſten / heuchlen / und ein gut Geſchwaͤtz mit dem
Munde geben / aber den Schalck in der Seelen behalten. Chris
ſtus ſpricht / ihr muͤſſet newgebohren werden / oder werdet nicht
das Reiche Gottes ſehen / wir muͤſſen umbkehren / — 9—
a »
‚Kap. s. Jeſu Ehrifti. e 233%
als ein Kind in Mutterleibe / und aus göttlicher Wefenheit geboh⸗
‚ren werden > Wir müffen unferen Seelen ein new Kleid anzies
hen / alsden Rock Chrifti/ Die Menſchheit Chriſti / fonft pülffe
feinheuchlen / iſt alles erlogen / was das Mundsgefchrey ſaget /
das Chriſtum für die Augen mahlet / als habe er es für ung ge»
than / daß wir ums nur deß troͤſten ſollen / und dabcy im alten
Adam wandeln / in Geitz / Hochmuth und Faͤlſchheit in Ge⸗
lüften der Boßheit: Es iſt ver Antichriſtiſche Betrug der fal⸗
ſchen Geiſtlichen / fuͤr denen uns die Offenbahrung warnet: Es
thuts alles nicht / daß wir uns heuchlen / und mit Chriſti leyden
und Tod kitzeln / wir muͤſſen darein eingehen / ſeinem Bilde
aͤhnlich werden / alsdenn iſt uns Chriſti Leyden und Tod nuͤtze;
Wir muͤſſen fein Creutz auff uns nehmen / ihme nad) folgen /
die boͤſen Luͤſte daͤmpffen und toͤdten / und immer gerne wohl wol⸗
len / als denn werden wir wohl ſehen / was Chriſti Fußſtapffen
ſeynd / wenn wir wider den Teuffel / den alten Adam und die
boͤſe Welt werden ſtreiten / wider die irrdiſche Vernunfft / die
nur zeitlicher Wolluſt begehret da wird uns Chriſti Creutz
recht auffgelegt / denn der Teuffel iſt es / die Welt iſt es / und
unſer boͤſer Adam iſt es / alle dieſe ſeind unſere Feinde / alda
muß der Newe Menſch ſtehen als ein Ritter / und in Chriſti
Fußſtapffen kaͤmpffen. O wie viel unzehliche Feinde wird er al⸗
dar erwecken / die alle auff ihn ſchlagen werden! Alda heiſſets
umb das doͤrnerne Ritterkraͤntzlein Chriſti fechten / als ein
Ritter / und Doc nur ſtaͤts verachtet ſeyn / als einer / der der
Erde nicht werth ſey / da heiſſets / ſtehen im Krieg und Glau⸗
ben / da die aͤuſſere Vernunfft ſpricht lauter Nein / da iſt Chriſti
Leyden und Tod an die Spitze gut ſtellen / und dem Teuffel / der
Welt und dem Tode mit der irrdiſchen Vernunfft fuͤrſtellen/
und nicht verzagen / denn allhier gilts eine Engels-krone / ent⸗
weder ein Engel oder Teuffel zu ſeyn. Wir muͤſſen in Truͤbſahl
new gebohren werden / und koſtet viel mit Gottes Zorn ringen /
und dem Teuffel obſtegen: Hätten wir nicht alda Chriſtum bey
uns ja in uns) wir verlöhren den Streit. Es thuts nicht eine
Handvoll Wiſſenſchafft / dag wirs wiſſen / und uns mit Gottes
Genade kitzeln und GOtt zu unferm Suͤnden-Deckel machen }
daß wir alſo den Schalck und Teuffels-Larven unters Leyden
Chriſti verſtecken und fein zudecken. O Nein / der Schalck muß
in Chriſti Leyden und Tod zerbrochen werden / er muß nicht ein
Schalck ſeyn: Wil er ein Kind ſeyn / er muß ein gehorſamer
Sohn werden! er muß arbeiten im Leyden Chriſti / indie Fuß⸗
ſtapffen
F 36 Ander Theil / von der Menſchw. Eap. 5:
ſtapffen der Wahrheit / Gerechtigkeit und Liebe tretten: Er
mug thun / nicht allein wiſſen: Der Teuffel weiß es auch wohl /
mas huͤlffts ihn? Die Practica muß folgen / oder es iſt ein Falſch
und Trug.
17. Die gleißneriſche Bernunfft ſpricht: Chriſtus hats ge⸗
than / wir koͤnnens nicht thun. Ja recht / er hats gethan / was
wir nicht thun konten / er hat den Tod zerbrochen / und das Le⸗
ben wiederbracht. Was huͤlfft michs / ſo ich nicht zu ihm einge⸗
he ? Er iſt im Himmel / und ich in dieſer Welt / ich mu zu ihme
auff feiner uns gemachten Bahn eingehen / ſonſt bleibe ich dar-
auſſen: Denmerfpricht/ komt zu mir her / alle die ihr mühfch-
lig und beladen ſeyd / ich wil euch erquicken: Nehmet mein Joch
auff euch / und lernet von mir / denn ich bin ſanfftmuͤhtig und
von Hertzen demuͤthig / fo werdet ihr Ruhe für ewre Seele fin⸗
den. Auff feiner Bayn müffen wir zu ihm eingehen / wir müfz
fen Gutes für Boͤſes thun / und uns lichen untereinander / als
er uns that / und gabfein Leben in Zod für uns. |
18. So wir ſolches thum / fo leſchen wir Gottes Zorn auch in
unſerm Naͤchſten / wir muͤſſen gute Exempel geben / nicht in Li⸗
ſten und Raͤncken / ſondern in Einfaltigkeit / mit gutem Wil⸗
len und Hertzen / nicht als eine gleiſſende Hure / die da ſpricht:
Sch bin Jungfraw / und gleiſſet in aͤuſſerlicher Zucht / iſt aber eine
Hure im Hertzen. Es heiſſet alles lauter Ernſt. Sieber kein Gelt
noch Gut haben / auch zeitliche Ehr und Macht verlieren / als
Gottes Reich / wer Gott findet / der hat alles funden; Und
wer thn verleuret / hat alles verlohren. DO wie fo gar ſchwer ge⸗
hets zu / den irrdiſchen Willen zu zerbrechen / kom nur an Reyen /
du wirſt hernach nicht mehr nach Chriſti Fußſtapffen duͤrffen fra⸗
gen / du wirft fie wohl ſehen / das Creutz Chrifti wirſtu wohl
fuͤhlen / auch Gottes Zorn wohl fuͤhlen / welcher ſonſten in dem al⸗
ten Adam fein ruhet und fchläfft biß du ihn fein feiſt mäfteft /
alsdenn gibt er dir dein Himmelreich / das du allhier geſuchet
haft / darinn du cwig ſchwitzen muſt.
Hs IEcſu Chriſti. 137
Das 6. Capitel.
Von unſerem Tode | warumb wir fterben müffen /
ſintemahl Chriſtus für uns geftorben iſt.
Ciiatio prima.
lhie/ dir liebe gleiffende Vernunft / komm zu gafte/
allyieher haben wir euch alle geladen/ ihr Wiſſenden
und Unwiſſenden / alle die ihr GOTT fihawen wol»
Ist. Es ift ein ernfles Siegel und hartes Schloß
auffzumachen / dehme dencket nach / es gilt euch allen,
2. Die Vernunfft ſpricht: War dan GOTT nicht Allmaͤch⸗
tig genug / dem Adam feine Sünde zuvergeben / daß erſt BOTT
muſte Menſch werden / leyden und ſich toͤdten laſſen? Was hat
GOTX fuͤr einen gefallen am Tode ? Oder / fo er uns denn ja
alſo erloͤſen wolte / warumb / ſo uns Chriſtus erloͤſet hat / muͤſſen
wir denn auch fterben ? Ja tautze liebe Vernunfft / rathe biß du
es triffſt /allyie big Doctor, um wiſſe nichts / biß gelehrt / und
auch ſtumm / wiltu nicht / fo muſtu wohl / du komſt denn auff
dieſe Schule / verſtehe des Heiligen Geiſtes Schule. Wer iſt
allhie / der auffſchlieſſen mag? Iſt das nicht das verſchloſſene
Buch / deſſen der auff dem Stuhl ſitzet in der Ofſenbahrung
JEſu Chriſti? So ſpricht ver Gleißner / wir wiſſens wohl; Se
ſage ich / ich hab es von ihnen nie gehoͤret / noch in ihren Schrifften
geleſen / fte haben mir auch dieſes Suchen verbotten / und ein
Suͤnden⸗ſchloß dafür geleget / und dehme für Sünde gerechnet]
der ſolches ſuche oder zu wiſſen begehre / hiemit iſt die fhöne Sram
fein zugedecket blieben: Ey wie hat der Anti-Chrift können un⸗
ter dieſem Deckel ſpielen / aber es ſoll offen ſtehen / wider des
Teuffels und der Hoͤllen Willen / denn die Zeit iſt gebohren /
der Tag der Wiederbringung bricht an / daß gefunden
werde / was Adam verlohren hat.
3. Die Schrifft ſaget: Wir ſeind ein Staub und Aſche / das
iſt recht / wird find ein Staub und Erde. Nu fraget ſichs aber /
ob GOTT den Menſchen habe auß Erden gemacht / das wil die
Vernunfft erhalten / und bewaͤhret das auß Moſe / dehn ſie doch
nicht verſtehet / und es auch die proba nicht gibt / ſondern gibt
viel mehr / daß der Menſch ein Liwus, das iſt / ein Außzug aus
allen dreyen Principien ſey. Soll er ein Gleichnuͤß nach *
e
138 Ander Theil vonder Menſchw. Cap. 6.
es Werfen ſeyn / fo muß er ja auf GOttes Weſen feyn herkom⸗
men / denn was nicht auß dem Ewigen ift/das ift nicht bleiblich:
Alles was fich anfünget / gehöret in das / darauf es gegangen ift;
So wir.aber blog aug der Erden find herkommen / fo find wir
der Erden/ was wolte uns denn antlagen / dag wir alfothäten/
als ver Erden Eigenfchafft treibet und wil? So aber denn ein
Geſetze inuns ift /das uns anklaget / dag wir irzdifch leben / fo
iſt vaffelbe nicht irrdiſch fondern es ift aus dehme / dahin es uns
weiſet und zeucht / als auß dem ewigen) dahin zeucht es uns auch?
und verklaget ung unfer eigen Gewiffen vor dem Emigen / dag
wir machen und thun / was dem Ewigen zuwider ift; So wir
uns aber demſelben heimgeben / das uns indas ewige zeucht / fo
muß das ander / das uns in das irrdiſche zeucht / zerbrechen / und
in das eingeben / dahin es wil / als in die Erde / dahin es uns
zeucht / und der Wille / dehn wirdem Ewigen geben / der nimt
das Ewige ein.
4. Sp denn GOtt den Menfchen in ein Weſen gefchaffen hat)
‚Darin ewig zu ſeyn / ‚als in Fleifch und Blut / fo mug ja dem
Willen / ver fich in das Ewige einergibt / ſolch Fleifeh und Blut
angezogen werden / wieeswar/ da es GOTT ins Paradis ins
Ewige hatte geſchaffen: Daran wir ja klar erkennen / daß uns
GOTT nicht in ſolch Fleiſch und Blut / als wir jetzt an ung tra⸗
gen / hat geſchaffen / ſondern in ein ſolch Fleiſch / als dem Wil⸗
len in der newen Wiedergebuhrt angezogen wird / ſonſt waͤr es
ja bald vor dem Fall irrdiſch und zerbrechlich geweſen; Was wol⸗
te mich dan mein Gewiſſen umb das anklagen / darein mich
GoOTT haͤtte geſchaffen? Oder was wolte es anders begehren /
‚als es in ſeinem eigenen Weſen waͤre? So finden wir ja klar /
daß noch ein ander Weſen in unſerm Fleiſche iſt / das ſich nach
dehme ſaͤhnet / das es jetzt nicht iſt: Soll ſichs aber ſaͤhnen nach
dehme / das es jetzt nicht iſt fo mugſ es ja im Anfang feines We—
ſens ſeyn geweſen / ſonſt waͤre kein Saͤhnen noch Luſt nach einem
andern in ihme / denn wir wiſſen / daß ſich ein jedes Weſen ſaͤh⸗
net nach dehme / darauß es feinen erſten Urſtand hat.
5. Alſo ſaͤhnet ſich unſer Wille nach einem ſolchen Fleiſche/
als GOTT ſchuff/ Das in GOTT beſtehen mag / wicht nach
einem irrdiſchen verganglichen in Quaal/ fondern nad einem
bleiblichen ohne Quaal / daran wir Elar verftehen / daß wir auf
dem Ewigen md aufgegange indas Zerbrechliche/dag wir haben
die. Materiaman den Limum gezogen / und find. Erde worden /
darauf uns doch GOTT hat aufgezogen / alseine Maflam *
ei⸗
Cap. 6. JEſu Eprifti. 139
feinen Geiſt darein geführer mit dem Eiwigen : Denn Adams
Imagination hat die irrdiſche Quaal der Sternen und vier Ele⸗
menten indem Limum gezogen / und die Sternen und Elemens
ta haben der Erden Sucht eingezogen: Alfo ift die him̃liſche
Materia des hirnlifchen Fleifches ir2difch worden / denn der Geift
GHttes / der vom Verbo Fiatinden Limum ward eingeblafen /
auf GOttes Herke/ der hatte himlifche Weſenheit / himliſch
Fleiſch und Blutanfich / der folte Adam regieren nach himli—
ſcher Göttliher Eigenfchafft. Weil aber der Teuffel hatte den
Limum, alserim Himmel ſaß / inäciret/ fo thate er ihme jetzt
auch die Schalckheit / und inheirte dehn mit feiner Imagination,
daß er anhubnach der verderbten Sucht der irdifchen Quaal zur
imaginiren / Davoner vom Reiche diefer verderkten Welt gefan⸗
gen ward / welche in den Limum eingog / als ein Herr: Jetzt
war das Bild GOttes verderbet/ und fielin iradifche Aufl.
6. So aber denn der himliſche Geift in dem verderbten Irr⸗
diſchen Sulphur war / fo mochte der himliſche Glantz und das
goͤttliche Fewer alſo im brennen nicht beſtehen / denn des ewigen
Fewers Liecht beſtehet in der Freyheit auſſer der Quaal. So war
aber das Waſſer der Freyheit / welches des ewigen Fewers Spei⸗
ſe war / irrdiſch worden / das iſt / mit Irrdigkeit erfuͤllet / und die
ſanffte Kebe ward mit der irrdiſchen böfen Sucht infciret/ alſo
vermochte das ewige Fewer nicht zubrennen noch Liecht zu geben /
ſondern quall alſo in dem verderbten Fleiſche / als ein verdaͤmpfft
Fewer / das fuͤr Näffenicht brennen kan / daſſelbe Fewer naget
uns nun / und klaget uns immer an / es wolte gerne wieder bren⸗
nen / und himliſcher Weſenheit fähig ſeyn / fo muß es irrdiſche
Quaal in ſich freſſen / als irrdiſche Imagination, darein ſich des
Teuffels Sucht miſchet / alſo wirds auch boͤſe / und zeucht uns
inmer dem Abgrunde zu / ins Centrum der Natur / indie Angſt⸗
Cammer / darauß es im Anfange iſt gegangen.
7. Alſo ſteheſtu Menſch / was du biſt / und was du ferner aus
dir macheſt / das wirſtu in Ewigkeit ſeyn / und ſieheſt / warumb
du zerbrechen und ſterben muſt / denn das Reich dieſer Welt ver⸗
gehet / ſo biſtu in deinem aͤuſſern Weſen doch nicht des Reichs
mächtig zu bleiben / biß in fein Ather, ſondern du biſt darinn un⸗
maͤchtig / und ligeſt blog darinne in einer Conſtellation, welche
das Geſtirne hatte / da du in Fleiſch und Blut des irrdiſchen
Weſens in Mutter Leibe geronneſt. Du biſt nach dem aͤuſſern
Leben alſo unmaͤchtig / daß du dich nicht kanſt deiner Conſtellation
erwehren / du muſt in die Zerbrechung deines Leibes eingehen /
wenn
140 Ander Theillvonder Menſchw. Kap. 6.
wenn dich die Conftellation verlaft: Da ficheftu ja / was du biſt /
nehmlich ein irrdiſcher Staub) eine Erde voll Stancks / weil dus
noch lebeft / ein todtes Cadaver , du lebeft dem Geſtirn und Ele=
menten / die regieren und treiben dich nach ihrer Eigenſchafft /
fie geben dir Sitten und Kunſt / und wenn ihr Seculum umb iſt /
daß ihre Conſtellation, darunter du empfangen und zu dieſer
Welt gebohren biſt / vollendet iſt / laſſen ſie dich hinfallen; Da
faͤllet dein Leib den vier Elementen heimb / und dein Geiſt / der
dich leitete / dem Myſterio, darauß das Geſtirne iſt erbohren
worden / und wird behalten zum Gerichte GOttes / da GOTT
wil alles durchs Fewer ſeiner Macht bewaͤhren. Alſo muſtu ver⸗
faulen / und ein Erde und ein Nichts werden / biß auff den Geiſt /
der auß dem Ewigen iſt außgegangen / dehn GOtt in den Limum
einfuͤhrete. Da beſinne dich / was du biſt / ein Hand voll Erden /
und ein Quall-hauß der Sternen und Elementen: Wirſtu deine
Seele und ewigen Geiſt / der dir iſt vom hoͤchſten Gute gegeben
worden / nicht allhie in dieſer Zeit haben wieder in GOttes Liecht
entzuͤndet / daß er im Liechte auß der goͤttlichen Weſenheit iſt
wiedergebohren worden / fo fallet fie im Myſterio dem Centro
Nature, als der erften Mutter wieder heim / in die Angfl-
Cammer der erften vier Gejtalten der Natur) da muß fie ein
Geiſt in der finjtern Angſt⸗quaal bey allen Teuffeln feyn / und
das freffen / das fie in diefer Zeit in fich hat eingefuͤhret / vaffelbe
wird ihre Speife und geben ſeyn.
8. So aber GOTTein folches mit dein Menfchen / ſeinem
Gleichnuͤß und Bilde / nicht gewolt hat / ſo iſt er ſelber das wor»
den / das der arme Menſch ward / nachdeme er auß der Goͤtt⸗
lichen Weſenheit auß dem Paradis gefallen war / daß er ihme dach .
wicder huͤlffe / daß der Menſch alſo in ihme ſelber habe die Pforte
zur Wiedergebuhrt / daß er koͤnne in dem Seelen-fewer wieder in
GOTT gebohren werden / und dag daſſelbe Seelen-Fewer wie⸗
der goͤttliche Weſenheit in ſich zoͤge / und erfuͤllete ſich mit goͤtt⸗
licher Liebe⸗quall / davon die göttliche Frewdenreich wieder erboh⸗
ren würde / und das Seclen⸗fewer wieder den. heiligen Geifter-
baͤhre / wie forne gemeldet / der ausdem Seelensfewer außgien⸗
ge / und dem adamifchen Fleiſche den ungöttlichen Willen entrifs
je / daß alfo die arme Seele nicht wieder mit Der irrdiſchen und
teuffliſchen Sucht erfüllet würde.
Die Pfortedes Newen Menfchen.
9. Diß iſt nun alſo zu verfichen: GOTT iſt Menſch ung
un
Sap.c. JIJeEEſu Chriſti. 141
und hat unſere Menfchliche Seele in vie goͤttliche Weſenheit in
Chriſto wieder eingefuͤhret / die iſſet wieder von goͤttlicher We⸗
fenheit / als von der Liebe und Sanfftmuth / und trincket vom
Waͤſſer-geiſt des ewigen Lebens / aus der ewigen Weißzheit /
welcher iſt der Brunn der goͤttlichen Weſenheit / dieſelbe Chriſti
Seelc hat goͤttlich / yimmliſch Fleiſch und Blut an jich bekonmen /
mit dem Worte / Das das Cemtum der Liecht-welt iſt / das da
imaßginitete nach der armen gefangenen Seelen / daſſelbe Wort
wohnuete in der Goͤttlichen Weſenheit / und in der Jungfraw der
Weißheit / kam aber in Mariam / und nahm unſer eigen Fleiſch
und Blut indie göttliche Weſenheit / und zerbrach Die Krafft/
Die uns im Zorn Des Todes und Grimmes gefangen hielt am
Ereuß/ als im Centro der Natur des Urflandes / ins Batrerg
Ewigen Willen zur Natur / darauß wufere Seele war genom⸗
men worden / und zündete in derfelben Eſſentz / alsin der Seelen
finſtern Fewer wieder das brennende Sischt-fewer an/ und fühs
rete den anderen Willen der Seelen durchs Fewer GOttes / als
auß dem Urftande aus/ ins brennende weiffe helle Liecht: Als
folches die Naturinder Scelen empfand / ward fie frewdenreich /
zerfprengete den Todt / undgrünete mit GOttes Kraft in der
Liecht⸗welt auz / und machte auf dem Fewer ein Siche-begehren/
daß alfo in Ewigkeit fein Fewer mehr erkannt wird /fondern cin
groffer und ſtarcker Wille in der Liebe / nach ihren Zweigen und
Aeſten /als nach unferer Seelen.
zo. Unddasift es / daß wir fagen: GOTT dürftete nach um =
ferer Seelen. Er ift unfer Stamm worden) Wir find feine
Zweige und Hefte: Wie ein Stamm immer feinen Safft den
Heften gibt / daz fie leben und Frucht tragen, dem ganzen Baum
zur Herrligkeit /alfo thut auch uns unfer Stamm. Der Baum
Jeſus Chriftus in der Liecht⸗ Welt / welcher ſich in unſerer Seelen
hat offenbahret / der wilunfere Seelen / als feine Aeſte haben /
er iftin Adams Stelle eingangen / der uns verderbte ; Er ift
Adam worden in der Wicderzgebuhrt : Adam führete unfere
Seele in diefe Welt in Tod der Grimmigkeit / und er führete
unfere Seele aus dem Tode durchs Fewer GOttes / und zuͤndete
fie im Fewer wieder an / dag fie wieder das fiheinende Liecht be⸗
kam de fie ſonſt haͤtte müffen im finftern Tode in der Angft>
quaal bleiben.
xı. Nun ligts jest nuran unſerm flo - Eingehen / daß wir
nur demfelben Weege nachgehen / dehn cr gemacht hat: Wir
dauͤr ſen nur unſert Imagination und haͤntzlichen Willen in ihn
eins
242 Ander Theil / von der Menſchw. Caps.
einfuͤhren / welcher Glaube heiſſet / und dem alten irrdiſchen
Willen Widerſtand thun / ſo empſahen wir den Geiſt Eyriftiaus
der neuen Wiedergeburt / der zeucht himmliſch Weſen in unſere
Seelen / als Chriſti himmliſch Fleiſch und Blut / und wenn die
Seele das koſtet / ſo zerſprenget ſie den finſtern Tod in ihr / und
zuͤndet das Feuer der Ewigkeit in ihr an / daraus das ſcheinende
Liecht der Sanfftmuth brennet / dieſelbe Sanfftmuth zeucht die
Seele wieder in ſich / als das Seelen Feuer / und verſchlinget
dieſelbe in ſich gibt aus dem Tode das Leben / und den Geiſt
Ehrifti. Alfo wohnet derſelbe Geiſt der aus den ewigen Feuer
außgehet / in der Sicht - Sch bey GOtt / und iſt das rechte Bild
der H. Dreyfaltigkeit / er wohnet nicht in dieſer Welt / der Leib
begreifft ihn nicht / ſondern das edle Gemuͤthe / darinn die Seele
ein Feuer iſt / das begreifft ihn / doch nicht fazlich: Wohl wohnet
Die edle Bildnuͤß im Seelen⸗Feuer des Gemuͤhtes / aber fie ſchwe⸗
bet darinne / wie das Liecht im Feuer: Denn weil der irrdiſche
Menſch lebet / iſt die Seele immer in Gefahr / denn der Teufel hat
Feindſchafft mit ihr / der ſcheuſſet immer ſeine Straalen mit
falſcher Imagination in den Sternen- und Elementen-Geiſt /
greifft damit nach dem Seelen-⸗feuer / wil daſſe be immerdar in-
Keiren mit irrdiſcher teufliſcher Sucht: Da muß ſich die edle
Bildnuͤß gegen dein Seelen-feuer wehren / da koſtets ſtreiten
umb das Engels-Kranglein / da gehet offt im alten Adam auff
Angſt / Zweiffel und Unglaub / wenn der Teufel der Seelen
zuſetzet. Ach Creutz Chriſti / wie ſchwer biſtu oͤffters! Wie
verbirget ſich der Himmel! Aber alſo wird das edle Korn ges
füet / das auͤffgehet / fo bringets viel ſchoͤner Früchte in
Gedult.
12. Alſo waͤchſet ein jedes Zweiglein in der Seelen aus Goͤtt⸗
licher Weißheit / es muß alles aus der Angſt⸗cammer außdrin⸗
gen / als ein Zweig aus der Wurtzel des Baumes: Es wird alles
in der Angſt gebohren. Wil ein Menſch Goͤttliche Erkaͤntnuͤß
haben / fo muß er gar vielmahl in die Angſt⸗cammer / in das Cen-
trum: Denmeinjeder Funcke der Göttlichen Wige aus GH tes
Weißheit muß aus dem Centro der Natur erbopren werden
ſonſt iſt er nicht bleiblich noch ewig/ er muß auff dem ewigen
Grunde / auff der ewigen Wurtzel ſtehen; Alſo iſt er ein Zweig
in GOttes Reich aus Chrifti Baume.
x3. Alfo verftchen wir das Sterben was es ſey und warumb
Chriſtus hat müffen fterben / und wir alle in Chrifti Tode fter>
ken muͤſſen / wollen wir anderft feine Herrligkeit befigen. a
are
Care Euch. 147
alte Adam kan das nicht thun / er muß wieder in das / daraus er
gegangen iſt / er ſoll durchs Feuer Gottes bewaͤhret werden / und
die Wunder wiedergeben / die er verſchlungen hat. Sie muͤſſen
wieder zum Menſchen kommen / und dem Menſchen nach ſeinem
Willen erſcheinen / ſofern er fie allhie hat in GOttes Willen ges
machet; Wo aber zu GOttes Unehre / fo gehören fe dem Teufel
im Abgrunde.
14. Darumb ſehe ein jeder zu / was er allhier thue und mache /
mit was Gemuͤthe und Gewiſſen er rede / thue und wandele / es
ſoll alles durchs Feuer bewaͤhret werden / und was dieſes Feuers
wird faͤhig ſeyn / das wirds verſchlingen / und dem Abgrunde in die
Angſt geben / deſſen wird der Menſch Schaden haben / und in jener
Welt entbehren / daran er koͤnte und ſolte Freude haben / daß er
waͤre ein Arbeiter in Gottes Weinberge geweſen; So aber wird
er erfunden werden / als ein fauler Knecht / darumb wird auch die
Krafft Macht und Klarheit in den Wundern der Goͤttlichen
Weisheit in jener Welt ungleich ſeyn. Es iſt allhier mancher
ein König / und wird ihme in jener Welt ein Saͤw-Hirt in der
Klarheit und Weißheit vorgezogen werden: Urfach/feine Wun⸗
Der werden dem Abgrunde gegeben werden / weil fie böfe waren.
15. Sehet ihr liebe Menfchen / ich weife euch ein Gleichnuͤß
ver Engfifchen Welt; Sehct den bluͤenden Erdboden an / oder
das Geſtirn / wie ein Stern / auch ein Kraut das ander uͤber⸗
trifft / in Krafft / Schönheit und Zierheit feiner Geſtalt: Alfo
iſt auch die Engliſche Welt / denn wir werden in einem geiſtli⸗
chen Fleiſch und Blute dargeſtellet werden / nicht in ſolcher Ge⸗
ſtalt / als hier: Der geiſtliche Leib kan durch irrdiſche Steine ge⸗
hen / ſo ſuͤbtil iſt er / ſonſt waͤre er der Gottheit nicht fähig / denn
GoOtt wohrret auffer ver greifflichen Quaal / in der ſtillen Frey⸗
heit / fein eigen Weſen iſt Liecht und Krafft der Majeſtaͤt: Alſo
muͤſſen wir auch einen Krafft⸗lcib haben / aber wahrhafftig ir
Fleiſch und Blute / darinn iſt aber ein Glantz der Tinctur: Denn
der Geiſt iſt alſo duͤnne / daß er vom Leibe unbegreifflich iſt / iſt
doch in der Freyheit greifflich / fonft wäre er nichts / und der Leib
iſt viel dicker als der Geiſt / alſo daß ihn der Geiſt greiffen und
eſſen mag / Davon er das Geiſt⸗leben im Feuer erhaͤlt / und gibt
aus dem Geiſte das Liecht / und aus dem Liechte wieder die Sanfft⸗
Kr in Fleifch und Blut) dag alſo ein ewig Werfen ift.
16. So wir uns nun alſo finden und erkennen ſo ſehen und
erkennen wir / was GOtt iſt und vermag / und was das Weſen
ale Weſen iſt / und befinden / wie wir alfo gang irrigumd — an
gefuͤh⸗
144 Under Theil vonder Menfchw. Cap. 6,
gefähret werden / da man uns viel von GOttes Willen fagei/ und
bildet die Gottheit immer alsein frembd Weſen für/ das ferne
von uns ſey / als ob GOtt ein frembd Ding fiy / und nur alfo eis
nen neiglihen Willen zu uns früge der Sünde vergebe aus
Gunſt / als ein König einem fein Leben ſchencket / der es verbros
chen hat. Aber nein / hoͤre / es heiſſet nicht heucheln und ein Schalck
bleiben / es heiſſet aus GOtt gebohren werden / oder ewig von
GoOtt verlohren ſeyn / denn der rechte Glaub und Wille muß cs
thun / er mug ernſtlich in GOtt eingehen / und ein Geiſt mit Gott
werden / er muß himmliſch Weſen erlangen / ſonſt huͤlfft weder
ſingen / klingen / heucheln / oder wie das heiſſe: GOtt bedarff
keines Dienſtes; Wir ſollen uns untereinander dienen / und uns
lieben / und dem großen GOtt dancken / das iſt / in einen Sinne
in GOtt erheben / feine Wunder verkuͤndigen feinen Namen
anruffen und ibn loben/ das ift die Freude in Ternario Sando,
Da die ewige Weißheit aus dem Lobe gibt Wunder/ Krafft und
Gewaͤchſe / undalfo wird dem Teufel fein Reich zerftöhret / und
komt GOttes Neich zu uns / undgefchicht fein Wille / fonft ifts
alles Menfchen-Bedichte und Werck vor GOtt / ein unnüg We⸗
fen / eine Heucheley / und machet Feine Berföhnung/ fondern füh>
zerden Menfchen nur von GOtt ab.
17. GOttes Reich mug in uns kommen / und fein Wille in
uns geſchehen / ſo dienen wir ihm recht / wan wir ihn lieben von
ganzem Hertzen / Seel und allen Kräfften/ und unfern Nächften
als uns felber / das iſt der ganke GOttesdienſt / dehn er von ung
auffnimt / wasdörffen wir uns yeucheln ? Sind wir gerecht / fo
find wir ſelbſt Götter indem groffen GOtt / was wir dan thun /
das thut GOtt in uns und durch uns: So ſein Geiſt in uns iſt /
was ſorgen wir viel lange umb GOttes Dienſt; Wil er was
thun / ſo ſollen wir Knechte und willig ſeyn / er muß der Werck⸗
meiſter ſeyn / ſoll ein Werck GOtt gefallen; Was außer deme
iſt / das iſt irrdiſch gebauet / in dem Geiſt dieſer Welt das bauen
wir dem auffern Himmel/ den Sternen und Elementen / die ha>
ben ihr Berbringen und Wunder in uns und der finfter Teufel
dehme dienen wir mit Werden auffer GOttes Geiſt.
18. Das laßet euch geſagt ſeyn / es iſt hocherfannt:
Kein Werk gefaͤlt GOtt / es gehe denn aus Glauben in GOtt;
Heuchele wie du wilt / ſo arbeiteſtu nur in dieſer Welt / du ſaͤeſt
in einen irrdiſchen Acker / wiltu aber himmliſche Frucht ernden /
muſtu himmliſchen Saamen ſaͤen; Wird er nicht im frembden
er wollen bekleiben / ſo komt dein Saame wieder zu *
und
Kay IJEſu Chriſti. 145
und waͤchſet in deinem Acker / und du wirſt die Frucht ſelber
genieſſen.
Das 7. Capittel.
Bon geiſtlichen Sehen | wie ein Meuſch in dieſer Welt
Fönne Göttliche und himmliſche Wiſſenſchafft ha⸗
ben / dat er könne von GOtt rechtreden / und
wie fein Sehen fon.
Die andere Citation oder Ladung der äuffern Dernunfft
dieſer Welt in Fleiſch und Blur.
7 Je auffere Vernunfft ſpricht: Wie mag ein
Menſch in dieſer Welt in GOtt ſehen / als in eine
andere Welt / und ſagen / was GOtt iſt / das kan
nicht ſeyn / es muß eine Einbildung ſeyn / da ſich
der Menſch mit kitzelt und ſelber betreugct.
2. Antwort: Alſo weit kommet die aͤuſſere Vernunfft / mehr
kan ſie nicht er forſchen / Daß fie ruhete / und wenn ich noch in der⸗
ſelben Kunſt ſteckte / ſo wuͤrde ich eben auch alſo ſagen: Denn der
nichts ſiehet / der ſpricht / es iſt nichts da / was er ſtehet / das er⸗
kennet er / mehr weiß er von nichts / als das vor Augen iſt. Ich
wil aber den Spoͤtter und gang irrdiſchen Menſchen gefraget ha⸗
‚ben / ob der Himmel blind ſey / fo wohl die Hölle / und Gott ſel⸗
ber? Ob in der Goͤttlichen Welt auch ein Sehen ſey? Ob der
Geiſt GOttes auch ſehe / beydes in der Liebe-Liecht-Welt / und
auch im Grimm in der Zorn-⸗Welt / im Centro? Sageter: Es
ſey ein Sehen darinnen / als es dan wahr iſt / ſo mag er wohl zu⸗
ſehen / daß er nicht oͤffter mit des Teufels Augen ſehe in feiner vor⸗
geſetzten Boßheit / da er ihm ein Ding in ſeiner Imagination in
falſcher Boßheit zu verbringen / lange zuvor einmodelt / und ſte⸗
hets zuvorn / wie er feine Schalckheit verbringen kan und wil:
Und kan er alda die Boßheit zuvor ſehen warumb ſtehet er auch - *
nicht zuvor feine Belohnung? H Nein} der Teufel fiehet mit ſei⸗
nen Augen / und dedet Die Straffezu/ daß er die Boßheit vers
bringe. Triebe er den Teufel aus / ſo fahe er feine groffe Narıheit/
die ihme der Teufel geweiſet hatte / das boͤſe laͤſt er ihn ſehen / und
leihet ihm Augen darzu / daß er das ferne / das noch geſchehen ſoll /
ſiehet / und er iſt alſo verblendet / und weiß nicht / daß er mit des
Teufels Augen ſiehet.
3. Alſo
146 Ander Theilivon der Menſchw. Cap.7.
3. Alſo auch in gleicher weife fihet der Heilige mit GOttes Aus
gen/ was GOTT vor hat/ das fichet der Geift GOttes in der
Newen Wiedergebuhrt / aus den rechten menfchlichen Augen / aus
dem Bilde GOttes / er iſt dem Weſen ein Sehen und auch ein
Thun: Nicht dem Alten Adam / diefer muß Knechtdarzu feyn /
er muß das ins Werd richten / wasder newe Menfch in GOtt
fichet. Sagte doch Ehriftus: Des Menfchen Sohne thut nichts /
als was er ftehetden Batter thun / das thut er auch; So iſt doch
des Menſchen Sohn unſer Haus worden / in das wir ſind einge⸗
gangen / er iſt unſer Leib worden / und ſein Geiſt iſt unſer Geiſt.
Sollen wir in Chriſto dan in GOtt blind ſeyn? Der Geiſt Ehris
fi fichet durch und in uns / was er wil/ und was er wil das ſehen
und wiſſen wir in ihme / und auſſer ihm wiſſen wir nichts von
Gott / er thut Goͤttliche Wercke / und ſiehet was und wan er wil/
nicht wenn Adam wil/ wenn Adam gerne wolte feine Boßheit
(mit Hochmuth ſich ſehen zu laſſen) außſchuͤtten: O Nein / da⸗
verbirget er ſich / und ſiehet nicht in uns ins Freuden⸗-Liecht in
GH / ſondern ins Creutz / in Truͤbſal / in Chriſti Senden und
Sterben / Verſolgung und Schmach / in groſſe Trawrigkeit / da⸗
hinein ſiehet er / und laͤſſet den Alten Eſel zappeln / und Chriſti
Creutze tragen / das iſt ſein Ambt; Aber auff dem Weege durch
den Tod Chriſti ſtehet der newe Menſch indie engliſche Welt / fie
iſt ihme leichter und heller zubegreiffen / als die irzdifche Welt / es
geſchiehet natuͤrlich / nicht mit Einbildung / ſondern mit ſehenden
Augen / mit denen Augen / welche die engliſche Welt ſollen be—
ſitzen / als mit der Seelen Bildnuͤß Augen / mit dem Geiſte / der
aus der Seelen Feuer außgehet / derſelbe Geiſt ſtehet in den Him⸗
mel / der ſchauet GOtt und die Ewigkeit / und kein anderer / der iſt
auch das edle Bild nach GOttes Gleichnuͤß.
4. Aus ſolchem Sehen hat dieſe Feder geſchrieben / nicht aus
andern Meiſtern / oder aus Waͤhnen / obs wahr ſey: Ob nun wohl
eine Creatur ein Stuͤcke und nicht ein Gantzes iſt / daß wir nur
im Stuͤckwerck ſehen / ſo iſts doch gruͤndlich; Aber die Weißheit
GoOttes laͤſſet ſich nicht ſchreiben / ſte iſt unendlich / ohne Zahl und
Begriff / wir erkennens nur im Stuͤckwerck: Ob wir gleich viel
mehr erkennen / fo kans die irrdiſche Zunge nicht erheben und füge
gen / fie redet nur Worte von dieſer Welt / den Sinn behält Ite
im verborgenen Menfchen/ darumb verftchets immer einer ans
derſt als der ander / alles nach deine ein jeder iſt mit der Weißheit
begabet / alſo ergreifft ers auch / und alſo legt ers aus.
5. Meine Schriften wird nicht ein jedernach ir
Sinn
Carr. Ef Ehrifti. 147
Sinn verſtehen / ja auch wohlnicht einer / aber ein jeder
empfähet nach feiner Gabe / zu feiner Beſſerung / einer
mehr als der andere / nach demeder Geiſt feine Eigenfchafft in
ihme hat/ Denn der Geift GOttes iſt auch den Menſchen Gera
ftern / fo fie wohl wollen / öffters underthan / und ſtehet was der
Mensch wil/ dag fein Gutes nicht verhindert werde/ ſondern
daß allenthalben GOttes Wollen und Willen gefchehe: Denn
der Geift / der aus dem Seelen geuer aus GOttes Sanfftmuth
und Weſen aufgebohren wird/ der iſt auch der H. Geift/ er woh⸗
net in der Göttlichen Eigenfhafft/ und nimt fein Schen aus
Göttlicher Eigenfcharft. ?
6. Was iſt es nun / das an uns frembd ift/ daß wir nicht koͤn⸗
nen GOtt ſehen? Dieſe Welt und der Teufel in GOttes Zorn iſt
es / daß wir nicht mit GOttes Augen ſehen / ſonſt iſt keine Hin⸗
derung.
7. Spricht num einer / ich ſehe nichts Goͤttliches/ der mag
dencken / daß ihm Fleiſch und Blut mit des Teufels Liſt eine Hin⸗
derung und Deckel iſt; offte / daß er wil GOtt in ſeinem Hoch⸗
muth ſehen / zu ſeinen eigenen Ehren / und offte / dag cr mit irr⸗
diſcher Boßheit erfuͤllet und geblendet iſt. Saͤhe er in Chriſti
Fußſtapffen / und gienge in ein new Leben / gebe ſich unter das
Creutz Chriſti / und begehrte nur den Eingang Ehrifti/ durch
Chriſti Tod und Höllenfahrt zum Vatter / was folte es gelten / er
füheden Batter und feinen Heyland Chriſtuin / mit dem Heiliger
Geifte.
8. Solte denn der heilige Geift blind ſeyn / fo er im Menſchen
Wwohnet? Oder fihreibe ichs mir zum Ruhm? Nicht alfo/ fon=
‚ als er weiß / daß ihm nuͤtzlich und gut iſt; Denn der aus GOtt
G 2
dern dem Leſer zur Richtſchnur / daß er von feinem Irrthumb abe
ſtehe / gehe vom Weege der Laͤſterung aus in ein heiliges Goͤttli⸗
ches Weſen / daß er auch mit Goͤttlichen Augen ſehe die Wunder
GOttes / auff das GOttes Wille geſchehe / zu welchem Ende dieſe
Feder alſoviel geſchrieben hat / und nicht umb eigener Ehre und
Wolluſt dieſes Lebens willen / wie uns der Treiber immer ſchilt 7
und bleibt doch nur der Treiber im Zorn GOttes / dehme wir das
Himmelreich gerne goͤnneten / möchte er vom Teufel und der ir
diſchen Hoffarts-Sucht loß werden / welcheihn blind machen.
9. Alfo ihr lieben Kinder GOttes / die ihr mit viel Thraͤnen
ſuchet / laſſets euch nur Ernft ſeyn: Unfer Sehen und Wiſſen iſt
in GOtt / er offenbahret einem jedenindiefer Welt fo viel er wil /
ſthet
148 Ander Theil / von der Menſchw. Cap. 7;
ſihet / der hat GOttes Werck zu treiben / er ſoll und muß das trei⸗
ben / lehren / reden und thun / daß er ſiehet / ſonſt wird ihme das
Sehen genommen: Denn dieſe Welt iſt GOttes Sehen nicht
wehrt / aber umb der Wunder und Offenbahrung GOttes Wil⸗
len wird manchen gegeben zu ſehen / Day der Name GOttes der
Weltoffenbahr werde/welches auch ein Zeugnüg über alles Gott⸗
Tofes Weſen feyn wird / welche die Wahrheit in gügen verkchren/
und verachten den H. Geift: Denn wir find nicht unfer felber /
fondern dehme wir dienen in feinem Sicchte: Wir wiſſen nichts
vor GDrt/ er felber GOtt iſt unfer Wiffen und Schen: Wir
ſind ein Nichts/ dag er akes in uns ſey / wir follen blind/ taub und
ſtumm ſeyn / und Eein geben in uns wiſſen / daß er unſer Seben und
Seele ſey / und unſer Werck ſein ſey: Unſere Zunge ſoll nicht
ſagen / fe wir was guts gethan haben / das haben wir gethan / ſon⸗
dern das hat der Herrin ums gethan / fein Name ſey hochgelobet.
Aber was thut dieſe boͤſe Welt jetzo: So einer ſagte / das hat
SD in mir gethan / fo es gleich gut iſt / ſo ſpgricht die Welt: Du
Narr / du haſt es gethan / GOtt iſt nicht in dir / du leugſt; Alfe
mug der Geiſt GOttes ihr Narr und Luͤgner ſeyn: Was iſt ce
denn / oder wer redet aus dem Laͤſter-nunde? Der Teufel / der
ein Feind GDOLtesift/ daß er GOttes Werck zudecke / auff dag
GOttes Geiſt nicht erkannt werde / und er Fuͤrſt dieſer Welt
bleibe biß ins Gericht.
10. Alſo / ſo ihr ſehet / daß die Welt wider euch ſtreitet / euch
verfolget / ſchmaͤhet / laͤſtert umb GOttes Erkaͤntnuͤß und Nas
mens willen / ſo dencket / daß ihr den ſchwartzen Teufel vor euch
habet / ſo ſeegnet ihr / daß GOttes Reich zu uns komme / und dem
Teufel ſeinen Stachel zerbreche / daß der Menſch durch ewren
Seegen und Gebeth vorm Teufel erloͤſet werde / ſo arbeitet ihr recht
in GOttes Weinberge / und hindert dem Teufel ſein Reich / und
gebaͤhretFruͤchte auffGottes Tiſche / denn iniebe und Sanfftmuth
aus dem Zorn GOttes werden wir wieder newgebohren; In Liebe
und Sanfftmuth muͤſſen wir in des Teufels ſeinen Dornen baden /
in dieſer Welt wider ihn ſtreiten / denn die Liebe iſt fein Gifft /
ſie iſt ihme ein Feuer des Schreckens / da er nicht bleiben kan; Wuͤ⸗
ſte er ein Fuͤncklein Liebe in ihm / er wuͤrffe die weg / oder zer⸗
boͤrſte darumb / daß er der loß wuͤrde. Darumb iſt die Siebe und
Sanfftmuth unſer Schwerd / damit koͤnnen wir umb das edle
Craͤntzlein unter Chriſti Dornen⸗Crone mit dem Teufel und der
Weltftreiten/ denn die Liebe iſt das Feuer des andern Principii,
ſie jiſt GOttes Feuer / dehme iſt der Teufel und die Welt fing
Le
Cap. IEuChriti 149
Bir Siche hat GOttes Augen / und fichet in GOtt / und der Zorn
hat des Grimmes Auge im Zorne GOttes / der fichet in die Hölle/
in die Quaal und in Zod.
z1. Die Welt vermeynet fchlecht / man muͤße GOtt mit den
indischen und Sternen- Augen fehen / Ne weig nicht / daß GOtt
nicht im Auffern wohnet / fondern im innern; So fie denn nichts
wunderlichesan GOttes Kindern ſiehet / ſpricht ſie: Oer iſt ein
Rarı/ er iſt naͤrriſch gebohren / er iſt melancholiſch / ſo viel weiß
fie: O hoͤre Meiſter Hanß / ich weiß wohl / was Melancholey iſt /
weiß auch wohl was GOtt iſt / ich kenne fie beyde / und auch dich
in deiner Blindheit; Aber ſolch Wiſſen koſtet nicht eine Melan—
choley / ſondern ein ritterlich Ringen: Denn keinem wirds ge⸗
geben ohne Ringen / er ſey dan ein Ziel von GOtterkohren / er
ringe denn umb das Craͤntzlein. Es wird wohl mancher in Mut⸗
terleibe darzu erkohren / wie Johannes der Taͤuffer / und andere
mehr / im Bunde GOttes der Verheiſſung ergriffen / welcher alle⸗
zeit ein Ziel eines Seculi ift / der mit der Zeit des groſſen Jahrs
gebohren / und von GOtt erkohren wird Die Wunder die GOtt
vor hat / zu eroͤffnen: Aber nicht alle aus dem Ziel / ſondern ihrer
viel aus eyferigem Suchen / denn Chriſtus ſprach: Suchet / fo
werdet ihr finden / klopffet an / fo wird euch auffgethan. Item/
Wer zu mir komt / den werde ich nicht hinauß ſtoſſen. Item / Vat⸗
ter ich wil / dag die du mir gegeben haft / ſeyen wo ich kin / das iſt /
mit dem neuen Menfchen aus Chriſto gebohren in GOtt feinen
Vatter: Item / Batter ich wil/ daß ſie meine Herzligkeit fehen/
die ich hatte vor der Welt Grunde. Allhier liget das Sehen aus
Thriſti Geiſte / aus GOttes Reiche / in Krafft des Wortes / des
Weſens der Gottheit / mit GOttes Augen / und nicht mit dieſer
Welt und des aͤuſſern fleiſches Augen.
12. Alſo du blinde Welt wiſſe / womit wir ſehen / wenn wir
vor GOtt reden und ſchreiben / und laß dein falſches richten blei=
ben; Sihe du mit deinen Augen / und laß GOttes Kinder mit
ihren Augen ſehen: Sihe du aus deinen Gaben / und laß GOt—⸗
tes Kinder oder einen andern aus ſeinen Gaben ſehen: Ein jeder /
wie er beruffen wird / alſo ſehe er / und alſo wandele er / denn wir
treiben nicht alle einerley Wandel / jeder aber nach ſeiner Gabe
und Beruff zu GOttes Ehr und Wunder: Es laͤſt ſich der Geiſt
GOttes nicht alſo binden / wie die aͤußere Vernunfft mit ihren
Geſetzen und Conciliis vermeynet / da manallemahleine Kette
des Antichriſts mit ſchleuſt / daß die Menſchen wollen uͤber Got⸗
tes Geiſt richten / und ihren Duͤnckel und Schluͤß vor GOttes
G3 Bund
150 Ander Theil / vonder Menfchw. Cap. 7.
Bund halten /als wäre GOtt nicht in dieſer Weltdaheime / oder
als wären fie Götter auff Erden / Beftättigens noch mit Eye /
was fie glauben wollen. Iſt das nicht ein Narrenwerck / den hei⸗
ligen Beift in feinen Wundergaben an einen Eyd binden? Er foll
gläuben/ was fie wollen / und fie kennen ihn doch nicht / find auch
sicht aus ihm gebohren / machen ihm Doch Gefene / was er
thun foll.
13. Ich ſage / daß alle folhe Bünde der Antichrift und lin:
glaube ſeynd / es gleiffe wie es wolle: Go ift GOttes Geift unge:
Kunden / er gehet nicht im Bunde / fondern frey erfcheinet er dem
Firchenden Gemüthe nad) feiner Gabe / wieergenafuretift: Er
iſt ihm auch wohl unterthan / ſo er ihn nur mit Ernſt begehret /
was ſoll denn der Bund in menſchlicher Witze von dieſer Welt /
ſo es GOttes Ehre betrifft? Sind doch alle Buͤnde aus eigener
Hoffart gebohren: freundliche Unterredung iſt wohl gut und noͤ⸗
thig / daß einer dem andern ſeine Gaben darthue / aber die Buͤnde
ſind eine falſche Kette wider GOtt / GOtt hat einmahl einen
Bund mit unsin Chrifto gemachet / dasift genugin Ewigkeit /
er macher keinen mehr / er hat das menfchliche Gefchlechte ein—
mahl in Bund genommen / und ein ſeſtes Teflamentgemachet mit
Tod und Blut: Es iſt genug an deme / wir laſſen uns billich an
deme genuͤgen / und hangen dieſem Bunde an: Wir duͤrffen nicht
alſo kuͤhn umb Chriſti Kelch tantzen / als jetzt geſchicht / oder wird
weggenommen werden / wie den Tuͤrcken geſchahe.
14. Esifteinfehr großer Ernſt vorhanden) als von
der Welt her nie gefihehen / laſt es euch wohl ſagen / es
aſt erkannt worden, der Antichriſt fol bloß ſtehen; Sehet
aber zu / daß ihr dabey nicht ärger werdet / denn die Art
iſt an den Baum gefeget/ der böfe Baum ſoll abgehawen
amd ins Feuer geworffen werden : Die Zeit iſt nahe}
verſtecke ſich Niemand in Fleiſches⸗Luſt: denn das thuts nicht / daß
einer wiſſe / wie er koͤnne newgebohren werden / bleibet aber in
der alten Haut / in Wolluſt des Alten Menſchen / in Geitz / Hoch⸗
muth und Ungerechtigkeit / in Unzucht und aͤrgerlichem Leben / der
aſt lebendig tod / und ſtecket im Rachen des Zorns GOttes / den⸗
ſelben wird feine Wiſſenſchafft auklagen und verurtheilen zum
Gerichte: So er das Wort der Erkaͤntnuͤß empfaͤhet und ans
nimt / daß ihm Gott zuerkennengibt/ daß es der rechte Weeg
zum Leben ſey / ſo muß er alſobald ein Thaͤter des Worts werden /
und aus der Boßheit außgehen / oder er hat ein ſchwer Urtheil +
. 1 .
e
Cap. JEſu Chriſti. 15m
ſich; was ift der beffer denn der Teufel? Der weiß auch GOttes
Willen / thut aber feinen böfen Willen / es iſt einer als der ander /
keiner gut/ fo lange} big er des Worts Ihater wird / alsdenn
wandelter auf GOttes Weege / und iſt im Weinberge in GOt⸗
tes Arbeit.
15. Die gleißneriſche Babel lehret jetzt / unſere Wercke ver⸗
dienen nichts / Chriſtus hab uns vom Tode und der Hoͤllen erloͤ⸗
ſet / wir muͤſſens nur glauben / fo werden wir gerecht, Höre Bar
bel / der Knecht [der feines HErrn Willen weiß / und dehn nicht
thut / foil viel Streiche leyden. Ein Wiſſen ohne Thun / iſt eben
als ein Feuer / das da glimmet / und kan vor Naͤße nicht brennen.
Wiltu / daß dein Goͤttlich Glaubens-feuer brennen ſoll / fo muſtu
Da gelbe auffblaſen / und aus des Teufels und der Welt Raͤße auß⸗
ziehen / du muſt ins Leben Chriſti eingehen: Wiltu ſein Kind
werden / fo mmftu in fein Haus eingehen / und fein Werck treiben’
oder du bift daraußen / und ein Heuchler / derden Namen GOt⸗
tes unnuͤtzlich führet/ anderft lehreſtu / undanderft thuft du / und
bezeugeft alfo/ daß GOttes Urtheil recht über dich fey. Oder was
hat GOtt für Gefallen an deinem Wißen / da du ein Schale blei⸗
beft ? Meyneſtu / ernchme deine Heucheleyan/ daß du zu ihme
ſchreyeſt: Herr gib mir einen ſtarcken Glauben andas Berdienft
deines Solms Chrifti / dag ichs von gankem Hertzen glaube/ dag
er für meine Sünde hat genug gethan. Meyneſt du / das fey ges
nug? O höre/ Nein / du muft in Ehrifti Scyden und Sterben
eingehen / und aus ſeinem Tode anderf gebohren werden/ du muſt
ein Glied mit und in ihm werden / du muſt den alten Adam ſtaͤts
creutzigen / und immer an Chriſti Creutz haͤngen / und muſt ein
gehorſam Kind werden / das immer hoͤret / was der Vatter ſaget /
und immer daßelbe wollen gerne thun; Ins Thun muſtu eine
schen / fonft biftu eine Sarve ohne Leben / du muft mit GOtt gute
Wercke der Liebe gegen deinem Nächften würcken / deinen Glau⸗
ben ſtaͤts uͤben / und immer bereit ſeyn zur Stimmedes Herın /
wenn er dich heiſſet aus dem Alten Peltze heimgehen in das reine
Kleid. Sihe / ob du gleich auff dieſen Weeg tritteſt / ſo wirſtu
dennoch Schwachheit genug und zu viel an dir fuͤhlen / du wirſt
noch zu viel Boͤſes wuͤrcken / denn wir haben einen boͤſen Gaſt in
uns zur Herberge: Es gilt nicht nur troͤſten / ſondern wider den⸗
ſelben kaͤmpffen / ſtreiten / ihn ſtaͤts toͤdten und uͤberwinden / er
iſt ohne das immer zu ſtarck / und wil das Ober-Regiment habent
Chriſtus hat wohl fuͤr uns und in uns den Tod zerbrochen / und
die Bahn in Gott gemachet / was rm aber / daß ich jr
⸗ 4 eh
152 Ander Theillvon der Menfchw. Cap. 8.
def tröfte / und folches lerne wiffen / bleibe aber im finftern Zorn
verfchloffen ligen / an der Ketten des Todes gefangen? Sch muß
in diefelbe Bahn eingehen / und inderfelben Straffe wandeln /
als ein Pilgram / der aus dem Tode ins Leben wandelt.
Das 8. Gapittel.
- Die Pilgrams-Straffe aus dem Tode ins schen.
3. Jeben Kinder / laffet uns doch herglich mit einander
vom Grufdereden: Unfer rechtes Leben / damit wir
follen GOtt ſchawen / iftalsein verdampfft Feuer /
in manchem auch wohl als das Feuer im Steine
verfchloffen / wir müffens aufffehlagen mitrechter
ernfter Einwendung zu GOtt: Schet doch GOttes Fuͤrſorge an,
er hat uns in Ehrifto aus dem Feuer des ewigen Lebens wiederge-
bohren / und hat uns dagelbe im Bunde ver Tauffe zu einem
Schluͤſſel zur Letze gelaffen/vag wir damit aufffehliegen/und unfer °
Seelen-Feuer damit befprengen / daß es des Goͤttlichen Feuers.
fähig wird: Und hat uns feinen $eib zur Speife gegeben / und
fein Blut zum Tranck / das wir uns deſſen follen annehmen / in
feisen Bund tretten/ und unfere Seele mit fpeifen / daß fieer=
auichet werde] und vom Tode auffwache / dag fiedas Göttliche
‚Feuer anzünde. Sieben Kinder/ es muß brenuen / und nicht im
Steine verſchloſſen bleiben / oder als ein Moder und Zunder / das
da wolte gerne glimmen / und kan vor des Teufels Raͤße nicht:
der hiſtoriſche Glaube iſt ein Moder / der da als ein Fuͤncklein
glimmet / er muß angezuͤndet werden/ wir muͤſſen ihme Materi
geben / darinn ſich das Fuͤncklein anzuͤnde / die Seele muß aus
der Vernunfft dieſer Welt außdringen ins geben Ehrifti / in
Chriſti Fleiſch und Blut / ſo empfaͤhet ſie Materia zu ihrem an⸗
zuͤnden. Es muß Ernſt ſeyn / denn die Hiſtori erreichet nicht
Chriſti Fleiſch und Blut / es muß der Tod zerſprenget werden /
wiewohl ihn Chriſtus zerſprenget hat: So muß aber nun die
ernſte Begierde folgen / das gerne wollen thun / und immer dahin
arbeiten / als ein Pilgram oder Bote / der einen faͤhrlichen weiten
Weeg ziehen wil / der laufft immer nach dem Ziel / er iſt unver—
droſſen / ob ihm gleich wehe geſchiehet / noch hoffet er des Ziels /
und komt immer naͤher / da er dan ſeines Lohns und Ergetzung in
Heffnung gewaͤrtig iſt / und freuet ſich / daß ſein ſaper Wan⸗
dern wird ein Ende nehmen.
2. Alſo
Cap.8. Ser Chriſti. 153
2. Alſo muß ein Menſch / der da wil zu GOtt wandern / ſich
auff die Pilgrams Straſſe machen / er muß immer aus der irr⸗
diſchen Vernunfft / aus des Fleiſches / des Teufels und der Welt
Willen außwaͤndern: Offt geſchicht ihm wehe / wenn er das ver=
laſſen ſoll / das er wohl haben koͤnte / und koͤnte damit in zeitlichen
Ehren ſchweben; Wil er aber auff der rechten engen Straffe
wandern/ fo mug er nur den Mocder Gerchtigfeitanzichen /
und den Rod des Geitzes und gleiffenden Lebens außzichen / er
mug dem Humgerigen fein Brod mittheilen / und fein Kleid zur
Dede geben / nicht ein Dränger des Elenden ſeyn / nur feinen
Sad wollen füllen / dem Elenden und Albern feinen Schweig
abdringen/ und ihme Gefese geben / nur zu feiner Hoffart und
Wolluſt: Der ift kein Chriſt der folches thut / / ſondern er wan⸗
dert auff der Straffendiefer Welt /wie ihn das Geflirne und die
Elementa / mitdes Teufels inficiren und Luſt treiben / undober
gleich den Glauben weiß von GOttes Barmhertzigkeit / vonder
Gnugthuung Ehrifti / wirds ihme doch nicht hefffen : Den
nicht alle die da ſagen HErr / HErr / werden ins Hinmelreich
eingehen / ſondern die den Willen thun meines Vatters im Him—
mel; Und der Wille iſt: Liebe deinen Naͤchſten als dich ſelber:
Was du wilt das man dir thue / das thue du auch.
3. Sprich nicht in deinem Hertzen / ich ſitze in dieſem Ambt
und Herrſchafft mit Rechte: ich habs erkauffet und ererbet / das /
was mir meine Unterthanen thun / find fie mir ſchuldig. Sihe
und forſche / wo daſſelbe Recht urſtaͤndet / obs von GOtt alſo ge⸗
ordnet ſey / oder obs aus Trug und eigener Hoffarth / und aus
Geitz urſtaͤnde? Findeſtu / daß es GOttes Ordnung ſey / fo
ſchawe und wandele darinne nach dem Befehl der Liebe und Ge>
rechtigkeit / dencke / daß du darinn ein Diener / und nicht ein Her
über Chriſti Kinder biſt / und nicht aileinda ſitzeſt / Ihren Schweiß
an dich zu ziehen / ſondern dag du ihr Richter und Hirte biſt / daß
du ſolt von deinem Ambt Rechenſchafft geben: Dir find fuͤnff
Pfund gegeten/ du foltfie deinem Herin mit Wucher überant-
worten: Du folt deinen Untern auff den rechten Weeg führen /
ihme gute Erempel geben / in Schr und Straffe über den Boß—
hafftigen/ denn es ſoll von dir gefordert werden / ſo du den Gott⸗
lofen nicht ſtraffeſt / und ſchuͤtzeſt den Bedrängten. Du biſt nicht
darumb ein Regent / daß du ihr HErr feneft: Richt du / ſondern
GoOtt iſt ihr HErr / du ſolt ihr Richter ſeyn / und ſte ſcheiden;
Nicht umb deines Geitzes willen biſtu ihr Richter / ſondern und
ihrer Gewißen willenz und dag du Ren fehreft/fügreft/
| $ und
154 Ander Theillvonder Menfchw. Cap. 8.
und weiſeſt / nicht allein mil Drangfal feines Schweifes / fon=
dern mit Sanfftmütigkeit : : Du haft ein fehweres auff dir / du
muſt darumb ernſte Rechenſchafft geben. Wenn der Elende uͤ⸗
ber dich ſeuffzet in ſeiner Drangſal / ſo klaget er dich vor ſeinem
und Deinem Herrn an / da ſoltu und muſt mit ihm vor Gerichte
ſtehen / denn das Urtheil gehet über die Seelen / es huͤlfft dich kei—
ne Heucheley.
4. Alles was mit Traͤhnen geſaͤet wird / mit rechtem Ernſte /
9 Subftang / und gehoͤret für Gottes Gerichte] es ſey
dan / daß der Menſch umbkehre / und verſoͤhne ſich mit Wolthat
gegen den Bedraͤngten / daß er ihn ſeegne / ſo zerbricht die Sub-
ſtantz. Darumb habt ihr Obere ein ſchweres auff euch / ihr moͤget
wohl auff ewren Stand ſehen / wo er urſtände / die Wurtzel
wird nahe geſucht werden / es ſoll ein jeder von ſeinem Stande
Rechenſchafft geben, Schet aber zu / dag ihr nicht damit im hoͤl⸗
liſchen Fewer reuthet / als der grimmige Zeuffel felber thut / und
ihr deſſelben Diener erfinden werdet / wie ums der Geift der
Wunder zeiget/ daß ihr die Erfüllung des ewigen Zorns und
Grimmes feyd worden. Sprich nicht indeinem Hertzen / alfd
haben meine Eltern und Vorfahren auch gewandelt / ich hab es
ererbet / du weift nicht / in was Herberge fie find eingangen :
Wiltu cin Ehrift und Kind Gottes feyn / fo muſtu nicht auff
Den Weeg der Vorgehenden fehen / wie fie in Wolluſt geritten
ſeind / ſondern auff Gottes Wort / das muß deiner Füße Leuch⸗
Le ſeyn: Denn viel / ſo uͤbel gefahren find / die fi ſind in Abgrund
gefahren / denen wirſtu auch nachfahren / fo du in ihren Fuß⸗
ſtapffen wandelſt / laß dir nur nicht den Teufel den gleigneri>
ſchen Weeg mahlen / feine Farbe glingetvon auſſen / umd in der
Eſſentz ift fie Gift.
5. Ach wichaben wir doc einen fo gar fährlichen Werg durch
dieſe Belt zu wandern und wäre zu wünfchen / daß in dem
Gottlofen kein Ewiges wäre / fo doͤrffte er nicht ewige Quaal
leyden / und im ewigen Spotte ſeyn: Wie ſi ſte alhie in die ſem Le⸗
ben Feinde der Kinder Gottes ſind / alſo auch bleiben ſte ewige
Feinde Gottes und ſeiner Kinder: Darumb muͤſſen die Kinder
Gottes Das Creutz auff ſich nehmen / und allyier im Diftel-und
Dornen Bad fchwigen und in Angft wewgebohren werden / fie
muͤſſen einen ſchmalen Steg wandern / da die Vernunfft immer
ſpricht: Du biſt ein Narı / du fönteft in Frewden leben / und
gleichwol ſeelig werden. O wie ſchlaͤgt die aͤuſſere Vernunfft offt
das edle Bild/ dag aus dem Dornenbade aus der Truͤbſa Fi
wachs
Eap.8. JEſu Ehrifti. 155
waͤchſet! Wie gar mancher Zweig wird von dem Perlen⸗baum
abgeriffen / duch Zweiffel und Unglauben / welder den Men»
ſchen in den falſchen Weeg einführet ! Der Elende ſeufftzet nach
der seitlichen Nahrung / und Huchet dem Zwinger / derihme feia
nen Schweiß abdringet / und dendet / er thue recht daran; Aber
er verderbet fich nur felber daran / er handelt eben fo gottlos / als
fein Treiber : Nahme er Gedultinfih/ und gedaͤchte / daß er
auff der Pilgrams-ftraffe wandelte / und fegte feine Hoffnung
in fein Ziel/ und dachte / daß er alſo in Creutz umd Elende / in
Drangſal in Chriſti Weinbergarbeitete/ DO wiefeelig führeer/
er hätte doch alfo Urſach ein ander und beffer Leben zu fuchen /
weiler allhier mug in Angft und Elend fchweben / wenn ers nur
recht verftünde / wie 05 GOtt fo gut mit ihm meynete / daß er
ihn alfo damit locke und fuche / daß er nicht ſoll in das irrdiſche
schen bawen: Dieweiler fichet / daß es nur ein Jammerthal und
Drangfalift/ und mus allhier nur im harten Zwang im Elende,
in eitel Mühe feine Tage verzehren / foll er doch ja denden/
daß 68 GOTT nicht vergebens alfo gehen laffe/ fondern dag.
er ihme gleich alfo Urfache gebe/ eine rechte Ruhe zu ſuchen /
welche nicht in dieſer Welt iſt; darzu mug er alle Stunde des
Todes warten/ und fein Werck andern laſſen / wasiftes deun /
daß ein Menſch feine Hoffnung in dieſe Welt bawet / darinn er
nur ein Gaſt und Pilgram iſt / der da muß durch die Straſſen
feiner Conſtellation wandelen ? Naͤhme er die innere Contftel-
lation an / D wie feelig arbeitete er in Gottes Wercke / und liege:
Bas aͤuſſere gehen wie es kan.
6. Ein Menſch in dieſer Welt / der da gedencket Gottes
Reich zu beſitzen / hat keinen beſſern Weeg / und mag ihm nicht
beſſer gerathen werden / als dag er ſtaͤts gedencke und ihm fuͤrneh⸗
me / daß er im Weinberge Gottes iſt / mit all ſeinem Thun
und Weſen / daß ers GOtt thue: Sein Gemüthfollin ſtaͤter
Hoffnung zu EHDtt gerichtet ſeyn / daß er werde feinen Lohn für
feine Arbeit von GOtt erlangen und daß er in Gottes Wun⸗
derthat arbeite: Darumb ſoll er in ſeiner Arbeit / die er thut /
fleiſſig ſeyn / wenn er gleich ſeinem Treiber in Muͤhe ohne Lohn
offt dienen muß / ſo dencke er nur / er arbeite nur GOtt / und ſey
gedultig auff Hoffnung / GOtt werde ihm feinen Sohn wohl ge⸗
ben zu feiner Zeit; Denn nicht am Tage zaͤhlet der Herr des
Weinberges feine Arbeiter aus / fondern am Abend / wenn das
Zagwerdgemahtift.: Wennwirheim geben zu unferm Heran/
aus dieſer Hütten Thal] — a her ein jener feinen Sohn /
wel⸗
156 Ander Theil) vonder Menfchw. Caps.
welcher als denn viel gearbeitet hat in langer Zeit / der hatviel
Sohn zu gewarten/ welcher aber nur ein fchwacher Gruntzer /
Faullentzer / und böfer Arbeiter in Ungedult gewefen ift / der
hat wenig verdienet/ und wird noch wohl Straffe von feinem
Herrn zu gewarten haben / denn er hat andere Arbeiter nur-vers
fuͤhret / und iſt ein unnuͤtzer Arbeiter geweſen / hat eitel falſche
Wercke gemacht / ſeinen Herrn umb ſeinen Lohn zu betriegen /
Der einpfaͤhet billich Straffe für Sohn.
Die Porte im Centro der Natur.
Die Dritte Citation.
7. Die Vernunft pricht alſo: Warumb läffets GOtt al⸗
fo geyen/ daß allhie eitel Muͤheſeligkeit iſt / darzu nur Zwang
und Drang/ daß je einer den andern plaget und draͤnget: Und
ob mancher viel hat und nicht darff / noch hat er keine Ruhe / er
trachtet nur nach treiben und Unruhe / und fein Hertz iſt nim—
mer ſtille.
8. Sihe / du verſchloſſene Erkaͤntnuͤß der Welt Grund iſt
alſo / der Urſtand des Lebens iſt auch alſo / es mag in dieſer
Welt nicht anderſt ſeyn / es ſey denn daß ein Menſch newge⸗
vohren werde / der iſt im Newen Menſchen anderſt / und hanget
ihme Doc, dieſer Trieb im alten Menſchen immer an: Das iſt
der Streit des Geiſtes wider das Fleiſch / da das Fleiſch wi—
der den Geiſt luͤſtert und den Geiſt wider das Fleiſch. Nun
ſpricht die Vernunfft / wo urſtaͤndets denn alfo ?
9. Antwort: Giche/ im Centro Naturz ift ein ſolch Weſen /
beſinne dich nur / der Ewige Wille / fo GOtt heiſſet / der iſt frey /
denn er hat in ſich nichts / als das Liecht der Mayeſtaͤt / und
wohnet in dem Ewigen Nichts / darumb mag ihn auch Nichts
ruͤhren; Aber ſein Begehren / das das Centrum Naturæ machet /
daſſelbe hat nur eine ſolche Eigenſchafft / denn da iſt die Herbig⸗
keit / als die Erſte Geſtalt der Natur / die zeucht immer an ſich /
und nimt da Nichts iſt / da ſie nichts gemachet hat / da nimt
ſie / und raffet es zuſammen / und mags doch nicht eſſen / iſt ihr
auch nichts nuͤtze / ſie machet ihr ſelber alſo Angſt / Marter und
Unruhe damit / wie auch der Geitz im Menſchen. Die ander
Geſtalt iſt ſein Ziehen oder Stachel / das iſt ſein Knecht / der da
zuſaͤmmen raffet / was das Begehren wil / der iſt der Arbeiter /
bedeut den untern Menſchen / der iſt boͤß / zornig / wuͤtende /
ſticht und tobet in der Herbigkeit / das mag die Herbigkeit vom
Knecht
Cap. 8. JEſu Chrifti. 157
Knechte nicht leyden / zeucht ihn nur haͤfftiger / alſo wird der
Knecht mr böfer und toller / und ſtuͤrmet dem Hera das Haus:
alfo wil der Herr den Knecht binden und halten / undder Knecht
reiſſet mit Boßheit uͤberauß; Und ſo ihn dan fein Herr / als die
Herbigkeit/ nicht mag bewältigen / gerafhen fie miteinander in
groſſe Angft / Feindſchafft und Widerwertigkeit / fangen
ein draͤhend Rad an zur machen / ſich zu würgen/ morden und
tödten : Und das iſt die dritte Geftaltder Natur / davon urfläns
det Krieg / Streit / Zerbrehung fand und Staͤdte / Neid und
aͤngſtliche Boßheit / da je einer den andern wil tod haben / wil
alles freſſen und in ſich ziehen / er wils alleine haben / iſt ihme
doch alleine nichts nuͤtze / ſondern ſchaͤdlich / er thut wie der
Grimm der Natur thut / derſelbe friſt ſich auch alſo in ſich felber /
verzehret und zerbricht ſich / gebiehret ſich doch auch alſo / davon
forte alles boͤſe der Teuffel mit allen böfen Weſen kom̃t daher /
alſo hats ſeinen Urſtand.
10. Wie die Natur im Centto thut / verſtehet auſſer dem
Liechte / alſo thut auch der Teuffel / welcher das Liecht nicht hat /
auch der boͤſe Menſch und Thier / auch Kraut) Graß und ailes
was feindig iſt / denn es iſt das Gifft-Radt / davon das schen
urſtaͤndet / das draͤhet ſich alſo in groſſer Angſt / in Stechen / Wuͤ⸗
ten und Brechen / biß es ihm einen andern Willen ſchoͤpfe aus der
Angſt außzugehen / und erſencket ſich in Tod / und gibt ſich frey
dahin in der Freyheit / ſo zerbricht das Stechen und Brechen im
Tode / und Falletin die Freyheit des erſten Willens / welcher Die
Angſt des Todes anzuͤndet mit der ſtillen Freyheit / davon die
Angſt erſchrickt / den Tod zerbricht / und aus der Angſt aufffaͤh⸗
ret / als ein Leben der Frewde.
x1x. Alſo gehets auch zu mit dem Menſchen / wenn er in der
Angft der Feindſchafft iſt / daß der Stachel des Todes und Zorns
in ihme wuͤtet / dageralfo ängftlich / geikig I nerdig/ zornig und
feindig iſt / fo ſoll er nicht in dem boͤſen Weſen bleiben / ſonſt iſt
er in den geſtalten des Todes / Zernes / Grimmes und Hoͤlliſchen
Fewers: Sp nicht der Waſſer-Quaal in ihme ware mit Fleiſch
und Blut / fo waͤre er alſo ſchon ein angezuͤndeter Teuffel/ und
nichts anders / ſondern er mu ſich beſinnen / und in feiner boͤſen
Angſt einen andern Willen ſchoͤpffen / von der geitzigen Boßheit
auszugehen indie Freyheit Gottes / da immer Ruhe und Friede
und genug iſt: Er muß in Tod in die Gedult erſincken / in das
Angſt⸗Rad ſich willig einergeben / und einen Durſt nach der
Erquickung Gottes / welche — Freyheit iſt / ſchoͤpffen / ſo ex⸗
7 fine»
258 Ander Theil / von der Menfchw. ap. 8,
ſincket er durch den Angſt-todt / und faͤllet in die Freypeit. So
dan ſeine Angſt die Freyheit koſtet / daß ſie eine ſolche ſtille ſanff⸗
te Quaal iſt / ſo erſchricket die Angſt-Quaal / und im Schrecken
zerbricht der feindige herbe Tod / denn es iſt ein Schrack groſſer
Frewden / und eine Anzuͤndung des Lebens Gottes: Und alſo
wird der Perlen-zweig gebohren / der ſtehet nun in zitternder
Frewden / aber in groſſer Gefahr / denn der Tod und die Angſt⸗
quaal iſt feine Wurtzel / und iſt damit umbgeben / alsein fchöner
gruͤner Zweig / der aus einem ſtinckenden Miſte außwaͤchſet /
aus der Stanck-quaal / und bekoͤmt eine andere Eſſentz / Geruch /
Weſen und Quaal / als feine Mutter hat / aus welcher er geboh⸗
ven ward / wie denn auch die Quaal in der Natur ſolche Eigen⸗
ſchafft hat dag aus dem Boͤſen / als aus der Angſt das große
Leben erbohren wird,
12. Und wie wir weiter erkennen / daß ſich die Natur im
Schrack in zwey Reiche ſcheidet: x. in das Frewden-reich / und
2. in ein Erſincken des Todes in eine Finfternüß : Alſo auch der
Menſch wenn der Lilien-zweig zum Frewdenreich alſo erbohren
wird / ſo ſcheidet ſich ſeine Natur in zween Willen / der erſte ge⸗
het auff in der Lilien / und waͤchſet in Gottes Reich / der ander
erfindet in den finftern Tod / und ſaͤhnet ſich nach der Erden /
nach feiner Mutter/ der freitet immer wider die Silien / und
die Lilie fleucht vor der Rauigkeit / wie ein Zweig aus der Er⸗
Den waͤchſet / und die Effens vor der Erden feucht / undvon der
Sonnen aufgezogen wird / big esein Halm oder Baum wirds
Alſo zeucht Gottes Sonnedes Menfchen Lilie / alsden Newen
Menfchen/ immer in feiner Krafft von der böfen Eſſentz aus /
und zeucht endlich einen Baum) in Gottes Reich darauß; Als»
denn läft er den alten böfen Baum oder Schale / darunter der
Newe wuchs / hinfallen indie Erde / infeine Mutter / darnach
er fich je fahnet / und aus der Erden wieder in Centrum Naturz,
am Endedes Schridestags/ da alles wieder muß in feinen Ather
gehen ; Alfo gchet auch die Silie in ihren Ather, als inden freyen
Willen / indas Siccht der Mayeſtät ein.
13. Alfo verftchetsweiter/ wenn ih im Schrade der Natur
alfo zwey Reiche fiheiden/ fo ift ver Schrack an ihm felber ein
Blitz und Urfache des Fewers / alsdes Lebens Anzundung > So
ſcheidet fich prima materia, als die Erfte materia , welche die
Herbigfeit machete mit ſeinem Einziehen / darinn die Feindſchafft
entſtund / in zwey Theil; Als eines unter ſich in Tod / das iſt
das effentialifche Leben nit der Weſenheit dieſer Welt / ge J
in
|
Cap. 8. — ef Ehrifti. 159
find Erde und Steine : Und denn das ander Theil fcheider fich
aus den Schrad des Fewers ins Liecht der Freyheit / denn der
Sewersfchrad zündet die Freyheit an / dag fie auch begehrende
wird / die zeucht nu in ihrem Begehren die Frewdenreich in
fich / als das fanffte Wolthun / und machets auch zu Materia;
das ift nun die himmliſche göttliche Weſenheit / Die zeucht das
Fewer wieder in ſich / und fihlingets in feinen Schracke / wel-
ches des Fewers Quaal iſt: Ada verzchret die Quaal die fanffte
Weſenheit / und fuͤhret ſich in die hohe Frewdenreich / daß aus
Angſt Liebe wird / daß aus Fewer ein Liebe-brennen wird / und
gibet aus dem brennen den frewdenreichen Geiſt des ewigen
Lebens / der Gottes Geiſt heiſſet / welcher im erſten Willen /
der Vaͤtter heiſſet / urſtaͤndet / denn er iſt das Begehren der Nas
tur / und iſt im Fewer ein Fewer-Quaal / und in der Angſt des
Todes ein Stachel des Todes / des Grimmes und der Feinde
ſchafft im Wefen der Natur / alsim Centro : Und im Liechte
it er die goͤttliche Frewden-reich / der da in der göttlichen We—
fenheit/ alsinder Weißheit (das find die Farben der Tugend )
die edle Tinctur eroͤffnet / welcheder Glanz der himmliſchen We⸗
fenheit iſt und urfachet in der Weſenheit das Element der
Englifyen Welt / darauf diefe Welt cine Außgebuhrt iſt / aber
im Zorn vom Teuffel entzuͤndet / der eine Urſache iſt / dag ſich der
Grimm der Natur hat erzuͤndet / davon in der Weſenheit ſind
Erde und Steine worden / wie für Augen / welches der maͤch⸗
tigfte Quaal hat im Verbo Fiat in ein Principium gefchieden / wie
im Buch vom Drepfachen Leben auggeführet worden.
14. Alfo verfichetden Fewers⸗blitz für die vierdte Geftalt der
Natur / und die Liebe-gebuhrt der Frewdenreich für die fünffte
Geftalt/ und das Einfchlingen der Wefenheit auf der Sanfft⸗
muth ins Fewers-quaal / da das Fewer auch die Srewdenreich
erreichet / alsden Schall oder Offenbahrung der Farben / Wun⸗
der und Tugend / davon dir fünffSenfus, als Sehen / Hören}
Riechen / Schmeden und Fühlen entſtehen / für die fechfte
Grftalt der Natur/ und die Weſenheit des $icchtes / darin
das göttliche Element begriffen / aus welchem das Grünen oder
Paradiß entfichet für die ftebende Geftalt/ als wieder fürdie
Mutter aller Geftalten/ die allen Seftalten/ Wefen/ Krafft und
Sanfftmuth gibt / dag ein ewig Leben und Wonne des Sehens
ift / denn die Siebende Geftalthält in fich felber inne die Engli»
(he Welt / fo wohl das Paradig oder rechte Himmelreich f
darinn das Weſen der Goftheit offenbahr iſt / und alles/ a er.
echt⸗
160 Ander Theil / von der Menſchw. Cap. o.
Liecht-Welt beſchleuſt / wie wir ſolches an andern Orten außge⸗
fuͤhret haben.
Das 9. Capittel.
Weitere und mehrere Mmbitände diefer dritten Ci-
tation , hoch zu betrachten.
I. Lſo ihr Menſchen⸗-Kinder ſeyd allyie fehende und nicht
blind: Merckets doch / was euch geoffenbah⸗
ret iſt / es geſchicht nicht vergebens / es iſt
was darhinter / ſchlaffet nicht | es iſt zeit:
Sechet doch / was das Weſen aller Weſen iſt. Dies
ſe Welt iſt aus dem Ewigen außgebohren / das Centrum der
Natur iſt von Ewigkeit je geweſen / es iſt aber nicht offenbahr
geweſen: Mit dieſer Welt / und mit des Teuffels Grimm iſts
ins Weſen kommen / verſtehets doch nur / was der Teuffel iſt: Er
iſt ein Geiſt ſeiner Legionen aus dem Centro der Natur / als er
in goͤttliche Weſenheit geſchaffen ward / ſolte aber im Fewer pro⸗
biret werden / und feinelmagination in die Liebe ſetzen / ſo feste er fie
ins Centrum der Grimmigkeit zuruͤcke in die vierdte Geſtalt der
Angſt / und wolte im Fewer über Gottes Sanfftmuth heriſchen /
"als ein Feind der Frewdenreich / und verachtete die Liebe / weil
er ſahe / daß das Fewer Staͤrcke und Macht gab / darumb warder
aus dem Fewer Gottes in die Angſt der Finſternuͤß geſtoſſen ins
Centrum der vier Geftalten : Er hat nicht mehr vom Fewer als
den erſchrecklichen Blitz / das iſt ſein recht geben / aber der Wil⸗
le Gottes / der ſich ſonſten in Engeln und Menſchen nach dem
Leben ſaͤhnet / der dem Leben zu huͤlffe komt mit der Freyheit /
als der Sanfftmuth / hat ihn verlaſſen / alſo mag er das Liecht
in Ewigkeit nicht erreichen / er kan auch Feine Imagination dar⸗
nach ſchoͤpffen / denn Gottes Willen-Geiſt quaͤlet ihn in der
Angſt-Cammer / in den erſten vier Geftalten der Natur / die
fünffte kan ernichterreichen 5 Undober wohlalle Geftalten der
Natur hat / ift cs Doch alles feindlich und widerwerfig/ den
der Heilige Geift hat ihn verlaften/ und iſt nun der Zorn oder
Grimmen-Quaal in ihm. GoOtt / der alles iſt / hat ſeinen Grim
oder das Centrum des Urſtandes in ihme eröffnet / daß ers auch
creatuͤrlich iſt denn es hat fich auch geſaͤhnet zu ofſenbahren /
und als ſich GOtt einmahl zur Schoͤpffung der Engel bewes
get hat / fo iſt alles offenbahr worden! was von ER
en
Eur. 9- Sefu Chrifti. 1618
den Wundern der Weisheit im Centro verborgen geſtanden / bey⸗
des in Liebe und Zorn.
2. Weil wir nun ſolches wiſſen / was wir ſind / und daß es
uns Gott laͤſt wiſſen / ſo moͤgen wir nur zuſehen / und was gu⸗
tes aus uns gebaͤhren / denn wir haben das Centrum der Natur
in uns: Machen wir einen Engel aus uns / fo find wir das /
machen wir einen Zeuffel aus uns / fo find wir das auch / wir
find allhier im Machen / inder Schöpffung/wir ftegen im Acker /
Gottes Wille in der Liebe ſtehet im Centro des Lebens gegen uns x
GLDtt it Menfch worden / und wil unshaben / fo wiluns fein
Zorn ins Reich des Grimmes auch haben/ der Zeuffel wilung
auch in feine Gefellfeharft haben / und Gottes Engel auch in ihre/
we wir nun hinmwerben / da hinein gehen wir: Geßen wir une
fere Imaginarion ins Sicht Gottes / und gehen mit Ernſt hinein /
ſo kommen wir hinein / und werden noch mit Ernſt hinein ge—
zogen; wollen wir denn unſern Willen in dieſer Welt Herꝛlig⸗
keit ſetzen und das Ewige laſſen fahren / ſo haben wir auch zu
hoffen / daß wir mit dieſer Welt Grimm werden muͤſſen ins
erſte Myſterium eingehen: werden wir alsdenn nicht Goͤttliche
Imagination, als Glauben in uns haben / fo wird uns die goͤtt⸗
liche Licbe verlaffen / und uns nicht zu ihrer Thür hinein laffen,
Fürwahr gerfprenget nicht GOtt /wir Eommenin Roth: Brin⸗
geſtu nicht Gottes Geiſt mit / du erlangeſt dehn nimmermehr /
darumb iſt es gut / allhie in die ſem Leben außwachſen: Chri⸗
ſtus iſt unſer Acker worden / wir koͤnnens ohne gar aͤngſtliche
Noth erreichen / es iſt nur umb das zuthun / dag wir den Wil⸗
len zerbrechen / das thut wehe / denn Adam wil nicht / ſo wil der
Zorn und der Teuffel auch nicht.
3. Siehe Menſch / du biſt dein ſelbſt Feind / was du fuͤr
Freund haͤlteſt / das iff dein Feind : Und wiltu ſeelig werden und
GoOtt ſchawen / fo muſtu deines beften Freundes argefter Feind
werden /-als des aͤuſſern Lebens / nicht daß du es zerbrecheſt /
fondern feinen Willen: Du muft thun / was du nicht wilt/
du muft dein —* werden / oder kanſt nicht GOtt ſchaw⸗
en / denn dehn du jetzt für deinen Freund haͤlteſt / ver iſt
aus der Angſt⸗kammer außgegangen / und hat noch das Angſt⸗
Leben in ſich / er hat des Zorn⸗ Qualls und des Teuffels Sucht
in ſich / du muſt einen Willen in GOTT ſchoͤpfſen / aus dei⸗
ner Seelen muſtu einen Willen ſchoͤpffen und mit demſelben in
GOtt aus der Boßheit eingehen / fo wirſtu ins Fewer Gottes
eingefuͤhret werden / verſtehe / der Willen⸗Geiſt / der wird dei⸗
ne
262 Ander Theil / don der Menſchw. Cap. 9.
ne Seele anzüunden/ alsdenn greiff nach dem geben und Beifte
Ehrifti / fo wirftu ihn empfahen / der wird dichnewgebähren /
mit einem newen Willen / der dir bleiben wird / derfelbe ift die
Blume deiner Seelen / darinne das newe Kind ſtehet / in der
Bildnuͤß Gottes / demfelben gibt GOtt Chriſti Fleiſch und
Blut zu geniejfen und nicht dem Adams-Eſel / wie Babel wun⸗
derlich rumpelt/ als folte der Gottlofe Chriſti Leib theilhafftig
werden: O nein/erempfühet dievier Elementa/ und darinnen den
Zorn Gottes / darumb daß er nicht unterſcheidet den $eib des
Herrn / der im Himmel gegenwärtig ift / und von der Seele
genoffen wird / welcheden Himmelerreichet : Nichtalsein Zei⸗
chen / alsdie andere Phantaſey rumpelt/ nicht Beift ohne We—
fen/ fondern das Wefen des Geiftes mitte / mit Gottes Weiß⸗
heit umbſchloſſen / Chriſti Fleiſch / das die Liecht-Welt an allen
Enden erfuͤllet / das das Wort/ das Menſch ward / mitte in
Mariam brachte : Dieſelbe Werenheit / ob ſie gleich in Maria
eröffnet ward inihrem Fleiſch und Blute/ und Menſchliche El-
feng in ſich nahm / war gleichwohl diefelbe Zeit/ weil Chriftus
in Marien Leibe lag/ im Himmel/ im Element / anallen Dre
sen: Sie fuhr nicht über viel Meilen irgend von einem Orte in
Mariam/ nein / fondern das eingefchloffene Centrum , das
Adam hatte im Zorn Gottes in Tod gefchloffen / das ſchloß das
Wort der Gottheitauff / und führete göttliche Wefenheit in
Das jungframliche in Tod gefchloffene Centrum ein : In dem
Seide Mariz gefchach das / im Zieldes Bundes/ nicht adweſen⸗
de / auch nicht cinfahrende/ fondern aufffchliegende/ eingebahrend/
und in diefe Welt aufgebahrend / GOtt und Menfch 7 eine
DPerfon / himmliſche und in Tod eingefchloffene Weſenheit
und Jungfrawſchafft / Eine Wefenheit/Ein Menſch im Himmel
und in dieſer Welt : Und folche müffen wir auch ſeyn / denn
das Wort das Menfch ward / iſt in ver Seelen raͤge worden /
und ſtehet im Lebens⸗ſchall in allen Seelen / und der Zorn zeucht
auch alle Scelen. Nun gebe / wo du hin wilt / du haſt nun das
Centrum der Gottheit in dir im Schalle / und raͤge / und auch
Das Centrum des Grimmes; in welches dir geheſt / und daser-
weckeſt / darinne ſtehet dein Leben. Thue was dir liebet / du bift
frey/ und GOTT läft dich cs wiffen/ er ruffet dir/ Fomftu /
fo wirſtu fein Kind/ geheftu denn in Zorn / fo wirftu auch auff⸗
genommen.
Das
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">
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Eur. 9. JEſu Chriſti. 163
Das 10. Capittel.
Vom Eben-Bilde Gottes des Menſchen / als von
der Gleichheit 7 und des Men:
yen.
1. Nfere Wefenheit oder newen Leib Fönnen wir in
diefer Welt nicht fchamwen / alldieweil wir indem
irrdiſchen Leben ſind / der auffere Menfch kennet
I dehn nicht / alleine der Geiſt / ſo aus dem Newen
NRWeenſchen erbohren wird / und außgehet / der ken⸗
net ſeinen Leib.
2. Wenn wir aber gleichwohl deſſen Erkaͤntnuͤß haben und
wiffen wollen / ob wir in der Newen Gebuhrt find / ſo iſt feine
beffere Probe / als an der Gleichnuͤß Gottes / die wir verftchen /
als das Begehren / Sinn und das Gemuͤthe / diefedrey Dinge
halten inne des Geiftes Centrum, aus welchem der ſtarcke Wil⸗
le aufgebohren wird / in welchem die rechte wahre Gleichnuͤß und
das Bilde Gottes mit Fleifch und Blut ſtehet / welche der aͤuſſe—
re Menfch nicht Eennet / denn daſſelbe Bild ift nicht in diefer
Welt / eshateinander Principium ‚als inder Englifchen Welt!
und ſtehet diefe Zeit diefes Schens im Myfterio , inder Verbor⸗
genheit/ alsdas Gold im Steine / da das Gold eine andere Tin-
ctur hat/ andere Eſſentz / andern Glantz und Schein/und mags die
Grobheit des Steines nicht ergreiffen / das Gold begreifft auch
nicht die Grobheit / und die Grobheit / als das Angſt⸗-Centrum
ift doch eine Urfache des Goldes / deñ fteift Mutter/ und die Son
ne Batter: Alfo ift auch unfer alter Adam eine Urfach des new=
en $eibes / denn er ift die Mutter: Aus der alten Weſenheit
urſtaͤndet der Newe $eib / und Gottes Geift in Chriſto ift Vat—
ter / wiedie Sonne des Golvdes / alfo auch Gottes Hertz des Ne⸗
wen Menfchen.
3. Nu aber kennen wir den Newen Menfchen nicht beffer / /
‚ als im Centro, nemlich im Begehren/ Sinn und Gemüthe/ -
wenn wir uns befinden / daß unſer Begehren gänslich nach und
zu Gottt fichet/ unfere Sinne ftäts in GOttes Willen lauffen /
und das Gemuͤthe fich ganslich in Gehorſam GOttes Willens
eingibt / das die Imagination von GOttes Krafft fanget/ fo
mögen wir gewiß wiſſen / daß der Edle $ilien-Zweigerbohren
iſt daß die Bildnuͤß GOttes im Weſen ift / daß GOtt in der
Gleichheit iſt Menſch worden/ da ift es noht und hoch zu ver—
wahren
164 Ander Theillvon der Menſchw. Cap. ro,
wahren das Edle Bild/ und dem alten Adam mit feinen Lüften
nicht Raum zu laſſen / fondern immer zu toͤdklen Dazder Rewe
Menſch wachfe/ groß / und mit dem Wundern der Weißheit
gezieret werde. v
4. Nun fraget aber die Vernunfft / wie iſt denn die @feichheit ?
Sihe / GOtt iſt ein Geiſt / und das Gemuͤthe mit den Sinnen und
Begierden iſt auch Geiſt: Das Gemuͤth iſt das Rad der Ratur /
Die Vegierde iſt das Centrum, als das erſte Weſen zur Natur /
und die Sinnen find die Elſentien / denn aus den Eſſentien gehen
die Sinnen / fie find und haben ihren Urſtand aus dem Stachel
der Begierligkeit / als aus der Herbigkeit denn fie find die Bit-
terkeit und lauffen immer ins@emüthe als ins Angſt-Rad /
und ſuchen Ruhe / ob fie möchtendie Freyheit Gottes erlangen:
Sie finds, die in dem Angſt-rade als im Gemüthedas Feuer
auffſchlagen / und inder Entzündung im Schracke ſich willig
in Tod cinergeben / und erfinden alſo durchs Feuers Quaal in
die Freyheit / als in GOttes Arın / fie gehen in der Freyheit
aus/ als ein Leben aus dem Todes Sie ſind die Wurtzel des
Newen Geſchmacks / welche in GOttes Weißheit und Wunder
eindringen / ſie bringen die Vegierde aus der Angſt des Todes /
fie erfuͤllen ihre Mutter / das Genmuͤthe / und geben ihr Krafft
von Gottes Fſſentz.
5. Alſo iſt das Gemuͤthe das Rad oder die rechte Cammer des
Lebens / als der Seelen eigen Haus] welches fie ein Theil ſelbſt
iſt fo die Weſenheit (verſtehe ver Tindtur Weſenheit) dazu
gerechnet iſt als das Feuer-Leben / denn aus dem Feuer-leben
entſtehet das Gemuͤthe / und das Feuer-leben wohnet im Ge⸗
muͤthe / aber das Gemuͤthe iſt edler als das Feuer / denn es iſt
Die Bewegligkeit des Feuer-lebens / es machet den Verſtand /
die Sinnen find des Gemuͤthes Knechte / und ſind die ſubtile—
flen Boten / ſie gehen in GOtt / und wieder aus GOtt In Noth /
als in Falſchheit / das bringen ſie dem Gemuͤthe heim / ſo muß
das edle Gemuͤthe offte uͤber der Boßheit her ſeyn / und Die era
ſticken in ihrer Angſt / wenn die Sinnen haben falſche Imagina-
tion in die Begierde eingelaſſen oder eingeladen.
6. Alſo verſtehets endlich indem Weeg / GOttiſt ſelber al⸗
les / und in allem / aber er gehet aus dem Grimmaus/ und
findet Die Liecht-und Krafft-welt in fich felber / er machet Nie ſel⸗
ber / daß alfo ver Grimm mitallen Geftalten nur eine Urſache
des Lebens (und fich felber in groffen Wundern finden ) ſey:
Er iſt der Grund und Ungrund / die Frepheit / und Dr die
atusy
Cap. 1o! Se Ehrifti. 165
Natur / in Liecht und Finſternuͤß / und der Menſch ifts auch
alles / ſo er ſich nur alſo ſelber ſuchet und findet als GOtt.
7. Unſer gantzes Schreiben und Lehren langet nur dahin /
wie wir uns muͤſſen ſelber ſuchen / machen und endlich finden /
wie wir müffen gebähren / dag wir cin Geift mit GOtt ſind /
das Gott in uns ſey / und wirin GOtt / das GOttes Liebe—
Geiſt in uns ſey das Wollen und auch das Thun / und daß wir
der Angſt-Quaal entrinnen / daß wir uns indie wahre Gleich—
nuͤß in drey Welten einführen/ da eine jede in ihrer Ordnung
ſtehet / und dag die Liecht-Welt in uns der Herrſey / als die
das Regiment fuͤhre / dag alſo die Angſt-Welt in der Sicht-
Welt verborgen bleibe/ als in GOtt auch / und nur alfo eine
Urfache des Lebens und des Geiſtes Wunder fey: Sonſt wo
wir die Kecht-Welt nicht erreichen / fo ift die Angſt-Welt in
uns das Ober-Regiment / fo leben wir ewig in feindlicher
Quaal. Diefer Streit währet fo lange das irrdifche Leben waͤh⸗
ret / alsdenngehet esins Ewige Ather, in Liecht oder Finfter=
nuͤß ein/ davon iſt fein erretten mehr / umd dafür warnet ung
Gottes Geift/ und lehrer uns den rechten Weeg Amen.
Beſchluß /
8 Alſo / GOtt liebender Leſer / wiſſe / daß ein Menſch das
wahre Gleichnuͤß GOttes iſt / welches GOtt hoch liebet und
ſich in dieſer Gleichnuͤß offenbahret als in feinem eigenem
Weſen. GO iſt im Menſchen das Mittelfte/ aber er wohnet
nur in fich felber/ es ſey denn dag des Menſchen Geift ein
Geift mit ihm werde/ fooffenbahret er fich inder Menſchheit 7
als im Gemüthe/ Sinnen und Begehren / day ihn das Ge⸗
muͤthe fuͤhlet fonft ift er uns in diefer Welt viel zu ſubtil zu⸗
ſchawen / allein die Sinnen ſchawen ihn im Geiſte / verfiche
im Willen⸗Geiſte / denn der Wille ſchicket die Sinnen in
GOtt / und Bott ergibt ſich den Sinnen ein / und wird ein
Weſen mit den Sinnen / alsdenn bringen die Sinnen die Krafft
Gottes dem Willen/ und der Wille nimmt ſie mit Frewden
an / aber mit zittern / denn er erkennet ſich unwuͤrdig / die»
weil er ans einer rauen Herberge herkomt / als aus dem
wancelhafftigen Gemuͤthe darumb winner erdie Krafft in
Niederſincken vor GOTT an. Alfo wird aus feinem Triumpf
eine fanffte Demuth / das iſt GOttes wahres Weſen / und daf>
gelbe geraffete Weſen iſt im Willen ver himmliſche Leib / und
heiſſet der wahre und rechte Glaube / dehn der Wille in Got⸗
tes
166 Ander Theil / vonder Menfcht. Cap.ro.
tes Krafft genommen hat/ der ſencket fich ins Gemüt / und
wohnetim Feuer der Seelen.
9. Alfo iſt das Bild GOttes gang / und fichet oder findet fich
GOTT in einem folhen Gleichnuͤß: Und follen gar nicht von
GHTTvenden/ daßer ein frembdes Weſen ſey; Den Goft-
loſen ift er ein frembdes Weſen / denn der Gottloſe ergreift ihr
nicht / GHttiftwohlin ihme / aber nach feinem Liebeslicht nicht
offenbahr indes Gottlofen Willen und Gemüth / es iſt nur fein
Grimm in ihm offenbahr / das Licht mag er nicht erreichen / es
iſt in ihme / aber es iſt ihme nichts nuͤtze / feine Eſſentz fühet das
nicht / er ſchewet ſich dafür / es iſt nur feine Marter und Quaal /
er feindet das nur a / wie der Teuffel die Sonne anfeindet /
und auch das Sicht Gottes: Er wäre beffer zufrieden / went
er in der Finfternüg ewig feyn koͤnte undmwüftedag GOTT
ferne von ihme waͤre / fo cmpfünde er keine Schande und Spott
in fich ; So er.aber weiß / daß ihm GOTT alfo naheift/ und
er kan ihn doc) nicht ergreiffen / fo ift das feine groffe Plage /
dag er fich felber feindet und machetihme einen ewigen Wider⸗
willen / Angft und Verzweiflung / dag er weiß / daß er Gottes
Hulde und Antlig nicht ergreiffen mag / feine eigene Falſchheit
plaget ihn / er kan aber keinen Troft ſchoͤpffen / dag er möchte zu
Genaden kommen / denn er beruͤhret GOTT nicht / fondernnur
Das Centrum in der Angft/ im Grimme) er bleibet im Tode /
und in der ſterbenden Quaal/ er mag nichtdurchbrechen/ denn
es komt ihm nichts zu huͤlffe daran er ſich koͤnte halten / daß
er koͤnte in GOttes Reich gründen / wan er gleich tauſend Jahr
in den Abgrund in die Tieffe fuͤhre / ſo iſt er doch in der Finſter⸗
nügauffer GOtt / und Gott iſt doch in ihme / und huͤlfft ihme
nichts / er kennet ihn auch nicht / allein er weiß ihn / er fuͤhlet
nur ſeinen Grimm.
Das verſtehet alſo:
10. Wie ein Feuer in einem Steine iſt / und der Stein ken⸗
net das nicht / Er fuͤhlet es nicht / allein die grimmige Urſache
zum Feuer / das den Stein in einem Coͤrper gefangen haͤlt / fuͤhlet
er; Alſo fuͤhlet auch der Teuffel die Urſache des Liechtes / dieſel⸗
be Urſache iſt das grimme Centrum, und haͤlt ihn gefangen /
und dehme iſt er gramm / hat auch ſonſt nichts / das beſſer waͤre /
Alſo iſt er nichts / als eine gifftige grimmige Boßheit / eine
ſterbende Quaal / iſt doch kein Sterben / ſondern eine ver⸗
ſchmachte Gifft / ein Hunger und Durſt / aber keine ar :
lles
Gap, ıo. Sen Ehrifti. 167
Alles was böfe/ meidig/ herb und bitter iſt / was von der Des
muth außfleucht / wie er gethan hat / das iſt feine Staͤrcke/
und feine feindige Begierde: Was GHOLE anfeindet und vor
Gott fleucht / oder fluchet / das iſt ihme dienſtlich: Was die
Waͤhrheit in Luͤgen kehret / das iſt ſein Wille / darauffer reuͤ⸗
thet / und darinne er gerne wohnet: Alſo iſt auch der gottloſe
Menſch / wenn er GHftverleuret/ fo ift er in der Angſt⸗
Quaal / und hat des Teuffels Willen; Aber das wiffer.
ar. GOtt hat in der menſchlichen Seele des Todes Herbiga
keit zerbrochen / und iſt ins Zieleingegangen/ da der Tod zer⸗
fprenget wird / er hat das Ziel im Centro der Seelen zerfpren=
get / und fein Liecht gegen des Menſchen Sebens Liecht geſetzet /
es wird ihm das Liecht gegoͤnnet / alſo lange er in der Sonnen
Krafft lebet / wil er umbkehren und in Gottes Liecht eingehen/
er wird angenommen / es iſt keine Wahl uͤber ihn geſchloßen /
aber wenn er das Sonnen⸗leben verleuret / und hat auch nichts
von Gottes Leben / ſo iſt es aus mit ihme / ſo iſt und bleibet er
ei: Teuffel; Aber GOtt kennet die ſeinen / er weiß / welche ſich
werden zu ihm wenden / über dieſelben gehet die Wahl davon
die Schrift faget / und über diefelben / die nicht wollen / gehet
die Verſtockung oder Entziehung des Liechtes: Hat doch der
Menſch beyde Centra in ſich: So er denn alſo nur wil ein Teu—⸗
fel ſeyn / ſoll denn GOtt die Perlen auff den Weeg des Teuffels
werffen / ſoll er ſeinen Geiſt in den gottloſen Willen gieſſen?
Fa aus des Menſchen Willen muß SOttes Geiſt gebohren
werden / er muß ſelber GOtt werden im Willen⸗Geiſte / oder er
erlanget nicht goͤttliche Weſenheit / als die Weißheit.
12. Darumb beſinnet euch lieben Kinder / und gehet zur
rechten Thür ein: Es heiſſet nicht allein vergeben / ſondern
gebohren werden / als denn iſt es vergeben / das iſt / die Suͤn⸗
de iſt alsdenn eine Huͤlſe der Newe Menſche waͤchſet herauf /
und wirfft die Huͤlſe weg / das heiſſet GOttes Vergebung.
GoOtt vergibt das böfe vom Rewen Menſchen weg / er gibts vor
ihme weg: Nicht wirds aus dem Coͤrper weggefuͤhret / ſondern
die Sünde wird ins Centrum gegeben / als zum Feuer-Holtze /
amd muß alfo eine Urfache des Seuers-Principii feyn/ Daraus
das Sicht ſcheinet: Es muß dem heiligen Menſchen zum beften
dienen / wie S. Paulus fagef: Denendie GOtt lieben / müffen
alle Ding zum beftendienen/ auch die Sünde.
23. Was fagen wir dans Sollen wir fündigen/ auff dag
unfer Heyl erbohren werde? Das fen ferne: Wie folte ich u
158 Ander Theilloon der Menſchw. Cap. ro.
das wieder wollen eingehen / dene ich abgeftorben bin ? Solt ich
aus dem Liechte wieder indie Finfternüg gehen ?
24. Aber alſo muß es ſeyn / daß die Heiligen GOttes nichts
verliehren / ſo muß es ihnen alles dienen: Was den Suͤndern
N Stachel zum Tode ift/ das iſt den Heiligen eine Macht zum
Schen.
15. So fpricht die auffere Vernunfft: So muß ich ja ſuͤndi⸗
gen/ daß mein Heyl grogmerde: Wir wiffen aber / weraus
dem Sicchte außgehet / ver gehet in die Finfternüg / der ſehe eben
zu / daß er nicht in der Finſternuͤß bleibe / denn er ſuͤndiget vor⸗
ſetzlich wider den Heiligen Geiſt. Irret euch nicht / GOtt laͤſſet
ſich nicht ſpotten. Aus feiner Lebe find wir nach unſerm Fall
wieder gerecht worden / durch fine Eingehung in unſer Fleiſch;
Wer aber vorſetzlich in die Suͤnde eingehet / der verachtet und
ſchmaͤhet die Menſchwerdung Chriſti / und nimmet ein ſchwe⸗
res in ſich / er mag wohl zuſehen / er wird ſchwerer wieder koͤnnen
aus der vorſetzlichen Sünde außgehen / als einer / deme der
Weeg GDttes noch nicht iſt offenbahret worden.
16. Darumb ift es gut melden/ und vor dem Ubelfliehen /
feine Augen vom Falſchen abwenden/ dag die Sinnen nicht in
das Falſche eingehen / und bringen folches hernach dem Hertzen /
Davon die Luſt entſtehet Das die Begierde imaginiret / und
führet es ins Gemühte/ davon die edle Bildnuͤß zerſtoͤret / und
vor GOtt ein Grewel wird.
17. Wollen wir den GOttliebenden Leſer und Hörer trewlich
aus unſerer Gabe und tieffen Erkaͤntnuͤß gewarnet haben / und
haben euch den Weeg der Wahrheit und des Liechtes gantz ernſt⸗
Lich und trewlich dargeſtellet und vermahnen euch alle Chriſt⸗
lich / deme nachzufinnen/ und fleiſſig zu leſen / es hat feine
Frucht in ſich Halleluja, Amen,
Der
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Andeutung der Titul⸗Figur des Dritten Theils
der Menſchwerdung Chriftil der Baum
des Glaubens.
br ife die Wurtzel des Sehens aller Creaturen / und fo
V das Seuer verlohren iſt / fo ſuchet man in Stahl/ Stein}
undZunder/ die dochalle auf dem Feuer gebohren find. Alſo
auch das Sehen / wenn es zerruͤttet und ftreitig ift/ da theilen
fich auch die Kräfte und schen in Schiedligfeit/ dag ein jedes ein
fonderliches Ambt treiber.
Hätten wir uns in Kindlicher Einfalt und Gchorfam am
Wort gehalten und an der Beſchauligkeit Göttliher Weiß⸗
heit im Paradeiß; Somwäre Glaube und Hoffnung verbor⸗
gen blieben / und Bie Liebe alkin offenbahr geweſen: Nun
iſt es umbgekehrt / weil wir zur Sternen=Region außgekehrt
ſind / die uns die holdſehlige Licht-flammen der Liebe verdeckt
und ertaͤubt / und muͤſſen Glauben und Hoffen was wir nicht
ſehen noch empfinden / biß die Liebe GOTTes unſere erſtor⸗
bene Liebe wieder anzuͤndet / und aufs neue in ſich zum Leben
erbiehret.
Darumb gehet der Glaube / als eine verborgene Flamme
ausder geftirnten Vernunfft durch den Todt Chriſti über ſich /
zu wuͤrcken die Früchte der Liebe und des Geiſtes; und wur⸗—
gelt in Demuht unter fih in der Hoffnung. Die Hoffnung.
aber faffet nicht das Irrdiſche ſondern erhebt ihre Slügel mit dem
Glauben zu GHtt über fich.
Alfo treibt des neue Gewächs aus GOTT durch Hoͤlle und
Natur) durch Boßheit und Bernunfft/ biä es in ſeinen rech⸗
ten Ader des himmilifchen Leibes verpflangt wird /- alfdanız
tritt Glaube und Hoffnung ins Myfteriumdes neuen in GOtt
erbohrnen Geiftes/ der in der Liebe offenbahr und mit GOtt
geeinigtift / und heiffet nicht mehr Glaube) fondern Beſchau⸗
higfeit ; nicht mehr Hoffnung) fondern Habhafftigkeit und
Genieſſung des Lebens im Frieden und Freuden des Heilie
gen Geiftes / wichier gelehret wird.
Cap. 2. v. x. c. 3. v. 5. c. 6. v. 6. 8. c. 7. 2.5.6.7.0.8067%
Sm vorgehenden zweyten Theil. Cap. 6. v. zo, 4
Und folgends im
Dreyfachen Leben Cap. v. 31.3
171
Der Dritte Theil
Der Menſchwerdung Chriſti:
iſt
Der Baum des Chriſt⸗
lichen Glaubens/
Ein rechter Unterricht / Wie der Menſch koͤnne ein
Geiſt mit Gott ſeyn / und was er thun müffe/ daß
er Gottes Werck wuͤrcke.
Darinnen die gantze Chriſtliche Lehre und Glaube kuͤrtzlich
gefaſſet wird.
tem
Was G u und Lehren fen:
Eine offene Pforte der groffen Heimligkeit Gottes / aus
der Görftlichen Magia, durch) die drey Principia
Göftliches Wefens.
Das ErfteCapittel.
Was Glaube fey/ und wieerein Geist mit Gott ſey.
(CH RISTUS ſpricht:)
I.
Uchet am erſten das Neiche
GOttes / und feine Gerechtig⸗
keit fo wird euch das ander
alles zufallen. Item / Mein
DBatter wilden heiligen Geiſt
geben / die ihn darumb bitten /
und wenn derfelbe komt / der
% wird cuch inalle Wahrheit lei-
ten j der wird euch erinneren
Mo alles deſſen / fo ich euch gefage
7 babe / Denn von Dem meinen
wird ers nehmen / umd euch ver=
. — kuͤndigen. Item / Ich wil euch
Mund und Weißheit geben / wasihereden fellet. Und S.Pau-
lus ſpricht: Wir wiffen nicht / was wir bitten und reden ſollen /
fondern der Geiſt Gottes vertrist uns mächtig / nach deme /
wie es GOtt gefaͤllig. H 2. So
172 Dritter Theil von der Menfchiw. Cap. r.
2. So iſt nun der Glaube nicht eine Hiftorifche Wiffenfchafft/
daß ihm ein Menfch Articul mache / umd daran allein ange /
und zwinge fein Gemuͤth indie Wercke feiner Bernunfft/ fon
dern eriftein Geiſt mit GOtt / denn der heilige Geift führer in
dem Glaubens: Beifte. 4
3. Der wahre Blaubeifteine Macht Gottes /ein Geift mit
Gott: Er würdet in GOtt Und mit Gott / er iſt frey und an
feinen Articul gebunden / als nur an die rechte Liebe / darinnen
holet er feines Lebens Krafft und Staͤrcke / und liget nichts am
menſchlichen Waͤhnen.
4. Denn gleich wie Gott frey iſt von aller Anneigligkeit /
dag er thut was er wil/ und darff darumb Feine Nechenfchaffe
geben: Alfo ift auch der rechte wahre Glaube im Geifte Gottes
frey / er hat nicht mehr als eine Neigligkeit / als in die Liebe und
Barmhertzigkeit Gottes / alſo daß er ſeinen Willen in Gottes
Willen wirfft / und gehet auß der ſyderiſchen und elementiſchen
Bernunfft aus / er ſuchet ſich nicht in der Vernunfft des Flei—⸗
ſches / ſondern in GOttes Liebe / und ſo er ſich alſo findet / ſo fin⸗
det er ih in GOtt / und wuͤrcket mit GOtt / nicht nach der
Vernunfft / was die wil / ſondern in GOtt / was GOttes Geiſt
wil / denn er ſchaͤtzet das irrdiſche Leben nichts / auff daß er in Gott
lebe / und GOttes Geiſt in ihme ſey das Wollen und das Thun:
Er ergibet ſich in der Demuthin den Willen GOttes / und er⸗
ſincket durch die Vernunfft in den Tod / gruͤnet aber mit GOttes
Geiſt im Leben Gottes / er iſt als waͤre er Nichts / und iſt doch in
GOtt alles / er iſt eine Zierde und Crone der Gottheit / ein
Wunder in der Goͤttlichen Mazia: Er machet da Nichts iſt / und
nimt da Nichts gemacht iſt: Er wuͤrcket / und Niemand ſiehet fein
Weſen: Er erhoͤhet ſich / und darff doch keines Auffſteigens: Er
iſt großmaͤchtig / und iſt doch die allerniedrigſte Demuth. Er hat
alles / und faſſet doch nichts mehr als die Sanfftmuth. Alſo iſt er
vonaller Boßheit frey / und hat kein Geſetze / denn der Grimm
ver Natur ruͤget ihn nicht: Er beftchetin Ewigkeit / denn er ift
in keinen Grund gefaffet: Eriftin Nichts eingefperret/ gleich
wieder Ungrund der Ewigkeit freyift / und in Nichts ruhet / als
nur in fichfelber / Da eine ewige Sanfftmuth iſt.
5. Alfo auch der rechte wahre Glaube in dem Ungrunde: Er
iſt in ſich felber das Weſen / er lebet / ſuchet aber nicht fein Leben /
ſondern er ſuchet das Leben der ewigen ſtillen Ruhe: Er gehet aus
feines Lebens Geiſt aus / und beſitzet ſich ſelber / alſo iſt er frey
von der Quaal / gleich wie GOtt von der Quaal frey iſt / und woh⸗
net alſo inder ewigen Freyheit in GOtt: Er iſt mit der —*
rey⸗
Ve U a a en nn a Du
Eap.z- JEſu Chriſti. 173
Freyheit GOttes als ein Nichts / und iſt doch in allem: Es feine
met ihm alles zu ſtatten was GOtt und die Ewigkeit vermag
und iſt: Er wird von nichts ergriffen / und iſt doch eine ſchoͤne
Inwohnung in der groſſen Macht Gottes: Er iſt ein Weſen /
und wird doch von keinem Weſen ergriffen: Er iſt eine Geſpielin
und Freundin ver Goͤttlichen Jungfrauen / der Weisheit Got⸗
tes / in ihme ſtehen die groffen QABunder GOttes / und iſt doch frey
von allem / gle eich wie das Liecht vom Feuer frey iſt / und da es doch
vom Feuer immer gebohren wird / und des Feuers Quaal kan es
doch nicht ergreiffen oder ruͤgen.
6. Alſo ingleichem geben wir euch zuverſtehen / wird der
Glaube aus dem Lebens-Geiſte / als aus einem immerbrennenden
Feuer erbohren / und ſcheinet in demſelben Feuer / er erfuͤllet des
Lebens Feuer / und wird doch nimmer ergriffen: So er aber er⸗
griffen wird / ſo iſt er ſelber in die Vernunfft / als in eine Ge⸗
faͤngnuͤß eingegangen / und iſt nichtmehr in Gott / in feiner Frey⸗
heit / ſondern er iſt in die Quaal eingegangen / er plaget ſich ſelber /
und da er doch mag wohl frey ſeyn: Inder Vernunfft wuͤrcket er
die Wunder im Feuer ver Natur / und in der Freyheit wuͤrcket er
die Wunder GOttes in der Liebe.
Das 2. Capittel.
Von dem Urſpruug des Glaubens / und warumb Glau⸗
be und Zweiffel bey ſammen wohnen.
2. O denn nun ver Glaube alfo ein Geift mit Gott
iſt / fo iſt uns fein Urſtand zu betrachten / denn
wir koͤnnen nicht ſagen / daß er eine Figur oder
Bilde der Vernunfft ſey / ſondern er iſt Gottes
Bilde / Gottes Gleichnuͤß / eine ewige Figur / und
mag ſich doch in der Zeit des Leibes zerbrechen / oder in die Angſt⸗
Quaal verwandeln / denn er iſt in ſeinem eignen Weſen im Ur⸗
ſtande blog ein Wille / und derſelbe Wille iſt ein Saame / dieſen
muß der Feuer⸗Geiſt als die Seele in die Freyheit Gottes ſaͤen /
ſo waͤchſet ein Baum aus demſelben Saamen davon die Seele
iſſet / und ihr Feuer-Leben ſaͤnfftiget / daß fie kraͤfftig wird / und
der Wurtzel des Baumes ihre Krafft gibet / davon der Baum im
Geiſte GOttes waͤchſet / biß in die Wunder der ——
tes / und gruͤnet im Paradis Gottes.
2. Und wiewohl es iſt / daß wir mit dieſer Beſchreibung moͤch⸗
gen ſtumm ſeyn und unverſtanden / denn die Vernunfft wil alles
greiffen und ſehen: So wollen wir das gantz klar an das First
H 2⸗ ſtellen
174 Dritter Theil / von der Menſchw. Cap. 2,
ſtellen / warumb Glauben und Zweiffel beyeinander ſeynd / und
gleichſam mit einer Ketten verbunden / daß alſo ein haͤfftiger
Streit im Menſchen iſt / alle die Zeit / weil er in dieſer Hütten
des irrdiſchen Lebens ein Gaſt iſt / es ſey dan / daß er alſo treflich
ſehr in ſich er ſincke / dag er des Lebens Feuer koͤnne in die Freyheit
Gottes einführen / fo iſt er in dem Vernunfft⸗Leben als todt:
Und ob ergleich lebet / folebet er Gott / weldes wohlein hoch»
thewer $eben von einem Menfchen iſt / und wird felten bey einem
gefunden / denn es gleichet der erften Bildnuͤß / die GOtt ſchuff /
wiewohl ihm doch das Tödliche anhanget / fo ift es doc, als todt /
als ob ihm ein todes Bildnuͤß anhienge / welches indie Zerbre⸗
chung gehoͤret / da der rechte Menfche nicht inne lebet / denn das
vechte Sehen ſtehet umbgewandt / und iftineiner andern Welt /
in einem andern Principio , und febet in anderer Quaal.
3.So verftehet ung nun indem Weege: Ihr fehet und erkeñet des
menſchlichenLebens Urſtand / wie das in Mutterleibe entfichet/und
ſehet alsdenn/worinnen es qualificiret und ſich beweget / als nehm⸗
lich in vier Geſtalten / in Feuer / Lufft / Waſſer und Fleiſch / und
obs nun gleich alſo darinnen ſtehet / ſo iſt es doch in dieſem nicht
nehr als ein thieriſch Leben / denn ſeine Bernunfft koͤmmet ihme
von dem Geſtirne / und befindet ſich / daß die Sonne und das Ge⸗
ſtirne eine Tinctur in den vier Elementen machet / davon die Ver⸗
nunfft und Qualificirung komt / wie auch die Luſt und Unluſt. Es
iſt aber noch lange nicht das rechte menſchliche Leben / denn dieſe
Bernunfft ſuchet nichts hoͤhers / als nur ſich ſelber in ihren Wun⸗
dern. Es iſt aber dennoch im Menſchen eine Begierde und ein
groſſes Saͤhnen nach einem hoͤhern / beſſern und ewigen Leben /
da keine ſolche Quaal innen iſt: Und ob die Vernunft dieſelbe
Begierde nicht faſſet noch ſihet / ſo liget doch ein Myſterium in der
Vernunfft / daß das ſchmaͤcket und erkennet / davon die Sucht
entſtehet / daran wir erkennen / daß daſſelbe Myſterium ſey in der
erſten Schoͤpffung mitte eingepflantzet worden / und ſey des Men⸗
ſchen Eigenthumb: Und befinden alſo / daß es in einem Begehren
oder Saͤhnen ſtehe / als nehmlich in einer magiſchen Sucht. Fer⸗
ner befinden wir / daß wir mit demſelben Myſterio in einer fremb⸗
den Herberge zu Hauſe ſind / und daß daſſelbe Myſterium nicht
im Geiſte dieſer Welt ſtehet / denn er begreifft das nicht / auch
findet er das nicht / daran wir denn erkennen den ſchweren Fall
Adams / denn wir befinden daſſelbe Myfterium tm Willen des
Gemuͤthes / und daß es ein verborgener Quellbrunn ſey / der in ei⸗
nem andern Principio ſich eroͤffne: Auch verſtehen wir / daß daſ⸗
felbe Myſterium im Feuer in der Angſt⸗Qugal verborgen ſtehe /
und
Gap. 2. JeEſu Chriſti. 175
und ſich durch die Angft des Willens eroͤffne: Und denn zum drit
ten befinden wir / wie daſſelbe Mylterium vom Geiſte dieſer Wel
gefangen gehalten werde / und wie die aͤuſſere Lebens⸗Vernunfft
eine Macht habe / da hinein zugehen / das zu verderben / daß daſ⸗
ſelbe Myſterium nicht zum Liechte komme / in deme ſie das verdec⸗
ket / daͤß die Gebaͤhrerin nicht mag gebaͤhren / und bleibet alſo im
Ayſterio verborgen: Und fo alsdenn der Leib zerbricht / fo hatder
Wille feinen mehr/ der das Myfterium eröffne/ damit bleibet alfo
der Feuers oder Seelen⸗Geiſt in der Finſternuͤß / und ſtehet das
Myfterium ewig in ihm verborgen / gleich als wie in einem andern
Principio.
4. Alſo erkennen wir das Myfterium für GOttes Reich / wel
ches in der Seelen verborgen fichet / welchesder Seelen eine Luſt
und Begierde gibt / daß ſie in daſſelbe Myſtexium imoginiret / da
ſte dan magiſch in demſelben Myſterio geſchwaͤngert wird/ daraus
ihr der Wille entftehet / aus dem Feuer⸗Leben außzugehen in das
Myferium GOttes: Und fo cs nun iſt / dag fie den Willen erhe⸗
bet / und von ich in Das Mylterium wirfft / f o wird der Wille im
Myfterio geſchwaͤngert / denn er iſt ſaͤhnende / und krieget des My-
ſterii Leib / als das Weſen des Myſterii, welches iſt GOttes We—
ſen / das der Natur unbegreiffiich iſt / alſo zeucht der Wille Got⸗
tes Sleihnüg oder Bild an ſich.
5. So denn nun der Wille aus dem Seelen⸗Feuer erbohren
wird / ſo ſtehet er ja auch mit ſeiner Wurtzel in der Scelen / und
iſt zwiſchen dem Willen und der Seelen keine Trennung / fon>
dern der Wille wird alſo in GOtt ein Geiſt / und wird der See—
len Kleid / daß alſo die Seele im Willen in Gott verborgen wird /
das ob fie gleich im Leibe wohnet / noch dennoch iſt ſie mit ihrem
Willen umbfangen / und in GOtt verborgen; Und iſt alſo im
Willen (welcher der rechte ernſte Glaube iſt) ein Kind Gottes /
und wohnet in einer andern Welt.
6. Dieſes iſt nun nicht alſo zu Lerſtehen / gleich einem hiſtori⸗
ſchen Willen / da die Vernuufft weiß / daß eine Begierde nach
GH in ihr iſt / und haͤlt aber diefelbe Begierde in der Boßheit
gefangen / daß der Wille nicht fan aus der Seelen außgehen /
und in das Leben oder Myſterium GOttes eingehen / ſondern ma⸗
chet Meynungen / und ſetzet den Willen in den Wahn / da er dan
das Myſterium GOttes nicht erreichen mag / und bleibet alſo in
dem Wahn / oder ja gar in der Seelen verborgen / in dem er ge⸗
richtet wird auff ein kuͤnfftiges / da die Vernunfft den Willen in
des Fleiſches Sucht / in der — Magia, gefangen haͤlt /
83 und
376 Dritter Theil / von der Menſchw. ap. 7.
und immer ſaget / Morgen folftu aufgehen / und das Nyſterium
Gottes ſuchen; Wahrlich es iſt kein eigen Vermoͤgen des Findens /
dieſe Meynung betreuget ſich: So iſt auch in keinem Wahn die
Freyheit / da der Wille mag eingehen / und GOtt ſchawen / daß
zhr die Vernunfft darff einbilden / etwas zu machen oder zuthun /
und alſo damit GOtt gefaͤllig zu ſeyn.
7. Denn es iſt kein anderer Weeg / der da richtiger ſey / als nur
mit dem Willen aus der Vernunfft außzugehen / und nicht ſich
wollen ſuchen / ſondern nur in GOttes Liebe / und in GOttes
Willen ſich gantz einwerffen / und alles was die Vernunfft in den
Weeg wirfft / ligen laſſen. Und ob es groſſe Sünde und began⸗
gene Laſter wären / in welche der Leib wäre eingegangen / ſo ſoll
man mr darüber hingehen mit dem Willen / und GOttes Liebe
gröffer ſchaͤtzen als den Unflat der Suͤnden: Denn GHttift
nicht ein Annehmer der Sünden) fondern ein Annchmer des Ge⸗
hor ſambs und freyen Willens »Er laffet die Sünde nicht in fich /
aber einen demütigen Willen/ der aus dem Sünden: Haufe auf»
gehet und der Sünden nicht mehr wil/ fondern erſencket fich
auffer der Vernunfft in feine Siche/als ein gehorfames demuͤtiges
Kind / daffelbe nimt er an / denn es iſt rein; Wenn es aber nech
im Wahn ſtecket / fo iſt es auch mit dem Wahn umbfangen / und
iſt nicht frey: So denn nun GOtt von der Boßheit in ſich frey
iſt / ſo muß auch der Wille frey ſeyn / denn alſo iſt er auch Gottes
Gleichnüß / Bild und Eigenthumb / deñ was zu ihm in feine Frey⸗
heit kommet / wil er nicht hinaußſtoſſen / wie ung Chriſtus lehret.
Das 3. Capittel.
Von des Glaubens Eigenſchafft / wie er auß dem
Willen der Natur-ſucht in den freyen Willen
GoOttes außgehe.
3. O verſtehet ung nun ferner in dieſem Weege: Wir
wiffen und haben es auch in heiliger Schrift / ſo
wohl ihm Liechte der Natur und an allem Weſen
genug erkaͤnntlich / daß von dem ewigen Weſen
alles herkommet / Gutes und Boͤſes / Liebe und
Zorn / Leben und Tod / Frewde und Leyd. So koͤnnen wir nun
nicht ſagen / daß darumb das boͤſe / der Tod/von GOtt komme / denn
in GHtt ift kein Boͤſes / auch fein Tod / und gehet in Ewigkeit
Fein Boͤſes hinein / alleine der Grimm ruͤhret her aus dem Feuer
ber Natur / da das Leben als in einer Magia ſtehet / da je eine Ge»
ſtalt det Sucht die auder begehret und erwecket / davon die Effen-
tien
Cap. 3. Jeſu Eprifti. | ‘177
tien der Bielheitentftchen/damus die Wunder erbohren werden /
in welchen ſich die Ewigkeit in Gleichnuͤſſen offenbapret / und da
wir doc fagen mürfen / dag in GOttes Willen ein Vegehren ſep/
der da urfachetdie Magiam , Daraus die Vielheit entſtehet / und
ift die Bielheit Doch nicht GOttes Wille felber / welcher frey iſt
ron allem Weſen / ſondern in der Suchtdes Willens erbiehret
fich die Natur mit allen Geflalten / dadenn alles aus dem Be-
gehren / als aus der ewigen Magia, urſtaͤndet.
2. Und es iſt uns ferner zu erkennen / daß alles das jenige / das
da Leben bekomt (welches in die Sucht imaginiret / und feinen
Willen in die Natur ſetzet) der Natur Kind iſt / und eines Le⸗
bens mit der Natur; Bas aber mit ſeinem Willen aus der Sucht
der Natur außgehet in den freyen Willen GOttes / das wird vom
freyen Willen angenommen und erkannt / und iſt ein Geiſt in
GOtt: Und ob es gleich der Natur iſt / gleich wie auch Die Natur
in GOttes Willen ſich hat erbohren / ſo iſt doch fein Geifteleben
auſſer der Natur im freyen Willen / und alſo ſtehen die Wunder
der Natur in GOtt offenbahr / und find doch nicht GOtt felber;
und fo der Seelen Willen-Geift (die Bildnüg) ausder Ber:
nunpt der Natur außgehet in den freyen QBillen GOttes / wir
der Willen⸗Geiſt GOttes Kind / und der Natur Gift GOties
Wunder / und ſtehet die Ereatur in jich felber cingewandt / wie
GDtt felber: Denn der Hderiſche oder Vernunfft-Geiſt fischer
in feiner Magia in feinem Centro der Bernunfft Die Wunder der
Ewigkeit / zu welchem Ende GOtt die Seele in den Leib der äuf:
fern Natur hat geſchaffen / ob fie wohl im innern alleine ergriffen
iſt / und der Willen-Geift gehet indie Freyheit Gottes / da ihn
denn der heilige Geift im freyen Göttlichen Myfterio führet / das
alfo die Gottheit im Willen-Beifte offenbahr ſtehet und im
Vernunfft-Geiſte ſtehet die Magia der Natur mit ihren Wun—
dern offenbahr.
3. Soden nun die Seele das Centrum iſt / da der rechte Wil⸗
len⸗Geiſt gegen der Freyheit Gottes außgehet in die Freyheit
Gottes / als in das goͤttliche Myſterium, fo hat fie auch den fyderi-
fhen Geift am Bande / und fo fie denfelben zaͤhmet / daß er nicht
Boßheit wuͤrcket / fo mag fie die fyderifchen Wunder / welche ins
Elementifhen Spiegelzueiner Subfltang gemachet worden / vor
Die Majeftat Gottes/ infreyen Willen Gottes einführen / daß
alſo die Wunder inder Böttlihen Mazeftät Freyheit erfiheinen/
als eine Gleichnuͤß des Willens Gottes : Nicht alfo zuverftehen)
daß ſich dir Freyheit Gottes mit —— Natur Wundern / unbe
j 4 er
175 Deitter Theil / von der Menſchw. Cap. 3.
Der Gleichnuͤß miſche / daß es eines ſey; Nein/ Gott bleibet
Ewig frey / er wohnet in den Wundern / wie die Seele im Leibe:
So wenig der Leib die Seele ergreifft / oder das Feuer das Liecht /
alfo wenig auch die Natur die Gottheit / und iſt doch cin Weſen /
und hat ſich von Ewigkeit in zwey Weſen geſchieden / gleich wie
das Feuer und Liecht / da wir im Feuer die Quaal der Natur ver⸗
ſtehen / und im Liechte das Mylterium des Geiſt-Lebens ohne
Quaal / wiewohl das Feuer auch ein Myſterium iſt.
4. Alſo verſtehet uns / hat es auch eine Geſtalt mit dem Men⸗
ſchen: Die Seele iſt das Feuer des rechten menſchlichen Lebens /
das GOtt ausder ewigen Natur in Adam mit ſeinem Geift auf:
bließ / als aus dem Centro Gottes / und der Beift/ der auß dem
Seelen⸗Feuer erbohren war welchen Gottes Geift zu feinem
Bilde forınirete/ der hat das göttliche Myſterium, Darauf der
Wille gegen der Siebe Gottes erbohren wird/ daraus die göttliche
Magia oder Sucht entftchet/ dag der Willen-Geift Gottes bes
gehret: Und ſo er ſich nun erhebet / das ift / aus dem verborgenen
Myfterio aufgehetindie Freyheit Bottes/ foift er ein Zweig oder
Gewaͤchſe in Gottes Neich / gewachſen aus GOttes Mylterio,
und würderin GOttes Willen / und eröffitet immer die Wunder
in GOttes Weißheit: Nicht vergeftalt/ dag in GOtt etwas
Newes gebohren würde /das nicht von Ewigkeit wäre in GOttes
Weißheit geweſen / welche keinen Grund noch Zahl hat /fondern
alleine im Seelen⸗Geiſte / in fich felber wird das ewige unendliche
Mylterium offenbahr / zu GOttes Ehr und Wunderthat / und
zu ſeiner ſelbſt / verſtehe zur Creaturen ewigen Frewde.
5. Dieweil denn nun die irrdiſche verderbte Sucht ſich mit der
Sternen⸗Quaal menget / und aber Die Seele in dem ſchweren
Fall Adams hat mit ihrem Willen in die Sternen / ſo wohl in die
arrdiſche Sucht imaginiret / und die frembde Magiam in ſich ein⸗
gefuͤhret / ſo iſt der Wille gebrochen / und die Göttliche Bildnüg
zerſtoͤret worden / und ward die himmliſche göttliche Bildnuß des
Menſchen irrdiſch / daß alſo der rechte Wille gleich wie umbge⸗
wandt ſtehet / als im Geiſte dieſer Welt / nehmlich in die Ver⸗
nunfft / welche aus dem Geſtirne erbohren wird: Jetzt thut in der
rechten Bildnuͤß GOttes / welche alſo zerſtoͤret und irrdiſch wor⸗
den iſt / noth / daß ſie anderſt und new⸗gebohren werde / und waͤre
kein Rath gefunden worden / dieſer Bildnuͤß zu helffen / wenn
nicht das Wort aus dem Centro GOttes / nehmlich GOttes ei⸗
gen Leben / waͤre ein Menſch worden / und haͤtte die arme Seele /
welcher Bildnuͤß jetzt verderbet war / wieder in ſich rer
a
DE
Cap. 3. JEſu Chriſti. 179
Da ward der rechten Bildnuͤß wieder geholffen/ ſonſt wäre
ewigder Freyheit und Majeſtaͤt GOttes beraubet gewefen.
6. Weil vdennalle Seelen find aus einer herkommen / fo feind
fie alle aus der verderbten Wurtzel erbohren; Weil aber das
Newe Wiedergeborne $eben in Ehrifto iſt in einer Seelen wie>
der fommen/ fothut uns Noth/ daß wir alle unfern Willen ar
die Wiedergeburt Chrifti einwerffen / denn in Ehrifto feind wir
mit unferer Seelen wieder in GOtt gebohren worden / und haben
in Chriſto wieder die Bildnüg erlanget: Denn unſer Myfterium
inder Seelen ſtund nad) dem Fall nur blog inder Magia der Na⸗
tur / welche in ihrem Centro ein Feuer ift / und war die Bildnuͤß
ausder Freyheit GOttes in die Auffere Magiam gewandt / alsin
das Auffere Principium: Wenn num daffelbe im Weſen zerbricht?
fo ftchet die arıme verderbte Bildnuͤß der Seelen blog / als
ein verlohren Kind, und die in ihrem eigenen Centro nichts
mag erwecken / als nurden grimmen Feuers⸗Quaal / denn fie iſt
‚aus dem Worte GOttes / alsaus GOttes Myfterio aufigegaite
gen in cinenzerbrechlichen Spiegel / nehmlich in den Geift diefer
Welt / welcher anfänglich und endlich iſt darumb dan and) der
Seelen Leib gang irrdiſch worden / und iſt der Zerbrechligkeit und
dem Tode heimgefallen.
7. Alſo thut uns min noth / dieweil GOtt hat feine Liebe aus
Gnaden zu uns gewandt / und hat unſere Seele in Chriſto wieder
in ſich in die Freyheit eingewandt / und das Goͤttliche Myſterium
in der Bildnuͤtz raͤge gemacht / daß alſo die Bildnuͤß kan wieder in
GOtt wohnen / nehmlich in den Wundern des Paradeiſes / dag
wir unſern Willen vom aͤuſſern Centro, als vom vergaͤnglichen
Leben abbrechen und in den freyen Willen G ttes einfuͤhren:
Und darzu gehoͤret nun nicht nur eine Hiſtoria oder Wiffens
ſchafft / daß einer faget / ich glaͤube / das iſt / ich weiß es / oder bea
schrees/ und bleibet doch nit dem Willen im auffern Principio ,
als in der äufferen Sucht fichen: Nein es heiſt / ihr muͤſſet von
newem gebohren werden / durch das Waſſer und den heiligen
Geiſt / ſonſt werdet ihr das Reich Gottes nicht ſehen: Es muß
ein Ernſt ſeyn / der Wille der Vernunfft muß zerbrochen wer=
den / es muß eine lebendige Bewegung des Willens ſeyn / der
durch die Vernunfft bricht / und der wider die Vernunfft ſtreitet:
Und obs der Seelen nicht wohl möglich iſt / ſintemahl ſie ſehr ver=
derbet worden / ſo iſt ihr nun kein anderer und beſſerer Rath / als
daß fie ſich mitaller Bernunfft und Sinnen tod mache / und ſich
nr blog in GOttes Barmhertzigkeit eineigne/ und ſich dare in
H5 ergebe
130 Dritter Theill von Der Menſchw. Cap. 4.
ergebe / daß der Vernunfft fein Naum mehr gelaſſen werde / ſon⸗
dern fie mus gezwungen werden / Ie nd fo der Wille die Vernunfft
alſo niederſchlaͤgt / ſo iſt ſie gleich als tod / da ſie doch noch lebet;
Sie wird aber des rechten Willens Knecht / da ſie auſſer dehm wil
Her ſeyn / denn GOttes Wille muß ein HErr uͤber die Ver⸗
nunfft werden / ſoll die Vernunfft etwas tuͤchtiges machen / dag
es vor GOtt beſtehe: Denn nichts beſtehet vor GOtt / es werde
denn in GOttes Willen erbohren; So ſich aber der Wille in
GOtt einwendet / fo wird der Willen-Geiſt ein Kind Gottes /
und alfo beftehen auch die Wunder vor Gott/ welche mit dem
Bernunfft-Geifte gemachet werden / denn fie werden in Gottes
Willen gemachet / und werden aus dem Anfanglichen in das
Ewige verfeget.
8. Und ob wir wohl nicht fagen können / daß unfere Werde
mder Gemächte ewig bfeiben / fo bleibet doch aber derfelbe ihr
Schatten oder Bild / wiewohlfie warhafftig im Weſen bleisen/
aber im Myfterio, alsinder Böttlichen Magia vor der Weißheit
Gottes / da nur das AufferePrincipium daran zerbricht/wic den as
dem Menfihe-Bildenicht mehr zerbricht als das äuffere Regiment
in den vier Elementen/ und werden die vier wieder in eins ge⸗
feet; Da dan auch alle Farben und Geftaltender vier Elemens
sen erkannt werden /mit alledem / was darinnen erbohren wird;
darumb dan ein endlicher Scheidertag von GOtt indie Natur
beſtimmet worden’ da follalles durchs Feuer bewaͤhret werden /
solches in GOTTES Willen erbohren worden oder nicht }
da ein jedes Principium feine Wunder folleinerndten / und wird
. allda manchem Menfchenvielim Feuer von feinen Wercken bleis
ben / darumb daß fie nichtin GOttes Willen find erbohren wor»
Den / denn in Bott gehet nichts Unreines/ Apoc. zı. verf. 26. cap,
22. verf. 25. Wasaber auseinerandern Magia ift erbohren wor»
den / das iſt nicht rein.
9. Ein Exempel haben wir ander Erden / welche verderbetifte
Sprichſtu / warumb? Antwort: Der Teufel mit ſeinen Legio-
rei ſaß in feiner Schoͤpffung (da er zwar ein Engelgeſchaffen
ward) im Sulphur, oder im Centro Naturæ, daraus die Erde
hernach erfihaffen worden /derfelbe hat ven Grimm inder Natur
erwecket /alfo daß die Erde eine böfe unreine Sucht hat / wiewohl
fie iſt im Tode befchloffen 7 und zur Putrefaction behalten worden }
da fie ſoll im ewigen Feuer bewaͤhret werden / und wieder in das
Semmen/ als fievorder Schöpfung war / nehmlich in die ewige
Bagiam der swigen Natur,
245
ee
Cap. 4. Jeſu Chriſti⸗ —V
Das 4. Capittel.
Was des Glaubens Werck fen | und wieder Wille
darinnen wandle / und von feinem Führer.
x. D denn alles ift in Gottes Willen beſchloſſen /
was aus der Naturerbohrenwird/ und wir alfd
verftchen/ daß nichts in Gottes Willen Fan ein»
gehen / es werde deñ in Gottes Willen erbohren
oder gemachet / fd verftchen wir klar /dag uns noth
iſt / daß wir uns mit aller Vernunft und Sinnen in Gottes
Villen eingeben/ und alfo mit den Händen inder Welt arbeiten /
und dem Bauche Speife ſuchen / und aber unfern Willen gar
nicht darein ſetzen / und daß wir wollen einiradifch Ding für une
fern Schatz halten/ denn wo unfer Willeund Hergift/ da iſt
auch unfer Schatz. Iſt unſer Wille in Gottes Willen / fo haben
wirdas groffe Myflerium Gottes/ daraus diefe Weltift als ein
Gleichnuͤß deffelden erbohren worden/ und haben alfo beydes /
Das Ewige und zerbrechliche / und noch mehrers : Air führen die
Wunder unferer Werde in das ewige Myfterium, denn fic hatte
gen an dem Willen-Geifte; So mwir aber unfern Willen vom
Ewigen abwenden in das irrdiſche Myſterium, und achten Geld
für unſern Schatz / und Schönheit des Leibes für unſern Glantz /
auch Ehre oder Gewalt fuͤr unſer beſtes Kleinod / ſo iſt unſer
Wille in demſelben gefangen / und hangen alſo nur am Spiegel /
und erlangen nicht die Freyheit Gottes: Denn der Spiegel / als
das aͤuſſere Reich ſoll durchs Feuer bewaͤhret / und der Grimm
vom Reinen abgeſchieden werden / da denn der Grimm wird ein
ewig brennen ſeyn.
2. So min die Vernunfft das ſeeliſche Gemuͤthe mit dere
Willen⸗Geiſt der Seelen / in welcher die Bildnuͤß Gottes und
der rechte Menſch ſtehet / in den aͤuſſern Spiegel als in eine gleiß⸗
neriſche Sucht einfuͤhret / ſo wird ja die Bildnuͤß und der rechte
Menſch damit gefangen / und mit der aͤuſſern Magia, als mit
derſelben Sucht inficiret / da denn die Bildnuͤß die aͤuſſere We⸗
ſenheit anzeucht / nicht nur als ein Kleid / ſondern es iſt eine Infici-
rung und gantze Vermiſchung / ob ſich wohl das Seelen⸗Feuer
nicht mit dem aͤuſſern Reiche mifchet/ fo miſchet ſich doch der See⸗
len Willen-Geiſt / welcher magiſch iſt / und wird die Bildnuͤß
Gottes zerſtoͤret / und in eine irrdiſche verwandelt / da denn dag
Seelen⸗Feuer⸗Leben rohe bleibet / und Hat im Willen⸗ Geiſt eine
irrrifihe Sinüg,
. 5 6 3.58
182 Dritter Theil! vonder Menſchw. Eap. 4.
3. So nun der $eibzerbricht und ftirbet/ fo behaͤlt die Seele
ihre Bildnuͤß / als ihren Willen-Geift / jest ift er von des Leibes
Bildnuͤß weg / denn im Sterben ift eine Treunung / alsdann ers
ſcheinet die Bildnuͤß mit und indenen Dingen/ was fleallhie hat
in Jich genommen / damit fie ift inficiret worden / denn denfelben
Quaal hat ſie in ſich: Was fie allhier haf geliebet/ und ihr Schatz
geweſen iſt / und darein der Willen-Geiſt iſt eingegangen / nach
Demſelben kiguriret ſich auch die Seel iſche Bildnuͤß. Hat einer bey
Leben ſein Hertz und Gemuͤth in Hoffarth gewendet / ſo quillet
derſelbe Quaal im Seelen-Feuer in der Bildnuͤß immer auff /
und führer uͤber die Liebe und Sanfftmuth / als über Gottes Frey⸗
heit aus / und kan die Freyheit nicht ergreiffen noch beſttzen / font»
dern quillet alſo in ſich in ſolcher Angſt-Quaal / und figuriret den
Willen-Geift immer nach den irrdiſchen Dingen / darein fein
Wille ift eingegangen; Glintzet alſo Damit im Seelen-Feuer /
und fteiget immer in Hoffarth auff / und wil im Feuer über Got>
tes Sanfftmuth außfahren / denn keinen andern Willen kan er
ſchoͤpffen / denn er fannicht in die Freyheit Gottes eingehen / in
Das heilige Myfterium, darinnener möchte einen andern Willen
ſchoͤpffen / er lebet blog nur in fich felber / er hat nichts und mag
auch nichts erreichen / als nur das jenige/ waser bey feinem aufs
fern Leben hat in fich gefaſſet. Und alfo gehets auch einem Geitzi⸗
gen? der hat in ſeinem Willen und Bildnuͤß die magifche Geitz⸗
Sucht / derwilimmervielhaben/ und Aguriret ihme dasjenige
in feinen Willen-Geiſt / damit er iſt im Seben des Leibes umb⸗
gangens Weil ihn aber vaffelbe Hatverlaffen / und fein Weſen
nicht mehr irrdiſch iſt / ſo fuͤhret er doch Den irrdiſchen Willen / pla⸗
get und quaͤlet ſich alſo damit / den er mag nichts anders erreichen.
4. Noch viel uͤbler gehet es mit der Falſchheit / daruͤber der
Elende hat geſchrien / und ihn verfluchet umb feiner Zwaͤngung
willen: Denn aͤlles das jenige / was in Boßheit gewuͤrcket wor⸗
den / das er hat verurſachet / das folget ihme nach / denn es iſt in
dem Myfterio des Zorns gewuͤrcket worden: Alſo faͤllet die ver⸗
derbte Seele nach des Leibes abſterben in daſſelbe / da muß ſie in
Denfelben Greweln baden / und obes muͤglich wäre / ſich mit dem
Willen in die Liebe Gottes einzueignen / ſo halten es doch dieſel⸗
ben Grewel und Boßheiten zu ruͤcke / denn ſie machen eine ewige
Verzweiflung / da ſich dan endlich die Seele verwaͤget / Gott ab⸗
ſaget / und begehret nur in denſelben Greweln auffzuſteigen und
zu leben; Und iſt das ihre Frewde / daß ſie Gott und ſeine Heili⸗
gen laͤſtert / ſich aber in den Greweln erhebet über Gott und Hims=
welreich / und dehr doch keines ergreiffet noch ſiehet. 5. Al⸗
I
„ Eap.4. Jeſu Chriſti. 183
5. Alſo geben wir euch gu betrachten / was der Wille und Zus
verſicht ſey / als nehmlich daß er Meiſter und Fuͤhrer ſey / der
dem Menſchen ſeine Bildnuͤß beydes in Gottes Liebe und auch in
Gottes Zorn einfuͤhret; Denn im Willen wird der rechte wahre
Glaube erbohren / darinne die edle Bildnuͤß Gottes ſtehet / denn
im Glauben werden wir wieder durch Chriſtum in Gott geboh⸗
ren / und erlangen wieder die edle Bildnuͤß / welche Adam ver>
Ichren hatte / und Ehriftus mit GOttes Schen wicder in die
Menfchheiteingeführet.
6. Auch zerftöret ein falfcher Wille die Bildnuͤß / denn der
Wille iſt die Wurgelder Bildnuͤß / denn er zeucht das Myſterium
Gottes in ſich / und der Geift deſſelben Myfterii eröffnet das
Schöne Bild’ und zeucht ihn das Göttliche Myſterium an / als
Gottes Weſenheit / verfiche Chriſti himmliſchen Leib / welcher
war aus Gott gebohren / in der thewren und ſchoͤnen Jungfrauen
feiner Weißheit / der den Himmel erfuͤllet: So denn unfer Ge>
muͤth und Wille in daſſelbe geſetzet wird / und der Wille daſſelbe
begehret / ſo iſt der Wille magiſch / und gehet hinein / und ſo ihn
denn hungert / ſo mag er eſſen das Brod Gottes / jetzt waͤchſet
ihme der newe Leib / welcher iſt der holdſeelige Baum des Chriſt⸗
lichen Glaubens / denn ein jeder Leib liebet ſich ſelber: So denn
die Seele Gottes Leib bekomt / der alſo ſuͤſſe und holdſelig iſt /
wie wolte fie denſelben nicht lieben / der ihr doch zum Eigen⸗
thumb gegeben wird/in dchme fie wohnet und lebet / und von deſſen
Kraft ſie iſſet und fich ftärdket.
7. So ſoll nun Niemand fich betriegen / und in feiner Falſch⸗
heit und Ungerechtigkeit bleiben) und ſich eines hiſtoriſchen Glau⸗
bens tröften/ wenn er gedencket: Gott iſt doch gütig/ er wird
mir wohl vergeben [ich wileinen Schaß ſamlen / umd deffen wohl
genieffen/auch meinen Kindern viel Reichthumb und Ehre laſſen /
und wilnahmahls wohl Buſſe thun. Aber diefesift eitel Betrug /
du ſamleſt ihnen Falſchheit / und zeuchſt in dich Ungerechtigkeit /
und wenn es gleich noch nach dem beſten geſchicht / ſo iſt es doch
irrdiſch / und du haſt dein Hertz und Willen in ein irrdiſch Ge⸗
faͤh eingeſaͤncket / deine edle Bildnuͤß damit angethan und ange⸗
zogen / und damit gantz inficiret; Darzu erbeſt dis deinen Kitts
dern nur Hoffarth an / dag ſie ihren Willen-Geift auch nur dar⸗
ein ſetzen: Du gedenckeſt dir und deinen Kindern Gutes zuthun /
und thuſt dir und ihnen das aͤrgſte.
8. Zwar Nehrung muß der äuffere Leib haben / und thut der
thoͤricht / der fer Gut freywillig * Gottloſen giebet; *—
7 riet
*
184 Dritter Theil / von der Menſchw. Cap. 4, |
viel thoͤrichter thut der / der fich felber mit feinem Gute zum gott=
loſen Menſchen machet/ indehme er fein Hertze daran hencket /
und hält die zeitliche / vergängliche Wolluſt mehr in Ehren / als
Das ewige unvergängliche Gut / das da Fein Ende nimt. Der
aber feegnet ſich der dem Elenden zu hülffe koͤmmet / denn er
wuͤnſcht ihme alles gutes / und betet zu Gott / daß er ihn ſeegne an
Leib und Seele: Alſo tritt fein Wunſch und Seegen zudem Ge⸗
ber in das Myſterium, und umbfaͤhet ihn / und folget ihm als ein
gutes Werd in Gott gebohren / nach / denn denſelben Schattz
nimmet er mitte / und nicht den Irrdiſchen: Denn fo der
Leib ftirbet/ fo tritt die Bildnuͤß ins Myfterium , dasift/ fie
wird im Myfterio Gottes offenbahr / denn in Zeit des irrdiſchen
Lebens ift das Auffere Principium eine Decke dafür gewefen / dafz
ſelbe fälle nun mit des Leibes fterben weg / alsdan erſcheinet das
Göttliche Myfterium in der Bildnuͤß / und darinnen alle gute
Thaten und Werde / fo inder tiebe im Willen Gottes erbehren
find worden. |
9. Aller frommen Kinder Gottes Wunſch und Gebet ftes
‘bet im MyRerio, und aneignet fich gegen der Bildnuͤß / denn
Die Kinder der Elenden / fo er ihnen iſt zu huͤlffe kommen in ih>
zen Nöthen und Trübfalen / haben ihren Willen in ihrem
Gebethe in Gottes Myfterium geſchicket / und ſich damit zu ih⸗
rem Erretter und Troͤſter geaneignet / und ihme das gleich im
göttlichen Myſterio geſchencket / und fo denn derſelbe Wolthaͤ⸗
ter ins Myftesium kommt / wenn ſein irrdiſches Leben hinfaͤllet /
fo werden aͤlle Ding offenbahr / und aneignet ſich ein jedes zu dem
feinen/ dahin es der Wille hat beſchieden.
20, Diefes alles wird zu dem Gerichte Gottes des heiligen
Geiſts im Myfterio vorbehalten / da denn ein jeder follernden /
was er allhie in feinem Acer geſaͤet hat/ da follesallesinciner
newen himmliſchen Erden grünen / wachſen und blühen / in
welcher der Menſch an feine göttliche Bildnuͤß wird den Leib
des volkommenen Myfterii Gottes anziehen/ und vor ihme (vera
ſtehe vor der leiblichen Bildnuͤß) ſtehen fehen feine Gerechtig⸗
keit / warumb er alfofchönfen/ er wirddeflen Urfache erkennen?
und fich ewig darinn erfrewen / und feinen Lobgeſang darin
nen faſſen zu Gottes Ehrenund Wunderthat. Dargegen der
gottlofe Hauffe wird Spott / Geitz / Hoffarth / Boßheit und
Fluch des Elenden haben in ſeinem Myſterio, im Zorne einge⸗
ſamlet / welches ihme auch wird nachfolgen / und er alſo immer
die Urfache feiner Quaal erkennen / ud deßhalben ein ewiger
Send Gottes und ſeiner Kinder ſeyn. Das
Cap. 5. Je ſu Chriſti. 185
Das 5. Capittel.
Warumb die Gottloſen ſich nicht befehren : Welches
das ſchmertzlichſte in der Bekehrung iſt: Von den
falſchen Hirten; Wie man in das Reich Gottes ein⸗
gehen muß: Von der Zerſtoͤrung des Teuffels Reich:
Don den Drey Geſtalten / und was wir von Adam
und Chriſto geerbet haben.
3. Jeſes alles fan der gottlofe Hauff jetzt nicht fafe
fen noch verfichen ; Urſach / es ift kein Wille in
ihnen darzır/ ver es begehret zu faſſen denn das
irrdiſche Weſen hat fie gefangen / daß fie keinen
Willen fönnen in Gottes Myſterio fihöpffen
Sie find an GOtt als die Todten / esift fein Athem des goͤtt⸗
lichen Lebens in ihnen / ſie wollen deſſen auch nicht / ſie ſeind in
Gottes Zorn⸗Myſterium verriegelt / daß fie ſich nicht erkennen.
Nicht hat ihnen Bott das gethan / ſondern ſie find mit ihrem Wil⸗
len⸗Geiſte darein gegangen / und haben ftch felber alfo erſencket /
darumb lauffen fie wie die Unſinnigen / da doch das edle Kleynod
in ihnen im Centroverborgen ſtehet / im göttlichen Principio, und
fönten gar wohl aus dem irrdiſchen Weſen und Botzheit mit ih⸗
rem Willen außgehen in ven Willen Gottes ; Sie laffen ſich
den Grimm muthwillighalten / denn das hoffartige und eigens
ehrige Leben gefüllet ihnen zu wohl / und das halt fieauch.
2. Aber nach diefer Zeitift kein Rath mehr / wenn das See⸗
len⸗Fewer blog und rohe ift/ fo kan daffelbe mit nichts gelefchet
werden / als nur mit Gottes Sanfftmuth / nehmlich mit dem
Waſſer des eigen Lebens im Mylterio Gottes/ aber das er⸗
zeichen fie nicht ] denn es iſt eine groffe Klufft zwifchen ihnen /
nehmlich ein ganges Principium ; Aber in diefer Zeit / dieweil die
Seele noch in Blut ſchwimmet und brennet/kan es wohl ſeyn / deñ
der Geift Gottes führet auffden Fittichen des Windes. GOtt
iſt Menſch worden/ der Geift Gottes gehet mitdem Willen in
die Seele / er begehret der Seelen / er feget feine Magiam gegen
der Seelen / ſie darff nur die Thür auffthun / fo gehet er freywillig
hinein / und eröffnet dasedfe Korn zum Baum des Chriftlichen
Glaubens ; Aber dasiftdasfchmerglichfte / dag dem Menſchen
am bitterſten singehet/ ſo der Glaubens⸗Baum in ihıne —
186 Dritter Theil’ von der Menfchtiv:- Kap.
bohren werden / daß er muß feinen Willen-Geift aus feinem
irrdiſchen Schatz / als aus Hoffart / Geitz / Neid/ Zorn und
Falſchheit augführen gegen dem Geift Gottes/ fein Mund mug
nit ein Heuchler feyn / undfein Herg und Wille im irrdiſchen
Myfterio ftecken bleiben/ es mug Ernft feyn / von Grund des
Hertzens und der Seelen / der Wille mug ſich umbwenden
in das göttliche Myfterium , alsin Gottes Siebe / day der Geift
Gottes Raum und Statt in ihm habe / das Göttliche Fuͤncklein
auffzublafen / anderftift fein Rath / und hülfft Eein heuchlen.
3. Wenn einer alle Schriften aufwendig lernete / und fälle
fein lebenlang in der Kirchen / bliebe aber an der Seelen⸗
Bildnuͤß ein irrdiſcher und viehiſcher Menſch / ver nur nach
Falſchheit im Hergen trachtet / fo huͤlfft ihm fein heuchlen
nichts. Ein Prediger / der Gottes Mylterium im auffern han»
delt / hat aber Gottes Bildnuͤß nicht in ihme / fondern trachtet
nur nach Ehre und Geitz / der ift dem Teuffelfo nahe/ als der
allergeringfte/ denn er iſt nur ein Gauckler mit Gottes Myfterio,
and ein Gleigner ohne Krafft: Er hat felber nicht das Myfterium
Gottes / wiewilersdennanderngeben ? Eriftein falfcher Hir⸗
te / und cin Wolff ver Schafe : Denn ein jeder Menſch / der
Gottes Myferium fräget / das iſt / der 65 ermerket hat / und
fich demſelben einergeben / daß ihn Gottes Geiſt treibet / der ift
Gottes Priefter / denn er Ichret auß GOtt: Es kan feiner
echt [ehren / er lehre denn auß Gottes Mylterio ; Wie wilaber
der lehren / der auffer demſelben ift / wirder nicht auß Kunſt und
arrdiſcher Vernunfft Ichren ? Was gehet das Gottes Myfterium
ar? Wiewohl die Vernunfft ein edles Wefen iſt / aber ohne
Gottes Beift ift ſte blind: Denn Chriftus prit : Ohne mich
koͤnnet ihr nichts thun: Die Gottes Geift freibet / Die find Got-
eg Kinder s Wer anderfiwo in den Schaf-ftall ſteiget / und
nicht durch Chriſti Geift / der ift ein Dieb und ein Mörder /
and komt nur / daß er raube und ftchle / und feinen eigenen Nu⸗
gen ſuche: Er iſt nicht ein Weyder der Schafe / ſondern ein
Freſſer / wie der Wolff thut.
4. Alſo iſt uns zu verſtehen vom Baum des Chriſtlichen
Glaͤubens: Er muzß lebendig ſeyn / und nicht cine todte Hiſto—⸗
ria oder Wiſſenſchafft: Das Wort des Lebens muß in der Bild»
nuͤh Menfch gebohren werden / dag die Seele Gottes Bildnüg
traͤget auffer dem ift fie nicht Gottes Kind: Es hülfftkein _
Heuchlen oder Buſſe ſparen auff Hoffnung / denn fo lange einer
xoch die irrdiſche Bildnuͤß an der Seelen traͤget / ſo iſt er an
ſer
Cars Eſu Chriſti. 187
fer Gottes Myſterinm. Du darffeſt auch nicht dencken / Ich wil
noch wohl einmahl umbkehren / ich wil aber mir vorhin genug
einſamlen / daß ich nicht mangele / und mir das irrdiſche Ge⸗
ſchaͤffte hernach nicht im Weege lige: Nein / das iſt des Teu—⸗
fels Griff / ſondern durch Verfolgung / Creutz / Truͤbſal / Spott /
Verachtung / muͤſſen wir ins Reich Gottes eingehen / denn der
Teuffel fuͤhret ſein Regiment in der irrdiſchen Bildnuͤß / der
ſpottet der Kinder Gottes in ſeinem hoffaͤrtigen Sitze / wenn
fie ihme wollen entlauffen; Alſo dienet der gottloſe Hauffe den
Teuffel / und helffen ihme ſein Werck treiben.
5. Dieſes alles mug der Menſch / fo zu SH wil / nichts
achten/ er muß dencken / dag er in einem frembden Sande unter
den Mördern ift/ und iſt ein Pilgram / derda wandelt in fein
recht Batterland : Er fülletunterdie Mörder / welche ihn pla⸗
gen und berguben/ und fo ernur ſo viel davon bringet / dag er
fein edles Bildnuͤß erhaͤlt / fo hat er genug / denn er bekoͤmmet
das himmliſche Mylterium dafür / da alles inne liget / auß wel⸗
chem dieſe Welt nur ein Spiegel davon iſt. Daͤrumb iſt der
wohl ſehr naͤrriſch / der einen Spiegel⸗Schein fuͤr ein Subſtan⸗
tialiſch Weſen nimmet / denn der Spiegel zerbricht / und ſein
Liebhaber wird deſſen beraubet. Er iſt gleich einem / der ſein
Haus an ein groß Waſſer auff einen Sand bawet / da ihme das
Waſſer ſein Haus hinfuͤhret / alſo iſt es auch mit der irrdiſchen
Hoffnung.
6. 9 Menfihen Kind, du Edeles Geſchoͤpffe / laß ihr nicht
den Gewalt / es koſtet dein ewiges Reich: Suche dich / und fin⸗
de dich / aber nicht im irrdiſchen Reich: Wie gar wohl geſchie⸗
het doch dehme / der ſich in Gottes Reich findet / der das himm⸗
liſche und Goͤttliche Myſterium anzeucht / und darein eingehet!
Aller Schmuck dieſer Welt iſt Koth gegen dem Himmliſchen /
und iſt nicht werth / dag ein Menſch feine Liebe darein ſetze / wies
wohl es iſt / daß es muß zum Wunder gebracht werden / zu wel⸗
chem Ende es 8oit auch geſchaffen hat.
7. Verſtehet: Deräuffere Menfch ſoll die Wunder der aufs
fern Natur / als im Auffern Myfterio eröffnen / beydes aus der
Erden / und über der Erden : Alles was die GStermenvermös
gen/ und die Erdeinftchhat/ das folder Menfch in Wunder 7
Formung und Weſen bringen nach der ewigen Figur / fo in
Gottes Weißheit ift vor den Zeiten der Welt gefehen worden ;
Aber feinen Willen fol ernicht darein ſetzen / noch daffelbe fuͤr
feinen Schag achten / fondern nar zu feiner Zierde und Frew⸗
dt
188 Dritter Theil / von der Menfchw. Cap. 5.
De mag er es gebrauchen / aber mit dem innern Menſchen foller
in Gottes Myſterio arbeiten / ſo huͤlfft ihm auch Gottes Geiſt das
aͤußere ſuchen und finden.
8. Dieweil wir denn durch den ſchweren Fall alſo verderbet
feynd worden / daß unſer Gemuͤth iſt auf dern himmliſchen My-
ſterio in das Irrdiſche / als in den Spiegel gewendet worden / daß
wir alſo gleich als halb tod funden werden: So thut uns gantz hoch
von noͤthen / daß wir aus dem irrdiſchen Glantze mit unſerm Ge⸗
muͤth und Willen außgehen / und uns zuerſt ſuchen / ehe wir den
irrdiſchen Schmuck ſuchen / und dag wir von erſt lernen kennen / wo
wir daheime ſind / und unſer Gemuͤthe nicht irrdiſch machen.
9. Denn der Wenſch / ob er gleich in Gottes Bildnuͤß ſtehet /
iſt er doch in einem dreyfachen Leben; So er aber Gottes Bild»
nuͤß verleuret / ſo iſt er nur in einem zweyſachen Leben / denn das
erſte Leben iſt der Seelen Leben / und urſtaͤndet im Fewer der
ewigen Natur / und ſtehet fuͤrnemlich in Sieben Geſtalten /
alles nach dem Geiſte der Natur / wie es anderſtwo außgefuͤhret
iſt. Das ander Leben ſtehet in der Bildnuͤß / welche auß dem
Brummen der ewigen Natur / als aus dem Seelen-Fewer er⸗
bohren wird / welche Bildnuͤß im Liechte inanderer Quaal ſte⸗
het] und bat ſeinen lebendigen Geifte / wie ihr diß am Fewer
und Liechte ergründet / denn des Sicchtes Quaal iſt nicht wie des
Fewers-Quaal / und entjtchet doch das Liecht aus dem Fewer /
Ba man in des Sicchtes Quaal den fanfften reinen und lieblichen
Gelſt werfichet/ und indes Fewers Quaal die Urfachen deſſelben:
Als ihr dan fehet / dag aus dem Fewer die Lufft urftändet / wel⸗
ches der Geift ift/ und die Lufft auch in vier Geftalten verfianden
wird/ als cine truckene / nach dem Grimm des Fewers / und eine
naſſe / als Waſſer vom herben Anziehen ; Und zum dritten /
eine fanffte vom Liechte und zum wierdten eine erhebende vom
Grimmen Fewer-fhrad : Da wir denn verfichen / daß das Licht
in allen Geftalten Meifter ift / denn es hat die Sanfftmuth /
und ift ein Leben / das durch den grimmen Tod / als durch die
Angſt⸗Quaal im Erfincken erbohren wird / alseinander Priuci-
pium, das im Fewer beftehet ohne Fühlen / hat doch fein Fühlen
in ſich / als den lieblichen Geſchmack / dawir dan verftehen / daß
Das Waſſer durc den Tod erbohren wird / durch das Erfinden
Durchs Fewers Angft. Und weiter zuverftehen / wie es doch kein
Tod ſey / da es doch ein Todijt / aber das Liecht machts grünen»
de / dag ein Leben darinn iſt / welches geben in des Liechtes Krafft
ſtehet / da das Leben aus dem Tode gruͤnet / nehmlich die *9
ei
}
Ep. 8. FEf Chriſti. 189
heit / alsdie Begreiffligkeit / wie das Waſſer / das an ihn felber
todt iſt Aber das Fewer⸗Leben und des Liechtes Krafft iſt fein
Seben : Alfo ift die Weſenheit wie todt geachtet / da das schen
darinn ein eignes ift / und ſich felbjt in ſich beſitzt und gebieh⸗
ret / da der Tod der Weſenheit muß den Leib darzu geben / wie
in unſerm dritten Buche zuleſen / dag wir im Liecht-leben und ing
Waͤſſer des Todes auch zwo Geſtalten verſtehen / und nach der
Angſt im Fewer die Dritte: Als x. in der Angſt der Ertoͤdtung
im Grimm des Fewers verſtehen wir ein grimmig Waſſer / we⸗
gen der erſten vier Geftalten zur Natur / als Herbe / Bitter /
Angſt und Fewer / gleicher fich dem Gifft / ift auch Gifft/ eine
böllifhe Wefenheit im Grimme / nach dem Urftande des Erſten
Principii, darinnen Gottes Zorn quiller.
20. Zum andern verftchen wir das andere Waſſer im Liechtes⸗
ſchrack / in dehme die Quaal durch die Toͤdtung ſincket / und im Tore
gleich als ein Nichts wird / dann im Nichts wird die ewige Frey⸗
heit / als der ewige Abgrund der Ewigkeit erreichet: So dan das
ungreiffliche Liecht im ſelben Erſincken indie Ewigkeit blicket/
und das Erſincken immer erfuͤllet / ſo gruͤnet im Liechte die Krafft
des Lichts / das iſt / das Leben / aus dem erſunckenen Tode aus / dan
der Grim vom Fewer bleibet im Grimmen⸗quall des Grimmen
Waſſers / und gehet nicht mit in Tod; Es kan auch nicht feyn / dan
die Grimmigkeit iſtdas ſtrenge Allmacht⸗leben / das nicht fan fler=
ben / und das die ewige Freyheit nicht kan erreichen / denn es
heiſſet und bleibet in Ewigkeit das Natur-leben: Wiewohl im
Liecht-leben auch eine Natur erfinden wird / iſt fie doch nicht
peinlich oder feindlich / als im lirftande der Natur / nach wels
chem fih GOtt einen enferigen gornigen GOtt nennet: Denr
im Liechts⸗quall wird das Waſſer / welches durch den Tod in
die Sreyheit erfunden ift / eine Quall und Waſſer des ewigen
Frewden-Lebens / im welchem die Siebe und Sanfftmuth ewig
auffquället/ da es dan kein Sincken mehr ift/ fondernein Gruͤ⸗
nen / welches Paradisheiffet / und das Bewegen aus des Waſ⸗
fers Quall heiſſet Element] das ift das reine Element inder
Englifhen Welt / und die Urfachedes Fewers im Liecht iff das
ewige Firmament/ darin die ewige Wiſſenſchafft Gottes /
Gottes Weißheit eröffnet wird / als deffen feine Gleichnuͤß am
auffern Firmament und Sternen ift.
11. Alſo verfichen wir nun zwo Welten ineinander / da kei⸗
ste die andere begreifft / als nehmlich eine im Grimm der fewri⸗
gea Rasur / im Waſſer der Gift und Angſt-Quaal / da die
Teuffel
190 Dritter Theillvonder Menſchw. Cap. 5;
Zeuffelinnen wohnen : Und denn eine im Liechte / da das Waß
fer des Sicchtes aus der Angſt erſuncken ift in die ewige Freyheit /
welche das Gifft-Waſſer nicht mag erreichen oder begreiffen /
und iſt doch nicht getrandt / als nur Durch den Tod / da cs fich im
zwey Principia ſcheidet / und alfo in zwey Leben theifet Als eis
nes im Zorn / und das ander in der Liebe / welches Leben für das
rechte Leben Gottes erkannt wirdt: Und hierinnen ſtecket der
Grund / daß / als wir mit Adam aus dieſem Liechts-Leben aug—
giengen in das aͤuſſere Welt-Schen / darumb GOTT Menſch
ward / ſo muſte er uns durch dieſen Tod durch / und aus der
Grimmen-Quaal aus dem fewrigen Angſt-Leben durch den Tod
in das Liecht⸗und Liebe⸗Leben wieder einführen / da zwar die
Pforte des Todes war im Grimm zugefchloffen in der menſch⸗
lichen Seelen / daß die Seele in der Angſt-Quaal ; in derin»
neren Natur / im Fewer der Gifft/ als im Waſſer der Angſt
ſtundt / alda hat der Fürft Chriſtus den Schluß des Todes zer⸗
brochen / und ift mit feiner menfchlichen Seele durch den Tod im
giechte Gottes wieder außgegruͤnet / und führet alfo in feinen
Liecht⸗Leben den Tod jetzund gefangen / daß er iftein Spott wor»
den / denn mit dieſem Schluß gedachte Lucifer ein Herr und Aus
mächtiger Fuͤrſt im Grimme zu ſeyn / aber als der Schluß zer—
brochen ward / ſo zerſtoͤrete ihm die Krafft der Gottheit im Liech⸗
te fein Reich ; Aldar warder ein gefangener Knecht / denn Got⸗
tes Liecht und das Waſſer der Sanfftmuth iſt ſein Tod / der Zorn
wird damit getödter.
12. Alfo ift das Liecht und die Siebe in den Zorn gefretten mit
dem Paradififchen Element und dem Waſſer des ewigen Lebens /
und iſt alſo Gottes Zorn gelefchet worden : Darınnb bleiber num
der Lucifer in fich felber nur ein ängftlicher grimmiger Fewer⸗
Quaal / da fein Leib ein Gifft iſt / umd ein Quaaldes Gifft-Waſ⸗
ſers / und iſt alſo aus Gottes Fewer außgeſtoßen worden in die
Matrix der ewigen Natur / als nehmlich in die ſtrenge Herbigkeit /
welche die ewige Finſternuͤß gebiehret / darinnen fuͤhret er das
gar ſtrenge Regiment in dem aͤngſtlichen Mercurio, und iſt al⸗
ſo als ein Beſchamter oder Verſtoſſener / welcher im Urſtande ein
Fuͤrſt war / aber jetzo nichts mehr gilt als ein Scharffrichter und
Ehrenloſer Knecht / der da muß in Gottes Grimm ſeyn als ein
Hencker / der das Boͤſe ſtraffet wenn ihme das von ſeinem
Herrn befohlen wird / weiter hat er keine Gewalt / wiewohl er
doch ein Betrieger iſt / daß er nur viel moͤchte erhaſchen / und fein
Reich groß werde / daß er viel habe / und nicht alſo mit wenigem
im
**
Cap. ° ZEf Ehrifti. 19*
im Spotte ſtehe: Dergleichen eine Hure auch dencket / wenn
nur viel Huren ſind / ſo bin ich ja nicht alleine eine Hure / ſon⸗
dern ich bin wie andere. Alſo begehret er auch ein groß Geſchlech⸗
te / daß er dardurch Gottes fpotte : Der Teuffel gibt immer
GOtt die Schuld / daß er ſey gefallen / und daß ihn Gottes
Grimm alfo gezogen hatte/ und in einen folhen Willen dee
Hoffart geftürget / day er nicht fey beitanden : Vermeynet 7
wenn ex nur viel zu fich zöge/ daß fein Neich groß werde/ und
daß er derer deſtomehr uͤberkomme / die auch alfo thun wie er /
und Gott verfluchten / ſich aber ſelber rechtfertigten / das iſt
feine Staͤrcke und Wolluſt in feiner finſtern herben Angſt / dag
er immer das Fewer in ſich erraͤget / und über die Thronen aus⸗
faͤhret; Alſo haͤlt er ſich ja noch fuͤr einen Fuͤrſten und Koͤnig /
und ob er gleich boͤſe iſt / ſo iſt er doch ein Fuͤrſt ſeiner Legionen
im Zorne in ſeiner Creatur / aber mit dem Zorn auſſer ſeiner
Creatur hat er nicht Gewalt zu thun / darinnen muß er als ein
Unmaͤchtiger gefangen bleiben.
13. Alſo verftchet das menſchliche Leben in zweyen Geftala
ten / als eine nach dem Fewer der Natur? und Die ander nach
dem Fewer des Liechts / welches Fewer inder Siebe brennet / dar⸗
innen dic edle Bildnuͤß Gottes erſcheinet / und verftehen hierin»
nen / daß der Wille des Menſchen follin Gottes Willen einges
ben / fo gehet er in Ehrifti Tod mit Ehrifti Seele durch den Tod
in die ewige Freyheit Gottes / in das Liecht⸗Leben ein / da iſt er
in Chriſto bey GOtt. Die dritte Geſtalt des Lebens iſt das aͤuſ⸗
ſere geſchaffene Leben aus dieſer Welt / als aus Sonne / Ster⸗
nen und Elementen / welches Gottes Geiſt dem Adam mit dem
Geiſte majoris Mundi in feine Naſen bließ / da er dan auch ei⸗
sie aͤuſſere Seele ward / weiche im Blut und Waſſer ſchwim⸗
met / und im Aufferen angezuͤndeten Fewer brennet / als in
der Waͤrme.
14. Dieſes auffere Sehen folte nicht in die Bildnuͤß als in das
innere Sehen greiffen / die Bildnuͤß folte das auch nicht in das ine
nere Liecht (welches Durch den Tod ſcheinet / und mit feiner
Kraft inder ewigen Freyheit gruͤnet) einlaffen / denn das aͤuſ⸗
fere Leben ift nur ein Gleichnuͤß des innern Lebens: Derinmere
Geift folte nur in dem aͤuſſern Spiegel die ewigen Wunder /
fo in Gottes Weisheit waren im Ungrunde inder Goͤttlichen
Magia erblicket worden / eroͤffnen / und zu einem figurlichen
Spiegel bringen/ nehmlich zu einem Wunder-Spiegel/ zu Got⸗
5 Ehren] und zur Frewde des innern Menſchen aus gr ge⸗
obrens
ee
292 Dritter Theillvon der Menſchw. Cap: €.
Bohren ; Aber fein Wille folte nicht darein geheir/ die Äuffere
Wunder in die Bildnuͤß einzuziehen / wie wir den jet mit Jam⸗
mer erkennen / dag ihme der Menſch cinen irrdiſchen Schatz in
fein Gemütheinzeucht und einbildet / und alſo die reine Bildnuͤß
Gottes nad) dem andern Principio in fich zerftöret.
15. Des Menſchen Willen-Geift gehet jet in das irdifche
Weſen / als in einen irdifhen Schag / und in einirdifch Ge⸗
füge / dardurch wird die Bildnuͤß in folcher Imagination auch
irrdiſch / und gehet wieder Inden Tod / undverleuret GOtt und
Himmelreich / denn fein Willen⸗Geiſt ftecket mit der Siebe im
auffern Leben; Jetzt muß das Auffere Schen fterben und zer»
brechen / auffoas die gefchaffene Bildnüg nach dem innern Neich
erfcheine/und alfo ſtecket der Willen-Geift mit feiner Siebe in den
äuffern Wundern / umd führer dieſelben im Sterben des aͤuſſern
Lebens mit fich für das Gerichte Gottes / dafoll der Willen-
Geift durchs Fewer gehen / und foll die Bildnüg im Fewer be>
waͤhret werden / da muß alles irrdifche abbrennengvon ver Bild»
nuͤß / denn fie muß gang rein und ohne Mackel feyn : Gleich
wie das Liecht im Fewer beftehet / alfo mug der Willen⸗Geiſt
auch in Gottes Fewer beſtehen / und wo er alda nicht Fan durch$
Sewer Gottes durch den Tod frey durchgehen / fo wird dieſel⸗
be Seelen-Bildnuͤß außgeſpeyet werden in die ewige Fiite
ernüß.
f 16. Und diefes ift ebenderfchwäre Fall Adams / dag er ftis
nen Willens Geift in das Auffere eben als in das Auffere Prin-
eipium in die falſche Sucht einfegte / / und imaginirfe nach
dem irrdiſchen geben / und alfo gieng er auß dem Paradis / wel: 2°
ches durch den Tod im andern Privcipio grünet / auf / in dag
aͤuſſere / und gieng alfoin den Todein: Alfo mufte er fterben /
undalfo ward feine Bildnuͤß zerftöret: Diefes haben wir von
Adam geerbet/ aber auch von dem andern Adam Chriſto die
Wiedergebuhrt /da wir in Chrifti Menſchwerdung müffen eins
gehen / und mit ihme in feinen Tod / und aug dem Tode mit ihm
grünen in der Paradis- Welt / in der ewigen Weſenheit Der
Freyheit GOttes.
Das
Cap. 6. Fer Chriſů. 193
Dass. Capittel.
Was die $uftvermag : Wie wir in Adam gefallen und
in Ehrifto wiedergebohren ſeynd; Und wiees fo
feiche nicht iſt / ein rechter Ehrift zu
werden.
2. Lſo verftcherwir / daß es an der Luſt liget / und daß
die Verderbung auf der Luſt kommen iſt / und noch
immer koͤmmet: Denn die Luſt ift eine Imaginirung/da
die Imagination fich in alle Geftalten ver Natur ein»
windet/ dag fie allda gefchwängert werden mit dem
Dinge! darauf die $uftentftehet / als wir denn verfichen dem
auffern Geift des Menfchen / welcher ift eine Gleichnüs des in⸗
nern; Diefen hat gelüftert nach der fhönen Bildnuͤß / und dero⸗
wegen feine Imagination in den innern geſetzet / Davonderinnere
ift inficiret worden : Undweiler nicht zur ftunde den Todt ges
fühlet hat / fo haterden äuffern feinen Willen-Geift ein geraͤu⸗
met / alfoift der äuffere in dem innern zur Herberge eingezo⸗
‚gen / undift endlich der Wirt im Haufe worden / und hat den ine
nern verdundelt/ daß alfo die fehöne Bildnüs ift verblichent.
Allhie fiel die ſchoͤne Bildnuͤs unter die Mörder, nehmlich unter
die firenge Geifter der Natur und des Sehens Urſtandt / diefe
hielten die Bildnüs gefangen) und zogen ihr das Paradis-
Kleid auf /mordeten in ihr / und lieffen fie halb todt ligen.
2. Jetzt war der Samariter Chriftusnoth / und das iſt die
Urfache / daß GOTT Menfch ward: Wenn der Schade hätte
koͤnnen durch ein Wort⸗ſprechen oder Wert⸗vergebung geheilet
werden / fo ware GOTT nicht Menſch worden / aber es war
‚verlohren GOTT und das Paradis / dazu die edle Bildnuͤß war
‚gerftöret und verwuͤſtet worden / und muſte wiederumb aus
Gott gebohren werden / und darumb kam GoOtt mit feinem
Worte / welches iſt Das Centrum im Liecht⸗leben / und ward
Fleiſch / daß die Seele wieder ein Goͤttlich Paradiſiſch Wohn⸗
hauß bekaͤme: Verſtehe / daß gleich wie Adams Seele hatte die
Thuͤre der Fewers⸗Eſſentien auffgethan / und die irrdiſchen Eſ-
ſentien eingelaſſen / welcher Quaal ſich hatte in die Paradiß⸗
Bildnuͤß eingewunden / und die Bildnuͤß irrdiſch gemacht: Alfe
that Gottes Hertze die Thür der Liechts⸗Eſſentien auff / und umb⸗
fieng die Seele mit dem himliſchen Fleiſche / und alſo a
194 Dritter Theil / vonder Menſchw. Cap. 6:
des heiligen Fleiſches Effent ien nach der Bildnuͤß / nach der See⸗
len Eflentien: Alfo ward die Seele jest wieder geſchwaͤngert |
daß fie mit ihrem MWillen-Geifte durch den Todt indas Paras |
diß⸗ Leben einging: Und daher kam die Verſuchung Chriſti / daß
er ver uchet ward / ob die Seele wolte vom Verbo Domini eſſen/
und ob fie koͤnte wieder durch den Tod in Gottes Leben eingehen /
welches endlich am Stumm des Creutzes erfuͤllet ward / da Chri⸗
ſti Seele durch das Feuer des Grimmes durch den ſtrengen
Quaal durch den Tod gieng / und gruͤnet wieder in der heiligen
Paradiß⸗Welt aus / in welche Adam war geſchaffen / alſo iſt uns
Menſchen wieder geholffen worden.
