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Full text of "Des minnesängers Hartmann von Aue stand, heimat und geschlecht"

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Zu Seite 127 und Note 2 Seite 128. 



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DES MINNESÄNGERS 



5hl 



HARTMANN VON AUE 



STAND, HEIMAT UND GESCHLECHT. 



EINE 



KRITISCH-HISTORISCHE UNTERSUCHUNG 



Dr LUDWIG SCHMID, 



Oberreallehrer in Tttbingen, Ehrenmitglied des Vereins fUr Geschichte und AlterthumakuDli 
in Hohenzollern , Uitter des Königl. Freassischen Rothen Adlerontenfi IV, umi deji FUrnU. 
Hohenzollern'schen Hausordens III. Klasse, Inhaber der Kaiserl. ÖtitTc^chiacheii , Kunlel. 
Freassischen und Königl. Wiirttembergischen grossen goldenen Medaille ftlr WidieiLiicbfit uod 
Kunst und der goldenen Verdienst-Medaille Sr. Höh. des Fttrstao Karl tqd BinDinieii, 



MIT EINEM WAPPENBILDE. 



TÜBINGEN, 




VERLAG DER L. FR. PÜES'SCHEN SORTIMENTS-BÜCHHÄNDLUNQ- 
(riukws rüES.) 



1874. 



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Motto: i^Sun, hocli geburt ist klu dem man 
iitiiä kfi dem iribe gar verlorn, 
d& wir nibt tti^ßiidea tiesan an, 
all in doli Rin geworfen körn; 
äwer ttigeode hat, därst irol geborn*. 

Ahs de» eWändsbecke* väterlichen Lehren eines 
edJob rUUrllchen Herren. IStes Jahrhundert. 



Druck Toii L. Frn Fne« rn TflWngcn. 



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Dem Andenken 



Imiwlff Wllftrmis 



dankbar gewidmet 



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Vorwort. 

Der Verfasser der vorliegenden Schrift, welcher in 
seiner Geschichte der Pfalzgrafen von Tübingen und 
der Grafen von Hohenberg, Rotenburg und Haigerloch 
Zollerischen Stammes auf Grund zahlreicher, von ihm 
herausgegebener Urkunden auch die Geschichte der 
Bezirke von Tübingen, Rotenburg, Haigerloch und 
Horb, wie auch des in denselben ehedem ansässig 
gewesenen höheren und niederen Adels vom 12. bis 
15. Jahrhundert berücksichtigt hat, erkannte es als seine 
Pflicht, die Frage von dem Stande, der Heimat und 
dem Geschlecht des Minnesängers Hartmann von Aue 
als eines angeblichen Schwaben ui Angehörigen der 
Gegend von Rotenburg am Neckar >.*it besonderer Be- 
ziehung auf die diesfallsigen Aufstellungen des Freiherrn 
H. C. V. Ow (s. unten) in den Bereich seiner historischen 
Arbeiten zu ziehen, eingehend zu untersuchen und wo- 
möglich zu entscheiden. Auch wurde er durch die 
Professoren Dr Adelbert von Keller, Dr Wilhelm Lud- 

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— VI — 

%vig Holland hier und Dr Fedor Bech in Zeitz, den 
Herausgeber der Hartmann'schen Sdn-iften, aufgemun- 
tertj ;>eiiK* vdeljährigen lokalgesdiichtlichen Studien zur 
Beleiiclitnng der vorliegenden Frage zu verwertlien, wie 
denn diese ohne solche in der That nicht wohl an- 
iiehmLar gelöst werden kann. 