3. Darumb thut uns nun Noth / daß wir unſern Willen/
Sinn und Gemuͤth aus allen irrdiſchen Dingen außziehen / und
in Chriſti Leyden / Sterben / Tod und Aufferſtehung einwenden /
dag wir den Alten Adam mit Chriſti Tode immer creutzigen / und
immer mit der Sünde im Tode und Sterben Ehrifti fterben/
und mit ihme aus der Angft des Todes in einem neuen Menſchen
immer wieder auffftehen/ und im Schen Gottes grünen ; Anderft |
it kein Rath: Wir müffen der irrdiſchen Welt in unſerm Wil⸗
len abſterben / und muͤſſen der neuen Welt im Glauben / im
Fleiſch und Blut Chriſti immer wiedergebohren werden: Wir
muͤſſen aus Chriſti Fleiſch gebohren werden / wollen wir anderft
das Reich Gottes fchawen. 4
4. Es iſt nicht ſo ein leicht Ding ein rechter Chriſt zu ſeyn /
fondern es iſt das allerſchwereſte Ding: Der Wille muß ein
Ritter werden und wider den verderbten Willen ſtreiten / ex
muß ſich aus der irrdiſchen Vernunfft in den Tod Chriſti in
Gottes Zorn einſencken / und den irdischen Willen als ein theu⸗
rer Ritter feine Gewalt zerbrcchen / und fih alfo hart verwegen/ /
daß er wil das irrdiſche Leben daran ſetzen / und nicht nachlaſſen/
er habe dan den irrdiſchen Willen zerbrochen / welches mir wohl
ein ſtrenger Krieg iſt / wenn zwey Principia miteinander ſtreiten
umb die Uberwindung; Es iſt kein Schertz / es muß Ernſt ſeyn /
umb das Ritter-Kraͤntzlein zu fechten / denn keiner erlanget das /
er fiegedenn: Er muß des irrdiſchen Willens Macht zerbrechen I
welches er in ſich aus eigener Macht doch nicht vermag / aber fo cr |
fih aus der irrdiſchen Bernunfft inden Tod Chrifti mit ſeinem
innern Willen einfencdet] fo findeter durch Chriſti Todt durch
Gottes Grimm und durch alles halten des Todes in dic Para=
diß-Welt / indes schen Chriſti ein: Er muß feinen Willen mas
chen als todt / alſo lebet er Gotte / und erſincket in Gottes Liebe /
und da er doch im aͤuſſern Reich lebet. 5. Ich
—
Cap.s. eſu Chriſti. 195
5. Ich rede aber vom Ritter⸗kraͤntzlein / welches er in der Para⸗
dißz⸗Welt bekommet / ſo er einmahl hindurch dringet / denn allda
wird der edle Saame geſaͤet / und bekommet das hochtheure Pfand
des heiligen Geiſtes / der ihn darnach leitet un fuͤhret: Und ob er in
dieſer Welt muß in einem finftern Thal wandeln / da der Teuffel
und die Boßheit der Welt immer uͤber ihn herrauſchen / und den
aͤuſſern Menſchen offt in Greuel einwerffen / und alſo das edle
Saͤnff⸗koͤrnlein verdecken / ſo laͤſt ſichs doch nicht verhalten / ſon⸗
dern es gruͤnet herfuͤr / und waͤchſet ein Baum daraus in das
Reich Gottes / wider alles Wuͤten und Toben des Teuffels und
ſeines Anhangs: Und je mehr der edle Perlen⸗baum gedrucket
wird / je haͤfftiger und gewaltiger er waͤchſet / er laͤſt ſich nicht un⸗
terdrucken / ob es auch das aͤuſſere Leben koſten foll.
6. Alſo mein liebes Bemuͤthe / forſche nach dem Baum des
Chriſtlichen Glaubens recht / er ſtehet nicht in der Welt; Wohl
muß er in dir ſeyn / aber du muſt mit den Baume mit Chriſto in
GoOtt ſeyn / alſo dag dir dieſe Welt nur anhange / wie fie denn
Chriſto auch nur anhieng; doch nicht alſo zu verſtehen / dag dieſe
Welt vor EHE nichts toͤchte oder nuͤtze wäre: Sie iſt das groſſe
Myfterium, und iſt der Menſch darumb in dieſe Welt geſchaffen
worden als ein weiſer Regent deſſelben / daß er ſoll alle Wunder /
fo von Ewigkeit find im Sulphur, darauß dieſe Welt mit Ster⸗
nen und Elementen iſt geſchaffen worden / eroͤffnen / und nach ſei⸗
nem Willen / in Formen / Figuren und in Bilduuͤſſen bringen /
alles zu feiner Freude und Heraligkeit.
7. Der Menſch war gang frey erfchaffen ohne einiges Ges
ſetze / er hatte kein Geſetz als nur dasnafürliche Gefeg / dag er
nicht ſolte ein Principium indasandere vermijchen : Der innere
Menfch folte nichts irrdiſches in fich einlaſſen / fondern folte All⸗
mächtig über das äuffere Principium herrſchen / fo ware fein Tod
noch Sterben in ihn kommen / es hätten ihm auch Die auffern E=
lemente nicht rügen koͤnnen / weder Hige noch Froſt hätte ihn ge⸗
zeuget: Denn als die edle Bildnüg im Feuer beftehen muß / alfe
folte auch diefelbe edle Bildnüg durch den ganzen Menfchen/
durch alle drey Principia herrfchen/ alles regieren / und mit der
Paradiß⸗Quaalerfuͤllen.
8. Weil es aber ja nicht mochte ſeyn / und je das Fleiſch irrdiſch
worden / ſo muͤſſen wir nun im Glauben gebohren werden / da
zwar das irrdiſche Leben das rechte Leben verdecket / ſo muͤſſen wir
das rechte Kleid anziehen / welches Hoffnung heiſſet / und unſern
Willen in die Hoffnung einſetzen / und immer am Baum des
J Blaue
196 Dritter Theil) vonder Menfchiv. Kap. 7.
Glaubens arbeiten] dag er feine Früchte bringe / als die holdſee⸗
lige gicbe gegen GOtt und feinen Nächften:Er foll Gutes wuͤrc⸗
ken / nicht alleine umb feinent willen / fondern auch daß er feinen
Nächften mit feinem Exempel und schen beffere: Erfolldenc»
ken jdager cin Baum im Reiche Gottes fey/dag er@ottes Frucht
trage/ und wachfe in Gettes Acker / daß feine Frucht auff Gottes
Tiſch gehöre / und dag er feine Wercke und ABunder in die rechte
Siebe einfaffe/ und in der Eiche wandele/ dag er die moͤge ins Reich
Gottes einführen Denn / Gott iſt ein Geiſt / amd der Glaube ift |
auch ein Geiſt mit Gott / und Gott iſt in Chrifto Menfch worden: |
Des Glaubens Geift wird auch in Chriſto Menfch gebohren; |
Alfo wandelt der WillenGeift recht in GOtt / denn er iſt ein
Geift mit GOtt / umd würdet mit GOtt Göttliche Werde: |
Und ob ihn das irrdiſche geben verdecket / daß er ſeine Wercke fo |
er im Glauben hat gebohren / nicht kennet / ſo wird es doch in
Zerbrechung des irrdiſchen Lebens offenbahr / denn die Hoffming
iſt ſein Kaſten / und ein Myſterium, darein des Glaubens Wercke
gefaͤet werden / und auch behalten.
Das 7. Capittel.
Zu was Ende dieſe Welt ſamt allem Weſen ſey ge⸗
ſchaffen/ auch von zweyen ewigen Myſterien: Bon dem |
maͤchtigſten Streite in den Menſchen umb die Bild⸗
nuͤß: Und worinne der Baum des Chriſtlichen Glau⸗
bens ſtehe / wachſe und Frucht trage. |
O denn der Menſch alfo in einem dreyfachen $e-
ben ftehet/ fo ijt jedes geben dem andern ein Mylte-
rium, und begehret des andern gu welchen Ende
diefe Weltimit allen Weſen iſt erſchaffen worden /
denn die Goͤttliche Weſenheit begehret des Spie⸗
gels oder Gleichnuͤß: Denn / dieſe Welt iſt ein Gleichnuͤs nach
GOttes Weſen / und iſt GOTT in einem irrdiſchen Gleichnuͤß
offenbahr: Denn die Wunder der Verborgenheit moͤchten in
der Engliſchen Welt in der Liebe-Gebuhrt nicht eröffnet werden;
Aber in dieſer Welt / da Liebe und Zorn gemiſchet iſt / alda iſt eine
zweyfache Gebaͤhrerin / da mochte es ſeyn / denn alle Ding ur⸗
ſtaͤnden aus der Fewers⸗Wurtzel / werden aber mit dem Waſſer
der Sanfftmuth umbfangen / daß es ein liebliches Weſen iſt;
So aber das Fewer in der Engliſchen Welt nicht erkannt 9*
enn
I» P)
Cap. 7. Ser Chrifti. 197
denn das Centrumder Gebährerin ftehetim Liechte / und ift das
Wort GOttes / fomdgendie Wunder ver Natur anderft nicht
als in einer geiftlichen Magia eröffnet werden / das ift / fie muͤſſen
in GOttes Weißheit erfehen werden sweilaber daffelbe den En=
geln undSeclen der Menſchen faft ungreitich iſt / un aber Gott in
den Engeln und Menſchen wil erkannt ſeyn / ſo luͤſtert die Engli⸗
ſche Welt nach den groſſen Wundern / fte zuerkennen / die in Got⸗
tes Weißheit ſind von Ewigkeit geſtanden / und dieſe werden in
der irrdiſchen Gleichnuͤß zum Weſen gebracht / in Figuren und
Bildnuͤſſen / alles nach den ewigen Effentiendes Centri der Natur,
Das die Wunder mögen ewig ftehen / aber micht effentialifch /
fondern in Figuren / in Bildnuͤſſen und Glechnüffen/ in For⸗
mungen: Nach dein Willen zwar magifch /aber die Gebährerin
iſt doch imCentro der Wunder / denn ſie tft einmahlaug dem Feu⸗
er erwerfet worden / aber fie wird in dein Myfterio wicder ver⸗
ſchlungen ) und fichetalsein verborgen Leben: Darumb follen
alle Weſen / gleich als im Schatten in der Englifchen Welt
offenbar werden/ aber nur die / welche in GOttes Willen und
in das Myſterium eingeführet worden / denn der Myſterien ſind
zwey / die da ewig find / als eines in der Siebe / und dasander im
Zorn: Wo ſich nun der Willn-Seift mit feinen Wundern bins
ein wendet / alda innen ſtehen auch feine Werde und Wunder.
2. Alfo ift uns imgleichen zu erkennen / daß auch das äuffere
des innern heftig begehret / denn alles Tarfft nach dem Centro,
als nach dein Urſtand / und begehret der Freyheit / denn im Feuer
der Natur iſt Angſt und Quaal / ſo wil nun die Bildung oder das
Bilde ver Sanfftmuth im Quaal der Liebe frey ſeyn / und mag
doch nicht im Quaal Der feurigen Eſſentien frey ſeyn / fo lange /
biß ſich die Quaal in der Zerbrechung ſcheidet / allda tritt ein jedes
in ſein Myſterium: Deßgleichen wil das Feuer vom Waſſer
frey ſeyn / denn das Waſſer iſt auch des Feuers Todt / und iſt
ihm auch Myfter'um : Ind ſehen wir gleich hiemit / wie das Waſ⸗
fer das Feuer gefangen haͤlt / und doch Eein fterben im Feuer iftz
“ fondern es ift nur ein Myfteriam im Feuer) wie denn zu ſehen iſt /
ng ——
wie es im Waſſer herfuͤr bricht / und fich eröffnet / da es auſſem
Centro feiner eigenen Gebährerin fich eröffnet / wie das im Wet⸗
ter⸗leuchten zu fehen ift / auch an einem Steine/ der doc Waſſer
iſt zuerfennen iſt; Schenaber vornehmlich / wie alle Geſtal⸗
ten der Natur des Liechtes begehren/denn in demfelben Begehren
wirddas Dchlerbohren / darinnen das Liecht erkannt wird/ dent
83 urſtaͤndet auf der Sanfftmuth.
%2 3. Alſo
198 Dritter Theil / von der Menſchw. Cap.7.
3. Alſo iſt uns zu erkennen unſer Leben / daß in uns des Few⸗
ers Centrum offen ſtehet / denn das Leben brennet im Fewer:
und denn iſt uns zu erwegen die Begierde zur Liebe / welche im
Worte des Lebens urſtaͤndet in der Engliſchen Welt / da das
Hertze GOttes mit feinem Begehren gegen uns mit feiner Ima-
gination ftchet/ und uns auch zeucht in das göttliche Myfterium,
4. Und zum dritten ift uns zu erwegen das wagiſche Reich
dieſer Welt / welches auch in uns brennet / und uns haͤfftig in
feine Wunder zeucht / denn es wil offenbahr ſeyn / und der
Menſch ift zudem Ende dareinerfchaffen worden / daß er daffelbe
Myferium offenbahre / und die Wunder ans Sicht und in For⸗
mern nach der ewigen Weißheit bringe: So er denn num dieſes
thun ſoll / andalfoin einem drepfachen Fewer brennet/ fo hat
der rechte Geift/ in deme die Englifche Bildnuͤß ſtecket / groſſe Uns
ruhe / und iſt in groſſer Gefaͤhrligkeit / denn er wandelt gar auff
einem ſchmalen Steige / und hat zweene Feinde / die ihn immer
ziehen / ein jeder wil in der Bildnuͤß ſeyn / und ſeinen Quall hin·
ein fuͤhren; Als nehmlich das innere / und aͤuſſere Fewer / das in⸗
nere Reich des Grimmes / und auch das aͤuſſere irrdiſche Reich
des Spiegels / und ſtecket die rechte Bildnuͤß alſo mitten in der
Quaͤtſche: Denn das innere Reich wil durch das aͤuſſere die
Wunder eroͤffnen / dieweil es aber zu ſcharff iſt / fo fleucht das
aͤuſſere Regiment vor dem innern / und greifft nach dem mittlern /
als nach ver Bildnuͤß / welche in der Freyheit GOttes ſtehet / und
flichtet ſich alſo in die Bildnuͤß ein: Denn es greiffet alles nach
dem Hertzen Gottes als nach dem Centro des Frewden-reiches:
Jetzt thut der Bildnuͤß noth / daß fi te fich wehre / den irrdiſchen
Gaft nicht einzulaffen / viel weniger den ferorigen / und wird
Doch auf beyden erbohren/ nehmlich auf dem Fewer das Seben/
und auf dem Arffern die Wunder. Darımıb thut dem Menfchen»
Bilde hoch noth / daß es ein mäfliges nüchternes Leben führe /
und fich mit dem auffern Reiche nicht zu fehr fülle / denn es mas
Het fonft feine Inwohnung in der edlen Bildnüß.
5. Hier verftchen wir den mächtigen Streit im Menfchen
unib die Bildnuͤß Gottes / denn ihrer drey ſtreiten darumb; Erfts
lich das ſtrenge Feuer-Leben / zum andern das Göttliche Sehen /
und zum dritten das irrdiſche eben :. Alfo ftecket das edle Bild in
der Mitten / und wird von dreyen gezogen: Jetzt ift ihme Noth /
daß ſichs im Glauben in das Myſter um der Hoffnung verberge /
und ſtehe in demſelben Myſterio ſtille / da denn der Teufel im in⸗
neren Feuers schen immer heraus in das aͤuſſere irrdiſche an
eben!
Cap. 7. JEſu Chrifti. 199
lehen in Hoffarth / Falſch und Geitz über die edle Bildnuͤß her⸗
reuthet / wil fie ins Feuer und Angſt⸗Leben einfuͤhren und zerbre—
chen: Denn der meynet immerdar / der Locus dieſer Welt ſey
ſein Koͤnigreich / er wil keine andere Bildnuͤß darinnen leyden:
Jetzt faͤllet nun die edfe Bildnuͤß in Creutz / Trübfal/ Angſt und
Noth / und gehoͤret alhier ein groſſer Streit darzu / ums Das edle
Ritter⸗Craͤntzlein der Bildnuͤß Gottes zu fechten / daher urſtaͤn⸗
det das Gebeth / daß die Bildnuͤßſtaͤts aus dem eingeführten irr⸗
diſchen Weſen / und auch aus den hoffaͤrtigen hoͤlliſchen Greweln
mit dem Gebeth außgehet / und immer in Gottes Leben in ſeine
Siebe eingehet; Und alfo extoͤdtet die rechte Bildnuͤß immer den
irrdiſchen Adam / und auch den höllifchen Hoffarts-Teufel/ und
muß immer ftchen als ein Ritter/ und ift ihr amallernüglichften/
dag fie fich in die Gedult einwickele / unter Das Creutz werffe / und
Immer inder Liebe auffquelle / denn das iſt ihr Schwerd/ damit
tie den Teufel ſchlaͤget / und das irrdiſche Weſen außtreibet: Sie
hat kein ander Schwerd damit ſie ſich wehre / als das ſanffte
Waſſer des ewigen Lebens / das ſchmaͤcket dem hoffaͤrtigen grim⸗
migen Feuer-Geiſte nicht / denn es iſt feine Gifft / er fleucht
dafuͤr.
6. So wir nun wollen den Baum des Chriſtlichen Glaubens
recht anmelden / ſo ſagen wir: Seine Wurtzel ſtehet im Myterio
der Hoffnung / fein Gewaͤchſe ſtehet in der Liebe / und fein deib in
der Faſſung des Glaubens / das iſt / da die Bildnuͤß mit jihremern⸗
ſten Begehren in Gottes Liebe eindringet und Gottes Weſen⸗
heit / das iſt / Chriſti Leib / faſſet: Das iſt nun das Corpus ‚dar
innen der Baum ſtehet / waͤchſet und gruͤnet / und bringet Früchte
in Gedult / dieſe gehoͤren alsdenn in die engliſche Welt / und ſie
ſind der Seelen Speiſe / davon ſie iſſet / und ihr fewrig Leben er⸗
quicket / daß es ins Liecht der Sanfftmuth verwandelt wird,
7. Alſo waͤchſet der Baum im Paradis Gottes / welchen der
aͤuſſere Menſch nicht kennet / und keine Vernunfft begreifft /uber
der edlen Bildnuͤß iſt er gar wohl kennlich / der wird alsdenn / fo
das aͤuſſere Leben zerbricht / offenbahr / und folgen ihm alle ſeine
Wercke im Myſterio der Hoffnung / darein er geſaͤet hat / nach:
Darumb ſoll ihm keiner / der Gottes Pilgrams-Straffe wan⸗
deln wil / vornehmen in dieſer Welt gute froͤliche Tage zu haben /
mit weltlichen Ehren / fondern Trübfal 7 Verachtung und Ver-
| folgung warten feiner alle Stunden: Eriftalhier nur in eincut
Jammerthal / und mug immer im Streit ftehen / denn der Teufel,
schet umb ihn her ! als ein bruͤllender Loͤwe / er reitet alle feine,
2 53 Kin⸗
x a A
200 Dritter Theil / von der Menſchw. Kap. 3.
Kinder ver Boßheit wider ihn / er iſt geachtet als ein Narr / er iſt
ſeinem Bruder unbekannt / feiner Mutter Haus ſpottet ſein /
und verachtet ihn; Ergehetdaher / ſaͤet in Truͤbſal / und aͤngſtet
ſich / aber es iſt Niemand / der es begreifft / oder deme es zu Her⸗
Ben gienge / jederman meynet / feine Thorheit plage ihn alſo:
Alſo bleibet er der Welt verborgen / denn er iſt mit ſeiner edlen
Bildnuͤß nicht vonder Welt / ſondern aus GOtt gebohren: Er
ſaͤet in Truͤbſal / und erndtet in Freuden / wer wil aber ſeine
Herꝛligkeit außſprechen / die ihme zu Lohn wird ? Oder wer wil
ſagen von dem Ritter-Eräntlein / welches er erlanget ? Wer fan
außſprechen die Crone der Jungfrawen / welche ihme die Jung⸗
fraw der Weißheit Gottes auffſetzet; Wo iſt eine ſolche Schoͤne /
Die den Himmel übertrifft? DO edle Bildnuͤß! Biſtu Doch eine
Bildnuͤß der H. Drenfaltigkeit / in der GOtt felber wohnet:
GoOtt ſetzet dir feinen fehönften Schmuck auff / daß du dich folt
ewig in ihm erfrewen.
3. Was iſt doch das Weſen dieſer Welt / dieweil es zerbricht /
und den Menſchen nur in Kummer / Angſt und Elend einfuͤhret /
darzu in Gottes Zorn / und zerbricht ihme das ſchoͤne Bild / und
zeucht ihm eine Larven an? O welche eine groſſe Schande wird
der Menſch deſſen haben / ſo er am Gerichts-tage GOttes wird
alſo mit einer thieriſchen Bildnuͤß erſcheinen / ohne das was her⸗
nach ſolget / indehm er ſoll ewig darinnen bleiben! Da wird
Grewel angehen / da wird achtzen und heulen ſeyn umb das ver⸗
lohrne Pfand / welches ewig nicht mag wieder erreichet werden /
da die Bildnuͤß ſoll in Ewigkeit vor dem greulichen Teufel ſtehen /
und thun / was der Grewel-Fürft Lucifer wil.
Das 8. Capittel.
| Auf was weife GOtt die Simde vergibet : Und wie
manein Kind Gottes wird.
x Jebes furchendes begieriges Gemüthe / das du hun⸗
gerft und duͤrſteſt nach Gottes Reich / mercke doch
den Grund / was dir gezeiget wird: Esift janicht
alfo ein leicht Ding ein Kind Gottes zu /
wie Babel lehret / da man die Bewiffen indie Hi⸗
ſtorien fuͤhret / ſie alſo hoͤflich mit Chriſti Leyden und Tod kitzelt /
da man die Vergebung der Suͤnden hiſtoriſch lehret / gleich einem
weltlichen Geruͤchte / da einem feine Schuld aus Genaden .
wir
Cap. 8. Jeſu Ehrifti. Jor
wird/ ob er gleich ein Schal im Herken bleibet: Es ift alhie
vielanderft/ GOtt wil keine Heuchler haben / er nimt nicht alſo
die Suͤnde von uns / in deme wir nur an der Wiſſenſchafft han⸗
gen / und uns des Leydens Chriſti troͤſten und aber im Gewiſſen/
in den Greweln bleiben. Es hriffer / ihr müffet von Newen ges
bohren werden/ oder foller nicht indas Reich Gottes foınmen :
Das fich einer wil mit Ehrifti Leyden und Tod kigelen/ und ihme
das zueignen / und wilaber mit feinem Willen unwiedergebohren
im adamifchen Menfchen bleiben / der thut eben als einer / der ſich
troͤſtet fein HErr werde ihm fein Sand fchenden / unangeſehen
dag er nicht fein Sohn ift/ und er es doch allein verheiffen dent
Sohne zu ſchencken: Alfo auch allhie/ wiltu deines HEren fand
befigen und zum Eigenthumb haben / fo muſtu fein rechter Sohn
werden / denn der Magd Sohn follnicht erben mit der Freyen
Der Hiftorien-Sohn iftein Frembdling / du muft aus GOtt in
Ehrifto gebohren werden / dag du ein leiblicher Sohn werdeft /
als dan biftu Gottes Kind / und ein Erbe des Leydens und Todes
Chriſti: Chriſti Todift dein Tod / feine Aufferftehung aus dem
Grabe ift deine Aufferftchung/feine Himmelfarth ift veine Him⸗
melfarth / und fein ewiges Reich ift dein Reich / indem du fein
rechter Sohn aus feinem Fleiſch und Blut gebohren bift / fo. biſtu
ein Erbe aller feiner Güter / anderfPFanftunicht Chrifti Kind
und Erbe ſeyn.
2. So lange das irrdiſche Reich in deiner Bildnuͤß ſtecket / fo
biſt du des verderbten Adams irrdiſcher Sohn: Es huͤlfft keine
Heucheley: Gib gute Worte vor Gott wie du wilt / fo biſtu
Doch ein fremdes Kind / und gehören dir nicht Gottes Güter / bif
du mit dem verlohrnen Sohn wieder zum Vatter kommeſt / mit
rechter wahrer Rew und Buffe über dein verlohrnes Erbgut: Da
muſtu mit deinem Willen-Geifte aus dem irzdifchen Leben auß⸗
gehen / und den irrdiſchen Willen zerbrechen / welches wehe thut /
mit dem Gemuͤth und Willen-Geift feinen gehabten Schag ver=
laſſen / darinnen der Willen-Geiſt war erbohren / und muſt in
Gottes Willen eingehen/ alda füeft vu deinen Saamen in Got⸗
tes Reich / und wirft in Gott / alseine Frucht / diein Bottes
Acker waͤchſet / newgebohren / denn dein Wille empfähet Gottes
Krafft / Ehrifti Leib / und wächfet dir der newe Leib in Gott / als⸗
denn biſtu Gottes Kind / und gchörendir Chriſti Güter / fein
Verdienſt ift dein Verdienft/ fein Leyden / Tod und Aufferftchung
iſt alles dein / du bift ein Glied an feinem Leibe / fein Geift ift dein
Geiſt / er leiten dich auff rechter Straſſen / und alles was du en
4 as
202 Dritter Theilivon der Menſchw. Cap.3.
das thuſt du GOtte / du ſaͤeſt indiefer Welt / und erndteſt im
Himmel Gottes / du biſt Gottes Wunder⸗werck / und eroͤffneſt
in den irrdiſchen Leben ſeine Wunder / und zeuchſt die mit deinem
Willen⸗Geiſte in das heilige Myſterium.
3. Alſo mercket diß ihr geitzige / ihr hoffaͤrtige / ihr neidiſche /
ähr falſche Richter / ihr Boßhafftige / dieipr ewren Willen und
Begierde in irꝛdiſche Guͤter in Geid und Gut / undin Wolluſt
dieſes Lebens einfuͤhret und haltet Geld und Gut für ewren
Schatz / und ſetzet ewre Begierde darein / und wollet gleichwohl
Gottes Kinder ſeyn / ſtehet und heuchlet vor Gott / er ſoll euch die
Suͤnde vergeben; Ihr aber bleibet mit ewrer Bildnuͤs in Adams
Peltze / in Adams Fleiſch / und troͤſtet euch alſo des Leydens Chri⸗
ſti / und ſeyd nur Heuchler: Ihr ſeyd nicht Gottes Kinder / ihr
muͤſſet in Gott gebohren werden / wollet ihr Kinder ſeyn / anderſt
betrieget ihr euch fanıbt ewren Heuchlern / welche euch eine gleiß⸗
neriſche Farbe vormahlen; Sie lehren / und ſind nicht von Gott
erkannt noch geſandt zu lehren / ſite thuns umbs Bauchs willen /
und umb weltlicher Ehre willen / und ſeind die groſſe Hure zu
Babel / die mit den Lippen GOtt heucheln / und mit dem Hertzen
and Willen-Geifte dein Drachen zu Babel dienen.
4. Liebes Gemüth / wiltu Gottes Kind werden / fo ſchicke dich
gur Anfechtung und Truͤbſal: Es ift nicht leicht und ſaufft ein⸗
zugehen in das Kinder⸗Leben / bevorab fo die Bernunfft im irrdi⸗
{hen Reiche gefangen liget / fie mug zerbrochen werden/ und muß
Der Wille von der Bernunfft aufgehen / er muß fih in GOttes
Reich / in demütigen Gehorfamb einſaͤen / alsein Korn in den
Acer gefüet wird: Er muß ich inder Bernunfft gleich als tod
machen / und Bott ergeben / alfo wächfee die newe Frucht in Bote
tes Reich.
5. Darumb ftchet der Menfch in einem dreyſachen geben / und
gehöret alles Gott zu: Die innere fewrige Eflentien deserften
Principii werden mit dem newen $eibe in Ehrifto eingeleiber/ dag
fie in Thriſti Sleifch und Blut aus Gottes Willen quallen / ihr
Fewer ift Gottes Fewer / aus welchem die Siebe / Sanfftmuth
und Demuth brennet/ dader heilige Geift außgehet / und huͤlfft
ihnen den Kampff wider die irrdifche Vernunfft / auch wider des
werderbten Sleifches und des Teufels Willen beftehen / fein Joch
des irrdiſchen Willens wird ihme leichter / aber er muß in diefer
Belt im Streite bleiben : Denn dem irrdiſchen geben gehöret
Nahrung / die muß der Menfch fuchen / und darffdoch auch nicht
feinen Willen und Here da hinein fegen und Daran hängen / er
mug
. — ——
- —
Cap. 8. JEſu Ehrifti. 203
muß GOTT vertrawen / feine irrdiſche Vernunfft tritt immer
in Zweiffel / es werde ihm fehlen / ſie wil inmmer GOTT ſchawen /
und kan doch nicht / denn GOTT wohnet nicht im irrdiſchen Rei⸗
che / ſondern in ſich ſelber.
6. Alſo muß die Vernunfft / weil ſie nicht kan GOTT ſchawen /
indie Hoffnung eingezwänget werden / da laͤuffet denn der Zweifel
wider den Glauben / und wil die Hoffnung zerftörens Da mug
denn der ernfte Wille nit der ———— die irrdiſche
Vernunfft ſtreiten / da thut es wehe Fund gehet offt trawrig zu /
bevorab wan die Vernunfft den Lauff dieſer Welt anſchawet / und
alſo ihren Willen-Geiſt / gleich als naͤrriſch gegen dem Lauffe
dieſer Welt erkennet / da heiſſets: Seyd nuͤchtern / wachet / fa⸗
ſtet und betet / daß ihr die irrdiſche Vernunfft moͤget ertaͤuben /
undgleich als tod machen / daß Gottes Geiſt Statt in euch finde:
Wenn derſelbe erſcheinet / ſo uͤberwindet er bald die irrdiſche Ver⸗
nunfft / und blicket den Willen in der Angſt mit ſeiner Liebe und
Suͤſſigkeit an / da denn allemal ein ſchoͤnes Zweiglein aus dem
Glaubens-Baume gebohren wird / und dienet alle Trübfal und
Anfechtungen den Kindern Gottes zum allerbeſten: Denn ſo offt
Gott uͤber ſeine Kinder verhaͤnget / daß ſie in Angſt und Truͤbſal
eingefuͤhret werden / ſo ſtehen ſie allemal in der Geburth eines
newen Zweigleins aus dem Glaubens⸗Baume: Wenn der Geiſt
Gottes wieder erſcheinet / fo fuͤhret er allemahl ein newes Ge⸗
waͤchs auff/ deſſen ſich die edle Bildnuͤß ſehr hoch erfrewet / und
iſt nur ümb den erſten Sturm zu thun / da der irrdiſche Baum
muß uͤberwunden / und das edle Korn in Gottes Acker geſaͤet wer⸗
den / daß der Menſch lerne den irrdiſchen Menfchen erkennen /
denn wenn der Wille Gottes Liecht empfaͤhet / ſo ſihet ſich der
Spiegel in ſich ſelber / eine Eſſentz im Liechte ſihet die andere: Alſo
findet ſich der gantze Menſch in ſich ſelber / und erkennet / was er
iſt / welches er in der irrdiſchen Vernunfft nicht kan erkennen.
7. Alſo ſoll Niemand dencken / daß der Baum des Chriſtlichen
Glaubens im Reiche dieſer Welt geſehen oder erkannt werde /
die aͤuſſere Vernunfft kennet ihn nicht: Und ob der ſchoͤne Baum
gleich ſchon im innern Menſchen ſiehet / noch zweifelt wohl die
irrdiſche Vernunfft / denn der Geist Gottes iſt ihr als eine Thor—
heit / fie fanden nicht ergreiffen. Ob es gleich geſchichet / dag der
heilige Geiſt ſich im aͤuſſern Spiegel eroͤffnet / daß das auffere
Leben darinnen hoch erfrewet / und vor groſſen Frewden zitferens
de wird / und dencket / nun habe ich den werthen Gaſt erlanget /
nun wil ichs glaͤuben / fo iſt Doch kein vollfoimmener im
3 ar⸗
204 Dritter Theilwon der Menſchw.ꝛc. Cap.8.
da rinnen / denn der Geiſt Gottes verharret nicht immerdar in der
irrdiſchen Quaal / er wil ein rein Gefaͤß haben / und wenn er wei⸗
chet in fein Principium, als in die rechte Bildnuͤß / ſo wird das
aͤuſſere Leben kleinmuͤhtig und zaghafft / darumb muß die edle
Bildnuͤß immer im Streite ſeyn wider das aͤuſſere Vernunfft⸗
Leben / und je mehr ſie ſtreitet / ſe groͤſſer waͤchſet der ſchoͤne Baum /
denn fie wuͤrcket mit GOtt. Denn gleich wie ein irrdiſcher Baum
in Wind / Regen / Kalte Hitze waͤchſet / alſo auch der Baum
Der Bildnuͤß GOttes unter Creutz und Truͤbſal / in Angſt und
Duaal/ in Spott und Verachtung / und gruͤnet auff in Gottes
Reich / und bringet Frucht in Gedult.
8. So wir denn folches wiſſen / fo ſollen wir dahin arbeiten /
und uns keine Furcht noch Schrecken laffen auff halten / denn wir
werden deffen ewig wohlgenieffen / und einerndten / mas wir
allyier in Angft und Mühe geſaͤet haben /
das wird uns ewig fröften /
Amen ‚ Hallelujah,
Ber
Berzeichnäß der Capitteln dieſes Erſten / An⸗
dern / und Dritten Theils des Buchs von der
Menfi a”, JESU CHRISTI des
Sohnes Gottes.
Erfter Theil.
Enp. 1.
De die Perſon Chriſti / wie auch ſeine Menſchwerdung
aus natuͤrlicher Witz oder dem Buchſtaben der Schrifft
ohne Göttliche Erleuchtung nicht koͤnne erkannt werden: Item
vom Urſtande des ewigen Goͤttlichen Weſens. Pag. 3
Cap. >.
Dffenbahrung der Gottheit durch die Schoͤpffung der Engel pr
Menfihen auß Goͤttlicher Eſſentz.
Cap. 3.
Die Pforte der Schoͤpffung des Menſchen. 16
Cap. 4
Von dem Paradiſiſchen Weſen iR ‚Regiment / wie es häfs
te mögen feyn / fo der Menſch wäre in der Unſchuld biies
ben. 23
Gap. 5. |
Vom Eläglichen elenden Falldes Menſchen. 30
Eap. 6. t
Bon Adams Schlafe / wie GOtt ein Weib habe aus ihme ge⸗
machet / und wie er vollend ſey irrdiſch worden / und wie ihme
GH mit dem Fluche das Paradis entzogen habe, 42
Cap. 7.
Vom verheiſſenen Weibes⸗Saamen und Schlangen⸗trettet. so
Cap. 8.
Von der Jungfrawen Maria / und der Menſchwerdung je
Ehrifti/ des Sohns Gottes.
Cap. 9.
Don Marien Jungfrawſchafft: Was fie vor der Benedeyung
fey geweſen / und was fie inder Benedeyung fep worden. 4 62
Car
Regiſter. 4
Cap. 10.
Don der Gebuhrt Jeſu Chriſti des Sohns Gottes / und wie er
neun Monat als alle Menſchen Kinder / ſey in Mutterlei⸗
be verſchloſſen gelegen] und wie eigentlichen feine Menſch⸗
werdung fey. " Pag. 72
Cap. ır,
Don der Nußbahrkeit : Was uns armen Heve Kindern di,
Menfhwerdung und Gebuhrt Jeſu Chriſti Gottes Sohn,
nuͤtze / die allerlichlichfte Pforte, 77
| ap. 12. |
Don der reinen Jungfrawſchafft / wie wir arme Herz Kinder
muͤſſen aug der reinen Jungfraͤwlichen Zucht in der Menſch⸗
werdung Ehrifti empfangen und in GOtt newgebohren wer>
den / anderſt follen wir GOtt nicht ſchawen. 82
Cap. 13.
Dom zweyfachen Menfchen / als vom Alten und Newen Adam:
Don zweyerley Menfchen ; Wie fich der Alte böfe gegen dem
Newen halte / was ein jeder für eine Religion, $eben und
Glauben führe/ was ein jeder verſtehe. 92
‚Don der Newen Wiedergebuhrt] in was Subftank / Effenk /
Wefen und Eigenfchafft die Newe Wiedergebuhrt / alsdas
Jungfrawen⸗Kind ſtehe / weil es noch im alten Adam ſtecket.
102
Der ander Theil. .
4% . Rap. x.
—82* des Lebens Urſtande auß dem Fewer: Item von dem
ewigen Geiſt in der ewigen Jungfrawen der Weißheit
Gottes / und was der ewige Anfang und das ewigt Ende
ey. 107
Cap. 2. 1.
Die wahre und höchfte Pforte der heiligen Dreyfaltigkeit / das
Auge des Sebens-fcheins von der Gottheit aus der Natur. 113
Cap. 3.
SHttauffer dem Principio des Ftwers nicht oſfenbahr 9
Regifter:
Item von dem ewigen / ungründlichen Willen / und von dem
ewigen Weſen. Pag. 115
Eap. 4.
Vom Principio und Urftand der fewrenden Welt : Item vom
‚Centro der Natur / und wie Jich das Licht vom Fewer ſcheidet /
daß alſo zwo Welten ineinander ind von Ewigkeit in Ewig⸗
keit. 121x
Cap. 5.
Vom krincipio in ſich ſelber / was es ſey. 128
Cap. 6.
Von unſerm Tode / warumb wir ſterben muͤſſen / ſintemahl
Chriſtus fuͤr uns geſtorben iſt. 137
Cap. 7.
Vom Geiſtlichen Sehen / wie ein trauriger Menſch in dieſer Welt
koͤnne Goͤttliche und Himmliſche Wiſſenſchafft haben / daß er
koͤnne von GOtt recht reden / und wie ſein Sehen ſey.
Die ander Citation oder Ladung der auffern Vernunfft dieſer
Weltin Fleiſch und Blut. 145
Cap. 8.
Die Pilgrams⸗Straſſe aus dem Tode ins Leben. 152
1, Ga
Mehr Umbſtaͤnde diefer dritten Citation hoch zu betrachten. 160
Eap. 10, .
Dom Ebenbilde Gottes des Menſchen / als von der Gleichheit
Gottes und des Menſchen. 263
Der Dritte Theil,
Cap. r.
as der Glaube ſey / und wicer ein Geiſt mit GOtt fey. 173
Cap. 2.
Bon dem Urſprung des Glaubens / und warumb Glaube und
Zweiffel beyſammen wohnen. 173
Cap,
Regiſter.
Cap. 3.
Woher Gutes und Boͤſes / Liebe und Zorn / Leben und Todt /
Frewde und Leyd koͤmmt / und wie die Wunder der Natur im
freyen Willen Gottes erſcheinen / auſſer daß die Freyheit
Gottes ſich vermenget mit den Wundern der Natur. Pag. 176
Cap. 4.
Wie man leben ſoll / umb die Freyheit Gottes zu erlangen / und
wodurch die Bildnuͤß Gottes verftöret werde : Item von dem
Standder Gottlofen nad) dem zeitlichen Tode. 181
Cap. 5.
Warumb die Gottloſen ſich nicht bekehren: Welches das
ſchmertzlichſte in der Bekehrung iſt: Von den falſchen Hir-
ten: Wie man in das Reich Gottes eingehen muß: Bon der
Zerſtoͤrung des Teuffels Reich: Von den dreyen Geſtalten
* Lebens / und was wir von Adam und Chriſto geerbet ha⸗
I , 185
Cap. 6.
Was die Luſt vermag: Wie wir in Adam gefallen und in Chris
flo wiedergebohren ſeynd / und wie es fo leicht nicht ift / ein
‚rechter Chrift zu werden. 393
Cap. 7.
Zu was Ende diefe Welt ſambt allem Weſen fen gefchaffen / auch
von zweyen ewigen Myfterien / von dem mächtigften Streit
in dem Menfchen umb die Bildnuͤß / und worinnder Baum
* Chriſtlichen Glaubens ſtehet / waͤchſet und Frucht traͤ⸗
‚ger 145
ap. 8.
Auf mas Weife GoOtt die Sünde vergibet / und wie man ein
Kind GHttes wird. 352
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Er der Titul⸗Figur Aber die S chs
Puncten.
BR die Morgenröhte ſcheidet ſich der Zag vonder Nacht /
und wird cin jedes in feiner Art und Krafft erkannt: Denn
ohne Gegenſatz wird nichts offenbahr / Fein Bild erfcheinet ju
Klaren Spicgel / ſo eine Seite nicht verfinftert wird; wer weiß
son Freüden zu fagen / der kein Leid empfunden/ oder vom
Frieden / der keinen Streit geſehen oder erfahren hat.
- Alfo iſt die Widerwertigteit eine Offenbabrung der Gleich⸗
heit die in der ftillen Ewigkeit in fich felber unempfindlich ſchwe⸗
bet/ ohne Liecht / ohne Finſternuͤß ohne Freud / ohne Leyd.
Wo komt aber die Widerwertigteit in die gleiche und ſtille
Ewigkeit / die nichts kennet weiß/ oder hat außer ſich?
Wo man was haben wil / das nicht da iſt / ſo thut ſolche Be⸗
gierde gugſt und wehe: Alſo ein derborgen Leben gibt keine
Freuͤde / und ſo dann die einfa hme Ewigkei hichts außer ſich hat /
fo ſuchet fie die Luſt ihrer eigenen Offenbahrung in ſich / denn es
liegt Kraͤfft / Macht und —— gkeit / ja alles un ihrem Buſcm.
Die tunckele Hoͤ zlle und lichtende Helle ball ee auß einem
Her tzen durchs Wo et / nach der Sorte Ich mache dus Licht /
e die Finſternuͤß / ich gebe Friede und ſchaffe
æel / ich bin der Herr der Ache⸗ alles thut / auff Daß
are beydes yon derSonnen Auffgang / und derSon⸗
ersang/ daß au ſer mir nichts ſey.
Und darumb theilet ſich die all Ei ige Freyheit und bleibet doch
eine ungetl eilte auffte Sinhei je ſuchet Lcht und Krafft uñ
machet ſich ſelbſt in der Begie r Angſt und Finſternuͤß / alſo
gebaͤhret fie ſich auß der Finſternuͤß zum Licht denn die Sins
ſternuͤse erweckt des Feuer / und das Feuer das Licht / und das
Licht offtnbahret die Wunder der Weißheit in Bildnuͤßen un
Figur wege ji Re auß ihrer ſanfften Feeyheit (ap dem Spie⸗
gel der Weißheit und Wunder in die finſter Vegierde) gefuhret
und in ihr verbor gen geweſen iſt.
tieHieonmerlänfkige and Flirer dies Buch
lehret
Cap. x. v.7. big — 22. biß 46, 49. 50. 54. big 60.64. 6g.r.2. +
3.4.6. 12. 13. 85,27. 30. 32. 34. 35: 37.42. 44.48. 50 c.
v. 3. biß 6. 10. big 17.1.5. v. 2. bis an den legten. nö; 2
GILT x. 2. 18.c. 9.9.17,
und weiter die folgenden:
Irrdiſch und Himmliſch Myflerium Text 1. v. x. Text 2. v. 1.
Text 3.0.34. Text 4.0. 1.2.3. 5. 7. 8.9. Tex.. 5. v. 1. biß 5.
Dreyfach Leben Cap. 2. v. 79. biß 90. 92 93. 94. €. 3. v. 2. 8, 11.
12.15.19. 20. 23. 26. 27. c. 4. v. 63. bil 72. 76. 77. 79. 86. 87.
(.5.0.15.19.20.02,04.113.
40. Fragen. 1. Stage. v. 6.8. 10. 11. 13. biß 32. 41. 42. 44.48.
biß 53.62. biß 65. 70. bij 76.97 222. 224.225.
. 2 Theilder Menfchwerdung Ehrifti. Cap.ı. v.6. 9. 20. bif 14.
1.2.0.1. 3. biß 8. c. 3.0.3.4: 5.0.0.5.0.16.0.12.0.5.
2 Theil der Menſchwerdung Chrifti. Cap. x. v. 8. 9. 10. 11.
12.(.2.0.1.2.3.4.6.0.3.2.1.bif 14. c. 4. v. 3. 4. 8. 120. xx.
c. 5. v. 2. biß 9. c. xo. v. 6. |
3 9* — der MenſchwerdungChriſti der Baum des Glaubens.
AP. 3. v. 3.
Alleine 6. Puneten. Cap. 6. v. 2.
Die Druck-fehler in dieſem Buche der Sechs Puncten
ſind dieſe.
Vorrede Linea. xı. für eigener lieſe einer.
Folio. ı14.L. 1. Freyheit iſt adde /
17. L. 14. nach nur dele / nach das adde /
37.1: 22. daß nur / lieſe daß ſie nur.
30. Ds 34. dennadde alfoijt uns zu verftehen,
40. L. 32. nach Leben hat faͤngt an 8. 14.
66, L. 59. nach Kegimentdelesadde/
L.
L.
40. nach Welt dele /adde :
32. fiir ewiger fiefe einiger.
Be EB Be
85,
BR
Fri
1
w
“A
J
.
Von ſechs Puncken
Hohe und tieffe Gruͤndung.
J. Vom Gepwpaͤchſe der drey Principien; Was ein
jedes in ſich / und aus ſich ſelber fuͤr einen Baum oder
Leben gebaͤhre. Wie man den Grund der Natur er⸗
forſchen und kennen ſoll.
II. Von dem vermiſchten Baum Boͤſes und Gutes.
Oder das Leben der dreyen Principien in einander / wie
ſich das vereinige und vertrage.
111. Vom Urſtande der Widerwertigkeit des Ge—
waͤchſes / in dehme das Leben in ſich ſelber ſtreitig wird,
IV. Wie der Heilige und Gute Baum des ewigen tes
bens ausallen Gewächfen der dreyen Principient aus⸗
und durch⸗wachſe / und von einem begriffen werde.
V. Bom Baum und sebens-Gewächfe der Verderb⸗
nüß / wieein eben verderbe / dasift/ wie es aus dem
Quaal der Siehe und Freuden / in eine Quaal des E-
lendes trette / welches allen andern Leben zuwider iſt.
VI Vom Leben der Zinfternüß / darinnen die Teu—
* wohnen / was das für eine Gebuhrt und Quaal
abe.
Eine offene Pforte aller Heimligkeiten des Le⸗
bene / darinnen die Urſachen aller Weſen erkannt
werden.
durd)
Jacoz Bönumen, fünften Teutonicus
genannt / im Jahr 1620,
Zu Amſterdam /
Gedruckt im Jahr Ehriftil 1682.
—
— —
E
Pr *
* J *
=
”
’
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sn
„
VORREDE
an den
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14
Ir haben KWerck nicht für die
unvernünffrigen Thiere geſchrie⸗
ben/welcheim äuffern Menſchen⸗
geftalt haben / aber in ihrer Bild»
nuͤß / im Geiſte / böfe und wilde
Thiere feynd / welches fich an ih⸗
ren £igenfchafften eröffnet / und
b Darftellee : Sondern für Men:
Oſchen⸗Bildnuͤß / denen fo aus der
Thierifchen Bildnuͤß susgrünen
mit eigener Menſchen⸗Buͤdnuͤß /
die in Gottes Reich gehören/ und
‚welche gerne wolten In der Menſchen⸗Bildnuͤß / in dem rech⸗
gen Menfchen leben und wachfen ; welche offt und vielver-
hindert werden von dem widerwerfigen Leben / und aljo im
vermifchten Leben ftecten / und fich ängften zur Geburth des
Heyligen Lebens : denen haben wir diefe Schrifften ge»
ſchrieben / und fagen ihnen / daß fiees nicht für unmäglich
anſehen zu erkennen / folche Geheimnuͤß zu wiffen / und ge⸗
ben ihnen das in einem Gleichnüß zu erfinnen. Ss ſtuͤnde
ein Leben / Das wäre aus allen Leben gewachſen / und wäre
vermifcht : es wüchfe aber ein ander Leben indemfelben /
aus allen Leben / Das wäre] obes gleich aus allen Leben ge⸗
wachſen wäre / frey von den andern Leben allen / und ſtuͤnde
Doch auch in allen Effentien der Leben.
Daffelbe andere newe Keben / wide mit dem Siechteer-
leuchtet / und nur in fich / Daß es Die andere Keben alle ſchaw⸗
en koͤnte. Und fihe die anderen Leben Fönten das newe Sec
ben nicht ſchawen noch ergreifen. Alſo ift ein jeder / der aus
oem vermifchten Leben / Boͤß und Gut / wieder in und aus
GO TC gebohren wird, A 2 Die⸗
Vorrede an den Sfr. 0°.
Diejelbe newe Bildnuͤß / im Leben Gottes erbohren / ſchaw⸗
et alle näturliche Leben / und ift ihr nichts frembde oder
ſchwer / denn fie ſchawet nur ihre Wurtzel daraus fie gewach⸗
fenift ; als uns Das zu erkennen iſt / wie einefchöne Blume
aus der wilden Erden wächit/ Dieder Erden nicht ähnlich ſte⸗
bet / erkläret aber mir ihrer Schönhett der Erden Dermögen>
heit / und wie fie mit Guten und Böfen vermifcher fey : Als
fo auch ift ein jeder Menfch/der aus der thierifchen wilden irr⸗
difchen Arth und Eigenfchafft / wieder zur rechten Bildnuͤß
ottes gebohren wird.
Denen fo nu im Gewaͤchſe ſeynd / und zu der fehönen Ste
lien im Reiche Gottes treiben / und in der Gebuhrt ftehen /
haben Wir diß Buch gefchrieben / daß fieihre Effentien dar⸗
innen follen ftärken / im Leben Bottes grünen und im Baus
nie des Paradeifes wachfen / und Seucht tragen ; Sinte⸗
mahl alle Rinder Gottes ſo in dieſem Baume wachfen / und
ein jedes ein Zweig am felben Baumeift;fo haben wir unfern
Zweigen und Mitaͤſten / in unſerm Baume / darinnen wir
alle ſtehen / und daraus wir alle wachſen / unſern Safft /
Ruch und Eſſent mittheilen wollen / daß unfer Baum des
Paradeiſes groß wuͤrde / und wir uns untereinander freweten /
und daß je ein Aſt und Zweig den andern fuͤr dem Sturm
huͤlfft bedecken / geben wir allen Kindern dieſes Gewaͤchſes
in dieſem Baume freundlich zu erwegen / und thun uns in.
ihre Liebe und Gewaͤchs empfehlen,
Dr
Pag. 5.
Der Erfte Punct.
Das ı. Capittel.
Bon dem erften Gewächfe und geben / aus dem erften
Principio. Alſo zu erwegen und zu betrachten / als
obs allein ſtuͤnde und mit dem andern nicht vermiſcht
waͤre was feine Bermögenheit ſeyn Fönte : Nicht
dergeftalt alfo zugedencken / daß es in einer Figur
oder Creatur alſo einig ſey fondern daß man lerne
forfihen und gründen / das Centrum Naturz, und
das Göttliche Weſen lerne unterfcheiden von der
Natur.
” 0 ‘
FOILZETRVTZTÄEON, St fehen und befinden / daß ein
M = A N jedes Leben eſſentialiſch ift ; Und
MR 4 DS denn befinden wir / dag cs im
N —9 Tr Willen ſtehet / denn der Wilke
DI — iſt das Treiben der Eflentien,
DNS ü)
nen / als obein verborgen Few⸗
IN A\ Per im Willen läge / da ſich der
y Wille immer gegen dem Fewer
SU, HE |
ZI und anzunden.
ID 3. Denn wir verfichen / daß
jeder Wille / ohne die Erweckung der fewrigen Eflentien/ eine
lung / Verſtand / noch Wefenheit innen iſt: denn er gleichet
ſich nur einem Schatten ohne Weſen / denn er hat keinen Fuͤh⸗
rer / ſondern Er erſinckt / und laͤſt ſich treiben und fuͤhren / gleich
den iſt / der ohne Eſſentz gefuͤhret wird.
4. Alſo iſt ein un⸗eſſentialiſcher Wille / ein ſtumm Weſen
ohne Begriff und Leben / und iſt doch eine Figur in dem ungruͤnd⸗
Dingen.
5. Wienunder Wille ohne Eſſentz ſtum und ohne Mefen ift /
alſo iſt er im der Eſſentz ein Weſen und Bildnis nach den Effen=
A
x
I 2. Und ift ıms alfo zu erfin-
—
VA j
/ EN Ey erhuͤbe /und wolte das erwecken
Unvermögenheitift/ gleich als ſtumm ohne Leben / da keine Fuͤh⸗
einen toden Weſen / als folhes an einem Schatten zu ergruͤn⸗
lichen ewigen Nichts / denn er hanget an den corporalifchen
3 tien /
6 Bon Sechs Puncten. Eap. ı.
rien] welcher nach den Effentien gebildet wird ; Denn des Wil-
lens Leben wird ausden Eflentien erbohren.
6. Alfo ift das Leben der Eflentien Sohn / und ver Wille/
darinnen des Sehens Figur ftehet/ ift der Eflentien Batter / denn
feine Eſſentz mag ohne Willen entſtehen; denn im Willen wird
Das Begehren geurftändet/in welchem die Effentien urftänden.
7. So denn der erſte Wille ein Ungrumd ift / zu achten als ein
ewig Nichts; So erkennen wir ihn gleich einem Spiegel / dariñ
einerfein eigen Bildnuͤß ſiehet / gleich einemLeben / und ift doch kein
Leben / ſendern eine Figur des Lebens und des Wildes am Leben.
8. Alſo erkennen wir den ewigen Ungrund / auſſer der Natur /
gleich einem Spiegel: denn er iſt gleich einem Auge / das da ſiehet /
und fuͤhret Doch nichts im Sehen damit es ſtehet / denn das Se⸗
hen iſt ohne Weſen / da es doch aus Weſen erbohren wird / als
aus dem eſſentialiſchen Leben.
9. Alſo iſt uns erkaͤnntlich / daß der ewige Ungrund auſſer der
Natur ein Wille ſey / gleich einem Auge / da die Natur inne ver⸗
borgen liget; gleich einem verborgenen Fewer / das nicht bren⸗
net / das da iſt / und auch nicht iſt: Es iſt nicht ein Geiſt / ſondern
eine Geſtalt des Geiſtes / als der Schimen im Spiegel / da alle
Geſtalt des Geiſtes im Schimen oder Spiegel erſehen wird /
und iſt doch nichts / das das Auge oder Spiegel ſehe / ſondern
ſein Sehen iſt in ſich ſelber / denn es iſt nichts vor ihme / das da
tieffer wäre. Es iſt gleich einem Spiegel / welcher cin Behalter
des Anblicks der Naturift/ und begreifft doch nicht die Natur /
unddie Natur auch nicht den Schimen des Bildes im Spiegel.
zo. Alfo ift eines frey vom andern / undift doch der Spiegel
wahrhafftig der Behalter des Bildes ; er faſſet das Bild und -
iſt Doch ummächtig gegendem Schimen / denn er fanden Schi»
men nicht erhalten : Denn fo das Bild vom Spiegel tritt / fo iſt
der Spiegel ein heller Glaft / und fein Glaſt ift ein Nichts und
Sigt doch alle Geftalt der Natur darinne verborgen / gleich als
ein Nichts / und ift doch wahrhafftig / aber nicht eſſentialiſch.
zı Alſo iſt uns dig zu erkennen umd zu verfichen von der
verborgenen einigen Weißheit Gottes / vie gleicht fich alfo einem:
ewigen Auge ohne Werfen ; Sie ift der Ungrund / und ſiehet
doch alles / es ift allesin ihr von Ewigkeit verborgen geftanden /
Davon fteihr Sehen hat. Sie iſt aber nicht efl’nrialifch / wie der
Glaftim Spiegelnicht eflentialifch ift / der doch alles faffet/ / was
vor ihm erfcheinet. a0
zı. Zum andern/ift vom ewigen Willen I per auch ohne De
en
Der Erfte Punct. 7
fen iſt / uns imgleichen zu verftchen von dem Geifte Bottes ; denn
kein Sehen ift ohne. Geift/ auch kein Beifl ohne Sehen / und
verfichen alfo / dag das Sehen aus dem —— welches
fein Auge und Spiegel iſt / darinne der Wille offenbahr iſt /
denn das Sehen machet einen Willen / in dehme der Ungrund
der Tieffe ohne Zahl keinen Grund noch Ziel weiß zu finden; ſo
gehet ſein Spiegel in ſich / und machet einen Grund in ſich / das
iſt ein Wille. i
13. Alſo erſcheinet der Spiegel des ewigen Auges im Wil⸗
len / und erbiehret ihme ſelber einen andern ewigen Grund in ſich
ſelber / derfelbe iſt ſein Centrum oder Hertz darauf das Sehen
von Ewigkeit immer urſtaͤndet / und dadurch der Wille räge und
führende wird/ nehinlich deffen was das Gentrum erbiehret.
14. Dennes wirdallesim Willen ergriffen / und iftein We⸗
fen / das ſich im ewigen Ungrunde / in ſich ſelber ewig ur⸗
ſtaͤndet / in ſich ſelber eingehet / und machet dag Centrum in ſich /
faſſet ſich ſelber in ſich / gehet aber mit dem gefaſten aus ſich / of⸗
fenbahret ſich im Glaſte des Auges: und erſcheinet alſo aus dem
Weſen in ſich und aus fich ſelber; es iſt ſein Eigenes / und iſt
Boch auch gegen der Natur als ein Nichts. Verſtehe / gegen dem
greifflichen Weſen alſo zu reden / da es doc alles ift / und alles
Daher urſtaͤndet.
ı5. Und verfichen: wir alhie das ewige Weſen der Drepheit
der Gottheit / mitder ungründlichen Weißheit: Denn der ewige
Wille) der das Auge faflet / gls den Spiegel / darinn das ewi⸗
ge Sehen ftchet / als ſeine Weißheit / ift Datter / und das ewi-
se Gefaffere in die Weigheit / Da das Faſſen einen Grund
oder Centrum in fich felber aus dem Ungrunde in Grumd faf-
fet / iſt Sohn oder Hertze / denn es iſt das Wort des Sehens /
Po feine. Weſenheit / darinn der Wille mit dem Glaft ers
einet.
16. Und das In⸗ſich⸗gehen zum Centro des Grundes / iſt
Beift/ denn es ift der Finder / derda von Ewigkeit immer fin-
det / da nichtsift ; diefer gehet wiedermmb aus dem Centro des
Grundes aus / und ſuchet in dem Willen, Jetzt wird der Spie>
gel des Auges / als des Batters und Sohnes Weißheit / offen-
bahr. Und ſtehet die Weißheit alſo vor dem Geiſte Gottes / der
den Ungrund in ihr offenbehret / denn ihre Tugend / darinn
die Farben der Wunder erſcheinen / wird aus dem Vatter des
ewigen Willens durch das Centrum feines Herkens oder Grun⸗
des / mit dem außgehenden Geiſte geoffenbahret.
———— x7. Denn
8 Don Sechs Puntten. Eapr.
17. Denn fie iſt das Außgeſprochene / das der Vatter aus dem
Centro des Hertzens / mit dem H. Geiſt außſpricht / und ſtehet
in Goͤttlichen Foruungen und Bildnuͤſſen / im Augenſchein der
H. Dreyeinigkeit Gottes; aber als cine Jungfraw ohne gebaͤh⸗
ren / ſie gebiehret nicht die Farben oder Figuren fo in ihr erſchei⸗
nen / und offenbaͤhr ftehen im Grunde und Weſen: fondernes
ift alles zufanımen eine Ewige Magia, und wohnet mitdem Cen-
tro des Hertzens in fich / und nit dem Geifte aus Dem Centro ges
bet es aus fich / und offenbahret ich im Auge der Jungfraͤwlichen
Weißheit in unendlich.
18. Denn wie das Weſen der Gottheit feinen Grund hat /
daraus es urftande/ oderherkomme : Alfohatauch der Willens
Beift feinen Grund / Stätte oder Ziel / da er möchte ruhen; ſon⸗
dern er heift Wunderbahr / und fein Wortoder Herge/ daer
von außgehet / heift Ewige Krafft der Gottheit ; und der Wil⸗
9 F das Hertz und die Krafft in ſich erbiehret / heiſt Ewig
th.
x9. Alſo iſt das Weſen der Gottheit an allen Enden und Orten
in der Tieffe des Ungrundes / gleich als ein Radt oder Auge / da
der Anfang immer das Ende hat / und iſt ihm keine Staͤtte erfun⸗
den / denn er iſt ſelber die Stätte aller Wefen / und die Fülle al⸗
der Dinge / wird doch von nichts ergriffen oder gefehen / denn es
ift cin Auge in fich felber / wie Ezectiel foldyes in einer Figur
gefehen hat in Einführung feines Willen-geiftsin GOtt / da
feine Geiftliche Figur ift in die Weißheit Gottes cingeführet
worden mitdem Geifte Gottes / alda er das Schauen erreichet
hat / und anderſt kan das nicht ſeyn.
Der andere Text.
20. Alfe verftehen wir/ daß das Böttliche Weſen in Drey⸗
faltigkeit im Ungrunde / in fich felber wohne / gebähre ihm aber
einen Brund in fich felber / als das ewige Wort oder Herk / wel⸗
ches das Centrum oder Ziel der Ruhe in der Gottheitift/ und
da es doch nicht von Weſenheit verſtanden wird / fondern von ci»
nem Drepfaltigen Geift/ da je einer des andern Urfach inder
Gebuhrt ift.
21. Undiftderfelbe Drenfaltige Geift doch nicht meßlich / ab⸗
theilig / oder grümdfich ; denn ihme ift keine Stätte erfunden /
und iſt zugleich der Ungrund der Ewigkeit / der fich in fich felber
im Grund erbiehret; und Fan kein Ort oder Stätte erfonnen oder
gefunden werden / da der Geiſt der ——— —
wẽtig
Cap r Der Erſte Punct. 9
h
wärtig/ und in allem Weſen wäre / aber dem Weſen verbor>
gen/ in ſich felber wohnend/ als ein Weſen das zugleich auff
einmahl alles erfüllet / und doch nicht im Weſen wohnet / ſon⸗
dern felber ein Mefen in fich hat ; als uns zu gründen iſt vom
, Grund und Ungrunde / wie die beyde gegeneinander verſtan⸗
den werden.
22. Alfo verftchen wir die Ewigkeit ; 1. Wie cs geweſen ſey
por den Zeitender Schöpffung diefer Welt. 2. Weiter was das
Göttlihe Wefen in fich felber ohne ein Principium fiy. 3. Was
der ewige Anfang im Ungrunde / unddas ewige Ende in feineng
eigenen / in fich geboyruen Grunde fey / als das Centrum zum
Worte j welches ABort das Centrum felber iſt. 4. Und doch
die ewige Gebuhrt des Wortes im Willen / im Spiegel der
ewigen Weißheit / als in der Jungfrawen / ohne Gebaͤhre—
rin/ oder ohne Gebühren von Ewigkeit zu Ewigkeit immer ge⸗
ſchehe.
23. Und in derſelben Jungfrawen der Weißheit Gottes iſt das
ewige Principium, als ein verborgen Fewer / welches alſo / wie
in einem Spiegelerfannt wird / an ſeinen Farben / und iſt von
Ewigkeit zu Ewigkeit in der Figur erkannt worden / wird
auch in alle Ewigkeit im ewigen Urftande alfo in der Weiß⸗
heit erkannt.
24. Im felben Spiegel / da das Principium aus dem ewigen
Ungrunde eröffnet wird / ift das Weſen der drey Principien/ttach
dem Gleichnuͤß der Heiligen Dreyfaltigkeit/ erfehen worden / mit
ihren Wundern / als in einer ungründlichen Tieffe / und ſolches
von Ewigkeit.
25. Und iſt uns jeßt alfo zu verfichen/ daß das erſte Prin-
eipium im Urftande magifch fey / denn es wird im Begehren
im Willenerbohren : daher denn feine Sucht und Widerwille
zu gebähren auch Magifch iſt / als nehmlich das andere Principium
zugebähren.
26. Und fo es denn im aflen und zten Principie nur als cin
Geiſt / ohn begreifflih Wefen verftanden wird / fo iſt die
Sucht ferner das dritte Principium zu gebahren / da der Geift
der zweyen Principies möchte ruhen / und fich offenbahren ins
Gleichnuͤßz.
27. Und wiewohl ein jedes Principium fein Centrum. hat / fo
ftehet doch das erſte Principium in der Magifihen Quall / und
fein Centrum ift Fewer / welches ohne Wefen nicht beſtehen
mag / darumb fein Hunger und Begehren nach Weſen ift.
B 28. Und
10 Von Sechs Puncten. Cap. ı.
28. Und iſt uns vom x. Principio, fo wir bloß von Einem reden /
wiewohl es nicht Einig iſt / zu verfichen/ daß der ungründliche
Wille im Centro des Ungrundes/ als darinnen das ewige Wort /
von Ewigkeit immer erbohren wird / begehtende fey / denn der
Wille begehretdas Centrum als das Wort oder Herge.
29. Und zum Zweyten begehreter dag das Herge möchte offen⸗
Bahr feyn ;dan im Ungrunde ift Feine Offenbahrung / fondern ein
ewig Nichts / eine Stille ohne Weſen oder Farben / auch Eeine
Zugend: Aber indiefem Begehren werden Farben / Krafft und
Zugend / und iftdochalfo nur in ſich verborgen / und wäre. ewig
nicht offenbahr / denn es wäre Fein Liecht Glans oder Mayes
ſtaͤt / ſondern ein dreyfacher Geift im fich felber/ welcher ohne
Quaal einiges Weſens wäre.
30. Alſo iſt uns zu verſtehen das Weſen der tieffeſten Gottheit
ohne und auſſer der Natur.
31. Und ferner / Wie der ewige Wille der Gottheit begehret auß
ſeinem eigenen Grunde ſich zu offenbahren im Liechte der Maye⸗
ſtaͤt / da wir denn den erſten Willen des Vatters zum Sohne /
und zum Liechte der Mayeſtaͤt begehrende / erkennen. Und das in
zwey Wegen / der erſte Weeg zum Centro des Worts / 2. zum
Liechte oder Offenbahrung des Worts. Und befinden daß ein jedes
Begehren anziehende ſey / wiewohl im Ungrunde nichts iſt / das da
koͤnte gezogen werden; fo zeucht ſich aber das Begehren ſelber / und
ſchwaͤngert den anderen Willen des Vatters / welcher zum Liechte
der Majeſtaͤt / auß dem Centro feines Worts oder Hertzens iĩma⸗
iniret.
32. Jetzt iſt das Hertze des Liechtes ſchwanger / und der erſte
Wille der Natur ſchwanger:und waͤre doch auch alſo keines offen⸗
bahr / fo nicht das Principinm erbohren würde.
33. Denn uns iftalfpzufinnen/ daß der Vatter erbichret das er⸗
ſte Principium, au dem erften Willen/ als die Natur/ welche im
Fewer zur hoͤchſten Vollkommenheit komt; und denngebichret er
das andere Principium , in und auf dem andern Willen / zum
Worte / indem er der Offenbahrung des Worts im $iechte der
Majeftätbegehret ; da das Fewer desandern Principii im Siccht
der Majeſtaͤt / cine Erfüllung des anderen Willensift : als
Sanfftmuht/ welche dem Fewer des erfien Principii entgegen ge=
ſetzet ift / und feinen Grimm leſchet / und inein eſſentialiſch We—
ſen / alß in ein ewig Leben ftellet / da das Feuer im Liechte ver—
borgen iſt / und giebt dem Liechte feine Krafft / Staͤrcke und
Maͤcht / da es denn zuſammen ein ewig Band iſt / und eines ohne
das ander e nichts ware. Vom
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Cap.r. Der Erſte Punct. si
Vom J. Principio infich felber | was es in fich felber ei=
gentlich fey.
34. Dem Begehren ift nachzufinnen/denn cin jedes Begehren
iſt anziehend Degen / was im begehrenden Willen iſt.
35. Sobegepret doch GOTT nur Licht / als den Blank auf
feinem Hertzen / daß er in der Weißheit erſcheine / und der ganze
GHTZ alſo in ſich / und mit dem außgehenden Geiſt auß ſich / in
der Jungfrawen feiner Weißheit offenbahr fey; und Dep eine
ewige volltommene Frewde / Luſt und Er fuͤllen in ihm ſey.
36. Dieſes mag nu anderſt nicht erbohren werden / als durchs
Fewer / da der Wille in die kieffefte Schärffeder Allmacht ges
feet wird / in dem er im Fewer verzehrend wirds hergegen iſt das
Liecht eine Sanfftmuth der Gebährerinder Allwefenpeit.
37. So muß nun das Fewer doch auch eine Gebaͤhrerin zu
feinem Urſtand / und Leben haben / jetzt erſcheinets in zweyen
Leben und Quaalen. Und werden billig zwey Principia geneũt / da
es doch nur eines iſt / aber zweyerley Quaal in einem Weſen / und
wird wegen der Quaal fuͤr zwey Weſen geachtet / als am Fewer
und Liechte zu erſinnen iſt.
38. So ſinnen wir jetzt dem Begehren nach / und befinden /
das es ein ſtrenges Anziehen ſey / gleich als ein ewig Erheben und
Bewegen; denn es zeucht ſich ſelber in ſich / und ſchwaͤngert ſich /
daß alſo aus der dinnen Freyheit / da nichts iſt / eine Finſternuͤß
wird; denn der begehrende Wille wird vom Einziehen dick und
voll / da es doch auch nichts iſt / als Finſternuͤß.
39. Jetzt wil der erſte Wille von der Finſternuͤß frey ſeyn /
denn er begehret Liecht / mags doch alſo nicht erreichen ; denn je
größer das Begehren nad) der Freyheit ift / je größer wird das
Anziehen und der Stachel der Effentien / welche in Ziehen oder
Begehren urſtaͤnden.
40. Alſo zeucht der Wille je mehr in ſich / und wird ſeine
Schwaͤngerung je groͤſſer / und kan doch die Finſternuͤß nicht das
Centrumdes Worts / oder Hertzens der drey-Zahl ergreiffen /
a daffelbe Centrum ift eingrad tieffer in fich / umdift doch ein
and.
4x. Aber der erfte Wille / darinnen die Schwängerung der
Natur urſtaͤndet / iſt noch tieffer / / als das Centrum des Worts/
denn er urſtaͤndet aus dem ewigen Ungrunde oder Nichts:
Und iſt alſo des Hertzens Centrum in der Mitte geſchloſſen /
da der erſte Wille des Batters zur Fewers⸗Gebuhrt arbeitet.
42, So iſt ung num zu erkennen / daß in dem ſtrengen An⸗
B 2 ziehen
12 Bon Sechs Puntten. Kap.r:
zichen eine ganke firenge Subflank und Weſen werde ; da dann
die Wefenheit von Ewigkeit urſtaͤndet; denn das Zichen giebt
Stachel / und das angezogene giebt Härtigfeit / Materiam
aus dem Nichts / eine Subftang und Weſenheit. Jetzt woh—
net der Stachel des Ziehens in derfelben Wefenheit/ fticht und
bricht / und das alles vom begehrenden Willen/ welcher zeucht.
43. Alfo find uns alhie zwey Geftalten der Natur zu erken⸗
nen/ als Herbe/ das ift das Begehren, und denn Stachel /
der macht indem Begehren ein Brechen und Stechen / davon
die Kühlung urftändet / das ift Bitter / ift die andere Geftalt
der Ratur / eine Urfach und Urftand der Effentien inder Natur.
44. So dan dererfte Wille mitdiefem nicht begnüget / noch
zur Ruhe geftellet / fondern hiemit imeine gar große Angſt ge»
fest wird / denn er begehret die Srepheit im Liechte / und ift doch
auch kein Glan in der Freyheit; Jetzt geräht er in erſchreck⸗
liche Angſt / und erhebt das Begehren alfo fehr nach der Frey⸗
heit / daß die Angft / als ein Sterben oder Erfinden / durch den
Tod ihren Willen in die Freyheit / aus dem Brechen / Stechen /
und gewaltigen Anzichen/ einführet.
45. Verſtehen alfoden Willen allhie in gween Weege. Einer
der in Grimmigfeit aufffteiget / zur Gebahrung des Grimmen
Fewers. Der ander / der nah des Worts Centro imaginiret /
und aus der Angft / gleich als durch ein Sterben erfindet indas
freye geben / und bringet gleich alfo ein geben aus der Angſt⸗
quaal mit fich in die Freyheit / dag der ewige Ungrund fuͤr ein
schen erkannt wird/ und aus dem Nichts ein ewig gehen wird.
46. Sp venn dererfte Gang des Willens zur Fewer⸗gebuhrt
aufffteiget/ fo erkennen wir ihn für die erfte Natur / als des
Vatters Natur im grimmen Zorne ; und den andern Eingang
des Willens indie Freyheit / ins Centrum des Herkens / erken⸗
zen wir für die Göttliche Natur/ für das geben im Liechte / in
der Krafftder Gottheit.
47. Alfo ift nun erkaͤntlich / was der erfte Wille zum Fewer
würde und thue / nemlich / ſtrenge / harte/ bitter und groffe
Angft / welche die dritte Geftaltder Natur iſt; denn die Angſt
ift gleich als das Centrum, da das schen und der Wille ewig ur=
ftändet ; denn der Wille wil von der groffen Angft frey feyn /
und mag doch nicht : Er wil fliehen / und wird doch von der
Herbigkeit gehalten ; umd je gröfer der Wille zum flichen
wird / je größer wird ver biffere Stachel der Eflentien und
Vielheit.
48. Als
Sap.ı. Der Erſte Punct. 13
48. Als er denn nicht fliehen kan / auch nicht über fich ſteigen /
fo wird er drehend als ein Radt / alda werden die Eflentien ge=
miſchet / und komt die Vielyeitder Eflentien in einen gemiſchten
Willen / welcher billig das Ewige Gemuͤhte heiffet/ da die Diele
heit mit dem unzehlbaren Weſen in einem Gemuͤthe liget / da
immer aus ciner Eflentia mag wieder ein Wille entſtehen / nach)
derfelben Efleng Eigenfchafft / Daraus die ewigen Wunder ur»
ſtaͤnden.
49. Sp dann das große und ſtarcke Gemuͤthe der Angſt⸗ge⸗
ſtalt alſo in ſich als ein Radt gehet / und immer dag ſtrenge An⸗
ziehen zerbricht / und mit dem Stachelin Vielheit der Eſſentien
bringet; und aber in der Angſt wieder im Rade in eins / als in
ein Gemuͤthe faſſet; fo iſt das Angſt-leben jetzt gebohren / als
die Natur / da ein Raͤgen / Treiben / Fliehen / und Halten iſt /
darzu ein Fuͤhlen / Schmaͤcken und Hoͤren: Und iſt doch nicht
ein recht Leben / ſondern blog ein Natur⸗leben / ohne ein Prin-
cipium ; denn es hat kein Wachfen / fondern iſt gleich einer IIn=
finnigkeit oder Tollyeit / da etwas in fich drehend fähretals ein
Radt / damolein Band des Sehens iſt / aber ohne Verſtand und
Erkaͤntnuͤß / denn es kennet ſich ſelber nicht.
50. Alſo weiter zu forſchen von dem andern Willen des ewi⸗
gen Batters/ der GOtt genannt wird / der begehret in ſeines
Hertzens Centro das Liecht / und die Offenbahrung der Dreyheit
in der Weißheit / derſelbe Wille iſt gegen dem Centro Naturz
geſetzt oder gericht / denn aus der Natur muß der Glantz der Ma⸗
jeſtaͤt urſtaͤnden.
51. So hat nun derſelbe andere Wille im Wort des Lebens
die Freyheit in ſich / und der Angſt-Wille in der Schaͤrffe der
Natur begehret der Freyheit / daß die Freyheit moͤchte in der
Angſt des grimmigen Gemuͤths offenbahr werden.
52. Dannenhero deñ auch die Angſt entſtehet / daß der erſte Wil⸗
le wil von der finſtern Herbigkeit frey ſeyn / und die Freyheit
begehret der Offenbahrung / denn ſie kan ſich in ſich ſelber ohne
Schaͤrffe oder Quaal nicht finden; denn der Wille der Freyheit /
welcher Vatter heiſt / begehret ſich zu oſſenbahren / und das kan
er ohne Eigenſachfften nicht thun.
53. Alſo iſt er begehrende der Eigenſchafften / welche in der
Angſt in den Eſſentien im Fewer urſtaͤnden / feine Wunder /
Krafft und Farben damit zu offenbahren I we.ches ohne die Na⸗
tur nicht fenn Fan.
54. Alfo begehret der erſte Wille / welcher Batter heiffet/ und
B3 ſelber
14 Bon Sechs Puncten. Cap.4.
felber die Freyheit ift der Natur / und die Natur begehret mit
groffem Saͤhnen der Freyheit / daß fie möge der Angft-quaal er⸗
lediget werden / und fie empfahet die Freyheit in ihrem ſcharffen
Grimm / in die Imagination, davon erfchricket fie als ein Blitz /
denn es ift ein Schrad' der Frewden / dag fieder Angft-quaal
erlediget wird.
55. Und im Schrack entftehen zwey Weſen / als ein Toͤdli⸗
ches und ein Lebendiges / alſo zu verſtehen.
56. Der Wille / der Vatter heiſſet / der die Freyheit in ſich hat /
der erbiehret ſich alſo in die Natur / daß er der Natur faͤhig iſt / und
daß er der Natur Allmacht iſt.
57. Der Schrack feiner Natur iſt ein Anzuͤnder des Fewers;
denn wenn die finftere Angſt / alsdas gar ernftliche firenge We—
fen / die Freyheit in fich bekomt / fo verwandelt fie fich in dem
Schrack / in der Freyheit / in einen Blig / und der Blig führt
die Freyheit / als die Sanfftmuht / alda wird der Stachel des
Todes zerbrochen / und gehet in der Natur auffder andere Wille
des Batters/ dehn er ihm vor der Natur im Spiegelder Weiß⸗
heit hat gefchöpfft / als fein Liebes-hertz / das ift das Begehren
der Siebe / und Sremwdenreich.
ss, Denn in des Batters Willen wird alfo das Fewer ers
bohren dem giebt der ander Wille die Krafft der Sanfftmuht
und Siehe / und das Fewer nimt der Liebe Quaal in feine El-
ſentz / das ift nun feine Speife / daß es brennet / und giebt
aus der Verzehrligfeit/ aus dem Schrade/ den frewdenreia
chen Geift.
59. Allhie wird der heilige Geift / der im Urſtande vor der
Natur des Vatters Willen-Geift iſt / offenbahr / undempfähee
allyie die Krafft ver Wunder / und gehetalfo vom Batter / als
aus dem erften Willen zur Natur / aus dem andern Willen in
der Natur ausdem Fewer / als aus dem Schracke der Fremden
reich / im Quaal der Liebe aus/in die Weſenheit der Sanfftmuth.
60. Denn die Sanfftmuth iſt num auch begehrend worden /
von des Fewers Eigenfhafft / und das Begehren zeucht die
Sanfftmuht der Fremdenreihinfih. Das iftnundas Waſſer
des ewigen Lebens / welches das Feuer trincket / und giebt dara
aus das Liecht der Majeſtaͤt. |
6r. Und in dem Liechte wohnet nun der Wille des Vatters /
und des Sohnes / und ver H. Beift ift das Leben darinne / der
eröffnet mu die Krafft der fanfften Weſenheit im Liechte / das
find Sarben / Wunder / und Tugenden. —
2: 41
j
j
[2
Car. Der Erfte Punct. 15
62. Und daſſelbe heiſt die Jungfraͤwliche Weißheit / denn ſie
iſt keine Gebaͤhrerin / eröffnet auch ſelber nichts / allein der heie
lige Geiſt iſt ihr Eroͤffner ihrer Wunder. Sie iſt ſein Kleid /
und ſchoͤne Zierheit / und hat in ihr die Wunder Farben und
Tugenden der Goͤttlichen Welt / und iſt das Haus der H. Drey⸗
ſaltigkeit / und die Zierheit der Goͤttlichen und engliſchen Welt.
63. In ihren Farben und Tugenden hat der H. Geiſt die Choren
der Engel / fo wohl alle Wunder der geſchaffenen Dinge / erblickt /
welche alle von Ewigkeit ſind in der Weißheit erblicket worden /
wohl ohne Weſen: Aber doch in der Weißheit / alß im Spiegel
nach ihren Figuren ; welche Figuren in der Bewegligkeit des Bata
ters find indie Efeng / und in ein Gefchöpfe gegangen /alles nad)
den Wundern der Weißheit.
64. Alfo verftchet uns auch nun vom andern Weſen / da fich
im Schrade die Natur in zwey Weſen theilet / wie oben gemel⸗
det! alß 1. mitdes Vatters Willen ins Feuer als indie Feuer—
welt/ und ausdes Vatters andern gefchöpfften / oder in Jich ge⸗
bohrnen Willen. 2. Indie Majeftatifche Liecht⸗welt.
65. Unddas ander Weſen / als das Haus des Schracks in ſich/
in Tod / indie Finfternüß der feindlichen Quaal / welches alſvo
fichen muß / auff dag ein ewig Saͤhnen in derfelten Angſt fey J
von der Quaal lotßz zu ſeyn; denn daſſelbe Saͤhnen macht den er⸗
fen Willen zur Natur / ewig begehrende feinem Weſen zu hilf
zu kommen. Davon denn auch ins Vatters Willen die Barm⸗
hertzigkeit urftandet/ welche mitder Freyheit in die Angft ein⸗
gehet: Aber in der Angſt nicht bleiben mag / ſondern gehet im
Fewer auß indie Liebe-quaal.
66. Das iſt / Sein anderer Wille / als fein Herk/gchet in ihm
aus / alß ein Brunnquell der Liebe und Barmhertzigkeit / davon
die Barmhertzigkeit ihren Urſtand hat / dag ein Erbarmen über
den Sammer und Elend ift/ und ein Mitleyden / als darinn des
Vatters Wille) der doch frey iſt / fich im Grit der Natur offen⸗
bahret / dag der Grinigefänfftiget wird.
67. Aber nichts deſto weniger bleibet auff einem Theil dag
ängftlihe Radt des Grimmes für fich ; denn im Schrade ge=
ſchicht eine Ertödtung / wohl nicht ein ftiller Tod / fondern ein
tödtlich Seben ; gleiches fich dem böfeften Weſen / als ein Schei⸗
de⸗waſſer oder Gift in ſich iſt. Denn ein ſolches muß feyn/ fol
das Centrum Naturæ ewig beſtehen.
68. Und auff dem andern Theil gehet das Leben aus dem Tode /
und der Tod mug alſo og des Lebens ſeyn; ſonſt fo kei⸗
4 nt
4
16 Bon Sechs Puncten. Cap
sie folche giftige Grimmige Qunal wäre / möchte das Fewer
sticht erbohren werden / und möchte Feine Fewer⸗Schaͤrffe und
Eſſentz ſeyn / fo wäre auch kein Liecht / nnd auch kein finden»
des schen.
69. Der erite Wille) der Vatter heiffet / finder fich alfo im
Wunder. Und der andere Wille/ der Sohn heiffet / findet fich
alfpin Krafft. Darzu urſtaͤndet alfo die Frewdenreich; Denn
waͤre fein Wehe / ſo waͤre auch Fein Frewdenreich : das ift aber
Die Frewdenreich / daß das Leben aus der Angft.eriöfet wird/ wies
wohl das chen nur alfo urſtaͤndet.
7°. Darumb haben die Greaturen Gifft zu ihrem Leben / als
eine Galle. Die Galle ift Urfach / dag eine Bewegligkeit iſt /
daß das Leben urſtaͤnde / denn fie urfachet das Fewer im Hergen/
er Das rechte schen ift das Fewer / aber es iſt nicht die Figur des
ebens.
72. Aus dem Fewer⸗Leben entfichet erſt der rechte Geiſt /
Der gehet vom Fewer im Liechte aus/ der ift frey vom Fewer
wie die Lufft / welche doch aus dem Fewer urſtaͤndet / frey vom
Fewer iſt.
72. Denn der rechte Geiſt / oder im Menſchen der Geiſt / wel⸗
cher aus dem Seelen⸗Fewer erbohren wird / der hat ſeine Eigen⸗
ſchafft im Liechte des Lebens / das aus dem Fewer brennet / denn
er entſtehet aus dem Tode / er gehet aus dem Sterben aus / Die
ſeindliche Quaal iſt von ihm im Fewer geblieben / und fort unter
Dem Fewer / in der Urfüch des Fewers/ als im grimmigen Tode,
73. Alfo ift der grimmige Zod eine Wurtzel des Lebens. Und
allhie ihr Menſchen bedencket ewren Tod / und auch Ehrifti Tod /
der uns wieder aus dem Sterben durch das Fewer Gottes erboh⸗
ren hat: denn aus dem Sterben wird das freye Leben gebohren /
was vom Sterben kan außgehen / das iſt vom Tode und der Grim⸗
anen-qunalerlöfet: das iſt nu ſein Frewdenreich / daß Feine grim⸗
mige Quaal mehr in ihm iſt; fie iſt von ihm in Sterben geblieben /
> Linder finftern Welt /) und alſo erreicht das Leben aus dem To»
Die ewige Freyheit / da keine Furcht nod Schrecken mehr iſt; deñ
am Leben iſt der Schrack gerbrochen.
74. Das rechte Leben iſt eine Krafft der Frewden / ein immer⸗
Wolthun / denn cs iſt keine Quaal in ihme / als nur eine Be-
gierde / die hat alle Eigenſchafft der Quaal / und mag ſich doch die
Quaal in ihm nicht erheben / dag fie koͤn te ihr Eigenſchafft darinn
entzuͤnden / denn ſolches verwehret das Liecht und die Freyheit.
Das
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Gap.z. Der Erfte Punct. 17
Das 2. Capittel.
Bon des Prineipii Eigenfihafft / was das Principium
fey ? Oper was fie alle drey feynd.
x. As ift ein Principium , da fich ein Seben und Be”
wegligkeit findet da keines iſt; das Fewer iſt ein
Principium mit feiner Eigenſchafft / und das Liecht
iſt auch ein Principium mit feiner Eigenſchafft /
denn es wird aus dem Fewer erbohren / und iſt
doch nicht des Fewers Eigenfchafft 5 Es hat auch fein eigen Le⸗
ben in fih/ aber das Fewer iſt Urſach daran / und die grimmi—
ge Angft ift eine Urſach der beyden.
2. Aber den Willen zur Angft / der die Angftsnatur urſa⸗
chet welcher Vatter heift / den fan man nicht forfehen ; Wir
forfchen nur / das wie er fich in die hoͤchſte Bollkommenheit / in
das Wefen der H. Dreyfaltigkeit einführet / und wieer fich in
dreyen Principien offenbahret / und wie die Eſſentz jeder Quaal
urſtaͤnde; Was Eſſentz ſey / davon das Leben mit den Sinnen ur⸗
ſtaͤndet und das Wunder aller Weſen.
3. So erkennen wir das dritte Principium, als die Quaal
dieſer Welt / mit den Sternen und Elementen für ein Geſchoͤpff /
aus den Wundern der ewigen Weißheit.
4. Das dritte Principium offenbahret die erſten beyde / obwohl
jedes in ſich ſelbſt offenbahr iſt; So hat ſich aber das ewige Weſen
wollen in ſeinen Wundern / ſo in der Weißheit ſind erblicket
worden / auff eine ſolche Eigenſchafft offenbahren / als nach der
Ewigkeit Grunde / nach der Grimmen-und Lebe-Qugal / und
hat alles in ein Creaturlich / und Figurlich Weſen geſchaf—
en / nach dem ewigen Urftande Boͤſen und Guten / wie vor Au⸗
gen iſt / daß in dieſer Welt Boͤß und Gut iſt / an welchem
die Teuffel doch eine große Urſach find / welche in ihrer Schoͤpf⸗
ung im Fall haben die grümme Matricem hefftiger tin Grimme
beweget/ in dem fih SOtt nach des Grimmes Eigenfchafft hat
fehrer beweget / fie aus dem Liechte auszuftoffen in den Tod der
Grimmigteit/ davon auch die himliſche Weſenheit mit bewege
ward / daß alſo gar viel in die irrdiſche Weſenheit mit einges
ſchloſſen ift worden / das inder Freyheit iſt geftanden.
5. Als wir am Golde und feiner Tinctur erkennen / welche
frey iſt vom irrdiſchen Weſen; denn fie beſtehet im Fewer und
in aller Quaal / es mag ſie keine al aa als allein Got⸗
F tes
-
BL |
‚18 Bon Sechs Puncten. Cap. 2.
tes Wille/ und muß öfters etwas geſchehen umb der Welt Un⸗
wuͤrdigkeit willen.
6. Und wenn wir die Schoͤpffung dieſer Welt recht betrachten /
und den Geiſt des dritten Principii, als den Geiſt der großen
Welt für uns nehmen mit Sternen und Elementen fo finden
wirder. ewigen Welt Eigenfchafft untereinander gleich als ver⸗
mengt / gleich einem großen Wunder / dadurch GOtt das hoͤch⸗
ſte Gut / hat wollen die ewigen Wunder / die im Verborgen ge⸗
ſtanden / offenbahren / und ins Weſen führen.
7. Wir finden Gut und Boͤß / und finden in allen Dingen das
Centrum Naturæ, als die Angſt-kammer: Fuͤrnemlich aber finden
wir den Geiſt der großen Welt in zweyen Quaalen/in Hitze / und
Kaͤlte. Da wir an der Kaͤlte erkennen das Centrum des herben
ſcharffen Grimmes / und an der Hitze das Principium im Fewer /
und hat doch nur einen Urſtand auseinander;
8. Das Fewer komt aus dem Grimm der Kaͤlte / und die Kaͤlte
aus dem Centro Naturæ, als auß der herben ſcharffen Angſt / da
Die Herbigkeit alſo ſtreng in ſich zeucht / und Weſenheit machet;
wie zu erkennen / daß ſte in der Bewegung des Vatters / im der
Schoͤpffung hat Erde und Steine gemacht / da doch kein Weſen
darzu war / als nur ſein eigen Weſen / das in beyden Principien/in
der Liechten⸗ und Todes⸗welt / in beyden Begehren/erbohren ward.
9. Was in der Bewegung der Grimm erreichte / das ward
mit zur Erdkugel geſchaffen: darumb findet man vielerley dar⸗
innen / Boͤſes und Gutes / und geſchicht offt dag man kan aus
dem Boͤfeſten das Beſte machen / weil das Centrum Naturæ dar⸗
innen iſt; fo mans ins Fewer bringt / fo mag das reine Kind der
ewigen Weſenheit daraus gebracht werden / wenns vom Tode frey
wird / wie am Golde zu ſehen.
10. Wiewohl wir in dieſer Welt nicht koͤnnen das ewige Fewer
erreichen / darumb moͤgen wir auch nichts aus dieſem Principio
ausführen) aus Mangeldes ewigen Fewers / welches wir nicht
erreichen / als nur inder Imagination , durch welche. cin Menſch
Macht hat das Leben aus dem Tode zuführen und in Göttliche
Weſenheit zu bringen; das kan allein im Menſchen geſchehen /
was aber auſſer dem Menſchen iſt / das gehoͤret GOTT zu / und
bleibet zur Renovation, ins Ende dieſer Zeit.
11. Alſo geben wir zu verſtehen das Weſen und die Eigen
ſchafft der Principien. Das erfte Principium ſtehet im Willen⸗
fewer/undifteine Urfach der andern beyden / auch des Lebens und
Verſtaͤndnuͤß / und eine Erhaltung der Natur / fo wohlaller Ei⸗
genſchafften des Vatters. 12, Und
*
Cap.ꝛ · Der Erſte Punct. 19
. az. Unddas andere Principium ftchet im Liecht / alg im Feuer
der Begierde. Diefelbe Begierde macht Wefen aus des erften
Principii Eigenfchafft.
13. Dası.undztePrincipiumift Vatter und Sohn in der
Ewigkeit; eineswohnetimandern/ behält doch jedes feine Ei
genfchafft. Es iſt fein Bermifchen in der Efleng / allein eines
empfähetdasanderinder Begierde, / und wohnet das Liecht in
des Fewers Begierde ; alfo daß des Fewers Eigenfchafft fei=
ne Begierde ins Liecht gibt / und das Liecht ins Fewer.
14. Alfo ifts Ein Wefen / und nicht zwey / aber zwo Eigen=
ſchafften / da eine nicht die andere iſt / auch ewig nicht werden
kan. Wie des Geiſtes Eigenſchafft nicht kan das Fewer und
Liecht ſeyn / und gehet doch vom Fewer auß dem Liechte aus / und
koͤnte einig weder vom Feuer oder Liecht allein beſtehen; das Feuer
koͤnte ihn allein nicht geben / auch das Liecht nicht / fondern beyde
geben ihn. Erift beyder Leben / und ift nur cin Weſen / aber
drey Eigenfchafften /da feine die andere iſt wie dig am Fewer /
Liecht / und $ufft zu chen.
ı5. Alfo verſtehet ihr auch das dritte Principium, das iſt und
hat eben dieſe Eigenschaften / es hat auch Fewer / Liecht / und
Geiſt: das iſt Lufft / und iſt mit allen Umbfländen gleich dem e⸗
wigen Weſen. Aber es anfaͤnget ſich / und gehet von dem Ewigen
aus / es iſt eine Ofſenbaͤhrung des Ewigen / eine Erweckung /
Bildnuͤß / und Gleichnuͤß des Erwigen. Es iſt nicht das Ewige /
ſondern es iſt ein Weſen worden in der ewigen Begierde. Die
Begierde hat ſich geoffenbaret / und in ein Weſen gefuͤhret / gleich
dem Ewigen.
16. Die Vernunfft ſaget: GOTT habe dieſe Welt auß nichts
gemacht: Antwort: es war wohl kein Weſen oder Mareria darzu /
das aͤuſſerlich greifflich ware; aber es war eine ſolche Geſtaltnuͤß
in der ewigen Krafft im Willen.
17. Die Schoͤpfung dieſer Welt iſt mit einer Erweckung des
Willen⸗geiſts geſchehen: Der innere Wille der ſonſt in ſich hin⸗
ein ſtehet / der hat feine eigene Natur erraͤget / als das Centrum,
das auß ſich begehrende iſt / alß des Liechtes / welches aus dem
Centro außdringend iſt. Alſo hat das Centrum aus ſich ein We⸗
ſen im Begehren gefaſſet. Das iſt / es hat ihme Weſen in ſeiner
eigenen Imagination inder Begierde gefaſſet oder gemacht / und
hat auch des Liechts Wefen mitergriffen.
18. Eshatdas Ewige mit dem Anfang ergriffen} darumb
muͤſſen die Weſen diefer Welt RR Figur wisder ins —
ai yen
=
®
20 Don Scchs Puneten. Cap. 2.
Schen / denn fie find im Ewigen mit ergriffen worden. Bas as
Ver aus denn Anfang inder Begierde gemacht und ergriffen ward/
Das gehet wieder in fein Ather, alsins Nichts / nur bloß wieder
in Spiegelder Imagination , das iſt nicht vom Ewigen / fondern
iſt / und gehöretder ewigen Magir ins Begehren. Gleich als ein
Fewer ein Weſen verſchlinget und verzehret / da nichts bleibet /
fondern wird wieder das/als es war/ da es noch fein Weſen war.
19. Alfogeben wir euch zu verfichen / was diefer QBelt We⸗
ſen fey ; anders nichts als ein coagulirfer Nauch au den ewigen
EAÆthern, der alfo eine Berbringung hat/ gleich dem Ewigen. Er
ſchleuſt ſich in ein Gentrum eines Wefens/ und verschret fich end⸗
lich wieder: und gehetwieder in die ewige Magiam, und ift num
eine Zeitlang ein Wunder / als eine Offenbahrung des Emwigen/
dadurch lich Das Ewige) welches in fich offenbahr ift/ auch aus ſich
offenbahre / und feine Imagination ausſchuͤtte / und alſo renovire
Dasjenige/ welches mit der Bewegungim Begehren gefaffet oder
gemachtward/ daß das Ende wieder koͤnne in Anfang eingehen.
20. Denn nichts kan in die Freyheit des Ewigen eingehen/
25 ſey dandem Ewigen gleich! es beſtehe denn im Willen-Feuer/
und ſey alſo fubrile, als des Sichhtes Wefenheit/ das ift/alsein
Waſſer dasineinem Weſen wohnen kan / da das Liecht fan in>
ne wohnen und feinen Schein hindurch führen; daffelbe wird
vom Centro Naturz nicht ergriffen und obs gleich ver Natur Ei⸗
genſchafft iſt / ſo iſts doch ein Ewiges.
21. Alſo geben wir euch zuverſtehen / Daß alles was in dieſer
Welt je gebohren iſt / das Weſen hat / das nicht auß dem ewigen
Weſen herruͤhret / das erbet nicht das Ewige / Allein feine Figur
bleibt auff magiſch ſtehen / in dem ewigen Myfterios Den fie ift
am Urftand mit der Schöpffungauß dem Ewigen gegangen; a⸗
ber fein Leib und gantzes Weſen der Quaal vergebet/ als ein
Rauch ſich verzehret / denn es iſt auß dem Anfang / und gehet
ins Ende.
22. Masaber auf den ewigen Weſen urſtaͤndet / auf des e⸗
wigen Sichts Wefenheit / mag nicht vergehen; 68 vergehet nur
das daran / was aus dem Anfünglichen iſt in das Ewige einge:
gangen / als das aͤuſſere Fleiſch / welches durch Imagination ward
an dem Menſchen / ins Ewige eingefuͤhret / das muß ſich als cin
Rauch verzehren.
23. Was aber aitß der ewigen Imagination, wieder ins Ewige
wird eingefuͤhret / das bleibet ewig ſtehen / und was auß dem E⸗
wigen wird außgebohren / als aup der ewigen Natur / —*—
NMeh⸗
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2 Ep u
—
Cap. 2. Der Erſte Punet. 21
Menſchen die Seele / das bleibt ewig / denn es iſt auß dem Ewi⸗
gen geurſtaͤndet.
24. Aber ſo etwas auß dem ewigen Centro des Grimmes wid
erbohren / das mag in ſeine Renovation gehen / ſo es wil. Wie
ſich die ewige Natur vom Weſen der aͤuſſern Natur renouiret /
und das verlaͤſt / was es im Anfang hat gemacht / und behaͤlt nur
das Magifche Bild / das es auß dem ewigen Willen ins aͤuſſere
einführete mit dem Verbo Fiat in der Schoͤpffung. Alſo mag
der Dienfch das auch renoviren/ das er macht ; So er das Irrdi⸗
ſche verlaͤſt / ſo mag er das / was er hat auß dem Ewigen außge⸗
bohren / renovirens wirds aber nicht senoviref] fo bleibts in
ter Qual.
25. Dennalles was nicht dem Fewer / Liechte / und Waſſer
gleich wird oder iſt / mag nicht in der Freyheit beſtehen / ſondern
bleibt in der Quaal deſſen / ſo es in ſich erweckt / oder gemacht hat:
verſtehe / aus dem Centro Naturæ; was es im Willen der Frey⸗
heit hat eingefuͤhret; alſo wird ihme das eine Quaal ſeyn / und
ein Nagen oder Widerwille / das er ihm hat ſelbſt auf feiner
eigenen Natur erbohren / damit er ihm die Freyheit hat finfter
gemacht / daß das Liecht nicht mag durchſcheinen / das wird feine
——— ſeyn.
6. Denn wo der Wille finfter iſt / da iſt auch des Willens
Aefen / als fein geib / finſter; und wo der Wille in Quaal iſt /
da iſt auch der Leib in Quaal; und umb deßwillen werden die Kin
der des Liechts der Freyheit / von den Kindern der Finſternuͤß / in
der Angſt Quaal geſchieden / ein jedes in fein Principium.
27. So geben wir euch nun ferner zu verſtehen / daß jedes
Principium gebiehref fein eigen geben nach feiner Eigenfchafft:
aber das Fewer iſt das Scheidesziel/ Das die zwey ewige Princi=
pia vergnüget/als die Finfternüg und das Liecht; der Finfternüg
giebts feinen Stachel] und das Wehe / und dem Ltechte feine
Empfindligkeit / und das geben.
23. Alſo hat auch dasdritfe Principium zwo Eigenſchafften /
als Hitze und Kälte: Die Hitze iſt das Principium , und giebt
feinen Stachel und Wehe der Kälte: Und dem Liechte giebt fie
das Leben / und die Empfindi igkeit: Das Kiecht giebt wider fein
Weſen dem Fewer / daß es mit ihm freundlich vereiniget wird:
Und die Kälte giebt auch feine Eigenſchafft und Weſen dem Fe⸗
wer/ und das Fewer zerbrichts ihme / und macht aus feinem
Weſen Ben Tod / und das Sterben: Darumb ift innner eine
Feindſchafft zwiſchen Hitze und Kaͤlte / und werden nimmer eins.
— 29. Aber
\
22 Bon Sechs Puncten. Cap. 2.
29. Aber das erlangen ſie in ihrer Feindſchafft / daß ihnen das
Leben mug durch den Todt gruͤnen; den aus Hitze und Kälte kom̃t
das Gewaͤchſe despdritten Principiis ( darin wir aufferlich leben.)
Ang der Kalte fombr Frucht auf der Erden/ fo wohl der Leib
aller Ereaturen / und inden Elementen das Wefen: Bon der
Hitze komt in ihrem Zancke das geben in den geiballer Greaturen
und Gewächfe 5 fo wohl in der Tieffe der Elementen giebt fie den
Geift der grogen Welt in mancherley Figuren ; als wo die Kälte
Weſen macht / da macht die Hitze einen Geift darin.
30. Alſo ift das Wefen alles im Ringen / dag die Wunder
der Ewigen Welt in der Zerbrechligkeit offenbahr werden / und
daß fich Das ewige Modell in der Weißheit Gottes in Figuren
führe: Und dag diefelben Modellen in der ewigen Magia, im My-
fterio, ewig zu GOttes Wunder fichen/ und zur Freude der En
gel und Menfchen/ wohlnicht im Weſen /aber im Myſterio, in
der Magia, alsein Schattendes Wefens / auff dag ewig erkannt
werde / was GOtt gewuͤrcket hat / und waserfanundvermag. -
32. Denn nach Zerbrechung diefer Welt / bleibet nur das
Ewige im Weſen / als ewige Geifter / mit ewiger Weſenheit
ihrer geiber / mit denen hiegemachten Wundern / welche in der
Figur magifch fechen / daran werden die Geifter GOttes Wun⸗
derthat und Macht erfennen.
32. Alfo find uns jetzo zubetrachten die Principia mit ihren
Wundern / die findalledrey anders nichts / als der einige GOtt
in feiner Wunderthat / derhatfichnac der Eigenfchafft feiner
Natur / mitdiefer Weltgeoffenbahret. Und follen alfoeindrey>
fach) Weſen verftchen / als drey Welten ineinander.
33. Die erfteift die Fewer-Welt / die urftändet vom Centro
Naturz, und die Natur vom begehrenden Willen / der inder e⸗
wigen Freyheit urftändet im Ungrunde / deſſen wir Feine Wiſſen⸗
ſchafft haben oder tragen.
34. Und die andere iſt die Liecht-Welt / / die wohnet im der
Srepheitim Ungrunde / außer der Natur / Eomt aber von der
Fewer⸗welt her. Sieempfähet ihr Sehen und Empfindlichkeit
vom Fewer; Sie wohnet im Fewer / und das Sewer ergreift
ſie nicht: Und das iſt die Mittel- Belt.
35. Das Fewer giebt im Centro Nature vor feiner Anzuͤn⸗
dung die finftere Welt; und ift aber in feiner Anzündung in
fich felber die Liecht-Welt / da fichs felber ins Liecht fcheidet / und
aͤſt das Centrum in Finſternuͤß ſeyn / dann es iſt nur alfo eine
Qugal in ſich ſelber / und eine Urſach des Lebens.
36. Es
%
'
Gap. 2. Der Erſte Punct. 23
36. Es hat Ercaturen aber fie find derfelben grimmen Efleng ;
fie fühlen kein Wehe / das Liecht wäre ihnenein Wehe: Aber dei
gefallenen Teufeln / welche im Principio erfchaffen worden /
indie Liecht-welt / denen ift die Finſternuͤß eine Pein/ und das
Fewer eine Macht oder Stärde/ denn es iſt ihr recht Leben /
wiewohl nach vielen Eigenfchafften/ vermöge def Centri Naturæ,
nach derfelben Ellen.
37. Diedritte Welt iſt die Auffere/ darinnen wir nach dent
Auffern Leibe wohnen/ mit den auffern Werden und Weſen /
die aus der Finſtern und auc aus der Liecht-Welt geſchaffen
worden) darumb ift fie böfe und gut / grimmig und lieblich /
von diefer Eigenſchafft folte Adam nicht effen / noch Darein ima-
giniren, fondern die drey Welten folten in ihme ftchen in der
Ordnung / daß keine dicander möchte ergreiffen / als in GOtt
felber : Denn Adam war ausallendrey Welten gefehaffen / ein
gang Bild und Gleichnuͤß Gottes.
38. Soeraber vom Boͤſen und Guten hatte gegeſſen / und
das Aeuffere ins Mitteleingeführet s jest muß das Aeuſſere vom
Mittelabbrechen/ und gefhicht ein Scheiden/da das auffere wie⸗
der in fein Ather muß gehen / und das Mittlere bleibet ftehen.
39. Alfo/ wennjegt einer einen rechten Menfchen fichet ſte⸗
hen /magerfagen hie ſehe ich drey Welten fteyen Faber nicht ges
hen : Dam die auffere Welt beweget ſich mitdem aͤuſſern Leibe⸗
darumb hat aber der aͤußere Leib keine Macht die Liecht-welt zu
bewegen / er hat ſich nur alſo in die Liecht-welt eingefuͤhret / da⸗
von ſie im Menſchen iſt erloſchen. Aber er iſt gleichwol nur die
finſtere Welt in ſich blieben / und die Liecht-welt bleibet in ihme
unbeweglich ſtehen / ſie ſtehet in ihme gleich wie verborgen.
40. So er aber ein rechter Menſch aus der newen Gebuhrt
iſt / ſo ſtehet fie in ihme / wie das Liecht das Waſſer durchſchei⸗
net / und machts beweglich und begierig der Eſſentz / alſo daß die
Eſſentz gruͤnet / alſo auch der newe Menſch im Liecht: Und wie
man nicht fanden Sonnen⸗glantz bewegen / alſo auch das ewi⸗
ge Liecht nicht / als die Liecht-welt; Sie ſtehet ſtille / und ſchei⸗
net durch alles / weſſen fie faͤhig iſt was da dinne iſt als ein
Nichts / wie denn das Fewer und Waſſer alſo iſt / da es doch
alles ſubſtantialiſch iſt / aber gegen dem Aeuſſern als ein Nichts.
41. Alſo hat ein jedes Principium fein Gewächs aus fich ſel⸗
ber / und das mus ſeyn / ſonſt waͤre alles ein Nichts.
42. Als des Fewers erſtes Principium iſt die Wurtzel / das
waͤchſt in feiner Wurtzel / es bat in ſeiner Eigenfchafft Fe
itter
24 Bon Scchs Puncten. Cap...
Bitter / Grimm und Angft : Dis wächft in feiner Eigenfihafft/
in Gifft und Tod/ in das Ängftliche ftrenge Leben / das in ſich
Sinfternüg giebt / wegen der Strengheit Einziehen : Seine
Eigenfhafften machen Sulphur, Mercurium undSal, wiewohl
des Fewers Eigenfchafft nicht Sul machetim Sulphur , fondern
der Willeder Freyheit macht das Sul im Phur, in dem das Prin-
eipium fuͤr fich gehet.
43. Was aber in feinen Eigenfchafften gehet/ das ift nur
Phur, als Strengheit/ mit den andern Geftalten am Centro,
Diefes ift die fuͤrnehmſte Urfach zum Sehen / und zum Weſen als
ler Dinge/ obs wohl böfe ift in fich felber / fo ifts doch dem Leben
und des Sehens Hffenbahrung das allernüßlichfte = Denn es
möchte Fein Leben ohne. diefe Eigenfchafft ſeyn / und dig Prin-
eipium gründet ſich in die innere und Auffere Welt / inder In⸗
nern wie unempfindlich / in der Aeuffern mit feinem Grimm
empfindlich.
44. Und das ander Principium hat auch fein Gewächfe aus
fich ; denn das Fewer quillet im Liechte mit feinen Eigenfchaff>
ten ; Aber das Sicht verwandelt die grimme Eigenfchafften in
eine Begierde der Liebe und Frewden⸗reich; darumb iſt auch des
Fewers Ellen und Eigenfchafft im Sicchte gans verwandelt /
daß aus Angft und Wehe eine giebesbegierde wird 5 aus dem
Stechen und Wuͤten ein freundlicher finlicher Verſtand.
45. Denn das $iccht entzündet die Eflentien mit der Liebe—
quaaͤl / dag fie ein Gewächs aus fich geben / in Geiftes Eigen
fhafft / als einen freundlichen Willen / Sitten / Tugend /
Froͤmmigkeit / Gedult in Leiden Hoffnung vom Übelerfediget
zu werden ; von Gottes ABunderthaten/ in Begierde und Luſt
immer reden / klingen / fingen; und ſich frewen der Wercke und
underthaten Gottes; immer gerne wollen wohl thun dem
Ubel und Boßheit wehren; ſeinen Naͤchſten mit der Liebe immer
gerne wollen in die Liecht-welt ziehen; vom Boͤſen fliehen / die
boͤſen Affecten immer mit Gedult in der Hoffnung erlöft zu wer⸗
ten / gu dämpffen ; fich frewen in der Hoffnung deſſen / fo die
Augen nicht fehen / und die Auffere Vernunfft nicht Fennet 5 im⸗
ner aus dem Übel außzudringen / und die Begierde ins Goͤtt⸗
fiche Weſen einzuführen / immer gerne wollen effen von GOt⸗
tes Brod.
6. Dieſe Eigenſchafften fuͤhret der Newe Menſch / ſo von
der Liecht⸗welt wieder erbohren iſt / diß find feine Früchte / wel⸗
ehe die Liecht⸗welt in ihme alſo gantz verborgentlich des alten A⸗
dams
Cap.ꝛ Der Erfte Punct. —9—
dams immer gebiehret / und den alten Adam von dieſer Welt im⸗
mer toͤdtet / mit ihm immer im Streit liget / welcher alſo dem
Newen Menſchen muß nachgehen; zwar als ein fauler Eſel /
der den Sack tragen muß / da ihn ſein Herr immer nachpeit⸗
ſchet. Alſo thut der Newe Menſch dem Alten / er zwinget ihn /
dag er thun muß / was er nicht gerne wil; was die Frewde die⸗
ſer Welt antrifft / waͤre dem alten Eſel lieber / aber er muß alſo
Knecht ſeyn.
47. Zum andern hat das Principium fein Gewaͤchſe / und giebt
feine Frucht in das dritte Principium in gemein /als in Geift der
„ groffen Welt / dag der Auffern und innern Turbz gewehret wird,
Es dringet durch / und giebt Fruchtbarkeit ; es wehret dem
Grimm der Sternen / und gerbricht die Conftellationder Geis
fter / und auch des Firmamentifhen Himmels 5 eswiderfichet
dem Grimm des Teuffels / und den Anfchlägen der boßhafftigen
Menſchen / ſo ferne aber auch Heilige gefunden werden / ſo es
wehrt ſind.
48. Das dritte Principium hat auch ſeine Gewaͤchſe / darin⸗
ne ind aus dein Innern erbohren und geſchaffen die Sternen und
Elementen / welche in diefem Loco mit der Sonnen das driffe Prin-
cipiumheiffensdenn die innern zwey Welten / als die Fewer⸗ und
Liecht⸗welt / haben fich mit dem dritfen Principio geoffenbahret/
und iſt alles untereinander vermenget/ Gutes und Böfes / Liebe
und Seindfchafft / geben und Todt. Esift in allem geben der Tod
und Das Fewer: Auch hingegen eine Begierde der Siebe / alles
nach derinnern Welt Eigenfchafft / und wächft zweyerley Frucht‘
daraus / Boͤß und Gut; und hat auch eine jede Frucht beyde Ei⸗
genfchafften : Auch erzeigen fte ſich in allem Leben diefer Welt.
Daß alfo immer der Zorn/ und böfe Quaal / mit der Siebe ftreitet/
Da ſuchet eine jede Eigenfchafft / und bringet Frucht. Was das
Gute machet / das gerftöhret das Boͤſe; und was das Bofe ma⸗
chet / das zerftöhret das Gute. Esiftein ftäter Krieg und Zanck /
denn es feynd beyder Inneren Principien Eigenfchafften im
Acuſſern raͤge / jedes bringet und würdet Frucht in das innere
Reich / jedes wil Her: ſeyn.
49. Die Kaͤlte / als der Außgang aus dem innern Centro,
aus dem Grimm des Todes/ wil Herz feyn / und immer in Tod
einfchlieffen / fte ermecket immer den Stachel des Todes ; und
die Hige/ als der Außgang aus dem rechten Fewer / wilauch
Herr ſeyn / ſie wil alles baͤndigen und verzehren / und wil im⸗
mer rohe ohne Leib ſeyn. Sie iſt ein Geiſt / und TERN, fe
eiſt⸗
4
26 Bon Sechs Puncten. Cap.ꝛ.
Geiſt⸗leben; fie giebt der Kälte den Stachel / denn fie ertöda
tet ſie offt / daß ſie ihr Recht muß ſincken laſſen / und fich der Hi>
tze ergeben.
50. Die Sonne / als das Liecht / wil auch recht haben / und
Herr ſeyn / fie überwindet Hitze und Kaͤlte / denn ſie macht in
ihrer lichten Sanfftmuth Liecht / und fuͤhret im Liechtes-glantz
einen fanfften Geift / als die Lufft: wiewohl das Fewer die
Stärke des Windes giebt / unddie Sonne den ſanfftmuͤhtigen
Geiſt / der billig Lufft heiſt; Es iftwohl Einer/ hat aber zwey
Eigenfchafften / die erfte nach dem Fewer / als ein⸗ ſchrecklich
—— und die andere / nach dem Liechte / als ein ſanfftes
eben.
51. Alſo iſt das aͤuſſere Principium nur ein ſtaͤter Krieg nnd
Zanck / ein Bawen und Brechen; was die Sonne als das Licht
bawet / das zerbricht die Kaͤlte / und das Fewer verzehret es gar.
52. In dieſem Streit gehet auff fein Wachſen in eitel Streit
und Uneinigkeit. Eins zeucht aus der Erden ſeine Fruchtbarkeit /
das ander zerbricht oder verſchlingt ſie wieder.
53. Es macht in allen Thieren Boßheit und Streit / denn al⸗
le Thiere / und alles Leben dieſer Welt / auſſer dem Menſchen /
iſt nur eine Frucht des dritten Principii, und hat nur dag Leben
des dritten Principii, beydes fein Geiſt / und Leib / iſt nur daſ⸗
ſelbige / und alles was ſich raͤget und webet auff dieſer Welt / und
der Menſch mit feinem ſichtbahren Leibe und Geiſte / in Fleiſch
und Blut / iſt auch nur die Frucht deſſelben Weſens / und gar
nichts anders.
54. So er dan aber auch die zwey innern Welten in ſich hat /
welche ihm den rechten Verſtand / Sinn und Gemuͤhte geben;
welche auch dieſe Zeit des Irrdiſchen und elementariſchen Leibes
miteinander im Streit ligen / ſo mag er eben zuſehen / welche
Welt er zum Herinimihm mache / dieſelbe wird ewig fein Herr
in ihm ſeyn; Dieſe Zeit kan er zerbrechen / und weiter nicht;
Wenn das aͤuſſere zerbricht / fo ſtehet alles in feinem Ather :
Das Gemüthe ift frey / und ift der Angel/ und hatden Bers
fand / c8 mag hinmwägen wohin es wil / und mag beyſtehen ei⸗
nem Principio, welchem es wil / in welch ther es eingehet /
da iſts ewig. |
55. Alfo verfichen wir den Grund der dreyen Principien / was
GOtt / und die Ewigkeit ift / und vermag / und was für cin
Gewaͤchs ein jedes aus fich / ausfeiner Eigenfchafft gebe / / und
wie manden Grumdder Natur forfchen fol.
Alſ iſt das erfte THeil/ oder Punct vollendet. Dee
Cap.z. Der andere Punct. 27
Der andere Punct.
Das 3. Capittel.
Vom vermiſchten Baum Boͤſes und Gutes: oder
das Leben der dreyen Prineipien ineinander / wie
fich dag vereinige und vertrage,
1. N Bottes Reich / als in der Liecht-welt/ wird
nicht mehr als ein Principium recht erfannt : Denn
das Licht hatdas Regiment / und find die ander
„Quaalen und Eigenſchafften alle heimlich / als ein
© Nyſterium, denn fie muͤſſen alle dem Liechte dies
nen / und ihren Willen ing Liecht geben ; darumb wird die Grim⸗
me⸗eſſentz im Liechte verwandelt in eine Begierde des Liechts/
und der Liebe / in Sanfftmuth.
2. Obwohl die Eigenſchafften / als Herbe / Bitter / Angſt /
un das bitter Wehe im Fewer ewig bleiben / auch in der Liecht⸗
pelt; fo iſt derſelben doch keine in feiner Eigenſchafft offenbahr/
enden Re find allefambt nur alfo Urſachen des Lebens der Be⸗
wegligkeit und Frewden.
3. Was in der finſtern Welt ein Wehe iſt / das ift in der
Liecht-welt ein Wohlthun; und was im Finſtern ein Stechen
und Feinden ift/ das iſt im Liechte eine erhebliche Freude ; und
was im Zinftern eine Furcht / Schrecken und Zittern iſt / das
iſt im Liecht ein Jauchzen der Freuden / ein Klingen und Sin⸗
gen; Und das möchte nicht ſeyn wann im Urſtande nicht eine
folche ernftliche Quaal wäre. —
4. Darumb iſt die finſtere Welt der Liecht-welt Grund und
Urftand/ und muß das aͤngſtliche Boͤſe eine Urſache des Guten
ſeyn / und iſt alles Gottes.
5. Aber die Liecht-welt heiſſet nur GOtt / und das Principium
zwiſchen der Liecht-welt und Zinfter = welt heift Gottes Zorn
und Grimm / fo der erwecket wird / wieder Teufel thaͤte und
alle böfe Menſchen / die werden alßdenn vom Liechte verlaffen /
und fallen in die finftere Welt.
6. Die finftere Welt heiffet der Tod / die Hoͤlle / der Abgrund /
und ein Stachel des Todes / eine Verzweifflung / Selbſtfein⸗
dung / und Traurigkeit; ein Leben der Boßheit und Falſchheit /
da man die Wahrheit und das Liecht verlaͤugnet / un w " ers
en⸗
a8 Bon Sechs Puneten Cap.3.
kennt; darinn wohnen die Teuffelmmd der Berdamten Seelen /
auch die höllifchen Wuͤrme / welchedes Todes Fiat, in der Bewe⸗
gung des allwefenden Herrn hat figuriret.
7. Denndie Hölle hatin der Finſternuͤß die gröffefte Conftel-
lation der ernftyafftigen Krafft: Bey ihnen iſt alles lautbar / als
ein grog Thönen 5 wasim Liechte Elinget / das pocht in Finſter⸗
nuͤß / wie das an dem Weſen zu erſinnen / darauff man ſchlaͤget /
daß es einen Klang giebt: Denn der Klang iſt nicht das Weſen /
als ein Klocke / da man leutet / dieſe iſt ſelber kein Klang / ſondern
nur eine Haͤrte / und eine Urſach des Klanges. Die Klocke empfaͤ⸗
het den Schlag / als den Poch; und auf dem harten Pochen gehet
der Klang aus: Urfach iſt dieſes / daß in der Klocken Materia ein
Weſen iſt / das mit in der Schoͤpfung / in der Bewegung des
allwefenden Gottes / iſt in die Härtigkeit eingefchloffen / als ung
ander merallifchen Tinctut zu erfinnenift / wenn man nicht alfo
toll und blind feyn wolte.
8. Alſo erkennen wir / RI — im Abgrunde / viel
und mancherley Geiſter find / nicht nur allein die Teuffel / ſon⸗
dern viel hoͤlliſche Wuͤrme / nach ihrer Conltellation Eigen⸗
ſchafft; nicht mit Verſtande / wie in dieſer Welt unvernuͤnfftige
Thiere / Kröten und Schlangen find: Alfo hat aud) folche der
Abgrund in ver grimmen Welt; denn alles wolte ereatürlich
ſeyn / und ift in ein Weſen gegangen/ das alfo der Zorm- Spiegel
auch feine Wunder erzeigete / und ſich offenbahrte.
9. Es iſt wohl keine Empfindung der Wehe in den hoͤlliſchen
Wuͤrmen / denn fie find derſelben Eſſentz und Eigenſchafft / es iſt
ihr Leben / und iſt ein Weſen / das der finſtern Welt verborgen
ſtehet; allein der Geiſt GOttes / der in allen dreyen Principien
ſelber die Quaal nach eines jeden Eigenſchafft iſt / der weiß es und
offenbahret es dehm er wil.
10. So wir denn nun wollen ſagen / wie ſich die drey Principia
ineinander vereinigen / ſo muͤſſen wir das Feuer / als die hoͤchſte
Staͤrcke / indie Mitte ſetzen / das giebt einem jeden Principio ein
wohlgefaͤllig Seben / und einen Beift den es begehret. Darumb
iſt in den Principien Fein Streit/ denn das Feuer iftaller Princi-
pien Leben / verftchet die Urfachen des Lobens / nicht das geben ſel⸗
ber : Dem Abgrunde giebts fein Wehe /als den Stachel / daß fich
der Tod in einem Leben findet / fonft wäre der Abgrund cine
Stille : Es giebet ihme feinen Grimm / der iftdes Abgrundes
Leben / Bewegligkeit und Urftand/fonft wäre es eine ſtille Ewig⸗
keit und ein Nichte,
11. Uud
Cap. 3. Der Ander Punct. 3 9
ır. Und der $iccht- Belt giebt das Feuer auch feine Eſſentz /
fonit wäre fein Empfinten noch Liecht darinne / und wäre alles
nur Eins/und doch auffer dem Feuer ein Nichts/als ein Auge der
Wunder / das ſich felber nicht kennete / da kein Verſtand inne waͤ⸗
re / ſondern eine ewige Verborgenheit / da kein Suchen oder Ver⸗
bringen ſeyn koͤnte.
ı2. Dem dritten Principio, als dem Reiche dieſer Welt / giebt
das Feuer auch feine Eſſentz und Quaal / davon alles Leben und
Wachfen raͤge wird: Alle Sinnligkeit / und was je ſoll zu etwas
kommen / muß das Feuer haben: Esquillet nichts aus der Era
den / ohne des Feuers Eſſentz. Es iſt eine Urſache aller dreyen
Principien) und alles deſſen was genannt mag werden.
13. Alfo macht das Feuer eine Vereinigung aller dreyen
Principien /umd ift einem jeden die Urſach des Weſens. Keim
Principium ftreitet wider das ander/ jondern die Efleng eines je⸗
den begehret nur ſein Eigenes / uñ ift immer un&treit; wäre das
nicht/fo wäre alles ein ſtilles Nichts. Ein jedes Principium giebt
dein andern feine Krafft und Geſtalt / und ift ein ſtaͤter Friede
zwiſchen ihnen.
14. Die finſtere Welt hat die groſſe Pein und Angſt / die ur⸗
facht das Feuer / dag der Wille nach der Freyheit ſich ſaͤhnet / und
die Freyheit ſaͤhnet ſich nach der Offenbahrung / als nach den
Effentien / und giebt ſich ſelber in Grimm / daß ſie ſich möge alſo
offenbahren; und fuͤhret ſich alſo ins Feuer / daß aus dem Grim̃ /
und der Freyheit ein Feuer urſtaͤndet; und giebt ſich alſo dem
Grimm zu verſchlingen / als in Tod; und gehet aber aus dem
Tode / mit den eingenommenen Eflentien aus /in ein Eigenes/
als in eine eigene Welt oder Quaal / und wohnet in fich felber /
dem Tode und der finftern Welt unergriffen / und ift ein Sicht
in ſich.
15. Alſo iſt der Tod und der Grimm eine Mutter des Feuers /
auch eine Urſach der Liecht-welt / dazu cine Urſach alles Weſens
des dritten Principii, cine Urſach aller Eſſentien in allen Leben:
Wie wolte denn ein Principium wider das andere ſtreiten /fo je
eines des andern hefftig begehret.
16. Denn die Engliſche Liecht-welt / und auch diefe unſere
ſichtbahre Welt / müffen des finftern Todes Efleng zu ihrem Le⸗
ben und Quaalhaben. Esift ein ſtaͤter Hunger darnach.
17. Aleindas ifts/ ein jedes Principium nacht die Quaal nach
feiner Eigenfchafft: Es giebt dem Böfen fein Gutes / und einigt
ſich mit ihme / und macht aus dreyen eins / daß alſo Erin Streit
zwiſchen
30 Don Sechs Puncten. Eap.z,
zwiſchen den drey Principienift. Aber inder Effen& ift Streit /
und das muß ſeyn / oder es ware alles ein Nichts.
18. Allein das ift uns zu betrachten / wovon Feindfchafft ur⸗
ſtaͤnde? ? Gott hat in jedem Principio Creaturen / aus des brin⸗
cipii Weſen und Eigenſchafft geſchaffen / darinnen zu bleiben:
Und ſo ſie darinn nicht bleiben / ſondern fuͤhren ein anders durch
ihre Imagination in fich in ihre Eigenfchafft/ fo iſt ihnen das eine
Seindfihafft und Peinjals dem Teuffel und gefallenen Menfchen/
welche beyde aus der Stecht-welt ausgegangen find / der Teuffel
in Abgrund der ſtarcken Grimmes⸗Macht aus Hoffart/ und der
Menſch in diefe Welt ins Myfterium der Viel⸗wiſſenheit / als in
Die Wunder.
19. Nun hat der Menfch Noth und Streit/ daß er möge wies
der aufgehen / und dieſe Welt / dareimer ift gegangen / halt ihn /
denn fie wil ihn haben; und fo er ihr mit Macht aufigehet / fo
* ſte ihm gramm / ſchlaͤgt auff ihn / und wil ihn nicht in ſich
eiden.
20. Daher komts / daß die Kinder dieſer Welt / die Kinder des
Liechts anfeinden / plagen / ſchlagen / toͤdten / und von ſich trei
ben / denn der Geiſt dieſer Welt treibt fie darzuz darzu huͤlfft auch
der Teuffel / denn er weiß daß dieſe Welt auff dem Abgrund fte=
het / daß er wird die Kinder dieſer Welt / in Zerbrechung dieſes
Myfterii, in fein Reich bekommen; Darumb freibt er die Kin—
der Gottes von diefer Welt Kindern / daß fie. ihm Die Kinder Dies
fer Welt nicht auch in die Siecht-welt mit einführen.
zr. So aber der Menſch zudiefer Welt wäre gefchaffen wor»
den / folicffe erihn wol mit Frieden; aber er wil immer gerne
feinen Königlichen Stuhl befigen / dehn ergehabt hat/ und davon
verftoffen worden: Undfo ers ja nicht mag erlangen / fo wil er
auch den Kindern / die ihn follen befigen / denfelben nicht gönnen.
22. Diß iſt nun den Menſchen hoch zu betrachten / und ice
alfo blind zu ſeyn / fo jeder Menſch ift ins Myfterium diefer Welt
eingangen ; So foler darumb nicht alfo/ alsein Gefangener auch
indie irrdiſche Sucht des Todes Einfehlicffung eingehen: Son»
dern er follein Erkenner und Wiſſer des MyRterii ſeyn / und nicht
de 8 Teuffels Eule und Narı. Sondern ſoll mit der Imagination
ftäts wieder aufgehen in die Liecht-welt / darzu er gefchaffen k
ward / daß ihm das Liecht Glantz gebe / daß er ſich erfenne / und
das aͤuſſere Myfterium ſehe / ſo iſt er ein Menſch; wo nicht / fo
iſt er des Teuffels Narr / und der Liecht-welt Affe; gleich wie ein Affe
wil witig ſeyn / und mit allen Dingen ſpielen / und alles —
o
Cap. 4 Der Dritte Punkt. 31
Alſo iſt auch des irrdiſchen Menſchen / der doch mir ein Affe iſt /
fein Gauckel⸗fechten mit der Liecht⸗ welt. Wenn er nicht mit Ernſt
darein dringet / ſondern ſpielet nur damit / deß ſpottet der Teuffel /
und haͤlt dehn fuͤr einen Narren / und er iſts auch / er iſt ein Thier⸗
menſch ſo lange er mit ſeinem Willen am aͤuſſeren hanget / und
haͤlt dieſer Welt Gut fuͤr ſeinen Schatz / ſo iſt er nur ein Menſch
mit dieſer Welt Weſen / und nicht mit Gottes Liecht-welt We⸗
fen der giebt feinen Leib dieſer Welt / alß der Erden / und feine
Seele dem Abgrunde der finftern Welt.
23. Alfo geben wir euch zu erkennen und zu verftchen/ dag fich
der Baum der drey Principien gar wohl miteinander verfrage /
aber die Erenturen nicht / Dann eines jeden Principii Ereaturen
begehren derandern nicht/ und darumb iſt auch ein fefter Schluß
zwifchen ihnen / daß eine die andere nicht kenne / noch folle fehen.
24. Alleine des Teuffels Neid ftreitet gegen das menfchliche
Geſchlechte dan fie Haben ihm feinen Stuhlbefeffen. Darumb
heiſts: Mensch ſuche dich felber / und fiehe was du bift / huͤte dich
fuͤrm Zeuffel. So viel vom anderen Punct / wie fich die drey
Principia mögen miteinander einig vertragen.
Der dritte Punct.
Das 4. Capittel.
Vom Urſtand der Widerwertigkeitdes Gewaͤchſes ]
in dehme das geben in fich
ftreitig wird.
[2 In Dingdas Eins ift / das nur Einen Willen hat}
ſtreitet nicht wider fich felber. Da aber viel Willen
ineinem Dinge feynd/da werden fie freitig/denn je>
IS der rilfeinen gefaften Weeg gehen. So aber einer
des andern Herz ift / und gantz volle Macht über
‚die andern alle hat/ daß erdie mag zerbrechen] fo fie ihm nicht ges
horſamen / fo beitehet des Dinges Vielheit in einem Weſen / denn
‚Sie Viele der Willen geben fich alle in Gehorfam ihres Herren.
2. Alfo geben wireuch zu erkennen des Schens Widerwertig⸗
keit / denn das geben ſtehet in viel Willen ; eine jede Effen& mag
Leinen Willen führen und führet ihn auch. Dan Herbe/ Bitter /-
Angſt / und Sawer / iſt eine widerwerfige Quaal / da ein je
Br» des
—
z Von Sechs Puncten. Cap.a4.
des ſeine Eigenſchafft hat und gang widerwertig gegen einan⸗
er. So iſt das Fewer der andern aller Feind / denn es ſetzt eine
jede Quaalin grotze Angſt; daß alſo groge Widerwertigteit zwi⸗
ſchen ihnen iſt / da je eins das ander anfeindet / als an Hitze und
Kaͤlte zu ſehen / auch an Fewer und Waſſer / am Leben und Todt.
3, Imgleichen feindet ſich des Menſchen Leben ſelbſt an. Es
feindet je eine Geſtalt die andere an / und nicht allein im Mens
ſchen / ſondern inallen Crearuren:&s ſey dan / daß die Geſtalten des
Lebens einen ſanfften lieblichen Herrn bekommen / unter deſſen
Zwang ſie muͤſſen ſeyn / der ihnen kan ihren Gewalt und Willen
brechen; das iſt das Liecht des Lebens / das iſt aller Geftalten
Herr / und kan fie alle baͤndigen / ſte muͤſſen alle ihren Willen dem
ans geben/ und fie thuns auch gerne/denn das Liecht giebt ihnen
Sanfftmuht und Krafft/dag ihre yerbe/ftrenge/bittere/ängftliche
Geftalten.alle ingichligkeit verwandelt werde.Sie gebt alle ihren
Willen des Lebens Liechte / und das Liecht giebt ihnen Sanfftmuht.
4. Alſo wird die Vielheit in £irs verwandelt / in Einen Willen /
PR heift das Bemüthe / und ift der Ouellbruñ da der einige
Wille kan außfchönffen Böfes und Gutes / welches gefchicht durch
Imagination , oder durch Fürftellung eines Dinges / das böß o⸗
der gut iſt; fo ift deffen Dinges Eigenfchafft derfelben Eigen»
ſchafft im geben fähig. Des Lebens Eigenſchafft fühet des fürge»
ftelten Dinges Eigenfchafft/ es fey gleich ein Wort oder Werck /
und entzündet fich Damit in fich felber ; ſteckt auch die andern Ge⸗
falten des Lebens damit an / daß ſte anheben zu qualificiren / und
brenner eine jede Eigenfchafft in ihrer Quaal / in Siebe oder Zorn /
alles nach dem fuͤrgeſtelten XBefen ; was die Imagination hat ge⸗
fangen / das führet Heins Gemühte ein. 4
5. Und geben euch alfo zu verftchen/dag fo fich das Gemühtealfo
in einer Geſtalt entzuͤndet / ſo entzuͤndets den gantzen Geiſt und
Leib / und fuͤhret alsbald ſeine Imagination ins innerſte Feuer der
Seelen / und erweckt das innerſte Centrum Naturæ: Welches / ſo
es entzündet wird / es ſey in Grim̃ oder Liebe / fo faſſets ſich in allen
fiebenBeftalten der Natur / die greiffen nach der Seelen Willen⸗
geifte/ darin die edle Bildnuͤß ftchet/ darin fich Gott eroͤffnet / und
führen ihr angezuͤndet Feuer darein; als am Feuer zu ſehen / in
mas Maeria daſſelbe brennet / gibts auch einen ſolchen Schein / als
am Schwefel gegen dem Holtz zu erkennen / und in vielen Din⸗
gen mehr. N
6. Alfo verftchet man an dehme / daß / gleich was das Feuer für
eine Quaal und Eigenfihafft hat / ſolche Eigenſchafft bekomt —
das Liecht / und die Krafft des Liechtes. ©
Cap. Der Dritte Punet. 33
7. So dan unſere edle BildnuͤßlGOttes im Lebens⸗Liechte
ſtehet / im Seelen-fewer / fo ift uns hoch erkaͤnntlich / wieder
eelen Willen-geift als die edle Bildnuͤß verderbet / und im
Grimmen⸗quaal / auch offt in der Liebe-quagal entzuͤndet werde.
Und ſehen alſo hierinnen unfere große Gefaͤhrligkeit / und E⸗
lend / und verſtehen recht / warumb uns Chriſtus hat die Gedult /
$iebe/ und Sanfftmuht gelehret / als daß ſich das Seelen-feuer
nicht im Grimm entzuͤnde / noch andern Urſach gebe / daß ſte
ihr Seelen⸗feuer im Grimm entzuͤnden / dag Gottes Reich nicht
gehindert werde.
8. Hierinn erkennen wir unſern ſchweren Fall / daß uns
Adam hat irrdiſche Mareriam in unſer Seelen⸗feuer eingefuͤhret /
die brennet fo offt nur eine Quaal im Centroder Grimmes-Eis
genſchafft erwecket wird. Un ſehen alſo wie wir in Gottes Grim̃ /
zwiſchen Zorn uñ Siebe gefangen liegen / in groſſer Gefaͤhrligkeit.
9. Und geben euch das hoch zu erkennen: Ihr wiſſet wie wir
oben und in allen Büchern gemeldet / wie aus dem Feuer das
Liecht gehe / als einander Principium , hat doch des Feuers Ei=
genfchafft und Krafft/ denn des Feuers Centrum giebts dem
Liechts⸗Centro. Und wie das Liecht auch begehrende ſey / und
habe eine Marricem der fähnenden Sucht / welche fich im Begeh⸗
ren mit der Krafft des Sicchts / als mit ver Sanfftmuth des
Sichts ſchwaͤngert; und indiefer Schwaͤngerung ſtehet das We⸗
fen des Liechts / in der reinen Liebe Goͤttliches Weſens.
zo. Auch iſt berichtet wie das Feuer daſſelbe Weſen
in ſich ziehe / zu feiner Liechts-eſſentz brauche / und in ſtch ver⸗
ſchlinge / gebe aber aus der Eſſentz einen andern Geiſt / der nicht
Feuer ſey: Wie ihr dann ſehet daß das Feuer zweene Geiſter
giebt. 1. Einen grimmigen verzehrenden / aus dem Grimm / als
der erſten Materiæ Eigenſchafft. 2. Einen Lufft-geiſt / der der
Liechtes Sanfftmuth Eigenſchafft iſt.
11. Jetzt iſt uns zu erwegen / in was Materia das Feuer in der
erſten Elſentz brenne ? In was ſichs entzuͤndet habe / in Liebe oder
Boßheit / das iſt / in Irrdiſcher oder Goͤttlicher Begierde? Ein ſolch
Feuer iſt es / und giebt auch ein ſolches Liecht⸗feur / auch einen
ſolchen Geiſt auß dem Liecht⸗feuer.
12. Iſt nun des erſten Feuers Materia gut / darinnen das
Feuer brennet / fo hat das ander Liecht⸗feuer auch eine gute Ei⸗
genſchafft / Ruch und Quall / giebt auch ein gut / kraͤftig / lieblich
Liecht / und aus dem Liechts · centro auch einen guten und kraͤfftigen
Geiſt /welcher iſt die Gleichnuͤß Gottes]. das edle Bi.
C x
**
—
ww?
34 Don Sechs Puncten. Cap.4.
13. Iſt aber das erfte Fewer in feiner Eſſentz böfe / und bren⸗
yet in böfer Materia ; So ift auch des Schens Liecht ein falſcher
Quaal / und tundeler Schein / wie am Schwefelslicht zu ſehen:
Und veffelben begehrenden Liechts Centrum führet auch aus fol»
cher Eigenſchafft ſolche Materiam in fein Fewer / und das Fewer
gibt auch einen ſolchen Geiſt aus ſich.
14. Jetzt iſt uns erkaͤnntlich / welcher Geiſt die Freyheit Got⸗
tes möge erlangen oder nicht; denn welcher Seelen⸗geiſt oder
Bildnuͤß tundele finftere Eigenfchafft in fich hat der mag des
klaren Liechtes nicht fähig ſeyn. 2. Auch fo er grimmige Eſſentien
und Eigenfchafftenin fich hat / mager fich nicht mit ver Sanfft⸗
muht Goftes vereinigen und mit ihr inqualiren ; denn. der
Grimm ift eine Seindfehafft wider die Siebe und Sanfftmuht;
und die Kebe läft den Grimm nicht infich. Jetzt find fie gefchies
den: Und jtöft die Liebe den Grimm von fich / und der Grimme,
begehret auch nicht mehr der Liebe Eigenfchafft.
15. Denn fobald das Fewer den Beift aus fichgibt/ foifter
vollkommen / und fcheidet fih in feine Eigenfchafft/ es fep ein.
Liecht⸗geiſt / oder finfterer grimmmiger Schwefflicher Geift ; in
diefelbe Eſſentz / davon er ift aufgegangen / begehrt er wieder ;
denn esift feine Eigenfchafft/ es fey gleich in Liebe / oder Feind⸗
ſchafft der Siebe.
6. Alfo verfichen wir jetzt welche Geifter oder Seelen in
der Quaal der Feindſchafft leben / und. wie fich die Feindſchafft
urftände. Daß fich ein Schen felber feinde/ als nemlich aus der
erften materia zu des Lebens Licht. Die Urfach ftehet im Jade
der Natur / in den fieben Geiftern oder Geftalten / welcher je»
der feine Eigenfchafft hat : und in welcher Eigenſchafft das Ge⸗
mühte entzündet wird / folche Eigenfchafft bekomt fein Seelen»
fewer mit dem Willen⸗geiſte: welcher denn auch alsbald nach
Subftang und Weſen trachtet / wie er das möge zu Wercke richten /
deſſen der Willen⸗ geiſt ſchwanger iſt.
17. Jetzt iſt Noth dem Irrdiſchen Willen feine Krafft brechen /
und den alten boͤſen Adam toͤdten und feinen Willen⸗geiſt mit
Zwang und Gewalt ausder Bopheit aufführen ; denn allhier
in diefer Zeit mags ſeyn / weil das dritte Principium mit dene
MWaffer/ welches Sanfftmuth giebt / dem Centro der inner
Ratur anhangt / und gleich in feiner Quaalgefangen hält.
3. Wenn aber ver Seelen Willenzgeift / als das innere
$iecht8-Centrum , vom aͤuſſern abbricht / und allein bleibt/ als“
dan bleibt der Seelen⸗geiſt in feiner Eigenſchafft / dan es ift wenig
Naht ð
Cap Dir Dritte Punct 35
Naht / der Willen:geift hate ſich denn in Zeit des sufern Sehens
umgewendt in Gottes Liebe / und Die als einen Funden im in⸗
nern Centro erreicht ; fo mag doc ja etwas geſchehen / aberin
was Quaal und Mühe das gefchehe / erführer der Funde der
Liebe wohl / der da foil den finfteren grimmen Tod zerbrechen ;
es iſt ihm Fewers genug ; in was Feindſchafft das schen ſtehet /
in Schrecken und Angſt / biß es kan in den Funcken / in die Frey⸗
heit Gottes erfinden/ erfaͤhret der wohl / der ſo bloß mit wenigem
Liecht von dieſer Welt ſcheidet / welches Die jetzige viel zu kluge
Welt für Schertz haͤlt; was ſie aber für Erkaͤntnuͤß haͤbe / be⸗
weiſet ſte mit der That.
19. Alſo verſtehen wir auch des Teuffels Fall / der cin Engel
war / wie er habe wiederumb ins Centrum ver erſten Eigenſchafft
imaginiret/ und große Staͤrcke und Macht geſuchet / wie die
jetzige Welt große Macht und Ehre / und habe das Liecht der Kebe
verachtet. Wiewohl er meynete / das Liecht ſolte ihm alſo bren⸗
nen / und der Welt Hoffart meynet auch der Liecht⸗geiſt ſolle hr
ihrer Pracht brennen / under wolte ſich noch ſehrer entzuͤnden /
ſo moͤchte er maͤchtig uͤber alle Thronen herrſchen / und uͤber das
Weſen der Gottheifinder Sanfftmuht: welches ihme ziunn Fall
gerahten iſt / wie auch jetziger Welt geſchehen wird.
20 Darumb lerne ein jeder Menſch Hiebey | fich zu hüten
für Hoffart / und Geitz; denn dem Teuffel Fam fein Fallaus
Hoffart / und Geitz / daß er das Centtum der finftern Welt im
ihm anzuͤndete; Darumb ward er auch aus der Liecht⸗welt in die
finftere Welt geftoffen. Alfo gehets auch allen Menſchen / die
da aus der GSanfftmuth und Demuht / in Grimm / Höffart/
Geitz / und Neid tretten/ Die imaginiren alle ing Centrum der
finftern Natur / als in Urſtand der Natur] und ziehen ich ing
finfter Fewer der Angſt⸗quaal / da die edle Bildnuͤß in andere
Quaal eingefuͤhret wird / daß ſie muß in Angſt und Feindſchafft
ſtehen / da je eine Geſtalt des Lebens die andere anfeindet.
21. Und ſehen auch hieraus eigentlich / wie Gottes Reich al⸗
fein im hellen klaren $iechte in der Freyheit ſtehe / in Liebe und
Sanfftmuth:denn das ift des weiffen hellen Lichts Eigenſchafft /
wie man dan im aͤuſſern Wefen fihet / da fo eine liebliche / fanffa
fe/ und füffe Materia zum auffern Fewer ift / welches doch nur
des innern Fewers Grimm ift/ das auch lieblich Liecht und
Ruch daraus entftchet ; viel mehr gefchicht das im Geift-fewer /
da kein begreifflich oder aͤuſſerlich Weſen zu gehöret : Son
dern da die ficken Geiftey der ein Fewer in ſich —
2 en]
36 Don Sechs Puntten. Gap:
chen / welches nur eine Eigenfchafft und Quaal des Fewers ift/
alsdenn die Finſter⸗ und Liecht⸗welt in folcher Geiftlicher Eigene
ſchafft fteher.
22. Sowehlauc der innere Menfch/der.aus dem Ewigen iſt /
und der ins Ewige gehet/ der hat blog die zwey Welten in fich;in
welche Eigenfchafft er ſich einwendet / in diefelbe Welt wird er
auch eingeführet / umd deren Welt Eigenfhafft wird er ewig
ſeyn / und Die genieffens entweder eine Liebe⸗quaal / aus der Liecht⸗
Welt der Sanfftmuth / oder eine feindliche Quaal aus der fin⸗
ſteren Welt.
23. Allhie gruͤnet und waͤchſet er in der Mitten zwiſchen der
Siecht:und finſtern Welt / er mag ſich einergeben in welche er
wil/ welche Efleng in ihme das Regiment befomt/ der Grimm
oder die Sanfftmuht / diefelbe faͤhet er / und die ſelbe hangt ihm
an / und fuͤhret ihn / ſie giebt ihm Sitten und Willen / und vera
einiget ſich gang mitihme : und dahinein fuͤhret der Menfch dert
Geiſtlichen Menſchen / als die Bildnuͤß die GOtt aus feinem
Weſen / aus allen dreyen Principien ſchuff.
24. Darumb heiſſets: Nim̃ das Creutz auff dich / trette in
ic Gedult / in ſanfftmuͤhtiges Leben: Thue nicht / worzu dich
das finſtere Centrum des Grimmes / auch nicht wozu dich
die Fuͤlle und Wolluſt dieſer Welt reitzet / ſondern brich beyden
ihren Willen Reise auch Niemand zum Zorne; denn fo du falſch
handelſt / fo erzuͤrneſt du deinen Bruder / und hinderſt das Neich
GOttes.
25. Du ſolſt ein Führer ins Reich Gottes ſeyn / und deinen
Bruder mitdeiner Siebe und Sanfftmuht anzuͤnden / daß er an
die Gottes Weſen ſehe / als in einem Spiegel / und alſo auch mit
feiner Imagination an dir fahe. Thuſtu Das / fo führeftu deine
Seele / dein Werd / auch deinen Nächften / oder Mitzbruder in
Gottes Reich / umd vermehreft das Himmel⸗reich mit feinen
Wandern. Das hat uns Ehriftusgelehret/ fagende : Wenn
dich einer auff einen Backen fchlägt / beut ihm auch den andern
dar : nimt dir einer den Mantel) fo wehre ihm auch nicht den
Rock; daß er an dir einen Spiegelhabe/ und in ſich gehe / fehe
deine Sanfftmuht / erkenne daß du Gottes Kind biſt / und daß dich
Gottes Geiſt treibet. Daß er auch von dir lerne / in ſich gehe /
und fich ſuche. Widerſteheſtu ihm mit Trotz and Boßheit / ſo
wird feine Boßheit noch mehr entzuͤndet / und vermeynet end⸗
lich / er thue dir recht; alſo aber muß er ja erkennen / daß er dir
unrecht thuc.
26. Und
Cap. Der Dritte Punct. 37
26. Und fo dan Gottes Siebe allen böfen Menfchen entgegen tritt/
und das Gewiſſen vom Böfen offt abmahnet / fo tritt ihmenls=
Dan auch deine Saufftmuht und Gedultin fein bög Gewilfen /
und Elaget das Gewiffen in fich vor Gottes Liecht im Zorn / any
To gehet doch alfo mancher boͤſer Menſch aus feiner Boßheit aus?
daß er in ſich gehet / und ſuchet Jich ; alsdenn erinnert ihn Got=-
tes Geift deiner Gedult / und ſtellets ihm unser Augen / alfe
wird er damit in Bug und Abftinen gezogen.
27. Nicht alfo zu verſtehen / dag ſich nicht einer folte vor ei⸗
nem Mörder oder Dieb wehren / ver da wil morden und raubeits
Sondern alfo foll man offt / woman fichet / daß einer fo begie⸗
rig ift ver Ungerechtigkeit / ihme feinen Falſch offentlich mit gu>
„sem Liechte unter Augen laffen hinfahren / und ihme das Chriſt⸗
> liche liebreiche Gemüht gutwillig bieten / daß ers mit Krafft
>, der That befinde) dag es aus Gottes Liebe⸗eyfer geſchehe / und
„daß ihme an Gottes Willen und ander Liebe mehr gelegen ſey /
>, als an dem irrdiſchen Weſen; daß er fürfäglich nicht wolle ein»
3, willigen/ dag möchte was eyfriges oder Boͤſes gefiychen ; ſon⸗
„dern daß er ſehe / daß die Kinder Gottes die Liebe Gottes mehr
„lieben / und ihr mehr anhangen / als allem zeitlichen Gute /
„und daß Gottes Kinder in dieſer Welt nicht daheime find / fon=
„dern nur Pilgrimmen / die gerne alles dieſer Welt laſſen / dag
„nur das Himmelreich ererben moͤgen.
28. Dit alles ſtellet der Geiſt Gottes dem Ubelthaͤter für /
ins Lebens-Liecht / und ermahnet ihn dadurch zur Wieder-⸗umb⸗
kehrung. Wil er aber nicht / ſo macht ihm der Zorn GOttes
Hoͤlliſch Fewer darauß / und naget ihn doch endlich / ob er doch
ſich noch wolte erkennen und Buſſe thun. Beharret er dan ja in
der Boßheit / fo iſt er eingang boͤſer Baum / im Zorn GOt⸗
tes gewachſen / und gehoͤret in Abgrund / in die finſtere Angſt⸗
Am zum finftern Gott Lucırer, da muß er fine Grew>
ei freſſen.
Ss viel dom dritten Punct.
38 Bon Sechs Puncten. Gap-s.
Der vierdte Punct.
Dass. Capittel.
Wie der Heylige und Gute Baum des Emwigen $es
bens / aus allen Gewaͤchſen ver dreyen Prineipien
aus- und durch wachſe / amd von Feinem ergriffen
werde.
X. Sn Ding/ das in fich wohnet / mag von nichts ges
faffet werben / denn es wohnet im Nichts 5 es iſt
nichts vor ihme das es ergreiffen mag / und iſt
auch von dem Dinge / Das auger ihm iſt / frey.
„2. Alſo geben wir euch ‚zu verftehen von der
Göttlihen Kraft und Liecht die mwohnet in fich gelber / und
iſt im nichts eingefaſſet nichts ‚berührer fie] / es ſey Denn
deſſen Eigenfchafft. Sie ift in der Natur allenthalben / doch
berühret tie die Natur nicht/ (verſtehe die auffere Natur der
Welt.) Sie fiheinck darinne wiedie Sonne inden Elementen;
die Sonne ſcheinet ins Waſſer / auch ins Feuer / und durch die
Sufft/und wird doch pen keinem ergriffen noch gehalten: Sie giebt
allen Weſen Krafft / und machet die eſſentialiſchen Geiler lieb»
lich und fraudenreich. Sie zeucht mit ihrer Krafft die Efleng aus
der Erden / und nicht allein die Eſſentz fondern auch das Weſen
der Eſſentien / welches aus der Eſſentz einen Leib giebt.
3. Was nun die Sonne im dritten Principio thut / in dem
ſie alle feindliche Eſſentz und Quaal in Sanffmuht verwan⸗
—99— das thut GOttes Liecht in den Geftalten der ewigen
atur.
4. Es fcheinetindie Geftalten/ und auch ausden Geftalten:
das iſt / es zündet die Geftalten der Natur an / daß fiealledes
Liechts Willen bekommen / und ſich dem Liechte eineigenen und
ſich gantz einergeben. Das iſt / ſie erſincken aus ihrer eigenen
Eſſentz / und werden als hatten fie keine Macht in ſich / be»
gehren allein des Liechtes Kraft und Macht : Alfo nimt das
Liecht ihre Kraft und Macht in fich / und fcheinet aus derfelben
Kraft. Alfo kommen alle Geftalten der Natur zum $iechte /
amd ift das Liecht mit der Natur ein Wille / und bleibt das
Sicht Her.
5. Sonften wo die Willen in den ftrengen Geftalten der Na⸗
iur wollen Herr ſeyn / fo ift eine Trennung / und * ewige
einde
Caps. Der Vierdte Punct. 39
Feindſchafft; denn eine Geſtalt feindet immer die andere an /
eine jede erhebet ſich Davon komt die Widerwertigkeit / dag eine
Creatur alſo boͤſe / zornig und feindig iſt / daß offt das Leben in
ihm ſelber ſtreitig iſt.
6. Und wie wir nun erkennen / daß das Liecht dem ſtrengen
geben der Natur / den Eigenſchafften der Eſſentien zu huͤlffe ko uf
day aljo cin frölich Leben entſtehet / und fich alfo im Liechte veraͤn⸗
dert: Alſo erkennen Wir auch / daß Das Leben der finſteren Grim⸗
migkeit des Liechtes Feind iſt / denn es kan das Liecht nicht fans
gen; das ewige Liecht ſcheinet durch die Finſternuͤß / und die
Finſternuͤß kans nicht begreiffen / denn die Bielheit der Willen
in der finſtern Natur / ſind alle in Tode geſchloſſen / das Liecht
ſcheinet nicht in fie/ fondern durch fie; Sie fahen das Liecht nicht]
gleichwohl iſt das Sicht in vr Fern Welt; abercserfüilst
hu die Finſternuͤß / darumb Meiben die Eflenticn der fiı nſtern
Welt ein feindliger Gifft und Tod / da ſich die eutz folder ji:
ne feindet.
7. Alſo find drey Prĩncipia ineinander / keines bear reifte as
ander / und kan das ewige Schi eantiiim:n st ei“ 43 der den / v9
falle denn in den Tod / mdg gebe ſtine Elens Fri IE ge 10»
er der Natur / und geye mit Einem eſſentialiſchen Willen aus
fich felber aus ins Lecht / und gebe ſich dem Siechte gans heim;
und begehre nichts zu wollen md zu thun / fondern gebe feinen
Willen dem Liechte heun / dag das Kecht fein Wollen fey.
8. Alſo faͤhet ihn das Liecht / und er das Liecht auch. Und alſo
iſt ver boͤſe Wille dem Liechte einergeben / und das Kiecht giebt
ſeine Krafft in die Boßheit / und macht aus der Boßheit einen
freundlichen guten Willen / der nur cin Liebe⸗-begehren iſt / denn
die Sanfftmuht des Liechts hat ſich dem feindligen Willen gantz
eingeleibet.
9. Alſo geſchicht jetzt Gottes Wille / und wird das Boͤſe ins
Gute verwandelt / und ſcheinet Gottes Siebe aus ſeinem Zorn
und Grimm / und wird kein Grimm in Gottes ewigen Naͤtur
erkannt. Denn wie das ewige Liecht / als der ewige Krafft⸗ Baum /
Durch alle drey Principia ſcheinet unergriffen deren eins; denn
fo lange ein Weſen auffer Gottes Willen iſt / verſtehe dem ſanff⸗
ten Siecht- willen / fo lang ifts einig und wohnet inft ich felber /
und begreifft nichts von GOtt: So ſichs aber in GOtt eineig⸗
net / und feinen Willen zerbricht und ſincken laͤſſet / ſo iſts ein
Geiſt in und mit GOTT / um? 0 ſe cheinet aus demſel⸗
ben Weſen.
C4 10. Und
——
7
40 Don Sechs Puncten. Caps!
10. Und verfichen auch / warumb die boßhaffte Seele / noch
Der Teuffel / GOtt nicht ſehe und erkenne / als daß fi ihr Wil⸗
le nicht wil in GO eineignen / er wil ſelber Herrſeyn: Alſo
bleibt er auſſer GOtt / nur in ſich ſelber / und Gott bleibet auch
in fich ſelter; und wohnet alſo eines im andern / und weiß nichts
som andern / denn es Echret eines dem andern den Rücken / und
fieyetdes andern Angeficht nicht.
zı. Alfo weiß vie Liecht⸗welt nichts von Teuffeln / und diefe
nichts von der Liecht-welt / als nur dieſes / Dag fie einmahl dar⸗
inn geweſen find / bildens ihnen fuͤr / wie einer der in der Ima-
gination fiehet / da lich doch die Liecht⸗welt nicht mehr in ihre Ima-
gination einergiebet / und fie auch nicht darnach imaginiren/ denn
es [redet fie / auch ſchamen ſie ſich deren.
12. Alſo iſt uns auch von der aͤuſſern Welt zu verſtehen / Gottes
Liecht ſcheinet durch und durch / wird aber nur von dehm ergriffen
was ſich darein eineignet: So dan dieſe aͤußere Welt an Gott als
ſtum̃ / und ohne Verſtand iſt; ſo bleibet ſie in ihrem eigenen Willte /
und führet ihren eigenen Geiſt in ſich / wiewohl ihr GOtt hat ei⸗
nen Natur-Gott gegeben / als die Sonne / darein alles Weſen
feinen Willen und Vegierde ſoll werffen / was in dieſer Welt iſt /
und welches das nicht thut / das bleibet in ſich ſelber eine große
Boßheit / und iſt ſeine eigene Feindſchafft.
13. Unddarumb wird diefe Welt für ein cigen Principium er⸗
kannt / day fie einen eigenen Natur⸗GOtt hat; alſo verglichen
als nehmlich die Sonne / und ſcheinet doch warhafftigdassiecht der
Gottheit durch alles / durch und durch. Das Liecht der Sonne nimt
Eſſentz von Gottes Fewer / und Gottes Fewer von Gottes Liech⸗
te. Alſo gibt das Kecht der Sonnen diefelbe Krafft den Elemen⸗
ten / dieſelbe gebens den Creaturen / auch Gewaͤchſen der Er>
den / und alles was guter Eigenſchafft iſt / empfaͤhet alſo Gottes
Krafft zu einem Anblicke / Durch den Spiegel der Weisheit / da⸗
von es ſein Wachſen und Leben hat. Denn GoOtt ſtehet allem
Weſen gegewwaͤrtig / aber nicht alles Wefen empfaͤhet ihn in ſei⸗
ar Eſſentz.
14. Sondern wie im Spiegel des Anblicks inder Sonnen⸗
frafft ; denn die Sonne ruͤhret her aus der achten Zahl. Ihre
Wurtzel / daraus ſie ihren Schein empfaͤhet / iſt das ewige Few⸗
er / aber ihr Corpus ſtehet in dieſer Welt. Ihr Begehren iſt
gantz in dieſe Welt gerichtet / darumb ſcheinet fie indie Beltz
aber ihre erſte Wurtzel ſiehet in die erſte Welt ins Fewer Got⸗
tes. Dieſe Welt giebt ihrem Begehren Weſen / und ſie gie
ihre
Bap.s. Der Dierdte Punct Au
ihre Krafft dem Weſen / und erfüllet alfo alles Weſen diefer
Welt / gleich wie GOttes Liecht / die Göftliche Liecht-welt; und
wenn Gottes Feuerniche mehr brennete / fo erlöfche die Sonne
und auch die Göttliche Liecht-welt. Denn GOttes Feuer giebt
beyden Effeng / und ift ein Principium derer beyder. Und wäre
die finftere Welt nicht / dieſe beyde wären auch nicht ; denn die
finftere Welt giebt die Urſachen zu GOttes Feuer.
ı5. Alfo muͤſſen auch die drey Welten ineinander ſeyn / den
es mag nichts ohne Grumd beftehen. Dann die Finſter⸗welt ift
der Grund der Natur/ und der ewige ungruͤndliche Wille/ der
Vaͤtter heift / iſt der Grund der Finftern Welt / wie forne ges
meldet / und die Liecht-welt ift inder Finſtern verborgen/ und
auch dDiefe in der Liecht⸗welt.
16. Alfo zu verfichen: Daß diefe Welt ift im Zorne Gottes
gleich als im Tode geſchloſſen; denn der Zorn grünet indiefer
Welt Weſen / wäre das nicht / fo möchte diefer Welt Weſen
GoOttes Liecht wohl fahen.
17. Alſo empfaͤhet dieſe Welt nur einen Glaſt mit der Son⸗
non Krafft von Gott. Die Sonne iſt nicht Gottes Liecht / denn
fie ſcheinet nicht ganz in Goͤttlicher Eſſentz / ſondern in Elemen⸗
tariſcher Eſſentz. Aber Gottes Feuer hat ſie zur Wurtzel / wird
aber mit dieſer Welt Weſen erfuͤllet; denn ſie iſt begehrend als
eine Magiſche Sucht / und empfaͤhet in ihre Imagination und
Sucht der Sternen und Elementen Krafft / aus denſelben ſchei⸗
net ſie auch.
18. Obwohl Gottes Feuer die Wurtzel iſt / ſo gehoͤret ſie doch
nicht zu Gottes Reich. Und in dieſem verſtehet man auch / wie der
Teuffel die arınfte Creatur iſt / denn er mag nicht ein Laͤublein
raͤgen / es ſey denn der Zorn darinne / ſo raͤget er das nach des
Zorns Eigenſchafft; denn das Liecht und die Krafft dieſer Welt
iſt ihme zuwider / er gehet mit ſeinem Willen nicht ins Liechts
Eigenfihafft/ dan er kan auch nicht. Er ſtehet ruͤckling gegen dene
Liechte der Sonnen / in feiner Figur und Eigenſchafft; darum iſt
ehme das Sonnen⸗liecht nichts nuͤtze und alles was in der Son⸗
nen Krafft waͤchſt / das ſich der Sonnen eineignet / das feindet er
an; ſein Wille gehet nicht gerne hinein.
€; Dad
42 Bon Sechs Puncten. Cap. 6.
Das 6. Capittel.
L O wir dieſem allem nachtrachten / und aus der in⸗
neren Welt in dieſe aͤuſſere ſichtbare gehen / ſo befin⸗
den wirdaß das Weſen der aͤuſſern Welt ſey aus
der innern herkommen / als aus der innern Welt
Imagination oder Begehren. Uñ werden in der aufs
fern Welt aller beyder innern Welten Eigenſchafft finden; dar⸗
zu wie beyder Eigenfchafften Willen in der äuffern Welt raͤge /
und offenbahr find. Ind denn / wiedas Gute) alsdas Wefen /
welches aus der Liecht⸗ welt iſt hergefommen/alles ſey mitin Zorn
und Tod eingeſchloſſen. Und wie die Goͤttliche Krafft lalles raͤge
macht / daß alles auf dem Grimm des Todes auß⸗und durch⸗waͤchſt.
2. Dan die irrdiſche Tinctur hat nicht Gemeinſchafft mit
der Himmliſchen in der Liecht⸗ welt. Air finden aber eine an:
dere Tinctur in der Erden / welche mit der Himmliſchen Ge-
meinſchafft hat / als in den Föftlichen Metallen und iſt doch
mitte verfchloffen.
3. Verſtehen alfodie Bewegung / und das Fiat bepder ewigen
aReltenjder Finſtern und Liechten; cine jede hat fich nach Weſen
gefähnet / und da ſich Gott einmahl bewegte / fo Eonte eine Welt
ohne die andere nicht bewegt werden.
4. Denn die finſtere Welt haͤlt inne das erſte Centrum der
Natur / und die Liecht-welt das andere Centrum, als das Herk
Gottes / vder das Wort der Krafftder Gottheit] und eine
Welt von der andern nicht getrennet.
5. Daran follen wir erkennen in was Gefahr wir ſtehen /
und gedencden wo wir ung mit unferm Willen wollen hinſchwin⸗
gen. Denn / ſchwingen wir uns indie irrdiſche Sucht / fo faͤngt
fie uns. So ift die Quaal des Abgrunds unſer Herz) und die
Sonne unſer zeitlicher Gott,
6. Schwingen wir ungaber mit unſerm Willen indie Welt
auſſer diefer Welt / fo fangt die Liecht⸗ welt unfern Willen / und
wird GOtt unfer Herr / und laffen das irrdifche geben diefer
Welt / und nehmen mit uns mitte / was aus der Liecht⸗welt iſt ge⸗
kommen / in uns / verſtehe in Adam / das wird mit dehm Wil⸗
len / der mit Gott ein Geiſt wird / aus dieſe r Welt außgefuͤhret.
7. Die Vernunfft ſpricht: Wo find denn die drey Welten?
ſie wil ſchlecht eine Trennung haben / da eine auſſer der andern
ſey / oder uͤber der andern ſtehe / das doch nicht muͤglich ſeyn kan.
Sonſt muͤſte ſich das ewige ungruͤndliche Weſen zertrennen /
wie
ap. 6. Der Vierdte Punet. 43
wie mag aber ſich das zertrennen / das in nichts iſt / (das keine Staͤ⸗
te hat / das ſelber alles ift/) das Fan ja nicht in particul kom⸗
men das keinen Grund hat / das ſich nicht faſſen laͤſt / das in
ſich ſelber wohnet / und ſich ſelber beſitzt; ſondern es gehetauß
ſich / und offendahret ſich aus ſich.
8. Es maͤcht ein Ding auß ſich / das in ſich nur ein Wille iſt;
in ſich iſts ein Geiſt / macht aber aus ſich eine Geſtaltnuͤß des
Geiſtes / und die Geſtaltnuͤß macht ein Weſen / nad) Eigen⸗
ſchafft des Geiſtes. Als dieſe Welt denn ein Weſen iſt / und der
innere Geiſt beſttzt die. Er iſt an allem Orte / doch begreifft ihn
der Ort nicht; ſondern er begreifft den Ort / der Ort weiß nichts
von ihme / fuͤhlet ihn aber / denn er iſt die Krafft / und der Geiſt
in dem Orte; ſein Wille gehet durch das Weſen / und das We⸗
fen hat keine Augen ihn zu fehen / er aber iſt das Sehen des
Ortes / und iſt ſelber kein Ortoder Stätte / macht ihm aber eine
ungründliche Stätte / da fein Meffen ift. Er iftalles/ und
Doch auch gleich einem Nichts / gegen dem Aeuſſern zu achten.
Was er aus fich giebt / das befitt er auch / nicht fahret er darin⸗
ne/ fondern er ift vorhin da / ehe das Weſen die Stätte ein⸗
nimt; die Stätte begreifftnur einen Glaft von feinem Willen/
wie einer in einem Spiegel feine Geſtalt ſiehet / und doch dieſe
nicht begreiffen Eansoder wie der Sonnen-fihein im Waſſer nicht
begriffen wird / doch fühlet ihn das Waſſer / und emprähet den
Glaft; oder wiedie Erde Krafft vonder Sonnen empfaͤhet / dag
fie Frucht bringet: alfo wohnet Gott in allen Weſen / und
dringet durch alles / wird doch von nichts ergriffeit.
9. Und wie wir verfichen/ daß die Erde einen groffen Hun⸗
ger und Begierde nach der Sonnen-Krafft und Liecht het / in
welchem fie der Sonnen Krafft und Liecht an fich zeucht und fahig
wird / das außer dem Begehren nicht ſeyn möchte: Gleicherge=
fialt hungert das aäͤußere Weſen nach dem innern/ denn die
aͤußere Geftaltnüß urftander vom innern; Alfo empfaͤhet das
aͤuere Weſen des innern Geftaltnäg in ſich / als einẽ Glaſt oder
Krafft; denn den innern Geiſt kan das aͤußere Weſen nicht
fahen / denn er wohnet nicht im Aeußern / ſondern er beſitzt ſich
ſelber in ſich im Innern.
10. Aber des Geiſtes Geſtaltnuͤß mit dem Spiegel empfaͤhet
das aͤuhere Weſen / wie das Waſſer der Sonnen Glaſt. Nicht
iſt uns zu dencken / daß das Innere ferne vom Aeußeren ſey / wie
der Sonnen Corpus vom Waſſer / wiewol das auch nicht iſt /
daß die Senne ferne vom Waſſer ſey Fass das Waffer hat der
IE Son⸗
44 Bor Sechs Puncten. Gap. 6,
Sonnen Eigenfchafft und Weſen / fonft finge das Waſſer nicht
Ber Sonnen Glaft. Ob die Sonne mwohlein Corpus ift / ſo iſt
Doch im Waſſer auch die Sonne / abernicht offenbahr : Das
Corpus macht die Sonne im Waſſer offenbahr / undift zuerz
kennen dag die gantze Welte eitel Sonne wäre / und der Locus
per Sonnen überallwäre/ / wenn es Gott wolte anzünden und
vffenbahren; denn alles Weſen in diefer Welt fängt der Sons
nen Blaft: Es iſt in allen ein Spiegel/ dag es die Kraft und
Geſtaltnuͤß der Sonnen mag fahen inallen Sebhafften und Uns
febhurften/inallen vier Elementen und derer Efleny und Weſen.
1x. Imgleichen ifts auch mit der innern Liecht⸗welt / fie woh⸗
net in der auffern / und diefe empfaͤhet Krafftvon ihr; ſte gruͤ⸗
net in der Auffern Krafft/ und die auffere weit nichts davon:
Sie fühlet nur die Krafft / und das innere Liecht mag Ne nicht
ſchawen / als nur in ihrem Lebens-Spiegel empfahet fie den
Glaft davon; denn die innere Krafft macht inder aufferen Ges
ſtaltnuͤß ein Gleichnuͤß nach fich.
12. Alſo iſt uns jetzt der Menſch zu erkennen / er iſt die in—⸗
nere / und aͤuſſere Welt / darzu die Urſach der innern Welt in
ſich ſelber / was ihn anlanget / auch die finſtere Welt; Er iſt
alle drey Welten / und ſo er in gleicher Ordnung bleibt ſtehen /
daß er nicht eine Welt in die andere einfuͤhret / ſo iſt er Gottes
Gleichnuͤß.
13. Erfolldie Geſtaltnuͤß / alsden Spiegelder Liecht⸗welt /
in die aͤuſſere / und auch in die aller⸗innerſte Finſter-welt ein⸗
fuͤhren / und die Krafft der Mitlern-oder Liecht-Welt in Spie⸗
gel fuͤhren / ſo iſt er des Goͤttlichen Liechts faͤhig; denn das
Weſen faͤhet nicht das Liecht / ſondern die Krafft des Liechtes:
Aber der Spiegel der Krafftfaͤhet das Liecht / wie das Waſſer
die Sonne; denn das Waſſer iſt wie ein heller Spiegel gegen
der Erden.
14. So nun das Waſſer mitder Erden vermifcht wird/ fü
fähet es ver Sonnen Liecht nicht mehr: Alfo fähet auch der
Menfchliche Geift/ oder Seel nicht Gottes Liecht / er bleibe
denn reine / und fige fein Begehren in das Keine / alsindag
giccht ; denn wornach das geben imaginiret / das faͤhetes. Das
geben des Menfchen ift beyder innern Welt Geſtaltnuͤß: Bes
gehret das Leben Sulphurin fich / ſo iſt das Phur auf dem Sul ſei⸗
ne Berfinfterung; Begehretsaber allein Sul, foempfähets des
Liechtes Kraft / und in der Krafftdas Liecht mit feiner Eigen⸗
jöaffts Denn im Phur, als in der grimmen Natur / vo Pe
ehen
Cap.6. Der Vierdte Punct. 4
Sehen nicht helle als ein Spiegel bleiben / aber im Sul wohl:
denn des Menfchengeben ift ein warhafftiger Spiegelder Gott—
heit / da ſich Bott inne ſchawet. Er giebt feinen Glaſt und
Kraft in den Menſchlichen Spiegel/ und finder fich im Mens
ſchen / fo wohl in Engeln’ und in den Seftaltender Himmel.
15. Der Liecht-welt Eſſentz iſt ſeine Findung oder Offen⸗
bahrung / und der finſtern Welt Efleng iſt ſeine Verliehrung;
Er ſiehet ſich nicht in der finſtern Welt / denn ſie hat keinen
Spiegel / ver des Liechtes faͤhig wäre. Alles was nach der fin⸗
fern Welt Elleng und Eigenfchafft imaginiret/ das faͤhet der
finftera Welt Eigenfihafft / und verleuret den Spiegel Got⸗
tes. Er wird mit finftern Grimm gefüllet / wie man Waſſer
mit Erden vermiſchet / ſo mag die Sonne darin nicht fcheinenz
daſſelbe Waſſer verleuret der Sonnen Spiegel / und muß das
Waſſer wieder auf der Erden erfinden / oderift nimmer kein
Spiegel der Sonnen mehr / fondern ift in der grimmen fine
flern Erde gefangen.
16. Alfo gehets auch dem Menſchlichen Leben. Weil es nach
Gottes Geiſt imaginiret / fo empfaͤhets Gottes Krafft/ und
Sicht / und erfennet GOTT ; wenns aber nad der
Sridigfeit/ oder nach der finftern Belt Eigenſchafft imagini-
ret / fo empfaͤhets die Eſſentz der Irrdigkeit / und finftern Welt/
und fuͤllet ſich mit demſelben. Jetzt iſt der Lebens-ſpiegel in die
Finſternuͤß eingeſchloſſen / und verleuret den Spiegel der Gott⸗
heit / und muß anderſt gebohren werden.
17. Als wir denn erkennen / daß Adam hat alſo den reinen
Spiegel irzdifch gemacht und GOttes Krafft und Sicht ver»
lohren / welchen Ehriftus/ GOttes Sohn / herwieder brachte]
und die irrdiſche Finſternuͤß zerfprengete / und den Spiegelder
Gottheitmit Gewalteinführere.
18. Alfo erkennen wir / wie der heilige Baum durch alles
wachfe/ und aus allen Weſen, wird aber von feinem Weſen
ergriffen / als blog im Spiegel der Lauterkeit / alsins reinen
Menſchen chen ; welch Sehen deſſelben Baums hegehret / und
mag in keinem finftern Sehen ergriffen werden.
/ Dig ist alſo der vierdte Punct.
C7 Dr
46 | Von Sechs Puncten. Cap.7.
Der fuͤnffte Punct.
Das 7. Capittel.
Wie ein Leben in dieſem Baum moͤge verderben. Wie
es aus der Quaal der Lebe und Freuden in eine
Quaal des Elends trette / welches allen andern
zuwider ift.
1. In jedes Leben ift ein heller Glaft und Spiegel /
und ſtehet auf als ein Blitz eines ſchrecklichen Anz
blicks: Wan aber verfelbe Blitz das Liecht faͤhet /
fe verwandelt er ſich in eine Sanfftmuht / und laͤſt
das Schrecken ſincken / denn der Schrack eignet
ſich dem Liechte ein. Alſo ſcheinet das Liecht aus dem ſchreck⸗
lichen Blitze denn der Blitz iſt des Liechtes Efleng / er iſt ſein
Feuer.
2.Der Blitz haͤlt inne das Centrum Naturæ, uñ den die vierdte
Geſtalt der Natur iſt ver Blitz / allda urſtaͤndet das Leben /
welches in dem ſtandhafften Feuer (als im Principio,) zur Vol⸗
kommmenheit komt / aber im Liechte als in eine andere Quaal
gefest wird.
3. Nun aber ift der Urftand der Imagination in der erften
Geſtalt der Natur / alsin der begehrenden Herbigkeit / der fuͤh⸗
ret feine Geftalt durch die finfiere Welt durch / biß ins Feuer /
denn die erſte Begierde gehet durch alle Geſtalten / macht auch
alle Geſtalten / und treibt ſich big ins Feuer / biß ins Princi-
pium, aldaift das Scheide-ziel des Geiſtes / da wird er geboh⸗
ren / der iſt nu frey / er mag wieder hinder fich / in feine Mutter
die finftere Welt eingehen / mit feiner Imagination, oder für
fich ins Feuers Angft durch den Tod erfinden und im Liechte
außgruͤnen / wie er wil / es ftehet in feiner Wahl / wo er fih hin
giebt / da mug er ſeyn / denn fein Feuer mug Weſen haben / daß
8 zu zehren hat.
4. Wil der Geiſt nun von feiner erften Mutterder Herbigs
keit offen / das iſt wiler feinem Feuer das grimme Weſen im
Centro zur Speife geben / oder Lichtes Wefen in der Liechts⸗
Welt / das ftchet alles bey feiner Macht: Was fein Feuer
empfaͤhet / in deſſen Eigenſchafft brennet es.
5. Inder finſtern Eigenſchafft brennet es im der finſtern /
herbend
&ap. 7. Der Fünfte Punkt. 47
erben / ſtrengen Quaal/ und ficherin fich nur als ein Blitz; es
hat nur den Spiegel ver Finſternuͤß / und ſiehet indie Finfters
nuͤß; und in des Kechtes Eigenfhaift faͤhet es die Sanfftmuht
des Liechtes / in welcher das Liecht-feuer brennet / und ſiehet in
die Liecht-welt. Es iſt dem Geiſte alles nahe / und mag doch in
keine andere Welt oder Eigenſchafft ſehen / als nur in dieſe
darinn ſein Feuer brennet / derſelben Welt iſt der Geiſt allein
faͤhig / er ficher nichts in der andern Welt; denn er hat keine
Augen darzu / es bleibt ihme eine ewige Verborgenheit / es fey
dan daß er in einer andern Welt gewefenift/ und ift darauf ge>
gangen/und hat ich in ein ander Feuer eingegeben/als die Teufel
thaͤten / die haben ja eine Wiffenfchafft vonder Lecht⸗welt /aber
feine Empfindligkeit oder Schendavon ;die Liecht⸗welt ift ihnen
nahe / und wiffendie doch nicht.
6. Alſo ift uns jegt zu erkennen des Sehens Verderbung / wel⸗
ches gefihichtim Principio, alda iſt der Angel/ da mag fich der
Wille ſchwingen wo erhin wil; wil er in die Vielheit und
ſelbſt Herr ſeyn / fomagerdie Vielheit anderſt nichtergreiffen /
als in der finſtern ſtrengen Herbigkeit / in der finſtern Welt.
Wil er aber ins Nichts / in die Freyheit / fo muß er ſich dem
Feuer einergeben / fo erfindet er im Tode des Principii, fo grü>
net er ausder Feuers⸗angſt im Liechte aus; denn wenn er ſich er>
giebt / ſo fuͤhret ihn der ewige Wille zur Natur / welcher Gott
der Baͤtter iſt / in ſich / durchs Feuer aus; denn mit dem Eins
ergeben faͤllet er dem erſten Willen zur Natur heim / der fuͤhret
ihn mit dem andern Willen / welcher fein Sohn oder Hertz iſt /
auß der Angſt⸗Natur auß / und ſtellet ihn mit des Sohns Wil⸗
len in die Freyheit / auſſer des Feuers Quaal / da bekomt er fuͤr
Bielalles/ nicht zu feinem Ruhm oder Gewalt / ſondern zu Got⸗
tes Ruhm oder Gewalt / Gott iſt in ihme fein Willen und Thum,
7. Was aber wilim Feuer felber Herz feyn/das gehet in feine
eigene Zahl / in ſein Weſen / das es felber if; un was feine Gewalt
übergibt / das uͤbergibt auch ſein Feuer⸗brennen / und faͤlt dehme
heim der eine Urſach des Feuers iſt / als de ewigen WillenGottes,
8. Alfo ift es in die Freyheit auſſer ffinem Quaal⸗feuer ge>
fallen / und zündet fein Feuer die Freyheit an; jest ifts ihm ein
Liecht / und ein heller Spiegel worden / denn er hatfich indie
Freyheit / al in GOTT einergeben. Alfo ift fein Feuer ein
Schein und Glantz der Diajeftat Gottes.
9. Der aber nihtwil/ Sondern wil feldft Herz ſeyn / der blei⸗
bet fein Eigenes / der Fan fich in feinen sigenen Geſtalten **
ni
4 Bon Sechs Buncten. Cap.7.
nicht fuͤhren / als ans Feuer / darzu nur an Bliß/ denn es kan
fein hell euer in ihm brennen / denn er hat kein helles Weſen in
ihm zum Feuer. Das Centrum Naturz hat nichts in fich da ein
heller Schein möge entftchen ; fondern die Freyheit auffer der
Natur iſt eine Urfach des Scheinens / was Jich in die Natur
einergiebet / begehret aber nicht der Natur Eigenſchafft / ſon⸗
dern der Freyheit / Das wird in feinem Bliß des Schens mitder
Freyheit angezündet / auff Art / wie fich das ander Principium
yon Ewigkeit hat angezündet.
10, Alfo verftchen wir / wie ein geben verderbe / wie fiche in
Angft und Quaalindie Finſternuͤß einfuͤhre: Als wenn es wil
fein eigen Herz ſeyn / und begehret der Vielheit; wenn fichs
nicht wilden Todt einergeben/ fo mags auch Feine andere Welt
erreichen:
ar. Demmeinjedes Leben entfichet inder Angft: auaal/inder
Natur / und hat kein Sicchkin ich / es gehe dan in das ein / das
Die Natururfachet / da empfaͤhet es Liecht.
ı2. Denn alles / was inder Natur ift / das iſt finfter / und
in Angſt / wie es andiefer Welt zu erkennen; folte die Sonne
weggenommen werden/fo wäre cin eitel Angſt / und Finſternuͤß.
Darumb hat ſich Gott ſelber bewegt / daß er dieſer Welt ein
Liecht gebe / daß das aͤuſſere Leben im Liecht ſtehe.
13. Aber umb das innere Leben der Seelen hats eine andere
Geſtalt. Das innere Leben mag das aͤuſſere nicht erreichen; hat
das Seelen⸗feuer nicht Gottes Liecht / ſo kan auch der Seelen
Wille nicht in Gottes Liecht eingehen / er muß in der Finſter⸗
nuͤß der ewigen Natur bleiben.
14. Die aͤuſſere Vernunfft meynet / wenn das aͤuſſere Auge
ſehe / ſo ſey es gut / es ſey ſonſt kein Sehen mehr. Ja / boͤſe genug /
wenn die arme Seele den aͤuſſern Spiegel entlehnet / und muß
fi des aͤußera allein behelffenswo bleibt aber ihr Schen?wen der
auffere Spiegel zerbricht / womit wil fie denn ſehen ? mit dem
aͤngſtlichen Feuer-blitz in die Grawſamkeit / indie Finſternuͤß /
fonften kan ſie nirgends hin fehen.
15. Darumb geſchichts offt wenn ſich die arme gefangene
Seele in die innere Wurtzel erblickt / und dencket was folgen
wird / wenn ihr der aͤuſſere Spiegel zerbricht / daß fie ſich ent=
fest/ / und den Leib in Angſt und Zweiffel ftuͤrtzt.
16. Denn ſie kan nirgend hinblicken / da ihre ewige Ruhe
wäre / fondern fie befindet / dag fie in fich in eitel Unruhe iſt 7
darzu eine Finſternuͤß und hat den aͤuſſern Spiegel nur $ea
bens weiſe. 17. Denn
Cap. 7. Der Fuͤnffte Pimer 49
17. Denn weil die Seele in dieſem aͤuſſern Leibe ſteckt / mag
fie ſich wohl des Sonnen-fpiegels behelffen / denn die Sonne hat
in ihrer Wurtzel inne das innere Feuer / als das Principium des
Batters; vom felben Feuer bekomt fie einen Blaft oder Spies
gel/ deß die Eſſentz des $eibes eine Urfach iſt / daß fie alfe
Fan in dieſem irrdiſchen verganglichen Leben in Frewden ſeyn;
aber wenn der aͤuſſere Spiegels zerbricht / ſo iſts auß / und gehet
das Seelen-⸗feuer ins ewige Trawer⸗haus / als ins Centrum
der Sinfternüß.
18. Die Seele hat in Zeitdes aͤuſſeren $eibes drey Spiegel
oder Augen / aller drey Welten / in welchen Spiegel fie fich eine
wendet/ darauß ficher fies aber fie hat nicht mehr als einen zum
Natur-rechte / das iſt der Feuer⸗-blitz / als die vierdte Geſtalt
der finſtern Welt / im Loco wo das Principium urſtandet / wo ſich
die zwo innere Welten ſcheiden / eine in die Finſternuͤß / und die
andere ins Liecht / daſelbſt iſt ihr ewiger Urſtand / in welche
Welt ſte nun ihren Willen einfuͤhret / in derſelben empfaͤhet ſie
auch Weſen / als einen Geiſtlichen Leib; denn daſſelbe Weſen
wird dem Seelen-feuer eine Speife / oder Materia ihres
Brennens.
19. Darumb hat EDtt die Seele in Fleiſch und Blut einges
führet / dag fie nicht möge fo leichtlich des. Grimmes Weſen
faͤhig werden / fo hat ſte ihre Frewde dieweil im Sonnen⸗ſpie⸗
gel/ und erfrewet ſich in ſyderiſcher Eſſentz. Und ſtehet ihr
1. die Liecht-welt in ihrem rechten Feuer / als in primo Princi-
pio entgegen. Und 2. die finſtere Welt in der Feuer⸗wurtzel;
und 3. die äuffere Elementifche Welt / im Sternen-quaal/ alle
da zwifihen ſchwebet das große Myfterium des Seelen-feuers.