\^(>n manchen unserer Minnesänger, selbst solchen 
ersten Rangs wie von Walther von der Vogelweide ist 
n^HilioIi Ins Dato nicht mit einigermasseri zufrieden stel- 
lende]' Bestimmtheit nachgewiesen, welches ihre Heimat 
gewesen und w^elchen Geschlechtern sie angehört haben, 
so Eiucli nicht von Hartmann von Aue, dem von seinen 
Zeitgenossen und den Kennern unserer Tage hochge- 
feierten Hnnger. Bezüglich dessen Heimat bestehen in 
der Hauptsache zw^ei Meinungen: nach der einen war 
Hailraann nämlich ein Franke, nach der andern ein 
Schwabe. Letztere Ansicht spaltet sich in Betreff 
Hartxnannii engerer Heimat, beziehungsweise dessen Ge- 
schlechts wieder in drei Richtungen: der verstorbene, um 
die altdeutsche Literatur hochverdiente Fr»iheiT Josef 
von LcXüslierg hat die Ansicht aufgestellt. Hartmann 
sei zu dem Thurgauischen Rittergeschlecht von Wesper- 
spül zu ?? teilen, welches zu den Dienstmannen des in 
alten Zeiten so reichen Klosters auf der Insel Reichenau 
im Bodeuseep gehörte; Lachmann und Schreiber, denen 
der vor Ivurzem dahingegangene Stalin, unser Alt- 
meister der schwäbischen Geschichtschreibung, beige- 

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— VII — 



treten, haben sich dahin ausgesprochen, Hartmann habe 
einem Zähringer Dienstmanneii - Geschlechte des Breis- 
gau's, welches sich nach Burg und Dörfchen Au bei 
Freibm-g geschrieben, angehört. K. Roth (KL %iträge 
zur deutschen Sprach-, Geschichts- und Alterthumsfor- 
schung I. S. 212) endlich vermuthet, die Heimat Hart- 
manns könnte am oberen Neckar, in der Gegend de^ 
Königl. Württembergischen Oberamtsstadt Rotenburg 
gesucht werden und meint, der schwäbische Ritter, 
in dessen Diensten Hartmann gestanden, habe „sicher- 
lich* dem „Edelgeschlechte* angehört, welches noch 
jetzt in Schwaben und Baiem blühe, sich von Ow (Au) 
schreibe, ein Mühlrad im Wappen führe, und dessen 
Besitzungen von jeher und theilweise noch am oberen 
Neckar zwischen Horb und Rotenburg lagen (liegen). 
K. Roths Aufstellung ist übrigens sehr problematisch 
gehalten, wenn er darauf weiter sagt: „wie nun, wenn 
das katholische Pfarrdorf Obernau, am linken Ufer des 
Neckars liegend und früher ohne den Vorsatz Obern, 
der Wohnsitz unseres Dichters gewesen wäre? Und 
schliesslich wünscht er, es möchte ein heimischer For- 
scher die von ihm vermuthete Spur, den Wohnort Hart- 
manns aufzufinden, weiter verfolgen — ein Wunsch, dem 
wir mit vorliegender Schrift nachkommen , indem wir in 
engem Anschluss an unsere Aufgabe zugleich den liebens- 
würdigen alten edlen Sänger in einen grösseren Leser- 
kreis einführen, und einen Beitrag zur Geschichte des 

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— VIII — 

Adels vornämlicli des schwäbischen (s. insbesondere die 
Belege) liefern. Wie K. Roth ausdrücklich sagt , hat ihm 
die Anregung und Materialien zu seiner Aufstellung zur 
Zeit ei^j Glied des Frhrl. von Ow'schen Geschlechts, Anton 
Frhr. von Ow, damals Vikar in Audorf, gegeben. Nach 
Obigem behauptet also Roth, Hartmann sei Dienstmann 
desjenigen schwäbischen ^^Edel - Geschlechts^ gewesen, 
auf welches die in Schwaben und Baiern noch ansäs- 
sigen Freiherren von Ow zurückzufuhren sind. Er tritt 
somit in Betreff des Standes, welchem der Minnesän- 
ger angehört hat, der von uns näher begründeten Aufstel- 
lung bei; dass derselbe aber in Diensten der Ahnen 
der jetzigen Freiherren von Ow gewesen, ist, wie wh- 
gezeigt, entschieden unrichtig. Und schliesslich er- 
fahren wh von K. Roth nicht, welchem Geschlechte 
Hartmann angehört hat. In neuester Zeit nun hat 
Freiherr H. C. von Ow in Wachendorf (Königlich- 
Württembergischen Oberamts Horb) in der von K. 
Bartsch für deutsche Alterthumskunde erscheinenden 
Vierteljalu'sschrift Germania (Band XVL S. 162 bis 
167) — nachdem in einem unmittelbar vorausgehenden 
Artikel Fr. Bauer die Ansicht, Hartmann gehöre dem 
Breisgau an, widerlegt — die Behauptung aufgestellt: 
derselbe sei seinesGeschlechtes, dabei ein freier 
Herr im alten Sinne des Worts gewesen, und 
seine (des Frhrn.) Ahnen hätten somit zu den 
Dynasten des alten Schwabens gehört. Hiebei ist 