20. In welche Welt te lich num eineignet und ergiebet / von
derſelben bekomt fie Weſen / inihrer Imagination. Dieweil fie
fih aber hat mit Adam in Geift diefer Welt eingewendet / und
ibre Imagination dareingeführet : fo fEchet jetzt ihre höchfte Bes
gierde inder Sonnen und Sternen-quaal / und zeucht mit ders
felden den Geiſt der äuffern Welt / mitfeinem Wefen der vier
Elementen / ftätsin ſich / und hat ihre gröfte Frewde darinnen/
in welchem fieimeiner frembden Herberge zugaſte iſt; denn der
Abgrund ſtehet darunter / und iſt in groſſer Gefahr.
21. Nun ſpricht die aͤuſſere Vernunfft: Hat ſie doch GOtt
in Fleiſch und Blut / in die aͤuſſere Welt geſchaffen / was mag
ihr das ſchaden? Dieſe aͤuſſere Bernunfft weiß nicht mehr vor
der Seelen Urſtand / als eine Kuhe von einer newen —— 7]
ie
so Von Sechs Puncten. Cap. 7.
die fichet fie an/ und duͤncket fie frembde zu ſeyn: alſo duͤncket auch
Die Auffere Bernunfft die innere Welt frembde zu fenn.
22. Sie empfindet ſich inderäufferen Welt / und trachtet nach
dehuie / was die aͤuſſere Welt hat / und empfindet doch in ſich die
innere Welt / welche ſtaͤts die Seele vor GOttes Zorn anklaget—
mehr empfindet jie auch die giechtewelt/ da die innerliche Begier⸗
den der Seelen Prineipii hinfehen : fte empfindet wohl das Ber>
langen nach GOtt; aber die auffere Welt verwehret das / und
deckets zu / daß die Begierde nah GOttes Zelt / nicht mag das
Seuer in fich entzünden. Go das geſchaͤhe / fo würde die Lecht⸗
welt im erſten Principio offenbahr/ und wuͤrde das edle Bild nach
GOtt offenbahr.
23. Diß verhindert auch der Teufel / der beſitzt die Wurtzel
dieſer Welt im Seelen⸗feuer / ſtellet der Seelen immer boͤſe irr⸗
diſche Weſen fuͤr / oder ruͤget ja die Wurselim Centro der Nas
tur im Grimme / daß ſich die arme Seele entweder im Zorn⸗
feuer / in der boͤſen Gifft-quaal entzuͤndet / oder ja in Angſt und
Zweiſel an GOites Liebe entzuͤndet: da hat er aber gewonnen
und ſtellet der Seelen aͤuſſer liche Macht / Sewalt / und Ehre
für / auch den Glantz md. Pracht der aͤuſſern Welt / da beiſſet fie
ihm an / und erkitzelt ſich darinne mit Imagination, und kan doch
deſſen nicht recht genieſſen / denn es iſt nur ein entlehnter Spiegel.
24. Alſo wird die arme Seele von GOttes Liecht gezogen /
amd ſincket immer ins Verderben / als ins Finſter-haus des E—
lends / in die finſtere Welt ein. Das hat uns Adam zugerichtet /
als er ſeine Luſt in die Irrdigkeit einfuͤhrete; alſo ſchwimmet nun
die arme Seele im irrdiſchen Fleiſch und Blut / und iſſet immer
vom Verſuch⸗baum Boͤſes und Gutes / und wird von beyden haͤff⸗
tig gezogen / und der Schlangen Monlttum ſteckt in Mitten / im
Quaal des Grimmes / undblaͤſet immer denGrim̃ und Zorn auff.
25. Da kan ſich dan das edle Lilien-zweiglein nirgend erholen /
auch offt nicht erkennen / es wird offt mit dem Grimm der Boßheit
uͤberhaͤufft / daß es iſt / als waͤre es gantz verdorben / und wäre
auch verdorben / wenn ihm nicht der Spiegel der Gottheit ent—
gegen ſtuͤnde / darinn ſich doch der Willen-geiſt der armen gefan⸗
genen Seelen wieder mag erholen / und darinn wieder erbaͤhren.
26. Denn in dem Spiegelder Liecht⸗welt ftehet die Menfch=
werdung Chriftidem Seclenzgeifte entgegen/und das Wort das
Menfch ward / ſtehet im Schale und iſt räge/der Seelen-geiſt
Fan fich darein erholen / und newgebaͤhren; fonft wäre es offt
umb die arme Seele geſchehen / wenn fie ſich im Zorne / und in wer
Gifft der Finſter⸗welt verteuffet. 27. Als
Cap. 7. Der Fuͤnffte Punct. st
27. Alfo verftehen wirim Grunde / wasdie Verderbung des
edlen Baums /als des Bildes GOttes fen / nehmlich diefe :
28. Der gantze Menſch ift in feinem Weſen die drey Welten;
der Seelen Centrum , als die Wurtzel des Seelen⸗-feuers / halt
inne die finſtere Welt: und das Seelen⸗feuer haͤlt inne das erſte
Principium, als die rechte Feuer-welt; amd Die edle Bildnuͤß /
als der Baum des Goͤttlichen Gewaͤchſes / welcher aus dem Seelen⸗
feuer erbohren wird / und durch den grimmen Tod in der Freyheit /
als in der Siccht- welt außgruͤnet / haͤlt inne die Liecht⸗welt / als
das 2te Principium: und der Leib / der im Anfang / aus dem ver⸗
miſchten Weſen / welches in der Schoͤpfung ward aus der Liecht⸗
Finflern- und Feuer-Welt geſchaffen / haͤlt inne die aͤuſſere
Welt / als das dritte vermiſchte Principium.
29. Die rechte Seele iſt dieſer dreyen Welten Geift/ mie
GOttes Geiſt alleloreyen Welten Geiſt iſt. 1. In der finſtern
Welt iſt er grimmig ſtreng / und ein ernſter und heiſt
GOttes Zorn. 2. In der Liecht-welt iſt er lieblich / ſanfft und
—— und iſt der Geiſt aus GOttes Hertze / als der
H. Geiſt. 3. Inder aͤuſſern Welt iſt er der Geiſt⸗Lufft / fo wohl
des Feuers] und Waſſers / und laͤſt ſich brauchen wieder Menſch
wil / alles zu den groſſen Wundern.
30. Alſo iſt der Menſch nach der Perſon / das große Mylle-
rium in den drey Welten / in welche er ſich einlaͤndet / in der wuͤrc⸗
ket er Frucht / daſſelbe iſt in ihm HErr / und dieſelbe Welt wird
in ihm offenbahr / die andern zwo bleiben verborgen; wie das
Feuer im Holtze verborgen ligt / alſo bleibet das Liecht / oder die
Liecht⸗welt in der grimmen finftern Welt verborgen / ſo wohl
auch in der Boßheit / als in der Sucht der innern Welt / in der
aͤuſſern Welt.
31. Sp aber die Liecht-welt in Menſchen nicht mag offenbahr
werden / dag fte Herr wird / fo bleibet die Seele in Zerbrechung
der auffern Welt / blog in der finftern Welt; denn alda mags
nicht mehr ſeyn / daß die Siecht- welt angezündet werde; Es iſt
fein Spiegel mehr zum Liechte darinnen / der der Seelen entge>
gen ſtuͤnde /das Here GOttes iſt darinnen nicht offenbahr / kan
auch ewig nicht ſeyn; denn die finſtere Welt muß ſeyn / ſonſt
wuͤrde das Liecht nicht offenbahr / aber allhie in dieſer Welt
mags ſeyn.
32. Und ob eine Seele gleich im tieffen Abgrunde vertiefft ift /
und ſteckt im Grimme Gottes / ſo ſtehet ihr doch im aͤuſſern Liechte
der Sonnen der Liecht⸗ſpiegel entgegen / da ſich die ER
Kraft
52 Bon Sechs Puncten. Cap. 7,
Krafft inne offenbahret/ fo wohl der Spiegel der Menfchwer:
dung Chrifti/ welcher in ver innern finſtern Weltin Ewigkeit
nicht erkañt wird. x :
33. Und ift unfere ganke Lehre anders nichts als wie der
Menſch in ihm folldie giecht-welt entzünden. Denn wenn diefe
entzuͤndet wird/dad GOttes Liecht inder Seelen Geifte ſcheinet /
ſo hat der gantze Leib Liecht / wie Chriſtus ſaget: Wenn das
Auge liecht iſt / ſo iſt der gantze Leib liechte / Er verſtehet das
Seelen⸗-auge. Und wenn der Grimm der finſtern Welt entzuͤn⸗
det wird / foift Leib und Seel finfter/ undharnureinen Glaft
von der Sonnen. Wenn das Göttliche Liecht entzündet wird /
fo brennets in $iche und Sanfftmuht: Und wenn der Grimm
der finftern Welt entzuͤndet wird / fo brenneter in ftachlichten
Reid und Haß / im Brimmenszorne/ und fleucht im äuffern
Spiegel der Sonnen Sicht in Hoffarth aus/ und wil immer
über den Quall der Liebe außfahren / da folget denn Spott und
hä über die Sanfftmuht / auch über alles was nie—
rig ift.
34. Allhie foll fich der Wienfch probiren / welche Welt in ihm
Herr ſey. Findet er / daß Zorn / Grimm) Neid / Falſchheit /
Luͤgen und Betriegen ſeine Begierde iſt; und denn Hoffarth /
Geitz / und immer-Vegierde der Ehremumd aͤuſſerlichen Wol⸗
luſt / daß er nur eine ſtaͤte Sucht iſt zur Geilheit und Unzucht;
ſo mag er ihm das Regiſter gar wohl machen / und gewiß wiſſen /
daß er mit dem Zorne / Grimme / Neid / Falſchheit / Luͤgen und
Betriegen / im Finſtern / als in der finſtern Welt Feuer bren⸗
— daſſelbe Feuer giebt ſolche Eſſentz / Begierde und
illen.
35. Und die andere Begierde / als Aufferliche Wolluft / Hofe
fahrt / Ehrſucht / Geitz / und ſtaͤts geile / Vichifche Begierde der
Unzucht / ift die Frucht fo aus der finftern Belt in die auffere
Welt aufwächft.
36. Gleich wie die Liebe aus dem Tode grünet/dader Willens
geiſt fich ins Feuer GOttes einergichet/ und gleich als im Tode
erfindet / grünct aber in GOttes Neich mitciner freundlichen
Begierde immer wohl zu thun/ aus: Alfo hat ſich der Wille
der Boßheit ins Verderben eingegeben / alsinden grimmigen /
firengen/ ewigen Tod; grünet aber in diefer verderben Weltin
der auffern Ratur / mit feinem Zweige aus/ und trägtfolche
Frucht. 2
37. Daran foll fich ein jeder lernen erkennen / erdarff er nach
einer
Sap.yz. Der Fuͤuffte Bund. 33:
feiner Eigenfchafft forfchen / worzu ihn fein Wille ftäts treibet /
indem Reiche ficheter / und ift nicht ein Menſch / wie er fich ſel⸗
ber dafür hält / und aufgibt / fondern eine Creatur der finſtern
Welt / als ein geitziger Hund ein hoffaͤrtiger Bogel / unkeu⸗
ſches Thier / grimmige Schlange / eine neidige Kroͤte voller
Gifft / ꝛc. Alle dieſe Eigenſchafften quellen in ihme / und find
ſein Holtz / daraus ſein Feuer brennet. Wenn ihn nun das aͤuſ⸗
ſere Holtz / als das Weſen der 4. Elementen / wird verlaſſen in
ſeinem Sterben / ſo bleibet alleine der innere gifftige boͤſe Quaal.
38. Was ſoll nu vor eine Figur in ſolcher Eigenſchafft ſtehen?
Anders keine / als welche unter dieſen Eigenſchafften ift die ſtaͤrck⸗
fie geweſen / die wird vom hoͤlliſchen Fiat in feine Geſtalt Aguri-
tet. Als zu einer gifftigen Schlange / Hunde / und dergleichen?
oder anderm Ihier / ac. In welche Eigenfchafft fich ver Willen-
geift hat einergeben / diefelbe Eigenfchafft ift hernach der Seelen
Bildnuͤß / und diß iſt das eine Theil.
39. Mehr ſoll ſich der Menſch pruͤfen in ſeiner Begierde;
denn ein jeder Menſch hat dieſe boͤſe Eigenſchafften in ihme; Ob
er auch eine ſtaͤte Begierde in ihm finde / dieſe Gifft und Boßheit
zu tödfen? Ober dieſer Gifft feind fey ? Oder / ober feine Freude
darinn habe / die falfche Gift ſtaͤts ins Werd zu richten: alsim
Hoffart / Geitz / Neid / Unzucht / in Lügen und Betriegen ?
40. Wenn er nu in fich findet / daß er feine Freude darinne
hat / und daffelde immer gerne zu werde richten wil / fo ift er fein
Wenſch / wie er fich felber achtet / fondern der Teufel / in fremb⸗
der Geſtalt / betreugt ihn / daß er vermeynet / er ſey ein Menfch;
aber er traͤget nicht GOttes / ſondern der Schlangen Bildung /
und iſt nur im aͤuſſern Reiche / eine Gleichnuͤß eines Menſchen⸗
bildes / ſo lang er in dieſer Eigenſchafft bleibt / daß dieſe Eigen⸗
ſchafft Oberherr iſt.
41. Wenn er aber den Streit in ſich findet / dag ſein inner⸗
licher Wille immer / ja ſtuͤndlich wider dieſe boͤſe Eigenſchafften
ſtreitet / ſte verdaͤmpft / und nicht zum boͤſen Weſen laͤſt kom⸗
men / daß er immer gerne wolte wolthun: Und findet doch dieſe boͤſe
Eigenſchafften / die ihn hindern / daß er das nicht allzumahl kan
zu Wercke richten / das er gerne wil / und findet die Begierde zur
Ablſtinentz und Buße / daß eine ſtaͤtswaͤhrende Begierde nach
GOttes Barmhertzigkeit in ihm quillet / daß er gerne wolte wol⸗
thun / wenn er nur koͤnte.
42. Der mag gedencken / und gewiß wiſſen / daß GOttes
Feuer in ihm glimmet / amd immer zum Liechte arbeitet / es welte
gerne
s Vron Sechs Puncten. Cap 7.
gerne brennen / und gibt immer Eflenß zur Lohe / wird aber von '
der böfen Feuchte dieſer Welt / welche uns Adam hat eingefuͤhret /
verdaͤmpfft.
43. So nun der aͤuſſere boͤſe Leib mit ſeinen Duͤnſten zer⸗
bricht / daß er das glimmende Docht nicht mehr mag hindern; ſo
entzündet ſich das Göttliche Feuer in ſeiner Eſſentz / und wird die
Göttliche Bildnuͤß wieder Aguriret/ nach dem ſtaͤrckeſten Quaal
als der Menfch allyie hat in feiner Begierde geführet/ nach feiner
ftärdeften Eigenfhafft. So eraberindiefer obgemeldten Rit⸗
terfchafft nicht bleibet fondern den Streit wieder ſincken laͤſt /
mag ergar gefährlich wieder verderben.
44. Die dritte Proba ift/ daß fich ein Menſch erkenne, in
was Wefen oder Figur er ſtehet. Befindeter daß er eine ſtaͤte
Begierdenah GOtt hat / undinfeiner Begierde fo mächtig ift /
daß er mag die böfen Eflentien / fo offeihn eine Quaal anzuͤndet /
wieder zerbrechen / und in Ganfftmuhtverwandelen / in Gedult
retten / daß er feines ABefens mächtig ift/ laͤſt ſincken alles das /
was indiefer Welt glinget / umdgleiffetz der da fan Gutes für
Boͤſes thun; der alles feines auffern Weſens / es fey Belt oder
Gut / mächtig iſt dem Dürfftigen davon zugeben / und umb
GOttes Warheit willen das alles zu verlaffen ; fih willigumb
GHttes willen ins Elend zugeben / auffgewiffe Hoffnung des
Ewigen:dehme die Göttliche Krafft quillet/daß er mag das Liecht
der Sreudenreich darin entzuͤnden; der da ſchmaͤcket was GOtt
iſt: der iftdergemwiffefte / und traͤget die Göttliche Bildnuͤß mit
himmliſcher Weſenheit / auch die Zeitdes aͤußern geibesin ſich.
45. Daift JESUS gebohren aus der Jungfrawen / und der
Menſch ſtirbet ewig nicht / er laͤſt nur das aͤußere Reich von ſich
gehen / welches ihm in dieſer Zeit ein Gegen⸗-ſatz und Hinderung
geweſen / damit ihn GOtt hat verdeckt: Denn GOtt wil nicht
die Perlen fuͤr die Saͤwe werffen / ſie ſind in ihm verborgen.
46. Derſelbe newe Menſch ſtehet nicht in dieſer Welt / der
Teufel kennet ihn auch nicht / nur iſt er ſeiner Eſſentz / ſo das in⸗
nere Centrum inne haͤlt / gram / denn es verhindert ihn / dag fein
Wille nicht geſchicht / darumb verhetzt er die böfen Thier-Men»
ſchen wieder ihn / daß ſie ihn plagen / und verfolgen / auff daß
die wahre Menſchheit verdeckt bleibe.
Cap. Der Fuͤnffte Punct. *
Das 8. Capittel.
Bon rechter Menſchlicher Effens aus GOttes Werfen,
x. Je rechte wahre menſchliche Eſſentz ift nicht irr⸗
diſch / noch aus der finftern Welt; fie wird blog
in der Liecht⸗ welt erbohren/ fie hat feine Gemeine
fchafft mit der finftern/ noch augern Welt; es iſt
ein großer Schluß / alsder Todt darzwifchen,
2. Nichtder Meynung / dag nicht von der wahren Efleng im
aͤuſſern Menſchen liege; ſie ligt darinne / denn fie ward Adam in
ſein Bilde gegeben / aber ſie iſt verſchloſſen / und ligt im Tode / und
mag nicht qualificiren / hat auch kein Raͤgen noch Bewegen in
ſich / es ſey denn daß fiein Krafft der Gottheit raͤge werde. Wie
fie in der Jungfraw Maria / durch GOttes Bewegen und Eine
gehen/ räge ward; da kam die rechte menfchliche Efleng wieder
zum $eben.
3. Alfo auch In uns wird die rechte menfchliche Eſſentz nicht
räge / wir werden danin Chrifto aus GOtt gebohren.
4. Inder Tauffe der Kinder vermaͤhlet fid) das Wort der
Gottheit ein / und laͤſt fich mit ihnen ein / als im Bunde) und ift
die erfte Raͤgung indiefer Welt / als ein Moder ineinem Holtze /
das anhebt zu glimmen/ aber das Döchtlein wird oft hernach
verfinſtert / und verloͤſcht. Auch ifts in manchem nicht wohl fähigs
was vongank goftlofer Eſſentz gezeugt wird.
5. Denn Ehriftus ſprach; Saffet die Kindlein zu mir kom⸗
men denn folcher iſt das Reich GOttes. Nicht Hunde, Woͤlffe /
Kroͤten / oder Schlangen / fondern Kinder / in denen dic Eſſentz
nicht gantz teuffliſch iſt / da manches im Zorn GOttes getaufft
wird / daran die Eltern ſchuld haben: Denn ein boͤſer Baum
bringet boͤſe Früchte / ſaget Chriſtus.
6. Und wiewohler in dieſe Welt gekommen iſt / ſeelig zu ma⸗
chen das verlohren iſt / ſo ligts doch auch in der Eſſentz was ihm wil
helffen laſſen. Denn ein Thiersmenfh mag wohl die Bildnüg
‚erreichen / ſo er umbkehret / und laͤſt ſich das Wort (das Menſch
ward) ziehen; wo nicht / ſo bleibet er in feiner thieriſchen Eſſentz
ein boͤſes Thier.
7. Doch auch nicht der Meynung / daß die Taufſe den erſten
Grund zur menſchlichen Eſſentz lege / und gang der erſte Moder
‚oder Zunder des Goͤttlichen Feuers ſey; Rein / das iſts nicht /
denn cin Kind wird aus der Eltern Eſſentz / ein Geiſt / darzu
Fleiſch
gr Don Sechs Puncten. Cap.8)
*
FJleiſch und Blut / mit Vermaͤhlung der Conſtellation des Geis
ſtes wajoris Mundi.
8. Zu derſelben Zeit / wenn ein Kind in Mutterleibe das Leben
bat bekommen / ſo glimmet alßbald Göttliche oder hoͤlliſche Eſſentz
aus dem erſten Urſprung und Herkommen.
9. Und weil nur ein klein Moder oder Zunder der Goͤtt⸗
lichen Eſſentz raͤge iſt / ſo iſt das Kind der Tauffe faͤhig. Und obs
gleich ſtuͤrbe / und nicht getaufft wuͤrde / ſo iſt doch der Moder
oder Zunder in GOttes Myſterio, und glimmet in Gottes Reich /
und wird im Feuer GOttes angezuͤndet / denn cs ſtirbt im My-
ſterio des Vatters / und glimmet auff im Myſterio des Sohns /
der Menſch ward.
10. Der Eltern Tauffe und Bund / iſt feine Tauffe und
Bund; die Verführung ift gefchehen im menfchlichen Blute /
in der rechten wahren menfchlichen Eſſentz GHttes Wort over
Herse hat fih indie eingefchloffene tode menfchliche Eſſentz ein⸗
gegeben / nicht in die irndifche/ garnicht in das irrdiſche Theil?
fondern in das himmliſche Theil. Nicht in das Theil / das Adam
mit feiner Imaginationeinführte/ das Erde iſt / fondermin das
Theil / das Adam aus der engliſchen Welt ward gegeben / das
er mit der irrdiſchen Sucht verderbete / und vergifſtete / da in der
Sucht irrdiſch / toͤlpiſch / thieriſch Fleiſch ward.
11. Daſſelbe Theil hat die rechte menſchliche Eſſentz / und im
ſelben Theil iſt GOtt Menſch worden / daſſelbe Theil hat den
Grund der engliſchen Welt / denn es urſtaͤndet aus der engli⸗
ſchen Welt.
12. So ſich aber offters gettloſe Eltern gantz im Zorne GOt⸗
tes vertiefſen / und zeugen alſo im Zorn Kinder / fo iſt ja ihr
Saame im Tod eingeſchloſſen / und hat nichts von rechter menſch⸗
licher Eſſentz in ihme die ſich raͤgete / als nur dieſes / was die Con-
ſtellation im Geiſte Majoris Mundi in ſich hat / da iſt ja die Goͤtt⸗
liche Krafft etwas raͤge / aber des Zorns Krafft iſt der Gegenſatz /
und iſt ſchwerer / doch iſts muͤglich / denn GOttes Menſchwer⸗
dung iſt in allen Seelen ins gebens=$iecht entgegen geſetzt.
13. Aber die Tauffe haͤlt ein anders: Es muß GOttes Eſſentz
(als das Waſſer des ewigen Lebens aus GOttes Sanfftmuht
erbohren / die mit Adam in Tod eingeſchloſſene rechte menfchli>
che Effeng ) rügen / und fich alda als ein new Seben (oder cine
[ebendige Efleng ) cinergeben. GOttes Waſſer muß tauffen /
der heilige Geiſt muß Werckmeiſter ſeyn.
14. Aber ic) ſage nach meiner Erkaͤntnuͤß / daß ſich das m
er
—
Tape Der Fuͤnffte Punct. 57
ſer des ewigen Lebens / da der heilige Geiſt auff ſchwebet / wird
ſchwerlich in ein Gifft des Grimmes und Todes einergeben / wo
nicht cine Eſſentz der Begierde innen iſt. |
ı5. Ich fage alfo als ich erkenne / daß auch ein Kind / (fo bald
es das schen in Mutterleibe hat) ſoferne die Göttliche Eſſentz /
(welche im himmliſchen Theil beſtehet) raͤge iſt Ichon vom hei⸗
ligen Geiſt getauffet iſt / und erreicht die MenſchwerdungChriſti.
Denn die Tauffe ſtehet nicht in des Predigers Gewalt / daßg der
H. Geiſt muß auff ihn warten: denn die Menſchwerdung Chri⸗
ſti wartete nicht auff Menſchen-gewalt / ſondern auffs Ziel / das
GOtt in feinem Bund ſteckete; das Ziel ward gebenedeyet. Dar
umb fagteder Engel zu Maria: Du biſt die gebenedeyete unter
den Weibern; das Ziel ſteckte in ihr / das mar gebenedeyet / und
das benedeyte fie auch / als GOttes Herke das Ziel räge machte.
16. Daßelbe Ziel reichte hinter fih biß auff Adam) und vor
ſich / biß auff den besten Menſchen; und da GOtt Menſch ward)
fo ward das Ziel im himmliſchen Theil raͤge gemacht; nicht alleine
in Maria / ſondern auch in Adam und Heva / und allen ihrem
Kindern / welche ſich in GOtt hatten einergeben / die wurden alle
ti Ziel gebenedeyet.
17. Denn das iſt der MS Ser Gnaden / der GOtt mit Adam
und Heva auffrichtete / derſelbe Bund ſtehet in aller menſchlicher
Eſſentz / aber nicht in teuffliſcher Eſſentz.
18. Die Tauffe aber ift das Siegel / das GOtt dem Bunde
anhing / wie im Alten Teftament die Befhneidung: GOtt giebt
in der Tauffe Goͤttlich Waſſer dem menſchlichen Seſchlechte zu
einem Pfande / und Siegel; aber der Bund iſt vor der Tauffe
ſchon da / er iſt im Paradis gemacht / ja vor der Welt Grunde;
ſobald eine Seele in Mutterleibe raͤge iſt / daß das Principium
und eine menſchliche Seele gebohren iſt / fo iſt ſte im Bunde ;
dern Chriſtus hat ſich ins Feuer GOttes / ins Principium ein⸗
gegeben / und den Bunderfüllet/ Er iſt die Außbeute des Tefta>
| ments worden.
19. Diefelbe Außbeute wartet auff keine aufferliche Ordnuug /
auff des Auffern Menfhens Wahn; ſondern fobaldeine Seele
aus dem Principio erbohren iſt / foift fie in der Auräbeute des Te⸗
ſtaments / foferne das Göttliche Seven in der Seelen rägeift.
Aber nicht in Gottlofen Seelen] da muß das Göttliche Leben erft
erbahren werden; GOttes Zorn verſchlingt manche Seele / auch
noch inder Eſſentz / che fie das Principiam erreicht / / darumb daß
fie aus falſcher Efleng iſt / vom böfen Saamen der Eltern.
D 20. Die
58 Bon Sechs Puncten. Gap. 8.
20. Die Bernunfft fpriht : Was mag deß ein Kind / daß die
Eltern gottloſe find? Ja / was mag es auch GOtt? Stehet es
auch bey der Eltern Gewalt / ein Kind zu machen? Was mag
Gott dieſes / daß Huren und Buben zuſammen kriechen ? wie⸗
wohl der falſche Baum nicht eben alſo aus dieſer Linea allein ur⸗
ſtaͤndet / ſondern auch in der Ehe: iſt doch der Menſch frey; er»
weckt er kein Leben / fo bleibt fein Saame eine Effeng; Soll aber
Gott umb des Kindes Unfchuld willen/ die Perlen für die Saͤwe
werfen? Stehetdochdas Himmelreich gegen ihme / es mag ein»
schen / GOtt verfchleuft es Niemanden.
21. Aber ein böfer Menſch ift in Leib und Stel verfchloffen /
warumb auch nicht im Saamen / der Saame ift ja feines Leibes
Frucht. So man wil guten Weitzen erndten/ füct man billig
Weiten aus ; wird aber Diftel-fanme geſaͤet / fo wächft eine
Diftel daraus: Solls denn GOtt zu einen Weitzen verwandeln?
Hat nicht der Saͤeman Macht auff feinen Acker zu ſaͤen was er
wil? Oder wolteftufagen / was mag dep die Diftel / dag fie eine
Diſtel iſt / und fticht? Gehoͤret fiedoc nicht untern Weitzen / ſon⸗
dern ſie waͤchſt ſelber mit auff.
22. Waͤre doch GOtt wohl zu frieden / wenn gleich kein Di⸗
ſtel-kind wuͤchſe / es iſt auch nicht feine Ordnung / ſondern der
Teufel ſaͤet Unkraut unter den Weitzen / als ins Menſchen Gca
muͤhte. Warumb laͤſt ihm das der Menſch zu / und verderbet
ſich / daß feine Eſſentz ein Diftel-faame wird / und trägt Unkraut
zum Feuer im Grimme GOttes: Es liegt auch nicht alles am
Saamen] fondern am Acer. Es verdirbt manch edel Korn in
des böfen Ackers Efleng. Der Himmel mit der Sonne giebt ale
lem Gewaͤchſe Leben und Krafft. Die Sonne macht kein Uns
kraut / fie begehret auch Feines / aber die Efeng im Acker machet
offt ein anders / und verderbefdas Gute.
23. Alſo auch im Menſchen / es bebleibt manch Fluch / daß ei⸗
nes dem andern wuͤnſchet / wenn das ander den Fluch erraͤget hat /
und deſſelben faͤhig iſt / alß ſolches dan unter gottloſen Ehe-Ieutens
gemein iſt/ da eines dem andern den Teufel und das hoͤlliſche
Feuer wuͤnſchet. So fie dan beyde gottlofe find / folte ihnen denn
auch nicht ihr gottlofer Wille geſchehen / das fie gottlofe Kinder
zeugten / iſt doch nichts Guts in ihnen / was folldenn Guts aus
ihnen gehen / was mag Gott dieſes? ftellet er doch ihnen fein
Wort und Lehre für/ und Eündiget ihnen das Berderben an}
wollen fienicht/ fo fahren fie hin / wo fie hin wollen. Alfo iſt
auch i Saame / und alſo wird manches Kind eine Be 33
oͤſes
Cap. 8. Der Fuͤnffte Punct. 55
—boͤſes Thier gebohren / und wird im Zorn GoOttes getaufft.
24. Denn weg Eſſentz der Seelen⸗geiſt iſt / in einer ſolchen
Eſſentz faͤhet er auch das Goͤttliche Weſen im Bunde; einer in
der Krafft des Liechts / in der Liebe / der ander in der Krafft des
Grimmes / in der Finſternuͤßz.
25. Der Bund mit der Tauffe beſtehet: Es wird ein jedes
Kindim Bunde getaufft / der Geift GOttes tauffet ein jedes / fo
man den Brauch hält / aber nachdes Kindes Eigenfchafft. Offt
ift Batterund Mutter/ darzu der Taͤuffer / gottloß/ und find
nur böfe Thier / iſt ihnen auch Fein Ernſt; ihnen iſt am aͤuſſern
Pracht und Belde gelegen / verachtennurdas Mylterium , und
ift das Kind auch nur des Zorns Efleng : Wer folldenn tauffen?
Anders Niemandals EDttes Zorn in feinem Bunde/ darumb
daß man deffen nur fpottet.
26. Alfo fähet der Zornquellden newen Geift/ und wuͤrcket
kraͤfftig in ihme / bringet Frucht ins Verderben/ wie S. Paulus
vom Abendmahl) und andern Teſtamenten faget/ daß es der
Gottloſe zum Gerichte empfahe / daß er nicht unterſcheidet den
Leib des HErrn. Das iſt / daß er das himmliſche Theil feiner Eſ-
ſentz in ihme nicht unterſcheidet vom irrdiſchen / und ſeinen Wil⸗
fen ins himmliſche ſetzet und das GOtt auffopffert / ſondern
haͤlts alles gemein / wie ein Ochſe der Futter friſſet.
27. Darumb quaͤlet ihn der Zorn GOttes / daß er feinen
Willen nicht vom irrdiſchen abbricht / und gehet in Rewe feiner
Bofheit; darumb mag fein himmliſch Theilnicht GOttes Leib
theilhafftig werden / weil er die Eſſentz des himmliſchen Theils
nicht mag raͤge machen: So hat fie auch keinen Mund GOttes
Leib zu einpfahen / denn der Mund liget im Tode ver ſchloſſen /
gleichwohl empfaͤhet das irrdiſche Theil Chriſti Leib / aber nach
des Zorns Eigenſchafft / nach der finſtern Welt Eigenſchafft /
denn das Teſtament muß beſtehen.
28. Alſo auch in der Tauffe in gleichem Fall / wie der Seelen⸗
eſſentz im Weſen iſt / alſo geneuſt ſie auch Gottes Bund: beſſer
waͤre es ein gantz gottloſes Kind nicht getaufft / und ein gottloſer
Menſch in feinen Suͤnden ohne Umbwendung / ruͤhrete GOtkes
Teſtament nicht ansdenn es bringet ihnen beyden nur Krafft zum
Berderben/ denn GOttes Bund wird gerügek / das gehet nim⸗
mer ohne Frucht ab. GOtt würdet in feinem Bunde / nach feie
nem Worte:
29. Wie die Seeleift / dieden Bund ruͤget / alfo ift auch die
Artzney im Bunde / und in mz Krafft würdet der St
23 2
83 Don Sechs Puntten Cap. 9%
Gottes in Siebe und Zorn / denn eriftalles Lebens Geift/ und
vergleicht fich nit allem Leben. Er iſt in jedem Dinge/ wiedes
Dinges Wille und Eigenfchafft iſt / denn eine Eigenfchafft faͤhet
die andere: was die Seele wil/ das wil auch der / Dahinein fie
fich wendet.
30. Es iſt alles magifch / was der Wille eines Dinges wil/
das empfühet er: Eine Krötenimtnur Gifft an ſich / wenn fie
gleich in der beften Apotheken fäffe/defgleichen auch eine Schlan⸗
ge; jedes Ding nimt nur feiner Eigenfchafft in fich: und obs
guter Eigenſchafft Wefen äffe/ fo machets doch alles in fich zu
feiner Eigenſchafft. Obgleich eine Kröte Honig fräffe / wird es
Doch in ihr zu Gift. Wiedenn der Teufelein Engelwar/alser
aber nichts gutes wolte / ward ihn fein hiniliſch Weſen doch zum
Hölle-gifft/ uñ blieb fein böfer Wille einmahl böfe wie das ander,
31. Alfoift unshoc zu betrachten unfer Leben / was wir wollen
thun uud fürhaben / wir haben Böfes und Gutes in uns / in wel⸗
chem wir unfern Willen fchöpffen / deſſen Efleng wird in uns
raͤge. Solche Eigenſchafft ziehen wir auch von auffen in uns /
wir haben beyde Myferia, Göttliche und Teufliſche inuns / von
beyden ewigen Welten / und auch der äuffern Welt; was wir
aus uns machen / das find wir / was wir inung erwecken / das ift
in uns raͤge: Zühren wir uns zum Guten / fo huͤlfft uns GOt⸗
tes Geiſt; führen wir uns aber zum Boͤſen / fo huͤlfft uns GOt⸗
tes Grimm und Zorn. Was wir wollen / deſſen Eigenſchafft
kriegen wir einen Fuͤhrer / und dahinen fuͤhren wir uns. Iſt
doch nicht der Gottheit Wille / daß wir verderben / ſondern ſeines
Zorns / und unſer Wille.
Alſo verſtehen wir den fuͤnfften Punct / wie ein Leben vers
derbe / wie aus Guten ein Boͤſes werde / und aus Boͤſen ein
Gutes / wenn ſich der Wille umbwendet.
Der ſechſte Punct.
Das 9. Capittel.
Vom Leben der Finſternuͤß / darinn die Teufel wohnen]
was das fuͤr eine Gebuhrt / und Quaal habe.
As Leben der Finſternuͤß iſt allem Leben des
Siechts zuwider: denn die Finſternuͤß gibt grim⸗
mige und feindige Eſſentz / und das Leben des
Liechts gibt Liebe⸗eſſentz.
2, In dir Finſternuͤß iſt in der Eſſentz nur ein
ſtaͤtes
Cap. og. Der Sechfte Punct. sr
ſtaͤtes Stechen und Brechen/ da eine iede Geftaltder Effeng die
andere anfeindet / ein widerwertiges Weſen. Eine iede Geſtalt
verlaͤugnet ſich ſelber / und ſaget je eine zu ver andern/fie fey boͤſe /
und ihr widerwertig/fic fey eine Urſach ihrer Unruhe / und Grim⸗
migkeit: jede gedenckt in ſich / wäre nur die andere Seſtalt nicht /
du haͤtteſt Ruhe / iſt doch eine jede boͤß und falſch. Daher komts /
daß alles / was aus der finftern Grimmeneeigenſchafft erbohren
wird / luͤgenhafftig iſt / und immer die andere Geſtalten anleugt /
daß fie boͤſe ſind: und ſie iſt doch Urſach daran / ſie macht fie boͤß
mit ihrer gifftigen Inficirung.
3. Alſo ſind ſie alle / und iſt Luͤgen ihre Wahrheit. Wenn ſie
Luͤgen reden / ſo reden ſie von ihren eigenen Geſtaͤlten und Eis
genſchafften; und alſo ſind auch ihre Creaturen. Darumb ſagte
Chriſtus: Der Teufel iſt ein Luͤgner / und Moͤrder von Anfang.
Denn eine jede Geftalt begehret die andere zu morden / iſt doch
fein Morden / ſondern je groͤßer ver Streit iſt / je groͤßer wir»
ihr Mord⸗leben.
4. Darumb wirds ein ewiger Tod / und Feindſchafft genen«
net / da eitel Widerwertigkeit entſtehet: denn es iſt nichts / das
den Streit koͤnte auff heben / es iſt nichts das eine einige Geſtalt
koͤnte baͤndigen; Je mehr gewehret wuͤrde / je groͤßer wuͤrde die
Grimmigkeit; gleich einem Feuer das man ſchuͤret / daß es nur
ſehrer brennet.
5. So mag das grimmige Reich von nichts geleſchet werden /
als nur bloß von GOttes Liechte / davon wirds ganz ſanfft / lieb⸗
lich / und frewdenreich; und das mag auch nicht ſeyn / denn wenn
das finſtere Reich mit dem Liechte ſolte angezuͤndet werden / ſo
hätte das Liecht keine Wurtzel zu ſeiner Natur und Eigenſchafft⸗
es koͤnte kein Feuer erbohren werden / und waͤre auch kein Liecht /
auch keine Allmacht / ſondern alles ein Nichts.
6. Darumb muß das Grimmen⸗reich ſeyn / denn es iſt eine
Urfach der Feuer- und Liecht-welt / und iſt alles GOttes. Aber
es wird nicht alles GOtt erkannt / oder genannt / weil die Fin—⸗
ſtere Welt eine andere Eigenſchafft hat / und die Liecht⸗welt iſt
auch eine Urſach des Grimmes / und Schrackes der finſtern
Eigenſchafft / denn die Finſternuͤß erſchrickt vor dem Liechte /
und ſtehet im ewigen Schrack / darumb daß die Siecht-weltimihr
wohnet / ſie erzittert ewig vor dem Liechte / und mag doch das nicht
fahen / ſondern iſt nur alſo eine Urſach des Lebens / und der Be—
wegligkeit / und muß alſo alles zu GOttes Herrligkeitdicnen.
7. Das Leben der Finſternuͤß hat mancherley Geſtaͤlte / es iſt
23 nicht
6 Bon Sechs Puncten. Cap.g.
sicht einerley Eigenfchafft/als uns foldyes an den Ereaturen dies
fer Welt zu erkennen ift / da cine je böfer ift als die andere / auch
inanderer Quaal ſtehet / alsdie andere / welche doch noch allein
der Sonnen Krafft undbiecht leben/davon fie gefünfftiget werben,
8. Solte aber dieſe erlöfayen/ fo würde die Tieffe grimmig und
ſtachlicht; fo folte man bald der finftern Welt Eigenfchafft ſehen /
wie alle Creaturen würden alfo gifftig und böfe werden.
9. Denn alles Schen ſtehet in Gifft/ und dag Liecht wider⸗
ſtehet allein der Gifft/ und iſt doch auch eine Urfach/ dag die Gifft
lebet / und nicht verfchmachtet.
10. Darumb iſt uns zu erkennen / daß das Leben der Finſter⸗
nuͤß nur eine verſchmachtete Gifft iſt / gleich einer ſterbenden
Quaal / und iſt doch kein Sterben da / denn die Liecht-welt tritt
dem Spiegel der Finſternuͤß entgegen / davon die Finſternuͤß
ewig im Schrack ſtehet.
11. Das finſtere Leben iſt zleich einem Schracke / da der Blitz
und Schrack immer auffſteiget / als wolte er vom Leben weis
chen / und uͤberaußfahren / und daher entftchet die Hoffarth / daß
Der Teufel immer wilüber Gott ſeyn; es iſt feine Eigenfchafft /
feines Lebens Figur iftalfo/ und kan nicht anderſt thun. Wie
eine Gift wuͤtet und fticht / als wolte fie aus dem Gliede
ausreiffen.
12. Alfo ift das Leben der Finſternuͤß in fich felber / diegiffs
tigen Efentien machen ein folch Gemühte/und aus dem Gemuͤhte
gehet cin folder Willen: Seift. Es iſt eine folhe Eigenſchafft
darinne / und fechet fürnchmlich in fieben Geftalten / nach dent
Centro der Natur / mit feinem Principio. Wie das Leben der
Sreuden in fteben Geſtalten / nach der Natur Rechte ſtehet / alfe
auch das Seben der Traurigkeit: Was im Licchte Freude giebt /
Das giebt in der Finfternüß Traurigkeit.
13. Und iſt uns doch nichtalfo zu gedencken/ daß das Sehen der
Finſternuͤß alſo in ein Elende finde / da ſichs vergaͤſſe /als trau⸗
rete es: Es ift kein Trauren / fondern was bey uns auff Erden
Trauren iſt / nach diefer Eigenfchafft / das ift in der Finſternuͤß
Macht und Sreude/ nach der Finfternüg Eigenfhafft: Denn
die Traurigkeit ift ein Ding/ das da in Tod erſinckt; So iſt
aber der Tod und das Sterben der Finfternüß Leben / gleich wie
wie Angft der Gifft Leben ift; je gröffer die Angft in der Gifft
wird / je ſtaͤrcker wird das Gifft⸗leben / wie folches am aͤuſſerli⸗
chen Gifft⸗leben zu erſinnen iſt.
24. Wir koͤnnen nicht alſo vom Teufel ſagen / dag er in —
| rigkeit
Eap.g. Der Sechſte Punct. 6?
tigkeit füße / als zage er; esift kein Zagen in ihme / fondern ein
ſtaͤter Willedie Gifft-quaal mehr anzugünden/da3 fein Grimm
gröffer werde/ denn er iſt feine Staͤrcke / da er feinen Willen
Inne fchöpffet / über die Thronen zu fahren / und fie anzuzuͤnden.
Er wil in der Gifftzquaalein mächtiger HErr ſeyn / denn fie iſt
das ſtarcke und große Leben / aberdas Liecht iſt ihm fein Elend
und Zagen / das legt ihm den Pracht / darvor er erſchrickt / denn
es iſt ſeine rechte Gifft / die ihn peiniget; da rumb daß er das ver⸗
laſſen hat fo ſtehets ihm nun entgegen / deſſen fchameser ſich
ſehr / daß er alſo ein ungeſtalter Engel / in frembder Bildnuͤß
iſt: Er wäre mit der Grimmen⸗quaal zu frieden / wäre ihm
nur alſo das Liecht nicht zu nahe; darumb iſt die Schande alſo
groß in ihme / daß er ſich verweget / und feinen gifftigen Quaal
immer ſehrer entzuͤndet / daß ſeine Figur immer greulicher wird /
und nur nicht die Goͤttliche Bildnuͤß an ihm erkannt wird: Dar⸗
umb trachtet er nur dahin / wie er wider GOtt wuͤte und tobe /
als waͤre er etwas Frembdes / oder eine frembde Macht / als
hätte er ein frembdes Reich / Da er doch arm / und das finfter»
Reich nicht ſein iſt / ſondern er iſt nur ein Geſangener darinne:
Es iſt GOttes Abgrund / er iſt ine eine Creatur darinnen; er
wil Her: darinn ſeyn / und iſt doch nur ein Gauckler mit der
Grimmigkeit / wiewohl er thun muß als der Qualität Eigen—
ſchafft iſt: Und iſt auch Wunder vor der ſtrengen Macht der
Ewigkeit; Es iſt als ein Spiel / da die ſtreuge Macht ihr Ver⸗
bringen mit hat / damit unterſcheidet werde / was Boͤß oder Gut /
Freud oder Leid ſey; und daß die Creaturen in der Liecht-welt
Urſach haben ſich zu demuͤtigen: wiewohl Gott feinen Teufel
geſchaffen / auch den Lucifer nicht zur finſtern Welt: Und iſt diß
die Feindſchafft beym Liccifer / daß er ein Engel geweſen / und
daß ihme das Liecht ſo nahe iſt / daß er ein Abtruͤnniger iſt
worden.
25. Sonſt iſt kein Wehe in den Creaturen / die in der finſtern
Welt ſind geſchaffen worden / denn fie ſind der Grimmigen Ei⸗
genſchafft / und wiſſen nichts vom Liechte. Grimmigkeit iſt ihre
Staͤrcke und Macht / und Feindigkeit iſt ihr Wollen und Leben:
Je boͤſer und feindiger eine Creatur in der finſtern Welt iſt / je
groͤſſer iſt ſeine Macht. Wie die maͤchtigen Tyrannen dieſer
Welt ihre Macht offt in Boßheit ſehen laſſen / daß man fie fuͤrch⸗
ten muß / oder wie ſich die zahmen Thiere vor den boͤſen grim⸗
migen fuͤrchten: Alſo hats auch eine Eigenſchafft in der fin⸗
ſtern Welt.
D4 16. Wan
64 Bon Sechs Puncten. Cap 9.
16. Wan mir die Eigenfhafft der finftern Welt wollen
recht betrachten / fo fehen wir nur andie Bopheit und Hoffarth
dieſer Welt / die iſt ein Fuͤrbilde; denn alle Boßheit / Falſch⸗
heit / Hoffarth und Geitz / hat ſeine Wurtzel von der finſtern
Melt: Es iß der ſinſtern Belt Eigenſchafft / es werde gleich in
Menſchen oder Thieren erkannt.
17. Denn dieſe Welt ſtehet auff der finſtern Welt Grunde /
Die finſtere Welt giebt dieſer Welt Eſſentz / Willen / und Eigen⸗
ſchafft; und wäre nicht das Gute mit eingeſchaffen / fo wäre Fein
ander Thun oder Wille in dieſer Welt / als in der finftern Belt;
aber die Goͤttliche Krafft und der Sonnen Liecht verwehren das /
wie unter den Menſchen und Thieren zu ſehen / wie ein Beiſſen /
Feinden / Schlagen / und hoffaͤrtiger Eigen-mille iſt / da ein jedes
wil uͤber das andere herrſchen / das andere erwuͤrgen / freſſen /
ud ſich allein erheben; auch alles mit Liſt / Grimm / Boßheit /
und Falſchheit untertretten / und ſich zum Herren machen.
18. Alſo hat auch die finſtere Welt eine Eigenſchafft. Was
alle boßhaffte Menſchen in dieſer Welt thun / in ihrer Boßheit /
und Falſchheit / das thun auch die Teufel in der finſtern Welt-
und was die gifftigen boͤſen Wuͤrme / und Thiere / in ihrer Boß⸗
heit thun / das thun auch die andern Creaturen in der finſtern
Welt; wiewohl ſie ohne ſolchen Leib ſeind / haben fie doch ſolche
Eigenſchafft in ihrem geiſtlichen Leibe: und ob ſie zwar Leib ha⸗
ken / iſt er doch nach Geiſtes Arth / als die Zeufel haben.
19. Der finſtern Welt Gebuhrt / Weſen / Eſſentz / und Re⸗
giment ſtehet fuͤrnehmlich nur in den erſten vier Geſtalten der
Natur / als in der Angſt-quaal / in einem gar ſehr ſtarcken / und
mächtigen Regiment / da alles in der Eſſentz wie lautbahr iſt.
Denn die Sanfftmuht iſt der Grimmen⸗macht Feindſchafft / und
iſt je eins wider das ander.
20. Sonſt / wo es eins ſeyn ſolte / ſo muͤſte auch nur einerley
Quaal ſeyn / und waͤre auch nur einerley Wille / ſo moͤchten die
ewigen Wunder nicht offenbahr werden; Aber die mancherley
Quaal macht die ewigen Wunder offenbahr: Denn die Ewigkeit
moͤchte anderſt nicht offenbahr werden / noch zum Weſen kom⸗
men / als mit der Entzuͤndung / als im ſtrengen herben Anziehen /
darinn die finſtere Welt ſtehet / und darinn die Feuer⸗welt ur⸗
ſtaͤndet / und auch die Liecht-welt. Es iſt alles nur ein einiges
Weſen / ſcheidet ſich aber ſelber in drey Eigenſchafften der Quaa⸗
len. Es iſt keine Eigenſchafft von der andern abgetrennet / ſon⸗
dern eine jede gibt die andere / wie am Feuer und Liechte / ſo wohl
ander Mareria gu ſehen / daxaus das Feuer brennet. 21. Und
Raps. Der Sechfte Punct. 6
21. Und iſt dem Menſchen nicht noht tieffer zu forfchen / denit
er iſt felber das Weſen aller Weſen; alleine darumb iſt ihme
noht zu forſchen / weil er ſich in ſeiner Schoͤpffung hat aus ſeiner
in ſtehenden Ordnung umbgewandt / und andere Quaal in ſich
eingefuͤhret und erwecket / wie er wieder moͤge in ſeine ewige
Ordnung und Quaal eingehen / und ſich wieder erbaͤhren: und
denn / wie er moͤge die grimmige Quaal / die an ihm raͤge iſt / wie⸗
der leſchen / weil alles in ihm raͤge iſt; und ihn zeucht beydes Boͤß
und Gut; fo ſoll er lernen / wie er dem Grimme moͤge wider⸗
ſtehen und in Sanfftmuht / im Quaal des Liechtes und der Liebe
wandeln.
22. Sonſt hat der Menſch kein Geſetze / ſo er ſich nicht in der
finſtern Welt Eigenſchafft entzuͤndet / und nach derſelben Eigen⸗
ſchafft wandelt; ſonſt iſt ihm alles frey / was er immer in der
Sanfftmuht und Liebe thut / das iſt ihm frey / und iſt ſein eigen
Weſen / es ligt an Niemands Namen oder Waͤhnen.
23. Alles was aus einer Wurtzel gewachſen iſt / das iſt und
gehoͤret zu einem VBaume / es iſt einerley Frucht / es verderbe ſich
denn ſelber / daß es dieſelbe Zſſentz verwandele.
24. Alſo lange ein Ding in der Eſſentz bleibet / Daraus es ent⸗
ſtanden / ſo hats kein Geſetze; wenn es aber daraus in eine an⸗
dere Quaal weichet / fo hanget ihn die erſte Quaal an / und lieget
mit der andern im Streite. Jetzt erfolget ihm das Geſetze / dag
es wieder in das eingehe / das es im Urſtande war / und Eins ſey /
nicht Zwey; denn ein Ding ſoll nur ein Regiment fuͤhren / und
nicht Zwey: Der Menſch war in das Regiment der Liebe
und Sanffimuht/ als in GOttes Werfen geſchaffen / darinn
ſolte er bleiben.
25. Weilerihmaber hat noch ein Regiment / alsden Grit
erwecket / jet ift er im Streit / und hat Geſetze / daß er den
Grimm toͤdte und verlaſſe / und wieder in einem Regiment ſey;
ſo denn beyde Regimente in ihme ſeynd maͤchtig worden / und das
Grimmensregiment die Liebe hat uͤberwaͤltiget / fo mug er gan
im Weſen zerbrechen / und wieder ausder erften Wurtzel new⸗
gebohren werden / darumb hat er in dieſem zweyfachen Weſen
Geſetze / wie er ſich ſoll geberden / und einen Willen⸗geiſt erbaͤhren
zum ewigen Regiment.
26. Dieſes alles ſtehet nu in ſeiner Macht / er mag den Grim⸗
men⸗geiſt erbaͤhren / oder den Liebe⸗geiſt / nach demſelben wird
er geſchieden / wohin / in welche Welt er gehoͤret. Denn er ſchei⸗
det ſich ſelber.
D5 27. Aber
66 Bon Sch Puncten. Cap.y.
27. Aber das Geſetz über ihn währet fo lange er in diefem Ac⸗
ter ſtehet / alsdenn /wenn fich das Unkraut von diefem Acker des
Leibes ſcheidet / fo ifts wieder in einem Negiment/ da ſoll es
ewig bleiben; denn hernach ift nichts mehr / das ihm Geſetz gebe/
denn es iſt gantz einig in feinem Willen / entweder Böfes oder
Gutes zuthun.
28. Aber in dieſem auffern Schen ftehet der Menſch im Streit.
Es ruhen zwey Regimente in ihme / auch zweyerley Quaal und
Geſetze. x. Das Göftliche/ zur Liebe und Gerechtigkeit. 2. Das
grimmige/ im Auffteigender Hoffarth in Feuers-Macht/ im
firengen / herben / höllifchen Geitze Neide / Zorn / und Boß⸗
heit / welchem fich der Geiſt eineignet / deſſelben Regiments ift
er: Das ander hangt ihm an / und fchiltihn unter Augen / als
einen Meinepdigen und Abtruͤnnigen / zeucht ihn aber Doch / und
wil ihn haben. Alfo ſteckt das geben zwifchen beyden in der Preffe/
und iſt mit ihm felber uncinig.
29. Wenn ſichs aber verwegt/ unddem Grimm gank heim
giebt / fo zerftöret der Grimm die erfte Bildnuͤß nach GHtt:
Bermag er aber nicht ganslich/ dag ihm das die Göttliche Krafft
verwehret / fo wil der Grimm den ganken Menfchen ftürsen /
und wird mancher in Zmeifelung inderfelben Angſt geftürset /
dag er ihm felber den Tod anthut.
30. Alfo fältdie Seele mit der Bildnuͤß / der grimmigen fins
fern Welt heim / und wird die Bildnüg in eine höllifche Figur
gebracht / in eine Geſtaͤltnuͤß feiner alliesgehabten Eigenfchafft:
denn alfo iſts auch den Teufeln ergangen/welche ihre erfie Bild⸗
nüs verlohren haben.
31. Ein jeder Teufel hat jest eine Bildnuͤß nach feiner Eis
genfchafft/ nach des Grimmes Figur / nach feiner Quaal; als
da ind fihreckliche Wuͤrme oder böfe Thiere / und ſolches hat auch
die verlohrne Seele zu gewarten.
32. Die äuffere Dernunfft meynet / die Hölle ſey ferne von
uns / aber ſie iſt uns nahe / eimieder trägt die in ſich es fey dan
daß er die hoͤlliſche Gifft mit GOttes Krarft ertoͤdte / und als ein
newer Zweig daraus ausgruͤne / den die hoͤlliſche Quaal nicht er⸗
greiffen oder ruͤgen mag.
33. Und wiewohl es doch ja iſt / daß der Hoͤllen Grimm an
einem Orte mehr erkaͤñt wird als am andern / alles nach dem
Höllifchen Regiment z Wo das ober-Regiment mächtig ift in
unterſchiedlichen Orten im Loco diefer Welt / alles nach der er»
fin Anzuͤndung des Koͤnigs Lucifers, als in manchen O A: J9
rden
\
Eup.9. Der Sechfte Punkt. 67
Erden / fo wohl in der Tieffe/ zwifchen Sternen und Erden)
wird die Höllifche Eigenfchafft vor andern Ortengefpüret/ da
der innere Grimm ing auffere Principium reichet ; da denn une
terfchiedlicheNegimente der Teuffel/auch fonften der andern Hoͤl⸗
fifchen Eigenfihafften finds da ich der Grimm Gottes alfo heftig
hat entzuͤndet / und nun alfo brennet bi ans Gerichte Gottes.
34. Ein jeder Menſch trägt auff diefer Welt Himmelund
Hölle in fich / welche Eigenfhafft er erwecket / diefelbe brennet
in ihme / deſſen Fewersift die Seefefühig : Und fo der Leib ab»
ſtirbt / darff die Seele nirgendwo hin fahren / fondern fie wird
dem Höllifchen Regiment heimgeworffen / deſſen Eigenfchafft
fie ift. Diefelben Teuffel / welche ihrer Eigenfchafft find / wart⸗
ten auff ſie und nehmen ſte ihn ihr Regiment ein/ biß zum Ge⸗
richte Gottes / und wiewohl fie an keinen Ort gebunden find /
fo gehören fie doch ins felbige Regiment / und diefelbe Quaal ha⸗
ben fie überall / wo fte denn immer hinfahren / fo find fe im ſel⸗
ben Regiment und Amaal : denn der Abgrund hat Feine Staͤt⸗
te / weder Zeit noch Raum. Gleich wie es war por den Zeiten
der Welt / da keine Stätte war ; alfo ifts und bleibets ewig im
Abgrumde.
35. Und wierwohl der Locus diefer Welt dem Lucifer zum
Königreich gegeben ward/ denn er ward darinn gefihaffen / fo
ift er doch nun aus Ort und Stätte außgeftoffen worden / und
wohnet im Abgrunde / da cr ewig keinen Ort der Englifchen
Reiche erreichenmag/ und iſt doch in feinen Reich im Abgrun⸗
de eingefchloffen / da er dan mug ewigen Spott / als ein Gefan⸗
gener fragen ; wie man cinem Ubelthäter thut / den man in
ein finfter Soch von allen Weſen diefer Welt einführet / da
er aller Welt Freude und Wolluſt mug entbehren / und feines
Verbrechens Spott fragen:
36. Alfo gehets auch den Teuffen / und allen verdambten
Seelen / die liegen im finftern Kerder gefangen / fie begepreit
auch nicht heraus] wegen großen Spotts ihrer grewlichen Ge—
Kalt und Bildnuͤß: und wo fie denn gleich immer hinfahren / fo
genieſſen fie doch ewig Feines Guten / es ift bey ihren keine Er»
quickung / fondern liegen in der Hölle als die Todten / oder als
ewig Verhungerte/ Verſchmachtete / und Verdurftete : Und
find nur eine böfe Bifft-quaal / allesiftihnen widerwertig/ ſie
haben nur einen Durft nach Angſt und Borheit/ das freffen fie
ewig in fich / und gebähren Gottes Säfterung über fich felber , je
gremlicher fie ihre Figur machen koͤnnen / je lieber iſt ihnen das;
6 glei
88 Don Sechs Puncten. Capıg:
gleich als die Narren⸗menſchen / Die auff Erden immer gerne
wolten die gröfte Narren ſeyn / ſtellen ſich ſcheußlich / und ha⸗
ben ihre Frewde daran; alſo thun ſie auch ewig in der Hoͤlle /
darumb fahen ſie das Spiel hier auff Erden an. Wie der Tyranu
ſeine Frewde daran hat / wenn er mag die Menſchen peinigen / und
ihren Schweiß in naͤrriſcher ſeltſamer Kleidung / und Gebaͤrden
verprangen / und ſich naͤrriſch ſtellen: Alſo thun auch die Teu⸗
fel in der Hoͤllen; und iſt dieſer Welt Uppigkeit / in ſeltſamer
Tracht ein recht Fuͤrbild der Hoͤlliſchen Welt.
37. Alle feltfame Loden und Zotten / welche der hoffaͤrtige
Menſch ertichtet / und feinen Narrifpen Menſchen damit be—
kleidet / damit er wil von den wahren Kindern Gottes unters
ſchieden ſeyn / das ſeind Fuͤrbilde der Hoͤlliſchen Welt: denn
alle ſein Schmuͤcken / Gleiſſen und Prangen / damit er ſich von
Der Demuth entzeucht / iſt alles cin Hoͤlliſcher Spiegel; denn
des Teuffels Hoffart wil Niemands gleichen ſeyn / ſie unterſchei⸗
det ſich in dieſer Welt / und der blinde Menſch verſtehet das
nicht / wie ihn der Teuffel naͤrret und betreugt / und nur alſo
GoOtt zu ſpotten ſeine hoffaͤrtige Sarva fuͤrbildet / daß der arme
Menſch thut / als Er thut / und vermeynt doch er ſey damit
ſchoͤne / und beſſer als andere Menſchen / und da wir doch alle aus
einem Leibe und Geiſte urſtaͤnden und herkommen; aber vor
GoOtt und feinen Engeln wird er damit nur für eine Teuffels⸗
laͤrve erfannt/ und ift vor dem Himmel ein Grewel. Wie ein
Darı gegen der Weißheit nur ein Grewelift alſo iſt auch die
gleifnerifche Hoffart ein Grewelvor GOtt und feinen Engeln/
wor der edlen Bildnuͤß; noch hangtihr die Welt an / damit bes
zeichnet fie das verderbte Bild der Irrdigkeit.
38. Wer einen hoffärtigen Menfchen fichet/ der fichet den
ſchweren Fall Adams’ und ein Fuͤrbild der Höllifchen Welt /
einen halben Teuffel und halben Menſchen / zudem der Zeuffel
einen ſtaͤten Zutritt hat/ denn erift des Teuffels Knecht in dies
fer Welt / denn der Teuffel treibt fein Werck mit ihm / und das
tennet der arme Menfch nicht I schet alfo in des Teuffels
Dienſten zu feinem ewigen Spotte; er meynet er-fey damit
ſchoͤne und anfehnlich/ und ift darmit vor GOtt nur als ein
Narr / der frembde Kleidung anthut / und nimt Thierifche Ge⸗
ſtalt an ſich.
Das
Si“
Cap. io. Der Scchfte Punkt. 69
Das 10. Eapittel.
Von den vier Elementen des Teuffels / und der fin:
ftern Welt / wie mandie in diefer aͤuſſern Welt fen:
nen foll.
Ti As erfte Elementder finftern Welt und des Teu⸗
felsift Hoffart/ das ander ift Geitz / das drit⸗
te ift Neid / das vierdteift Zorn. Diefe vier Efe>
menta brüten immer und ewig einen jungen
Sohn aus / der heift Falſchheit. Derfelbige
Sohn ift auch ein warhafftiger Sohn des verderbten Adams /
dehn er hinter fich gelaffen hat / zu einem Herren der Welt / der
ift in der Welt König worden und hatdie gantze Welt beſeſ⸗
fen/ undregiertanallen Enden im dritten Principio. Wer die»
fen König recht kennet / Der kennet die vier Eleinenta des Teu⸗
fels / denn in der Finftern Welt haben diefevier Elementa das
gantze Regiment / im Geiſt und Leib / und in allem das We—
ſen heiſt.
2. Und ſehen wir an dehme klar / daß dieſe aͤuſſere Welt auff
dem Grunde derſelben vier Elementen ſtehet / und Neiglig⸗
keit von ihnen empfaͤhet / auch Quaal und Willen; denn der⸗
ſelben vier Elementen Sohn regieret auff Erden / er wil alles
unter feinen Gehorſam haben / und hat viererley Geſchlechte ſei⸗
ner Unterthanen. x. Das Geſchlecht der Hoffart / das über
allesandere ſeyn wil / undfich nicht wil gleichen. 2. Des Gei⸗
tes / das alles wilallein befiken / und unter ſich bändigen / und
wil alles haben. Dig ander Gefchlechtift des erften Sohn / deñ die
Hoffart wil auch alles haben / daß fie allein alles fey. 3. Das drit⸗
te Gefchlechteift der Neid] wekher des Heißes Sohn iſt ment
der fichet / duß er nicht allesallein fan haben / fo fticht erals eine
Gifft / und goͤnnet Niemand nichts/fein Wille ift inallen Dinge)
entweder an fich zu ziehen / und allein zu befißen/ oder ja darinnen
zu wüten mit einem böfen Willen. 4. Das vierdte Gefihlecht
iſt der Zorn) der iſt des Neides Sohn / was der nicht kan mit boͤ⸗
fon Willen erreichen / das zündet er im Zorn⸗fewer an) und
gerbrichts mit Gewalt / richtet Krieg und Morden an / wil
alles zerbrechen / diß Geſchlecht wilalles mit Gewalt baͤndigen.
3. Dig ſind alfo dievier Elementa des Teuffels / welche alle
27 vier
10 Don Sechs Puncten. Cap.ro.
vier in einander ſeynd als Eins 5 Es gehet eins vom andern
aus / und crbichret je eins das ander / die urftänden von der fin⸗
ſtern Natur / alsvon Herbe / Bitter / Angft und Fewer.
4. Dieweil aber Gottes Krafftihnenein Gegenfas ift / daß
fie in dieſer Welt nicht vollen Gewalt haben / fo haben fte ihnen
einen liftigen Sohn erbohren / mitdehm fte regieren / der heiſ⸗
fet Falſchheit / derfelbe nimt ja den Rock der Göftlichen Far»
ben über fich / dag man ihn nicht kennet / und wilein Sohn der
Waͤhrheit / und Tugend heiffen / ift aberein Schalt ; anderft
redet er / anderſt dencket er / anderftthuter ; er führef auffder
Zungen Gottes Glantz / und im Hertzen des Teuffels Krafft
und Gifft.
5. Dieſer iſt Koͤnig auff Erden / und verwaltet zwey Reiche.
Das erſte heiſt das Verderbnuͤßz; das ander / Babel / eine Vers
wirrung. Dem Reiche der Verderbnuͤß hat dieſer König ans
gezogen die Stärde und Macht / das ift deffelben Reichs Kleid.
Dem andern Reiche als Babel hater angezogen ein weiffes glint»
zerndes Kleid / das mug ihm an Gottes Statt feyn/damitregieret
der König auff Erden/ als wäreer GOtt. Und die Bölder beten
daſſelbe Kleid an: und unter dem Kleide ift der Mann der Falſch⸗
heit und Betrugs / und hat feine Mutter / die vier Elementa in
fich / als Hoffart/ Geitz / Neid und Zorn,
6. Alſo herifchen die vier Elemente des Teuffels unter einem
gleiffenden Rocke / und die Menfchen reiffen fich umb denfelben
Re ; ein jeder wil ihn anzichen / wer ihn aber anzeucht /
der zeucht die Hölle und Gottes Zorn an. Solher Rock wird an
Gottes ſtatt geehret/ und ift der Rock / dehn der Zorn Gottes
Adz und Hevz anzog / als fie der Teuffel betrog / dan lie von
Gottes Gehorfam fielen. Und ift eben das Roͤcklein / dafür ung
GOtt fint der Welt je hat gewarnet / wir follens nicht anzie>
hen/ denn der Teuffel ift darinn zur Herberge: wenn wir das
anziehen / fo ziehen wir den Teuffel zur Herberge ein / und müffen
thun was er wil/ dennerift Wuͤrth im ſelben Haufe / und ruhet
im felben Röcklein.
7. Dieweil er ein Gefangener Gottes ift/ fo geucht er uns
fein Roͤcklein an/ und ſchickt uns damit gen Babel in feinen
Dienſt / da müffen wir Gottes fpetten ; denn wir haben Got⸗
tes Nödlein an) und haben den Teuffel darunter zur Herber»
ge / und zugafte : alfo gibt die Zunge GOtt gute Worte / und
das Herk hat den Geift der vier Elementen des Grimmes ; und
wird alfo GOtt vom Teuffel geſpottet / daß GOtt dech ſehen ‚or
I
’
Cap.ıo. Der Sechſte Punkt. 1
daß er / der Teuffel / Herr und Koͤnig uͤber die Menſchen ſey /
und achtet Gottes Herrſchafft im Menſchen nur gleich einem
glingenden Rocke / da er/ der Teuffel Mann inne ſey / und
habe den Menfchen in feinen Arın gefangen. Deckt ihm zwar
„das Nöcklein über / und fäft fich den Menfchen Gottes Kind
„nennen / aber der Menfch thut ihm nur in dieſem Rocke feis
X
„nen Willen; das alles / was der Teuffel in ſeinem Reiche
„nicht thun kan / noch darff / das thut ihm der Menſch in ſeinem
„Dienſte. Der Teuffel darff Niemand toͤdten / das thut ihm der
Menſch gerne zu gefallen; auch kan der Teuffel der Geſchoͤpffe
Gottes nicht brauchen / und der Menſch mißbrauchet fie ihm
gerne zu gefallen Gottes damit zu fpotten ; er Freibt Damit
Hoffart und Geiz / auch Falſchheit und Boßheit / undrichtet
alles damit aus / wasder Zeuffelhaben wil ı er glintzet auch das
mit / als GOtt.
8. Darumb aſt das aͤuſſere Reich eine ſtaͤte Mord⸗grube des
Teuffels worden / und der falſche vermeynete Menſche / der ſich
einen Menſchen nennet / iſts aber nicht / verrichtet die Mordes
rey / und vermehret Gottes Zorn / und zuͤndet an die finſtere
Welt in dieſer aͤuſſern / alſo daß Gottes Zorn immerdar in die⸗
ſer Welt brennet.
9. Alſo wird Gottes Reich gehindert / und geſchicht des Teu⸗
fels Wille/ und bleibt der Teuffelein Fürft auf Erden / da er
ſonſt Erin Verbringen auff Erden hatte / fo ift ihm der vermeyn⸗
te Menfch im Dienjte/ und verbringt feinen Willen. Wohnen
alfo zwey Geſchlechte ver Menfchen auff Erden bey einander,
das cine ſeyn rechte Menſchen / die dienen GOtt im Node der Des
muht / und des Elendes / derer ſpottet der Teuffel / und plagt fie
mit dem andern Geſchlechte / und verbringt alle ſeine Wunder
an ihnen / durch dieſe welche ihm dienen.
10. Das ander Geſchlechte nennet ſich auch Menſchen / gehen
auch in Menſchen Geftalt / aber ſie ſind boͤſe Thiere; die ziehen an
ſich ihres Koͤniges Kleid / das heiſt Falſchheit / und leben in Krafft
der vier Elementen ihres Koͤniges / als in Hoffart / Geitz / Neid /
und Zorn.
11.Die hoffart iſt die erſte Tugend / ſie reiſſet dem rechten Men⸗
ſchen das Brod aus dem Munde / und zwingt den Elenden / daß
ſte ihr kan genug thun. Sie wil nicht / daß ſich ihr etwas ſoll
gleichen / ſie wil allein das ſchoͤnſte Kind im Haufe ſeyn / fie hat
das gleiſſende Roͤcklein angezogen / wil from̃ genannt ſeyn / man
ſoll fie ehten / und für ihr ſich beugen; auch ſoll ſich ihr nichts —
en
7 Von Sechs Puncten. Cap.ro
chen / ſie wil Herr ſeyn / und ſpricht: Ich bin zuͤchtig in mei⸗
nen Gebaͤrden.
12. Aber ihr Hertz iſt der Geitz / der iſt der Wolff / und friſ⸗
ſet dem Elenden einen Schweiß und Arbeit ſie ſteiget über als
les auff / fie gründet taͤglich in den Wundern Gottes / wie fie
möchte gleiſſen: fie ſtellet ſich freundlich und zuͤchtig / als waͤre
fie eine Jungfraw voller Zucht / iſt doch eine bruͤchige Hure/ und
haſſet im Hertzen alle Tugend / Zucht / und Gerechtigkeit / ſie
iſt ein ſtaͤter Feind der Liebe und Demuht; was alber iſt / das
verachtet ſie / und zwinget doch das Albere unter ihr Joch. Sie
ſpricht zu dem rechten Menſchen: Du biſt mein Hund / ich
jage dich wo ich hin wil / du biſt naͤrriſch / und ich bin klug; und
fie iſt ſelber ver groͤſte Marz; fie verſchertzt GOtt und das Him⸗
melreich / umb einer kleinen Weile Augen⸗luſt / ſie wirfft ſich in
die Finſternuͤß / und zeucht an den Rock der Angſt.
13. Die andere Tugend dieſes Königs der Falſchheit iſt der
Geis / der zeucht alles am fich / und verfinfterf der Hoffart ihr
glingend Kleid ; er zeucht Böfes und Gutes untereinander an
fich / und fuͤllet ftäts die Hoffartvoll : und wenn er fiegefüls
let hat/ fo nimt erfeinen Sohn den Neid/ und quäletdie Hof:
fart damit / daß fie feine Ruhe in ihrem Glanze hat. Der
Neid flicht immer in den begehrenden Geitz / als wäre er toll
und unfinnig/ und martert die Hoffart Tag und Nacht / dag
fie nimmer ruhet. Der Geiß iftdasrechtegrobe ſaͤwiſche Thier/
er begehret mehr als er freffen Fan oder mag ; Sein Rachen fichet
Tag umd Nacht weit offen / er laft ven Menfchen nicht ruhen /
und quäler ihn immer in einem. Unflat/ daß der Menſch nach
Erde trachtet / und nach denen Dingen / fodie Erdegibt/ ohne
jemands Geiß / es gehöretnur Arbeitdarzu / und fein Geiß. |
14. Der Geitz plaget fich felbft / und ift fein eigen Feind /
denn er füllet ſich mit Wehe und Unruhe / vertunfeltdem Men-
ſchen feinen Verſtand / dag er nicht fan erkennen/ daß alles
von Göttlicher Handt kommt. Ermacht dem Menſchen feines
Lebens $iecht finfter / verzehret den Leib / und beraubet ihn Gött-
Liher Sinnen und Heraligfeit ; er wirfftihmindes Todes Gru⸗
ke / und bringet ihn in den zeitlichen und ewigen Tod. Er zeucht
finſter Wefen in des Menſchen edle Bildnuͤß / und macht aus
einem Engel einen grimmigen Teuffel : Er fchaffet die Turbam
über $eib und Scel/ und ift das greulihe Thier im Abgrund
der Höllen / denm er ift die Urfach der Quaal und Pein / außer ihe
uie möchte keine Zugal entſtehen; er macht den Krieg umd ae
enn
Cap.ıo, Der Sechſte Punct. 73
denn erläft ſich nimmer genügen / hätte er gleich alle Welt/ fo
wolte er auch den Abgrund haben/ denn ihme ift Feine Stätte zw
feiner Ruhe erbohren; Er bauwet Sünder und Königreiche/ und
zerbricht fie auch wieder / und treibt den Menſchen in eitel Muͤhe
und Unruhe; Er ift fihlechts des Teufels Herg und Wille.
25. Denn die Hoffahrt ift der fchöne Geift / ver sus dem
Geige außwaͤchſt / fie iſt das fchöne Kind / das da folte den Him⸗
melbefisch/ aber der Geiß hat es zu einem Hurenkinde gemacht /
und hats in Babel / in die Mutter der großen Hurerey auf
Erden / eingeführet / da huret die Hoffart immer mit dem
Geitze / und ift nur ein Hurenkind vor GOtt; 08 kan den
Himmel nicht befisen/ es hat fein Himmelreich auff Erden /
und buhlet mit dem Könige der Falſchheit / der nimt alle feine
Arbeit an / und gibt fie den vier Elementen des Teuffels in der
finftern Welt / da muß die Hoffart mit dem Geitze auch hin⸗
nach / wenn der Angflsgeiß-fad zerbricht / der ift ja fo gerecht /
und nimt Doch feinen Geig mit in den Abgrund / dag doch die
Hoffart ihre Freude darin habe / als cin Narr in ſeinem Nar⸗
ren=tleide/ der fich mühet und aͤngſtet dag er Narıheit gebaͤh⸗
re/ und feinen Zuſehern gefalle/ dag er ein unfinniger Narı
fey. Imgleichen ift auch die Hoffahrt und Geis Gottes Narr /
und des Zeuffels Gauckler / der feine Freude daran hat / daß er
aus Gottes Bild kan ein Narrensbild machen.
16. Die dritte Tugend ift der Neid/ indenvier Elementen
des Teuffels/ im Reiche der Falſchheit / der ift ein Stachel /
Wuͤter und Teber/ als eine böfe Gifft / er kan nirgend bleiben /
und hat keine Stätte feiner Ruhe / feine Mutter der Geit / laͤſt
ihm Eeine Ruhe / er muß immer wirten und toben ; er mu
in das eingehen) darinnener nicht gebohren ift. Er iſt des Gei—
es Mund / ein ſtaͤter Sügner und Verleumbder; ; er fticht in
feines Naͤchſten Hertz undverwundetdas ; frift fich felber vor-
giftigen Hunger / und wird doch nimmer ſatt; er macht Une
ruhe ohne Ziel und Maß 5 eriftdiegröfte Gifft / und der Höls
len Auge / ver Zeuffel ſiehet damit dem Menfchen in Scelund
Leib / ſein iſt nichts gleich; er iſt kein Fewer / aber der Stachel
des Fewers; er richtet alles Ubel an / und findet doch keine Rus
he / je mehr er treibt / je unſtnniger iſt er: er iſt eine verſchmachte⸗
te Gifft / er darff kein Weſen / und wuͤtet doch in dem Weſen;
er macht den Menſchen mehr als unſtunig / daß er begehret wi⸗
der GOtt zu wuͤten und zu toben serift der Höllen und des Zorns
Ellen / er macht aus Liebe Die gröfte Feinpfhafft ; er —
— tiea
74 Bon Sechs Puncten. Cap.ro.
Niemande nichts / und iſt doch felber ein verhungert Nichts.
17. Diefer iſt des Teuffels Willenzgeift / welcher Menſch
ihn zur Herberg einnimt/ der nimt den Zeuffel mit Gottes
Zorn ein / denn er führetdie Höllifche Marter und Wehe; er
ift die ewige feindige Plage und Unruhe / und zerftöretdas Edle
Bild Gottes / denn er iſt GOtt undaller Ereaturen Feind.
18. Dievierdte Tugend in den vier Elementen im Königreich
der Salfchheit des Teuffels/ iftder Zorn /_die Boßheit; ; die ift
das rechte hoͤlliſche Fewer / dein der Zorn wird zwiſchen dem Gets
se und Meide gebohren/ er ift des Neides Fewer und Leben;
was der Neid nicht Ean verbringen / das verbringt der Zorn;
der Zorn nimt Leib und Seel zuſammen / und [äufftalsein wuͤ⸗
tender Teuffel / wilallesermorden und zerbrechen ; er laufft an
Mauren und Schlöffer / und ob er fich gleich felbft gerbörftet /
noch ifter fo raſende / gleich einem tollen Hunde / der alles beiſ⸗
fet und mordet ; und ift fo giftig in feinem Zorn / daß / was er
nicht gleich Fan bewältigen / er doch vergiftet : Dieſer ift das
rechte Podagra ver Welt ; wenn die Hoffart in ihrem gleiſſen⸗
den Roͤcklein nicht Fan die Gewalt mit Lift und Falſchheit bes
kommen / ſo muß cs hernach Die vierdtr Tugend anrichten / die
ſchlaͤget mit Fäuften drein / und richtet Kriegan. O wie frölich
ift ver Teuffel / wenn feine vier Elementen alforegiren/ fo vers
meynet er noch / er ſey Herzauff Erden x: Ob er gleich gefangen
ift/ fo verrichten ihme doch die Thier-menſchen wohl fein Ambt /
und er fpottet nur alfo damitder Menfchen / dag fie ärger [ind /
und thun als er felber thun kan.
19. Diß find alſo die vier Elemenra der finſtern Welt / in
welchen der Teuffel vermeynet ein GOtt zu ſeyn / damit regie⸗
ret er auff Erden / mit feinem getrewen Sohn der Falſchheit:
Dieſe iſt erſt das geſchmuͤckte Kaͤtzlein / das vorne gute Wort
giebt / und ziehlet doch immer auff die Mauß / kan ſie die nur
erhaſchen / O wie froh iſt ſie wenn ſie kan den Braden dem
Teuffel bringen: mit dieſen vier Elementen iſt der Menſch
umbgeben / und indes falſchen Königs Sand zur Herberge / die
fhieffen ihm alle Stunden zum Herken / wollen feine edle Bild»
nüßermorden / er mug immer im Streite wider diefe feyn / den
fie find bey und in ihm zur Herberge / fie ftechen inimer auff ihn /
und wollen ihm fein beftes Kleinod ermorden.
» 20. Wenn unter diefen 4. Elementen nur eins im Men⸗
fhen Gewalt befomt zu qualificiren / fo zündet daffelbe Eine}
die andern alle an / und berauben zur ftunde den Menſchen feis
ner
Cap. ro. Der Sechſte Punet. 75
ner edlen Bildnuͤß / und machen eine Sarve des Teuffels aus ihm:
und Fan fein Menſch mit Wahrheit von ihm fagen/ der diefen
vier Eleinenten Gewalt läft zugsalificiren / daß er ein Menſch
fep / denn er qualificirt indes Teuffels Eigenfcharft / und iſt ein
Feind Gottes, Undobihn gleich der Teuffel mit dem gleiffenden
Rock bekleidet / daß er kan gute Worte geben / und weiß fich
fein zu gebärden/ dag man meyneter fey ein Kind Gottes/ fo
ift er doch kein Menfch/ fo lang diefe vier Elementa das Ober⸗
Regiment in ihm führen / fondern er ift ein Derteuffelter
Menſch / halb Teuffel und halb Menfch / big er fein Manag
voll macht / denn ift er ein ganger Zeuffel / in Menſchen⸗
Ge alt.
Darımb Ichrne fi ein jeder kennen / was für Eigen
ſchafften in ihm regieren : Befindet er daß diefe vier Elemente
alle / oder nur eins in ihm regieren / ſo hat er Zeit wider fie in
Krieg zu ziehen / oder es wird nicht gut werden / er wird fich des
Himmelreichs nicht dörffen troͤſten / er laffe ihm nur nicht den
Teuffel den gleiſſenden Mantel umbgeben / wie jetzt gefchicht/
da man in dieſen 4 Elementen lebet / und kitzelt ſich nur fein mit
dem Leyden Chriſti / das muß dieſes Schalcks Deckel ſeyn. Der
Schalt möchte fein Regiment behalten / wenn er nur nit Chriſti
Genugthuung jtch nicht kitzelte.
22. D wie wird dir der gleiffende Rock Chriftiaußgezogen
werden / denn wird man zu Babeldie Huremitden vier Tugen⸗
den ſtehen fehen. Es heift nicht allein tröften / fondern dem
Schalke wehren dag er nicht Herrim Haufe werde/ er muß
nicht das Regiment haben / fondern die Gerechtigkeit / Liebe /
Demuht und Keufchheit / und immer wollen gerne wolthun /
nicht in Hoffart / Geitz / Neid / Zorn) fondern in Demuht /
in Wolthun mit guten Herken / nicht heucheln und gute Wor⸗
te geben / fondern im Thun / es muß Thun feyn ; des Teuffels
Willen widerftreben/ fich laffen an wenig begnügen / in Ges
dult fich in die Hoffnung auff GOtt einſchlieſſen /den vier böfen
Elementen widerftchen / und Gottes vier Elemente einnehmen /
welche feind Liebe / Sanfftmuht/ Barmhertzigkeit und Ge⸗
dult in Hoffnung; das find Gottes vier Elemente) dieſe follder
Menſch in ihm erwecken] und fräts damit wider des Teuffels vier
Elemente ftreiten.
23. Der Menfch muß allhie im Streit wider fich felbft ſeyn /
wil er ein Himmlifcher Bürger werden / er muß nicht ein fau⸗
lee Schläffer in reifen und Sauffen feyn / und feinen Bauch
nut
76. Von Sechs Puncten. Cap.ro—
nur fuͤllen davon des Teuffels Zlementa anheben zu qualifici-
ren ; fondern er muß mäßig / nüchtern und wacker ſeyn / als
ein Kriegsman der vor feinem Feinde ſtehet; denn Gottes Zorn
freitet immer wider ihn / er wird deſſen noch gnug zu thun ha⸗
ben / daß er fich verwehre.
24. Denn der Teuffel ift fein Feind / fein eigen verderbtes
Fleiſch und Blut ift fein Feind/ Gottes Zorn ift fein Feind
in ihme / und die gantze Welt ift ffin Feind ; wo ernurhinlies
het / daficheter Feinde / die ihn alle berauben wollen.
25. Darımb heiffets ftreiten/nicht nit Mund und Schwerd/
fendern mit Geift und Gemuͤhte; und nicht nachlaffen / folte
gleich Leib und Seele zerbrechen / fo muß doch GOtt des Hera
kens Troſt bleiben / wie König David fagt : Wen mir gleich
$eib und Seel zerbricht / fo biftudoc mein GOtt / und meines
Herkens Zroft / und Zuverficht : und wenn gleich ein Menſch
fähe/ daß die ganze Welt Gottloß wäre / fo er gedencket ein
Kind Gottes zu werden / foller doch beftändig bleiben.
26, Und wenn ihm aleich daͤuchte / er wäre allein auff folcher
Bahn / und die ganze Welt fpräche auch Dubift ein Rarıy
und bift unfinnig / foll er doch ſeyn / als wäre er inder Welt
todsund hörete das vom Teuffel fügen / der fein ärgfter Feind ift;
und follnirgends hinweichen / ſondern dencken / dag er in feineng
Vorſatz Gott gefalle / und daß GOtt felber in ihm fein Borſatz
fey. Daß er ihm alfo wolle vom Teuffel erretten / und in fein
Reich einführen. Ymen.
eENDE.
Eine kurtze Erklärung
nachfolgender |
Hechs Puncten
J. Vom Blut und Waſſer der Seelen.
II. Don der Gnaden-wahl / vom Guten und Boͤſen.
III. Bonder Sünde : Was Sünde fey? und wie eg
Suͤnde ſey?
IV. Wie Chriſtus das Reich feinem Vatter übers
antworten werde.
V. Don der Magia ; mas Magia iſt / und was der
Magiſche Grund fey?
VI. Vom Myſterio, was daſſelbige iſt.
geſchrieben durch
Jacos Bönme, ſonſten Teutonicus
genannt.
SS
A
Zu Amſterdam /
Gedruckt im Jahr Chriſti / 1682,
Der Erſte Punch, 9
I.
Vom Blut und Waſſer der Seele.
M Ales was Subftantialifch und
A greifflich ift / das iſt in dieſer
IR Welt:So dan dieSeele in diefer
\ NV Welt feine Subftang oder We⸗
N gen ift ; ſo iſt auch ihr Blutund
RR 9)) Warfer keine Subftang oder We⸗
WARS fenindiefer Welt.
' Y) 2. MWohliftdie Seele mit ih⸗
NO ten Blut und Waffer in dem
9 aͤuſſern Blut und Waſſer / aber
— ihre Subftang iſt magiſch. Denn
N, die Seele ift auch ein magifch
ON Seuer/ und ihre Bildnuͤß oder
Geſtaltnuͤß wird im Liecht (in der Krafft ihres Feuers umd Liech⸗
fes)aus dem magifchen Feuer außgebohren / und ift doch ein ware
hafftig Bild / in Fleifch und Blut / aber im Verſtande deffelben.
3. Gleich wie Gottes Weißhe it Weſen hat / und fie die Weiße
heit ift doch kein Wefen ; Alfo hat die Seele mit ihrer Bildnuͤß
Weſen / und fie die Seele ift doch nur ein magifch Feuer / aber
ihre Nahrung ift von ihrem Weſen.
4. Gleich wieein Feuer muß Weſen haben / folles brennen;
Alfo hat auch das magifche Feuer der Seelen Fleifch / Blut und
Wafler : Denn es wäre kein Blut / fo nicht die Tin&ur von
Feuer und Liecht im Waſſer wäre / welcheder Weißheit Ens o⸗
der Leben iſt / die hat in ihr alle Geſtalten der Natur / und iſt das
ander magifche Feuer.
5. Denn fie giebet alle Farben / und aus ihrer Geftalt gehet
in des Liechtes fanfften Weſen aus Göttliche Krafft : Verſte⸗
het nach des Liechtes Eigenfchafft / und nach des Feuers Eigen»
ſchafft ift fie eine Schärfe der Verwandlung 2 Sie mag alle
Ding in feinen höhften Grad führen / wiewohl ſie kein lebhaff⸗
ter Geift / fondern das höchfte Ens iſt.
6. Alfo ift fie auch ein ſolches Ens im Waffer / und führet
des Feuers und Liechts Eigenfihafft darein / mitallen Kräften
der Natur / da fie denn das Waſſer in Blut verwandelt / =
es
do Der Zweyte Punk.
ches thut fie im aͤuſſern und innern Waſſer / als im äuffern und
innern Blut. u
7. Das Innere Blut der Goͤttlichen Weſenheit iſt auch ma-
eifch ; Denn Magia machts zur Subſtantz; Es iſt geiftlich Blut /
das das äuffere Weſen nicht mag rügen als nur durch Imagina-
tion. Die innere Imagination führet den Aufferen Willen ins
innere Dlut/ davon verdirbet das Blut und Fleifch der Göttlis
chen Wefenheit/ und wirddie edle Bildnüg der Gleichnuͤß Got⸗
tes verdunckelt.
8. Der Seelen Fleiſch und Blut ifkin dem hoͤchſten Mylterio,
denn esift Göttliche Wefenheit / und fo das auffere Fleiſch und
Blut flirbet/ fo faͤllt es dem aͤuſſern Myfterto heim) und das aͤuf⸗
fere Myfterium fallet dem innern heim,
9. Und Hat ein jedes magifches Feuer feine Wefenheit und
Sinfternüß in fich 5 um welches willen ein endlicher Scheide⸗
Tag angeftellet iſt / da alles foll durch ein Feuer gehen und pro-
biret werden / welches deffelben fahig wird oder nicht/ alsdann
gehet ein jedes Ding in feine eigene Magiam , und iſt hernach /
als es von Ewigkeit je war.
I-T;
Bon der Gnaden⸗wahl / vom Guten und Böfen.
J. Ott iſt von Ewigkeit Alles alleine; Sein We⸗
ſen theilet ſich in drey ewige Unterſcheide. Einer
iſt die Feuer⸗welt; der ander die Finſter-Welt;
und der dritte die Liecht⸗welt. Und iſt doch nur ein
Weſen ineinander / aber keines iſt das ander.
2. Die Drey Unterſcheide ſeynd gleich-ewig und ungemeſſen /
und in feine Zeit noch Staͤtte eingeſchloſſen. Ein jeder Unter⸗
ſcheid ſchleuſt ſich in ſich ſelber in ein Weſen; und nach ſeiner
Eigenſchafft iſt auch ſeine Quaal / und in ſeiner Quaal iſt auch
feine Begierde / als dag Centrum der Natur.
3. Und die Begierde ift fein machen denn ſie machet Weſen
da Feines iſt / und ſolches in der Begierde Elſentz / nad der Bes
glerde Eigenfchafft / und iſt alles zufammen nur eine Magia,
oder ein Hunger nach Weſen.
4. Eine jede Geſtalt machet Weſen in ihrer Begierde / und
eine jede Geſtalt fuͤhret ſich aus dem Spiegel ſeines Glantzes
aus / und hat ihr Sehen in ihrem eigenen Spiegel. Sein ſehen iſt
einem
Der Zweyte Punct. st
einem andern Spiegel eine Finſternuͤß: Ihre Geſtaltnuͤß
uf einem andern Auge verborgen / aberim Fuͤhlen iſt ein Un⸗
terſcheid.
5. Denn eine jede Geſtalt nimt ihr Fühlen vom Urſtand der
erſten drey Geſtalten in der Natur / als von Herbe / Bitter und
Angſt: und iſt in dieſen dreyen doch Fein Wehe in ſich ſelber / aber
das Fewer machet Wehe in ihnen / und das Liecht wandelt es
wieder in Sanfftmuht.
6. Das rechte Leben ſtehet im Fewer / alda iſt der Angel zu
Siccht und Finſternuͤß. Der Angelift die Begierde / womit ſich
die fuͤllet / deſſen Feuer iſt die Begierde / und deſſen Liecht ſchei⸗
net aus dem Fewer; Daſſelbige Siecht iſt die Geſtaltnuͤß oder
deffelben Sehens Sehen / und das eingeführte Weſen in der
Begierde ift des Feuers Hol / darausdas Feuer brennet / es
fey herbe oder ſanfft / und Das ift auch fein Himmel-oder Hoͤl⸗
len⸗ Reich.
7. Das Menſchliche Leben iſt der Angel zwiſchen Liecht und
Finſternuͤß / welchem es ſich einergiebet / in demſelben brennet
055 Gicbet ſichs in die Begierde der Efleng / fo brennets in der
Angft / im Finſternuͤß Sewer.
8. Gibt ſichs aber in ein Nichte / ſo iſts Begierde-los / und
faͤllet dem Liecht⸗Feuer heim / fo fan es in keiner Quaal bren⸗
nen: Denn es fuͤhret kein Weſen in ſein Feuer / daraus ein
Feuer brennen kan. So denn keine Quaal in ihm iſt / ſo mag
auch das Leben keine Quaal fahen / denn es iſt keine in ihme:
Jetzt iſts der erſten Magiæ heimgefallen / die iſt GOtt in feiner
Dreyheit.
9. Wenn das Leben erbohren iſt / ſo hats alle drey Welten
in ſich / welcher Welt ſich das Leben eineignet / von derſelben
wirds gehalten / und in demſelben Feuer entzuͤndet.
zo. Denn war fich das Leben entzündet / fo wirds von allen
drey Welten gezogen und die ſtehen im Ruͤgen in der Eflens /
als im erſten angezündeten Feuer: welcherley Eſſentz das Schere
in feine Begierde einladet/ und empfaͤhet / deſſen Fewer brennet.
ır. Iſt die erfte Eflens/ darinn ſich das Leben anzuͤndet /
gut / ſo iſt auch das Fewer lieblich und gut: Iſt fie aber boͤß und
finſter aus grimmiger Eigenfchafft / ſo iſts auch ein Grüne
me⸗Fewer / und hat wieder folhe Begierde / nach des Fewers
Eigenfhafft. r —
12. Deñ ein jede Imagination begehret nur Weſen ihres glei⸗
chen / worinnen fie geurſtaͤndet iſt.
E 13 . Das
82 Der Dritte Punct.
13. Das geben des Menfchen iftin diefer Zeit gleich wie ein
Rad / da bald das ımterfte zu oberſt iſt / und entzündet fich an
allem Weſen / und beſudelt ſich mit allem Weſen / aber fein
Bad iſt die Bewegung des Hertzens Gottes / cin Waſſer der
Sanfftmuht / aus der mag es Leben in ſein Fewer-Leben ein»
führen; Die Wahl Gottes ſtehet nicht in der erſten Eſſentz.
14. Denn die erſte Eſſentz iſt nur das Myfterium zum Leben /
und gehoͤret eigentlich das erſte Leben mit der Anzuͤndung in ſein
NMyſtetium, daraus es iſt gegangen. Es ſey eine gantze grimmige
Efieng / oder eine vermiſchete / oder eine Liechts⸗Eſſentz nach ver
Liecht-Welt.
25. Aus welcher Eigenſchafft das Leben urſtaͤndet / aus der⸗
ſelben brennet auch ſeines Lebens⸗Liecht / und daſſelbe Leben hat
reine Wahl / es gehet kein Gericht uͤber das / denn es ſtehet in
ſeinem eigenen Urſtande / und fuͤhret ſein Gericht in ſich; Es
ſcheidet ſich ſelber von aller andern Quaal / Denn es brennet
nur in feiner eigenen Quaal/ in feinem eigenen magifchen Feuer.
16. Die Wahl gehet über das Eingeiadene / ob es ins Liecht
der in die Finſternuͤß gehöre ? Denn nach dem es einer Eigen»
ſchafft iſt nachdem iſt auch ſeines Lebens Wille ; Es wird er⸗
Kant} ob es der grimmigen Eſſentz oder der Liebe Eſſentz iſt / und
ſo lange es in einem Feuer brennet / iſt es vom andern verlaſſen /
und gehet die Wahl deſſelben Feuers / darinnen es brennet / uͤber
das Leben / dan es wils haben / es iſt ſeiner Eigenſchafft.
17. So ſich aber deſſelben Fewers Wille (als der fliegende
Angel) in ein ander Fewer ſchwinget und darinnen entzuͤndet /
fo mag er das gantze Leben mit demſelben Fewer entzuͤnden / fo
er in demſelben Fewer bleibet.
18. Jetzt wird das Leben neu gebohren / entweder zur Finſter⸗
welt oder zur Liecht⸗welt / worinne ſich der Wille angezuͤndet /
und darauff gehet eine andere Wahl / und das iſt die Urſache / das
Gott laͤſfet lehren / und auch der Teuffel; Ein jeder wil daß
ſich des Ledens Wille in ſein Fewer ſchwinge und entzuͤnde / als⸗
Dan faͤnget ein Myfterium das ander.
I1TL
Bonder Stunde: was Suͤnde ſey / und wie esSuͤnde fey?
1. In Ding das Eins iſt / das hat weder Gebott noch
Geſetze; So ſichs aber mit einem andern miſchet / ſo
ſind zwey Weſen in Einem / und ſind auch zweene
Willen / da einer wider den anderen lauffet / alda
ur ſtaͤndet Feindſchafft. 2. Alſo
nz
\
Der Dritte Punct. 2%
2. Alſo ift ung zu betrachten von der Feindfchafft wider Gott
Gott if Einig und Gut/ auffer aller Quaal / und obgleich
alle Quaal in ihm iſt / ſo iſt fie doch nicht offenbahr : Denn das
Gute hat das Boͤſe oder Widerwertige in ſich verſchlungen / und
haͤlts im guten im Zwang gleichſam als gefangen / da das Boͤ⸗
fe eine Urſache des Lebens und Liechtes ſeyn muß / aber nicht of=
fenbahr / fonderen das Gute erftirbet dem Böfen/ daß es in
Dem Boͤſen ohne Quaal oder Empfindung leben mag/in fich felter.
3. Es iſt die Liebe und Feindſchafft nur Ein Ding / aber ein
jedes wohnet in fich felber / das macht Zwey Dinge : Der Tode
iſt zwifchen ihnen das Scheidesgiel/ umd iſt dach Fein Tod / ohne
daß das Gute dem Boͤſen abftirkt/ wie das Liecht des Feucrs
-Quaalerftorben iſt / und fühlet das Fewer nicht mehr.
4. So ift uns nun im Denfchlichen Sebendie Sünde zu er⸗
gründen ; Denn das Leben iſt einig und gut / ſo aber einander
Quaal als gut darin iſt / ſo iſts eine Feindſchafft wider GOtt /
denn GOtt wohnet im hoͤchſten Leben des Menſchen.
5. So kan nun kein Ungruͤndliches in einem Gruͤndlichen woh⸗
nen: Dan fo bald das rechte Leben Quaal in ſich erwecket ; Ja
ifts dem Ungrund nicht gleich / darinnen keine Quaal iſt / ſo bald
trennet fich eins vom andern.
6. Den das Gute oder Licht ift als ein Nichts 5; So aber
Etwas darein komt / fo ift daffelde Etwas ein anders als das
Nichts / dan das Etwas wohnet in ſich / in Quaal / dan we
7
Etwas iſt / da muß eine Quaal ſeyn / die das Etwas macht
und haͤlt.
"7. Alſo iſt uns zu betrachten von Sich und Feindſchafft; Die
Siebe hat nur eine Quaal und Willen! fie begehret nur ihres
gleihen/ und nicht viel; Denn das Gute iſt nur Eines / aber
Die Quaal iſt viel / und welcher Menſchlicher Wille Viel begehret /
Der fuͤhret in ſich in das Eine (darinnen GOtt wohnet)die Quaal
der Vielheit.
8. Denn das Etwas iſt finſter und verfinſtert des Lebens Liecht⸗
Und das Eineift Liecht: Denn es liebet ſich ſelber / und iſt ken
Begehren nach mehrerm.
9. Alſo muß des Lebens Wille in das Eine (als in das Gute)
gerichtet ſeyn / fo bleibets in einer Miaal. Sp es aber in eine
andere Quaal imaginiret/ fo fhwängert fihs mit dem Dinge /
darnach es luͤſtert. *
zo. Und fo denn daſſelbige Ding ohne ewigen Grund iſt / in
einer zerbrechlichen Wurtzel / a. fischet es eine Wurtzel zu ſei⸗
x 2 ner
84 Der Dritte Punet.
ner Erhaltung / dat es möge bleiben / denn alles Leben ſtehet ih
magifchen Feuer / fo muß ein jedes Zeuer Weſen haben / dar⸗
innen cs brennet.
11. Set muß ihm daffelbe Ding Weſen nach feiner Begierde
machen / daß fein Feuer zu zehren hat. So mag nun Feine Feuers
quaal im freyen Feuer beftehen / denn es erreichet das auch nicht}
denn es iſt nur ein Eigenes.
12. Alles was in GOtt beſtehen ſoll / muß feines Willens le⸗
„dig ſeyn; Es muß kein eigen Feuer in ſich brennend haben / ſon⸗
„dern Gottes Feuer muß fein Feuer ſeyn: Es muß fein Wille
„in Gott geeinigerfeyn / daß GOtt und des Menſchen Wille
„und Geiſt nur Eines iſt.
13. Denn was Eines iſt / das feindet fich nicht denn es hat nut
Einen Willen; wo der dan gehet / oder was er thut / das iſt Eines
mit ihm.
4. Ein Wille hat nur Eine Imagination; Sp machet oder be⸗
gehret doch die Imagination nur das jenige / was ſich mit ihr glei⸗
chet: Alſo iſt uns auch vom Widerwillen zu verſtehen.
15: GOtt wohnet in allem / und nichts begreifft ihn / es ſey
dan mit ihm Eins. So es aber aus dem Einen aus gehet / ſo
gehet es aus GOtt in ſich ſelber / und iſt ein anders als GOtt / das
trennet ſich ſelber. Allda entſtehet das Geſetze / daß es wieder aus
ſich ſelber ſoll außgehen / in das Eine / oder von dem Einen ges
trennet ſeyn ſoll.
16. Alſo iſt erkaͤnntlich / was Sünde ſey / oder wie es Sünde
ſey: Als nehmlich der menfchliche Wille ih von GOtt trennet
in ein Eignes / und erwecket fein eigenes Feuer / und brennet in
eigener Quaal / ſo iſt daſſelbe eigene Feuer nicht des Goͤttlichen
Feuers faͤhig.
17. Denn alles worein der Wille gehet / und wils für eigen
haben / das iſt ein fremdes in dem einen Willen GOttes / dan
Gottes iſt alles / und des Menſchen eigenen Willens iſt nichts;
So er aber in GOtt iſt / fo iſt auch alles feine,
18. Alſo erkennen wir / daß die Begierde Suͤnde ſey; denn ſte
laͤſtert aus Einem in viel / und führet viel in Eines: Sie wil be⸗
ſttzen / und ſoll doch Willenlos ſeyn. Mit der Begierde wird We⸗
fen geſuchet / und im Weſen zündet die Begierde das Feuer am.
x9. So brennet nun ein jedes Feuer aus ſeines Weſens Ei⸗
genſchafft; Stift Die Trennung und Feindſchafft gebohren / dan
Chriſtus ſaget: Wer nicht mit mir iſt / der iſt wider mich / und
wer nicht mit mir ſamlet / der zerſtreuet. Denn er nt
- - auffer
Der Dritte Punct. 85
auſſer Chrifto / und was nicht mit ihm iſt / das iſt auſſer GOtt.
20. Alfo ſehen wir /daf der Geis Suͤnde iſt / denn er iſt cine
Begierde auffer GOtt: und fehen auch! dag die Hoffarth Suͤn⸗
de iſt / denn ſie wilein Eigenes feyn / und trennet ich von GOtt /
als von dem Einen ab. » ’
21. Denn was in GOtt ſeyn wil / das muß in ihm in feinem
Willen wandeln; Sp wir denn in GOtt nur Einer ſind / in vie⸗
len Gliedern / ſo iſts ja wider GOtt ſo ſich ein Glied vom andern
entzeucht / und machet einen Herrn aus ſich ſelber / als die Hof⸗
farth thut; Sie wil Herr ſeyn / und GOtt iſt allein HErr:
Jetzt find zweene Herrn / und ſcheidet ſich einer vom andern.
22. Darum iſt alles Sünde und ein Widerwille / das die Bes
gierde vor eigen beſitzet / es ſey Speiſe oder Tranck / ſo der Wille
darein imaginiret / ſo fuͤllet er ſich mit demſelben / und entzuͤndet
deſſelben Feuer / ſo brennet alsdan ein ander Feuer in den erſten /
ſo iſt Widerwille und eine Irrung.
23. Darum muß ein neuer Wille aus dem Widerwillen wach⸗
fen / der ſich wider in die einige Einigung ein⸗ergiebet / und mug
Der Widerwillezerbrschen und getödtet werden. j
24. Und allyier ift uns zu betrachten das Wort GOttes ]
Das Nenſch ward ; fo der Menſch ſeine Begierde darein ſet⸗
zet / gehet er aus der Quaal aus feinem eigenen Feuer aus / und
wird im Wort neu gebohren: Alſo wohnet ver außggehende Wille
* — und der Erſte in der Begierde / in der Irrdigkeit und
ielheit.
25. Alſo muß die Vielheit mit dem Leibe zerbrechen / und dem
außgehenden Willen abſterben / und wird der außgehende Wille
vor eine neue Gebuhrt erkannt; denn er nimt wieder in dein Ei⸗
nen alles in ſich / aber nicht mit eigener Begierde / ſondern mit
eigener Liebe / welche in GOtt ge⸗einiget iſt / daß GOtt ſey alles
in allem / und fein Wille ſey aller Dinge Wille / denn in GOtt
beftchet ein ewiger Wille.
26. Alfo befinden wir/ dag das Boͤſe muß dem Guten zum
geben dienen / fo nur der Wille aus dem Böfen wieder aus jich
außgehet ins Gute / denn der Grimm muß des Lebens Feuer ſeyn.
27. Aber des Lebens Wille mug in Streit wider ſich ſeibſt
gerichtet feyn/denn er mug dem Grimm entjlichen/und dehn nicht
wollen; Er muß die Begierde nicht wollen / die doch fein Feuer
wil / und auch haben muß / darum heiffers im Willen neu⸗geboh⸗
gen werden.
28. Ein jeder Willen-Geift / der in der Begierde feines Le⸗
* E3 bens
86 Der Bierdte Punct.
gens-Feuers (als im Grimm des Holges zum Feuer) bleiber/
nder darein eingehet / und das Irrdiſche befiget/ der iſt alſolaug
von GOtt getrennet / als er Das Fremde (als das Irrdiſche)
deſitzet.
29. Alſo erkennet man / wie Uberflug der Speife und Tranck
Suͤnde wuͤrcket; Denn der reine Wille / der vom Lebens-feuer
außgehet / wird in der Begierde ertraͤncket und gefangen / daß er
im Streit zu unmaͤchtig wird: Denn des Feuers (als der Bes
gierde) Quaal haͤlt ihn gefangen / und fuͤllet ihn nit Sucht / dag
derſelbe Wille indie Begierde imaginiret.
30. Der Willein Speiß und Trank mit derfelben Begierde
aft irrdiſch und von GOtt getrennet; Aberder Wille / der dem
irrdiſchen F Feuer entrinnet / der brennet im innern Feuer / und iſt
Goͤttlich.
31. Nicht entſtehet derſelbe Wille / der von der irrdiſchen Be⸗
gierde fleucht / aus dem irzpifchen Feuer. Nein! Er iſt der See⸗
len Feuer⸗Wille / welcher mit der irrdiſchen Begierde gefangen
und bederket wird / der wil nicht in der iradifchen Begierde bleis
ben / ſondern wilin fein Eins / in GOtt / daraus er anfangs ent⸗
fprungen ift.
32. Wird er aber inder imdifchen Begierde gefangen gehals
gen / ſo iſt er im Tode verſchloſſen / und! eidet Quaal; Alſo iſt die
Suͤnde zuverſtehen.
L.V.
Wie Chriſtus das Reich ſeinem Vatter uͤber⸗
antworten werde.
=. Moer Schöpfung der Welt und alles Wefens /
bewegte fich ver Vatter nach feiner Eigenfchafft /
als mit-dem Centro ver Natur) mitder Finfter>
un und Feuer-welt/ die blieb in der Bewegnuͤß und
GI Negiment/ biß fich der Vatter nach feinem Hertzen
Cund der Liecht-welt) bewegte/ und GOtt Menfch ward; Allda
uͤberwand die Liebe des Liechtes des Vatters Grimme Eigen
ſchafft / und regierete der Vatter in dem Sohne mit der Liebe.
2. Allda hatte der Sohn das Regiment in denen / die GOtt
anhiengen: Und zog der heilige Geiſt (der vom Vatter und
Sohn außgehet /) die Menfchen in dem Liechte der Siebe / durch
den Sohn zu GOtt dem Vatter.
3. Aber am Ende beweget fich ver heilige Geift indes Vat⸗
ters /
Der Fünffte Punct. 87
ters / und auch indes Sohns Eigenſchafft / und werden beyde
Eigenſchafften zugleich räge/ und eroͤffnet ſich der Geiſt des Vat⸗
ters im Feuer und Liecht / auch im Grimm der finſtern Welt /
allda faͤllt das Regiment dem Vatter heim. Denn der H. Geiſt
ſoll ewig regieren und ein ewiger Eroͤtſner in der Liecht⸗ und
auch in der finftern- Belt ſeyn.
4. Denn die zwo Welten werden flille ſtehen / und der heifige
Geift der vom Vatter außgehet / fuͤhret ewig das Regiment in
den zwo Welten / nach jeder Welt Quaal und Eigenſchafft.
5. Er wird allein der Eroͤffner der Wunder ſeyn / und iſt alſo
dem Vatter (der Alles iſt) das ewige Regiment / welches er mit
dem Geiſte fuͤhret / von dem Sohn uͤberantwortet.
Von der Magia, mas Magia ſey? was der magi-
ſche Grund ſey?
I. Agia iſt die Mutter der Ewigkeit / deß Wefens
aller Wefen/ denn fie macht fich felbers und wird
inder Begierde verftanden,
2. Sie ift in fich felser nichts als cin ARilles
und derfelbe Wille iſt das groffe Mylterium aller Wunder und
Heimligkeit / und führer ſich aber durch Die Imagination des be⸗
gierigen Hungers in ZBefen.
3. Sie iſt der Urſtand der Natur / ihre Begierde machet elite
Einbildung/die Einbildung ift nur der Wille der Begierde; Die
Begierde aber machet in dem Willen ein ſolch Weſen / als der
Wille in fichfelber ift.
4. Die rechte Magiaift fein Weſen / fondernder begehrende
Geiſt des Weſens: Sieift eine unſubſtantialiſche Matrix, und
offenbahret ſich aber im Weſen.
5. Magia iſt Geiſt / und Weſen iſt ihr Leib / und find doch alle⸗
beyde nur eines / gleich wie Leib und Seel nur eine Perſon iſt.
6. Magiaift die groͤſte Heimligkeit / denn fie iſt über die Na»
fur; fie machet die Natur nachder Geftaltihres Willens; Sie
ift das Myßkerium der Dreyszahl/ verftcherden Willen in der
Begierde zum Hertzen GOttes.
7. Sie iſt die Formung inder Göttlichen Weißheit /als eine
Begierde in der Drey⸗-zahl / in der fich das ewige Wumder der
Drey⸗zahl begehret mit der Natur zu offenbahren: So iſt fie die
Begierde / die ſich in dis finſtere Natur einfuͤhret / und durch die
84 Natur
88 Der Fünffte Punct.
Natur in Feuer / und durchs Feuer / durch das ſterben oder
Grimm / ins Siccht zur Majeftät.
8 Sie iſt nicht Mafeſtaͤt / fondern die Begierde inder Ma
jeftat. Sie ift die Begierde der Göttlichen Krafft/ nicht die
Krafft felber/ fonders der Hunger / oder das Begehren inder
Kraft; ſie ift nicht die Allmacht / fondern die Führerin in der
Kraft und Macht, Das Herke EDftes ift die Krafft / und der
SH. Geiſt iſt die Eroͤffnung der Krafft.
9. Sie iſt aber die Begierde in der Krafft / und auch im fuͤh⸗—
senden Geiſte: denn ſie hat in ihr das FIaT; Was der Willen⸗
Geiſt in ihr eroͤffnet / das fuͤhret ſie in ein Weſen durch die Her⸗
bigkeit / welche das FLAT iſt / alles nach dem Modell des Willens/
mie es der Wille in der Weißheit modelt / alſo nimts die begeh⸗
rende Magia ein / denn ſie hat in ihrer Eigenſchafft die Imagina-
rion, als eine Luſt. 4J
zo. Die Imagination iſt ſanfft und weich / und gleichet dent
Waſſer; Aber die Begierde iſt rauh und duͤrr / als ein Hunger /
ſie machet das weiche hart / und findet ſich in allen Dingen / denn
fie iſt das groͤſte Weſen in der Gottheits fie fuͤhret den Abgrund
in Grund / und das Nichts in Etwas.
ıı. Sir der Magialiegenalle Geſtalte des Weſens aller We—⸗
fen: fe ift eine Muster inallendrey Welten/ und machet ein
jedes Ding nad) dein Modell feines Willens: Sie iſt nicht der
Berftand/fondern fie ift eine Macherin nach dem Berftande/und
loͤſſet fich brauchen zum guten oder böfen.
ı2. Alles was der Wille inder Witz modelt/ fo des Verftan⸗
des Wille auch darein gehet / das machet Magia in cin Weſen.
Sie dienetden Gott-liebenden in GOttes Weſen / denn ſie ma⸗
het im Berftande Göttlich Weſen / und nimt das aus derImagi-
nation, als aus der Sanfftmuhtdes Liechtes.
13. Sie iſts / die Goͤttlich Fleiſch macht / und der Verſtand iſt
aus der Weißheit / denn er iſt ein Erkenner der Farben Kraͤff⸗
ten) und Tugend; Der Verſtand fuͤhret den rechten wahren
Geift mit einem Zügel; denn der Geiſt iſt fliegend/ und der Vers
ſtand ift fein Feuer.
14. Nicht iſt der Geiſt weichende / dag er vom Verſtande abs
wiche; ſondern er iſt ver Wille des Verſtandes / aber die Sina
nen im Verſtande ſind ausfliegende und abweichende.
15. Denn die Sinnen ſind der Blitz auß'm Feuer⸗Geiſt / und
fuͤhren im Liechte in ſich die Flammen der Majeſtaͤt; Und in der
Finſternuͤß führen fir den Blitz des Schracks / als elnen grimmen
Slitz vom Feuer. 16.Die
Der Flinffte dunet, 89
. 26. Die Sinnen ſeynd ein ſolch fubriler Geift / dag fie in alle
Weſen eingehen / und laden ein alle Weſen in fich. Aber der
Verſtand probiret allesinfeinem Feuer / er verwirfft das böfe/
behält das gute/ alßdenn nimts Magia in feine Mutter/und brins
gets in ein Weſen. |
27. Magia ift die Mutter zur Natur / und der Verſtand ift
Die Mutter aus der Natur: Magia führefin ein grimmig Feuer/
und der Verſtand führet feine eigene Mutter die Magiamans
dem grimmigen Feuer in fein eigen Feuer. |
18. Denn der Verſtand ift das Krafft-Feuer / und Magia
Das brennende; und iſt doch nicht für Feuer zu verffehen / fon»
dern die Macht oder Mutter zum Feuer; das Feuer heiffet Prin-
eipium, und die Magia Begierde.
19. Durch Magiam wird alles vollbracht / Gutes und Böfes ;
Ihre eigene Wuͤrckung ift Nigromantia,und theilet fich aber aus
in alle Eigenfchafften: „, Indem Gutenift ſie gut / und in dem
„Boͤſen iſt ſte boͤſe. Sie dienetden Kindern zu GOttes Reich /
„und den Zaͤuberern zu des Teufels Reich. Denn der Verſtand
kan aus ihr machen was er wil: ſie iſt ohne Verſtand / und be⸗
„greifft doch alles / dan fieift der Begriffaller Dinge.
20. Man fan ihre Tieffe nicht außſprechen / denn fleiftvon
Ewigkeit ein Grund und Halter aller Dinge:Sie iſt ein Meiſter
der Philofophiz , und auch eine Mutter derfelben.
21; Aber Philofophia führt die Magiam ihre Mutter nach
ihrem Gefallen. Gleich wie die Göttliche Kraft / alsdas Wort
(oder Herke GOttes) den ftrengen Vatter in Sanfftmuht
fuͤhret; Alfo auch führt Philofopbhia f alsder Verſtandt ] ihre
Mutter ineinefanffte Göttliche Quaal.
22. Magjaift das Buch aller Schüler: Alles was lernen wil /
muß erft in der Magia lernen / es ſey cine hohe oder niedrige
Kunft': Auch ver Bauer. auff dem Acer muß indie magifche
Schule gehen / wilerfeinen Aderbeftellen.
23. Magiaift die befte Theologia: denn in ihr wirdder wahre
Glaube gegruͤndet / und gefunden; Und iſt der ein Narı/der fie
ſchilt / denn er kennet ſſe nicht / und laͤſtert GOtt / und ſich ſelber /
und iſt mehr ein Gauckler / denn ein verſtaͤndiger Theologus.
24. Gleich einem / der vor einem Spiegel ficht / und weiß nicht
was der Streit iſt / denn er ficht von auſſen; Alſo ſtehet auch der
ungerechte Theologus Magiam durch einen Spiegel⸗glaſt an /
and verſtehet nichts von der Krafft; Dan ſie iſt Goͤttlich / mer
&E 5 Ungoͤtt⸗
90 Der Sechite Punct.
Ungoͤttlich / wiewohl auch teufliſch / nach jedes Principii Eigen⸗
ſchafft. In Summa: Magia iſt das Tuhn im Willen⸗geiſt.
VI.
Vom Myfterio; was es ſey?
J. Yfterium iſt anders nichts / als der wagiſche
Wille / der noch inder Begierde ftecker / der mag
ſich im Spiegel der Weißheit bilden wie er wil:
Und wie er ſich inder Tinctur bildet / alfo wird er
in der Magia ergriffen / undinein Weſen bracht.
2. Denn Myflerium Magnum ift nichts als die Berborgen⸗
heit der Gottheit / mit dem Weſen aller Weſen / daraus gehet je
ein Myfterium nach dem andern / und iſt jedes Mylterium des an⸗
dern Spiegel / und Vorbild / und ift das groffe Wunderder
Ewigkeit / darein alles ift eingefchloffen / md von Ewigkeit im
Spiegel der Weißheit gefehen worden / und geſchicht nichts das
nicht wäre von Ewigkeit im Spiegel der Weisheit erkannt
worden.
3. Ihr muͤſſets aber nach des Spiegels Eigenſchafften ver»
ſtehen Inach allen Geftalten der Natur) als nach Liecht und Fin»
Fernüs; Nach der Begreifiligfeitund Unbegreiffligkeit; nach
Liebe und Zorn / alsnac Feuer umd Liecht / wie anandern Ohr⸗
ten bemeldet worden.
4. Der Magus hat in demſelben Myfterio Gewalt zu handeln
nach feinem Willen / und fan machen was er wil.
5. Aber er mug in demſelben Weſen gewapnet ſeyn / darinnen
er machen wil/ oder wird alsein Fremdling außgeſtoſſen / und
den Geifiern deſſelben in ihre Gewalt gegeben/mit ihme zufahren
nach feiner Begierde / davon allhie nichts mehr zu melden iſt /
wegen der Turba.
iEN:ES,
| Fri ad Sl Mysrerrnn
— — — ——
B
JAN
fr > R 18daırwv
\ \ Zosus-Vazarenzs Rex
(Malle ludeorum.
wu
AndentungderTitul-Figur des irrdiſchen und
himmliſchen Myſterii.
>) Km irrdiſche und vergängliche Crearturen die in unterſchie⸗
denen rtern in den Elementen wohnen / find auffgefiegelte
Wunder die im groſſen Geiſte und Leben der Welt liegen / wel⸗
cher auß dem Einigen Brunn der Sonnen zu erſt ſeine ſpeciale
Myſteria als das Geſtirne offen bahret / auß welchen hernach
die Manigfaltigkeit der Geiſter / Leiber / Figaren und Farben al⸗
fer Creaturen / einer jeden nach Eigenſchafft feines Aſtti im Ges
wuͤrcke der Elementen fotmiret und gebildet werden; Und iſt in
ſeiner gantzen Geſtalt dieſer offenbahren Welt mit der Sonnen
und dem Geſtirne ein Abbild und Nachmodelung des Ewigen
AMyſterii da der Geiſt die Unzehlbare Wunder / ſo in der Beſchau⸗
ligkeit Goͤttli cher Weißheit erblickt werden / durchs Wort im
Sicht eroͤffnet / und das Göttliche Reich / in Ideen, Bildnuͤßen
und Figuren auf dem Ungrunde der Ewigen Einheit offen»
bahret [da eine jede außgefloffene Eigenfchafft wieder ein fonders
lich Arcanum fonderlicher Scienk iſt und mit dem Fewer-Cen-
gro eigener Begierde zur Offenbahrung feiner Wunder auf fich
gehet; Daß alſo der Ungrundder Emwigen Freyheit mit ewigem
sehen und Weben inunzehlbaren Wunderen ift erfuͤllet.
Wie hier zu fehen
Text. 4.9.1.2.3.6.7.8.
Tert5.9.2.2. 3.4. 5.6.
Ze. T: v.L. 2, 3» 4: 6, 7. 8. 0. ıo,
Und folgends in
Dreyen Prineipien. Cap. 25.9. 31.65.
Menfchwerdung Chrifti. Cap. 1.0.9. 10. 11.r2.0.2.9.1.2,
Rleine for Puncta. Eap. 3. v. 7. 8.9. 12, 13. 14.15.16,
37. Id,
Tefta-
reſtawent Chrifti vonder Tauffe. Cap. x. vb. 4. biß 2ꝛ.“
Soͤttlicher Beſchauligkeit. Cap. 1. v. 23. 24. 25. 26.27.
cap. 2. v. 2. biß. 9. 12. 23. 22. 25. 26. 29. cap. . 0.5,
bif 12.14.17. 18. 19. 41. (ap. 4.0.2 biß & |
Gruͤndlicher Bericht /
vom
Irrdiſchen und Himmliſchen
MYSTERIO,
Wie diefelbe ineinander ſtehen / Wie das
Irrdiſche und Him̃liſche offenbahret werde.
Verfaſſet in Neun Texte /
Da dan Babel die groſſe Stadt auff Erden mit ihrer Gewalt
und Wundern zu ſehen iſt.
Warum Babel iſt gebohren und woraus / alda der Anti- Chrift
folle blog ſtehen.
Eine gang wunderliche Dffenbahrung / genommen ats dent
höchften Arcano.
Darinn gang offenbahr fichet / was die Turba aller Wefen fey.
Bor die Kinder Gottes / welche durch eine ſolche Warnung
aus dem brennenden Babel follen flichen / und ausder Turba
gu Kindern Gottes erbohren werden / befchrichen
Durch
Jaco» Böums,
den 8. May / 1620.
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Zu Amſterdam /
Gedruckt imn Jahr Chriſti / 1682,
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eund Ander Tert. 93
Er Ungrund ift ein Ewig
) Nichts / und mache aber eis
ne Sucht ; Dan/ das Nichts
ift eine Sucht nach Etwas:
Und dadoch auch Nichts ift /
das etwas gebe; fondern die
Sucht ift felber das geben
deffen / das doc) auch nichts
ift/ als bloßeinebegehrende
Sucht: Und das iſt der Ewi⸗
ge Derfiand der Magix, wel»
y che infich machet / da nichts
ift. Sie machet aus Wichts etwas / und das nur in fich felber /
and da doch dieſelbe Sucht auch ein Wichts ift / als nur blog ein
Wille: Er hat Nichts / und ift auch nichts das ihm etwas gebe)
und hat auch keine Stätte / da er fich finde oder hinlege.
Ä Der Ander Tert.
* S O dan alſo eine Sucht im Nichts iſt / ſo machet ſte in ihr
ſelber den Willen zu Etwas / und derſelbe Wille iſt ein
Geiſt / als ein Gedancke / der gehet aus der Sucht] und iſt der
Sucht Sucher /dan er findet feine Mutter als die Sucht. Jetzt
iſt derſelbe Wille ein Magus in ſeiner Mutter: dan er hat etwas
gefunden in dem Nichts / als ſeine Mutter / und ſo er dan ſeine
Mutter funden hat / ſo hat er jetzt eine Stätte feiner Wohnung.
2. Und verſtehet hierinnen / wie der Wille ein Geiſt iſt / und
ein anders / als die begehrende Sucht. Dan der Wille iſt ein
unempfindlich und unerkeñtlich Leben: aber die Sucht wird vom
Willen funden / und iſt im Wollen ein Waeſen. Jetzt wird erkañt /
daß die Sucht eine Magia iſt / und der Wille ein Magus, und daß
der Wille groͤſſer iſt als ferne Mutter die dehn gibet:Dan Er iſt
Herr in der Mutter / und wird die Mutter für ſtumm erkannt /
und der Wille für ein Leben ohne Urfprung/ und da doch die
Sucht eine Urfach des Willensift/ aber ohne Erfäntnus und
Verſtand / undder Wille iſt der Verſtandder Sucht.
3. Alſo geben wir euch in kurtzem zu entſinnen / die Natur und
den Geiſt der Natur / was von Ewigkeit ohne Urſtand geweſen
iſt / und befinden alſo / daß der Wille / als der Geiſt / keine Stätte
feiner Ruhe habe; Aber die Sucht iſt ihre eigene Staͤtte und
der Wille iſt ein Band daran / und wird doch auch nicht ergriffen.
— Der
4 Der Dritte und Vierdte Text.
J. S O dan alſo der Ewige Wille frey iſt von der Sucht /
und aber die Sucht nicht frey von dem Willen / dan der
Wille herrſchet über die Sucht ; So erkennen wir den Willen
fitreine Ewige Allmacht. Dan er hat nichts feines gleichen/ u
die Sucht ift zwar ein Bewegen vom Zichen oder Begehren/aber
ohne Verſtand / und hat ein Seben / aber ohne Witz. \
2. Jetzt regieret der AWille das Seben der Sucht/ und thut mit
deme was er wil/ undober etwasthut/ fo wirdsdochnichters
kannt / biß fich daſſelbe Weſen mit dem Willen offenbahre | dag
es cin Weſen werde indes Willens Leben; So wird erkannt /
was der Wille hatgemacher. | I
3. Und erkennen alfo den ewigen Willen-Geift für GOtt /
und dasrägende Leben der Suchtvor Natur. Dan / es iſt nichts
ehers / und iſt beydes ohne Anfang / und iſt je eines eine Urſache
des andern / und ein ewig Band.
4. Und alſo iſt der Willen⸗Geiſt ein ewig Wiſſen des Ungrun⸗
des / und das Leben der Sucht / ein ewig Weſen des Willens.
Der Vierdte Text.
x O dan alſo Die Suchtein Begehren ift / und daffelbe We»
gehren ein Leben iſt / ſo gehet daſſelbe begehrende Leben
in der Sucht fuͤr ſich / und iſt immer der Sucht ſchwanger.
2. Und das Begehren iſt ein ſtrenges Anziehen / und hat doch
nichts als ſich ſelber / als die Ewigkeit ohne Grund / und zeuchts
magifch / als fein Begehren felber zu einer Subſtantz.
3. Dander Wille nimt jeßt danichtsift / eriftein Herr / und
beſitzet / und ift felber fein Weſen / und herrſchet doc indem We⸗
ſen / und das Weſen machet ihn begehrende / als nehmlich des
Weſens. Und ſo er dan in ſich begehrend wird / ſo iſt er wagiſch
und ſchwaͤngert ſich ſelber / als mit Geiſt ohne Weſen; dan er iſt
im Urſtande nur Geiſt. Alſo machet er in ſeiner Imagination nur
Geiſt / und wird deg Beiftes ſchwanger /als der ewigen Wiſſen⸗
heit des Ungrundes / in Allmacht des Lebens / ohne Weſen.
4. Und ſo er dan ſchwanger iſt / ſo gehet das Gebehren in ſich /
und wohnet in ſich ſelber. Dan / des andern Lebens Eſſentz kan
dieſe Schwaͤngerung nicht faſſen / und ſein Behalter ſeyn. Alſo
muß die Schwaͤngerung in ſich gehen / und ſein eigen Behalter
ſeyn / als ein Sohn im ewigen Geiſt.
5. Und weil dieſe Schwaͤngerung kein Weſen hat / ſo iſts cine
Stimme oder Schall / als ein Wort des Geiſtes / und bleibet im
Urſtande des Geiſtes / dan es hat ſonſt feinen Sitz / als nur im
Verſtand des Geiſtes, 6. Und
Der Bierdte Tert. 95
6. Und iſt dach ein Mille in diefem Wort / der da wil auß⸗
gehen in ein Weſen / umd derſelbe Wille ift des urftandlichen
Willens Leben / der gehet aus der Schwängerung / als aus den
Munde des Willens aus / imdas geben der Magix, alsin die Na⸗
tur / und eröffnet das unverftändige Leben der Magix ‚daß es ein
Myfterium ift / da ein Berftandeflentialifch inne liget / und be⸗
koint alfo einen eſſentialiſchen Geift/ da jede Efleng ein Arcanum
oder ein Myfterium ift eines gantzen Weſens / und iſt alfo im Bes
zriff / alsein ungründlich Wunder der Ewigkeit / da viel Leben
er Zahl erbohren werden / und ift doch zufammen alles nur ein
eſen.
7. Und der dreyfaltige Geiſt ohne Weſen iſt ſein Meiſter und
Beſitzer / und da er doch das Natur-weſen nicht beſitzet / dan er
wohnet in ſich ſelber.
8. Das Wort iſt ſein Centrum oder Sitz / und ſtehet im mit⸗
ten als ein Hertz / und der Geiſt des Worts / welcher im erſten
ewigen Willen urſtaͤndet / eröffnet die Wunder des eſſentiali-
ſchen Lebens / daß alfo zwey Myfteria find / eines im Geiftlichen/
amd eines im eſſentialiſchen Leben / und wird das Beift-Ichen für
GOtt erkannt / und auch recht alfe genannt; und das eflentiali»
ſche Leben / für Natur-Leben / welches keinen Verftand hätte /
wan nicht der Geift oder das Geiſt⸗Leben begehrende wäre / in
welchen Begehren das Goͤttlich Weſen / als das ewige Wort
und Her GOttes immer und von Ewigkeit immer erbohren
wird/ von demeder begchrende NBille ewig außgehet / als ſein
Geiſt in das Naturs$eben/ und eröffnet alldainnen das Myfte-
rium aus den Effenien / und in den Eflenrien / daß alfo zweh $es
ben find / und auch zwey Weſen / aus und in einem einigen / ewi⸗
gen / ungruͤndlichem Urftande.
9. Und alſo erkennen wir / was GOtt und Natur iſt / wiees
alles beydes von Ewigkeit / ohne einigen Grund und Anfang iſt /
dan es iſt ein immer ewigwaͤrender Anfang. Es anfünget ſich im⸗
mer und von Ewigkeit in Ewigkeit / da keine Zahl iſt / dan es iſt
der Ungrund.
Der Fuͤnffte Text.
* O dan alſo von Ewigkeit zwey Weſen find geweſen / fo
koͤnnen wir nicht ſagen / daß eines neben dem andern
ſtehe / und ſich faſſe / daß eines das ander greiffe / und koͤnnen auch
Bricht ſagen / daß eines auſſer dem andern ſtehe / und eine Trennung
ſey / Nein: Sondern alſo erkennen wir / daß das Geiſt⸗Leben F
ĩ
% r
*
ö8 Der Fünffte Tert.
fich hinein gewandt ſtehet / und das Natur-Tchen aus fich und fuͤr
ſich gewandt / ſtehe.
2. Da wirs —— einem runden Kugel⸗Rade ver⸗
* ichen / das auff alle Seiten gehet / wie das Rad in Ezechiek
andeutet.
3.Undift das Geiſt-Leben cine gantze Fuͤlle des Natur⸗Lebens /
und wird doch nicht ergriffen von dem Natur⸗-Leben; und das
ſeynd zwey Principiain einem ewigen Urftande/ da jedes ſein
Myfterium hat} und feine Würdung. Dan das Narur-Seben
wuͤrcket big zum Feuer und das Geiſt⸗Leben big zum Liecht der
Glori und Herrligfeitzda wir dan im Feuer verfichen den Grim̃
Der Verzehrung der Wefenheitder Natur/und im Liecht die Ge⸗
behrungdes Waffers/ welches dem Feuerden Gewaltnimt/ wie
fornen in den viergig Fragen vonder Seelen gemeldet wird.
4. Und iſt uns alſo erfänntlich eine ewige Weſenheit der Na⸗
tur / gleich vom Waſſer und Feuer / welche alfo gleich wie inein⸗
ander vermenget ftehen / da es dan eine liecht⸗blaue Farbe gibt }
gleich dem Blis des Feuers / da es dan eine Geſtalt hat / alsein
Rubin mit Erpftallen inein Weſen gemenget / over als gelbe /
weiß / roht / blau in dunckel Waſſer gemenget / da es als blau in
geün iſt / da jedes doch feinen Glantz hat und ſcheinet / und das
Waſſer alfo nur ihrem Feuer wehret / dag kein Verzehren allda
iſt / ſeondern alſo ein ewig Weſen in zweyen Myſterien ineinander/
und doch der Unterſcheid zwey Principia, als zweyerley Leben.
5. Undalfo verftchen wir hierinnendas Weſen aller Weſen /
und dan / daß es ein wmagiſch Wefen ift/ da fich fan ein Wille in
dem eſſentialiſchen Leben ſelber fhöpffen/ und alſo in eine Ge»
buhrt tretten / und in dem groſſen Myfterio eine Quaalerwerfen;
Sonderlich im Feuers⸗Urſtand / die zuvor nicht offenbahr war /
ſondern lag im Myſterio als ein Glaſt in der Vielheit der Farben
verborgen / als wir deſſen einen Spiegel an Teufeln und an al⸗
ler Boͤßheit haben / und auch alſo erkennen / wovon alle Ding
boͤſe und gut urſtaͤnden / als nehmlich von der Imagination in
das groſſe Myſterium, da ein wunderlich eſſentialiſch Leben ſich
ſelber gebiehret.
6. Als wir dieſes eine genugſame Erkaͤntnuͤß an den Crea⸗
turen dieſer Welt haben / als da das Goͤttliche Leben hat das Na⸗
tur⸗ Leben einmahl erraͤget und erwecket / wie es hat ſo wunderli⸗
che Creaturen aus dem eſſentialiſchen Myſterioer bohren: da mar
dan alſo verſtehet / wie jede Elſentia ſey zu einem Myfterie wor«
den / als zu einem Leben / und auch weiter verſtehet / wir in
car
Der Sechfte Tert. 97
dem groffen Myfterio cine magifche Sucht fen / daß alfo die
Sucht jeder Effentien wieder einen Spiegel mache / ſich im Spie⸗
gel zu erſehen und zu erkennen.
7. Und da es alsdan die Sucht ergreiffet / verſtehe den Spie—
gel / und in feine Imagination fuͤhret / und befindet / daß es nicht
ſeines Lebens iſt. Da dan die Widerwertigkeit entſtehet und der
Eckel / daß die Sucht wil wegwerffen den Spiegel / und kan doch
auch nicht; alſo ſuchet jetzt die Sucht das Ziel des Anfangs/ und
gehet aus dem Spiegel / ſo iſt der Spiegel zerbrochen / und iſt die
Zerbrechung eine Turba, als ein Sterben des gefaſſeten Lebens.
8. Und iſt uns hocherkaͤnntlich / wie dag die Imagination der
ewigen Natur / alfo die Turbam mit der Sucht im Myfterio hat/
aber unauffiwecklich / die Creatur / als der Spiegelder Ewigkeit
wecke es dan felber auff/ alsden Grimm der in Ewigkeit im
Myfterio verborgen lieget.
9. Undfehen allbier/ als fich die ewige Natur hat einmahl mit
der Shöpffungder Welt beweget und erräget /dader Grimm
iſt miterräget worden / und fich auch in Creaturen offenbahrer:
Wie man viel boͤſer Thiere / auc Kräuter und Baͤume / fo wohl
Würmer findet / als Kroͤten / Schlangen/ und dergleichen. Da
die ewige Natur einen Eckel daran träget/ und wird die Boßheit
und Gifft allein in feiner Eileng genähret.
zo. Und deßhalben fischet auch die ewige Natur das Zielder
Boßheit / und wildie verlaffen ; Da ſie dan in Die Turbam , als
ins Sterben füllet / und iſt doch Fein Sterben/ fordern ein Aus»
fpeyen ins Myfterium , da die Boßheit mit ihrem Leben follbe=
fonder ſtehen / als in einer Finfternüs : Dan die Natur verläf>
fet fie / und überfchattet fie / daß fie alfo in fich ſelber / als cin boͤß /
gifftig und grimmig Myfterium ftehet / und iſt felber feine eigene
Magja als eine Suchtvergifftigen Angft.
Der Sechfte Tert.
r g wir uns alfo entlinnen / und erkennen / jeßt finden wir
die Widerwertigkeit aller Weſen / da je eines desandern
Eckel iſt / und das andere feindet.
2. Dan Ein jeder Wille begehret eine Reinigkeit ohne Turba
in dem andern Weſen / und hat doch ſelber die Turbam in ſich /
und iſt auch des andern Eckel. Jetzt faͤhret die Macht des groͤſſern
uͤber das kleinere / und haͤlt das im Zwang / es entflihe ihm dan;
Sonſt herrſchet das Starcke über das Schwache / alſo lauffet
das Schwache auch / und ſuchet das Ziel des Treibers / und 9
* e
98 Der Sechſte Text.
des Zwangs loß ſeyn / und wird alſo von allen Creaturen das
Ziel geſuchet welches im Myſterio verborgen ftehet.
3. Und alfo und daher urftandet aller Gewalt diefer Welt /
daß je eines über Das ander herrſchet / und iltnichtam Anfang
von höchften But gebotten und geordnet worden; fondern iſt aus
der Turba gewachſen / da es hernach die Natur für ihr Weſen
erkannt hat / welches aus ihr gebohren ift worden / und hat dehm
Geſetze gegeben / fich alfo im gefaſſeten Regiment weiter zu ge>
baͤhren: Da dan dieſe Gebuhrt alfo ift geftiegen/ bif zur König-
lichen Regal, und forder alfo den Abgrund geſuchet / als Eines /
big es ift Monarchia worden / als Keyſerthum; und da cs noch
im Steigen ift/ und wil Eines ſeyn / und nicht Viel; und obs in
vielift/ fo wildoch der erfte Quall / von deme alles erbohren ift /
über alles herrſchen / und wilalleine ein Herz feyn über alle Res
gimente,
4. Und diemeil diefelbe Sucht ist im Anfange £in Regi»
ment gavefen / und ſich aber in der Zeit nach den Eflentien in
viel getheilet / fo ſuchet die Dielheit wieder das ETITE / und
wird gewiß erbohren in der fechiten Zahl der Kronen / alsim
S:hs-faufenden Jahr inder Figur: Nicht am Enverfondern
inder Stumdedes Tages / da die Schöpffung der Wunder iſt
vollendet worden.
5. Dasift: da die Wunder der Turbæ am Ende ftehen/ wird
ein Herr gebohren /der diegange Welt regieret / aber mitviclen-
Aembtern.
6. Und wird allda geſuchet werden die ſelb⸗gewachſene Obrig⸗
keit / und der Treiber: Dan das Kleinere / welches unten gelegen /
iſt mit ans Ziel gelauffen, Jetzt ſcheidet ſich ein jedes: dan es iſt
am Ziel / und iſt fein Auffhalten oder Wiederruffen.
7. Auch ſo wird die Turba, als der Grimm aller Creaturen
geſuchet / Dan er iſt auch wit dem Eckel der Creaturen ans Ziel
gelauffen / und wird jest offenbahr / als am Ziel mitten in der
Kronen⸗zahl / im 6ooofen Jahre / ein wenig daruͤber / nicht
drunter.
8. In dem Tage und Stunde / als die Schoͤpffung im Myſte-
rio iſt volbracht / und ins Myſterium, (als ein Spiegel der Ewig⸗
keit) in die Wunder geſetzet worden.
9. Das iſt am ſechſten Tage uͤbern Mittag / da ſtehet das
Myfterium mit den Wundern offen / und wird geſehen und era
fait. Da dan die Reinigkeit wird die Turbam außtreiben / Eine
Zeit / biß der Anfang ins Ende trette / alsdan iſt das Myſterium
sin Wunder in kiguren. Der
Der Siebende Tert. 95
2, S O dan im Myferio der ewigen Natur iſt ein ſolch Arca-
aum gelegen / davonalle Ereaturen böfe und gut feynd
erbohren und gefihaffen worden; fo erkennen wirs für ein ma-
ziſch Weſen / da je eine Magia die ander hat durch Luſt erwecket /
und ins Weſen bracht / als da fich alles Ding hat felber erhöhet /
und in den höchften Gewalt geführet : Dander Geift GOttes iſt
kein Macher in der Natur / fondern ein Eröffner und Sucyer
des Guten.
2. Alfo hat fich das Böfe/ als durch magifhe Sucht immer
felber im Myiterio geſuchet und gefunden / und ift mit eröffnet
worden/ ohne Göttlichen Vorſatz: Dan der Grimm ift eine
Strengigkeit/ und herifchet über das Albere.
3. Alfo ift alles gewachfen aus feinem eigenen Baume ohne
Vorbedacht: Dan) vdererfte Eröffner / als GOtt / der hat nicht
die Boßheit geordnet zum Regiment: Sondern die Vernunfft
und Wise / die folte die Wunder eröffnen / undeine Fuͤhrerin
des Schens ſeyn. Und entgegnet uns allhier das groffe Geheintz
nüß/ ſo im MyRerioift von Ewigkeit gelegen/als das Myfterium
mit feinen Farben/ welcher vier feynd / und die fünffte ift nicht
dem Myfterio der Natur eigenthumlich / fondern des Myfterii
der Gottheit welde Farbe im MyRerio der Natur als cin les
bend Sieht leuchtet.
4. Und ſeynd diß die Farben/ da alles inne liget / als x. Blau /
2. Roht / z. Gruͤn / und 4 Gelberund die fuͤnffte / als Weiß gehoͤret
GOtt zu / und hat doch auch ihren Glaſt in der Natur. Aber
fie iſt die fünffte Eflentia , cin reines unbeflecktes Kind / als im
Gold und Silber zu erfinnen ift / fo wohl an einem weißen
hellen Steine / als Cryſtall⸗ſteine / der auch im Feuer beſtehet.
5. Dandas Feuer iftaller Farben Proba, darinnendan Feis
ne beſtehet / als die Weiſſe / dieweil fie ein Glaſt von Gottes
Majeftät ift.
(Die Schwartze Farbe gehöret nicht ins Myfterium, ſondern
fie ift ver Deckel als die Finſternuͤß / da allesinnen lieget.)
6. Auch finden wir hierinnenden Baum der Zungen / als der
Sprachen / auch mit 4. Alphaberen/ als eines mit den Cha-
ra&teren des Myſterii bezeichnet / darinnen die Natur⸗Sprache
liget / welche in allen Sprachen die Wurkelift / und wird doch
in der Außgebuhrt der Vielheit oder der vielen Sprachen nicht
erkant/ alsvon ihren eigenen Kindern / welchen Berftand das
Myſterium felber gibet / denn esiftein Wunder Gottes.
(Disfes Alphabet ver Nalur⸗ſprach liget in der ——
arde
100 Der Siebende Tert.
Farbe unter allen verborgen] dan die ſchwartze Farbe gehöret
nicht indie Zahlder Farben / ſie iſt Myfterium, umd unver:
fanden / als nur von deme der die Natur⸗ſprach hat / dein fie
eröffnet wird vom H. Geiſt.)
7. Und das andere Alphabet ift das Hebraiſche / welches das
Myfleriam eröffnet / und den Baum mit den Acften und Zweigen
nennef.
8. Daspdritseift das Gricchifche / welches den Baum mit der
En und aller Zierde nennet / welches erft recht die Witze aufs
pricht.
9. Unddas vierdteift das Sateinifche / da fich viel Voͤlcker und
Zungen mit bebhelffen/ welches ven Baum mit feiner Kraft und
Zugend ausipricht.
10. Und das fünffteift GOttes Geiſt / deraller Alphabeten
‚Eröfner ift/ und daßelbe Alphaber mag fein Menſch erlernen /
es eroͤffne fich dan ſelber im Menſchen⸗Geiſte.
11. Alſo urſtaͤnden dieſe Alphabete von den Farben des groſ⸗
fen Myſterii, und theilen ſich forder aus in der Summa in
77 Sprachen / Da wir doch nur 5 fuͤr die Haubt⸗ſprachen erken⸗
nen / und 72 für die Wunder / darinnen Babel verftanden wird/
als ein Mund eines gewisreter Weſens; Da die Vernunfft feia
nen gübrer hat verlaſſen / und hat wollen alleine gehen / und in
das Myfterium ſteigen.
12. Als ſolches beyden Kindern Nimrod am Thurn zu Babel
zu erkennen iſt / da fie warenvon GOttes Gchorfam gefallen in
eigene Vernunfft / fo hatten fie ihren Führer verlohren/ und vers
wirrete die Vernunfft / daß fteihre eigene Sprache nicht begriffen.
13. Alfo wuchfen viel Sprachen / als 72 aus der verwirrefen
Babel / und giengen eine jegliche in fich felber ein / und fuchten
Wise: Eine jegliche in ihrer eigenen Vernunfft und Boßheit.
Dan fie hatten GOtt verlaſſen / und wurden Heyden/ under lieg
fie gehen in ihren Wundern / dan fiewolten ihme nicht anhangen /
ſondern wolten ein eigen Gewaͤchſe ſeyn / und ihre eigene Ver⸗
nunfft / welche doch mit allenFarben vermiſchet war / ſolte regierk,
14. Jetzt war die Turba gebohren / daß ſie nicht eines Sinnes
waren / dan ein jeder wolte aus ſeiner Farbe leben / und waren
doch nicht die rechten Haubt-farben / ſondern nur ihre boͤſe auß⸗
gebruͤtete Kinder / die ſich in der Vernunfft ſelber außbruͤteten /
und lieffen ohne den rechten Fuͤhrer / der alles hatte in eine Zunge
geſchaffen / und nicht mehr als Eine eroͤffnet einen Basım mit
den Aeſten und Krafft / ſamt der Frucht,
15. Dan
Der Achte Text. —— r101
„xy. Dan die 4 Alphabet liegen in Einem Baum / und gehen
Nußeinander / aber die Viele der Sprachen muͤſſen ſich mit ihren
Characteren behelffen / als Haus⸗genoſſen / und wollen doch auch
Eigene ſeyn / und ſpreuſſen ſich alle wider den Baum.
Der Achte Text.
x. $fo fchen wir jest den Urfprung zweyerley Religionen /
Daraus Babel eine Abgöttin iſt erbohren/ und das an den
Heyden und Juden.
2. Dan in bepden ift Babel) und fennd zwey Geſchlechte in
Einem: Eines/ welches aus feiner Bernunfft (alsausdem Nas
tur⸗ Leben und Geifte) für ſich gehet / und ſuchet fich ſelber zu er⸗
hoͤhen; Das machet ihme einen Weeg in ſeinem Weſen / dan
fein Wille gehet aus feiner eigenen Sucht / und ſuchet feine Ma-
giam, als eine groffesahl zu feinem Negiment / eine Vielheit 7
und gehet ſchlechts aus ſich / vorfihhin; Sein Wille bleiberim
feiner Vielheit und iſt feiner Vielheit GOtt und Führer.
3. Und ob ihm der Freye Wille GHttes entgegen tritt und
ſtraffet / fo Heuschelt der Abgott doch nur dem Freyen Willen / als
dem Geifte GOttes mitdem Munde / und ehret ſeinen eigenen
Willen in der Zahlder Vielheit: Dan / derſelbe Wille iſt aus
ſeinem Schatz / und aus ſeiner Magia erbohren / er begreiffet nicht
den Freyen Willen GOttes / und darum iſt er aus Fleiſch und
Blut / aus ſeiner eigenen Natur gebohren / und iſt ein Kind dieſer
Welt / und haͤlt ſeinen Schatz vor ſeine Liebe; alſo iſt er jetzt ein
Heuchler / und eine verwirrete Babel: Dan die Zahlen der Viel⸗
heit / als ſeine eigene Magia verwirren ihn / daß er aus einer Zahl
außgehet in viel; jetzt iſt dieſe Vielheit eine verwirrete Babel /
und ſein heuchliſcher Mund / damit er dem Geiſte der Einigkeit
gute Wort gibt / und viel gelobet / ein Anti⸗Chriſt und Luͤgner:
Dan / anders redet er / uñ anders thut er / ſein Hertz iſt eine Sucht /
und ſeines Hertzens Geiſt hat ſich in die Sucht eingewendet.
4. Alſo iſt der Magusder Vielheit jetzt ein ſtoltzer / hoffaͤrtiger /
geitziger / boßhafftiger Freſſer / und ein Geiſt aus der begehrenden
Vielheit / und iſt ein falſcher Abgoͤtter: er hanget nicht dem
freyen Willen der Natur an / der da die Macht der Wunder in
ſeiner Gewalt hat / und hat keinen Verſtand in dem Goͤttlichen
AMyſterio: dan / er hanget demſelben Geiſte nicht mit ſeinem
Willen an / ſonſt ſo fein Wille in die Freyheit gewendet ware /
ſo eroͤffnete der Geiſt GOttes fein mag ſch Myſterium, und ſtuͤn⸗
Den feine Wunder und Wercke mit feinem Willen in GOtt.
2
0%
102 . Der Achte Tert.
5. So aber fie nun aus fich aufgehen / fo fuchet der Anfang
das Ende / und das MitteliftdieTurba. Dance ſtehet nicht im
freyen Willen GOttes / fondern es waͤchſet aus fich felber / und
echöhet ſich als ein ſtoltzer Baum.
6. Und ſo dan GOtt nur einig im Willen iſt / und in der ewi⸗
gen Begierde / als in der ewigen Magia einig iſt / daß ſich die
Sucht der ewigen Magie alſo nun in den ewigen Willen ergibet /
und darinnen ſein Leben ſchoͤpffet / ſo iſt der Wille der aus der
Gebuhrt urſtaͤndet / als ein Abtruͤnniger / eine meyneydige Hures
Dan er iſt eine Gebaͤrerin der Falſchheit / und haͤnget nicht an
dem freyen Willen.
7. Und verſtehen wir allhier eine Trennung von GOtt: als
Lucifer dieſes alles eine Urſach iſt der die Magiam der Natur
a falfch:füchtig gemacht/ und werden alfo in dieſem zwey ewige
eben erbohren / als eines in GOttes Willen; und das ander ins
Teufels und Grimmes Willen / und dasift Babel mit dem Antis
Ehrift auff Erden.
3. Alles was aus GOttes Willen aufigehet in feinen eigenen
Willen / das gehöretin Babel/ das ſehet ihr an Juden und Hey»
Den / ſo wohl an allen Voͤlckern.
9. Die Heyden blieben in ihrer eigenen Magia ſtehen / wel⸗
che aber aus derSucht der Verderbung außgiengen ins Liecht
der Natur / weil ſie GOtt nicht kanten / und lebeten in Rei⸗
nigkeit / dieſelbe Heyden / die waren des freyen Willens Kin⸗
der / und in denen hat der Geiſt der Freyheit groſſe Wunder
in ihrem Nyſterio eroͤffnet / als es an ihrer hinterlaſſenen
Weißheit zu erfehen iſt.
20, Die andern aber / fo nur in ihrem eigenen magiſchen
Geiftewillen/ aus Fleiſch und Blut lebeten / denen erforfe ihr
Wille inder Turba, und die Turbaquallin ihrem Willen auff /
und gab ihnen einen Geift nach den Eflentien der Geitzigkeit und
Grimmigkeit / die fucheten nur Die Zahl der Vielheit / als Herr⸗
ſchafften und Koͤnigreiche.
ız. Und wan die Turba nicht für Gewalt fort konte / ſo ergrim⸗
mete ſie / und fieng Streit und Krieg an / und daher urſtaͤndet der
Krieg / aus Hoffarth und Geitz der Vielheit / und gehoͤret mit ſei⸗
ner Zahl ins Myſterium des Grimmes.
12. Deßgleichen waren auch die Juden: GOtt offenbahrete
ſich ihnen / aber ſte hiengen auch zweyen Willen an / als ein Theil
dem Gebott mit ihrem Willen / in GOttes Willen gerichtet / als
die Ertz⸗Vaͤtter / und alle fromme Hoffer Iſratlis; Die —*
—— thaͤten
Der Neunte Text 107
thaͤten mirden Händen das Werck des Geſetzes / und hiengen mit
ihrem Willen an ihrer vergifteten Magia, alsam Geitze / und
ſucheten nur ihre Zahlen der Vielheit: Ihr Mund war ein Ju⸗
de’ und das Herg eine Babliſche Hure / ein Heuchler und
Anti⸗Chriſt / mit guten Worten und falfchem geigigen Hergen.
13. Und alfo ift in der Chriſtenheit und bey allen Völdern
die Bablifche Hure mit dem Anti⸗Chriſt eingefeffen/da in einem
Volck zugleich zwey Reiche wohnen / und laffen fich im innere
Geift nicht mifchen / dag fie Eines würden / gleich wie Tohn und
Eifer fich nicht mifchet ; fie vermifchen fich wohl nach dem Leibe /
aber ihre Geiſter find zwey Geſchlechte / wieder Prophet Da⸗
niel faget.
14. Darum werden Anti-Chrift wil kennen /der ſuche ihn
nur alfo / er findet dehn in allen Haufern. Aber der ärgfte ift die
gekrönte Hure: und ihre Paten/ welche fie aus der Tauffe der
Hurerey heben /fennd die Schreyer / Die aus dem einigen Willen
GoOttes in viel Willen führen / daß ftenur die Zahl der Vielheit
erben / und irrdiſche Bäuche mäften mögen. }
15. Unddie andere Part des freyen Willens GOttes / gehet
mit ihrem magifihen Willen aus / aus ich felber indie Freyheit/ -
als in den einigen ungreiflichen Willen GOttes / die ftehen ruͤck⸗
lings in der magifchen Figurgewandt, hr Leben ſuchet Brod /
und gehet für fich / und ihr Wille iſt nicht im Brod / ſondern
gehet aus ſich aus der Sucht in GOtt. Und die leben mit dem
Willen in GOtt / in einer Zahl; die ſeynd der ewigen rechten
Mazix Kinder. Dan GHttes Geift wohnet in ihrem Willen /
amd eröffnet ihnen die ewige Wunder GOttes / undihr Lebens⸗
geiftdie Wunder dieſer Welt.
16. Unddie feynd von Babel und dem AntisChrift frey / und
man fie ihm gleich in dem Schos fäffen. Dandie rechte Vildnuͤß
Gottes ſtehet indem Willen⸗Geiſt / der aus dem Seelen⸗Geiſte
gebohren wird.
Der Neunte Text.
x. & O dan alfo zwo Magix ineinander feynd/ fo find auch
zweene Magi ‚die fte führen / als zweene Geifter. Einer
iſt GOttes Geift/und der ander iſt der Bernunfft-Geift/ darein
fih der Teufel flicht; undin GOttes Geiſt die Siebe ver Einig>
keit. Und Ean ſich der Menſch nicht beffer probiren / als daß
er mis Srnſt mercke / worzu ihn feine Begierde und Luft —*
et /
104 Der Neunte Text.
bet / denſelben hat er zu einem Fuͤhrer / und deſſelben Kind iſt
er auch. So hat er doch jetzt Macht / daß er denſelben Willen
breche und ändere / demn er iſt magiſch und hat Die Gewalt.
2. Aber es muß Ernſt ſeyn: Dan er muß den Sternen⸗Geiſt
zaͤhmen / der in ihm herrſchet; darzu gehoͤret ein nuͤchtern ſtilles
Leben / mit ſtaͤter Einwerffung in GOttes Willen. Denn / den
Sternen⸗Quaal zu bendigen thuts keine Weißheit noch Kunſt;
ſondern Maͤßigkeit des Lebens / mit ſtaͤter Außgehung aus den
Einfluͤſſen: Die Elementa ſchmeiſſen ihme immer die Sternen
fucht in Willen. Darum iſts nicht ſo ein leicht Ding ein Kind
GoOttes zu werden; Ss gehoͤret groſſe Arbeit mit viel
Muͤhe und Leiden darzu.
3. Und darff ſich doch der Anti⸗Chriſt ein Kind GOttes nen⸗
nen; Aber Chriftusfaget: Sie werden nichtalleins Himmel⸗
reich kommen / dieda fagen / HErr / HErr / haben wir nicht in
deinem Namen Teufel ausgetrieben / und Thaten gethan? Aber
er ſaget ihnen: Gehet hin von mir ihr ſtinckenden Boͤcke / ich kenne
euch nicht. Ihr habets aus der falſchen Magia gethan / und ſeyd
nie in meinem Geiſt und Willen erkannt worden. Ihr ſeyd in
euerer geiſtlichen Figur / Boͤcke / Tyrannen / Geitzhaͤlſe / Hof⸗
faͤrtige / Wolluͤſtige; ihr habet meinen Namen auff eurer Zun⸗
gen gefuͤhret / aber euer Hertz der Wolluſt des Fleiſches Sucht
auffgeopffert / und ſeyd in der Turba gebohren. Ihr muͤſſet durchs
Feuer bewehret werden / fo komet jedem Reich feine Frucht heim.
4. Darum du ſchoͤne Welt / befiche dich in dieſen Schrifften /
die dir der ewige Grund hat fuͤrgeſtellet / und dencke ihm alſo tief⸗
fer und weiter nach / oder du wirft erhaſchet werden in deiner Tur-
ba, dafollt du mit deinem Weſen durchs Feuer GOttes gehen /
und was ein Werd auffer GOttes Willen ift/ follim euer
bleiben. .
5. Was aber in GOttes Willen erbohren ift/ follftchen zu
GHttes Ehren und Wunderthat / und den Menfchen-Bilde zur
ewigen Freude. e
6. Nun dencke was du thuſt. Dan Babel ftehet fibon
im Loder / und brennet an; Es iſt Fein leſchen mehr /
auch keine Artzney: Sie iſt boͤſe erkannt worden:
Ihr Reich gehet ans Ende] ꝛc.
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Andeutung der Titul-Figur yon der
Gnaden⸗Wahl.
De erſte Urſprung aller Dinge iſt nur ein Wille / A und O,
ein unanfaͤnglicher Anfang / ein unendliches Ende / of⸗
fenbahret ſich durch ſeine aͤngſtliche Schaͤrffe der finſtern Be⸗
gierde mit dem Außgang in Krafft / Licht / Frewde / Herrligkeit
und Wundern der Weißheit / und hauchet ſich in Formen /
Gleichnuͤßen und Figuren durch Engel und Menſchen zu feiner
Beſchawligkeit.
Alſo iſt der erſchaffene Wille des Menſchen eine Gleichnuͤß des
ewigen unerſchaffenen Willens GOttes / hat Feuer aus GOt⸗
tes Fewer / und Licht aus GOttes Licht zur Offenbahrung feiner
Wunder in ſich / und iſt nach der Erſchaffung fein eigener klei⸗
ner GOtt und Richter ; was Er wil und waͤhlet / das ſchaffet
ihm fein Fiat das Er ſelber iſt / und richtet ihn mit Zeugnuͤß in
feinem Werck und Bildung nach feiner Wahl / im Guten mit
Licht / Krafft und Freüden in Erfäntnüß GOttes / Tugend
und Sobgefang ; im Böfen mit Finfternüg / Boßheit und Angſt
in Gottlofigkeit Sünde und Safter.
Weil aber der Menfchliche Wille durch den Fall in dieſer ver⸗
derbten Natur mit der Verſuchung der Eitelkeit in ſich ſelbſt be⸗
laden und verfuͤhrt wird / daß Er guch uni Erde das Boͤſe er⸗
greifft / fo iſt der Todt das Scheide⸗ziel md ſtehet das Wort des
Lebens / das Menſch worden iſt / in der Mitten zum Spiegel /
gibt dem Willen Krafft / Licht und Erkaͤntnuͤß von der Befiec⸗
kung außzugehen / wie die Sonne den Gewaͤchſen der Erden:
Wer es nuͤn durch Buſſe ergreiffen wil / der wird ergriffen / und
heuͤte (das iſt im ſelbigen Nun und Gnadenelicht) durch den
Todt den der Wille in der Suͤnde durch die Verſuchung ange⸗
nommen / ins Paradeiß gefuͤhret.
Der cs aber in Boßheit verachtet / und die Gnade verſpot⸗
tet dem wird das Wort ſtum̃ / und würckt feine Verheiſſung
des Sehens in feinem verkehrten Willen / weiler die verſtockung
liebet / und den Tode erwählet.
Alfo wird die Gnaden-wahl in der würdlichen Gnaden⸗
Begierde verftanden / nach dem Wort Apoc. 22. Wer da wil
der nehme das Waſſer des Lebens umbfonft. Item mer Boͤſe
iſt / der ſey immerhin Boͤſe / und wer umein iſt / der fey immer
hie unrein; Aber wer fromm iſt / der ſey immer hin fromm / und
wer heilig iſt / der fey immer hin heilig. Denn im Willen z
—*
» het die gröffefte Macht und die Wahl zu Gutem und Boͤſem / wie
foldyes in hoͤchſter Tieffe und Klarheit durch Göttliche Offenbah⸗
rung ausgeführt wird |
In dieſem Buche /
Und weiter in Nachfolgenden
Aurora Cap. x8. v. 38. 39. 76.77. €. 20. v. 65. 66. 67. 87. 88.
Drey Principũs Cap.g v. 27. (.210. 23.25.26. 27.
Dreyfachem Leben Cap. 6.0.21. 22. 24. 26. 27. 28. 46. 55. 56,
(.7.0.42,43.
40 Stagen.23 Frage. v. 9. 10.
a. Theil der Menſchwerdung Ehriftt. Cap. 5. v. 21. c. 13. v. 13.
c. 14. v. 12. VI.
2 Theil der Menſchwerdung Chriſti. Cap. 9. v. 3. c. 10. v. 11.
3 Theil / Baum des Glaubens. Cap.7.v.ı.
6. Puncten Eap.z.v. 54. c. 4. v. 22. 23. c. 6. v. 5.0.7.0. 3. biß 9.
19. 20. . 8. v. 29. 30. 31. c. 9. v. 26. 27. 28.
Kleine 6. Puncten.c. 2, v. 6. biß ans Ende,
Don der
RS
Genaden ars,
oder dem Willen Gottes
tiber die Menſchen.
Das ift:
Eine kurtze Erflährung und Einfüh-
rung des böchften Grundes / wie der
Menſch zu Goͤttlicher Erkaͤntnuͤß gelan:
gen moͤge:
Auch wie die Spruͤche heiliger Schrifft zu
verſtehen ſeynd / welche vom gefallenen verderb:
ten Adam / und dan von der neuen Wiedergebuhrt
aus Chriſto handeln,
Öefchrieben nach Göftlicher Erleuchtung
Durch
a CO BUBEN. Be
ſanſten Theutonicus Philofophus genannt,
anre
cz
Zu Amſterdam /
Gedruckt im Jahr Thriſti / 1682.
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Vorrede an den Sefer.
Got 24 was Er —* inem
Weſen und Willen ſey:ſo bilder ie
ihr ein / als ſey Gott etwas fernes
und frembdes / welcher auſſer dem
U Orcthe dieſer Welt / hech über dem
Geſtirne wohne / undregiere alſo
nur mit feinem Geiſte / mit einer
dieker Welt / Seine Maieſtaͤt aber
in Dreyfaltigkeit da Gott inſon⸗
derheit oſſenbahr ſey / ten im Himmel) auffer dem Loco
dieſer Welt.
Und daher faͤllet ſie auch in einen Creatuͤrlichen Wahn / als
ob Bott was Frembdes ſey / und habe vor Zeiten derSchoͤpf⸗
ung der Treaturen / und dieſer Welt / einen Rahtſchlag in ſich
ſelber in feiner Dreyheit / durch die Weißheit gehalten was Er
machen wolte / und worzu alles Weſen ſolle; und habe alſo
ihme einen Fuͤrſas in fich felber geſchoͤpft / wohin er ein jides
Ding oronen wolte.
Aus welchen der ſtreitige Wahn entſtanden iſt vom Raht⸗
ſchlag über die Menſchen / als hätte Gott aus ſeinem Fuͤrſatz /
einen ‚Theil der Menſchen sum Himmelreich in ſeine Heilige
Wonne erkohren; und das ander Theil zur ewigen Verdam⸗
nuͤß / In dehnen wolte er ſeinen Zorn offenbahren: und hin⸗
gegen an den andern Außerwehlten / ſeine Gnade: Und habe
alſo aus ſeinem Fuͤrſas einen Unterſcheid gemacht / feine 2
Macht / in Liebe und Zorn /fehen zırl: ‚fen: und derowegen
muͤſten alleDingenothiwendig alfo gefchehen/und werde das
Theildes Zornes / aus Gottes Fuͤrſatz / alſo derſtockt und ver⸗
worffen / daß keine Moͤgligkeit mehr zur Hulde GOttes ſey
hingegen in den andern / keine Moͤgligkert zur Verdamnuͤß.
Und ob wohl die heilige Schrifft / mit faſt dergleichen
Spruͤchen redet / auch die creatuͤrliche Vernunft mit ein⸗
ſtimmet / welche nicht verſtehet was GOtt iſt:ſo redet ſte doch
auch hingegen vielmehr das Contrarium, daß GOtt nichts
boͤſes wolle / oder aus ſeinem Fuͤrſatz gemacht habe. Dieſe
beyde Contraria nun / wie das in ſeinem Grunde eigentlich au
verjtehen ſey: wollen wirdem Chriſtlichen unparspey iſchen
Leſer / des Grundes und Wahrheit Suchern und Liebhabeen /
( Sie zu einigen / und den wahren Verſtand zugruͤnden) eine
kurtze Andeutung geben nachz — / und unſere empfan⸗
2 gene
algegemvaͤrtigen eg imLoco
u
aene ———— das ergriffen worden / in Gnaden des Hoͤch⸗
ſten Gutes / ihme zu erwegen / wohl⸗meynende darſtellen.
Nicht der Meynung / jemanden dadurch anzugreiffen / oder zu
verachten / wegen ſeiner ergriffenen Meynung: Sondern zu
Chriſtlicher und Bruͤderlicher Vereinigung unſerer Gaben /
die wir untereinander haben / aus Goͤttlicher Genaden.
Gleich wie die Aeſte und Zweige eines Baumes / einander
nicht allerdings gleich in der Form ſehen / und Doch in Einem
Stamme ſtehen / und einer dem andern Ens und Krafft gies
bet / und einfuͤhret / und fich Doch in Einem Stamme alle er»
frewen / blühen umd Frucht tragen) und Feine Mifgunft/ we⸗
gen der Stärche und ngleichheitift/umd ein jeder Aſt / zu ſei⸗
ner Frucht und Ernde arbeitet:alſo auch mag es mit unſern
ungleichen Gaben / wohl auch geſchehen. So wir nun unſere
Begierde in die rechte wahre Muttter / als in unſern Stamm
einfuͤhren / und je ein Aſt des Baumes / dem andern ſeine
Krafft in gutem Willen giebet / und uns nicht in eine Selb⸗
heit / und eigene Luft eigener Liebe / (alsin Hoffart / inwil⸗
lens uͤber unfere mutter/ in der wir ſtehen / und uͤber alle ihre
Kinder außzufahren / und ein eigener Baum ſeyn wollen)
einfuͤhren / noch auch des Teufels Gifft(der Eigenheit und fal⸗
schen Magnetiſchen Impreſſton) in uns nehmen / Daraus
Streit und Widerwillen / auch Spaltungen und Treimun=
gen entſtehen / da ſich je ein Zweig des menſchlichen Baumes /
vom andern abtrennet / und ihme ſein Ens und Krafft micht
goͤnnet / auch fuͤr abtruͤnnig und falſch außruffet / ſich aber
nur ſelber als einen ghtruͤnnigen Zweig feiner Brüder/tm fal⸗
ſchen Glantze darſtellet und erkannt wird / daraus die Diele
der Streite unter den Menſchen entſtanden ſind.
Dehnen allen wollen wir andeuten / was des Streits Ur⸗
ſprung ſey / und woraus die Neynungen undSpaltungen / na⸗
tuͤrlich urſtaͤnden; auch andeuten / was der wahre Grund der
£inigen Religion ſey / daraus ſo viel Meynungen und Spal⸗
tungen entſtanden ſeynd / und woher das Contrarium von der
Welt her ſey entſtanden / zu mehrerem Verſtande des Goͤttli⸗
chen Willens / nach Liebe und Zorn / wie das alles gruͤndlich
zu verſtehen ſey.
Und vermahne den liebhabenden Leſer / fi chi in Böttlicher
Demuth in 50; t / und feine Mit-äfte over Brüder/zu erfenc-
ken / ſo mag er unfern empfangenen tieffen Sinn und Begriff
wohl ergreiffen / und von allen Irrungen in die wahre Rube
( da alle Dingeim Wort / und Krafft GOtts / inne
—— n) eingekehret werden; und empfehlen ihn der wuͤrcken⸗
den Liebe im Ente Chriſti / und unſern wolgeneigten willen
und Begierde / in feinen Willen / Amen, Das
Pag. 5.
fe)
Das ı. Capittel.
Bon dern Einigen Willen GOttes / und von Einfühs
rung feines Weſens ſeiner Offenbahrung.
Was der Einige SD ſey.
Ott fprichtin Moſe / in einer
PoffenbahrtenStimme zu dem
Volcke Iſrael / (unter welcher
Stine er ſich aus ſeiner Ber⸗
borgenheit in einen offenbah⸗
ren Schall / auff foͤrmliche
creaturliche Arth einfuͤhrte
> un hören ließ / auff daß ihn die
Creatur moͤchte faſſen) Ich
der HErrdein GOtt / bin ein
Einiger GOtt / du ſolt keine
andere Götter neben mir eh⸗
ren. Erod.zo.v. 2/3. Deut. 6.
rerf. 4. Item Mofes faget: Der HErr unſer GHtt/ iſt ein zor⸗
iger enferiger GOtt / und ein verzehrend Feuer. Item / am an⸗
dern Ohrt / GOtt iſt ein Barmhertziger GOtt. Stem/ fein Bei
iſt eine Flamme der Liebe. Deut. 4. verſ. 24. 3r.
2. Dieſe jetzt-erzehlte Sprüche/ ſcheinen alles ein Contrarium
zu ſeyn / in dehme ſich GOtt / einen zornigen GOtt / und ein ver⸗
zehrend Feuer nennet: und denn auch eine Flamme der Liebe /
welcher nichts als alleine gut ſeyn kan / ſonſt wäre er nicht Gott /
als das Einige Gute.
3. Denn man kan nicht von GOtt ſagen / daß er diß oder das
ſey / boͤſe oder gut / dager in ſich ſelber Unterſcheide habe: denn
er iſt in ſich ſelber Natur-los / fo wohl Affect- und Ereaturzlos.
Er hat keine Reigligkeit zu etwas / denn es iſt nichts vor ihme /
darzu er ſich koͤnte neigen / weder Boͤſes noch Gutes: Er iſt in
ſich ſelber der Ungrund ohne einigen Willen gegen der Natur
und Creatur als ein ewig Nichts; es iſt keine Quaal in ihme /
noch etwas das ſich zu ihme / oder von ihme / koͤnte neigen: Er iſt
das Einige Weſen / und iſt nichts vor ihme / oder nach ihme / dar=
an oder darinnen er ihme koͤnte einigen Willen ſchoͤpffen oder
faſſen; Er hat auch nichts das ihn gebaͤhre oder gebe ; Er iſt das
Nichts / und das Alles / und iſt ein Einiger Wille / in dehme die
de A3 Welt /
6 Von der Genaden Wahl, ap. r.
. Welt! und die ganke Creation fieget / in ihme ift alles gleich»
ewia ohne Anfang / in gleichem Gewichte / ohne Maas und Ziel;
Er iſt weder Liecht noch Sinfternüg / weder Siebe noch Zorn/ ſon⸗
dern das ewige Eine; darumb ſaget Mofes / Der HErr iſt ein
Einiger GOtt.
*
4. Derſelbe ungruͤndliche /unfaßliche/ unnatuͤrliche / und une
creaturliche Wille / welcher nur Einer iſt / und nichts vor ihme /
noch hinter ihme hat; welcher in ſich ſelber nur Eines iſt / welcher
als ein Richts / und doch Alles iſt: Der heiſſet und iſt der Einige
GOtt / welcher Sich in ſich ſelber faſſet und findet und GOtt
aus GOtt gebichret.
5. Als nehmlich: Der erſte unaufaͤngliche Einige Wille /
welcher weder Voͤſe noch Gut iſt / gebiohret in ſich das Einige
Ewige Gute / als einen faßlichen Willen / welcher des ungruͤnd⸗
lichen Willens Sohn iſt / und doch in dem unanfaͤnglichen Wil⸗
len / gleich- Ewig : Und derſelbe andere Wille / iſt des erſten Wil⸗
lens ewige Empfindligkeit und Findligkeit / Da ſich das Richts /
in ſich ſelber zu Etwas findet; uͤnd das unfindliche / als der une
gruͤndliche Wille / gehet durch ſein ewig Gefundenes aus / und
fuͤhret ſich in eine ewige Beſchawligkeit feiner felber.
6. Alfo heiſt der ungrümpliche Wille Ewiger Vatter; und
der gefaſte gebohrne Wille des Ungrundes / heiſſet ſein gebohrner
oder Eingebohrner Sohn / denner iſt des Ungrundes Ens, darı
innen ſich der Ungrund in Grundfaſſet. Und der Außgang des
ungruͤndlichen Willens / durch den gefaſten Sohn) oder Ens,
heiſſet Geiſt / denn er fuͤhret das gefaſte Ens aus ſich aus / in ein
Weben oder Leben des Willens / als ein Leben des Vatters / und
des Sohnes / und das Außgegangene / iſt die Luſt / als das Ge—
fundene des ewigen Nichts / da ſich der Vatter / Sohn / und Geiſt
immer ſiehet und findet / und heiſſet GOttes Weißheit oder Be⸗
ſchawligkeit.
7. Dieſes Dreyfaltige Weſen in ſeiner Gebuhrt / in ſeiner
Selbſtbeſchawligkeit der Weißheit / iſt von Ewigkeit je gewe—
ſen / und beſitzt im ſich ſelber keinen andern Grund noch Staͤtte /
als nur ſich ſelber; es iſt ein Einig Leben / und ein einiger Wille
ohne Begierde / und iſt weder Dickes noch Duͤnnes / weder hoch
noch tieff / es iſt kein Raum / beſitzet auch in ſich weder Dickes
noch Duͤnnes / weder Hoͤhe noch Tieffe / noch Raum oder Zeit
noch Staͤtte / ſondern ift durch alles in allem / und dem Allem
doch als ein unfahlich Nichts.
8. Gleich wie der Sonnen Glantz in der gantzen Welt / Rei s
em
Cap. 1. Von der Genaden Wahl. E
lem und durch alles wuͤrcket / und daffelbe Alle kan doch der Sons
nen nichts nehmen /fondern mug fie leiden und mit der Sonnen
Krafft würden: aufffolhe Weiſe wird Gott befrachtet / was
Er auffer der Natur und Ercatur in ſich felber / in einem Selb⸗
faglichen Chaos, auffer Grund / Zeit / und Staͤtte ſey / da ſich
das ewige Nichts in ein Auge / oder ewig Sehen) faſſet / zu feiner
Selbſt-beſchawligkeit / Empfindligkeit / und Findligkeit/da man
nicht ſagen kan / GOtt hat zweene Willen / als einen zum Boͤſen /
und den andern zum Guten.
9. Denn in der unnatuͤrlichen uncreatuͤrlichen Gottheit / iſt
nichts mehr als ein einiger Wille / welcher auch der Einige Gott
heiſt / der wil auch in ſich ſelber nichts mehr / als nur ſich ſelber
finden und faſſen / und aus ſich ſelber außgehen / und ſich mit dem
Außgehen in eine Beſchawligkeit einfuͤhren / darinnen man die
Dreyheit der Gottheit / ſamt dem Spiegel ſeiner Weißheit / als
dem Auge ſeines Sehens / verſtehet; darinnen alle Kraͤffte / Far⸗
ben und Wunder / und Weſen / in der ewigen Weißheit / in glei⸗
chem Gewichte und Maaß / ohne Eigenſchafften verſtanden wer—
den / als ein einiger Grund des Weſens aller Weſen; eine in
ſich felber gefundene Luſt / oder Begierde zu Etwas / eine Luſt zur
Offenbahrung und Findung der Eigenſchafften / welche Gött-
liche Luſt / oder Weißheit in ſich ſelber im erſten Grunde / doch
ohne Eigenſchafften iſt: Denn waͤren Eigenſchafften / ſo muͤſte
and etwas ſeyn / das die Eigenſchafften gaͤbe und verurſachte:
nun aber iſt keine Urſache zu den Goͤttlichen Kraͤfften / und zu
der Goͤttlichen Luſt oder Weißheit / als nur bloß der einige Wil⸗
le / nehmlich der einige GOtt / welcher ſich in eint Dreyheit ſelber
einfuͤhret / als in eine Faßligkeit ſeiner ſelber; welche Faßligkeit
Das Centrum, als das ewige gefaſte Eine iſt / und wird das Hertze
vder der Sitz des ewigen Willens GOttes geheiſſen / da ſich der
Ungrund in einem Grunde beſttzet / welches die eigene Stätte
Gottes iſt / und doch in keiner Theiligkeit oder Schiedligkeit /
auch gantz unmaͤßlich / ohne einige Form oder Gleichheit / denn
es iſt nichts darvor / damit es möchte gzegleichet werden. ’
ro. Dieſes Herge oder Centrum des Ungrundes / iſt das ewige
Gemuͤhte / alsdes Willens / und hatdoc) nichts vor ihm das es
wollen kan / als nur den einigen Willen ) der fich in dif Centrum
einfaſſet. Es hat auch der erfte Wille zum Centro nichts/ das cr
wollen Fönte/ als nur diefe einige Stätte feiner felbft-Findlige
feit: alfoiftdererfte Wille / ver Batter feines Hergens / ode
der Stättefeines Findens/ und ein Befiser des Gefundenen / als
feines eingebohrnen Willens oder Sohnes. A4 11.Der
8 Von der Genaden⸗Wahl. Gap. 1.
x1. Der ungruͤndliche Wille / welcher der Vatter / und alles
Weſens ein Anfang iſt / gebiehret in ſich / ſich ſelber / zu einer
Staͤtte der Faßligkeit; oder befigt die Staͤtte / und die Stätte
iſt der Grund und Anfang aller Weſen / und beſitzt hinwieder
den ungruͤndlichen Willen / der der Vatter des Anfangs zum
Grund iſt.
12. Alſo iſt der Vatter und fein Sohn (als die Stätte zu ei⸗
ner Selbheit) ein einiger Gott / eines einigen Willens; welcher
einige Wille / in der gefaſten Staͤtte des Grundes / aus ſich ſel⸗
ber aus der Faſſung außgehet / allda cr mit dem Außgehen ein
Geiſt genannt wird: und ſcheidet ſich der Einige Wille des Un⸗
grundes / mit der erſten ewigen unanfaͤnglichen Faſſung / in
dreyerley Wuͤrckung / und bleibet doch nur ein Wille. Als der
erſte Wille fo Vatter heiſt / der wuͤrckt in ſich den Sohn / als die
Staͤtte der Gottheit: und die Staͤtte der Gottheit / welche des
Vatters Sohn iſt / wuͤrcket in ſich in der Findligkeit / die Krafft
der Weißheit; welche Kraͤffte alle in dem Sohne urſtänden / und
ſeind allhie alle Kraͤffte doch nur eine einige Krafft / und die iſt die
empfindliche findliche Gottheit in ſich ſelber / in einem einigen
Willen und Weſen / in keiner Unterſchiedligkeit.
13. Dieſe gefundene / gebohrne / und gewuͤrckte Kräfften / als
das Centrum aller Weſen Anfange/ hauchet ver erſte Wille
(welcher Butter heiſt) in der Empfindligkeit feiner ſelber / aus
der einigen Krafft / welche ſein Sitz / oder Sohn iſt / aus ſich aus:
Auff Arth / gleich wieder Sonnen Straalen / aus dem magi-
ſchen Feuer der Sonnen / aus ſich außſchieſſen / und der Son⸗
nen Krafft offenbahren; alfo ift derſelbe Außgang ein Straaf
ner Krafft GOttes /alsein bewegend Leben der Gottheit / da ſtch
Der ungründliche Wille hat in einen Grundeingeführet / als
nehmlich in eine wallende Krafft; diefelbe haucht der Wille zur
Krafft / aus der Kraft aus/ undder Ausgang heiſt der Geist
GOttes / und macht die Dritte Wuͤrckung / als ein sehen over
Weben in der Krafft.
14. Die Vierdte Wuͤrckung geſchicht nun in der außgehauch⸗
ten Krafft / als in der Goͤttlichen Beſchawligkeit oder Weißheit /
da der Geiſt GOttes / (welcher aus der Krafft urſtaͤndet) mit
den außgehauchten Kraͤfften / als mit einer einigen Krafft / mit
ſich ſelber ſpielet / da er ſich in der Krafft in Fornungen in der
Goͤttlichen Luſt einfuͤhret / gleich als wolte Er ein Bilde dieſer
Gebaͤhrung der Dreyheit / in einen beſonderen Willen und Le⸗
ben / einfuͤhren / als eine Fuͤrmodelung der einigen Dreyheit
un
Gap.ı. Border GenadenWahl. 5)
und daſſelbe eingemodelte Bilde / ift die Luſt ver Goͤttlichen Be⸗
ſchauligkeit / und da man doch nicht ſoll ein faßlich creatuͤrlich
Bilde einer Umbfchriebenpeit verftehen: Sondern die Göttliche
Im>gination, als den erſten Grund der Magix, darausdie Crca-
tion ihren Anfang umd Urftand genommen hat.
15. Auch wirdinvderfelben Inmodelung / oder magifchen Faf⸗
fing inder Weißheit / das Englifche und Seeliſche wahre Bilde
GOttes verftanden/ davon Mofes faget: GOtt fihuff den Men-
ſchen in feinem Bilde / das ift/in dem Bilde dieſer Goͤttlichen Ein⸗
modelung nach dem Geiſte; und zum Bilde GOttes ſchuff Er ihn
nach der Ercatur der geſchaffenen leiblichen Bildligkeit:alſo auch
iſt cs mitden Engeln / nach dem Böttlichen Weſen / aus Goͤtt⸗
licher Weitipeit zuverftehen. Der ereatürliche Grund aber/ fol
hernach angedeutet werden / darinnen die Eigenfchafften liegen.
15. In dieſer obbemelten Erzehlung / verſtehen wir nun kurtz
fummariſch / was BHttauffer Natur und Creatur ſey / wenn
er im Moſe ſaget; Ich ver HErrdein GOtt / bin ein Einiger
GOtt. Deſſen Name heiſt in der ſe nſualiſchen 3 Zunge (da ſich
diefe Goͤttliche Gebaͤhrung in den Kraͤfften der einigen Weiß⸗
heit in eine Faſſung der Bildnuͤß feiner ſelber / einfüyret) IE-
HOVA, als eine eingefaſſete Luſt des Nichts in Etwas / oder das
ewige Eine / welches etwan möchte auff eine Arthentworffen
werden mit ſolcher Bildung / A. und da es doch kein maͤßlich oder
abtheilig Bild / oder We ſen iſt / ſondern nur dem Semuhle aiſo
nach zuſinnen
17. Denn dieſe in ſich Selber⸗iñbildung / iſt weder groß noch
klein / und hat nirgend keinen Anfang noch Ende / als nur wo
ſtch GOttes Luſt in ein Weſen feiner Beſchawligkeit einfuͤhret /
als in der Creation; in fich felber aber iſt die Bildung unend⸗
lich / und die Formung unumbſchrieben. Gleich wie die Formung
eder Einmodelung des menſchlichen Gemuͤhtes / unmaͤßlich in
einer immerwaͤhrenden Form ſtehet / da ſich unzaͤhlig diel Sin⸗
nen moͤgen in dem Einigen Gemühte/ modeln und faſſen / welche
in der irrdiſchen Ereatur doc) meiftentheils aus der Phantaſey
des Sternen -Gemühtes urſtaͤnden / und nicht aus den Krüfften
des innern Grumdes der Böttlihen Weißheit.
18. Allhie wollen wir nun den Leſer erinnern / wiedag GEHE
in fich feiber (fo viel Er Bott auffer Natur md Ereatur/heiffet)
nicht mehr als nur Einen Willen habe/derift: daß er ſich felber
giebetundgebichret. Der GOTZIEHOVA, gebichref
ag als GOtt / das iſt / es gebichret ſich nur ein Vatter /
As / Sohn
10 Bonner Genaden Wahl, Gap. ı.
Sohn) und heiliger Geift/ in die einige Göttliche Krafft und
Weisheit.
19. Gleich wie die Sonne nur einen Einigen Willen hat /
Der iſt / daß Sie fich felber giebet / und mitihrer Begierde/ im
allen Dingen außdringet / und wächfet / und allem geben Kraft
und fichfelber cinergiebet : alfo auch in gleichem / iſt GOtt aufs
fer Natur und Ereatur / das einige Gute / das nichtsals GOtt /
oder das Gute /geben fan noch wil.
20. Er ift aufferder Natur die gröfte Sanfftmuth und Des
mut / darinnen weder cin Wille zu guter noch böfer Neigligs
Feit gefpühret wird/venn es ift weder Boͤſes noch Gutes vor ihm;
Er iſt ſelber das Einige Ewige Gute / und ein Anfıng alles gu⸗
ten Weſens und Willens; es iſt auch nicht möglich / das ſich et⸗
was boͤſes in ihn / ſo viel Er daſſelbe Einige Gut iſt / koͤnne ein⸗
dringen / denn er iſt allen Dingen / was nach ihme iſt / ein Nichts.
Er iſt Eine in ſich ſelber wuͤrckliche weſentliche geiſtliche Krafft /
die allerhoͤchſte einfaͤltigſte Demuth / und Wolthun / nehmlich
ein Liebe-fuͤhlen / Liebe- und wohl ⸗ſchmecken; im Senfurer ſuͤſ⸗
fen Gebaͤhrung / ein wohl- und gerne Hören.
21. Denn alle Senfus qualificiren in gleicher Concordirung /
und ift nichts als nur ein lichliches Wallen des H. Geiftes / in
der Einigen Weißheit. Dafanmannichtfagen / ein Zorniger,
GOtt / auch nichtein Barmhertziger GOtt / denn hierinnen iſt
keine Urſache zum Zorn / auch keine Urſache was zu lieben / denn
er iſt die Einige Liebe ſelber / der ſich in eitel Liebe in Dreyfaltig⸗
feit einführet und gebichret.
22. Dererfte QBillefo Batterheift / liebet feinen Sohn / ale
fein Herg feiner ſelbſt Offenbahrung / darumb dag er feine Find⸗
ligteit und Krafftiſt; gleich wie die Seele den Leib liebet / alfo
auch in gleichen iſt der gefaffete Wille des Batters feine Krafft
und geiftlicher Leib / als das Ceotrum der Gottheit / oder des
Goͤttlichen Etwas / darinn der erſte Wille ein Etwas iſt.
23. Und der Sohn iſt des erſten Willens / als des Vatters
Demuth / und begehret hinwieder alſo maͤchtig des Vatters
Willen / denn er wäre ohne den Vatter ein Nichts / und Er wird
recht des Datters Luſt / oder Begierde zur Offenbahrung der
Kraͤfften genennet/ als des Batters Geſchmack / Geruch / Gehoͤr /
fein Fuͤhlen / und Schen. Und da man doch allhie nicht ſoll Un⸗
terſcheide machen oder verſtehen / denn alle dieſe Senfus ‚liegen in
6 Gt wichte in der Einigen Gottheit; allein dencket nur
a5 dieſe Senlus, welche im Grunde der ——— in
ehme
Sap.r. Von der Genaden⸗Wahl. 11
dehme der Vatter dieſe Kraäffte aus ſich in eine Schiedligkeit auß⸗
ſpricht / urftänden.
24. Und der H. Geiſt / wird darumb Heilig / und eine Flam⸗
me der Siebe genannt / dag Er die außgehende Krafft aus dem
Batter und Sohn iſt / als das bewegende Leben imerften Wil⸗
len des Batters/ und im andern QBillen des Sohnes in feiner
Krafft/ und daß Erein Formirer / Wuͤrcker und Führer in der
ausgegangenen Luft des Vatters und des Sohnes (alsinder
Weisheit) iſt.
25. Alfoihr lieben Brüder / ihr armen von Babel verwirrte
Menfchen / welcye euch durch des Sathans Reid verwirret hat/
mercket diefes: Wenn man euch faget von drey Perfonen der
Gottheit/ und vom Göttlihen Willen ; fo wiffet / daß der HErr
unfer GOtt / ein Einiger GOtt iſt / welcher nichts Böfes wollen
Fannoch wil. Denn wolte Er etwas böfes / und denn auch etwas
gutes in ſich felber/ fo wäre eine Trennung in ihme / und fo müfte
auch etwas ſeyn / das eine Urſache eines Contrarii wäre.
26. So denn nichts vor GOtt iſt / ſo mag ihn auch nichts zu
etwas bewegen; denn ſo ihn etwas bewegte / ſo waͤre daſſelbe
ehe und mehr als er ſelber / und doͤrffte geſchehen / daß GOtt in
ſich ſelber uneinig / und zertrennt waͤre; ſo muͤſte auch daſſelbe
Bewegliche / voneinemandern Anfange ſeyn / dieweil ſichs be⸗
wegte.
27. Wir aber ſagen Such in der Sage des Sinen: daß Got⸗
tes Weſen (ſo viel das der Einige Gott heiſſet) auſſer Grund /
Stätte / und Zeit / in ſich ſelber wohnend / verſtanden werde / und
an keinem Orthe ſonderlich betrachtet werde mit einer ſonderli⸗
chen Wohne / oder Wohnung: Wilſtu aber wiſſen wo GOtt
wohnet / ſo nimm weg Natur und Creatur / als denn iſt GOtt
alles: Nium weg das außgeſprochene geformte Wort / fo ſiehe⸗
ſtu das Ewig⸗ſprechende Wort / das der Batterim Sohne auß⸗
ſpricht / fo ſieheſtu die verborgene Weifheit GOttes.
28. Sprichſtu aber: Ich kan nicht die Natur und Creatur
von mir wegnehmen / denn ſo das geſchaͤhe / ſo waͤre ich ein Nichts;
darumb ſo muß ich mir die Gottheit durch Bilde einmodeln / die⸗
weil ich ſehe / das in mir Boͤſes und Gutes iſt / ſo wohl in der
gantzen Creatur alſo verſtanden wird.
29. Hoͤre mein Bruder / GOtt ſprach in Moſe: Du ſolſt dir
kein Bildnuͤß machen einiges Gottes / weder im Himmel / auff
Erden / noch im Waſſer / oder in Etwas; anzudeuten / daß Er
kein Bilde ſey / auch keine Staͤtte —— Sitze bedoͤrffe / und
man
12 Bonder Genaden Wahl. Cap. 2.
man ihn nirgend an einem Orte fuchen folle/ als nur in feinem
geformten aufgetprochenem Worte / als im Bilde GHttes J
nehmlich im Menſchen felber / wie gefchrieben ftchet : Das Wort
iſt dir nahe / nehmlich in deinem Munde und Hergen. Nom. 10.
verf. 8. Und ift das ver mächtte Weeg zu GOtt / daß das Bild
Gottes in fich felber allen eingemodelten Bildern erſincke / und
alle Bilde/ Diſputat / und Streite in fich verlaffe / und an eige⸗
nem Wollen/ Begehren / und Meynen / verzage / und ſich blog
allein indas ewige Eine / als in die lautere einige Siebe GOttes
erfencke und vertrawe / welche er nach des Menſchen Fallin
Ehrifto /indie Menfchheit hat wieder eingeführer.
30. Diefes habe ich darumb etwas weitläufftig vorgebiloet }
daß der Leſer den erfien Grund verftehen lerne was GOtt ſey /
und wolle/und dag er nicht einen böfen und guten Willen in dem
Einigen unnatütlichen unereatürlihen GOtte ſuche / und daß
er aus den Bilden vonder Creatur außgehe / wenn er wil GOtt /
feinen Willen / und fein ewigſprechendes Wort / betrachten;
auch wenn er wil betrachten / wovon Boͤſes und Gutes urſtaͤnde /
Davon ſich GOtt einen zornigen eyferigen GOtt nennet. Daß
er ſich alsdenn zur ewigen Natur / als zum außgeſprochenen com-
pactirten geformten Worte / und denn zur Natur wende / als
zur anfaͤnglichen zeitlichen Natur / darinnen die Creation dieſer
Weltliget.
32. Darumb wollen wir num den Leſer ferner von GOttes
Wort (das Er aus feinen Krafftenausfpricht) berichten / und
zhm andeutendie Scheidung / alsden Urſtand der Eigenfchaff:
ten / daraus ein guter und böfer Wille / urſtaͤnde / und zu was
Ende ſolches unvermeidlich ſeyn muͤſſe / und wie alle Dinge in
der Unvermeidligkeit ſtehen / und wie die Boßheit / in der Crea⸗
tur urſtaͤnde.
Das 2. Capittel.
Rom Urſtand GOttes ewig⸗ſprechenden Wortes/
und von der Offenbahrung Goͤttlicher Krafft / ale
von Natur und Eigenſchafft.
x Je erentürliche Bernunfft/ftehet in dent geform⸗
tem / gefaften Jausggefprochenen Worte /darumb
ift fie ein bildlich Weſen / und dencket inunerdar /
GoOtt ſey auch ein bildlich Weſen / derfi ſich moͤge
erzuͤrnen / und in Eigenſchafften zum boͤſen —*
guten
Cap. 2. Von der Genaden⸗Wahl. 17
guten/ einführen. Inmaffen Sie ihr denn vondiefen hohen Ar»
ticul Goͤttliches Willens / hat eingebildet / GOtt habe ihm von
Ewigkeit einen Fuͤrſatz / und Wahl gemacht / was er mit ſeinem
Geſchoͤpff thun wolte / und habe ſich alſo in cine Rache eingefuͤh⸗
ret / auff das Er feine Liebe und Barmhertzigkeit / an feinen
Außerwehlten / koͤnne und moͤge offenbahren; und muͤſſe alſo ſein
Grimm eine Urſach ſeyn / dag feine Barmhertzigkeit erkannt
werde; welches alles im Grunde alſo iſt / daß GOttes Zorn / feine
Majeſtaͤt muß offenbahren / gleich wie das Feuer das Sicht.
2, Aber vondem Willen GOttes / fo wohlvonder Schiedligs
keit des Formenden Wortes / undder Creatur / hat ſie keinen
rechten Begriff. Denn haͤtte Er jemahls einen Naht in ſich gehal⸗
ten / ſich alſo zu offenbahren / ſo waͤre ſeine Offenbahrung nicht
von Ewigkeit / auſſer Gemuͤhte und Stätte; fo muͤſte auch der⸗
ſelbe Raht / jemahls einen Anfang genommen haben / und muͤſte
ein Urſach in der Gottheit geweſen ſeyn / umb welcher willen ſich
GoOtt in ſeiner Dreyheit / berahtſchlaget haͤtte / ſo muͤſten auch
Gedancken in GOtt ſeyn / welcher ihme alſo in Geſtaltnuͤß ein»
modelte / wie er wolte einem Dinge begegnen.
3. Nun iſt er ſelber das Einige / und der Grund aller Dinge /
und das Auge aller Weſen / und die Urſach aller Eſſentz; aus
feiner Eigenſchafft entſtehet Natur und Creatur / was wolte
er denn mit ſich ſelber rachtſchlagen / fo Eein Feind vor ihme ift /
und Er alleine ſelber alles iſt / das Wollen / Können / und Ver⸗
mögen.
4. Darumbfollen wir / fo wir wollen von GOttes unwandel⸗
bahren Weſen / einig und allein reden / waser wolle / oder was
er gewolt habe / und immer wil: nicht von feinem Rahtſchlage /
reden oder ſagen / denn es iſt kein Rahtſchlag in ihme; Er iſt das
Auge alles Schens / und der Grund aller Weſen; er wil/und thut
in ſich ſelber immerdar nur Ein Ding / als: Er gebiehret ſich in
Vaͤtter / Sohn / heiligen Geiſt / indie Weißheit feiner Offen⸗
bahrung; ſonſt wilder Einige Ungruͤndliche GOtt / in ſich ſel—
ber nichts / hat auch in ſich ſelber umb mehres keinen Rahtſchlag:
denn wolte Er in ſich ſelber ein mehrers / fo muͤſte er deiſelben
Wollen / ſolches zu volbringen / nicht genug Allmaͤchtig ſeyn;
fo kan Er auch in ſich ſelber nichts mehr wollen / als mur ſich ſel⸗
ber wollen: denn was Er je von Ewigkeit gewolt hat / das iſt er
ſelber / alſo iſt Er alleine Eines) und nichts mehr: fo kan auch
ein einig Ding / mit ihme nicht fEreitig werden davon cin Raht⸗
fihlag entſtuͤnde / die Streite zu unterſcheiden.
47 5. Alſo
14 Don der Genaden⸗Wahl. Cap.ꝛ.
5. Alſo iſt auch von dehnen Dingen zu dencken / welche aus
—* ewigen unanfaͤnglichen Grunde herruͤhren / daß ein jedes
Ding / das aus dem ewigen Grunde iſt / ein Ding in ſeiner eige⸗
nen Selbheit ſey / und auch ein eigener Wille / der nichts vor ihm
hat das ihn zerbrechen mag / Er führe ſich den ſelber in cine freie
de Faſſung ein / welche dem erſten Grunde / daraus er iſt ent⸗
fanden /nicht ähnlich ſtehet I ſo iſts eine Abtrennung vom Gan⸗
Ben. Als uns denn vom gefallenen Teufel / md der Seele des
Menſchen / zu verſtehen ift/ dag fich die Creatur hat vom gangen
Willen abgebrochen / und in eine eigene Eigenheit anderer Faſ⸗
ſung (der Goͤttlichen einigen Gebaͤhrung zuwider) einge fuͤh⸗
ret. Dieſes aber zu verſtehen / muͤſſen wir auff die Haubt-urs
ſache je hen / wie das hat moͤgen geſchehen.
6. Denn haͤtten fich nicht die Kraͤfften der einigen Goͤttlichen
Eigenſchafft / in Schiedligkeit eingefuͤhret / ſo haͤtte das nicht
ſeyn moͤgen / und waͤre weder Engel / noch andere Creatur wor⸗
den / auch waͤre keine Natur noch Eigenſchafft / und waͤre ihm
der Unſichtbahre Gott / alleine in der ſtillen wuͤrckenden Weiße
heit in fich felber offenbahr / und waͤren alle Wefen/ eineinig
Weſen / da man doch nicht koͤnte von Weſen ſagen / ſondern von
einer in ſich ſelber wuͤrckenden Luſt / welche zwar in dem Einigen
GoOtt alſo nur iſt / und nichts mehres.
7. Wenn wir aber betrachten die Goͤttliche Offenbahrung in
der sangen Creation in allen Dingen / und ſehen andie Schriff⸗
ten der Heiligen: ſo ſehen / finden / und begreiffen wir den wah⸗
ren Grund ; dent loh. am x, fichet : Im Anfang war das
Wort /ımd das Wort war bey GOtt/ und GOtt war das
ort ; daffelbe war im Anfangbey GOtt: Alle Ding feynd
Durch daffelbe gemacht/ und ohne daßelbe ift nichts gemacht / was
gemacht ift.
8. In dieſer kurtzen Beſchreibung / lieget der gantze Grund
goͤttlicher und natürlicher Offenbahrung / im efen aller We⸗
ſen. Denn im Anfang / heiſt alhie / der Ewige Anfang im Wil⸗
len des Ungrundes zum Grunde / als zur Goͤttlichen Faſſung /
da ſtch der Wille ins Centrum zu einem Grunde faſſet / als zum
Weſen Gottes / und ſich einfuͤhret in Krafft / und aus der Krafft
außgehet in Geiſt / und im Geiſte ſich modelt in Empfindligteit
der Kraͤfften; alſo ſeind dieſelben Kraͤfften / welche alle in ei⸗
ner Krafft liegen / der Urſtand des Worts. Denn der einige
Wille faſſet ſich in der Ewigen Krafft / da alle Verborgenheit
innen lieget und rn oder fpricht fich durch Die Krafft aus in
Be⸗
Cap. ꝛ. Von der Genaden Wahl. 15
Beſchawligkeit; und dieſelbe Weißheit / oder Beſchawligkeit /
iſt ver Anfang des Ewigen Gemuͤhtes / als der Unbblickung
feiner ſelber / das heiſſet nun: das Wort war im Anfang bey
GOtt / und war GOtt ſelber.
9. Der Wille iſt der Anfang / der heiſſet GOtt der Vatter /
der faſſet ſich in Krafft / und heiſt der Sohn / und das Ens der
Krafft / iſt Die Scientz und Urſache des Sprechens / als der E[-
ſentz oder der Schiedligkeit der Einigen Krafft / als die Außthei⸗
lung des Gemuͤhtes / welches der Geiſt / mit ſeinem Außgehen
aus der Krafft / ſchiedlich macht.
10. Nun möchte aber kein Ausſprechen / oder Schallen ge:
ſchehen / denn die Kraͤfften ſtehen alle in einer einigen Krafft in
groſſer Stille: Weñ ſich nicht dieſelbe einige Luſt in der Krafft /
in eine Begierde / als in eine Scientz / oder Einziehen faſſete;
das ift/ die freye Luſt faſſet lich in eine Scieng feiner felber /
zu einer Formunge der Kräfften/ auffdag die Kraͤfften in eine
Compattion zu einem lautbahren Halle/ eingehen / davon die
fenfualifche Zungeder 5. Senfuumentfishet/ alseine innigliche
Beſchawung / Fuͤhlung / Hoͤrung / Nichung / und Schmaͤckung /
welches doc allhie nicht Ereatürlicher fondern nur auff Arth der
erſten Empfindligkeit und Findligkeit ſeaſualiſcher Arth / fol
verſtanden werden.
11. So heiſt es alßdenn allhie / das Wort (als die geformbte
Krafft) war im Anfange bey GOtt: demn allhie werden nun
2. Weſen verſtanden / als die ungeformte Krafft / das iſt das
In: Und die geformte Krafft / die heiſt das Bey / denn fie iſt
in das Etwas zur Bewegligkeit gefreften 5 das In / ift ftille/
aber das Bey iſt gefaſt / und aus diefer Faſſung und Scieng /
urftandet Natur und Ereatur/ ſamt allem Weſen.
12. Wir ſollen allhie uaſere Augen des Verſtandes weit auff
thun / auff daß wir wiſſen zwiſchen GOtt und der Natur zu un⸗
terſcheiden / und nicht nur ſagen: GOtt wil / GOtt ſchuff. Es
iſt nicht genug / daß man mit den heiligen Geiſte gauckelt / und
heiſſet ihn einen Teuffel / wie die gefangene Vernunfft thut /
welche ſaget: GOtt wil das Boͤſe. Denn aller boͤſer Wil:
le / iſt ein Teuffel / als nehmlich / ein ſelbſt⸗gefafſter Wille zur Ei—
genheit / ein abtruͤnniger vom gantzen Weſen / und eine
Phantaſey.
13. Darumbich den Leſer hoch vermahne / unſern Sinn recht
gu ergreiffen / und von der Phantaſey der Schluß- Reden (ohne
den wahren inniglichen Grund) ſich zu meyden / wir wollen ihm
allhie den wahren Grund darſtellen. 14. Ver⸗
16 Don der Genaden- Wahl. Eap.z.
14. Verftchet : die Kräffte zum Wort find GOtt / und die
Scienß / als das Magnetiſche Ziehen / ift der Anfang der Ras
tur ; nun möchten die Kräften nicht offenbahr werden ohne die=
fe Begierde des Ziehens; Gottes Majeftat / in wuͤrcklicher
Krafft zur Frewde und Herrligkeit/ würde nicht offenbahr ohne
Das Anziehen der Begierde / und wäre auch Fein Liecht in Gött:
licher Krafft / wenn fich nicht Die Begierde einzöge und überfchate
fete /darinnender Grund der Finſternuͤß verſtanden wird / wels
cher fich denn führet big zu des Fewers Anzuͤndung / alda fich
GDHtt einen zornigen GOtt / und ein verzehrend Fewer nennet /
da die groſſe Schiedligkeit / auch der Tod / das Sterben / und
Denn das groſſe lautbare Creaturliche geben / urſtaͤndet und vers
ſtanden wird.
ıs. Wie ihr deſſen ein Gleichnuͤßi in einer brennenden Kertzen
habet / da das Fewer die Kergeinfich zeucht und verzehret / alda
das Weſen erſtirbet / das iſt in dem Sterben der Finſternuͤß /
ſich im Fewer in einen Geiſt / und in eine andere Quaal (wel⸗
ches im Liechte verſtanden wird) transmutirck 5 da man in der
Kertzen kein recht fuͤhlich Leben verſtehet / aber mit des Fewers
Anzuͤndung ſich das Ens der Kertzen / indie Verzehrung in cin
peinlich fuͤhlend Weben und Leben einfuͤhret / aus welchem pein⸗
Tichen fühlenden Leben das Nichts / als das Eine / in einem groſ⸗
ſen Gemach / ſcheinlich und lichte wird.
16. Alſo iſt uns auch von GOtt zuſinnen / daß er ſeinen Wil
len darumb in eine Scientz zur Natur einfuͤhret / damit ſeine
Krafft in Liecht und Majeſtaͤt offenbahr / und ein Frewdenreich
werde; denn wenn in dem ewigen Einen keine Natur entſtuͤn⸗
de / ſo waͤre alles ſtille / aber die Natur fuͤhret ſich in Peinlig⸗
keit / Empfindligkeit / und Findligkeit ein / auff daß die ewige
Stille / beweglich werde / und die Kräfften zum Wort laut⸗
bayr werden. Richt das darumb dus Ewige peinlich werde /
(fo wenig alsdas Sicht vom Fewer peinlich wird) fondern dag
die Fewrende Eigenfchafft in ver Peinligkeit / die ſtille $uft
bewege.
17. Die Natur iſt der ſtillen Ewigkeit Werckzeug / damit
Sie formiret / machet und ſcheidet / und ſich ſelber darinnen
faffet in eine Frewdenreich / denn der ewige Wille offenbahret
fein Wort durd die Natur. Das Wort nimt inder Scienk Nas
tur an fich / aber das ewige Eine / alsver GO IEHOYAH,
nimt keine Natur an ſich / fondern wohnet durch die Natur}
gleich) wir Die Sonne Inden Elementen / oder wir das Nichts /
am
a dann
Cap. 2. DBonderGenaden Wahl. 17
im Liechte des Fewers / denn des Fewers Glantz / macht das
Nichts ſcheinend / und da man doch nicht ſagen ſoll ein Nichts
denn das Nichts iſt GOtt / und Alles; allein wir reden alſo /
ob wir dem Leſer koͤnten unſern Sinn und Begriff geben.
18. Die Ratur mit ihrem Urſtande in der Scieng / als in der
anziehenden Begierde / wird verſtanden wie folget : : Ich wil ein
Gleichnuͤhß fuͤrſtellen vom Fewer und Liechte / damit der Leſer ſich
moͤchte in den wahren Sinn und Verſtand / in Beyſtand Goͤtt⸗
licher Krafft / einfuͤhren.
19. Siehe an eine angezuͤndete Kertze / fo ſieheſtu ein Gleich⸗
nuͤß / beydes des Goͤttlichen / und auch des natuͤrlichen Weſens.
In der Kertze lieget alles untereinander in einem Weſen / in
gleichem Gewichte / ohne Unterſcheid / als: das Fette / das
Fewer / das Liecht / die Lufft das Waſſer / die Erde : Item
der Schwefel) der Mercurius/ das Salg und das Hehle/ aus
welchen das Feuer / Liecht / Lufft und Warfer urftandet ; da
fan man in der Kerge Feinen Unterſcheid halten und fügen / Das
iſt Fewer / das iſt Sicht das iſt Lufft / Das ift irrdiſch / man
fichet Ecine Urſache des Schwefels/ Salzes / noch Oehles; man
faget/ es ift cin Fettes / und iſt auch wahr / aber alle dieſe Ei>
genſchafflen liegen durinnen / und doch in keinem Unterſcheide
der Erkantnuͤß / denn fie ſtehen alle in gleichem Gewichte iu ver
Temperatur.
20. Alfo auch in gleichen iſt ung zu erkennen von dem ewigen
Einen) als von dem verborgenen unoffenbahren Gotte / auſſer
der ewigen Scien&/ das ift / auffer feinerkräfftigen Offenbah>
rung feines Wortes. Es liegen alle Kräfften und Eigenſchaf⸗
ten in dem unanfaͤnglichen GOtt TEHOVAH in der Tempera-
tar 5 aber in dehme der ewige Wille/ (welcher der Batter aller
Weſen und alles Urfiandes iſt) ſich inder Weißheit in einem
Gemuͤte zu feinem ſelbſt⸗Sitz / und zur Krafft einfaſſet / und daſ⸗
ſelbe Infaſſen außhaucht / fo faſſet ſich ſein Wille in dem Auge
hausen feiner Krafft/ in der Temperatur in dem Außgehen ſei⸗
ner felber/ in eine scientz zur Schiedligkeit / und zur Offenbah⸗
rung der Kräfften / dag in dem Einen / eine unendliche Biel
heit der Kräfften / als cin ewiger Blick erfiheine / auff dag
das ewige Eine) ſchiedlich / einpfindlich / fühlend / und mes
fentlich ſey.
21. Und in diefer Scieng / oder inzichenden Begierde (wie
man das etwan zum Verftande geben Bönte ) anfanget lich Die
ewige Natur / undinder Natur das Weſen; verſtehet ein Ei
18 Von der Genaden⸗Wahl. Cap.z.
lich Weſen / als Myſterium magnum,als der offenbahre GOtt(oder
wie man es ſetzen moͤchte / die Goͤttliche Offenbahrung) da dic heili⸗
ge Schrifft von GOtt / und von ſeinen Unterſchieden redet / als /
GOtt iſt gut; GOtt iſt zornig uni eyferig GOtt kan nichts Böfes
wollen; GOtt ver ſtockt ihr Hertze / daß Sie nicht glauben und ſee⸗
ligwerdenzItem es iſt / oder geſchicht Fein Ubels in der Stadt / das
der Herr nicht thut; ltem, darumb habe ich dich erweckt / das ich mei⸗
nes Zorns Macht an dir erzeigete. Item, die gantze Wahl des Gu—
ten und Boͤſen / und alles deſſen / davon die Schrifft redetz auch des
groſſen Unterſcheides Boͤſen und Guten in der Schoͤpffung / als
da find boͤſe und gute Creaturen; Item , in Metallen / Erden /
Steinen / Kraͤutern / Bäumen) und Elementen / wie zuſehen /
das hat alles feinen Anfang und Urſtand daher.
22. Es ift in der Natur immer eines wider das ander ge-
feßt / dag eines des andern Feind fey / und doch nicht zu dom En=
de dag fichs feindes fondern dag eines das ander im Streite be=
wege / und in fich offenbahre / auffdak das Myfterium magnum
in Schiedligfeiten eingebe / undin dem ewigen Einen / eine
Erbebligfeit und Freudenreich fey / auf dag das Nichts / in
und mit Etwas zu würden / und zufpielen babe / nemlich der
Geiſt GOttes / welcher fi Durch die Weißheit hat von Ewig⸗
keit in ein ſolch geiſtlich Myſterium eingefuͤhret / zu ſeiner ſelbſt
Beſchawligkeit; welch Myſterium er auch in einen Anfang zur
Creation, und zur Zeit / eingefuͤhret / und in ein Weſen und
Weben der vier Elementen gefaſſet / und das unfichtbahre
Geiftliche / mit-⸗und in der Zeit / ſichtbahr gemacht.
23. Wir zeigen euch deſſen ein wahres Bilde an der Welt /
als an Sonne / Sternen / und Elementen / und des Nyſterii,
daraus die vier Elemente urſtaͤnden. Wir ſehen / daß die Son⸗
ne in der Tieffe der Welt / leuchtet / und ihre Straalen zuͤnden
das Ens der Erden an / daraus alles wächfet: auch verſtehen
wir/ daß fie Das Ens im Myſterio magno als im Spiritu Mundi
(nemlich im Sulphur, Sal, und Mercurio) anzündet/ darin⸗
nen das Magifche Feuer eröffnet wird / aus welchem die gufft/
das Waffer / unddie Irrdigkeit / feinen Irftand nimmer. Das
iſt: das einige Element im Myferio magno der Auffern Welt 7
ſcheidet fich darnach in vier Elemente / welche wohl zuvorhin im
Myiterioliegen / aber Sieftehen in der Scieng / inder Magne⸗
tiſchen Impreflion ineinander im groffen Myfterio verborgen /
und liegen in Einem Weſen.
24. Nun gleich wie der Sonnen Krafft und ag 22
ylc«
EU UnEr I ⏑ —
Cap. 2. VBonderGenaden Wahl. 19
AMyſterium der aͤuſſern Welt auffſchlieſſen / daß Creaturen und
Gewaͤchſe darguß gehen: Alſo auch Hingegen iſt das Myfterium
der aͤuſſern Welt eine Urſache / darinnen ſich der Sonnen
Straalen auffſchlieſſen und entzuͤnden; wenn nicht das groſſe
Myſterium, in Sulphure, Sale, und Mercurio, geiſtlicher Arth
und Eigenſchafft / im Spiritu Mundi laͤge / als in der Scientz
der Sternen Eigenfhafften/ welche eine quinta Eſſentia, über
die vier Elementeift: fo möchten der Sonnen Straalen nicht
offenbahr werden. Weil aber die Sonne edler / und einen Grad
tieffer in ver Natur iſt / als das Myſterium der aͤuſſern Welt /
nemlich / als der Spititus Mundi, in Sulphure, Sale und
Mercuno , in der quinta Eflentia der Sternen : fo eindringet
fie ſich in Das. auſſere Myſterium, und zuͤndet das an / und auch
hie mit ſich ſelber / dag ihre Straalen feurig werden / denn ſonſt
wären fie nicht feurig ohne die Scientz im Myfterio dieſer Welt.
25. Und wie nun die Sonne ihre Begierde / heftig in vie
Scienß ins Myfleriem, als in diefe dreperfte/ nemlich Sal,
Sulphur und Mercurium , einjühret/ fich in ihnen anzuzünden
und zu offenbahren: alfo auch führet die Sciengihre Begierde
aus der quinra Eflenria der Sternen / Durch Diefe drey erften/
als Sulphur, Mercurium uno Sal, alfohefftig gegen der Sonnen]
alsihrem Natur=Gotte / welche eine Seele des Myfterii magoi
inder Auffern Elementiſchen Welt ift/ alseine Gleichnuͤß des
innern verborgenen Gottes.
26. Auch ſiehet man / wie die Sterne alſo gierig und hunge⸗
rig nach der Sonnen Krafft ſind / daß fie ihre Scieng und Be⸗
gierde Magnetifcher Arth im Spiritu Mundi , in die drey erften
einführen / und der Sonnen Krafft in fich ziehen; hingegen
ſich Die Sonne auch maͤchtig in ſie eindringet / ihre Scien& zu
empfahen; Deromegen fie auß der Sonnen Krafft ihren Schein
haben/ dag fie hinwieder ihre angeziindete Krafft / als cine
Frucht / indie vier Elemente einwerffen/ undalfo ineinander
— ren / und je eines des andern Offenbahrung / auch Krafft
und Leben iſt / ſo wohl auch des andern Zerbrechung / auff daß
nicht eine Eigenſchafft über die andern alle / auffſteiget.
27. Alſo hat es der Hoͤchſte alfo in eine Gleichnuͤß nad ſei⸗
nem eigenem Weſen / aus feinem ewigſprechenden Worte / auß
tem ewigen groſſen Myfterio (welches gantz geiſtlich iſt) in ei—⸗
ne Zeit geſprochen / und Das Ewige / in einer Zeit/ mit einer
Figur dargeſtellet / in welchem alles creatuͤrliche Leben uͤrſtan—
det / auch darinnen fein Regiment fuͤhret; — die
\ n⸗
20 Bon der Genaden- Wahl. ap.2:
Engel/ und ewigen Geifter / fo wohl die rechte innere Seele
des wahren Menfchen ; diefe haben ihren Urftand aus der ewi⸗
gen unanfünglichen Scieng oder Natur / wie hernach foil gemel⸗
Def werden.
25. Nun verſtehet diß angezogene Gleichnuͤß: Gottift die
ewige Sonne / alsdas ewige einige Gute / erwäreaber auffer
der ewigen Scieng / als der ewigen Natur / mit feiner Sonnen=
Krafft / als der Majeftät/ nicht offenbahr ohne die ewige geiſt⸗
liche Natur. Denn es wäre nichts auffer der Natur / darinnen
Gott in ſeiner Kraft Fönte offenbahr ſeyn / denn er iſt der An⸗
fang der Natur / und fuͤhret ſich doch nicht darumb aus dem
ewigen Einen / in einen ewigen Anfang zur Natur / daß er wil
etwas Voͤſes ſeyn: ſondern daß ſeine Krafft moͤge in Majeſtaͤt /
als in Schiedligkeit und Empfindligkeit kommen / und daß ein
Bewegen und Spiel in ihme ſey / da die Kraͤfften miteinander
ſpielen / und ſich in ihrem Liebeſpiel und Ringen alſo ſelber
offenbahren / finden / und empfinden / davon das groſſe unmeß⸗
liche Liebe-Feuer / im Bande und in der Gebuhrt der heiligen
Dreyfaltigkeit wuͤrckende ſey.
29, Deſſen geben wir Euch och mehr Gleichnuͤß am Feuer
und Sicchte: das Feuer deutet uns an in feiner Prinligkeit die
Natur in der Scieng / und das Liecht deutet unsan das Goͤtt⸗
liche Liebe-Feuer; denn das Liecht ift auch ein Feuer / aber ein
gebendes Feuer / denn es giebet Sich felber in alle Dinge / und in
feinem geben ift Schen und Wefen / nemlich $ufft / und ein geift-
lich Waſſer / in welchen öhlifchen Waſſer / das Liebe-Feuer
des Liechts fein Leben führet / denn es ift des Liechtes Speiſe;
fonft fo das Liecht folte eingefperret werden / und das geiftliche
Waſſer von der fenrenden Arth fich nicht ſcheiden möchte / und
fich in ſich mit dem Nichts / als mitdem Ungrunde refolviren
folte / fo erlöfche das Liecht; in dehm fichs aber mit dem Ungrun=
de/ darinn doch der ewige Grund lieget) relolviret / als mit
der Temperatur , da die Krüfften allein einer liegen: fo zeucht
Das $iccht=oder Liebe⸗Feuer daffelbe Geiftlihe Waſſer (welches
vielmehr inder Refolvirung ein Oehle oder Tinctur wird/als eine
en vom Feuer und giechts-glang/ ) wieder in fich zu feiner
reife,
en. Und allhie liegt das gröfte Arcanum, geiftlich zu eſſen.
Sieben Soͤhne / ob ihr das wüftet/ fo hattet ihr den Grund
aller Heimligkeit / unddes Wefens aller Weſen; umd von Dies
fen fagte uns Chriſtus / er wolte uns Waſſer des Mi —
en
Cap. 2. Bon der Genaden- Wahl. zz
bens geben / das würde in uns ineinen Quellbrunnen des ewi⸗
gen Lebens quallen / nicht das Auffere vom auffern Liecht-Feuer /
fondern das innere/ vom Göttlichen Liecht-Feuer erbohren /
Ir das Auffere ein Bildift.
. Alto wiffet und verftchet vi Gleihnüß: Das ewige
dir Gute / als das Wort der heiligen mentalifihen Zungen /
welches der Allerheiligſte JEHOVA, auß der Temperatur feines
eigenen Weſens / in die Scientz zur Natur ſpricht / das spricht
er nur dDarumb in eine Scienß der Sciedligkeit/ als in eine
Widerwertigkeit / dag feine heilige Kraͤfften fhiedlich werden/
und in den Glanz der Majeftät kommen / denn fie muͤſſen
durch die feurende Natur offenbahr werden. Denn der ewige
Wille / welcher Vatter heiſt / fuͤhret fein Hertz / oder Sohn/
als feine Krafft / Durch das Feuer auß in einen groſſen Triumph
der Freudenreich.
32. Im Feur iſt der Todt: Als das ewige Nichts erſtirbet
im Feuer / und augß dem Sterben komt das Heilige Leben; *
daß es ein Sterben ſey / ſondern alſo urſtaͤndet das Liebe-Leben
auf der Peinligkeit. Das Nichts / oder die Einheit / nimt
alſo ein ewig Leben in ſich / daß es fuͤhlende ſey / und gehet
aber wieder aus dem Feuer aus / als ein Nichts / wie wir
denn ſehen / daß das Liecht vom Feuer außſcheinet / und
doch als ein Nichts / als nur eine liebliche / gebende / wuͤrcken⸗
de Krafft iſt.
33. Alſo verſtehet (in der Scheidung der Scientz / da ſich Fewer
und Liecht ſcheidet) mit dem Fewer / die ewige Natur. Darinnen
ſpricht GOtt / daß er ein zorniger eyferiger GOtt / und ein ver⸗
zehrend Fewer ſey; welches nicht der Heilige Gott genannt wird /
ſondern ſein Eyfer / als eine Verzehrligkeit deſſen / was die
Begierde indie Schiedligkeit in der Scieng in ſich faſſet. Als da
ſich eine Schiedligkeit in der Scientz / in einem eigenen Willen /
über die Temperatur außzufahren / erhebet / ſich infaſſet / und
ſich vom gantzen Willen abbricht / und in die Phantaſey einfuͤh⸗
ret; wie Herr Lucifer, und die Seele Adams gethan haben / und
noch heute inder Menfchlichen Scieng / und in der See liſchen
Eigenſchafft geſchicht / daraus ein Diſtel-Kind / falſcher Scientz
(Teuffliſcher Arth) gebohren wird / welchen der Geiſt Gottes ken⸗
net / von welchen Chriſtus ſagete; Sie waren nicht feine Schaa⸗
fe. Item / daß der alleine Gottes Kind fen / deffen Seele nicht
vom Fleiſch / noch Blut / noch von dem Willen eines Mannes (al⸗
kin) ſondern von Gott / das iſt / auß rechter Goͤttlicher sr
au
22 Von der Genaden Wahl. Cap. 2.
aus der Temperatur, als aus der Wurtzel des Fiche-Fewers
entfprojfen ſey. In welche verderbte Adamifche Scienz / GOtt
fein Liebe-Fewer in Ehrifto wieder einführet / und wieder in des
Liechtes Temperatur, als in des Liechtes Scieng / eingewurtzelt
hat / davon hernach foll weiter gehandelt werden. |
35. Und wie wir nunimder Fewers-Anzuͤndung zwey Weſen
verfichen / alseines im Fewer / und das anderim Liecht / umd
alfo zwey Principia: alfo ifF uns auch von GOtt zuverfichen, Er
heift alleine GOkt nach dem Liechte / als in den Kräfften des Liech—
tes / da gleich auch die Scieng innen offenbahr ift/ und auch im f
unendlicher Schiedligkeit / aber alle im Liebe-fewer / daalle Ei>
genſchafften verKräfften ihren Willen in Einen/als in die Goͤtt⸗ j
liche Temperatur geben / da in allen Eigenfchafften nur ein eini⸗ k
ger Geift und Wille regieret / undfich die Eigenfchafften alle
in eine groffe Siebe gegeneinander / und ineinander begeben/ da
je eine Eigen chafft die ander / in groffer fewriſcher Liebe / bes
gehret zu ſchmaͤcken / und alles nur eine gantze liebliche / ineinan⸗
der inquallirende Krafft iſt / und aber ſich durch die Schiedlig⸗
keit der Scientz / in mancherley Farben / Kraͤfften und Tugenden
— zur Offenbahrung der unendlichen Goͤttlichen Weiß⸗
ir.
36. Wie wirdeffen ein Erempelan der blühenden Erden ha=
ben / an den Kräutern / da aus der Scieng der Temperatur, auf
dem guten Theil / ſchoͤne liebliche Früchte wachfen/ und darges
gen auß der Scieng der fewrifchen Natur / mit Einfaffung des
Fluchs der Erden / (indehme fie der Herz wegen des Menfchen/
und Teuffels Falls halben verflucht / und gu einem Abtreiben
aufffeinen Teſt / vorbehalten hat) eitel böfe frachlichte / diftlichte
Früchte wachfen / welche doch noch ein Gutes infich haben / we⸗
genihres Urftandes / da in der quinta Effentia die Temperatur
noch innen lieget / und auch am Ende follgefchieden werden.
37. Undfollen esan diefem Orte recht verſtehen; daß in der
Göttlihen Krafft / ſo viel GOtt / GOtt heiſſet / alsim Worte
der Göttlichen Eigenfchafften / Fein Will zum Böfen feyn Fön
ne / auch keine AWiffenfchafft vom Boͤſen innen fey / fondern
nur blog in dehme ift die Erkaͤntnuͤs Gutes und Boͤſes / da ſich
der ungründliche Willein die Fewrifche Scien& ſcheidet / da der
Natürliche und Ereatürliche Grundinnen lieget.
38. Denn ausder Göttlichen $Stebe-Scieng mag keine Crea⸗
tur einig alleine beftehen und gebohren werden / fondern fie muß
den Fewriſchen Triangelder Fewriſchen Scien& / nach * Ag
igkeit /
ar a IE
Cap. 3. Bon der Genaden Wahl. 27
ligkeit / infich haben / als memlich einen eigenen Willen / wel
cher cin particul/ als eine außgehauchte Scieng / und als ein
Straalvomgansen Willen/ausder Temperatur des erften uns
grümdlihen Willens außgehet / da lich Das Wort der Kräfften
im Fewer ſcheidet / und aus dem Fewer wieder in das Liecht.
39 Alda urſtaͤnden die Engel / und Seele des Menſchen / als
auß der fewriſchen Scientz des Anfanges der ewigen Natur / da
fich derſelbe Straal der feurifchenScieng wieder ſoll in die Liechts⸗
Temperatur eineignen / als in das gantze; ſo iſſet ſie von der hei⸗
ligen Tin&ur des Fewers und des Liechts / nemlich aus dem Geiſt⸗
lichen Waſſer / dariñ das Fewer eine Freudenreich wird.
40. Dem das Geiſt-Waſſer iſt eine taͤgliche Ertoͤdtung
der fewriſchen Scientz / dadurch die fewriſche Scientz mit dem
Liebe⸗fewer eine Temperatur wird / fo iſt alßdenn auch nur ein
Einiger Wille darinnen / als nemlich / alles das zu lieben /
das in dieſer Wurgelflchet; wie ſolches von den Engeln Got⸗
tes / auch von der Seeligen Seelen verſtanden werden ſoll / wel⸗
che alleſambt ihren Urſtand aus der Fewers:Scieng haben in
welcher Scieng das Liecht Gottes ſcheinet / daß fie einen ſtaͤten
Hunger nach Göttlicher Krafft und Liebe haben / und ihrem
Fewer / die heilige Siche zu einer Speife einführen / dadurch
der Fewriſche Triangul , in eitel Heiligkeit und Liebe / ingroffe
Frewde verwandelt wird. Denn nichts iſt / oder beftehet ewig/
es habe denn ſeinen Urftand aus dem Ewigen unanfaͤnglichen
Willen / aus der Fewriſchen Scientzdes Worts Gottes / wie
hernach ſoll gemeldet werden.
Das 3. Capittel.
Bon der Einführung der Fewriſchen Scieng / in
Geſtaltnuͤß zur Natur und zum Weſen / wie
fich die Scieng in Fewer einführe/
was das ſey / und wie die Biel:
fältigung entitche.
Die Portedes groffen Mylterii aller Heimligkeiten.
3 85 der there Mofes die Schöpffung der Welt bes
fHreibet/ fpriht Er : GOtt habe gefprochen Es
Werde / fofey es worden; umd denn fprichter: Im
Anfang ſchuff GOtt Himmel und Erden und oh.
am x, ſtehet; GOtt habe alle Dinge aus feinem
Worte gemacht,
3. In
24 DonderGenaden Wahl. Cap.z.
2. In diefem lieget nun der Grumd und tieffe Berftand: denn
von Ewigkeitift nichts als nur GOtt in feiner Drepfaltigkeit/in
feiner Weißheit gewefen / wie forne gemeldet / und darinnenfdie
Scienß/ als das Sprechen / aus ſich außhauchen / faffen / for»
men / und in Eigenfchafften führen. Das Faſſen ift das Schuff:
und die Scientz (als die Begierde) iſt der Anfang aus der Tem:
peratur zur Unterſchiedligkeit; denn der gantze Grund liget in
dehme da geſaget wird / GOtt ſchuff durchs Wort. Das Wort
bleibet in GOtt / und gehet mit der Scientz / (als mit der Begier⸗
de) aus ſich aus in eine Theilung / die iſt alſo zuverſtehen: die
Scientz iſt Ewig im Worte / denn ſie urſtaͤndet im Willen / im
Worte iſt ſie GOtt / und in der Theilung / als in der Faſſung /
iſt ſie der Anfang zu der Natur.
Die ıfte Species Naturæ.
3. Der Natur ıfte Geftalt iſt Herbe/ algdie Faßligkeit feiner
felber ; ihre Geſtaͤltnuͤßen / ſo in ihrer Anfaffung entftchen/feind
Diefe : als x. Finſternuͤß / denn die Faſſung überfchattet den
freyen Willen in der Scienß; Zum zten ift es die Urſach der Här=
tigkeit / denn das angezogene ift harte und raw / und ſoll doch im
Ewigen / nur Geiſt verftanden werden; Zum zten iſt es einellrſach
der Schaͤrffe / zum sten eine Urſach der Kälte / als der kaltfeuren⸗
den Eigenſchafft; zum sten eine Urſach aller Weſenheit / oder Be⸗
greiffligkeit / und iftim Myfterio Magno die Mutter aller Saͤl⸗
Be/ und eine Wurtzel der Natur / und wirdim Myfterio mit ei⸗
nem Wort Lal genannt / als eine geiftliche Schärffe/ der Urſtand
Gottes Zornes [auch der Urſtand der Sreudenreich.
Bon der zten Specie Naturæ.
4.Die 2te Geftalt in der Scieng/ ift der Stachelder Empfind-
ligkeit / alsdas Ziehen felber/ Davon das Fühlen und die Emp⸗
findligkeit urſtaͤndet; denn je mehr fich die Herbigkeit impreffet/
je gröffer wird diefer Stachel / als cin Wüter / Tober / und Zer⸗
brecher. Seine Theilung in Geftaltnüffen feind diefe/ als: Bit⸗
ter / Wehe / Pein / Rügen! Anfang des Widerwillens inder
Temperatur , eine Urſach des Geiſt-Lebens / auch eine Urfach des
Suallens. Ein Vatter oder Wurgeldes Mercurialifchen Le⸗
bens / in den lebhaften und wachſenden Jeine Urſach der fliegen
den Sinnen / auch cine Urſach der erheblichen Freuden im Liech⸗
te / und eine lirfach der feindlichen Widerwertigkeit in der firen>
gen Imprefion der Haͤrtigkeit Daraus der Streit und Wider⸗
wille entſtehet. Bon
Eanz. Bon ber Genaden⸗Wahtl. 25
Von der sten Specie Natur.
5. Die zteGeſtalt in der Scieng / ift die Angſt / welche in der
Widerwertigkeit der Herbigkeit / und ſtachlichten Bitterkeit
entſtehet / als ein Ens des Fuͤhlens / der Anfang der Eſſentz und
des Gemuͤhtes / eine Wurtzel des Feuers und aller Peinligkeit /
ein Hunger und Durſt nach der Freyheit / als nach dem Uns
runde / eine Offenbahrung des ewigen ungründlichen Willens
n der Scienß/da fich der Wille in geiſtliche Geſtaltnuͤß einfünrerf
auch eine Urſache des Sterbens / alsdie Gebuhrt des Todes / da
doch nicht Tod / fondern der Anfang des Natur-Lebens entftchetg
und iſt eben die Wurskel/ da GOtt md Natur / unterſchieden
wird. Nicht als eine Abtrennung / ſondern wegen der Tempe-
ratur inder Gottheit / daß allyie das lautbahre fenfualifche Leben
entſtehet / daraus die Creation ihren Urftand genommen hat.
- 6. Diefe drey obgemelte Geftalten / als Herbe / Bitter⸗Sta⸗
chel und Angſt / ſeynd die drey erflen in der Scieng des Einigen
Willens / welcher Batter aller Weſen heiſt / und nehmen ihren
Grund und Urſtand in der Scieng/aus der Dreyheit derGottheif.
7. Richt zuverftehen (dag fie GOtt fepnd ; fondern feine Of>
fenbahrung in feinem Wort der Kraft / aldı. Herbe/ welches
der Anfang zur Stärde und Macht ift / als cin Grund / daraus
alles komt und urfländer / aus des Vatters Eigenfchafft ins
Norte,
8. Zum zten der bittere Stachel / als des Sehens Anfang?
hatfeinen Urſtand ausdes Sohnes Eigenfihafft aus dem Wort;
denn esifteine Urfach aller Krafften und Schiedligkeiten / auch
des Redens / Berftandes / und der fünff Sinnen.
9. Zum zten die Angft/ die urftändet aus des heiligen Geiftes
Eigenſchafft im Worte / denn fie iſt die Urſach beyder Feuer /
als des Sicchtes Liebe⸗Feuers / und des peinlichen Feuers der Bera
zehrligkeit / und der wahre Urftand des gefundenen creatürlichen
Lebens Jauch des Sterbens zu Freud und Leyd / die Wurtzel alles
Lebens / aus der Scientz des einigen ewigen Willens.
20. Dieſe drey erſten werden in der Creation im Natur-leben /
nach der Compaction inder Schöpffung/ Sal, Sulphur, und
Mercurius genannt / da ſich das Geiſt⸗Leben hat in eine ſichtliche
begreiffliche Materiam eingeführet / welcye Mareria in allen Dine
genift/ alsinden Lebendigen im Fleiſche / und inden Wachfens
den der Erden) beydes Spiritualifch und Corporalifch/ nichts auß⸗
genommen / denn alle Wefen dicfer Welt ſtehen darinnen / wie
ſolches vor Augen / nd den erfahrnen bekannt iſt.
11. Denn
26 Von der Genaven Wahl. Cap.z-
11. Denn alfo hat fich die unfichtbare/als die Geiſtliche Welt/
mit viefen drey erften Geftalten / im ein fichtbar greifjlich Weſen
eingeführet / alsnach den Geiftern geiftlich / und nach den Coͤr⸗
pern begreifflich: Auch urftändet die gange Erde mit allen Mas
ferien daraus) ſo wohldas gange Beftirne mitden Elementeit.
Jedoch muß man weiter fehen / und durch alle fieben Geſtalten
gehen / wenn mandie Sonne / Sternen / und Elementen andeu>
ken wil/ wie ferner folget.
Bon der gten Specie Naturz,
12. Die vierdte Geſtalt inder Scientz aus dem Einigen Wil⸗
len / iſt nun des Feuers Anzuͤndung / da fich Liecht und Finfters
nuͤß fcheiden/ ein jedes in ein Principium, denn allhie ift des
Liechtes Urſtand / fo wohl des rechten $ebens in der Empfindlig⸗
keit der drey erften/ auch der rechten Scheidung zwifchen der
Angſt und Freude / und diß gefchicht alfo :
13. Dererfie Willem Dreyfaltigkeit/ welcher GOtt (auffer
der Natur und Ereatur heiſſet / faſſet fich in fich felber / zu ſei⸗
nem eigenenSitzi in der Gebaͤhrung der Dreyheit mit der Scien&/
und führer fi ich in Krafft; und in der Krafft/ indas gebährende
Wort/ als in einen eflentialifchen Scall/ zur Offenbahrung
der Kräften; und weiter imeine Begierde zur Empfindligkeit
und Findligkeit der Kräfften / als indie drey erften zur Natur /
wie oben gemeldet worden.
14. Alger aber in die Angft fich geführet / (nach dem Anfang
zur Natur) als in den Urſtand des ſpiritualiſchen Lebens: fo
faſſet er fich wieder in fich mit der Luſt der Freyheit / von der Angſt
frey zu ſeyn; das iſt / er faſſet den Ungrund / als die Temperatur
der Goͤttlichen Luſt und Weißheit / in ſich / welche alfo lieblich
ſanffte und ſtille iſt / und in dieſer Infaſſung geſchicht in der Angſt
der groſſe Schrack / da die Pein vor der groſſen Sanfftmuth er⸗
ſchrickt / und in ſich erſinckt als cin Zittern / davon das Gifft⸗Le⸗
ben in der Natur ſeinen Grund von Anfang hat. Denn im
Schracke iſt der Todt / und im Schracke faſſet ſich die Herbigkeit
mm Weſen / als in ein Mercurialiſch Geiſt⸗ waſſer / aus welchem
in der Imprefion im Anfange der Schoͤpffung der Erden / Stei⸗
ne / Metalle / unddas Mercurialifche/ Sulphurifche Waffer
erbohren worden / Daraus Metalle und Steine ihren Urftand
haben.
15. Dieſer Schrack macht in den drey Erften / als in Herbe /
Bitter / und Angſt / nach der finſtern Impreſſion in fi u wi
eind⸗
Cap z. Von der Genaden Wahl. 27
feindliche / ſchreckliche Leben des Grimmes oder Zornes GOttes /
des Freſſens / und Verzehrens / denn es iſt des Feuers Anzuͤn⸗
dung / als die Eſſentz der Peinligkeik oder Verzehrligkeit des
Feuers / und wird nach der finſtern Impreſſion die Hoͤlle oder
Hoͤhle genannt / als ein eigen in ſich ſelber infaſſend peinlich Le⸗
ben / das nur in ſich ſelber empfindlich und offenbahr iſt / und ge⸗
gen dem gantzen Ungrunde billich eine verborgene Höhle genannk
wird / welche im Liechte nicht offenbahr ift / und doch eine Urfüche
Des Lichtes Anzündung iſt: Auff Art) zu verfichen/ wie die
Nacht im Tage wohnet /umd keines das ander iſt.
16. & verftehet num des Feuers Anzündung recht: es ges
ſchiehet durch eine Conjundtion der drey erfien / in ihrer Eins
faſſung in Grimm; und am andern Theil / von ver lieblichen
Freyheit des Entisinder Temperatur, da Liebe und Zorn in cine
ander gchen. Denn gleich fo man Waſſer ins Feuer geuft/ fo ifts
ein Schrad ; alfo auch / wenn die tiebein den Zorn eingehet / fo
geſchicht auch ein Schrad : In der Liebe iſt der Schrack cin Ans
fang des Bliges over Glaſtes / da fich Die einige Siebe empfindlich
macht/ als Majeftätifch oder ſcheinende / alß der Anfang der
Sreudenreich /auff Arth wiedas Liecht im Feuer fcheinend wird⸗
Auch ift in der Jiebe der Anfang der Schiedligkeit der Kraͤfften/
Das die Kraͤfften iin Schracke außdringende werden / davon der
Ruch und Schmack der Unterſchiede / entſtehet / und in den drop
erften wird die peinliche Natur des Feuers verftanden.
17. Denn x. Herbe impreſſet und friffet / und. Bitter /ift
Der Stacheldes Wehes / und 3. Angſt / iſt nun der Todt / und
auch das neue Feuer⸗Leben / denn es iſt die Mutter des Schwe⸗
fels; und der Liebe Ens, giebet der Angſt / als der Schweffel⸗
Mutter / eine Erquickung zum newen Leben / aus welchem der
Glanz des Feuers urſtaͤndet. Denn wir ſehen daß das Liecht
ſanffte iſt / und das Feuer peinlich: alſo verſtehen wir / daß des
Liechtes Grund aus der Temperatur , als aus der Einigung aus
Dem Ungrunde der einigen Siebe / welche GOtt heiſt / urſtaͤndet 7
und das Feuer / aus dem fuͤhrenden Willen im Worte / aus der
Scientz durch die Impreſſion und Einführung in die drey Erſten.
18. Im Liechte wird nun das Reich GOttes verſtanden / alß
das Reich der Liebe: und im Feuer wird GOttes Staͤrcke und
Allmacht verſtanden / alg das geiſtliche Creatur⸗Leben: und in
der Finſternuͤß wird der Todt / Hölle / und Zorn GOttes / und
Das aͤngſtliche gifft⸗ Leben / verſtanden / wie ſolches an Erde / Stei⸗
nen / Metallen und Creaturen der ern gelchaffenen Welt?
zu ve rſtehen iſt. 19. Und
28 Bon der Genaden⸗Wahl. Cap. 3:
19. Und vermahne den Leſer / nur den hohen übernatürlichen
Sinn (dgichvon GOtt / und der Gebährung des Myfterii Magni
rede /) nicht irrdiſch zuverfichen ; denn ich Deufe Damit nur den
Grumd an / woraus das irrdiſche worden ſey; alfo muß ich zum
oͤfftern reden/ daß cs der Leſer verſtehet / und ihme nachſinnet /
und ſich in den innern Grund ſchwinget / denn ich muß dem him̃⸗
liſchen offters irzdifchen Namen geben / um deßwillen / daß das
irrdiſche davon außgeſprochen worden.
20. In der Feuers-Anzuͤndung lieget der gantze Grund aller
Heimligkeit / denn der Schrack der Anzuͤndung heiſſet in der
Natur Sal Nitri, als cine Wurtzel aller Saͤltze der Kraͤfften /
sine Schiedligkeit der Natur / da ſich die Scientz in unendlich
ſcheidet / und doch immerdar im Schracke / als ein Schrack der
Scheidung im Weſen aͤlſo bleibet. In des Feuers Anzuͤndung
(nach dem innern magiſchen Feuer verſtanden) macht ſich der
Geiſt GOttes webende/auff Arth wie ſich die Lufft außem Feuer
urſtaͤndet. Denn allda urſtaͤndet das Einige Element / welches
in der aͤuſſern Welt / in vier Elemente ſich außgewickelt hat / das
verſtehet alſo:
zz. Im Blicke des Feuers und Liechts / iſt die Scheidung;
der Geiſt ſcheidet ſich uͤber ſich / verſtehet in die Feuriſche Scientz
der Kraͤfften / denn er gehet aus dem Feuer-Schracke aus / als
ein new Leben / und iſt doch kein neues Leben / ſondern er hat nur
alſo Natur angenommen. Und das Ens der Liebe bleibet in Mit⸗
ten / als ein Centrum des Geiſtes ſtehen / und giebt aus ſich ein
Oehle / verſtehet geiſtlich / in welchem das Liecht lebet / denn es
iſt das Ens der feuriſchen Liebe. Aus dieſem feuriſchen Ente der
Liebe / gehet mit dem Geiſte uͤber ſich in die Hoͤhe aus die Tinctur,
alß das Geiſt-Waͤſſerlein / die Krafft vom Feuer und Liechte /
welches Name heiſt Jungfraw Sophia / 4. lib. Eſdræ. c. ı. v. 39.
22. Ihr lieben Weiſen / ob ihr Sie kennetet / gut waͤre es
euch; daſſelbe Waͤſſerlein iſt die wahre Demuth / welche ſich alſo⸗
balde mit der Temperatur transmutiret / und vom Liechte wieder
eingezogen wird/ denn es iſt des Liechtes Seele nach der Siehe /
und das Feuer iſt der Mann / als des Batters Eigenſchafft /
nehmlich die Feuer Seele; und hierinnen liegen die beyden Tin-
Suren / als Mann und Weib / die zwey Lieben / welche in der
Tempetatur Goͤttlich ſind / welche in Adam geſchie den worden /
alß ſich die Imogination, aus der Temperatur außwendete / und
An Chriſto wieder geeiniget worden.
23. Dihr lieben Weiſen / verſtehet dieſen Sinn / denn es lieget
all hi⸗e
Cu. 3. Von der Senaden- Wahl. | 29
allyie das Verlein der gangen Welt / den Unſern genug vers
ſtanden / und follen es nicht den Thieren geben.
24. Diedritte Scheidung aus dem Feuer / komt ausder Er⸗
tödtung des Feuers) als aus dem Weſen der dreyerſten / aus
dem Spititu sulphuris, Mercurii, und Salisz; und gehet als ein
ſtumm unfuͤhlend Leben unter ſich / und iſt der Waſſer-Geiſt /
aus welchem das materialiſche Waſſer der aͤuſſern Welt / ſeinen
Anfang hat / darinuen die drey erſten / mit ihrer Wuͤrckung ha=
ben Metalle/ Steine und Erden/ aus den Eigenfohafften des
Salnitri erbohren sdarinnen man doch auch Das obere Weſen aus
der Impreſſton des Liebe⸗Entis verſtehen fol / alsinden Edlen
Metallen und Steinen. Diefer Salnitrifhe Grund wird durch
Die Sonne auffgefchloffen / dag er ein wachfendes Sehen hat / dem
Unfern allyie genug verſtanden / denn er ift mit dem Fluche be=
det; wir laffen uns billich an dehme benügen was uns ewig er=
frewet / und wollen dem Thier nicht einen Frewden⸗Affen einjas
gen / und doch hernach andeuten was uns nuͤtzet.
25. Die vierdfe Scheidung geyetin die Sinfernüß / da auch
alle Weſen innen liegen und webende ſind / wie in der Liecht⸗
Welt / und in der aͤuſſern Elementiſchen Welt / aber es gehet
alles in die Phantaſey / nach der Qualität Eigenſchafft / davon
wir allhie nichts weiter melden wollen! wegen des falfchen Liechts
fo darinnen verftanden wird /und auch der Menfhen Verwegen⸗
heit halber. Jedoch wird dem falſchen Phariizo hiemit angedeu⸗
get! dag er Eeinen wahren Berftandvonder Höllen/ und der
Phantaſey habe / was ihre Qualitat und Fuͤrhaben ſey / und wor⸗
zu das ſey; Sintemal auffer GOtt nichts iſt / und doch auffer
SOtt iſt / aber nur inanderer Quaal/ und ein ander Leben / auch
einander Natur⸗Liecht / den Magis bewuſt.
Bon der sten Specie Naturx.
26. Die fünffte Geſtalt in der Scieng / iſt num das wahre
Licbe⸗ Feuer / das ſich in dem Liechte aus dem peinlichen Feuer
ſcheidet / darinnen nun Göttliche Liebe im Weſen verſtanden
wird; denn die Kraͤfften ſcheiden ſich im Feuerſchracke / und wer⸗
den in ſich begierig / da man alle Arth der drey Erſten auch dar—⸗
innen verſtehet / aber nun nicht mehr in Peinligkeit / ſondern in
Freudenreich / und inihrem Hunger oder Begierde / wie man es
fegen möchte. Als / in der Scientz ziehen fie ſich ſelber in Weſen /
ſie ziehen die Tin ctat vom Feuer und Liechte / nezmlich die Jung⸗
fraw Sophiamin ſich / Die iſt ihre Speiſe / alz nehmlich die groͤſte
B3 Saͤuffte;
30 Bonder Genaden Wahl. Cap. 3.
Saͤnffte; das Wolthun / und Wolſchmaͤcken / das faffet lich inder
Begierde der drey erſten im Weſen / welches das Corpus der
Tinctur heiſt / als die Göttliche Weſenheit / nehmlich Chriſti
himmliſche Leibligkeit.
27. Sieben Söhne / wo ihr es verſtehet / da Chriſtus Zohan. 3.
ſaget / Er wäre vom Himmel kommen / und wäre im Himmel :
dieſe Tin&ur ift Die Krafft des Sprechens im Worte/ unddas
Weſen ift feine Infaffung / da das Wort weſentlich wird; das
Weſen iſt das Geiſt-Waſſer / davon Ehriftus fagte/ Er wolte
uns das zu trincken geben/das würde unsin einen Quell⸗ brunnen
des ewigen Lebens quellen ; die Tin&ur wandeltes in geiftlich
Blut / denn fie iftihre Seele / es ift Batter und Sohn / aus wel⸗
shender H. Geiſt / als die Krafft / außgehet.
28. Oihr lieben Söhne / fo ihr dieſes verftehet / fo laſſet es eu
rem Geifte nicht zu / fich darinnen in Freude zu erheben / fondern
bieget ihn indie aller-gröfte Demuth vdr GOtt / und zeiget ihme
feine noch Unmwürdigkeit/ daß er nicht damitte in eigene Liebe
und Willen fahre/ wie Adam und Sucifer thaͤten / welche das
Perlein indie Phantafey einführten/ und fih vom Gantzen abe=
brachen. Bedencket wohl/ im welcher fchweren Herberge die
Seele gefangen lieget; Dehmut / und nichts wollen/ alsnur
Gottes Erbarmen/ iftdehmen/ welche Jungfrau Sophiam era
kannt haben / das befte und nüsefte / das Sie in Ubung nehineie
follen; Ss iſt ein hohes / das euch GOtt offenbahret / ſehet
wohl zu was ihr thut / macht nicht einen fliegenden Lucifer dara
aus / oder es wird euch ewig rewen.
29. Diefe fünffte Geftalt/ hat alle Kräfften der Göttliche
Weißheit in fich / und ift das Centrum , darinnen ſich GOtt der
Vatter in feinem Sohne / durchs fprechende Wort offenbahrer.
Es ift der Stod des Gewaͤchſes desewigen Lebens / Item, der
geiftlichen Ereaturen/ eine Speife der Feurifchen Seelen / fo
wohl der Engel/ und wasman nicht außfprechen kan; denn es
ift Die ewige immerwährende Offenbahrung der Dreyeinigen
Gottheit / da alle Eigenfchafften der heiligen Weißheit / infen-
ſualiſcher Arth / innen qualifieiren alsein Geſchmack / Ruch / und
ineinander inne qualificiren des Lebens des Liebe-Feuers / und
heiſt die Krafft der Herrligkeit Gottes / welche ſich mitten in der
Creation in alle geſchaffene Dinge hat außgegoſſen / und lieget
in jedem Dinge nach des Dinges Eigenſchafft imCentro verbor⸗
gen / als eine Tindur in dem lebendigen Corpore „ aus welcher
Sciegg alle Dinge wachſen und blühen / und ihre Früchte vn ;
welche
Cap. z. VonderGenadenWahl- 7:
welche Krafft in der quinra Eſſentia innen lieget/ und eine Cura
der Kranckheiten ift.
30. So vie vier Elemente mögen in die Temperatur gefeßt
werden / fo ift dns herzliche Perlein in feiner Wuͤrckung offen»
kahr ; aber der Fluch des Zornes Gottes / halt es wegen der
Menfhen Unmürdigkeit/ in ſich gefangen / den Medicıs wohl
verſtanden.
Von der oten Specie der Natur.
37. Die ſechſte Geſtalt in der Scientz / iſt in der Goͤttlichen
Krafft das Sprechen / als der Goͤttliche Mund / der Schall
der Kräften / da fich der H. Geiſt inder Siebe Infaſſung / laut⸗
barlich auß der ingefaften Krafft außfuͤhret als uns am Bilde
Gottes am Menfchen 7 in feiner Rede zur verftehen ift. Alfo iſt
auch ein Senſualiſch würdend Sprechen in der Görtlichen
Krafft inder Temperatur, welches wuͤrckende Sprechen in ven
fünf SenGbus recht verftanden wird / als eingeiftlih Schen/
Hören’ Riechen / Shmäden und Fühlen/ da die Offenbahrung
der Kräfften ineinander würden / welch Gewürde der Geiſt im
einen lautbahren Hallausfpriht / wie am Menfchen zu verjte-
henift / fo wohl auch an dem Außgeſprochenen Wort inden ge-
fehaffenen Creaturen / den Lebhafften / auch in den ſtummen
Waͤchſenden dergleichen.
32. Denn alda wird verftanden/ wie ſich die Geiſtliche Welt/
als der geiftliche Hall / mit in der Schoͤpffung hat eingegeben /
davon der Schall aller Weſen urſtaͤndet / welcher in der Ma—
terien eine Mercurialiſche Krafft / aus der fewriſchen / Haͤrte
genant wird / darinnen die andern Kraͤffte ihre Mitwuͤrckung
haben und geben / daß es ein Klang oder Sang wird / wican
den Lebhafften zu erkennen iſt / in den Stummen aber ein Klang
iſt; und wie man an einem Seitenſpiel ſiehet / wie alle Melo—
deyen ineinander in einem einigen Wercke liegen / welche der
Verſtand kan herfuͤr bringen.
33. Mehr iſt uns in der ſechſten Geſtalt der wahre Verſtand
der Senſuum zuverſtehen / denn wenn ſich der Geiſt auf den
Eigenſchafften hat außgefuͤhret / ſo iſt er wieder in der Tempe-
ratur, und hat alle Eigenſchafften in ihme; weſſen das Corpus
eine weſentliche Krafft iſt / deſſen iſt der Geiſt eine fliegende
Krafft / als eine Sinnliche / in welcher das Gemuͤhte verſtanden
wird / daraus die Sinnen urſtaͤnden; denn die Sinnen urſtaͤn⸗
den aus der Viele der unendlichen Eigenſchafften aus dem Feuera
34 ſchrack
32 Vron der Genaden⸗Wahl. Cap. z
ſchracke / darumb haben Sie beyde Centra , als Gottes Siehe
und Zorn / in ſich: weilfie in der Temperatur fichen / fo feind
a fo bald fie aber daraus auß gehen / und ich ineigene
roba ihrer ſelber / ſchwingen / fich felberin Eigenfchafften zu
finden/ und ſelber zuerkennen / fo ift die Sügengebohren/ daß ſie
von Eigenem Willen reden / und die andern Eigenſchafften fuͤr
falſch halten und verachten / und führen ſich alſobalde in eigene
Luſt / in welcher der ſchwere Fall Adams und Lucifers, ung zu
betrachten / und zu erkennen iſt.
34. Denn Adam war indie Temperatur mit den Eigenſchaff⸗
ten geſetzt: aber feine Scieng / fuͤhrete ſich in die Zertheilung / in
falfche Luſt / Durch des Teuffels 1nficirung / und fein Einhailen
ober Einreden / in welchem Einreden / Die Luſt fich in der Tein-
peratur erhnb / und in die Biele der Eigenfchafften einführete /
als eine jede Eigenſchafft in eine Selbheit.
35. Denn die Seele wolte ſchmaͤcken / wie es ſchmaͤckte wenn
die Temperatur auß einander ginge / als nehmlich / wie die Hitze
amd Kaͤlte / darzu Trucken und Naß / Harte und Weich / Her-
be / Suͤſſe / Bitter / und Sawer / und alſo fort alle Eigen:
ſchafften / ſchmaͤckten in der Unterſchiedligkeit / welches doch
GOtt ihme verbott / nicht zu eſſen von diſem Gewaͤchſe / das ift/
von der Offenbahrung der Erkaͤntnuͤß Boͤſes und Guttes / in
welchen Schmacke erſt der fewrige Hunger entftund / dag die
Lebens Geftaltnüffen / das Manna / als Gottes Brod auß ver
Liebe Weſen verlohren / und nichtmehr ſchmaͤcken Fonten / wie
es inder Temperatur in einem einigen Willen ware; Davon die
Lebens⸗Geſtaltnuͤſſen alfobalde fich in einen groffen Hunger in⸗
faſten / und die Viele der Eigenfchafften fich imprefleten / dar:
durch die Grobheit des Fleiſches entſtund / und die Vichifihe
Begierde) inder Vielheit der Scientz der Eigenfihafften der
Kraften/ in ihme offenbahr worden / und auch zubandt die
zerfheilten Eigenfihafften tm Spiritu Mundi, in ihn eindruns
gen/ als Hige und Kälte /auch das bitter frachlichte Wehe ihn
rührte/ welches alles in der Temperatur nicht hätte ſeyn mögen /
davon ihme auch zuhandt Kranckheiten im Fleiſche entſtunden /
denn die Eigenſchafften waren in den Streit und Wiederwillen
kommen.
36. Sobald ſich num itzo eine über die ander erhebet / oder
durch etwas angeatinpet wird / daß fie fich in die Höhe ſchwin⸗
get inder Qualificirung / ſo iſt es den andern ein feindlicher XRi=
derwille / davon entſtehet Wehe und Kranckheit / rief
Strei
Cap.zʒ. Von der Geraden Wahl. 33
Streit fuͤhret ſich alſobald in die drey erſten ein / da ſich alßdenn
die Turba erbiehret / und des Todes Kammer auffweckt / daß die
Gifftquaal das Regiment bekomt. Und das iſt eben der ſchwere
Fall Adams.
Von der zten Specie Naturæ.
37. Die ſtebende Geſtalt in der Scientz / iſt in der Goͤttlichen
Kraft das ingefafte Weſen aller Kraͤfften / da ſich der Schall /
als das ſprechende Wort / in der Scieng / in Weſen faſſet / als
ein Weſen / darinnen ſich der Schall zur Lautbarkeit faſſet.
Die fuͤnffte Einfaſſung mit der Liebe / als in der fuͤnfften Ge—
ſtalt / iſt gantz geiſtlich / als nehmlich die allerlauterſte Weſen⸗
heit; dieſe ſtebende aber / iſt eine Infaſſung aller Eigenſchaff⸗
ten / und heiſſet billich die gantze Natur / oder das geformte
Wort / das auß geſprochene Wort / als nehmlich der innere Goͤtt⸗
liche Himmel / welcher ungeſchaffen iſt / ſondern mitte in der
Goͤttlichen wuͤrcklichen Gebuhrt der Temperatur, inne ſtehet / und
heiſſet das Paradiß / alß cin gruͤnend Weſen / der gefaften
wuͤrcklichen Gottlichen Kräften / Da man die wachſende Seele
inne verlichet /auff Arth wie die Scieng ſich auf der Erden durch
der Sonnen Begierde inein Gewaͤchſe des Holtzes / Kräuter/
und Graſes / zeucht; denn die Scieng der Erden haffauch ihren
Urftand daher.
38: Denn als Gott die Geiftlihe Welt nach allen Eigen⸗
ſchafften / in ein äufferlih Weſen einführete/ fo blich das In⸗
nere / im aͤuſſern; als nehmlich das aͤuſſere als ein Geſchoͤpf: das
Innere aber als ein gebaͤhrendes Weſen / und derentwegen ſehen
wir die Welt nur halb / denn das Paradeis (als vie Innere
Welt) weldes in Adams Unfchuld durch die Auffere Erden:
mitte ausgrünete/ haben wir verlohren.
39. Mehrers iſt uns zuverſtehen dag die Sieben Zage mit
ihren Namen / ausdiefen 7. Geftalten urftänden/ alß nehmlich
alle Sieben auf einem Einigen/ welcher war der Anfang des
Myfterii Maghi; und der fiebende ift der Ruhetag / darinnen dag:
wuͤrckende Leben der 6. Eigenſchafften / innen ruhet / und iſt eben
die Temperarurim Weſen / da das wuͤrckende Leben der Goͤttli⸗
chen Kraͤfften innen ruhet. Darumb befahl GOtt in demſelben
zu ruhen / denn es iſt das wahre Bild Gottes / Da ſich Gott da⸗
rinnen in ein ewig Weſen von Ewigkeit / immerdar gebildet.
Und ſo wir doch ſehen wolten / ſo iſt er Chriſtus / nehmlich der
rechte in Adam geſchaffene Menſch — fiel / und ſich in den
RT.
—
6. Tage ⸗
34 Von der Genaden bahl. Kap.
6. Tagewercken mit der Scientz / in Unruhe einfuͤhrte und die fin»
flere Welt erweckte / und empor führte / welche Gott mit fei>
ner Höchften Sicbe-Tindur, in dem Namen JEſus / in de
Menfchen wieder tingirte/ und in den ewigen Sabbath der
Ruhe einführte,
40. Diefes feind alfo die ſieben Eigenfchaften der Ewigen
und Zeitlihen Natur / als nach der Emigfeit Geiftlih / und in
heller Erpjtalinifcher durchſcheinender Weſenheit / alfo zuglei>
chen: und nach der aͤuſſern gefchaffiien Welt / in Böfe und Gut
untereinander im Streite/ zudem Ende alſo worden) dag fich die
inneren / geiftlichen Kräfften/ durch sdie ffreitende Scientz / im
Ereaturliche Formen und Gebuhrten einführten/ daß die Götts
liche Weißheit / in Wundern der Formungen/ in mancherley
schen offenbahr wurde; denn in der Temperatur mag feine Crea⸗
fur gebohren werden / denn fie ift der Einige Gott / aber im
Außgange der Scient des Einigen Willens / in deme er fich in
Particular ſcheidet / fo mag eine Creatur / als ein Bilde des ge⸗
formen Wortes urftänden.
Das a. Capittel.
Vom Hrftande der Creation,
= Unftiger Leſer / ich vermahne dich) ſey ein Menfih}
und nicht ein unvernuͤnfftig Thier / und laß dich der
Sophiſten Geſchwaͤtz nicht irren mit ihrem Kaͤl⸗
ber⸗verſtande / die da nicht wiſſen was fie ſchwätz⸗
en / welche nur zancken und beiſſen / wiſſen und
werftehen aber nicht was fte geylen / und haben Feinen Grund im
Senfu.
2. Laß dich ach nicht irren diefe Feder] oder Hand
der Feder / der Höchite hat ſie alfo geſchnitzet / und ſei—
nen Athem darein geblafen / deßhalben wir ein ſolches
wohl wiſſen und erkennen / und nicht auf Wahn von ans
derer Hand / oder durch Aktralifihe Einfälle folches wif:
fen} als wir befchuldiger werden. Uns iſt eine Pforte
im Ternario S. auffgethan/ zu fehen und zu wien] was
der Her: zudiefer Zeit] in den Menſchen wiſſen wil/
anff daß der Streit ein Ende nehme / daß man nicht
mehr unıb Gott zaucke: durumb fo offenbahret Er Ba
ei:
Cap· 4. DBonderGenaden Wahl. 35
felber /und das folluns Fein Wunderſeyn / ſondern wir
ſollen ſelber daſſelbe Wunder ſeyn / das er mit Erfuͤllung
der Zeit / gebohren hat / ſo wir uns erkennen was wir
ſeind / und vom Streite ausgeheu in die Temperatur des
einigen Willens / und ung untereinander lieben.
3.Die gange Ereation/ beydes der Ewigen / und auch der Zeifs
fihen Ereaturen und Weſen / ſtehet in dem Worte Göttlicher
Krafft.
4. Die Ewigen urftänden auf der Scientz des Sprechens /
und auf dem einigen Willen des Ungrundes/ welcher mit dem
Wort des Sprechens; mit der Scieng ſich hat in Particular ein»
geführet.
5. Und die Zeitlihen urftinden in dem außgeſprochenen
Worte / alsin einer Bildtligkeit der Ewigen / da fich Das auß⸗
gehprohene Wort / in feiner subſtantz / in einen aͤuſſerlichen
Spiegel/ zu feiner Beſchawligkeit / wieder eingeführerhat.
6. Der Scieng Außtheilung aug dem Ungrundin den Grund⸗
mit der Einführung des fprechenden Worts / in ein wieder⸗ auß⸗
ſprechen des Weſens aller Weſen / zu und in Boͤſen und Guten /
ſtehet alſo: Esgebähren ſich drey Principia in dem Weſen aller
Weſen / da je eines des andern Urſach iſt / darinnen man auch
dreyerley Leben verſtehet / als drey Unterſchiede Goͤttlicher Of⸗
fenhahrung.
7. Erftlich die wahre Gottheitin fich felber in Dreyfaltigkeit?
in der Scienf des Ungrundes im Einigen Willen / da GOtt /
GoOtt gebieret / als nemlich der Einige Wille) der fich in die
Dreyheit einführet/ derift feinTrincipium ; dem es iſt nichts
por ihme / fo kan Er auch Feinen Anfang von Etwas haben) fon»
dern Er iſt felber fein Anfang / das Nichts / und auch fein Ef>
was.
8. Aber im Wort der einigen Böttlichen Krafft/ dafich die
Einige Scieng der Gebährung der Dreyheit / auß ſich felber auß⸗
haucht / alda urſtaͤndet der Anfang des erſten Principij, und doch
nicht im Grunde des Sprechens / alsder Dreyheit; fondern in
der Faffung der Unterfchiedligkeit / da fich die Unterſchiedligkeit
in Naturinfaffet /zur Empfindligfeit und Bewegligkeit/da fich
die Einpfindligkeit in zwey Wefen ſcheidet / als inden Grimm?
nach der Imrreflion in der Finſternuͤß in ein alt peinlich Feuer?
darinnen die Hite urſtaͤndet / da verſtehet man das ıflePrineipium
in. der Feuer⸗Wurtzel / welche ift das Centrum der Natur.
36 9. Und
36 Von der Genaden⸗Wahl. Cap. 4.
9. Und das ander Principium, verſtehet man in der Schei⸗
dung des Fewers / da ſich die Göttliche Scieng im Fewer / ing
Sicht ſcheidet / alda ſie ich hat in Natur und Wefen eingefuͤh⸗
ret / zur Offenbahrung der Goͤttlichen Frewdenrich / da das
Wort der Kräften / ineiner würdlichen Bebährung inne ſte⸗
het / da das Mens im Ens würcket- alda iſt die Scheidung zwi⸗
ſchen zweyen Principien / da ſtch Gott nach dem erſten einen zor⸗
nigen eyferigen Gott / und ein verzehrend Fewer nennet; und
nach dem andern / einen lieben barmhertzigen Gott / der nicht
Das Boͤſe wil / oder wollen Fan.
ı0.. Dasdrifte Principium wird indenfichen Tage⸗wercken
verftanden , alda fich die 7. Eigenfihafften der Natur / in der
Siebenden / in ein Weſen zur Faßligkeit cingeführet 5 welch
Weſen in fich felber heilig/ rein und gut iſt md der ewige unge—
ſchaffene Himmelheiffet / als die. Stätte Gottes / oderdas Neich
Gottes; Item / Paradeis / das reine Element/das Göttliche Ens,
9— ei man cs nach feiner Eigenſchafft etwan nennen möchte.
Daffelbe einige Weſen des Göttlichen Gemwürdes /
weiches von Ewigfeit je gewefen ift / bat GOtt mit der
Scien feines ungründlichen Willens / gefaffet und beweget /
undindas Wort feines Sprechensingefaffet/ und aus dem er=
ſten Principio der peinlichen finftern Fewer⸗Welt / und auß der
Heiligen liecht-ſlammenden Liebe-Welt / außgefprochen/ als
eine Fuͤrmodlung der innern geiftlichen Belt.
12. Und das iſt nun die auffere ſichtbahre Welt mit Sternen
und Elementen / doc nicht zuverſtehen / daß es vorhin ſey im
einem greifflichen Weſen / im Unterſchiede geweſen: es iſt das
Myfterium magaum gewefen / da alle Dinge in der Weißyeit /
an geiftlicher Form in der Scien& des Fewers und Liechts / in ci=
nem ringenden Liebe⸗ ſpiel geſtanden iſt; Nicht in Creatuͤrlichen
Geiſten / ſondern in der Sc enf ſolcher Inmodelung / da die
Weisheit alfo mit fich felber in der Krafft gefpieler hat. Die:
felbe Inmodelung / hat der einige Wille / ins Wort gefaſſet / und
Die Scientz aus dein Einigen Willen freygehen laſſen / daß ſich
eine jede Krafft in derScheidung im eigenen Willen/in der frey⸗
gelaffenen Scient in eine Forın einführe nachihrer Eigenfchafft.
13. Solches hat das Höttliche Schuff / als die Begierde der
ewigen Natur / welche das Fiar der Kraͤfften heiſt / eingefaſſet / als
in eine Compaction der Eigenfharften. So ſpricht nun Moſes:
Gott habe im Anfang / als in derſelben Infaſſung Myſterii Magni,
Himmel und Erden geſchaffen / und gefaget/es ſollen allerley:
Cred⸗
Cap Von der Genaden⸗Wahl 37
Creaturen herfuͤr gehen / ein jedes nach ſeiner Eigenſchafft.
14. Das iſt uns nun zuverſtehen / dag in Dem Verb> Fiat
iſt das Myſt. mag. gefaffet worden / in ein Weſen / als aus dem
inneren geiftlichen Weſen / in ein greiffliches / und in der Bes
greiffligeeit / iſt die Scieng des Sehens gelegen / und ſolches in
zwo Eigenfchafften / alsin einer mentalifchen und entaliſchen:
das iſt / in einer recht lebendigen / aus dem Grumde der Ewig—
keit / welche ſtehet in der Weißheit des Worts: und in einer
außgruͤnenden / auß des Weſens ſelbſt eigener in ſich erbohrner
Scientz / welche das Wachsthumb iſt / darinnen das wachſende
Leben ſtehet / als das ſtumme Leben.
xs. Auß dieſem Myiterioift anfaͤnglich die Quinta Eſſentia,
als das Ensdes Wortes/ offenbahr und weſentlich worden/ an
welcher nun alle drey Principia gehangen find / da fich denn das
Weſen hat gefchieden/ als nehmlich das Geiftliche in geiftlich
Weſen / und das Stumme / in ſtum̃ Weſen / als da find/ Ervde/
Steine / Metall / und das materialifhe Waſſer.
16; Die drey erſten haben ſich erſtlich gefaſt in ein geiſtlich
Weſen / als in Himmel / Fewer / und Lufft; denn Moſes ſa—
get; Im Anfang ſchuff GOtt Himmel und Erden; das Wort
Himmel / begreifft das geiſtliche Element / als die geiſtliche
Ober⸗Welt / mit der Wuͤrkung der vier Elementen / da ſich das
einige Element hat auf gewickelt mit der Eigenſchafft der drey
erſten / darinnen die Natur in ihren ſteben Geſtalten innen lie—
gets; daſſelbe geiſtliche / hat von ſich außgeſtoſſen das grobe ge=
faſte ſtumme Weſen / als die Materiam der Erden / und was
darinnen begriffen iſt / nad und aus Eigenſchafft ver
ficben Geſtalten der Natur. / und ihrer Außtheilung/ da fich
denn eine jede Geſtalt mit ihrer Außtheilung oder Viel—
fültigung / bet in Weſen eingeführet / wie man das an dem
wachfenden Geiſte fichef / welcher aus dem Salnitrifhen
Sude der bepden Fewer / / Die Scieng jeder Eigenfchafft aus ſich
in die Höhe augführetin die Begierde des obern Geift>$ekens /
von welchem denn auch Die Erde Kraft empfaͤhet / in welcher
oberen und-untern Kraft / ſich der Erven Scienk /- in ein Ges
wächfe einführet/ welch Gewächfe die Sonne mit ihrem $iecht=.
Fewer anzuͤndet / daß Frucht darauswächft / auff Arth wie die
innere Magiſche Sonne des Liechtes Gottes / die Innere Na⸗
tur anzuͤndet / darinnen das Paradeis wachſende und gruͤnende
ſtehet; Verſtehet in der Temperatur des ewigen Elements / wel»
ches dem Irrdiſchen verborgen iſt; in einer Summa / wollen⸗
B7 wir
38 Donder Genaden Wahl Ganz
wirdem Sefer andeuten/ was das Wefen aller Weſen ift.
17. Die Innere Heilige Geiftliche Welt / ift das Außſpre⸗
chende Wort Gottes / welches ſich in Weſen und Wuͤrckung
einfuͤhret / nach Liebe und Zoru / da man in der Impteſſion der
Finſternuͤß / das Boͤſe verſtehet / und iſt doch in Gott nicht boͤ⸗
fe / ſondern nur in ſeiner eigenen Faſſung der Selbheit / als in
einer Creatur / und da es doch auch gut iſt / ſo re nur die Crea⸗
tur in der Temperatur innen ftchet.
18. Und in der Faſſung des Liechts / verſtehet man das Reich /
als den offenbahren Gott mit ſeiner wuͤrcklichen Krafft / welche
fich in der fewrenden Natur / in ein lauthbahr Wort faſſet zur
Göttlihen Offenbahrung im H. Geifte. Daſſelbe wuͤrckende
Wort auß allen Kraͤfften / auß Gutem und Boͤſem / als aus
dem Liecht⸗ und Liebe⸗Fewer / und auß dein peinlichen und fin⸗
fern Ratur⸗Fewer / welches in der Ewigkeit in einem wuͤrckli⸗
hen Weſen in zweyen Prineipiis, als in Liecht und Finſternuͤß
geſtanden / hat fich außgeſprochen in eine Zeit / und geführet in
ein Weſen eines Anfanges und Endes / und gebildeti indie Crea-
tion zu ſeiner felbft Offenbahrung.
19. Das ift/ diefe Auffere Welt mit ihren Heeren / und alle dehm
was darinnen lebet uñ webet / das iſt geſchloſſen in eine Zeit eines
Uhrwercks / das laͤufft nun von ſeinem Anfange immerdar wies
der zum Ende / als wieder in das erſte / darauß es gegangen iſt
und das iſt zu dem Ende alſo offenbahr worden / auff daß das ewi⸗
ge Wort in ſeiner wuͤrcklichen Krafft / Creatuͤrlich und bildlich
ſey / daß gleich wir ſichs von Ewigfeitin der Weißheit geformi⸗
ret und gebildet hat / alſo auch in einem particular Leben gebil⸗
det ſey / zur Herrligkeit und Frewde des H. Geiſtes / im Wor⸗
te des Lebens in ihme ſelber.
20. Und darumb hat Gott in der ewigen Scientz des Ewigen
ungruͤndlichen Willens / Engel geſchaffen aus beyden Fewern /
als auß dem Fewer der Natur / und aus dem Fewer der Liebe;
wiewol das Kebe⸗ Fewer keine Creattir geben mag / ſondern es
wohnet in der Creatur / und erfuͤllet fie wie die Sonne die Welt/
oder die Natur / in der Zeit der Welt / auff dag der H. Geift
alſo ein Frewden⸗Spiel in ſich ſelber habe.
21. Und ſollet uns von den Engeln / recht und wohl verſtehen /
denn alhie lieget der Grund / darumb die Frage wegen der Gena—⸗
den⸗Wahl gehandelt wird / darinnen die Vernunfft irre laufft.
22. Die heilige Schrifft nennet die Engel Fewer⸗und Liecht⸗
F lammen / Pf, 204. und auch dienſtbahre Geiſter / Hebr, 1. de⸗
5
een 0. 5
u —
De Are —
Cap. 4. Von der Genaden⸗Wahl. ;s
ane ift alfo: und ob fie wolihre Hoch-fürftliche Regimente haben /
fo feind ſie doch allefamt nur ein zugerichtetes Inftrument des
einigen Beiftes Gottes in feiner Frewde / welche er mit ihnen
offenbahret/ denn er offenbahret ſich felber durch ſie.
23. Ihre Subftang und Wefen / fo viel fie ein Eigenthum
feind / und Ereaturen genannt werden / iſt eine Infaffung der
ewigen Natur / welche ohne Anfang in Göttliher Wuͤrkung /
zu feiner ſelbſt Offenbahrung / in der ewigen Gebährerim ftca
het. Verſtehet / nach der Creatur / feind fie der ewigen Ras
tur aller ſieben Geftalten / und in groffer Unterſchiedligkeit
der Kräfften/ auff Arth wie fich die drey erften / inder Naturz
in unendliche Unterfehtede einführen und formen / alfoift auch
ihre Ereatur in vielen Eigenfchafften zu verfichen / ein jeder in
ſeiner Eigenfhafft.
24. Und feind uns fürnemlich fieben Hohe Fuͤrſtliche Regimen⸗
te / indreyen Hierarchien zu verftchen / nach dem Qucllbrums
der fieben Eigenfihafftender Natur / da fich denn eine jede Gea
kalt der ewigen Natur / in einen Thron gefaft / als zur einem
Regiment / darinne die Unterfchiede verſtanden werden / auch der
Wille des Gehorſams gegen dem Thron⸗-Fuͤrſten.
25. Dieſes haben ſie in Verwaltung / als Creaturen Goͤtt⸗
licher Gaben / da ihnen GOtt das Weſen (deſſen fie ein Bilde
ſeynd) zum Beſttz hat gegeben / darinn ſie wohnen / welches iſt
die Heilige Geiſtliche Krafft der Welt / der Temperatur. Ihr
allerinnerlichſter Grund / welcher aus Goͤttlicher Eigenſchaͤfft
von Ewigkeit urſtaͤndet / iſt der Einige Wille des Ungrundes/
in Grund; alfo urſtaͤnden fie nach dem Anfange zur Natur]
aus der Scient; des freyen Willens / aus welchem / und in wel⸗
chem freyen Willen / Gott ſein Wort gebiehret. Derfelbe freye
Wille / hat ſich in der Natur-Gebuhrt / als im ıftenPrincipio des.
Fewers Anzuͤndung Fin Schiedligkeit eingefuͤhret / und auß
derſelben Schiedligkeit im Urſtande Des Fewers / ſeind die En—
gel im freyen Willen (als ein Particular des ungruͤndlichen
freyen Willens ) eingeführetworden / fich mit dem freyen Wils
len / in das erſte oder andere Principium einzuwenden / umd zu
offenbahren.
26. Gleich wie Gott felber in demſelben Freyen Willen frey/
undallesift/ und ich im felben freyen Willen in der Natur ins.
Fewer / Liecht / und Finfternüß /in Dein und Quaal / fo wohl
in Liebe und Frewde einfuͤhret: alſo auch hat das Particular
Macht]
40 Bon der Genaden⸗Wahl. Kap.a.
Macht / auß dem gansen frepen Willen ſich in creaturliche Ei⸗
genſchafft einzuführen / in. den dreyen Hierarchien oder Princi-
pien / wie fie wollen. Als/ die Scieng mag fich in den dreyen Hie-
rarchien faſſen und offenbahren/ worinnen fie Gewalt hat/
gleich wie die Göttliche Scieng ſich in Weſen / und Wuͤrckung
hateingeführet / als ein Theil im fewriſchen / nach der Kälte;
Das ander / im fewriſchen / nach der Hitze; daß dritte / im few⸗
rifchen / nach dem Liechte; dasvierdte / indie Phantafey / als
in ein Spiel der Natur Selbheit / da ſie mit ſich felber in der
Ungleichheit fpielet / inden Eigenfchafften.
27. Die drey Hierarchien / feind uns in dreyen Principien zu⸗
verftchen/ alsindreyerley Natur-Liecht: die erfle Hierarchia ,.
ſtehet im Weſen wes ewigen Vaters Eigenfhafft/ nach dem
Feuer der Stärce / alsin der Fewers-Tindtur, im Weſen der
Natur; Die andere Hierarchia ,. frehet in der Liecht-Fewers
Tinctur, nad) des Sohns Eigenfchafft in der ewigen Natur /
und ift die Heiligfte s Die dritte Hierarchia ,. ftchet in der Na=
tur Selbheit / als da ſie in den Eigenſchafften gegen einander
fpielet wie die 4. Eleinenteinder Sternen Krafft fpielen : Und
Diefe ift nach dem Centro der Finfternüg offenbahr / und fie hat
auch ein Natur⸗Liecht in fich/ als den Falten und higigen Fewer⸗
blis oder Blick / darinnen die Berwandlung verftanden wird/
als da ſich die Creatur mag balde in diefe oder andere Form ver⸗
wandeln / und wird in der Natur/ die falfche Magia genannt; in
welche Hierarchiam , Fürft Luciferfich gewendet hat / und fich
auß der Temperatur , mit der Scienf aufgeben / deffen Reich
eine Höhle oder Hoͤlle / genaũt wird / darumb daß cs in ſich ſelber
in der Finfternüß wohnet undein falch $iccht hat / das nicht mit⸗
te in der Temperatur innen ſtehet / ſondern fuͤhret eine Luſt und
Begierde der Phantaſey / des Bawens und Zerbrechens / da jetzt
eine Geſtaltnuͤß ſormiret / und gar bald nach den ringenden Ge⸗
ſtaltnuͤſſen der Natur wieder zerbrochen / und in ein anders
gewandelt wird: Welch Reich mit im Loco dieſer Welt / im
Geſchoͤpffe im Regiment ſtehet / zwar nicht nad) den vier Ele=
menten und dem Geftirne / aberdoch darinnen verborgen / und
fih mitte in die Geſchoͤpffe eindringende/ darinn die Teuffel / und
Geiſter der Phantaͤſey / in den vier Elementen wohnen.
28. Wenn die Sonne und das Waſſer ſolten auffhoͤren / ſo
waͤre daſſelbe Reich offenbahr: es bildet ſich mitte in etliche Ge⸗
waͤchſe / item in Metallen / welche nicht fie ſeynd und im er
|
ar
CTap. 4. Don der Genaden Wahl. 43
beftchen / item in Kräuter / Vaͤume / und Ereaturen/ da»
sinnen die falſche Magia der Zauberey verlfanden wird / und
darumen Chriftus den Zeuffel einen Fürften diefer Welt
nennet.
29. Denn da er auß dem Liecht verſtoſſen ward / fiel er in
das Reich der Phantaſey / ins Centrum der Natur / auſſer der
Temperatur in die Finſternuͤß / da er ihmeanag ein falſch Liecht /
auf dem hitzigen und Falten Fewer / durch die Scieng der Macht
der Ewigkeit / eröffnen. Denn das iſt Lucifers Fall / daß er mit
eignem Willen / das Reich der Phantaſey / in feiner Creatur
—— daß er den ewigen Willen auß der Temperatur, in
die Zertrennung / als in die Ungleichheit det Phantaſey / ein⸗
führte / welche Phantaſey ihn auch zuhandt fing / und darein
in einen unerleſchlichen kalten und hitzigen Feuerquaal / in die
Widerwertigkeit der Geſtaltnuͤſſen / einfuͤhrte.
30. Denn der Grimm der ewigen Natur / welcher Gottes
Zorn heift / offenbahrte ſich in ihnen / und führte ihren Willen
indie Phantafey / und darinn leben ſie noch/ und mögen nun an⸗
ders nicht thun / alswasder Phantafey Eigenfchafftift / / nehm⸗
lich Narrentey treiben / ſich verwandeln / das Weſen zerbrechen:
Item, in kalter und hitziger Fewers-Macht ſich erheben / einen
Willen in ſich faſſen uͤber die Hierachien Gottes der heiligen
Engel außzufahren / ſich in praͤchtiger Fewers-macht nach dem
erſten Principio , in ihrem Grimme fehen zu laffen ; ihr Wille
iſt cine lautere Hoffarth / Item ein Geiß zur Vielheit der Ei:
genföhafften/ ein ſtachlichter Neid aus dem bittern Wehe / ein
Zorn aus dem Fewer / ein Verzweiffeln aus der Angſt.
31. In Summa/ wie die drey erſten / als nehmlich der Spiti-
tus der Natur / im geiſtlichen Sulphure, Sale, und Mercurio, ifte
Alſo iſt auch ihr Gemuͤthe / darauß die Sinnen kommen. Verſte⸗
*
het / wie die drey erſten auffer dem Liechte Gottes in ihrem Ur⸗
ſtande ſeynd / alſo iſt auch der Teuffel in ſeinem Willen und Ge⸗
muͤte; denn ſeine Erhebung war nach dem xftenPrincipio, daß er
möchte ein Herr über und inallem © Weſen / auch überake Eng»
kirche Heere feyn. Und darumb wante er fich vonder Demuth rer
Liebe abe / und wolte in Fewers- Macht darinnen herrſchen / wel⸗
ehe ihn aus füch außgeſpeyet / und ſich zu einem Richter geſetzt /
und ihme den Goͤttlichen Gewalt genommen hat.
32. Und wegen dieſer Erhebung / iſt uns zubetrachten und
hoch erkaͤnntlich; dieweil Die Engel vor der Zeit des dritten Prin-
eipii, in der erſten Göftlichen Bewegung geſchaffen —
TE
42 Von der Genaden Wahl. ap.
wie fich das Neich der Phantaſey / im Grimmeder Natur/ fo
gewaltig beweget / geimpreffet / und gefaffet hat / im welcher
Faffung / die Erde und Steine ihren Urftand genommen haben;
nicht dag fie die Teuffel geurſacht haben x fondern fie haben die
Mutter der Natur / alsnehmlich den Grimm Gottes/ geurſa⸗
chet / daß er ihnen das Weſen hat in eine Compa&ion verfchlofs
fen / und in einen Klumpen gebracht / weil fie wolten ihre Gaͤuc⸗
keley in der Matrix Naturæ treiben. Daſſelbe iſt ihnen num entzo⸗
gen / daß fie num muͤſſen im Spirituahifchen Grunde / in derfel⸗
ben Mutter der Phantafey / gefangen liegen / und ſeind die
arınflen Ereaturen / denn fie haben GOtt und fein Weſen vers
lohren. Der dagar zureich feyn wolte / der ward arm: inder
Demuth hätte er alles gehabt / und mit GOtt gewürdet/ aber
in der Selbheit ift er narrifch / auff daß erfant werde / was
Thorheit oder Weißheit ſey / alfo hat ihn GOtt in feinen eiges
nen Willen / durch fein eigen Erheben / indie Thorheit gefchlofs
fen / alsin eine ewige Gefaͤngnuͤßz. |
33. So fpricht die Vermunfft > es ift Gottes ABille gewe—⸗
fen / auff dag feine Weißheit von der Thorheit unterfchieden
würde / und das verfianden werde / was Weißheit oder Thor⸗
heit fey / fonft wüfte man nicht was Weißheit wäre ; darumb
hat ihn Gott fallen laſſen / und verſtockt / daß ereshatthun
muͤſſen / fonft wäreesnichtgefchehen. Alfoweit komt die Bex⸗
nunfft/ und mehr verfichet fie nicht.
34. Antwort. Als fich der Ungrumd / mit dem einigen Wils
ken / in eine fewrifche Scheidung eingeführet / da war die Scientz
im Fewer in der Scheidung frey : da feheidete fich eine jede
Scieng inder Theilung / inihreneigenen Willen / und die Vic»
fe der Willen / wurden alle indie Temperatur geftellet / und hat»
ten an fich bangen die 3. Hierarchien / ( $iecht / Feuer / Finſter⸗
nüß) Da mochte fich ein jedes Heer/ mit Einfaffung feiner Crea⸗
fur / in diefen 3. erften / in eine Hierarchiam einführen wie es
wolte ; und day dig wahr fey / it offenbahr an dehme / denn die
Zeuffel waren im Urftande Engel/ und funden in der Tem-
peraturim Freyen Willen : Nun mochten fie fich wenden wohin
jte wolten/ dahin folten fie beftätiget werden.
35. Sprihftu: Nein/ Gott machte mit ihnen was er wols
fe. Antwort: Soverftche es nur recht: die Scieng it GOt⸗
tes ewiger ungründlicher Wille felber / welcher fi) hat in Na⸗
furund Creatur eingefuͤhret; allein in der Scieng der Ereatur /
entſtund der Wille / ſich in die Phantaſey / als ins Gentrum
zung
Cap. Von der Genaden- Wahl. 43
zum Fewer-Leben / einzuführen / unddarauff folgte dic Beftäs
tigung und Scheidung / auch die Außftoffung auf der Tempera
fur in den Quaal / darein ſich Die Scieng mit dein freyen Willen
gewant hatte.
36. Diefelbe Hierarchia der Finſternuͤß und der Phanta—
fen / nahm denfelben Willen an / und beftätigte ihn in ihr;
alfo ward auf einem Engelein Zeuffel / als cin Fürft im Grim⸗
me GOttes / alda innen ifter Gut / Denn wie GOttes Zorn iſt /
alſo iſt auch ſein ingebohrner Thron-Fuͤrſte / er iſt und bleibt
ewig ein Fuͤrſt mit feinen Legionen/ aber nur im Reiche der
Phantaſey: Denn wie das Reich derfelben Kräften in fich ift /
alfo it auch fein ingebohrner Fuͤrſt; des Grimmen Reiches
Quaal / ift ie Mutter feiner Selbheit / als ſein GOtt / er muß
nun thun was ſein EOtt wil / und alfo ift er cin Feind des Guten /
denn die Liebe iſt ſein Gifft und Toͤdten; und wenn er gleich
in Heiliger Krafft im Liechte ſaͤſſe / ſo zooͤge er doch nur Gifftquaal
in eh denn fie wäre fein Seben und Natur. Gleich als ob man
eine Kröte in eine Zuckerbuͤchſe fegte / fo zöge fie doch nur Giffe
darauf / und vergifftete den Zucker.
37. So ſpricht nun die VBernunfft: Hätte ihm GOtt feine
Siebe wieder eingegoffen / fo wäre er wieder ein Engel worden /
darumb lieget es an GOttes Fürfak. Antw. Höre Vernunfft
Siehe eine Difteloder Neffelan / auff welche die Sonne einen
gantzen Tag ſcheinet / und mitihrer Kraft fich in dieſelbe auch
eindringet / und ihr gargerne ihre licbe-Straalen / in ihr ftacha
lichtes Ens eingiebet; diefe Diftel frewet fich auch in der Gott=
nen Ente, aber fie wächfet dardurch nur in eine Diſtel / deſto
ftachlichter / fie wird dardurch nur ſtoͤltzer: Alfo auch mit dem
Zeuffelzuverfichen wäre ; obihme gleich GOtt hätte feine Siebe
eingegoffen | fo hätte fich aber die Scieng des ungründlichen
Willens/ in Diftel Arth eingeführet/nchmfich der ewige Wille /
welcher auffer Grund und Stätte / in fich felber ein Wille iſt/
welchen nichts brechen mag.
- 35. Undift uns doch nicht zuverfichen / daß es der Wille des.
Ungrundes gethan hats denn derfelbe iſt weder böfe noch gut /
fondern ift blog ein Wille / dasift / eine Scieng ohne Verſtand
zu Etwas / oderin Etwas / denn erift nur ein Ding / und iſt
weder Begierde noch Luſt / fondern er iſt das Wallen / oder
Rollen. b
39. Gleich wie die äuffere Welt im Spiritu Mundi auch eis
nen Willen bat / oder wie die Lufft ein Wallen iſt
} und
—
44 Don der Genaden Wahl. Cap. 4.
und weder böfenoch gut: allein man verfichet / wie fich die drey
erften mit dem Senſualiſchen Grunde darein eindringen) und
den Willen inihre Habhafftigkeit einnehmen) und da fie doch
auß demfelben Wien urftanden / noch dennoch faffen fie ihn in
ihr Eigenthumb.
40. Alfo auch in gleichen ift uns von der Scienk/ als des eini⸗
gen ewigen Willens auf dem Ungrunde / zuverftchen / welcher
auß dem ewigen Einen urſtaͤndet / und fich mitte in die Crea⸗
tur der Phantafey / alsinden Grimm der ewigen Natur / zum
Döfen / hat eingegeben ; derſelbe Wille ift nicht Urfach der
Phantaſey / fondern die drey erſten / darinn die Ereatur vers
fanden wird / alsdie Natur im ewigen Bande / auf welcher /
und in welcher der Berftand/ fo wohl die Phantafey urftändet/
die ſelbe iſt Urſach des Falls. Denn der ungründfiche Wille ift
nicht die Creatur / denn er ift Eeine Bildung / allein in der ewi⸗
gen Natur urftändeedie Bildung / und der Creatuͤrlichk Wille
zum etwas / oder zur Vielheit.
41. Der ungruͤndliche Wille iſt GOttes / denn er iſt in dem
Einen / und iſt doch nicht GOtt; denn GOtt wird allein verſtan⸗
den in dehm / oder wenn ſich der Wille des Ungrundes / in
ein Centrumder Dreyheit in der Gebaͤhrung einſchleuſt / und
ia die Luſt dee Weißheit außfuͤhret.
42. Auß dem Willen / darein ſich die Gottheit in die Drey⸗
heit ſchleuſt / iſt auch der Grund der Natur von Ewigkeit ges
bohren worden / denn da iſt Fein Fuͤrſatz / ſondern eine Geburth;
die ewige Geburth iſt der Fuͤrſatz / ais daß GOtt wil GOtt ges
baͤhren / und durch Natur offenbahren.
43. Nun ſchleuſt ſich die Natur in eigenen Willen / als in
ein peinlich und feindlich geben / und daffelbe feindliche Leben ift
Die Urfache des Falls / denn es hat fich in der Natur Phantafey/
(oder Spielder Gebaͤhrung) eingegeben / und fid) zum Führer/
oder Herrn derſelben DPhantafeyifchen Natur gemacht / umd die
Phantaſey hat daſſelbe Schen in ich genommen / und fich dem⸗
felben eben gans cingegeben. Sestift nun die Phantaſey umd
das Schen ein Ding worden / und hat den Willen des Ungrundes
(alsdie Göttliche Scieng/ darinnen fih GH / in GOtt ges
biehret) in fichsaber in diefer eingefchloffenenScieng gebichret ſich
Gott nicht; Er gebichret ſich wohl darinnen/ aber er wird in der
Scienß/ fo viel fie die Natur faffer und begreifft/ nicht offenbahr:
Gott iſt unbeweglich und unwuͤrckende Darinnen/ er gebichret
nicht darinnen einen Vatter / Sohn / H. Geift / umd Tun
on⸗e
|
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Cap.4. BonderGenaden Wahl. 44
fondern eine Phantaſey / nach der finftern Welt Eigenfchafft;
GOtt ift wohl darinnen ein EDE/ aber nur in fich felber woh>
nende / nicht in der Creatur / fondern im Ungrumde auffer der
Bewegligkeit / undauffer dem Willen der Creatur /und auffer
dem Leben der Creatur.
44. So nun die Creatur etwas thut / ſo thut es nicht GOtt
indem Willen des Ungrundes / welcher auch in der Creatur ift;
fondern das schen / unddas Wollen des Schens der Ereatur?
thut 055 als uns denn zu erkennen iſt an dem Teuffel: Ihn rew⸗
etes / daß er ein Teuffel worden iſt / dieweil er ein Engel war.
Nun rewet ihn daß nicht in fi ines Lebens Willen nach der Cre⸗
atur / ſondern nach dem Willen des Ungrundes / darinnen ihme
WGott alſo nahe iſt / daſelbſt ſchaͤmet er ſich vor GOttes Heilige
keit / daß er ein heiliger Engel war / und nun ein Teuffel iſt:
Denn die Scientz des Ungrundes / ſchaͤmet ſich / daß ein ſolch
Bilde in ihrer Offenbahrung / an ihr ſtehet / und dag fie ing
Auffern eine Phantaſey iſt; derfelbe Wille aber mag die Phan⸗
taſey nicht brechen / dennerift nur Eines / und iſt in ſich Eeine
Qugal / auch Feine Empfindligkeit der Phantaſey / ſondern er
iſt eine Scientz / darein die Phantaſey ſich bildet / und dieſelbe
Phantaſey nimt nichts an ſich als nur eine Gleichheit: die Gleich⸗
heit iſt die Krafft ihres Lebens / kaͤme aber was anders darein / ſo
muͤſte die Phantaſey vergehen; alſo verginge auch das mit / dar⸗
aus fie gebohren wird / nehmlich die Natur; und fo die Natur
verginge / ſo waͤre das Wort der Goͤttlichen Krafft nicht ſpre⸗
chende oder offenbahr / und bliebe GOtt verborgen.
45. Alſo verftehet / daß es alles ein unvermeidlich Ding fen /
das Gutes und Boͤſes iſt; denn in GOtt iſt alles Gut / aber in
der Creatur iſt der Unterſcheid: das Leben der ewigen Creatur
iſt in ſeinem Anfange gantz frey geweſen / denn es ward in der
Temperatur offenbahr; alsim Himmel wurden die Engel ges
fhaffen aus derfelden Ratur / Qualität und Eigenfchafft; die
finftere Welt / mit dem Reiche der Phantafey / wardarinnen /
aber im Himmel nicht offenbahr ; aber der freye Wille in den
gefallenen Engeln / machte das in fich offenbahr / denn er neigte
ſich indie Phantaſey / alfo ergriff fie ihn auch / und ergab fich
ihme in fein geben.
45. Run ift daffelbe finftere Reich und die Phantafey / und
Die Ereatur der gefallenen Engel/ jeßo gans Ein Ding / Ein
Wille und Weſen; weil aber derſelbe abtrinnige Wille *
allein
76° Donver Genaden Wahl. Cap. *
allein in der Phantaſey wolte wohnen und regieren: ſondern
auch zugleich in ver Heiligen Krafft / darinnen er anfanglich
fund: fo ſtieß ihm dic heilige Krafft (alsdie Scieng ) im Liechte
Gottes / aus ſich / und verbarg ſich vor ihme: Das ift / der ine
nere Himmel befchleuft ihn 7 daß er GOtt nicht fiehet I welches
fo viel gefaget ift / er ftarb am Himmelreich / des guten Wil⸗
lens / und iſt anjetzo in GOtt / gleich wie die Nacht im Tage ift/
und ift am Tage in der Sonnen Glang nicht offenbahr / und iſt
Doch / wohnet aber nur in fich felber / wie loh. x.-ftchet / das
Liecht ſcheinet in der Finſternuͤß / und die Finſternuͤß haben es
sticht begriffen. Alſo auch nunmehr vom Teuffel / und GOTT
zuverſtehen iſt / denn eräft in GOtt / aber in der Göttlichen Nacht)
(im Centro der Natur) mit Finſternuͤß in der Eſſentz feines
Schens befchloffen / und führet ein Magifch Feuer-Liecht vom
Ens der Kälte und Hige/ als ein fehrecklich Liecht vor unſern
Augen / ihme aber ift es gut.
47. Die Schrift faget / der Groß-Fürft Michael habe mit
Dem Drachen geftritten / undder Drache habe nicht gefteget ; und
en einem andern Orte ftehet s Ich fahe den Sathan vom Him⸗
mel fallen als einen Blitz. Diefer Fürft Michael / ift ein
Zhron-Engel/ undhatinder Krafft Ehrifti / als im Worte ver
Heiligen Krafft / mitihmegeftritten / in welches Wort Adam
gefchaffen ward.
48. Daffelbe Wort der Krafft wird in allen drey Principien vers
ftanden / denn als Lucifer fiel / und fich in das Reich der Phan⸗
taſey begab / fo verlohr er das Reich in heiliger Krafft/ und ward
ausgeftoffen/ und folhes geſchahe von der Engel Gefchäffte /
welche ihm / als einen Abtrünnigen/ durch Göttlihe Krafft
außftieffen; und in derfelben Kraft (im Wort ausallen drey
Prineipien ) ward der Menfch gefhaffen.
49. Als aber den Menfchen das Reich des Grimmes über»
wältigte/ und aus der Temperatur außſties: fo offenbahrte
fich der höchfte Name ver Goͤttheit in ihme / als die allerfüffeo
fie Kraft IESU/ welche Das Reich der Phantafey und des Grim⸗
mes überwand / und mit Ver höchften Siebe tingirte ; und allda
ward dem Teufel fein Neich und Gewalt / in der Krafftdes
Menfihen/ zerbrochen / und daher urftänderder Name Ehriftus,
Das
Cap. Von der Genaden⸗Wahl. 47
Das 5. Capittel.
Vom Urſtand des Menſchen.
x. Oſes ſaget: GOtt ſchuff den Menſchen aus einem
Erden-Klos / Gen. 2:7. verſtehet den Leib / der
iſt ein Limus der Erden / und die Erde iſt ein
ins aus allen drey brincipiis, eine außgehauchte
7 gcfafte coagulirte Krafft/ aus dem Worte aller
drey Principien, aus dem Myfterio Magno, als aus den drey
erften aus den fieben Geftalten der Natur / welche fich inder
entzündeten Begierde/ als im Fiat, eingefaffet / umd in ein
Weſen geführet / eine jede Eigenfhafft in fich felber zu einer
Compadion, welche GOtt im Fiat, als in der mwefentlichen
Scieng / hatineinen Klumpen gefaſſet / in welcher alle Kräften
der Geiftlihen Welt / nad) GOttes Liebe und Zorn / auch nach
der Phantafey/ in einer Firheit inne biegen / nicht nach Arch
des Mentis, fondern nach Arth des Entis.
2. Im Mens wird die lebendige Weſenheit / welche geiftlich
iſt / verftanden/ als ein gantz geiftlich Weſen / ein geiftlich
der Tinctur, da fich die höchfte Krafft vom Feuer und Liecht /
in ein Ens einführet.
3. Und im Ens wird das Leben der fieben Eigenfchafften der Nas
tur verftanden / als das empfindliche wachfende Leben / nehmlich
Das außgefprochene Wort / welches fih im Wachsthumb wieder
außſpricht / formet / und coaguliret.
4. Das Mens lieget im Ens, wie die Seele im $eibe / das
Mentalifche Wort fpricht aus das Entalifche ; der Himmel bes
fihleuft das Mens, und die Phantafey das Ens , das verſtehrt
alfo: Im Mens wird verſtanden die Göttliche heilige Krarft in
der Faſſung des Worts / da ſich das Wort der Kräften einfafa
ſet in ein geiſtlich Weſen / da das Wort der Kraͤfften weſent⸗
lich iſt: fo iſt das Mens das geiſtliche Waſſer / und die Krafft
darinnen / welche ſich im Geiſtwaſſer formet / iſt nun die hoͤchſte
Tinctur welche in der Temperatur ſtehet / und der Grund derſel⸗
ben Tin&ur , ift die Göttlihe Weißheit / und der Grund der
Weisheit / ift die Drepheit der ungründlichen Gottheit / und
der Grund der Drepheit / ift der einige unerforfchliche Wille,
und des Willens Grund ift das Nichts,
6. Alfo foll das Gemuͤhte vonehe lernen unterfcheiden / was
in der Erden verſtanden werde / che es ſaget / —— iſt
rde
+3 Voaon der Genaden⸗Wahl. Cap. 5,
Erde / und die Erde nicht anfehen als eine Kuhe thut / welche
denkt /die Erde ift eine Mutter des Grafes / die auch nichtmehr
bevarffals Gras umd Kraut.
7. Der Mensch aber wil das befte auß der Erden effen/
darumb foll er auch lernen erkennen / dag erdasbefte ausder
Erden ſey; denn cin jedes Ens begehrt von feiner Mutter zu
eſſen / daran es iſt herkommen: und wir ſehen ja wohl / daß der
Menfch nicht begehret von der Grobheit des irıdifihen Entis
zu eſſen fondern von der Subtilheit / als die Quintam Eſſen-
tiam begehrt er zufeiner Lebens⸗Krafft / welche er auch im Pa⸗
radeis zur Speiſe hatte.
8. Als er aber aus der Temperatur außgieng in die Scientz
Ber Unterfchiedkigkeiten: fo ſatzte GOtt den Fluch zwifihen das
Element der Temperatur und den vier Elementen / dag weilen
der Menfch warmitder Begierde in die Ungleichheit der Eigen⸗
ſchafften gegangen / welche ſich auch in ihme in ein ſolch thie⸗
riſch / hart / begreifflich / fuͤhlich / und empfindlich Weſen der
Feindſchafft in die Phantaſey gefaffet hatten / als in die
vier⸗Elementiſche Grobheit der Hitze und Kaͤlte / auch in die
Gifft-quaal der finſtern Welt / als in die Toͤdligkeit / er auch
nun muſte dieſelben E igenſchafften in ſich eſſen. Denn der lu
gleichheit gehoͤret nicht die Temperatur des einigen Heiligen —
ments / ſondern die vier Elementen gehoͤren ihr. Darumb iſt der
Fluch das Scheide-Ziel / daß nicht das Unreine in das Reine
eingehe / denn der Fluch iſt anders nichts / als ein Flichen des
Guten / daß ſich das einige Element im ſich felber faſſet / und
fürdem Weſen der Bogheit fich verborgen hat.
9. Denn in Adams Unſchuld / grünete das Heilige Element _
in —* Temperatur, Durch die vier Elemente aus / undgebahr
durch die vier Elemente, Himmliſche Fruͤchte / welche lieblich
anzufchen / und gut zu eſſen waren / wie Mofes ſaget; und in
demſelben ausgrünen/ wird das Paradeis verflanden / denn
diefelbe Frucht ſtundt inder Aualitätinder Temperatur, und
Adam fund auch in der Temperatur, alfo folte und konte der
Menſch der Paravdeis-Früchte eſſen.
zo. Als Adam aber mit der Luſt indie Vielheit der Eigen»
ſchafften / als in die Phantaſey der Ungleichheit/ ins Centrum
fich einfuͤhrte und wolte alles wiſſen / und klug werden / und
ſchmaͤcken / wie Hitze und Kaͤlte / und alle andere Eigenſchaff⸗
ten / im ringenden Streite ſchmaͤckten: ſo fingen ihn auch die⸗
felben Eigenſchafften im Streite / und wachten in ihme auff /
und
Lap.5. Von der Genaden Wahl. 49
inmnmd faſten ſich mit der Begierde ins Weſen der Phantaſey / ale
ſo ward das Bilde GOttes in der Temperatur zerſtoͤret / und
verloſch das Liecht im Weſen des heiligen Elements in ihme /
darinnen er GOtt erkannte; alſo flarb er der Temperatur, und
wachte auff den vier Elementen / und der ungleichen Scientz /
welche ihn num kraͤncken / und endlich toͤdten. Und das iſt der
wahre Grund.
1x. Damit wir aber dem ſuchenden Gemuͤhte / welches nach
feinem Vatterlande fraget / und auff dem Pilgrams⸗Weege iſt /
genug thun: fo wollen wir ihme den Menſchen füurſtellen /
x.iwag er eigentlich ſey / 2. waraus er erſchaffen / 3. was feine
Seele und Leib ſey / 4. und denn auch feinen Fall / und 5. feine
Erloͤſung oder Wiederbringung; damit wir ihme koͤnnen den
Grund Goͤttlichen Willens gegen ihm / recht gründlich weiſen:
und hernach wollen wir es mit der heiligen Schrifft probiren /
und dieſelbe mit ihrem vermeynten Contrario weiſen / ob jeman⸗
den moͤchten ſeine Augen dardurch offen werden / welches wir
trewlich nach unſern Gaben thun ſollen.
12. Moſes ſpricht gar recht: Gott ſchuff den Menſchen in ſei⸗
nem Bilde / ja zum Bilde GOttes ſchuffer ihn; Item / GOtt
machte ven Menſchen aus dem Limo der Erden. Indeme Mo—
ſes ſpricht / GOtt ſchuff den Menſchen in ſeinem Bilde: ſo ver⸗
ſtehet Moſes nicht / dag GOtt ein Bilde ſey / daß er den Men⸗
ſchen habe nach ſeinem Model geſchaffen; ſondern er verſtehet die
Scieng in der Krafft/ da ſich von Ewigkeit alle Dinge in der
Scieng/ inder Temperatur, inden Kräfften/ habenim Beifte.
Der Weißheit eingemodelt; nicht als Creaturen / fonderigleich
wie ein Schatten oder Fuͤrmodlung in einem Gpiegel/ da
GH von Ewigkeit in feiner Weißheit gefehen hat was werden
koͤnte. Mit welcher Bildung der Geift GOttes inder Weite -
heit gefpielet hat: In dem ingefaften Model / da fich Der Geiſt der
Scieng in der Weißheit / in der Natur der Krüften/ hat von
Ewigkeit in ein Spiel gemodelt / (welches Modell feine Creatur /
ſondern als ein Schatten einer Creatur geweſen /) hat GOtt
den Creatuͤrlichen Menſchen erſchaffen / als in des Menſchen
eigen Bilde / welcher doch kein Menſch war / ſondern GOttes
Bildnuͤß / darinnen ſich der Geiſt GOttes aus allen Principüis
in einen Schatten einer Gleichfoͤrmigkeit des Weſens aller We⸗
ſen / einmodelte. Gleich als wie ſich cin Meuſch vor einem
Spriegel befichet/ da im Spiegel feine Bildnuͤß iſt / aber in
keinem Sehens alſo ift uns auch ” Bilde Gottes des Men⸗
ſchen
—
* -
so Von der Genaden⸗-Wahl. Cap: 5.
ſchen von Ewigkeit zubetrachten / ſo wohl die ganke Creation ,
wie GOtt alle Dinge von Ewigkeit gefehen hat im Spiegel ſei⸗
ner Weigheit.
13. Alß GOtt alle Kräften aller drey Principien in der Scienß -
hattein ein Weſen gefaffet/ und reinen Klumpen gezogen/ wels
her Erde heift / als nehmlich in eine Firheitder gebahrendent
geiftlichen Kräfften: fo fcheidete er die Elementeinder Tempera-
tur des cinigen Elements / in vier Elemente zu einem webenden
geben / und fafte weiter Die geiftlichen Kräafftender Natur (aus
welchem die marerialifche Fixheit / fo inder Erden inden Mate»
rien verftanden werden) internes denn werfen Weſens die
Erde corporalifch iſt / deſſen find die Sterne ſpiritualiſch und
doch nicht als lebendige Geifter / fondern eingeiftlich Ensals
Kräfften/ eine Quinta Effentia , nehmlich die fubtile Kraft / da=
von ſich die Erde /alK die Gröbe / geſchieden hat / welche GOtt in
der Scieng feines Sprechens / in Unterfihiedligkeit der Krafften
formfe.
14. Sieheiffen darumb Sterne/ dag es ein bewegliches/ harte
gieriges/ ſtrenges Eus ift / darinnen der Natur Eigenfchafften _
verstanden werden; alles deffen was die Natur in fich ſpiritua⸗
liſch inder Temperatur ift / das find die Sterne in ihrer Schied⸗
ligkeit; als / ich ſetze es alſo zu verſtehen: wenn die Sterne alle
zergingen/ und wieder indas Eine-trätten daraus fie gegangen
{ind | fo wärc es die Natur / wie es von Ewigkeit geweſen ift /
denn es fünde wieder inder Temperatur, wie es denn alſo am
Ende geſchehen fell; jedoch daß alle Weſen durchs Feuer pro-
biret / und in ihr eigen Principium geſchieden werden. Mit die⸗
ſer Zertheilung und Infaſſung der Kraͤfften der Sternen / und
der vier Elementen / verſtehen wir die Zeit / und den creatuͤrlichen
Anfang dieſer Welt.
15. Alß nun GOtt die Erde / und das Firmament der Ster⸗
ne geſchaffen / und in Mitten das Planetiſche Radt der ſieben
Eigenſchafften der Natur / mit ihrem Regenten der Sonnen
geordnet hatte: ſo eroͤffnete fich der Spiritus Mundi, aus allen
Eigenfchafften der Kräfften/ aus Sternen und Elementen / denn
eine jede Krafft iſt außgehende nach der ewigen Natur Necht/ im
anifprehenden Worte; welch ewiges Wort fich allyier aus dem
Myfterio Magno hatte in eine Zeit / alsineine Figur des geiftli=
chen Myfterii Magni eingefaſſet und geſchloſſen / als cin groffes
Uhrwerck / darinnen man Das ſpititualiſche Wort in einem
Werck verſtehet.
16. Das
4
|
Raps! Von der Genaden Mahl. st.
16. Das ganse Werckiftdas geformte Wort GOttes / (vera
r ſtehet das natürliche Wort/ in deme daslebendige Wort GOt⸗
tes / das GOtt felber iſt / im innern verftanden wird ) das fpricht
fich durd) die Natur aus / in einen Spiritum Mundi , alsineine
Seele der Creation, Undim Ausiprechen ift wieder die Schei⸗
dung inder Feuriſchen Altralifchen Scieng im Spiritu Mundi , da
fich die feurifche Sciens / in eine geiftliche Scheidung auß fuͤh⸗
ret; in welcher Scheidung die Geifter inden Elementen vers
fanden werden / und ſolche nach Entfcheidung der vier Elemen⸗
ten / in jedem Element nach feiner Eigenſchafft.
17. Denn es hat in jedem Elementfeine Inwohnende Gei⸗
fter / nach deſſelben Elements Qualitaͤt / welche ein Schaiten
und Bilde des Ewigen ſind / und aber doch in einem warhafftigen
geben aus der Scieng der Natur Desaufgefprochenen geformten
Wortes aus dem Myſterio Magno:Richt aus dem rechten Bötte
lichen Schen / fondern aus dem Natuͤrlichen / welche da herrſchen
im Feuer / in der Lufft im Waſſer / und in der Erden / in Ord⸗
nungen wie das Geſtirne feine inftehende Ordnung hat / alfe
auch unter jederm Polo zuverſtehen tft.
18. Der Spirirus Mundi , ift nun das Leben der äuffern Belt;
Das Geſtirne ſtehet rings umher / und hatdiedrey Erſten (Sal,
Sulphur , Mercurium,) in harter feuriſcher Scieng in ſich; ja ſie
find eben deſſelben Weſens felber/aber in groffer Theiligfeit und
Schiedligkeit / dieſelbe Schievligkeit der Krafften gehen aus fich
aus/ und feind ein Hunger nad) ihrem gehabten Weſen / als
nach der Erden/ umd derer Materien in ihren Eigenfchafften/
amd die Erde ift ein Hunger nach dem Spiritu Mundi ‚denn fie iſt
aus ihme entfchieden,
19. Alfo begehret das Obere des Untern / und das Untere des
Obern / des Obern Hunger flchet mächtig nach der Erden / und
der Erden Hunger nach dem Obern; darımb fallen alle Dinge/
was materialifch ift / gegen der Erden / wie denn auch das Waſ⸗
fer / gegen der Erden gezogen wird / und hingegen zeucht der feu—
riſche Spiritus imoberndas Waſſer wiederin die Höhe in ſich zu
feiner Erlabungs er gebichrets / und gibts von fich und zeuchts
auch / nach deme ſichs hat mit der Erden temperiret / wieder in
ſich / und ſeind beyde gegen einander wie Leib und Seele / oder wie
Mann und Weib / welche mit einander Kinder gebaͤhren.
20. Aus dieſer Gebuhrt / als der Matrice der Natur / hat
Ggtt im Verbo Fiat, das iſt in der weſentlichen Begierde dor
Kraͤfften / am fuͤnfften Tage alle Creaturen aus jeder Scientz aus
C2 *368
sr Bonder Genaden Wahl. Cap. 5
ihrer Eigenſchafft heiſſen herfuͤrgehen: als das Corpus aus der
Fitheit der Erden / und den Geiſt / aus dem Spirita Mundi. Das
iſt geſchehen in der Conjundtion des Obern und Intern; das iſt /
Das Innere Göttliche Wort / fprach fich Durch das Auffere auge"
gefprochene Wert in jeder Scientz / aus der ſeuriſchen Sigen⸗
ſchafft der Kramten /inein ereotürlich gehen. Das feind nun die.
Ereaturen auff Erdem / im Waſſer / und in der Lufft die Voͤgel /
eine jede Creatur aus feiner eigenen Scientz aus Gutem und
Boͤſem / nach aller drey Principien Eigenſchafft / nach jedem ein
Vilde der Gleichnuͤß des Innern Grundes / ausdem Neiche der
Phantaſey ſo wohl / als aus dem urſtaͤndlichen guten Leben; wie
man das vor Augen ſiehet / daß gute und boͤſe Creaturen ſeind /
alß gifftige Thiere und Wuͤrme / nach dem Centro der Natur
der Finſternuͤß / aus Gewalt der zriunnen Eigenſchafft / welche
auch nur begehren im finſtern zu wohnen / als da ſind die jeni⸗
gen / ſo in den Loͤchern wohnen / und ſich vor der Sonnen verber⸗
gen; Dargegen findet man auch viel Creaturen / mit dehnen der
Spiritus Mundi, ſich aus dem Reiche der Phantaſey gebildet hat /
als da ſind Affen / und dergleichen Thiere und Voͤgel / welche nur
Poſſen treiben / und andere Creaturen plagen und verunruhigen /
daß alſo je eines des andern Feind iſt / und alles gegen einander
ſtreitet / auff Arth wie die drey Principia mit einander in ihren
Kräften ſpielen; alſo hat GOtt daſſelbe Spiel vor ihm / mit
Dem Spirita Mundiinfeiner Scieng/ in ein lebendig creaturlich
Weſen eingefuͤhret / wie man denn auch gute freundliche Crea⸗
turen in Nachmodlung der engliſchen Welt findet / da ſich der
Spiritus Mundi in die guten außgeſprochenen Kraͤffte eingebildet
hat / welches die zahmen Thiere / und Voͤgel ſind / und da ſich doch
auch viel boͤſe Thiere / als boͤſe Eigenſchafften / mitte unter die
Zahmen mengen / welche alſo in vermiſchten Eigenſchafften ſind
ergriffen worden. An jedes Thieres Eſſen und Wohnung ſiehet
man / woraus das herkommen ſey / denn eine jede Creatur begehret
in feiner Mutter zu wohnen / und ſaͤhnet ſich nach ihr / wie das
klar vor Augen iſt.
21. Der Spiritus Mundi, daraus alle aͤuſſere Creaturen nach
dem Geiſte herkommen / iſt geſchloſſen in eine Zeit / Ziel und
Maß / wie lange das waͤhren ſoll / und iſt wie ein Uhrwerck aus
den Sternen und Elementen / darinn der Hoͤchſte GOtt wohnet /
und diß Uhrwerck zu ſeinem Werckzeuge brauchet / und hat ſein
Machen darein geſchloſſen / das gehet frey für ſich / und gebiehret
nach feinen Minuten / wie man es etwan gleichen moͤchte; alle
Dinge
Cap.ʒ. Von der Genaden⸗ Wahl. 53
Dinge liegen darinnen /wasinder Welt geſchehen ift / und noch
gefcheyen ſoll / es ift GOttes Fürfag zur Creatur / und in der
Creatur / darinnen er alles waltet mit dieſem Regiment ver
Natur.
22, In Ggtt ſelber / fo vieler GOtt heiſt und iſt / iſt fein
Fuͤrſatz zum Boͤſen / oder zu etwas / denn er iſt das Einige Gute /
und hat krine andere Faßligkeit in ſich / als nur ſich ſelber / und
in feinen Worte das er von ſich hat außgeſprochen / als nehm⸗
lich den Spiritum Mundi, aus dem Myſterio Magno der ewigen
Natur / da hat er ſeinen Fuͤrſatz gefaſſet / und eingeſchloſſen in
das freye Uhrwerck / in den Spiritum Mundi; das gebiehret nun /
und zerbricht alles nach ſeinem inſtehenden Lauff / und bringet
Fruchtbarkeit / und Unfruchtbarkeit.
23. Gott aber in feinem Weſen / geuſt feine Liebe⸗Krafft
darein / das iſt / er geuſt ſich ſelber darein / gleich wie die Sonne
in die Scieng der Elemente und der Fruͤchte; das iſt / Die heilige
Göttliche Scienb / gibt Krafft der naturlichen Scientz. GOtt lie⸗
bet alle feine Wercke / und Fan fonft nichts thun als lieben / denn
er ift die einige Lebe ſelber: fein Zorn aber wird in der ewigen
und zeitlichen Natur verſtanden; alß in der ewigen / im Centro
der Finſternuͤß / im Falten und higigen Feuer⸗quaal; und inder
zeitlichen / als im Spiritu Mundi, wird er auch in der feuriſchen
Scieng der Scheidung aler Eigenſchafften /verftanden.
24. Und ſo nun eine Stadt / Landt / oder Creatur / denfelben
Zorn / in Der feuriſchen Scientz / im Spiritu Mundi, in ſich er⸗
weckt / das iſt / daß er den Eckel in Grimm einfuͤhret: ſo iſt er
wie ein Holtz im Feuer / darinnen der Grimm qualificirende
wird / und umb fich frift / und das Leben in der Scieng der Creg⸗
tur in hoͤchſte Peinligkeit ſetzt.
25. So ſpricht alßdan das zornige feuriſche Wort in der er⸗
weckten Turba durch den Prophetiſchen Geiſt / in der Tut ba Ma-
gna: Sch wil ruffen dem Ungluͤck über Stadt und Landt / und
wil meine Luſt daran ſehen / wie der Zorn den Eckel friſt / und
wie er das boͤſe Volck verzehret. Denn das iſt eben eine Freude
und ſtarcke Macht des Grimmes in der Natur / wenn man ihme
ſolch Feuer-⸗Holtz / als nehmlich GOtteslaͤſtern und andere
Sünden und Schanden einfuͤhret / das friſt und verzehret Er /
denn es iſt feine Speife/ fonderlich dieſes / wenn die menſchliche
Scien& von GOttes Liebe ſich abbricht/ und huret mit dem Grim̃
der Natur / allda mäfteter fich ſtarck / biß fich das Uhrwerck in
sine feuriſche Scientz ll in der Proba fichen?
Sa 3 da
54. Von der Genaden Wahl. Cap. 5:
Da zuͤndet er ſich alsdenn an / nach deme die Turba im Rade des
Uhrwercks entzuͤndet wird / daß eine Eigenfchafft darinnen offen»
bahr wird: alſo gehet auch alßdenn die Plage / und alſo wird fie
auggeſchuͤttet über daffelbe Landt / Stadt und Ereatur ; als oft
mit Sifft /mit Peftilens / öfters mit Unfruchtbarkeit/ offtemit
Berbitterung der Gemuͤhter der Obern/daraus Krieg urſtaͤndet.
26. Aus diefem groffen Uhrwerck / als aus dem Obern und Un⸗
tern / da alles in einander inne lieget / iſt der Menſch geſchaffen
worden zum Bilde GOttes / denn Moſes ſaget / der HErr habe
geſprochen: Laſt uns Menſchen machen / ein Bild nach uns / das
da herrſche in allen Creaturen auff Erden / indie Thiere / Voͤgel /
Fiſche / und in alle Erde / und Gewuͤrme / das da auff Erden
kreucht. Sollen nun die Menſchen in dieſe alle herrſchen / fo muͤſ⸗
ſen ſte auch eben aus demſelben Grunde / und darzu aus der beſten
Krafft deſſelben ſeyn; denn kein Ding herſſchet tieffer als feine
Mutter iſt / daraus es kommet / es werde denn in ein beſſers crans-
mutiret / ſo herrſchet es auch in daſſelbe Beſſere / und nicht weiter
als deſſen Grund iſt.
27. Weiter ſaget Moſes: GOtt machte den Menſchen aus
dem Erden⸗Kloß / und bließ ihme ein den lebendigen Athem / da
ward der Menſch ein lebendige Seele. Hier iſt uns nicht zu ver⸗
ſtehen / daß GOtt ſey auff perfoͤhnliche creaturliche Arth gleich
einem Menſchen da geſtanden / und habe einen Klumpen Erde
genommen / und einen Leib daraus gemacht ; Nein/ das iſt nicht/.
fonderndas Wort GOttes / als das Sprechen (Fiat) war in al⸗
len Eigenſchafften (im Spiritu Mundi, und im Enteder Erden
aus dein Spiritu Mundi ) raͤge / und ſprach in alle Eſſentien ein
Leben / nehmlich das Fiat, welches die Begierde des Worts in der
S8scientz iſt; das war in dem ewig⸗geſehenen Modell des Mens
ſchen / welches in der Weißheit geſtanden war / und zoch Das Ens
aller Eigenfchafften der Erden / und was darinnen immer ſeyn
mag / in eine Maſſam, die war eine quinta Eſſentia aus den vier
Elementen / in welcher die Tinctur aller Kraͤfften aus allen drey
Principien lag / darzu die Eigenfchafft der ganzen Creation aller
Ereaturen/ als des Wefens aller Wefen/ daraus alle Creaturen
waren entftanden.
28. Dann / verfteher es recht:die irrdiſchen Ereafuren der Zeit/
ſeynd mitdem Corpore aus den vier Elementen/ aber der Leib des
Menſchen ift aus der Temperatur , da alle vier Elemente in eins
ander in Einem Weſen liegen / daraus Erde / Steine und Metalle/
ſambt allen irrdiſchen Creaturen ihren Urſtand haben: Wohl
aus
1
R
»
7
*
Cap. 5. Von der Genaden Wahl. 5
aus dem Limo der Erden / aber nicht aus der Grobheit des ein⸗
gefaſten Weſens der Zertrennung in den Eigenſchafften / da ſich
eine jede Eigenſchafft / in ein ſonderlich Weſen der Erde/Steine/
und Metalle gefaſſet hat / ſondern aus der quinta Eſſentia, dar—
innen die vier Elemente in der Temperatur inne liegen / da weder
Hitze noch Kaͤlte offenbahr war / fondern ſie waren alle in glei=
chem Gewichte,
29. Denn follte der Menſch inalle Ereaturen herifchen / fo
muſte er ja dichöhere Macht / alsdashöchfte Ensder Ereatur /
in fich haben / daraus dic Ereaturen einen Grad aufferlicher /
oder niedriger (oder wie man cs geben möchte geringer ) waren/
damit das Mächtige indem Ohnmaͤchtigen hereſche gleich wie
GOtt in der Natur/ welche auch geringer ift denn Er. Doch
nicht zugedenden/das im Menfihen folten die tyierifchen Eigen»
fihafften creaturlich oder offenbahr ſeyn: fondern das Ens aller
Creaturen / lag im menſchlichen Ente, inder Temperatur; der
Menſch iſt ein Bild der gantzen Creation aller dreyenb rincipien/
nicht allein im Ente der aͤuſſern Natur der Sternen und vier
Elemente / als der geſchaffenen Welt / ſondern auch aus der In⸗
nern geiſtlichen Welt Ente, aus Goͤttlicher Weſenheit; denn
das heilige Wort in feinem Ente, faſte ſich mit in das außgeſpro—⸗
chene Wort; als nehmlich / der Himmel faſte ſich mit in das
Weſen der aͤuſſern Welt/ fo wohl das Gruͤnen / in der innern
Welt Weſen / als das Paradis / das heilige Element war in
dem wallenden Regiment.
30. In Summa, das menſchliche Corpus iſt ein Limus aus
dem Weſen aller Weſen / ſonſt moͤchte es nicht ein Bleichnuͤß
GOttes / oder ein Bild GOttes genennet werden; der unſicht⸗
bare GOtt / welcher ſich hat von Ewigkeit in Weſen eingefuͤhret /
und auch mit dieſer Welt in eine Zeit / der hat ſich mit dem Men—
ſchen⸗Bilde / aus allen Weſen in ein creaturlich Bilde gemodelt /
als in eine Figur des unſichtbahren Weſens. Hierzu haͤt er ihme
nicht das creaturliche thieriſche Leben aus der Scientz der Creatur
_ gegeben / denn daſſelbe Leben muſte in der Temperatur ungeſchie⸗
den bleiben ſtehen: ſondern er bließ ihme ein den lebendigen A—
them / als das wahre verſtaͤndliche Leben im Worte der Goͤttlichen
Krafft / das iſt / Er bließ ihm ein die wahre Seele aller drey Prın-
cipien in der Temperatur.
31. 1. Alß von innen / die wagiſche Feuer-Welt / als das Cen-
trum der Natur / wie ſchon oben gemeldt / welche die wahre crea⸗
Surliche Feuer⸗Seele iſt Davon ſich GOtt nennet einen ſtarcken
EC4 eyfe⸗
6 Von der Genaden⸗Wahl. Cap.5
\
enferigen GOtt / und ein verzehrend Feuer / als die ewige Natur,
32. 2. Und hiemit auch zugleich die Liecht-⸗Welt / alß das Reich
der Kraft GOttes / gleich wie Feuer und Liecht in einander ſind
ungeſchieden / alſo auch allhie zu verſtehen iſt.
33. 3. Und von auſſen / blieg er ihme auch hiemit zu gleich den
Spiritum Mundi , mit der Lufft— Scele ein. Es blieg das gange
ſprechende Wort ſich in aller Ratur ein / nach Zeit und Ewigkeit /
denn der Menſch war ein Bild GOttes / in deme der unfichtbahre
GoOtt offenbahr war / ein wahrer Tempel des Geiſtes GOttes /
wie Joh.ı. ſtehet / das Leben der Menſchen ſey im Wort gewe⸗
ſen / und dem geſchaffenen Bilde fusedlagen worden / als nehm⸗
lich der Geiſt GOttes bließ ihme ein das Leben der Natur / in der
Temperatur, als den Geiſt Goͤttlicher Offenbahrung / da ich, die
Göttliche Scieng in ein natürliay Leben einfuͤhret; daſſelbe Götsa
liche natürliche schen iſt der Menſch / gleich den Engeln GOttes
nach der Seelen / als der geiftlichen Welt / Matth. 13. und 22.
da geſchrieben ſtehet: in der Aufferfichnng feynd fie gleich den
Engeln GOttes; num Eommen wir doch nur wieder in das erſte
geſchaffene Böttliche Bilde / und nicht in eine andere Ercatur.
34. Alſo ift unsder Menſch recht zuerkennen / erftlich was cy
inder Unſchulo geweſen ſey / zum andern was er hernach worden
ſey. Er war im Paradis / diß iſt die Temperatur, Er ward in
einen gewiſſen Orth geſetzt / da die heilige Welt durch die Erde
außgruͤnete / und Paradiß-Fruͤchte trug / welche in der Eſſentz /
auch in der Temperatur ſtunden / die waren gut und lieblich anzu⸗
ſchen / auch gut auff himmliſche Arth zu eſſen; nicht in einen
Madenſack / wie jetzt in der auffgewachten thieriſchen Eigen⸗
ſchafft: ſondern auff wagiſche Arth / wohl in Mund / aber im
Munde waren die Centra der Scheidung / als nehmlich ein jedes
Principium in das ſeine / auff Arth / wie das in Ewigkeit ſeyn
mag. Gleich wieder Spiritus Mundi, aus den drey Erſten / als
aus dein feuriſchen Sulphure Mercurio und Sale, das Waſſer ges
biehret / und von ſich giebet / als im Salniter der Scheidung / und
auch wieder in fich zeucht von der Erden auff / und doch deſſen
nicht voll wird / alſo auch vom Menſchen zuverſtehen.
35. Adam war nackend / und doch mit der gröften Heriligkeit
bekleidet / als mit dem Paradis/ eingans ſchoͤn hell C ryſtalli⸗
niſch Bilde / kein Mann / kein Weib / ſondern beydes / als eine
maͤnnliche Jungfraw / mit beyden Tincturen in der Temperafur/
alß nehmlich die himmliſche Matrix,im gebährenden Siebe geuerz
und denn auch der Limbus, aus der Natur des eſſentialiſchen
Seusrs /
\
Cap.6. Von der Genaden Wahl. 57
Feuers / darinnen in dieſen beyden das erſte und andere Princi-
pium der heiligen Goͤttlichen Natur verſtanden wird / da Veneris
Tin&ur,(als das Gebaͤhren und Geben / aus des Sohnes Eigen⸗
ſchafft /)das Weib / als die Mutter der Gebaͤhrerin iſt un verſtan⸗
den wird; umd die feuriſche Eigenſchafft / aus des Vatters Eigene
ſchafft / als die Scientz / der Dann verſtanden wird / welche zwey
Eigenſchafften ſich hernach inMann und Weib geſe chieden haben.
36. Denn fo Adam hätte mögen beftchen/ fo wäre die Ger
burth / und Vermehrung der Menſchen / magiſch gewefen/ als
einer aus dem andern / gleich wie die Sonne das Glaß durch—⸗
dringet / und es doch nicht zerbricht: weil es aber GOtt wohl er⸗
kannte / daß Adam nicht alſo beſtehen wuͤrde / ſo hat er ihnen den
Heyland / und Wiedergebaͤhrer / vor der Welt Grunde geord⸗
net / und ibn aber ins wahre rechte Bilde anfanglich geſchaffen /
und in das Paradisgeftellet/ darinn er ewig ſeyn foll / und ailda
Die Proba über ihn kommen laſſen / auff dagerin Paradiſiſche
Scienk fiele und dag das heilige Wort nicht dörffte in viehiſche
Scieng eingehen zur newen Wiedergebuhrt / ſondern in das) das
allda verbleichen würde / alsindaswahre Bild GOltes. Wie
hernach foll gemeldet werden. . ;
Das 6. Capittel.
Vom Fall des Menſchen / und feinem Weibe.
x Lhie wollen wir num den Liebhaber der Wahrheit
vermahnen / unſern Sinn recht zufaſſen / denn wire
M wollen es ihme alſo weiſen / daß er wird genug ha⸗
ben / mag er uns nur verſtehen / nehmlich wo der
Göttliche Wide zu Gutem und Voͤſem urftände /
da die Schrifft faget / er verſtocket ihre Hertzen / dag ſie nicht
glauben / und ſeelig werden; und auch hingegen wiederumb /
GOtt wil nicht den Tod des Suͤnders. Damit er nicht nur alſs
auff dem Wahn ſtehe / als hatte ihm GOtt einen Fuͤrſatz ge-
macht / den einen Häuffen zuverdammen/ und den andern in
feinem Fuͤrſatz aus Genaden ſeelig zu machen / dag er es ler—
ne recht gruͤndlich verſtehen / wie es die Schrifft / die alſo re⸗
det / verſtehet.
2. Nun betrachtet mr das Bilde Gottes in —
Eva / das in der Temperatur im Paradis ſtundt / denn Mo
ſes ſaget: : Gott ſahe an alles was er gemacht hatte / —
C5 es war
53 Bonder Genaden Wahl. ap. 6
es war alles ſehr gut; hernach ſprach er: es iſt nicht gut / daß
der Menſch alleine ſey / auch verfluchte er die Erde umb des Mena
(hen willen.
3. Lieber Menſch / fage mir : warumb machte nicht GOtt
balde im Anfange Mann und XBeib / wie bey den andern Crea⸗
turen ? was war die Urfach daß er fie nicht zugleich aus einer
Maſſa fchuff ? Antw. das war die Lirfache / daß das schen bey=
der Tincturen / nur ein einiger Menſch im Bilde Gottes ift /
und in der Ewigkeit nicht in zweyerley Leben / als Männlich
und Weiblich / ſtehen mag/ nad) Arth des Vatters und Sohnes
Eigenfhaffe/ welche ineinander nur ein GOtt find / und nicht
entſchieden.
4. Alſo ſchuff er ſein Bild und Gleichnuͤß / in ein Einiges
Bild / denn in einer rinctur ſtehet nicht die volkoumene Liebe /
aber in bewen ſtehet fie / da eine indie ander eingehet / da ent⸗
ſtehet die groſſe fewriſche Begierde der Liebe / denn das Fewer
giebt das Kiechk / und das Liecht giebt dem Fewer Krafft / Schein/
und Weſen zu ſeinem Leben / und machen dieſe beyde nur Einen
Spiritum, als Lufft / und der Spiritus giebt Weſen als Waßer-
weil / und fo langagber dieſe vier / als Fewer / Liecht / Lufft / und
Waſſer / ſich von einander ſcheiden / ſo iſt kein ewiges da: wenn
fie aber einander in der Temperaturgebähren / und nicht von ein⸗
ander fliehen / ſo iſt es ein Ewiges.
5. Alſo iſt es auch mit Adam zu verſtehen: da des Liechts
und Waſſers Tinctur, vom ihme in ein Weib geſchieden ward /
ſo mochte er in dieſem Bilde / das er hernach ward / nicht ewig
beſtehen / denn kin Paradis⸗Roſengarten in ihme / ward ihme
genommen / darinnen er ſich liebete.
6. So ſpricht die Vernunfft: Warumb thaͤt GOtt das / daß
er Adam zertrannte/ und in zwey Bilde brachte ? es muß ja ſein
Fuͤrſatz alſo geweſen ſeyn / ſonſt haͤtte er es nicht gethan; darzu /
fe hat er es vor der Welt Grunde geſehen / daß er es thun werde /
und wolle. Und allyic lieget die Vernunfft nun todt / und Far
ohne GOttes Wiſſen im heiligen Geiſt / nicht weiter / und aus
dieſen komt aller Diſputat und Streit.
7. GOttes Fuͤrſatz und BVerordnen: und GOttes Vorhin⸗
ſehen und Wiſſen / iſt nicht ein Ding. Es ſeind alle Dinge im
außgehenden Geiſte / aus des Feuers und Liechts Scientz / in der
Weyer GOttes / von Ewigkeit geſehen worden] was werden
moͤchte / ſo ſich GOttes Weſen / nach der Gebaͤhrerin der Natur
bewegte.
3. Ale)
F Em. Bon der Genaden Mahl. FR 5
8. Als) in der Eigenfohafft der feurifchen Scientz nach der
Finſternuͤß iſt es gar wohl geſehen worden / was ein Teufel ſeyn
wuͤrde: Item / auch in des Liechts-Feuers Scientz / was ein Engel
ſeyn wuͤrde / ſo fich die feurifche Scientz vom iechte ſcheidete. GGtt
ſchuff aber keinen Teufel; wäre ein Goͤttlicher Fuͤrſatz je gewe⸗
ſen / ſo waͤre ein Teufel in demſelben Fuͤrſatz geſchaffen worden:
der Einige Wille GOttes / gab ſich allein in die engliſche Figur/
aber die feurifche Scieng / nach der finftern Welt Eigenfchafft /
drang herfür/ und fafte füh ineinen Fuͤrſatz / und wolte auch
Ereatürlich ſeyn.
9. Da das Liecht / und das fiheinende Feuer / Creaturlich
ward / fo drang auch dasfinftere kalte peinliche Feuer / mit der
Bildungder Phantafen heryür/ und einzeignete fich in die feuri=
fihe Scienß / welche die feuriſche Scieng in fich als einen Frewd⸗
Affen / einfafte /undausder Temperatur außdrang; alfo ward
dernewe Wille / wider Die Temperatur gebohreg! welcher aus
GOtt verftoffen ward.
10. Man mug verfichen/ daß der Anfang der Schiedligfeit
° nicht In GOtt urſtaͤnde / daß ſich GOTT habe in einen Willen
zum Teufel gefaft: jondern die feurifche Sciens in der ewigen
Ratur/ im Außſprechen des Worts / nach Feuer und Liecht. Aus
den dien Erften/ iſt das geſchehen / daß ſich ein Fürfilicher Thron
in der feurifchen Scieng hat in das Reich / alsin die Archiam der
— geſchieden.
Das Reich der Phantafen nach der Finſternuͤß aber / iſt
von Ewigkeit geweſen / welches auch eine Urfach des Teufels Fal⸗
les iſt wiewohl die feuriſche Seientz Lucifers;in Eigenem Willen
ſtundt / und ſich ohne Zwang und Drang darein begab.
12. Der Menſch aber ward vom Teufel betrogen daß er fiel:
Denn als Fuͤrſt $ucifer / vorder Welt Grunde; inder Erſten
Bewegung /oder Infaſſung der Natur fiel/undaus feinem Koͤ⸗
niglichen Loco ausgeftoffen ward / fo ward Adam in feine flätte
geſchaffen; und weil der $ucifer nicht war beftanden / ſo ſchuff
GOtt den Adam nach dem Leibe in cin materialiſch Weſen als
in einen WBaffer-quaal / daß er ihme helffen möchte.
13. Und allda hat ſich auch der heilige Name ISſus / alfbald
in den Menſchen mitte eingeleibet zu einem Wiedergebaͤhrer;
denn der Chriſtus in Adam / ſollte den Koͤniglichen Stuhl Luci⸗
fers beſitzen weil er ich von GOtt gewandt hatte. Und daher
komt auch der groſſe Neid / daß der Teufel dem Menſchen gran
iſt / auch urſtaͤndet an dieſem 59* die VBerſuchung SUR! in
C der
60 Von der Genaden Wahl. Kap.E.
der Wuͤſten / dieweiler dem Teufel feinen Stuhl nehmen / und
feine Sewalt brechen foll in der Creation , und fein Richter wer⸗
zen / der ihm ewig verſtieſſe.
14. Die Seele des Menfchen / und die Zeufel + fo wohlalle
heilige Engel/ kommen ale aus Einem Grunde/ nur daß der
Menſch auch das Theil der auffern Belt in fich hat / welches
Doc auch der Teufel hat / aber in einem andern Principio ‚als in
der Phantaſey in der falfchen Magia. Deromwegen Fonteder Teu⸗
fel den Adam betriegen / denn er fprach des Adams feurifcher
Sciens inder Seelen cin / und lobte ihm die Ungleichheit der Ei⸗
genſchafften / und führte feine falſche Begierde in Adam / davon
Adams freyer Wille in der feurigen Scieng inficiret ward /
gleich als wie eine Gifft in den Leib komut / welche anhebt zu quali-
Kciren [davon ein anfanglicer Wille zur Eigenen $uft entſtun⸗
De; da war es geſchehen umb die Temperatur / denn die Eigene
ſchafften der Creation, welche allein Adam in der Temperatur
lagen / wachten Eine jede inihrer Eigenheitauff / und zogen dere
freyen Willen in ſich und wolten offenbahr feyn.
15. Auch og der Spiritus Mundi der Auffern Welt/aus Adam
Die Temperatur) als das Theil der aͤuſſern Welt in Adam / in
ſich / und wolte in Adam herrſchen; Item das Reich der Phan⸗
taſey griff auch nach Adam / und wolte in Bilde GOttes offen»
bahr ſeyn / ſo wohl der Grimm der Natur / als nehmlich GOttes
Zorn / in des Teufels Neid; alles zog an Adam.
16. Allda ſtunde er nun in der Proba, ober wolte beſtehen /
denn die Scienk (aus der Scheidung des magifchen Feuers im
Worte der Kräfften / aus des Vatters Eigenfchafft/ aus dem
Villen des Ungrundes) war frey; Tte ſtunde in dreyen Princi-
pien in der Temperatu:, Ite mochte fich in eincs wenden wohin
fie wolte; nicht daß fie in der Creatur wäre frey gewefen / denn
dero ward das Gebot gegeben fich nicht von GOttabzuwenden
in Die Geluſt Boͤſes und Gutes: absrder Grundder Ereatur /
als die feurifche Scieng/ alsdie Wurtzel der Seelen / ſtund in dein
ungruͤndlichen Willen des Anfangs aller Weſen / und ware
Particular des ewigen Willens; welcher ewiger Wille im feuri⸗
ſchen Worte der Scheidungder Natur / ſich in unterſchiedliche
Sc entz geſchieden hatte. Sp war die Seele ein Theil der Schied⸗
ligkeit / welche Schiedligkeit im Worte der Kraͤfften in der Natur /
Cals in den drey erſten / und in den ſieben Geftaltender Natur /
und ihrer Außbreitung) in Creaturen der Engel und hohen ewi⸗
gen Geiſtern figuriret ward / darinnen man auch die feuriſche
eingeblaſene Seele verſtehet. 17. Aber
z
kan 6. DBonderGenaden Wahl. ER
17. Aber das gantze Heilige fprechende Wort Gottes nach der
Siebe / als nad) der Dreyheit der ungründlichen Botfheit/ gab
ger Fewrifchen Scieng der Seelen ein Geboft / und ſprach: SE
nichtvom Gewaͤchſe des Erkaͤntnuͤß Gutes und Böfes / oder wo
Du das thuſt / ſo wirſtu deffelben Tages des Bildes Gottes erſter⸗
ben / dasift / die Fewriſche Seele wird Das Liecht verlichren /
undalfo wird die Göttliche Krafftim beiligen Ente aus dem an»
dern Principio inder Würdung des. Heiligen Ge iſtes verleſchen.
18. Der Geiſt Gottes offenbahret ſich in Feiner Thieriſchen
Eigenſchafft / viel weniger im Reiche der Phantaſey; darumb
ſagte ihme Gott / er ſolte nicht von der Temperatur in die Luſt
der Eigenſchafften eingehen) noch diefelben inihren Unterſchied⸗
ligkeiten probiren in ihrem Schmade / es wide fich ſonſt die
Toͤdtligkeit herfuͤr winden / und fich in ihme offenbahren/ als
der finfiern Welt Eigenſchafft / auf dem Centro der drey era
ſten / und würde das Reich Gottes in ihme verfchlinaen / wie
denn auch geſchahe.
19. So ſpricht die Vernunfft: warumb w wehrete ihm das nicht
Gott mit ſeiner heiligen Krafft ? iſt er nicht Allmaͤchtig / daß er
mochte die —— Scientz / (daraus der Wille zur Luſt ent⸗
ſtundt) brechen?
20. Hoͤre Vernunfft: die fewriſche Scientz / iſt auß dem Wil⸗
len des Ungrumdesjwelcher Wille ein Vatter aller Weſen heiſſet /
in welchem Gott gebohren wird (als vom Batter der Sohn) wel⸗
cher Wille ſich in Kraͤfften zum Worte / als zum Außſprechen /
einfuͤhret.
21. So wiſſe nun / dag ein Particular der hoͤchſten Allmacht /
des Weſens aller Weſen / in der Seelen verſtanden wird / als
inderScieng / welche von Ewigkeit geweſen iſt / welche Scieng
durch Bewegung des Worts aller Kraͤfften / ſich in ein Bilde in
den drey erſten faſſete; ſo iſt nun dieſelbe Scientz eine Eigenheit /
(auß dem Willen des Ungrundes) denn nichts iſt vor ihr das fie
brechen mag; die Creatur iſt wol nach ihr / aber die Scientz zur
Creatur iſt von Ewigkeit / dieſelbe hat ſich mit der Creatur / als
in den drey erſten / in Luſt wieder die Temperatur / in der Na⸗
tur eingefuͤhret. Es ward ihr das Gebott gegeben / fie ſolte die
Creatur in der Temperatur behalten / das iſt / fie foltedie Ei»
genfihafftender Natur 7 in der Gleichheit halten / denn fte war
Die Macht die es thun konte / als cin Funcke der Allmögligteits
dar zu hatte ſte das Reich der heiligen Krafft im Liechte GOttes /
in ſich / was ſolte ihr Gott mehr geben Sie zu baͤndigen? hin
© 7
atte
62 Donder Genaden Wahl. Cap.s
Ban fich ihr gelber gegeben / wie denn auch alfo dem König
Lucifer. ”
22. Die Scienk aber brach fich von Gottes Krafft und Liechte
- abe/ und wolteein Eigenes feyn / ſie wolte ein eigener würden»
der Gott / nach den Eigenfchafften ver Natur ſeyn / undin Boͤ⸗
fe und Gut würden/ und ſolches Gewuͤrcke im Reiche der heiligen
Krafft / offenbahren. Dieſes war ein Widerwille in Goͤttli⸗
her Krafft und Eigenſchafft / und umb diefes willen ward Kö-
ig Lucifer, und auch Adam auf dem Reiche der heiligen Krafft
außgeftoffen/ als Lucifer in das Reich der Phantaſey indie Fine
ſternuͤß / und Adam in die Ungleichheit der Creation / in die
Thierifche Ergenfchafft / in den Spiritum Mundi, daß alſo zu⸗
handt aller Creaturen Eigenfchafften in Böfe und Gut / in ihme
auffiwachten ; umb welches willen Gott das endliche Gerichte im
Spirit Mundi, das Böfe und Gute zuſcheiden / und alle Din
ge/ ein jedes in fein Principium einzuernden/ geſetzet hat.
23. Aldarinnendanalle Dinge (was das groffe Uhrwerck / im
Mytterio Magne iin Spiritu, ſowohl nach der innern geiftlichen
Welt hat erbohren) follen auff den Zeft des Fewers gefeket wer⸗
den; das iſt / es ſoll durchs Fewer der ewigen Natur (da ſich
Gott ein verzehrend Fewer heiſt) probiret werden. Denn wie
wolte GOtt ſonſt die Treatur richten / fo fie eben nur das thaͤte /
das ſie unvermeidlich thun muͤſte / ſo ſie keinen freyen Willen
haͤtte gehabt?
24. Das Juͤngſte Gericht iſt anders nichts / als eine Einern⸗
de des Vatters aller Weſen / und alles deſſen / was er hat durch
fein Wort erbohren / und worein jich ein jedes Ding / hat im
freyen Willen gefchieden / Darcin wird esauch gehen / denn in
demſelben ewigen Behalter / nach Deffelben Principä Eigen
ſchafft / iſt es gut.
25. GOtt hat ihme nichts zuwider gebohren / in ihme iſt alles
gut / aber ein jedes Ding in ſeiner Mutter; ſo lange es aber in
einer frembden Mutter laufft / ſo iſt es im Widerwillen; deſſen
geben wir euch ein Gleichnuͤß. Sehet an Hitze / Kaͤlte / auch
Fewer und Waſſer / dieſe kommen auß einem Urftande / und
theilen ſich auß einander / und gehet jedes in eigenen Willen /
als zu einem eigenen Qual; Nun / ſo ſie ſollen wieder in einan⸗
der eingehen / ſo iſt es Feindſchafft / und toͤdtet eines das ander /
das macht der eigene Wille einer jeden Eigenſchafft: weil ſte bey
einander liegen in der Tempera’ur, fo haben fie groffen Frieden;
fo bald fie aber außeinander gehen / fo wil ein jens ein zoo
eyn /
4
J
—
=
en
Caps. Bon der Genaden- Wahl. &
ſeyn / undüber das ander herrſchen; Daher auch der Streit im
SpirituMundi ift/zwifchen den vier Elementen / als zwiſchen Hitze
und Kalte / ein jedes wil herrſchen / und ſieget gar bald eines / gar
bald das ander: bald regnets / bald wird cs kalt / bald heiß / bald reiſ⸗
ſet die Lufft / jetzo ſo / bald anderſt / alles nach Gewalt ver ficben
Eigenſchafften der Natur und ihren Außgaͤngen in den drey Er⸗
ſten / darauß alles geſchoͤpffet wird was ſich raͤget.
26. So ſpricht die Vernunfft; Gott regiret diß / daß es als
ſo gehet ? Antw. Ja / das iſt wahr / aber die Vernunfft iſt blind /
und ſiehet nicht wormitte GOtt regiret / und wie das zugehet;
fie verftehet nicht das entſchiedene Wort in den Eigenſchafften
darinnen dieſes Regiment ſtehet.
27. Denn im Spiritu Mundi komt viel boͤſer Wuͤrckung herfürz
welche ſcheinet wider Gott zu ſeyn; Item / dag eine Creatur
die ander erwuͤrget und beleidiget: Item / daß Krieg / Peſti⸗
lentz / Donner und Hagel komt; dieſes alles lieget im Spiritu
Mundi, und entſtehet auß den drey erften / Sale, Sulphure, und
AMercurio, darinnen ſich die Eigenſchafften in ihrem Widerwil⸗
len ſchoͤpffen.
28. Denn Gott kan nichts als gutes geben / denn er iſt aklei—
ne das einige Gut / und wandelt ſich nimmermehr in einiges Boͤ⸗
fe; er kan auch nicht / ſonſt waͤre er nicht mehr GOtt; aber in
dem Wort ſeiner Offenbahrung / da die Geſtaͤltnuͤſſe urſtaͤn⸗
den / als da Natur und Creatur urſtaͤndet / alda entſtehet die
Wuͤrckung im Boͤſen und Guten.
29. Daſſelbe Wort hat ſich in ein Uhrwerck einer Zeit gefaf⸗
ſet / und darinn ſtehet nun das Machen des Boͤſen und Guten/
nach der Schiedligkeit der Kraͤfften im Wort / wie ſich die Kraͤff⸗
ten Goͤttlicher Offenbahrung / im Anfange in unterſchiedene
Principia geſchieden haben / als in die Pein / und in die Freu⸗
de / in Finſternuß und Liecht / in cin Liebe⸗Fewer des Liechts / und
in ein Peinlich Fewer der Natur / wie ſchon oben gemeldet wor⸗
den. Darinnen wird nun der gantze Grund des Goͤttlichen
Willens / in den Unterſchiedligkeiten verſtanden.
30. Es darff keine Creatur ſagen / dag ihr cin Wille von auſ⸗
fen gegeben werde / ſondern der Wille zum Boͤſen und Guten /
entſtehet in der Ereaturz aber durch außwendige Zufälle vom
Bere Guten / wirddie Ereatur inheiret/ gleich als wenn
eine außwendige gifftige Lufft den Leib anſteckt undvergiffter /
alſo auch verderben Die außmwendigen Dinge / den eigenen Wil⸗
len der Creatur / dag ſich der eigene ABille im böfen und guten
faſſet. 31. Und
C4 Von der Genaden Wahl. Cap. di
33 Und darumb hat GOtt dem Menfchen Lehre und Geſetze
gegeben / daß er ſoll am Gebott Urſach nehmen / die boͤſen Ein⸗
fluͤſſe zu verwerffen / und nicht zu ſagen: Thue ich etwas boͤſes /
ſo mus ichs thun / denn ich bin der boͤſen Neigligkeit. Er aber
ſoll wiſſen / daß der Seelen Scientz / welche fich hat koͤnnen in das
boͤſe faſſen / eben auch in das gute ſich hat faſſen koͤnnen / und daß
Gott keine Urſache an des Menſchen / noch des Teuffels Fall iſt /
er hat jhn auch darein nicht gezogen / fo vieler GOtt heiſt.
32. Sondern die Unterſchiedligkeit des geoffenbahrten Worts
der Kraͤfften / nach deme fie ſich in Eigenſchafften eingefuͤhret
haben / dieſelben haben ihn gezogen. Er ſtund in der Tempe-
ratur, aber die aͤuſſern Einfluͤſſe vom Teuffel / und von der fin⸗
ſtern Welt / ſowohl in der Creation im Spiritu Mundi, die ha⸗
ben in ihn / als in das Bilde GOttes eingehaucht / und die Un⸗
terſchiedligkeit im Bilde Gottes / in ſeiner Temperatur erwekt /
daß ſich Die ewige Scieng der Seelen / hat in eine Luſt zur Offene
bahrung der Eigenſchafften / begeben.
33. Das verſtehet alſo: die Seeliſche Scientz vergaffte ſich an
der Creation des geformten Worts in feiner Schiedligkeit / und
wuſte in ſich eben auch denfelben Gewalt zur Uuterſchiedligkeit /
und erhub fich in Luſt zur Schiedligfeit : alfobald ward auch die
Schiedligkeit in der Creatur / nad Seel ımd Leib offenbahr/
aber ver Teuffel war die groͤſte Urſach daran.
34. Denn alß er als ein Fewriſcher Geiſt / war auf der Tem⸗
peratur aufigangen auß dem Bilde GOttes: alſo fuͤhrte er nun
auch feine Begierde in die Seeliſche Scientzdes Menſchen / die⸗
ſelbe in eine Luſt einzuführen, denn er merckte wohl/ was Adam
war / nemlich ein Thron- Fürfte in feinem gehabten Stuhl im
Reiche GOttes; Aber ven Namen JESU wufte er nicht) daß
ſich derſelbe in der Zeit im Menfchen würde offenbahren / denn
fein wiffen in Gottes Siebe / darinnen der Name JEſus die
hoͤchſte Süffigkeit der Gottheit ift /war in feinem Abfall geftors
ben / das iſt / cs hatte fich indie Boßheit transmutiret / darumb
wuſte er anitzo nur die Boßheit.
35. Alſo verſtehet man nun den Grund und Anfang des
Teuffels und des Menſchen Falls / nicht dag man ſagen kan /
Gott habe dehn gewolt / ſo viel er GOtt iſt: ſondern die Schied⸗
ligkeit auß der Natur in die Creatur / die hat ihn geholt ] die
heiſt nicht Gott.
36. GOtt fuͤhret feinen einigen Willen in die Formunge und
Faſſunge ſeines Worts zur Schiedligkeit / als zur Offenbah⸗
rung
un
2
j
Cap.s. BonderGenaden Wahl, 65
rung GOttes; alda ſtehet die Schiedfigkeit im freyen Willen /
denn die Schiedligkeit ift die Natur / und auch) die Creation,
undinder Schiedligkeitwil GOtt Böfes und Gutes / als in
deme /das ſich in das Gute hat geſchieden / als im heiligen En⸗
gel / da wil er Gutes innen: ind in deme/ das fich hat in das
Boͤſe geſchieden / als in Teuffel / da wiler Böfes innen / wie die
Schrifft ſaget: Welch) ein Volck das ift/ einen folhen GOtt
bat es auch : in den Heiligen biſtu heilig / und in pen Verkehr⸗
fen / verkehrt. Pfal. 18; 26.
37. So fpricht nun die Bernunfft: So denn GOtt in einem
außgeſtoſſenen geforinien Worre felber alles iſt / als Boͤſes und
Gutes / eben und Todt; worinnen ſtehet denn der Menſchliche
Streit / daß man umb GOttes Willen ſtreitet / intemahl GOtt
in finem geſormten Wort alles iſt / und auch alles wil / es ſey
Boͤſe oder Gut / ein jedes in ſeiner Eigenſchafft / daraus es
urſtaͤndlich herkommen iſt?
38. Siehe / darinnen ſtehet der Streit / daß die Vernunfft
in ihrem Duͤnckel / ohne Soͤttliches Liecht / eine Rarrin iſt für
GH! and nicht weis was GOtt iſt; fie bilder ihr immer ein
etwas frembdes und fernes / wenn fie wilvon GOtt reden ; und
macht in dem ewigen unwandelbahren GOtte ] in feiner ewigen.
Dreyheit / einen anfänglihen Willen und Fuͤrſatz / und verfichee
nichts / wie alle Anfänge und Fuͤrſaͤtze indem gefornten Wor⸗
te / durch die Natur urftänden / alda fih das Wort / in Natur
faffet und formet / und dag die Anfänge alle in der Formunge
des Worts/ als in der Schöpffung oder Creation innen liea
gen / als in dem groffen Myſterio der Schiedligkeit / Darinne
Die Ereaturen urfiänden; alfo / daß alles Ubel aus der Natur
und Creatur herkomt / und dag die Verſtockung in der Natur und
Creatur / in der Scieng der Creaturlichen Selbheit / urftänves
daß / fo lie fich in Grimm der Natur einwendet/dag ſie darin er⸗
griffen / und verſtockt werde; daß ſie das Sprechen im Zorne in⸗
faſſet / und in ſich Halt / und dag alles (wenn geſchrieben ſtehet: er
verſtocke ihre Hertzen / daß fie nicht glauben und fechig werden )
im geformten Norte der ewigen und zeitlichen Natur geſchehe.
39. Denn daraus redetauh GOtt / wenn er im Pſalm ſa⸗
get: Du wirft fehen und deine Luſt daran haben/ wie es den Gott»
lofen vergolten wird. Item / dur wirft dich frewen / wenn der
Gottloſe gefkürket wird/ das iſt / wenn der Gottlofe im Grimm
verſchlungen wird / welcher dem Heiligen ift ein Gegenſatz / und
ſtaͤte Bergifftung geweſen; wenn dieſelbe Gift vonder Heili⸗
gen
66 Von der Genaden⸗Wahl. Cap. 6,
gen Seelen weggenommen wird / fo frewet fie fich / daß fie auf
der Notherlöfet ift. Und darımb ſtehet auch das Wort in Pein
der Natur / auff dag die Frewde offenbahr werde / aber die
Scheidligkeit gquß dem Wort/gehet ohne Zwang in freyem Wil⸗
len 7 eine jede Eigenfchafft in fein Eigenes; denn im ‚Heiligen
Wort iſt alles gut / aber inder Einführung Eigenes Willens /
wird cs böfe.
40. Das gefchicht nuninder Natur und Creatur / umd gar
nicht in GOtt / font müfte im Wort GOttes / auch des Teu⸗
fels Wille ſeyn / ſo GOtt in feinem Wort alle Dinge in eine
Unvermeidligkeit triebe s aber des Teufels Wille / ſo wol Adams
ſuͤndiger Wille / entſtund in eigener Scienginder Creatur / und
nicht in GOtt / ſondern im Oentto der Natur / faſte ſich die ei—
gene Sciens in einen Willen der Hoffart / wollende dem ſprechen⸗
den Worte inder Drepheitder Gottheit gleich / und noch mehr
ſeyn; Die Demuth ward verachtet und verlaffeny und ward an
deffen ſtatt die Fewerssmacht angenommen.
41.:Dasiftder Fall} day Adam und Lucifer die Phantafıy
an GOttes Stätte ſetzten / da wich der Heilige Geift aus ihrer
Natur / nun feind te ein Beift in eigenem Willen / und feind in
der Phantafey gefangen) als wir denn dasin Adam erkennen;
als fich ver Seelen Scieng / durch des Zeuffels Einhalten oder
inficiren/ erhub : fo wich der heilige Geift in fein Principim ,.
da ward Adam im Bilde EHttes matt und Ichwach/ als in ver
Temperatur / und Eontenicht inder Gleichheit magifch feines
gleichen auf fich herfür bringen / feine Allmacht / welche er in der
Zemperaturhatte/ ward ihme gebrochen / denn die Thierifche
Eigenfihafften der Creation , wurden in ihme räge.
42. So fpricht nun Mofes: Gott ließ ihn in einen tieffen
Schlaff fallen / und er entſchlieff. Alhie iſt er nun in der Tem⸗
peratur eingefchlaffen ; (verſtehe der Goͤttlichen Welt) auf dies
ſem Schlaffe muß ihn nun Ehriſtus auffwecken / oder er mag in
der Creatur nicht mehr GOtt ſehen / denn das Einfchlarfen war
anders nichts / als GOttes Liecht in der Liebe (alsdas Liebe⸗
Fewer) verlieren / das verlofch in dem Ens von der himlifchen
Welt Wefen / alfo war er ſchon halb todt.
443 . Die Zeit/ folange Adam im rechten Bilde GOttes ge—
ſtanden / wird dir in den Figuren Moſis und Chriſti fürgeftels
let / ſowohl die Zeit des Schlaffe ; biſtu ſehend / ſo ſtelle Moſen in
Chriſtum in Adauis Figur / als Adam noch in der Unſchuld ſtund.
44. Biertzig Tage war Moſes auff dem Berge / als Iſrael
probi⸗
Cap.6. DonvderGenaden Wahl. 67
probiret ward: 40. Jahr war Iſrael in der Wuͤſten / und 40,
Zage fund Ehriftus in Adams Proba in der Berfuchung in der
Wuͤſten; und 40. Tage wandelte ex nach feiner Aufferſtehung
inder rechten volkommenen Proba , da Adam inne folte wandeln
in feiner Unſchuld / vor feiner Beftätigung zur magifihen Ge⸗
burtiy, weilesaber nicht ſeyn mochte / (welches zwar in GOtt
wolerfannt war) fo fiel Adam in den Schlaf / fo mufte hernach
Chriſtus in Adams Schlaffe 40. Stunden ruhen) und Adam in
ihme / im Reiche GOttes wieder auffwecken. Diefem dencke nach /
fo wirſtu allen Grund im Proceß Chriſti lernen verſtehen / ſtelle
nur Chriſtum in Adams Stelle / ſo findeſtu allen Grund des
Alten und Neuen Teſtaments; ſtelle Adam in das geformte
Wort der Creation, und laß ihn das Bilde der aͤuſſern und in⸗
nern ewigen Natur aller drey Principien ſeyn: und ſtelle Chris
ſtum indas ewig-fprechende Wort / nach der wahren Göftlichen
Eigenfchafft / darinnen fein Böfes entfteben mag / fondern nur
die Liebe⸗Geburth Göttlicher Offenbahrung nach dem Reiche der
Herrligkeitift/ und führe Chriftum in Adam ein/ dag Chriſtus
den Adam in fih newegebähre/ und mit der Siebe tingire / Daß
er auf dem tieffen Schlaff auffwache / fo baſtu den ganzen Pro⸗
ceß Adams und Ehrifti. |
45. Denn Adam ift dag aufgefprochene geformte creatur⸗
liche Wort / und Chriſtus ift das heilige emigfprechende Wort:
alfo wirftu die Zeitin die Ewigkeit einführen / und wirft mehr
fegen / als du in allen Büchernder Menſchen lernen magft.
46. Denn als Eva in Adams Sclaff/ auß Adam gemacht
ward/ fo gefihahe das im Verbo Fiat, im Spiritu Mundi, allda
wurden fie zu Ereaturender äuffern Welt / als in das äuffere
Natürliche Leben in die Sterbligkeit / alsindas Thierifche $e>
ben gebildet / mit Vichifchen Gliedern in der Form) auch mit
einem Madenſack zur irzdifhen Speife. Denn nach dem das
Weib aus Adam kam / föware fehon das Bilde GOttes in der
Temperatur zerbrochen / und mochte allda das Paradis / in
ihme nicht beftehen / denn das Reich GOttes flehet nicht in Eſ⸗
fen und Trincken / faget die Schrift / fondern in Friede und
Freude in dem Heiligen Geift ; dasmochte in Adam und Eva
ſchon nicht ſeyn / denn fie hatten ſchon das Zeichen zu Thierifcher
Arth/ ob woldie Thierifche Arth noch nicht gantz aufgewacht
war / fo war ſie doch in der Luſt ſchon aufgewacht.
47. Der Verſuch-baum des Erkaͤntnuͤß Gutes und Boͤſes
war eben die Proba, wohin ſich die Menſchliche Seeliſche —
ie aus
3 DVonderGenaden Wahl. Cap. s,
(aus dem Willen des Ungrundes) würde Linmwenden vollen;
ob jie wolte in der Creatur / in der Temperatur bleiben ftchen :
oder ob fie woltein den Spiritum Mundi, indie entſchiedene Ei»
genſchafften / ſich einwenden.
48. So ſpricht die Vernunfft: warumb ließ ihn GOtt wach⸗
ſen? Antwort. Höre Vernunfft: Dieſer Welt Proba ift beſſer /
als das Centrum im Feuer nach der Ewigkeit Recht zu probi=
ren / wie Lucifer geprobiret ward ; auch erfannte GOtt wol
des Menfchen Fallim Spiritu Mundi ; dern was die Scienk der
Seelen begehrte / das muſte die Erde geben/ denn ihre Luſt gieng
in die Eigenfchafftder Erden ; alfo mufte die Erde der $uft fürs
ſtellen was fie haben wolte ; denn Die Scieng der Seelen / ift
Goͤttlicher Eigenſchafft nach der Allmacht / und hierinnen lieget
der Grund aller Verborgenheit / und bleibt der Fall einmahl
wie das ander / auf Menſchlichem eigenem Willen / und indes
Zeuffels Trug,
49. Der rechte wahre Fall des Menſchen ift dieſes: Als Era auß
Adam gemacyt ward) fo ſtellete ſich der Teuffel in die Schlange /
undlegte jich an den Berſuchbaum / und beredete die Eva fie -
folte davon eſſen / ſo würden ihre Augen auffgethan werden / und
ſte wie GOtt ſeyn; fie würde wiſſen / was in allen Eigenſchaff⸗
den waͤre / was darinnen für ein Ens, und Geſchmack ſey / wie alle
Kraͤfften in ihren Eigenſchafften ſchmaͤckten / und was alle Thie⸗
re in ihren Eigenſchafften wären. Welches wohl alles wahr
war: aber ihre nackete Geſtalt / und wie Hitze und Kalte in ſie
dringen wuͤrde / das ſagte ihr der Teuffel nicht; auch kam er nicht
in eigener Form / ſondern in der Form des liſtigſten Thieres /
auch ſo war es dem Teuffel eben darumb zu thun / daß er Evam /
als die Matricem in Veneris Tinctur, möchte monſtroſtſch ma⸗
chen / daß ſte ich an der Schlangen et vergaffte / daraus
ihr die Luſt entſtund Böfes und Güfes zu wiffen; als es denn
in der Schlangen gift war / da ſich die Scient der Natur hatte
in die Phantaſey / in eine folche Liſt eingeführet, Nicht wie Die
Vernunft ſaget / GOtt habe der Schlangen die Zunge gewapnet /
daß fie das thun muͤſſen: man kan wol ſagen / der Teuffel habe
fie ihr auß dem Reiche ver Phantaſey gewapnet / daß ſie es ge⸗
than habe / aber von GOtt kan man das nicht ſagen.
zo. Die Schlange ift ein Ens in den drey Erften geweſen /
nemlich im Sal, Sulphur, und Mercurio, in der Natürliche
Scieng] da fich das Fewer und Liecht ſcheidet / da der Berftand
och in Fewriſcher Schärfe innen lieget; denn der — |
ve
4:
J
*
Cap.6. DBonderGenaden Wahl, 69
Berftandes ift noch nicht vom Centro der drey Erſten geſchieden /
fondern er ift mit Peinligkeit/ als mit der Wurgel der Gifft⸗
quaal gemenget; darumb lieget in ihr die höchfte Urſach zur Gifft /
und dem falſchen liſtigen Willen; und denn auch lieget in ihr
die hoͤchſte Prefervarion wider Gifft / wenn von ihr die Gifft ge⸗
ſchieden wird / wie ſolches om Lucifer und feinem Anhang zu⸗
dencken iſt.
51. Der Sathan war auch der hoͤchſten fewriſchen Scientz / nach
dem Reiche der Natur / und der ſchoͤnſten einer im Himmel / def⸗
fen die Fewriſche Scientz der Natur / eine Urſach war / zu ſeiner
glentzenden Herrligkeit / er hatte das boͤſeſte / und auch das beſte
an ſich genommen / verſtehet / die ewige ſScientz hatte die Fewri⸗
ſche Natur / nach der hoͤchſten Bewegligkeit (daraus die Stärca
ke und Macht beſtehet / oder entſtehet) an ſich genommen / darin⸗
nen ſich denn auch die Scieng des Ungrumndes/ in eigenem Willen
ach der Liſtigkeit Arth / Hatte gefchöpffet / und fich vonder Des
muth abgebrochen / und im Liechte Gottes / in feinem Glafte 7
in allen Kräften herrſchen wollen/ als er denn auch in ſeinem
Anfang that / dardurch er das Weſen in der Scieng der Natur
mit fotcher Eigenfihafft vergifftete/ auß welchem vergiffteren
Ens,auch die Schlange ihren Urftand/inder Schöpfung genom⸗
men hat / umb welcher Bergifftung halben auch Gott die Erde
De verfluchte / nach dem fiE der Menſch noch mehr mit des Teus
fels Sifftund gift / vergifftete / durch feine eingeführte falſche
Luſt / damit er die Scieng im Weſen /varauser war aufgezogerz
worden / vergifftete / dag fich ihme das Paradis entzeg.
52. Alfo ftellete auch nun der Teuffel/ fein vergifftetes We⸗
fen / mit der Schlangen an den Baum / darein er hat fein Egeſt,
and liffigen Willen / vor Zeitender Schöpffung der Erden / in
Die Scieng der Natur / und ihr geiftliches Wefen eingeführer /
welches Wefen in der Scieng der Natur / im Anfangder&schöpf-
fung der Creation, auch mit indie Ereafur einging/ wie denn an
aller giftigen Würmen vergleichen nachzudencken if. Nicht
das fie der Teuffel habe gefchaffen: Nein/ fondernerift nur ein
Bergiffterder Natur gewefen/ auff Arth / wie er feine eigene
Natur / fowohldie Menſchliche Natur vergifftet hat. Das Fiae
aber hat fie gemacht / eine jede Eigenfchafft der zerfheilten Sci-
en& / infeine gleiche Form / wieder Wille in der Scientz war in
der wuͤrckenden Figur / alfo ward auch die Creatur.
53. Denn das fprehende Wort in jeder Scieng Eigenfhafft }
führte ſich in ein Bilde ; alfo war die Schlange dem Teuffel nahe
1
70 Von der Genaden-Wahl. Cap.7.
in der Scientz der Natur / denn er hatte ihr feinen gifftigen Wil⸗
len eingeſchmeiſt / da ſie noch kein Wurm war. Jedoch daß
man mit den Irrdiſchen Creaturen einen Unterſcheid halte / zwi⸗
ſchen den Ewigen / denn der Teuffel iſt der ewigen Scientz / als
der ewigen Natur: und die Schlange auß der Zeit / aber die Zeit
iſt auf der Ewigkeit außgeſprochen / darumb find fie aufeinander
gefchieden.
- 54. Diefes giftige liftige Geſchmeiß / als das Egelt des Teuffels /
ſtellete der Teuffel der Evæ fuͤr / an den Baum / dag fie ſich folte
an ihrer Liſt vergaffen und monſtroſtſch machen / als den auch ge>
ſchahe / Als Eva nach der liſtigen Klugheit luͤſterte / da ſchlupff⸗
te der Teuffel mit ſeiner Begierde mit dem Schlangen Mon-
ſtro, in die Scienß der Even / als in Seel und Leib; ven Eva
ward begehrende der Lift / als ver Klugheit / dag ihre Augen
möchten offen feyn / und Böfes und Gutes erkennen. Alfo führ-
te erihr der Schlangen Ens, magifcher Arth ein / auff Arth und
Weiſe / wie die falfche Magia mit Der Incantarion umbgehet /
und dem Menfchen eine böfe Gifft indie Scienß feines Seibes
einführet / und davon friegte Eva den Willen GOtt ungehors
- faın gu feyn / und wagtees / und aß von dem Baum der Irrdig⸗
keit da Böfes und Gutes offenbahr ward / wie wir denn noch
heutiges Tages nach dem Fall / eitelfolche Früchte ejfen. Und
als ſie aß / und nicht bald nieder ftelund ftarb / fo gab fie Adam
auch / und er ag auch Davon / denn Adanı hatte ſchon eingetaucht /
da erim Bilde GOttes ſtundt / aber noch nicht in den Seit geffen
biß anhero.
Das 7. Capittel.
Von der thieriſchen Offenbahrung im Menſchen / wie
Adam und Evaͤ ihre Augen auffgethan worden /
und wie das im Grunde zuverſtehen ſey.
3, En wir die Ebenbildnüß recht in ihrem magifchen
W Grunde befrachten/ wie das zugehet / daß ſich im Spiritu
Mundi,nach allen Dingen ein Gegenbildnuͤß formiret /
wie wir das in einem Spiegel/ fowohlim Waſſer / und am
Schatten fehen: fo kommen wir balde und nahe auff den Grund/
wie alle Weſen / aus einem Einigen urftänden / und wie alle
Ereafuren im Spirita Mundi, alsin dem aufgefprochenen Wor⸗
ie GOttes / innen biegen s darumb wir wohlmit Grunde Dan
ots
Carr. Von der Genaden- Wahl. 71
koͤnnen / daß alle Creaturen auch in Adam ſeind gelegen / nicht
daß ſie aus Adam ſeind außgangen / und in das Geſchoͤpffe getret⸗
fen; ſondern in der ewigen Scieng der Seelen / in welcher Scıenk /
das Wort Gottes ſich formiret und bildet in einen natürlicher
und creatürlichen Grund / darinnen werden alle Eigenfchafften
verftanden/ wie folches Mofes bezeuget / dag der Menfch habe
foilen in alle Ereaturen herrſchen / aber nun nach dem Fall /
herzfchen fie in ihme.
2. Denn als. die Seele in der Temperatur innen ftund/ fo
drang der Willenzgeiftder Seelen / durch alle Ereaturen/ und
ward von keiner verlegt/denn Feine konte ihn greiffen ; gleich wie
feine Creatur / magder Sonnen Krafft und Schein in eigenem
Willen begreiffen/ fondern muß es leiden/ dag ſie durch fie drin
get; alfo war auch der Willenzgeift des Menſchen; Als er aber
indem Gifft der Schlangen / im Willen des Teufels / gefangen
ward/ fowarder allen Ersaturen ein Feind / und verlohr diefe
Macht.
. 3. Auch Eriegten die Ereaturen Gewalt in ihme / und erhuben
ſich in ihme / wiees denn nun vor Augenift / da mancher in der
Eigenſchafft einer liſtigen Schlangen / voller arger Liſt und giff⸗
tiger Boßheit ift ; Item / ein anderer hat Kroͤten⸗ Eigenſchafft in
ihme / mancher eines Hundes / item einer Katzen / eines Baſiliſ⸗
kens / Loͤwens / Baͤrens / Wolffes / und ſo fort / durch alle Eigen⸗
ſchafften der Thiere und Wuͤrme.
4. Sie haben von auſſen das erſte figurirte Bild wohl an ſich /
aber in der Eigenſchafft ſitzt ein boͤſes Thier; dergleichen iſt auch
von den guten zahmen Thieren zu verſtehen / daß mancher in der
Eigenſchafft eines guten Thieres Arch iſt / und iſt wohl kein
Menſch aus Adams Saamen gezeuget / der nicht in dem irrdi⸗
ſchen Leibe / etwan eines Thieres Eigenſchafft an ſich habe / man⸗
cher ein boͤſes / mancher ein gutes.
5. Diefes wird nun in dem Falle verftanden/ dag fich alle
Eigenſchafften in dem Spiritu Mundi haben indem Menfchen
geoffenbahret; alle feurifche Scieng / nach Hige und Kalte/auch
alle andere Qualitäten infonderheit/ item der gantzen Natur
Eigenfhafft / ward in ihme offenbahr nach boͤſem und gutem:
denn fo bald fie ver irrdiſchen Frucht in den Leib affen / foging
Die Temperatur aufeinander / und ward der Leib nach allen Ei>
genſchafften im Spirira Mundi offenbahr da fiel Hitze umd Kälte
iff ihn / und drungen in ihn ein; item alle Eigenſchafften der
Br, darinnen ber eregtuͤrliche Grund ſtehet / drengeten ſich
in
52 Bonder erden Wahl. Cap. 7
in ihme in einen Widerwillen / davon ihme Kranckheit / und der
Todt der Zerbrechungentſtundt.
6. Und in dieſem Biſſen ſtarb er an GOttes Reich / und wachte
auff dem Reiche der Natur / und ward aus der Unleidligkeit in
die Leidligkeit geſetzt / und ward nach dem aͤuſſern Leibe ein Thier
aller Thiere / als das thieriſche Bild GOttes / da ſich das Wort
GoOttes hat in irrdiſcher Bildnuͤh offenbahret; alſo ward der
Menſch nach dem aͤuſſern Leibe ein Meiſter und Fuͤrſt aller
Thiere / und war doch ſelber nur ein Thier / abex einer edleren
Zceientz als ein Zhier / und nichts deſtoweniger hatte er ein Thier
in der Eigenſchafft.
7. Und zu dieſer Stunde ward im Menſchen eine Pforte der
finftern Weltin GOttes Zorn offen / nehmlich die Hölle/ oder
Der Schlund des Teufels/fo wohl das Neich der Phantaſey ward
in ihme offenbahr. Der zornige GOtt / (alfa nach dem Reiche
der Finſternuͤß genannt) ward in ihme offenbahr/ und fing ihre
nach der ſeeliſchen Scieng / inder Ereaturs nichtder Grund der
feelifchen Scieng mag gebrochen werden; fondern die Creatur
aus den drey Erften/ Sale, Sulphure, und Mercurio,afs die ewige
Natur / und auch die zeitliche Natur im Spiritu Mundi : Die zeit⸗
liche Natur ward in die irrdifche Eigenfchafft geſetzt / und die
ersige Natur inden Grinum der finftern Welt / dem Teufel zum
Nachbahr.
8. Als nun dieſe Gefaͤngnuͤſſe im Tode Chriſti ſollten in bey⸗
den Naturen gebrochen werden: ſo erzitterte die Erde daruͤber /
und verlohr die Sonne ihren Schein; anzudeuten / weil das
ewige Liecht nun wieder gebohren ſey worden / ſo muͤſſe das zeit⸗
liche auffhoͤren.
9. Dieſes recht zu betrachten / was am Menſchen ſey im Fall
geſtorben / ſo muͤſſen wir nicht nur allein den zeitlichen Tod an⸗
ſehen / wie der Menſch ſtirbet und verweſet; denn das iſt nur der
thieriſche Todt und nicht der ewige Todt: Auch muͤſſen wir nicht
alſo blind ſeyn / und ſagen / die Seele ſey geſtorben in ihrer Crea⸗
tur; Nein / das mochte nicht ſeyn / denn was aus dem ewigen iſt /
Das nimt keinen Todt an / ſondern das Ebenbildnuͤß GOttes / das
ſich in die creaturliche Seele hat eingebildet / (als das Goͤttliche
Ens )daffelbe verblich/ wie der Feuer⸗grimm auffwachte. Denn,
in GHttift Fein Sterben! fondern nur eine Scheidung der Prin»
cipien / auff Arth zuverftchen / wie wir fehen / daß die Nacht ven
Zag in fich verfchlinget / und der Tag die Nacht /alfoift eines ing
andern wie todt / denn es mag lich nicht erzeigen,
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Cap.7. Von der Genaden-Wahl. 73
10. Diß in einem Gleichnuͤß zuverſtehen / als ob die Sonne
verginge / fo würde der Spiritus Mun>i eine eitele raue Feind»
ligkeit und würde cine immerwährende Nacht; So moͤchten
die vier Elemente / injegiger Eigenfcharft/ nicht qualificiren /
und wüchfe Feine Frucht / auch möchte keine Ercatur inden vier
Elementen Icben. Alſo auch in gleichem ftarb Adam und feine
Eva des Reichs der Böttlichen Sonnen-Krafft/ alsdes Gött-
lichen Weſens und Willens / und wachten auff der grimmen
Natur / von innen nach der Seelen; und auc) von auffen /in der
thieriſchen Eigenfchafft.
21. Der Seelen Scieng aus dem ungründlihen Willen/ dar»
innen GOtt gebiehret / Die ift nicht geftorben / denn nichts mag
fie zerbrechen, fondern fie bleibet ewig ein freyer Wille s aber ihre
Form der Ereatur / alsdie Seele / welche vom Geiſte GOttes /
in ein Bilde formiret ward / daffelbe Bilde aus der ewigen Na⸗
tur / das verlohr Das heilige Ens, darinnen GOttes Sicht und
Liebe⸗feuer brañte. Nicht daß daffelbe Ens fey ein Nichts worden:
wohl ward c5 der creatürlihen Seelen ein Nichts / als unem⸗
- Ffindlich ; fondern die heilige Krafft/ als der Geift GOttes / wel-
sher das würckende geben darinnen war /die verbarg fich : Nicht
aus Fuͤrſatz feiner felber / fondern die ewige Scieng / alsder un
gruͤndliche Wille zur feelifchen Ereatur/ ging vom Siebe- Willen
aus in fein ftachlicht Eigenthum der feelifchen Natur.
22. GOtt entzoch ſich der Seelen nicht/fondern die Scientz des
Freyen Willens entzoch ſich GOtte / gleich wie die Sonne der
Diſtel ſich nicht entzeucht / aber die Diſtel entzeucht der Sonnen
ihre ſtachlichte Scientz / und fuͤhret fie in ſtachlicht Weſen; je mehr
die Sonne darauff ſcheinet / je ſtachlichter und ſtaͤrcker wird die
Scieng des wuͤrckenden Willens / alſo iſt es auch von der Seelen
zuverſtehen.
13. GOtt wohnet durch alles / auch durch die Finſternuͤß / und
durch die Teufel / aber die Finſternuͤß ergreifft ihn nicht / alſo auch
der Teufel / und die gottloſe Seele nicht; Sprichſtu warumb das?
Darum / der creatuͤrliche Wille zur wahren gelaffenen Demuth
(unter GOttes Gehorſam fich zu begeben ) iſt todt / und iſt nur
ein Diftel- und Dornen⸗Wille darinnen / im Leben der Ereatur;
alſo haͤlt der Dorn⸗Wille die edle Scieng des ungruͤndlichen ewi⸗
gen Willens des Ungrundes in ſich gefangen oder verdeckt / und
ſeind ineinander wie Tag und Nacht.
14. Die creatürliche Seele ward zur Nacht / der Spiritus
Mundi, welcher im Anfange in er Temperatur im Leibe ſtund 7
‘ dier
74 Von der Genaden⸗Wahl. Eap.z.
der ſtund noch in Boͤſem und Gutem / wie alle zeitliche Dinge
ſtehen: aber des Teufels Diſtel-ſaamen war darein kommen /
darinnen der zeitliche Todt innen lag / und war allda anders
nichts zu verfichen als ein Thier aller Thiere. Die Gleichheit des
geformten ausgefprochenen Wortes ftund in der Feindfchafft
und Widerwillen / das englifche Bilde war gang zerftöhret/ bey»
des am Gemüthe und Sinnen ; wie wir denn noch heutefchen /
dag die Sinnen immerdar ſich im thierifcehen Willen / zur eige⸗
nen Liche faffen/und gar ſchwerlich dahin kommen / daß fe GOtt /
und die Gleichheit lieben ; fondern nur immerdar fich empor
ſchwingen / and wollen alles alleine im Beſttz haben/wollen gerne
das fchönfte Kind im Haufe feyn / davondie Hoffarth / Geiß /
Neid / und Haß entftchen. Das alles iftder Schlangen Ens,
und des Teufels eingeführte Eigenfchafft / welches das Reich
Ottes nicht erben kan.
15. Dieſem nun kam das lebendige ewigſprechende Wort / der
hoͤchſten Siebe Eigenſchafft / aus lauter Genaden zu huͤlffe / und
ſprach ſich wieder in das verblichene Ens von dem himmliſchen
Welt⸗weſen / zu einem wuͤrckenden Leben ein. Gleich wie des
Zeufels Wort fich hatte in die Seele eingefprochen: alfo kam das
Wort der Liebe GOttes / und ſprach fich wieder in das verbliche>
ne Ens ein / mit anzudeuten / daß es ſey ein Ziel eines ewigen Ge⸗
naden⸗bundes / darinnen GOttes Liebe / in denm Namen IESU/
wolte dem Teufel ſeine Wercke zerſtoͤren / und wolte das leben⸗
dige heilige Ens , in den Namen IJESM / in dieſes Einſprechen /
vder eingeſprochenes Wort / wieder einfuͤhren / welches in Chriſti
Menſchwerdung geſchach.
16. Allhie iſt uns nun die Verſehung / oder Einſehung zu⸗
verſtehen / daß der Geiſt GOttes / vor der Welt Grunde / habe
in des Feuers und Grimmes Eigenfchafft der Natur / dieſen
Fall geſehen / undden heiligen Namen JESU/ mit dem höch-
„Ren Liebes-Ens, darein verfehen zu einem Wiedergebaͤhrer.
Denn ein einige Wurtzel des Entisaus Goͤttlicher Liebe (als
nehmlich das himmliſche Welt-Weſen) verblih in Adam) als
Das wahre Ebenbild GOttes / nach Göttlicher Heiligkeit Eigen»
Haft; und in daffelbe einige Bilde! dasin Adam / in GOtt
verblich / hatte GOtt das Ziel feines ewigen heiligen Willens in
Ehrifto einverleibet ; in daffeloe fprach GOttes Heiliges Wort /
als jegt die arme ercatürfiche Serle an GOtt war blind worden:
Des Weibes Saamen folder Schlangen den Kepffzertretten.
Und in derſelden eingefprochenen Stimme / kriegte die arme
Seele
| Eapır. Von der Genaden Wahl. 75
Seele wieder Göttlichen Athem amd Leben; und diefelbe eeinge⸗
ſprochene Stimme / ward im menſchlichen Leben (als eine Figur
des wahren Ebenbildes / in dieſem Ziel des Bundes GOttes
welchen er hatte in dem Gottlichen Ens vor der Welt Grunde
eingefehen ) mitte fortvon Menfch auf Menfch / als ein Gena⸗
den bund / gepflanget.
17. Denn das Einfprehen des Teufels / daraus ein böfer
Mille entftund / das gefchach erftlich in Adam / daer Mann und
Weib / und doch der Feines /fondern ein Bild GSOttes war / und
drang von Adam in Eva / welche die Sindeanfing ; alfo kam
auch nundas Einſprechen GOttes / und drang in Evam / als in
die Mutter aller Menſchen / und ſetzte ſich dem angeſangenen
Suͤnden⸗quaal durch Evam / in Adam entgegen / denn in Eva
lag die Tinctut vom Liechte / und vom Geiſtlichen Waſſer / und
in dieſelbe leibte ſich die heilige Tinctur im Worte / in den Na⸗
men JESU ein] da fie wolte die thieriſche Matricem zerbre⸗
chen / und in eine heilige verwandeln,
18. Denn nicht durch Adams Feuers⸗Tinctur ſollte es geſche⸗
hen / ſondern durch / und indem Theil der Adamiſchen Liechts⸗
Tinctur, darinnen die Liebe brannte / welche in das Weib geſchie⸗
den ward / als in die Gebaͤhrerin aller Menſchen / darein verhieß
ſich GOttes Stimme / wieder das lebendige heilige Ens vom
Himmel einzuführen/und das verblichene Bild GOttes / welches
darinnen ſtundt / in Göttlicher Krafft nemzugebähren.
19. Johannis am dritten ſpricht Chriftus/er fey rom Himmel
kommen / da verſtehet man Weſen / denn das Wort darff keines
kommens / es iſt vorhin dar / und darff ſich nur bewegen; Nun
lagen alle Menſchen nach der verderbten ſeeliſchen Eigenſchafft
im Saamen Adams: und lagen hinwieder alle Menſchen in Ve-
neris Matrice ‚als in der weiblichen Eigenfchafftin Eva ; und in
Eva / als indie Matricem der Siebe von der himmliſchen Welt
Wefen welches in Adam und Eva verblich/alsin das Theil vom
Reiche GOttes ] ſetzte GOtt feinen Bund / und führte darein
ſein Wort / daß des Weibes Saame (verſtehet den himmli—
ſchen Saamen / welchen das Wort wolte wieder einführen/dar=
innen GOtt und Menfh / ſollte wieder eine Perſon ſeyn /) ſollte
der Schlangen Egeſt, und des Teufels Willen /den Kopff ſeiner
Macht zertretten / und des Teufels Wercke / welche er wuͤrde in
Seel und Leib würden / zerſtoͤren.
20. Verſtehet es recht; der Erſte in Adamg eftarfe: 2: Nenfchl
als das Theil von Der himliſchen Welt Weſen / und deñ rtens das
D 2 Ex Hl
76 Bon der Genaden Wahl. Cap, 7;
Theil / dasim Norte GHDttes follte eingeführet / und ztens mit
dem menfchlichen follte ein Weſen werden/ver follte esthun / alß
Der GOtt⸗Menſch und Menfh-GDttfollte es thun ; nicht gang
ein fremder Chriſtus / fondern daſſelbe Wort/das den Menfchen
aus fich inein Bilde GOttes gemacht hatte. So follte es nun dns
machende Wort / unddas gemachte Wort/ in Krafft des heiligen
Geiftes thun / das himmliſche Ens im Worte / alsder Tempel
des heiligen Geiftes / ſollte im Weibes⸗Saamen einen ſeeliſchen
Saamen an ſich nehmen / und auch einen leiblichen von Adams
Weſen / aus dem Limo der Erden / auff Arth / wie GOtt die
Welt an ſich hat genommen/ und wohnet doch im Himmel im
heiligen Ente.
21. Alſo nahm das Wort von innen / das verblichene heilige
Ens, an fein lebendiges / und machte das verblichene in feiner
Krafftlebendig / und die feelifche und leibliche Natur von der ins»
nern Welthingam felben Entean / wiedie Naturan GOtt an⸗
hanget/ durch welche er fich offenbahret. Alfo wolte auch allhie
das heilige Wort / mitdem heiligen Ente , durcd) die feelifche und
leibliche Natur fich offenbaren / und die Seele mit ver hoͤchſten
Tinctur wieder tingiren / und dem Teufelfein gemachtes Raub⸗
ſchlos im Grimm der ewigen Natur / darinnen zerbrechen / wel⸗
ches alles im Proceſs Chriſti erfuͤllet worden iſt.
22. Nun ſage mir jetzo allhie die Vernunfft / wo der fuͤrſaͤtzli⸗
che Wille GOttes zur Verſtockung des Menſchen urſtaͤnde?
wo iſt der Fuͤrſatz / daß er einen Hauffen hat in ſeinem Fuͤrſatz
zum Verdamnuͤß / und den andern zum ewigen Leben geordnet?
denn in Era fing die Sünde an / und in Eva fing auch die Genade
an / ehe ſie eines Kindes ſchwanger ward. Sie lagen alle in Eva
in gleichem Tode / und lagen auch alle in dem einigen Genaden⸗
Bunde im Kben / wie denn der Apoftelfuget Nom. 5. verf. 18.
Gleich wie die Sünde von Einem kam / unddrangauff Alle:
alfo kam auch die Genade von Einem/unddrangauff Alle. Denn
zer Bund gieng nicht nur auffein Particular,als auffein Stuͤcke
aus Eva / fondern auff die gange Evam (ohne des Teufels
Wercke / welche er hatte inftegefchmeifts dieſe follte Chriſtus
zerbrechen. )
"23. Es follte und Eonte keine Seele aus des Teufels einge-
führtem Entegebohren werden/denn das Wort GOttes mit dem
Bunde / ſtundt darzwiſchen: fodrangder Bundauff Evaͤ Seele
in Adam / als aus des Liechts Tinctar, in Adams feuriſche Tin-
Sar: Denn Adam und Eva waren im Wort Ein Menſch; alfe
drang
f!
-
Cap.7. Von der Genaden Wahl. 77
drang auch die Genade auff denſelben einigen Menſchen Adam
und Eva.
24. Wo iſt nun der Göttliche ewige Fuͤrſatz / davon die Ver⸗
nunfft ſaget? Sie wil denſelben mit der heiligen Schrifft be—
weifen / und verſtehet dieſelbe nicht; denn der Schrifft Worte
ſeind wahr / aber es gehoͤrt ein Verſtand darzu / nicht ein auß⸗
wendiger Wahn / da man von einem frembden GOtte tichtet / der
etwan weit und hoch in einem Himmel alleine wohnet.
25. Bruͤderlich wollen wir der Vernunfft andeuten / wie die
Schrifft zuverſtehen iſt / da ſie vom Fuͤrſatz / und von GOttes
Waͤhl redet / und ihr den wahren Verſtand geben / wie die Wahl
urſtaͤnde / und was der Fuͤrſatz ſey / und wollen gar Niemanden
darinnen / oder damitte in ſeiner gefaſten Meynung verachten /
ſondern zu mehrerer Erkaͤntnuͤß / und Chriſtlicher Einigung des
Verſtandes / wollen wir die Schrifft erklaͤhren / zu welchem Ende
auch diß Buͤchlein geſchrieben iſt.
26. Daſſelbe nun zu verſtehen / ſo wollen wir das erſte und
andere Principium, als das Reich der Natur zu Goͤttlicher Of⸗
fenbahrung / darinnen GOttes Zorn / und Verſtockung verſtan⸗
den wird: und Denn das Reich der Genaden / als das wahre Gött⸗
liche Weſen / gegen einander ſtellen: und ſehen / wie der Grund
der Verſtockung urſtände / und wollen die Sprüche der Schrifft/
welche ſcheinen wider einander zufeyn/ damitte probiren auff
daß cin jeder feiner Meynung Brund ſehen möge’ und wollen
unsan keine Meynung binden jemanden zugefallen/ ſondern den
Grund darthun / und folches allen Partheyen der Meynungen /
in Liebe / zu Brüpderlicher Einigung.
27. Als Adam und Eva waren gefallen] fo waren fie am Reis
che GOttes blind / und alstodt/ und war feine Mögligkeitim .
ihnen etwas gutes zu thun / verfichet nach der feelifchen / und
leiblichen Ereatur; aber die Scieng des Ungrundes aus des Dat»
ters Eigenfihafft/ in welcher eine Seele in dem feurifchen Worte
formiret ward / die ward ungebumden / weder böfe noch gut / denn
ſie iſt der einige Wille. In welchem ewigen Willen / GOtt der
Vatter / feinen Sohn gebiehret / und heiſſet aber auffer der Ge⸗
baͤhrung (als der Goͤttlichen Krafft) nicht Batter / auch nicht
GoOtt / ſondern der ewige ungründliche Wille zu etwas; in wel⸗
chem Willen die Geburth der heiligen Dreyheit / ſo wohl der Ur⸗
ſtand der Natur und aller Weſen Anfange / verſtanden werden.
28. Derſelbe Wille / iſt der ewige Anfang zu Goͤttlicher Weiß⸗
heit / als zur Beſcham ligkeit FREE und ift auch *
3 Ne -
78 Vron der Genaden Wahl, Cap. *
Anfang zum Worte / als zum Aus- ſprechen des Feuers und
Liechts; das Sprechen aber geſchicht nicht im Willen des Un⸗
grundes / ſondern in der Faſſung der Scientz / da ſich derſelbe
Wille indie Staͤtte GOttes / als indie Dreyheit der Gebaͤhrung
einfaſſet. Allda ſpricht ſich das Wort der Krafft in die Unter—
ſchiedligkeit der Scientz; und in derſelben Unterſchiedligkeit der
außſprechenden Scientz / iſt das Bid GOttes / als der Menſch /
in Goͤttlicher Krafft und Weißheit / inmagifcher Form ohne
Creatur / von Ewigkeit geſehen worden. Und in diefem geſehenen
Bilde hat ſich GOttes Geiſt / in der hoͤchſten Liebe (welche der
Dame IEſus iſt) ſelber geliebet / denn es iſt eine Figur feiner
Gleichheit / nach der Krafft und Geburth geweſen.
29. Weil aber GOttes Liebe / ohne die ewigt Natur nicht of
fenbahr wäre geweſen: als nehmlich / dag Liebe⸗Feuer wäre nicht
offenbahr / ohne Das Zorn⸗Feuer: ſo iſt die Wurtzel der Scieng
in feinem Grunde der Natur / das Zorn-Feuer geweſen / und die
Ofſenbahrung des Zorn⸗Feuers iſt das Liebe⸗Feuer geweſen / auff
Arth wie das Liecht aus dem Feuer komt; und allhie verſtehen
wir den Grund.
30. Alß das Liecht / in der creatuͤrlichen ewigen natuͤrlichen
Seelen verloſch / fo war die ereatuͤrliche Seele nur ein Quaal
GOttes Zornes / als eine feuriſche Natur: Nun aber hatte ſich
SoOttes Liebe / (als der heilige Name ISſus / welcher das Unum
J. iſt / ( wie man ihm moͤchte nachſtnnen /) in dem ewig⸗geſehenen
Bilde / in die Sciens des Ausſprechens / (verftehet in das menſch⸗
liche ewige Bilde / darein die creatuͤrliche Seele geſchaffen ward)
eingeleibet. Und in dieſer Einleibung iſt der Menſch in Chriſto
Jeſu verſehen worden vor der Welt Grunde. Als aber die crea⸗
zürliche Natürliche Seele fiel / und das Liecht verlohr / fo ſprach
ſich das Wort der Krafft / (welches die Seele in der feuriſchen
Sciens hatte geformet) in den Willen des Ungrundes zur Crea⸗
tur ein.
32. Bon Ewigkeit iſt der Name ISfus / in einer unbewegli⸗
chen Liebe im Menſchen / als in der Gleichnuͤß GOttes geſtan—
den; denn waͤre ſie beweglich geweſen / ſo haͤtte das Bilde ein
recht Leben gehabt / nun aber war das wahre Leben allein im
Worte der Kraͤfften Seh.ı. Als aber die Seele das Liecht verlohr /
ſo ſprach das Wort den Namen IEſus / in der Bewegligkeit /
in das verblichene Ens von der himmliſchen Welt Wefenein.
32. Adam hatte das Goͤttliche Liecht vor feinem Fall auß JE-
HOYA, das iſt auß dem Einigen GH in welchem * hohe
ang
Cap.7. BonderGenaden Wahl. 73
Name JESUS verborgen ſtundt: nicht in GOtt ift er vers
borgen / fondermin der Creatur / verftchet / in der Scien& zur
Creatur / ſtundt er verborgen. Aber in diefer Noth als die See⸗
le fiel / ſo offenbahrte GOtt den Reichthumb feiner Herzligkeit
und Heiligkeit/ in dem ungründlichen Willender Seelen / als
in dem ewig⸗-geſehenem Bilde / und leibte ſich mit der lebendigen
Stimmie des Worts auf dem Goͤttlichen Liebe-Fewer / in vie
ewige Bildnuͤs ein / zu einem Pannier der Seelen / dahin ſie
ſolte dringen; und wiewohl fie kein Eindringen vermochte / denn
fie war an GOtt als wie todt: fo drang aber der Göttliche A—
then in fie/ und vermahnte fie zum. Stillftande der boshafftia
sen Wuͤrckung / auffdag feine Stimme in der Seelen wicder
möchte anheben zu würden.
33. Und das iſts / daß ſich GOttes Stimme bey der Era ir
Des Weibes Saamen einſprach / denn das rechte Weib ven der
Himmlifhen Welt Weſen / (da es: noch in: Adam war / vera
fichet nach der Jicchts-Tindtur ) war Jungfraw Sophia , als vie
Ewige Jungframfchafft/ oder die Siebe des Mannes / die war
in]JEHOVA, in Adam offenbahr / und jest ward fie inder Stim=
me dep Einfprehensim Namen IESU voffenbahr / weicher
ſich hatte aug JEHOV A-auggewickelt/ mit ſolchem Bunde / daß
scr Name JESUS-/ wolte in Erfüllungder Zeit / das Hei⸗
lige Wefen der Sophiz, alsdas Himmliſche heilige Weſen auf
der Siebe / damit die Liebe umbſchloſſen ift / oder (wie man es
ſetzen möchte / darinn die feuriſche Liebe cin Weſen ift ) in dns
verblichene Weſen auß JEHOVA einführen,
34. Daß ich aber ſage das Weſen auß JEHOVA, ſey im
Fall verblichen / das iſt wahr / und iſt eben der Todt / darinnen
Adam und Eva ſturben; denn ſie verlohren das rechte Feuer/
und wachte in ihnen auff das hitzige und kalte Feuer der Feind⸗
ſchafft / in welchem Feuer Sophia nicht offenbahr iſt; denn es
iſt nicht das Göttliche Feuer⸗ Leben / ſondern das Natuͤrliche / und
in die ſem natuͤrlichen Feuer⸗Leben der Seelen / iſt nun der Une
terſcheid zwiſchen GOttes Liebe und Zorn.
35. Das Natürliche Feuer⸗Leben ohne das Liecht / iſt GOt⸗
tes Zorn / der wil nur feines gleichen haben / dieſer / oder der /
verſtockt die Seele / und führer fie in eigenen fremden Willen /
wider des Siche- Feuers Eigenfihafft. Nun aber fähret nicht
etwan cin frembder Wille eines Zorn-Feuersindie Natürliche
Seele / das die Seele einnaͤhme / fondern das eigene Feuer?
deſſen die Seele cin Weſen iſt.
24 36. Dir
35 Bonder Genaden Wahl. Cap. 7.
36. Der grimm eigener Natur/verftockt fih mit Einfaffung
des Eckels in den drey erften der Natur Urftänden ( Sale, Sul-
phure, Mercurio, ) als in der finftern Welt Eigenfchafft /
welche in der falfihen Begierde offenbahr wird / und denn auch
son den aufwendigen Zufällen / welches die falfche Luſt auß der
feuriſchen Begierdein fich faffet. Gleich wie fich Adam und Er
va / mit der eingeführten Schlangen=fucht verftocktentmd vers
giffteten / da denn alßbald diefelbe eingeführte Gifft auch an⸗
fieng zu Hungern nach folder Eigenfchafft als fie felber war;
da denn ein Eckelden andern gebahr / wie der Apoftel Paulus
Davon faget/ dag nicht er im Geifte Ehrifti die Sünde wolle
und würde) fondern die Sünde im Fleiſche / das iſt / die in der
Natur iſt / als der offenbahre Grimm der ewigen und zeitlichen
Natur / und das jenige/ was die Vichifche Luſt in das Fleiſch
einführe / das thut es.
37. So verſtehet mich nun recht: Der allerinwendigſte Grund
am Menfchen / ift Chriſtus / nicht nach der Natur des Mens
Then) fondern nach Goͤttlicher Ergenfchafft in dem Himmliſchen
Weſen / welches er hat neugebohren ; und der zfe Grumd der.
Natur iſt die Seele / verfichetdie Ewige Natur / darinnen [ich
Chriſtus offenbahrte/ und ſie annahm; und der dritte Grund
iſt der gefchaffene Menfch aus dem Limoder Erden / mit Ster>
nen und vier Elementen.
38. In dem erften Grunde / welcher Chriftus iſt / ift das
wuͤrckende Leben in Böttlicher giebe; und indem andern Grunde
iſt das Natürliche Feuer-leben der creatürlichen Seelen / dars
innen nennet fin GOtt einen enferigen GOtt; und indem drita
ten Grunde / lieget die Creation aller Eigenfchafften / welche in
Adam in der Temperatur ſtund / und im Fall außeinander ging.
39. Indenrerften Grunde iftder GOtt JEHOVA, der hat
Die Menfchen / welcheim Anfang feine waren [dem Namen und
Der offenbahren Kraft IESU gegeben / wie Ehriftus faget /
Joh. 17. Vatter / die Menfchen waren dein/ und du haft fie mir
gegeben / und ich gebeihmendas ewige Leben. Erftlich ſtunden
fiein IEHOVA , indes Batters Eigenſchafft: nun ftchen fie in
Des Sohnes Eigenfchafft ach dem inwendigen Grunde des
Himmelreichs / denn der inwendige Grund ift der innere Him⸗
mel / eriftder Sabbath / als Ehriftus/ welchen wir heiligen
follen / das iſt von unferm eigenen Willen und Werden rus
hen / auff daß der Sabbath) Chriftus in uns wuͤrcke.
49. Derandere Grund iſt nun das Reich der ewigen ee
nach
ea. Von der Genaden- Wahl. ör
nach des Batters Eigenſchafft dDarinnen GOttes Zorn / und
i die finftere Welt verftanden wird Darüber GOtt feinen Sohn
zum Richter gefegt hat denn Ehriftus fpricht / Matth. 28. Mir
iſt alle Gewalt /im Himmel und auff Erden / von meinem Vat⸗
ter gegeben worden sin denen Worten ift auch das Gerichte al»
ler Dinge begriffen.
Folgen etliche Fragen | und derer Beantwortung/ zum
Berstande der Sprüche von der Genaden-Wahl /
und der Menſchen Berfiodung.
AU (M Iefer TEfus fpricht nun / Match. 1. Komt alle zw
mir her /die ihr mühfehlig und beladen feyd/ ich wil euch
erquicken.
42. Stage. Nun iſt die Frage / warumb ſie nicht alle müh=
ſehlig und beladen ſeynd / und zur Erquickung ( als zur neuen‘
Geburth) Fommen? Antw. So fpricht nun Chriſtus / Ich. 6.
Niemand komt zu mir / es ziehe ihn denn mein Vatter.
43. Frage. So iſt nun die Frage / welche zeucht der Vatter
zu Chriſto? Antw. Die Schrifft antworttet /Ioh: 1. Die nicht
vom Fleiſche / noch Gebluͤte / noch vom Willen eines Mannes /
ſondern von GOtt gebohren ſind.
44. Frage. Welche ſeind nun dieſelben ? Antw. Dieſe ſeind
es / die auß ver Genade gebohren werden / die erwaͤhlet er ihme.
45. Frage. Was iſt die Genade? Antw. Es iſt der inwen⸗
dige Grund / als Chriſtus / der ſich als cine Genade in den vers’
blichenen innern Grund wieder eingab; Welche nun aus demſel⸗
ben inwendigen Grunde / aus Sophia ,'als der himliſchen Jungs
frauſchafft neugebehren werden / die find Glieder an Ehrifti Lei⸗
be / und ein Tempel GOttes; diefe werden zu Kindern erwaͤhlet /
die andern ſeind verſtockt / wie die Schrifft durchaus ſaget.
46: Frage. Wie konmts / das ſte verſtockt ſeynd? Antw. Sie ſeind
in Adam alle geſtorben / und koͤnnen ohne die Genade in Chri⸗
ſto / nicht das Goͤttliche Leben haben oder erlangen.
47: Stage. Kan ihr denn die creatuͤrliche Seele / in eigenem
Bermoͤgen und Willen / in ihrer Selbheit / nichts von der Gena⸗
de nehmen? Antw. Nein / ſie kan nicht / denn es lieget nicht an
jemandes Selbjt-wollen/ lauffen / oder rennen / ſondern an
GOttes Erbarmen / Rom. 9. welches einig in Chriſto / in der
Genade iſt.
48. Stage. Nun fragt ſichs weiter; wie komt denn das Er⸗
barmen indie Seele / und daß fie unter die Wahyl komt ? Antw.
| D 5 aBie
\
82 Don der Geraden Wahl: Cap. 7.
Wie oben gefagt / Dienicht vom Fleiſche noch Blute / noch vom
Willen des Mannes; fondern vom gebenedepten Saamen des
Weibes / gebohren werden / als auf dem inwendigen Grunde /
da die Seele / Chriſtum im fich zeucht. Nicht von einer anges
nommenen außwendigen Genade/ wiedie Vernunfft ſaget / daß
GoOtt den ſuͤndigen Menſchen in Chriſto / welcher in Sünden
todt lieget durch die vorgefeßte Gnaden-⸗-Wahl annehme / auff
daß er kund thue den Reichthumb feiner Genade. Rom .g. Nein/
Das gilt nicht / denn die Schrifft ſaget / Matth. 18. Es ſey dent
daß ihr umbkehret / und werdet als die Kinder / und werdet durch
Ras Waſſer und Geiſt neugebohren / loh. 3. ſonſt ſolt ihr GOttes
Reich nicht ſchawen. Die Inwendige inngebohrne Gnade der
Kindſchafft gilt alleine denn Chriſtus ſaget Ioh. ʒ. Was vom
Geiſt gebohren iſt / das iſt Geiſt und was vom Fleiſch geboh>
ren iſt / das iſt Fleiſch: und weiter Ich. 6. Fleiſch und Blut fol
GoOttes Reich nicht erben.
49. Frage. Nun fragt fichs / wie iſt denn die iñgebohrne
Kindliche Geburth/fintemahlfie in Adam alle todt find / fo muͤf⸗
Ten ihr janur etliche auß einem Fürfaß zu GOttes Kindern ges
bohren und erwaͤhlet werden / und Die andern in GOttes Fürfas
zerftockt bleiben ? Was Fan das Kind darzu/ fo es GOtt nicht
haben wil ? Antw. Alyie lieget die Nuß nun auffzubeiffen /
darumb der Streit ift.
so. Ehriftusfpricht Matth 7. Ein fauler Baum kan nicht
gute Früchte tragen / undeinguter / kan nicht arge Früchte tras
gen / fo wir nundiefes gruͤnden wollen / fo müffen wir denfelben
Baͤum des Wiffensgründen/ der da iſt böfe und gut / und ſehen /
was er fuͤr Früchte trage / und auß waſſerley Eſſentz / eine Frucht
wachſe / ſo kommen wir zum Zweck; als wir denn ſehen / wie ſich
eine jede Krafft in ein Ens, und Willen einzeucht.
sr. Die Schrifft ſaget: Gott hat alle Ding äin Zeit / Ziel /
Maas / und Gewichte eingeſchloſſen / wie es gehen ſoll; Nun
koͤnnen wir aber nicht vom Menſchen ſagen / dag er im Anfang
ſey indie Zeit geſchloſſen geweſen / dena er war im Paradis in
»ie Ewigkeit geſchloſſen; GOtt hattẽ ihn in fein Bild gefchaffen :
als er aber fiel / fo ergriff ihn derfelbe Schluß der Zeit/ da alle
Dinge im Ziel / Maas’ und Gewichte inne ſtehen / und daffel-
be Uhrwerk iſt dasaußgefprechene geforinte Wort GOttes / nach
Liebe und Zorn / darinnen lieget die gantze Creation ſambt dem
Menſchen / nach der Natur und Creatur.
52. Nun hat ſich in dieſein gußgeſprochenem Worte des Vat⸗
ters
‚Cup. 7. Von der Genaden- Wahl. 83
ters Eigenfchafft / der Name ISſus offenbahret / indehnte ihm
alle Gewaltim Himmel und auff Erden gegeben iſt; alfo iftal=
les feine / das Bofe und das Gute / nicht in der Habhafftigkeie
feiner ſelbſt Eigenſchafft / fondern dem Guten zum Heyl/ une
dem Böfen zum Richter. Und ift alles gegen einander gefegt /
die Liebe wider den Zorn / undder Zorn wider die Liebe / auf
dag cines im andern offenbahr werde zum Scheide-Tage des
Richters / da er alle Dinge ſcheiden fol; denn wenn er nicht ein
Herr uͤber alles Boͤſe wäre / fo koͤnte er kein Richter der Teuffel /
und Gottloſen ſeyn.
53. Dieſer Baum des Wiſſens ſtehet nun in hoͤch ſter Aengſtlig⸗
keit in der Geburth / an einem Theil iſt er Chriſtus / und am
andern Theil iſt er das Reich der Natur / im Grimme GOttes
des Vatters / nach der finſtern und feuer-Welt Eigenſchafft;
die feuriſche Welt giebt Ens zum Leben: und Chriſtus in der Lie⸗
be / giebt Ens zum Weſen der Frucht / und tingiret den Grimm/
daß er ein Freudenreich wird indem Weſen aller Weſen.
54. Hierinnen iſt nun der Streit / denn in was für ein Ens
das Centrum der Natur / als der Wille des Ungrundes in des
ewigen Vatters Eigenſchafft ſich einfuͤhret und bildet / entweder
in der Genade Chriſti in Sophia, oder in des grimmen Feuers
Macht zur Phantaſey / ein ſolch Bilde ſtehet nach der Seelen da /
denn alhie giebt der Batter die Seele feinem Sohne Chriſto/
denn in des Vatters Eigenſchafft iſt die Bildung der Seelen /
und in des Sohnes Eigenſchafft / iſt die edle Bildunge Sopbiz ,
alß nemlich der ewigen Jungfrauſchafft in Chriſto. Nun liegt
es alhier jetzo am Willen des Ungrundes auſſer der Natur zur
See liſchen Creatur / wohin dieſelbe ſich ſcheide / entweder in die
Selbheit wie Lucifer thaͤt / oder in die Gebaͤhrung zur H. Drey⸗
heit der Gottheit / alz nehmlich / daß er ſich in Gott einlaſſe / o⸗
Ber ſelber wolle / fauffe / und renne.
ss. Alhie iſt nun die Wahl darüber / und heiffet nun allbie
wie ©. Paulusfüget Rom. 6. welchem ihr cuch begebt zu Knech⸗
ten in Gchorſam / deſſen Knecht ſeyd ihr / entivederder Sünde
zma Tode [oder dem Gehorſam GOttes zur Gerechtigkeit.
56. So ſpricht die Bernunfft zwas mag deffen ein Kind / daß
es zueiner Diftel wird/ ehe es fein Schen und Berfiand hat 2
Antw. Höre / was mag auch deflen GOttes Siebe in Chriſto /
daß Adam auf der Temperatur ‚,inden Baum des Wißens Gu⸗
tes und Boͤſes einging/ als inden Streit ? hatte er doch frey-
en Willen / warum brach er — ſelber / wider SOttes
Wil⸗
34 Bon der Genaden Wahl. Cap. 7.
Billen inihme / warumb warder GOtt ungehorfam ?
57. So fpricht die Vernunfft weiter : Kommen denn alle
Menſchen in folchem Begriff zur Welt? Antwort. Nein / in
keinem Weege auf Gottes Fuͤrſatz alfo/fondern auf dem Quaal
der würdlichen Sünden der Eltern und Borseltern;denn GOtt
ſpricht im Moſe Exad. 20. Ich wil heimſuchen und ftraffen die
3, Sündeder Elternanden Kindern / big ins dritte und vierdte
* a aber denen fo mich lieben / thue ich wol biß ins 1000.
s, Bliedt.
58. Hierinnen lieget nunder. wahre Grund der Diftel-Kins
der / und die Verſtockung / daß nemlich die Eltern / des Teuffels-
Boßheit in Fleifch und Blut/ indas Myfterium des geformten
außgefprochenen Wortes Gottes einladen / als Falſchheit /
ruͤgen / Hoffarth / Geitz / Neid/ Bopheit : auch öfters ftarca
Fe Fluͤche fo ihnen aug Urfachen / durch einen andern / in Leib
und Seele / eingewuͤnſchet werden/ undfo fie alßdenn derfelbe
Menſch verurfachthat / fo bleiben fie ihmei in dem Baume ſeines
Lebens: und werden alßdenn ſolche Zweige darauß gebohren /
welche das Eos Chriſti nicht mögen erreichen / fondern werden
nur von der Eltern Fleiſch und Blut / im Willen des Mannes
und Weibes / gebohren / Da fich das Seeliſche Ens in eine Dis
ſtel⸗arth einführet / offters in Schlangen / Hundes / oder greu⸗
licher Thiere Eigenſchafft.
59. Und über dieſe Diftel- Kinder / welche auff Erden nichts
guts wollen noch thun / gchet die Wahl; und ob gleich die Eltern
offters noch einen Funcken Goͤttlichen Entis in ſich haben oder be⸗
halten / und endlich in die Buſſe zur neuen Gebuhrt tretten: ſo
werden doc in mitler Zeit folge Diftel-Kinder gezeuget.
60. Auch iſt es gar ein ſehr groſſer Unterſcheid zwiſchen den⸗
ſelben / welche der Goͤttliche Ruff ergreifft im wuͤrckenden Baınn.
des Lebens: denn Chriſtus ſaget: Viel ſind beruffen / aber we⸗
nig ſind auserwaͤhlet; der Ruff iſt nun alſo zu verſtehen / Chri⸗
ſtus iſt dor Ruff / der ruffet ohne Unterlaß in der Eſſentz des Baus
mes: Komt alle zu mir / die ihr muͤhſehlig und beladen ſeyd; Er
ſtrecket ſeine Hand den gantzen Tag auß zu einem ungehorſamen
Bolcke / das ſich nicht wil ziehen laffen / und das fich feinen Geiſt
nicht wil raffen laſſen / wiedie Schrift durchaus Elaget.
61. Runder Ruff gehet über alle Menſchen / er rufft fie aller
denn es ſtehet geſchrieben: GOttwil daß allen Menſchen gehol⸗
ffin werde: Item, Du biſt nicht cin GOtt / der das Boͤſe wil.
BoOtt wil nichtin inem eigenen Willen / daß nur ein —
el⸗Kin
Cap. 7. Von der Genaden Wahl. 85
ſtel⸗Kind gebohren werde / aber ſein Grim nach der Natur ergreift
fie: aber es geſchicht Doch / daß der Goͤttliche Ruff auch etwas-
hafftet / und ſich mitte einwurtzelt / daß in manchem ein Funcke
von Chriſti Eos iſt / als vom Goͤttlichen Gehoͤre der Stimme
GOttes. Dieſen laͤſſet nun GOtt predigen und lehren / und
offenbahret ihnen ſeinen Willen; denn ſie ſeynd die jenigen / wel⸗
che mit Suͤnden hart beladen find / und halb-todt zu Jericho lie⸗
gen; dehnen hat Chriftus die Zauffe und Nachfmahl geordnet/
und rufft allezeit: Komt / komt / undarbeitetin meinem Wein⸗
berge / nehmet mein Joch auff euch / nehmlich die verderbte Natur
des geformten außgeſprochenen Wortes / welches Chriſto zu ei⸗
nem Joch worden iſt / darinnen der Menſchen Suͤnden liegen.
62. Hievon ſaget nun Chriſtus: Einem ſey ein Pfund / dem:
andernzwey / dem dritten drey / dem vierdten vier / dem fuͤnfften
fuͤnff gegeben worden; damit follen fie wuchern / und wel er⸗
werben. Ein ſolcher nun / der nur ein Fuͤncklein von GOttes
Stimme in ſich hat / der mag ſo er ſelber darinnen wil / wuͤrc⸗
ken / und es in einen groſſen Baum ziehen: denn ſolchen hat er
Macht gegeben GOttes Kinder zu werden / nicht in eigenem
Willen oder Vermögen: fondern indiefes Fündleins Vermö-
gen ;NB. (Denn die Seele ruhet darinnen / und der Zug des Vat⸗
ters inder Scelen zu Chriſto / gefhicht alda: ) denn fobald die’
Steele GOttes Genade ſchmaͤckt / fo eylet deß Vatters Wille in
der ungruͤndlichen ſcientz zu dem Quellbrunnen Chriſto. Und ob
gleich Das Reich GOttes erſtlich klein iſt als ein Senffkorn; fo
es nur die Seele annimt / und mit ihrer feuriſchen Begierde dar⸗
innen wuͤrcket / fo waͤchſet es endlich gros als ein Lorber⸗Vaum.
63. Welche Seele aber deſſen ſich nicht annehmen wil / ſondern
gehet in die fleiſches Luſt / und buhlet mit dem Teuffel / von deh⸗
nen ſaget Chriſtus / wer da hat / dem ſol gegeben werden das iſt /
wer da wuͤrcket in dem wenigen / dehme ſoll gegeben werden; wer
aber nicht hat / das iſt / wer da etwas hat / und darinnen nicht
wuͤrcken wil / von dehme ſoll es genommen / und dehme gegeben
werden der da viel hat. Und alhie heiſt es: Viel ſind beruffen /
aber wenig auſſerwaͤhlet.
64. Denn ihrer vielhabendas Pfand der Gnaden/ aber fie
frette nes mit Fuͤſſen / und achten deſſen nicht: ein Theil wegen
der außwendigen Zufaͤlle / und ein Theil wegen der Grobheit der
Biehiſchen Eigenſchafft. Denn Chriſtus ſaͤet feine Stimme in
feinem Worte auß / wie ein Saͤeman feinen Saamen. Es wird’
allen Menſchen geſaͤet / den re fo wohl als. den From⸗
mens.
85 Don der Genaden Wahl ap. 7;
nen: nun liegets an jetzo wenn der Saame geſaͤet iſt / an der
Qualitaͤt des Ackers dahin der Saame faͤlt: faͤllet er in einen
harten Weeg / alsineine Viehiſche Eigenfchafft/ da im Flei⸗
fche inder Eigenſchafft ein grobes Thier ſitzt: fo wird er vonder
Grobheit und Unachtſamkeit vertretten; figet aber ein geitziges
Thier / als ein Hund / Wolff/ oder dergleichen Eigenfhafft
darinnen: foliegendie Sorgen des Geitzes im Berge / under»
ſticken den Saamen, faͤllet er aber in ein hohes Gemuͤhte / das
in der Welt Macht und Ehre ſitzt: ſo hat die Hoffart ſich in den
Weecg geſetzt / dieſer Saame iſt auff einen Felſen gefallen und
bringet Feine Frucht. Faͤllet er aber in eine gute Vernunfft / da
in der Eigenſchafft ein Menſch / als nehmlich eine wahre Demuth
iſt / da wird er gefangen / und ein ſolcher iſt ein guter Acer;
denn GOttes Weſen iſt Demuth / ſo iſt dieſe Eigenſchafft eine
Gleichheit mit ihr / alda gehet er auff / und traͤget viel Früchte.
65. Darumb ſol man die Schrifft recht betrachten / wenn fie
ſaget: Viel ſeind beruffen / aber wenig auſſerwaͤhlet ſte ver=
ſtehet es alſo: Sehr viel / jader meiſte Hauff / iſt im Goͤttli⸗
chen Ruff ergriffen / und koͤnten zur Kindſchafft kommen: aber
ihr gottloſes Leben / darein ſte ſich begeben / und durch außwen⸗
dige Zufaͤlle verderbet werden / das verſtockt ſte. Darumb iſt
offters ein Kind ſeeliger als ein Alter: und Chriſtus ſaget auch /
Laſſet die Kindlein zu mir kommen / denn folcher iſt das Reich
GOttes; Chriſtus hat fie in feinen Ruff oder Bund) einge—
nommen: wenn aber der Menfch zuden Fahren komt / und aus
dem Goͤttlichen Ruff außſchreitet / und ins Teuffels Willen ſich
einergiebet / und troͤſtet ſich gleichwol einer von auſſen auge⸗
nommenen Genaden⸗Kindſchafft / wie Babel thut / und ſaget:
O /Chriſtus hat es gethan / er hat bezahlet / ich darff mich deß nur
troͤſten und annehmen / ſeine Genade wird mir als ein Geſchenc⸗
be zugerechnet / ich werde in Gottes Fuͤrſatz ſeelig / ohne alle
Wercke meines Willens: ich bin wol in Suͤnden todt / und
Fan ohne ihn nichts gutes thun / er ziehe mich denn darein: aber
er wird an mir EuntthunfeinenFürfag/und mich zum Genaden⸗
Kinde machen / durch fein von auſſen-Annehmen / und mir meis
ne Sünde ſchencken / obich gleich boͤßlich lebe / ſo bin ich doch ein
Genaden⸗Kind in feinem Fuͤrſatze.
66. Von dieſen ſaget die Schrifft Pſ. 69. 24. Mache ihren
Weeg zum Stricke / und zum Fall: Item / er laͤſt ihr Liecht
mitten in der Finſternuͤß verloͤſchen / und verſtockt ſie in ihrem
eigenen Wahn / denn ihre Weege ſind ſchaͤdlich. Uber dieſe ge
het
Cap.7. Bon der Genaden Wahl. 87
het die Wahl / denn ſie ſind anfaͤnglich beruffen / und werden noch
allezen beruffen / aber fie wollen nicht kommen.
OP So fpricht denn Chriſtus: Wir haben euch gepfiffen /
und ihr habt nicht getangt; Item, O / Jeruſalem / wie offt ha—
be ich deine Kinder verſamlen wollen / wie eine Gluckhenne ihre
Küchlein unter ihre Flügel / und ou felber haft nicht gewolt : du
biſt im Ruffe GOttes ergriffen worden / und du hajt dich felber
davon abgewandt in Eigenen Willen.
68. So ſpricht die Bernunfft: ſie haben nicht gekont. Antw,
Warumb haben fie nicht gekont / ſo ſie doch beruffen waren?
der Fan nicht / der nicht im Ruffe iſt; wer wil aber ſagen /
wer der fen 2 der Teuffel in ihnen wil nicht) der reiffer das Wort
von ihren Hertzen / dag ſie nicht glauben noch feclig werden / wie
Chriſtus ſaget / darumb werden fie in der Wahl verworffen.
Denndie Wahlgehei über ſie zur Ernde-Zeit/ wenn das Kraut
reif iſt und wenn die Miſſethat in Maſſe vol ift; alßdenn
wenn man worffelt/ fo bleiber die Sprew / welche zur leichte im
Gewichte iſt / Dahinten.
69. Es gehet wie Chriftus faget: Das Himmelreich ift gleich
einem Saͤcmanne der auten eigen außfaͤet / als denn komt
Der Feind) und faet das Unkraut darein: und wenn das ln»
kraut auffwaͤchſt fo verdemmet es den Weitzen / dag er nicht
kan wachſen und Früchte tragen ; alfo auch mit dem Menſchen:
65 iſt manche Seele cin gutes Körnlein / aber des Teuffels In»
kraut verderbet das.
70. Sprichſtu: Das fan nicht ſeyn / dieweil Chriſtus ſa⸗
get / loh. i10. Meine Schaͤfflein ſeind in meinen Händen / Nies
mand Fan fie mir heraus reiſſen? Antwort. Dieſes iſt alles
war; aber mercke: fo lange der Wille der Seelen in GOTT
bleibet / fo Ean ſie der Teuffel nicht darauf reiffen / aber wenn
fih die Seele abbriht vom Willen Gottes / fo wird die
Scieng des ungruͤndlihen Willens ( darinnen Chriftus wohner)
verdunckelt / und wird Ehriflus in feinen Gliedern gekreukiget
und getödtet/ und wird aus dem Tempel des heiligen Geiftes
ein Huren Zempel gemacht / verfichet nach der Seelen. Nicht
das Chriſtus getödfet werde: fondern fein Tempel / als fein
Gliedmas; denn alhie iſt die Scheidung in der Wahl.
71. Die Wahliſt der Geiſt Chriſti / der gehet alßdenn für
einer ſolchen Seelen fuͤruͤber / denn feine Stimme iſt nicht mehr
in der Seelen / ſie hat kein Goͤttlich Gehoͤr mehr / denn ſie iſt
auſſer Gott / darumb ſpricht Chriſtus: Wer von Gott iſt/
der
88 Von der Genaden Wahl. Kap.E-
der höret GOttes Wort/ darumb hoͤret ihrnicht/ denn ihr ſeyd
nicht von GOTT. Sie haben die Goͤttliche Stimme Kran
in ihnen / und haben des Teufels Stimme eingenomme
Turbä Magnä.
Das 8. Capittel.
Bonden Sprüchen heiliger Schrift / wie diefelben ges
geneimander ftehen: wie manfie folverftehen: Und
denn von dem Baum des Lebens / und der Erkaͤntnuͤß
Gutes und Böfes.
1. Ir wollen die hohen Geheimnuͤſſe in einem Bilde
vorftellen/ dem Schwachen nachzuſinnen / wie Die
Kinder Gottes / und dann die Kinder der Verderb⸗
nuͤß / von ihrem Urſtand; und denn die Zeitihres Lebens / auff
Erden gebohren werden.
2. Sehet an einen Baum / welcher aus feinem Ente, und
Saamen waͤchſt / in welchem Saamen die Tin&ur des Wachs
thumbs / ſambt dem Weſen des Corporis, nehmlich des Holtz⸗
es / inne liegen / darinne alle vier Elemente / ſambt dem Ge»
ſtirne / inne liegen / ſo wohl der Sonnen Krafft.
3. Der Saame faͤlt in die Erde / die nimt ihn an / denn fie
iſt auch ein Weſen des Geſtirnes und der Elemente / und das
Geſtirne und Elemente ſeynd ein Weſen des Spiritus Mundi,
und der Spiritus Mundi ift Myfterum Magnum, als das ge⸗
formte aufgefprochene Wort GOttes / aus dem ewigen Spre⸗
chenz und in dem ewigen Sprechen wird die Schiedligkeit zu Liebe‘
und Zorn / alszu Fewer und Liecht / verftanden. ;
4. Das Schiedliche aus dem Sprechen / ift die ewige Natur/
und das Sprechen in fich felber / iſt GOttes Wort /dasurftäns
det aus der Krafftder Weigheit / und die Weißheit ift das auß⸗
gehauchte der Dreyheit / als GOttes Findligkeit / darinnen der
Ungrund im Grunde ſich findet / und die Findligkeit iſt der eini⸗
ge ewige Wille / der fuͤhret ſich in ſich ſelber in cine Scientz / zur
Gebaͤhrung der Gottheit / welche er ſelber iſt / ein: Alfofehen
wir / wie ſich das Innerſte hat außgegoſſen in ein Eußerliches:
und wie nun das Innerliche ſeine Gebaͤhrung und Wuͤrckung
hat / alſo hat es auch das Euſſerliche.
5. Es werden fuͤrnemlich dreyPrincipiain die ſer All-weſenden
Gebaͤhrung verſtanden / darinnen auch dreyerley Leben ſeynd / und
Iind.dech ineinander als Eines! alleine ein jedes iſt in feiner Ei⸗
gen⸗
| Cap. 3. BonderGenaden Wahl. 89
genfchafft ihme felber offenbahr/umd dem andern nicht:fo aber die⸗
fe dreperley geben in einem Dinge zugleiche ineinander offenbahr
find / dag eines das andere in fich ſiehet und begreift / fo ift das
Ding Göttlich) denn es ſtehet in der Temperatur.
6, Das eine Leben ift das Feuriſche / als das Natürliche Leben;
das ander ift das Liechtiſche / als das gebende geben; und das dritte
iſt das Schallende/ als das fühlende würdende geben. Das Fette
rifche giebt Schiedligkeit / und das Liechtiſche giebt Ens und We⸗
ſenheit / und das Schallende giebt Krafft und Willen / als nehm⸗
lich im Weſen ein Wachsthumb/ und im Leben des Feuers und
Liechts / eine Vernunfft der Sinnligkeit.
7. Daserfte Principium ift das feurende Leben / und die erfte
Offenbahrung GOttes / Darinnen die Natur verflanden wird:
Das ander Principium ift Liechte / darinn das heilige Leben des
Verſtandes / ſamt dem Urftande des Wefens / verftanden wird/
und wird GOttes Reich genannt: Daspritte Principium komt
ausder Krafft des Wefens/und hat feinen Anfang ausderKrafft
des Feuers und Liechts / aus dem feurifhen Aushauchen aus:
Feuer und Sicchtein eine Form / das ift Myfterium Magnum,dars
innen alles lieget. Und dieſelbe Forme iſt doch Fein Bilde/fondern.
ein Ens ‚derift der Spiritus Mundi , welchen das feurifche Leben /
in der hungerigenScieng faffet/und in Schiedligkeit der würden
den Kräffte cinführet/ und fich felber varinnen in eine Form fuͤh⸗
sch: Als das Feuer⸗Leben faffet das gegebene Weſen des Liechts/
und zeucht ſich darinnen auffin eine Form / wie man das in einem
Saamen fichet / fo wohl in den vier Elementen/ welche alle nur
ein Corpus des Spiritus Mundi, aus dem Myſterio Magno find.
8. Und iſt uns fein zuverftchen/ wiedag das Myfterium. Ma-
gnum zu Böfem und Gutem / in jedem Dinge lieget / wel My-
fterium an ihme ſelber gut ift / und kein Boͤſes in ihme gefpüret
wird: aber in ſeiner Außwicklung / indehm es ſich in Schiedlig⸗
keit fuͤhret fo wird es ein Contrarium der Eigenſchafften / da
eine die ander uͤberwaͤltiget / und abwirfft von der Gemeinſchafft /
darinnen wir die groſſen Geheimnuͤſſe GOttes verſtehen / wie es
mit der gantzen Creation bewandt ſeye.
9. Sehet an einen Kern zueinem Baume / wie oben angedeu⸗
tet / darinnen lieget das Myſterium Magnum nach des Kernes
Eigenſchafft / denn es lieget ver gantze Baum / ſamt der Wurtzel /
und Frucht / darinnen / und iſt doch eines nicht offenbahr / ſo lan⸗
ge es nur ein Saame iſt; ſo bald es aber in feine Mutter indie
Erde eingeſaͤet wird/ ſo wirdes offenbahr / und hebet an in der
fcuri⸗
90 Von der Genaden⸗Wahl. Cap.8.
feutiſchen Scientz zu treiben. Nun vermoͤchte die Erde das Ens
im Kerne nicht anzuzuͤnden / darinnen ſich die drey erften (Sal,
Sulphur , Mercurius, ) offenbahren / wenn die Sonne / als das
Liecht / ſie nicht zuvor anzuͤndete; denn dieſe drey erſten liegen
in der Erden / indem kalten Feuer verſchloſſen; wenn aber die
Sonne fie anzündet/ ſo wickelt das hitzige Feuer ſich aus / aus
welchem das Liecht der Natur urſtaͤndet / das iſt / es wickelt ſich
auch darinnen aus / und in dieſelbe Außwicklung wird der Kern
eingenommen) als die Krafft der Erden empfaͤhet allda in dem
Kerne ihren lieben Sohn /der aus ihr gebohren ift / und nimt ihn
mit Freuden an/ denn er ift Edler als feine Miutter nach dem
Wefen.
10. Run ift unsder Grund der Erden zubetrachten / nehm⸗
lich: ob die drey erften an einem Orthe da der Kern hingefaͤet
wird / in ihrem würdenden offenbahren Ente , dem Kerne infei=
ner Qualität ähnlich find; wo diefes ift/ fo nehmen fie ven Kern
als einen lichen Sohn / mit Freuden ans alfo audı hinwieder⸗
umb / ergiebetfich des Kernes Ensmiteiner groffen Begierde / in
feine Mutter die Erde / denn es findet feine rechte Mutter / aus
derer Eigenſchafft es ift gebohren worden ; alfo auch findet der
Erden Ens einen rechten. gar lieben Sohn / am Ente des Kernes/
uñ erfreuet fich eines des andern / und gehet das Wachsthumb an.
1x. Iſt aber das Ens der Erden am ſelben Orthe dem Enti des
Kernes ungleich / ſo nimt es die Erde wohl an / aber nur als einen
Stieff⸗ſohn / fie fuͤhret ihre Freude und Begierde nicht darein /
ſondern fie laͤſt den Stieff⸗ſohn ſtehen / er mag ihme Ens aus ſei⸗
ner rechten Mutter / welche an dieſem Orthe ſehr tieff verborgen
iſt / außſaugen; von welcher Verborgenheit manch Kern verwe⸗
ſet / ehe er mag ſeine rechte Mutter ſeiner Eigenſchafft erreichen.
Und ob es gleich Ens von der Ungleichheit annimmt / ſo ſtehet es
doch in groſſer Gefahr / ehe es ſich kan in fremdes Ens, mit ſeiner
Eſſentz / cinverwandeln / und wird nimmermehr alſo ein guter
ſtarcker Baum / als ſo er waͤre mit dem Kerne / in ſeine rechte
Mutter eingeſaͤet worden; denn das widerwertige Ens iſt ihme
doch immerdar zu wider / und ſtehen die Eſſentien im Streite /
davon der Baum alſo hoͤckricht und krumm wird / auch ſo wenige /
und offte (wenn aͤuſſerlich eine boͤſe Conſtellation auff ihn fällt)
boͤſe Fruͤchte traͤget / auch wohl gar verdorret und ſtirbet. Denn
ſo ſich das Ens der Erden / mit der widerwertigen Conſtellation
vermenget / und dieſelbe einnimmt / ſo erfreuet ſich die Erde in
derſelben Couſtellation Eigenſchafft / weil fie gleicher Ko |
a
4
| Cap. 8. Von der Genaden Wahl.
ſchafft eines Willens ſind / und wollen in ihrer Conjunction ei⸗
nen newen Sohn gebaͤhren / ſo wird alßddenn der Baum von dem
Ente der Erden verlaſſen / und verdirbet / oder bringet boͤſe und
Wwenige / oder keine Fruͤchte.
12. So wir nun deſſelben Baumes Wachsthumb betrachten /
fo finden wir erſt den verborgenen Grund aller Heimligfeits
f Denn erftlich nimt er der Stieffinufter Ensan fi / und er giebt
ſein Ens der Stieffmutter welche des Saamens Ens auch an⸗
miunt / aber nicht in ſolcher Freude / als wenn es ein gleiches Ens
waͤre: Sie zeucht wohl das Ens des Saamens an ſich / darinnen
die Wurtzel entſtehet / aber es iſt balde Widerwillen in den drey
Erſten der Mutter / davon die Wurtzel knoͤrricht und buck⸗
licht wird.
13. In dieſem Streite zuͤndet ſich nun das Feuer im Eos des
Saamens / durch der Sonnen Gewalt an / in welchem Anzuͤnden
das MyBerium Magnum im Spiriru Mundi offenbahr wird / Diez
fen ergreiffi der Sonnen Ens, underfreuet fich in ihme / denn der,
Sonnen Kraft wird darinnen we fenelich / und zeucht das Ens'
des Saamens aus der Wurtzel in ſich in die Hoͤhe / daß ſich möge
eine Sructdar innen gebähren.
24. Die Sonne giebt ſich mit ihrer Krafft ohne Unterſcheid
darein/ ſie liebe teine jede Frucht und ewaͤchſe / und entzeucht
ſich keinem Dinge / fie wilanders nichts / als einem jeden Kraute /
oder was das iſt eine gute Frucht auffziehen / ſie nimt alle an /
ſit ſeind boͤſe oder gut / und giebt ihnen ihren Siebe-ZBillen/ denn
anderft kan fie nicht thun / fie ift fein ander Weſen / als mas fie
in fich ſelber iſt.
ı5. Aber wir näffen das recht betrachten / wie fie dem Böfen
auch eine Gifft iſt und dem Gutenein Gutes / denn in ihrer
Krafft/ entficher die wachfende Seele / und inihrer Gewalt / ver=
dirbet fte auch; das verſtehet alſo: Seind die Geftaltnüffe der
Natur in den drey erſten / inder Wurgeldes Baumes mitder
Mutter der Erden / imgleichen Willen / fo giebt die Erde der
Wurtzel / mitgroffer Begierde / ihre Krafft und Safft / da er⸗
frewet fich der Sonnen Krafft darinnen / und eglet zum Wachs⸗
thumb; iſt aber vie Erde und Wurtzel einander widerwertig /
fo wirdder Wurgel/ der Erden Kraft und Safft verhalten: fo
alsdenn die Sonne mitihren Liecht⸗ſtrahlen / die Wurtzel und
den Baum anzündet/ fo entzünden fich die drey Erſten darinnen
in ihrer Boßheit / und verbrennen das Ens der Sonnen / und
vertruͤcknen das Waſſer / foverdorret der Stam oder die Kia
enn
93 Bon der Genaden⸗Wahl. ap.E.
Wenn aber die drey Erſtenmoͤgen der Erden Safft haben / ſo bleis
ben ſie in der Gleichheit / und erwecken ſich nicht im Streite /
ſondern concordiren mit der Sonnen Siecht-ftrahlen/ wie wir
ſolches auch im Myſterio, im Spiritu Mundi ſehen / wenn ſich die
feuriſche Eigenſchafft empor windet / daß dieſelbe / die Sonne
anzuͤnden kan / wie alßdenn eine dorrende Hitze entſtehet / daß
Kraut und Graß niedergetruckt wird.
16. Mehres ſehen wir in dieſer Figur: wie es zugehet im
Wachsthumb der Aeſte / wenn der Stamm auffgehet / ſo gehet
der Streit in ver Natur mitte auff; denn wenn die Natur in
ihrer Temperatur angezündet wird / fo ftehet fie ohne Unterlag
in der Schiedligkeit ver Sonnen Krafft/ wilimmer die Boß⸗
heit der drey erften von fich werfen / und fie eylen auch felber in
eigenem Willen / aus welchem Trennen und voneinander gehen/
die Zweige ausdem Stamme außdringen; im Winter ſchleuſt
fie Die Kaͤlte mit ihrem Streiteein/ und ſo der Frühling komt }
daß fie nur koͤnnen die Hige erreichen / fo tretten fie wieder in den
Streit/ alßdenn dringet fich der Streit wieder in Acfte und
Zweige aus / wie wandenman jedem Baume feine Jahr⸗gewaͤchſe
alſo fichet.
17. Nun iſt uns aber der innere Grund / mit dem Außtreiben
der Aeſte zubetrachten: denn wir ſehen / daß ein Aſt groß waͤchſt
und Frucht traͤget / und der ander verdorret; das verſtehen wir
nun in der Schiedligkeit der Natur durch den Spiritum Mundi,
da ſich die Eigenſchaͤfften eine jede in eine Eigenheit im Ente des
Baumes faſſen wollen / und die Gleichheit verlaſſen; welche
Eigenheit nun aus der Gleichheit / in ihrer Hoffarth uͤber die
andern in der Feuers-macht außdringet / und nicht wil in dem
Sonnen-⸗Willen in der Temperatur ſtehen bleiben / wie fie dies
felbe in ihrauffgeucht! die erſtickt wenn fie ausdem Stamme
aufgedrungen ifte Deñ diefelbe Scieng in derfelben Eigenfchafft/
hat fich in eigenen Willen eingeführet / und wollenin Hoffarth
eher außdringen / als die andern in der Gleichheit / und haben nicht
Krafft genug; Wenn denn von auſſen eine ſtarcke Conſtellatrion
des Geſtirnes in dieſe hoffaͤrtige Zweige eindringet / und ſie
ſichtet und probiert / ob ſie aus der Gleichheit ſeynd / ſo werden
ſie bergifftet / und verdorren / denn fie find abtruͤnnige Zweige /
auch dorret ſie der Sonnen Hitze im Spiritu Mundi aus.
18. Dieandern Aefte aber kommen aus der TZemperatur/ und
kommen aus der geivaltigen Außziehung der Sonnen] da fich die
Sonne in den Eigenfchafften erfrewet/ und Die Eigenfihafften:
tem
»
Cap. 8. Von der Genaden⸗Wahl. 93
zemperiret/ und ſich in ihnen außzeuchts Diefelben Acfte zeucht
Die Sonne inihrer Krafft groß / denn die Eigenfchafften ſtehen
in ihrem Willen. Ein mehrers fchen wir / wie fich die Eigen»
ſchafften der Natur in den Aeſten wenn fie augwachfen / von den
aufwendigen Zufällen verderben / als von dem Gejtirne/ item
von der unreinen Lufft / da die Sonne mit ihren Strahlen nicht
darzu fan / das fie hoͤckricht / krumm / und bucklicht werden auch
mancher Aft dardurch verftorit wird und abgeworffen / daß er
verdorret.
19. Und wie es nun zugehet mit dem Urſtande und Gewaͤchſe
des Baumes / alfo auch gehet es zu mitdem Urſtande und Ge—
waͤchſe des Menſchen; obgleich der Menſch inder Eigenfihafft
der Natur und des Kechts / hoͤher ift als die Gewächfe der Erden/
fo ift es doch, aber alles in Einer Ordnung / denn es gehetaus Eis
nemGrunde/als durch das außgeſprochene WortGottes/darins
nen das Böttlihe Sprechen/im Myſterio Magno miffe wuͤrcket /
allein dag der Menſch in feinem Ente des Leibes / einen Grab
höher ift alsdie Erde und ihre Frucht: und mit der Seelen noch
höher iſt als der Spiritus Mundi ; Aber fonft gehet es alles in ſei⸗
cm Urftandeaus Einem Grunde / und fcheidet ſich aber aus ein»
ander/ und faffet fich in fonderliche Anfänge in der Ercation.
20. GOttes einiger Für as ift fein Ewigsfprechendes Wort /
Das er durch die Weißheit aus feiner Krafft in der Scieng / in
Schiedligkeit zu feiner Offenbahrung /außfpricht; er hat einen
andern Fürfag in ſich mehr/ und mag auch nicht ſeyn dag er mehr
Fuͤrſaͤtze habe; denn fo das wäre/ fo müfte etwas feyn vor ihme /
Daran er Urſach nähıne zu einem Fuͤrſatz.
21. So ift nun das Sprechen feiner Krafft zu feiner Selbſt⸗
»ffenbahrung/ der einige Göttliche Fuͤrſatz nicht aber ein an»
fänglicher/ Sondern ein gebährender Fürfak ; und des Worts
Fuͤrſatz / ift die Scieng ver Schiedligkeit und Foͤrmligkeit der ci»
nigen Goͤttlichen Krafft/ welche Schiedligfeit und Förmligkeit/
der einige GOtt in feiner Drepheit hat von Ewigkeit ineinen
Anfang durch das Wort außgefprochen / alsinein Ensaller Ei⸗
genfhafften der Schiedligkeit/ daß alle Schiedligkeiten in ein⸗
ander innen liegen / und daffelbe Außgeſprochene / iſt das Myſte-
rium Magnum und ein rechter einiger Fürfaß des Worts.
22. Das Wortbegehrt nichts mehr als nur feinc heilige Krafft/
durch die Schiedligkeit zu offenbahren / und indem Worte wird
die Gottheit inder Schiedligkeit/ durchs Feuer umd Liecht offenes
bahr: alfo ſe jnd die zwey / alsdas Wort] und Mylterium Ma-
gnum
34 Bon der Genaden Wahl. Cap. 8. |
gaum in einander wie Seel und Leib: denn das Myfterium
Magnum ift des Wortes Wefenheit / darinnen und damitder
Unfichtbahre GOtt in feiner Dreyheit offenbahr ift / und von E⸗
wigfeit in Ewigkeit offenbahr wird; denn deffen das Wort in
Kraft und Schall iſt / deſſen ift das Myfterium Magnum cin
Weſen / esift das ewige wefentliche Wort GOttes.
23. So verſtehet uns num recht/das geiftliche ſchallende Wort /
iſt der Goͤttliche Verſtand / der hat ſich durch das Myſterium Ma-
enum als durch das ewige Weſen des Worts außgeſprochen in
eine Formligkeit / als in einen Anfang und Zeit und die Schied⸗
fiafeit/ fo im Myfterio Magno in einem wuͤrckenden Ente lieget /
hatder Ewigſprechende Geiſt offenbahr gunacht/ dag es ein wal⸗
lendes / faffendes / gebahrendes Leben fey / und daſſelbe iſt nun
der Spiritus der Auffern Belt; fein Weben iſt das creatuͤrliche
Schen / fein Weſen fegnd die vier Elemente / die Scieng der
Schiedligkeit im Spiritu Mundi iſt das Geſtirne / darinnen das
wachſende Leben ſtehet.
24. Dieſes ewige Myſterium Magnum, hat ſich im Anfange
ſeiner Schiedligkeit durch das Außſprechen des Worts der Gott⸗
heit / entſchieden / alß das ſubtile Ens, von dem groben coagulir-
ten; das ſublile Ens, iſt dns Geſtirne / als eine quinta Eſſentia,
und das grobe coagulirte Ens, iſt die Abwerffung / daſſelbe ift die
Erde) Steine/ und Metalle. Die Abwerffung iſt geſchehen / dag
in dem Spirita Mundi eine $auterfeit } als ein ſcheinlich finnlich
Leben feyn möge/die Abwerffung tft auch zweyerley Eigenſchafft /
als eine fubtile aus des Liechtes Kraft im Worte / und eine
grobe / nachder Infaffung der Finfternüg indem Urfkande zum .
Feuer; mitdergroben? wird die Erde verftanden /umd mit der
fubtilen / die Krafft im Ente der Erden / auswelcher Krafftin
der Schiedligfeit/ Krauter / Bäume) und Metallen wachfen /
auch komt alles Fleifh aus dem fubtilen Ente der Erden her.
Alles was einig allein aus der Zeit ift / und im geben des Spiritus
Nundi innen ftchet / das hat fein Corpus aus dem Ente der ſub⸗
tilen Erden.
25. Dieſer Spiritus Mundi, mit dem Geſtirne ſeiner Scientz /
und mit dem ſubtilen Corpore des Feuers / Waſſers / und Luffts /
faınt feiner Fixheit der Erden / und was darinnen iſt / der iſt nun
das außgeſprochene Leben und Weſen / aus dem innern ewigen
Myſterio, als ans den innern weſentlichen Worte GOttes / wel⸗
ches ewige Wort GOttes / im innern Grunde in heiliger Krafft
wuͤrcket und wohnet / und mit Anfang dieſer Welt / durch das
innere
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Cap. 8. Bonner Genaden-Wahl. 5
innere Myſterium, in ein aͤuſſer Myfterium ſich außgeſprochen
hat / und auß demſelben auffern Myſterio, iſt die gantze Creation
der aͤuſſern Welt gegangen / und iſt darein beſchloſſen als in ſei⸗
ner Mutter Leibe / darinnen ſich das ewige Wort mit der
scientz der Schiedligkeit auß ven Kraͤfften / in ein figurlich Le⸗
ben eingefuͤhret hat.
26. Die ſes aͤuſſere Myſterium des geformten Wortes / iſt
nun in ein Radt / gleich einem Uhrwerck / mit ſeinem gebaͤhren⸗
den Leben eingeſchloſſen / da die Eigenſchafften im Ringen umb
ven Primar ſind / bald iſt eine oben / bald die andere / dritte /
gierdte / fünffte/ fechfte und fiebende / wie es denn auch mit den
fieben Eigenföhafften / ihren Außgaͤngen alſo zuverſtehen iſt;
denn gar bald ſieget der Spiritus im Fewer / Davon die Hitze ent⸗—
ſtehet / gar bald im Waſſer / davon es regnet / gar bald in der
Lufft / davon ſie ſich erhebet / gar bald in der Irrdigkeit / davon
Die Kalte urſtaͤndet / was eine Eigenfhafft bawet / das zerbricht
die ander; eine Eigenſchafft giebet / die ander verſtockt das ge⸗
ken) daß es verdirbet; eine giebt gutes Ens und Willen / die an⸗
der giebt boͤſen darein / und verhindert das Sute / auff daß eines
iun andern offenbahr werde.
27. In dieſes aͤuſſere Myſterium der Eigenſchafften / in wel⸗
chem die Schiedligfeir des aufgefprochenen Worts verffanden
wird/ hat nun GOtt das Liecht der Natur auf dein Myfterio
magno, durch / und ang Krafft des ewigen Liechts / eingefpro>
chen / daß alſo in aliem boͤſen Ente, ein guter Grund inne lie>
get / als eine gute Krafft auß dem heiligen Worte / und daß
kein Boͤſes / ohne das Gute / allein iſt.
28. Mehr hat GOtt die Sonne zu einem wuͤrckenden Leben
in die Eigenſchafften der aͤuſſeren Welt eingegeben / daß ſich
alle Dinge moͤgen darinne faſſen / und in eine Gleichheit de es
Streits einfuͤhren / darinn fie wachſen und Frucht tragen moͤ⸗
gen; und ob gleich nun das Liecht der Natur / auf Goͤttlicher
Krafft/ inallen Dingen mitwirdet/ undauch die Sonne von
auffen in alle lebendige und wachfende Dinge lich eingiebet / und
eindrenget noch dennoch ift die fewrifche Eigenfchafft im Grim⸗
me alfo ſtarck / daß fich die Eigenſchafft en alſo hart impreſſen auß
Gewalt der Finſternuͤß / daß viel Creaturen und Gewaͤchſe muͤſ⸗
fen in der Boßheit leben / denn der Hunger in der finſtern Imprel-
‚Lion ift alfo ſtarck / dag er alle Ersaturen in feiner Gewalt hält.
29. Diefeswürdende Weſen in den Eigenſchafften mit Siecht
und Finfternüg/ darinnen nun pie gange Creation begriffen A
i
36 Von der Genaden- Wahl, Kap. 8,
iſt nun dereinige Fuͤrſatz GOttes Worts/ alsnehmlich/ dag
‚er schen und Ereaturen gebähre/ und das aufgefprochene Wort /
in Bildligkeit einführe/dag jede Krafft inder Scieng der Schied⸗
ligkeit / in einem geben und Bilde ſtehe / beydes nad) der Eigen
ſchafft der Liechts-krafft des H. Worts/ und nach den Eigen
ſchafften der Fewers-krafft; das Liechtaber ift allen Dingen zus
einer Temperatur gegeben / nicht daß das Liecht alleine das We⸗
fen von auſſen anfcheine : fondern es iſt allen Enti mitzwürdlich
inalledem / was da lebet und wächlt.
30, Darumbhat Eeine Ercatur über ihren Schoͤpffer zukla⸗
gen / daß er ſie zum Voͤſen erſchaffen habe: alleine der Grimm
in der Natur / der verſtockt ein Ding / und verhindert des Liech⸗
tes Krafft; zum andern / verhindert es der Fluch / daß die hei⸗
lige Tinctur des H. Grundes des ſprechenden Worts / indem
ewigen Liechte (von des Teuffels / ſowohl des Menſchen / und der
Creaturen Eitelkeit wegen) in ſich wieder gegangen iſt / und
ſich nur alleine dehme eingiebet / das in ein Bild der Liechts⸗Krafft
ſich einfuͤhret / und mit der Scieatz / die ſich in den Grimme der
Finfternuͤß eingiebet / nicht würden wil denn Urſache iſt dieſes /
die Finſternuͤß ergreifft ſonſt die heilige Krafft / und fuͤhret ſie
in ihre Boßheit / ſo heiſt es alsdenn nach der Schrifft / Pfäl. 18.
Bey den Verkehrten biſtuverkehrt / und bey den Heiligen biſtu
heilig. Gleich wie die Sonne leyden muß / daß die Diſtel ihr
gutes Ens / in ihre ſtachlichte Eigenheit verſchlinget / und
zu ihren Stacheln braucht; alſo wil die hoͤchſte Tinctur in das
ſalſche der scientz / ſich nicht eingeben / da ſich der ewige ungruͤnd⸗
liche er inein Bildeder finftern Welt Eigenſchafft / ges
wandelt
31. Der ander Fuͤrſatz GOttes / durch das außſprechende
Wort GOttes / damit ſich GOtt durch das Myſterium Magnum
hat wollen offenbahren / iſt der hoch-theure Name JEſus / nach⸗
dehme ſich der Menſch von GOtt indie Creatur gewandt hatte /
da hatte er GOttes Stimme verlohren / die ſprach ihme GOtt
in Genadenindes Weibes Saamen wieder ein / mit dem einge:
bildeten Namen JEſus als mit dem andern Fuͤrſatze aus dem
Goͤttlichen Grunde.
32. D.r erſte Fuͤrſatz mit der Natur und Creatur / iſt auß
des Vatters Eigenſchafft: : der ander Fuͤrſatz / die Natur und
Creatur zuerloͤſen vom Fluche und der Peinligkeit / iſt der Na⸗
me JEſus / als die hoͤchſte Tinctur der Goͤttlichen Krafft / Dies
ſelbe zu offenbahren / durch das geformte außgeſprochene en
Cap. 8. Von der Öenaden- Wahl 97
in der Eigenfhafft des Guten / das in dem Böfen gefangen ges
halten wird. ——
33. Dieſen Namen JESUShat GOTT / als den Fuͤrſatz
ſeiner Liebe / in die Mutter aller Menſchen eingeſprochen / und
als eine lebendige Krafft in einen ewigen Bund eingeleibet / und
denſelben Bund / mit Einfuͤhrung Goͤttlichen Entis, in menſch⸗
licher Eigenſchafft erfuͤllet: daß gleich wie ſie nun alle den Fluch
und Verderbung mitte zur Welt bringen / darinnen ſie alle Kin—
der des Zornes Gottes ſind / und unter dem Fluche beſchloſſen
ſeynd: alſo bringen ſte auch alle den Genaden-bund in dem ein⸗
geleibien Namen JESUS mitte zur Welt / welchen Bundy
GOtt in Ehrifto/ mit dem Siegelder Kinder Tauffe beſtaͤtiget
hat / und bey den Alten / mit der Beſchneidung der Vorhaut.
34. So wiſſet nun das Gott keinen andern Fuͤrſatz hat
durch fein Wort geoffenbahret / als den Grund der Creation /
die Natur der Schiedligkeit / darinnen die Fuͤrſaͤtze zur
Boßheit urſtaͤnden / da ſich die Sciens des gruͤndlichen Willens/
in der feuriſchen Schiedligkeit / ein Theil indie Liechts-Krafft
einfuͤhret / und das ander Theil in die fewriſche Eigenſchafft der
Peinligkeit / und das dritte Theil in die Phantaſey / nach Feu—⸗
er / Liecht und Finſternuͤß / als in die Eigenheit der Hoffart/
wie Lucifer und Adam gethan haben. Was aber in die Krafft
des Liechts geſchieden wird / das iſt Gut / und was in der Tem-
pera’ur bleibet ſtehen in der Fewriſchen Scheidung / dehme eine
eignet ſich die hoͤchſte Tinctut der Kräfftens den andern aber in
der Schiedligkeit / eineignet ſich die Tinctur der Sonnen / und
des Spiritus Mundi.
35. Auff dieſen Grund wollen wir euch die Gleichnuͤß mit
dem Baume in dem Menſchen von ſeiner Pflantzung zum
Guten und Boͤſen / ausfuͤhren und weiſen / was der Fuͤrfatz
GOttes / ſo wohl der Zug des Vaters im Guten und Böfen /
wie auch die Wahl uͤber die Menſchen ſey / und es hernach mit
den Spruͤchen der Schrifft vergleichen.
36. Der Menſch iſt auß dem Fuͤrſatze des ewigen und zeit
lichen Wefens Anfange/ inein Bilde auß dem fprehenden und
aufigefprochenen Wort / eingefiihret worden/ in deme dag
fprechende Wort der Schiedligkeit / felber innen lieget; denn
er iſt nach dem aͤuſſern $eibe /ein Ens der vier Elementen/ und
nach dem Auffern Leben / ein Ens des Spiritus Mundi; und nach
dem innern Leibe / ifterein Ens des ewigen Worts GOttes /
als des Hoͤchſten Myferii der Banlaen Kräften GOttes ;
: RT
98 Don der Genaden Wahl. Cap. S.
nach dem innern Geifte aber / ift er in zweyen Eigenſchafften /
als erftlich die Ereatürliche Seele / ift aus des Vatters Natur)
als auf derewigen Scheidung des Worts GOttes in Liecht und
Finſternuͤß; diefe Eigenfchafft ift der Ereatürlichen Seelen
Eigenheit/ au dem Grunde des ewigen. Willens herzührende:
die andere Eigenfchafft/ iſt die wahre Göttliche / indes Liechtes
Krafft/ das ift Chriſtus in dehme der Name JEſus offen
bahr worden ift / umd die ift derwahre ewige Fuͤrſatz GOttes
vorder Welt Grunde/ da die Seele noch Feine Ereatur/ fon»
dern nur cin Ensim Myfterio Magno war.
37. Diefe andere Eigenfhafft / warim Menfchen im Ana
fange vor der Sünden/ in IEHOVA offenbahr: als fich aber
Die Seele davon abebrach / undindie Creation einwandfe / fo
erſtummete die creatürliche Seele an GOtt / alda thät fich der
Fuͤrſatz indem Heiligen JEfus/ als cin Genadenzgefchende
herfür / und tratt in des Lebens Liecht. Diefes Genadenzgefchen=
che / iſt nun nicht der Ereatürlichen Seelen Eigenheit: Sie
hat es nicht für Natur⸗Recht / und bekomt es auch ewiglich nicht
für Natur-Recht / fondernes ſtehet inder Seelen in einem ei⸗
genen Centro, und rufferder Seelen / und beut ſich ihr an / ſich
in ihr zuoffenbahren.
38. Die Seele follvonder Bildligfeit der Irrdiſchen Crea-
tion ftille fichen / und nicht Irrdiſches Ensin ihr Fewer⸗-Leben
einführen / darauf ein falſch Liecht entftchet / fo wildiefer Gött-
fiche Fürfaß / in der Höchften Tindur, auf dein Heiligen
Liebe-Fewer / mit dem Heiligen Liecht fich offenbahren / auff
Art wieein Fewer das Eifen durcheglüct / daß das Eifen fihei>
net lauter Fewer zu ſeyn; alfo auch wandelt das $iebesfewer die⸗
fes Fürfatses des Genaden-gefhendes / die Seele in feine Ei⸗
genſchafft / und behält doch die Seele ihre Natur / gleich wie das
Eifenim Fewer feine Natur behält.
39. Ein jedes Kind aus Mannes ımd Weibes Saamen
gebohren/batdiefes Senadenzgefchende in feinem Innern Grun:
de in des Lebens Liecht entgegen ftehen / es beut fich einer jeden
Geelenan/ undredetfeine Begierde / die ganse Zeitdes Men—
ſchen Lebens / gegen der Seelen auß / und ruffet ihr: Komm her
zumirf und gehe von der Irrdiſchen Bildligkeit im Grimme
und von der Phantaſey / auß.
40. Dargegen ſtehet auch in einer ieden Seelen / als bald
ihr Leben ſich anfaͤngt / der grimme erweckte Zorn GOttes / in
der Eſſentz der Schiedligkeit / daxinnen auch die einge *
Schlan⸗
J 8. Von der Genaden⸗Wahl. 99
4
Sclangen-gifft / mit des Teuffels Begierde inne Tieget,
| 41. Zum dritten / fehetein jeder Saame des Leibes / nad)
der Auffern Welt / in Gewalt des Spiritus Mundi, in der
Conſtellation, wiedas groffe Uhrwerck zu der Zeit inder Figur
innen ftchet ; eine folche Figurgiebt ihm auch der Spiritus Mun-
-di, indie Eigenfhafft des äuffern Schens / ein ſolch Thier mo«
delt es ihme in die äuffere Sebens-Eigenfchafft ein denn der
Spiritusder äuffern Welt auf den Elementen / fan ander
nichts geben alsein Thier; undfolches Thier entſtehet auß deh⸗
me / daß im Menſchen die gantze Crea:ion lieget / und daßer
ſich hat auß der Temperatur in irrdiſche Begierde und Bildlig⸗
keit im Falle eingefuͤhret und dag der Spiritus Mundi, in
ihme mit ffiner Schiedligkeit / offenbahr worden iſt.
42, Und alſo ſcheidet er fich nun no immerdahr injedee Kine
Des Schens Anfang / meine folche Figur / wie das Geflirne in
ſeinem Rade ſtehet / ein ſolch Bild macht er indie Eigenſchafft
auß dem Limo der Erden / als in die vier Elemente / davon man⸗
cher Menſch von Mutter Leibe / nach dem aͤuſſern Menſchen einer
boͤſen gifftigen Schlangen / Wolffes / Hundes / Kroͤten / ſchlim⸗
men Fuchfes / hoffaͤrtigen Loͤwens / unflaͤtigen Sawen / ſtoltzen
Pfawens; ltem mutigen Roſſes / oder auch anderer guter zah⸗
men Thiere Arth iſt / alles nach dehme die Figur im Spiritu
Mundi iſt; alſo fuͤget auch dieſelbe Conſtellation auß dem aͤuſ⸗
ſern Fuͤrſatze des geformbten Worts manchem gute Vernunfft
und Sinnen / darzu Ehre / und weltlich Geluͤcke ein / und man⸗
chem Elend / Ungeluͤck / Thorheit / Boßheit / Schalckheit / boͤ⸗
fen Willen zu allerley Laſtern / darauff mancher Menſch / ſo
er nicht das irrdiſche eingepflantzte Thier / immerdar toͤdtet /
und den boͤſen Willen mit dem Goͤttlichen Genaden⸗geſchencke /
bricht / dem Hencker in ſeine Haͤnde komt.
43. Run ſiehe Menſch / das bringt dir der Auffere Fuͤrſatz
des geformten und außgeſprochenen Worts / da Boͤſes und Gu⸗
tes innen lieget / da die Scientz des Saamens / in des Lebens
Anfang / ſich in eine Eigenſchafft ſcheidet. Und hierinnen lieget
nun der Zug auß des Vaters Eigenſchafft / zum boͤſen / oder gu⸗
ten / und in was fuͤr ein Ens, das Leben ſich conſtelliret hat / al⸗
ſo zeucht ſich dieſelbe Conſtellation in ſeine Gleichheit / es wil
immerdahr gleiches / bey und in gleichem wohnen / als: Ein
frommer Mann / wohnet gerne bey frommen / und ein Spoͤtter
bey Spoͤttern / ein Dieb bey Dieben / ein Freſſer / Sauffer /
Spieler / Hurer / und dergleichen / auch b.y ſeines gleichen;
E dar zu
Zoo Von der Genaden Wahl. Cap.E,
darzu zeucht ihn feine Natur aus der Eigenfchafft des Zornes
Gottes. So konnen auch die würdlichen Suͤnden der Eltern/
mit in die Eigenſchafft / denn ein jedes Kind wird auf dem Saa⸗
nen der Eltern gebohren ; weſſen nun die Eltern ind / deſſen
Iſt auch. das Kind / jedoch wandelt es offte die GConkellarion init
Gewalt / und zwinget cs in ihre Macht) fo fie ſtarck iſt.
44. Nun fiche/ das ift der Zug des aͤuſſern Lebens / da GOtt
fpricht : Wehn ich verſtocke / den verſtocke ich ; alfo wird der
Menſch verſtockt und auch fromm und finnlich zur Demuth
und Hoffarthgezogen. Das ift nun Gottes Fürfatnac feinem |
Zorn / welchender Menfch in fich erweckt hat / denn er ift das
auffere gebahrende Wort Gottes / dadurch GOTT mit der aͤuſ⸗
fern Ereatur thut wie er fie in feinem Uhrwerck ergreiffet/ durch
welches Uhrwerd auch er feine Herrligkeit offenbahret / beydes
nach Fewer und Liecht / nach Verſtand und Thorheit/ auff daß
eines im andern offenbahr / und erkannt werde / was gut ſey.
45. Nun iſt aber dieſes Uhrwerd des aufgefprochenen Worts / |
nicht GOtt ſelber / fondern cs iſt nur ein Bilde nach ihme / alß
nehmlich / das aͤuſſerliche weſentliche Worte / darein er die Crea-
rios beſchloſſen auch daraus geſchaffen hat: Denn auß gantz
Goͤttlicher Eigenſchafft / mag keine Creatur kommen / weil fie
keinen Grund noch Anfang hat / ſo mag ſie ſich auch anders in
keinen Anfang formen) als durchs Wort der Kräfften / durch die
Schiedligkeit / und auß der Schiedligkeit des Sprechens / da ſich
das Sprechen muß in Natur einfuͤhren / ſonſt wuͤrde das Wort
nicht ofſenbahr.
46. Die innere Eigenſchafft der Seelen / lieget nun in der er⸗
ſten geſchaffenen Conſtellation, im ewigen anfaͤnglichen Grunde /
die wird nicht in die aͤuſſere Thieriſche Conſtellation mitte gebil⸗
det: Denn die Seeliſche Scientz hat einerley Form / als ein magie
ſcher Feuer⸗Quaal / und ſcheidet ſich im Leben ſelber in die Figur
des Leibes; darinnen lieget nun der Grund der ewigen Natur /
und iſt zum Guten und Boͤſen tuͤchtig: denn es iſt die Urſach zum
Feuer und Liechte / aber er lieget hart und ſchwehr in den Suͤnden
gefangen; denn allhie liegen die Erb-fünden im Centro der Na⸗
tur / da hat der Teuffel einen Sitz bekommen; Item / allhie liegen
am die angeerbten Suͤnden von Eltern / und Grofj-Elten/ als
wie cine boͤſe Gifft / davon GOtt ſaget / er wolte ſie an den Kin⸗
dern ſtraffen biß ins dritte und vierdte Glied; auch liegen hierin⸗
nen der Eltern Wolthaten / und GOttes Seegen / ſo uͤber die Kin⸗
zer gehen. Dieſe Eigenſchafften conſtellixen ſich nun auch in cine
Figur
|
— ⸗
Br,
Cap.s. Von der Genaden ⸗Wahl. 167
Figur nad ihrer Arth / damit Aguriret fich die Seele entweder in
- cin Bild der Engel oder der Teufel.
47. Und hier lieget nun der ſchwere Grund./ da die Wahl
Gottes fichet / was alldafür ein Engel werden wird / jedoch
iſt Erin Schlug darüber gemacht ; denn das Genaden-Ge⸗
ſchencke ſtehet im innern Grunde / und eineignet ſich dem Centro
der Scientz des Ungrundes der Seelen / als dem Willen des ewi⸗
gen Vatters. Allhie bitter Chriſtus fuͤr die arme gefangene
Seele / wie die Schrifft ſaget / denn die Seele lieget an den
Banden GOttes Zornes / und iſt in ihren Suͤnden verſtockt
allhier zeucht ſich das Leben durch den Tod / und ſichtet das / ob
irgend cin gutes Fuͤncklein darinnen fey/das der Goͤttlichen Krafft
fähig fey/ fo wird es gezogen. Denn Chriftus wiloffenbahr feyn/
fo wil der Grimm der Natur auch offenbahr ſeyn: fo ſtehen mun
dieſe beyde Fürfäage imgeformten Wort / im Streite umb der
Menſchen / als umb das Bid GOttes; das Reich der EINADENE
im $iechte wil das beſttzen / und fich in ihme offenbaͤhren: fo wit
es das Reich der Natur / im Grimme des Feuers in der *
Schiedligkeit auch haben / und ſich in ihme offenbahren / und die ſes
beydes lieget im geformten Worte / nehmlich des Vatters Eigen⸗
ſchafft im Grimme / und des Sohnes Liebe⸗Eigenſchafft im Liechte.
48. So mercket nun auff die angedeutete Figur von Gleichnuͤß
des Baumes:das Weib iſt der Acker / und der Mann iſt das Korn
zum Menſchlichen Baume das geſaͤet wird; So fpricht die Ver⸗
nunfft: GOtt fuͤget ſie zuſammen wie er fie haben wit? Antwort.
Ja recht / aber durd feinen Fürfag / welchen er im Wort durch
das groffe Uhrwerk der Natur inein Regiment gefaffer hat. Die
Conttellationes im Uhrwerck ziehen fie zuſammen / aber die mei:
ſten werden durch Eigenen Willen zufammen gezogen, da ſich der
Menſchliche Wille/ welcher auf dem ewigen Grunde ift / felber
eonftelliret/ da denn die äuffere Conſtellation gebrochen wird.
49: Dasfehenwir an dehme / wie ſich die Reichen mit den
Reichen conkelliren/ item die Adelichen/ mit den Adelichen;
fonft / fo dem Spiritui Mundi feine Conttellation nicht gebrochen
wuͤrde / fo würde manche arme dienſt-Magd / einem Edelman⸗
ne zugefüget / welche aͤuſſerlich im Spititu Mundi, miteinander
eonftelliren. Aber die felb-egemachte Menfchliche Seeliſche Con-
ſtellation auß dem Hohen Grunde / ift mächtiger als Die Con«
ſtellation im Spiritu mundi; darumb gehet es offt und meiſten⸗
theils nach der Seelen Conftellation , welche die aͤuſſere Welt /
ander Macht und Hochhrit übertrifft er gleich wis es am Saͤs⸗
manne
202 Bonder Genaden⸗Wahl. Cap. 8.
manne lieget / wo er ſein Korn hinſaͤet / ob es gleich ein anderer
Ader befler fähig wäre.
so. So aber die Seeleihren Willen GOtt ergiebet / und fich
nicht felder in diefen Orden contelliret/ fondern befichlet jich dene
Fuͤrſatz GOttes / ſo wird die Männliche und Weibliche Tinctur,
ins Wort eingefaſſet / und in der rechten Goͤttlichen Ordnung /
nach ver Seelen im Myfterio Magno, und nach dem Leibe im
Spiritu Mundi conftelliret; allda wirdeine Siebe nach der wahren
Sleichheit feiner Eigenfchafft / in ihme erweckt / und foalftenn |
ver Menſch derfelben folger / und fichet nicht an Reichthumb / H=
del / oder Schönheit und Wol⸗geſchickligkeit: fo Erieget feine ei⸗
gen Conſtellation, die er von Natur hat / vie rechte wahre
Gleichheit / undift ein Acker / der dem Korne gleich und angenehm
ift; alſo erhebetfich nicht alſo leicht und balde der Streit in der
Frucht) denn fie ftehen miteinander in der Gleichheit / und allda
Lan fich die innere und aͤuſſere Sonne / beſſer in der Frucht mitte
seiner
Aber wieesinder Welt gehet / das fichet man denn / was
bie Patur zuſaumen führet und bindet / da offte zwey junge Leu⸗
che in hoͤchſter Siebe ſich conſtelliren / (welches auß dein groſſen
Fuͤrſatz der wahren Gonttellation im Spititu Mundi , im geform⸗
ten Worte geſchicht) das brechen die Eltern und Freunde we⸗
gen Armuth und Hoheit halber; fo fpricht denn GOtt zu Noha:
die Menſchen wollen ſich meinen Geiſt nicht ziehen laſſen und
nehmen zur Ehe / und befchlaffen die Töchter ver Menfchen / nach
dehme wie fie fchöne feyn / reich und edel/ welches alles doch Mens
ſchen Betichte iſt; daher kommen denn auß ihnen Mächtige und -
Tyrannen / welchen GOtt die Suͤndflut feines Zornes/ in ihre
gemachte Conſtellation entgegen ſetzet / und ihren eigenen Willen
verſtockt; denn manche Leute wegen Hoheit oder Reichthumb zu⸗
ſammen gezwungen und gekuppelt werden; die hernach einander
feind werden / und ihr Lebenlang im Gemuͤhte / den Todt und die
rege wünfchen.
52. Dieſe follen nun ihre Tindturen im Saamen in eine Con-
junct on zu einem Menſchlichen Seben eines Kindes / in einan⸗
Der ci! führen / das Weib ift nun der Acker / und der Dann fürt
das Korn ; wenn nun die zwey Tinduren in einander follen ein
gehen / und ſich in eine wandeln / als in dem MWeiblichen und
Maͤnnlichen Saamen / da fich das Eos follin eine freudenreiche
Gleichheit einfünren/ fo feind fie einander ungleiche im Willen /
der Acker empfing ei mit dem Korne einen Stieff⸗ ſohn / er muß
ja
su.
“2
4
Cap.s. Von der Genaden Wahl. 103
ja das Korn annehmen / denn es dreuget ſich in ihn ein / und zeucht
Das Ens aus dem Acker in ſich / aber der Acker giebt ihm nicht ſei⸗
nen guten Willen / fo mug algdenn das Ens des Saamens / feine
Gleichheit im weibligen Saamen fuchen / die lieget ihm aber
alßdenn in der Confleliation zu tieff verſchloſſen / und Fan fie
ſchwerlich erreichen; daraus dann Unfruchtbarkeit / und der Na⸗
tur Eckel entſtehet: und ob es num geſchicht / daß das Kornin vie
weibliche Tinctur des Ackers eingewurtzelt wird / fo iſt ihme doch
die aͤuſſere Conſtellation im Spirita Mundi, in der wahren Ord⸗
nung des geformten ausgefprochenen Wortes gramm dennes
ſtehet nicht inder Figur der Frewdenreich im groffen Uhrwercke
der Natur / fondern führet alßbald feine Feind⸗ſtrahlen aus der
Turba Magna, mitte in die Formung der Creatur / dardurch
manche Frucht verdirbt / che fie das schen bekomt.
53. Was nun allyie füreine Wuͤrckung im Centro der Na⸗
tur / zum $eben ſeyn möge / gebe ich der Bernunfft nachzufinnen/
und wie ſich die Natur inibrer Widerwertigkeit verſtocke: was
für ein ſeeliſch Feuer fie in fich erwecke und gebähre/ ift wohl zu⸗
erlinnen / Davon die Schrifftfaget: GOttes Zorn verſtocke ſie /
dag fie nicht zum wahren Heiligen Liechte kommen. Denn weſſen
Eigenſchafft das feclifche Feuer ift/ cin folches Liecht urſtaͤndet
auch Daraus / und im ſeeliſchen Liechte ſtehet nun das Seben / dar⸗
umb fagetdie Schrift: Bey den Heiligen biſtu Heilig/ und Gen
den Verkehrten / biſtu verkehrt / welch ein Volck das iſt / ein ſol⸗
chen GOtt hat es auch. Pſal. 18.
54. Das Liecht der Natur / darinnen die Stimme GOttes /
im Paradis / in des Weibes Saamen ſich wieder eingeleibet hat /
(in welchem Chriſtus empfangen und gebohren iſt:) das ſtehet
nun in dem inwendigſten Grunde / und ſoll ſich durch das ange⸗
zuͤndete Seelen⸗Feuer offenbahren / und mitte inder Creatur
eingehen und wuͤrcken; die Seele ſoll dein Geiſte Chriſti ſtille
ſtehen / daß er in fie würden möge / aber fie / (verſtehet die ſeeli⸗
ſche Eigenſchafft,/) darinnen das Seelen-Feuer brennet und
lebende wird / iſt im Grimme des Streits.
55. Allhie iſt nun der Zug im Zorne / und auch der Zug Chri⸗
ſti / durch das Liecht der Natur / und heiſt allhie recht: wo ſich
die Scientz des ungruͤndlichen Willens aus der ewigen Natur
Grunde / im der feelifchen Eigenſchafft / hinwendet und zum
Knechte in Gehorſam eingiebet / deſſen Knecht ift fie / entweder
deu Zorne GOttes / im Grimme der ewigen Natur / oder dem
geben. Chriſti / inder Genade / wie S. Paulus faget/ Rom. 6.
E 4 ss So
204. Bonder Genaden Wahl. Cap. 8.
56. So fpricht die Bernunfft: vie feelifche Effeng Fan nicht)
fie muß leyden was GOtt mit ihr thut / darzu ſo iſt fie verderbt/
und zum Grimm geneiget? Antwort. Ja / ſie kan in ihrer Ei-
genheit nicht; aber Chriſtus / als er die ſeeliſche Eigenſchafft an»
nahm / hat den Grimm und die Turbam des falſchen Willens
mit der Siebe zerſprengt / und feine Siebe in das creatuͤrliche Wort
eingefuͤhret / und dem ſeeliſchen Enti, zum Gchülffen gegeben.
Es lieget nur blog an dehme / welche Eigenſchafft die ander über»
trifft / entweder die Siecht- Feurifche / oder die Zorn-Feurifche /
GOttes Liebe / oder fein Zorn. Denn das Ens zur Seelen / hat
noch keinen Berftand /aber den Grund des Willens / hat es atıs
dem ungruͤndlichen ewigen Willen/ zur Gebaͤhrung der Stätte
Gottes / da des Batters ungruͤndlicher Wille/ den Sohn ge>
biehret/ als die Krafft.
57. In dieſem ungründlichen Willen fichet der Seelen Ens,
und wil GOtt von ihmehaben/es ſoll Göttliche Krafft gebähreny
und da es doch das / nad) feinem Falle / incigenem Vermoͤgen
nicht thun kan; So hater ihme das Reich feiner Genaden cin»
geleibet / und in dem Namen IESU oſſenbahret: fofich num
der ſeeliſche ungruͤndliche Wille / dem Griſte Chriſti / im inwen⸗
digen Grunde eineignet / ſo ergreifft ihn Chriſtus / und zeucht
sh in ſich auff / allda urſtaͤndet das Koͤnnen / denn die Efleng des
Zorns iſt mit der eingeleibten Stimme Goͤttlicher Liebe / zer⸗
ſchellt / und der Geiſt Chriſti durchdringet das Liecht der Natur
in der ſeeliſchen Eigenſchafft / und wuͤrckt in ſte / gleich wie das
Liecht der Natur in der Erden in dem Saamen zum Baume
wuͤrcket / und ſich eindraͤnget / daß der Saame möge einwurtzeln.
58. Und dieſe Eindraͤngung des Geiſtes Ehrifti / in das Ens
der Seelen / das iſt der Goͤttliche Beruff / davon die Schrifft ſa⸗
get: Viel ſind beruffen / ꝛc. Denn alſo werden ſie im ſeeliſchen
Grunde beruffen / ehe die Seele das Leben hat.
59. Frage. Warumb ſaget aber die Schrifft Viel: und nicht /
Alle? Antwort. Chriſtus ſtehet Allen entgegen / und rufft ſie
Ale / denn die Schrifft ſaget / GOtt wil daß allen Menſchen ge⸗
holffen werde. x. Tim. 2. 4. Aber ſie ſind nicht alle des Ruffs
faͤhig / denn manches Ens iſt mehr teufliſch als menſchlich / daſſelbe
hat der Zorn uͤberwaͤltiget / und verſtockt.
60. Allda ſcheinet nun das Liecht in ſich ſelber in der Finſter⸗
nuͤß / und die finftere Eſſentz der Seelen hates nicht begriffen.
Für diefer ſeeliſchen Eſſentz gehet nun der Ruff vorüber / denn
die ſeeliſche Eigenſchafft iſt in der Finſternuͤß ergriffen £ Vin
iecht
Cap.s. Von der Genaden- Wahl. 105
Liecht durchdringet ſie wohl / es findet aber kein Ens der Liebe
darinnen / daß es ſich darinnen koͤnte anzuͤnden / darumb bleibet
der creatuͤrlichen Seelen Ens auſſer GOtt / in ſich ſelber woh⸗
nende / und Chriſtus bleibet auch in ſich ſelber wohnend / und
ſeynd doch einander nahe; aber ein Principium ſcheidet ſie / als
die groſſe Klufft beym reichen Manne und armen Lazaro / denn
ſie ſind gegeneinander wie das Leben und der Todt.
61. Bon dieſen wird nun verftanden/ daß GOtt fund thue
ſeinen Zorn / und ſie verſtocke / aber nicht aus einem fremden 7
oder Goͤttlichen Willen oder Fuͤrſatze: ſondern aus dehme / da
er fein Wort / in Natur und Schiedligfeit/ eingefuͤhret hat.
Nicht der heilige Wille GOttes entzeucht ſich ihnen / daß flevers
ſtockt muͤſſen bleiben / wie die Vernunfft allhie irret: denn er iſt
in ihnen / und wolte ſie gerne haben / und ſich in ihnen offenbah⸗
ren / als im Bilde GOttes: aber der Grimm im Gentro der
Natur / da ſich der Wille des Ungrundes / indie Finfternüg
ſcheidet / der hat fie ergriffen / und die zerfprengte Portender
Göttlichen Siche/ mit Greweln der angeerbten Sünten erfüllet,
62. Worzu die widerwertige Gonftellarion der Ungleichheit
hülfft / da der Mann unddas Weib inihrer beyder Willeny
gegen einander nur Hag und Fluch / und eitel Todes-Willen /
in einander ſaͤen / fie faffen ihre Lebens⸗Tinctur, in einen feind⸗
lichen Willen / und kommen nur in Vermiſchung ihres Saas
mens / invichifger Luſt zuſammen / kein Wille iſt dem andern
trew / und meynen nur Gifft und Tod / fluchen einander alle
Stunden / und leben bey einander als Hunde und Katzen; wie
nun ihr Leben um ſtaͤter Wille iſt / alſo iſt auch ihre ſeeliſche
Tincturim Saamen / darumb ſaget Chriſtus: Ein arger Baum’
kan nicht gute Fruͤchte tragen / denn in ihrer To aor des Saa⸗
mens / iſt ſchon die Verſtockung / was mag deſſen mun GOtt /
daß lie eine Diſtel pflantzen?
63. So ſprichſtu / was mag deſſen aber das Kind? Antwort.
Das Kind und die Eltern ſeynd ein Baum / das Kind iſt ein Aſt
am ſelben Baume / darumb höre Bernunfft: wenn veraͤndert
die Sonne einen Aſt am ſauren Baume / daß er ſuͤſſe wird? fell:
Denn GOtt wider feinen Fuͤrſatz ſeines außgeſprochenen Worts
und Willens / umb einer Diſtel willen handeln? bedarff doch das
‚Deich der Finſternutz auch Creaturen / fie ſeynd G Ott alle nuͤtze /
der Gottloſe iſt GOtt ein guter Geruch zum Tode / und der Hei⸗
* ein guter Geruch zum Leben. 2.Csr.2.verf.15/ 16.
64. Darm urfandet der Wilke zum Werd; rbeun im Ente’
E zug?
106 Donder Genaden Wahl. Cap. 8.
zur Creatur: und der Wille zum heiligen Leben / urſtandet aus
Gott in Chriſto / und dieſe ſeynd beyde ineinander als cin Dingf
aber in zweyen briacipiis verſtanden / weil ſie beyde in Wuͤrckung
der Creaturen ſeynd / ſo werden ſie auch von beyden gezogen: iſt
es aber daß Chriſtus keine Staͤtte ſeiner Ruhe finden mag / ſo be⸗
fitzt der Teuſel die Staͤtte / da Chriſtus ſollte wuͤrcken.
65. Und allhie ſaget nun Chriſtus : Wenig ſtnd auſſerwaͤhlet.
Warum? ihrer viel haben noch ein Fuͤncklein des guten Entis
in ihnen / darinnen Chriſtus wuͤrcket / und fie ohne Unterlaß
warnet und ruffet / aber das falſche Ens, iſt alſo viel und ſtarck /
und zeucht einen Hauffen boͤſe Einfaͤlle von auſſen an ſich / und
vertunckelt das Bild GOttes / und toͤdtet das gute Ens und Wil—
len / und creutziget das Bild Chriſti / das Chriſtus hat in feine
Durchbrechen / mit ſeinem Blute beſprenget / und mit ſeinem
Tode erlöfet das creutziget er in ihme mit der Suͤnde / und toͤdtet
Chriſtum in ſeinem Gliede.
66. Und wenn denn der Haus-Vaͤtter komt / ſeine eingela⸗
dene Gaͤſte zubeſehen zu der Hochzeit des Lammes / / fo ficheter /
daß dieſes erlöfete Bild Chriſti / das zur Hoczeiteingeladen iſt /
Bein hochzeitlich Kleid an hat / fo heiſt er feinen Zorn⸗Knecht /
dieſem Gaſte / an Chriſti Staͤtte / die Hände und Fuͤſſe / im Ente
des Lebens binden / und in die Finſternuͤß hinaus werffen / da
Heulen und Zaͤneklappern iſt / wie Chriſtus im Evangelio ſaget /
Matth. 22.
67. Dieſer boͤſe Hochzeit Gaſt / ob er gleich Chriſti Namens
ſich ruͤhmet / wird nicht auſſerwaͤhlet zum ewigen Abendmahl
des Lammes / ſondern nur die jenigen / derer Seelen Chriſtum
anziehen / und den Willen der Suͤnden im Fleiſche creutzigen /
und immerdar toͤdten.
68. Darumbfaget Chriſtus: Wenig find aufſerwaͤhlet / denn
nur diefe werden zu Kindern GOttes in Chriſto erwaͤhlet / welche
der Stimme Chriſti in ihnen gehorchen / welche in ihrem guten
Sündlein auff die Stimme des Preutigams hören/wenn Chris
ſtus in ihnen ſpricht: Kehre umb / thue Buſſe / tritt in den Wein⸗
berg Chriſti; ſo ſie das annehmen / hoͤren / und thun / und nicht
auf das warten / biß GOtt den falſchen Willen uͤberfaͤlt / und
mit Gewalt bricht / und ſeelig macht / wie die Vernunfft die
Spruͤche von der Genaden-Wahl alſo irrig anzeucht / allen
Gleichnuͤſſen in den Worten Chriſti zuwieder.
69. Denn Chriſtus ſprach zu ſeinen Juͤngern / als er ihnen
feinen Leib zur Speiſe darbothe Nehmet / eſſet / —— und
rinc⸗
Cap.8. Von der Genaden Wahl. 107
trincket / daß iſt mein Fleiſch und Blut: er hieß die Seele zu
greiffen und nehmen. Alſo auch im inwendigen Grunde / wenn
er ſich der Seelen anbeut im Lebens⸗Liechte / ſo ſpricht er: Komm
zu mir / ich wil dich erquicken / nimm mich an / ſperre nur deine
Begierde gegen mir auff / und thue die Thuͤre deines Willens
auff / ſo wil ich bey dir einziehen.
70. Er ſtehet vor der Thuͤre des Seelen-Entis, und klopffet
an / und welche Seele ihm auffthut / bey der zeucht er ein / und
haͤlt das Abendmahl mit ihr; Sein Ruffen und Anklopffen iſt
ſein Ziehen / und Wollen / aber die Seele hat auch ein ewig Wol⸗
len / und einen ungruͤndlichen Willen.
71. In Summa / dieSeele iſt des. ewigen Batters natürlicher
Feuer-Wille / und Chriſtus iſt des ewigen Liechts Liebe-Willen /
die ſtehen ineinander: Chriſtus begehret ſich in die ſeeliſche Crea⸗
fur zu bilden / fo begehret ſich der Feuer-⸗Wille in feiner Eigen⸗
heit zu bilden / welcher nun ſteget / darinnen ſtehet die Bildung.
Dieſer Streit der Bildung / gehetalgbald im Saamen an mit
der Bildung der Creaturen / in der Ungleichheit des Saamens
und Ackers / da mancher Zweig alſobald in der Widerwertigkeit
und Feindligkeit der Tincturen zu einer wilden Diſtel wird / wel⸗
chem Diſtel⸗Kinde / das Liecht der Natur (darinnen Chriſtus
im innern Grunde wohnet) ſich doch nicht entzeucht / biß der
Wille der Seelen / ſelber in ſeinem Natur-Liechte / mit Gifft
des Zornes / ſich verdunckelt.
72. Gleich wie ſich der Streit in der Wurtzel des Baumes /
in einem widerwertigen Acker ſelber entzuͤndet / davon der Zweig
aus der Wurtzel verdirbet ehe er auffwaͤchſt: und wie nun die
Sonne dem Zweige des Baumes zu huͤlffe kom̃t mit ihrem Liecht
und Krafft / ſobald er aus der Wurtzel außſproſſet; alſo auch
komt Chriſtus der Seelen / alßbald ſie nur in Mutter Leibe Fomt/
von auffen wegen der böfen Zufälle / zu hülffe (und hat ein Badt
der Wieder-geburth / mit der Tauffe in feinen Bund gefest /
darinnen er die Eleinen Kinder mit der ewigen Sonnen anſchei⸗
net / und in fie dardurch wuͤrcket / und ſich ihnen in feinem Bunde
eingeuſt / ob die ſeeliſche Eſſentz der angebottenẽ Genade faͤhig ſey.
73. Hernach wenn die Seele zur Vernunfft komt / ſo zeucht
und rufft er fie durch fein geoffenbahrtes gelehrtes Wort aus dem
Munde der Rinder GOttes / und beutfich der Seelen / die Zeit
des ganzen aͤuſſern Lebens an / und ſchallet alle Tage und Stun⸗
den mit ſeinem Wort und Krafft in ſie / ob ſie ihme von der thieri⸗
J Bildligkeit ſtille ſtehen u. er fienemgebähren möge,
74. Gleich
108° BonperGenaden Wahl. ap. $.
74. Gleich wie der Sonnen Krafft/ im Ensdes Holges im
Baume ſich mitauffzeucht / und die Eigenfcpafft der ſtreitigen
Natur temperiret; alfo auch wender ſich Chriſtus mitfeiner
Krafftausdem innern Grunde ohne Unterlag indie Geele / und
temperiret die gebens-Geftalten / daß ſie fich nicht follen imden
Widerwillen und Feindſchafft trennen / und von der Gleichheit]
in falſche Luſt ausgehen / durch welche falfche Luſt / Die Eigen»
Schafft ver Seelen / den Gifft-quaal in fich einführer.
*. 75. Und wie der Stamm mit feinen Heften am Baume hoͤck⸗
ticht und Erumm wird durch den innerlichen Streitder Natur /
und durch die Aufferlichen Einfälle der Conftellationenzalfo fühs
vet fich auch die Seele / durch die innerliche Widermwertigkeitder
Ungleichheit ver Naturen von Vatter und Mutter/ und denn
durch die Auffern Einfülle vonder Welt Boßheit / in eine uns
formliche Figur vor GOtt.
76. Da denn das Hochzeit⸗Kleid der Tauffe / in cine thieriſche
Larve gewandelt wird / da auch die Wahl fuͤruͤber gehet / ſo lange
Die Seele dieſe hoͤckrichte Larven⸗Bildnuͤß an ſich hat.
77. Dieſe Larve verhindert das Ens Chriſti / daß es nicht mag
Frucht zum Lode GOttes wuͤrcken / denn der Teufel ſaͤet ſtaͤts
ſeine Begierde in dieſe Larve / dag falſche junge Zweige daraus
wachſen / mit falſchen abtruͤnnigen Willen / welche ſich in Hof⸗
ſarth in des Teufels Willen einfuͤhren / und von der Demuth
auzbrechen / wie die jungen Zweige aus dem Baume aus der
Temperatur außbrechen / und wollen eigene Baͤume ſeyn: Und
wenn ſie denn außgebrochen ſind / ſo ſtehen fie in ver Conſtellation
der Welt / wie die Sproſſenam Baume / ſo ſichtet ſie denn die
Sonfleliation des Geſtirnes mit ſpitzfindigen Menſchen / und
führer fie. ans einem Fuͤrwitz in den andern; da faͤllet Hoffarth
ein / gar bald der Geitz / bald Reid / Zorn / Luͤgen / Truͤgen / und
alles das was in der Weltregieret / da wilder junge ſtoltze Zweig
in Kuͤnſten auffſteigen / und verbrennet ſich in allen Dingen.
Iſts nun / daß die Goͤttliche Sonne darein ſcheinet / und wil dem
abtruͤnnigen Zweige zu huͤlffe kommen / und ſolches das feuriſche
geben empfindet: ſo ſchwinget ſich daſſelbe in die Höhe wie Luci⸗
fer / und miſſet ihm ſelber Klugheit und Verſtand zu / und verach⸗
tet. das Albere; Daher kommen denn vis Vernunfft-weiſen Leu⸗
the / welche voll Hoffarth / undeigenschriger Luſt ſtecken / und
xerbrennen ſich nur Durch Das Liecht das in ihnen aus Genaden
ſcheinet / und brauchen es zur Fleiſches⸗Luſt / alſo mug Epriftus
zhrer Schalckhejt Deckel ſcyn.
— 78. Dieſe
ae
Cap. 8. Bon per Genaden Wahl. 109
78. Diefe alle ſeynd falfche Zweige / über welche die Wahl in
der Ernde⸗Zeit / fürübergehet / denn fie find in Ehrifti Geiſte
beruffen / er hat fich ihnen eingegeben / mit ihnen gewuͤrcket / und
ihre Vernunfft erleuchtet / aber fie find nicht aus Chriſti Geifte
gebohren worden /fondern inder Welt Wolluft/ fie haben Chris
ſtum nur mit Fuͤſſen gefretfen / und ihme nie gedienet / Chriſtus
iſt ihnen Hungerig / Durſtig / Kranck / Gefangen / Nackend und
Elend geweſen / und ſie haben ihme nie gedienet; Sein Mame
hat wohl in ihrem Munde geſchwebet / aber ihre Seele hat ſich
fraͤts in eigene Luſt der Welt und des Teufels gewendet und
haben Chriſtum laſſen ſtehen / und das Liecht zu ihrer Boßheit
gehalten.
79. Dieſe haben ſich aus dem Stamme der Temperatur aitß⸗
gewandt / und ſeynd nicht in der wahren Sonnen Chriſto auffge⸗
wachſen / und aus GOtt gebohren worden / ſondern in ihrer Ra⸗
fur eigenem Willen / darumb ſind ihre Fruͤchte nur Menſchen⸗
Tand. Und ob ſie gleich in der Welt hohe Leuthe werden / viel
Kuͤnſte und Sprachen lernen / ſo iſts doch alles aus der Eitelkeit
der Natur gebohren / und ſeind alle ihre Wercke vor GOtt wie
ein beflecktes und beſudeltes Tuch.
80. Welche Seele aber in einem guten Acker ihren Urſprung
nimt / da die Eltern ihren Willen in GOtt ſetzen / und in rechtem
Liebe⸗Bande ſtehen / als in der wahren Conſtellation, und ihre
Hoffnung in Gott ſetzen / da Chriſtus in ihnen würdet / lebet
und iſt; aus denen eutſpringen Stroͤme des Lebendigen Waſ⸗
ſers / wie Chriſtus ſaget. Undob gleich nun die Adamiſche Vers
derbung inibrem Sleifheift / und auch offters eine boͤſe Conſtel⸗
lation ins Fleiſch falt/ als in den Suͤnden-⸗quaal: fo bleibet doch
Chriſtus im inwendigen Grunde der Seelen inihnen.
81. Sp wird sun die Seele vonder Seelen gebohren / und
der Leib von dem Saamen des Leibes. Ob nun gleich der aͤuſſere
Saame irrdiſch und boͤſe iſt / und ineiner ſolchen Cönftellation
vergifftet wird: ſo beſitzt doch Chriſtus den ſeeliſchen Grund im
inwendigen Centro, und iſt / und bleibet doch im Enteder See⸗
len / der Ens Chriſti / und wird die Seele im Ens Chriſti empfan⸗
gen und gebohren.
82. Und allhie ſaget nun Ehriſtus: Wer aus GOtt gebohren
iſt / der hoͤret GOttes Wort. Joh. 8. Und zu den ſtoltzen Phari⸗
ſeern ſagte er: Darumb hoͤret ihr nicht / denn ihr ſeyd nicht and
Gott;: das iſt / ob fie gleich fein Wort und Geſetze im Munde
führten! ſo war doch ihre Seele nicht im Goͤttlichen Ente geboh⸗
| €. 7 ren⸗
sı0o Vonder Genaden⸗Wahl. Cap. 8.
ren: obfie gleich das Liecht der Natur hatten / fo fchiene es doch
aus einem fremden Feuer) da Ehriftus wohl hindurch fchien /
aber ie waren feiner nicht fähig / denn ihr Grund war falfch.
83. Alfo wird einguter Baum geſaͤet / auch wohl bigweilen
in einen böfen Acker / noch ift der Grund des Saamens gut; mo
aber ein falſch Korn in einen böfen Acker gefüet wird / fo wächfet
hieraus die Gleichheit ihres Weſens / und wie nun ein gutes
Korn / effters in einem böfen Acker ſtehen muß / unddoch Fru
traͤget /fo es die äuffern Einfaͤlle nicht verderben: alfo wird
ters cin Glaubens-Saame / vonder einen Tinctur, enttuedtr
Mannes oder Weibes geſaͤet / und das andere ſaͤet darein ſeinen
Gifft / dardurch der aͤuſſere Menſch wilde / und zum argen genei⸗
get wird; aber der inwendige Grund iſt noch gut / er thut gar
balde etwas boͤſes / das ihn auch alſobalde gerewet / und er in die
Abſtinentz eingehet.
84. ltem, mancher wird fo an dem einen Theile mit dem Suͤn⸗
den⸗quaal vergifftet / daß er eine boͤſe Neigligkeit in ſich hat zum
Stehlen / Rauben / und Morden; Item, zur Unzucht / falſcher
Verleumbdung / etc. Aber das ander Theil in Chriſti Ente, zeucht
ihn immerdahr davon abe / undoberin Schwachheit uͤbertritt /
(durch des Teufels Eingriffe) fo komt ihm doch noch das Goͤtt⸗
liche Ens zuhuͤlfſe / fo er nicht bleibt in Suͤnde im Todt liegen /
wie dem Schaͤcher Maria Magdalena und andern groffen
Suͤndern mehr wiederfahren.
85. Denn es iſt auch wohl kein Menſch / der nicht im Fleiſche
einen Suͤnden⸗quall haͤtte / aus Begierde ſeines thieriſchen Flei⸗
ſches; und wie nun ein Bauın muß auffwachſen im Streite und
Widerwillen / da allenthalben Unwillen auff ihn falt/bald Hitze /
bald Kaͤlte / bald drucket ihn der Wind daß er brechen möchte /
bald faͤllet eine Gifft vom Geſtirne auff ihn: noch waͤchſet er in
der Sonnen Krafft / und in ſeinem inwendigen Liechts⸗Ente der
Natur auff / und traͤget gute Fruͤchte / welche nicht der Erden
Schmack haben / ſondern die edele Tinctur hat ſich alſo in ein gut
wolſchmaͤckend Corpus eingeführessalfo iſt es auch mit dem Wien»
ſchen zuverſtehen.
86. Das Göttliche Ens welches geiſtlich ift / mag nicht offen⸗
bahr werden / als durch den Streit der Natur; es ſaͤet ſich mitte
in das ſeeliſche Ens der ewigen Natur / und giebt ſich in den Streit
der Schiedligkeit des Feuers / da es denn fein Liecht eipfaͤhet /
und aus dem Feuer / in Krafft und Eigenſchafften der Liebe-Be⸗
— aus fuͤhret. Im Feuer der Seelen empfahetes Eigen⸗
af:
} Cap. 8. BonpderGenaden Wahl, 111
ſchafften und Willen / denn in GOtt iſt es nur Einig / und nur
ein einiger Wille / der iſt das ewige Gute / aber alſo iſt er ihme
nicht felber offenbahr; in der fenrifchen Schiedligkeit aber der
Seelen / wird er ihme offenbahr / daß die Krafft / in viel Kräfften
der würdenden Tugenden / in eine Form und Bildung / herfürs
gehen. Gleichwie der Baum im Streite /mitfeinen Aeften und
Früchten offenbahr wird / daß man fichet was im My/terio des
Korns zum Baume / gelegen ift.
587. Und darumb eineignet ſich die Göttliche Krafft der Seelen
des Menſchen / daß fie darinnen mitte auffwachſe / und ihre Zus
gend in der feuriſchen Schiedligkeit moͤge offenbahren / da Boͤſes
amd Gutes untereinander wuͤrckt: alſo draͤnget der Geiſt GOt—
tes in Chriſto / in dem Guten aus / und würget zur Frucht / als
zuur Goͤttlichen Formligkeit. Dieſes moͤchte / dder mag num nicht
geſchehen / das ſeeliſche Feuer eſſe denn des Goͤttlichen Entis in
ſich / aus welchen Feuerseffen eine rechte Krafft indem Liechte
der Natur /ausgehet.
88. Das Feuer der Seelen? mußein recht Hols haben / foll
85 cin fihön Eräfftig Liecht geben denn aus dem Scelen-Feuer/
wird G0ttes Geiſt in feiner Krafft fchiedlich und offenbahr / in
der Natur der Seelen ; gleich wie das Liecht aus den Feuer / und
die Lufft aus dem Feuer und Liecht offenbahr wird/ und aus der
Lufft ein ſubtiles Waͤſſerlein ausgehet / welches nach feinem aus⸗
gehen / weſentlich wird / davon das Liecht die Krafft wieder in
ſich zeucht zu feiner Speiſe / darumb ſagte Chriſtus / Joh.6. Wer
nicht iſſet das Fleiſch des Menſchen Sohns / und trinckt ſein
Blut / der hat kein Leben in ihme.
89 Gleich wie der Baum nicht wachſen / noch Frucht tragen
koͤnte ohnedas Liecht der Natur / welches die Sonne / die darein
dringet / lebendig machts und wie das Liecht der Natur) fo wohl
der Sonnen Krafft / nicht möchten im Baume offenbahr und
wuͤrckende werden / ohne die feuriſche Scientz / nehmlich den feu⸗
riſchen Grund der Natur / welcher des Baumes Seele iſt:
90. Alſo auch in gleichem / mag Chriſtus im Menſchen nicht
offenbahr werden / ob er gleich in ihme iſt / und ihn zeucht und ruf⸗
ſet / ſich auch der Seelen eindringet: Die Seele eſſe denn des
Goͤttlichen Entis, in ihre feuriſche Eigenſchafft / welches dem Hof⸗
farth⸗Feuer ſchwer eingehet / daß es ſoll voin Waſſer⸗quaal des
Liebe⸗lebens uñ der Sanfftumth eſſenzes aͤſſe lieber vom Sulphure
und daAercurio, nehmlich von feiner Gleichheit. So es aber iſſet/
fe wird der Geiſt der Siebe und Demuth / als das Göttliche Ens
feurig
srz Von der Genaden Wahl ap. 8:
feurig / und greifſt die Feuer⸗wurtzel aus ven drey Erſten an/als
Sal, Sulphar, Metcurium, und transmuriret fte in ſich gleich wie
eine Tinctur auff ein gluͤend Eifen faͤlt und wandelt das Eifen
in Gold. Alfo auch allyie wird das feclifche Centrum aus des
Batters Feuer⸗natur / in ein Liebe-fſeuer gewandelt / in welchem
Liebe⸗feuer Epriftus offenbahr/und in der Seelen gebohren wird/
Da alsdenm ausdem Seelen⸗feuer / der rechte Göttliche Sufft-geift
aus dem Feuer und Liecht außgehet / und feingeiftlich XBaffer
aus ſich ausfühnret aus dem Liechte / welches wefentlich wird /
davon die Krafft des Liechts iffet / und ſich in der iche- Begierde
in ein heilig Weſen darein einführet / als in eine Geiftliche Leib⸗
ligkeit / darinnen die H. Dreyfaltigkeit wohnet / welches Weſen
der wahre Tempel des H. Geiftesift / ja GOtt in feiner Offene
bahrung ſelber.
gr. Und das iſts das Chriſtus ſagte / Er wolte uns Waſſer
Des ewigen Lebens geben / das werde uns in einen Quell⸗brunnen
des ewigen Lebens quellen / und das geſchicht nun wenn die Seele
ſein Wort annimmt / das er ſelber iſt: So geuſt er ſeine weſent⸗
liche Krafft / die er in unſerer Menſchheit hat offenbahr gemacht]
im fie ein / das iſt ihre Tinctur, die ihre Feindligkeit der feuriſchen
Eigenfchafft/ in ein Liebe-feuer wandelt. Denn allda ſtehet Chri⸗
ſlus in der abgeſtorbenen ſeeliſchen Eigenſchafft / vom Tode auf
und wird die Seele ein Glied an Chriſti Leibe / und zeucht Chri⸗
ſtum an ſich / ja fie wird nach der Liebe Eigenſchafft / gantz in Chri⸗
ſtum gepflantzt. Darumb ſaget Chriſtus: Wer mein Fleiſch
iſſet / und trincket mein Blut / der bleibt in mir / und ich in ihme;
alſo geſchicht das. Item ‚er ſaget / Wir wollen zu euch kommen /
und Wohnung in euch machen; das iſt / der gantze GOtt wird in
dieſer newen Geburth in Chriſto / in der Seelen offenbahr / und
wuͤrcket gute Goͤttliche Fruͤchte.
92. Gleichwie der Sonnen Krafft im Baume offenbahr wird /
und ia, Entedes Schwefel⸗-geiſtes / im Mercu:io als in der har⸗
zichten Eigenſchafft das Liecht anzuͤndet / darinnen der Baum
waͤchſt und Frucht traͤget: alſo auch wird GOtt in ſeinem ge⸗
formten ausgeſprochenen Worte (als im Menſchen / in welchen
er feine hoͤchſte Liebe⸗ Tinctut in dem Mamen JESU eingeführet
hat/) offenbahr / und ringiretdie fenrifche Seele / als den geiſt⸗
tihen Sulphur und Mercurium, darinnen das Liecht der ewigen
Natur offenbahr und fcheinende wird / darinnen Ehriftus in feia
sem geformten Worte gebohren wird und im einen herzlichen |
Goͤttlichen Baum / der alfo indas Bild GOttes waͤchſt / und viel
guter Böttficher Früchte traͤget. 93. Als⸗
j Cap. 8. Von der Genaden Wahl. 173
93. Alsdenn redet dieſer Menfch aus GOtt / GOttes Wort /
das ſeind alsdenn Goͤttliche Früchte/dpa® Dttes geformtes Wort
( als die creatuͤrliche Seele) den Quell-brunnen Goͤttliches
Sprechens aus ſich ſpricht / und GOttes Wort aus ſich aus⸗
ſpricht / und in feinem Ausſprechen gebiehret / gleich wie der Einige
GOtt fein Wort aus ſich ausſpricht / und immerdar gebiehret /
und das Sprechen doch in ihme bleibet / und das Sprechen / und
das Ausgeſprochene iſt.
94. Und ob gleich dieſem Menſchen die verderbte Arth im Flei⸗
ſche der irrdiſchen thieriſchen Eigenſchafft anhanget / und ihn zu⸗
wider der Seelen anficht: das ſchadet ihme nicht / denn die Seele
hat nun in Chriſto / die: grimme verderbte feuriſche Eigenſchafft
uͤberwunden / und Chriſtus in der Seelen / zertritt der Schlan⸗
gen Gift im irrdiſchen Fleiſche / ſtaͤts den Kopff / und würdet
J— Fleiſch / und zeucht ſich Fin Fleiſche / in einen newen Leib
auff / auff Art wie in einem groben Steine ein föftlih Geld in=
nen liget und waͤchſet / da die Grobheit muß helfen würden / ob
fi: gleich dem Gofde nicht gleich iſt: alfo auch muß der irrdiſche
Leid in ſich Chriſtum helffen gebaͤhren / ob er gleich nicht Chriſtus
iſt / noch in Ewigkeit nicht wird / auch zum Reiche GoOttes kein
nuͤtze iſt dennoch muß er ein Werszeng hefffen feyn jober gleich
gar andern falfhen Willen und Begierde hat/ undein Raub⸗
ſchloß des Teufels iſt / noch braucht ihn Gott zu feinem Werck⸗
zeuge / und davon ſagte Chriſtus / es waͤre ſein Joch / nehmlich
unſer irrdiſcher Leib / dehn er uns huͤlfft tragen / ver iſt fein Joch
in uns / das foll die heilige Seele in Gedult auff ſich nehmen / und
laſſen alles Ungluͤck von auſſen / auch mit des Fleiſche⸗ Anfech⸗
tung vom Teufel und der Welt Boßheit / uͤber ſich gehen / und
unter die Creutz⸗geburth Chriſti unter ſein Joch ſich buͤcken / und
in Gedult faſſen / und alſo in Trüsfahlmitdem edlen Perlen⸗
baͤumlein Ei hriſti / unter allem Boͤſen auffwachſen / und nach dem
wahren Gewaͤchſe / eitel gute / heilige / himmliſche Früchte wuͤrc⸗
ken und gebaͤhren / welche nicht von dieſer Welt / als von den vier
Elementen nach dem Spiritu Mundi von an ſſen ſind / ſondern wie
Paulus ſaget: Unſer Wandel iſt im Himmel. Item, Ich habe
eich vonder Welt beruffen / daß ihr ſeyd wo ich bin / und darumb
haſſet euch die Welt / daß ſie weder mich / noch euch / noch meinen
Vatter erkennet; aber ſeyd getroſt / in mir habt ihr Friede / in
der Welt habt ihr Angft / das iſt / in mir im inwendigen Grunde
der newen Geburth / habt ihr Friede mit GOtt / aber imaͤuſſern
Fleiſche in der Welt / habt ihr Angſt / aber ich wil wieder zu
te
’
114 Von der Genaden⸗Wahl. Cap.s.
kommen / und euch zu mir nehmen da ich bin / ſaget Chriſtus; das
iſt / Er wil wiederkommen zu dem Menſchen / der auf dem
Limo der Erden geſchaffen ward / und wil ihn wieder an ſich /
als an den newen Geiſtlichen Menſchen annehmen / und ewig
anbehalten; aber er ſoll von ehe in die Putrefaction der Erden /
und der Schlangen Ens, ſambt dem eingemodelten Thiere / und
alle gewuͤrckte Falſcheit / ablegen / alsdenn wil er wieder zu ihme
kommen / und den Adamiſchen Leib vom Tode auffwecken / und
an ſich nehmen / und ihme alle feine Thraͤnen abwiſchen / und in
Frewde wandeln.
95. Dieſes iſt / mein Sieber Leſer der wahre Grund der new⸗
en Wiedergeburt] und gar in keinem andern Weege / wit die
Vernunfft meynet / nehmlich / dag wir vonauffen angenomene
Benaden-Finder ſeyen; ltew, daß wir durch einen Böttlichen Fürz
fas / von Sünden lof gefprochen werden ; nein / es mug new⸗
gebohren ſeyn aus dieſen obbemeltem Waſſer / und dem H.
Geiſte.
.Die Seele muß anf ihrem eigenen Willen / im Zuge
Ehriſti umbwenden / und ihren begehrenden Willen / gegen der
Begierde Ehrifti/ (weiche mächtig gegen ihme / in ihme mitder
Begierde / in ihn eindringet) führen / und den fewriſchen Ras
chen / als den geiſtlichen Schwefel-wirrin im Mercurio des Geift-
schens/ auffſperren / ſo dringet Chriſti Geiſt in die Eſſentz der
Seelen einz Und das heiſt Glauben / und Nehmen: nicht nur
wiſſen / troͤſten / titzeln / und Chriſti Mantel von auſſen umb
ſich nehmen / und immerdahr von Genade ſagen / und wollen in
Der Boßheit des Teuffels Genaden-Einder ſeyn: ſondern man
muß im Geiſte Chriſti werden / als ein Kind an ſeiner Mutter
Bruſt / das nur der Mutter Bruͤſte begehret zu ſaugen / und
ER — — in Chriſti Ente waͤchſet alleine der rechte Newe
enſch.
97. Daß aber die Vernunfft ſaget: Wir werden erſt in der
Aufferſtehung newgebohren werden / und im Fleiſche Chris
ſtum anziehen / das iſt Babel / und kein Verſtand der Worte
Chriſti.
98. Der Leib auß der Erden / ſoll erſt in der Aufferſtehung
Chriſtum eſſentialiter anziehen die Seele muß in dieſer Zeit
Chriſtum in ſeinem Himmliſchen Fleiſche anziehen / und in
Chriſto muß der Seelen der newe Leib gegeben werden / nicht von
Manns-blutnoch vom Fleiſch / ſondern aug-dem Wort / und
Goͤttlichen Ente, in das Verblichene vom Goͤttlichen Ente , das
in
Says. Bon der Genaden- Mahl. 115
in Adam verblich und an GOttes Wuͤrckung ſtumm / und
unfühlende ward; in demfelben mug Chriftus newgebohren /
und Bin GOtt⸗Menſch / und der Menfh ein Menſch⸗GOtt
werden. {
99. Alſo / lieben Brüder / verſtehet es / daß an einem Theis
le Chriſtus der Goͤttliche Fuͤrſatz und Genaden-wille iſt / wer
auß dehme gebohren wird / und ihn anzeucht / der iſt verſehen /
und ein Genaden-Kind: und am andern Theilift der Fuͤrſatz
Gottes / der fewriſche Wille der Seelen auß dem Centro der
ewigen Natur / da ſich Liecht und Finſternuͤß ſcheidet / da gehet
ein Theil ins Gentrum der Finſternuͤß / als nehmlich / der gro⸗
be Phantaſtiſche Sulpharzder ſubtile reine aber gehet ins Liecht;
worein nun die Scientz des ungruͤndlichen Willens zur Natur
ſich ſcheidet /darinnen wird er eine Ereatur/entweder im Liechte /
oder in der Finjternüß.
oo. Der Fuͤrſatz Gottes gehet durchauß auß dem Seeliſchen
Grumde; denn der innere Grund der Seelen iſt die Goͤttliche
Natur zum ewigfprechenden Worte / umd ift weder böfe noch)
gut: aber in der Schiedligkeitdes Fewers/ als im angezuͤnde⸗
ten Leben der Seelen / da ſcheidet ſich derſelbe Wille / entweder
in Gottes Zorn⸗- oder in GOttes Liebe-fewer; und das geſchicht
anderſt nicht als durch die Eigenſchafft derer die Seeliſche Eſſentz
in ſich ſelber iſt / ſie iſt ſelber ihr Grund zum Boͤſen oder Guten]
denn fie iſt das Centrum Gottes / da GOttes Liebe und Zorn
in einem Grunde unaußgewickelt lieget.
101, Alſo iſt das ver Fuͤrſatz GOttes / daß er ſich durch das
außgeſprochene geformte Wort (deſſen die Seele im Sprechen
der Schiedligkeit ein Weſen iſt /) wil offenbahren / da verſtockt
ſich die Grobheit in den angeerbten / ſo wohl in den wuͤrcklichen
eingefaſten Greueln ſelber. —
102. Denn cs iſt ſonſt fein anderer Wille GOttes in dieſer
Welt Wefen/ als nur der/ der auf dem eigen Grunde in
Fewer und Sicht/ fowohl in Kinfternüs offenbahr wird; die
Seele wirdin ihr felber zum Genaden Kinde erwählet/ wenn
ie auf Chriſto gebohren wird / auß dem Göttlichen Ente, wel⸗
ches der einige Fuͤrſatz Goͤttlicher Genade iſt darauf GOttes
Genade in der Seelen offenbahr wird; un ſie wird auch in ihr
ſelber zum Verdamnuͤß erwaͤhlet auf dem Grunde ihres eige—
sen Weſens / das ein falſches Ens iſt / darinn Fein Liecht mag ge⸗
bohren werden.
193, GOttes Fuͤrſatz zur Verſtockung / iſt in ihrem (der
See⸗
\
116 Von der Genaden- Wahl. Cap. 8;
Seelen) eigenem Weſen / als nehmlich 7 der ungründfiche Wille
zur Natur / der offenbayret fi in icdem Weſen / wie des We⸗
ſens Eigenfchafftift; alswirdenn dencken / daß er fich mit ſei⸗
ner Inſaſſung der Grobheit / hat in die finſtere Welt / over
Hoͤlle / gefaſſet und geſchieden. Denn der Wille / der in der Hoͤl⸗
be iſt / und ver Wille / der im Himmel offenbahr iſt / die find
im inwendigen Grunde außer der Offenbahrung ein Ding / denn
im Außſprechen des Worts / iſt erſt die Scheidung / iſt doch
Himmelund Hoͤlle ineinander wie Tag und Nacht] und die.
Hölle iftein Grumd des Himmels / denn GOttes Zorn-fewer iſt
ein Grund feiner Liebe / als nehmlich deg Liechtes.
204. Darumb lieben Brüder / werdetdoc ſehende / zancket
doch nummer umb den Willen GOttes; wir find ſelber GHDttes
Wille zu Boͤſem und Gutem / welcherin uns offenbahr wird /
Das ſeynd wir / entweder Himmet / oder Hoͤlle / unſere eigene
Hoͤlle in uns / verſtockt uns / nehmlich diefelbe Eigenſchafft: und
unſer eigen Himmel in uns / macht uns auch / ſo er mag offen⸗
bahr werden / ‚feclig. Es iſt alles ein Tandt / darumb man biß⸗
here folange Zeit gegandet hat Chriftus ift funden wor⸗
den / darfür fey ihme ewig Lob und Danck / auch Macht]
Ehre / und Reichtumb / ſambt aller Gewalt im Him⸗
mel und auff Erden. Matth. 28.
Das 9. Capittel.
Vom Gegenſatz der Spruͤche in der Schrift] ale vom
rechten Verſtande der Schrifft.
Rom. 9. vV. 21.
L. At nicht ein Töpffer macht! auß einem Klum⸗
pen Tohn zu machen/ ein Gefaͤſſe zu Ehren] und
das andere zu Unchren?
Antwort.
Der Klumpen Tohn / deutet an das Myſterium Magnum, da
der ewige GOtt durchs Wort ſich auzgeſprochen hat / da auß
einem Weſen / zwey Weſen gehen / als eines in der ſewriſchen
Scheidung indie Finſternuͤß / nach der Grobheit der Imprefa
ſton; und das anderim Liechte /nach der Göttlichen Eigenſchafft
Weſen; dieſe beyde kommen auf einem Grunde] Item / die
halſche / und die heilige Seele kommen beyde auß Adams er }
*
Cap.9. Von der GenadeWahl. 117
als auß einem Klumpen des Grundes / da man doch nur Geiſt
im Nyſterio Magno verſtehen fol: aber doch / ſcheidet ſich eine
Seele ans Liecht / und die andere in die Finſternuͤß.
2. Dieſer Toͤpffer macht auf jeder Scheidung ein Gefäffe /
* die abgeſchiedene Materia nuͤtze iſt / er nimt nicht heiliges
Ens, und maͤcht ſelber einem Teuffel daraus / ſondern wie das
Ens der Seelen iſt / alſo iſt auch der Wille zum machen; GOtt
ſitzt nicht Über dem Willen / uud macht ihn wie der Toͤpffer der
Tohn / fondernergebichret ihn auß feiner Eigenſchafft; warumb
wolte runder GOttloſe fagen: Warumb machftu mid) alfo/oag
id) böfe bin ?
3. GOtt wuͤrcket ein Leben auß allen Dingen / auf böfem En-
te, ein boͤſes Leben / und auß gutem Ente, ein gutes / wie ge⸗
ſchrieben ſtehet: bey den Heiligen biſtu heilig / und in den Ver-
kehrten / biſtu verkehrt. Daruuib kan GOtt Niemand ſchuldi⸗
gen / daß er in ihme ein boͤſes Leben gewuͤrcket: habe waͤre der Tohn
beſſer geweſen / ſo haͤtte er ihme ein Gefaͤſſe zu Ehren darauß
gemacht / ſo er aber ihme zu Unehren diente / ſo macht er ihme ein
Gefaͤß ſeines Zornes darauß.
4. Denn GOttes Wort iſt aller Dinge Leben / Weſen / und
Anfang; weil aber auch der Zorn⸗Eyfer darinnen iſt / fo fuͤh⸗
ret er ſich auch in ein Leben / denn wer —— das wehren ? den
Menſchen aber itt Chriftus zum Gehuͤlffen auß dem ewigen
Wortkonmen/ und ſpricht: Sowahr ich lebe / ich wil nicht
den Todt des Suͤnders / fondern dag er fich befehre und lebe.
Ezech. 33. Ob aber der Seelen Ens fo boͤſe und untuͤchtig waͤ⸗
re / und des Goͤttlichen Entis unfaͤhig / was mag deß Chriſtus?
GOttes Zorn macht keinen Willen mehr auffer der Erea>
fur / denn Chriftus ſprach Marth, 28. Mir ift alle Gewalt
im Himmel und auff Erden gegeben / fo hat Ehriftus uun allei>
ne allen Gewalt inallen Dingen. Alfo ſpricht er auch Ich. 33»
GLHtthatfeinen Sohn nicht indie Welt gefand/dag er die Welt
zichte / fonderndag die Welt durch ihn ſeelig werde. So er nun
allen Gewalt hat / ſo iſt kein anderer Macher zu Unehren verhan⸗
den / alß der im Ente der Seelen auß ihrem Centro entſtehet.
Denn es iſt eben der zornige GOtt ſelber / der macht ihm ein Bilde
aus ſeinem Weſen das ſeines gleichen iſt /varumb ſaget Paulus:
Hat der Töpfer nicht Macht zu machen / was er wil?dieſer Toͤpffer
it GOtt indem Sprechen ſeiner Schiedligkeit / dardurch er ſeine
Herrligkeit offenbahret / wie forne genug bewaͤhret.
5. Denn weil Chriſtus alleine allen Gewalt hat / ſo ee
anderer
>
118 Von der Genaden⸗Wahl. Cap.y⸗
anderer Wille zu machen auſſer ihme ſeyn / darum darff der Gott⸗
loſe nicht ſagen, GOtt macht mich Boͤſe: ſondern der GOtt in
ihme / in deſſen Grunde er ſtehet / der macht ihn worzu er ſeyn
kan nach der Moͤgligkeit; der Grund feines Weſens / deſſen er
ſelber iſt / iſt der Anfang / ſo bald das Leben darauß gebohren wird /
fo iſt der Macher im Leben / als nehmlich der zornige GOtt / der
wird ihm alda offenbahr / der macht ihn.
6. Gleich wie Chriſtus ſeinen Kindern / in ihnen ſeinen Wil⸗
len einfuͤhret welche in ihme gebohren werden: alſo auch GOt⸗
tes Zorn in ihme mit ſeinen Kindern thut / die auß ihme geboh⸗
ren werden; denn inder Seelen iſt GOtt offenbahr / entwe⸗
der in Liebe oder Zorn / die Natur iſt die Seele / und das wuͤrc⸗
kende Leben iſt GOtt ſelber / verſtehet nach dem Wort der
Schiedligkeit.
7. Denn der pure lautere GOtt ohne Natur / iſt kein Ma⸗
cher der Willen / denn er iſt nur eines: aber in ſeinem Worte /
da es ſich in Schiedligkeit einfuͤhret / da urſtaͤnden die Willen
zum Boͤſen und Guten; aus jeder Schiedligkeit des geſchiede⸗
nen / urſtaͤndet ein Wille nach derſelben Eigenſchafft / in was
Quaal der ungruͤndliche Wille in der Schiedligkeit ſich hat einge⸗
fuͤhret / ein ſolcher Wille entſtehet.
8. Adam aber hat ſich in ſich ſelber auß der Temperatur in die
Schiedligkeit gefuͤhret / nun ſtehen feine Zweige in der Schied⸗
ligkeit / von dehnen komt ein Newmachender Wille / ein jedes
Ens bekomt einen Willen nach feinem Weſen / der Fuͤrſatz aber
führet das Regiment / nehmlich das fewrifche Wort der Na
tur / unddas Liebe-Wort der Genaden / diefe beyde feind Die
Macher zu Ehren und Unehren des Gefaͤſſes / und die beyde find.
im Menſchen.
Die hoͤchſte Pfortevon Cain und Abel/ Item, von Iſmael
und Iſaac / und von Zfan ud Jacob.
9. Das Reich der Natur / ift der Grund des fprechenden
Worts / dann ſoll eine Creatur ſeyn / ſo muß von che Natur
ſeyn. So iſt nun das Wort GOttes der Grund aller Weſen /
der Eigenſchafften Anfang ; das Wort iſt das Sprechen GOt⸗
tes / undbleibtin GOtt / aber das Ausefprechen vom Wort /
(da fich der ungruͤndliche Wille / in Schiedligkeit / durch das
Außſprechen einführet) das ift Natur und Eigenfchafft/ auch
ein eigener Wille; denn der ungruͤndliche Wille ſcheidet fich vom
Spre⸗
Cap. BonderGenaden Wahl. 119
j f
- Sprechen / und faſſet ſich in ein felbft-Eigenfprechen in die
Schiedligkeit / als in einen anfänglichen Willen ; auf dem eini⸗
gen ewigen ganzen Willen feynd die Eigenfchafften entſtan—
,
den / und auß den Eigenſchafften die Creation, als nehmlich al⸗
Se Creaturen.
20, Dieſes iſt nun der erſte Fuͤrſatz GOttes / da ſich das Wort
der Krafft / aus ſich hat für ſich geſetzt / nehmlich das ungruͤnd⸗
liche unfaßliche Wort des Lebens / in eine Faßligkeit / darinnen
es lebe: dieſe Faßligkeit iſt Natur / und das unfaßliche Leben
in der Natur iſt GOttes ewigſprechendes Wort / das in GOtt
bleibet / und GOtt ſelber iſt.
11. Der ander Fuͤrſatz des Worts / iſt dieſer / daß die Faß—
ligkeit / als der eigene geſaſte Wille ſoll den unfaßlichen Eini⸗
gen Willen Gottes in ſich wohnen laſſen; denn alſo hat das eini⸗
ge geben ſich in die Faßligkeit eingeſetzet / und wil in der Faßlig⸗
keit offenbahr werden. Die Faßligkeit / ſoll das unfaßliche Ke⸗
ben in ſich faſſen / und faßlich machen / wie man deſſen ein Es
xempel im Fewer und Liechte hat / Denn das Fewer iſt die Natur /
als das faßliche Leben / das faſſet in ſich das unnatuͤrliche Leben/
nehmlich das Liecht; denn im Liechte werden die Kraͤffte des unna⸗
tuͤrlichen Lebens durchs Fewer offenbahr / ſo wohnet alßdenn das
Liecht in Fewer / und wird das unnatuͤrliche Leben im Kicht / in
Krafft eingefuͤhret / als in Tinctur, Lufft / und Waſſer.
12. Alſo auch verſtehet / daß GOttes heiliges Leben / ohne
Natur / nicht offenbahr wuͤrde / als nur in einer ewigen Stille,
da nichts inne ſeyn moͤchte / ohne das Außſprechen und der Faß⸗
ligkeit; GOttes Heiligkeit und Liebe / wuͤrde nicht offenbahr /
ſoll ſie aber offenbahr ſeyn oder werden / ſo muß etwas ſeyn / dehme
Die Liebe und Genade noth thut / und das der Liebe und Genade
nicht gleich iſt. Das iſt nun der Wille der Natur / welcher in
Widerwertigkeit in ſeinem Leben ſtehet / dieſem iſt die Liebe und
Genade noͤhtig / damit ſeine Peinligkeit moͤge in Freude ge⸗
wandelt werden.
13. Und in derſelben Wandlung] wird das heilige unfaßli—
he Leben im Worte offenbahr / als ein mit⸗wuͤrkend Leben in der
Natur; denn die Peinligkeit urſachet / daß ſich der Wille des
Ungrundes (welcher im Außſprechen / in Eigenheit ſich geſchie—
den hat / )y dem heiligen ungruͤndlichen Leben wieder eineignet / daß
er geſaͤnfftiget wird / und in der Saͤnfftigung wird er im Leben
GOttes offenbahr denn er faſſet in ſich daſſelbe in feine Begier>
de / und wird alſo auch das heilige Sehen des Ungrundes in ihme
offenbahr. 14. Und
120 Von der Genaden⸗Wahl. Cap.
14. Und in dieſer Offenbahrung des heiligen Lebens in der Nas
tur) heiſſet das heilige Leben / Krafft / und die Faßligkeit der
Natur die das begreifft / heiſt Tinctur; denn es iſt die Krafft
rom Glantz des Feuers und Liechts / und fo dieſes nicht wärc/ fo
wire fein Feuer fcheinlich / denn der eigene Wille der Natur iſt
wicht ſcheinlich / denn die Faßligkeit ift eine Einſchlieſſung / und
iſt der Grund der Finſternuͤß.
15. Alſo fuͤhren wir unſern tieffen Grund auff Adam / und
ferner auff Cain und Abel. In Adam ſtund das Reich der Ge-
naden / nehmlich das Goͤttliche Leben offenbahr / denn er ſtund
inder Temperatur der Eigenſchafften / er wuſte es aber nicht /
daß GOtt in ihme offenbahr waͤre / denn er hatte kein Boͤſes er⸗
kannt: ſo wuſte der Eigene Wille nicht / was gut waͤre / denn
wie wolte eine Freude ſeyn / ſo kein Wiſſen oder Pein / oder Trau⸗
rigkeit waͤre? —
16. Das iſt Freude / wenn die Natur / als der eigene Wille /
von ſeiner Pein erloͤſet wird / ſo frewet er ſich des Guten / wenn
es ihm wiederfaͤhret; ſo er aber daſſelbe Gute / in eigener Macht
haͤtte zu nehmen / ſo waͤre es keine Freude / denn der Eigene Wil⸗
ie / lebte wie er wolte / und er haͤtte keine Hoffnung / wenn er al⸗
les ſelber vermoͤchte: fo er es aber ſelber nicht vermag / fo freuet
er ſich deſſen was ihme auß Genaden wiederfaͤhret / oder deſſen /
das er hoffet was ihme wiederfahren ſoll. Alle Freude ſtehet in der
Genaden-Hoffnung / welche ihme immerdar (ohne die Macht
feines Koͤnnens und Nehmens) wiederfaͤhret.
17. Und darum ſo ſtehet die Natur in Pein und Streit / daß das
Genaden⸗Reich der Liebe / in ihr offenbahr werde / und fie zu einer
Freudenreich werde / auß dehme / das ihr immerdar wiederfaͤh⸗
ret / in dehme GOttes Leben in ihr offenbahr wird / und fie dar⸗
durch eine heilige Tinctur erlanget / welche die Pein tingiret, und
in Freude / als in ein Bilde des heiligen Lebens wandelt.
18. Alß Adam in der Gleichheit ſtundt / ſo wuſte er das nicht /
er wuſte nicht was das boͤſe in der Natur waͤre / ſo wuſte er auch
nichts vom Reiche der Genaden / denn ſie ſtunden beyde in der
Temperatur; Alsaber der freye Wille in Die Schiedligkeit des
Worts der Kraͤfften fich einführete: fo ward die Peinligkeit des
Reichs der Natur / in ihme offenbahr. Allhie thaͤt nun noth / das
ſich die Krafft der Genaden in ihme auch bewegte / welches das
Reich der Ratur nicht thun konte; denn es iſt keine Moͤgligkeit
in ihrem eigenen Willen / denn er iſt faßlich / ſo iſt das Reich
Ber Genaden unfaplich . Darumb konte ihr die Seele / als der —
Rays. Von der Genaden Wahl. 121x
liche Wille / von dem unfaßlichen Leben nichts nehmen aber alſo
waͤre auch GDitindiefem Bilde verborgen blieben / und ſelber
nicht ofſenbahr worden.
19. Darumb fprach fich das unfaßliche heilige Schep in feiner
Siebe / indas ſeeliſche faßliche / auff daß es etwas haͤtke / das es zu
lieben urfach haͤtte und formte fich mitte in die Elgenſchafften
der Seeliſchen Natur / zueinem Gchülffen.
20. Und das war der Schlangenztrefter/ welder pr Schlau⸗
gen eingeführten Gifft/ und dem Willender Peinligkeit / mit,der
Liebe-Begierde / wolteden Kopffzertretten. Dieſelbe Infaßlig⸗
keit kam dem Reiche der Natur zu huͤlffe / und ſtellete ſich mitte in
die Figur: und die jetzt hungrige Natur nach der Genaden / lieh
mit einfaſſen in ein Bilde der natürlichen Seelen / und des
Leibes.
21. Und dieſes Bildes war Abel eine Figur im Bilde Chrifti /
biß fo lange in Erfüllung der Zeit / dieſelbe Infaßligkeit der $ie=
be / ſich noch eineſts bewegte / und in cin Ens des Wefens (in
Menſchlicher Eigenſchafft) infaste/ alfo dag die GOttheit felber
ein Weſen / im Menfchlichen Wefen wäre s welches Weſen weht
‚zuvor in Adam lag / aber er wuſt es nicht / und da er jich mit dent
eigenen Willender Natur von dieſem Wefen nusführte/fo ward
Die Seele an 5 Dre blind / und lebte nur in fich felder.
22. So wir nun jetzt ſehen wollen / und uns nicht felber blind
machen / ſo ſehen wirden Kain und Abel:Cain mu der erfie ſeyn /
denn er iſt Adams Bilde nach dem Fall / denn Adam war in das
Reich GOttes geſchaffen worden,
23. Cain iſt das Reich der Natur / als ein wahres Bilde / was
Adam in ſich ſelber war auſſer der Genaden: und Abel iſt das
Bilde / was Adam in der wieder⸗-eingeſprochenen Genade war /
Das deutet Chriſtum an / der ſich wolte in cine MenſchlicheNatur
eingeben / und die Genade der verderbten Natur in Cains Bilde
einſprechen.
24. Darumb ſagte Chriſtus / ihme waͤre alle Gewalt von ſei⸗
nem Batter übergeben worden / auff dag er Macht haͤtte / Die
Genade inden Willender Natur einzufprechen.
25. So ſtellete nun GOtt die Figur mit Cain und Abel / auch
init Iſmael und Iſaac / ſo wohl in Eſau und Jacob dar) wie
GOtt wolte Chriſtum in das Fleiſch ſenden / welchen er allhie in
Adam und Era) in der Stimme ſeines Worts / in Krafft hatte
eingefprochen / als einen Quall zum Leben.
20, Dieſelbe Krafft wolte er mit Menſchlichem Weſen srfüls
F len
122 Bon der Genaden Wahl. - Cap9.
len /welches in Chriſto gefchahe / welchem Menfchen Chriſto / in
der ſelben Krafft und Stimme / waͤre Macht gegeben worden /
die Suͤnde durch ſeine eigene Stimme zutilgen / und die Natur
wieder in ihme lebendig zu machen Eines Böftlichen Lebens.
27.&Solte aber folches geſchehen / ſo muſte Die Genade / in der Kraft
der Liebe / in die Wiederwertigkeit der peinlichen Natur in ih⸗
ren eigenen Willen ſich einergeben / daß ſie die Natur faſte: und
indem Infaſſen der hohen Liebe / ward die Natur in den Goͤttli—⸗
chen Liebe⸗Willen transmutiret, und erſtarb des eigenen gefa⸗
ſten Willens; nicht als ein Sterben des Todes / ſondern als eine
Verliehrung des eigenen Willens / welches in Chriſto in unſerer
Menſchheit geſchach.
28. Wenn nun der eigene Wille ſein Recht verleuret / ſo wird das
eingeſprochene Wort weſentlich / welches eher nicht ſeyn mag / der
eigene Wille der ſcientz des Ungrundes uͤbergebe denn ſeinRecht:
fonft zeucht er das Göttliche Ens in die Eigenheit / und wandelt
das in feine Boßheit / wie Lucifer und fein Anhang thar/ welche
Engel waren / und das Göttliche Ens in fich Hatten / darinnen ihr
Sichtein Schein war /aber der Eigene Wille auf der Scieng des
Ungrumdes verderbte das.
29, Wer wil uns nun mit Grunde fagen/ das in Cain nicht
fey die Göttliche Stimme der Genaden (welche in des Weibes
Saamen ſich einhallete) gelegen? welche Schrifft faget das ?
Antwort: Wohl keine. Denn alß GEOtt fein Hpffer ungenädig
anfahe/ fo ergrimte er über Abel/ als über Eprifti Figur / wel-
che von ihme auß Adams Ente fich gefihieden hatte. So fprach ja
die eingeleibte Henaden⸗ſtimme in ihme: Herrfche über die Süns
de / und laß ihr nicht den Gewalt: Denn das mag GOttes Fürs.
ſatz im Zorne / in ihme nicht ſagen / ſondern wohl die eingeleibte
Genaden⸗ſtimme.
30. Wie kam es aber / dafi Gain über die Sünde nicht herrſch⸗
te / Eonteerdenn nicht ? Antw. Nein /er konte nicht. Warumb
konte er nicht / hatte ihn GOtt verftockt / daß er nicht Fonte?
Antw. GDtt hatte ihn nicht verftockt/fondern der Adamiſche Eis
gene Wille auf der Scienß des Ungrundes / hatte fich in Ada
mit der Imagination, in die thieriſche Eitelkeit / als in die felöft-
Bildung / in Böfes und Gutes eingefuͤhret / darsin der Teuffel
der Schlangen gifftiges Ens eingefchmeift hatte welches Eva
hatte eingenommen.
312. Diefes war die Verftodung im eigenen Willen. Den
der Fuͤrſatz GOttes nach ver grimmen Natur / Haste ſich darin—
nen
a 2
ee
ap.9. Von der Genaden Wahl. 123
nenin Kain gefaffet und taub gemacht / daß er die cingeleibte Gr >
naden⸗ ſtimme nicht hoͤren konte; denn ob er ſie gleich vor auſſen
hoͤrete / ſo hoͤrete er ſie ab er nicht im Ente der Seelen / ſonſt hätte
ſich die Genade beweget / das die Seele über der Schlangen Gifft
geherrſchet haͤtte. Er mente / erwolte undfoltevonauffen uber
die Suͤnde herift hen / darumb erhub er fich uber Abel.
. 32. Gleich wie die jegige Vernunft meynet von auffenin ei⸗
. ner angensmmenen Weiſe die Kindſchafft zuerreichen / als mit
außwendigen Wercken / durch eine Genaden⸗ decke unter Chrĩ⸗
fi Leyden und Tod / alß eine aufwendige Genu gthuung fuͤr die
Suͤnde / derer man fich nur von auswendig dörffte troͤſten und
annehmen / ob gleich der eigene Willeinder Schlangen Gifft zur
Herberge bliebe. Aber dieſes gilt fo viel als beym Cain / es wer⸗
de denn der inwendige Grund geruͤget / daß die Genade in der
Seele beweglich werde / nehmlich die eingeleibte Stimme GOttes
in des Weibes Saamen / welche iſt Chriſtus in uns / daß die
Seele GOttes Stimme in ihrer Efleng beweglich hoͤret.
33. So ſpricht die Vernunfft: So die Genaden⸗ſtimme in
Cain unter der Suͤnden⸗decke gelegen iſt / bewegte fie denn nicht
Gttes Einſprechen / da er ſprach: Herifche über die Sünde /
und laß ihr nicht den Gewalt. Denn ſo er den inwendigen ra
- Der Seelen / in der eingeleibten Genaden⸗ſtimme beweget hatte
ſo haͤtte er ihn inwendig in der Seelen gehoͤret / welche cin Herr
des ng ift / ſo haͤtte fich der aufwendige Grund nicht erheben
mögen ?
34. Antwort. Diefe Stimme / welche zu Cain geſchach / herr⸗
ſche über die Sünde und lag ihr nicht den Gewalt / die war GOt⸗
les Gerechtigkeit in ſeinem Fuͤrſatze / nehmlich in dem fprechenden
Worte / dadie Goͤttliche Stimme wil / daß der eigene Wille der
Scientz des ungruͤndlichen ewigen Willens / ſich in eine Goͤttliche
Gebaͤhrung zum Guten einfuͤhren ſoll; daffelbe ort fordert
GoOttes Gerechtigkeit / daß er nicht das Boͤſe wil/ und iſt ver
wahre Grund des Geſetzes im Alten Teſtament / aber er erreicht
nicht die Genade / dennerfordertdas eigene Vermögen / er cr»
giebt fich auch nicht der Genade / denn GOtt bedarff keiner Ge=
nade / die Genade muß fich in ihn einergeben/ als in GOttes
Gerechtigkeit. Wie fich denn die Genade / welchein Chriſto of:
fenbahret ward] als in der eingeleibten Genaden-flimme/ im
Gottes Gerechtigkeit einergeben muſte / alß nehmlich dem ewigen
einigen Fürfaß zur Dffenbahrung der Herrligkeit GOttes in ſei⸗
an ſprechenden Worte / als in die DER des Batters/und
52
muſte
224 Donder Genaden⸗Wahl. Kap. o:
muſte den Willen des Menſchen / (welcher von dem Fuͤrſatz de?
Bercchtigkeit war abgewichen) indas Zorn-ſeuer GOttes in
ſich / und mit fich einführen / und den Vatter / alsden Fürfag
BoOttes / in ſeine Gerechtigkeit als in den Urſtand der See⸗
Sen / einfuͤhren / und der Seelen Willen / welcher war auf der
Gerechtigkeit abgewichen / in feinem Blute / auß Goͤttlichem
heiligen Ente der Liebe / erſaͤuffen / auff daß die Seele in der
Genaden / im ſelben Liebe-Blute / in dem Fuͤrſatz der Gerech⸗
tigkeit / offenbahr wuͤrde.
35. Und darumb muſte Chriſtus in der Gerechtigkeit GOt—⸗
ses / in unſerer Menſchheit / in uns leiden und ſterben / auff
daß die Genade / in der Gerechtigkeit offenbahr würde; denn
in Cain war ſte nicht in der Gerechtigkeit GOttes offenbahr /
Denn jie hatte noch keine Seele in fich genommen / big die Gena⸗
Dein Chriſto die Seele annahm.
36. So lag nun die Gerechtigkeit GOttes in der Seelen /
Denn ſie war GOttes Bilde/ fo forderte GOtt feine Gerechtig⸗
feitv on der Seelen / daß fie folte uber das Böfe herꝛſchen / gleich
wie GoOtt über den abtrünnigen Willen der Teuffel herrſchte /
and fie vonder gutsn Ordnung der Gerechtigkeit außſties / als
Ne abtrünnig worden. Alſo auch folte Cain den Sunden-quall
von fich außſtoſſen aber eswar ihm nicht möglich / denn die
Sünde hatte ihn / als den freyen Willen / beſeſſen Das Menfch>
liche Können war verlöhren/ undlag jegt nun indem andern
Fuͤrſatz der eingefprochenen Gerechtigkeit indie Genade/ daß
die Seele ihren Willen derfelben gäbe / und demſelben Eins
Sprechen ſtille fFünde ; denn im Sprechen der Gerechtigkeit GOt⸗
tes / war in der Seelen jegt eitel Noth und Wiederwillen.
Denn die Gerechtigkeit forderte die Tewperatur, nehmlich GOtt
ſtille ſtehen / als ſein Werckzeuge / dadurch er ſeine Stimme
wolte offenbahren / aber der Werckzeug war zerbrochen / und
ang Goͤttlicher Harmony auß⸗gangen / darumb lag es jetzt nicht
mehr an Cains wollen / lauffen / oder rennen / ſondern ander
Senade / als am Erbarmen.
37. So ſpricht nun S. Paulus: Er erbarmet ſich welcher er
wil / und verſtockt welche er wil. In dieſem lieget nun der gan⸗
tze Grund der Irrung in der Vernunfft; fie verſtehet das Gena⸗
den⸗Wollen nicht / wie das geſchehe / denn was die Genade wil /
daß iſt auchein Wollen mit der Genude,
38. Denn die Genade hat Fein Wollen im Teuffel/ oder in
zer Hoͤllen / ſondern in dehme was auß GOit gebohren iſt: Br
Caps. VonderGenaden Wahl 125
iſt das Genaden- Wollen in dem Willen des Fleifches und Blu⸗
ts5/ nohim Willen des Mannes eigenem Saamen ; fonderir
im Göttlihen Ente, nichtin Cains eingeführtem Schlangen=
Gaumen] woltedie Genade fi einfprechen / fondern vielmehr
Demfelben den Kopff zertrettenzuicht der arınen gefangnen Seelen
in Cain / wolte er den Kopff gertretten / denn ſie war Ja auch auß
Adams Seele entfproffen / ſondern der Schlangen Saamen / in
der Seelen Cains; aber der Schlangen Gifft hatte die Seele
in ſich alſo verſtockt und eingenommen / dag ih die GSerkein ſich
alfo verwegte /undden Zorne der Gerechtigkeit einergab / daß
ſie derſelbe annahın / und zum Werckzeuge brauchte / da die
Gerechtigkeit in der Genade den Menſchen Chriſtum / als in
ſeinem Fuͤrbilde in Abel / toͤdtete.
3. Denn durch Menſchliche Wercke war die Sünde indie
Scele kommen: alfo muſte ſte auch durch Menſchliche Werder.
in der Genade / in GOttes Gerechtigkeit getoͤdtet werden / als
es denn in der Menſchheit Chriſti geſchahe / durch Menſchen—
toͤdten von den Phariſeern / welche das Geſetze GOttes der Ge⸗
rechtigkeit fuͤhrten und hatten.
40. Darumb muſte Abel / als Chriſti Fuͤrbild / und auch
Chriſtus ſelber / durch Menſchen Wercke der eigenen Adami⸗
Die jenigen / welche GOttes Gerechtigkeit im Grimme feines
Fuͤrſatzes ergriffen hatte / ein Werckzeug darzu ſeyn / daß die
Genade von GOtt / in der Gerechtigkeit dee Fuͤrſatzes / in deng
Zorne offenbahr würde. Denn es ſtehet geſchrieben Matıh.ı8,
Wehe dem Menſchen der Aergernuͤß halben / jedoch muͤſſen Aer⸗
gernuͤſſe ſeyn / auff daß die Gerechtigkeit um Wahrheit / mitten
in der Unwarheit offenbahr werde /
41. Denn die Genade waͤre ſonſt nicht offenbahr / ſo nicht das
falſche ein Gegenſatz der Wahrheit waͤre. Gleich wie der freye
Willce nicht haͤtte mögen in ber Geraden offenbahr werden / wenn
nicht die Gerechtigkeit denfelben ertoͤdtet haͤtte / velchen die Gena⸗
de(nachdehm er denſelben erwaͤhlten Willen verlohr)in ſich leben⸗
Dig machte / auff das er nicht mehr ihme ſelber wolle und lebe / ſon⸗
dern der Genade lebe und wolle / welche in Chriſto offenbahr ward.
43. Darumb ſeind wir in Chriſto (in dem Genaden-Leben)
alle nur einer / denn wir haben das natuͤrliche Leben der Gerech—
tigkeit GOttes / in ſeinem ewigen Fuͤrſatze verlohren / und bes
kommen die Kindſchafft in der Genade. Darumb ſaget die
Schrifft Gott wil dag allen Menſchen geholffen werde.
53 MNehin⸗
ſchen Willens) in GOttes Gerechtigkeit ſterben / und muſten
126 Von der Genaden⸗Wahl. Cap.o.
Nehmlich die Genade wil ſolches / deñ fie kan nichts anders wollen
als Erbarmen / denn ſie iſt ſonſt nichts in ihrem eigenen Weſen.
44. Aber die natuͤrliche Gerechtigkeit im Fuͤrſatze GOttes /
fordert die Seele in den Gehorſamb Goͤttlicher Ordnung ohne
Genade / denn ſie ward nicht in die Genade geſchaffen / ſondern
in die Ordnung / wo ſie nun dieſelbe nicht darinnen findet / da
nimmt ſſie dieſelbe in ihre Eigenſchafft der Schiedligkeit des
Worts/ derer die Seele ein Weſen iſt. Alsı iſt fie ein falſch
Ens, ſo nimmt ſie dieſelbe Gleichheit an; alſo auch in Cain zu⸗
verſtehen iſt / daß ſich der abgewichene Adamiſche Wille habe in
eine creatuͤrliche Eigenheit eingefuͤhret / und die Einfuͤhrung
deffelben Seelen⸗Entis in die Schlangenzgifft/ift cine Diſtel /
welche der Genaden nicht fühig iſt: denn ob wohldie eingeſpro⸗
chene Genaden⸗ſtimme darinnen im innern Grumde lieget/ fo
waͤchſet Doch daſſelbe Ens in eine Dijtel/ und ereußiget Chriſtum
in ſich / und wird an feinem Tode fihuldig.-
45. Gleich wieder Sonnen Ens, inder Diftel fih muß ſte⸗
chen laſſen / aberdie Sonne entzeucht ihr den guten Willen /
nehmlich das heilige Leben / das fie in einem guten Kraute ſonſt
offenbahrete / und laͤſt die Diſtel auß ihrem Ente machen was
fie wil. Alſo auch gehet es dem GOttloſen Diftel-Entider Men⸗
ſchen / wie die Schrifft ſaget: Er laͤſt ihr Liecht mitten in der
Finſternuͤß verloͤſchen / nehmlich das heilige Leben in der einge⸗
leibten Genaden-ſtimme.
46. Sprichſtu: Warumb das ? Denn ſo er das heilige Leben
in ihnen offenbahrte/ fo würde die Seele heilig ? Antwort. Nein /
ein Erempel haben wir am Zeuffel/ in welchem das heilige Leben
offenbahr war / aber fein Willen-Ens war eine Diftel: Alſo
auch braucht ein Diftel-Eind die Genade nur zueiner Hoffarth /
wie Lucifer ; denn GOtt kennet die Scienß des Ungrundes / wie
fie ſich in Grund geformet oder offenbahret hat/ob fie eine Wur⸗
tzel auß der Finſternuͤß / als auß dem finftern Feuer-leben fen }
oder eine Wurtzel auß dem ſcheinlichen Feuer-leben.
47. So ſprichſtu: So iſt Cain eine Wurtzel auß dem fin⸗
ſtern Fewer / darumb mag er die Genade nicht erreichen? Ant⸗
wort. Nein / denn er war auß Adams Seele: aber das finſtere
Feuer auß dem Zorne / oder die Eigenſchafft der finſtern Welt
hatte ſich in die wahre Seele eingedrenget / nicht von auſſen / ſon⸗
dern auf dem Centro hattees ſich empor geſchwungen / und
zwar folches im Fall Adams; aus welcher Wurgel Cain her—
kam / darumb muſte er cin Knecht ſeyn der Gerechtigkeit
es
Cap. 9. Von der Genaden⸗Wahl. 127
tes / damit die Gerechtigkeit den freyen Willen in Abel / in der
Gerecchtigkeit toͤdtete.
48 Denn in Adams Saamen ſcheiden ſich die Eigenſchafften /
> nehmlich der wahre Seeliſcheverſtehet der wahre Seceliſche Wil⸗
kr} welcher im Anfange des Bildes GOttes / im Fuͤrſatze GOt—⸗
tes / in der einigen Seelen offenbahr ward / (welcher ein Frey⸗
er⸗Wille war / und aber vergifftet ward (daß er an GOttblind
ward / der ſcheidete ſich im Tode ſeiner Selbheit / (denn GOtt
ſagte; Du wirſt ſterben / ſo du von Gut und Boͤſe iſſeſt) die—
ſer tratt ins Sterben / und in das Sterben ſprach GOtt feine
Stimme ein / auff daß der erſte Wille / in der Genade / wieder
lebendig würde / und auß diefem Fam Abel.
49. Der andere ( inder Sünden newgebohrne) Wille /
welcher nicht im Anfange war gewefen/fondern im Falle entſtan⸗
den war/der ſcheidete fich in Das Natur- leben) der war Cain / das
zunnb war dieſer Wille ein Diſtel⸗ kind / welchẽ GOtt nicht geſchaf⸗
fen hatte/fondern er war auß dem Centro der Seelen gegangen.
so. Nach dehm die einige Seele} aus der Temperatur auf
ging / dag ſich der finftere Grund in Cain offenbahrete / fo kam
Die Sinfternäsin ein Wellen inder Seelen / wildes in Adam
nicht, war: nah der Setelen Weſen / kamen fie beyde / A—
bel und Cain auß einer Eſſentz; aber nach dem Willen ſcheide—⸗
ten ſie jich. Nicht dag Abel ſey rein und ohne Sünde gebohren/
denn die Sünde hieng ihm am Willen des Todes an / da es doch
kein Todt recht iſt / ſondern die Stimme der Gerechtigkeit toͤd⸗
tete ihn / auff dag fie ihn in ihr lebendig mache. Aber im Fleiſche
war der Wille der Sünden offenbahr / darumb toͤdtete ihn vie
Gerechtigkeit GOttes durch Cain / denn er war auch nach den
Fleiſche / dem Gefege der Sünden untertban; aber den Wil-
len der Scelen hatte die Genaden- ſtimme (in ihme) getödtet/und
in fich lebendig gemacht / darumb war er auch ein Fuͤrbild Chris
- Fi) und im Bilde Chriftiinftehende.
gr. Darımnb ift das ver wahre Grund von Cains Rerito>
ckung / daß ihn nicht Gott auf feinem Goͤttlichen Willen ver-
ſtockt hat / denn derkan auch nicht / weil er alleine gut iftsalleine
der newe entſtandene Wille auf dem Centro der Seelen / der.
verſtockte fihin eigener Begierde. Dennals die Begierde im
- Grimm der Natur in feine Gleichheit einging: fo fand er in
dem Fuͤrſatz der Natur ( als in der Schiedligkeit der Finſter—⸗
na und des Liechts) feine Gleichheit / dieſe nahm ihm ein / und
u ihn] verſtehet / den new⸗ en falhen Willen) ER
| er
528 Von der Genaden⸗Waht. Cap. 6.
_ welcher ein Mörder / und Knecht GOttes Zornes war. Aber die
wahre gefihaffene/ gebildete Seele auß Adams Efleng / darinnen
Die eingeleibte Stimme GOttes lag / die war noch nicht ge»
zichtet / oder zur Berdamnuͤß pradefliniret/ wie die Bernunfft
alſo irret. (welches Berichte feinem Menfchen zufichet / ſondern
Der Gerechtigkeit GOttes.)
52. Und iſt gar nicht alſo wie etfiche meynen / als ob Kain fey
auß des Teufels Willen / auß der Schlangen Saamen geboh⸗
zen worden / fondern auf Adams Seele und Leib: aber Adanıs.
engenommener natürlicher Wille / der regierte ihn. / er war
ein Bilt des gefallenen ainwiedergebogrnen Adams / in dehme
Die Verheiffuug / und die eingefprochene Göttlihe Stimme
ohne ein würdlich Leben inne lag / als eine wahre Mögligfeit
zur newen Geburt. Aber diefelde Mögligkeit ſtund nicht in
Eains Gewalt nach dem falfyen Willen / fondern im Bruns
de der Seelen lagfie/ und wartete auff Ehriffi Stimme / der
in derfelben Moͤgligkeit fih in dem thewren Namen 1E—
SU S erweckte / und dDiearınen Sünder zu Genaden annahm /
und mitfeiner Stimme indie verfhloffene Sünder einrief /
und denfelven flillfichenden Grund der erften Einfprechung er—
weckte / wie am Schaͤcher am Ereug / und vielen mehr alfo ge⸗
ſchehen iſt.
53. Denn ſo das waͤre daß EHE in einem fuͤrgeſetzten Wil⸗
len haͤtte Cain verſtockt / ſo moͤchte kein Gerichte durch die Ge—
rechtigkeit GOttes uͤber Cain ergehen / auch haͤtte kein Fluch in
ihn mögen eingehen ; denn was GOttes Fuͤrſatz macht / das ver⸗
flucht nicht GOttes Gerechtigkeit / wie Cain geſchahe.
54. Denn die Gerechtigkeit iſt die Ordnung des anfaͤnglichen
außgeſprochenen Worts / daß alle Dinge in der Ordnung ſtehen
bleiben / wie ſte das Sprechen in ein Leben hat eingefuͤhret / und
faͤllet nichts ins Gerichte / was in ſeiner Ordnung / darein es ge⸗
ſchaffen worden / ſtehen bleibet.
55. So nunein Wille auß GOttes Fuͤrſatz (verſtehet auß
Goͤttlichem Fuͤrſatz) den Adam und Cain verſtocket haͤtte / fo haͤt⸗
te die Gerechtigkeit feinen Einſpruch / denn dieſer Wille der Ver⸗
ſtockung ſtuͤnde in Goͤttlicher Ordnung.
56. Darumb ſo iſt der Wille zur Verſtockung in Adam und
Cainim Abfall entſtanden / in der Ungleichheit der zertheilten
Eigenſchafften / da ſich jede Eigenſchafften im Weſen faſſeten /
und das Vild GOttes im Liechte vertunckelten und toͤdteten.
57. GOttes Fuͤrſatz iſt dns Centrum des — —
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Cap.9. Von der Genaden Mahl. 129
Des / welches Das außgeſprochene und wiederiprechende Wort
GoOttes iſt / und iſt derſelbe gefafte Menſchliche Wille / recht in
demſelben Fuͤrſab GOttes verſtockt worden / wie die Schrifft
faget: aber Ricmane wilden Grund verftchen/ fondern man fa=
get nur GOttes Fuͤrſatz thut es / und Niemand wildes Fuͤrſatzes
Grund forſche / daz er im Menſchen ſelber liege / und nicht inGott.
58. So GOtt hatte einen Fuͤrſatz zum Teuffel gehabt / ſo waͤ⸗
re derſelbe Fürfas cin Wille des Teuffels > aberin der Schied⸗
ligteit des Sprechens / iſt ver Fuͤrſatz zur Boßheit / in ein Prin-
eipium getretten / und iſt in ſich ſelber in der gefaſten Schiedlig⸗
keit aus dem Myſterio Vagno offenbahr worden / nach welchem
fi) GOtt einen Zornigen GOtt nennet / und iſt doch nicht GOtt /
ſondern das Centrum der Natur / als die Urſache Goͤttlicher Of⸗
fenbahrung zur Frewdenreich / denn in GOtt iſt Erin Zorn offen⸗
bahr / fonvern nur eine brennende Liebe.
59. Denn Pin GOtt ein Wille zur Verſtockung wäre/ fo
wären dieſe Sprüche nicht war / dir da fügen / Pſal. xx Du biſt
nicht ein GOtt / dem GOttloſes Wefen gefallt. Item Ezech. 18.
und 33. So wahr ia lebe / ich wil nicht en Tod des Suͤnders / I-
tem die zehen Gebott / ſo das Boͤſe verbieten.
60. So GOtt hat wollen haben dag Gain den Abel toͤdteke / ſo
iſt das fuͤnffte — ———— auch ſazte GOTT beym Cain
eine ſchwere Straffe ein: wer Menſchen Blut vergiſſe / den Blut
ſelte wieder vergoſſen werden / Genſ. 9. x. 6. So er es wil haben /
fo doͤrffte NRiemand ſcine Gebott halten / wo bliche denn feine Ge⸗
rechtigkeit und das Gerichte in der Wahrheit? Hof. 13. v. 9. ſa⸗
get die Schrifft: Iſrael / dein Unheil komt auß dir ſelber.
61. So ſollen wir nun Niemanden verdammen / als nur die
Laſter und Suͤnden / ſo an den GOttloſen offenbahrlich erſchei⸗
nen / denn dieſe gehen auß dem Cainiſchen und Adamiſchen ent-
ſtandenen eigenem Willen / auß den Centro der finſtern Welt/
welchen Wuͤlen / GOtt im Menſchen im Anfange nicht hat of⸗
fenbahret oder erbohren ſondern der Teuffel aiſt Schuld daran.
62. Dieſen falſchen Willen in feinem Weſen und Thun ſol⸗
fon wir. verdammen / und nicht dis arme Seele / welche in dieſer
ſchweren Gefaͤngnuͤs / in der eingefprochenen Genaden⸗ſtimme
verborgen lieget; welche Genaden⸗ ſtimme der erſten Einleibung
im Paradies nach dem Falle / wohl wag durch Chriſti Stimme
erwerfet werden durch feine Kinder / in dehnen der Geiſt Chu
wohnet / wie am Schaͤcher / am Zoͤlner / auch an Marin Magdale⸗
va / und viel aoo tauſend armen gefangenen Seelen geſchehen iſt:
55 Demn
130 Von der Genaden⸗Wahl. Cap. 9!
Deñ dieSchrifft ſaget ıTim.1.&s iſt ein theures werthes Wort /
daß JESUS CHRISTUS foınmen ift in die Welt / alle arme Suͤn⸗
der feelig zu machen. Ind Apoc. 3. ſtehet: Er ſtehe vor der Thüre
und klopffe an / nehmlich in der armen gefangenen Seelen Thüre;
amd Matth. xx. Komt zu mir / alle Mühfelige und Beladene/ich
wil euch erquicken.
63. Er ſtehet in dem inwendigen / in Adam eingeſprochenem
Grunde der Genaden / im Centro der Seelen / und ruffet ihr / ſo
lange die Seele den Leib auff Erden traͤget / ob die arme Seele
ſich wolte gegen ihm wenden; fo ſpricht er alßddenn (wenn es ge⸗
ſchicht/ daß fie ſich zu ihme wendet) Klopffe an / ſo wird dir aufs
gethaͤu; Klopffe / an die eingeleibte erſte Genaden-ſtimme / fo
wird fie ſich bewegen. Item, Bittet / fo werdet ihr nehmen. Item,
Mein Baͤtter wil den Heiligen Geiſt geben / dehnen die ihn da⸗
sumb bitten.
64. So lieget es nun jeßt nicht am felber Können und Neh⸗
men / federn am Bitten und Anklopffen / denn die Genaden-
Verheiſſung / hatfich in Ehrifto Jefuin das Bitten eingefpros
chen / daß ſie ſich wil dem Bitten einergeben: denn es ftehet gefchrice
ben: Chriſtus iſt kommen ſeelig zumachen was verlohren iſt.
Match, 15. und 18. Cap.
65. Frage: Wer ſind nun die Verlohrnen? Antwort: Cain /
Iſmacl / Eſau / und alle in der Suͤnden gefangene verſtockte
Menſchen dieſe iſt Chriſtus kommen zu ſuchen und ſeelig zu mas
chen / und wil daß ſie nicht verlohren werden. Aber den felbfters
bohrnen falchen Mörder in Cain wil er nicht / auch nicht den Spoͤt⸗
ter in Iſmael / ſo wohl den Jaͤger in Eſau wil er auch nicht / ſon⸗
dern den wahren Grund der Erſtgebohrnen Seelen / in welchem
die Genadenſtimme lieget.
66. Darumb datz er den Spoͤtter Iſmael nicht wil / fo Rieger
ihn mit ſeiner Mutter auß dem Haufe / verſtehet den Spoͤtter in
Iſmael/ nehmlich den felbft- gefaften/ und in Adam entſtandenen
boͤſen Willen / ſamt der Hagar / als dir ſchiedliche Natur / vers
ſtehet die gertrente Eigenſchafft der Natur. *
67, Erſtlich entlief Hagar von Sara / und mwolte-fich nicht
zuͤchtigen laſſen / denn fie wolte mit dem Spoͤtter herrſchen in A
braͤhams Guͤttern: als ſie aber in die Wuͤſten kam / ſprach der
Engel GOttes zu ihr: Wo komſtu her / Sarai Magd d und ſie
fprach / Ich bin von meiner Frawen entflohen; under hieß ſie
wieder umbkehren / und ich für der Framwen demuͤthigen; und
ſprach weiter zuihr: Ich wil deinen Saamen alſo RE
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| Cap. 9. Von der Genaden⸗Wahl: 131
für groffer Menge nicht ſoll gezehlet werden; du Lift ſchwanger/
und wirft einen Sohn gebähren/deg Namen ſoltu Iſmael heiffen/
darumb daß der Herr dein Elend erhoͤret hat; er wird ein wil⸗
der Wenſch ſeyn / feine Hand wider jederman / und jedermans-
Hand wider ihn; und wird gegen allen feinen Brüdern wohnen.
68. Diefe Figur ftellet uns den wahren Grundfür/wice Adam
mit dem Reiche der Natur fey von GOtt aufgelaufen in die
Wuͤſten der Thierifchen Eigenfhafften / alsvonder Freyen /
welche ift die Temperatur, und iftin dereigenen Begierde / als
indem eigenen entftandenen Willen / des Spötters ſchwanger
worden. Alt nehmlich das Reich der Natur) hatte fih inden Ei⸗
genfchafften getrannt/dag je eine wider die andere ging/wie allhie
von Iſmael gefaget ward / feine Hand wider Jederman / und Je⸗
dermans Handt wider ihn; aber Die Eigenfchafften der Natur
waren darumb nicht von GOtt abgetrant / wie allhie bey Hagar
zuſehen iſt; denn der Engel ſprach zu ihr: Er wolteihren Saas
men alſo mehren / daß er fuͤr groſſer Menge nicht ſolte gezehlet
werden / aber ſie ſolte wieder umbkehren zu der Freyen / und ſich
unter ihre Hand demuͤthigen. Das deutet an die Buſſe und Umb⸗
kehrung des armen Suͤnders / daß ihme Chriſtus mit feiner
Stimme in ihme / in ſeiner Wuͤſten der Welt / begegnet und ihn
troͤſtet / und ſpricht ihme ins Gemuͤhte ein; Ich babe dein Elend,
erhöret/ du arme gefangene Seele / in dieſer Wuͤſteney / Echre
wieder umb/ du bift jades Spötters ſchwanger auf dem Reiche
der Natur deiner Conftellation/ und wirft ihn gebähren; aber ich
wildich ſeegnen / und ſelbſt aug dem Reiche der Natur ız. Fürs
ſten gebähren/ welche follenin meinem Seegen kommen / Das
deutet an die 12. Apoſtel Chriſti / welche in feinen Seegen kom⸗
men / derer Namen nicht mag gezehlet werden für groſſer Menge;
und wie der arme Sünder / wenn er nur in dieſem Ruffe des Enns»
gels / wieder umbkehret / in dieſelbe 122. Apoſtoliſche Genade komt /
aber er mug wieder zur Freyen gehen / mit der Seelen Willen;der
Spoͤtter aber wird inſeiner Conſtellation mit einem eigenen Wil⸗
len gebohren / welcher Wille nicht ſoll GOttes Reich erben.
69. Denn Abraham muſte den Spoͤtter hinauß auß der Erb⸗
ſchafft der Guͤtter ſtoſſen / aber nicht ohne Geſchencke / denn fol:
ches wolte die Freye / als die Temperatur im Reiche Chriſti ha⸗
ben / daß der ſpoͤttiſche Eigene Wille verſtoſſen wuͤrde. Welche
Freye / die Saram andeutet / welches GOtt dem Abraham in
Chriſti Figur / hieß willigen. Das Geſchencke aber das Abra⸗
ham der Hagar und Iſmael mitte gab / das deutet nun das wahre
Geſchencke im Paradeis. 56 7-.Alg
*
x32 Von der Genaden⸗Wahl. Cap. og!
70. Alß Adam ausgeſtoſſen ward / fo gab ihme GOtt von ehe
Das Geſchencke / als das eingeſprochene Genaden-Wort / und in
demſelben Geſchencke ſtundt der Seegen. Aber das Reich der
Ratur / muſte die zwoͤlff Fuͤrſten geben / das deutet an / daß die
Seele aus der ewigen Natur her ſey / und dieſelbeOrdnung muͤſſe
bleiben / es koͤnne keine newe Creatur in dem Menſchen herfuͤr
kommen / ob fie gleich in ven zertheilten Lebens-Geſtalten einer
Spöttergeben / ſo ſey doch der inwendige Grund GOttes Wort,
72. Darumb foil die Natur nicht vergehen / fondern nur der
falſche felb-entftandene Willeaus der Ungleichheit / der ſoll aus⸗
geſtoſſen werden und fterbenz deſſen yaben wir allyiedie Figur;
Denn als Hagar mit Sfinaclausgelauffen war/und ſte doch noch.
des Iſmaels fehwanger war / und ſie der Engel tröfteter fo hieß
fie don Namen des HErrn / der mitihr redete / Du OOtt ſieheſt
Mich. Das ift/ du Jicheft meinen inwendigen Grund der Scelen/
Barinnen das Adamifche Geſchencke inne lieget / denn fie fprach &
Hie habe ich gewißlich gefehen dehn / der mich hernach angefchen-
hat / das ift / die arme Seele ſprach: Ich warvonder Freyen
Enehinlich der Temperatur, von GOttes eich) ausgelauffen 7
und war blind wordenan GOttz: nun aber habe ich dehn geſehen /
der mic) in meinem &fende mit feinem Einfehen der Genade /
angefehen hat. Das tft / hernach ſahe er mich da ich ſchon blind
war ar GOttes Sehen / das heiſt hernach / da ſchon das Reich
Der Natur war ein Spoͤtter worden / mit dem newen Willen /
darumb hieß ſie denſelben Brunnen / einen Brunn des Lebendi⸗
gen / der mich angeſehen hat / welcher Brunn iſt zwiſchen Kades
und Bared.
72. Dieſer Brunn iſt Chriſtus / in demeingeſprochenen Ge⸗
waden- Forte / in demſelben Genaden-Worte des Schlangene:
tretters / iſt der Brunn-quell der füffen Liebe GOttes / in dene
Namen Fey aus BEHOVA , der iſt ver Brunn des Lebendigen /
ter die arme Seele nach dem Fall anſahe / und der die Hagar /
und Iſmael in Mutter Leibe / anſahe: denn der Spoͤtter aus den
zertheilten Eigen fchafften der Natur / nehmlich derſelbe ſpoͤttiſche
Wille / ward ihr angedeutet / dag er wuͤrde aus dem Reiche der
Natur urſtaͤnden / welchen die arme Seele / in ihrem Gefaͤng⸗
nuͤß und Blindheit würde muͤſſen tragen s aber GOtt habe ihr /
und 095 Knabens Elend angefeben/ aus dem Brunnen des Le⸗
bendigen / als im Cenrroder Seeken / in ihrem inwendigen Grun⸗
de. Denn der außwendige werde wohl ein Spoͤtter feyn: aber
BL wolte jhmaus dem inwendigen Grunde (da ſich die *
Eapg. Von der Genaden-Wahl. 233
de hatte darein verleibet) rz Fuͤrſten herfuͤr bringen / derer Saas
me unzehlich ſeyn wuͤrde aber augwendig wuͤrde die Natur ie
zwoͤlf Fuͤrſten der verderbten Natur im Regiment ſtehen / alß
denn zwölf Fuͤrſten aͤuſſerlich aus ihm kamen. Alfo deutet der
Geiſt GOttes in Moſe auff Den innern Grund / und ſehen das
klar vor Augen.
73. Dennals Iſmael gebohren war / ſo war der aufwendige
Grund nach dem verderbten Reiche ver Natur / ein Spötter }
dieſen hieß GOtt außſtoſſen: alser aber ausgeftoffen ward/ und
die Hagar den Knaben von ihr weggethan hatte / daz ſie nicht
ſehen doͤrffte wie er ſtuͤrbe in der Wuſten / fo lag der Knabe If⸗
mael und weinete / da erhoͤrte GOtt die Stimme des Knabens}
und der Engel GSttes rieff vom Himmel der Hagar zu und
ſprach: was iſt dir Hagar ? Fürcte dich nicht / denn GStt har
erhöret vie Stimme des Knabens da er lieget: Stehe auff / nie
den Knaben bey der Handt / denn ich wil ihn zum groſſen Volcke
machen und GOtt thaͤt ihr die Augen auff / daß hecinen Waſſer⸗
brunnen ſahe / da ging ſie hin / und fuͤllete die Flaſche mit Waſ⸗
fer / und traͤnckte den Knaben / ud GOtt war mit dem Knaben /
und ſie wohnten in der Wuͤſten Berſaba bey dem Brunnen des
Lebendigen und Sehenden.
| 74. Dieſe Figur ift alſo Sonnenklar und offenbahr / wider
die rrigen Meinungen! Dieda Iſmael richten — *
va ie nicht Elarer ſeyn koͤnte / wenn fie. nur ihre irrig ennung,
feyen möchten: Denn der Spötter Iſmael im Äuffern Reiche
der Natur / der war boͤſe / und aus der Kindſchafft verſteſſen
aber alß er lag und weinete / (welches die Buſſe andeutet) fo thaͤt
Gott der Hagar / als dem Reiche der innern Natur / nach der
Seelen / die Augen indem eingeleibten Genaden-brunnen auff/
das fie den Brunn⸗quell Chriſti fahe / und frändteden Knaben].
nehmlich die arme Seele / aus dem Brunnen zu Berfaba als in
den zertheilten $ebens- Eiaenfihafften.
75 Welches traͤucken die Tauffe / ſambt der Beſchneidung
andeutet / da Chriſtus aus ſeinem Brunnen wolte die zertheilten
Lebens-Geſtalten in inrem Durſte traͤncken; aber Ißinael der
Spoͤtter nad der aͤuſſern Natur / ſollte von ehe durch die Bes
ſchneidung abgeſchnitten werden / welchts durch Buſſe und Ab⸗
werffung des pöttifhen Willens geſchicht / alzdenn taͤuffet Chri⸗
ſtus aus dem Brunnen des Lebendigen und Sehenden/ mit dem
heiligen Geiſte; fo wohnet alßdenn die Seele bey demſelben
Brunnen / und GOtt iſt mit ihr / wie mit dem Ißmael.
57 5. Denn
u a re en u oe
—
134° DBonder&enaden Wahl. Cap.
6. Dem nichtder ſpoͤttiſche Wille ift der Saame / welhen
Gott ſeegnete / fondern der innere Grund indem Genaden⸗ge⸗
ſchencke / denn GOtt fprach zu Abraham: In Ifaac folldir der
Saame gefeegnet ſeyn / alsin Chriſto / ſoll IFmael den Seegen
haben: denn nicht der verderbte Natur⸗Wille ſoll der Erbe ſeyn
in GOttes Reich / ſondern er ſoll allezeit verſtoſſen ſeyn. Aber
die Natur in ihrem Grunde und Urſtande / iſt GOttes Wort /
als das ausgeſprochene Wort in ſeiner Schiedligkeit / darinnen
der Brunn quell des Lebens aus TEHOVA iſt / als der Quell der
Liebe / im Namen ISſu entſproſſen / der ſoll es erben.
77. Dieſe innerliche Natur deutet auch an den Japhet / wel⸗
chem der Geiſt Moſts fagte / er ſollte in Sems Hütten wohnen /
nehmlich in Iſaacs / das iſt / in Chriſti Brunnen. Die Hütte
Sems / deutet an die Neue Geburth aus Chriſto / darein Japhet
und Ißmael ſollten kommen; denn der Text ſaget: Und GOtt
war mit dem Knaben Ißmael / nicht aber mit dem Spoͤtter / ſon⸗
dern im inwendigen Grunde / welcher ſollte in Chriſto offenbahr
werden. So denn GOtt mit ihme geweſen / und er ſambt feiner
Mutter / haben bey dem Brunnen des Lebendigen / als bey Chri⸗
ſto in feinem Genaden-geſchencke gewohnet; wer wil ihn denn
verdammen / wie die irrige Welt thut? Wohl recht wird der
aͤuſſere Iſmael (nehmlich der Wille der Spoͤtterey) verdammet /
aber nicht Abrahams angeerbte rechte Natur gus dem Seegen /
ſondern Abrahams irrdiſcher Wille / aus der Schlangen Saamen.
78. Denn Ißmael iſt ein Bild des Reichs der Natur / nach
dem armen verderbten Adam / welcher in uns muß ſterben und
verweſen / und aber nach dem erſtgeſchaffenen Bilde in Chriſto /
wieder aufferſtehen / und den Spoͤtter Iſmael in der Erden laſ⸗
ſen. Und Iſaac iſt ein Bilde des Newen Menſchens / in der
Menſchheit Chriſti / da Adams Natur / und Chriſtus / in ein⸗
ander find / da der falfche Wille in Chriſto todtift / obwohl A⸗
dams Naͤtur allda iſt / ſo lebet fie aber im Geiſte Chriſti. Gal. 2. 20.
79. Darumb nahm ISſus Adams Natur an ſich / aber nicht
Adams ſelbſt⸗erbohrnen falſchen Willen: ſondern die arme zer⸗
trennte Sebens-Beftalt in der Natur / in GOttes Gerechtigkeit
und Fuͤrſatze / auff daß der erſte Adam in Chriſto / in feiner Ge⸗
rechtigkeit beſtuͤnde.
80. Alſo war Ißmael aus dem Bilde der Gerechtigkeit GOt⸗—
tes / das er in Adam ſchuff: und Iſaac im Bilde der Genadem /
das ſich in Chriſto / in GOttes Gerechtigkeit eingab / und ſie mit
Liebe erfuͤllete / und den Zorn ſtillete; denn Chriſtus ſollte den
Spoͤt⸗
\
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Cap.9. Von der Genaden⸗Wahl. 135
Spoͤtter in Iſmael / welcher war in GOttes Gerechtigkeit of⸗
fenbahr worden / mit feiner Liebe-Tinctur ſeines Bluts verwan—
deln / daß er koͤnte in Chriſto wieder zur Kindſchafft kommen /
daraus ihn die Gerechtigkeit als aus Adams Guͤttern hatte
ausgeſtoſſen / als vom Erbe der Natur des geformten und aus⸗
geſproche nen Worts GOttes.
83. Die Figur mit Jacob und Eſau / iſt nun das Gegenſpiel /
nehmlich wie Chriſtus aus dem Reiche der Natur (ihres erbohr⸗
nen falſchen Willens) außgeſtoſſen werde. Denn als er hatte
J unſere Sünde in der Adamiſchen Natur (verſtehet den Quell /
—8
daraus die Sünde qualle / als die zertheilten Lebens-geſtalten in
menſchlicher Natur) auff und an ſich genommen; fo ſprach er
darnach: Mein Reich iſt nicht von dieſer Welt / als in den zer⸗
theilten vier Elementen / ſondern in der Temperatur.
82. Weil aber Chriſtus die Menſchheit in den zertheilten Ei⸗
genſchafften hatte angenommen / ſo wolte ihn die Gerechtigkeit
der aͤuſſern Ordnung / in ſich auch nicht dulden / denn er war aus
einer andern / nehmlich aus der himmliſchen Gerechtigkeit ent⸗
ſproſſen / und Fam in unſere arme Menſchheit in dieſer Welt
Eigenſchafft / uns zu helffen.
83. Darumb ſagte er: Des Menſchen Sohn hat nicht da er
ſein Haubt hinlege / und ſagte doch auch / Ihme ſey alle Gewalt
8gegeben im Himel und auff Erden von ſeinem Vatter; da meynte
er den innern Grund aller Weſen / nehmlich die Ewigkeit / wel⸗
che in dieſer Welt verborgen lieget / und in Chriſto war offenbahr
worden. Dieſelbe Offenbahrung war nicht in dieſer Welt das:
heime / und befag nichts vondiefer Welt Wefen zum Befig und
Eigenthumb. ER
84. Diefes Bild/ wie Chriftus follte von diefer Welt aus⸗
geftoffen und vertrieben werden / das war Jacob / welchen ſein
Bruder Eſau / als das Reich der aͤuſſern Natur-gerechtigkeit
immerdar wolte toͤdten / daß Jacob für Eſau muſte fliehen / wie
auch Chriſtus fuͤr der Phariſeiſchen Gerechtigkeit im Reiche der
Natur / biß ſo lange daß Jacob mit feinem Geſchencke von Saban,
kam / und zu Eſau einging / und ſich ihme ergab / ober ihn toͤdtete
oder lebend lieſſe. Aber Jacob war noch nicht der rechte / welchen.
die Gerechtigkeit der Natur / in GOttes Fuͤrſatz ſollte faſſen
und toͤdten / ſondern Chriſtus warees. uf
85. So ſehen wirnun allyie abermahl die Figur Chriſti / und
Adams: denn als Jatob zu Efau ging / und ihme das Geſchencke
entgegen ſchickte / ſo ward Eſaus Zorn zerſchellet / und in Bro
Y3
136 BonderGenaden Wahl, Kap. og.
Erbaͤrmde geſtelt / daß er Jacob umb den Hals fiel und weinete?
und ihme nichts that / fondern in Liebe annahm: alfe ift die Fia
gur von Chriſto in unſerer Menſchheit.
86. In unſerer Menſchheit lag der Zorn des Vatters / als der
zornige Eſau in der Gerechtigkeit im Zerne erweckt / wie Eſait
wider Jacob: aber Chriſtus ſchickte fein Genaden-geſchencke 4
als die Liebe in feinem Blute / von der himmliſchen Welt Weſen /
Dein Zorne des Batters / in unſere Natur / in GOttes Gerech⸗
tigkeit / als nehmlich in die erſte Adameiſche Geburth / der Natur
entgegen; Und als fie diefe in ſich ſahe und fühlere / fo ward
GOttes Zorn in ſeiner Gerechtigkeit der Ratur / in groſſe Er>
baͤrmde geſetzt / davon der Zorn alle ſein Recht verlohren / und
zerſchellet ward / davon die Sonne ihren Schein in GOttes Ge⸗
rechtigkeit verlohr / und die Erde in dieſer Zerſchellung erbebete /
die Felſen zerkluͤben / und die Todten (welche GOttes Gerech⸗
tigkeit hatte im Tode verſchlungen) in dieſer Erbaͤrmde auff⸗
ſtunden.
87. Denn den Eſau war es umb die Gerechtigkeit der Erſt—
geburth zuthun / welche ev Jacob verkaufft hatte / und doch nicht
wuſte wie es GOtt alſo geſchickt hatte / daß er die Figur Chriſti
und Adams alſo fuͤrmahlte. Und darumb feindete er den Jacob /
daß Jacob den Seegen Abrahams hatte / denn die Gerechtigkeit
des eigenen Natur-willens wolte ihn in Eſau(als in Adams vers
derbte Natur) haben saberdie Natur des eigenen Willens hatte
das Erbe Gottes verlohren / das brachte der andere newe Ada
in Chriſto wieder in die Natur. Alſo muſte nun das erſte Recht
Cuflsdaserfte natuͤrliche Leben) ſterben / und in Chriſto wieder
lebendig werden / und konte Eſau in feinem Jäger / GOttes
"eich in der Gerechtigkeit nicht erben / ſondern war ausgeftoffen/
auch noch in Mutterleibe / da die Kinder weder boͤſes noch gutes
gethan hatten / auff daß GOttes Gerechtigkeil in ſeinem Fürs
ſatte der Schoͤpffung der Creaturen / genug geſchehe.
88. Aber in Chriſto nahm er ihn (Efau) nach um Genaden⸗
geſchencke / nach dem innern Grunde des-rechten Adamiſchen
Menſchens nieder ans: nicht nach Dem Rechte feiner Sebens-na-
nur darinnen er Eſau hieß / odergenennet war / denn das Siſt
Fer innere Grund} da das Paradiſiſche Geſchencke innen lags
aber die ſau war dag verworffene Thier des Reichs des eigenen
Riflens nach der Irrdigkeit / von deme die Schrift faget : Eſau
hab ich gehaſſet / da er noch in Mutterleibe war /auff das die
Wahl GOttes beſtuͤnde / daß nicht Eſan in feinem falſchen ei⸗
genen
\
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nd ſcelig zu machen Das verlohren iſt / nehmlich den Ifimael 4
Efauf
Eap.y. BonderGenaden Wade 137
genen Natur-leben / follte GOttes Kind ſeyn / ſondern Chrifing
in der rechten Adamiſchen Natur in Eſau.
89. Die Adamiſche Natur ſollte ihr Recht gantz in ſau ver⸗
liehren nach ihrem Willen und Leben: aber das Weſen der Ada⸗
miſchen Natur / welches war das geformte ausgeſprochene Wort
GOttes / ſollte in Chriſto bleiben and mit dem Geſchencke Chri⸗
ſti / im Zorne verſoͤhnet werden; welches Bilde war / da Jacob
dem Eſau das Geſchencke entgegen ſchickte / und ihn ſeinen Her⸗
ren hiez; da ward der Zorn in Eſau / wegen des Natur-rechts
verſoͤhnet / und hub an ſich in die groͤſte Erbaͤrmde ein zu ſtellen /
und fiel dem Jacob umb ſeinen Hals / und kuͤſte ihn / und gab
feinen WBiilen in die Erſtegeburth in Jacob.
90. Denn Chriſtus muſte fich gang inden Tod eingeben /und
Das menſchliche Natursrecht feinem Vatter / alsder Gerechtig⸗
keit ungergeben / da ſtarb Efau abe; fo werte GDit den erſten
Adam / alg ven rechten Menſchen / der in GOttes Fuͤrſatze war
geſchafſen worden in der Benade der Liebe (welche hafte die Ges
rechtigkeit für GOtterfuͤllet) auff/ da war es nichtmehr Eſau/
fendern ein Glied Chriftt.
9x. Daß aber die Schrifftalſo auffdie Predeftination gehet
das iſt gar recht / denn Efau iſt das Bild GOttes Zornes / das in
Adam entſtundt / und das iſt verdamt / auff daß der Gerechtigkeit
GOttes genug geſchehe / und der Reichthumb feiner Genade us
Jacob / als in Chriſto / in GOttes Gerechtigkeit offenbahr werde,
Denn das Leben in den Natur⸗willen (das Eſau hieß) das war
Adaums newes Leben / nach den auffgewachten Eigenſchafften der
finſtern Welt / wie auch bey Cain / und Iſmael alſo; dieſes Le⸗
ben hatte Gottes Gerechtigkeit im Zorne ergriffen / und ſich dariit
offenbahret / und das war verdamt:aber nicht der ſeeliſche Grund!
als das gantze Centrum der Natur / nehmlich das geſormte Wort
nach, der Seelen / das war darumb nicht von GOtt verſtoſſen:
Nein /nein / fie waren aus den Kindern der Heiligen entſproſſen /
nicht von der Sau / wie jetzo in vielen geſchicht / da der innere
Grund voll Teufel iſt.
92. Das Genaden⸗geſchencke der eingeleibten Stimme lag
im innern Grunde / aber nicht im Eme des Lebens / als wie in
Jacob / Iſaac / und Abel / welches Ens Chriſtus war / der ſich mit
feiner Stimme in dieſes eingeſprochene Wort / in den inuern
Grund der armen Seelen (im Zorne GOttes gefangen) einſpre⸗
chen wolte / wie geſchrieben ſtehet: Ich bin kommen zu ſuchen /
138 Bon der Genaden Wahl. Capg.
ESſau / und ihres gleichen / welche in GOttes Haß ergriffen und
verlohren waren: ſo ſagte CHRIſtus nun / Er waͤre kommen
den armen Sünder zufuchen / der verlohren wäre / und nicht dem
Gerechten.
93. Denn Jacob / Iſaat / und Abel waren die Gerechten / denn
die Genade hatte ſich in ihnen offenbahret / und den eigenen Wil⸗
len der Sünden im Leben ertoͤdtet / und fich dem wahren erſtge⸗
habten Lebens⸗grunde / zu einem newen Leben eingegeben. Alfd
waren fie nun in demfelben newen Leben gerecht/und.hatten$rie=
de mit GOttes Gerechtigfeit/ verſtehet nach der Seelen; aber
nach dem auffern Leben waren fie noch unter dem Fluche / darumb
muſte ihr aͤuſſerer Leib fterben. Denn nicht te felber von Natur
waren die Gerechten / fondern die Genade machte fie gerecht; wel=
che Genade in ihnen inein Ens des Lebens fich einergab/ darin⸗
nen das Leben brannte / welches newe Göttliche Feuer / den Haß
GOttes Zorns in Liebe wandelte / darinnen ſie gerecht waren.
94. So ſprichſtu: Warumb auch nicht alſo in Cain / Iſmael /
und Eſau PAntwort. Nein / der Fuͤrſatz GOttes muß beſtehen /
nehmlich die Ordnung feines außggeſprochenen Worts / er wendet
aſſelbe nicht wieder zuruͤcke / fein Zorn muſte nicht getoͤdtet und
zerbrochen werden; denn er iſt eine Urſache / daß die Genade of⸗
fenbahr würde / darzu iſt er die Urſacht daß die Genade in Freu⸗
denreich verwandelt wird / auch iſt er die Urſache / daß die Genade
eine feuriſche Liebe wird. Chriſtus aber iſt der andere Fuͤrſatz /
denſelben offenbahrete er in Abel / Iſaac / und Jacob / und ſtellete
die Figur dar / wie es gehen ſollte.
95. Denn Chriſtus ſollte in der Gerechtigkeit GOttes Zornes
effenbahr werden / daß erkannt würde was Genade wäre. Adam
ſtund in GOttes Genade / und in feinem Zorn /aberinder Tem-
peratur war keines in ſeinem Leben offenbahr / denn ſie ſtunden
in gleichem Gewichte: ſollte nun die Genade offenbahr werden /
ſo muſte der Zorn vorhin / oder zu erſt / offenbahr werden / auff
dag die Genade geurfacht würde ſich im Zorne zubewegen und
dem Zorne zuergeben/ und ihn zu filgen ; welches einergeben und
tilgen/ die Urſach der Böttlichen Freudenreich und feurifchen.
Liebe / im Leben des Menfchen ift / Daraus GOttes Erbarmen /
auch Glauben / Liebe / und Hoffnung / als das Vertrawen in Gott /
feinen Urſtand im Menſchen genommen hat / welches in der Tem-
peratur nicht ſeyn mochte.
95. Denn ein Ding / das in gleichem Gewichte inne ſtehet /
das hat kein Bewegen oder Begehren zu etwas / es iſt ae
iſt
Cap.9. VBonderGemaden Wahl. 139
iſt fein ſelber: wenn es aber aus der Temperatur außgehet / fo
iſts viel / darzu zerbrechlich / und verleuret die Selbheit; deme
thut nun Huͤlffe / als Genade und Erbarmen / noht: ſo aber das
nicht bald geſchicht / daß ihme geholffen wird / fo tritt es doch in
Die Hoffnung; und ſo der Hoffnung zugeſaget wird ) daß ihr ſoll
Huͤlffe geſchehen / ſo tritt es in Glauben / und der Glaube urſacht
Die Begierde in der Hoffnung / und die Begierde nimmt die Zus
ſage in ſich ein / und faſſet dieſelbe in ſich / daß ſie weſentlich
wird / und in demſelben Weſen iſt nun die Genade / und das Er⸗
barmen. Denn daſſelbe Weſen wird in der Zuſage genommen /
und in Weſen gefaſſet / welches Weſen ſich dem erſten Rechte /
Das das Ding in ſich gemacht hat / einergeben mug / und ſo das
geſchicht / findet das erſte machende / ein new Leben in ſich / das
aus der Hoffnung und aus dem Glauben / und der Begierde /
mit dem Inſich-faſſen entſtanden iſt / und findet dag es mehr
Geiſtlich iſt als das erſte / daraus das Ding entſtanden iſt; dar—
ud kan es ihme nicht Widerftand thun / ſondern mug das geiſt⸗
liche Leben laſſen in ſich wohnen.
97. Und allhie urſtaͤndet die Wiederbringung des erſten We⸗
ſens / das ſich zerbrochen hatte / und daß der legte Leib beſſer iſt als
der erſte / denn er iſt gang geiſt lich / aus Glauben / Hoffnung und
Liebe erbohren / denſelben entzuͤndet das erſte Feuer mit ſeiner
Begierde / davon die feurende Liebe entſtehet.
98. Alſo verſtehet uns dech nur recht: Adam war das gantze
Did GoOttes in Liebe und Zorn / aber er ſtund in der Gleichheit
der Eigenfchafften / und war feines fürm anderweffenbahr: als
er fich aber durch des Teufils Trug / in Luſt verführenlich/ fo
zerbrach daffelbe Bilde / und entſchieden ſich die Eigenſchafften
der Temperatur; Nun thät ihme Hülffe noth / fo ſprach ihme
GOtt das Wort ein / das nahm die bungerige Begierde nach der
Hülffe an.’ und faͤſte das / und ſatzte feinen Willen darein / als
in eine Hoffnung/ dag ihme würde geranten werden / und die
Begierde /falte die Hoffnung in cin Ensdes Wefens : jegt ward
das Eingefprodyene Wort wefentlich / und hieß Glaube/ als
Einnehmen / das die Scien& des ewigen Willens in fich nahm /
und ſich darein ergab; denn die ſes Weſen war edler als das erſte
aus dem Fuͤrſatz des geſgrochenen Worts: Alſo ging die feuri—
ſche Liebe aus dem Zorn⸗ Feuer in dem Fuͤrſatze der ewigen Na—
tur an. Denn diß Ens des Glaubens / war unzerbrechlich / und
beſtundt im Zorn-Feuer / und in dieſem Einnehmen des Zorn⸗
Feuers / ward das Feuer des Grimmes / in die Freudenreiche
Siebe gewandelt. 99. Und
er
740 Von der Genavden- Wahl. Cap. =
99. Und diefes ift nun der Grund Chriſti aus den eingeſpro⸗
chenen Worte / der ſcheidete ſich in Adam in eine Eigene Figur }
indem Ente der Natur / daraus kam Abel / und aus ver zerbro—
chenen Figur / kam Cain. Nun hatte aber Abel auch Cains Nas
fur in oem Glaubens Ente, darinnen die Seele ſtundt; aber der
zerbrochene Wille war verwandelt in einengangen/ denn die
Zerbrechung ruhete im Ente des Glaubens / das wur Chrifti
Figur. Nun war aber Adams Seelen zugefagt / (verftchetder
zerbrochenen Natur der ſeeliſchen- und des Leibes-Eigenſchafft)
daß des Weibes Saamen follte der eingefuͤhrten Schlangen⸗Ei⸗
genſchafft den Kopff zertretten / und Adam helffen: alſo muſte
derſelbe Schlangen-tretter eine andere Perſon ſeyn als A—
dam / in welchem GoOtt offenbahr waͤre / der das thun koͤnte /
und der in Adam das eingeſprochene Wort erweckte / das iſt / der
auch die Macht und Krafft des Einſprechens hätte.
200. Denn ob wohl das Einfprechen in Adam lebendig und
offenbahr war/ fo war es aberdech umb feine Kinder zu thun /
welcher eingefprohene Grund / mit der Suͤnden bedeckt und
noch nicht geſchieden war / wie mit Cain und Abel / und auch dar⸗
umb / daß das menſchliche Ens in dem Suͤnder / (welches GOttes
Gerechtigkeit im Zorn ergriffen hatte) eine Genadene ſtimme
hätte / die in ihn einfpräche / und den innern erften eingefproches
nen Grund des Worts Böttlicher Krafft / erweikte,
201. Dennter GOtt JEHOVA, fprach den Namen JESUS,
in Adam nachdem Fail/in cin wuͤrcklich Leben / das ift/ er offene
bahrte ihn im himmliſchen Ente, welches verblichen war: derfelbe
Name ;ESUS, wardinder Seelen (in dehme ihn GOtt in die
Seele einſprach) ein Leben: durch welch Einſprechen der Seelen
dams / wieder eine Göttliche Begierde aus dem Sterben era
wecket ward⸗daſſelbe faffete der Scelen erwerkte Begierde in fücht
und Diefelbe erweckte Begierde war der Anfang des Glaubens.
Die fiheidete ſich ven der falſchen Begierde Eigenfchafft in ein
Bilde alsinein Ens, daraus Fam Abel: und aus der Adamja
fen Seelen Eigenheit / nach der irrdlſchen Luſt / Fam Cain.
102. Nun lag aber im Grunde der Seelen Elgenheit / in dem
Cainiſchen Ente, auch der Schall des Worts / das GOtt fprach;
Aber diß Ens, war des Goͤttlichen Lebens im Einſprechen des
Morts/ nicht fähig / denn der auffgewachte Grimm GoOttes in
feinem Fuͤrſatze des Ausſprechens zur Natur in der Schiedlig⸗
feit/ war darinnen offenbahr worden. So dorffte jetzt daſſelbe
kelifäpe Ens eines andern / und noch mehr Einſprechens in *
ause
Cap. 9. Von der Geraden Wahl. zur
ausgefprochene Wort / daz es auch lebendig im Seelen-Ente
wuͤrde.
103. Dieſes mochte nicht geſchehen / es kaͤme denn aus einem
Goͤttlichen Halle oder Einſprechen / da das Sprechen zugleich
aus Goͤttlichem Leben / und auch aus ſeeliſchem Lebens-⸗Grunde
ginge / da eine Goͤttliche heilige Seele waͤre / die ſich der verderb⸗
ten / und an GOtt blinden Seelen / in ſeeliſcher und Goͤttlicher
Krafft / einſpraͤche / daß die Seeliſche / in das Seeliſche / und das
Goͤttliche indas Göttliche / einginge / und ſich eines im andern
auffweckte.
104. Demt darumb war es Gott zu thun / daß er die arme
verderbte recht Adamiſche Seele nicht wolte verlaſſen / ſondern
ſtellete ſie inCains Bilde dar / und ſtellete den Namen IESUS
in der andern Linea gegen ihme / darinnen auch ver ſeeliſche
Grund war / das ih der Name JESUS init dem newen $chen
Des ſeeliſchen Grundes / in Cams Seele einfprechen follte. Und
dieſes Bilde war Abel /aus welcher Linea, Chriſtus / nad unſe⸗
rer Menſchheit / kam / und der war kommenden armen/im Hag
GoOttes gefangnen Sünder / zur Buſſe zu ruffen / der hatte eine
menfhlihe in GOTT newgebohrne Seele / und konte in die
Seele / und auch in das eingeſprochene Wort GOttes (im Pas
radis gefihehen) einfprechen/umddie Seele in einem newen Goͤtt⸗
lichen Hunger in fich erwecken / daß jledig eingeſprochene ange⸗
erbte Wort / in ſich einnahm / davon ihr auch ein new Schen
entſtundt.
xo5. Darumb verſtehet uns recht / wir reden thewer / als wir
es wohl erkennen in GOttes Genade: Das Bild Cains / If-
maels / Eſaus / und ihres gleichen / das ſeind alle Unwiederge⸗
bohrne Menſchen / und ſie ſeynd der rechte Adam nad) dem Fall;
dieſe ruffet GOtt mit ſeinem einſprechenden Worte / das er uns
in Chriſto gelehret hat / und das er noch heute in den newgebohr⸗
nen Kindern / in dieſe verderbte Adamiſche Kinder einfpricht /
und fie damitte ruffet / komt Alle zu mir / nicht nur etliche / ſon⸗
dern Alle.
106. Und das Bild Abels / Iſaacs / und Jacobs / das ſeind alle
Menſchen / welche ſich durch das Einſprechen laſſen erwecken / in
dehnen das Goͤttliche Einſprechen faͤhet. Dieſe bekommen in der
Seelen ein new Leben und Willen / als einen Goͤttlichen Hun⸗
ger; welher Hunger das erfte Paradiſiſche eingeleibte Wort in
fich in dem Namen IEſus fühet / in faſſet / und weſentlich macht,
da algdenn Chriſtus in ihnen gebehren iſt / und fie nach demſelben
new⸗
—* *
242 Von der Genaden⸗Wahl. Cap. 9:
newgebohrnen Grunde nicht mehr in dieſer Welt ſeynd / ſondern
im Himmel: denn es iſt ſelber der heilige Hiumel / als der wahre
Tempel GOttes / da GOtt / Menſch und GOtt innen iſt / da das
Wort Fleiſch wird / (verſtehet himmliſch / geiſtlich Fleiſch) wel⸗
ches heilige Seelen⸗-Feuer / von Chriſti Fleiſch iſſet / und ſein
Leben davon hat.
107. Alſo ſtellen wir euch nun das Verſtaͤndtnuͤß mit Eſau
fuͤr / da die Schrifft ſaget: Er habe Eſau gehaſſet / und Jacob ge—
liebet / da die Kinder noch weder boͤſes noch gutes gethan hatten /
auff dag der Fuͤrſatz GOttes beſtuͤnde. Eſau war Adams ver⸗
derbtes Bilde / und Jacob war das Bilde Chriſti / das zeiget
Gott allhie in der Figur / wieder Haß im Fuͤrſatze des ausſpre⸗
chenden Worts ſey in Adam offenbahr worden / darinnen er im
Tode und GHttes Zorne lag / und ein lauterer Haß GOttes war,
Denn das heilige Leben war todt / deſſen Bilde war Eſau / er war
in GOttes Haß in Mutterleibe empfangen / denn das Bild Chri⸗
ſti hatte ſich von ihme in Jacob geſchieden / das ſtundt nun uiit
einer heiligen Seele gegen Eſau / und ſollte in Eſau einſprechen /
und die arme krancke gefangene Seele / mit feinem inwohnenden
Goͤttlichen Halle bewegen / dag die verderbte Adamiſche Seele
indem Einſprechen des Namens ISſu erwecket würde,
208. Aber das Einfprechen follte nicht fürübergehen / ſondern
in Gottes Gerechtigkeit / alsinden Has umd Zorn fich einerge⸗
ben; gleich wie Chriftus in GOttes Has indie Gerechtigkeit
fich einergeben mufte/unddas Erbarmen mit feiner Liebe in dem
Damen ISſu erwecken / und das Zorn⸗Feuer mit feinem Einer»
geben / in ein Siebe euer / als indie groſſe ſahnende Erbaͤrmde
der lieben Kindfchafft verwandeln; gleich wie Jacob feines Bru⸗
ders Efau Zorn / ingroffe Erbärmde wandelte, alser ihm fein
Geſchencke zuvor hinſchickte / und ihm ſagen ließ / erergebetich
in ſeine Genade / als in ſeinen gerechten Zorn in ihme ein / weil
er ihm hatte die Erſte⸗geburth weggenommen / und daß er moͤchte
durch dieſes Geſchencke Genade bey ihm erlangen / ſo wolte er ſich
mit allem dehme was er hatte / dem Eſau feinem Bruder zum
Eigenthumb ergeben / welches in Chrifto erfüllet ward s Denn er
hatte unfere Seele in ſich genommen / aberer hatte das heilige
Kleinod EHttes / das in Adam verborgen lag/ mitte aus Adam
in fich genommen darumb der Haß GOttes entſtanden war / /
nehmlich umb die erfte Geburth / als umb die Gerechtigkeit Got—
tes, Denn das Kleinod gebuͤhrte dem erften Adamiſchen Bilde
in GOttes Gleichnuͤß / das nahm GOtt mit Abel in eine newe
Figur aus Adam. 109. Und
;
“
4J
>
Cap. 9: Von der Genaden⸗Wahl. 24%
109. Und allhie war nun der Haß in dem Bilde wegen GOt⸗
tes Gerechtigkeit umb das Kleinod / darumb Eſau mit ſeinem
Bruder Jacob / in Chriſti Bilde zuͤrnete / darumb muſte Jacob
dem Eſau ſich / mit ſamt dem Kleinod / und alle dehm das cr
hatte / einergeben. Alfo auch mufte Chriftus fich mit demſelben
- Kleinod des Namens ISſu / der Gerechtigkeit des Fürfaßes
j
J
GOttes / gang einergeben/ und das Kleinod in den Haß des
Fuͤrſatzes / wieder einergeben.
110. Sofprihftu: Warumb führte GOTT fol einen Pro⸗
ceß ? mochte er das Kleinod dem Adam nicht laffen / der es in
Natur⸗recht(als der Erftgebohrneim Wort des FZürfages GOt⸗
tes) in Goͤttlicher Bildung hatte? Antwort. Nein. Frage;
Warumb? Antw. Darumb dag das. Kleinod in der hoͤchſten
Siebe GOttes Jim Menſchen / alsim Bilde GOttes / wäre vera
borgen blieben s alſo muſte es durch folchen Proceg/in der Wieder⸗
geburth offenbahr werden / auff das die Liebe und Genade Gottes
erkannt / und im Menfchen offenbahr würde/und dag der Menſch
Urfach haͤtte / GOtt zu lieben / und fein Lob in die Genade zu er⸗
heben; Welches Erheben eine lautere Göttliche Formung und
Gebaͤhrung in der Weisheit GOttes ift / da das Wort Gottes
auch Dadurch im Menfchen gebohren wird/ und der Menſch auch
Gott gebichret / daß eralfo ein wefentliher GOtt ſey / und als
eine Harmoni der Höftlihen Sreudenreich.
ııı. Denmals Ehriftus das Kleinod der Gerechtigkeit GOt⸗
tes Jin den Haß ein⸗ergab / fo wandelte fich der Zorn in eine hoch⸗
triumphirende Freudenreich / und ward das Lob GOttes offen
bahr / welches in Adam nicht ſeyn mochte / alser in der Tempera-
tur ſtundt. Dennder Grimm erfreuete fich nun / daß er war auß
der Feindſchafft in ein Feuer der Liebe verwandelt worden.
12. Und dieſes iſt nun die Aufferſtehung Chriſti / und feiner
Kinder / die er alſo in ein Liebe-feuer / durch ſeinen Proceß wan⸗
delt ; daß wenn ſich die Seele laͤſſet ziehen / wenn ihr Chriſtus in
ihr ruffet / fo muß fie ſich in ihn ergeben / alßdenn fo ſtehet Chri⸗
ſtus im Zorn⸗feuer auff / und wandelt daſſelbe in Goͤttliche Freu⸗
denreich in das Lob GOttes.
113. So vernehmet es doch / lieben Bruͤder / wie GOtt habe
Eſau gehaſſet / wiewohl nicht GOtt / ſondern GOttes Fuͤrſatz /
als nehmlich die Gerechtigkeit in der ſchiedlichen Sciens/diefe haſ⸗
fete dig Bilde / darumb / daß es nicht das erfte rechte Bilde warz
das inder Gerechtigkeit war gefhaffen worden. Denn das Kley⸗
nod / als das Ens Göttlicher Siehe / war darinnen verloſchen /
und
ee ———
+
J
144 Von der Genaden⸗Wahl. Cap.
und Jacob hatte daſſelbe. So haſſete nun der Fuͤrſatz GOttes
dieſes Bilde Eſau / daß es nicht GOttes erſtes Bilde in der Liebe
war / ſondern im Zorne.
x14. Eſau war das Bilddes Haſſes ſelber / denn nicht GOtt
konte ihn haſſen / ſondern der Fuͤrſatz / als die feuriſche Natur
in der Schiedligkeit ſeines Sprechens / da ſich das Feuer anzuͤn⸗
det / und in ein Prineipium zur Offenbahrung GOttes infaſſet /
dariñ das creaturliche Leben ſtehet. |
11x5. So verſtehet es doch nur / daß das creaturliche Leben / ohne
die Difenbahrung des Liechtes / ein lauter Feuer / Haß / Zorn}
und Neid iſt; und das war Adam nad) dem Fall (ohne das wie⸗
der ·Genaden⸗einſprechen) fo wol Cain / Iſmael / Eſau / und
alle Menſchen / auſſer dem Genaden⸗Ente der Liebe / Darauf
das Liecht urſtaͤndet.
1x6. Nun iſt die Frage: Ob GSttes Gerechtigkeit in dem
Fuͤrſatze / habe Eſau zum ewigen Verderben gehaſſet? Antw.
Ja / in eigener Macht konte anders nichts mehr ſeyn. Mehr fra⸗
get ſichs: War das des lautern wahren Gottes Wille / daß Eſau /
Cain / und viel tauſend ewig verderben ſolten? Antw. Mein?
— war GOttes Fuͤrſatz / ſo viel GOtt ein GOtt
heiſt.
117. Sn Chriſto wil GOtt daß allen Dienfchen geholffen wer⸗
de: aber ſein Zorn wil alle verſchlingen / in denen er offenbahr ift ;
aber die Schrifft ſaget: GOtt hat ſeinen Sohn nicht in die Welt
(als indie Menſchheit) geſandt / daß er fie richte / verſtocke / und
verderbe / ſondern daß er ſie ſeelig mache. So ſprichſtu: Ja / wel⸗
che er wil. Antw. Ja / er ruffet ſie Alle zu ihm / ſie ſollen Alle kom⸗
men; warumb kommen ſie nicht Alle? So ſprichſtu: Er zeucht
ſie nicht in ihnen zu ſich. Antw. Das iſt nicht wahr / er zeucht ſie
Alle / er lehret Alle in ihnen; denn fie wiſſen im Liechte der Natur /
da er dem Gottloſen in feinem Verſtande entgegnet / und ihme
das Recht weiſet / was recht iſt / welches ſie auch ſelber lehren und
bekennen dag es recht fen / aber nicht thun. Frage. Warumb
Das? Antw. Chriſtus ſpricht: Vaͤtter / ich wil / daß die / fo du
mir gegeben haſt / ſeyen wo ich bin. Item, es komt Niemand zu
mir / es ziehe ihn denn mein Vatter gu mir. Frage. Wie gehet
das zu / daß er ſie nicht Alle zeucht? Antw. Dalieget der Grund /
liebes beſudeltes Hoͤltzlein / reuch nur in deinen Buſen / wornach
reuchſtu? Biftu nur im Fürfage des Grimmes / in ſeiner Con-
ftellarionergriffen / wie Eſau / Iſmael / umd dergleichen / fo iſt
wohl Rath: biſtu aber eine Diſtel auß den angeerbten wirklichen
Sins
*
>
4
.
Caps: Von der Genaden Mahl. 145,
Suͤnden / da fih GOttes Fürfas im Zorne / in eine Figur des
Lebens eingemodelt hat davon GOtt ſagte in feiner Gerechtige
keit des Fuͤrſatzes: Er wolle die Suͤnde der Eltern an den Kindern
feraffen big ins dritte und vierdte Gliedt / fo iſt es gefaͤhrlich; denn
Diefer leben ige Fürfas im Zorne GOttes / Bat ſchon vorhin eine
F
Figur in der Scientz des ſprechenden Worts / und iſt auffs neue
von dem eingeleibten Grunde der Genaden geſchieden / nicht auf
Gottes Fuͤrſatz / ſondern durch den Quell der Sünden / welcher
Quell mit dem Zorne im Fuͤrſatze fich gantz vereiniget hat / und
in ein Leben der Finſternuͤs eingefuͤhret; allda lieget die einge—
leibte Genade ferne / und iſt Chriſtus geſtorben / und ruhet im
Grabe; undehe er auffſtehet / fo iſt dieſer boͤſe Seiſt in den Abe
grund geſahren. Dieſe haͤlt nun der Fuͤrſatz GOttes / und giebt ſie
nicht der Genaden Chriſti / denn fie ſind Diſtel⸗-kinder / ihr Wille
iſt ein lebenbiger Teuffel in Engels-geſtalt unter andern Mens
ſchen.
* Der Fuͤrſatz GOttes kennet ein jedes Ens, weil es noch
ein Saame in Mann und Weib iſt / und weiß worzu dieſes Hola /
wenn es wird zum Baume werden / nuͤtze iſt; und nicht alleine
komt die Diſtel von Mutterleibe aus dem erfien Grunde / ſon⸗
dern auch durch aͤuſſerliche Einfülleder Zeit / da denn die meiſten
verderbtn.
119. Dieſe alle ruffet Chriſtus / ihrer viel haben auch noch ein
Fuͤncklein Goͤttliches Zuges in ihnen / daß fie der Fuͤrſatz / Chriſto /
als feiner Stimme giebet / daß fie zır Zeiten Chriſtum in ihnen hoͤ—⸗
ren lehren / und dieſe ſeynd nun geruffen und beruffen. Aber die:
aͤuſſere Einfaͤlle verderben das wieder / und creutzigen Chriſti
‚Stimme und Einruffen / ehe er in ihnen Menſch gebshren wird /
und fuͤhren an Chriſti Staͤtte das Schlangen-Ens ein; und wenn
es denn zur Wahl komt in der Ernde⸗-Zeit / da man das Korn auß⸗
driſcht und worffelt / fo iſt dieſes nur cine Sprewe eines Korns /
und hat nicht Goͤttlich Gewicht und Schwere in ſich / da bleibts
als denn dahinten im Centroder Finfternüg/ in GOttes Gerech⸗
tigkeit im Zorne / ſo heiſts alsdenn: Wenig ſindauſſerwaͤhlet;
denn der Vatter waͤhlet ihm nur die gute Frucht zu ſeiner Speiſe /
das ander giebt er dem Viche: Alſo auch allhie: was nicht im
Goͤttlichen Ente auffwaͤchſt / und aus GOtt gebohren wird / das
Fan GOtt nicht ſchawen.
120. So ſpriſtu nun: Iſt dan Efanaus GOttes Haß endlich
neugebohren und ſeelig worden ? Antwort: Das ſollen wir nicht
richten / denn GOTT ſpricht: Die Rache iſt mein / ich wil in
G neiner
146° Bender Geraden Wahl: Cap.o
meiner Gerechtigkeit vergelten. Wir fagen mit Grunde / daß
Eſau iſt in Adams Sunde / alsein wahres Bild Adams nach
dem Fall gebehren / und in Mutterleibe im Fuͤrſatz GOttes
Zorns ergriffen geweſen / wicallearıne Sünder: Und Jacob
im Bilde Chriſti / inder newgebohrnen Liebe / als ein Fuͤrbild
Chrifti / welcher Chriſtus kommen war / den armen Sünder zu
ruffen / und ſeelig zu maͤchen / (ſo ferne ihn die Gerechtigkeit
Gottes im Zorne laͤſſet folgen wegen der angeerbten / und in die
ewige Scieng eingeſaſten Greweln / fo wohl der wuͤrcklichen
Greweln / welche das Halten find.
ızı. Weil aber Efau vonheiligen Eltern herfommen und
gebohren ift/ und nur in der Schiedligfeit/ als cin Bild der ver=
derbten Natur / alda ftunde/ und GOtt auch das Bild Chriſti /
aus demſelben feiner Eltern Saamen gefchieden hatte / als fei=
nen Bruder Jacob / und gegen ihme geftellet ; welcher Jacoby ihn
den Efau / auch leglich in die gröfte Erbarınde / Durch) fein Ge =
fchend und Demuth brachteswelchesdas Gefchend Ehrifti in E⸗
ſau andeutet / das ihn alſo wolte umbwenden / und aug dem Zor⸗
nigen ergriffenen Fuͤrſatze der Gerechtigkeit GOttes ziehen / daß
er in Rewe ſeines boͤſen Willens ſolte alſo weinen und Buſſe
thun / wie er thaͤt / da er den Jacob umbfieng / und an feinem Hals
fe weinete/ und den Mord⸗geiſt ſincken lieg wider Jacob; fo ſol⸗
len wir ihn mit nichten verdamen. Wir verdammen ihn nurnach
der Schrifft / welche ihn in Adams Bogheit/als er noch nicht new⸗
gebohren war / verdammets in welchem Begriff GOttes Gerech⸗
tigkeitgenug gefchicht / und aber die Genade inder Buffe offen
bahrwird. Ft
122. Wir wiffennicht / ob ihn GOtt nicht befehret habe / wel⸗
ches die Figur / als Jacob von Laban zu ihme kam / wol andeu⸗
tet; denn in Adam war er todt / aber in Chriſto mochte er lebendig
werden / denn die Genaden⸗pforte ſtund gegen ihme ſo wohl offen /
als feinen Eltern / welche in Chriſti Linea waren. Daß ſie aber
auch Adams Gifft und Tod im Fleiſche gehabt haben / und den
Quell der Suͤnden von Adam / das bewaͤhret ſich an Eſau / If
mael / und Cain.
123. Aber der Vernunfft ſollen wir allhie nicht glaͤuben / die
da ſaget: GOtt habe Eſau verſtockt / und zur ewigen Verdamnuͤs
geurtheilet / es iſt in heiliger Schrifft nicht zubeweiſen / daß GOtt
den Eſau verſtockt habe / und daß es der Goͤttliche Wille ſeyz ſon—
dern der Fuͤrſatzin GOTTES Gercchtigkeit / der hat es ge—
than / nicht durch einen Eingriff eines gefaſten Goͤttlichen Wil⸗
lens /
Cap. 1x0. BonderGenaden- Wahl. 147
lens / ſondern auf der verderbten Natur auf Adams Eigenſchaff /
in Eſau feinem Wefen felber "und nichtein frembder Zufall o—
— ber Eingriff / wie die Bernunfftrichtet/ welche nichts von GOtt
weiß / was er iſt / und immerdar den Menſchen weit von GOtt
mahlet / da doch GOTT in allen Menſchen offenbahr iſt / in jedem
WMenſchen nach feiner Eigenſchafft feines Lebens. Dieſen Grund
haben wir dem Leſer alſo weitlaͤufftig erklaͤhret / das er unſern
Sirnn in nachfolgenden kurtzen Schluͤſſen verſtehe.
Das 10. Capittel.
Kurtze Verfaſſung der Schrifft Einwuͤrffe / welche
——— gefangen halten] wie fie zuverſtehen
eynd.
1. Te Epiſtel an die Roͤmer / ſonderlich das 9. und. ır.
Capittel / irren die Vernunfft / und ſeynd den GOtt—
loſen ein Stein des Anſtoſſes / und ein Felß der Aer—⸗
gernuͤß / aber den Heiligen / ein Liecht des Lebens. Denn alda
ſtehet:
Rom.9.v.7. 8.9.
Sie find nicht alle Iſraeliten / die von Titael ſind / auch nicht
alle / die Abrahams Saame find / find darumb auch KRin⸗
der; ſondern in Iſaac ſoll dir der Saame genennet ſeyn.
Denn das ſind nicht Kinder / die nach dem Fleiſche Kinder
ſind / ſondern die Kinder der Verheiſſung werden fuͤr Saa⸗
men gerechnet; dem das iſt ein Wort der Verheiſſung / da
er ſpricht: Umb dieſe Zeit wil ich kommen / und Sara ſol ei⸗
nen Sohn haben.
Erklaͤrung.
2. Die vernunfft verſtehet / alsobdie Verheiſſung in dieſem
Abrahams Saamen anfange: Wir aber ſehen / daß die Verheiſ⸗
fung im Paradieß ſich angefangen hat / und alhie beym Abraham
ineine Figur nach dem Keicheder Ratur in Iſmael / undnad
dem Reiche der Genaden in Iſagc / ſich geformet / als in ein Bilde
des kuͤnfftigen / wie auch mit Cain und Abel.
3. Das Reich der Natur war im Menſchen im urſpruͤngli—
chen Fuͤrſatze zum Menſchen-bilde / im Zorn ergriffen worden /
und das konte nicht mehr GOttes Kinder / und rechten Saamen
GoOttes gebaͤhren / ſondern Kinder des Zorns und Dis verderbten
G 2— Flei—
148° DBonderGsnaden Wahl. Cap.ıo.
Fleiſches; darumb fagte Paulus / daß nicht alle Kinder und Saa*
menvon Abraham / GOttes Kinder werden / fondern die auf der
Berheiffung newgebohren werden / als auf dem eingeleibten
Worte im Paradeiß / welches GOtt mit Abraham vernewerte /
als er ſein Bildnuͤß auß der Verheiſſung darſtellen wolte.
4. Denn ein jeder Menſch / der da ſeelig ſoll werden / in dehme
muß das Wort der Verheiſſung von der Genade / ein Ens und
Weſen werden / welches nicht allen in Mutterleibe geſchicht / wie
dem Iſaac / ſondern auch in der Buſſe und Bekehrung / wie GOtt
im Eſaia ſaget / cap.8.v. 18. Ob ewre Sünden Blut⸗roth waͤren /
fo ihr euch bekehret / ſo ſollen ſie ſchnee · weiß als Wolle werden; das
geſchicht / wenn ſich das Reich der Genaden / im Reiche der Na—
tur offenbahret / das heiſt recht wie zu Abraham geſaget ward /
v.9. Das iſt der Bund / umb dieſe Zeit wil ich kommen / ſo ſoll Sa⸗
ra einen Sohn haben.
5. Das iſt / wenn der arme Sünder Buſſe thut / fo komt GOtt
in Chriſti Geiſte / und gebiehret einen newen Sohn auß Chriſti
Fleiſche und Blute in ihme; das iſt / die Seele ergreifft Chri—
ſtum in ſich im Glauben und in der Hoffnung / und impreſſet die
Hoffnung in ein Eos, darinnen das lebendige verheiſſene Wort
innen lieget. Alda gehet die Schwaͤngerung der newen Menſch⸗
heit auß Chriſto an / das iſt alsdenn ein rechter Glaubens⸗Saa⸗
me / darauf GOttes Kinder gebohren werden / wie der Thaw
auß der Morgen⸗roͤthe. Alßdenn hanget ihnen der alte Adam nur
an / wie dem Abraham / Iſaac / und Jacob / welche nach dem aͤuſ⸗
ſern Menſchen auch ſterblich und fündlich waren / aber der Tem⸗
pel G ttes des inwendigen Menſchens in ihnen / war Are.
auch in uns.
Zeriter Rom. 9. v. 20. bil
6; Wicht allein aber iſts mit dem ale: 23 auch daß
Rebecca von dem einigen Iſaac ſchwanger ward / ehe die
Rinder gebohren waren / und weder boͤſes noch gutes gethan
hatten / auf daß der Fuͤr atz GOttes beſtuͤnde nach der Wahl /
ward zu ihr geſaget / (nicht auß Verdienſt der Wercke / ſon⸗
dern auf Genade des Beruffers)alfo: Der Sroͤſſere fol dienſt⸗
bahr werden dem Kleinern / wie denn geſchrieben ſtehet: —
cob hab geliebet / aber Tſau gehaſſet.
Erklaͤrung.
Alhie — re Vernunfft blind / und es iſt eben wie for⸗
ne nach der Laͤnge erklaͤhret; denn das war GOttes Fuͤrſatz / DE
en
⸗
EB
Cap.i0. Von der Genaden⸗Wahl. 149
chen er Adam nach dem Fall ſchenckte. Der erſte Fuͤrſatz iſt der
natürliche erfte Adam / der war der Gröffere / als das erfte Bild
Gottes im Fürfage der Göttlichen Scientz au dem ſprechenden
Wort der Schiedligfeit der Kräfften ; aber in ihme war die Ge⸗
ade en —— die groſſe Rebe und Demuth
in JEſu.
7. Darumb Fam Gott mit dem andern Fuͤrſatz / der in der
Genade verborgen lag / und gab ihm in das erſte Bilde ein / und of⸗
fenbahrte die Genade / durch das erſte Bilde / und toͤdtete das cr=
ſte Leben inder Genaden / und erhub das chen der Genaden in
dem erſten Fürfage/über den Fürfag des gröffern Bildes / als des
erſten Natürlichen.
8. Darumb ſaget der Text in Mofe zu Rebecca: Der Gröfz
fere foll dem Kleinern dienen / auff daß der Fürfag in der Gena=
den-offenkaprung beftünde ; denn / Efau in dem groͤſſern erften
Bilde Adams’ habe ich schaffet / da er wolte ein Eigener Herz
ſeyn / undin Böfe und Gutlchen / und die Genade nicht erten
nen: aber Jacob in meinem rechten Goͤttlichen Fuͤrſatze / mel:
chen ich auß meinem Goͤttlichen Willen der Genade von Ewige
keit gebohren habe / den habe ich geliebet / und ihn zum Herreni ie
ber vie Natur gefegef. Darumb fagte Chriſtus / Fhme wärealle
Gewalt gegeben worden/den er war der Fleinere/als auf GOttes
Demuth und Siebe / die ſatzte GOtt über das Reich feines Zorns /
auff daß das Reich feines Zorns in dem Kleinern /alsin GOttes
Genaden/ GOtt diene / und offenbahr werde.
9. Und darumb ward auch dem Ifinael Aufferlich das Erbe
entzogen/ anzudeuten / daß GOtt hätte das Erbe dem Menfchen
(welcher auf Genaden gebohren wiirde) gegeben. In diefem Hafs
fen irret nun die Bernunfft / und verſtehet nicht den Grund / wie
oben gemeldt.
Ferner Rom. 9. v. 14. biß 18.
10. Was wollen wir denn bie ſagen: iſt denn Go unges
recht? Das fey ſerne / denn er ſpricht zu Moſe: Welchem ich ge⸗
naͤdig bin dem bin ich genaͤdig / und welches ich mich erbarme /
deß erbarme ich mich. So ligt es nun nicht an jemandes
Wollen oder Lauffen / ſondern an GOttes Erbarmen. Denn
die Schrifft ſaget zu Pharao: Sben darumb habe ich dich er⸗
weckt / daß ich an dir meine Macht erzeige/ auff daß mein
Name verFündigdt werdein allen Sanden. So erbarmet eu
ſich nun welches er wil / und verſtockt welchen er mil,
63 _ Ers
150 Bonner Genaden Wahl. Cap. zo!
Erklärung.
Allpie lieget die Bernunfft gar todt / und ohne Göttlich Liecht /
wie denn gefchrieben ftehet: Der Natürliche Menſch vernimt
nichts vom Geheimnuͤß GOttes / es iſt ihm eine Thorheit.
1x. Allhie verthediget S. Paulus GOtt / und ſaget / daß er recht
thue oder richte / indehm er ſich erbarmet welcher er wil:und das iſt
auch eben der Grund / denn er wil keiner in feinem Erbarmen/
als nur diefer / die aug feinem Fürfag der Genaden auß Ehrifto
gehohren werden / diefer arınen gefangenen Seelen erbarmet er
fich; das iſt wenn die Seele das Wortder Berheiffung ergreift?
und faſſet es wie Abraham / fo wird ihme Diefelbe Faffıng des
newen.Benaden-Entiszur Gerechtigkeit gerechnet / wie dem A=
braham / da gefehrieben ftehet: Abraham gläubte GOtt / und das
ward ihn zur Gerechtigkeitgerechnet. Ram. 4.
12. Denn Glauben / heiſt nehmen und infaffen/ nehmlic das
Wort der Berheiffungin fich faffen dag es weſentlich wird / da
gehet das Erbarınen darinnen auff; denn der Kleinere / welcher
anfänglich nurein Wort der Krafft.ift / der wird alfo groß / daß
erden Groſſen / alsdie fewriſche Secleder ewigen Natur / an
GDttes erften ewigen Fuͤrſatz überwältiget.
13. Daß aber fichet / Er erbarmet fich welcher.er wil / und
verſtockt welche er wil; das verfichet man inden zweyen Fürfäts
zen / alsin Chriſto iſt der Göttliche / da erbarmet er fichderer /
denn Ehriftusift fein Wollen zum Erbarmen / «sift fonft kein
ender Wollen in GOtt zum erbarınen als nur das einige/ das er
in Ehrifto hat geoffenbahret.
14. Denndaserfte Göttliche Wollen in Adams erfter Wilde
nuͤß / da er in Unſchuld war /dasift im Menfchen verblichen wie
ein Siccht in der Kergentauglifcht ; Daffelbe Wohl-wollen ift vers
lohren / nihtin GOtt / ſondern im Menfchen / und auß demſel⸗
ben Wohl⸗wollen (welch Wollender Name LEHOVA ift) hat
fich das Wollen der Siebe und Genade / in dem Namen TESU,in As
Dam nach dem Fall eröffnet/durch das Einfprechen vom Schlan⸗
genztretter. Denn mit diefem newen ARobf-wollen indem Namen
JESſSU,gabGOtt das Wohl⸗wollẽ im Menſchen / ſeinem Sohn IE-
SU, wie Chriſtus fagte Joh. 17. Vatter / (das iſt / du groſſer GOtt /
oder IIHOVA im Fewer und Liecht) Die Menſchen waremdein?
und du haſt ſie mir gegeben / und ich gebe ihnen das ewige Leben.
15. Das ander Wollen / iſt in dem Fuͤrſatz des erſten Grun⸗
des des GOttes IIROVA, da das Theil des Liechts in in
}
E
Sap.ıo, Von der Genaden Wahl. ıs5T
blich / fo ward die fewrifche Eigenfchafft in die ſen Wollen (nehm⸗
lich der zornige GOtt) offenbahr ; dieſer wilnunnach feiner Ei⸗
genfcharft alles verschren / und in die Finfternüg fegen.
26. So redet nun allhie der Geift in Mofe vom Wollen
GLOS / nach Liebe und Zorn auf beyden Fuͤrſaͤtzen als auf
der erften Gerechtigkeit / darinnen GOtt den Adam fhurf / und
denn auß dem Fürfas Chrifti auß der Genade; als/ welches ich
mich erbarme in der Liebe (und welchen ich darinn ergreiffe ) deß
erbarın ich mich; und welchen ich in meinem Zorn finde mit der
Tod⸗ſuͤnde befleckt / und im Sünden-qual eines falfchen Lebens /
einer Diftel/ und Teuffels- Willen 7 denfelben verftode ich in
meinem Fuͤrſatze des Eyffers. Er kennet fie wohl / worzu ein je⸗
Der dienet.
17. Sofoll man allhie durchauß nicht wähnen / daß in GOt⸗
tes Fuͤrſatze / fovicler Gott heiſt / ein Wille zur Verſtockung
von auſſen in den Menſchen fahre / fondern indes Menſchen cis
genen Grunde / im Fuͤrſatz der Gerechtigkeit GOttes iſt ver Miell
und Urſtand zur Verſtockung / denn es iſt des Zorns Wollen/.
darin verſtockt er welchen er wil. Denn die gantze Creatur des
Menſchen in GOttes Zorne / iſt daſſelbe Wollen zur Verſtec⸗—
kung / denn ſie wil nur die Eitelkeit / und verſtockt ſie auch.
18. So lieget es nun nicht am Wollen / dag der Gottleſe
wil ſeelig werden / auch nicht an dem Wercke feiner Haͤnde / ſon—
dernan Gottes Erbarmen / daß er umbkehre / und werde mit
dem falſchen Willen als ein Kind / und werde auß dem Erbarmen
der Genade / newgebohren. Denn ſo es am Wollen der eigenen
Natur läge / fo koͤnte die Adamiſche verderbte Natur zur Kind⸗
ſchafft kommen / aber nein fie muß des eigenen Willens fterben/
und auß dem Willen der Genaden gebohren werden/ daß die Ge⸗
nade Chriftiin GOttes Willen offenbahr werde / darinnen iſt
allein das Erbarmen und Wohl-wollen. Das heift nun / welche
er wil / in Liebe und Zorn’ den GOttloſen wiler im Zorn / und
den Heiligen in der Genade/ einen jeden aus und in feinem
Grunde.
19. Das verſtehet recht zu Pharao ward gefaget: Darumb
habe ich dich erweckt / und verſtockt dag ich meinen Namen
kunt mache allen Landen. Pharao war nicht aus der Genade /
als auß dem Genaden- Wollen gebohren/fondern auß dem Zorn⸗
wollen. Und da GOtt wolte feinen Namen fund machen / mie
er ein Herz fey / und wie feine Benade über den Zorn herrſche / fo
erweckte er den Zorn in dem verſtockten Pharao / und ergriff ihn
64 in
152 DVonderGenaden Wahl. Cap.ır!
im Fürfake feines Zornes in ihme / und hielt ihn / daßer dic Wer⸗
de GOttes wicht ſehen mochte / denn er war an GHtt blind /
Dit 34 Geſtalten ſeines Grimmes in Turbä Magnä ſe⸗
hen lieh. J
20. Daß aber dißmal die Miſſethat der Egyptier ſey alle ge⸗
weſen / das deutet die Schrifft an / da fie ſaget; daß Ißrael wuͤr⸗
de den Egyptiern dienen muͤſſen 400. Jahr / und alßdenn wolte
GoOtt daſſelbe Volck richten / denn ihre Miſſethat zur Verſtoc⸗
kung / ſey noch nicht alle. Gen. x5.v. 13. Aber beym Pharao war
ſie alle und die Verſtockung bey ihme verhanden / darımmb fo
brauchte ihn der Fuͤrſatz GOttes im Zorne zum Werdzeugsdentt
die Egyptier hatten die Plagen erweckt / fo muſte freauch zur
herrlichen Offenbahrung Göttliher Genaden / über GOttes
Kinder dienen/dag GOtt alſo an den Gottloſen ffinen Zorn / und
an ſeinen Kindern / die Genade ſehen lieſſe.
21; Denn die Zeit Pharaonis war cine Zeit eines Zieles / da
alle Dinge in Ziel / Zeit/ Maas und Gewichte innen liegen,
Sap.x1. v. 22.
22, Dir vermeynte Fuͤrſatz von auſſen / wird in dieſem eini⸗
gen Texte S. Pauli / gewaltig zu boden geworffen / da die Vec⸗
nunfft meynet / GOtt erwaͤhle ihm etwan ein ſonderlich Bold
ſonderliches Namens / wie die Secten in ihrem Streit alſo wuͤ⸗
ten / und wollen in ihrem Namen ſeelig / und beruffene Kinder
ſeyn fürandern Voͤlckern.
Ferner. Da S, Paulus ſaget. Rom. 9.v. 24. biß 26.
23. Welche er beruffen hat / nemlich uns/ nicht allein auß
den Juden / ſondern auch aus den Heyden; wie er denn auch
durch Hofesm ſpricht: Ich wildas mein Dold heiſſen / das
nicht mein Volck war / und meine Liebe / die mihe die Liebe
war; und ſol geſchehen an dem Orth da zu ihnen geſaget
ward / ihr ſeyd nicht mein Volck / ſollen ſte Kinder des leben⸗
digen GOttes genemet werden. 9.
Erklaͤrung.
Allhie ſehen wir den erſten Beruff im Paradeis / durch da
eingefprochene Genaden⸗Wort gewaltig / welches von einem auff
alle dringet.
24. Denn die Heyden waren nicht auß Abrahams Saamch/
mit dehme Bott einen Bund machte / es lag aber der erſte Bund
des in genaden eingeſprochenen Worts in ihnen / als ein Grund.
Darumb ſaget S. Paulus/ daß Gott nicht allein die Juden
inihrem Bunde / ſondern auch die Heyden im Binde nn
Cap. ro. Von der Genaden Wahl. 153
beruffen und erwaͤhlet habe / und habe das Bold feine Liebe geheiſ⸗
ſen / das ihn nicht Eannte/und von auffen in derUnbekaͤntnuͤß / nicht
ſein Volck war. Aber der Fuͤrſatz der Genade / welcher ſich im Pa⸗
radeis nach dem Falle hatte eingeleibet durch das Einſprechen /
der lag in ihnen / nach demſelben nannte fie GOtt feine Siebef
welches eingeleibte Wort / er in ihnen durch den Geiſt Chrifti /
(als diefelbe Genadensftimme hatte eine Seele angenommen )
erweckte / daß ihre Seele / welche in der Finſternuͤß verſchloſſen
lag die eingeleibte Genaden⸗ſtimme / in der Stimme Chris
fli / als durch ein Erwecken eines newer Sprechens / hoͤr—
te / und die Siebe inder Seelen angezündet ward ; und daß GOtt
nicht nur auff dee Menſchen Wiſſen fehe/ und ihme alfo ein
Bold auß feinem Fuͤrſatze zur Kinfchafft erwaͤhle das vor
andern Völdern von feinem Namen wiffe zureden: fonderndag
Gott auff feinen Fuͤrſatz im Paradeis auffgerichtet (welchen
Fuͤrſatz er von Ewigkeit in der unbildlichen Figur des Menſchen
gehabt) fehe / als auffdenerften Grund zur Menfchheit /da der
Menſch im Namen JEſu in Göttliher Weißheit / ohne Crea⸗
tur / in Magiſcher Innbildung geſehen worden iſt / welche Inn⸗
bildung / auch nach dern innern Grunde in den Heyden geweſen
iſt / als von einer Innbildung auff alle / aufgenommen die Kin⸗
der des Zorns / da ſich dieſelbe Innbildung im Zorne gebildet hat:
welche Innbildung des Zorns nicht über gantze Voͤlcker gehet /
ſondern uͤber die / im Fuͤrſatze des Zorns / in ihren angeerlten
und wuͤrcklichen Suͤnden / ergriffene Diſtel⸗ Kinder.
25. Wie denn zu Elia geſaget ward / alß er zu GOtt ſagte:
Iſrael iſt gantz von dir abgewichen / und ich bin alleine übrig
blieben / und ſie ſtehen mir auch nach dem Leben; Antwortete
GOtt: Ich habe mir laſſen nech 7000. über bleiben / die ihre
Knie fuͤr dem Baal nicht gebeuget haben. Das ſind dieſe / wel⸗
che / ob ſie wohl von auſſen mit den Heyden lieffen / und unter den
——— Juden wohneten: ſo war ihr Hertz doch in den wahren
GoOtt gerichtet / und eyferten in Blindheit und Unverſtaͤnd wie
Saulus / big ſich die Genade in Saulo erweckte / daß er ſehen⸗
de ward,
16. Denn Saulus meynte / er thäte dem vogbren GOtt einen
Dienſt daran / wenn er die jenigen vertilgete / welche das Goͤtt⸗
liche Geſetze wolten in einen andern Schein / welchen er nicht
kannte / wandelen; er eyfferte im Geſetz GOttes / auß ſeines Her⸗
tzens Grunde / GOtt damit zugefallen. Dasthät er nun nicht
auß dem Fuͤrſatz GOttes Zorns I dag ihn derſelbe ergriffen und
i 5 in
154 Bon der Genaden Wahl, Gap. 10
in das Leben der Finfternüs verfest hätte / und dag ihn GOtt als
einen gang im Tode verftockten / aus einem fonderlichen Fuͤrſatze
fonverlicher Wahl angeſehen habe: Nein (er war auch einer una
fer den 7000. in welchen der Bund der Genaden vom wahren
Saamen Abrahams; und der Verheiffung im Paradis innen
lag. Aber ver Weeg zu dergelben Genade / war ihme noch nicht
offenbahr; er eyferte im Geſetze der Gerechtigfeit / und forderte
das / was er felber nicht thun Fonte/aber die verborgene Genade in
ihme / konte cs thun / welche fich in feinem Eyfer ofenbahrtet
und zum Werckzeuge des Zeugnüges vonder Genade brauchte,
27. Darumb ift das eine Blindheit und Unwiſſenheit / dag ein
Volck faget: Wir haben Chriſti Lehre; GOtt laͤſt bey uns Chris
ſtum predigen / und bey jenem Volcke nicht; darumb hat uns
GoOtt auß ſeinem Fuͤrſatze / zu Kindern der Genaden erwaͤhlet;
Und ob wir wohl im Leben nicht beſſer ſind als jene: ſo hat er uns
aber in ſeinem Fuͤrſatze erwaͤhlet / und in Chriſto unſere wuͤrck⸗
liche und angeerbte Suͤnden gebuͤſſet / daß wir uns deſſen nur
doͤrffen troͤſten / und es als ein Genaden⸗-geſchencke annehmen: den
unfere Wercke gelten nichts für GOtt / ſondern die Wahl ſeines
Fuͤrſatzes / da er den Gottloſen in ſeinem Fuͤrſatze gerecht macht /
da er mit dem Fuͤrſatze ſeines Willens / den Gottloſen auß der
Hoͤlle zeucht / und ſeelig macht.
28. Hoͤre du blinde Babilon / unter Chiſti Purpur⸗Mantel
bedeckt / als eine Hure unter einem Krantze / welche voll Luſt der
Hurerey ſteckt / und ſich doch Jungfrau nennet: Was iſt die
Wahl / und die Genade / derer du dich troͤſteſt / und denſelben
Maͤntelder Genaden / über deine Hurerey und Laſter aller Boß⸗
heit über dich deckeſt ? Wo ſtehet Das in der Schrifft / dag eine
Shure zur Jungfrau werde durch Herren: Briefe / und Genaden⸗
geſchencke Welcher Kaͤyſer kan eine Gefhwächte zur Jungfrau
machen / wegen feiner Gunſt und Wohl⸗wollens? Mag das auch
ſeyn? wo bleibt die Jungfrau im Hertzen / und in Keufchheit ?
GOtt fordertden Abgrund des Hergens / und faget Math. 5. r.
18. Es foll nicht ein ciniger Tittel ſeines Gefeßes der Gerechtig⸗
feit vorgehen / big es alles erfüllet werde ; Wo milftu die Gerech⸗
tigkeit er fuͤllen / ſo du ohne Böttlich Wefenindirbiftt
29. Sprichſtu: Chriſtus hat ſie einmahl für mich erfuͤllet /
und dem Geſetze genug gethan. Antwort / das iſt wahr / was gehet
aber dich das an / der du auſſer Chriſto biſt und wandelſt: Biſtu
nicht im Chriſto in der wuͤrcklichen Genade / fo haſtu Fein Theil an
‚some / denn er ſagte: Wer nicht mit mir iſt / der iſt N a
und
Rap. ro. Bon der Genaden⸗Wahl. 155
‚ und wer nicht init nie ſamlet / der zerſtreuet. Luc, ır.
30. Es gilt keine zugerechnete Genade von auſſen zu / ſondern
eineingebohrne Kindliche / auß Chrifti Fleiſch und Blut die den
. Berdienft Chriſti in ſich anziehe; Nicht der Menfch von Mann
und Weib gebohren/ auß der verderbten Natur/ erlanget die Ge⸗
‚ nade der Kindfehafft / daß fich derfelben doͤrffte fröften und fagen :
Chriſtus hat es gethan/ er fpricht mich von Sünden loß / ich darff
es nur glauben dag es gefchehen ſey: Nein / der Teuffel weig das
auch / ſo wohl der Verdamte / welcher fich dieſer zugerechneten
Gerechtigkeit und Genade troͤſtet / was huͤlfft ihn aber das / da
er doch verdamt wird? Denn nicht alle die da ſagen Herr Herr /
ſollen in das Himmelreich eingehen / ſondern die den Willen thun
meines Vatters im Himmel ſaget Chriſtus Matth. 7.
32. Was iſt aber derſelbe Wille den fie thun muͤſſen / daß ſie
zur Kindſchafft kommen? Da ſaget Chriſtus: die da umbfebren/
und werden als die Kinder / und werden auß Waſſer und Geift 7
aus GOtt gebohren / diefe find es denn Ehriftus ift der Wille
GoOttes / und die denſelben thun wollen / die müffen aus Chriſto
aus feinem Fleiſch und Blut (aus dem Norte das Menſch
ward / dasden Todt / und die Sünde inder Menfchheittilgete 7
und in Siebe wandelte) gebohren werden / und das Verdienſt
Chriſti inder Seelen angichen / und nach dem innern eingeleib>
ten Genaden-Grunde/ derlebendige Chriftus werden / als eine
wahre Rebe an feinem Weinſtocke.
32. Nicht dur Tröften einesungenommenen Freudenſcheins
. fondern eflenrialiter, felbftändige wefentliche Kinder Chriſti /
da der eingefprochene Genaden- Bund mit Weſen erfuͤllet wird/
da die Seclevon Chriſti Fleifhe und Blute iſſet und lebet / und
folches nicht von auffen / fondern anihr ſelber / da Chriftus im=
merdar zur furifhen Seelen in GOttes Gerechtigkeit fpricht
Nim / und iß mein Fleiſch / und trinck mein Blut / fo bleibeftis
in mir / undich in dir. Ich. 6.
33. Die feurifche Sciengder Seelen / nad dem innern ewi⸗
gen Grundeder wahren Gerechtigkeit GOttes in feinem Fürs
ſatz zur Ereatur der Seelen / mug fich in Chrifti Fleiſch und
Blut / in Weſen einfuͤhren / und nicht durch frembden Schein /
ſondern durch dehn / welchen GOtt in Adam nach dem Falle of>
fenbahrte / und in Chriſto mit der Menſchheit erfuͤllete da GOtt
Menſch / und Menſch GOtt ward; alfo auch num in feinen Glie⸗
dern die auß derſelben Wurtzel entſprieſſen / in denen Chriſtus
im eingeleibten Genaden-Bunde lebendig wird / und die Seele
und Menſchheit an ſich nimt. —— 34. So
156 Von der Genaden- Mahl. "Cap. ıo!
34. So lieget es num jetzo nicht allein am auffern Wiſſen / daß
ich weiß daß ich einen gnaͤdigen GOtt in Chriſto habe / der die
Suͤnde in der Menſchheit hat getilget: ſondern an deme lieget es /
daß es auch in mir geſchehe / nehmlich daß Chriſtus / der vom To⸗
de aufferſtanden / auch in mir aufferſtehe / und uͤber die Suͤnde
auch in mir herrfche. "2. Daß er auch die Sünde / als die Natur
in ihrem boͤſen Willen in mir toͤdte / daß derſelbe in Chriſto in
mir auch gekreutziget und getoͤdtet werde / z. und ein neuer Wil⸗
fe aus der Natur in Chriſti Geiſte / Leben und Willen in mir
auffftehe welcher GOtt wolle / ihme lebe und gehorſame; welcher
das Geſetze erfuͤlle / das iſt / der ſich in Gehorſam ins Geſetze ein»
ergiebet / und daſſelbe mit dem Goͤttlichen Liebe-Willen erfuͤl⸗
let / daß das Geſetze in ſeiner Gerechtigkeit der Liebe-begierde un⸗
terthan werde / und ſich auch in der Liebe mit erfrewe.
35. Als denn ſinckt der Zorn GOttes vonder Seelen / und fie
wird im Liebe⸗ geiſte von Pein erloͤſet / und lebet in GOtt: darzu
gehoͤrt nun ernſte Buſſe / in welcher die arme Seele ihren Rachen /
als denn Feuer⸗ mund in GOttes Fuͤrſatz des Zorns / auffſperrt /
und faſſet ſich in der eingeleibten Genade mit der Verheiſſung
Chriſti / daß er wilden heiligen Geiſt geben denen die ihn dar»
umb bitten. Dieſe angebotene Genade mug als ein lebendiges
ſprechendes Wort in den innern Grund der erſten in Adam ein⸗
geſprochenen Genaden⸗ ſtimme eingefaſt werden durch die Seclo/
als durch das Centrum der Natur / und die Göttliche Seientz des
Ungrundes / daß es ein Fuͤrſatz zur Buſſe / und zur Umbwendung
des Grewel⸗willens werde / in welchem Fuͤrſatze der Geiſt Chri⸗
ſtiim erſten Grunde der eingeleibten Genade (da ſie von einem
auff alle dringt / vermoͤge der Schrifft) ein neu Leben gebiehret;
in welchem neuen geben der Wille zur Sünden ſtirbet und uns
tergehet / und cin wahrer Aft auf Chriſti Baume außwaͤchſt /
da vie Sünde hernach nur indem fterblichen Fleiſche herrſchet;
derſelbe neue Zweig aber ft in Ehriflo durch den Zorn GOttes /
in dem Gürfage des Zorns / Durch den ewigen Tod zum geben der -
Genaden hindurch gedrungen/ wie Chriſtus faget + Wer au
mich gläudet/ der wird nimmermehr ſterden / fondern er iſt vom
Tode zum Seben hindurch) gedrungen. Joh. z.vers 24:
36. So iſt der Glaube nicht ein außwendig Ding / daß einer
ſaget / bey uns iſt die Genaden- Wahl! denn es wird Chriftus
gelehret und bekannt er hat uns für andern Voͤlckern erwaͤhlet /
daß wir ſeine Stimme hoͤren / ob wir wohl boͤſe ſind / ſo hat er uns
aber unſere Sünde in ſeinem Fuͤrſatze vergeben / und in Chriſtt
Ver⸗
2
‘
=
4
;
a °
Cap. is Bon der Geraden Wahl. 157
Verdienſte getoͤdtet / wir doͤrffen uns nur deſſen annehmen und
troͤſten / es wird uns von auſſen zugerechnet / und als eine Gena⸗
de geſchenckt.
37. Nein / nein / es gilt nicht / Chriſtus ſelber iſt die zuge⸗
rechnete Genade / und das Geſchencke ſambt dem Verdienſt / wer
dehn in ſich hat / und derſelbe in ſeinem innern Grunde ſelber iſt /
der iſt ein Chriſt / und iſt mit Chriſto gecreutziget und geſtorben /
und lebet in ſeiner Aufferſtehung. Dehme iſt die Genade in Chri⸗
ſti Geiſte und Leben zugerechnet / denn er darff ſich nicht auch laſ⸗
ſen ans Creutze haͤngen / ſondern er zeucht Chriſtum in ſeinem
gantzen Verdienſt an / er zeucht den gecreutzigen und aufferſtan⸗
denen Chriſtum in ſich an / und nimt nun ſein Joch auff ſich zaber
es heiſt nicht nur Wiſſen und Troͤſten / denn Chriftus wohnet nicht
im Leibe der Boßheit.
38. Soll Chriſtus in dir aufferſtehen / ſo mus der Wille des
Todes und Teuffels in dir ſterben; denn Chriſtus hat den Tod zer⸗
brochen / die Hoͤlle zerſtoͤhret / und iſt ein Herr uͤber Todt und
Hölle worden: wo er in einem Menſchen einzeucht / allda muß
Todt und Hölle in dem innern Grunde / als in der Seelen / als
les zerbrechen und weichen / er zerſtoͤhret dem Teuffel fein Reich
inder Serien /undgebichret fiezu GOttes Kinde/ und zu ſeinem
Tempel / und gieber ihr feinen Willen / und toͤdtet den Willen .
der verderbten Natur das iſt / ertransmutiret ihmin dag wah⸗
re Bilde GOttes / denn es ſtehet gefihrichen / x Cor. 1. v.30,
Ehriftus ift uns zur Gerechtigkeit gemacht worden durch fein
Dlut: wil nun ein Mensch diefe Gerechtigkeit haben / omup er
fein Blut trincken / daß er ibn rechtfertige / denn die Rechtferti⸗
gung geſchicht im Blute Chriſti im Menſchen / in der Seele ſel⸗
ber / nicht durch aͤuſſerlichen zugerechneten fremden Schein.
39. Das iſt der zugerechnete fremde Schein / der uns im Blu⸗
te Chriſti / in der Genade gegeben wird / da wir ir Suͤnden
todt ſind; ſo gibt uns GOtt diefes Genaden⸗ Geſchencke in uns zu
einem neuenLeben;z welches neue Leben die Suͤnde / und den Tod toͤd⸗
fet/und uns als Kinder der Genaden für GOtt ſtellet; denn Chri⸗
ſtus erfuͤllet mit ſeinem Blute der Liebe / in uns GOttes Gerech⸗
‚tigkeit im Zorne / und wandelt denſelben in Göttliche Freude.
40. Go ſich nun ein Menſch in Goͤttlichem Willen /oder ja in
hertzlicher Begierde zum Wollen / nicht befindet / daß er gerne
wolte Buſſe thun und GOtt gehorſamen / und Chriſtum ans»
ziehen: ter ſage nicht / daß er ein wahrer Chriſt ſey; das Mund⸗
geſchwaͤtze / da man mit der Zungen Chriſtum fuͤr GOttes Sohn
G7 beken⸗
158 Von der Genaden Wahl. Cap, 101
bekennet / und ſich feiner Genade tröfter / und aber die Schlange
mit ihrem Gifft- willen zur Hoffahrt / Geiß / Neid / und Boy» _
heit / im Hergen (nur wollende ferner übels thun ) behält / das
huͤlfft alles nichts / ein folder Menſch creutziget nur Chriſtum /
und fpottetfeines Verdienſts: dennmitder Zungen befennet er
ihn / und mit der Schlangen=gifft im Hergen da wirfft er ihn
mit Roth und Steinen ser thut nichts mehr als die Teuffel / wel⸗
che Ehriftum für die Krafft GOttes befanten / wenn er fie auß
den Befeffenen trich.
41. Denn nicht die Chriſtum allein mit dem Munde bekennen/
“find darumb Kinder/ fondern die den Willen feines Vatters thun
der im Himmelift / alsin Chriſto felber / denn Ehriftus ift des
Vaͤtters guter Wille / dehn kan Niemand thun / er fey denn in
Chriſto / und thue ihn in Chriſti Geifte und geben.
42. Dennnichtalledievon Abraham kommen / fein® GOt⸗
tes Kinder / fondern die Kinder des verheiffenen Saamens/ auf
demſelben neugebohren / die find Kinder / welche auf dem Blute
Ehriftineugebohren werden / und des erften Grundes im Blu⸗
te Chriſti / inder Genade und Liebe GOttes erfterken / und aufs
erſtehen ein neuer Menſch / der in Gerechtigkeit und Reinigfeit
für GOtt lebet / denen nur die Sünde im thierifchen fterblichen
Fleiſche / mit einer Luſt anhangen / über welche Sünde der neue
Menſch in Chriſto herrfchet / und dieſelbe zaͤhmet / und des Flei—
ſches Willen verwirfft. Welcher aber nach des Fleiſches Willen
lebet und thut / der iſt lebendig todt / und ſein Mund-⸗bekennen
huͤlfft ihn nichts.
43. Denn das Mund⸗bekennen ohne den innern weſentlichen
SGrund Chriſti / iſt der wahre Antichriſt / der da Chriſtum bes
kennet / und mit der Krafft verlaͤugnet / und ſich ſelbſt in Chriſti
Stelle geſetzet hat / ein anders ſaget er / und ein anders wil / und
thuter; darumb ſaget der Prophet Hoſeas / daß der Herr das
ſeine Liebe nennet / das nicht feine Liebe war / nehmlich dieſe / wel⸗
che Chriſtum im Namen und Weſen nicht kennen / und von ſei⸗
ner Offenbahrung im der Menſchheit nichts wiſſen / und gehen
aber mitder Seelen in ihren inwendigen Grund /da die Genade
im Paradig mit dem Einfprechen eingeleitet ward/ und ergreif⸗
fen die Genade in GOttes Erbarmen. Das iſt / die das Evan⸗
gelium nicht hören noch haben / gläuben aber an den Einigen
GOtt / undgeben fich inallen Kräfften in ihn ein tind wollen
gerne GOtt erkennen und lieben/ wüften fie nur was fie thun fols
tens eyfern auch mit gantzem Hergen in der Gerechtigfeit und
| MWahrs
1
Cap. 10. Von der Genaden Wahl. 153
‚ Wahrheit. Diefelben/ weilfte Chriſtum in ſeiner geoffenbahrten
Stimme nicht hören noch kennen / find Aufferlich nicht Got⸗
tes Liebe; aber nach dem inwendigen Grunde feynd fie indie Lie⸗
be der Genaden (als in den Parndilifchen Grumd ) in das cine
geleibte Wort eingewurtzelt; diefe / faget GOtt / wolte er her⸗
zuführenzafeinem Abendmanl / denn ſie waren feine Siebe / und
eben darumb / dag fie bezeugen inder Krafft / des Geſetzes Werck /
und die Liebe der Genaden Gottes fey in ihr Hertz gefchrieben /
ſo ſind fie ihnen ſelber ein Geſetz / Kom. 2. Welches Geſetze Ehris
ſſus in feiner Genade einmahl durch fein Blut erfuͤllet hat / wel⸗
ches von Einem auff alle drang / auff alle die auß der eingeleibten
Senade im Willenzgeifte gebohren werden.
44. Denn ob wohl der Text loh. am 3. ſaget: Wer nicht glaͤu⸗
bet an den Namen des Eingebohrnen Sohnes GOttes / der iſt
ſchon gerichtet: So kan man aber nicht ſagen / daß dieſe ober⸗
zehlte nicht an ihn glaͤuben: zwar der aͤuſſere Menſch anihnen /
glaͤubet und bekennet ihn nicht / denn ſie wiſſen nicht / das GOt⸗
tes Sohn Menfch- worden iſt; aber derfelbe ihr innerer einges
ltibter Grund descingefprohenen Wortsder Genade / dehme
ſie ſich haben mit der Seclen verleibet / ) der glaͤubet in ihnen / auff
‚den Tag der Offenbahrung Jeſu Chriſti / da er fein Reich wil
offenbahren.
45. Denn auch die Baͤtter der —— kañten Chriſtum nicht
im Fleiſch / ſondern nur im Fuͤrbilde / als in der eingeleibten Ge⸗
nade / welche ſich mit der Figur im Bunde in ihrem Geſetze offen⸗
bahrte / und zogen Chriſtum nicht im Fleiſche an / biß auff ſeine
Offenbahrung im Fleiſche. Aber im erſten eingeleibten Bunde }
und Worte in der Krafft/ zogen ſie ihn an. Als aber Chriſtus
denſelben Bund mit der Menſchheit erfuͤllete / und das Geſetze
‚des Zorns / inder Suͤnden / mit feinem Bluterfüllete / und die
Suͤnde in ihnen (welche die Menſchheit hatte auffgehalten) toͤd⸗
tete: Da zogen fie Chriſtum im Fleiſche an / alle die an ihn in
ſeinem Bunde geglaͤubet hatten / das iſt / welche den Bund in der
Krafft / als im Geiſte hatten angezogen / in denen ward der Bund
mit himmliſchen Weſen erfuͤllet / auch in denen / welche nach dem
aͤuſſern Leibe waren lange verweſet / derer Seele im Bunde der
Krafft lebte. Alle dieſe zogen Chriſtum in feiner Aufferſtehung in
ihnen an / und ſtunden ihrer viel mit ihme nach ſeiner Auffer⸗
ſtehung auff von Tode in feinem Leibe / und lieſſen ſich zu Jeru⸗
ſalem ſehen / zu einem Zeugnuͤß / daß ſie in Chriſto waren auffer⸗
ſtanden / und haften Chriſtum im Fleiſche angezogen / welcher
Ihren Glauben in der Menſchheit erfuͤllet hatte. 46. Dar⸗
160 Voͤn der Genaden Wahl. Capıcı
46. Darumb wird dirs gefaget du blinde Chriftenheit mit der»
nem Mimd-gefihwäge/ dag du ohne Chriftum im Fleiſche fo
weit / und viel weiter von Chrifto bifk/ als die frommen Heyden /
Tuͤrcken und Bölder / welche Chriftum nicht kennen / und gehen
aber auff ven Inwendigenerften Grund. 5
47. Denn auffer Chriſto yatder Menſch keinen GOtt denn
der Gott IEHOVA ‚hatdie Menſchen Chriſto / als dem Namen
und der Krafft IESU (welche ſich aus LEHOVA offenbahret) ges
geben; So nun ein Fremdling zudem GOtt TEHOVA ſich nahet/
ud ihme ſich einergiebet / denſelben gibt der GOtt IIIOVA,
Chriſto / denn Chriſtus ſagte auch: Vatter / (das iſt IEHOVA)
ich habe der keinen verlohren die du mir gegeben haſt / das iſt / der
GOtt IEHOVA wird in der Seelen offenbahr in dem bekehrten
Suͤnder: dieſer Ofſenbahrung giebet ſich der eingeleibte Gena⸗
denbund zum Eigenthum ) welcher Genaden-bund mit ſeiner
Einnehmung / der Scelen ſoll offenbahr werden wenn GOtt
das verborgene der Menſchheit offenbahren wird an dem Tage
der Wiederkunfft des F leiſches und der Auffe rſtehung der Toden.
48. Darumb wird dir du Tittel- und Maul⸗Chri—⸗
ſtenheit geſaget im Eyfer GOttes daß du in deinem
Mund:gefibwäge (ohne Chriſti Fleiſch / Geiſt / und
Blut in dir /) eben ſo wohl Heydniſch / Tuͤrckiſch / und
vor GOtt fremde biſt / als fie: Deine vermeynte Wahl (ſon⸗
derlicher Annehmung der Kindſchafft / auſſer der newen Ges
buhrt / ) iſt dein Strick und Fall; der Zorn GOttes macht dei⸗
nen falſchen Weeg / welchen du geheſt zum Strick deiner Be⸗
ruͤckung / und fuͤhret dich in deinem außgwendigen Schmucke in
die Gruͤbe des Todes und der Hoͤllen / daß deine Kinder faſt eitel
Moͤrder / Geitzige / Hurer / Diebe / ee ee Meins .
eydige/ Trewloſe / Störrige / der Wahrheit Biderſtrebende /
Hoffaͤrtige / im Sinn des Teufels nach Macht Ehren und Ges
walt ſtehende / den Elenden zu untertruden und untertretten /
im Hertzen find. Außwendig gleiſſen ſie mit einer Heucheley / und
decken die Genade Chriſti über dieſen Schalck. Deine Wahl
und Fuͤrſatz / O GOtt! muß ihrer Schalckheit Deckel ſeyn / da du
dir noch nichts als Chriſtum in ſeinen Gliedern / ſo aus ihme ge⸗
bohren ſind / erwaͤhlet haſt und nur Chriſtus die Genaden-wahl
felber.ift ; aber deine Gerechtigkeit in deinem Eyffer /
(nicht GOtt) finder fie. in deinem Grimm darumb
gehet es fo übel zu;
geh fi ö Senff·
Cap.ır. Von der Genaden Wahl, 161
Seufften Wunſch und Weiſſaging
des Authoris.
8 Tieffe Genade GOttes / erwecke dich doch noch eines/
in uns armen verwirten blinden Rindern und reiß abe
des Anti-Chrifts/ und des Teufels Stuhl/ welchen erin
Gleißnerey bat auffgebauet/und laß uns doch eines sehen dein
‚Antlig. © Bott) die Zeit deiner Heimſuchung ift ja da/ wer
kennet aber Deinen Arm fuͤr der groften Eitelkeit des Wider⸗
Chriſts in feinem auffgebauten Reiche! Zerſtoͤre du ihn Herr /
und reiß abe ſeine Ma icht ! auf daß dein Kind JES is of⸗
ſenbahr werde allen Zungen und Voͤlckern / und wir von des
Wder⸗Chriſts Macht / Hoffarth und Geis / erlöjet werden.
Halleluja.
Von Auffgang und Mitternacht / ziſchet der Herr mit
ſeiner Krafft uñ Macht / wer wil das wehren? Halleluja.
In alle Lande ſiehet fein Auge der Lebe / und feine
Wahrhei it bfeibet ewiglich. Hallehuja.
Bir find erlöfet vom Joch des Treibers | das ſoll
Niemand mehr auffdauen/ denn der Her: hats bes
ſchloſſen in feinen Wundern. Salleluja.
Das ıı. Capittel.
Weitere Bergleichung und Erklärung der Sprüche
von der Wahl. Ä
©. Paulus ſpricht Rom. 19. v. 6. biß 9.
1. > Je Gerechtigkeit aus dem Glauben ſpricht als
ſo: Sprich nicht in deinem ‚Herzen / wer wil
binauffgen Himmel fahren? das ift nichts an=
ders/denn Ehriftum berab holen: oder wer wil
hinab in die Tieffe fahren ? Das ift nichts an⸗
ders/ denn Chriftum von den Toden holen. Aber was ſaget
fie? Dos Wort iſt dir nahe / nehmlich in deinem Munde /
und im deinem Herzen. Diß iſt das Wort vom Glauben /
das wir Predigen.,
Erklaͤrung.
Wer wil uns von einer fremden angenemmenen Genade pres
digen
162 Von der Genaden-⸗-Wahl. Cap, ır.
digen / ſo das (das Wort vom Glauben allein iſt) in unſerm
Munde und Hertzen / in Krafft ſchwebet?
2. Wie wil der Gottloſe bekehret werden durch fremden Schein
einer angenommenen Kindſchafft / er nehme denn das Wort / das
er in feinem Munde führer /da er Chriſtum mit befennet/ in fein
Hertze / daß es die Seele faffe in ihrem allerinnerften Grunde ?
Wo iſt die angenommene Kindfcharft / ohne wo das Wort im
Hertzen der Seelen wurkelt und wohnet? Wo nim̃t GOtt die
in Sünden tode Menfhen an) in welchen allein fein Zorn Ic»
bet / und zwinget ſie durch eine abfonderlihe Wahl / inden Fürs
‚faß feiner Genaden? Er laͤſt das Wort in dem Munde des Gott-
lofen fchiwcben ; auch in feinen Ohren: focsaber fein Herke in
der Seelen nicht faffer/fo läft er das Liecht im Wort / in der Gott⸗
lojen Ohren und Hersen verlöfchen/ und ſolches darumb / dag
der Gottlofe im Fuͤrſatz feines Zorns ergriffen / und die Seele /
das Leben der Finſternuͤß / mit ihrer angeerbten und eingeführs
ten Eitelfeit erweckt / und angezuͤndet hat / daß es ein Diftele
und Schlangen⸗leben iſt / dehme ſich das Wort GOttes der Liebe
nicht eineignet.
3. So uns nun das Wort / daß in unſern Munde und Hert⸗
zen ſchwebet zu Kindern des Glaubens macht: ſo mag keine
fremde Annehmung gelten / durch ſonderlichen von auſſen erwaͤhl⸗
ten Schein / ſondern das Iñgebohrne / und wieder aus derſelben
Jñgeburt ausſprechende Wort / da Chriſtus aus feinem Grunde
mit der Seelen/ und durch die Seele redet / das iſt die Kindſchafft
‚der Annehmung. Denn ſo du mit deinem Munde bekenneſt JE»
SUM I daß er der HErr ſey / und glaͤubeſt in deinem Hertzen /
das ihn GOttvon der Todten aufferweckt hat / fo wirſtu ſeelig /
Nom, 10. v.ır. Aber nicht durch einen abſonderlichen Wahn /
ſondern der Geiſt Chriſti muß in dir befennen/daß IEſus Chris
ſtus in dir / von den Toden aufferſtanden ſey. Dein Maul⸗beken⸗
nen ohne die Aufferſtehung Chriſti in dir / huͤlfft dich nichts / den
Chriſtus ſprach: Ohne mich koͤnt ihr nichts thun. Item: Niemand
kan GOtt einen HErren heiſſen / ohne Chriſtum in ihme; denn er
ergreifft das Wort HENNI ohne Chriſtum nicht in der Krafft /
darumb iſt ſein HErr heiſſen / ohne Leben. Denn es iſt kein Uns
terſcheid unter Juden und Grichen / es iſt allzumahl ein HErr /
reich über alle die ihn anruffen. Roͤm. 10. v. 12.
Ferner Rom, 10. v. 13.
4 Denn wer den Namen des HErim wird anruffen / dee
ſoll ſeelig werden,
— Erflda
Cap.ır! BonderGenaden Wahl. 163
Erklärung.
Hie macht S. Paulns keinen Unterfchied unter den Voͤlckerm
fondern wer GOtt in feinem Hergen begehret/ dehme giebet er die
Seeligkeit / welcheer in Chriſto anbeut.
5. Wobleibet nun allhiedas erwaͤhlte Volck / das fich rühmet?
GHtt habe es für andern Voͤlckern erwählet / daß cs kan von
Chriſti Menfchheit fagen/ fo er fein Reich unter Juden und
Grichen hat / und daß der allein ein Jude iſt und ein Chriſt / der
es im Hertzen der Seelen iſt? Wo iſt denn die außwendige zu⸗
gerechnete Genade ohne die Kindſchafft der Seelen? Wenn hat
GoOtt einen Teufel erwaͤhlet / und zum Kinde GOttes gemacht ?
Wohl niemahlen.
6. Alſo mercket das: Die Genade komt nicht aus Verdienſt
der Wercke / ſondern aus dem Lebens⸗Brunnen Chriſto alleine /
aber die Wercke bezeugen / daß die Genade in Chriſto in der See⸗
fen lebendig ſey; denn folget das Werck nicht / ſo iſt Chriſtus in
dir noch nicht aufferſtanden aus dem Tode; denn wer aus GOtt
gebohren iſt / der thut Goͤttliche Wercke / wer aber aus der Suͤn⸗
de iſt / der dienet der Sünden mit feinen Wercken.
7. Es ſoll ſich keiner einen Chriſten ruͤhmen / er begehre denn
Goͤttliche Wercke in der Liebe Chriſti zu wuͤrcken / anderſt iſt es
nur ein fremder Schein ohne das Leben Chriſti.
8. Die Wahl zur Kindſchafft / gehet allein uͤber dieſe / welche
in der Genade lebendig ſeynd / und in der Genade gute Wercke
wuͤrcken: die andern aber / ſo ſich der Kindſchafft durch eine Ge⸗
naden-annchmung tröften / und in ihrem Hertzen nur Greuel
wuͤrcken / die verftocht der Fürfaß des Zorns GOttes; Von den
jenigen aber welchenicht aus der Genade gebohren find] und wols
len aber durch ihre Wercke und Berdienft darzu kommen / welche
auswendig gleiffen/ und inwendigtodt/ und nurzum Schein
alfo gleiffen / faget &. Paulus :
Rom. ı1.v. 7. biß ıo.
9. Wie denn nun: was Iſrael ſucht / das erlangt er nicht }
die Wahl aber erlanget es / die andern ſind verſtockt / wie ge⸗
ſchrieben ſtehet: GOtt hat ihnen gegeben einen erbitterten
GSeiſt; Augen daß fie nicht ſehen / und Ohren daß fie nicht
hoͤren / biß auff den heutigen Tag. Und David ſpricht: Laß
ihren Tiſch zu einen Strick werden / und zu einer Beruͤckung /
und zum Aergernuͤß / und ihnen zur Vergeltung: Verblende
ihre Augen / daß ſie nicht ſehen / und beuge ihren Ruͤcken
allezeit.
Erklaͤ⸗
-
164 Vonder ee Genaden Wahl. Cap. 11.
Erklärung.
ro. Welche von Iſrael meynet auͤhie der Geiſt /Eſai. 6. und
S. Paulus: Dienichtunterver Wahl ſind / dag fie GOtt wolle
in ſeinemZorn alfo verſtocken? Antwort. Dieſe meynet er/welche/
wenn ſie das Wort hören / ſo nehmen fiedas in ihre Ohren / und
faſſen das in eine Lernung / in die Bernunfft / und faſſen es nicht
in die Seele ein / daß es in den Abgrund wurtzelt; es erreicht
nicht Die erſte eingeleibte Genade / denn die Hoffarth und Eigen
heit / lieget darfuͤr / auch die Sorge des Bauchs / der Geitz iſt ein
Riegel darfuͤr / und die Hoffarth der Selbheit / eigene 8 leiſches⸗
Liebe / hat ſich an GOttes Statt geſetzet.
12. Dieſe prangen aufwendig mit der Genade und faſſen
dieſelbe in ihrer Haͤnde Werck / und wollen die Genade durch das
Werck verdienen / wie die falſchen Juden thaͤten / welche allein
am Werck hingen / und den Glauben nicht in Grunde der See⸗
len hatten: Von dehnen ſaget S. Paulus / das Ifrael im Wercke
ſucht / das erlanget er nicht / die Wahl aber erlanget cs. Denn die
Wahl ging nur auff dieſe Juden / welche im Abgrunde der See⸗
len / und aus dem Blaubens-Saanıen gebohren waren / welche
aus dem verheiſſenen Saamen / als aus dem eingeſprochenen
Worte / in dem Bunde Abrahams und Adams gebohren waren /
welche durch das Wort / in ihren Hertzen beſchnitten worden.
12. Denn nicht die Beſchneidung der Borhaut am Fleiſche /
galt vor GOtt / ſondern die im Hertzen: die im Fleiſche aber war
das Siegel und Zeichen des inwendigen Grundes / wie die Ge⸗
nade die Suͤnde von der Seelen abſchnitte. Bey dehnen aber / po
nur mit dem äuffern Werd umbgingen / ware es nicht alfo / deit
fie waren unter Iſrael / wie Unkraut unter dem Weitzen / welches
ſich überden Weitzen außbreitet / und groß daher flattert / und
wil geſehen ſeyn /Daß es ein groß Gewaͤchſe ſey / aber cs traͤget
keine gute Frucht / und iſt auch ſonſt nichts nuͤtze / als daß man
es verbrenne zur Ernde⸗zeit / denn es ſticht nur unb ſich / und nimt
den Raum ein.
13. Alſo auch der falſche Menſch ſetzt ſi ſich wohl in den Tempel
Gottes / und nennet ſich einen Chriſten / treibet auch viel Schein⸗
wercke / dardurch er wil das Anſehen haben / als ſey er der beſte
Chriſt; er lernet Kunſt / ſtudiret / und weig viel von GOtt zu ſa⸗
gens- er lehret andere aber umb Nutzens und Ehre willen / wie
die Pharifeer thaͤten / welche groffe Heiligkeit fürgaben / und
groſſe fine anden Pfaffen⸗roͤcken tragen / und lange Gebehte
* rn aufferlicher Froͤmmigkeit / fuͤrwendeten.
14. Aber
Cap.ır. Von der Genaden Wahl. 105
14. Aber Chriftus fagte/ fie freffen der Witwen Haͤuſer / und
umbzogen Land und Waſſer / und machten einen Juden-genoſſen /
und wenn ſie den gemacht haben / ſo machten ſie ein Kind der Hoͤl⸗
Ion aus ihme / zwiefaͤltig mehr als fie waren. Das ſeind num die je⸗
nigen / welche ſolchen groſſen Schein fuͤrgeben / und ſagen / ſie ſitzen
an Chriſti Staͤtte / ihre Worte ſeynd GOttes Worte / dieſe brei⸗
ten ſich aus / und ziehen ſich ſelber groß / und trachten im Hertzen
nur nach Ehren / Geitz und Hoffarth / was ſie ſagen ſoll man hal⸗
ten als ob es GOttes Stimme vom Himmel ſey; und ob gleich
die Stimme aus falſchem Gemuͤhte fichi in das geſchriebene Wort
hat eingeſetzt / und unter vom Buchftaben des Worts / wie Un»
9
kraut unter dem Weitzen flattert / noch ſolles GOttes Wort ſeyn⸗
wer darwider redet / und das falſche Kind andeutet / da ſchreyet
die eigene Hoffarth: er iſt ein Schwaͤrmer / und verachtet das
Ambt / huͤttet euch vor ihme / er verfuͤhret euch; komt nur zu mir
her / denn allhie iſt das rechte Amt das von GOtt eingeſetzt iſt;
Und ob ſie gleich nicht von GOtt / fondern durch Menſchen⸗gunſt
eingeſetzet ſeynd / und auch nicht GOtt dienen / ſondern ihrem
Bauche / der Hoffar t / und eigenen Liebe: noch ſeynd ſie in ihrem
Gemuͤhte das ſchoͤne Kind der Genaden / welche vermeynen fo viel
Genade noch uͤberley zu haben / daß ſie es andern aus der Gewalt
vermeynter groſſer Heiligkeit / umbs Geld thewer verfauffen
mögen / aber wer da Eaufft/ der kaufft eine Diftel für guten
Saamen.
15. Die andere Part der falſchen Iſraeliten von Abrahams
natürlichem Saamen / ſeynd dieſe / welche aus der Macht der
Natur / uͤber Iſtael zu Fuͤrſten und Regierern in allen Aemb⸗
tern / wie fie einen Namen haben / vom groͤſten big zum kleinſten
Bee twerden / dag fie follen Befchirmer der Gerechtigkeit fepn.
Diefe ale geben einen groffen Schein unter der Wahrheit für /
und ziehen ſich unter den Aembtern alfo hoch in eigenem Düne
kel / dag fie meynen fie find eigen-mächtige Götter / ſie thun was
fie wollen / fo ſey esrecht ; ihr Ambt yabeden Gewalt / daß man
můſſe alles recht heiffen was fie thun / und ſuchen doch nicht die
Gerechtigkeit GOttes in ſeinem Fürfaße der Ordnung der Na⸗
tur / vicl weniger die Gerechtigkeit in der Siebe / welche er hat
Durch die Genade Chriſti offenbahret / fondern fegen ihre eigene
ertichtete Gerechtigkeit zu ihren eigenen Ehren der fleiſchlichen
wollüftigen Hoffahrt / an die Stelle Göttlicher Gerechtigkeit
und Wahrheit / und fihweben nur im Munde mit dem Geſetze
GoOttes / das Hertze aber Hat ſich in das Recht einer D diug,
faſſet
ı66 Von der Genaden Wahl, Capır. x
faffet / welche über das gute Kraut flaftert / und umb fich ſticht /
und ſich weit ausbreitet/ und träget felber keinen guten Saamen.
16. Diefcbeyde Parken (ausgenommen die Kinder GOttes /
fo noch darunter find ) Die feynd nun die Hure / und das Thier in
der Offenbahrung Johannis / Durch welche der Teufel ein Fürfte
dieſer Welt unter ven Menfchen iſt / das der Engelin Abgrund
des Schwefelzpfuhls ſtuͤrtzet / und ſeynd nicht rechte Iſraeliten
aus dem Saamen der Berheiffung gebohren / und erreichen nicht
die Kindſchafft / ſondern die Wahl / welche allein des Glaubens
Kinder in der Gerechtigkeit der Genade / ſuchet und annimt / die
erreichetes; Die Hure ſamt dem Thier aber / ſeind in ihren Luͤ—⸗
ſten der Boßheit / der Hoffarth / Geitzes / Neides / Zorns / und
der Ungerechtigkeit verſtockt / und ſeind der Anti⸗Chriſt / als der
Zitul- und Maul⸗Chriſt / ein Teufel in Engels-geſtalt / wie Lu⸗
cifer im Himmel war / welcher ausgeworffen ward als ein fal⸗
ſcher Saame ; alſo auch dieſe.
17. Denn die Wahl des Hauß-vatters aller Weſen / ſuchet
nur guten Saamen / fie waͤhlet ihr nicht Diſtel-ſaamen / und
macht Weitzen⸗korn daraus / wie die Vernunfft meynet: GOtt
nehme den gantzen falſchen Saamen / und mache ein Kind GOt⸗
tes daraus / daß er alſo feinen Reichthuub der Genaden eines
ſonderlichen Fuͤrſatzes ſehen lieſſe: Nein / das geſchicht nicht /
der Gottloſe / das iſt / welcher aus einem rechten Saamen ent⸗
ſproſſen iſt / und aber durch ſeine angeerbte Conſtellation, die
Neigligkeit der Grewel / in ſich eingefuͤhret hat / der thue Buſſe /
und gehe in ſeinen inwendigen Grund / und werde aus der Ge⸗
nade gebohren / ſo mag es geſchehen.
18. Denn Ggtt ſagte zu Moſe: Ich wil wohlthun an denen
die mich lieben und meine Gebot halten / ins tauſendſte Glied.
Dieſes Wolthun iſt anders nichts / alseine Pflantzung des Ge⸗
naden-bundes in ihrem Saamen / wie Abraham / Iſagc / Jacob /
und David verheiſſen ward / daß er ihren Saamen nach der ver⸗
heiſſenen eingeleibten Genade alſo ſehr ſeegnen und mehren wolle /
daß er nicht moͤge gezehlet werden.
19. Aber das Reich der Natur in GOttes Fuͤrſatze der Ge⸗
rechtigkeit ſtundt auch mitte in diefem Saamen/ nach der feclis
ſchen Eigenfchafft/ das follte mitte wuͤrcken: aber in vielen wen⸗
dete fich der Seelen Willen von dem Neiche des Fürfages der
Genaden abe; welcher Seelen nun im Reiche der Natur / im
Zorne erariffen / und indie Diftelwuchfen / das war nun nicht
Gottes Schuld / fondern ver Scienß des ſeeliſchen Grundes /
aus
Cap. 11. BonderGenaden Wahl. 167
aus dem ewigen Grunde zur Natur / als des freyen Willens des
Ungrumndes zum Natur-grunde der Seelen.
20. Alloa lieget ver erfte Grund der Diftel-kinder / welche
die cingeleibte Genade des eingefprochenen Worts / mit Füffen
ihrer falfchen Luſt tretten/ und nicht wollen der Genaden Kinder
feyn/ davon Ehriftuslals diefe Pforte ver Genaden)felder ſaget /
Mich. 7. Erwäre wie ein Weingaͤrtner / der da nachliefet; Item,
Er habe Iſcael feine Kinder offte verfamlen wollen als cine
Gluckhenne ihre Küchlein unter die Flügel / aber fie haben nicht
gewolt.
21. Sofprichtdie Bernunfft : Sie haben nicht gefönt / ja fie
koͤnnen nicht. Antıd. Warumb? Dernunffe : Sie feynd Diſtel⸗
finder. Antw. Warımb ? Vernunfft: Es ift aus GOttes Fürs
faß? Antw. Aus den Fuͤrſatz Göftlicher Gerechtigkeit/nach der
Ordnung der Schöpffung der Natur / alsausder Schiedligfeit
des Sprechens im Wort / da fich die Scieng/ als die Selbheit des
Ungrundes/ inihrenerften Grund faffet / dasiftes. Denn das
ſelbſt faſſet ih GOttes Grimm im Centro der Natur / in dem
Saamen der Menfchen/ ausihren angeerbten Sünden] fo wohl
fünfftiger wuͤrcklicher Grewelmit ein; da GOttes Zorn offters
eine Wurgelinder Eltern Sünde macht / umd fich in die Scieng
des Ungrundes einfaſſet Daraushernacd im Saamen eine Dis
ſtel⸗wurtzel entſtehet da GOtt die Sündeder Eltern an ihrem
Saamen ſtrafft big ins dritte umd vierdte Glied / vermöge der
Schrifft.
22. Dieſe Diſtel-kinder kommen alsdenn auch von Iſrael /
aber nicht aus der Genade / das iſt / die Genade / ſo in ſie im Pa⸗
radis eingeleibet iſt / waͤchſet ihnen in ihnen zum Gerichte: gleich
wie der Sonnen hitziges Ens ſich wohl in die Diſtel giebet / aber
nicht nach der $iebestin&tur , fondern nach der Diftel Arth / denn
die Diftel Fan fie anderft nicht einnehmen / alsin ihrer Eflenk
Gleichheit/ wie eine Kröte auc nur Gifft aus dem guten Ente
fauget.
23. Und wie der Sonnen Hise die Diffelendlich aufdorret/
und fie in ihrem Leben hinrichtet: alfo auch fihet Chriftus mit
feiner eingeleibten Genade / in dem gottlofen Menſchen aufffei>
nem Kichtersftuhl/er Fäffet ihn den Heiligen Namen GOttes cine
zeiflang zum Schwur feiner Falſchheit / in feinem Munde miß⸗
brauchen / und ſich unter Ehrifti Werdienft / in feinem vermeyn⸗
ten Ambte (damitte er meynet GOtt zu dienen / und die Genade
unu erwecken) ruͤhmen / er ſey ein wahrer Chriſt; Er laͤſſet ihn
heu⸗
et.
168 Von der Genaden Wahl. Cap. ır.
heucheln und gleiſſen wie er wil / laͤſſet ihn auch i in Chriſti Namen
weiſſagen / wie Caipham welcher rieht / es waͤre beſſer dag ein
Menſch fuͤr das Volck ſtuͤrbe alg daß es gar verduͤrbe; er laͤſt
ihn auch in feinem Phariſeiſchen Ambte ſich wohl maͤſten und
groß ziehen / er giebet ihme auch die beruffene Genade in ſeinen
Teſtamenten / gleich wie die Sonne mit ihrer guten Krafft ſich
der Diftel eingiebet / und laffet ſich die Diſtel darinnen maͤſten
und groß ziehen biß zur Ernde-Zeit/ alsdenn doͤrret fie dieſelbe
aus / und richtet ſie zum Tode / denn ſie hat falſchen Saamen in
ihr gebohren / darumb gaͤtet fie der Haußvatter aus / und wirfft
fie ins Feüer.
24. Davon ſaget allhie S. Paulus / und zeucht den Propheten. \
Eſaiam an / cap. 6. und ven Königlichen Propheten David /
Pfal. 69. Laß ihren Tifch zu einer Beruͤckung werden; das ift/ fie,
eifen von GOttes Wort inihrem Munde / aberes wird ihnen
ven ihrem Hergen der Seelen / weggerückt / daß das Heilige
nicht in die Difteleingehes und der Satan / faget Chriſtus / reiſ⸗
fet das Wort vonihren Hertzen / daß ſie nicht glaͤuben und ſeelig
werden / deñ der Satan ſitzt in der Diſtel des Grundes der See⸗
len / und allhie nennet ihn Chriſtus einen Fuͤrſten dieſer Welt.
25. Und der Zorn GOttes hat ihnen gegeben einen verbitter⸗
ten Geiſt / Augen/ das fteden Grund der Genade nicht fehen /
und Ohren / daß fie Ehrifti lebendige Stimme nicht hören; dars.
umb fagte Ehriftus zuden Pharifeern: Ihr ſeyd ven unten her/
von dem Vatter dieſer Welt; Item, von dem Vatter dem Teufel /
und hoͤret meine Worte nicht / denn ihr ſeyd nichtvon GOtt: Wer
von Gott gebohren iſt / der hoͤret GOttes Wort / darumb hoͤret
ihr nicht / denn ihr ſeyd nicht von GOtt.
26. Alſo auch die jegigen Streiter / Zaͤncker / und Veraͤchter
Ber Kinder GOttes / die ſeynd nicht von BHtt /fondern nur aus
Dem Mund⸗ geſchwaͤtze aus der Phariſeiſchen Wurtzel / und hö=
ren nicht Chriſtum in ihnen lehren / ſie wollen auch nicht / ſondern
ſtoſſen ihn fuͤrſetzlich von ihnen / und ſetzen ſich an ſeine Stelle:
Sie ſeind nicht Apoſtel Chriſti / noch ihre Nachfolger / ſondern
dienen ihrem Abgott Maozim / der in ihrem Munde ſchwebet /
als eine Diſte über dem Weitzen; ſie lauffen und Niemand,
hat fie geſandt / als nur ihres Hergens Getichte / zur Wolluſt
menfchlicher Ehren / und dienen den Ambt Maozim des Anti⸗
chriſts / welchen ſie haben zu Chriſti Stadthalter geſetzt. Chri⸗
ſtus nenuet fie reiſſende Woͤlffe / welche die einfältige Heerde mit
ihrem Laͤſtern freſſen / und mit Gifft der Spoͤtterey Chriſti pi
gen
Cap.rı. Von der Genaden Wahl. 169
gen / und fih als Dilteln unterdem Weisen empor ſchwingen .
und in menfchliche Ehre feßen / und verwirren die Welt / und ur.
fachen / daß die Ditftel-Einder Krieg und Verwuͤſtung Länder
und Leute anrichten / dar zu fie getrewlich mit ihrem giftigen ver=
bitterten Beifte helffen einrathen und dienen.
26. Darumb ſeynd fiedie jenigen davon S. Paulus ſaget
Kom. xx. welcher den Propheten David anzeucht / Dfal. 69. Sag
ehren Tifch zu einen Strick werden/und zu einer Bexuͤckung / und
zum Aergernuͤß / uñ ihnen zur Bergeltung:Berblende ihre Augen
daß ſie nicht ſehen / und beugeihren Ruͤcken allezeit. Das iſt / daß
ſie ihnen vergelten untereinander ſelber in ihrer Blindheit / in⸗
deme fie in Chriſti Ambte nur nah Macht und Wolluſt trach⸗
ten / daß ſie einander verfolgen / ſchmaͤhen / verachten / und Chriſti
Namen in ihnen dem Teufel zuſchreiben; auff ihrem Lager nur
dahin trachten / wie ſie einander wollen mit Liſten begegnen / und
ihre Sache mit der Schrifft beſchoͤnen / als thaͤten ſie das aus
Goͤttlichem Eyfer der Wahrheit / GOtt zu gefallen / und ihren
Bruͤdern damit zu dienen.
27. Diefe lauffen als die raſenden Hunde / Woͤlffe / und boͤſe
unſinnige Thiere im Grimm des entzuͤndeten Zorns GOttes /
und freſſen den Namen Chriſti aus der Layen Munde / und ſchuͤt⸗
ten ihre Hertzen und Mund voll Laͤſterey ihres Hertzens falſchen
Getichtes / daß ein Menſch den andern / umb Chriſti Namens /
umb ihrer getichten Meynung halben verachtet / laͤſtert / ver⸗
ketzert / und fuͤr untuͤchtig haͤlt / und freſſen ſich doch nur ſelber
alſo / daß eine Parthey die ander außrottet / und vergelten einau⸗
der ihre Bohheit und Falſchheit / wie allhie David ſaget.
28. Dieſe ſind es nun Davon Chriſtus ſagte / die in der Schu:
len oben an ſitzen / und auff dem Marckte ſich gerne gruͤſſen laſ⸗
ſen / welche vernuͤnfftigen Schein fuͤrgeben / aber ihre Hertzen
ſeynd voll bitterer Galle: und ihre Weege ſeynd ſchaͤdlich / Otter⸗
gifft iſt unter ihren üppen / und dienen mir vergeblich / ſagt der
Prophet. Dieſe alle / ſeynd nicht unter der Wahl der Kinder
GOttes / ſondern nur dieſe davon E hriſtus ſaget: Licbet einan⸗
der / dabey wird man erkennen daß ihr meine Jünger ſeyd. Item,
So ihr an meiner Rede bleibet / ſeelig ſeyd ihr/ ſo ihrs thut. Item,
Wer nicht verlaͤſt Haͤuſer / Geld / Gut / Weib / Kinder / und ver⸗
laͤugnet ſich ſelber / und folget mir nach / der iſt nicht mein Diener.
Alles muß das Hertze übergeben / und nichts fuͤr eigen halten /
fondern dencken daß er nurein Diener GOttes / und feiner Bruͤ⸗
der ſey / in ſeinem Stande / und mit dehme das er zu verwalten
H But, f
-
170 Von der Genaden- Wahl: Cap, ır!
hat / alfo thun ſolle wie es GOtt vonihmefordert und haben
wil/ und nicht den Mantel Chriſti mit ſeinem Verdienſte / über
ſich decken / und darunter ein Geitziger / Hoffaͤrtiger / Reidiger /
Zorniger / bleiben.
29. Dieſe alle / ſo viel dehrer ſeynd / ſo lange ſie ſolche ſind / ſeynd
Diele / davon S. Paulus und David allhie ſagen; fie ſeyen wohl
bexuffen / aber nicht unter der Wahl der Genaden / ſie kehren
denn in Zeit der Genaden umb / und verlaſſen alles in ihrem Herta
zen / und folgen Chriſto nach.
30. Keine von auſſen zugerechnete Genade nimt ſie an / ſie
werden denn Kinder der Genaden / alßdenn nimt ſie die zuge—
rechnete Genade (welche iſt Chriſtus) in ſich eins Auſſer Chriſto
ſeynd lauter Phariſeer und Heuchler / ſie gleiſſen gleich mit der
zugerechneten Genade wie ſie wollen / ſo ſeynd es Woͤlffe / fuͤr
dehnen uns Chriſtus huͤten heiſt. Ob ſie gleich ſagen: Hie iſt
Chriſti Kirche / ſo iſt es alles nichts / an ihren Wercken ſollt ihr
fie erkennen / ſaget Chriſtus; folgen fie Chriſto nicht nach / ſo find
fie Diebe und Moͤrder / ſaget Chriſtus. Ob fe gleich das einwerf⸗
fen / dag das Ambt Menfchen zu hohen Prieftern mache /welche
Schwachheiten haben / und fich damit wollen decken : fo giltes
alles nichts / das Herke mug in Chrifto feyn und wandeln. Und
gleich wie S. Paulus fagte / dag dem Fleiſche die Luſt anhanget /
ad die Sünde im Auffern Fleiſche wohnet: fo fichet man doch
wohl / welche die Luſt zu tödten / und Chrifto nachzufolgen begeh⸗
ren / denn wo Geis und Hoffarth innen ift/ da ift ein Pharifeer
zur —— entſchuldige dich wie du wilſt / ſo haſtu ihn am
alſe.
Ferner Kom. 1x. v. 15.
31. Denn ſo ihrer (der Juden) Verluſt / der Welt Verſoͤh⸗
nung iſt / was waͤre das anders / denn das Leben von den To⸗
den nehmen? iſt der Anbruch heilig / ſo iſt auch der gantze
Teig heilig / und ſo die Wurgel heilig iſt / ſo ſeynd auch die
Zweige heilig.
Erklaͤrung.
Dieſer einige Text / wirfftalle Meynungen / daß GOtt dem
Gottloſen die Genade zurechne / zu bodem / und ſetzet es auff den
Grund der Wurtzel / und deutet an / daß GOtt nicht aus ſeinem
Willen etliche verſtocke / daß er wolle durch dieſelben beweiſen
was ſeine Genade ſey; denn alſo ſaget S. Paulus: Was waͤre
das anders / als das Leben von den Toden nehmen? Aeee⸗
Ver⸗
P
Eup.rr. Von der Genaden- Wahl. 171
Verſtockung auf die Wurtzel / nehmlich dag ein böfer Baum /
boͤſe Früchte trage / und ein heiliger Baum heilige Zweige / und
der Zorn GOttes / Kinder des Zorns gebähre/ und folches aus der
Menfhen Sünde und Eitelkeit / welches doch den Heyden zum
Liechte dienen muß / wie er Roͤm. 8. faget: Denen die GOtt lie⸗
ben / muͤſſen alle Dinge zum beſten dienen / welche aus dem Fuͤrſatz
Der Genaden beruffen / und gebohren find.
31. Die Vergebung der Suͤnden / da die Schrifft ſaget / Er
vergiebet ihnen die Suͤnde / und rechnet ihnen die Genade zu / zu
einer Rechtfertigung; gehet allein über dieſe / in welcher inwen=
digen Grunde Chriſtus lebet / und ihnen die Sünde im Fleiſche /
wie David und andern mehr anhanget / daß ſie offte fallen / denen
huͤlfft die Genade in ihnen wieder auff / und tilget die Suͤnde und
Ubertrettung.
33. Die Verſtockten ohne Buſſe / und gantzer Umwendung /
gehet das nicht an / ie doͤrffen darauff nicht ſuͤndigen / (indehme
ſte in ihrem Willen in Suͤnden todt liegen) daß GOtt werde
eine Urſache an ihrer Verdammung nehmen / feine Genade an
ihnen mit einem ſonderlichen Ruff und Zwange ſie zubekehren /
ſehen zu laſſen / als ob er aus einem Teufel einen Engel mache aus
ſonderlichem Fuͤrſatze / ſonſt haͤtte das Lucifer mit den ſeinen /
auch zu hoffen; ſondern er laͤſſet ihnen feine Sonne den gantzen
Zag ihres Lebens / in ihrem Munde und Ohren foheinen/und ruf⸗
fet ſie und ſaget: Verſtocket eure Hertzen nicht mit der wuͤrcklichen
Suͤnde / daß das Wort moͤge in eure Hertzen ſchallen un wurscht.
34. Denn es iſt wohl moͤglich / daß ein armer todter Suͤnder
bekehret werde / ſo er wil von den Bilden ſtille ſtehen / und einen
Augenblick hören was der HErr in ihme redet; aber Ber verſtock⸗
te / verbitterfe Geiſt wildes Herren Stimme in ihme felber
nicht hören reden / fondern faget nur Buchſtabe / Buchſtabe / das
gefchriebene Wort fey es alleine] das zeucht er hin und her / und
ruͤhmet fich deffen/ aber das lebendige Wort / das den Buchſtaben
hat ausgeſprochen / das wil er in ihme nicht dulden noch hoͤren:
Soll er aber zur Erkaͤntnuͤß kommen / ſo muß er ſich den Buch—
ſtaben vorhin toͤdten laſſen / aAlsdeñ macht ihn der Geiſt im Buch⸗
ſtaben erſt recht lebendig: das iſt / er muß allen Buchſtaben ab⸗
fterben / und ſich fo unwuͤrdig halten / daß er des Buchſtabi—
ſchen Worts nicht wehrt ſey / wie der arme Zoͤlner im Tempel;
und dag er keine Gerechtigkeit mehr am Buchſtabiſchen Worte
habe / als der alles verlohren habe) und nicht wehrt fey / daß er vie
Augen zu GoOtt auff hebe / und daß ihn die Erde frage / under
Hz unter
172 Von der Genaden Wahl. Eap.ır)
unter die Zahl der Kinder GOttes folle gerechnet werden; alfe
haterallesverlohren / und hat ihn der Buchftabe getödtet / denn
er ergichet fich alfo in GOttes Berichte ein. Hierbey muß er nur
auff die lautere Barmhertzigkeit GOttes / ohne alle Wuͤrdigkeit
horfen/und in diefelbe fich einerfendten/als ein Todter der fein Le⸗
ben in ihme hat / was die mit ihme immer thue/ und muß an allen
feinen Wercken verzagen / und blog mit der Hoffnung in die als
lerinnerfte/ lauterfte Genade GOttes ſich erſencken.
35. Das muß die Seele thun / und ſo ſie das thut / und alſo
einen Augenblick darinnen verharren mag / fo ergreifft fe der er»
fie eingeleibte Bund / als die gefchendte Genade / und giebet fich
der Seelen ein: jetzt / ſo bald das geſchicht / fo ſtehet der Geift
Chriſti / als das inſprechende lebendige Wort / in der Seelen
auff / und hebet an GOttes Wort zuſprechen / und gehet zur
Stund der heilige Geiſt allda vom Vatter und Sohne aus / und
vertritt die Seele in GOttes Gerechtigkeit / mitunausfprechli>
chem Seufftzen im Gebehte / wie geſchrieben ſtehet / Roͤm. 8. v. 23.
36. Wir / das iſt / die arme Seele / weiß nicht was ſie beten
ſoll / ſondern der Geiſt GOttes vertritt fie mit aAnausſprechlichem
Seufftzen / wie es GOtt gefaͤlt: Und allda machet der Buchſtabe /
welcher im Geſetze der Gerechtigkeit Gottes ſie getoͤdtet hat / wie⸗
der lebendig / und ſetzet fie ein zum Lehrer feines Worts / beydes
in der Krafft des lebendigen Wortes / und in dem Buchſtabiſchen
Worte; denn dieſe gehen hernach erſt zur Thuͤre in den Schaf⸗
ſtall Chriſti ein) / und die Schafe hören ihre Stimme / wie
Ehrifius faget.
37. Die anderitaber alle miteinander / weß Namens die find/
welche nicht durch die Thüre des lebendigen Worts / Durch das
Buchftabifche Wort eingehen ; die ſteigen anders wo hinein /
ind feynd Diebe und Mörder / wie Ehriftus fagte/ und die
Schafe hören nicht ihre Stimme.
38. Denn Chriſtus alle ine iſt die Thuͤre / verſtehet der leben⸗
dige Chriſtus in feinem Leben und Sprechen in- und aus der
Seelen / der gehet durch das Buchſtabiſche Wort in die Hertzen
der Menſchen / wie durch Petri Predigt am Pfingfttage. Wer
fich anderft zur einem Lehrer des Buchftabifchen Wortes auff-
wirfft/ der ift nicht von GOtt geſandt / und komt nur daß er
ſtehlen wil / nehmlich Chriſto wil er ſeine Ehre ſtehlen / und ihme
nehmen.
39. Und alſo mag der arme in GOttes Zorn getoͤdtete Menſch
wieder lebendig werden / ob er gleich ſchon todt waͤre: denn 9—
ſtus
.
Cap. 11. Bonder Genaden Wahl.
173
ſtus ift kommen die Sünder zur Buſſe zu ruffen / und nicht vie
Gerechten;und fo ein ſolcher im Zorn Gottes verfchloffener arıner
Suͤnder komt / ſo ift Freude im Himel vor GOttes Engeln / mehr
als über neunsundsneungig Gerechten / die da find ergriffen/ und
Zweige der Heiligen find/un ſolches Grundes nicht erſt bedoͤrffen /
fondern der Grumd liget vorhin in ihnen: Bey diefenaber wird
der Grund in GOttes Zorne offenbahr/und Allhie beweiſet GOtt
an denen / wie das Leben aus dem Tode entſproͤſſe und wie Chri⸗
ſtus dem Teufel ſein Reich zerſtoͤhre / und die Hoͤlle zerbreche.
40. Darumb iſt das unſer wahrer Schluß: dag über keinen
Menſchen ein fuͤrſaͤtzlicher Schluß zur Verdamnuͤß ſey gemacht /
Daß es nicht möglich ſey / dag er koͤnne bekehret werden. Denn ob⸗
wohl der Menſch ſich ſelber nicht kan bekehren; ſo hat aber ſeine
Seele Macht / von ihrem Urftande aus der ewigen Scientz des
Ungrundes her / ſich in den Abgrund zu ſchwingen / nehmlich in
den Grund / darinnen GOtt fein Wort gebiehret und ſpricht; in
welchem Abgrunde der Creatur das Genaden⸗geſchencke in allen
Menſchen inne liget / und ſehrer gegen der Seelen ſich neiget /
als die Seele gegen dieſer tieffen Genade. Allda mag die Seele
in GOttes Genade wohl ergriffen werden / daß ſie Chriſto in
ſeine Armen alſo einfaͤlt / welcher ihr das Koͤnnen und Vermoͤgen
viel lieber giebet / als ſie es begehret.
41. Daß aber einer ſagen wolte / die Seele koͤnne ſich nicht in
den Abgrund ſchwingen; der redet als einer / der noch lange nichts
vom Geheimnuͤß GOttes verſtehet / nehmlich / was die Seele /
und was ein Engel iſt / und wil den Zweig vom Baume abbre⸗
chen / darinnen er doch ſtehet.
42. Die Seele ift aus dem Abgrunde / in eine Creatur gefpros
chen worden; wer wil nun der Ewigkeit ihr Recht brechen dag
der ewige Wille der Seelen / der aus dem ewigen einigen Willen
in eine Creatur iſt gegangen / mit demſelben Willen der Creatur
ſich nicht wicder doͤrffte in ſeine Mutter einſchwingen / daraus er
gegangen iſt?
43. In das Liecht / welches dem Willen erloſchen iſt / kan er
in eigenem Vermoͤgen ſich nicht einſchwingen: aber in die Urſa⸗
che zum Liechte / da weder Boͤſes noch Gutes innen iſt / kan er ſich
ſchwingen / denn er iſt ſelber derſelbe Grund / ſo er ſich nur aus
ſeiner Bildligkeit / in ſich ſelber auff den Abgrund erſenckt / ſo iſt
er ſchon da / und in dieſem Abgrunde liget fein Perlein / und Chris
ſtus ſtehet allda vom Tode auff / und ſitzet allda zur Rechten in der
Krafft GOttes im Himmel im Menſchen. Ob wir doch eineſts
ſehen wolten / wo Chriſtus zur Rechten Gottes ſitzet. 44:9
”
174 Von der Genaden- Wahl. Cap. 12!
44. O ihr Menſchen / ſeyd doch nicht alfo blind / wie
thut euch GOtt feine Senadensthüre fo weit auff/ neh⸗
mets doch: Sehet doch die Zeitan / ewre Heimſuchung
iſt gebohren / trettet doch das Genaden⸗geſchencke Goͤtt⸗
licher Genadenzoffenbahrung nicht mit Fuͤſſen ewrer
tauben Vernunfft.
45. Weil der Menſch lebet / ſo hat er eine offene Geuaden⸗
pforte gegen ihm / es iſt kein Schluß aus Goͤttlichen Willen uͤber
ihn zum Tode / denn der Batter hat den Schluß feiner Gerech⸗
tigkeit / in die Genade Chriſti / als ſeinen Sohn gegeben. Ewre
Verſtockung komt aus euch ſelber / GOttes Zorn verſtockt euch
in ewren ange⸗erbten und wuͤrcklichen Suͤnden / und kein frem⸗
der einfahrender Wille.
Das 12. Capittel.
Kurtzer Bericht etlicher Fragen / welche die Vernunfft
irren / darinnen fie meynet / GOtt verſtocke den
Menſchen aus einem ſonderlichen fuͤrgeſetzten
Willen. Wie diefelben zu verſtehen ſeind.
x. N der Apoftel Sefhicht cap.ı3. v. 48. ſtehet: Es
wurden gläubig/fo vielihrer zum ewigen Leben
verjehen waren. Das ift der Vernunfft ein An⸗
flog / und verftchet es nicht.
2. Wenn hatdie Berfehung angefangen?Sprich»
fu: von Ewigkeit / vor der Creatur; Ja / ich fage auch alſo / aber
in der Creatur nicht von Ewigkeit / denn ſie war noch nicht.
3. Gott ſahe in Liebe und Zorn / was werden würde / fo er die
ewige Natur in Ereatur infaffere/ denn er fahein fih wohl / fo
fich Die Temperatur würde in cine Schiedligfeit ausführen / und
die Schiedligkeit in creatürlichen Willen fich einfaffen würde /
daß cs würde ein Gontrarium fiyn/ undiftauch eben der Grund
Göttliher Ofenbahrung. Die Schrifft faget abernicht/ dag
GoOtt die Willen inder Schiedligkeit von&wigkeit zum ewigen
boͤſen Wollen / und zum ewigen guten Wollen verordnethabe /
daß ſie ein jedes) / worzu er es unvermeidlich geordnet / alſo wollen
muͤſſen. Denn das beweiſet Luciſers und Adams Veraͤnderung
ihres Wollens / daß ſie frey waren im Wollen / aber im Fall ver⸗
lohr Adam das Wohl⸗wollen.
4. Nun
%
ap.ı2. Bonner Genaden- Wahl. 175
4. Nun inangezogenem Text Act. 13.0. 48. hieß es jetzt alla
bier nach dem Fall: die ausdem ewigen Wollen hierzu auff diß⸗
mahlverfehen waren [denn der Tert lautet; Und der HErrthat
hinzu / fo vielihrer verfehen / oder im Genaden⸗-Liechte erſehen
waren / (nehmlich) denen das Göttliche Arge offen war / die wa⸗
ren dißmahl aus- und indem ewigen Grunde / erfehen und vera
fehen / wie Act.am 2. cap. klaͤrer fichet: Der Herz thät hinzu
Fäglich / die da feeligwurden. Nicht die da von Ewigkeit feclig
waren: fondern die da ferlig wurden/ fagt der Tert/ die da aus der
ewigen Wahl in Chriſto Jeſu ſeelig wurden die thaͤt er täglich
zu der Gemeine.
. Frage: Warumb nicht auff einmahl? Antw. Sie waren noch
wicht ſeelig worden / ſte waren wohl in der Verſehung / oder Se⸗
hung GHttes/ daß ſie würden ſeelig werden / aber die Verord⸗
nung kam erſt mit dem Zuthun zu der Gemeine / wenn ſie ſeelig
wurden: j
6. Warumb bekehrten ſich am Pfingfttage nur 3000. Seelen)
und doch hernach immer mehr ? Antwort/ fie waren nod) nicht in
ihnen verſehen; das iſt / verſehen an dieſem Orte / wenn ſich die
Genade erhebt / und durch das BER als durch den Zorn bricht /
ſo gehet das creatuͤrliche Berſehen / aus dem ewigen Genaden⸗
ſehen / oder Einſehen an. Denn wie mag ein Ding von Ewigkeit
verordnet werden / das nicht von Ewigkeit geweſen iſt?
7. Wie mag die Seele von Ewigkeit / als fie noch ein Ens tind
Spiel / in Goͤttlicher Weißheit war / verordnet feyn worden /
daß ſie ſolle ein Teufel werden / welches greulich zu dencken oder
zu reden waͤre / und doch keinen andern Verſtand leiden wuͤrde /
ſo man auff eine von Ewigkeit⸗Verordnung / gehen wolte / alſo
wäre alle Lehre umbſonſt? Was darff die Genade denen predi⸗
gen / die nicht irren noch fallen mögen/ und die in einer unwieder⸗
ſprechlichen Prædeſtination ſtehen?
8. Dieſes von Ewigkeit⸗Verſehen / verſtehet man in Chris
ſto / dag welche gläubig werden / Die waren von Ewigkeit
in der Weisheit verfchen / daß nehmlich / wenn ih GOtt einſts
bewegen würde/ und die Ratur in Schiedligfeit zur creaturli⸗
hen Ofenbahrung einführen / der Name JESUS / (alsdie
Höchfte Siebe GOttes) fich in die Scieng des fenrifchen Willens
inder Schiedligkeit / einergeben / und in der feuriſchen Scien& in
die Freudenreich fich einführen / / und den Grimm / in ein Liebe⸗
feuer in der Seelen des Menſchen / (welche aus der feuriſchen
Scien& muſte urſtaͤnden) wandeln wolte / da die Genade indem
H4 Na⸗
2
175 Von der Genaden⸗Wahl. Capr 2;
Namen JEſu zu einem Pannier in den feelifchen Grund fich
einvermählen wolie wie denn im Paradis nach dem Fallges
ſchehen. Daſſelbe Pannier wardindescinigen Weibes Saamen
geſteckt / da die Verſehung innen lag / aus welcher alle Menſchen
herkommen; aber die Schiedligkeit in der feuriſchen Scientz / die
waͤhret alſo lange / als Seelen gebohren werden. a
9. Esift feine gewiffe Verordnung von Ewigfeit/ über jede
Seele / die da follte gebohren werden / fondern nur eine Allge⸗
meine Genaden-Verſehung. Die Verordnung / gehetmitder
Zeit des Baumes an. Aush ift das Saͤen / noch in dem Saamen /
ehe er eine Ereatur wird/ fo fennet GOtt den Grund was wers
den wird / aberdas Gerichte gehöretder ErndesZeit / wie Chris
ſtus in allen Bleihnüffen alfo redet.
Bon der PurpursErämerintydia.
10. Da gefhrieben fteher Act. 16.20.24. Der Herıthätihr
Bas Hertz auff / dag fie vernahm was Paulusredete/ und glaͤu⸗
big ward an den Namen JEfus: Dasiftes chen wie mitallen
fremden Völkern; welche den Namen ICſu nicht kennen / und
gehen aber auff deninwendigen Grund auffer aller Bildligkeit/
und begchren ven Einigen GOtt zuerfennen / und ihme fich zu⸗
ergeben; Die werden vendereingeleibten Genade des eingefpros
chenen Tlortsergriffen/ und ohne der Bernunfft-wiffen/zu Kine
dern der Genadenerwählet und gebohren / alß denn auch von dies
fer $ydia zugedencken ift ; ob fie wohlanfangs Paulum für einen
freinden Lehrer mochte gehalten haben / als fie aber hörte / dag er
das Gefeße der Gerechtigkeit predigte/ wie dag das Gefege der
Sünden (welches den Menfchen gefangen hält) fey in einer fols
chen Genade erfüllet worden: fo bewegte fich in ihrem Hunger
nach der Rechtfertigung / der innere Grund inder eingeleibten
Genade / und wardChriftus in ihr lebendig / daß fie Ehrifißtims
me / in den Worten Pauli vernahm / was Chriſtus in ihr lehrte⸗
denn Ehriftns ward in ihr hoͤrende. *
ır. Den andern Heyden aber war es nicht alſo / denn fie.
ftunden nur in der Bildligkeit / ihr Herke war nicht zu dem Eis
nigen Dt gerichtet denfelben zuerkennen/ denn fic hatten ihre
Heydniſche Abgötter dehnen fie dienten / und wolten nur etwas
Newes von Paulohören: Nichts defto weniger ging das Wort
in ihre Ohren hinein/ unddrengte fich in diefe ein / welcheeines
guten Grundes waren / welche fich hernach noch haben befehret /
als fie mehr hörten von Chrifto predigen / wie ihrer denn hernach
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Cap. 12. Von der Genaden Wahl, 177
an demſelben Orte viel tauſend bekehret worden / da ſie das
Wort noch mehr ergriff. Alſo ſeynd ihrer noch viel von dehnen
hernach bekehret worden / welche Petrum am Pfingſttage hoͤr⸗
ten / und doch denſelben Tag ihn verſpotteten; als ihnen aber das
Wort mehr einſchallete / ſo kam die Stunde ihres inwendigen
Hoͤrens. Gleich wie Longino, der Chriſtum in die Seite ſtach /
auch erſt ie Stunde feiner Bekehrung kam / als er hörte von vie⸗
len fagen/ Ehriftus ware GOttes Sohn / und ward ein Märkte:
rer umb Chriſti willen/ wie die Hiftorien melden.
ı2. Undfollmanallyie nicht fagen / Lydia fey für andern port
Ewigkeit hierzu verordnet worden / daß ſie Paulum alleine hoͤ⸗
ren folte: Sie ware dißmahl im Göttlicher Vereitung / und
wolte gerne den wahren Grundvon GOtt verftchen: ihr .Her=
ke fühnte ſich darnach / darumb thaͤt ihr GOtt das Hertze auffz
Die andern aber / waren digmahl noch nicht bereitet / fondern da
der Heilige Geift begunte an ihr Hers anzuklopffen/faffeten fie
esnurindie Ohren / biß ſie ihme auffthäten / und dachten dehme
nach / und forfchten inder Schrift ob ſichs alfo verhielte wie
Paulus ſagte; Als auch vonden Ephefern gefaget wird / da fie
das Wort mehr hörten / fo hatten fte ſchon eine hungerige Ihüre
des Hertzens offen / da Chriſtus mit feinem Wort Raum hatte.
23. Alfo iſt es mit allen Heyden ergangen / und auch mit den
Juden / welche Ehriftusu fpotteten als er am Creutze hing: als fie
aber ſahen was da geſchahe / ſchlugen ihrer viel an ihre Hertzen /
wendeten umb/ und ſagten: Wahrlich / dieſer iſt ein fronmer
Menſch / und GOttes Sohn geweſen.
14. Dieſes geſchahe denen Juden / welcher inwendiger Grund
dißmahl offen ſtundt / denen thaͤt GOtt die eingeleibte Genade
iin Geiſte Chriſti auff / als man denn in Hiſtorien viel findet /
das mancher Menſch in feiner eingemodelten Heydniſchen Bild⸗
ligkeit / eine lange Zeit Chriſtum verſpottet / und doch endlich wenn
er iſt in den ernſten Grund ſeiner ſelber gangen / und eigentlich
vernehmen wollen / was dach für Fabeln (wie ſie es hieſſen) von
Ehrifto gefaget würden] befehret worden.
15. Denn ſo bald das Herge vonder Bildligkeit ftille ſtehet /
und ſich in den Grund feiner ſelber ſchwinget?: fo dringet die
Stimme Chriftiim Worte hinein] und Elopffet in der Efieng der
Seelen an.
16. Die Einbildfigfeisdes Irrdifchen Weſens verhindertdas
Hertze / daß es nicht mag GHtt file ſtehen / undin feinen in-
wendigen Grund / da GHtt a uud höret / kommen. 29
5 iſt
178 Donver&enaden- Wahl, Cap.ız!
iſt doch GOtt ſelbſt anallen Orten durch alles gegenwärtig / wie
geſchrieben ſtehet: Bin ichs nicht der alles erfüllet ? Jerem. 23.
».24. Was darff denn die Seele fich anderft wohin ſchwingen
GoOtt zu hoͤren / als nur eben inihren Abgrund? Daift und woh⸗
net GOtt von Ewigkeit zu Ewigkeit/ er darff nur in der Creatur
offenbahr werden; darzır ſtehet er indem Geiſte Chriſti in dem
ſelben innern Grunde / und klopffet an die Seele an; ſo ſich nun
Die Seele gegen ihm wendet / fo macht ihr Chriſtus die Genaden⸗
thuͤre ſelber auff / und zeucht bey ihr ſelber ein / und iſſet das A⸗
dbendmahl mit ihr / und ſte mit ihm. Apoc. 3.
Erklaͤrung des Spruchs Matth. 13. und Luc. 8.
17. In dieſen Orten ſtehet: Euch iſt gegeben das Reich GOt⸗
tes zuverſtehen / den andern aber in Gleihnüß / daß ſie es hoͤren
und nicht verſtehen. Item, Er legte den Juͤngern die Gleichnuͤß
auf / den andern nicht.
18. Allhie liegt nun die Vernunfft als todt / daß ſie nichts ſtehet
ohne das Göttliche Liecht / und meynet anderſt nicht / als Chri—
ſtus habe es den andern nicht goͤnnen wollen / ſie waͤren deſſen
nicht werth geweſen / unangeſehen dag ihme das Volck nachzog /
und mit hungeriger Begierde ihn hoͤrte lehren. Aber es hat allhie
einander a. b. c. und Berſtand; Chriſtus fagte zu feinen Juͤn⸗
gern: Mein Vatter wil euch einen andern Troͤſter ſenden / dee
Geiſt der Wahrheit / dervom Vatter außgehet; wenn der kom⸗
mer wird / der wird euch erinnern alles deſſen / wasich euch,
gefaget habe; denn von dem meinen wird er es nehmen / und euch
verkuͤndigen.
19. Nicht des Vatters Stimme in Chriſto / in GOttes Ge⸗
rechtigkeit / ſolte in der Layen und Zuhörer Hertzen und Ohren
alſo eingehen / außgenonmen etliche / durch welche der Vat⸗
ter Wunder wuͤrcken wolte: ſondern die Stimme ſolte in ſie
eingehen / welche der heilige Geiſt auß Chriſti Leyden / Tod / und
Aufferſtehen mitte braͤchte / als die Stimme der offnen Gena—⸗
den Thuͤre.
20. Denn vor Chriſti Leyden war die Stimme des heiligen
Geiſtes in Chriſto / noch in GOttes Gerechtigkeit / als ĩim Geſe⸗
tze: aber in Chriſti Tode / ward das Geſetze der Gerechtigkeit
Gottes erfuͤllet; alſo ging hernach der heilige Geiſt durch die
Erfuͤllung / durch Chriſti Wunden / Blut und Tod / in der groͤ⸗
ſten Erbaͤrmde / im Geiſte Chriſti auf / dieſe ſolten die armen
Sünder hören / welche ihme mit Begierde nachzogen; den Juͤn⸗
gern
*
—
Pe
Sapı. BonderGenaden Wahl. 179
gernaber warddes Batters Stimme in GOttes Gercchtigfeie
gegeben / daß lie die auf Chriſto folten Hören ; denn fie folten erft=
lich mil derſelben fewwrifchen Gerechtigkeit angethan werden / in
welcher des BattersAllmacht ſtund / nehmlich der feclifche rund;
hernach ward ihnen am Pfingft-Tage ver heilige Geift auß der
Genaden-siche/auschrifti Erfüllung der Gerechtigkeit / gegeben
indie Gerechtigkeit des Batters.
22. Da das geſchahe / fo wurden inihnendie Zungen) alsdes
Vatters Gerechtigkeit / zertheilet / und ging der Geift Chrifti /
durch die Zertheilung GOttes Gercchtigkeit/mitder Liebe Flam⸗
me auß; und das geſchahe ihnen darumb / das ſie im Geiſte des
Geſetzes und Evangelii / von der Genade im Geiſte gegruͤndet
wuͤrden / denn ſie ſolten Wunder thun: ſo komt aber die Krafft
der Wunder auß des Batters Allmacht und Eigenſchafft / und
nicht durch die Eigenſchafft der Kebe und Demuth / welche nur
leyden ſoll / und ſich in Gottes Geſetze und Gerechtigkeit in
Zorn einergeben / und den Zorn mit Lieben und Leyden erfuͤllen /
und auch in Liebe und Erbaͤrmde wandeln / wie wir ſolches klar
an Chriſti Perſon fehen.
22, Wenn Chriſtus wolte Wunder thun / ſo bethete er erſt
zu feinem Vatter / alß nehmlich indie fewriſche Allmacht / in die
Gerechtigkeit: als er aber des Vatters Gerechtigkeit mit ſeiner
Liebe und Demuth / in ſeinem Blut der Liebe-Tinctut des Namens
IESU erfüllet hatte/fo ward des Batters Gerechtigkeit imZorne /
der Siehe Chriſti unterthan; und auf derfelben Unterthänigfeit
folten die andern Menfchen ( auffer den Juͤngern) nad) Chriftt
Himmelfahrt / ven heiligen Geift hören reden / und die Gleidye
nuͤſſe Ehrifti verftchen / alses denn auch alſo geſchahe / dag ſie
hernach alle Geheimnuͤſſe wohl verſtunden; denn der Geift Chri—
fi aug feiner Erfüllung) und auß feiner Aufferftchung / thäte
ihnen das Verſtaͤndnuͤs auff / wie dann auch den beyden Juͤn⸗
gern auff dem Weege nach Emaus / und dem groffen Volcke / das
den Geiſt Chriſti auß der Apoſtel Munde / nach feiner Aufferſte—
hung / durch den rechten Sender / auf Chriſti Leyden und Todt }
hoͤreten die Gleichnuͤſſe ohne Sprichwort reden.
23. Darumb lehrte Chriſtus / als er auff Erden vor ſeinem
Leyden wandelte / in eitel Gleichnuͤſſen / das ſie denſelben Geiſt
Chriſti nicht ſolten fahen / als in des Batters Gerechtigkeit / denn
es war noch nicht der Grund / dehn er ihnen wolte auf feiner Ge⸗
nade ſchencken: fondern der war cs] der am Pfingfi-tage auß fer
nem Verdienfte / daerdie Sünde getilger / und in GOttes Ge⸗
rechtigkeit zugeſtegelt hatte / kam. 56 24. Sie
180 Von der Genaden⸗Wahl. Eap.ız!
24. Sie ſolten nicht alle in Wundern und Thaten einher ges
hen / wie die Juͤnger / welche darzu verordnet waren auß des Bat⸗
ters Gaben / da Chriſtus ſagte: Vatter ich habe der keinen ver—⸗
lohren / die du mir auß deiner Gerechtigkeit gegeben haſt / als
nur das verlohrne Kind (das vorhin verlohren war) daß die
Schrifft erfuͤllet wuͤrde / Ioh.r7.vers.ı2. Damit meynete Chris
ſtus die jenigen / welche ihm ſein Vatter hatte zur Ordnung und
zum Ambte des Einladens in fein Reich / gegeben. Die andern
aber ſolten durch den Geiſt der Demuth auß Chriſti Liebe / auß
dem Procels des Leydens und Todes Chriſti / gebohren werden /
und ihme in feinem Proceſs unter der Creutz-fahne in Gedult
nachfahren / und fich auß Gottes Gercchtigkeitimitihrer Demuth
im Geiſte Chriſti / einergeben und auffopffern / auf welchem das
Mordender Juden und Heyden anging.
25. Denn durch der Chriften Blut ward GOttes Gercchtige
keit im Zorne/ indie groffe Liebe und Erbärmde gebracht / dag.
in GOttes Bercchtigfeitfolhe Wunder und Thaten in der Des
muth Chriftt bey den Ehriften gefihahen / welches ietzo eine Zeit⸗
lang wohl gefchlet hat/feithy manden Geiſt Chrifti im Menfchen
bat wollen auff weiche Kuͤſſen / und fette Baͤuche / in Macht / Pracht
und Herdligkeit ſetzen welcher doch nur darumb iſt erſchienen
und offenbahr worden / daß er wil leyden / und GOttes Zorn in
ſeiner Gerechtigkeit / mit Einergeben ſeines Leydens erfuͤllen.
26. Darumbbeſchawe dich du genannte Chriſtenheit / ob deine
Gerechtigkeit in der Gedult des Leydens Chriſti jetzo ſtehet? Ob
du auch was mehrers in deinem Chriften-Namen fucheft/als dag.
Chriſtus mit ſeiner Liebe in feinem Leyden und Tode in dir offen»
bayr werde/das du allein begehreft feinem Bilde / (damit r GN fs
tes Gerchtigkeiterfüllethat) ähnlich zuwerden ?
27. Beſchawe dich doch nur / fuscheftunichtnureitel Außfluͤch⸗
te / und deckeſt das Leyden Chriſti uͤber dein heydniſches abgoͤt⸗
tiſches Bilde ? was thuſtu / du vermeynte Chriſtenheit? Mit
diiparıren und forſchen wiltu cin Chriſt ſeyn / frembde Sprachen:
ſollen dich zum Apoſtel machen / Streiten / Greinen und Zanc⸗
ken iſt dein Apoſtoliſch Hertze / darunter nichts als deine eigene
Ehre ſteckt / voller Sucht des ſchwartzen Teuffels; wo haſtu das
Leyden und die Gedult Chriſti in ſeinem Gehorſam hingethan?
Du Boͤſe Siehe / es komt ein Bote auf GOttes Ge:
rechtigkeit ] und fordert das von deinem angehenckten
Ehriften- Namen / mit Fewer und Schwerd / * als
ew⸗
Cap. 12. BonderGenaden Wahl. 181
trewloß zu vertilgen / und ſeine wahre Kinder des Ge⸗
horſams / in ſeiner Liebe zu offenbahren / das wirſtu na⸗
he erfahren / reden wir als wir follen.
Bonden Worten Ehrifli: Batter vergib ihnen,
23. Item / eswerdenauc die Worte Chriftiam Ereutz mie
eingeworffen/da er ſagte: Vatter vergib ihnen / ſte wiſſen nicht was
ſie thun / Luc.23. v. za. Erklaͤrung. Wie oben gemeldet worden]
den Juden waren die Geheimnuͤſſe vomReihChrifti/und von der
wahren Rechtfertigung des armen Sünders vor GOtt / che nicht
offenbahr / biß die Rechtfertigung im Blut&hrifti gefchehen war.
Alfo folten num die jenigen / welche der Batter zum Werckzeuge
und Procels Chrifti erkohren hatte zuvorhin nicht wiffen was
fie thaͤten: Aber nachdehme fie es gethan hatten / fo that ihnen
GOtt das Berftändnür zur Bekchrung auff: darumb bath Chris
ſtus des Batters Gerechtigkeit / welche diefe Mörder und Bluts
richter im Zorne verſchlingen wolte/ dag GOttes Gerechtigkeit?
ihnen in Chrifti Blute vergeben wolte.
29. Niemand kannte den Welt-heyland recht / auch die Apo—
ſtel ſelber nicht / biß auff die Offenbahrung nach ſeinem
und ſoll man nicht ſagen / GOtt habe dieſe Männer inſonderheit
darzu verſtockt / daß ſie Chriſtum nicht haben kennen moͤgen
Nein / es kannte ihn wol keiner recht was ſein Ambt war / biß nach
ſeiner Erfuͤllung deſſen / darumb er kommen war.
30. Dieſe Maͤnner / welche Chriſtum urtheilten und toͤdte⸗
ten / die ſaſſen im Ambte des Geſetzes der Gerechtigkeit GOttes
das Geſetze / als GOttes Gerechtigkeit toͤdtete Chriſtum / ſte aber
meynten ſtethaͤten GOtt einen Dienſt daran / und eyferten im Ge⸗
ſetze GOttes Gerechtigkeit / welches Geſetze ſie auch zum Werck⸗
zeuge der Erfuͤllung des Geſetzes in Chriſto / als des Geſetzes
Ambtleute erkohren hatte,
31. Wiedennauh Saulum alſo / daß er in dem Geſetze der
Gerechtigkeit GOttes eyferte / mit wahrem Goͤttlichem Eyfer/
wie es das Geſetz erforderte / biß ihn die Erfuͤllung des Geſetzes
im Eyfer feines Fuͤrhabens ergriff / und ihme andeutete daß dies
fer Eyfer im Geſetze ſey mie Blut erfuͤllet worden. Er ſolte hints
führo nicht mehr im Geſetze der Gerechtigkeit des Vatters / im
Fewer eyfern / ſondern im Geſetze der Erfuͤllung in der Liebe
Chriſti.
32. Denn das ſeynd nicht die groͤſſeſten Suͤnder / die Chriſtum
gecreutzziget haben „Denn ſie ſolten es thun / vermoͤge des Ambts
7 in⸗
*
132 Von der Genaden Wahl. Cap.ız!
im Geſetze das ſie trugen: ſondern das ſeynd viel mehr die groͤſſe⸗
ſten Suͤnder / welche nach des Geſetzes Erfuͤllung Chriſtum ſpot⸗
ten / und in ſeinen Gliedern toͤdten / auch ſelber in Suͤnden todt
bleiben / nachdem ihnen ſchon die Genade indes Geſetzes Erfül-
lung in Geiftes Krafft mit Wunder und Thaten war angebo=
ten/ welche ihre Ohren zuftopfften / und nur darmwider laͤſterten.
Dieſe läfterfen den H. Geift im Verdienft Chrifti in feiner herꝛ⸗
lichen Offenbahrung und angebotenen Genade.
33. Darumb follen wirdie Schrifft recht anfehen) und nicht
von einer fonderlihen Verſtockung ſagen / in dehme Chriſtus ſag⸗
te: Sie wiſſen es nicht / was ſte thun: es wuſte es keiner wer Chris
ſtus war / biß in ſeinem Tode / da erkannten ſie ihn erſt.
34. Ob nun hernach einer nach den Worten Chriſti ſagen wol⸗
te: Ich thue diß und das / und weis nicht was ich thue / GOtt hat
nich alfo verſtockt / ich muß es thun. Item / ich muß ſtehlen / lie⸗
gen / auch wuchern / geitzen / und zuͤrnen / und damit Hoffart trei>
ben: der ſehe ſich wohl an was er iſt / und ob er nicht ein Kind des
Teuffels ſey / welcher ihn mit ſolcher Einbildung verſtocket habe.
ihn GOtt alſo verſtocket hat / daß er es thun muß / ſo iſt das
ak. feiner Gerechtigkeit von ihme ab umdauch Die Schre des .
Ervaͤngelii; denn er thut was er thun follund muß / und Ean un⸗
Aa anderft nicht feynz welches alles wider das Gefege der
Gerechtigkeit des Vatters / und wider das Geſetze des Sohnes in
ſeinem Evangelio laufft / und er deſſen keinen Beweiß hat / da⸗
mit er ſich entſchuldige / wenn ihn GOttes Wahrheit als einen Luͤ⸗
gner indie Hölle wirfft / deren Kind er im ergriffenen Zorn GOt—
tes auch iſt / als auß dem Vatter der Luͤgen gebohren / wie Chriſtus
vom Satan ſagte / loh. 8.v.44.
35. Mehr wirfft die Vernunfft ein: Chriſtus bath fuͤrPetrum
daß fein Glaube nicht auffhoͤre / $uc.z2.v.32.warumb auch nicht
für die andern dag derer Glaube nicht auffyöre? Alſo muß ja ein
Fuͤrſatz feyn/ fagt die Bernunfft.
Erklärung:
36. Wie obgemeldt worden / Petrus und die andern Apoftel
upfingen den Grund des Glaubens auß Chriſti Stimme vor
der Erfüllung des Geſetzes: Ihr Glaube ruhete noch im Gefeße
des Batters / alsim Geifte der Gerechtigkeit GOttes / darumb
fagte Chriſtus zuihnen: Erwolte ihnen einen andern Tröfter i
fenden / nehmlich den Geiſt der Wahrheit/ der den Glauben auß j
Ehrifti Erfüllung und Tode / auß feiner Aufferſtehung und Wie⸗
der⸗
Cap. i2. Von der Genaden Wahl. 183
derbringung nehmen wuͤrde / der wuͤrde bey ihnen bleiben / und ſie
in alle Wahrheit leiten / und es von dem ſeinem nehmen / und ih⸗
nen in ihnen verkuͤndigen.
37. Der erſte Glaube ward ihnen auß dem Vatter ae
da er fie Chrifto zu feinen Jüngern gab / darinnen lag noch GOt⸗
tes Gerechtigkeit im Zorn; Dieſen Glauben begehrte der Sa—
than zu ſichten / und zu durchdringen / ob er der ſey / der ihme ſolle
und wolle ſein Reich im Menſchen nehmen / und die Hoͤlle zerſtoͤ⸗
ren. Welcher Glaube / im Zorn GOttes / auff dem rechten Teſte
der Probirung / im Fewer noch nicht beftehen konte / darumb
bath der Name IESſus für ſie / daß doch dieſer Grund / darinnen
fie hernach in dem Glauben der Liebe und Demuth ſolten Wun⸗
der thun / in ihnen nicht auffhoͤrte / fonft würden die Wunder al⸗
fo ſewriſch nicht ſeyn erfolget über Leben und Tod / als über
EDttes Gerechtigkeit / welche die giebe im Blut Chriſti übers
wandte,
38. Denandern aber wardicher Glaubenoch nicht gegeben /
denn fie waren nicht Apoftel / fondern muften warten auff vie
Verheiſſung / da ward ihnen der Genaden-Glaube gegeben] und
in demſelben Genaden-Glauben bittet Chriftus auch für fie wie
furPeirum/dag ihr Glaube nicht auffhoͤre / wie geſchrieben ftchetz
Er ſitzt zur RechtenGottes und vertritt uns / und bittet ohne auff⸗
hoͤren die Gerechtigkeit Gottes / mit unaußſprechlichen Seuftzen
für uns / in uns felbersfo wir doch die Schrift wolten einmahl ler⸗
nen ſehen / und verſtehen und von dein umnuͤtzen Geſchwaͤtze auß⸗
gehen in den Grund der Wahrheit.
39. So ſoll nun Niemand ſagen / Chriſtus bitte nicht fuͤr alle
Menſchen / wie er für Petrum bath / daß ihr Glaube nicht auffhoͤ⸗
re / denn er iſt das wuͤrckliche Bitten / nehmlich das Geberhin ung
ſelber; was gauckeln wir denn lange mit ſolchen Einwürffen ?
welche wir auff Begehren haben erklaͤhren ſollen / und meynen es
treulich / denn da Chriſtus ſagte: Vatter vergib ihnen / ſie wiſ⸗
ſen nicht was ſie thun / da bath er fuͤr alle die ihn noch nicht kennen /
und aber noch wuͤrdeu kennen lernen.
40. Daß aber eingeworfſen wird; Judam lies er verzagen?
Da ſiehe die Schrifft au was fievon Juda ſaget; Chriſtus ſaget
Ioh.17. v. 12. Ich habe der keinen verlohren Die du mir gegeben
haſt / ohne das verlohrne Kind / daß die Schrifft erfuͤllet wuͤrde
die da ſaget / Der mein Brod iſſet / tritt mich mit Fuͤſſen. Pfal.gr. v.
ın.Eicheftu nicht das Chriſtus ihn ein verlohren Kind hieß / wel⸗
cher ſchon vorhin eine Diſtel war / welchen der Zorn in GOttes
Gerechtigkeit in ſich gebohren hatte zu feinem Leben. 41. Als
184 Von der Genaden Wahl, Cap.zz;
4x. Alſo muſte Judas zu einer Figur / und zum Derräther
Ehrifti/ ein Apeftel genennetfeyn / anzudeuten / was für Leuthe
unter Chriſti Lehrern kuͤnfftig ſeyn wuͤrden / alß nehmlich: ſie
wuͤrden das Brod des Kelchs Ehriftieffen / unter dem Scheine
groſſer Heiligkeit / und wuͤrden doch nur Chriſtum in ſeinen
Gliedern verrathen und zum Tode helffen urtheilen; wie ſolches
eine lange Zeit die Diener der Anti⸗-Chriſtiſchen Kirchen in den
Secten gethan haben / und noch auff heute thun / welche die wahre
Chriſten nur verachten / und fie verleumbden / und Chriſtum helf⸗
fen creutzigen und toͤdten.
42. Alſo ſagte Chriſtus / daß dardurch die Schrifft muͤſſe er⸗
fuͤllet werden / welche von Chriſto deutet / daß er ſtaͤts in feinen
Gliedern alſo verrahten / und getödtet werden ſolte / auff daß
Gottes Gercechtigkeit ſtaͤts / auch in Chriſti Gliedern / big am
der Welt Ende erfüllet werde. Alfo müffendiefe Judaͤ oder Zus
das Brüder ein MWerdzeug der Gerechtigfeit GOttes im Zorne
darzu ſeyn / und müffen mitte unter die FIN gezehlet werden?
dag man ihnen glaͤubet / fie ſeynd Apoftel.
43. Sie muͤſſen Apoſtoliſchen Beruff von Menſchen haben /
and an Chriſti Stelle ſitzen / und das Brod Chriſti eſſen / auff daßß
ja Chriſtus in ſeinem Proceß / in ſeinen Gliedern immerdar ver⸗
rahten werde / und der Proceß Chriſti nicht auffhoͤre / biß er wie⸗
der komme / und feine Braut heim hole. Denn dieſe JZudas-Briüs
der / dienenauch EHtte in feiner ſtrengen Gerechtigfeit/ auff
daß dieſelbe ſtaͤts im Blute Chriftt / in feinen Gliedern erfüllet
werdesdenn der GOttloſe iſt GOtt ein guter Geruch zum Tode/
undder Heilige/ zum Leben.
44. Weildenn GoOtt ein zorniger) und atıch lieber GOtt if /
fo muſte / und muß noch allezeit die Figur / in Chriſti Ambte /
neben einander ftchen / auff daß eine Die andere freibe/ und ineins
ander offenbahr werden / zum Lobe der Herrligkeit GOttes / am
* ſeiner Erſcheinung.
.Es kan Niemand nit Grund ſagen / daß GOtt Judam
——— Willen und Fuͤrſatz verſtockt habe / daß er ſich
nicht haͤtte bekehren koͤnnen: ſondern die Gerechtigkeit GOttes
tin Zorne / hatte ihn ergriffen / und in eine Diſtel formiret und ge⸗
bohren / ehe er ein Apoſtel war / auch noch im Saamen ehe die See⸗
le gebohren ward / als aus angeerbter Suͤnde / da GOtt biß ins
dritte und vierdte Glied ſtraffet.
46. Alſo ſtellte GOttes Gerechtigkeit mit Juda eine Figur
dar / wie der Menſch zum Verdaumuͤß des Todes / in GOttes
Ge⸗
nn — —
Sap.ız, Von der Genaden⸗Wahl. 185
Gerechtigkeit ſey ergriffen worden / und wie dieſe Gerechtigkeit
Chriſtum zum Tode offenbahren ſolte / daß er ſolle in der Gerech⸗
tigkeit / fuͤr das Bold / der Suͤnden ſterben / und der Gerech⸗
‚tigkeit genug thun. Alſo ſtellete der Zorn feine eigene Figur mit
dem Juda neben Chriſto / in ſein Ambt / daß man erkennen ſolte /
es ware GOttes Wille / daß fein Zorn im Menschen ſolte getil⸗
get werden / und blieb doch des Zornes Eigener Wille / in GOt⸗
tes Gercchtigkeit in ſich ſelber wohnend / als ein Centrum zur
Offenbahrung GOttes / wie ſorne vom Centro außgefuͤhret
worden.
47. Daß aber einer ſagen wolte: Was mag deß ein Kind in
Mutter-Leibe / daßes cine Diftelwird ? Dehme wird gefaget /
daß es der Wurtzel (deſſen die Diſtel ſelber iſt) Schuld iſt / wie
Chriſtus ſagte Matt. 7. Ein arger Ban kan nicht gute Fruͤch⸗
fe bringen. Der Zorn GOttes wil auch creatuͤrlich ſeyn / aber
ſolches nicht auß GOttes Fuͤrſatze / ſondern aus des Grimmes
Fuͤrſatz der ewigen Natur ſelber;welcheraber nicht GOtt / ſondern
Grimm und als eine Urſach des Fewers iſt / Daraus das Liecht
offenbahr wird. Sieheſtu allhie nichts / ſo rathe dir GOtt.
48. Daß man aber ſagen wolte: Judæ ſey fein Verbrechen
leyd geweſen; das iſt wohl wahr; Iſt es Doch dem Teuffel auch leyd
das er nicht ein guter Engel ſeyn kan / ſondern ein Teuffel / und
daß er ſolches nicht ſeyn kan / fo verzaget er an der Genade GOt⸗
kes I das iſt ſeine ewige Hölle.
: 49. Alfo auch Judas / ihme war leyd dag er von GOttes Ge⸗
made verftoffenwar / aberder Genade begehrte er nicht / denn der
Duell zum Genadenzbegehren / war nicht in ihme / er war nicht
auß dem Glauben gebohren /als auf dem verheiffenen Saamen;
und ober wohlausderfelben Natur herkam da. der Glaube innen
lag / und auch das eingeleibte Wort / im Abgrunde der Seelen
hatte : fohattenber feine Seele fhon eine Figur der Finſternuͤß /
welche in der Genade gang todt / undgaruntüchtig zum geben
war. Denn obgleich eine Diftelin Honig geſetzt würde/fo wüchfe
doch nureine fette Diftelaus/ dieſen gehöret nicht die Genade /
denn Chriftus fagte feinen Juͤngern: Nehmet hin und trindet /
das iſt mein Blut / das für euch und für viele vergoffen wird: im
Blute wardie Tinctur; die Sonne gieber ihre heilige Tindtur
sicht der Diſtel / welche Diftel ein falfch Sehen gegender Tindtur
hat; fiegiebet ihr wohl Ens und Wefen / aber des Kleinods iſt
die Diftel nicht fähig / fiefähet nur ausder Sonnen eine Eigen»
ſchafft nach ihr / wie fie ihr dienst s alfo ift es auch alda zu verſte⸗
ben,
186 Von der Geraden Wahl, Cap.ız)
hen. ©. Paulus faget: Darımmb dag ihr nicht unterscheidet den
Leib des Heran/ empfähet ihm der GOttloſe zum Gerichte/wie die
Difteldie Sonne.
so. Item / es wird ferner in der Bernunfft eingeworffen vom
Blinden / Joh. 9. da die Juͤnger Chriſti fragten: Wer hat ge—
fuͤndiget / dieſer oder ſeine Eltern? dehnen Chriſtus zur Antwort
gab: Es haben weder feine Eltern / noch dieſer geſuͤndiget / ſon⸗
dern daß die Wercke GOttes offenbahr wuͤrden.
Erklaͤrung.
51. GOtt hat das Reich dieſer Welt / in Zeit / Ziel Maas und
Gewichte eingeſchloſſen. Sap. ır.v. 22. und ſtehen die Wercke
GOttes in einer wuͤrckenden Figur / wenn die Figur ſoll offenbahr
werden / ſo ſtehet auch daſſelbe da / darinnen und damit es ſoll
offenbahr werden.
52. Da Chriſtus in dieſem glaͤubigen Blind⸗gebohrnen / ſol⸗
te ofſenbahr werden vor feinem Leyden / und Erfüllung des Ger
feßes der Natur : fo muſte ihn das Geſetze / mitden Augen der
Natur von che tödten/ auff daß ihme Chriftus die Augen des
Glaubensmöchte auffthun welche Glaubens- Augen hernach
auch ver Natur ihre Augen durch die Genade auffihun. Und war
eine Figur) wie wir in Adam an GOtt blind worden waren/ und
wie wirin Ehrifto wieder fehende würden. Denn dieſem Bline
den Fam feine Blindheit nicht aus fonderlicher angeerbter
Suͤnde / denn er war ein Glaubens⸗Saamen / in welchem Ehri-
ſtus mit ſeiner Annehmung der Menſchheit / war raͤge worden /
darinnen er auch an ihn glaͤubte; aber diß innerliche Glaubens=
ſehen aus Chriſto / galt noch nicht / er ſolte erſt durch menſchliche
Stimme ſehend werden.
53. Denn als IEſus Menſch ward / da ward das Menſchli⸗
che in GOtt⸗ſehen gebohren / aber das Geſetze GOttes hielt
diß Sehen in den armen Suͤndern noch gefangen / biß unſere Au⸗
gen auß feinem Tode / aus des Geſetzes Erfuͤllung ſahen. Da—
rumb da dieſer in Glaubens-Saamen in Mutter Leibe / durch
Chriſti Eingehung und Offenbahrung in der Menſchheit ſehende
worden war: fo toͤdtete die Natur fein Sehen / dag er nicht mu⸗
ſte mit dem Glauben / durch das Liecht der Natur ſehen; denn es
war GDttes Gerechfigfeit im Gefege der Natur noch nicht ge⸗
nug gefchehen.
54. Alfo mufte diefer blind gebohren werden / auff daß das
Göttliche Auge im Glauben! ihn ſehende machte/ durch das Eine
ſprechen
Cap. 12. Von der Genaden Wahl. 187
fprechen des heiligen Namens IEſu / daß die Herrligkeit GOt⸗
tes offenbahr würde; Und foll man nicht fagen / dag diefer Blin⸗
de / Durch einen fonderlichen Fürfas blind fen gebohren worden/
fonderner warcinerausder Wurtzel des Glaubens-Saamen /
welchen Glauben der Name ISſus / (als GOttes Liecht in der
Siebe ) ſehend machen ſolte / erwar einer im Uhrwercke Chriſti /
zu feinem Proceß von GOtt dem Vatter / Chriſto gegeben/gleich
wie die Phariſeer im Uhrwerc des Geſetzes der Gercchtigkeit
GDttes/ auch mit zum Proceß Chriſti kamen.
ss. Item,cs wird auch der Spruch Matth.24.v.24.inder Ver⸗
nunfft cingeworffen/damit fie wil erhalten/ GOtt wolle dag die
Menfchen verführet und verdammet würden/daChriftus fpricht:
Es werden falfhe Chrifti und falſche Propheten aufffichen / daß
in Irrthumb / ſo es muͤglich ware/auch die Außerwaͤhlten verfuͤh⸗
ret wuͤrden.
Erklaͤrnng.
56. Dieſer Text ſaget / ſie werden auffſtehen / er ſaget aber
nicht daß ſie von GOtt geſandt ſeyen / viel weniger auf Chriſto /
dehme alle Gewalt gegeben war im Himmel und auff Erden.
57. So ſolten dieſe falſche Propheten auß dein Fuͤrſatz GOt⸗
tes Zornes / als auß dem Eyfer der Gerechtigkeit entſtehen / und
der falſchen Maul⸗Chriſten Hertze ſichten / welche ſich Chriſten
nennen: dieſe ſolten durch dieſen verbitterten Geiſt GOttes
Zorns / aus dem Proceß Chriſti geſichtet werden / daß ſte glaub⸗
ten den Geiſtern der Luͤgen / dieweil ſie ſich Chriſten nennen / und
aber Chriſtus nicht in ihnen iſt / ſondern ſie Kinder des Zornes
ſind; fo ſolten fie ihre Bilde der Grewel / und falſchen Deuteley
darſtellen / auff daß ihnen die Kinder des falſchen Namens
Chriſti / mit Chriſti Purpur-Mantel bedeckt / anhiengen / und
ſich die wahren Chriſten von ihnen abſonderten / auffdag erkannt
wuͤrde wer Chriſtus ſey: und auch durch die falſchen Propheten
der Proceß Chriſti / mit verahten / toͤdten / und leiden / offen⸗
bahr / und immerdar Chriſtus / von den Phariſeern und Hey⸗
den / umb ihres falſchen GOttes-Dienſtes willen / getoͤdtet würde.
58. Denn GOttes Gerechtigkeit fordert die Kirche Chriſti im
Blute / und ſtellet immerdar eine Urſach mit falſchen Propheten
und Chriſten dar / welche falſche Propheten mit den Heyden / als
Tyrannen / ohne Unterlas Chriſtum in feinen Gliedern toͤdten /
und der Gerechtigkeit GOttes auffopffern / dadurch GOttes
Zorn / in den wahren Chriſten getoͤdtet wird.
59. Wenn man dieſelben falſchen Propheten jetzo wil kennen?
wir
1838 Von der Genaden⸗Wahl. Cap.ız,
wer die ſeynd / ſo ſehe man nur dieſe an / welche ihnen auß den
Buchſtaben Meynungen zuſammen gefaſt haben / und etwan
ſtattliche Poſtillen voller Schmähfarten; And Knitteln des Zorns
GOttes geſetzt / da eine Secte die ander mitte in die Augen
ſchlaͤget / und für falſch außſchreyet / und leben doch diefelben
Schreyer einer wieder ander / und fchreiben nur zu ihren Ehren /
daß fie wollen für hochgelaͤhrte Leuthe geſehen ſeyn / auff welche
alle Welt ſehen ſoll / daß ſie Chriſtus ſeynd / und ſeynd aber nur
der Titul- und Maul-Ehriftus/ ohne die Genade; leben auch
ganz außer Chriſti Proces in eitel Sefüften des Fleiſches / und
tichten taͤglich mehr / wie fie mögen Rencke erdencken eines newer
Ordens und Gottes— dienſts / darunter ſie einen gleiſſenden
Schein bekommen / und man fie defto baß ehret / und mit Reich⸗
thumb zur Bauch⸗fuͤlle ihres GOttes Maozim des Bauchs / be⸗
gabet.
60. Dieſe haben nicht Chriſti Geiſt in ihnen / ſeynd auch nicht
Apoſtel Chriſti / ſondern alle mit einander nur falſche Propheten,
melde auß dem Buchſtaben / ohne Wiſſen / deuten; denn was fie
ſagen / das wiffen und gläuben fie felber nicht / und ſeynd eben die
zeiffende Woͤlffe / von denen Ehriftus fagte/fichaben nicht Chriftt
Wiſſen in ihnen / und weiſſagen auch.
61. Aber von denen welche in Chriſto ſind / ſagte er / es ſey
nicht moͤglich / daß ſte moͤgen verfuͤhret werdensdas find num dieſe /
in welchen Chriſtus iſt Menſch worden / die ſeynd nach dem in⸗
nern Grunde in Chriſto im Himmel / in GOtt / und hoͤren Chri⸗
ſtum in ihnen reden / denn ſie hoͤren nur GOttes Wort / und nicht
die falſchen Vropheten. Wenn man dieſelbe falſche Propheten jetzo
in allen Secten ſolte außgaͤten / ſo wuͤrde die Apoſtoliſche Schaar
klein werden / welche ſich Apoſtel nennen.
62. Darumb ſoll man mit nichten ſagen / daß GOtt darumb
verhenge daß ſolche falſche Propheten kommen / daß er den Men⸗
fchen / (welche fonft möchten zur Seeligkeit kommen) die Sees
ligkeit nich gönnen wolte / wiedie Bernunfft alfo irret / daß ih⸗
me GOtt einen Hauffen zur Seeligkeit geordnet habe / und den
andern zur Verdammuͤß; unddas wolle GOtt haben / darumb
fende er ihnen Früfftige Irrthumb dag fie nur fallen follen/ dag er
möge feinen Zorn an ihnen beweifen.
63. Ihr lieben Brüder / dieihr mit ſolchem Wahn beſtuͤrtzet
feyd / wirrahten euch das / lehret nicht Wahn / fend deflen von
ehe in Ehrifti Geifte in euch auf dem Grunde verfichert/ ihr wers
det ſonſt in GOttes Gerechtigkeit mitte in der falſchen Prophe⸗
ten
x)
Er
J
Cap. ı2. Von der Genaden Wahl. 189
ten Zahl ergriffen. Habt ihr nicht die Thuͤre Chriſti in ewrer
Seelen offen / daß ihr möget im Geifte Ehrifti / aus- und ein⸗
gehen / und wahre gewiffe Weyde für die Schaft finden / daß ihr
fie möget in Ehrifti Grafe wenden / fo laffet es nur bleiben.
64. Eure Schulen-Kunft / daihreinander mit Worten der
Vernunfft fchlaget und überwindet / und hernach ſolche Ver⸗
ttunfft-überwindung für Chriſti Wahrheit fchreibet und Ichret /
Das gilt euch wichts vor GOtt / denn Chriftus hieß diefe Diebe
und Mörder / welche auffer feinem Geifte und Wiſſen / zu einer
andern Thüre (als nehmlich durch Vernunfft⸗ſchluͤſſe) ohne
Chriſti Wilfen und Willen einftiegen. Seyd ihr nicht mit Chris
fi Geiſt gewapnet / fo ziehet nicht in den Krieg wider einen fols
chen mächtigen Feind den Teufel/ und wider GOttes Gerech⸗
tigkeit im Zorne/ ihr werdet mit euren Bernunfft-Schlüffen /
ohne das Blut Chrifti in euch / allda nichts erhalten / fondern ihr
werdet nur in GOttes ferengen Gerechtigkeit in ewren Ver⸗
nunfft⸗ Schluͤſſen gefangen] und zu falfchen Propheten im Zorne
GHtte8 erwähler.
65. Denn Eeiner ift ein Prophet er fey denn indem groſſen
Uhrwerck Göttliher Ordnung imausgefprochenen Wort / im
Ziel derfelben Zeit / aus GOttes Gerechtigkeit gebohren / Da der
heilige Geift GOttes / durch daſſelbe Ziel / in Göttlicher Ord⸗
nung redet. Ermußein Zielfenn in dem Uhrwerck im Myſterio
Magno, durch welchesder Geiſt GOttes /auff einander Zielder
Dffenbahrung deutet. Wie denn die Propheten ſolche waren /
und noch heute find / welche im Ziel des groffen Uhrwercks / in der
Genaden-Berfehung in Ehrifto IESuU ſtehen / da uns GOtt
in Chriſto IESU / vor der Welt Grund verſehen (als geſchen)
hat. Er muß in GOttes Gerechtigkeit mit ſeinem Prophetiſchen
Geiſte inne ſtehen / und eben in dem Ziel / da GOtt hat den Ra⸗
men ſeiner Liebe / in die Gerechtigkeit einverſehen / auff daß er
aus dem Grunde des Geſetzes der Gerechtigkeit GOttes Für>
faßes / und denn auch aus dem Grundeder fürgefegten Genade
gebohren fey/ dag er möge Geſetz / als GOttes Gerechtigkeit / und
auch Evangelium / als GOttes Liebe / und des Geſetzes Erfüls
lung Ichren.
66. Diefer ift ein rechter Prophet / und Eein anderer / denn er
iſt das Ziel eines Reichs / im Myfterio Magno , dardurc und
daraus die Ordnung der Reiche auff Erden urftänden/ er ift deſ⸗
gelben Reichs Mund; weiler aber Ichren muß / wie das GOttes
Gerechtigkeit im Zorne mit der Genaden getoͤdtet werden ſoll /
und
1790 VBonderGenaden Wahl, Cap. zz;
und daß die Genade vonchedem Zorne fich gang einergeben müffe
in die Tödtung der Gerechtigkeit: fo wird er auch im Procets -
Eyrifti/ derfelben Gerechtigkeit GOttes von den falfchen Proz
pheten und Pharifeern mit-geopffert; denn das foll und muß
ſeyn / auff dag fein Ziel auch im Blut Chrifti hindurch durch den
Zorn geführet werde; und das Zielder Gercchtigkeit indie Ge⸗
nade geſetzt werde / darumb muͤſſen die Proppeten Chrifti Maͤr⸗
terer werden,
67. Dieſes mercket wohl / alle die ihr wollet lehren / und mey⸗
net ihr ſeyd darzu beruffen / ſehet ewren Beruff in euch wohl an /
ob ihr auch von Gott in ſeinemlhrwerck in Chriſto beruffen ſeyd?
Ob euch Chriſtus in euch mit ſeiner Stimme hat beruffen? wo
nicht / fo ſeyd ihr anders nichts als nur falſche Propheten / die da
ungefendet lauffen / umd nicht zur Thüre Chriſti in den Schaf:
ſtal gehen.
68. Daß ihr euch auf Menfchen Ruff ſteuret / das gilt wohl
vor Menfchen/ und Gott laͤſt ihm das auch gefallen was Mens
ſchen thun / wenn es in feiner Ordnung gefchicht/ fonderlich wenn
ihr euch aus Menſchen Ruff/ in GOttes Ruff einergebet / und
auch dencket / wieihr des Goͤttlichen Ruffs in cewrem Menfcheits
ruffe / fähig werden wollet/ wo das nichtift/ und ihr nur im
Menfchensruffe in eigenem Willen bleibet/ fo figt ihr auff dem
Stuhl der Peſtilentz / und ſeyd Pharifter und falfche Propheten.
Und wenn ewrer gleich viel hundert-tauſend waͤren / ſo macht das
Ambt euch nicht zu Propheten und Hirten Chriſti / ihr gehet
denn durch Chriſti lebendige Thuͤr ein. Und ob dieſes wohl dem
Phariſaͤo nicht ſchmecken wird / ſo iſt doch die Zeit gebohren /
und das Ziel verhanden / daß es ſoll offenbahr werden /
und darfuͤr huͤlfft keine Menſchen⸗liſt mehr; Weh dem
Volck das dieſes verachtet / es wird in GOttes Gerech⸗
tigkeit im Eyfer gefreſſen werden.
69. Item, die Vernunfft wirfft auch den Propheten Jonam
ein zu ihrem Beweiß / daß GOtt die Menſchen zum Boͤſen und
Guten / als zu ſeinem Fuͤrſatz zwinge / wie er Jonam zwang / daß
er muſte gen Ninive gehen.
Erklaͤrung.
70. Hoͤre Vernunfft / irre dich nicht / GOttes Geiſt laͤſt ſich
nicht von der Vernunfft richten. Jonas war ein Prophete ge⸗
bohren aus dem Ziel des Bundes / und ſtund in Chriſti Figur /
wie Chriſtus dem Zorne GOttes im Rachen des groſſen —
ſches
Ku R 2 * * —
Sapırz. Von der Genaden⸗Wahl. ı9E-
fiſches Goͤttlicher Gerechtigkeit (dieſelbe zu erfüllen) eingeworf>
fen werden follte: wieer indas Meer des Todes eingehen follte)
und wie ihn der Zorn GOttes / (welchen er in demfelben Ball:
fifche des Todes uberwand)wicder [chendig und ledig aus fich aus
gehen laffen follte / wie Jonas aus dem Bauche des Wallfiſches.
71. Erwar eine Figur Chriſti / und aus dem Zieldes großen
Uhrwerds/ aus Myfterio Magno,aus beyden Fürfäsen GOttes /
als aus feiner Genade / und aus feiner Gerechtigkeit gebohren /
und zur Figur / alszı einem Spiel des Geiftes GOttes darge
ſtellet / da der-Geift in diefer Figur auff Chriftum fahe und deu⸗
tete / wie nehmlich die Menfchheit Chriſti / als unfere angenom>
mene Menfchheit für Ninive/ als furder Gefahr des Lebens /
fich entfegen würde; wie denn Chriſtus ſagte / als jest die Zeit
da war / daß er follte gen Ninive /alsin GOttes Zorn eingehen +
Vaͤtter / iſt es muͤglich / fo gehe diefer Kelch von mir. Item, Er
verbarg fich offters für ven Pharifeern / als den Niniviten / wie
Jonas für Ninive.
72. Auch deutet dieſe Figur an / daß wenn wir arme Joniten
dem Volcke die Straffe und Gerichte GOttes anfagen ſollen /
und unſer Leben unter ſte umb der Wahrheit willen wagen muͤſ⸗
ſen / wie man Ausfluͤchte ſucht / und ſich auff das Meer der Welt
begiebet / unter die fetten Tage / und fleucht von GOttes Befehl /
ſchweiget ſtille / aus Furcht vor den Niniviten: alsdenn komt
der Wallfiſch GOttes Zornes / und ſchlingt die Propheten in
ſeinen Mund.
73. Daß aber Jonas mit Gewalt hinzu getrieben ward / deu⸗
tet an / dag der Fuͤrſatz GOttes des Vatters/ in Chriſto follte
und muſte beſtehen: daß ob gleich Adam von GOttes Gehorſamb
ſich abgewandt in die Bildligkeit dieſer Welt / (dardurch der
Menſch dem groſſen Wallfiſche / dem Tode übergeben ward)
noch ſollte GOttes Fuͤrſatz beſtehen / und Adam in Chriſto / aus
dem Bauche des Todes auffſtehen.
74. Das iſt die Figur mit Jona / ihr lieben Brüder / und
nicht ewer Fürfak und Zwang zum böfen und guten.&s ift Chris
fti Figur/ darumb laſſet ab von ſolchen Schluͤſſen / und lüftert
nicht den heiligen Geift in ſeinen Wundern in der Figur Chris
ſti / mit Andeuten irriger Meynung / oder ihr werdet mit ewren
Schluͤſſen in das Meer GOttes Zorns geworffen werden / ſollen
und wollen wir euch in Siehe bruͤderlich warnen.
Das
.192° Von der Genaden⸗Wahl. Cap. r3
Das 13. Capittel.
Summariſcher Schluß aller dieſer Fragen.
1. Je Vernüfft fuͤhret auch endlich den Spruch Chris
ſti ein / Joh. 17.6. da cr ſaget: Vatter / ich habe dei⸗
nen Namen offenbahret den Menſchen / die du mir
von der Welt gegeben haft. Damit wil ſie bewei⸗
ſen / daß Chriſtus ſeinen Ramen Niemanden offen⸗
bahre / der Vatter gebe ihn denn ihme zuvorhin aus feinem Fürs
ſatze / ob er wolle / oder nicht.
Erklaͤrung.
2. O du gar jaͤmmerlich verblendte Vernunfft / wie biftu fo
blind! Weiſſeſtu / was des Vatters Geben iſt ? es iſt das Cen-
trum in der Seele / als des VattersWillen in der Scientz der ewi⸗
gen Gerechtigkeit / da die Scientz entweder mit Begierde des
Grewels / odermit Göttlicher Siebe der Geraden beladen wird/
dahin giebet fie das fprechende Wortin GOttes Gercchtigfeit;
entweder in eine Wurtzel einer Diſtel / oder ineine Wurtzel des
Glaubens-ſaamen. Der Wurtzel im Glaubens-ſaamen wird
Chriſtus offenbahr / denn es iſt Chriſti Wurtzel / daraus ein
Chriſt in Chriſto gebohren wird / denen / oder dieſen Chriſten⸗
Menſchen hat Chriſtus von der Welt her ſich immerdar offen⸗
bahret/ / und ihnen GOttes Namen gegeben / denn er ſelber iſt
GOttes Name.
3. Dieſer Text iſt nicht zu verſtehen / als wenn GOtt vor dem
Anfange der Welt einen Schluß gemacht hätte / und den Schluß
in eine gewiſſe Ordnung und Zwang geſetzt / wie viel er ihme ge⸗
ben wolte / und welche: und daruͤber koͤnte nicht geſchritten wer⸗
den / wie es die gefangene Vernunfft alſo verſtehet; Nein / nein /
der Baum Chriſti iſt unmaͤßlich / GOttes Genade / und auch
ſeine Gerechtigkeit im Feuer / ſeynd unmaͤßlich alle beyde. Denn
haͤtte GOtt ein Ziel in Liebe und Zorn geſetzt / ſo ſtuͤnde daſſelbe
in einer Maͤßligkeit in einem Anfange / alſo muͤſte man auch
dencken / daß es ein Ende nehmen würde. Nein / nein / der Vaum
der Erkaͤntnuͤß Gutes und Boͤſes ſtehet in dem ewigen Grunde /
da keine Zeit noch Ziel innen iſt. GOttes Genade in Chriſto iſt
unmaͤßlich und von Ewigkeit / alſo auch das Reich der Natur
im Myfterio Magno, daraus die feurifche Scieng aus dem Willen
des Ungrundes fich offenbahret hat. Wie Ehriftus den Menſchen
(als der Burseldes®laubens-faamens)vomAnfange der Aßelt/
GOttes Namen offenbahret bat alfo auch big ans ie *
e
Cap. 13. Von der Genaden Wahl. 193
Welt; denn alſo ſagte er auch zu ſeinen Juͤngern / als ſte ihn
vom Ende der Welt fragten: Wieder Blitz auffgehet / und ſchei⸗
net biß zum Niedergang / alſo ſollte auch ſeyn die Zukunfft des
Menſchen Sohns. Wie die Sonne den gantzen Tag allen Din—
gen ſich einergiebet / undauff fie fcheinet / undinalle Dinge lich
eindrenget / es ſey gut / oder boͤſe: alfo auch die Göttliche Sonne
Ehrijtus / als das wahre Liecht der Welt.
4. Ehriftus entzeucht ſich Niemanden mit feinem Liecht der
Genaden/ er ruffet fiealle / und ſcheinet mit feiner Stimme in
ſte /gar feinen ausgenommen; aber fic hören und fehen ihn nicht
alle denn fie feynd nicht von GOtt: Die Sciens des ungründlie
ben Willens des Batters in der fechifchen Creatur / hat ſich in
fremde Bildligfeit zu einer Diftelder Schlangen eingefuͤhret /
dieſe fichet und höret nichts / wenn GOttes Gerechtigkeit in ihr
ſpricht: Thue recht / oder ich wil dich toͤdten / denn diß und das
iſt Suͤnde / thue es nicht / oder du wirſt von GOtt verſtoſſen.
5. Wenn dieſes die Seele in ihr hoͤret / ſo komt der Teufel in
feinem Schlangen⸗Bilde / und ſpricht in die Scientz: Harre noch
im Fleiſche in dieſer und jener Luſt / als in Geitz / Hoffarth / Neid/
Zorn / Hurerey / Fuͤllerey / Spoͤtterey / es iſt noch wohl Zeit daß
du Buſſe an deinem Ende thueſt: Samle dir von ehe einen groſ⸗
fen Schatz / daz du der Welt nicht mehr bedarffft / alßdenn tritt in
ein frommes Leben / ſo kanſtu einſam leben ohne der Welt Spott /
und bedarffſt ihrer nicht.
6. Alſo wird ein Tag und Jahr auff das ander geſetzt / biß an
die Stunde des Todes / alßdenn wil man auch ein Genaden=
Kind / und ſeelig ſeyn / da man dech die ganze Seit in der Schlan⸗
gen geſteckt hat / da ſoll denn der Prieſter mit GSOttes Leichnam
kommen / und die neuwe Engels-Gebuhrt mitbringen / da ſie
mancher Prieſter ſelber nicht hat / und eben auch an dem Orte
zu Gaͤſte iſt.
7. Dieſe / weil ſie in der Schlangen ſtecken / ſeynd Chriſto
nicht gegeben / ſondern dem Zorn GOttes; der Zern GOttes
laſſet fie wicht loß / Die Scientz der Seelen wende ſich denn in ihr
Be Genaden; und fodasgefchicht / foift es das Beben / denn
Die Böttlihe Sonne ſcheinet alßbaldi in die ſtillſtehende Scient /
and zündet ſie an unddas Anzündeniftnunder Name GOt⸗
#es/ welchen Chriſtus ber Seclen giebet 7 davon ſie anhebt in
Shrifto zufchöpffen / md Buffe der Vergebung gu würden}
nehmlich wenn ſit anhebt vonder Einbildung der Falſchhei it Ride
au ſtehen. |
” 8. Denn
194 BonderGenaden Wahl. Cap. rz;
8. Dennmanfpriht: Nicht mehr thun / iſt die gröfte Bürfe;-
das gefchicht / wenn der Grund der Seelen anhebet ftille zu feyn
vonder Einbildung/ undgchetinihren Abgrund / welches fie zu
thun Macht hat fie fey denn ſchon eine Diftel/ fo laufft und
waͤchſt ſie ans Ende der Zeit : Jedoch ift kein Gerichte von auſſen
über fie/ als nur ihr eigen Gerichte/ weil fie im geben dieſer
Welt iſt / biß zur Ernde Zeit; aber fchwerifts/ foder innere
und auch der Auffere Grund der Auffern Conftellation, falfch ift/
dic lauffen gemeinlich big ans Ende alfo/ alßdenn komt nur
Judas-Buſſe / und hülfft fiedas Kitzeln mit dem Leyden Chrifts
wenig / wenn nicht Ens des Glaubens da iſt.
9. Die Pracht mit den herzlichen Begraͤbnuͤſſen des toden
Thieres / tft nur des Teufels Spott/ daß er fie damit fpottet ;:
denn die zugerechnete Genade gilt nicht von auffen / dag wir mit
auswendigen Genaden- XBorten loßgefprochen werden / wie ein
Herroder Fürft einem Mörder das Leben aus Genaden ſchenckt:
Dein nein /es mug die zugerechnete Genade Epriftiin ums / in
dem inwendigen Grunde der Seelen / offenbahr / und unfer Le⸗
ben werden.
10. Mar ſoll die Buſſe nicht ans Ende fparen denn ein al⸗
ter Baum wurgeltübel; iſt Chriſtus nicht in der Seelen / fo iſt
feine Genade oder Vergebung der Sündens denn Chriftus fels
ber ift die Vergebumg der Sünden / welcher die eingeführten:
Grewelin GOttes Zorne / Inder Seelen / mit feinem Blute in
uns transmutiret / und in das Göftliche Feuer verwandelt; wie
er zu den Pharifeern bey dem Gichtbrüchtigen Menfchen fagte 7
als cr ſprach: Deine Sünde find dir vergeben; das gefchahe /
da er Chrifti Stimme in feiner Seelen fing / da vergab ihn das
lebendige Wort in ihme feine Sünde / dasift/ er uͤberwaͤltigte
die Sünden / und tratt der Schlangen eingefuͤhrtem Grewel/
mit dem Feuer der Siebe / auff den Kopff ihres Willens.
ıı. So fan nım Niemand die Suͤnde vergeben als Chriſtus
un Menfchen; wo Chriftusim Menſchen lebt / daift die Abfor
lution; dennda Chriftus ſagte: Nehmet hin den heiligen Geifty
welchen ihedie Sünde erlaſſet / denen find fie erlaffen : und wels
chen ihr ſie behaltet denen find fiebehaltens Das gehetauff die
wahren Apoſtel / und ihre rechte Nachfolger / welche den heiligen:
Geiſt aus Ehriſto genommen haben / und weiche felber in Chriſto
ſeben / und ſind und Chriſti Stimme in ſich haben / dieſe haben
Macht in die hungerige Seele einzuſprechen das lebendige Wort:
Chriſtl / das in ihnen wohnet / und der andern Feiner wicht / fie:
3 heiffen
Eap.rz. Von der Genaden Wahl. Toy
heiffen und gleiffen gleich wie fte wollen / fo müffen fie Chrifti A=
poftel ſeyn / wollen fte fein Amt verwalten / fonft feynd fie nur
Phariſeer und Woͤlffe.
12. Auch fo muß die Seele ihren hungerigen Mund gegen dem
Einſprechen auffthun / font gehet das Wort in fienicht ein; als
es denn nichtin alle ging wenn Chriftus felber predigte und lehr⸗
te / fondern nur in die hungerigen ımd dürftigen Seelen / von
welchen Chriſtus ſagte: Seelig find die da hungern und dürfte
nach der Gerechtigkeit / denn ſie follen fatt werden/ verfichet/ mit
der Fülle feines Wortes.
23. Denn nicht bey Menfchen ftehet das Günden-vergebens
fondern im Gewalt des Woris Chrifti/ dasim Menfchen woh⸗
net sicht des Menfchen Sprechen vergiebet die Suͤnde / ſondern
GOttes Sprechen im Menfchen- Wort. Dasgehet nun nicht in:
die falfche Diſtel / fondern in die Seele / wo der Glaubens-Saas
me im Schall der Bewegnuͤß lieget / und wo die Seele von der
Bildung der Schlangen-WVegierde / ſtille ſtehet.
24. Darumb verlaſt euch nicht auff Menſchen / fie koͤnnen euch‘
die Suͤnde nicht vergeben / und die Genade geben / ihr hungert
denn und duͤrſtet ſelber nach der Gerechtigkeit: die Buſſe fpa>
sen (oder die abſolution) biß an das Ende / das iſt eine Judas⸗
Buſſe / es gilt nicht nur Troͤſten / ſondern New⸗gebohren werden,-
15. Alſo ihr lieben Bruͤder / habe ich auff angeregte Puncten /
kuͤrtzlich aus dem Grunde antworten wollen / und iſt dig meine
Meynung: daß der Schrifft Spruͤche alle wahr ſind / aber die
Eigene Bernunfft irret / und verſtehet dieſelben auſſer Chriſto
nicht. Der Apoſtel ſaget: Wir haben nicht einen Knechtiſchen
Geiſt empfangen / daß wir uns abermahl fuͤrchten doͤrffen / for»
dern einen Kindlichen Geiſt / der da ſchreiet Abba lieber Batter,-
Roͤm. 8.v. 15. Nicht der Welt / oder des Fleiſches Sinn / haben
wir empfangen in der verheiſſenen Genade / ſondern den Kindli⸗
chen Sinn Chriſti / derung frey gemacht hat von dem Geſetze der’
Sünden. Daruub ſoll ein jeder geſtnnet ſeyn wie Jeſus Chri⸗
ſtus / der einige Menſch in Genaden / ſagt der Apoſtel / und wer
diefen Sinn nicht hat / der vernimt nichts was des Geiſtes GOt⸗
tes iſt / es iſt ihm eine Thorheit / und begreifft es nicht. Philip.
d. 5. JtemıEprint.z.v.14. *
16. Ob wir nun in dieſer ſcharffen Ausfuͤhrung / manchem
ſtumm ſeyn moͤchten / und ein Anſtoß oder Aergernuͤs / in deme
er fagen wolte / wir brauchten fremde ungewoͤnliche Reden if
anſerm Grundes ſo ſagen wir mit Wahrheit vor GOttes Au⸗
J 2 gen?
196 Von der Genaden Wahl. Cap. 13.
gen / daß wir es anderſt (als es uns in Ehrifti Sinn iſt gegeben
worden) zu geben nicht haben; wer aus Chriſto iſt / der wirdes
wohl verſtehen / den andern Spoͤttern und Kluͤglingen / welche
Vernunfft zum Meiſter haben / denen haben wir nichts ge⸗
chrieben.
17. Wir vermahnen aber unſere Liebe Bruͤder inChrifto/folchen
Tractat mit Gedult durchzuſehen un zu leſen / deñ fein Name heiſt
Je laͤnger je lieber: je mehr geſucht / je mehr gefunden. Weil
Chriſtus uns ſelber heiſſet ſuchen / anklopffen / und bitten / und
uns die Verheiſſung gethan / daß wir ſollen empfahen und fin⸗
den; ſo ſollen wir nicht in Suͤnden wollen ſtille ſtehen / und auff
das warten / biß uns die Genade GOttes uͤberfalle und zwinge;
auch gar nicht dencken daß GOttes Geiſt / aus Boͤſem Gutes
machen wolle / als nur den armen Suͤnder / welcher noch nicht gar
eine Diſtel iſt / denſelben uͤberfaͤllt er freylich manchmahl in ſeinen
Suͤnden und zeucht ihn davon abe; laͤſt er ſich nun ziehen / ſo iſt
es gut; wil er aber gar nicht / ſondern tritt wieder in die Schlan⸗
ge / und creutziget Chriſtum / der laͤſtert den H. Geiſt / von deine
vie Schrifft ſaget / er habe keine Bergebung ewiglich. Hebr. 6.
v. 6 / 7. cap. 10. v. 26.
18. Es iſt kein Menſch welcher ſagen darff / er ſey nicht etwan
etlichemahl gezogen worden ſonderlich in feinen Gedanden /
auchwer Gottlofe alfo. Chriftus fcheinetallen Völkern! einem
wie dem andern / dem einen in feinen geoffenbabrten Namen ;
deu andern Volcke aber in einem Namen des Einigen GOttes /
er zeucht fie alle / und wegen feines Zuges und der Wilfenheit/
welche in ihre Hertzen gefehrieben find/ daß fie willen dag ein
Gott ſey / welchen fie ehren follen / und ſie das nicht thun / fo
werden ſite gerichtet werden,
19. Wie viel mehr aber werden wir / die wir uns Chriſten
nennen / und das wahre Wiſſen haben / halten aber die Wahrheit
auff / und verwandelt fie in Luͤgen / umb einer gefaſten Meynung
willen / die wir uns einmahl eingebildet / und bey der Welt das
mit bekannt gemacht haben? Und ob wir hernach gleich an das
Liecht geführet werden / fo gönnen wir uns der Ehren mehr / als
GOtt / und wollen das Liecht mit fremder Deuteley verbergen /
deſchmudeln und zudecken / auff daß der Menfchen Wahn) als
ein Abgott / in Chriſti Stelle ſitze; wie es denn vielmahl alſo
gehet / und Babel gantz darinnen ſtehet / daß mancher nicht nach⸗
laͤſt ſeine einmahl bekannte Meynung zuverthedigen / und ſollte
r die gantze Schrifft bey den Haaren herzu ziehen.
20. Lieben
Cap. 13. Bon der Genaden Wahl, 197
20, Lieben Herrn und Brüder / laſſet uns Chriftodie Ehre
geben / und uns untereinander freundlich mit zuͤchtigen Worten
und Unterweiſung begegnen; tue einerdemandern feine Gas
ben in brüderlihen Willendarz denn es feynd mancherley Er>
kaͤntnuͤß und Auslegungen / fo ſie nut aus dem Sinne Chriſti
gehen / fo ſtehen fie alle in einem Grunde,
21. Wir ſollen uns wegen der ungleichen Gaben nicht verfol⸗
gen! fondern vielmehr in der Siebe untereinander erfrewen/ dag
GOttes Weißheit fo un⸗ausſchoͤpfflich iſt; und denden auff das
Fünfftige / wie uns fo wohl geſchehen ſoll / wenn alle dieſe Wiſ⸗
ſenheit wird aus einer / und in einer Seelen offenbahr werden /
daß wir alle GOttes Gaben erkennen / und unſere Freude an⸗
einander haben werden / und ſich jeder des andern Gabe erfreuen
wird / wie die ſchoͤnen Blumen in ihren unterſchiedlichen Farben
und Tugenden auff der Erden nebeneinander in einer Mutter
ſich erfrewen: alſo auch iſt unfere Aufferſtehung und Wieder⸗
tunfft.
— Was wollen wir denn allhie zancken umb eine Wiſſen⸗
heit der Gabe? in Chriſto liegen alle Schaͤtze der Weißheit/
wenn wir dehn haben / fohaben wir alles/ verliehren wir aber
dehn / fo haben wir alles verlohren / und auch uns ſelber.
23. Der einige Grund unferer Religion iſt / dag wir Chris
ſtum in uns lieben/ uns uns unterseinander lieben / wie ung
Chriſtus geliebet hat] daß er hatfein Leben für uns in Tod gege>
ben / welche Liebe im uns nicht offenbahr wird / cs werde denn
Chriftus in uns Menſch gebohren und offenbahr / dergicht uns
feine Siebe / das wir uns in ihme lichen /wie er ung liebet; denn
er giebet unferer Selen fein Fleiſch und Blut / immerdar zu
tſſen und zu trincken / und welche Secle diefes nicht iffer und
trincket / die hat keia Goͤttlich Seben in ihr. Joh. 6.
24. Darumbvermahne ich den Sich-habenden Leſer / ob ihme
in dieſein Tractat etwas zu fiharfffinnig ſey; erwolte GOtt die
Ehre geben / bethen / und diß recht leſen; Es lieget alles was die
Sonne beſcheinet / und der Himmel begreifft / ſo wohl die Hoͤlle
und alle Tieffen im Menſchen / er iſt ein nnausſchoͤpfflicher Quell⸗
brunn / er mag dieſen hohen Grund / dehn uns GOtt (als ei⸗
nem einfältigen Menſchen) gegeben hat / mit der Weile gaͤntz⸗
lich / und gar wohl begreiffen und ergreiffen.
25. Al⸗
198 Von der Genaden- Wahl. Cap.ız.
25. Alleine für fhmähen wollen wir ihn als lieb ihm Seele
und Ewigkeitift/ gewarnet haben /denner wird ung nicht rüh>
ren / fondern den grimmen Zorn GDftesinihmefelber. Mich
aber / der Ich verurfacht gewefen bin/ fan er wohl rühs
ren / denn ich ftche ohne fein Ruͤhren in Chriſti Banden. Ich wik
ihn aber in Liebe vermahnet haben/fich als einen Bruder in Chris
flo zur ergeigen / und wo er es in Göftlichen Gaben vermag / eine
noch hellere Erklärung zumachen / fo ich alßdenn diefelbe ſehen
werde / fo wilich mich in fliner Gabe erfrewen / und dem Höch-
fen dancken / der unsallerley Gaben fo reichlich untereinander:
giebet, Amen,
ENDE:
Gegeben den 8. Febr.
Anno 1623.
Fol⸗
Folget das Resifter der Sum⸗
marien diefes Buchs,
Cap. 1.
V On dem Einigen Willen GOttes / und von Einfuͤhrung ſei⸗
nes Weſens ſeiner Offenbahrung. Was der Einige GOtt
ſey? Pag. 5
Enp. 2.
Vom Urftand GOttes ewig-fprechenden Wortes / und vonder
Dffenbahrung Göttliher Kraft / als son Natur und Eigen»
fcharft. %2-
Cap. 2,
Bon der Einführung der feurifchen Scieng / in Geſtaltnuͤß zur
Natur und zum Weſen / wie ſich die Scieng in Feuer einführe/
was das ſey / und wie die Bielfültigung entſtehe. Die Pforte:
des groffen Myfterii aller Heimligkeiten. 23,
Ep. 4
Bom Urftand der Creation. 34
| Say.
Vom Urftand des Menfchen. 4%
Enp. 5.
Vom Fall des Wenſchen / und feinen Weibe. 5
Cap. 7.
Bon der thieriſchen Offenbahrung im Menſchen / wie Adam und
|
|
|
|
Evi ihre Augen auffgethan worden / und wie dasim Grunde
zuverſtehen ſey? 70
F Cap. 8
Von den Spruͤchen heiliger Schrifft / wie dieſelben gegen ein⸗
ander ſtehen: wie man ſie ſoll verſtehen: Und denn von dem
Baum des Lebens / und der Erkaͤntnuͤß Gutes und Boͤſes. 88
Say
Regiſter.
Cap.9.
Bom Gegenſatz der Spruͤche in der Schrifft / als vom rechten
Verſtande der Schrifft. Pag. 116
Cap. Io,
Kurke Berfaffungder Schrifft Einwuͤrſſe / welche die Vernunfft
gefangen halten / wie ſie zuverſtehen ſeynd. 147
Cap. xx.
Weitere Vergleichung und Erklaͤrung der Spruͤche von der
Wahl. . 161
Eap.ı2,
Kurtzer Bericht etlicher Fragen / welche die Vernunfft irren /
darinnen fie meynet / GOtt verſtocke den Menſchen aus einem
ſonderlichen fuͤrgeſetzten Willen. Wie dieſelben zuverſtehen
ſeind. 174
Cap. 13.
Summariſchet Schluß aller dieſer Fragen. 192
——
= Andeutungder Titul Figur über Chriſti Tes
ftamenta.
En man eine böfe giftige Frucht iffet/ fo verschret die
Speifeden Effer/ verderbt fein Fleiſch und Blut wie eim
Feuer / und bringt ihn in Angſt / Wehe und Todt; alß cs dann
der Menſch erfahren / und durch Luſt · Eſſen der Irrdiſchen Tops
des frucht feinen himmliſchen Leib und ſeine Goͤttliche Bildnuͤß
verlohren. —
Alfo muſte das Gifft eſſen / durch eſſen des Goͤttlichen Flei⸗
ſches wieder geſalbet und geheilet / das Feuer mit Waſſer gele⸗
ſchet / Die Finſternuͤß mit Liecht vertrieben / und der Tode mit
dem Leben getoͤdtet werden.
Darumb gehet das Wort Gottes mit der Verheißung zum
newen Leben in den Tode des Menſchen als ein verborgen Feuer
flaͤmmlein / und waͤchſt im Bunde durchs ſeurige Geſetz und
Opffer big die Zeit erfuͤllet / da wird es vom Heiligen Geiſt emp⸗
fangen / und offenbahret ſich der Name Jeſus in Chriſto aus
Marien im Zweyfachen Fleiſch und Blut / laͤſſet das alte ſterb⸗
liche am ſterben / und gibt der Seelen das Göttliche himmli⸗
ſche mit Warfer und Blut / den jungen Kindern imEns des Lebens
durch die Waſſex⸗Tauffe zum Hunger / den Alten in eroͤffneter
Begierde der Gnaden zur Speik und Tranck / auf daß ein New⸗
er Leib im Alten wachſe im newen Goͤttlichen Willen / da kein
Tod erkandt wird / ſondern das ewige Leben im Heiligen Geiſt /
wie Chriftus ſaget / Wer mein Fleiſch iſſet und mein Blus
Trincket / der hat das Ewige Leben; Denn durch dieſes Waſ⸗
ſer / Fleiſch und Blut / wird das Feuer des Zorns GOttes in
der Seelen verſiegelt / und nur zur Bewegligkeit des Lebens und
Frewden im Goͤttlichen Liecht als eine Verborgenheit ge»
halten.
Wie ſolches in diefem Büchlein tief erklaͤret wirde
Und in diefen folgenden. *
Ausora Qap.ı2.v.r22.
Drey Principien.Eap.4.0.13.22.0.78.95. 96.97.98.C. 23.V.1L.22p
13.29. 30. 35. 41. 45. 46. 48. 50. big 53. Appendix v. 28.
Du
AA:
Yu
Dreyfaches Leben. Cap. 13.0.10.13.27.18.23.24.26.
3. Theil der Menſchwerdung Chrifti. Cap. 1. v. 8. c. 7. v. ic.
(.10,0.11. (C. 14. vV. ..
2. Theil der Menſchwerdung Chriſti. Cap. 8. v. x.
Sechß ——— Cap. 8. v. 4. 5. 7. 9. 13. 14. 15. 18. 25. 26.
27.28
Son Ehrifii Teflamenten
Swen Büchlein /
Das Erſte von der H. Tauffe / wie die-
ſelbe im Grunde zu verſtehen / und warumb
ein Chriſt ſoll getauffet werden?
Das Zweyte von dem H. Abendmahl
des HErrꝛn Ehriftil was das fey/ nuͤtze und
wuͤrcke / und wie daſſelbe wuͤrdig
genoſſen werde?
Wie dieſelben / beydes nach dem Alten und Neuen Teſtament /
muͤſſen verſtanden werden.
Aus wahrem Theoſophiſchen Grunde durch die drew
Principia Goͤttlicher Offenbahrung außgefuͤhret / und den
Kindern GOttes zu verſtaͤndlicher Unter⸗
weiſung vorgeſtellet /
Durch
Tara a DS EMS,
Von Alt Seidenburg / x6 23.
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Zu Amſterdam /
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DENE Ze Sn a
EIN IELT
Vorrede an den Lefer /
Wie die Teftamenta Chriſti muͤſſen gruͤndlich
verſtanden / recht ausgetheilet/ und
wuͤrdig genoffen werden.
Ein Spiegel für Die Lehrer und Zuhörer.
Chriftlicher lieber Kefer.
SETIISUNTFN) Iefes Büchlein vonden Tefta>
2) mente Chriftr iſt in dieſer jetzi⸗
GR gen Zeit / da man nur umb
Meynungen ſtreitet / wohl zu
) betrachten: Man iſt faſt gar
J weit vom rechten Verſtande ge⸗
ſchritten / in dehm man Chriſtt
NN Teltamenta wil mir Difpuriren
| amd Schwerd erhalten.
2. £s darff Feines Difpuri-
N rens darzu / fondern nar ein
ernſter / bußferfiger Menieh/ welcher den Glauben hat/ ver»
ſtehet diefe Teftamentliche Einegung und Nieſſung / in der
Krafft Chrifti / aber dem natürlichen Menfchen ifts eine
Thorheit / und Fans nicht begreifen /_x Cor. 2. 14.
3. Ss gehoͤret viel ein anderer Ernft zum wahren Verſtan⸗
De / welcher nicht mie menfihlicher Dernun ft ergriffen wird⸗
und wird von Eeinem Menſchen recht verftanden / es eröffnne
esihm dan der Geiſt Chriſti in feinem Hergen.
4. £s lieget ein feites Siegel davor/welches Feine Vernunfft
noch Runjt Fan auffichlieflen / alsnur das erwuͤrgete Lamb
vom Haufe Iſrael / welches den Schlüffel Davids bat.
Apoc. 3.v.7.
5. Chriſti Teftamenta find der Dernunfft ohne Göttlich
Liecht ein verfchloflenes / aber en wahren Kindern Gttes
Ur ud
Vorrede / vom rechten Berfiande-
und Chrifti ein auffgethanes Bud. CHRISTI Teſta⸗
menta ſind ein Siegel des feſten Eivigen Bundes GOttes /
damit GOtt die Menſchen / nach dem ſchrecklichen Abfall
wieder zu Genaden angenommen / und mit dem Außfluß ſei⸗
ner Liebe / durch ſein Bluth und Todt verſiegelt hat / daß wir
feinem Worte und Derheiflung dweiches Er uns in heiliger
Schrifft bat offenbahret von feinen Sohne mit der Erlo⸗
ſung von der Suͤnden / und zuvorhin durch die Propheten
verkuͤndiget) follen gläuben.
6. Welches WORT in dem Außfluß feiner Liebe in unſere
Menschheit kommen iſt / und eine Menſchliche Seele / auch
Fleiſch und Blut bat angenommen / und folchen Bund mit
ſeinem Bluth und Todt beſte tiget hat: Und ſolches Teſta⸗
ment mafeinen Gläubigen zur Außbeute gibt / Das ſie alſo
su Reben an dem \Deinftocke ſeines Fleiſches und Blutes
machet / Daß fie Ihme darmit einverleibet / und zu feinen
rechten Rindern gemacht würden / in weichen £r_ felber mit
feinem Fleiſch nnd Blut / mit folcher Teftamentlichen Auf⸗
beuthe wohnen wil: Dag fie alfo hierdurch, mit freudiger Zu⸗
verſicht / in rechter Kindlicher Demuth / den Dafter bitten
mögen / in dem Namen feines Sohnes JESU CHriſti / ſo
wil Er ihnen jolche Genade geben. Ioh. 10. 23.
7 Solches Tertament beuf £runs nun in zweyerley
ſtalt an / Sum x. durch fein gepredigtes Wort / dadurch Er die
Hertzen der Zuhoͤrer ruͤhret und auffſchleuſt / DaB fie in rechte
Rewe ihrer Suͤnde eingehen / und fich au foldyer Außbeute
ſeines Teſtaments machen.
8. Zum 2. durch die wahre weſentliche Nieſſung feines
Sleifches und Blutes / welches Das weientliche Wort iſt /
durch den Mund des Glaubens / Damit £r den Glauben
mit feinem Blut und Tode verfiegelt / und dadurch / den
Kebenssverftand des inwendigen Goͤttlichen Behörs er⸗
oͤffnet / daß der arme gefallene Menſch (melcher am Goͤtt⸗
lichen Gehoͤre durch die Suͤnde erſtorben war) in ſeinem
Verſtande das Goͤttliche Gehoͤr wieder erlanget / und wieder
umbkehret / und in ſein erſtes Erbe / das erim Paradis hatte /
eingehet / und feinen Willen GOtt ergibt / Welcher ihm durch
fein Einfprechen fein Hertze / Sinnen und Gemuͤthe verneu⸗
ert/ und mit feiner Auß beute folches Teſtaments in is
bleibet und wohnet / und in feine: n Ölsuben in ihme kraͤffti
wuͤrcket / und an einer neuen Creatur erbiehret / weiche mit ib
rem
Der Teftamenten Chriſti.
ren Beifteim Himmelmandele / und einrechtes Ebenbilde
Gößttes it } dadurch der irrdiſche / fleiſchliche Wille täglich
getödtet wird / und der neugebohrne Wille fäglich gen Him⸗
mel fähret. Ich. 6. 56. Phil. 3.20.
9. Welcher Himmel in dem imvendigen Grunde feines
Lebens / im Geiſte Chriftiin ihme offenbahrist/ Da die guten
Zugiifche Sinmen auff der rechten Leiter Jacobs auff⸗ und
abſteigen / Gen. 28. 12. und Chriftus fein HErzobensuff
der. Spigen zur Rechten GOttes finet / und ihn mit ſeinem
menfhlichen und himmliſchen Fleiſch und Blut vor Gottes
Dorn und ſtrengem Gerichte taͤglich vertritt / und bey ihm
in allen Noͤthen iſt: Auch fein Gebeth in ſich einfaſſet / und
ihn damit vor Tod/ Hoͤlle und Tauffel/ und Gottes Zorn
vertritt.
xo. Solche Außbeute / beydes fein gelehretes Wort / wie
es in der Bibel auffgeſchrieben iſt / und nun in der Sacra⸗
mentlichen Nieſſung empfangen ern da £rfein Dort mit
und in feinem Sleifch und Blut darbeut / foll ein Chriſten⸗
Menſch annehmen / fich zu ſolchem Gebrauch finden / und
ich dardurch mit der Gemein dechriſti gliederlich verbind ent
ann in Chriſto find wir allenur Einer/mie der Baum ist ſei⸗
nen Aeſten. Gal. 3.23.
ır. Nicht zu verstehen! daß — Bund und Teſtament
nur mit einem aͤuſſerlichen Gehoͤre des gepredigten Worts /
und Neſſung Brods und Weins beym Teſtam̃ent gegeben
werde / wie die jetzige Welt alſo in vielen Hergen irret? Neim /
es muß rechter Ernſt ſeyn mit wahrer Buß⸗ wuͤrckung / daß
Gott mit dem Schluͤſſel feiner Liebe das Gehör und den
rechten Mund aufrichleuft und eröffnet / welcher ſolch Te⸗
ſtament empfangen ſoll / daß die arme Seele einen rechten
Hunger und Durſt darnach habe / und ihre Begierde durch
Chriſti Leyden / Sterben / Tod und Aufferſtehen darzu führe.
ı2. Anderſt iſt Bein rechter Mund au folcher Nieſſung; £s
muß ein rechter ernſter Vorſas fern / den befidelten Rock
auß zuziehen / und wollen in ein neues Leben fretten: Thun]
Thun muß es feyn/ oder gilt nicht.
13. Diefe Außbeute gehörer nur Chriſti Rindern / welche
fein Wort im ihren Herzen hören und bewahren daß es
Frucht bringer. £s fol und muß ein grofler Ernſt dabey
ſeyn / beydes bey dem Lehrer und Hörer ; Dann mwileiner den
Sund Ehriſti anruͤhren und — theilen / ſo nuiß er
3 such
Vorrede / vom rechten Verſtande
auch ſelber des Bundes und Teſtaments faͤhig ſeyn: Sollen die
Schafe Chriſti Stimme aus ſeinem Munde hoͤren und ihme
folgen / ſo muß auch Chriſti Geiſt und Krafft in ſeiner Stim⸗
me ſeyn; Sonſt iſt er nur ein Miedling / und Die Schafe
hoͤren nicht Chriſti Stimme aus ſeinem Munde / ſondern
ar Menſchen⸗Worte. Joh. xo:
14. Alſo follen auch Des Zuhörers Ohren in rechter Buffe _
zu GOtt gerichtet ſeyn / daß fie auch die Stimme Chrifti
bören mögen: Nicht allein mit äufferlichen Ohren / ſondern
mit Ohren Göttlicher Krafft / daß des Lehrers und Hörers
Krafft miteinander zutreffen / auff daß der Geiſt Chriſti
zwiſchen ihnen wuͤrcke / und das Hertze die Krafft des Leh⸗
rers empfinde / Daß eine gute Frucht daraus mache,
15. Ein Lehrer ſoll nicht nur umb des Lohnes willen leh⸗
ren / ſondern wiſſen und wohl bedencken / daß er allda an
Chriſti Stelle ſtehet / und daß Chriſtus durch ihn lehren wil /
ſo er anderſt ein rechter Hirte iſt.
16. Alſo auch ſollen die Zuhörer ihre Ohren darzu neigen /
und dencken / daß ſte allda Chriſti Stimme hoͤren / und mit
groſſen Ernſte annehmen. Nicht dencken / es ſey genug / daß
ſie in die Rirche geben / und eine Stunde Predigt hören / und
hernach alſo bleiben wie zuvorhin: ein / mit folchen Kir⸗
chen⸗gehen und Hören IE GOtt Fein Dienſt / es beffert fie
nichts / foren fie nicht Inder Predigt haben gehörer Chri>
ſtum im ihren Hergen lehren : Das Rirchen-gehen from⸗
mer Feinem nichts / er höre Dann in der Kirchen GOttes
Wort in ſeiner Seelen würcklich.
17. Alſo iſt auch bey den Sacramenten nicht zu dencken /
es ſey genug / daß man beichte und hinzu gehe / als naͤhme
ſolcher Gebrauch die Sünden hinweg ohne wahre Buſſe / daß
man hernach moͤge auffs newe fuͤndigen: Nein / das geſchicht
nicht / Wer gewaſchen iſt / und ſich heruach wieder mit dem⸗
felben Vnflat beſudelt / der iſt als vorhin.
18. Chriſtus muß dich in deiner Seelen mit ſeinem Leyden
und Todte abſolviren / und dir ſeine Gnugthuung in deine
Seele einſprechen: Anderſt gilts nicht. Des Prieſters Mund
iſt nur ein aͤuſſerlicher Werckzeug / und wuͤrcket in ſeinem
Geiſte mit: So er aber nur ein Miedling iſt / ſo kan er nicht
mitwuͤrcken / es wuͤrcket aber gleichwohl der Bund GOttes
I Chriſto Jeſu in dem bußferrigen Hertzen / und abſolviret
tt,
19 Lieben
der Teftamenten Chriftt.
19. Lieben Brüder / beydes Lehrer und Hörer) dieihr det
Bund Chriftiantajtet / ſehet zu / was ihr thut / Ss iſt ein
groſſer Ernſt darbey / daß ihr nicht des Todtes Chriſti ſchul⸗
dig werdet. Betrachtet ja den groſſen Ernſt GOttes fleiſſig /
wie £r dieſen Bund mit fo groſſer | fehwerer Marter und
Angſt / durch ſolche groſſe Schmach und Leyden eingeſetzet
hat: Es muß ja gar eine groſſe und ſchwere Urſache gehabt
haben / daß ſolch Teſtament iſt mit ſolchem Ernſte verordnet
worden.
20. GOtt fordert vom Menſchen hinwieder auch Ernſt /
ſolch Teſtament anzunehmen : Nicht mit kaltem und lawem
Hergen nur wollen das Leyden Chriſti über die Suͤnde dec⸗
ken / und ſich deß in Unbußfertigkeit troͤſten.
21. Nicht eine von auſſen Vergebung iſt es / welche dem
Menſchen von auſſen zugerechnet wird: Nein / ſondern
durch Chriſti Blut und Todt. Wann die arme Seele dahin⸗
ein dringet / ſo wird ihr das Leyden / Sterben und Auffer⸗
ſtehen / ſambt der Genugthuung / in dieſem Teftamentlichen
Bunde / im Blut Chriftiangezogen. Das toͤdtet die Suͤnde /
—* und Hoͤlle / und fuͤhret die arme Seele in Chriſto zum
after.
22. Ss iſt nicht genug / Daß mars wifle / daß Chriftus für
die Sünde gejtorben fey / und dehme Beyfallgebe und es für
wahr halte/ und die Genugthuung als ein geſchehenes Werck
annehme: Wein nein / es iſt Fein ſolch Mehmen / ſondern
der gantze Menſch muß ſich darein ergeben / und des boͤſen /
natuͤrlichen / eigenen Willens / ſambt der falſchen Luſt / in
Chriſti Tod wollen ſterben. Alßdann zeucht ihme Chriſtus
ſeine Uberwindung und Genugthuung an / und gruͤnet der
wahre Himmliſche Geiſt durch Chriſti Tod in feiner Auffer⸗
ſtehung aus / wie eine ſchoͤne Blume aus der wilden Erden:
Und allda iſt ein wahrer Chriſt gebohren / welcher ein Rebe
en Chriſti Weinſtocke iſt. Johan. 15.
23. Hierzu gehoͤret nun nicht groſſe Kunſt oder Wiſſen⸗
ſchafft / ſondern nur kindliche Sinfalt und Demuth. Der
Bawer iſt deme ſo nahe als der Doctor / ſie muͤſſen alle in die
Einfalt Chriſti in Gehorſam tretten / und mit dem verlornen
Sohne und zoͤllner im Tempel kommen; Ss iſt kein anderer
Weeg darzu.
24. £s darff keines groſſen ſpeeulirens darzu / mit was
sterlichen Worten oder Gebärden .. darzu kommen *
4 J
Vo rrede / vom rechten Verſtande der T. C.
ke | ſondern nur mit den Rindern / welche ſich dem Vatter in
die Buthe ergeben / und Gnade bitten / miuͤſſen wir kommen.
25. Welcher viel gelernet hat / und weiß / wie er ſich ſoll
dar zu ſchicken / iſt GOtt nicht angenehmer / als der welcher
nichts weiß / und ſich aber mit gantzem Hertzen und Seele
in Rewe ſeiner Sünden zu Ihme wendet / und hat einen
Glauben zur Genade / und einen rechten ernſten Vorſatz eine
newe Treatur 3u werden. .
26. Diefer Grund wird nurdarumb fo tieff außgefuͤhret 7
Daß diejenigen / welchedarumb ſtreiten / mögen den wahren
inmendigen Brund fehen / und vom Streiteauffhören / und
ſich in die Sinfalt und Liebe Jeſu Chriftt ergeben. Dadurch
würde alfbald des Sathans Gewalt geſchmaͤlert / und
wuͤrden die Voͤlcker ſehen / daß die Chriften GOttes Rinder
wären / fo fie alſo in Liebe wandelten/ umb welcher Mey⸗
nung willen diefes Büchlein gefchrieben worden iſt.
ag.9:
Dası.Lapittel.
Bon der Bernunfft ſelbſt⸗Beſchawligkeit / wie ſie in
Creaturlicher Form pfleget zu lauffen / wann fie
Ehriftum und feine Teſtamenta betrachtet.
I.
— Ller Streit und Mißverſtand
von ChriſtiPerſohn und feinen
> ‚ binterlaffenenZeftamenten urs
SD ftändet von der abgewichenen
N Ereatürlihen Bernunfft/ wel⸗
WIE He wil eine Meifterin aller
Weſen ſeyn / und nur in die
Vielheit der Weſen / und in der
Weſen Unter ſcheide ſiehet / und
9 N fich in folder Beſchawligkeit
Ay
nur felber verleuret / und von
: ihrem Centro oder Ürfprung
— abbricht / und in der Bielheit
der Weſen die Sinnen zerſtrew et / dag fie nicht ſehen mögen /
was ihr Grund ſey / darauf ſte ent ſeringen / und brechen ſich alfa
in ihrer Berwirrung und Außla uffen von ihren Chaos, als von
dem Ewigen Wort GOttes / und von dem Ewigen Böttlichen
Sprechen abe. In welchem fprechenden Worte doch alle Wefen
mit Berftande/Bernunfft und Sinnen fichen/ und ihren Srund
und Anfang davon nehmen.
2. Dann fo der ungründliche/ unnafürliche und uncreafür-
liche GOTT / als das Ewige EINE / fein WORT nicht mehr
ſpraͤche / und das Sprechen auffyorete/fo wäre auch fein Verſtand /
Vernunfft noch Sinnen mehr / auch weder Natur nech Creatur /
und waͤren alle Weſen ein Ewig Nichts. Dann alles Leben ur⸗
ſtaͤndet von dem Außhauchen des Ewigen Einen / als von der
Ungrunde. Es mag keine Formligkeit in dem Ewigen Einen
ſeyn / darnach oder darauß Etwas gemacht ſey worden.
3. Dann ſo eine Formligkeit zu einer Figur waͤre geweſen fo
müfte wieder eine Urfache ſeyn geweſen / davon die Form wäre
entitanden / und wäre SH nicht ein Einiger GOtt / der ohne
Grund / Zeit und Staͤtte waͤre: Dann Alles / was Anfang hat /
das iſt gruͤndlich: Was aber keinen Anfang hat / das iſt ohne
Grund und Form. Us 4. Als
so Baserfte Büchlein der Teſtam. Cap. r;
4. Ale Anfänge gehen aus dem Emigen Einen durch das
Außhauchen des Ewigen Einen / tadurc fi das Ewige Eine
in cine Selbft-Befchawligkeit/ Empfindligkeit und Findligkeit
zu feinem felbft-beivegen und formen einführet. Alle ſichtbahre
und unfihtbare Weſen / Geiſtlich undEörpörlich/haben ihren Urs
fprung in dem Außhauchen des Ewigen Einen genommen / und
fichen mit ihrem Grumde darinnen.
5. Dann der Anfang aller Werfen iffanders nichts / als eine
Imagination de8 Ungrundes / dag ſich derſelbe durch feine eigene
Suftimeine Imagination einführet / modeltund bildet / und die
Bildligkeit inſaſſet und vondem Ewigen Einen außhauchet zu
feiner ſelbſt-⸗Beſchawligkeit.
6. Welches Hauchen das Ewige Wort der ungründfichen
Gottheit ift / alsein Außfprechen des Ungrundes in Grund /
des Unweſentlichen mein Wefentliches: In Welchen die gantze
Creation mit dem Außſprechen / alsin der Schiedligfeit des
Sprechens ihren Anfang genommen/und noch immerdar nimbt >
Und ſtehet alles $eben in derſelben Schiedligkeitdes Sprechens /
da ſich die ingemodelte Imagination in dem Außhauchen im
Schiedligkeit theilet: In — Theilung man die Sinnlig⸗
keit des Einigen Lebens verſtehet / da ſich das Eine in der Vielheit
beſchawet.
7. Auch verſtehet man hierinnen den Grund der Eigenſchaff⸗
ten / in dem ſich die Theilung der Einigen Luſt in Begierligkeit
einfuͤhret / und ſich ſelber infaſſet und weſentlich machet: In
welcher Infaßligkeit die 7. Geſtalten der Natur ihren Anfang.
nehmen / wie in unſern andern Schriften gnugſam erkkaͤret wor⸗
den iſt.
8. Darumb fage ich / daß das die Urſache ſey dag man umb
GOtt/ ſein Wort / Weſen undWillen diſputiret und ſtreitet / dag
ſich der Berftand hat von ſeinem Centro oder Grunde abegebro⸗
hen: Welches Abebrechen anders nichts iſt / als daß ſich die Ei⸗
genſchafften (welche ſeynd aus dem Ewigen Außſprechen des
Worts in ein Creatuͤrlich geben gegangen) haben in eigene Luſt
zu ihrer ſelbſt-Außſprechung eingefuͤhret / und in ihrer ſelbſtge⸗
fasten Luſt von der Ewigen Luſt zum Wort des Ewigen Spre⸗
chens abgebrochen / und in eigene Sinnligkeit der Natur einge⸗
fuͤhret / und ſich in den Geſtalten der Natur verworren / da die
Sinnen alle auſſer dem Einigen GOtt in eigener Speculation und
Vernunfft wohnen und lauffen wollen; Und koͤnnen in keinem
Arge zu ihrem Centro oder Grunde kommen / ſie erſincken dann
» is
Eap.r. Chriſtil von der H Tauffe. 17
in ſich ſelber in ihrer Speculation , und gehen wieder in Grund /
darauß fie entftanden ſeynd / und fallen wieder in das Ewig⸗
fprechende Wortein/ und geben ihren eigenen Willen dem Es
wigsfprechenden Wort / dag derfelbe eigene Wille des Creatuͤr⸗
lichen Lebens mit und in dein Ewig⸗ſprechenden Wort in der
Schiedligkeit des Worts aufgefprochen werde.
9. In weichem wieder Außfprehen man die neue Wiedergeburt
des Menſchlichen Lebens und ABillens verfichet. Dan das Menſch⸗
liche Leben iſt im Anfange des Menſchen in dem Wort GOttes
geweſen / und durch das Einhauchen des Worts in dem Menſchli⸗
chen Coͤrper offenbahr worden / und in die Sinnligkeit / Empfind⸗
ligkeit und Wollen kommen: Da ſich dann das Wollen hat von
den Wort / darinnen das Leben ohne Creatur war / abegebrochen?
und in eine eigene Schiedligkeit und Beſchawligkeit ſeiner Emp⸗
findligkeit der 5. Sinnen eingefuͤhret; In welcher Sinnligkeit es
nun anjetzo lauffet / und die Staͤtte GOttes darinnen ſuchet / und
findet aber nichts / als nur eine Maͤßligkeit / und natuͤrliche und
Creatuͤrliche Formligfeit; Darinnen ſtreitet es nun umb fein eis
gen Centrum: Dann der eigene Wille hat ſich in ein eigen Cen⸗
trum eingefuͤhret / und vom Gantzen abgebrochen / und iſt dem
Gantzen als wie todt worden.
10. Darumb fagte Chriſtus: Es ſey dann / daß ihr wieder⸗
umbkehret / und werdet als die Kinder / und werdet durchs Waſ⸗
ſer und Geiſt newgebohren / ſonſt koͤnnet ihr GOttes Reich nicht
ſchawen. Matt. 18.4. Joh. 3.5.7. Der eigene Wille ſoll wie⸗
der in fein nichts gehen / fo ſtehet er wieder in der erften Geburt
und wird wieder vom Ewigen Wort in cin Goͤttlich Wollen auf >
geſprochen: Dann Alles) deflen geben umd Rollen auffer dem & >
wigfprechenden Wort wil oder lauffet / ift auffer der Ewigfeit/
und lebet nur bloß der Zeit.
ır. Weit aberdie Seele aus dem Ewigen Wort / alscine
Krafft deſſelben / ihren Urfprung hatıfo mag fte in ver Zeit Weſen
nicht ruhen / fondern ſuchet ihre eigene Mutter / welchene bat
im Anfangeder Ercatur erbohren / und in Ereatürliche Form
bracht: Aber ihr Außgehen miacher / daß ſie ihre Mutter nicht
mag finden.
12. Darumb iſt aller Streit umb die Göttliche Geheimnuͤß
tin unnuͤtz Ding / und geſchicht von auſſen / auſſer GOtt / in ei⸗
gener Sinnligkeit / da ſich die Sinnligkeit in der Natur in Crea⸗
turlicher Form beſchawet. Es iſt kein Begriff noch wahrer Ver—⸗
Kand over Erkaͤntnuͤß GOttes / die bildliche Vernunfft *
ich,
12 Das erſte Büchlein der Teſtam. Casız,
ſich dann ſelber / und erſencke ſich mit ihrem eigenen Willen in
ihr Centrum, darauß ſie iſt gegangen / wieder ein / als in das
Ewig⸗ſprechende Wort GOttes / daß fie daſſelbe Sprechen over
Hauchen GOttes in ſich wieder annehme / und durch die Göttliche
Scieng oder Wiſſenſchafft in eine ſchiedliche und Sinnliche Forın
ſpreche / Bag ſie eine Wohnung und Tempel Gottes ſey / darin⸗
nen GOttes Wille wuͤrcket / regieret und wil. Anderſt iſt feine
wahre Wiſſenſchafft von GOtt und feinem Weſen.
13. Dan kein Geiſt kennet GOtt oder fein Wort und Wil⸗
len / Gottes Wort und Wille ſey dann in ihm offenbar und be>
weglih. Die creatürliche Vernunfft ohne Gottes Liecht fichet
nur Naturliche Bildligkeit / umd gehetin eigener Speculation,
undbildet ihr das Göttlihe Weſen ein / als fey es auch alſo.
Daͤnnenhero ift der Streit unter den Vernunfft⸗Gelaͤrten ges
koumen / daß man umb GOtt / und umb fein Weſen und Wil⸗
len diſputitet und ſtreitet / da cin ieder feine Einbildung für Goͤtt⸗
lich haͤlt / und ſein eigen Bilde / das cr hat in feiner Imaginarion
feiner Vernunfft geformet / wil fuͤr GOtt geehret haben / und da es
doch nur ein Natürlich Vernunfft bilde iſt: So ſtreitet man in
aller Welt nur umb dieſelben Bermunfft-bilder.
14. Ein wahrer Menſch aber / welcher recht im Bildnuͤß
GoOttes ſtehet, hat keinen Streitinder Religion: Dann er lea
bet in feinem erſten Grund / welcher ihn wit Seele / Geiſt undLeib /
mit aller Subftank hat in ein Bild fotmiret, Er wil und thut mit
ihm / er iſt in demſelben gelaſſen / und ergibt ihm feinen Willen / der⸗
ſelbe ſpeiſet und nehret ihn auch. Ein iede Eigenfehafft des wahren
gelaſſenen Menſchens wird mit ihrer Gleichheit genehret: Als 1.
der Leib aus dem Limo der Erden / wird von der Erden genehret;
Und 2. der Leib der Sinnen und Vernunfft / welcher ein Geiſtlich
Corpus iſt / wird von ſeinem Aſtro genehret / darauß er feinen Urs
ſtand hats 3. Die Seele aber wird in ihrem Principio von Wort
und Weſen GOttes genehret / dan ſte iſt aus GOttes Wort in
Leib kommen und eingehaucht worden.
25. So dieſelbe ſich nicht in eigene Bildligkeit und Willen zus
einer Selbheit einführet/fowdern ihren Willen wieder ins Goͤtt⸗
liche Sprechen einführet / fo hat und befombt fie ihre Nahrung
vom weſentlichen Wort GOttes / als von der wefentlichen Weiß⸗
heit GOttes: Diefe iftihr Nutrimentum, dannenhero fieauch
Göttliche Wiffenfchafft erreichet und bekombt.
26. Dann ein ieder Geiſt ſtehet anders und tieffer nicht/als nur
in ſeine weſentliche Bildligkeit / als in das Weſen / — er
wurc⸗
ee
Eap.ı. Chriſti / von der H. Taufe. 13
wuͤrcket das Er ihm durch Imagination hat bildlich gemacht:
Damitte formet er fich/ und in ſolcher Eſſentz beſchawet er fich /
und alfo hoch ijt auch fein Erkantnuͤß.
17. Darumbfagte Chriſtus: Es fey dann / dag ihr mit ew⸗
rem Willen und Bildligkeit wieder umbkehret / und wertet als
ein Kind / das noch keine Bildligkeitin der Imagination hat/fonft
ſollet ihr GOTT nicht ſchawen / Item / Ihr muͤſſet wieder new⸗
gebohren werden / anderſt ſollet ihr GOttes Neich nicht erben:
Dan was vom Fleiſche / als von fleiſchlicher Bildligkeit geboh⸗
ren iſt / das iſt Fleiſch / und kan GOttes Reich nicht erben; was
aber von Geiſtlicher und durch Geiſtliche 1Iwagination gebildet
und gebehren wird / das iſt Geiſt. Joh: 3:6 Dan Geiſtlich ges
ſinnet ſeyn / iſt geben und Friede: Und fleiſchlich geſinnet ſeyn /
iſt der Tod / und eine Feindſchafft GOttes / ſaget S. Paulus
Röm.8.6.7. »
18. Worein ſich der Willen:Geift mit feiner Iwagina⸗
tion cinfuͤhret / daser ihm imprefle und faſſet / darein bildet
er ſich auch in Wefen: Dan kein Geiftmag ohne Weſen etwas
verbringen. Waͤre das Ewige Eine nicht weſentlich / ſo waͤre Al⸗
les cin NRichts; Und ſo daſſelbe Eine nicht einen Millen hätte /
fo wäre auch Eeine Begierde / weder Krafft / Wort noch Weſen.
cg. Alfo erkennen wir aber / daß ſich der Willedes Ungruns
Des hat in Luſt und Imaginarion feiner ſelber eingeſuͤhret / davon
Natur und Creatur ihren Urſtand haben. Davon auch das na⸗
tuͤrliche Leben ſeinen Urſtand hat / welches nun auch aus derſelben
Schiedligkeit des außgehauchten Willens feinen Willen und ei⸗
gene Imagination hat / ſich zu formen und zubilden nach ſeiner Luſt
und Begierde: Wie man dann in der Natur folche Berwandelung
ſiehet / wie ſich die Natur info vielerley Art und Eigenfchafft
bildet / Und wie dieſelben gebildete Eigenſchafften / eine iede wie⸗
der ihrer Gleichheit begehret.
20. Weil wir dann am Menſchen verfichen / daß er fich ſon⸗
derlich fuͤr allen andern Creaturen nach dreyerley Eigenſchafften
ſaͤhnet / und der begehret: Als zumx. ſaͤhnet er ſtch nach ſcinem finne
lichen Verſtande / nach dem verborgenen Ditzlin ob er dehn gleich
nicht ſiehet mit leiblichen Augen / fo begehret er doch feindr; Zum
2. ſaͤhnet er fich nach feinem Aſtro, darauf ihm das Gemuͤth mit
dem DBernunfftsleben kommen iſt / fofähner fich das vernunfft⸗
leben wieder nach feiner Mutter; Zum 3. ſaͤhnet er ſich nach den
Aftriseder Kräften der Erden und der andern Elementen / und
begehret dieſelben zu ſeinem Natriment. So erkennen wir auch
an
zı Das erſte Buͤchlein der Teſtam. Cap. r;
an ſolchem ſeinem Hunger / daß er aus dieſen dreyen muß ſeinen
Urſtand haben: Dann es wird auch ein ſolcher drey-facher Geiſt
aus ſolchem Urſprung in ihm verſtanden / wie dan auch ein ſolches
drey⸗ faches Weſen / dariunen fein Geiſt wuͤrcket / da eine iede
Wuͤrckung ſich nad) ſeiner erſten Mutter faͤhnet / und ihr Nutri⸗
ment davon nimbt.
21. Weil ſich aber die Seele/ als derinnere Grund des Men⸗
ſchen / in Adam dem erften Menfchen hat mit ihrer Suft und
Begierde aus ihrer erften Mutter (aus ihrem Urfprung ) als
aus dem Goͤttlichen Wort und Willen herauß gewandt indie
Wuͤrckung des Geſtirnes und der Elemienten / und ſich in dieſel⸗
he Wuͤrckung gebildet / und einer frembden Imagination gepflogen
hat; Dadurch ihr die Göttliche Speiſe / als die weſentliche Weiß⸗
heit GOttes entzogen / davon fie ſich ſelber mit ihrer Luſt⸗be⸗
gierde abgebrochen hat / So iſt ſie an GOtt gantz blind worden /
—* iſt ihr das erſte Göttliche weſen darein fie GOtt ſchuff / ver⸗
blichen. —
22: Weil ſie ihre Imagination daraus auß⸗ und in Irrdiſche
und Aſtraliſche Eigenſchafft ein⸗fuͤhrete fo ward auch ihr Cor-
pus, darinnen der drey⸗fache Geift würdet / gantz irrdifch / grob
und vichifch. Dann in was fich die Imagination des Geiftes ein⸗
führet/ ein folc) Corpus wird auch durch die Impreflion der geiſt⸗
lichen Begierde 3. wie wir dann am Menfchen fehen / daß er hat
ein grob / irrdifch Corpus bekommen / darinnen die Principia num
ineitel Streit/ Widerwertigkeit und Feindfchafft ftehen : Das
von ihm ift das Wehethun / fo wohl die Zerbrechligkeit und ver
Zodt entitanden. Welches ihm doch GOtt im Paradis / alser
noch darinnen ſtunde / verbott/ ex folte nicht mit der Imagination
vonder Erkaͤntnuͤß Böfes und Gutes ejfen / oder würde in folche
Noth undZodt fallen/und am Himmmelsreich erfterben/Gen. 2.17.
wie auch geſchehen iſt. F
23. Als die Seele ſich in irꝛdiſche Imagination einfuͤhrete / fo
fuͤhrete ſie ſich in irrdiſche Bildung / und verlohr die Himmliſche
Bildung. Da ſie ſich ſolte in die weſentliche Weißheit / als in
das H. weſentliche Wort einbilden / und ihr Nutriment davon
nehmen / fo bildete fie ſich ins äuffere Aftrum, und in der Schlan⸗
gen und Teuffels Begierde: Dadurch ſie in ihrer edlen Bildnuͤß
eine Larva und Monftrum vor GOtt ward / und ihre gehabte En⸗
gels-geſtalt verlohr/fo wohl Paradis und Himmelreich / und num
mit ihrem Grunde in der Impreflion der Finfternüß / in GOttes
Zorn innen ſtunde / und ewig hätte muͤſſen im folcher
ild⸗
Capr. Chriſti / von der . Tanffe:
bildnuͤß ſtehen / fo ihr nicht wäre die groſſe Liebe GOttes A
zuhülffe kommen / dag ihr das Göttliche Wort / alsihre erfte
Mutter (ihr erſter Urſprung) haͤtte wieder die Genade einge⸗
ſprochen / daß daſſelbige Wort ſich wolte mit der allerinnerſten
Verborgenheit und Liebe wieder mit einem newen Quellbrunnen
in der Seelen Grund eingeben / und der Seelen ein newes Nu-
triment in ihr Leben einfuͤhren / dadurch ihre Natuͤrliche / Few⸗
riſche und Peinliche Eigenſchafft wieder ins Bilde GOttes ge⸗
wandelt würde.
24. Welche groffe Göttliche Liebe wolte dem Widerwillen /
fowohlder Schlangen und Teuffels- Gifft ein Todt werden / und
das Monkrofifche Bilde mit der falfchen Imagination tödten/und
wieder daserfte Bildein ein newes Leben einführen: Welches
newe Leben indiefer eingeführten $icbefolte wieder von der we⸗
fentlichen Weißheit GOttes effen / und mit feiner Begierde ſich
darinnen bilden / auff daß die rechte Göttliche scientz darinnen
wieder offenbahr wuͤrde / und in einem Creatuͤrlichen Leben wuͤr⸗
ckete / und ſich alſo ſelber mitte a Ereatuůtliche Bildligkeit ein⸗
fuͤhrete.
25. Zu welchem Ende auch Son die Engel und Menſchen
geſchaffen / daß Er wolte ſeine Ewige Wiſſenſchafft mit der we⸗
ſentlichen Weißheit in Formungen bilden / in und mit denen der
Ewige Geiſt ſpielet / und eine Harmoniam der Goͤttlichen Frew⸗
den⸗reich dadurch auffgerichtet hat / zur unendlichen Frewde ſol⸗
cher Bildnuͤſſen / als der Engel und Menſchen / und derer / welche
aus GOttes Wort und Krafft ihren Urſtand haben.
26. Und eben darumb iſt das Ewige Wort Goͤttliches Auf:
hauchens / mit ſolcher Offenbahrung ſolcher groſſen Liebe und Ge⸗
nade / welches ſich im Paradis nach des Menſchen Fall wieder
einſprach / Menſch worden / und hat ſeine weſentliche Liebe / als
die weſentliche Weißheit GOttes / wieder in unſern an GOtt
verblichenen Himmliſchen Ens und Weſen eingefuͤhret / und un⸗
ſer an GOtt verblichen Weſen / mit Einfuͤhrung ſeines lebendi⸗
gen Goͤttlichen Weſens / in Ihm lebendig gemacht; Und mit die⸗
fer eingeführten weſentlichen Liebe / welche ſich mit in unſer See⸗
fen Eſſentz / fo wohl in unſer Fleiſch und Blut eingab / den mon-
ſtroſtſchen Willen ver Seelen / als der ſelb⸗gefaſten bildlichen
falſchen Begierde / ſowohl des Teuffels Imagination, welche er
hatte im Menſchen eingefuͤhret / ſeinen Willen und Begierde
zerbrochen / und mit ſeiner Liebe die falſche Eigenſchafften wie—
der Ins Temperamentum gebracht: Und iſt dem Tode / der ung
ge⸗
16 Dos erſte Buͤchlein der Teſtam. Caper.
gefangen hielt / ein Tod worden / daß er ſeines Grimmes und der
Zerbrechligkeit muß in dieſer eingefuͤhrten Liebe erſterben / und
Das menſchliche Leben / in ſolcher liebe / durch Ihn eines newen
Willens und Ewigen Lebens laſſen außgruͤnen.
27. Dieſe new⸗eingefuͤhrte Liebe und Genade hat ſich mitte in
Zerbrechung des menſchlichen Lebens / als ins Sterben des Men⸗
ſchen / in der Perſon Chriſti eingegeben / und das menſchliche
angenommene Eigen⸗wollen mit ſich InZod eingefuͤhret und zer⸗
brochen: Und das menſchliche Bild / welches der Eigen-wille
durch feine Imagination und Begierde der Selbheit alſo grob ge⸗
macht / und von der erften Engliſchen Bildnuͤß in cin fol) Mon-
ftrum bracht / ans hangen/ und allda verfpotten laſſen: Und
alfo den Ewigen Spott/ welhenderMenfa) hatte muͤſſen tragen?
am R8 fihaw getragen / und allda öffentlich dargethan vor.allen
Engeln und Geiftern / wie dieſe groffe Genaden-Liebe wolte dem
Zeuffel feine eingeführte Begierde / fowohl den Todt zerbrechens
Und mit diefer new-eingefuͤhrten Liebe durch den Tod aufgrüs
wen / und das menfchliche schen Durch den Tod aufführen / und
ven Grimm GOttes Zorns in Siebe verwandeln / aus der Fine
fiernüg ein Liecht machen / und durch dicfe new⸗eingeſuͤhrte Siebe
Das grobe (irrdifche) Menfchen-bild wieder in ein Himmliſches
verwandeln und tranſmutiren.
25. Gleihwie die Unreinigkeit am Goldeim Fewer gewan⸗
belt wird / oder vielmehr / wieman durch die Tinctur ein Kup⸗
ſer / Bley oder grob Eiſen in Gold wandeln möchte: Alſo ward
auch ver menſchliche Seiſt / ſambt dem Leibe infeinen 3. Princi-
pis, in Goͤttlicht Krafft und Eigenſchafft gewandelt / und durch
den Zodin ein Ewig Leben eingefuͤhret / welches in Krafft und
Herrligkeit im Willen GOttes beſtehet.
29. Da wir dann nun verſtehen / daß die menſchliche Seele in
dieſer tranſmutirten newen Geburt / und eingefuͤhrten Liebe /
wieder von der weſentlichen Weißheit GOttes iſſet / und ſich mit
ihrem Willen in Goͤttlicher Scien bildet / und darinne Goͤttli⸗
che Wißeuſchafft hat. Und alſo durch ſolche Aufferſtehung durch
den Todt / da der Menſch Chriſtus in Goͤttlicher Krafft iſt durch
den Tod auffgeſtanden / und hat den Tod zum Leben gemacht / iſt
ein HERR uber Suͤnde / Tod / Teuffel und Hölle worden / und
hat dieſelben alle in ſeiner Aufferſtehung an der Menſchlichen
Seelen und Leibe ſchaw getragen / als ein Uberwinder derſelben.
30. Ind heiſſet nun allhier recht wie Chriſtus ſagte Joh. 17. Vat⸗
ter die Menſchenwaren dein / aber Du haft fie) fir gegeben / und
Ich
Cap.z! Chriſti von der H. Taufſfe. 17
Ich gebe ihnen nun dieſe Uberwindung / als das newe / in Tod
eingeführte Leben / das den Tod in ihnen auch zerbricht / das
fie in meiner Krafft koͤnnen durch den Tod gehen / und in meiner
Krafft auch alſo tranſwutiret werden / und durch meine Auffer⸗
ſtehung wieder zu Dir kommen / gleich wie ch bin von dem
Zodte auffgeftanden/und habe ihre an Mich genommene Menſch⸗
heitzu Dir geführet / dag Ich / als wahrer GOtt und Menſch
in Einer Perſon / mit Dir Eines bin/und beſeſſen hab den Thron
der Herrligkeit: Alſo / Vatter / wil Ich auch / daß die Du mie
gegeben baft/ feyen wo Ich bin/ und meine Herrligkeit feben.
32. Weil dann nun Chriftus gefagthat Joh. 6. Er ſey das
Brod / dasvom Himmel kommen ſey / das der Welt das Leben
gebe / und daß wir ſein Fleiſch eſſen / und fein Blut trincken ſol⸗
len / und wer daſſelhe eſſe und trincke / in dem wolle Er bleiben / und
er der Menſch wuͤrde in Ihm bleiben / Und wer daſſelbe nicht eſſe
und trincke / der hätte kein Leben in Ihm. ltem Joh. 4. Er wolle uns
Waſſer des Ewigen Lebens geben / und wer das trincken würdes
den würde nichtmehr dürften / Sondern cs würde ihm in einen
Quell⸗brunn des ewigen Lebens quellen/ un® würden Ströme
Des lebendigen Waſſers von ihm flieffen. .
52. So wil ich deffen eine kurtze gruͤndliche Erklärung hie-
nad) ſetzen / Was feine hinterlaffene Teftamenta von der Tauffe
und lestem Nachtmahl feynd / Was fauffet und getauffer
wird / wie das geſchehe / und zur was Ruß und Würdung das ge⸗
ſchehe; Auch wie Die Rieffung feines Seibes und Blutes in fei:
nen Teſtamenten geſchehe / mit was für einem Munde / und was
für Speife das fen ? Auch wer daffelde würdig gencuͤſt / und wie
es mit dem Unwuͤrdigen befihaffen fey.
Das 2. Capittel.
Bon Einfetzung der Taufe: Was fie fen: Wer da
tauffe und was getauffet werde / und wieman die
Waſſer-Tauffe verftehen ſoll.
— AN An man wil ein Fewer anzünden / fo muß
man cin Weſen dazu haben / deffen das Fewer
fahigift. Es muß ein Wefen feyn/darinnen ein
Oehle und Waſſer inne ift/ oder brennet nicht;
Danıob man gleich einen Stein ins Fewer
wirfft / fo brennet derfelbe doch nicht/ dag er zur einem fiheinenden
Sicht kaͤme: Alſo auch vonder Seelen zuverfichen ift.
B 2. Als
23 Daserfte Büchlein der Teftam. Cap.z;
2. Als fie ihre Begierte von GOttes Wefen der Siebe und
Sanfftmuth abbrach / welche Göttliche Sanfftmuth in ihr
gleich als ein Geiſtliches Oehle und Waſſer⸗quell war / darinnen
fie ihren Fewer-quell labete / und darinnen ihr Fewer einen
Schein und Liecht hatte: So impreſſete ſich ihr eigener Separa-
tor, als das natürliche Fiat, daß ihre Eigenſchafften durch fol=
che Imprefion wurden wie ein harter Stein / oder wie ein vers
hungert gewer-quall/ da zwar groffe Hitze innen iſt / und doch
zu feiner Anzuͤndung Fommen mag / wieein harter Stein/ wel =
cher im Fewer lieget / und doch keinem Fewer aͤhnlich fiehet/wegen
der harten Impteſſion des Steines.
3. Und da man doch alfo in der verderbten Seelen nicht allein
ein hitzig Fewer / als einen hitzigen Fewer-quall verftehen foll ;
fondern auch einen Falten Fewer-quall / da His und Kälte in
ewigen Streite und Widerwillen inne fichen / als die Urfache
zum wahren Fewer / als ein finfter Fewer-quall der Angft/ da
immerdar eine Begierde zur Anzuͤndung inneift / und doch kei⸗
ne Anzuͤndung geſchehen mag / wegen der firengen Impreflion:
Und dag das Weſen der öhlifchen und wäfferifehen Sanfftmuth
ift verblichen / und in einen folchen harten / unaufflöglichen Tod
iſt gefchloffen worden.
4. Diefes iſts nun / daß GOTT zu Adam fügte: Welches
Tages du von bem Baume ( oder Gewaͤchſe) der Erfänts
* Gutes und Boͤſes eſſen wirſt / fo wirſtu des Todes ſter⸗
ben.
5. Alſo iſt die arme Seele durch falſche Imagination vergifftet /
und durch ihre eigene Impreſſion ihrer Begierde zu einem ſolchen
verhungerten $ewer-qualle werden/ welcher nur eine Einfchliefz
fung des wahren gebensift / undein Grund der Finſternuͤß / ein
Qunilder Seindfchafft und Widerwertigkeit / da fein rechter Ens
mehr inne war/ darinnen fich mochte das Leben ins Liecht führen.
6. Wie cin harter Stein verſchloſſen ift / alfo auch war die
Seele verfchloffen/und war aus dem guten Liebe⸗leben ein Gifft⸗
leben worden / auff Artwieausden Engeln Teuffel worden / wel⸗
cheauch nun ein folcyer ſchrecklicher / gifftiger/ ffindichter Few⸗
er:quallin ihrer Eſſentz feynd / und nicht mögen die Anzuͤndung
des Liechts erreichen Urfache dieſes / daß fir nunein Feind Goͤtt⸗
licher Siebe worden ſeind / daß die Siebe ihnen ein Tod ihres boͤſen
Willens und Weſens iſt / welche wuͤrde ihr falſch Sehen augen⸗
blicklich toͤdten / ſo ſie darein kaͤme.
7. Dieſem impreſleten an GOtt erſtorbenen / und an MER
blin⸗
—
Cap. Chriſti/ von der H. Tauffe. 18
blinden Scelen⸗weſen kam die groſſe Lebe GOttes aus lauter
Genaden wieder zu huͤlffe / alßbald die Seele ſambt dem Leibe als
fo war gefallen / und ſprach ſich ſelber wieder ins. Centrum der
Seelen ein / als inden imprefleten/ verfchloffen und verblichenen
Himmliſchen Ens der Seelen / als in den gchabten Quell der
Sanfftmuth / welchernicht mehr beweglich war.
8. Inden fprach fich wieder ein diebewegliche Krafft zu einem
newen Centro und Bunde/dag GOtt in Erfüllung der Zeit wol»
te in dieſe eingefprochene Genadensflimme/ und indes Men
fhen verblichenen himmliſchen Ens feinen fcbendigen Ens,als dag
weſentliche Wort feiner Krafft und Weißheit / mit der allerhoͤch⸗
ſten Siebe / als dem Namen JESU aus IIHOVA einführen und
offenbahren / und darmitte das verblihene Wefen des Himmli⸗
ſchen Theils wieder lebendig und grünende machen / davon die
Seele ſolte eſſen / und ihr ängftlicher Fewer-qualldadurd) tranſ⸗
mutiret / und in cin Liebe⸗fewer gewandelt würde.
9. Dieſes cingefprochene Benaden-wort vom Schlangen⸗tret⸗
ter / das iſts hä, Me die Seelender H. Kinder GOttes vor
Ehrifti Menfhwerdung hat ange zuͤndet / dasfiean GOtt und
ſeine Verheiſſung glaͤubeten auff die zukuͤnfftige Erfuͤllung: In
Diefem Glauben haben fie geopffert.
10. Dann ihr Opffer / fonderlich der. erſten Vaͤtter nach A⸗
dam / war anders nichts / als daß lie ein Bild darftelleten/ wie die
Seele ſolte im Zorn-fewer GOttes geopffert werden / und wie
Durch dieſen eingeſprochenen Genaden⸗grund und Bund die Seele
ſolte im Zorn⸗fewer GOttes tranfmuriret und in ein Liebe⸗fewer
gewandelt werden: Und wie ſie ſolte in Tod und Sterben ihres
felb-wollens mit der falſchen Impreflion eingehen / und ihr das
falſche Wollen im Zorn⸗fewer / ſolte abbrennen / und in Krafft
Diefer eingeſprochenen Genade der Liebe und Sanfftmuth GOt⸗
tes durchs Fewer in einem hellen Liechte außgehen / und alſo ein
neu⸗gebohrnes Kind werden / das nicht finſter / ſondern liecht waͤ⸗
re: Und wie ſich der Schlangen eingefuͤhrte Gifft darvon ſcheiden
muſte / gleich wie ſich der Rauch vom Fewer und Liechte ſchei⸗
det / daß alßdan das Fewer und Liecht ein heller Glantz iſt / und
nicht mehr verſchloſſen iſt / wie es im Holtze verſchloſſen liegt in
der Eſſentz.
11. Dieſes Bilde ſtelleten ſie ihnen mit dem Opffer vor / und
fuͤhreten darein ihre Imagination mit der eingeſprochenen Gena⸗
de vom Weibes⸗Saamen und Schlangen⸗tretter / daß ſich alſo ih⸗
xe Imagination indie Figur Chriſti bildete / daß alſo ihr Willen⸗
B 2 Geiſt
so Das Erſte Büchlein der Teftam. Eap.z!
Geiſt in einer Bildung ſtunde / darinnen er möchte in der Gena⸗
de würden.
12. Dann ohne Weſen gefchichet Feine Wuͤrckung. So imagi-
nirten ſie ihnen die Wiedergeburth mit dem Opfer durchs Feuer /
und bildeten ihnen den Schlangen⸗-tretter im Feuer ein / wie Er
wuͤrde GOttes Zorn-feuer im Seelen-feuer in ein Liecht- und
Liebe-⸗feuer wandeln / und wie fich die Feindſchafft würde von der
Seelen ſcheiden: Wiedie Seele follte durch Chriſti Tod / da ſich
die Liebe GOttes in dieſes Feuer eingab / verwandelt werden in
einen Engel.
13. Durch dieſes eingemodelte Bilde drungen fie mit ihrer
Begierde und ernſtem Gebete zu GOtt: So haͤtte ſich GOttes
Wort von der Genade auch alſo in Menſchen eingeſprochen uñ ge⸗
modelt; Jetzt war es eine Conjunction zwiſchen Gott und Menſch:
Dann die menſchliche Begierde gieng mit dieſem Bilde in Gott /
und GOttes Liebe-begierde gieng in dieſes Bilde vou Schlan>
gen⸗tretter; So fuͤhrte nun des Menſchen Begierde dieſes Bilde
ker Imagination ins Opfer: Und alſo hat ſich das Opfer nit dem
H. Feuer angezündet.
14. NB. Und nicht ein gemein Feuer ifts bey ihnen geweſen.
Wann du es Babelverftchn fönteft / wohl waͤre dir / und wäreft
von Fabel erlöfet / darinnen du lauffeft.
15. Dieſes H. Feuer hatihre Opffer verschretdurch GOttes
Imagination und Anzündung/ anzudeuten/ wiedasthierifche
Bilde des Menſchen ſollte im Feuer GOttes bewähret / und die
Grobheit der Elemente verzehref werden: Undausdes Feuers
Verzehrung ausgehen das rechte / wahre/ in Adam gefchaffene /
reine /fihöne / geiftliche Bilde / welches durch Diefe groffe Siebe in
Klarheit Durchs Feuer bewähret und durchgeführet follte wers
den: In welchen neuen Bilde die Siebe wolte felber des Lebens
Zeuer ſeyn / auff daß es nicht mehr möge Falſchheit imaginiren
und impreſſen.
16. Mit ſolcher Imagination und Glauben ſeynd die erſten
Menſchen vor Chriſti Zeiten / ehe Er ſich in dieſem eingeleibten
Genaden⸗bunde offenbahrete und Menſch ward / ins lebendige
Wort EHttes /alsindie Genade eingefaſſet worden / darinnen
ihre Seele iſt in Goͤttliche Ruhe kommen / biß auff die Erfuͤllung /
dar Chriſtus dieſen Proceſs erfuͤllet hat / und vom Tode auffge⸗
ſtanden:So iſt Er auch mit ſeinem geben undWeſen in ihnen/als
in ihrem inwendigen Grunde des himmliſchen Theils / welches in
Adam verblich / aufferftanden / und ſte haben Chriſtum —* der
ce⸗
—
Cap. 2: Chriſti / vonder H. Tuff. 27
Seelen und geiſtlichem Weſen angezogen / und wartet alfo nur
ihr Leib ausden Limo der Erden / als das dritte Principium , alg
Das ausgefprochene / geformte / wefentliche / Auffere Wort init
feinem Spiritu der Aufferſtehung am Juͤngſten Tage. Wie dann
auch bey den Chriſten alfo zuverſtehen iſt / welche Chriſtum allhie
haben angezogen.
17. Dieſer Grund mit dem H. Feuer hat bey Adam und Abel
angefangen. Als Abel und Cain opferten / ſo ſahe GOtt Habels
Opfer genaͤdig an. Dann das Bild Chriſti fund mit feiner Ima- .
gination des Glaubens darinnen: Darumb zuͤndete GOtt fein
Opffer mit dem H. Feuer an / und war angenehme vor Ihm:
Dann es war cine Conjunction mit der Goͤttlichen Begierde,
Aber Cains ſahe Er nicht genadig an / dann er hatte ſolchen
Glauben nicht / ſondern ſtund in der verderbten Natur, eigen
Luſt und Begierde / und hatte ihm das Reich dieſer Welt einge⸗
bildet: Derowegen wolte ſich das H. Feuer in ſeinem Bilde nicht
anzuͤnden.
18. Dann Cain ſtund im Bilde des verderbten Adams / als
eine rechte Figur Adams nach den Falle; Und Abel ſtund in der
Figur der neuen Wieder-geburt / als in Chrifti Figur / wie
Chriſtus würde mit feinem Opifer in Zod gehen: Sp ſtund dag
Bild des verderbten Adams mit Caindarneben/ wie Chriſtus
wäre kommen / den verlohrnen Menfchen zu fuchen und mirfei=
nem Opfer new zu gebähren.
19. Alsaber die Eitelkeitder Menfchen oberhand nahın / und
ihre Natur je böfer und blöder ward / fo verlofch diefer Verſtand
vom H. Feuer bey ihnen / big die Suͤnd⸗fluth über fie kam / und
verderbte ſie: Welche ein Vorbilde der Tauffe war / wie das
Waſſer des ewigen Lebens / als GOttes weſentliche Sanfft⸗
muth / das falſche Feuer / als das ſalſche Serlen-leben würde er⸗
fäuffen / und wie die Seele aus em H. Waſſer in GOttes
Sanfftumuth einesneuen Siechtzlebens ausgrünen würde,
20. Als aber GOtt ſeinen Bund im Paradis auffgerichtet /
mit Abraham vernewerte / fo gab Er ihm wieder die Figur Chri-
ſti mit der Befchneitung / wie Chriftus mit feinem H. himmli⸗
ſchen Blute würde ie Sünde und Eitelkeit von unferer unreinen
Geburth'abſchneiden: Darumb muften die männlichen Perfo>
nen am felben Gliede befchnitten werden / dadurch die menfchliche
Sortpflansunggefchichet.
21. Ferner ftellete Er ihm die Figur Chrifti mit feinem Soh⸗
ne Iſaac vor/ in dem Er ihn hieß gr dem Holgeopfferen une
/ 3 #092
32 Das Erſte Büchlein der Teſtam. Cap: 27
toͤdten / wie cs würde mit der menſchlichen Erlöfung zugehen:
ie Ehriftus würde in unſerer angenommenen Menſchheit ein
Dpfer ſeyn; Und erweckte wieder das H. Feuer / welches ſein
Opffer auff-fraßz; Anzudeuten / wie GOttes Sicher Feuer würde
GoOttes Zorn⸗ſeuer im Menſchen in ſich verſchlingen / und indie
Göttliche Siebe verwandeln.
22, Und gab ihm darauff die Verheiffung / daß der Saame
feines Bundes / welcher würde durch diefes H. Feuer durch die
Transmotation , durch Das Sterben der Eitelkeit! im Kebe⸗
Feuer ausgrünen/ würde alfo groß ımd viel werden/ wiedie
Sternen am Sirmament; Alfo würden GOttes Kinder durch
das Opffer und Tod Chriſti / durch dieſe Verwandelung aus dem
H. Feuer auswachſen.
23. Dieſes Fund im Alten Teſtament in der Figur / und ges
Fhac) die Berföhnung im Opffer durch das H. Feuer / welches
euer ein Bilde des Zorns GOttes war / welcher die Sünde in
ſich / ſamt der Seelen verfehlingen wolte. Dann des Batters Eis
genſchafft im Zorne war in diefem Feuer rauf gewendet) und des
Sohnes Eigenſchafft in der Liebe und Sanfftmuth führete fich in
Zorn / dann ſie opfferten thieres-Fleiſch / und fuͤhreten aber ihre
maginarion und Gebethe indie Genade GOttes / und bildeten
ch in den Bund der Genaden der Siebeein.
24. Und mit dieſer Eindildung giengen eins Opffer / als ins
Feuer GOttes Zorns / und Göttlicher Liebe / darinnen die Ber»
ſoͤhnung geſchahe: So nahm das Zornzfeuer von ihrer einges
führten Begierde die irrdiſche Eitelkeit / und verzehrte fie durch
die thieriſche Eigenſchafft des Opffers; Anzudeuten/ daß ver
Menfch äufferlich habe thieriſche Eigenfchafft an fich genommen
und in ihm durch falſche Luft erwecket.
25. Weil dann auch eine ſolche thieriſche Eigenſchafft mit an
des Menſchen Gemuͤthe / als die animalifche Seele vom Geſtirne
anhieng / daß ihr Gebeth und Willen nicht rein vor GOtt war /
fo verzehrte GOttes Zorn-feuer dieſe thieriſche Eitelkeit der
Menſchen im Opffer durch thieriſche Eigenſchafft / und ihr ein⸗
gemodeltes Bilde von der Genade gieng mit ihrem Gebete in das
H. Feuer: allda ward die Seeliſche Begierde eingenommen:
Daſſelbe H. Feuer drang num mit der eingenommenen menſch⸗
lichen Begierde durch des Vatters Zorn-feuer im Opffer.
26. Und alſo wurden die Kinder Iſrael im Opffer und Feuer
von ihren Suͤnden und Eitelkeit / geiſtlicher Weiſe / auff die zu⸗
kuͤnfftige Erfüllung verſoͤhnet / biß daß Chriſtus kommen *
und
22
Ep? Chriftilvonder- 5. Tauffes 23
und unfere Menfchheit annehmen) und Bott feinen Batter als
ein Opffer in fein Zornsfeuer eingeben/ und mit dem offenbahrtern
Sieberquelle im Namen Jeſus den Zorn in eine Siebe wandeln.
Da dann der Zorn den menfohlichen Eigen-willen verfchlang /
und Gottes Liebe-willen durch Chriſti Liebe durch den Tod und
durch den Zorn außgruͤnete / unddie Menfchheit dur den Tod
gieng ins ewige Leben.
27. Auff folche weife ward Iſrael im Vorbilde Chriſti durch
den Bund Gottes durchs Opffer und Feuer geiftlicher weife von
Sünden ranzoniret. Dann Iſraels Glaube gieng durchs Opffer
in Bund Gottes) alsin die Genaden-verföhntng des Weibes⸗
Saamens; Und Gottes Imagination gieng auch in feinen Wind
mit Adam und Abraham gemacht: Alda war es eine Conjun-
ction, und gefchach die wahre Verföhnung im Bunde durchs
heilige Feuer; Welches heilige Feuer hernach in Chrifto ſich in
der Menfchheit ofſenbahrte und dem Gifft des Zorns Gottes
feine Macht nahm / und den in Siebe verwandelte/ und die ſtrenge
Zodes-Imprefion des Seelen⸗feuers gerfprengete/und Göttliche
Siebe und Sunfftmuth darein führete,
28. Alsaber die Zeit herbey kam / daß GOtt wolte fein Siches
feuer durch ſeinen Bund in der Menſchheit offenbahren / daß daſ⸗
ſelbe Feuer ſollte in des Menſchen Leben angezündet werden / fo
vernewerte GOtt das Vorbilde/ und fieng mit S. Johanne die
Waſſer-tauffe an / und fuͤhrete feinen Bund aus der Beſchnei—⸗
dung in die Tauffe.
So ſpricht die Vernunfft:
Was iſt oder bedeutet die Waſſer-tauffe? Was thut
Gott dadurch? Was wuͤrcket dieſe?
29.Wie oben gemeldet / die Seele hatte fich in ihren@igenfchaffe
ten im grimmen Zorne Gottes affo fehr impreſſet / daß ſte Dadurch
im ewigen Tod ftind 3 In ihr war kein Göttlich Siebe»Ens mehr
offenbahr oder beweglich/darinnen fich hätte mögen das H. Feuer
der Liebe GOttes anzuͤnden. Darumb fandte GOtt die Zauffe
vor dieſer H. Anzuͤndung her / und ſtellete ſie in ſeinen erſten
Bund: Dann als das Wort und die Krafft des heiligen Feuers
Menſch ward / und ſich in Chriſto offenbahrete / fo ſprach das
H. Wort im H. Feuer durch die angenommene Menſchheit in
ſeine Mit⸗glieder nach der Menſchheit ein.
30. Sollte nun dieſes Einſprechen im Menſchen fahen / und
B4 wefent⸗
34 Das Erſte Büchlein der Teſtam. Cap.2.
weſentlich werden/ fo mufte das Göttliihe Eintauchen vorher
schen: Dann als firh das Wort im Bunde inder Menſchheit of⸗
fenbahrte/ fo flog die fanffte Siebe und Genade im Bunde aus.
Mit dieſem Ausfluß Göttlicher Siebe ward der Bund in die Waſ⸗
ſer⸗tauffe gefeset: Dann weilder Menfih irıdifch/ elementarifch
war/ fo muſte auch ein elementiſches Mittel darzu Fommen/dara
ein fich der Ausflug Göttlicher Liebe im Bund faffete / daß ein
menſchlich / natürlich Weſen im Mittelfey/ darein die Göttliche
und auch menſchliche Imagination möge eingehen / und fic) in die
Menſchheit eintauchen zu einemmewen Ens oder Zunder / darin
nen fich das H. Feuer möge im duͤrren Seelen-feuer anzünden.
31. Gleich wie beyder Beschneidung im Opffer gefchahe / da
war das thierifche Fett ein Mittel/ darinnen in folcher Anzuͤn⸗
dung die menfchliche Begierde durch den Bund GOtt entgegeir
gieng/ und GOttes Imagination gieng in Bund. Alfo ftund das
H. Feuer im Bunde dem Zorn inder Einführung mengchlicher
Begierde ins Opfer entgegen; GOttes Imagination infeinem
Liebe-feuer gieng inden Bund / und die menfchliche Imagination
gieng auch durchs Opfer im Feuer in den Bund: Dann im Feuer
war GOttes Zorn entgegen / dadurch die menſchliche Imagination
muſte in den Bund gehen / und verzehrete alſo die Suͤnde und
Unreinigkeit an der menſchlichen Begierde / welche zu GOtt
drang; So ſtund im Bund das Liebe-feuer der menſchlichen
Begierde entgegen: Dafſſelbe nahm die menſchliche Begierde im
Zorn⸗feuer an nach ihrer Reinigkeit.
32. Wie beym Moſe am Berge Sinaizu ſehen iſt / da ſich
erſtlich des Vatters Eigenſchafft im Bunde ans dem Zorn-feuer
eröffnete / und ſorderte des Menſchen Gerechtigkeit / daß derſelbe
ſollte in vollem Gehorſam und Reinigkeit vor GOtt wandeln?
und in Reinigkeit durchs Opfer im Feuer zu Ihm nahen; wo
nicht / fo wolte Er fie im Fluche aufffreſſen durch dieſes Zorn⸗
feuer. Welches ein Bilde war / wie die menſchliche Eitelkeit ſollte
und muͤſte durch GOttes Zorn⸗ſeuer gefeget werden; Aber im
ſelben Zorn-feuer ſtund ihm im Bund im Opfer! als ein Bilde
Chriſti / das Liebe-feuer entgegen / und leſchete das Zorn-feuer /
daß die ſeeliſche Begierde mit ihrem Gebeth und Willen koͤnte in
Gott durch dieſes Zorn-feuer durchdringen.
33. Dieſes Liebe-feuer / das im Opfer dem Zorne entgegen
ſtund / welches auch das Zorn⸗feuer anzuͤndete / daß es das Opfer
fraß / das iſt es / das ſich im Ziele des Bundes im Weibes-ſaa⸗
men mit himmliſcher Weſenheit / als mit weſentlicher —
erwech⸗
Cap. z. Chriftil vonder H. Tauffe. 25
erweckete / und in unſer an Gott verblichen auch himmliſches
Weſen eingab.
34. Unſer verblichen und in Tod geſchloſſen Weſen war die
duͤrre Ruthe Aaronsandentende / welches Weſen in folder Er—
weckung und Einführung des himmliſchen / lebendigen Liebe»
wefens grünete/ da Bottes Weſen Menfch ward / in dem das
H. Feuer brennenfontes Dann der Göttliche Ens und der in
Adam verblichene / auch himmliſche Ens, welcher mit folcher An⸗
zuͤndung wieder grünete/ war eine Speife diefes Liebe⸗feuers /
als cin geiftlih H. Oele / darinnen fich das Sichesfeuer Fonte ana
zünden und brennen. Und daffelbe Liebe brennen war das neue
Leben der Wicdersgeburth.
35. Weilaber in den andern Menſchen nicht eine ſolche uͤber⸗
natuͤrliche Anzuͤndung durch Gottes ſonderbahre Bewegnuͤß ge⸗
ſchehen ſollte / daß die andern Menſchen ſollten alle durch dieſes
H. Feuer aus Chriſto angezuͤndet werden / ſo gieng der Bund
durch die Waſſer-tauffe mit der außgefloſſenen Genade erſt in
den himmliſchen Ens des Menſchen cin / als in das verblichene
Weſen / darinnen der eingeleibte Paradis-bund mit dem Schlan⸗
gen⸗tretter inne ſtund / und drang in denfelben Bund ein.
36. Weil aber die menſchliche Eſſentz / welche war irrdiſch
worden / ſollte in ſolchem Eindringen mitgehen / fo uuſte auch
ein ſolch Mittel darzır ſeyn / darein ſich die menſchliche Eſſentz
konte faffen: Dann in Gottes Heiligkeit konte ſie ſich nicht faf>
fen / dan der Wille war davon abgetrennt; So muſte es nur eine
Gleichheit ſeyn / darinnen ſich die Imagination menſchlicher Na⸗
tur faſſete.
37. Dann auch Chriſtus hatte dieſe Gleichheit / als die Elca
menta / von uns Menſchen angenommen / auff daß ſich die Goͤtt⸗
liche Imaginstion möchte ins Waſſer faſſen: Daß alſo die Goͤtt⸗
liche und menſchliche Imagination mittinander den eingeleibten
Paradis-bund erwecketen und anzuͤndeten / af Arth wie ein
glimmend Feuer ins Holtz komt und glimmet.
38. So ward auff ſolche Arth durch die Tauffe ein H. und
Goͤttliches glimmend Feuer / weiches die Sünde und den Tod
tilgete und zerbrach in des Menſchen Inwendigkeit / als in den
verblichenen himmliſchen Ens, eingefuͤhret / davon der duͤrre /
verdorrete Baumdes innern Grundes wieder ein Leben / als ein
geiſtliches Oehle empfieng: In welchem newen geiſtlichen Oehle
von Krafft Goͤttliches Liechts das Liebe-feuer als ons newe Leben
brennen ſollte.
25 39. Dita
26 Das Erfte Büchleinder Teſtam. Cap. 3
39. Diefesift nun die Waſſer⸗tauffe da der H. Geift im in⸗
nern Grunde die Hand darzuift/ der mit dem Ausflug Goͤttli⸗
her Liebe aus Chriſti Leyden / Tod und Aufferſtehung mitfeiner
Uberwindung tauffer; das iſt: Er tauchet Chriſti Menfchheit /
Leyden / Tod und Aufferſtehung in den inwendigen Grund ein /
und zünderden eingeleibten Paradis-bund nit diefem Feuer an,
daß die dürre Ruthe Aaronis grünend wird.
40. Dann mit diefem Eintauchen des H. Geiftes wird dem
Menschen Chriſtus geſchencket / er wird Chriſto hiemit einge»
leibet und wird ihm der himmliſche Ens welcher in Marien una
fern menſchlichen Ens annahm / mit dem gansen Proceß Ehriftiz
in ſeinen auch himmliſchen verblichenen Ens zu einem newen Le⸗
ben / welches den Tod hat uͤberwunden / angezogen und einge⸗
druckt.
41. Wie eine Tinctur das Metall tingiret und gantz durchs
dringet /oder wie ein Feuer ein Eifendurchglüct: Alfo auch alle
bie zu verſtehen iſt bey denen welche ſolches Eintauchens fühig
ſeynd / wie ferner foll berichtet werden,
Das 3. Capittel. |
Kurser / grimmdlicher Bericht] wie der Mienfch Dom
5. Geifte/ mit Chriſti Leyden / Tod und Auffer:
ſtehung in Leib und Seele getauffet werde.
85 GOtt feinen Bund mit der Befchneidung wolte
indie Waffer-tauffe einführen / fo ward das Wort
der cingefprochenen Genaden / darinnen das heilige
Feuer GOttes war / von che ein Menfch/ und nahm
\ won che des Weibes Saamen an / alsunfere Scele
ud Menfchheit / auff daß Er uns mit dem lebendigen Bande /
welcher war ein Menſch worden / tauffete.
2. Dann des Menfchen Leib / welchem das Tauffen noth war/
der war aus den Elementen. Sollte der nun getauffet werden /
ſo muſte ſich der Bund von ehe in ein elementariſch Mittel / als in
die Menſchheit Chriſti geben / und das Mittel heiligen / auff
daß der Menſch moge durch diß Mittel getauffet werden.
3. Dann es war nicht allein umb das himmliſche Weſen des
Menschen, welches in Adam verblich / zuthun / in welches ſich
der Bund im Paradis einleibete / daß derſelbe ſollte allein ge—
zauffet werden; Rein / ſondern auch umb dis Seele / und umb
den Leib aus dem Limo der Erden.
4. Der
Cap. 3. Ehriftil vonder H. Tauffe. 27
4. Der ganze Menfch bedorffte der Tauffe. Es muſten alle
drey Principiaaller drey Welten im Menfchen getauffet werden;
Als das x. Principium ift die ewige Natur / alsdas wahre Sees
len-leben ] das aus dem Wort des Einfprechens in Leib kam.
Das 2. Prineipium ift der wahre ewige Geift / als die H. Liechts⸗
und Liebe⸗krafft ( welche ich in diefem Büchlein den in Adam ver
blihenen himmlischen Ens und Weſen peiffe ) darinnen Adam
verblich/ alsder Seelen Wille daraus gieng. Das dritte Priaci-
pium ift die aftralifche/ animalifche Seele / aus dem Spiritu Mundi
mit ihrem Corpote aus dem Limo der Erden / als der gantze aͤuſ⸗
ſere ſichtbahre Menſch.
5. Dieſer dreyfache Menſch war gantz gefallen. Dann als ihn
das Goͤttliche Liecht im Geiſte des drittenPrincipiiverlofch/fo war
er an GOtt gantz blind / und dem Paradis erſtorben: In dieſen
muſte wieder ein Soͤttlicher Siche-Ens eingetauchet werden / in
welchem $iebe-Ens ſich das Goͤttliche Feuer und Liecht möchte
wieder anzuͤnden zu einem neuen Leben.
6. Sollte ein ſolches aber geſchehen / ſo muſte ſich von ehe das
a Feuer mit dem Bunde in der dreyfachen Menfchheit/ alsin
hriſti Menſchheit offenbahren / auff daß uns GOttes Geiſt
aus / mit und durch dieſe dreyfache Menſchheit tauffete / daß ein
jedes Principium in uns mit feiner Gleichheit getauffet wuͤrde:
Dann der H. Geiſt tauffete durch Chriſtum zur Bergebung der
Suͤnden.
7. Das H. Feuer Goͤttlicher Krafft in Chriſto tauffete in ung
ſeinen Tempel / welchen das H. Feuer / als das Goͤttliche Leben
in uns beſitzen wolte / als den verblichenen Ens von der himmli⸗
ſchen Welt Weſen / den Geiſt des Berſtandes / oder der Krafft /
als das zte-Principium , oder engliſche Corpus aus der engliſchen
Welt Weſen: Welchem Weſen Ehriftus fein allerheiligftes /
geiftliches Fleiſch hernach zur Speiſe giebet / indem Er felber
wohnet. R
8. Diefen Geift tauffet die Göttliche Siehe im H. Feuer / dann
Er ift ein Ensdes H. Feuers / darinnen es brennet oder lebet:
Und das ı. Principium, als die feuriſche Seele aus Goͤttlicher
Scienf des ſchiedlichen ſprechenden Worts / aus des Vatters
Feuers⸗eigenſchafft wird mit dem feurigen Geiſte des Vatters
Eigenſchafft getauffet / als mit der Feuer⸗brennenden Liebe.
| Alſo zu verſtehen:
5. Die Seele iß des Batters Fr in dieſer za
mi
28 Das Erſte Bfichleinder Teſtam. Cap. 3:
mit feinem eintauchen in die Seele / gibt Er fiedem Sohne in
fein Siebesfeuer. Des Batters Eigenfchafft im Feuer greiffer die
Seele zu erſt an mit dem Geſetze der Natur / mit feiner ftrengent
Gerechtigkeit / mitder ewigen Geburth des Feuersgrundes / das»
durch wird die harte impreflite/todfe&Secle im felben Eintauchen
des Feuers beweglich/ und wird ihre harte Impreflion der falſchen
magnetiſchen Begierde zerfprenget und auffgethan/ auf Arth
wie man ein Feuer aufffchläget.
10. So iſt num das Göttliche Liecht dergroſſen Liebe in dem
eröffneten Namen JESUS aus IIHOVA im Centro des Vat⸗
ters Feuers: Wann des Vatters Feuer die feurifche Seele auff>
ſchleuſt / fo Fan ihr das Liecht göttlicher Liebe einfcheinen / und ihr
den Liebe⸗Ens einführen. Dann fo bald das Zorn=fener die Seele
auffſchleuſt / fonimtfie das Liebe-ſeuer des Sohnes an/ und gehet
Darein/ wie ein Feuer ein Eifendurchglück/ oder eine Tinctur
ein Metall penerriret.
11. Und alfo wird die Seele vom Vatter dem Sohne gegeben)
und der Sohn gibt ihr alfo das Liebe-feuer / als das ewige Schen..
oh. 8. Dann fo fich des Batters Eigenfchafft in der verfchloffes
nen Seelen nicht mit bewegte / fo ſtuͤnde die Seele inihrer Im-
pres ſion im ewigen Tode/ und möchte das Liecht in ihr nicht offen⸗
bahr werden,
12. Des Vaͤtters Feuers-zerſchellung und Anzuͤndung ift der
Brunnquell der menfchlichen Buſſe / da der Menſch vor der
Sünden erſchricket / dann im Feuer-glantze wird die falfche im-
preſſete Eitelkeit der Sünden inder Finſternuͤß der Seelen of⸗
ſenbahr:Und des Sohnes Liebe⸗einſcheinung iſt das ſanffte Liebe⸗
oeͤhle / das die Zerſchellung wieder einiget und temperiret.
13. Dann der Sohn iſt im Baͤtter / und der Vatter im Sohne /
und tauffen miteinander / der Vatter mit Feuer / und der Sohn
mit Stechte: auff Arth wie ein Feuer auffgeſchlagen wird dag.
aus dem Feuer der fanfte Sicchts-glang offenbahr wird / undfih
das Feuer-brennen alfo gantz ineinen Liechtes-glantz verwechſelt
und wandelt. Des Vatters Feuer verzehret mit feinem Schracke
in der Seelen die Eitelkeit / und des Sohnes Liebe heilet ſie wie⸗
der ⁊ Alſo iſt das taufſen nach dem inwendigen Grunde des Sees
len⸗ uUnd Geiſt-⸗Meirſchens zuverſtehen.
x4, Die dritte Eigenſchafft des dritten Principiimit der Waſ⸗
jerstauffe / damit der Leib vonder Auffern Welt Weſen /fo wohl
ver Geiſt des Beftiens im Menſchen gefauffet wird/ wird alle
Machtet. Durch das Waſſer / als durch das Element des Leibes
Chriſti
J
Cap. 3. Chriſti / von der H. Tauffe. 28
Chriſti wird der rechte Adamiſche Menſch(welcher in Adam nach
dem Leibe geſchaffen ward: verſtehet aus der aͤuſſern Welt We⸗
ſen) getauffet / dann allhie tauffet der H. Geiſt / der vom Vatter
und Sohne außgehet / ſein Ausgang iſt Die Formirung der Welt/
und die Welt iſt das ausgeſprochene / geformte Wort / und der
Geiſt GOttes iſts / der ſie geformet hat.
15. Dann Er wird in allen drey Welten verſtanden / in jeder
Welt nach ihrer Eigenfchafft. Als in des Batters Zorne nach der
Finſternuͤß / iſt Er die Flamme der Peinligkeit; undim ewigen
Liechte ift Er die Sicbe-flamme GOttes-und in diefer Welt im
Spiritu Mundi ift Er der Fotmirer und Werck-Meiſter aller
Dinge / in jedem Dingenachfeiner Eigenſchafft; Wieder Sepa-
tator des Dinges iſt / alſo ift auch der ausgefloffene Geift aus dem
ausgefprochenem Worte in jedem Dinge.
16. Dann in der aͤuſſern Welt Weſen iſt nicht zuverſtehen /
dag des Weſens Geiſt GOtt genannt werde / ſondern es iſt der
ausgefloſſene Geiſt in dem ausgeſprochenen Worte GOttes/
welcher mit feinem Grunde im Worte GOttes ſtehet.
17. Der ausgefloſſene Geift des aͤuſſern creatürlichen und
natürlichen Lebens iſt aus GOttes Liebe und Zorne / aussicht
und Finſternuͤß / als aus dem erſten und zweyten Principio, als
aus der ewigen Natur / aus dem Sprechen des Worts ausgefloſ⸗
ſen / und ſtehet mit feinem Grunde in Sprechen GOttes / dann
das ewige Wort hauchet ſich mit Ihm in ein creatuͤrlich Leben.
18. Er (derſelbe ausgehauchte Geiſt) iſt das aͤuſſere / crea⸗
tuͤrliche Leben / in jeder Creatur nach ihrer Eigenſchafft. Er iſt
die Seel: der aͤuſſern Welt / als die anfaͤngliche Seele / ein Le⸗
ben der vier Elementen; Seine Krafft iſt ein feuriſch und liech⸗
tiſch Geſtirne / was das gantze aͤuſſere Geſtirne in ſich ſelber in
feiner Krafft iſt / das iſt Er allein in ſich ſelber / doch als ein ver⸗
ſchloſſen Geſtirne / das ͤm Temperamento lieget / und ſich in je=
dem Leben außwickelt / und ſchiedlich machet nach des Lebens Ei>
genſchafft: Bey den zeitlichen Creaturen mit einer zeitlichen Ei⸗
genſchafft / und bey den Ewigen mit einer ewigen Eigenfchaffts:
Im Menſchen mit einer zeitlichen und zerbrechlichen Eigen—⸗
ſchafft / und auch mit einer ewigen: Welche ewige am ewigen
außhauchenden Wort anhanget / darinnen der Menſch aus der
Zerbrechligkeit am Juͤngſten Tage / nach dem ſichtbahren Bilde
auffſtehen und wiederkommen ſoll / und für GOttes Gerichte
tretten / und auff die groſſe Feuer-proba geſetzet werden / allda
ſich das toͤdtliche vom ewigen ſcheiden ſoll.
B7 19. Al⸗
30 Das Erfte Büchlein der Teſtam. Cap. z.
19. Alfo verftchet uns nun allyie recht von der Tauffe dieſes
Auffern Geiftes: Der innere H. Geiſt Böttlicher Siebe zündet
an den ansgefloffenen Geift / und falber Ihn mit Goͤttlicher
Kraft. Dann die Menſchheit Ehrifti nach unferm auffern Geis
fte ward vom H. Geiſte gefalber/und derfelbe äuffere Geift Chri⸗
fti/ welcher in Chriſti Perfon inden Elementen des Leibes herr⸗
fchete auff menſchliche Arth / der falbet in dem Bunde feines Tes
ſtaments inder Waſſer-Tauffe den innern Grumd des Waſſers:
und die gefalbte Krafft im Waſſer / indem Worte des Bundes/
ſalbete ven wahren Menfchen/melcher in Adam aus dem Limo der
Erden gefchaffen ward/fo wohl auch falbete&r denSpiritumMun-
di, als die rechte aftralifhe Seele / welche am Jüngften Tage
wieder kommen / und probiret werden fol.
20. Nun verſtehet ung thewr und wohl /allyiegiltes! Diefe
Salbung der Waffer-Tauffe iſt mit Chrifti Leyden / Tod und
Aufferftehung gefalbet / nit welchem himmliſchem Blute Er
GoOttes Zorn in Liebe verwandelte / und den Tod zerfprengete in
menfchlicher Eigenſchafft damit Er die Erde fülbete/ als Erdig
fein Blut auff und in fie vergoß.
21. NB. Item, Sie iſt mit dem geſalbet / als Chriſtus fein
geſalbtes Leben der aͤuſſern Menſchheit von uns in ſeinem Tode
wieder in dieſen Spicitum Mundi eingab / und dehn auch mit feiner
Salbung in ſeinem Tode ſalbete; Als / da ſeine aͤuſſere / von uns
Menſchen angenommene tödliche Seel / (welche am P ftarb'/
und ſich in GOttes Hand / als in ſein außgeſprochen Wort ein⸗
gab) aus dem Leibe in die Elementa eingieng.
22. Item, Sie iſt mit dem geſalbet / da dieſe feine aͤuſſere Seele
mit der ewigen Scelen / darinnender H. Geiſt war / durch Tod
und Hölledrang: Und mitdem /dader H. Geift in Wortdicfe
feine geftorbene / aſtraliſche Seele aus dem Tod nahm / und durch
den Tod mit feiner Aufferſtehung ins ewige Leben einführete / da
fie GOttes Siebe mit dem ewigen $eben ſalbete.
23. Diefe Salbung Ehriftiwirdinder Waffer-Tauffe/ als
im Bunde Gottes verftanden/ dann Bott falbete inder Menſch⸗
heit Ehrifti die Elementa des Leibes / fat der tödlichen und ums»
tödlichen Seelen / und führete Chriſtum mitdiefer Salbung in
feinen Tod und Zorn ein / und durch den Tod ins ewige geben. Und
dieſe Salbung / (darinnen Chriftus hat GOttes Zorn) Sünde?
Tod) Teufelund Hölle überwunden) hat GOtt mit feinem Bun»
de des Alten Teftaments in die Waſſer⸗Tauffe geordnet / und
beut ſte nun allen Menfchen am,
24. Und
u Pc
‘
“
ER
Cap. ʒ. Chriſti / von der H. Tauffe. 31
24. Und ſo nun ein Menſch der begehret / und ſich zu der wen⸗
det / als ein Menſch / und nicht Thier / fo tauffet der H. Geiſt
den innern Grund / als feinen Tempel / den Er ſelber beſitzet /
als den wahren ewigen Geiſt / ſamt der ewigen Seelen: Und die
Salbung Ehrifti / aus feiner von uns angenommenen Menſch⸗
heit / falbet und tauffer in uns den wahren in Adam erften ges
fhaffenen Menfchen aus dem Limo der Erden / ſamt der tödfis
chen Seelen: ( Jedoch daß man den Grund hierinnen verftche: )
welcher aufffichen und ewig leben foll.
25. Diefes gefchicht durch Chrifti Leyden / Tod und Auffer>
ſtehen Jin feinem blutigen Rampffe ; als/ der Sieg feines Todes
iſt die Hand / welche tauffet. NB. Der rechte Menfch wird zum
Leben getauffet / und der Schlangen=grobsirwdifche Menfch wird
mit Chriſti Tod und Sterbengefauffet / dag er ſoll ſterben / und
alle feine böfe Lüfte und Begierde dem Tod Chriſti laffen / dag fie
der toͤdte und einen neuen Willen ausdem Tod Chriſti aus’
Seele und Leib ausführe.
26. Der boͤſe Adam / als daß Schlangen-monftrum, wird
mit diefer Tauffe (als da die Hand GOttes Jals fein fprechendeg
Wort ſelber zugreiffet und tauffet) genommen / und wird mit
Chriſto in ſeinen Tod begraben / und in die Hoͤlle / in welche Chri⸗
ſtus in ſeinem Sterben einfuhr / verſtehet / in die Finſternuͤß
GOttes Zorns / alsin Abgrund der Menſchheit / eingeworffen⸗
Und dieſe Salbung in der Tauffe verbindet ſich mit dem wahren
Adamiſchen erſten Leibe / welcher vorm Fall Adaͤ war / und ge⸗
baͤhret durch Chriſti Sieg einen newen Willen in Seele und
Leib / welcher GOtt gehorſamet.
27. Alſo ſtehet alsdann nach ſolcher Salbung der rechte Menſch
in der Salbung Chriſti / und das Schlangen-monſtrum ſtehet
in GOttes Zorne / und wohnen doch dieſe Zeit in einem Leibe
aber cin jeder in feinem Principio,als in feiner Eigenſchafft / da⸗
von S. Paulus faget Röm.7.20.25. So ich nun ſuͤndige / fo
thue nicht ichs / fondern die Sünde im böfen Fleifche thut es.
Item:So diene ich nun mitden Gemüthe des gefalbeten Gruns
des GOtt / und mit dem Gemüthe des falfchen Fleiſches diene ich
dem Gefegeder Sünden.
28. Und faget weiter Roͤm. 8. 1.28. So iſt nun nichts ver⸗
damliches an denen / die in Chriſto Jeſu in feiner Salbung ſeynd/
die nach ſolchem Fuͤrſatze GOttes in dem Worte beruffen / oder
im Ruffe in der Salbung alſo ſeynd ergriffen worden: Da er
dann nen rechten geſalbten Menſchen meynet / welcher in dieſer
Zeig
32 Das Erfte Büchlein der Teftam. Cap. 4:
Zeit noch in der Schale des irrdifchen Leibes verborgen ſtecket /
wie ein ſchoͤn Gold in einem groben Steine / und doch nach der
Salbung im Himmel wohnet/ wie S. Paulus auch faget/ Phil.
- 3, 20. Unfer Wandel iftim Himmel. Item Nom. 6.15. Gal. 2.
- 17. Sollen wir/die wir Chriſtum angehoͤren / noch Sünder feyn?
- Das fen ferne. Da meyneterden gefalbten Grund / und nicht das
thierifche Monftrum der Zradigkeit/voller böfer Neigligkeit/wels
chesim Zorne GOttes und der Verdamnuͤß ſtehet und GOttes
Reich nicht erben foll/ welches doch diefe Zeit dem rechten geſalb⸗
ken Menfchen anbanget.
29. Dergefalbte Grund iftder Chrift / und nicht das Auffere
grobe Thier: Die Salbung ifts/ welche täglich dem Monftzo
der Schlangen / als dem böfen irrdiſchen Willen /den Kopff zer⸗
tritt / da der Streit im Menſchen iſt / da eine Eigenſchafft boͤſes
wil / und die andere gutes / und welche ſieget / die treibet den
Menſchen zum Wercke.
30, Darumb ſollen und muͤſſen die Menſchen⸗Wercke gerich⸗
tet / und jedes in ſeine Scheune eingeſamlet werden; Als / das in
Krafft der Salbung iſt gemacht worden / ins Reich GOttes /
und das in Krafft des Monftrider Schlangen iſt gemacht wor
den / in die Verdamnuͤß / indie Finſternuͤß des Zornsund Todes.
Das 4. Capittel.
Von der aͤuſſerlichen Waſſer-Tauffe durch Menſchen⸗
Handt / welcher wuͤrdig ſey zu ſolchem Tauffen / und
welch Taͤuffling diß Teſtament wuͤrdig empfahe /
und wie es mit der unwuͤrdigen Handt / ſowohl
mit dem unwuͤrdigen Taͤuffling bewandt ſey.
In dieſer Zeit hochnoͤthig zubetrachten.
28 GOtt das Teſt ament feines H. Genaden-⸗Bun⸗
des im Paradis auffgerichtet / aus dem Vorbilde
und Opffern und der Beſchneidung wolte in die
Waſſer-Tauffe ordnen / fo fuͤhrete Er einen Zweig
aus ſeinem Bunde in menſchlicher Offenbahrung
heraus / und fing die Waſſer-Tauffe durch ihn an. Wie ſolches
klar an Johanne Baptiſta zu ſehen iſt / welcher durch die engli⸗
ſche Botſchafft verkuͤndiget ward / darzu aus dem Hohen⸗Prie⸗
ſterlichem Stamme.
»Nicht
Eap.a. Chriſti / von der H.Tauffe. 33
2. Nicht vom Willen des Fleifches kam feine Menſchwerdung /
dann fein Batter Zacharias umd feine Mutter Elifabett) waren
alte betagte Leute / welche in der fleiſchlichen Sperma ſchon erftora
ben waren / da des Menſchen Vermoͤgen ſchon weg war: Der
Saame Zacharias und Eliſabeths ward durch Bewegung des
H.Geiftes aus dem ParadififhenGenaden-bunde in ihrer nun⸗
mehr verblichenen ſpermatiſchen Eigenſchafft erwecket.
3. Wohl kam er aus menſchlichem Grunde / aber nicht aus
menſchlichem Vermoͤgen / dann die Salbung im Bund erweckte
dehn / daß ihre Spermata uͤber den Lauff und Krafft der Natur
eigen Vermoͤgen auffgefchloffen worden: Denn Ihnen der hei⸗
lige Geift einen Saamen aus menföhlicher Sperma erweckte /
und dehn in feinem Anfange darzu erwaͤhlete.
4. Die Salbung aber Johannis geſchahe im Gruffe Mariz/
als dieſe zu der alten Elifabeth kam / und fich in ihr (verftchet in
Marien) die Göftlihe Saltung auf Chriſti Menfchwerdung
bewegte. Alß Maria / vol diefer falbung / Elifabeth grüffete /
fo tauchte die Menfhwerdung Chriſti mit der Salbung durch ders
Gruß Mariz in Johannem in Mutter Leibe ein; Und nicht allein
in Johannem / ſondern auch in feine Mutter Elifabeth / dag fie
voll wardvieferSalbung/ und die beyden Mütter im Geiſte die⸗
fer Salbung weiffageten.
5. Unddiefesiftdie Tauffe Johannis / da er mit der Menſch⸗
werdung Chrifti auf Chrifto aefalbet ward / und des H. Geiftes
Zauffe auf dern Bunde in Wiutterleibe empfieng / daß Er folte cin
Borläuffer und Ankündiger feyn / daß die Zeitder Salbung und
Erfüllung des Bundes EHttesvorhanden ſey / daß Gott feiner
Bund der Benaden-falbung habe ia die Menfchheit eingeführet/
und daß der Bund ſey ein Menfih worden : Daß GOtt nunmehr
wolledurch die Menfchheit Chriſti / durch ein elementiſch Mit⸗
tel (das nicht mehr im Fewer ftche/ wie im Alten Teftament /
fondern in Siebe und Sanfftmuth des Waſſers) die Salbung auß⸗
gieſſen; daß die Zeit der Genaden porbanden ſey / Da GStt feine
Salbung indie Menfchheit habegegeben.
6. Und dann fehen wir / daß GOtt allda feinen Newen Bund
habe angefangen / ſondern nur eine newe Ordnung / dann Johan⸗
ves lich ſich beſchneiden wie dann auch Chriſtus. Johannes nahm
den Gewalt und Beruff auß dem Bunde der Beſchneidung / auß den
Opfferen des Fewers / und fuͤhrete ihn durch GOttes Berchlin die
Waſſer⸗tauffe / anzudeuten / daß nunmehr ſolte die Suͤnde durch
den Todt Chriſti in ſeiner Lieb und Sanfftmuth erſaͤuffen / ne
wich
34 DasorfteBüchleinder Teftam. Cap. 4.
—* mehr im Fewer abbrennen / wie bey Iſrael im Vorbilde ge⸗
chahe.
7. Mehr ſehen wir beym Johanne / daß er noch nicht mit der
Vergebung der Suͤnden tauffete / ſondern mit der Buſſe / als mit
dem Geiſte der Salbung zur Buſſe / welcher der Menſchen Hertzen
zerſchellete / und dem Geiſt Chriſti ſeinen Weeg bereitete / wels
cher dic Thoren der Menſchen Hertzen undSeelen auffſchloß / auff
daß nach ihm der Koͤnig der Ehren in ſolche auffgemachte Thoren
moͤchte einziehen / daron David ſagte: Machet dem Koͤnige der
Ehren die Thoren weit auff / daß der König der Ehren/als Chris
ſtus / einziehe. Dfalmz24/ 7/9. und wie Johannes zeügete je
tauffe mir Waſſer zur Buſſe und Vergebung der Suͤnden / er. aber
ſey nicht Chriſtus / Tondern nach ihm komme der welcher die
Worff ſchauffel in Handen habe / der werde mit Fewer des Gei⸗
ſtes tauffen. Luc. 3.16/ 17.
8. Auch ſehen wir an Johanne / daß er eines Prieſters Sohn
ſeyn muſte / welche mit der Beſchneidung und den Opffern umb⸗
gingen. Er muſte auß dem Geſetze des Bundes kommen / und ſich
beſchneiden laſſen / und den Bund aͤnziehen / auff daß er mit dem
Geiſte des Bundes und der Beſchneidung die Waſſer-tauffe / als
die Ordnung der Genaden und Vergebung anfinge: Dann die
Sünde folte nan nichtmehr Durchs Fewer getilget werden/ fon-
dern durch die Siche / welche GOtt im Bund durch Chriſtum of⸗
fenbahrte/ Sie folte duch GOttes Sanfftmuth erfauffen 7 und
verwandelt werden.
9. Darumb ordnete auch GOtt zu folder Sünden-tilgung,
ein folh Mittel mit der Waſſer-tauffe / anzudeuten / dag die
Sünde folte im Blut Chriſti in feiner Siebe und Genade erfaufs
fen / unddag der Meuſch folte nummehr eine offene Genaden⸗
porteinder Siche und Sanfftmuth zu GOtt haben / daß er nur
mit Rewe ſe iner Suͤnden / mit Ablaß der Sünden durch ſolche
Porte indie Genade eingehen koͤnne.
10. Und ſehen allhie an Johanne dent Anfaͤnger der Waſſer⸗
tauffe / welcher Menſch wuͤrdig ſey mit dieſem newen Genaden⸗
bunde zu tauffen / als nemlich dieſer / welcher auch zuvorhin iſt
mit dieſer Genade geſalbet worden / wie Johannes von Chrifte /
welcher noch in Mutter⸗leibe gefaldet ward. Dann Fleiſch und
Blut / ohne dieſe Salbung / kan nicht tauffen / dann dieſe Macht
ſtehet nicht in Menſchen-gewalt / ſondern in Chriſti Gewalt.
1x. Ein Chriſt / in dehm die Salbung Chriſti iſt / der tauffet
mit der Salbung Chriſti / dann die H. Dreyfaltigkeit 2
mi
Cap.ı. Chriſti / von der H. Tauffe. 35
mit den Genaden-bunde der Salbung / mit Chriſti Menſch⸗
werdung / Leyden / Tod und Uberwindung: Wil nun ein
Menſch tauffen / ſo muß er nicht allein mit der Hand und
Ei tauffen / fonderen auch mitden Glauben der Sal⸗
ung.
12. Einumgläubiger Zauffer thut nichts mehr bey diefein ho⸗
hen Wercke der Tauffe/ als der Tauffeftein thut / welcher das
Waſſer haͤlt: Dan obergleich das Warfer geuft / und die Wor⸗
te Chrifti brauchet / fo würdeter doch nicht mitte / fondern iſt
ſtumm in der Wuͤrckung; ſondern der Bund Chriſti wuͤrcket und
tauffet / Er aber iſt nur ein Mittel / gleich einem unwuͤrckenden
Weſen / das nicht ſelber in dieſem Bunde mitwuͤrcket / ſondern
nur das Werck thut / in welchem Werde GOtt würdet wegen ſei⸗
nes Bundes. =
13. Nicht alfo zuver ſtehen / als ob das Werd darumb bey
unwuͤrdiger Handt ganz Frafftlog fen 5 Nein / der Bund
Gottes frennet fih nicht umb der unwürdigen Hardt willen /
welche nur ein Mittelift : Dann glaubige Eltern / welche in
der Salbung diefes Bundes ſtehen / und den Bund angezo>
gen haben/ die haben die Salbung auch in ihrem Saamen/ und
jeugen Kinder aus ihrer Leibes- und Seelen⸗Eigenſchafft: Seynd
ſie in Seele und Leib getauffet / und haben die Salbung Chriſti
angezogen / warumb dann nicht auch der Ens ihres Leibes?
Seynd ſie Tempel des H. Geiſtes / der in ihnen wohnet / und
eſſen Chriſti Fleiſch / und trincken ſein Blut / dag Chriſtus in
ihnen / und fie in Chriſto ſeynd / wie Chriſtus ſaget / Joh. 6
56. Warumb dann nicht auch ihres Leibes Frucht? Dann Chris
ſtus ſagte ja (Matt. 7/18.) Ein guter Baum kan nicht arge
Fruͤchte bringen / und ein arger Baum kan nicht gute Fruͤchte
bringen. Iſt das Auge des Geiſtes liecht / ſo iſt der gantze Leib
liecht. Iſt der Anbruch heilig / fo iſt der gantze Teig heilig.
(Matt. 6. Röom. 11.)
14. Johannes ward in Mutter⸗leibe getauffet durch den Geiſt
Chriftiaus Marien Stimme / fowohlauc feine Mutter Elis
ſabeth. Und fehen gar eben / wie das fey zugangen:Dann als Eli⸗
ſabeth den Geift Mariz hörete / fo bewegte ih der H. Geiftin
ihr/ und auch in ihrer Frucht zugleich; Sie empfingen die Zauffe
Eprifti auf feiner Menfchheit zugleiche / die Mutter mit dem
Sohne. Warumb dann nicht auch jego in H. Eltern / indenen
Die Salbungift ? Dann deflender Baum iſt / deffen iſt auch ſei⸗
sie Frucht,
15. Der
36 Das Erfte Büchlein der Teftam. Cap.
25. Der Bundaber mitder Tauffeift darumb / dag ein jeder
Menſch ſoll ſelber mit einem eigenen Willen / als ein fonderlicher
Zweigam Baume / uud als cin eigen Leben / den Bund Chrifti ana
ziehen / als durch das aͤuſſere darzu geordnete Mittel.
16. Richt zuverſtehen / daß ob ein Kind frommer geſalbter El⸗
tern / welches Das Leben bekommen hat / vor der Tauffe ſtuͤrbe /
daß es nicht in der Salbung Chriſti ſey: Es hat ja der Eltern
Salbung angezogen / dann es iſt aus ihrem Weſen entſtanden /
aus ihrem getaufften Seelen-und Leibes-weſen / und darff nur /
ſo das lebet / in das Bilde des ſichtbaren Bundes eintretten / als
ein eigen Leben / und mit ſeinem Willen ſich in das einergeben /
was ihme von den Eltern angeerbet iſt; Weil aber ein Kind ſol⸗
ches nicht verſtehet / ſo thun ſolches ſeine Eltern mit ihrem Glau⸗
ben / und die jenigen / welche zu ſolchem Wercke beruffen ſeynd /
als die Pathen / welche das Kind in ihrer Glaubens-Begierde
mit ihrem Gebethe dem Bund Chriſti überantworten und in den
Bund Chriſti der H. Dreyfaltigkeit fuͤrſtellen / und den Bund
Chriſti uͤber diß Kind begehren.
17. Diefealle/ beydes die Eltern und Beyſteher / als glaͤubiger
Tauffer und Pathen / wuͤrcken mit ihrem Glauben in des Kindes
Eigenſchafft / und reichen es mit ihrem Glauben dem Bund E hri⸗
ſti dar: Dann ihr Glaubens⸗wille faſſet des Kindes unverſtaͤndi⸗
gen Willen in ihre Glaubens-begterde ein / und tragen alfo des
Kindes Willen in ihrem Willen mit ihrer Salbung in Bund
Eyrifti / alsfürdie H. Drepfaltigkeit.
18. Wann der Tauffer das Waſſer geuft über das Kind / fo
iſt ihr Glaube mitte indem Waſſer / und faffet fich in Chrifti
Worteein / derda ſagte Matth. 28/ 19. Gehet hin in alle Welt /
and tauffet alle Bolcker im Namen des Vaͤtters / Sohnes und
H. Geiſtes.
19. Auff Chriſti Befehl tauffen fie den Menfchensder Tauffer
tauffet mit der Handt und Glauben / und die Eltern / ſamt den Pa⸗
then / tauffen mit ihrer Glaubens-begierde / mit dem geſalbeten
Willen: Sie tauchen das in Chriſti Bund / und Chriſtus tauchet
ſich mit ſeinem Blute / Tod und Uberwindung / als mit ſeinem
Todes-Siege darein / und zuͤndet den Glaubens-Ens des Kindes
mit feinem Liebe-fewer an.
20. Alſo ſaͤet ſich das Senff⸗-koͤrnlein des ebe-fewers indes
Kindes Seelen-und $eibes-Ens ein / alsein glimmend Moder
Goͤttlicher Liebe / welch Moder hernach / wann das Kind eigenen
Verſtand bekomt / durch Glauben / Buſſe und Gebethe mehr an⸗
ge⸗
Cap.4. Chriftiivonder H. Tauffe. 37
gezuͤndet / und zu einem hohen ſcheinenden Liecht wird: Wann
hernach der Glaubens-Mund Chriſti Fleiſch iſſet und fein Blut
trincket / ſo bekomt dieſes H. Moder⸗Liebe⸗fewer ein H. Oehle zu
feinem Schens=brennen,
21. Mit der Tauffe wird eingepflanget die Menfchheit Chris
fi nach dem H. Liebe-waſſer / als dem Waſſer des Ewigen $e=
bens / in welchem ( NBaffer ) Das H. Fewer brennen mag ; Und
mit dem Abendwmahl wird genoſſen die H. Tin&ur im Blut und
Fleiſche Chriſti / als das rechte Liebe-Fewer-brennen / ein Geiſt⸗
lich Salb⸗oͤhle aus dem Goͤttlichen Fewer und Liecht / welches das
Waſſer der Liebe anzuͤndet / als den Tauff-bund.
22. Und ob gleich ein Kind von H. Eltern gebohren wird / und
ſchon in Mutter⸗leibe in ſolchem Bunde ſtehet / ſo ſoll es doch auch
ſolchen Bund in eigener ſelbſtaͤndiger Perſon / in feinem eignen
Lebens-⸗willen anziehen / Urſache dieſes / daß im Fleiſche die Sünde
und Unreinigkeit mit fort geerbet wird / fo foll esfelber den Bund .
anziehen: dan es foll und muß nun felber mit dem Genaden-bunde
der Schlangen im Sleifihe den Kopff zertretten / darumb ſoll es auch
ſelber Chriſtum mit ſeiner Uberwindung anziehen; dan Chriſtus
beut ſich ihm nun ſelber an / es ſoll Ihn in eigener Perſon mit eige⸗
nem Willen annehmen / und Ihm hinwieder feinen eigenen Wil⸗
len geben.
23. Danndie Tauffe iſt anders nichts / als eine Ehe oder Ver⸗
buͤndnuͤß mit GOtt auff Chriſti Blut und Tod / da ſich Chriſtus
mit dem Menſchen mit ſeiner Uberwindung und Aufferſtehung
verbindet / und den Menſchen darein ſetzet: Der Menſch uͤber⸗
gibt in der Tauffe ſeinen Adamiſchen abgewandten Willen dem
Tod Chriſti / und begehret des eigenen Willens im Tode Chriſti
abzuſterben / und durch Chriſti Aufferſtehung aus Chriſti Tode
wit und in Chriſto eines Newen Willens auffzuſtehen / und mit
Chriſto zu leben und zu wollen.
24. Dan wir werden durch die Tauffe mit Chrifti Sieg auffs
newe ins Wort GOttes gepflansct: Dander Menfch ift das
außgeſprochene / gebildete Wort GOttes / welches feinen Willen
in Adam hat vom Sprechen Gottes in ein eigen Wollen undSprea
chen eingefuͤhret / und am Wort GOttes trewloß worden iſt; und
mit der Tauffe verlobet und verleibet ſich das gebildete Wort wie⸗
der mit dem Ewigen Sprechen GOttes / daß es wil mit GOtt wol⸗
len und ſprechen / als GOttes Gerechtigkeit und Wahrheit.
25. Die Tauffe iſt ein Eyd / den der Menſch in GOtt ſchwe⸗
ret / da er dem Teufel und feinem Reich abſaget / und GOTT ſich
zum
38 DaserfteBüchleinder Teſtam. Cap.g
zum Eigenthumb ergibet / als zu einem Tempel GOttes.
26. Undob folchesein Kind nicht verftchet / fo foll es aber der
Zauffer/fo woldie Eltern und Pathen verſtehen / und ihren Glau⸗
ben in des Kindes Willen einfuͤhren / und alſo mit ihrem einges
führten Willenindes Kindes Willen mit ſolchem Eyde fich in
GOttes Bund durch die Worte Chriftiauff feinen Befehl ins
Waſſer⸗tauffen mit einſencken / und den Vefehl Chriſti in ſich
faſſen / als in ihren Glauben / und alſo mit des Kindes Unverſtand
in ihrem Verſtande in den Bund eingehen / und an Statt und
mit des Kindes Willen in ihrem Willen ein ſolches GOtt gelo⸗
ben; dann ein ſolches koͤnnen und ſollen Eltern fuͤrnemlich thun /
dieweil das Kind aus ihrem Leben und Weſen entſproſſen iſt / wie
der Aſt aus dem Stamme / ſo haben ſte auch Macht des Kindes
Willen in ihren Blaubensswillen einzufaſſen / und mit des Kine
des Willen ih GOtt zu ergeben und zu verbinden.
27. Mehr hatein ſolches der Zauffer in Gewalt / der fichet
auff Ehrifti Berehlan Chriſti Stattallda / und führet in feinem
Munde den Befehl Chriſti / und tauffet mit feiner Handt auff
Chriſti Befehl. Diefer follein gefalbter Chriſt ſeyn / und durch
die Thuͤr Chriſti zu ſolchem Wercke tretten / oder iſt nur ein Holtz
oder Klotz / als einirdifh Mittel darbey / und tauffet ſelber nicht
mit feinem Glauben mit / ſondern iſt nur-ein aͤuſſerlich Werck⸗
zeug des Bundes / wie das Beil / da der Zimmermann mitte hai
et: Und da er doch nicht iſt / wie das Beil / das da ſchneidet / ſon⸗
dern als die Hand / welche das Beil haͤlt; Er ſchneidet noch wuͤr⸗
cket nicht mitte im Wercke des Geiſtes / ſondern er iſt nur das auf:
ſere Werckzeug / und thut ein aͤuſſerlich Ding ; Er erreichet nicht
den Bund / ſondern nur das Waſſer / und fuͤhret ein todes Wort
in feinem Leben; aber das Ambt Chriſti iſt in dem Befehle.
28. Das lebendige Wort im Bunde / das da tauffet / urſtaͤn⸗
det nicht aus Krafftdes Gottloſen Mundes/ fondern aus dem .
Befehl in vem Bunde. DerBottlofe Mund führet das äuffere
Buchſtabiſche Wort / alsein Diener deffelben / aber der Bund
führet das Ichendige Wort in Krafft.
29. So die Eltern und Pathengläubig ſeynd / fo reichen fie
das Kind mut ihrem Glaubendem Bund dar / und der Gottloſe
- Zauffer iſt mit Mund und Hand nurein Werckzeug darzu/auff
Art und Weiſe / wie eine Glocke lauter und ſchallet /und doch kein
Leben hat / und gibt aber den Lebendigen eine Verſtaͤndnuͤß / wo⸗
zu das fell; Oder wie ein gottloferMenfch im Scheine der Heilig»
Exit vor einem Heiligenden 9. Namen GVttes nennet un 9
enne
J
—
—
Cap.4. Chriſti / von der H.Taufe 39
kennet / da ſich alsbald der H. Name GOttes dadurch in des
heiligen Menſchen Hertzen / der es hoͤret / beweget und wuͤrckend
wird / und es doch der Gleißner in ſeiner Bekaͤntnuͤß nicht ver⸗
ſtehet noch empfindet / und die Bewegung des guten Hertzens
auch nicht auß des Gottloſen Munde in das Heilige Hertze eins
fähret/ fondern auf dem Namen GOttes.
30. Alfo auch tauffet bey dem Gottlofen Zauffer nurder 9.
Name / und nicht der böfe Mund / eraber muß ein Werckzeug
ſeyn / der den H. Namen nennet / welcher nicht aus feinem Nen⸗
nen / fondern ausdem Namen und Bunde würdet / durch Ein
führung der gläubigen Eltern und Pathen ihres Glaubens;
2 der Bund ift felberein Glauben) als GOttes Wort und
und,
32. Der Bund tauffet fie alle / welche ſich darein begeben / ee
fey würdig oder unwuͤrdig /es fen Glauben des Tauffers/ der El⸗
tern und Pathen da oder nicht / aber mif groffem Unterſcheide /
wie die Schrift faget: Beyden Heiligen biftu heilig / und bey
den Verkehrten biſtu verkehrt. Dfal.13/26. Item / welch ein
Bold das ift/einen ſolchen GOtt hat das auch. Um wie S. Pau⸗
lus vom Adendmahl ſagte: Darumb daß ihr nicht unterſcheidet
Den Leib des Herren / empfahet ihrs zum Gerichte.
32. Dann wo GOttes Liebe gegenwaͤrtig iſt / da iſt auch ſein
Zorn gegenwaͤrtig: wo Liecht iſt da iſt auch Fewer. Der Glau⸗
bens⸗ Ens dringet allein Durchs Fewer im Liechte auß. Der Bund
beſtehet / das Kind wird mit dem Bunde getauffet / der Bund nimt
es an / und ob gleich ein Gsttloſer Taͤuffer / ſo wohl auch ſolche Pa⸗
then ohne Glaͤuben da waͤren;
33. Aber wie der Mundift/ alſo iſt auch die Speiſe im Mun⸗
de/wieder Herr beym Propheten ſaget: warumb nimt der Gott⸗
loſe meinen Bund in feinen Mund / da er doch Zucht haſſet? Pſal.
50.16/17. Man ſoll den Namen GOttes nicht migbrauchen /
dann der Herr wilden nicht ungeftrafft laffen/der Ihn mißbrau⸗
chet. Deut.s/s. Er wil das Perlein nicht fürdie Sawe werfen.
Matth. 7/6. Dergottlofe Menſch / der fih zu feinem Bunde
nahet / iſt GOtt in feinem Bunde ein gufer Geruch zum Vers
damnuͤß des Todes / und der Heiligeein gufer Geruch zum Le⸗
ben.ı Gor.2/ 15/16.
—— —— anders / ſo gottloſe Eltern ſeynd ohne Glau⸗
ben / daß fie auch gottloſe Kinder zeugen ? dann wie der Stamm
iſt / alſo iſt auch die Frucht. So ſie nun nicht umbwenden / und
‚Ihre Frucht durch wahre ernſte Buſſe und Gebetthze Chriſto einlei⸗
ben/
40 Das Erſte Büchleinder Teftam. Sap.g:
ben) und fie mit Glauben zu dieſem Bunde fchicken/ und erbitten
noch wohlfolhe gottlofe Pathen ohne Glauben darzu / und ift
auch ein gottlofer Tauffer / wer follallyie tauffen ?
35. Soll GOttes Liebe im Genaden-bunde tauffen ? mag es
nicht geſchehen / wie ©. Paulus vom Abendmahl ſaget: Daß es
der Gottloſe zum Gericht empfahe? So man nur des Bundes
ſpottet / wie wil dann GOttes Ehre bey den Spöttern erſchei—
nen? Da heiſts recht: Bey den Heiligen biftu heilig / und bey den
Verkehrten biſtu verkehrt. So der Saame falſch iſt / ob man den
gleich auff guten Acker ſtrewet / ſo waͤchſet doch eine boͤſe Frucht /
dann er zeucht auß dem guten Acker nur ſeiner Gleichheit einen
Ens an ſich.
36. Wie mag es dann allda zugehen / da ein Kind von gantz
gottloſen Eltern entſprieſſet und auch nur gottloſe Pathen dar-
zu beruffen werden / welche nur umb Pracht und Hoffart willen
da ſtehen / oder umb Menſchen-gunſt? welche auch nur ſolcher
Urſachen halben darzu beruffen werden / da fein Glaube noch gu⸗
ter Wille da iſt / viel weniger ein ernſtlich Gebeth / ſondern nur ein
irrdiſcher Lucifer für den Bund Chriſti tritt / und der Tauffer
auch ein todter ift ? Wer erwecket allhie den H. Bund ? Wie der
Glaube iſt / der den Bund ruͤget / alſo iſt auch des Bundes Offen»
bahrung / alſo iſt auch die Tauffe.
37. Chriſtus ſprach: Laſſet die Kindlein zu mir kommen / dann
ſolcher iſt das Reich GOttes. Matth. 10/14. c/19/ 15. Er mey⸗
net aber Kinder / nicht Woͤlffe und Thiere. Er heiſt ſie zu Ihm
kommen / und nicht in des Teuffels Hoffart und Pracht zu Ihm
bringen / mit ſtoltzen / falſchen / unglaͤubigen Leuten / welche der
Demuth Chriſti nur ſpotten und die Liebe verachten. Es muß
Ernſt ſeyn / wil man durch denZorn GDftes in die Liebe eingehen,
38. So ſpricht die Vernunfft: Was mag deſſen das Kind / das
es von gottloſen Eltern iſt gezeuget / und durch falſche Leute zum
Bund Chriſti gebracht wird Ja wohl was mag auch deſſen
Gott / der nicht den Tod des Suͤnders wil/ daß gottlofe Eltern
gottloſe Kinder zeugen / und das man ſeines Gengden-bundes
nur ſpottet? Soll Er dann das Perlein für die Same werffen?
Wiſſen doch diefes die Eltern wohl / dag GOtt ſaget / Erwolle
die Sindeder Elternanden Kindern biß ins dritte und vierdfe
Glied ftraffen. Deut. 5/9. Soller dann feine Liebe in ihren goft=
loſen Willen eingieſſen / fo fie der Siebe doch nicht begehren /
auch Erin Ernft da ift/ fondern nur eine Gewohnhert verbringen] /
und nur mit gleißneriſchem Scheine ohne Ernſt thun / —
olcht
x
Cap.4. Chriſti / von der H. Tauffe. 41
ſolche Leute darzu brauchen / welche der Einfalt Chriſtimit ihrer
Hoffart nur ſpotten.
39. Mit Chriſti Bund und Teſtamenten umbzugehen / und
ſich der zugebrauchen / wil ein groſſer Ernſt ſeyn / nicht allein
im Scheine / ſondern in Krafft. Dann der Bund GOttes in Chri⸗
ſto iſt durch ſein Blut und Tod gemacht / und zu dem Ende / daß
wer dieſes Bundes und Teſtaments wil theilhafftig werden / der
ſoll mit ſeinem Willen umbwenden und in die Buſſe eingehen /
und der angeerbten falſchen Luſt im Bunde durch Chriſti Tod er—⸗
ſterben / und auß dem Bunde dieſes Teſtaments new-gebohren
werden.
40. Dann die Tauffe beftehet nicht allein im Waſſer / ſondern
im Wort GOttes und im Glaubens Das Waſſer iſt nur ein
Mittel) darinnen ſich das Wort GOttes und der Glaube faſ—
ſet und wuͤrcket / und ohne das Wort GOttes und Glaube iſts
keine Zauffr.
41. Des Menſchen Glaube muß das verheiſſene Wort er⸗
greiffen / und im Waſſer führen ſich dieſe beyde / als der Glau>
be und das Wort GOttes / in ein Weſen / und daſſelbe Geiſtli—
che Weſen iſt vie Tauffe / welches unter dem Waſſer verſtan—
den wird.
42. So nun kein Glaube bey diefen Wercke iſt / ſo iſt das Wort
ohne menschlich Weſen nur in ſich ſelber nach und in dem Bunde /
das tauffet den Menſchen nach des Menſchen Eigenſchafft / aber
der Glaube an die Genade / ergreiffet die Genade im Bund und
Woort / und fuͤhret ſich mit den Bund ins Waſſer: So taͤuffet
* das Wort GHrtes/ und der Glaube und das Waſſer zu⸗
gleiche.
43. Dann das aͤuſſere Elementiſche Waſſer iſt nicht der Grund
der Tauffe / ſondern das geiſtliche Waſſer / welches mit dem Wort
im Bunde / und mit dem Glauben verbunden iſt / dann das Wort
geuſt ſich auß in einen Waſſer⸗Quelle des Lebens / in eine Sanfft⸗
much und Liebe / und der Glaube ergreiffet ſolch verhei ſſenes Ge⸗
uanden⸗wort im Bunde.
44. Dieſe Genade im geiſtlichen Waſſer faſſet ſich mit dem
Elementiſchen Waſſer / auff Art wie ſich das unſichtbare Wort
mit dieſer Welt Weſen / als mit den Elementen har ſich tbahr ge⸗
macht / und wie das untſichtbare Wort GOttes durch das ſicht⸗
bare wuͤrcket / und wie das ſichtbahre Weſen der Elementen ſoll
wieder in das unſichtbare eingehen. Alſo auch vereiniget ſich in
dem Tauff⸗bunde das unſichtbare Element / als das hinunliſche
C
Ir.
ur”
43 Das erfte Büchlein der Teftam. Cap.
Weſen / mit dem fichtbaren Elemente des Menfchen Seibes/ als
das Weſen der Ewigkeit mit dem Weſen der Zeitzdas ewig⸗ ſpre⸗
cheude Wort Böttlicyher Liebe mit dem außgeſprochenen / gebildes
ten Wort der Menſchheit.
45. Dann das reine Element nach der H. Geiſtlichen Welt /
daraus die 4. Elementa ſeynd entſproſſen / das iſts / das durch
die 4. Elementa des Menſchen Leibes taufſet. Der rechte in A⸗
dam geſchaffene Menſch / welcher in der groben Huͤlſe der 4. Ele⸗
menten ſtecket der wird zum ewigen Leben getauffet / dann das
reine Element tauchet ſich wieder in das verblichene Bilde des
Menfchen(welches Bilde auch auf dem reinen Element war/und
aber in Adam verblich) ein.
46. Und zudem Ende hat GOtt feinen Bund indie Waſſer⸗
Tauffe geordnet / darzugehöret num Glauben und Buffe zu fol>
er Eipfahung.
47. Dann Buffe iff eine Aufffchlieffung oder Bewegnüs des
verborgenen / verſchloſſenen Menſchens / dadurchdie innere/geiftlia
che Begierde / als der geiſtliche Mund zu ſolcher Empfahung auffe
gethan wird. Und Glauben iſt der auffgethane Mund / welcher das
H. Element einnimt.
48. Und ob ſolches ein unverſtaͤndig Kind nicht thun kan / ſo
ſollens aber dieſe mit ihrem Glauben thun / welche tauffen und
der Tauffe beywohnen / dann ihr Glaube muß ſich in des Kindes
Willen faſſen / dann das Kind hat noch nicht Willen / weder zu
Gutem oder Voͤſem / ihr Glaube faffet fih nur in des Kindes Le⸗
ben / alsin Scele und Geiſt: Welches wohl ſeyn Ean / weilalle
Seelen von einer urftänden / fo ſeynd ſie im Centro ein einiger
Brund/alsim Worte GOttes / daraus die Seele ihren Urftand
Hatgenommen/ und darinnen fleallefamtim Grunde inne ſte⸗
hen Dann diefes Einfaffen ift anders nichts / als dem Kinde ſei⸗
zen Sicbeswillen einführen.
49. Und ob das cin Menſch nicht in eigener Kraft und Macht
vermag zu thun / fo fich aber des Menſchen Wille in GOttes
ort und Verheiffung einfaffet/ und die verheiffene Genade
ſamt dem Befehlergreiffet/ dag wir folches thun follen / fo iſt die
Mögligkeit da: Dann das verheiffene Wort gibt und wuͤrcket das
Bermögenindes Menfchen Willen / und gibt das thus GOttes
Wille nimbs des Menſchen Ihm ergebenen Willen / und thut cs
Durch feine Macht mit des Menfchen Willen.
so. Darumb fage ich/ifts cin führfich Ding Kinder tauffen oh⸗
ne Blanben der &ktern / und derer fo da tauffen /und dein —
e
=
—
Cap. 4. Chriſti von der H. Tauffe. 43
cke beywohnen. Die Schrifft ſaget Hebr. xx / 6. Ohne Glauben
iſts unmoͤglich GOtt zu gefallen. So iſt dieſer Glaube nicht eine
Hiſtoria oder Wiſſenſchafft / daß man dehm Beyfall gebe / uñ glau⸗
be / daß es GOttes Werd ſey; Nein / es iſt eine ernſte / begierli⸗
che Mittwuͤrckung / ein Eindringen zur Verheiſſenen Genade /
eine ernſtliche Betrachtung unſerer angeerbten Sünden und des
groſſen Ernſtes GOttes / wie er uns durch dieſen Genaden⸗Bund
wieder zu Kindern annehme / und uns feine Genade mit dieſem
Werts einfloͤſſe.
52. Die Beywohner ſollen mit groſſer Demuth und Einwen⸗
dung zu GOtt mit ernſtem Gebethe ſich zu dieſem Bunde wen—
den / und wehl betrachten / was fie allda vorhaben / daß ſie eben für
den Bund der H. Dreyfaltigkeit für GOttes eroͤffnetes Angeſicht
tretten / und mit GOtt und Me iſchen handeln / und ihnen das
bittere Leyden und Sterben Jeſu Chriſti wohl einbilden. Auff
welches ein Kind getauffet wird / deſſen fe mittwuͤrckende Zeugen
ſeynd nach dem Glauben: und nicht für dieſen Bund tretten / wie
eine Hure fuͤrn Spiegel / mit hoffaͤrtigem Hertzen / als ſey es nur
- eine weltliche Ehre / daß man ſie darzu brauche.
52. Solche Leute / welche keinen Verſtand noch Glauben dar—
zu haben / und nur mit hoffaͤrtigem Hertzen darzu tretten / ſeynd
dieſem Bunde nichts nuͤtze / ſondern hinderlich / fie verhindern an—⸗
dere / welche ſich an der Hoffart vergaffen / und unterdeſſen des
Ernſtes vergeſſen.
53. Obwohl die Tauffe ohne ſolche Perſonen mag verbracht
werden / durch der Eltern und des Tauffers Ernſt und Gebethe /
ſo hat es aber die Ehriſtliche Kirche alſo geordnet / daß lebendige
Zeugen dabey ſeyn ſollen / welche mit ihrem Gebethe ſolchem Ern®
ſte beywohnen / und iſt wohl geordnet geweſen; aber es iſt in einen
ſolchen Mißbrauch kommen / daß es manchmahl beſſer waͤre / dag
ſolche Unglaubens- Kinder nicht dabey waͤren / dann der Teufel
gehoͤret nicht zu dieſem Wercke: So aber der Teufel das Regiment
im Menſchen hat / was iſt dann ein ſolcher Menſch nuͤtze dabey?
"wie oben gemeldet / der Tauff⸗-ſtein / und der Unglaͤubige Vey—
wohner iſt eines wie das ander / ohne daß der hoffaͤrtige Menſch
eine Hinderung anderer iſt.
54. Die Tauffeift eine weſentliche Wuͤrckung / nicht nur ein
Zeichen oder Bedeutnuͤß des Teſtaments Ehriftis Der H. Geiſt
tauffet die Seele und den Geiſt / auß Chriſti Blut und Tod mit
ſeiner Uberwindung / und das H. Element des geiſtlichen Waſ⸗
ſers tauffet den Leib der 42. Elementen zur Aufferſtehung der To⸗
C den /
Es
N e Fe
44 Daserfte Büchl. vonder H. Tauffe Cap. 4.
den / und tauffet der Schlangen Ens und erweckten eingeführten
Gifft zum ſterben.
55. Es iſt ein weſentlich / würdlich Eintauchen des Bundes
Gottes: Daͤrumb ſoll es der Taͤuffling würdig empfahen / ſo mug
esErnſt ſeyn. Ein Chriſt / welcher ein Chriſt in Chriſto iſt / in
dehme Chriſtus wuͤrcket / lebet und iſt / der ſoll tauffen / dann zur
Thür Chriſti mug er in dieſen Schaffſtall eingehen / als durch
Chriſti Geiſt / und nicht anderſt-wo hinein ſteigen / over iſt ein
Dieb und Mörder/und komt nur / daß er Chriſti Ehre raube und
ſtehle / und die Menſchen betriege / er ſoll ein rechter Hirte ſeyn /
und nicht ein Miedling. Es gilt allhie nicht ſchwaͤtzen und Schein
geben/ ſondern Ernſt muß es ſeyn / dann es iſt GOtt ein Ernſt.
56. Alles Gezaͤncke und Diſputiren umb dieſes Werck / iſt ein
unnuͤtzes Ding / und darzu ſchaͤdlich / man ſoll es mit Ernſte an⸗
greiffen / und dem Befehl Chriſtinachfolgen / und dehme glauben/
was Chriſtus geſagt hat.
57. Es gehoͤret nicht mehr zu dieſem Wercke / alsGlauben und
Waſſer / und ernſtes Gebethe in wahrer Buſſe / mit ſolchem Wil⸗
len / dag ein Menſch wildas ander helffen vom Tod / Teufel und
Hoͤlle ertetten / und mit ſich in GOttes Reich Helfen einführen /
das iſt der gantze Proceh / der hierzu gehoͤret.
58. Ein jeder / der ein rechter Chriſt in Chriſto iſt / der iſt wuͤrdig
ſolchem Wercke beyzuwohnen / der aber ein ſolcher nicht iſt / der iſt
unwuͤrdig / er ſey gleich Tauffer oder Beywohner / einer wie der
ander / es iſt vor GOtt kein Anſehen der Perſon. In Chriſto ſeynd
wir EJRER / Eriftder Stamm / wir ſeynd die Aeſte; Durch
feine Mit⸗glieder wuͤrcket er fein Werck / gleich wieder Stamm
Des Bauus ſeine Frucht durch feine Zweige und Aeſte gebiehret:
Der Stamm brauchet feinen frembden Baum zu ſeinenZweigen /
alſo auch Chriſtus brauchet nur feine Glieder zu feinem Wuͤr⸗
cken feiner Frucht.
Das Zweyte Büchlein
Vom H. Abendmahl un⸗
ſers HErren JEſu Chriſti / was
das fuͤr eine Nieſſung ſey / und wie
das zu verſtehen ſey.
Auch vom Zancke der Gelehrten umb Chri
ſti Kelch] was fie damitte thun / und was dar—
von zu halten.
Darinnen Babel / die groſſe Stadt auff Erden mit ih⸗
rer Geſtalte und Wundern / ſambt dem Antichriſt gantz
blog und offenbahr ſtehet.
Zum Troſt der Einfältigen Kinder IEſu Chriſti / und
zu Erbauung der wahren Chriſtlichen Religion in dieſer ver⸗
wirreten truͤbſeligen Zeit} alles gang ernfl-und trewlich
entdecket / auf Erfantnüg des groffen Myſterii.
Das ı. Capittel.
Vom Grunde des Alten Tertaments | wie diefes Teſta⸗
ment fihon bey den Juͤden im Zürbilde ſey geweien.
\ Ls GOTT Mofen zu Pha⸗
rar ſandte / und ihme gebot /
Iſrael in die Wuͤſten ziehen/
und Ihme opfferen zu laſ⸗
ſen / und ſolches Pharao nicht
thun wolte / fo ſandt ihme
GOtt groſſe Straffen und
Plagen / und ſandte letzlich
9 den MWürg-Engel/ welcher
alle erſte Geburt in Egypten
tödtete: da befahler Ifrael
das Paſcha oder Oſter⸗ Lamb
L>
| SIE zu flacıten un sus effen /
als ein Lamb eines Jahrs alt / und mit deffen Blut die Thuͤren und
F C3 oberſte
45 Das Zwente Bichfein der Teftam. Gap. i.
oberſte Schwellen zu bejtreichen/ auffdagder Wuͤrg⸗Engel all⸗
da fuͤruͤber gehe / und im Haufe Niemand toͤdete. ( Exod. c. 2.
und 12.)
2. Welches ein Fuͤrbilde des Neuen Teſtaments war / wie die
Pfoſten und Thuͤren unſers Lebens ſolten mit dem Blute des
Lammes Chrifti beſtrichen werden / auffdaß uns GOttes Zorn
in Seel und Leib nicht in ſeinem Grimme verſchlinge: Und wie
ftemuften daſſelbe Lamb gantz auff⸗-eſſen und nichts uͤberbleiben
laſſen; alfo wolte ſich das Lamb Chriſtus in feinem Teſtament /
feiner Chriſtenheit gang zur Speiſe geben / und nicht zertheilet /
und wolte unſere Lebens-pfoſten mit feinem Blut der Liebe bes
ftreichen / Bag uns der Würg:-Engelin GOTTES Zorne nicht
srgreiffen und toͤdten möge.
3. Aush) haben wir deffen ein Bilde an den ungefauerten Kits
chen / welche ſie muſten backen und effen/ daß fie folten durch die ſes
Oſter-Lambs Figur/ welches Chriftum andentete / ein neuer und
füffer Teig werden / wann fie würden das rechte Dfter-Samb
Chriſtum in feinem Teſtament effens Welches alles eine Figur
war der neuen Wieder⸗geburt / wie dieſelbe durch das rechte O⸗
ſter-lamb Chriſtum (x. Cor.5 / 7.) ſolte gebohren werden / und
wie die ſelbe newe Gebuhrt wuͤrde die ſuͤſſe Speiſe Goͤttlicher Ge⸗
naden eſſen.
4. Dieſes iſt eine gewaltige Figur des ſchrecklichenFalles in A⸗
dam / und dann der neuen Wieder⸗gebuhrt in Chriſto: dann in Aa
Dam ward die erſte Gebuhrt / als das erſte Engliſche Leben /
durch GOttes Zorn erwuͤrget / und durch den Genaden-bund in
Chriſto ward daſſelbe herwieder bracht / und Adam und Eva ein⸗
geſprochen.
5. So deutet nun der Geiſt GOttes mit dieſer Figur beym
Moſe in Egypten / wie dieſelbe eingeſprochene Genade ſolte mit
himmliſchem / Goͤttlichen Weſen erfuͤllet werden:wie der Menſch
ſolte durch das Zeichen / als durch das Blut des Lammes GOttes
gezeichnet und beſtrichen werden: und wie ihme GOtt wolte das
Weſen feiner füffen Liebe zu einer Speiſe geben / dadurch das na⸗
tuͤrliche / ſeeliſche Feuer-leben wieder erquicket / und einen Goͤtt⸗
lichen Ens in feine Lebens⸗Eſſentz bekommen / und dadurch tranſ⸗
mutiret / und wieder ins Engliſche Bilde gewandelt werden ſolte.
6. Auch ſehen wir dieſes Bild gar ſchoͤne an den Opffern Iſ⸗
J
raels / wie fie muſten Thiere ſchlachten und opffern und das Fette 4
verbrennen. Dann als GOtt Moſi das Geſetz gab dag Ifracd
folte in vollem Gehorfam/im Bunde dieſes Geſetzes Schen/fo gab
wo
Caper. Chriſti / vom H. Abendmahl. 47
er ihm auch die Figur / wie ſolches Geſetz foltee erfüllet werden!
und wieder Menſch von Sünden und GOttes Zorne würde ver”
föhnet werden / wie wir diefes im dritten Buche Mejis am 8.Cap*
klar ſehen / da das Bilde der Verführung ſtehet.
Allda ſtehet.
Und Moſes ließ herzu führen einen Farren zum Suͤnden⸗
Opffer / und Aaron mit ſeinen Soͤhnen legte ihre Haͤnde auff
ſein Haͤubt. Da ſchlachtete man es / und Moͤſes nahm das
Blut / und thaͤts auff die Hoͤrner des Altars umbher mit ſei⸗
nem Finger / und entſuͤndigte den Altar / und goß das Blut
an des Altars Boden / und weyhete ihn / daß er ihn verſoͤhnete.
Und nahm alles Fette am Lingeweide / das Weg über der Le⸗
ber / und die zwo Nieren mit dem Fette daran / und zuͤndete
es an auff dem Altar. Aber den Farren mitfeinem Felle / Sleifch
undNiſte verbrandt er mit —* auſſer dem Lager / wie ihm
der Herr geboten hatte. Ind brachte herzu einen Widder
zum Brand-Opffer / und Aaron mirfeinen Söhnen legten
die Hände aufffein Haͤubt / da Khlachtere man ihn. Und Mo⸗
ſes ſprengte das Blut auff dem Altar umbber / zerhieb den
Widder im Stuͤcken / und zuͤndete an das Haubt / Die Stu⸗
cke und denStrumpff und wuſch die Singeweyde und Schen⸗
kel mit Waſſer / und zuͤndete alſo den gantzen Widder an auff
dem Altar; Dos war ein Brand⸗Opffer zum ſuͤſſen Geruch /
ein Feuer dem HERREN / wie ihme der HERR geboten hat⸗
te / (Levit. Cap. 8. v. 14/ 15. etc.)
7. Dieſes iſt eine wahre Figur des Opffers Chriſti mit unſe—
rer angenommenen Menſchheit / wie er habe unſere Menſchheit
durch das Opffer ſeines Leibes / dem Zorne Gttes geopfſert / und
wie Gott in dieſem Opffer habe feine füffe Liebe in der Menſch—
heit Chriſti gerochen / und ſeinen Zorn im Feuer verſoͤhnet.
8. Die Figur von Chriſto ſtehet alſo:
Alß Noſes dieſes Opffer thun ſolte / ſo nahm er vonehe das
Salb⸗odhle / und ſalbte die Wohnung / und alles was Darinnert
war / und weyhete es. Und ſprengte damit ſieben⸗mahl auff
den Altar / und ſalbte den Altar / und alle ſeine Geraͤthe / das
Handt⸗faß mit ſeinem Fuß / daß es geweyhet wuͤrde. Und
goß das Salb⸗oͤhle auff Aarons Haubt / und ſalbte thn / daß
er geweyhet wuͤrde.
9. Moſes ſtehet allhie in der Figur GOttes / und Aaron fie»
C4 het
43 Das Zwerte Büchlein der Teſtam. Capır.
het in der Figur Ehrifti nach unferer Menfchheit und der Fame
ſtehet inder Figur des irzdifchen / verderbten Adams nach feiner
chieriſchen Eigenfchafft ; undder Widder ſtehet inder Figur des
zechten in Adam gefchaffenen Menfihen / wie derfelbe in Chriſti
Menſchheit folte GOtt wieder auffgeapffert werden.
10. Moſes falbete Aaron / das iſt SOTX falbete unfere
Menſchheit in Chriſto mit feiner hoͤchſten Liebe / alß mit der we
ſentlichen Weißheit / und Goͤttlichem Weſen in dem Namen
SESUS.
ır. Und das ifts / daß Moſes vonche die Wohnung ſalbete /
welches andeutet den Leib Marix / in welcher GOtt Menſch
ward / darumb ſie der Engel die Gebenedeyete unter allen Wei⸗
bern hieß / Luc.x / 28. Dann GOtt weyhete vonehe die Wohnung /
und ſprengte mit ſeinem Salb⸗ͤhle der Liebe auffalle ſteben Eigen⸗
ſchafften des natuͤrlichen Lebens / welches Leben in der Menſch⸗
heit Chriſti den Altar Moſis andeutet / dehn GOtt ſalbete / als IE⸗
SusS des Menſchen Leben annahm.
12. Das Handefag mit feinem Fuß deutet an / wie GOtt die
menſchliche Handt oder Begierde in der Menſchheit Chriſti geſal⸗
bet habe / mit welcher Er ſolte Wunder thun.
13. Das geſalbete Haubt Aarons deutet an) wie die Menſch⸗
heit Chriſti / alß unſere menſchliche Scientz / ſolte mit dem H. Gei⸗
ſte geſalbet werden.
14. Solches ſtellete GOtt durch Moſen im Fuͤrbilde für;
Dann als Moſes Aaron / ſambt der Wohnung / und den Söhnen
Aarons hatte geſalbet / und gantz zugerichtet / ſo ließ er bringen
einen Farren zum Suͤnd-⸗Opffer / welcher Farre den grob⸗irrdi⸗
ſchen durchs Adams Luſt impreſſeten Menſchen andeutet. An
dieſen Farren muſte Aaron und ſeine Soͤhne ihre Haͤnde auff ſein
Haubt legen / das deutet an / wie GOtt in Chriſto / und dan die
Prieſter der Pharifzer würden die Haͤnde an unſere in Chriſto
angenommene tödtliche Menſchheit anlegen/und unfere Menſch⸗
heit nach diefer Welt Weſen ſchlachten / das iſt / toͤdten: Und
wie ſein menſchliches Blut ſolte an die Hörner des H. Altars
umbher mit GOttes Finger / alß mit GOttes Zorns-Angrif
fe / geſtrichen werden / und wie GOtt alſo wolte feinen Altar in
ser Menfchheitentfiüindigen / auff welchem Altar, alt des Mens
fihen Leben folte GOtt wieder H. Opffergeopffert werden.
15, Daß aber Moſes das Fette an der Leber und Nieren an⸗
zuͤndete auff dem Altar / deutet an / daß unſer recht-Adamiſcher
Menſch auf dem Limo der Erden / nach ſeinem rechten inwendi⸗
sn
Cap. x. Chriſü / vom H. Abendmahl. 49
gen Grunde / nicht ſoll we ggeworffen / oder von GOtt ver ſtoſſen
werden / ſondern im Fewer GOttes Zorns mit dem Feuer der
Liebe angezuͤndet / und GOtt geopffert werden; alß dann ſolches
in der Menſchheit Chriſti geſchehen iſt / da Er unſere Menſch⸗
heit dem Zorn GOttes opfferte / und aber mit ſeiner Liebe durch
den Tod ins Leben einfuͤhrete / gleich wie auß dem Feuer ein ſchoͤnes
Liecht entſpringet / als aus dem Feuer⸗ſterben ein newes Leben /
welches in Krafft und Liebe beſtehet.
16. Daß aber Moſes den Farren mit ſeinemFelle / Fleiſch und
Miſte auf r dem Lager mit Feuerverbrandte / undallein das
Blutvon Farren auff die Hörner des Altars ſtrich / und das Fet⸗
te anzuͤndete / deutet an / daß der grobe/thierifche Leib unſers Flei-
ſches mit Haut und Beinen / nicht ſoll auff GOttes Altar kom⸗
men / und GOttes Reich beſitzen / ſondern er ſoll mit dem eflen-
rialiſchen Feuer der Erden verzehret werden auſſer dem H. Feuer
Gottes: Wie Moſes denFarren auſſer dem Lager muſte verbren⸗
nen / alſo ſolte und muſte auch der grobe thieriſche Menſch auſſer
der Staͤtte GOttes / alß in feinem eigenen Principio von deine
ſelben Natur⸗Fewer verbrennen / wie fuͤr Augen iſt und geſchiehet.
17. Aber dieſes irrdiſchen Menſchens Blut / darinnen die A⸗
ſtraliſche Seele lebet / ſolte auff die Hoͤrner des Altars geſtrichen
werden: Das deutet an den rechten in Adam geſchaffenen Men⸗
ſchen auß den Limo der Erden / mit dem rechten Aftro ‚welches
Blut oder Krafft am Juͤngſten⸗Tage wiederkommen fell,
ie: :? Dapelbe Blut ward in Chriſti Menſchheit / mit Eins
faſſung des Himliſchen Bluts / an die Hoͤrner des Altars in ſeinem
genden und Sterben an des Creutzes Stamme angeſtrichen /
GNB.) zum Zeichen / daß unſer Blut nach recht menſchlicher Art /
fey mit Chriſto auf GOttes? Utar kommen / und daß uns GOtt
in Chriſto habe darmit eingezeichnet in den Ewigen Himmli⸗
ſchen Altar.
19. Daß aber das ander Blut an * Altars Voden muſte ge⸗
goſſen werden / deutet an / dag unfer Menſchliches Blut / darin⸗
nen unſer auffer natuͤrlich Leben ſtehet / welches allhie ſtirbet / in
feinem ſterben wird auff den Boden des Altars / algindie Ele-
menta eingegoſſen / und behalten zur Wieder-bringung des er⸗
ſten rechten Menfihens / daß das rechte geben im Blute folle am
Boden des Altars / das ift/in feinem Principio, alf im Myfterio
magno, im Spiritu Mundi behalten werden / biß GOtt werde dies
fen Aliar der 4. Elementen fegen / und dieſelbe reine Krafft des
Bluts/ ſamtt den ‚Elementen wieder herfuͤr bringen / und ing
f . & 5 Tempc-
so Das Ziveyte Büchlein der Teſtam. Cap. r.
Temperamentum einführen / fo follalsdan das menſchliche Blue
—— an die Seele kommen / nach Eigenſchafft der Geiſtlichen
elt.
20. Umb deßwillen muſte Moſes und Aaron in der Figur /
des Farren Blut am Boden des Altars gieſſen; Dann cs war
GoOtt nicht umbThieres Blut zu thun/fondern Er ftellete die Fi⸗
gurdes Menfchen ABiederbringung für/ und deutete darunter
an/ dag wir Menfchen nach dem auffern/ groben / irrdiſchen
Menfchen nurfolche Thiere wären/ welche grobe thierifche Ei—
genfchafft ven wahren Menfchen in fich verfehlungen hätte. So
deutete Er an / wie Er wolte denfelben innern verſchlungenen
Grund / mitfeiner Krafftherwieder bringen und neu gebähren s
und wie die Krafft unferer Mumia, der öhlifchen Eigenſchafft folle
durchs Feuer GOttes wieder angezündet werden wie Miofes
das Fett anzuͤndete / alſo foltedie Krafft des inwendigen Gruns
des allhie / noch in diefer Zeitdiefes Lebens / mit dem Böttlichen
Feuer angezündet werden/ und auff GOttes Altar brennen /
—— durch die Salbung des Geiſtes Chriſti in uns geſchehen
ſolte.
2x. Gleich wie Moſes das Fett anzuͤndete / alſo auch ſolte der
Geiſt Chriſti unſern inwendigen Grund noch in dieſer Zeit ana
zuͤnden. Und wann ſolches geſchehe / ſo ſolte der Farre / alß der
Thier-⸗Menſch geſchiachtet werden / das iſt / er ſolle täglich ge⸗
toͤdtet / und mit ſeinem Willen und thieriſchen Begierde auffer
dem Lager GOttes hinauf geworffen werden / dann cr iſt nur
Erde und ein Thier / und im Himmel-Neich kein nuͤtze / Joh. 6.
22. Der Widder aber deutet nun an derffrechten gefalbten
Menſchen in der Menſchheit Chriſti / fo wohl auch unfern in⸗
wendigen Grund / welcher mit Chriſti Salbung in uns wieder
lebendig wird: Wie GOtt durch Aarons Soͤhne / alß durch die
Hohen⸗Pricſter würde die Hand ſeines Zorns an Ihn legen und
Ihn toͤdten / daß unſer menſchlicher Wille ſolle getoͤdtet werden /
ſo ſolte in ſolcher Toͤdtung das Blut dieſes Widders / als der
rechten Menſchheit / allenthalben auff GOttes Altar geſprenget
werden / und ſolte der Menſchliche Wille zerſtücket werden / und
das Eigen-wollen verlaſſen / und das Haubt / alß Menſchliche
Sinnen / mit GOTTES Feuer angezuͤndet werden. Wie
Moſes des Widders Haubt anzuͤndete / ſowohl die Stuͤcke und
den Strumpff / alſo muſte auch unſere Menſchheit in Chriſto
mit dem Waſſer der Liebe gewaſchen / und hernach auff den Altar
Gottes / alß an des Creutzes Stanune geopffert werden.
23. NB. Daß
Car. Chriſti / vom H. Abendmahl. 51
23. NB. Daß aber derWidder muſte mit Feuer angezuͤndet / und
ten HErren geopfſert werden zu einem füffenGeruche dem HEr⸗
ren / darinnen liegt das groffe Geheimnuͤß. Der Widder ift der
rechte in Adam gefchaffene Menfch / welchen Chriftus / alt das
Wort / oder die Krafft GOttes / von unferer Adamifchen Menfch-
heit im Leibe Mariz an ſich nahm / und deutete mit dem Widder
an’ dag Gott in Chriſto unfere recht Adamifche Menfchheit
— alſo mit dem H. Salb⸗oͤhle ſalben und wieder zu GOtt
uͤhren.
24. Weil aber der Menſchliche Wille war von GOtt abge⸗
wichen / und ſich in irrdiſche / thleriſche Luſt eingefuͤhret hatte / ſo
folte diefer Widder / alg die Menfchheit Chrifti/ mit GOttes
Zorn- Feuer angezündet werden / dann in der Menfchheit war
GOttes Zorn offenbahr worden : Darumb falbete GOtt von erſt
die Menfchheit mit dem Geiſte feiner Liebe inChrifti Menſchheit /
und opfferte hernach dieſen Widder / alß die recht Adamifihe
Menſchheit i dem Feuer GOttes / auff daß in der Salbung des
Liebe⸗oͤhles das Zorn⸗Feuer angezündet / und das Zorn⸗-Feuer
in der Salbung der Liebe / als durchs Oehle ſeines H. Weſens
transmutiret / und gantz in cin Liebe⸗brennen gewandelt wuͤrde.
25. Dann unſere Menſchliche Seele war ein Zorn-Feuer
worden / algeine Feindſchafft wider GOtt / darumb verſoͤhnete
fie alſo GOtt in der Liebe feines Weſens / dasift) GOttes Zorn
im Menſchlichen Leben ward alſo verſoͤhnet / ann GOttes Krafft
roch / oder zoch alſo im Feuer das menſchliche Leben wieder ins E⸗
wige Wort / alß in GOtt. GOttes Zorn⸗Feuer war der Mund)
welcher das Menſchliche Leben wicder in ſich einnahm / und den
Menſchlichen abgewandten Willen in ſich verſchlang.
26. Weil ſich aber dieſe groſſe Liebe hatte ins menſchliche Leben
in Chriſto eingegeben / ſo ward GOttes Zorn⸗Feuer mit ſeinem
Einſchlingen in dem Seelen-Feuer in eitel Liebe / als gantz in ein
Liebe-Feuer gewandelt. Alſo ward der Todt im Feuer GOttes
Zorns / welcher die Seele mit feiner Imprefüon gefangen hielt/
(darinnendie Seele eine Finſternuͤß / als ein finſter-fcuer war)
zerſorenget / und wieder in das Liecht-Leben verwandelt.
27. Und das iſts / was GOtt mit dieſem Opffer beym Mofe
in einem Fuͤrbilde auff die Zukunfft Chriſti vorſtellete; dann
Moſes ſpricht: dieſes war ein ſuͤſſer Geruch dem Herren. Nun
reucht GOtt nicht das thieriſche Sehen / dann daſſelbe ſoll GOttes
Reich nicht erben: Es war GOtt beym Moſe nicht umb den Wid⸗
der und Farren zu thun / ſondern Er ſtellete Ihm darunter die
C6 Menſch⸗
. J
—*
3 n/ e 0; ER iR
33 Das Zweyte Buͤchlein der Teſtam. Cap.n
Menſchheit fuͤr: GOttes Imagination gieng in die Menſchheit /
in ſeinen eingeſprochenen Genaden-Bund / alß in das eingeſpro⸗
chene Genaden⸗Wortt der Liebe / welches alß ein Ziel im Menſchen
ſtund biß auf Mariam / da ſichs in der Menſchheit offenbahrte.
28. In dieſes gieng GOttes Imagination ein / und des Mens
ſchen Imagination gieng in dieſes Fuͤrbilde alß ins Opffer im
Feuer: Alſo gieng auch der eingeleibte Genaden-Bund mit des
Menſchen magination ins Opffer des Feuers ein / als ins Fuͤr⸗
bilde / wie Ehriftus felte GOttes Zorn in der Menſchheit ver>
ſoͤhnen.
29. Und alſo ward der menſchliche Wille im Fuͤrbilde Chriſti
im Feuer raoriopiret / dann der eingeleibte Genaden⸗Bund gieng
mit der menſchlichen Begierde in ihrem Gebethe (welches durch
dieſes Opffer im Feuer zu GOtt eindrang) mit ins Feuer des
Opffers / und verſoͤhnete / dag iſt / tilgete vie irddiſche Eigen⸗
ſchafft am Menſchlichen Willen im Feuer mit der Liebe.
30. Dann mit dem Feuer bildete Ihme Gott ein Bilde für]
als ein Weſen / in welches Feuer-⸗Weſen ſich GOttes Feuer ein⸗
bildete / und das elementiſche Feuer im Menſchen verſoͤhnete:
Sein ewig Liebe⸗Feuer roch den menſchlichen Willen durch die
eingeleibte Genade / durch das Mittel des Feuers danıı Mo>
fes hatte Heilig Feuer / damit er das Opffer anzuͤndete.
32. Alfo warddas elementifche Feuer des Menfehen im 6.
Feuer verſoͤhnet / und muſte aber cin thieriſches Mittel/ alß Thie>
res⸗Fleiſch ins H. Feuer Mofts kommen / dieweil der Menſch
war thieriſch worden / auff daß die thieriſche Art im H. Feuer
durchs Zorn⸗Feuer des Vatters abbrenne / und daß Gottes Lie⸗
be⸗Feuer das menſchliche Seelen⸗feuer in ihrer eingefuͤhrten Be⸗
gierde ins Opffer / anzuͤnde. So roch Gottes Begierde im Wort /
des Menſchen Begierde durchs Feuer / dann im Feuer brannte
die thieriſche Eitelfeit an des Menfchen ABillen im Zornsfeuer
abe / ſo drang alsdann der lautere menschliche Wille in GOttes
Liebe⸗feuer ein/ als ein füffer Geruch. Dann die eingeleibte/
Paradififche / eingefprochene Genade drang mit dem fauteren
Willen des Menſchen in GOtt.
32. Und das iſts / daß Moſes ſaget: Das war ein Opffer des
fuͤſſen Geruchs dem HErren. Dann Gott begehrte allda nichts
zu riechen / als nur des Menſchen Willen / alß das menſchliche
sehen) welches vor Zeiten der Welt in GOttes Wort war: wohl
ohne Creatur / aber doch in Krafft / welches dem geſchaffenen Bilde
eingeblaſen ward, Daſſelbe roh GOtt durchs Opffer im Ens
Ehrifti }
nr,
Cap. x. Chriftilvom H. Abendmahl. 53
Chriſti / alß durch diecingefprochene Genade / und verfühnete den
abgewandten Willen durch die Genade im Feuer / daß alſo der
menſchliche Wille wieder Goͤttlich ward / und fuͤhrte das Menſch⸗
liche Sebens-feuer / und Gottes Liebe⸗feuer in Ein feuer ein / als
in Ein Lebens-brennen: und das war ein recht Soͤhn⸗Opfer / oder
Suͤnde⸗Opfer / da die Suͤnde dem Feuer Gottes Zorns zur Ver⸗
zehrung geopffert ward.
33. Und alſo ward auch das thieriſche Fleiſch / welches fie op⸗
ferten / und hernach aſſen / dem Menſchen geheiliget: Dann
Gottes Imagination im Bunde gieng darein / darumb hieß es
Moſes / Hellig Fleiſch Item, Heilig Brod / wie dann die
Schaw⸗Brode ſolche waren. ı Sam. 21/6. Matth. 12/4. wel⸗
ches alles im Fuͤrbilde ſtund / wie ſich dieſelbe eingeleibte Krafft
des Genaden-Bundes mit himmliſchen Weſen wolte in Chriſto
offenbahren / und der menſchlichen Seelen (alß dem Seelen—
feuer) zu einer Speiſe geben / in welcher Speiſe das Seelen⸗feuer
ſolte in ein Sichesfeuer gewandelt werden.
34. Danntın Alten Teſtament gab fich diefer ſuͤſſe Genaden⸗
Bund im Opffer der feurifchen Seelen-begierde / alß dem See⸗
lenemunde im Feuer zu einer Speiſe ein: Dann die Seele / alg
der ſeeliſche Glaubens⸗mund / aſſe im Opffer des Feuers von dies
fer ſuͤſſen Genade / nicht im Weſen / ſondern in der Krafft / auff
Die zukuͤnfftige Erfuͤllung / biß daß die Krafft im Fleiſche offen-
baͤhr ward: Ihr Leib aber aſſe unterdeſſen von dein geſtegneten
Brod und Fleiſche / darinnen auch die Krafft der Genaden / alß
Die Imagination des Bundes war. Alſo aſſen die Juden Chriſti
Fleiſch / und truncken fein Blut im Genaden-Ens in der Krafft
im Fuͤrbilde / da die Krafft noch nicht Fleiſch und Blut war / und
aber doch daſſelbe Wort der Genaden / welches hernach Menſch
ward / darinnen war.
35. Als aber die Zeit kam und erfuͤllet ward / daß daſſelbe ein⸗
geleibte Genaden wort / welches ihre Seele in der Glaubens-be⸗
gierde in die feuriſche Eſſentz empfieng / Menſch ward / fo gab fihs
dieſem Glaubens⸗munde / alß der feuriſchen/ Seeliſchen Eſſentz,
nach Goͤttlicher und menſchlicher Eigenſchafft zur Speiſe.
36. Davon wollen wir hienach außfuͤhrlich ſchreiben / und den
wahren Grund darſtellen / wie Chriſti Fleiſch und Blut gegeſſen
und getruncken werde: nicht auß Wahn / ſo ndern auß der Schrifft
Grunde / und wahrem Wiſſen durch Gottes Genade.
C7 Das
54 Das Zweyte Bůchlein der Teſtam. Cap.ꝛ.
Das 2. Capittel.
Vom Abendmahl des Neuen Teſtaments [wiedag
Fuͤrbilde ſey ins Weſen fommen.
x. $5 die Zeit erfüllet war / daß fich diefer Genaden⸗
Bundoffenbahrere / unddie Menfchheit annahın mit
Seele umd Leib / fo hörete das Fürbilde auff. Dann
Gottes Zorn-feuer in der Seelen / und im Fleiſche
des Menfchen / ward in das Weſentliche Wort /alg
in den Goͤttlichen Ens miteingebildet / welcher Göttliche Ens auf
Goͤttlicher Krafft/ Adams auch- Göttlichen Ens (welcher anr
Himmel-Reiche / alß am H. wuͤrckenden Feuer verblich / als
fih die Seele in Irrdigkeit einbildete) annahm / und in fich
Durch das H. Feuer wieder lebendig / das iſt / brennende machte/
da dann das Böttliche Opffer im Feuer in der Menfchheit offenes
bahr ward.
2. Dann die Seele war des Batters Eigenfchafft nah feiner
Feuers:macht / und war ein lauter Zornsfener worden. Diefe
gab der Batter dem Sohne / alß dem offenbahrten Genaden—⸗
Bunde/ und führte des Vatters Zornsfeuer inder Seelen in des
Sohnes Siebesfeuer ein / Daß des Vaters Zornzfeuer / und des
Sohnes Liebe⸗feuer / im menſchlichen WWefen in Einem Grunde
frunden.
3. Das Siehesfeuer ward wefentlich / das iſt / cin Himmliſch
Sleifch/und gab fich dem Zorn=fiuer des Batters in der menſchli⸗
chen $ebens-Eigenfchafft zu einer Speife/ zueinem Feuer-bren⸗
nen / auff Art wie man einem Feuer einen lieblichen oͤhliſchen
Balſam giebet / da das Feuer alßdann in feinem brennen einen
lieblichen Geruch ımd Krafft auf dieſem Balſam⸗oͤhle von fich
giebet. :
4. Alſo roch jeko der Batter diefen lichlichen Ruch in der Menſch⸗
heit in dem feelifchen Feuer / welchen Ruch er zunorhin im Opffer
im Fürbilde roch. Dann Chriſtus war men der rechte Hohe⸗
Prieſter / welcher GOtt feinem Vatter das angenehme Opffer
des ſuͤſſen Geruchs in der Menſchheit opfferte / und den Zorn in
der Menſchheit verſoͤhnete.
5. Der Altar Gottes / da Moſes drauff opfferte / der war ietzo
in der Menſchheit Chriſti / der opfferte GOtt die ſuͤſſe Menſch⸗
heit aus Himmliſchem Ente mit der adamiſchen Dienfchheit / in
fein Zorn⸗fcuer (welches in der Adamifhen Menſchheit brannte)
ein:
4
|
Eap.2. Chriſti / vom H. Abendmahl, sg
ein: Die Sünde ward im Adamifchen Fleifche durch das fürfe
himmliſche Fleifch (als durch das wefentlihe Wort der Liebe /
durch Jeſum / alß Gottes gröfte Süffigkeit) getilger.
6. Gott fuͤhrete das Opffer Moſis / als die Verſoͤhnung im
Feuer / indie Menfchheit ein / nnd machte aus Mofe Chriſtum /
alsden rechten Hohen⸗Prieſter / welcher mit feinem H. Blute
den Altar /als das menſchliche Feuer⸗Leben befprengte/ wie Mo⸗
jes mit dem Thieres- Blue im Vorbilde thate.
7. Undfehen diefesgewaltig beym Abendmahl Chrifti/ wels
cher / als Er ietzo welte in fein Leyden gehen / und die Sünde int
unferer Menſchheit / mit dem wefentlichen Liebe⸗feuer in feinen
Blute toͤdten / ſo aſſe Er zur legte mit feinen Jüngeren das Oſter⸗
Lamb. Dann Er hatte ſich in das Fuͤrbilde mit ſeinem Genadens
bunde / mit dem himmliſchen Fleiſche eingegeben / und wolte das
Fuͤrbilde mit dem Fleiſche der Liebe erfüllen / und die Adamiſche
Menſchheit durch den Todt / als durch Gottes Zorn / durch die
Einſchlieſſung des Adamiſchen Lebens / im Gottes Liebe⸗feuer
ausfuͤhren / und die Gefaͤngnuͤß des Todes eroͤffnen.
8. So fieng Er nun in dem Fuͤrbilde des Oſter-Lammes das
Reue Teſtament / als die Erfüllung ſolches Fuͤrbildes an / und
lud feine Juͤnger zum Opffer des Neuen Teſtaments / als zudem
Altar Gottes) infeinem Fleiſch und Blute/ dag fie folten die
Erfüllung des Alten Teftaments im Opffer des Neuen effens
Dann Er führtedas Alte Teſtament / als die Figur/indas Neues
alß infein Fleifch und Blut (welches das Soͤhn⸗Opffer für der
Welt Sünte war) ein/ und gab ihnen die Berfühnung in ſei⸗
nem Fleiſche zu eſſen / und in frinem Blute zu trincken.
9. Dann die Verſoͤhnung ſolte nicht mehr im Feuer gefchehen?
Da des Batters Zorndie Eitelfeitindes Menfhen Glauben abs
brennete / fondern fie felte im Liebe-feuer in dein Sleifche Chriſti
geſchehen: Sie folten nundie Verführung mit ihrer Glaubens=
begierde / als mit dem feurifchen Lebens- munde der Seelen mit
Ehrifti Fleifh und Blute eſſen und trincken; Nicht mehr mit
Glauben im Fürbilde / fondern im ABefen / nicht mehr in Krafft
ohne Wefen/fondern mit Wefenlicher/ Göttlicher und Menſch⸗
licher Kraft / da die Menſchheit Chrifti felber das Hfter-Samb
innen wäre: Nicht Gottheit ohne Menſchheit / fondern Gottheit
und Menfchheit ztigleiche.
zo. Dann das Oſter⸗Lamb mufte gar auffgegeffen werden :alfo
wolteerihnen auch nicht nur ein Stüde von feiner Menfchheit
geben! ſondern (NB. P) fig ihnen gantz und gar inihrer See⸗
ich
36 Das Zwehte Büchleinder Teſtam. Eapı2)
len Feuer⸗mund / als indie Glaubens=begicrde/ eingeben.
1x. Der Seelen fenerifcher Mund war ietzo das euer Got⸗
tes / welches das Opffer verſchlang: Wie ein gemein Feuer ein
oͤhle verſchlinget / und aus ſeiner Verzehrung ein ſchoͤnes Liecht
giebet; alfo auch Chriſtus gab feinen Juͤngern / alß ihrer Glau⸗
bens-Begierde (verſtehet / dem Feuer-⸗munde der Seelen / alß
dein wahren Leben) feinen himmliſchen Leib / und fein himm⸗
liſches Blut / auff Art und Weiſe / wie ſich der Himmliſche Ens
im Ziele des Bundes in Marien in den menſchlichen Ens eingab /
und Eine Perſon ward / gantz ohne Zertrennung.
12. »R Seine gantze himmliſche Menſchheit gab Er ihnen in
ihre Adamiſche Menſchheit ein / verſtehet dem Paradiſiſchen
Grunde. Dann ein jedes Leben begehret einen Ens feiner Gleiche
heit / als ein jedes Feuer begehret einen Ens zu feinem brennen] der
demſelben Feuer gleiche ift.
13. Das Seeliſche Seuer-$chen war durch die Todes-Im-
Deren finfter worden / das bedorffte einen Sicchts=-Ens auf
Goͤttlichem Liechte / als ein Weſen des Liechts /alsein H. Salb⸗
oͤhle / darinnen ſich das finſtere / peinliche Seelen-feuer in eine
Liecht-⸗ und KLebe⸗begierde wandelte: Dieſes empfieng nun auff
Chriſti Altar / (als aus Chriſti Menſchheit)die weſentliche Liebe /
als die weſentliche Weißheit GOttes.
14. Daſſelbe Feuer in dieſem Weſen war der Name und die
Krafft Jeſus / als Gottes groͤſte Heiligkeit / welche das See⸗
len⸗ſeuer in ein Liecht wandelte; Daher Chriſtus ſagte: Gr
waͤre das Liecht der Welt / Joh. 8 / a2. Dann in feiner Krafft hat
die Seele wieder Goͤttliche Liechts-augen bekommen / daß ſie wie⸗
der GOtt ſiehet.
15. Und gleichwie man einem gemeinen Feuer ein oͤhle giebt /
daraus ein Liecht entſtehet / alſo auch imgleichen mit dem finſtern
Seelen⸗feuer zuverſtehen iſt / welches Chriſti Himmliſchen Ens
der Goͤttlichen weſentlichenLiebe / in dieſem Teſtament in ſich
ompfaͤhet / und den in Adam verblichenen auch Himmlifihen Enns
wieder anzuͤndet / und in ſeiner Gleichheit brennet alldainnen
das Himmel-Neich / alß die Stätte GOttes wieder auffgeſchloſ⸗
fen wird/ da das Goͤttliche Kecht in demſelben auffgeſchloſſenen
Parad iſtſchen Grunde wieder leuchtet / welches die Stätte Got—
tes im Menſchen iſt / da der H. Geiſt wohnet / davon Chriſtus
ſagte: Wer mein Fleiſch iſſet / und trincket mein Blut / der
bleibet in mir / und Ich in ihme / Job. 6 / 56.
16, Sn demfelben Daradilifchen auffgeſe Hoff nen Grunde vr
et
Cap. 2. Chriftil vom H. Abendmahl. 57
bet Chriſtus / als der Göttliche Liebe-Ens, indem Liechte woh⸗
nende. Dann die Krafft im Liecht iſt der Göttliche Eos, als das
uͤber⸗natuͤrliche / himmliſche Fleiſch / cine Tinctur des Lebens /
welche Tinctar die Seele tingiret und dem Seelen⸗feuer den
H. Feuer⸗glantz giebet.
17. Jedoch daß mans recht verſtehe: Die Seele iſt des Vat⸗
ters Feuer / die nimt in ſich (als in ihre feuriſche Begierde) ein
Des Sohnes weſentliche Liebe / als das H. Liebe-feuer / welches
ſich in menſchliche Tinctur, als in Fleiſch und Blut (verſtehet /
in dieſelbe menſchliche Lebens-Krafft) gewandelt hat; alſo ge⸗
ſchicht die Berwandelung des ſeeliſchen Willens.
18. Alſo ſehen wir x. diefe Figur beym Soͤhn⸗Opfer Moſis /
daß die Seele / als die Glaubens-bigierde aus der Seelen / fi
ins Opfer / als in ein Weſen einfuͤhrete und mit Weſen ins
Feuer eingieng / allda die Verſoͤhnung durchs Feuer im einge⸗
führten Bunde des Liebe⸗ſeuers geſchahe / auff Arth und Weiſe /
wie ſich die weſentliche Liebe Chriſti ſollte dem Seelen-ſeuer /
darinnen GOttes Zora brannte / zu einer Speiſe und Verſoͤh⸗
nung eingeben.
19. Zum 2. ſehen wir auch beym Mofe / wie nicht allein die
Gele fey von Sünden durchge Feuer ranzioniret / und mit der
Siebe im Bunde mit H. Feuer der Genaden gefpeifet worden /
fondern fie feegneten auch das Brod und Fleiſch durch die Ber»
ſoͤhnung des Genaden-bundes / und affen vaffelbe/ als H. Brod
und Fleiſch 7 wie innen GOtt gebothe. ä
20. Welches andeutet das mündliche Effen und Trinden der
weſentlichen Genaden / da nicht allein Die Seele gefpeifet wird /
fondern (XB. P) auch der rechte Adamiſche Menſch / welcher wies
der vom Tode auffftchen folle. Dann durch des Menfchen Sünde
ward Die Erde verfluchet / und muſte ver Menf von Fluche
GOttes Zorns / vonder Erden Früchte effen. Mit diefem Opfer
und Seegen des Bundes richtete nun GOtt einen neuen Seegen
an / daß Iſrael wieder von geſeegneter Speife eſſe / da die Genade
wieder durch den Fluch durchdringe / wie Die Sonne durchs
Waſſer dringet.
zr. Welches allesein Fürbilde war des Teſtaments Chrifti /
welcher nicht allein wolte die Seele mitder weſentlichen / feurigen
Liebe ſpeiſen fondern (NB. R ) au) den rechten adamifchen Leib:
Und wie Er mwolte fein. neues Tefiament unter Brod und Wein
ordnen wie die inwendige Genade der Liebe wolte durch den auf>
fern Menſchen dringen / gleich wie die Sonne das Waſſer /oder
ein Feuer das Eiſen durchdringet. 22. Und
58 Das Zweyte Bichleinder Teftam. Cap,
22. Und wird mit dem mündlichen Effen und Trincken feines
Neuen Zeftamens angedeutet das Ofter-Sambim Alten Teſta⸗
ment / da fich der Genaden-bund Goͤttliches Seegens in ein fichta
bahr / elementiſches Weſen eingab / als in ein Mittel / darinnen
der menſchliche Leib die Genade empfienge. Und deutet auff das
Neuc Teſtament / da Chriſtus / als die weſentliche Genade / ſich
wolte mit ſeiner Liebe / mit der Krafft ſeines Fleiſches und Bluts /
Goͤttlicher und menſchlicher Eigenſchafft / feinen mit⸗Gliedern
ser Chriſten / durch ein elementiſches Mittel des geſeegneten
Brods und Weins zu einer Speiſe und Tranck eingeben / da=
durch der verfluchte Leib aus dem Limo der Erden / welcher hat
den Fluch in ſich geſſen / wieder geſeegnet wuͤrde.
23. Dieſes ſehen wir klar beym festen Abendmahl Chriſti /
daß Chriſtus mit der Einſetzung des Neuen Teſtamentes nichts
fremdes oder neues ordnen wolte / ſondern nur das Alte Teſta⸗
ment erfuͤllen / und ſich ſelber mit der weſentlichen Genade / wel⸗
he in feiner Seelen und Fieiſche war Menſch worden / in den
Bund des Alten Teſtaments eingeben / und ſelber die Erfuͤllung /
als das Oſter⸗Lamb / und das H. Brod und Fleiſch ſeyn / dadurch
unſer recht-Adamiſcher Menſch geſeegnet würde,
24. Dann Er aſſe mit feinen Juͤngern zu erſt dag Oſter—⸗
Lamb / und verleibete fich mit ihnen indem Bunde des Alten Te
faments / und wufch ihnen ihre Füffe. Hernach nahm £r das
Brod / danckete / und brachs / und gabs ihnen / und fprach
Nehmet hin und eſſet DAS IST MEIN LETB/ der für
euch gegeben wird. Deßgleichen nahm £r auch den Kelch
nach dem Abendmahl / und danckte / gab ihnen den und
ſprach: Trincket alle daraus) DAS IST MEIN BLUT
DESNENSIN TESTAMENTES / welches vergoffen
wird für viele zur Vergebung der Sünden. Ich fage euch /
Ich werde von nun an nicht mehr von dieſem Gewaͤchſe des
Meinsfiods trincken / biß an den Tag / da Ichs new trincken
werde mit Zuch in meines Vatters Reiche] (Matth. 26.
Marc. 14. 1. Cor. 11. 23.)
25. Dieſes iſt nun der wahre Grund / und deutet an (r.) wie
fich Die ſuſſe Genade des Bundes Gottes habe in unſere Menſch⸗
heit eingegeben / (2.) wie derſelbe Genaden-bund / welcher fich
im Alten Teſtament mit den Opfern und dem Oſter-Lamme /
Iſrael unter derfelben Speife zu einem Seegen eingab / fich nun
jetzo mit der angenommenen Menfchheit/ ven Menfchen auch un=
ter einem Mittel / als unter Brod und Wein / zu en
r
Cap. 2. Epriftiivom $.Ubendinahl. 39
trincken gebe md (3.) wie Er den erften Bund nicht aufheben
welte/ und was neues anfahen / fonvern wie Er felber derfelbe
Genaden-bund fey / und ſich jetzo darftelle als ein Menſch / und
ſich nun den Menfchen auff Böttliche und menfchliche Weiſe
einzergebe/ dag gleich wie fte Ihn hätten zuvorbin mit feiner Ge⸗
nade im Bunde inden Opfern geiftlicher Weite in Krafft durch
ein Mittelgenoffen/ alfo follten fie Ihn auch jego leiblicher und
geiftlicher Weiſe / durch MittelBrodes und ABeins genieffen/uit
derfelben eingeleibten Genavde im Bunde wefentlich genieſſen.
26. Dann die Urfache war dieſes / daß Er fich ihnen wolte
auch in menfchlicher/ und dan auch in Goͤttlicher Eigenfchafft
zugleiche zu genieffen geben / dag fiefollten die Genade (welche
ſich hatte indie Menfchheit eingegeben / und den Toderwürget /
und das menfchliche Leben wieder auffgefchloffen / und durch den
Tod ausgefuͤhret) in einem neuen menfchlichen Schen genieſſen:
Das dajfelbe neue Leben aus Chrifti Tode und Aufferfichung /
auch ihr in Tod gefchloffen Seben follte aufffchlieflen / fogab Er
ihnen folch neues auffgeichloffenes menfchliches Leben feines an⸗
genommene menfchlichen Sehens / mitfeinem Fleisch und Blute /
auch unter einem elementifchen Mittel/ auff daß es der Glaube
Durch ein Mittel faffe. -
27. Ein Mittel muſte darumb ſeyn / daß (r.) GOttes Imagi-
nation ſeiner Liebe / und (2.) des Menſchen Glaubens-begierde
zuſammen kaͤmen / und einander durch ein Mittel begriffen.
Dann wie Die Nieſſung des Alten Teſtaments in geiſtlicher
Reife geſchahe I alfo jest in wefentlicher Weiſe zugleiche.
23. Dann vie Gottheit hatte ihr jeßo das Oſter-Lamb in der
Menfchheit Chriſti fuͤrgeſtellet und gieng GOttes Imaginarıon
(welche war zu vorhin indas Opfer gegangen ) nun jetzo indie
Menfchheit Ehrifti/und die Imagination ver Menſchheit Chriftt
gieng mitHöttlicherKrafft in das Mittel Brode und Peins/und
durch daſſelbe / in Nieſſung teffelben / in das menſchliche Lebeu.
Bo Das Zwehte Büchleinder Teftam. Cap. 3.
Das 3. Capittel.
Die die Juͤnger Chriſti habenEhrifti Fleiſch und Binz
geffen und getruncken / wie das eigentlich zu
verſtehen ſey?
2.4 Te Bernunfft foll allhie aus der Bildligkeit in
das Unbildliche gehen / und die Thorheit / darumb
man flreifet/ verlaffen: Dann esiftnichteine
bildliche Nieffung gewefen / fondern wird unter
einem Bildlichen verfianden,
2. Chriftus hat feinen Süngern nicht die gebildete / creatuͤr⸗
liche / auffere / begreiffliche / fleiſchliche Menſchheit gegeben / als
etwan ein Stuͤcke derſelben: Nein / das bewaͤhret ſich nicht / dan
Er ſaß bey ihnen am Tiſche / und zerriß nicht das gebildete Weſen
ſeines Leibs / ſondern Er gab ihnen die geiſtliche Menſchheit / als
Die Krafft ſeines Leibes und Blutes / feine eigene Mumiam, dar⸗
innen die Goͤttliche und menſchliche Krafft verſtanden wird; wel⸗
che Mumia ein wahres menſchliches Weſen aus Fleiſch und Blu⸗
te iſt / und ein geiſtliches Fleiſch ift/ daraus das ſichtbahre Bilde
waͤchſet / und mit dem ſichtbahren Bilde gantz Eines iſt.
3. Sehet ein Gleichnuͤß an der Sonnen / dieſelbe ſtehet in ih⸗
rem Orte / und dringet aber mit ihrem Scheine/ Krafft und gan—⸗
gem Weſen / mitalle dem was ſie an Enentz / Krafft und Weſen
iſt / aus ſich aus in die gantze Welt / und giebt ſich ſelber allen
Elementen / Weſen und Creaturen / allen Kraͤutern und Baͤu—
men / auch allem creatuͤrlichen Leben / und wuͤrcket in allem / was
fie nur annehmen wil / und zerreiſſet ſich doch ſelber nicht wann
ſie aus ſich ausgehet / und ſich den Creaturen eingiebet / ſie bleibet
immerdar gantz / und gehet ihrem Weſen nichts abe.
4. Alſo iſt auch das Abendmahl Chriſti zuwerfichen / wie wir
das im Sleichnuͤß an einem Kraute der Erden ſehen / Daffelbe
thut noch kan nichts ohne der Sonnen Krafft thun / es ſperret ſei⸗
nen Gaumen der kſſeatz nur auff gegen der Sonnen Krafft; das
iſt / es hungert nur darnach / und in denſelben Hunger ſcheinet
die Sonne ein / und zündet den Spiritum, alß den Schwefel /
Salz und Ochledes Krautes an: So bald folches geſchiehet /
Das sich der Sonnen Kraft im Schwefel! Saltz und Dehle des
Krautss befindet oder empfindet / fo wuͤrcket fie darinnen / davon
Das Kraut eine empfindliche Waͤrmde befomt/ md der Son⸗
nen
Cap. 3. Chriſti / vom H. Abendmahl. &r
nen Krafft in ſich einfaſſet und preſſet / daß der Sonnen Krafft
im Kraute weſentlich wird / und mit dem Kraute waͤchſet / und
daſſelbe tingiret / und in Leiblichkeit wandelt / dadurch das Kraut
Sonniſch wird / und zur Frucht wuͤrcket.
5. Alſo ingleichem iſt uns auch von Chriſti Teſtament zu ver⸗
ſtehen / dan Er iſt die Sonne des Lebens / und das Liecht der
Welt / Joh. 8. 12. Er iſt nach der Gottheit das Ewigſprechende
Wort / als die Krafft der Gottheit / die Krafft des Goͤttlichen
Liechts / und nach der Menſcheit iſt Er das geformte / ausgeſpro⸗
chene Wort / welches mit dem Ewigſprechendem Worke gantz
Eines iſt. Dann Er hat unſere angenommene Menſchheit mit
dem ewigen Worte vereinbahret / als das aͤuſſere hinein gewandt /
als das Weſen der Zeit / und das Innere rauß gewandt / als das
Weſen der Ewigfeit/ und iſt mit dem Goͤttlichen Weſen durch
unſer / von uns angenommen menſchliches Weſen / außdringende
worden / wie die Sonne aus ſich außdringet / und ſich ſelber gie⸗
bet / alfo giebet ſich das Göttliche Weſen durchs menſchliche.
NXB. Das Goͤttliche Weſen fuͤhret das menſchliche mit ſich aus /
dan die Goͤttliche Begierde gehet heraus gegen der menſchlichen
Eſſentz / und die menſchliche Ellen gehet hinein gegen der Goͤtt⸗
lichen außdringenden Luſt.
6. XB. Weilaber die Göttliche Krafft die menſchliche uͤber⸗
trifft / fo wird die menſchliche durch Goͤttlichen Gewalt mit-⸗aus⸗
gefuͤhret / daß ſich alſo die menſchliche Krafft mit der Goͤttlichen /
durch der Goͤttlichen Gewalt / mitte giebet. Dann die menſchliche
Kruafft iſt der Goͤttlichen eine Empfindligkeit / oder Findligfeit /
daxinnen ſich die Goͤttliche in Etwas / als im geformten Weſen
des Worts der Krafft findet / darinnen ſich die Goͤttliche Krafft
liebet / als in ihrem empfindlichen Weſen / wie ſich die Seele in
ihrem Leibe liebet.
7. NB. Und alſo hat GoOtt ſeine Liebe durch menſchliches
Weſen in der Menſchheit Chriſti / den Juͤngern Chriſti mit
menſchlichem Weſen eingefloͤſſet / auff Arth und Weiſe / wie ſich
der Sonnen Krafftim-Spiritu Mundi „alsmit dem Ausfluſſe der
SternenKräfftelmit dem geiftlihen Schwefel / Saltz und Oehle /
in den obern Elementen menget / daß ſie derſelben Kraͤffte in ihren
Glantz faſſet / und ſich ihnen eingibet / und fie (die Kraͤffte) ſich der
Sonnen Krafft eingeben / und mit einander wuͤrcken / Dadurch
das Liecht der Natur auffgeſchloſſen wird / und ſich mit ſolchem
Wuͤrcken in die Erde Kraͤuter / Baͤume / und alle Creaturen
eingeben / alfedag in einem Kraute oder Baume / auch eine jr
x
&2 Das Zweyte Buͤchlein der Teftam. Cap.zi
che Krafft entftchet / davon das Wachsthumb / oder Ausdringen
der Ereaturen entftchet. Da man allezeit in ſolchem Wachſen
oder schen (1.) eine elementifche / wefentliche Krafft/ und dan
(2.) eine überzelementifche / fonnifche und fternifche Krafft ver»
ftehet / da die fonnifche und fternifche mit ihrer ſtarcken Gewalt /
mit der elementiſchen ausdringen.
8. NB. K Nun fehen wir anden Kraͤutern und allen Weſen
der Wachfenden ausder Erden wann fte folche Krafftder Sons
nen und Sternen in fich faffen und eſſen / dag fie fich nicht zerreiſ⸗
fen / und einen fonderlichen Mund darzu machen oder brauchen /
fondern die Eſſentz ihrer Begierde / (als der auhenatürliche
Schwefel) Sals / und Dchle in dem Kraute) iſt der Mund / der
den Einfluß der obern Elementen/ Sonnen und Sternen in
fich faſſet.
9. Alfo auch ingleichem von Chriſti Juͤngern und allen ans
dern Menfchen zuverfichen tft: Sie haben Ehrifti Sleifch und
Blut unter Brod und Wein/als durch ein Mittel / mit dem eſſen⸗
rialiſchen / begierlihen Blaubenssmunde geffen und getrunden :
nicht mit einem umbſchriebenen cregtuͤrlichen Begriffe / fondern
mit der Glaubens⸗begierde.
10. NB. "u Jedoch daß mans recht verſtehe. (1.) der äuffere
Mund mit feinem Begriffe faffet das Auffere elementifche We—
ſen / Brod und Wein. Das tödtliche vergängliche ABefendes
Menfchen / als das grobe Fleifch / welches das Himmel-Neich
nicht erben Fan noch fol / (Joh. 6.63. 1. Cor. x5. 50.) das faffet
und iffet Brod und Wein / dann Brod und Wein ift auch ein
irrdiſch vergängliches Weſen / das gehet in Bauch und wieder
davon aus/ wiealenatürliche Speife/ Matth. ı5.v.17. und
(2.) der vechte wahre Menfch / welcher in Adam gefchaffen ward/
welcher vor der thieriſchen Grobheit ein.rcchter Menfch / und
Bilde der fichtbahren Welt / nach ihrem inwendigen geiftlichen
Grunde war / derfelbe iffet Chrifti auch folches geiftliches / we⸗
fentliches Fleiſch mit der effengialifchen Begierde,
xt. NB. HH Verftehet/ das Fleiſch das Er in Marien an⸗
nahm / als unfer menfchliches / aber nicht den Auffern Grund der
corporlichen vier Elementen / fondern das innere H. Element /
alsden Brumd/daraus die vier Elemenra ausgehen; Nicht Feuer /
Lufft / Waſſer und Erden / fondern das ewige /reine Element /
welches ift cin Weſen des Paradifes / welches inden vier Ele»
menten verborgen iſt /verftehetder Ewigkeit Weſen / daraus die
Zeit iſt in ein ſichtbahr Weſen gegangen.
12. Daf⸗
Ar
> ee ———
Gap. 3. Chriftil som H. Abendmahl. 63
12. Daffelbe Fleiſch / als eine geiftliche Mumiam „daratıs der
Menſch / nach dem fichtbahren $eibe / feinen Urftand hat genom⸗
men im Verbo FIAT , welches in Adam iſt am Himmel-Neiche
blind worden/ als er mit der Begierdefin Die viersclementifche
Grobheit eingieng z Welches fleiſchliche Weſen in Chriſti
Menfhmwerdung mit himmliſchen / lebendigen ABefen erfüllet
und wieder Ichendig gemacht ward / dasiffet (NB.)der rechte A⸗
damifche Menfch / welcher in der groben Schalen der vier Ele⸗
inenten verborgen ſtecket.
13. Und in veinfelben Weſen iſſet der rechte Menſch Chrifti
$eyden/ Sterben und Tod: welcher Tod Chriſti iſt in feiner IIbera
windung ein ewig Leben worden / welches Leben / fo aus dem Tode
Chriſti iſt entſtanden / unſern irrdiſchen böfen Willen bricht /
und unſerm Tode / den die aͤuſſere Natur fuͤr ein Leben haͤlt / ein
Tod worden iſt.
14. NB. NB. Und allhie wird dem Menſchen Chriſti Leyden
und Sterben angezogen gan effentialiter wuͤrcklich / nicht allein
zugerechnet als einmahl geſchehen / fendern würdlich / welcher
Lebens⸗Tod Chriftiunfern Tod verfchlinget / darinnen der Leib /
wann er allbie nach dem vier-elementifhen Weſen ſtirbet / ruhet /
und das vier⸗elementiſche zu Staub und Aſche wird. Dieſelbe
Krafft der wahren Menſchheit in ihrem Principio ruhet zur
Wiederfunfft des corperalifchen Weſens.
15. Die Seele aber / welcheein geiftlich Feuer ift / Die iſſet in
ihrer Begierde/ als mitdem wahren Glaubens-munde / die über=
nagürliche / wefentliche Siebe des Namens Jeſus / welcher Name
iſt eine weſentliche Krafft worden/als die über-natürliche Weiß⸗
heit GOttes / da die gange Gottheit würdlich inne verftanden
wird.
16. Dieſes H. Werfen iffet der feclifche Mund / dadurch die
Scele in ein giebe-feuer-brennen verwandelt wird / dan die Siche
Ehrifti giebt Ens und Wefen dem Scelen-feuer. Das feurifche
geben der Seelen nimtdiefer Siebe Weſen in feine Eßeng / und
durch ſolches $iebe-brennen wird wieder auffaeföhloffen der Tem⸗
pelSoph-IAH ‚als das wefentliche H. Krafft⸗-Liecht / der wahre
Geiſt / der in Adam verblich:
17. Gleich wie aus einem Feuer ein Liecht ausgehet/ alfo gehet
durch Das Scelen= Feuer einander Principium , als die Eigen»
ſchafft der Göttlichen Krafft aus / und in derfelben ausgehenden
Kraft wohnet der übersnatürliche /_ un-wefentlihe GOtt in
Dreyfaltigkeit. Dann diefes iſt das Göttliche PN
tt
f3 “
& Das werte Büchlein der Teſtam. Capʒ.
GH im Menſchen wohnet / wuͤrcket und wil / darinnen dag
Goͤttliche Liecht verftanden wird / welches durch die wahr Menſch⸗
heit durchdringet / wie ein Feuer durchs Eiſen.
18. NB. Alſo verſtehets recht / der Menſch ſtehet in 3. Princi-
piis, als in z. Anfaͤngen. Der ſichtbahre Menſch iſt die ſichtbahre
Welt / welche außwendig und inwendig iſt; alß ein Vergaͤngli⸗
ches / uñ ein Unvergaͤngliches / alß das reine Element / und der Auß⸗
gang / alß 4..Elementra, Der grobe Menſch mit aͤuſſerem Fleiſch
und Blute iſt der 4.elementiſche Seibsund der geiftliche Leib in der
sten Effeng ift das H. Element / welches Element in den gen ver⸗
borgen iſt / und weder Hitze noch Kälte/weder trocken noch naß ift.
19. Aber der ſeeliſche Grund iſt nicht das Element / Er iſt in
Dem Ewigen Morte gegründet / da fich das fewrifihe Wort des
Batters Eigenfhafft hat in den gefchaffenen Leib eingehauchet /
alß ein ander Principium einer ewigen Natur.
20. Der dritte uͤber-natuͤrliche Grund des Menfchen iſt nun
der wahre Geiſt / verſtehet das Weſentliche Liecht / die weſent⸗
liche Weißheit / welche mit dem Seelen-Einhauchen in Men—⸗
ſchen kam / und aber / alg ſich die Seele vom hauchenden Worte
in eigenen Willen / ins ſichtbare Weſen mit der Begierde einfuͤh—
rete / verblich: Dann das ſeeliſche Feuer⸗leben aus des Vatters
Eigenſchafft / konte das nicht mehr erreichen / darumb war dieſer
Grund der Creaturen verblichen / und nicht in GOtt / ſondern nur
der creatuͤrlichen Seelen.
21. Und da dieſer H. Grund der Seelen und dem Leibe vers
borgen ward / ſo ward Seele und Leib ein finſter Thal / voll Pein
und Quaal / dan GOtt war ihme verborgen / und huben alßbald
‚Die Principia nach ihrer Eigenſchafft an zu qualißciren: alß die
Seele nach GOttes des Vatters Zorns-eigenſchafft / welcher als
das Liecht in ihr ſchiene / verborgen war; Und der aͤuſſere Leib hub
an in 4. Elementen / alß in Hitze und Kaͤlte / und in allen andern
Eigenſchafften der Sternen Kraͤffte zu qualificiren / und impreſſe⸗
te ſich eine iede auffgewachte Eigenſchafft zu einem Weſen / davon
der Leib grob / harte und thieriſch / und das wahre Bilde GOttes
ein Larva, und Monſtrum ward. y
22. Und das iſt die Suͤnde / umb welcher willen GOttes Kraft
wieder indie Menfchheiteingieng und Menſchheit annahm / und
wieder feine Göttliche Krafftdurch und in rechter Menfchheit
einflöffete.
23. Weildan der Menfch in 3. Principiis ftchet/als ein Bilde
Nach Zeit und Ewigkeit des fihtbahren amd Ye
. en
Cap 3. Chriſti/ von HS. Abendmahl. 65
ſens / und Chriſtus wahrer GOtt und Menſch / auch das ſichtbahre
und unſichtbahre Weſen in einer ungertrenten Perfon an fich hatz
fo ift auch die Nieſſung feines Weſens / in feinen Zeffamenten als
fo zuverſtehen / alfo dag ein jedes Principium am Menfihen wies
der von feiner Gleichheit iſſet und trincket.
24. Als NB.das auffere recht- ANoamifche Bilde auß dei Limo
der Erden/ wieder von derfelben Menfe hheit Ehrifti/die Er vont
Menſchen annahm; und die Seele vom Goͤttlichen Liebe⸗ feuer;
und das in Adam verblichene Himmliſche Goͤttliche Weſen von
Der weſentlichen Weißheit: und doch gantz ungetrennet durch Ei⸗
nen Einigen Glaubens-mund zugleiche.
25. Aber Ns. das grobe Thier des groben Fleiſches / welches
nur eine Huͤlſe iſt / empfaͤhet nur die aͤuſſere Huͤlſe am Zeſta⸗
ment / alß Brod und Wein / und darunter das Gerichte GOttes/
das dem Leibe dieſer Grobheit feine Luſt bricht und toͤdtet.
26. Darumb ſoll man unterſcheiden denLeib des Herzen und ſein
Blut / von dem Animaliſchen Menſchen ohne Glauben / der emp⸗
faͤhet nur das Gerichte anter Brod und Wein / dann wie der
Mund iſt / alſo iſt auch die Speiſe im Munde.
27. Chriſtus ſprach / Joh. 6. Mein Fleiſch iſt die rechte
Speiſe / und mein Blut iſt der rechte Tranck. Lem, Ich bin
das Brod das vom Himmel kommen iſt / das der Welt das
Leben giebt. Wer mein Fleiſch iſſet / uñ trincket mein Blut / der
bleibet in mir un Ich in ihme:Wer aber nicht iſſet das Fleiſch
des NenſchenSohnes / der hat kein Leben in ihme. Da zanckten
die Juͤden unter einander und ſprachen: Wie kan uns dieſer ſein
Fleiſch zu eſſen geben / und aͤrgerten ſich an dieſer Rede.
28. Er aber ſprach: Meine Worte ſeind Geiſt und Leben.
NB. anzudeitten / daß wir feinen Worten ſollen glauben / und wer
ſeine Worte in ſich faſſete und annehme / der faſſete das Wort in
ſich das Fleiſch und Blut worden iſt / welches Wort ein wahres
menſchliches Weſen worden iſt / das faſſete der Glaubens-Mund
in ſich / alß der rechte Hunger oder Begierde der rechten wahren
Menſchheit / auff Geiſtliche Art und IBeife/das iſt / ſolche Art und
Weiſe wie das Wort Göttlicher Kraft Menſch worden iſt:
alſo wirds auch mit dem Glauben gefaffer/ und wird in feinen
Glaubigen auch Menſch.
29. Daſſelbe geiſtliche weſentliche Wort nimt unſere Menſch⸗
heit (derſtehet die geiſtliche Menſchheit) an ſich / und giebt ſich
derſelben cin / und wuͤrcket / und woͤhnet darinnen weſentlich auff
an Art / wie Er in dem en wohnete und wuͤrckete / den Er
wit
wa
er
65. Das Zweyte Büchleinder Teftam. Eap.z:
von Maria annahm. Dafahe man an Ihme von auſſen unſer
Fleiſch und Blut / alß der fichtbahren Welt ABefen/ und war a⸗
ber in dem ſichtbahren das unſichtbare Weſen / davon Er Joh.3/
13. fagte/ Er wäre damit vom Himmel kommen.
30. Alfo auch kommt daſſelbe unfichtbahre/geiftliche Weſen
Chriſti / welches ſich mit unſerer Menſchheit hat vereinbahret / in
unſere Glaubens-⸗begierde / auff Art wie ein Fund Feuer in ei⸗
nen Zunder faͤllet / und den Zunder anzuͤndet / und das Weſen des
Zunders verzehret / und gantz zu Feuer machet; Alſo auch verzeh⸗
ret die weſentliche Krafft Chriſti in ſeinem Zunder / als indes
Menſchen Geiſtlichem Grunde / im Gemuͤthe / Sinnen und Wil⸗
len / alle böfe Einfläffe inGedanden undWillen / ſte werden gleich
von Begierde des irrdiſchen Fleiſches / oder vom Teufel und vo
ver Belt Luſt darein geworffen/ fo verzehret Doch daſſelbe geiftli=
che Feuer alles/ dan es nimt das schen des Menſchen ein/ und re»
giererdas.
32. Esift ein Liecht / als ein geiſtlich Oehle in des Menſchen Le⸗
ben / darinnen Das wahre geiſtliche Leben / alß das ſeeliſche Leben
brennet: und auſſer ſolchem geiſtlichen Oehle iſt kein wahres
Siccht oder Leben im Menſchen / ſondern nurein aftralifches Liecht /
und ſtehet die wahre Seele im ſinſtern Thale in ihrer Eſſentia,
und behuͤlfft ſich des aſtraliſchen Sonnen⸗liechts; derowegen fie
auch eitel irrdiſche Begierde und Luſt In fich hat.
32. Welche Serlcaber dieſes H. Salb⸗oͤhle Ehrifti in ſich
bekomt / die wendet ihre Luft und Beaierde vonder Eitelkeitder
Welt abe in GOttes Wort und Krafft / und wird wie ein neues
junges Kinds dasin Mutter⸗leibe liegt und ſich die Mutter pfle⸗
gen laͤffet: Alfo hanget fie an Chriſti Eſſentz / Weſen und Krafft/
und iſſet von dem Wein ⸗ ſtocke Chriſti / wie die Rebe vom Wein»
ſtocke iſſet Sch. 15.
33. Die Vernunfft ſoll uns recht verſtehen. Es hat nicht den
Verſtand / das ſich Chriſtus mit feinem Fleiſch und Blute/ mit
dem groben toͤdtlichen Fleiſch und Blut des Menſchen vereinbahe
ret / welches Fleiſch und Blut kein nuͤtze iſt fondern nur als ein
Bcehalter oder Schale des rechten geiſtlichen Menſchen iſt; Viele
weniger miſchet ſich das Göttliche Weſen mit Brod und Wein
daß wann ich das geſeegnete Brod und Rein anfche / und in den
irrdiſchen / toͤdlichen Mund einnehme / ich wolte dencken / ich faſſete
Chriſti Fleiſch und Blur mit meinem Angriffe des fleiſchlichen
Mundes/ wir ich Brod und Wein darmit foffe.
34 Nein / das ran nicht ſeyn / Brod und Wein iſt — *
te
Enz) ChtifeinsomS. Abendmahl. 67
tel darzu / gleich wieder itrdiſche Mund nur ein Mitteldes Gei⸗
ſtes iſt. Der geiſtliche Glaubens⸗ mund des Menſchen faſſet Chri⸗
ſti Fleiſch und Blut unter Brod und Wein: Richt in Brod und
Wein inſteckende. Dan Brod und Wein wandelt ſich nicht in
Chriſti Fleiſch und Blut / aber es iſt das darzu geordnete Mit⸗
tel / welches Mittel dem ſichtbahren Menſchen gehoͤret / durch wel⸗
ches Mittel ſich das Unſichtbahre dem unſichtbahren geiſtlichen
Menſchen eingiebet.
35. Im Brod und Wein werden 2. Eigenſe hafften verſtan⸗
den / alt ;(r. ) das grobe Elementifche irrdiſche Weſen / das gehoͤ⸗
ret dem tödtlichen Menſchen / und denn (2.)die Krafftdarinnens
da die Tindur des Brods und Weins inne lieget / welche Tinctur
über das elementifche Weſen iſt / da die 4. Elementaiım Tem-
perament inne liegen / welches eine himmliſche / paradiſiſche
Krafftift.
:36. Dieſelbe Tindur Brods und eins ift das wahre Mit⸗
gell damit fich Chriſtus der menſchlichen Tinctur, als dem menſch⸗
lichen geben ein⸗ ergiebet. Dan der Menſch lebet nicht allein von
den 4. Elementen [| Matth. 4/4. die grobe Speiſe / welche in den
Mund eingehet / erhãlt nicht allein das geben/fondern Die inwen⸗
dige Krafft / alß die zte Elſentz / darinnen die Tioctur, als ein geiſt⸗
lich Fewer inne lieget.
37. Die Elementiſche Speiſe wuͤrcket nur toͤdlich Fleiſch / und
gicht ein Quellen oder Bewegen des tödlichen Lebens / aber der
geiſtliche Menſch nimt fein Xutriment von der Quinta Eſſentia,
und das Feuer⸗ Leben des Menſchen nimt ſein Nurriment von der
rinctur, dan es iſt ſelber cine Tinctur, als ein geiſtliches Feuer.
Darumn⸗ floͤſſet Chriſtus fein himmliſch Fleiſch und Blut / als
das H. Salb⸗oͤhle dem Leben Des Menſchen durch und mit des
wahren debens Nutriment, ‘als durch die Tinctur Brods und
Weins J ein.
38. Nicht zuverſtehen / daß der TinAur Brods und Weins moͤg⸗
lich ſey / ſolches zu affen / fondern es iſt nur cin leydend Mittel
darzu / wie der aͤuſſere Mund des Menfchen tur ein Mittel
iſt / dadurch dem geiftfichen Menſchen die Krafftder Tinctur im
der Speiſe eingeftöffet wird;
39: Und darumb / daß in Brod und Wein die hoͤchſte Tintur,
welche des Menſchen Leben am naͤhe ſten iſt / jnne lieget / welche des
Menſchen Leben am meiſten erhaͤlt / fo hat auch darumb Chriſtus
dieſes Teſtament darunter geordnet.
40. Aber wir ſollen (x. —— gefinmer ſehn / Run ver⸗
mey⸗
—
63 Das Zweyte Bichfein der Teſtam. Cap. 3)
meynen / nachdehm Brod und Wein mit den Worten der Ein⸗
ſetzung geſeegnet ſey / daß alßdan Chriſti Fleiſch und Blut
in Brod und Wein ſtecke / daß es cin jeder gottlofer Menſch
ohne rechten Mund genieſſen koͤnne: Nein / wan das waͤre / ſo koͤn⸗
te Brod und Wein die Goͤttliche Krafft in ſeiner Habhafftigkeit
faſſen / und waͤre Chriſti geiſtliches Fleiſch und Blut zu Brod
und Wein worden / und bliebe nicht mehr bey dehme / wie Chri⸗
ſtus ſagte: Meine Worte Rind Geiſt und Leben. Joh.s / 63.
41. Der geiſtliche Mund des Menſchen nimt mit dem Glau⸗
ben / Chriſti Worte und Leben / welche Worte eine Krafft ſeines
Fle iſches und Blutes ſeind / da das Goͤttliche Wort ift ein menſch⸗
liches Weſen worden. Daffelbe menfchliche und göttliche wes
ſentliche Wort wird dem Menfhen mitder Tin&ur Brods und
Weins / alsdurc ein Mittel gegeben / daß ein fichtbahr Zeichen
da ſey / was im inwendigen Grunde geſchehe.
42. NB. NB. Fuͤrs zweyte ſollen wir nicht an dieſem Mit⸗
tel hangen / und dencken / daß Chriſti Fleiſch und Blut einig
and allein in dieſem Gebrauche mit Brod und Wein genoſſen
werde / wie die Vernunfft in jetziger Zeit jaͤmmerlich darinnen
irret. Nein) das iſt nicht / der Glaube iſſet und trincket / wann
derſelbe nach GOttes Liebe und Genade hungert / allezeit von
Chriſti Fleiſch und Blute / durch Mittel der geſeegneten Speife/
und ohne Mittel der Speiſe.
43... Chriſtus hat ſich nicht allein an Brod und Wein verbun⸗
den / ſondern hat ſich mit den Glauben verbunden / daß Er wil
im Menſchen ſeyn / Er wil in ihme bleiben / und der Menſch ſoll
an Chriſto bleiben: Seine Eräfftige/lebendige Worte wollen we⸗
fentlic im Glauben bleiben/von welchem Weſen der Glaube alles
zeit/wo das auch immer ſeyn mag/mag eſſen / dann es iſt des Glau⸗
bens Nutriment, darinnen der Glaube beſtehet / undein We⸗
ſen iſt.
44. NB. Der Glaube wird in ſocher Nieſſung ein Weſen / als
ein geiſtliches Fleiſch und Blut Chriſti / in dehme der lebendige
GOtt in Dreyfaltigkeit wohnet / wuͤrcket und wil.
45. Der weſentliche Glaube im Menſchen iſt Chriſtus ſelber/
der im Menſchen bleibet / der des Menſchen Leben und Liecht iſt.
Das iſt der Tempel des H. Geiſtes / der in uns wohnet / wie S.
Paulus ſaget: Wiſſet ihr nicht / daß Ihr Tempel GOttes ſeyd /
daß der Geiſt GOttes in euch wohnet? Item / Der Tempel
Chriſti iſt heilig / der ſeyd ihr / x. Cor. 3. 10/ 27. Item / Sol⸗
Jen wir / die wir Chriſtum angehören / noch Sünder ſeyn er
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Sapz. Chriſti / vom H. Abendmahl. 69
ſey ferne / ſo wäreChriftus ein Suͤnden diener in uns / Gal. /x7
Derſelbe weſentliche Blaube iſt auch Die Rebe an Chriſti Wein⸗
ſtocke / welche Krafft den gantzen Menſchen (wie Die Sonne ein
Kraut)durchdringet / und des Fleiſches Luſt und Geſchaͤffte toͤdtet.
46. Nicht das ſterbliche Fleiſch iſt der weſentliche SGlaube: Das
Fleiſch ſaſſet nicht Chriſti Fleiſch und Blut / ſondern es leydet es /
wie ein grober Stein die Tinctur des Goldes leydet; Und wie
ein ſchoͤn Gold im groben Steine inne liegt und waͤchſet / alſo
waͤchſet der Leib Chriſti in des Menſchen wahrem Leben / und
durchdringet das Leben / wie ein Fewer cin Eiſen. Nicht /
das ſolche Gewalt bey des Menſchen Leben ſtünde / daß es koͤn⸗
te GOttes Weſen in eigener Krafft nehmen; Nein / es wird ih⸗
ine aus Genaden gegeben / gleich wie ſich die Sonne dein Krau—⸗
te aus ihrem Willen giebet: Dann das Kraut Fan darumb nicht
fagen: Ich bin die Sonne / darumb daf die Sonne in ihme wuͤr⸗
det; Alfo auch kan der Menſch nicht ſagen: Ich Din Chriſtus
darumb das Chriftus in ihme wohnet und wuͤrcket / fondern die
Ereatur iftdas leydende / darinnender Schöpfer wohnst und
wirdet.
'47.- Glieder Chriſti nach feiner Menfhheit ſeynd wir / und
werden darumb Chriſten genannt / Day Chriſtus in uns wohnet
und würdet / daß wir nach unſerm geben feine Aeſte und Zweige
ſeind / in denen Er durch feine Krafft Ftucht gebaͤhret. © Kind⸗
lein / es iſt ein groß Geheimnuͤß!
48; XB. XB. Der Gebrauch dieſes Teſtaments / da wir inſon—
derheit unter Brod und Wein Chriſti Fleiſch und Blut nieſſen
ſollen / iſt darumb geordnet / daß wir alſo ſollen zuſammen konz
men / und von einem Brod eſſen / und von einem Kelche trinden/
und Chriſtum darunter empfahen / dag wir uns follen ſtaͤts er⸗
innern / was Er hat für uns gethan / und ſeinLeyden / Tod un Blutes
vergieſſen unter einander verkuͤndigen / und ſolches unſere Kin-⸗
der lehren / und ſollen uns darmitte in Liebe verbinden / und erin⸗
zern / daß wir in Chriſto Glieder eines Leibes ſeind / daß wir in
Chriſto alle nur Einer ſeind.
49. Gleich wie ſich der Einige Chriſtus uns allen in gemein zu
Einem Leben einergiebet / und uns alle in ſeiner Einigen Menſch⸗
heit liebet / und dieſelbe einige Menſchheit mit ſeiner groſſen Lie⸗
be und Genade uns allen in gemein unter Einem Brod und Wein
darreichet / und fich mit unsin Einerley Nieffung verbindet: Alſo
follen wir uns auch in ſolcher Zuſammenkunfft und Nieſſung / als
Glieder eines Leibes / in rechter Siebe und Trewe verbinden / und
D 3 jza
ET
70 Das Zweyte Buͤchlein der Teſtam. Cap. 3.
ja dencken / daß wir in ſolcher Nieſſung alle nur Einer in Chriſto
ſeind. Danıwi ir nieſſen alle den Einigen Chr iſtum / und wer⸗
den in demſelben einigen Chriſto nur ein Einiger Leib / der iſt
Chriſtusin ſeinen Blicdern.
so. © Kinplein/welcheine Tieffeder Geheimnus tft das /
fo wirdiejes nur recht bevdeneten ! Der Satan in GOttes Zor⸗
ne hat uns uneinig gemacht und zertrennet / daß wir widerwer⸗
tige Sinne haben: Allhie komt Chriſtus mit ſeiner Rebe / und
machet aus allen in Ihme ſelber wieder Einen einigen Mann /
der iſt Er ſelber in uns: alſo daß wir alleſumt zu Aeſten feines
Baums / der Er ſelber iſt eingewurkelt werden) und alle von
ſeiner Krafft und Weſen leben / und in Einem Stamme ftchu/
der Er ſelber iſt.
51. Darumb follen wir dieſes recht betrachten] und nicht mit
unwürdigem Hertzen und Munde zu ſolcher Gemeinſchafft tret⸗
ten / und meynen es ſey genug daß wir Brod und Wein nieſſen.
Re in/ esjft eine bruͤderliche dvliedliche Verbuͤndnuͤß: Wir ver⸗
binden uns darmit in Chriſto zu einem einigen Menſchen / und
deyfele einige Menſch if ein jeder in Ehrifto felber.
52. Darumb foll unſer Fürnehmen bey folcher Zufammens
kunfft 3 wir uns / als Glieder eines Leibes / wollen mit
folder Nieſſung feſte verbinden / und dem Satan mit feinem
Wider⸗willen abſagen / und uns hertzlich lieben / wie uns Chriſtus
geliebet hat / und hat fein geben für uns in Tod gegeben⸗
3. Zu dem Ende iſt dieſes Teſtament der Nieffung unter
Prod und Weingeordnet: NB. Nicht zuverſtehen / als waͤre es
eine ſonderliche Nieſſung / derer ein Chriſt auſſer dieſem Brauche
nicht koͤnte theilhafftig werden; Dann fo wir in Chriſto ſeind / und
Er ſelber in uns iſt / und unſer Leben und Liecht iſt / und wir alſo in
dem weſentlichen Glauben (welches Glaubens Weſen Er ſelber
aiſt) in Ihn eingewurtzelt ſeind / warumb ſolte dan die ſelbe Lebens⸗
begierde nicht koͤnnen allezeit / wann ſie ſich nur darein wendet /
davon eſſen?
54. Dieſe Ordnung iſt nur eine gliedliche Liebe verbuͤndnuͤß /
daß wir uns darbey erinnern / was Chriſtus für uns gethan hat /
biß er wird ſichtbahrlich wieder in ſeiner angenommenen menſch⸗
lichen Bildligkeit zu uns kommen / und als unſer rechter Hoher⸗
priefter ewig bey und in mis ſeyn.
Das
ea.
Cap.4. Chriſti / vom H. Abendinahl. 71
Das 4. Capittel.
Bon Itnterfi Heide folcher Nieffune ] was der Kattlo
bey ſolchem Teſtament empfahe / und wirfichein
Menſch recht darzu bereiten ſoll / daß er recht
uͤrdig ſey.
DSteoben gemeldet / es liegt wicht an dem Wahn
oder Meynen / daß einer nur duͤrffe mit dem Leibe
zu ſolchet Gemeinſchafft tretten / und dencken:
Wann ich neben andern Brod und Wein nief
fe/ jo ba beich das wahre Teſtament Chriſti
‘empfang en / dadurch mir meine Sünden vergeben we den.
Mein / S. — ſaget: Wer nicht unterſcheidet den Leib des
HERREN von Brod und Wein / der empfaͤhet es ihm zum
Bari: chte ! 2.£er. rı/ 29, Brod ud Wein vermoͤgen dieſes
Teſtament nicht zuergreiffen / viel weniger der uͤnglaute /wel⸗
cher nur aus Gewohnheit hinzu tritt / daß er wil den ehr iſten⸗
Namen haben.
2. So ſtehet es auch nicht in des Prieſters Gewalt mit ſei⸗
Mn Seegenen den Leib und das Blut Chriſti in Brod und Wein
zu bringen / ſondern es beſtehet in ® — ——— /welche
Einſetzung dem gottloſen Munde verborgen iſt / und geſchicht
ihm wie Dem Judas / welcher ober wohl auch vom Brod uud
Wein des Abendmahls aſſt und tranck / und zum Teſtament ges
laden war / doch nicht Chriſti Fleiſch und Blut / als GOttes $iete
empfieng / dan nach dem Abendmahl fuhr der Satan in ihn; Das
iſt fo viel geſagt / des Teſtaments Kraft ruͤhrete ihn / daß ſein in⸗
wendiger falſcher Glaubens-⸗Mund auch beweget und auffgethan
ward / aber wie fein Glaubens-Mund war / alſo war —* das
Teſtament in ſeinem Rieſſen / wie die Schrifſt ſaget: Bey den
Heiligen biſtu heilig / Und bey den Verkehrten biſtu verkehrt /
* 18.20/27.
3. Er empfieng das Teſtament Chrifti/aber nur das Gericht)
— (Gerichte) in den Heiligen der Schlangen irrdiſchen
Willen toͤdtet. Das iſt wanndie Seele der heiligen Krafft fü>
hig iſt / daß fie einen Glaubens-Mund hat / welcher Die Liebe im
Teſtament empfaͤhet / ſo empfaͤhet ſie auch hiemit zugleiche Chri⸗
fi sceyben/ Tod und Aufferftchen / 5 die Suͤnde In Seele
um Fleiſche toͤdtet.
D 4 4. Aber
J—
72 Das ZweyteVuͤchlein der Teſtam. Cap. 4.
4. Aber der gottloſe Mund iſt der Liebe nicht faͤhig / darumb
empfaheter nur Chriſti Leyden und Tod / und nicht feine Auffer=
ſtehung / dann er leget mit feiner falſchen Meynung feine Begier-
de / als den falfihen Glaubens Mund / an Chriſti Sleifch und Blut /
und toͤdtet Chriſtum in ſolcher Nieſſung in feinem Teſtament int
ihme ſelber:: Er wird hiemit des Todtes Chriſtiſchuldig / dan et
ruͤhret mit ſeiner falſchen Nieſſung und falſchen Glaubens » Be=
gierde das ſtrenge Gerichte Gottes in Chriſti Marter / Wunden
und Tod.
5. Darumb daß er nur des Gerichts faͤhig iſt / ſo wird das Ge⸗
richte Gottes / welches Chriſtum umb unſer Sünden willen toͤ⸗
dete / in dieſem Teſtament in des Gottloſen Seele und Eigen—
ſchafft beweglich; welches Gerichte 7 Chriſti Wunden und Tod“
in feinem Teſtament in folcher Nieffung falfcher Eigenfchafft
rühret oder beruͤhret / dan der falfihe Schlangen-Sanme flicht
mit folder Ruͤhrung Epriftum in die Ferfen. Dann Ehrijtus
beut der Seelen fein Teſtament / und wil die Schlange toͤdten;
weil aber der Sutan Das Regiment inder Seelen hat/ fowiler
Das nicht annehmen / fondern ſcheuſt durch derSeelen Eſſeutz fti>
ne falfche Giffteftralen gegen den Wunden Chriſti / und begehret
Chriſtum gu tödten.
6. Berftehet/ er begchretdenfelben Grund im Menfchen / da
Chrifti Blut und Tod mit feiner Aufferſtehung hin ſoll / zu ver⸗
gifſten / und beweget ſich nur deſtomehr in der falſchen Seelen?
wie er im Juda that / da er dieſes Teſtament einnahm / ſo war er
im Judas raͤge / und nahm ſein Leben ein: Darumb ſaget die
Schrifft: Der Satan fuhr nach dem Biſſen in ihn / Johan.
23? 27. 4
— Dan ſein falſches Hertz hatte das Gerichte Gottes bewe—
get / darumb kam es auch in ihn / dan es war zuvorhin in ihme /
aber nicht offenbahr / biß er den Bund im Teſtament ruͤhrete / fo
gieng es ihme / wie dem Uſa / welcher unwuͤrdig die Lade Gottes
anrührete. 2 Sam.6/ 6/ 7. ı Paral.ı4/ 9/ 10. Welches ein
Gottlofer Menſch wohl merden foll/ das er ohne Newe feiner
Sünden diefes Teſtament nicht anrühren fell / anderft leget er
feine Hände der falfchen Eigenſchafft an Chriſti Wunden / Mar⸗
ger und Tod / und wird endlich Judas Sohn Davon empfangen.
8. Es iſt nicht zuverſtehen / als ob der Gottloſe / welcher ſich
mit zu diefem Bunde des Teſtaments Chriſti machet/ nichts
empfinge / (sole auch in der Tauffe zuverfichen?) dann das Teſta⸗
ment beſtehet / die Einſetzung bleibet in Krafft / dann der —
€
Cap. 4. Chriſti / vom H. Abendmahl. 73
be hebet den Bund und Krafft nicht anf: Der Bund gehet mit
folder Nieſſung und Gebrauch inalle/ aber wieder Mund iſt /
alfo ift auch die Niefſung.
9. Gottes groffe Liebe und Genade /als die wefentliche Liebe /
giebt fich nicht in die gottlefe Seele / aber der Procefs Ehrifti mit
feiner Marter / Angſt / Spott und Todejder gehet wohlin die gott⸗
loſe Seele / dan darinen ſticht der Menſchen⸗Teuffel / als das gott⸗
loſe Hertz Chriſtum in feine Wunden / und machet fich des Todes
Chriſti ſchuldig.
20. Chriſti Hoͤllenfahrt / Angſt und Tod geneuſt der Gottloſe
wehl; aber feiner Aufferſtehung / da Ehriftus über Tod und
Hölle herrſchet / derifternichtfühig. Dann fein gottlofer Wil—
le begehret nicht in Chriſti Tode mit Chrifto feines falſchen We⸗
fens abzufterben / fondern begehret our mitder Sünden in Chri=
ſti Geifte auffzuftehen und zuleben: Er wil in Chriſti Auffer-
ſtehung mit feinem irsdifchen Lucifer herifchen / darumb tritter
den Tod Chriſti mit Füffen feiner falſchen Begierde / und thut
eben das / was die Phariſcer Chriſto thaten. Darımb wäre
ihm beſſer / er ruͤhmete fich nicht einen Chriſten / und beruͤhrete
nicht Chriſti Teſtament.
Vom Grunde der Abſolution / Was das
Siündenvergeben fen.
xx. Ye falfche Wahn und groſſe Unverſtand / da man leh—
Dret / Chriſti Teſtament tilge die Suͤnde / duͤrffte noch
gar einer andern ſchaͤrffern Erklärung / daß ſich der gottloſe
Menſch nicht alſo darunter koͤnte verſtecken / und ſich alſo mit
Chriſti Purpur-⸗Mantel zudeckte / und dehn zum Schwur in
Falſchheit uͤber ſich truͤge.
12. Chriſti Blut-⸗vergieſſen / als ErGottes Zorn darmit til⸗
gete / und den Zorn in Liebe verwandelte / daſſelbe tilget Die Suͤn⸗
de: Wer Chriſti Blut⸗vergieſſen würdig geneuſt / in deme wird
die Suͤnde durch ſeinen Sieg und Aufferſtehung / mit ſeinem
Blut der Lieb getilget; Welcher mit rewigem Hertzen uͤder ſeine
begangene Suͤnde darzu komt / und derſelben gramm worden iſt /
und einen ſtrengen Fuͤrſatz in ſich hat / nicht mehr darein einzu⸗
gehen / der ergreifft mit dem Gkauben die teſtamentliche Genade.
13. Es iſt ein Falſch / daß einer ſeine Buſſe ſparet auff die
Nieſſung des Teſtaments Chriſti / daß daſſelbe folte feine Suͤn⸗
de wegnehmen. Es geſchicht ie: Suͤnde⸗ vergeben weder Bee
5 Teſta⸗
⸗
74 Das Zweyte Büchleinder Teſtam. Cap 4.
Teſtament / noch Abſolution der Mensch kehre dan von Sünden
unib / und werde durch exnſte Buſſe und Einwendung zur Gena⸗
de Gottes im Glauben an Chriſtum im H. Geiſte vernewert /
daß er einen andern Willen / von der Falſchheit außzugehen / an⸗
nimbt.
14, Dann das Suͤnden⸗⸗vergeben in Chriſti Teſtamenten und
auſſer dieſem Gebrauche / iſt anders nichts / als dag / Wann
Chriſtus in dem bekehrten Suͤnder von des Menſchen Tode / in
des Menſchen Glauben / und newen Gehorſamen Willen aus
feinem Tode auffſtehet / und in des Menſchen Sehen einLiecht wird!
die ewige Nacht in einen hellen Tag wandelt / ſo iſt die Suͤnde
vergeben.
15: Dann fo der ewige Tag der Liebe anbricht / fo wird Die
Nacht der ewigen Finfternüß GottesZorns in Liebe verwandelt /
alda wird die Hochzeitdes Lammes recht gehalten / und nicht mit
unwuͤrdigem Hergen/ welches ohn Buſſe und Ablaß feiner Suͤn⸗
den zum Teſtament lauffet / und meynet / ihm werde die Suͤnde
durch Aufflegung des Prieſters Hand / und Nieſſung des Teſta⸗
ments vergeben.
16. Der Prieſter hat keine Gewalt Sünde zuvergeben / es ſtehet
richt in feiner eigenen Macht / die Macht iſt in derOordnung Chris
ſti / Chriſtus in Menſchen / ſo ferne Er auch im Prieſter ſelber iſt /
vergiebt dem by Nertigen Gewiſſen die Sünde: Die Abſolution
jft nur ein Mittel / als ein aͤuſſerlich Zeichen darzu / daß wir uns
ti Liebe und hertzlicher Vergebung auffnehmen / und wieder in
der Liebe des Bandes Chriſti in feiner Braute verbinden 7 und
uns verſoͤhnen/ und in Liebe einander indie Gemeinſchafft des
$eides / als der Braut Chriſti einnehmen. J
17. Der Diener Chriſti nimt den gläubigen / bußfertigen
Menſchen / durch cine aͤuſſer liche Abſolution / an Chriſti Statt
ande Gemeine Chriſti ein: Er iſt mit ſeinem abſolviren ein Mit⸗
del deſſen was Chriſtus ſelber durc fein abſolviren wuͤrcklich
im innern Grunde thut / fo wird der Menſch durch ein ſolch Mit⸗
tel aͤuſſerlich beſtaͤtiget.
18. ft aber Ein Slaube und Bekehrung da / ſondern nur eine
Gewondeit / ſo iſt auch Feine Abſolution da / dann des Prieſters
Ab ſolution ohne Chriſti Mit⸗wuͤrckung / iſt krafft⸗loh und todt /
dan der Gewaͤlt ſteckt nicht bloß in der aͤufſerlichen Ordnung und
am Prieſter / ſondern in der Gemeinſchafft der Heiligen in Chri⸗
ſto / als in der Braute Chriſti / dieſelbe rimbt den bußfertigen
WMenſchen in ihre gliedliche Bruͤderſchafft / in dem Be
es
In
Cap 4. Chriſti / vom H. Abendmahl. 75
des Kommenden / der Geiſt Chriſti in feinen Gliedern nimke
ihn an.
19. Ein gottloſer Prieſter / in dem der Geiſt Chriſti nicht iſt /
kan ibn nicht abſolviren noch annehmen / ſonder das Ambt Chri⸗
ſti / durch die Worte feiner Verheiſſung / nimt ihn an. Ein fal—⸗
ſcher Prieſter iſt nur ein aͤuſſerlicher / unwuͤrcklicher Werckzeug
„für ſich ſelber / und thut nichts mehr darbey / als der gottloſe
Prieſter bey der Waſſer⸗Tauffe / welcher nur das Waſſer geuſ⸗
ſet / und die Worte ohne Mit⸗wuͤrckung ſpricht. Aber der Geiſt
des Ambts ſiehet nicht auff den unwuͤrdigen Diener des Ambts /
ſondern auff dieſe / welche mit Slauben zum Ambte kommen / Er
abſolviret jhn durch ſein Ambt / und nimt ihn mit der Braute
Chriſti / in der er wuͤrcket / in die Gemeine / und nicht eben durch
‚einen gottloſen Pıarifxer / welcher des Ambts ſelber nicht faͤhig
iſt / und nur alda fact als ein Abgott / dehn man anberhen ſoll /
und ſelber nur ein Teuffel voll Falſchheit iſt / und ihme zumiſſet
das er ſelber nicht hat.
20. Es muß Ernſt ſeyn mit ſolchem Ambte der Gewalt Got⸗
tes umbzugehen / oder es wird Chriſtus darinnen murgefpottet,
° 21, Darumb ſoll ſich kein Menfch auff die Ordnung verlaffen/
und dencken / dag ihn die Ordnung abſolvire / oder dag er umb
der Ordnung und Einſetzung willen Chriſti Teſtauente empfahe.
22. Wil einer Chriſtum in ſich zur Herkei zeempfähen / fo
muß erden Tempel Ehrifti/ darinnen ihn Chriſtus abfolviret /
mit in die Ordnung brinaen : Die Abſolvirung ift nur eine An⸗
nehmung indie Gemeinſchafft der Glieder Chriſti / der Prieſter
nimt ihn auſſerlich an mit der Gemeinde / und Chriſtus nimt ihn
im Glauben an / und verbindet ſich wuͤrcklich mit ihme / welches
vhne Glauben und ernſte Einwendung zu GOtt nicht geſchehen
mag. Und wie nun Chriſtus innerlichen in ihme wuͤrcket / alſo
auch wuͤrcket die Gemeinde als die Braut Chriſti / mit ihrein Ge⸗
bethe gliedlich in ihme / und ſeind in Chriſts alle nut Einer.
23. Dieſes aber iſt ein Fallſtrick des Tenfels / daß dir Gott⸗
loſe dencket: Du biſt ja ein Suͤnder / du wilt jetzt hingehen zum
Ambte Chriſti / zur Gemeinſchafft der Heiligen / und wilt dich
laſſen abſolviren / und Chriſti Teſtament einnehmen / dag dir
abermahl deine Sünden vergeben werden / alsdan wiltu auffs
nein: fündigen / wann die alte Suͤnde weg iſt: Wie dan geſchie⸗
het / daß mancher beginnet den Kopff ein wenig zu haͤngen / und
einen Schein vorgiebet / und hernach alßbald wieder in die alte
Gewonheit / in alle Laſter PASTE, rail creutziget Chriſtum
und
76 Das Zweyte Büchlein der Teſtam. Cap. gl
und ſticht Ihn in feine Wunden / und gehet ihme wie dem Judas /
welcher nach dehm er hatte geſſen / fuhr der Satan in ihn / dehm
wire beſſer / er bliebetgar davon / ſo lang ihm das Erin Erſt iſt /
daß er gedencket cin wahrer Chriſt zuſbleiben.
Vom wahren Chriſtenthumb / Was ein
rechter Chriſt ſey.
24. (ON Chriſtenthumb iſt nicht bloß ein Wahn / dag man
ſich nur duͤrffe mit dem Munde darzu bekennen / und
glauben daß Chriſtus für ung ſey geſtorben / und fürdie Sünde
genug gethan habe / daß man dem Evangelio nur duͤrffe Beyfall
geben / und die Hiſtoriam der Geſchichte mit Chriſto fuͤr wahr
halten / und daß man nur duͤrffe allein blog zu feinem Teſtament
tretten / und alda die hinterlaſſene Genade annehmen / und ſich
derſelben troͤſten / und ihm als ein Verdienſt und geſchenckte Ges
nade zurechnen. Es iſt nicht genug / daß man Predigt hoͤre / und
auff Chriſtum getaufft ſey / und zum Abendmahl gehet / daß
man nur die Gewonheit halte; Dieſes machet noch lang keinen
Chriſten / es muß Ernſt ſeyn / keiner iſt ein Chriſt / Chriſtus
ſebe und würde dan in ihme / wie Chriſtus ſelber ſaget: Ohne
mich koͤnner ihr nichts thun / Joh. x5. 5. Item / Wer nicht
mie mir ſamlet / der zerſtrewet / Mat. 12/ 30.
25. Ein Chriſt mug Ein Geiſt in und mit Chriſto ſeyn / und
inChriſti Krafft wollen und wuͤrcken. Es iſt eine lebendige / thaͤt⸗
liche / wuͤrckliche Genade in einem Chriſten / ein ſtaͤts-brennen⸗
des Fewer / cin empfindliche Krafft / welche ob fie gleich offt mit
des Fleiſches Luſt und der Welt Eitelkeit bedecket wird / ſo glim⸗
met und brennet ſie doch im Hertzen / wie ein Fewer / und ſchilt
das Fleiſch nd die eitele Luſt der Unwahrheit / verwirfft den fals
ſchen Weeg / und wil den nicht.
26. Daſſelbe inwendige Fewer iſt der Geiſt Chriſti / welcher
ohn Unterlaß der Schlangen (als des Fleiches Luſt) den Kopff
zertritt. Das Fleiſch hat dieſer Welt Willen / aber derſelbe an»
gezuͤndete Grund hat GOttes Willen.
27. Iſt einer ein Chriſt / ſo wird er des Fleiſches Willen haſ⸗
{en und gramm ſeyn / er wird feiner boͤſen Fleiſches-luſt feinde
ſeyn / und ſich ſelber ſtaͤts anklagen und für unwuͤrdig halten /
und ſtaͤts mit ſeinem innern Willen der Seelen ſich in die aller—
lauterſte Genade in GOttes Erbarmen ſencken / und nicht
von ſich ſagen: Ich bin ein rechter Chriſt / ſondern wird ſtaͤts mie
ſeiner Begierde in GOttes Erbarmen dringen nd zum en
ichen,
ang. Chriſti / vom 5. Abendmahl. 77
fliehen / daß er doch moͤchte ein rechter Chriſt werden / und wird ſich
in allen ſeinem Wandel noch immerdar zu ſolcher Genade zu
unwuͤrdig achten / und nur in ſtaͤter gelaſſener Demuth mit fle—
hen und bitten zur Genade eindringen. Sein gantzes Leben wird
eine ſtaͤte Buſſe ſeyn / und immerdar die Genade begehren zu er⸗
greiffen / gleich wie ſie ihn hat ergriffen.
28, Ein rechter Chriſt entſetzet ſich vor der Suͤnde / wan des
Fleiſches Luſt wil Suͤnde wuͤrcken: Item / wan er ſiehet von an⸗
dern Sünde wuͤrcken / ſo achtzet und klaget er in ſich ſelber daruͤ⸗
ber und wuͤnſchet / daß ſolch Ubel nicht geſchaͤhe / es iſt ihme ein
Grewel in feinen Augen / er liebet die Wahrheit und Gerechtig⸗
keit / und haſſet den falſchen Weeg.
29. Und ob ihn gleich Das irrdiſche Fleiſch offt unverſehens /
ohn einigen Vorſatz des Willens / mit einer geſchwinden falſchen
Luſt uͤberfaͤllet / auch manchmahl zu falle bringet / wie David und
Salomon / und vielen Heiligen geſchehen iſt / und noch geſchicht /
fo bleibt ein ſolcher Menſch / in dem der Geiſt Chriſti iſt / doch
nicht in der Suͤnden liegen / ſondern der inwendige Grund (als
die eingeleibte Genade im Geiſt Chriſti)kommet bald mitGottes
ſtrengen Gerechtigkeit im Zorne / und tritt ihm ins Gewiſſen /
wie dem David der Prophet Nathan ins Gewiſſen tratt / und
ihme fein Gewiſſen ruͤhrete und das Zorn⸗ſewer ſchuͤrete: Dar
David alßbald anhub mit groſſem Jammer feine Sünde zube>
rewen und zu bekennen / und in ſolche ernſte Buſſe eingieng / daß
er ſich auch alles Troͤſtens ſeiner Freunde nicht wolte annehmen/
und ihme nicht wolte laſſen die Ohren mit troͤſten und kitzeln der
Genade fuͤllen / biß er die Genade vom Herren in ſeinem Gewiſ⸗
ſen fuͤhlete; Kein Heucheln welte fein Hertz befriedigen / biß ihm
der HERR mit ſeiner Genade einſprach. 2. Sam. 12/7.
Von wuͤr diger Vorbereitung zu dem Heiligen
Teſtament ESNISTT.
30 W Il ſich einer einen Chriſten nennen / und des Verdienſtes
CHRISTd troͤſten / und ſich zu feinem Teſtament ma⸗
chen / und daſſelbe wuͤrdig empfahen / der habe wohl acht auff ſei⸗
ne Sachen / und ſchawe ſein Hertz gar eben / wie es gerichtet ſey.
31. 1. Ob es auch in ſolcher Begierde ſtehe / der Eitelkeit gang
abſterben zumollen ? 2. Ob es im Vorſatz ſtehe / von aller Falſch⸗
heit / Ungerechtigkeit / Luͤgen und Trug außzugehen / und im Vor⸗
ſatz ſey / nimmermehr wieder — einzugehen? 3. Ob es auch die
7
Gena⸗
78 Das Zweyte Buͤchlein der Teſtam. Cap.4.
Genade Gottes in Chriſto mit einem lauterlichen Willen begeh⸗
re? 4. Ob ihn auch ſeine Suͤnde rewen? 5. Ob er auch einen ſol⸗
chen Willen in ſich ſinde und empfinde / daß er von nun an wolle
gantz von vorigen Sünden und Laſtern außgehen? 6. Und ob er
auch alſo geſinnet ſey / daß er wolle fein gantzes Hertz und Wil⸗
len Gottes Erbarmen übergeben? 7. Ob er auch eine Stätte in
ſich· finde / fuͤhle und wiſſe / da er wolle ſolch hohes Teſtament (als
Das Fleiſch und Blut Chriſti mit feiner Genade) hinlegen ?
8 Ob er auch dem Geiſte Chriſti habe fein Herk und gantze See⸗
Te eingeraͤumet / daß er alda / alß ein lebendiger Ritter des Todes
und der Hoͤllen einziehen / und ſeinen koͤniglichen Pallaſt in ſei⸗
nem Hertzen und Seelen auffſchlagen möge? 9. Und ob er auch
dieſes fähig fey / da Ehriflus faget: Wir wollen zu euch kom⸗
men und Wohnung tin euch machen / Joh. x4. 23. 10. Ob auch
der Tempel des heiligen Geiſtes in ihme mit rechter Buſſe gefeget
ſey? 1x. Ob auch ein rechter Mund in ihme ſey / welcher Chriſti
heiliges Fleiſch koͤnne einnehmen? 2. Ob auch feine Lebens⸗ Eſſe nz
alſo zugerichtet ſey / daß Chriſtus mit ſeinem Weſen und mit
feiner Siebe alda innen bleiben möge? Dann Chriſtus ſagte:
Der mein Fleiſch iſſet / und trincket mein Blut) Der bleibet
in mir) und Ich in ihme / 30h. 6.56. 13. Ob er auch in feinem
Gemuͤthe befinde / daß der Strohm des lebendigen Waſſers Goͤtt⸗
licher Liebe von ihme flieſſe / daß er ſeinen Gott liebe / und ſeinen
Bruder und Naͤchſten als fich ſelber? 14. Ob er auch feinem
Feinde gutes wuͤnſche und zu thun begehre? 1x5. Ob er ſich in die⸗
ſer Welt etwas eigenes annehme / davon er ſage: Das iſt mein
eigen alleine. 16. Oder ob er ſich in allem deme / was er hat
and beſitzet nur einen Diener Gottes). und Pfleger feiner und
feiner Brüdertarimmen achte / und dencke / daß er nur ein Ambt⸗
mann und Diener Gottes in feinem Stande und zeitlichem Gu—
te ſey / daß alles nicht fein eigen/ fondern Gottes und feiner Bruͤ⸗
der ſey? 17. Ob er auch Gott in ſeinem Wandel vertrawe / und
fein Leben achte und halte / wie fein Herr Chriſtus / welcherin ,
Diefer Welt nur wie ein Pilgram war / und nichts Eigenes hats
fe / und ſein Leben auch gerne für feine Brüder lieh ? 18. Ober
auch ein Fuͤncklein ſolches Willens in fich finde ?
32. Befindet er nun folches alles in fich / ſo iſt er recht wuͤrdig
und wohlgeſchickt zu ſolcher teftamentlichen Nieſſung: wo aber
nicht / und befindet aber einen ſelchen Hunger in fich / daß er gern
wolte alſo ſeyn und wollen / fo iſt er im Zuge des Vatters zur Ges
nade in Chriſto / ſo ſoll er ſich nicht lange mit der Bernunfft be»
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Cap. 4.Chriſti/ vom H. Abendmahl. 29
ſprechen / und ihm einen Zweifel einbilden / ſondern ſoll ſich die⸗
ſelbe Stunde in einen ſolchen ernſten Fuͤrſatz einführen / daß er
wolle in ernſte Buſſe eingeben / und ſtaͤts zur Genade Gottes in
Chriſto flehen und bitten / daß er ihm wolle ein ſolch Hertz und
Willen geben / und ihm ja nichts zumeſſen / als wolte ers in cig>
nen Kräften erlangen] fondern blog alleine ſich indie allerlau⸗
terſte Genade / ins Erbarmen Gottes erſencken / und in fi) wer⸗
den als ein junges Kind / das nur eine Begierde nach der Mutter
Milch hat / das ihme ſelber nicht helffen kan / ſondern nur der
Mutter flehet / daß ſte ihm helffe.
33. Sein Zutritt zur Gemeinſchafft der Heiligen ſoll ſeyn in
Demuth / mit rechter Verſoͤhnung aller derer / fo er beleidiget/
amd die ihn be leidiget haben / er ſoll allen feinen Feinden verge⸗
ben / und ihnen auch ein ſo lches wuͤnſchen / was er begehret. Mit
Furcht Gottes und bußfertigem Hertzen / in rechtem ernſten
Vorſatze mag er hinzu tretten / und feine eigene Begierde zum
Teſtament Ehrifti führen / folche Genade wollen aus eigenem
Vermoͤgen ergreiffe oder faſſen / fondern fich nur alß ein Un⸗
wuͤrdiger / in die Genade erſencken und gantz ergeben / und der
Genade heimſtellen was ſie mit ihm thun wolle / und gar nicht
wollen den Geiſt Goͤttlicher Frewden (verſtehe als ein Ei ige
thumb) begehren / ſondern ſich demſelben ergeben / und in die
Genade erſencken / daß derſelbe ——— in ihme ſey / wie
und wann er wolle.
Das Hertz und Gemuͤth ſoll in ſich ſelber vor Gottes
Teſtament ſpr eben: :
54 Du groffe Genade Gottes / ich unwuͤrdiger fündiger
Menſch komme zu Dir auff deinen Beruff / da du ung
FR Menſchen haft heiſſen kommen / Du wilt uns erauicken
Matt. 11/28. Mir geſchehe nach deiner Zuſage / wie Du wilt/
dir ergebe ih mich hiermit gantz und gar / thue Du mit mir are
men unwuͤrdigen Menſchen nach deiner Benate / wie Du wilt /
ich wil ewig dein ſeyn. Brich nur meinen Willen / und regiere
ihn mit deinem Willen / ich kan und vermag nichts / ſondern er⸗
ſincke nur gantz und gar in deine Genade.
35. Ein ſolcher Menſch / der ſich alſe Gott gang ergiebet /
und in ſolcher Gelaſſenheit mit dem Willen bleibet ſtehen / der
wird endlich / wan ſich die Genade in ihm beweget / empfinden
und 34 I was Genade und Göttliche giebe ſey. Wan —
9
30 Das Zweyte Büchlein der Teftam. Eap.4)
Göttliche Fewer wird in feinem gehen engünden / fo wird er fühs
len und ſchmaͤcken /was Ehriftus im ihme fen / und befinden/ wie
er alsbald gar einanderer Menſch / anders Sinnesund Willens
fey worden.
36. Alsdan ift er cin Chriſt / wan Ehrifti Siebe-fewer mit
Gottes Zorne im Gewiſſen fTreitet/ und derfelbe Menſch in Chri⸗
fi Procefs indiefer Melt eingeftellet wird / dag er mug Chrifto
in feinem Leyden / Angft / Marter/ Spott und Verfolgung
nachfolgen / und das Ehrifti auff fich nehmen / und Ehrifti
Bilde ahnlig werden/ da inwendig Streit wieder ie Sünde und
Fleiſches-luſt in ihme iſt / dag er ſich felber verſchmaͤhet und die
boͤſe Luſt haſſet und aufwendig Verachtung / Schmach und
Truͤbſahl; Da ihn die Welt fuͤr frembde und närrifch Hält / da
fich die Vernunfft felber närzifch anfiehet/ und er ihm felber nach
der Welt Weſen cin Narı wird / und das jenige feindet/ was
feinem Fleifche liebet; Da Niemand ift / der ihme heuchelt / ſon⸗
dern alle gute Freunde vor ihm fliehen und ſich vor ihm ſchewen /
als nur wenig Kinder Gottes / welche es erkennen / und Gott zu
ſeinem Troft ihme zuſchicket. Dann mag er dencken / daß er mit
Chriſto dieſelbe Zeit am Fr hanget/ und ſich alſo verwegen / dag
er auch gern wil mit Chrifte fterben / umb ver Befäntnüß der
Wahrheit willen in Hoffnung / dag er auch in Chrifti Siege
and UÜberwindung werde mit Chrifto auffſtehen / und ewig in
Chriſto leben.
37. Dieſes iſt ein Chriſt / und wuͤrdig zur Gemeinſchafft der
Heiligen / der in dieſen Procels eingetretten iſt / und darinnen
wandelt.
38. Die andern alleſambt / welche nur auß Gewonheit hinzu⸗
gehen / und Chriſti Teſtament / alß eine von auſſen zugerechnete
Genadeihnen zurechnen / und als ein geſchehenes Weſen ihnen
glaublich zu⸗eigenen / und nur als eine Gabe wollen annehmen /
wollen aber nicht newgebohren / undandere Menfchen / anders
Sinnes und Willens werden / und behakten den befudelten Roc
der Sünden im Gewiffen in fich / und tretten bald wieder in die
alte Fußſtapffen: Diefe alle feind unwuͤrdig und ungeſchickt /
und des Teftaments unfähig / und empfahen es ihnen nur zum
Gerichte / wie vorne bemeldet worden.
Das
Sap.s. Chriſti / vom H. Abendmahl. 8 1
Das 5. Capittel.
Vom Zanck und Streite der Gelaͤhrten / umb Chriſti
Teſtamenta / was ſie damitte thun / und was da—
von zu halten ſey.
1. Icht aus Affecten Jemanden in ſeinem guten Ge⸗
wiſſen anzutaſten / wil ich dieſes Capittel anhan⸗
gen / ſondern zum Troft der einfaͤltigen Kinder
Chriſti / welche man alſo irre fuͤhret und in Mey⸗
nungen einſchleuſt / und vom wahren Berſtande
abfuͤhret in Zanck / und aus Chriſti Teſtamenten ein eitel Mord» _
grube machet / und ie Gewiſſen in Stricke und Banden einſchleuſt
und kindet / denen wil ich andeuten / was fie von ihrem (der Ver⸗
nunfft-Gelaͤhrten) Zancke halten ſollen / und was ſie damitte
ausrichten.
2. Chriſti Teftamenta feindanders nichts / alscin Verbuͤnd⸗
nußg zwiſſchen GOtt und Menſchen [cine glisdliche Bereinigung
der Menfchen: Kinder, da ſich GOtt mit der Menſchheit Eprifti .
mitden Menſchen wieder nach dem Abfalle verbunden hat / ihr
licber © Dit zu ſeyn.
3. Alles was nun auffer folchem gliedlichen Liebe-verbuͤnd⸗
nuß / umb Wahn und Meynung / umb die Wilfenfchafft zancket/
Das gehet in Eigenheit auffer Chriſto / und iſt kein wahrer Ber-
ſtand in keinem nicht / dan Niemand kennet Chriſtum / als nur
der Batter) und wehme es der Vatter wil offenbahren. Matth.
—
4. Iſt Chriſtus bey und in einem Menſchen offenbahr / ſo hat
er keinen Zanck noch Streit mit Niemanden umb die Erkaͤntnuß
und Wiſſenſchafft / ſondern er iſt demuͤthig / undachtet ſich aller
ſolcher Wiſſcenſchafft unwuͤrdig / er ſchmaͤhetdiemand umb der
ungleichen Gaben willen / ſondern liebet ſich mit allen / und laͤſſet
Jederman das ſeine / und giebt feinem Naͤchſten nur feinen Liebe⸗
willen / und dencket wie er moͤge ein Glied Chriſti und ſeiner Bruͤ⸗
der und Schweſtern ſeyn.
5. Daß man aber in ſo viel Meynungen lauffet und darinnen
ſtreitet und zancket / und einander umb der Buchſtaben willen
ſchmaͤhet / verachtet und dem Teuffel giebt / da ſoll der einfaͤltige
Chriſt wiſſen / das in allen ſolchen Streiten kein wahrer Ver—
ſtand iſt / ſondern eitel Hoffart und Antichriſtiſches Weſen / eine
jullts
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82 Das Zweyte Büchlein der Teſtam. Cap.5.
aͤmmerliche Verwirrung der Worte Chriſti / da nichts anders
daraus entſtehet / als Uneinigkeit / Unheil / Feind ſchafft / und ges
ſchiehet hiemitte anders nichts / als des Teuffels Wille,
6. Und das iſts / daß ſie ſich zu Lehrern vom Reiche Chriſti auff⸗
werffen / und ſeind doch von GOtt nicht geſandt noch erkandt. Sie
nehmen ihr Ding alles von andern / und wechſeln nur Worte und
Buchſtaben / und zancken umb die Kunſt / wie man koͤnne kuͤnſt⸗
lich Buchſtaben zuſammen ſetzen / und machen Meynungen / wel⸗
che Zuſammen⸗ſetzung am kuͤnſtlichſten ſey / und zwingen die Ge⸗
wiſſen in die Kunſt / ſie aber felber verſtehen nicht / was ſie thun:
Ihr Wiſſen ſteckt bloß in den Buchſtaben / und haben doch das
lebendige Wort Chriſtum nicht in ſich / welcher Zeugnuͤß giebt
dem buchſtabiſchen Worte: Haͤtten ſie Chriſtum in der Kebe in
ſich / ſo mit⸗ theileten ſte nur die ſelbe Liebe / und weiſeten den Men⸗
ſchen Chriſtum in ihnen / und wandelten alſo / dag man fühe/ fie
waren Chriſti Kinder. Weil ſie aber nur zancken / und nicht ſel⸗
ber alſo leben und lieben wolken / ſo iſts ſalſch und nur ein gleiſ⸗
ſender Schein.
7. Das aber ſolches wahr fen / ſo ſehe man nur ihren Wahn /
darumb ſie zancken / ans Ein Haufe ſoricht: Chriſtus iſt we:
ſentlich umter Brod und Wett. Item Brad und Wein man»
dele ſich ins Teſtament Chriſti / und ſey eine Verwandelung
Brods und Weins; Und wollen alſo Chriſtum in den tödtlichen
Menſchen einnehmen / dehme er doch Inder Heiligkeit kein nuͤ⸗
tze iſt.
8. Die andere Partey ſpricht: Es ſey nur ein Zeichen und
Bedeutnuͤß des Leibes Chriſti / daß Er ſey für uns gebrochen
oder geſtorben; Und verlaͤugnen die gegenwaͤrtige weſentliche
Rieſſung / und verſtehen nichts vom Menſchen / was und wie er
was ihm gebricht und noth thut / day er wieder GOttes Huld
er ange
9. Die dritte Partey wiles am beſten treffen / und bleiter ben
den Worten der Einſetzung / ſaget aber: Ehriftus werde mit
und unter Brod und Wein genoſſen / das iſt / Chriſti Fleiſch
und Blut werde unter Brod und Wein geſſen und getruncken.
Und hat aber feinen Verſtand / wie das zugehe / wasim Men⸗
ſchen ſey / das ſolcher Gabe faͤhig ſey: Wil auch nichts vom in⸗
nem Grunde und rechter Adamiſcher Menſchheit wiſſen / vers
laͤugnet auch darzu die weſentliche Einwohnung Chriſti / und iſt
ſo weit vom Verſtande / als der andern keine; Wil auch nichts
wiſſen / wie die Nieſſung geſchehe / ſondern hanget blos —
Buch⸗
De
5 Den
Caps. Chriſti / vom H. Abendmahl. 83
Buchſtaben / wirffet / ſchlaͤget und donnert umb ſich mit ſchelten /
ſchmaͤhen / ketzern und laͤſtern.
10, Eine jede Partey ſtreitet nur umb ein buchſtabiſch Bilde /
und wil Chriſtum am feine bildliche Meynung gebunden ha⸗
ben / und wil deſſelben Bildes Patron ſeyn / und geſchicht zu kei⸗
em andern Grunde / als daß er wil Ruhm / Ehre und hohes An⸗
ſehen davon bekommen. Welches an dehme zu erkennen iſt / das
ſte alle ſambt einander ſchaͤnden und ſchmaͤhen / daß nur ein jeder
möge feine bildliche Meynung erhalten / und Herr über die Ges
heimnuy Cyhriſti geheiſſen und geachtet feyn / da doch in ihres
Hertzens Grunde anders nichts / als der irrdiſche Lucifer mit zeit⸗
lichen Ehren und eigenem Willen ſttzet / und wilfür Chriftum
angebethet ſeyn⸗ Eine jede Partey wil haben / man foll ihr Bilde/
als ihre gemachte buchſtabiſche Meynung anbethen, -
zz. Mit Chrifti Teſtamenten unterfiheiden ſie ihre Bilder /
und machen ihnen Darmitfe einen Anhang / und ſchreyen: Hie
KRirche Chriſti / dort iſt Reterey und Verfuͤhrung / hanget mir
an] hie iſt Chriſtus. Und verbitteri: damitte der Fuͤrſten und
Koͤnige Hertzen / ſowohl der Laien Gemuͤthe / daß ein Bruder den
andern umb einer bildlichen Meynung willen verachtet / ſchaͤndet /
ſchmaͤhet und laͤſtert / und fuͤr teuffliſch ausſchreyet und achtet
auch Krieg und Blut⸗vergieſſen / und Verwuͤſtung Sand und Leu⸗
te umb ſolcher Goͤtzen⸗bilder willen angerichtet wird.
12. Man hat es dahmgebracht / daß der Laie dencket / er ſey
ſeelig / wann er nur an der Meynung hanget und dieſelbe billi—
get / er verſtehe ſte gleich oder nicht / wann er nur einen Sectiri⸗
ſchen Namen damitte ehret / und ſeinem datron fein Meynung für
recht haͤlt / daß wan er hoͤret denſelben Namen nennen fo ſchrey⸗
eter: Ja / ja / es iſt recht / und weiß doch nicht, was es iſt. Alſo⸗
gar hat man die Einfalt geblendet und verfuͤhret Day man nur
auf Menſchen⸗Namen ſiehet / und dencket Chriſtus fen in der
Meynung.
13. Und das noch boͤſer iſt / ſo zwinget man die Leute mit Ges
waltinfoiche bildliche Meynungen / und hat die Menſchen alſo
geblendet / daz fie auch Leib und Gut umb einer Meynung willen
(die ſie doch Im Grunde nicht verſtehen) laſſen / und einander da⸗
rumb verſolgen / haſſen und toͤdten.
24. Ein jeder ſchreyet / man wolle ihm die wahre Lehre (als
den wahren Glauben) nehmen / und hat ihn doch nicht / auch iſt
er nicht in feiner Meynung / alſo gar iſt die Welt mit Meynuns
gen erfuͤllet und geblendet. Man meynet / wan man nur —
ca
Ba,‘ : “ 9
vr
834 Das Zweyte Büchleinder Teſtam. Cap. y
Zeftamenta im ſeines ratronen Meynung brauchet / ſo ſey die See⸗
ligkeit darinnen / anderſt koͤnne Feine Seeligkeit ſeyn; Und wer
ſich nicht mitte in dieſe Meynung bilde und ihr anhange / der koͤn⸗
nicht Seelig werden / auch fey er fein Glied der rechten Chri⸗
ſtenheit.
15. Umb ſolche bildliche Meynungen zancket man ſo jaͤmmer⸗
lich / daß aus den Kirchen anders nichts / als eitel Zanck⸗ Häufer
und geiftliche Mordegruben gemacht worden find. Welche moͤr⸗
derey endlich zu Krieg und Blytsvergieffen komt / und Chrifto
umb feiner Heiligen Gaben und Zeftamenten willen eitel
Schmach und Unehre angerhan wird.
16. Und iſt in Wahrheit Damitte anders nichts ausgerichtet /
als wie Iſrael umb das güldene Kalb dankete / und GOtt zu eis
nem Goͤtzen⸗Kalb macheten / und fich über ihrer Hände- Werde /
als überdem Goͤtzen⸗Bilde freweten/ undihren GOtt verliefen:
Darumb Dan auch der Zorn BHftes über Nie ergrimmete/ und fie
alleinder Wuͤſten auff-fraß / daß ſolche Goͤtzen⸗ und Bilder⸗die⸗
ner nicht konten ins gelobte Land kommen.
17. Sieben Brüder zandet nicht umb Meynungen / aller Zanck
ift ein Bilde eines Bögen. Chriſtus hat uns von feiner Allgegen⸗
wart/von keiner Meynunggeſaget / da Er fagte:Er wolle alle Ta⸗
ge biß an der Welt Ende bey uns ſeyn / Mat. 28 / 20. Erſagte nicht
in ſolcher oder ſolcher Meynung / ſondern da er ſeine Gegenwart
andeutete / ſo ſprach Er: Gleich wie der Blitz auffgehet und
ſcheinet biß zum Niedergang / alſo wuͤrde auch ſeyn die im⸗
merwehrende Zukunfft des Menſchen Sohnes / Matth.24 /
27. Und ſagete: Das Reich — —— in euch / Luc.
—
18. Chriſti Liecht und Krafft gehet in ſeinen Kindern im in—
wendigen Grunde auff / und ſcheinet ihnen durch den gantzen Lauff
ihres Lebens / und in demſelben Quell⸗Brunnen des Liechts iſt das
Reich GOttes im Mienſchen: Hat er dieſes nicht / zancke er wie
er wolle / fo bringt ers mit keiner Meynung hinein hat ers aber /
ſo werden aus demſelben Quell-brunnen eitel Stroͤhme der Liebe
lieſſen.
19. Es bedarff Feiner Meynung / er ſehe nur gu / das Chriſti
Reich in ihm gebohren werde / daß Chriſtus in ihm Menſch wer—
de; Anderſt iſt er kein Chriſt / er ſey in einer Meynung / wie er
wolle / ſo muß er am Weinſtocke Chriſti ſtehen / als ein Nebel
(Joh. 15.) Die Meynung huͤlfft ihn nichts / ſondern der wahre
Glaͤube / welcher durch das Ausbrechen der Liebe thaͤtig iſt / und
gute
ei
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Cap.5. Chriſti / vom H. Abendmahl. 85
gute Wercke wuͤrcket / Galat. 5/6. Hat er die Wercke der Siebe
nicht / ſo hat er auch keinen Glauben. Die Meynung machet keine
Sceligkeit / ſondern Babel / eine Verwirrung derZungen der eini⸗
gen Liebe. Keiner iſt ein Chriſt / er liebe dan ſeinen Naͤchſten / und
begehre ihm gutes zu thun.
20. Die von auſſen zugerechnete Genade / ohne die eingebohr⸗
ne kindliche iſt alle falſch Wann Chriſtus im Menſchen wuͤrcket /
ſo iſt er ein Chriſt / und gilt ihm alsdan das Leyden / Verdienſt
und Genugthuung Chriſti. Wan er dehn in ſich zum Vertretter
hat / der es gethan hat / daß ers auch in ihm thut / und ihm ſein
Verdienſt anzeucht / ſo iſt das Reich GOttes im ſelben Verdien⸗
ſte / anderſt ſeind alle bildliche Meynungen falſch. Kein Werck
gefaͤllet GOtt / ohne was Er durch ſeinen Geiſt im Menſchen
ſelber würdet / darumb laſſet ung Kinder Chriſti / amd nicht der
Bilder Kinder ſeyn.
2r. Chriſtus hat uns in feinen Teſtamenten fein Reich beſchei⸗
den / wer daſſelbe empfahen wil / der mug fein Kind werden / ans
derſt iſt keine Erbſchafft: Buſſe würden iſt beſſer / dan viel be⸗
gehren zu wiſſen. Iſt einem das Wiſſen nicht von GOtt gegeben /
ſo wird er den Grund Soͤttlicher Geheimnuͤß nicht verſtehen / iſt
es ihm aber gegeben / ſo darff er kein Bilde. In der Demuth und
Einfalt Chriſti bleiben / und an ſeiner Liebe und Genade hangen /
ohne jemandes Verachtung / iſt ein gut Chriſtenthumb. Alles
was von ſich ſelber ſaget / iſt Babel. In Chriſto ſeind wir alle
Glieder und nur Einer. Amen, 1623.
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». Eine Einfältige Erklaͤrung jr
Von Chriſti Teſtament der
Hehyl. Tauffe.
Wie daſſelbe nach dem Alten und Neu⸗
en Teſtament muß verſtauden werden.
Aus wahrem Theoſophiſchen Grunde durch
die drey Principia Goͤttlicher Offenbahrung aus⸗
gefuͤhret / und den Kindern GOttes zu ver:
ſtaͤndlicher Unterweiſung fürgeftellet,
Durch
Jacos Bo Hms
Don den Selchrten Teutonicus Philofophus genannt.
Anno 1624.
Welches aber von demfelben / wegen feines tödtlichen
Hintrittes nicht zu End gebracht worden ift,
Zu Amſterdam /
Gedruckt im Jahr Chriſti/ 16082.
2—
Hern. Karel von Ender/ ꝛc.
8.9.52.3€.5 8.
ZEIG Fit in Chrifto gellebter Herz!
Q Vs Nr, Nebenſt berglicher Wünfhung
N Y GöttlichesSiechtsin wuͤrcklicher
3 Brafft des H. Entis in unſerm
Immanuel / überfende ich ihm
N) I das Büchlein von Chrifti Teſta⸗
menten / famt der Dorrede; Es
ſoll in den 3. Bogen nur Siner ab⸗
No gefchrieben werden / dann ich
- GS wolte es umbfchreiben/und hat⸗
> te das ı. Capittel wieder ange-
fangen: E aber im Vorhaben / das Büchlein in eine kind⸗
Lichere Forme / gu mehrerm Derjtande der Einfältigen zum
Drucke au bringen. £rlaflees aber gleichwohl nachſchreiben
wegen des hohen Sinnes / well er und andere geuͤbte Liebha⸗
ze diefen Sinn wohlverftehen : So Fan man den hoben bes
gabtenSinnen das Hohe geben / und den Linfaͤltigen das Ge⸗
druckte: Wiewohl fie beyde Eines Verſtandes ſeyn werden /
ohne daß in dem Gedeuctten einfaͤltigere Worte möchten
gebraucht werden. Und empfehle Ihn der holdſehligen Siebe
Jeſu Chriſti.
Datum Goͤrlitz den 7. May.
A. €, 1624, *
Dos
| $ 89
Das 1. Capittel.
Wie ſich die Vernunfft in Creatuͤrlicher Bildligkeit
pfleget zu beſchawen / wann ſie Chriſtum und ſeine
Teſtamenta betrachtet.
Wovonder Streit umb Chriſti Teſtamenta urſtaͤnde: Wie
derſelbe ein nichtig / uUnnuͤtze Ding ſey.
1.
Ller Streit und Mißverſtand
von Chriſti Perſon / Ambt und
Weſen / ſowohl von feinen hin⸗
ter laſſenen Teſtamenten / dar⸗
innen Er gegenwaͤrtig wuͤrcket /
urſtaͤndet von der abgewiche⸗
nen Creatuͤrlichen Bernunfft?
welche nur in bildliher Mey⸗
9 ung lauffet / / und den Grund
ſolcher Geheimnuͤß nicht errei⸗
chet / en Meifte>
Y rin aller Weſen ſeyn / wilalles
— — 2 richten / und verleuret ſich nur
ſelber in ſolcher Sildligkeit Bricht ſich von ihremCentro abe / und
zerſtrewet die Sinnen / und lauffet in der Vielheit / dadurch ſte
ihren Grund verwirret / das Gemuͤthe verunruhiget / und ſich ſel⸗
ber nicht kennet.
2. Es mag kein Leben in Gewißheit ſtehen / es bleibe dann in
feinem Centro, daraus es iſt entſprungen.
3. Weil dann die Seelevon GOttes Wort und Willen iſt
entſprungen / und iſt aber in eigene Luſt und Begierde zum Selb⸗
wollen eingegangen: So mag fie in ſolcher Forſchung des Selb⸗
wollens ihren Erſten Grund / davon ſie iſt entſprungen / nicht
erreichen; Lauffet deßwegen nun auſſer ihrem Grunde in eitel Un⸗
gewißheit / biß ſie ſich wieder zu ihrem Urſprung kehret.
4. Alle Anfaͤnge gehen aus dem Ewigen Einen / als aus der
Drey-Einheit GOttes / Durch das Außhauchen oder Sprecher
der Einheit GOttes / wie ein Quellvon feinem Urfprunggehet
Durch welchen Außfluß fich die Einheit ineine Selbft-befhaw>
ligkeit / Findligkeit und Empfindligkeit/ zu feinem Selbſt⸗ ſor—
men und bilden einfuͤhret.
5. A
90 Don Chrifti Teſtament Cap. rı
5. Ale fichtbahre und unfichtbahre Weſen / beydes Geiftlich
und Eörperlich/ haben ihren Urfprung in dem Außhauchen Goͤtt⸗
cher Krafft genommen und feynd ein Gegen=bilde des ſchiedli⸗
hen Willens GOttes / und ſtehen mit ihrem Grunde darinnem.
6. Dann der Anfang aller Wefen ift anders nichts / als eine
Imagination des auggefloffenen Willens GOttes / welcher ſich in
Schiedligkeit / Formligkeit und Bildligkeit hat eingeführet z
Darinnen liegt die gange Creation , und fichet jedes geben in ſei⸗
nen wiederaus-hauchen und gegen=bilden auch alfo.
7. Weil dann das menſchliche geben ein Außfluß und Gegen
bilde Goͤttlicher Krafft / Verſtaͤndnuͤß und Wiſſenſchafft iſt / fo
gebuͤhret demſelben an feinem Urſprung zu bleiben / oder verleuͤ⸗
ret Göttliche Erkaͤntnuͤß / Krafftund Wiſſenſchafft / und fuͤh⸗
ret ſich mit eigener ‚Speculation in eigene Centra und frembde
Bildung ein / damit ihm fein Urfprung verfinftert und frembde
wird.
3. Wie an derirrenden Vernunft zır erkennen ift/ welche
immerdar von GOtt lehret / und doch feinen wahren Berftand
hat / Auch in ſich ſelber nimmer zu Ruhe komt / dieweil fie in frem⸗
der Bildung lauffet.
9. Darumb ſage ich / daß dieſes die einige Urſache ſey / daß
man umb GOtt / fein Weſen und Willen diſputiret md ſtrei⸗
tet / daß ſich der Verſtandt des Menſchen hat von feinem Urſprung
abgebrochen / und nun in eitel Eigen-wollen / ſinnen und bilden
lauffet / in eigener Luſt zur Selbheit / und ihm einen andern Grund
zu einem Goͤttlichen Willen einbildet / darinnen doch Feine wah-
re Erkaͤntnuß iſt noch ſeyn mag / biß ſo lange das Leben wieder
in feinen Urſprung / als in den Goͤttlichen Außfluß und Willen
einkehret.
- 20, Und ſo dieſes geſchiehet / fo ſpricht GOttes Mille wieder
durch des Menſchen Willen die Göttliche Kraͤffte und Wunder
aus: In welchem Böttlichen Sprechen das Leben mag GOttes
Willen erkennen / einfaffen und fich darein bilden; Alsdann ift
wahre Göttliche Erkaͤntnuͤß und Verſtaͤndnuͤß in des Menſchen
Wiſſenſchafft / wan feine Wiffenfchafft immerdar mit Göttlicher
Krafft vernewert wird/ und die Göttliche Wiffenfchafft durch das
Schen augdringet; Auf Arth und ABeife/ wiees im Anfange von
Goͤttlicher Kraft und Wiſſenſchafft außgefloſſen ift
11. Wie uns Chriftus folches Ichret 7 indehm Er faget ; Es
fey dann / daß ihr wieder umbkehret / und werdet alsein Kind /
ſonſt ſollet ihr nicht ins Reich GOttes kommen; Das iſt / dag
Leben
Sap.r. der H. Tauffe. 91
Leben ſich wieder in GOtt einfehre / aus dem es ift herkoemmen /
und verlaſſe alle feine eigene Bildligkeit und Luſt / fo kommet es
wieder zu Göttlihem Anfchawen.
ı2. Aller Streitumb Höttlihen Willen und Weſen / da mar
einander verachtet / kommet aus eigener Bildligkeit/ dag ihm je
ein Menfch vesandern Bild einfaffet als feine Sinnen/ und die»
felben doch nicht recht ergreiffen mag; Da fich je ein Menſch in
Des andern Sinn feget / und ihm die feinen darein führet / / und
des andern infeine Meynung einzwinget / und ſchwinget fich in
Des andern Sinnen empor / und halt dieſelbe fuͤr ſeen Sigenthumb /
und wil ſich damit ſehen laſſen / und damit in und uͤber anderer
Leute Sinnen herrſchen: Man ſoll ihm feine Sinnen anbehten /
und für GOttes Sprechen halten.
13. Alſo betreuͤgt lich der Menſch felber/und raubet GOtt ſei⸗
ne Ehre / nimt feinen Bund in feinen Mund/ und haffet aber die
Zucht des Geiftes GOttes / welcher ihn im Gemwiffen darumb
ſtraffet / daß er nur ein abgewichener $ucifer ift / und wilandere
in fein Bild zwingen / dag fie esfollenfür GOttes Wort halten
und ehren.
14. Ein wahrer Menſch aber der wendet ſich zu feinem Ur⸗
ſprung / und verlaͤſſet alle Vilder / und begehret keiner eigenen
Bildligkeit des Verſtandes / ohne was GOtt durch und mit ihm
wil bilden und ſprechen: Und verachtet Niemand / ſondern unter⸗
ſcheidet nur das Rechte vom Falſchen / das Gute vom Boͤſen / und
—* die Wahrheit mit Goͤttlichem kraͤfftigem Außfiuß und
Willen.
15. Alles diſputiren von GOttes Weſen und Willen gefchie-
het in den Bildern der Sinnen auffer GOtt: Dann ſo einer in
GOtt lebet und mit GO wil / was darff er umb GOtt diſputiren
wo oder was GOtt ſey?
16. Daß er darumb diſputiret / iſt ein Zeichen / daß er Ihn in
feinen Sinnen noch niemahl hat gefuͤhlet / und Ihm nicht erge⸗
ben iſt / daß GOtt in ihm ſey / und wolle / wie Er wil: Es iſt ein
gewiß Zeichen / daß er ſeine Meynung und Bilde wil uͤber andere
erheben / und der Herrſchung begehret.
17. Man ſoll freundlich mit einander conferiren / und je ei⸗
werdem andern ſeine Gabe und Erkaͤntnuͤß in Siebe darbieten /
und miteinander probiren / und das beſte behalten. 1.Theff.s.zr.
Einander Freundlich unterrichten / und nicht alfo in eigenent
Mahn fichen/ als könne man nicht innen: Sintemahl wir ei-
nen mächtigen Feind wider uns haben | welcher der ang
E 2 Sin⸗
0 Bon ChriftiTeftament Capır.
Sinnen bald infrembde Wilder einführet / und den Menſchen
troßig machet : Daraus Secten und Spaltungen entfichen.
18. Esiftnichtan gelegenan Perfonen / da man meynet / der
Goͤttliche Berftand müffe allein von denfelben herkommen s
Dans die Schrift ſpricht: Prüfer alles / das Gute behaltet. x.
Zhef.s. 2x.
Eder Probiersftein ſolcher Erkaͤntnuͤß ift x. der Eckſtein
Sefus Chriſtus: Dat man fehe / ob ein Ding aus Siebe in Siebe
angehe? Ob allein lauterlich die Siebe GOttes gefuchet und begeh⸗
ret werde? Obesaus Demuth oder Hoffart geſchehe ? Zum.z.ift
esdie H. Schrift der Bibel. Zum 3. ift es das menſchliche Hertz
und Seele / darinnen das Buch des Lebens GOttes cinverleibet
iſt / und bey den Kindern GOttes gar wohl mag gelefen werden.
Da alsdann das gerechte Gemüthe feinen Probiersftein in fich
Selber hat / und alle Dinge ſcheiden mag; Iſt es / daß der H.Geift
im Grunde des Gemuͤthes wohnet / ſo hat er Probier⸗ ſteins genug /
derſelbe wird ihn in alle Wahrheit leiten.
20. Chriſti Teſtamenta ſeynd ein Geheimnuͤß / und werden
den abgefallenen / und wieder zu GOet kommenden Sinnen anu⸗
geboten / da ſich das Leben wieder zu GOtt fuͤhret / fo werden erſt⸗
lich die wiederkommende Sinnen mit Goͤttlicher Krafft und Ver⸗
ſtaͤndnuͤß geſpeiſet / dieſelben zuͤnden hernach das Leben an / daß
es nach Gtt hungert; Demſelben wird hernach Chriſti Fleiſch
und Blut zu einem Pfand und Siegel gegeben / und wird ihm
Goͤttlich Weſen eingedruckt / davon das Leben wieder in ſeinen
Urſprung / als in GOttes Krafft und Wort gebracht wird.
21. Ein falſcher Sinn des Menſchen wird wieder von feiner
Gleichheit genaͤhret / als von Eigen⸗duͤnckel / oder von Hoheit der
Sinnen / oder von Liſtigkeit der Schlangen: Dieſer begehret ſich
nur zu erhoͤhen / und in ein Bild zu ſetzen / und daſſelbe Bild iſt ein
Aſt am Baume des Satans.
22. Welcher Menſch nun in feinenSinnenvon GOttes Krafft
und Geifte gefpeifer wird / der ift Göttlich gefinnet/ und bringek
Gutes hervor aus feinem guten Herken.
23. Welcher Menfch aber in feinen Sinnen von des Fleifches
Kraft und Willen gefpeifet wird / der iſt nur fleiſchlich gefinnet,
24. Wann die Bernunfft Chriſtum und feine Teſtamenta
betrachtet / und dencket / wie doch Ehriftusin feinen Teftamen-
ton gegenwärtig ſeyn könne / fo dencket fie / es geſchehe bildlich er
rth.
25. Und ſo fie erkennet / daß es nicht bildlicher Arth geſchehe /
ſo
Cap.r. der H. Tauffe. 3
fo faͤllet fie gank davon / und dencket / Er ſey nur im Gedaͤchtnuͤß
gegenwaͤrtig / als / da man ſein Wort prediget / ſo wuͤrcke Er nur
alſo in demſelben kraͤfftig: Alfo dencket fie auch von feinen Teſta⸗
menten: Chriſtus wuͤrcke nur geiſtlich im Glauben / die Teſte—
menta wären nur Zeichen / dabey wir uns ſolten erinnern / was Er
für uns hätte gethan / und dabey man feinen Tod und Blut⸗ vergieſ⸗
ſen nur verkuͤndigen / und in kraͤfftiger Gedaͤchtnuͤß zum Troſt
behalten ſolle.
26. Alſo gar verſtehet die Vernunfft nichts vom Reiche Chri⸗
ſti / viel weniger von ſeiner Perſon / noch von ſeinem Ambte; Deß⸗
wegen diſputiret und ſtreitet man darumb / Und wil es mit Ver⸗
nunfft⸗ forſchen erreichen. Dieſes alles erreichet nicht den wahren
Verſtand. x
27. Dann Ehrifti Teftamenta feind himmliſch / und die Vera
nunfft iſt irrdiſch / weltlich; Sie ſuchet Chriſtum inder Zeit/ und
fo ſie Ihn nicht darinnen finder nach ihrem Sewalt / ſo meynet ſie /
Er ſey nur den Sinnen gegenwaͤrtig / welche ſich zu Ihm in Him⸗
wel ſchwingen; Aber ſolches würde das Leben nicht vernewren/
und wieder in GOtt bringen; Es würde nicht die newe Gebuhrt
machen.
28. Aller Streit komt daher dag man denſelben Himmel;
darinnen Chriſtus zur Rechten GOttes ſitzet / nicht verſtehet / daß
Er in der Weltſey / daß die Welt im Himmel ſtehe / und der Him⸗
mel in der Welt / und ineinander ſeind / wie Tag und Nacht.
29. Der inwendige Grund der Welt / daraus die 4. Elemen⸗
ta ſeynd entſprungen / iſt der Himmel / als eine Geiſtliche Welt:
In derſelben inwendigen Krafft herrſchet Chriſtus / wahrer GOtt
und Menſch / durch die aͤuſſere Welt. Dann da Chriſtus ſaget
Matth. 28.18. 20. Mir iſt aller Gewalt gegeben im Himmel und
auff Erden; Item: Ich bin bey euch ale Tage / biß an der Welt
Ende; Item / Er ſol heriſchen über alle feine Feinde / bi alle feine
Feinde Ihm zumn Fußſchemmel geleget werden. 1. Cor. 15.25.
Plalm 110. 1. das iſt von feinem inwendigen Neiche zuverſtehen /
da Er in der innwendigen Krafft uͤber die aͤuſſere / irrdiſche / und
auch hoͤlliſche herrſchet.
30. Dann die aͤuſſere Welt iſt aus der inwendigen / geiſtli⸗
chen Welt entſprungen / als aus Liecht und Finſternuͤß: Wel⸗
ches Gewuͤrcke vor Chriſt i Ambte in des ewigen Schoͤpffers Amb⸗
te ſtundt / welcher von Ewigkeit Liecht und Finſternuͤß / als die
geiſtliche Welt / gewuͤrcket hat.
31. Daſſelbige Gewuͤrcke iſt — und ſichtbahr gt
3 en
94 Won Chriſti Teſtament Gap.r,
den / und von GOtt in ein Geſchoͤpffe gebracht worden) darinnen
Liecht und Finſternuͤß / als Gutes und Boͤſes / mit und in einan⸗
der herrſchet; Da in dem Auß luß der Ewigen Finſternuͤß die
Hoͤlle und Pein / und im Außfluß des Liechts das Liecht der Na=
tur / und in dehme / da Boͤſes und Gules zugleich herrſchet / das
Reich ver Natur mit His und Kaͤlte / und allen anderen Eigen⸗
ſchafften verſtanden wird.
32. Dieſe Herrſchung hat GOtt dem Ambte Chriſti gege—
ben / daß Er / als ein wahrer EHE und Menſch zugleich / über
alle Eigenheit und Eigen⸗willen dieſes Reiches / da Voͤſes und
Gutes in einander herrſchet / regiere. Gleich wie die Sonne in
der fichtbahren Welt über Boͤſes und Gutes herafehet / und mit
ihrem Sicht und Krafft/ und allem dehme / was fie ift/ übers
all gegenwärtig ift / und in alle Weſen eindringet / und fic)
doch in ihrer bildlichen Form mit ihrem Außfluß nicht zureiffer /
ſondern ſich in alles Weſen gantz einergiebt / und doch auch ine
merdar gantz bleibet / und hiemit ihrem Weſen nichts abgehet;
Alſo auch von Chriſti Perſon und Ambte zuverſtehen: Der herr⸗
ſchet in der innern / geiſtlichen Welt ſichtbahr / und in ver aͤuſſern
Welt unſichtbahr / und durchdringet der Gläubigen Menſchen
Seele / Geiſt und Hertze.
33. Wie cin Feuer das Eiſen durchgluͤhet / und wie die Gone
ne ein Kraut durchwuͤrcket / dag das Kraut Sonniſch wird; Alfe
auch herrſchet Ehriftusin dem ergebenen Willen in Seele und
. $eib über alleböfe Reigligkeit / uͤber des Satans eingeführte Luſt /
und gebaͤhret den Menſchen zu einer neuen himmliſchen Creatur /
und floͤſſet ſich ihm gantz ein / beydes nach Goͤttlicher und menſchli⸗
cher Krafft / daß der glaͤubige Menſch eine rechte Rebe an ſeinem
Wein⸗ſtocke wird / in deme GOtt und Menſch / nad) derſelben in⸗
wendigen Neuen Gebuhrt wohnet.
34. Hierinnen beſtehen nun Chriſti Teſtamenta / daß Er ſich
dem Slauben anbeut / daß Er ihm wil ſein Fleiſch und Blut mit
aller Genade geben / und geiſtlich im Menſchen wohnen / wie die
Sonue im Kraute wohnet / und die Frucht zeitiget / und milde
machet.
35. Alſo ingleichem wird der arme / gefallene / irrdiſche Menſch /
welcher an Seele und Leib verdarb wieder erneuert / und zu ei⸗
ner himmliſchen Frucht gewuͤrcket / da endlich nur die Grobheit
des Fleiſches von ihm abfaͤllet / und der Geiſt ſambt der Seelen
in Chriſto bleibet; Undauch allyiein dieſem Leben / nach ſolcher
inwohnenden Krafft / im Himmel wohnet / davon S. Paulus ſa⸗
get?
h x
Cap.2. per H. Tauffe. 95
get: Unfer Wandel iſt im Himmel. Philip. 3. 20. Aber der Leib
iſt in der Welt / und der Welt Weſen; Und wie nun der Him—
mel die Welt durchdringet / und ihr Krafft giebt : Alſo auch
durchdringet Chriſtus den aͤuſſern Menſchen mit feiner inherr⸗
ſchenden Krafft / und wehret der eiteln Luſt der irrdiſchen Natur.
36. Darumb ſage ich / es verftchet Niemand etwas von GOtt /
GoOtt würde dann in ſeinem Gemuͤthe und Sinnen: Dann alles
natuͤrliche Wiſſen iſt auſſen in der Welt / und urſtaͤndet von ſei⸗
nem Aſtro, und lauffet in Wahn / ob ein Ding ſey / oder nicht ?
Aber der Geiſt Eyriftiverfichert in feinen Gläubigen) Seele und
Geiſt / und dezeuget in ihnen dag fie GOttes Kinder ſcynd.
Rom. 8. 16.
37. Wie nun ſolche gegenwaͤrtige / weſentliche Nieſſung geſche⸗
he / und was der Genaden-bund zwiſchen SOtt und Menſchtu
ſey / beydes des Alten und Neuen Teſtaments: Was die Tauffe
und Abendmahl Chriſti ſey: ſoil in nachfolgenden Capittein ers
klaͤret werden.
Das 2. Capittel.
Bon dem Bunde GOttes nach dem Falle: Was der
Ball des Menſchen ſey/ und wie ſich GEOtt wieder mie
ihm verbunden habe: Was die Befchneidung -
um Kiten Teſtament | und im Neuen
die Tauffe fen?
I. An man mwilcin Feuer anz uͤnden / fo mug man cin We⸗
- fer Dazu haben / Das des Feuers fühig iſt: Es muß
ein Weſen fepn / darinnen ein Oehle und Schwefel
iſt / oder brennet nicht: Dann od man gleich einen Stein ins
Feuer wirfft / fe brennet derſelbe doch nicht / Day er zu einem
ſcheinenden Liecht käme. Alfo auch von der arınen Seelen zu ver-
ſtehen iſt: Als jie ipre Begierte ron GOttes Weſen der kiche
und Sanfftmuth abbrach / welchts Weſen im Anfange in ihr war /
gleich als ein Geiſtlich RAehle und Waſſer / und fie war als cin
Geiſtlicher Schwefel / darinnen das Liecht GOttes brandte; So
fuͤhrete fie ſich in eigene Begierde / dadurch ward fie eingeſchloſ⸗
ſen / als ein harter Stein / und verlohr alle ihre Liebe und Sanfft⸗
muht / und ward gleich einem brennenden Schwefel⸗geiſte / deh⸗
me nicht mochte gerathen werden / es wurde ihr dann wieder das
Oehle Goͤttlicher Sanfftmuht und Liebe eingefloſſet. —X
E 4 2. Zu
*
\
0 RAN — ——
9 Bon Chrifti Teſtament Cap. 2}
2. Zu fpihtr Einflöffung in Menfchlicher Eigenfchafft muſte
ein Subjectum, alscin Mitteloder Gegenzgleichheit ſeyn / damit
es geſchaͤhe / darein auch des Menfihen Glaube eingienge / und
Die Krafft durch ein Mittel empfienge. oh
3. Solch Mittelift im Alten Teftament die Beſchneidung /
fambt den Opffern / und im Neuen Teftament iftsdie H. Tauffe /
and Abendmahl Ehrifti/ ſambt dem gelehreten Wort / dadurch
dem Glauben die Goͤttliche Siebe und Saufftmuth / als das rechte
Salb-öhle Goͤttlicher Krafft wieder eingefloͤſſet wird: Go wird
der Seelen ihr verſchloſſener Mund in Gottes Bund eingefaſſet /
und durch die ſuͤſſe Genade wieder auffgethan / daß ſte wieder vom
himmliſchen Manna eſſen kan.
Was bedeutet nun ſolche Salbung?
4. Anders nichts / als daß der Menſch in Seele und Leib wie⸗
der tingiret / durchdrungen und geheilet wuͤrde / daß er der Goͤtt⸗
lichen Krafft wieder faͤhig würde / als des Goͤttlichen Feuers der
iche ; &o muſte feinem Schweffel-geifte der an GOtt verdorbe⸗
nen grimmigen/ feuriſchen Seelen / Durch den Bund GOttes
wieder miteinem Salbeöple gerathen werden: Als / mit der Tauffe
wird ihr eingeflöffet / as Waͤſſer des Ewigen Lebens / Göttlicher
Sanfftmuth: Und im Nachtmahl wird ihr eingefloͤſſet die Feuer⸗
brennende Liebe im Leben unſers Herrn Jeſu Chriſti. Die Ver⸗
nunfft ſpricht:
Konte GOtt nicht dem Menſchen ſeine Suͤnde ohne
Mittel vergeben?
5. Es war nicht umb ein Vergeben zu thun:Der Seelen man⸗
gelte nicht allein ein Vergeben / ſondern eine Neue Gebuhrt / fie
hatte ſich in eigen Wollen eingefuͤhret / und von Gottes Wollen
gantz abgebrochen / dadurch in ihr die ewige Finſternuͤß entſtunde.
6. Damm der Auall ihres Lebens / als ihr eigen Separator
( verfichet die Urſachen ihrer creatürlichen Bewegnuͤß und
Sehens ) hatte fich erhoben / und die Eigenfchafften des Lebens
waren gant aus ihrem Temperament gegangen / und hats
sen fihinein fremd Feuer-brennen gebracht / als in angftliche
Hit und Kaͤlte in ewigen Hunger und Durſt / in Schreden
amd Berzweifflung / da im schen Seibes und der Seelen alle Ei»
‚genfchafften widereinander waren / und der Menfch in einer e⸗
wigſterbenden Quaal ftunde ; Er war an GOtt gan blind und
todt worden: Je mehr gr ſich in eigenem Vermoͤgen NER
Di
*
Cap. 2. der H. Tauffe. 97
GOtt zu ergreifen] je gröffer ward fein ängftliche Quaal; Dann
die arme Seele war mit der Kiſt in Irrdigkeit gegangen / darin»
nen ſie der Satan und Irr-geiſt hatte gefangen / und gantz mon⸗
ſtroſiſch gemacht: Je mehr ſie nun darinnen Ruhe ſuchte / je groͤſ⸗
ſer ward ihre Pein.
7. Diefes iſts nun / was GOtt zu Adam ſagte: Welches Tages
du wirſt vom Baum des Erkaͤntnuͤſſes Gutes und Boͤſes eſſen / ſo
wirſtudes Todtes ſterben. Gen. 2. 17.
8. Alſo iſt die arme Seele durch falſche Imagination vergifftet /
und durch ihre eigene Imprefbomihrer Begierde zu einem ſolchen
verhungerten Feuer⸗quelle worden; welcher nur eine Einfchlicfe
fung des wahren Lebens iſt / und ein Grund der Finfternüß / ein
Quaal der Feindfchafft und Widerwertigkeit / da kein rechter
Goͤttlicher Ens mehr inne war / dartnnen fich das Leben möchte
ins Kecht führen.
9. Gleich wie ein harter Stein verfchloffen ift : alfo auch war
die Seele verſchloſſen / und warausihrem guten Leben ein böfes
geben worden; Auff Ahrt wie aus den Engeln Teuffel worden /
welche auch) num ein ſolch erſchrecklicher / gifftiger / ſtinckender
Feuer Queilimihrer Eſſentz feind / und nicht die Anzuͤndung dee
Liechts erreichen mögen / und ein Feind aller Sicheund Wahrheit.
10. Diefemimprefleten / und an GOtt erftorbenen / blinden
Seelen⸗-weſen kam die groffe Liebe GOttes alßbald nach felchent
Abfalle wieder zu huͤlffe / und ſprach ſich felber wieder insCentruma
des Lebens zu einem neuen Bunde cin/als in den gehabten Quaal
= Sanfftanıth / welcher Liebe-quaal in ihnen nicht mehr bewege
ich war.
ır. Undfegtein des Menſchen verblichenen himmliſchen Ens
feinen Neuen Genaden⸗bund / als den Schlanaen=tretter / dag
GOtt in Erfüllung der Zeitwelte in dieſe eingefprochene Gena⸗
den⸗ſtimme feinen lebendigen Ens, als das lebendige Bort feiner
Krafft und Meicheit / mit der allerhöchften Liebe / als den H. Na⸗
menICSUS darein führen / und darinnen offenbahren / und dar⸗
mitte das verblichene himmliſche Weſen wieder lebendig und grů⸗
nend machen; davon die Seele ſolte wieder eſſen vom himmliſchen
Weſen / dadurch ihr aͤngſtlich Feuer-⸗quall wieder in ein Liebe⸗feu⸗
er gewandelt würde; Deſſen die dͤrre Ruthe Aarons beym Mo⸗
ſe / welche wieder gruͤnete und Amandeln trug / ein Bilde war.
12. Dieſes eingeſprochene Genaden⸗wort vom Schlangen⸗
tretter iſts nun / welches die Seelen der H. Kinder GOttes vor
Chriſti Menſchwerdung RN! daß ſie zn Gott ein
5 NE
a
8 Bon Ehrifti Teſtament Cap. *
ſeine Verheiſſung glaubeten auff die zukuͤnfftige Erfuͤllung: In
djefem Glauben haben fie geopffert.
13. Dann ihre Opffer /fonverlich der erfien Bätter nach A⸗
dam / waren anders nichts / als daß fie ein Bilde darftellsten /
wie die Seele folte im —— Gottes geopffert werden / und
wie die Seele ſolte durch dieſen Eingeſprochenen Genaden-grund
und Bund im Zorn⸗feuer in ein Liebe- fſeuer gewandelt werden;
Wie fie ſolte in Todt und Sterben ihres Selb⸗wollens der falſchen
Begierde eingehen; Wie ihr das falſche Wollen ſolte abbren—
nen / und in Krafftdiefer eingeſprochenen Genade der Liebe und
Sanfftmuth Gottes durchs Feuer in einem hellen Liechte außge⸗
hen / und alſo ein neugebohrnes Kind werden / welches nicht mehr
finfter / ſondern liecht wäre: Auch nicht mehr in eigenem Wil⸗
len lebete / fondern in GOttes Willen. Und wie ſich der einge—
fuͤhrte Schlangen-gifft in ſolcher Berwandelung davon fcheiden
ſolte / auff Arth wie fih der Rauch von Feuer und Liccht fiheidet; -
Da alßdann das Feuer und Liecht ein heller Glans ift / und nicht
mehr verſchloſſen iſt / wie es inder Eſſentz des Holtzes verſchloſſen
ligt: Wie denn das heilige Goͤttliche Feuer der Seelen durch die
Sünde auch alfe ward / welches Niemand aufffchlieffen und an»
zuͤnden mochte/als nur allein GOttes Liebe in dieſem eingeleibten
Genaden-Bunde.
14. Dieſes ſtelleten ſie ihnen mit den Opffern vor auff die zu⸗
künfftige Erfüllung / und führten ihren Glauben mit der einge⸗
ſprochenen Genade vom Weibes⸗ſaamen und Schlangen⸗tretter
darein / daß ſich ihr Glaube alſo in die Figur Chriſti bildete /
daß ihr Willen-geiſt in Chriſti Figur und Bilde ſtunde / daß ihr
Glaube möchte in derſelben eingeleibten Genade würden ; Dann
ohne Weſen gefchicht Feine Würdung. So imaginirten fte ihnen
die Wiedergebuhrt mit den Opffern durchs Feuer / und bildeten:
ihnenden Schlangen⸗-tretter im Feuer ein / wie Er würde Got
tes Zornsfeuer inder Seelen inein Liecht- und Kebe-feuer wans
deln 2 Und wie ſich würde die Feindſchafft von der Seelen ſchei⸗
den; Wiedie Seele folte durch Chriſti Todt / in deme ſich würde
die Liebe GOttes in dig Zorn-feuer einergeben / in einen Engel
gewandelt werden.
75. Durch diefes eingemodelte Bilde drungen fie mit ihrer Be—
gierde und ernſtem Gebethe Durchs Opffer zu GOtt: So hatte fich
Gottes Wort mit der Genade auch alſo mit dem Bunde m Mens
ſchen gemodelt; Jetzt war es eine Copjunction zwiſchen GOtt
und Menſch: Dann die Menſchliche Begierde gieng mit eig
Bilde
Gap. 2. der H. Tauffe. 99
Bilde durchs Opffer im H. Fewer in GOtt / und Gttes Liebe⸗
begierde gieng in dieſes Bilde vom Slangen⸗tretter; Dann Gott
zuͤndete ihr Opffer mit dem H. Fewer an.
16. Und nicht ein gemein Fewer iſts bey ihren Opffern gewe—
ſen / ob ſie gleich haben Holtz und Opffer darzu gebraucht: So iſt
aber das Fewer nicht von Stein und Stahl geweſen / fondern
von der hoͤchſten Tinctur des Paradififchen Grundes / Davon des
Schens Fewer entfprungen iſt. Wanes der Menſch verftehen
koͤnte / und nicht alfo in Blindheit lieffe / wohl wärc ihm / und
waͤre von Babel und Fabel erloͤſet.
17. Dieſes H. Fewer hat ihre Opffer verzehret durch Gottes
Imagination und Anzuͤndung. Allda iſt der menſchliche eingefuͤhr⸗
te Wille / welcher ander Irrdigkeit hing / im H. Fewer gereini⸗
get / und von Sünden ranzioniret worden / auff die zukuͤnfftige
Erfüllung. Dann der Grund / darauß diß H. Fewer kam / of⸗
fenbahrte ſich hernach ine Menſchen Leben in der Perſon Chriſti.
18. Alſo ſtund bey ihren Opfern die Figur / wie das irrdi⸗
ſche Bilde des Menſchen ſolte im Fewer Gottes bewaͤhret / und
wie die Grobheit der Elementen ſolte verzehret werden / und aus
Des Fewers Verzehrung auggehen das rechte in Adam geſchaffe⸗
ne reine / ſchoͤne / geiftlihe Bilde / weldes im Fewer Gottes
Zorns durch dieſes H. Fewer der groſſen Liebe in Klarheit ſolte
gebracht werden. In welchem newen Bilde die groſſe fewriſche
Liebe wolte ſelber des Lebens Fewer ſeyn / auff daß es nicht moͤchte
mehr Falſchheit imaginiren.
19. Mit ſolchem Glauben ſeynd die erften Menfchenvor Chri⸗
ſti Zeiten / ehe ſich Chriſtus in dieſem eingeleibten Genaden⸗bun⸗
de effenbahrte / und Menſch ward / ins lebendige Wort Gottes/
als in die Genade ein zefaſſet worden / darinnen ihre Seele tft in
Goͤttliche Ruhe kommen: NB. Bißt Chriſtus dieſes Fuͤrbilde
erfuͤllete / und vom Tod auffſtunde / ſo iſt Er auch mit ſeinem Le⸗
ben und Weſen in ihnen / als in ihrem inwendigen Grunde des
himmliſchen Theils / welches in Adam verblich / aufferſtanden /
und offenbahr worden / und haben Chriſtum in der Seelen und
Geiſte angezogen: Und wartet alſo nur ihr Leib aus dem Limo
der Erden / als das zte Principium der ſichtbaͤhren Welt Ei-
genſchafft als das geformte / audgefprochene / weſentliche Work
der Auffer ſtehung am juͤngſten Tage: Wie dann auch alſo bey
den Chriſten zuverſtehen iſt. N
20. Diefer Grund mitten H. Fewer hat ben Abel und Cain]
bey Adam / angefangen, Als ps; und Cain opfferten / fofahe
Gott
»
“
100 Von Chriſti Teſtament Cap. 2.
Gott Habels Opffer genaͤdig an /und zuͤndete das mit H. Fewer
an / und gieng auff der ſuͤſſe Geruch vor dem HERNN ; Dan
das Bild Chriſtiſſtund in feinem Glauben darinnen / darumb
zuͤndete Bott fein Opffer mitdem H. Fewer an / und war ange>
nehme vor Gott; Dann es wareine Conjundion mit Böttlicher
Begierde: Aber Cain fahe Er nicht genädigan / dann er hatte
folchen Blauben nicht / ſondern ſtund in der verderbten Adami—
(hen Natureigener Luſt und Begierde / und hatte ihm das Neid)
dieser Welt etngebildet: Deßwegen wolte ſich das H. Fewer in
ſeinem Opffer nicht anzuͤnden.
21. Cain ſtund in der Figur des verderbten Adams nach dem
Falle / und Abelftundin des Figur ver newen Wiedergebuhrt /
wie Chriſtus wuͤrde mit ſeinem Opffer in Tod gehen / und fuͤr die
Menſchen ſterben. So ſtund das Bilde Cains darneben / wie
Chriſtus kommen waͤre / den armen geſallenen Menſchen zu ſu⸗
chen / und mit ſeinem Opffer new zu gebaͤhren.
22. Als aber die Eitelkeit der Menſchen uͤberhand nahm / und
ihre Natur je boͤſer und bloͤder ward / fo verloſch dieſer Vers
ſtand vom H. Fewer bey ihnen / big die Suͤnd⸗fluth über fie kam /
und ſie vertilgeter Welche ein Fuͤrbilde der Tauffe war / wie dag
Waſſer des Ewigen Lebens / als GOttes weſentliche Sanfft⸗
muth / das falſche / fewriſche Seelen-Leben würde erſaͤuffen /
and wie die Seele aus dem H. Waſſer in GOttes Sanfftmuth
eines neuͤen Sicchtzlebehsaufgrünen würde.
23. Als nun die Zeit kam / daß GOtt feinen Bund / welchen
Er im Paradis hatte auffgerichtet / mit Abraham vernewerte / ſo
gab Er ihm wieder die Figur Chriſti mit der Beſchneidung
und dem H. Fewer: Wie zu ſehen iſt beym Opffer Abrahams /
Gen.ıs. Wie das Fewer zwiſchen den Stuͤcken herfuhre / und
wie dazumahl im Geſichte Schrecken und groſſe Angſt auff ihn
gefallen war? welches alles den Tod Chriſti / und die Tranfmu-
sation der Seelen andeutet.
24. Die Befchneidung am Gliede menfchlicher Gortpflangung
war die rechte Figur / wieder Reifchlihe Menſch von Mannes
and NBeibes-faamen folte von dem in Adam gefchaffenen Bilde
durch den Tod Chriſti mit Gottes Zorne abgefcehnitten / und
Durch das Blut-vergiffen Chriſti wieder in die ewige Jungfraw⸗
ſchafft gebracht werden.
25. Darumb muſten die Maͤnnliche Perſonen am ſelben Glie⸗
de beſchnitten werden / anzudeuten die unreine Gebuhrt viehi⸗
ſcher Arth / welche vor GOtt ein Eitel war. So ſtellete
arzt
Cap: . der H. Tauffe. 201
feinen Genaden-bund mitder Figur Chriſti an dieſes Glied / nnd
ſtel Fe ihm alſo Chriſtum fuͤr / welchen Er hatte zu einem Ge>
en-thron fuͤrgeſtellet / auff daß ſte vor Ihm wandeln koͤnten /
und ſie fern Zorn nicht auff-fraͤſſe. Gen. 17.
26. Und ſtellete die Figur Chriſti mit ſeinem Proceß an J⸗
ſaac darneben / wie die Erloͤſung Menſchliches Geſchlechtes ge⸗
ſchehen ſolte: Wie Gottes Sichge fewer fein Zorn⸗fewer im Men⸗
ſchen verſchlingen ſolte / und in Liebe wandeln; Und gab ihm die
Verheiſſung darauff / daß dieſer verheiſſene / eingeleibte Saa⸗
me / weicher würde durch die Berwandelung im Fewer durch das
Sterben der Eitelkeit imLiebe-Fewer außgruͤnen / ſo groß wer⸗
den SH wiedie Sternen am Himmel.
Als aber die Zeit herbey kam / dag GoOtt wolte ſein Siches
We durch feinen Bund in der Menſchheit offenbahren / dag
daſſelbe Fewer folie indes Menſchen geben angezündet werden /
fo fuͤhrete Er feinen Bund mit der Beſchneidung indie Waſſer⸗
tauffe / und fing mit 8. Iohannedie MRaffer- fauffean.
So fpricht die Vernunft:
Was ift oder bedeutet die —* ? Was
wuͤrcket Gott dadurch?
28. Wie oben gemeldet / die Seele hatte ſich in ihren Eigen⸗
ſchafften alſo ergrimmet/ daß fie dadurch im ewigen Tode ſtuͤnd:
In ihr war Gottes Liebe⸗weſen nicht mehr offenbahr / darinnen
fich hatte mögen das H. Fewer Gottes/ als das H. Leben anzuͤn⸗
den ; Darumb ſandte Gott die H. Taufe vorher / und ſtellete
fie in Bund.
29. Dann ale das Wort / als die Krafft des H. Fewers]
Mensch ward / und fi in Chriſto offenbahrte / ſo ſprach Chri⸗
ſtus mit dem H. Fewer durch die angenommene Menſchheit in
feine Mit⸗glieder nach der Menſchheit ein.
30. Solte nun dieſes Einſprechen im Menſchen fahen / und
weſentlich werden / ſo muſte das Goͤttliche Eintauchen vorher ge⸗
ben : Dann ſo bald ſich das Wort in der Menſchheit offenbah⸗
rete / ſo floß die ſanffte Liebe und Genade im Bunde aus.
32. Mit dieſem Ausflug Goͤttlicher Liebe im Bunde ward der
Bundindie Waſſer-tauffe geſetzet. Weil der Menfche elemen⸗
tiſcher / irdiſcher Arth war / fo muſte auch ein elementiſch Mit⸗
tel darzu konmen / darinnen ſich der Außfluß Goͤttlicher Liebe im
Bund faſſete / daß ein menſchlich / natuͤrlich Weſen im Mittel
E7 wäre
102 Von Chriſti Teſtament Cap. 2)
waͤre / darein die goͤttliche und menſchliche Imagination moͤchte
eingehen / und ſich in die Menſchheit eintauchen zu einem neuen
Ens oder Zunder / darinnen ſich das H. Fewer möge im duͤrren
Seelen⸗fewer anzuͤnden.
32. Gleich wie bey der Beſchneidung und im Opffer geſchahe /
da war das thie riſche Fett cin Mittel / darinnen die menfchli=
che Begierde infolcher A nzUndıllg mit dem Bund Goft entgegen
gieng / und Gottes Imagination gieng alfo dem Bunde im Mens
ſchen entgegen. Alfo fund das H. Fewer dem Zorn entgegen
und verzehrte die Unreinigkeit am menſchlichen Willen / daß der
zu BHrt dringen konte.
33. Beym Mofe am Berge Sinai fehen wir dig Bilde auch)
da ſich erftlich Des Vatters Eigenſchafft im Fewer offenbahrte /
und forderte des Menfchen vollen Gehorſam / vor Gott in Hei:
figkeit zu leben / und fich in Reinigkeit durchs Opffer zu Ihm zu
nahen; Wo nicht / fo wolte Er fie im Fluche durch dieſes Fewer
auff-Freffen.
34. Welches auch ein Bilde war / wie die menfhliche Eitel⸗
Felt folte und mufte durch Gottes Zorn-fewer gefeget werden :
Aber Iſrael konte nicht durchs Fewer zur Hulde und Lich GOt⸗
tes kommen / und durch Moſen ins gelobte Land gehen / ſondern
durch Joſua und Chriſtum.
35. Darumb führte GOtt fein himmliſches Wefen mit ſei⸗
nem Bunde in die Waſſer-Tauffe / auff daß ein ertraͤglich Mittel
wäre / dadurch Er uns fein Liebe-weſen in unſer verblichen Jauch
himmliſches Wefen einführete/ darinnen fich das H. Fewer wie⸗
der möchte anzünden.
36. Huch darumb / weildie menſchliche Eſſentz war irrdiſch wor⸗
den / daß es der Menſch ertragen koͤnne. Dann es muſte ein
ſolch Mittel ſeyn / darein ſich die Menſchliche Eſſentz konte faſſen.
Dan in GOttes Heiligkeit ohn ein Mittel konte fie ſich nicht faſ⸗
ſen / der Willewar davon abgetrennt.
37. NB. Darumb ward GOtt Menſch / daß Er uns feine
Gottheit mit der, Menſchheit einfloͤſſtte / daß wir ihn möchten
faſſen Auch daß ich die göttlichelmaginarion möchte in Menſchen
einführen und erwecken / und die menfchliche mitwürckete/fo nahm
Er Menſchheit an / auff dag Er mit ver Gottheis durch Die
Menſchheit in uns würckete.
38. Sp ward mitder Wafferstauffe ein glimmend Moder H.
Fewers in GOttes Siebe eingedruckt zu einem Subjetd oder Ge⸗
genwurff Göttlicher Imagination und Wuͤrckung / dadurch ki
' &
Cam. ver H. Tauffe. 103
Tod nad) der Inwendigkeit des Menſchens zerbrochen würde /
und ein new Leben außgruͤnete. Gleich wie ein Fewer in einem
Holtze anhebet zu glimmen / fowar ſolch Eintauchen oder Tauf⸗
fen eine Salbung des H. Geiſtes zu einem newen Lebens⸗dhle /
darinnen ſich das Goͤttliche Liecht anzuͤndete.
39. NB. Dieſes iſt nun der Grund der Waſſer-tauffe / da der
5. Geiſt im Innern die Handt darzu iſt / welcher mit dem Auß⸗
fuß Goͤttlicher Liebe aus Chriſti Leyden / Tod und Aufferſtehen
mit feiner Uberwindung tauffet. Das iſt / Er tauchet Chriſti
Menſchheit / Leyden / Tod und Aufferſtehen in den Menſchen
ein / und zuͤndet den eingeleibten Paradiz-bund mit dieſen Few⸗
er an / daß die duͤrre Ruthe Aarons wieder gruͤnend wird,
40. Dann mit dieſem Eintauchen des H. Geiſtes wird dein
Menſchen Chriſtus geſchencket: Er wird Chriſto hiemit einges
leibet / und wird ihm der himmliſche Ens, welcher in Marien un—
ſern menſchlichen Ens annahm / mit dem gantzen Pfocefs Chri⸗
ſti / zu einem newen Leben angezogen und eingedruckt.
41. Wie eine Tiectur das Metall tingiret / oder wie ein Few⸗
er das Eiſen durchgluͤhet: Alſo auch allhie zu verſtehen iſt bey
denen / welche ſolches Eintauchens faͤhig ſeynd / wie ferner folgei.
Das 3. Capittel.
Kurtzer / gruͤndlicher Bericht | wie der Menſch vom
H. Geiſte mit Chriſti Leyden / Tod und Aufferſte—
hung in Leib und Seele getauffet werde.
I. \d 85 BDtt feinen Bund mit der Waſſet⸗tauffe wokte
indie Menſchhett einführen/fo ward das eingeſpro⸗
chene Genaden⸗wort des H. Fewers Gottes / als die
ſewrende Liebe / von ehe Menſch / und nahm von ehe
des Weibs⸗Sgamen an ſich/ als unſere Seele / Geiſt
und gantze Menſchheit / auff daß Er uns mit dem lebendigen Bun—
de / welcher war GOtt und Menſch / tauffete.
2. Dann des Menſchen Leib / welchem das Tauffen noth war /
der war aus den Elementen. Solte der nun getauffet werden / ſo
wolte ſich der Bund von che in ein elementariſch Mittel / als in
die Menſchheit Chriſti geben / und daſſelbige heiligen / auff daß
der Menſch moͤchte durch diß Mittel getauffet werden.
3. Dann es war nicht alleine umb das himmliſche —
wer⸗
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104 Von Chriſti Teftament -Cap.z-
welhesim Paradisverblich / zu thun / inwelches Weſen / als
in den innerſten Grund der Menſcheit / ſich der Bund im Para
dis einlcibte / daß derſelbe Grund ſolte allein getauffet werden:
Nein / ſondern auch umb die Seele / und umb den Leib aus dem
Limo der Erden.
4. Der gantze Menſch bedorffte der Tauffe. Es muſten alle
3. Principia, als aller z. Welten Eigenſchafft iu Menſchen ges
Juuffet werden. Dasıjle Principium iſt die Ewige Natur / das
Myiterium Magnum ‚daraus die ſichtbahre Welt entſproſſen iſt /
ein Grund der wahren ewigen Seelen / welche durch GOttes
Einblafen in Leib kam. Das zweyte Principium, iſt der wahre
Ewige Geiſt / als die H. Liechtes-Krafft / (welche Krafft ich in
die ſein Buͤchlein den in Adam verblichenen himmliſchen Ens, oder
Weſen heiſſe) welche in Adam mit dem Abfalle verblich / als der
Seeliſche Wille daraus gieng in Irrdigkeit / und ihren Willen
davon abbrach. Das dritte Principium iſt der Menſch aus der-
ſichtbahren Welt Weſen / als die aſtraliſche Seele mit ihrem Lei⸗
be aus dem Limoder Erden / welcher in den vier Elementen ſte—
et.
} 5. Diefer drey-fache Menfch wargant gefullen: Dann fo»
bald ihm das Siecht im Geiſt des zwehten Principii verlofch / war
er an GOtt gantz blind / und dem Paradis erjtorben. In dies
fer muſte wieder ein Goͤttlicher Siebe- Ens eingetauchet oder ein
gedrucket werden / darinnen ſich möchte das Göttliche Feuerumd
Sicht angünden zu einem Neuen geben. Und darumb offenbahr»
te ſich das H. Feuerder groffen Siebe GOttes im Bunde in der
Menſchheit Chriſti / auff daß uns GOttes Geiftaus/ mit und
durch dieſe drey⸗ſache Menſchheit tauffete: Daß ein iedes Prin-
cĩ pium in uns mit feiner Gleichheit gefauffet wuͤrde / dann der
H. Geiſt tauffete durch Chriſtum zur Vergebung der Sünden,
Wie geſchicht die Tauffe vom H. Geiſt?
6. GOttes H. Feuer Goͤttlicher Liebe-krafft in Chriſto Jeſit
tauffet in uns feinen Tempel / welchen das H. Feuer⸗Leben / als
GoOttes Geiſt beſitzen wil / als den verblichenen Ens von der him̃li⸗
ſchen Welt Weſen / den Gtiſt der Krafft und des Verſtandes / das
zweyte Principinm oder Engliſchen Grund. Welchem Grunde
Chriſtus hernach fein H. geiſtliches Fleiſch zur Speiſe giebt /
darinn das wahre Eben-bilde GOttes ſtehet. Dieſen Geiſt tauf⸗
fet die Göttliche Liebe und Suͤſſigkeit im H. Feuer / dann Er iſt
ein Ens des H. Feuers | darinnen es brennet oder lebet: Und das
ze Priu⸗
hl 2 zu
Cap.3. der H. Taufffe. 105
ıftc Principium,als die fewriſche Seele aus Goͤttlicher Scientz des
ſchiedlichen Ewig⸗ ſprechenden Worts / aus des Vatters fewren⸗
dem Weſen / wird mit dem feuerigen Geiſte des Vatters Eigen⸗
ſchafft / als mit der ſeuer⸗brennenden Siebe getauffet.
Dieſes verſtehet alſo:
7. Die Seele iſt des Vatters Eigenſchafft nach der feurenden
Allmacht / und in dieſer Tauffe / in dem der Vatter mitte tauf⸗
fet / gibt Er ſte dem Sohn in ſein Liebe-ſewer. Verſtehet: Die
Seele iſt des Vatters Feuer / ein Zorn⸗feuer worden; Dieſes
Zorn⸗fewer gibt Ermit feinem Eintauchen / feiner Feuer-bren⸗
nenden Siche,
8. Des Batters Eigenfhafftim Feuer greifft die Seele zu
erſt an mit dem Geſetze der Ratur/ alsmit feiner ſtrengen Ge⸗
rechtigkeit der Ewigen Gebuhrt des Feuer⸗grundes / dadurch wird
die harte impreſſete tode Seele im ſelben Eintauchen des Feu⸗
ers / des Goͤttlichen Lebens beweglich / und wird ihre harte Im-
preffion der falſchen Magnetiſchen Begierde zerſprenget und auff⸗
gethan / auff Arth wie man ein Feuer auffſchlaͤget Alfo wird ein
nem Feuer GOttes angezuͤndet / welche Zerſchellung auch der
Grund der Buffe iſt.
9. NB. Wann nun des Batters Feuer bewegt und angezuͤn⸗
det wird / ſo erſcheinet das goͤttliche Kecht der groſſen ſuͤſſen Lie⸗
be in dem eröffneten Namen IESUs aus dem H. Namen IEHO⸗
VA im Centrodes Batters Feuer aus der Einheit GOttes / als
der Strahl Goͤttlicher Genade inder Seele. Danndie Geele
wird mit ſolchem Blicke auffgeſchloſſen / ſo nimt alſobald das Liecht
der Liebe den auffgeſchloſſenen Grund ein / und erfuͤllet den mit
Weſen der Liebe.
10. Und alſo nimt der Sohn / als die Liebe des Vatters / die
Seele an / und heiliget ſie / durchdringet fie / gleich wie ein Feuer
ein Eiſen durchdringet. Und das iſts / daß Chriſtus ſagte: Bat
ter / die Menſchen waren dein / und Du haſt ſie Mir gegeben /
und Ich gehe ihnen das Ewige Leben. Item / Das iſt das Ewige
Leben / das fie Dich Vatter / daß du wahrer Gott biſt / und dehn
Du geſand haft / Jeſum Chriſtum recht erkennen. Joh. 17. 3.6.
ır. In dieſem einſcheinenden und innewohnenden Liechte iſt
die neue Gebuhrt / und wird GOtt im Geiſte ergriffen und er⸗
kannt. Darauff folget alßbald der rechte Glaube / welcher anders
nichts wil / ohne was GOtt wil: Dann alſo wird ER, ht
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106 Bon Chrifti Teſtament Cap.3
Sicht der kleinen Welt / als des Menſchen Joh.8. und gicht der
Seelen das Ewige Liecht-leben B Httes.
ı2 Und alſo lebet die Seele im Vatter / und wird aber mit des
Sohnes Ambte regieret und geheiliget / und wird ihr aͤngſtlich
Feuer⸗leben cin eitel Liebe-brennen.
13. Aber des Vatters Bewegnüß oder Zerſchellung iſt noth / |
dag der Seeliſche Feuers-quall gerühret werde/dag fich die See—
le empfinde / was ſie ſey. Dann fie wird Dadurch in ftate Buſſe
und Demut) cingeführet/ wann fieder Strahl GOttes Zorng
offt ruͤhret / dag ſte ihren Fall bedenckets und keinmahl ſicher ift,
14. Dann ſie hat einen groſſen Feind in ihrem Fleiſch und
Blute / als des Satans Gifft ben ſich / daß fie nicht mehr in eige⸗
nem Willen lauffe / wie zuvor. Wann die Seele in ſolchem Zorn⸗
ſtrahl vor der Suͤnden erſchricket / ſo wird die Suͤnde im Liechte
offenbahr: So gehet alßdan Neu und Leid über die Sünde mit
hauffen an; Und alſo ſtehet dieſe thewre Figur im innern Grun⸗
de. Dann wo der eigene Wille der Suͤnden durch Buſſe zerſchel⸗
ker iſt / allda dringet alßbald das H. Salb⸗oͤhle der Liebe hinnach /
und heilet dieſe Wunde.
25. Alſo tauffet der Vatter mit Fewer zur Buſſe / und derSohn
mit Lebe gun Heiligung / und der H. Geiſt fuhrel das Ambt / der
tauffet mit einem neuen Leben. Dann es kauffet die gantze H.
Dreyfaltigkeit nach Goͤttlicher Offentahrung. Dann auffer der
Offenbahrung iſt nur ein Drey-Einiger GOtt in einem Einigen
guten Weſen und Willen / da man nicht fagen fan: Der But:
ter iſt Zorn/dig oder das / fondern ift das Drey-Einige gute We—⸗
fen: Aber nad) feiner Offenbahrung /daraug Me Scele und En:
gel/ ſambt allen himmliſchen und Höllifchen Weſen iſt entſprun⸗
gen / als nach Arth des Myſterii Magni, davon urftändet fein 43
Zorn oder Feuer-quell / und folches von Ewigkeit zu Ewigkeit. |
16. NB. Alſo verftchet man num die Tauffe nach Dem inwen⸗
digen Grunde / neh Seele und Geiſt. Als / der Batter tauffet
air der Zerſchellung zur Buſſe mit Feuerz In WelchemFeuer dus
bittere Lyden und Sterben JeſuChriſti der armen Seelen einge—
drucket wird: Dann fein Zorn⸗feuer / welches die Seele gefan—
gen hielt / iſt mit ebe überwunden und geſanfftiget worden;
Dieſes wird in die Seele / als eine Überwindung eingedrucket.
Und der Sohn tauffet mit dem H. Salb⸗oͤhle der Liebe GOttes / J
und heilet Dre arme zerſchellete Seele wieder. Und der rechte Troͤ⸗
ſter / der H. Geiſt / welcher durch ChriſtiTod / durch Chriſti Auffer—
ſtehung / durch dan Batter im Sohne ausgehet / der tauffet mit
einem
Cap. 3. der H. Tauffe. 107
einem neuen Leben / und gibt den wahren Glauben und Berftand!
daß wir ſolches annehmen und erfennen.
.. 17. Die dritte Eigenſchafft des dritten Principii mitder Waſ⸗
fer-tauffe / damit der Leib von der Auffern Welt Wefen / fo>
wohldasauffere Leben getauffet wird / das wird betrachtet / wie
folget.
18. Durch das Waſſer / als durch das Element des Seibes
Chriſti / wird der rechte Adamiſche Menfch aus den Elementen /
welcher in Adam geſchaffen ward? getauffet/verftehet der aͤuſſern —
Welt Weſen: Dann allhie tauffet der H. Geiſt / der vom Vat⸗ =
ter um Sohneausgehet; Sein Außgang iſt die Formirung der |
Melt / unddie Welt ift das ausgefprochene / geformte NBort / u
und der Geiſt GOttes iſts / derdas ausgefloffene Wort formi⸗
ver hat.
19. Ermwirdinallen 3. Principiis oder Welten verftanden/ in
jeder Welt nach ihrer Eigenfchafft. Alsı.indes Vatters Zorn
nach der Finfternüg it Er die Slamme der Peinligkeit/ und 2.
im Ewigen Liechte ift Er die Kebe-flamme GOttes / und 3. in
diefer Welt / im Spiritu Muntiift Er der Formirer und Werde
meifter aller Dinge / injedem Dinge nach feiner Eigenfchafft:
Wie der Separator oder Archzus des Dinges iſt / dapon es urſtaͤn⸗
det / alſo iſt auch det außgefloſſene Geiſt aus dem ausgeſprochenen
zorte in einem jeden Dinge.
Be: Undift nicht zuverſtehen / daß des äuffern Weſens Geiſt
t genannt werde / fondernesift dverausgefloffene Geiſt in
. Dem ausgefprochenen Worte GOttes / welches mit feinem Bruns
de im Worte GOttes ſtehet.
21. Der ausgefloſſene Geiſt des aͤuſſern Natuͤrlichen und
Creatuͤrlichen Lebens iſt aus GOttes Liebe und Zorne / aus Liecht
und Finſternuͤß / als aus dem erſten und zweyten Princißio, aus
der Ewigen Natur / aus dem Sprechen des Worts ausgefloſſen /
Damı das Ewige Wort hat ſich mir Ihm in ein Creatuͤrlich
bildlich Sehen gehauchet.
22. Er iſt die Seele der aͤuſſern Welt / ein Leben der vier E—
lementen / Seine Krafft iſt als ein Fewriſch und Liechtiſch Ges
tirn.
23. Was das gantze aͤuſſere Geſtirne in ſeiner Krafft iſt / das
iſt Er uͤberall allein in ſich / doch als ein verſchloſſen Geſtirne / das
im Temperamento lieget / und ſich in jedem Leben auswickelt / und
ſchiedlich machet nach aller Leben Eigenſchafft / bey den zeit- —
lichen Creaturen mit einer zeitlichen Eigenſchafft / und bey den
ewl⸗
108 Son Chriſti Teſtament der HT. Cap. 3%
rg
ewigen mit einer ewigen Eigenfchafft. Im Menfchen miteiner
zeitlichen zerbrechlichen / und auch mit einer ewigen Eigenfchafft/
welche Ewige am ewigen Aushauchen anhanget / darinnen ic.
NB.
Guͤnſtiger Sefer / diefes ift alſo was unfer Autor fecliger int
Beifte der hohen Erkaͤntnuͤß für die Einfaͤltigen gerne in einen
feichtern Verſtandzu bringen/wohlangefangen/aber nicht vollen=
det hat. Dann er Anno Chrifti 1624.im Jubel-⸗oder soften Jahr
feines Alters/ dem Myſterio nach / wieder in fein Grab/ oder ma
gifeh und mentalifches Principium eingegangen.
ENDE.
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