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— IX — 



dieser aber von entschieden falschen Annahmen ausge- 
gangen, wie man denn überhaupt in dem fraglichen Ar- 
tikel desselben vergebens Beweise sucht, auf beliebige 
Benützung der sparsam beigezogenen Quellen und will- 
kürliche Deutimg derselben stösst , was wir an Ort 
und Stelle im Einzelnen nachgewiesen haben. Wenn nun 
auch wir unter Benützung vieler urkundlichen Quellen, der 
Schriften Hartmanns selbst und anderer Minnesänger, 
und gestützt auf eine Reihe also gewonnener Resultate 
schliesslich zu dem Hauptresultat, dass Hartmann von Aue 
höchst wahrscheinlich wirklich dem Ahnen-Geschlechte 
des Freiherrn H. C. von Ow angehört hat, gelangt sind, 
so ruht dasselbe auf Grundlagen, welche wesentlich ab- 
weichen von den unbewiesenen Aufstellungen des Frei- 
herrn. Und unzweifelhafte Resultate unserer Untersu- 
chung stellen diesen vor die Alternative: will er Hartmann 
unter seine Ahnen zählen, so muss er die von uns als 
Ixistorisch durchaus unhaltbar nachgewiesene Behauptung, 
dieselben seien Freiherren im alten Sinne des Worts gewe- 
sen, fallen lassen; will er aber gleichwohl an derselben 
festhalten, so hat er für seine Person auf die Ehre zu ver- 
zichten, den schon von seinen Zeitgenossen hochgeachteten 
Minnesänger unter seinen Ahnen glänzen zu sehen. Wir 
aber freuen uns, wenn es uns gelungen ist, dem Schwa- 
benlande im engeren Sinne, das den Heros der deutschen 
Dichter der Neuzeit zu seinen Söhnen zählt, auch einen 
der hervorragendsten derselben aus der glorreichsten Ho- 

AS 

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— X — 

henstaufenzeit von gleichem Adel der Gesinnung zuzu- 
weisen. Akdann haben wir Hai-tinann von Aue als Ahn 
eines noch blühenden edlen Greschlechts nachgewiesen — 
neben dem iiuch sittlich hochstehenden Minnesänger 
Albert von Hohen berg-Haigerloch-Eotenburg vom Gra- 
fenstamme Zollem — eines der seltenen Beispiele in der 
Geschlechter-Geschichte der alten deutschen Minnesänger. 

Tübingeu im April 1874, 



Der Verfasser. 



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Inhalts-Verzeiclmiss. 



Seit« 
Erster Absclmitt* 

Die Dienstmannen 1~33 

SEiveiter Absclinitt« 

Der Minnesänger Hartmann von Aue. 

Erstes Kapitel. Hartmann Ton Aue geholte dem Stande der Oienst- 

mannen an 34—45 

Zweites Kapitel. Die Aufstellung des Freiherrn H. C. von Ow in 
der Vierteljahrsschrift Germania (16. Bd.), „Hartmann sei nur 
eine Zeit lang freier, selbstverständlich nicht geborner Dienst- 
mann des Herzogs Konrad ron Schwaben gewesen**, entbehrt 
jeder Begründung und erscheint an und für sich höchst un- 
wahrscheinlich 45—53 

Drittes Kapitel. Hartmanns von Aue Kreuzfahrt und Kreuzlieder . 53—74 

Viertes Kapitel. Schwaben ist unstreitig Hartmanns Heimat. — Zu 
welchem Herrenhause Hartmanns Geschlecht beziehungsweise 
derselbe dort im Dienstmannen- Verhftltniss gestanden . . . 74 — 84 

Oritter übsclinitt. 

Das •chwäbieche Rlttergeschlecht von Owe (Obernowe, Obernau 
bei Rotenburg am Necicar). 

Erstes Kapitel. Dasselbe gehörte zu den ritterbürtigen Dienstman- 
nen des Grafenhauses Zollem-Hohenberg, nicht zu den freien 
Herren im alten Sinne des Worts . . ; 85—100 

Zweites Kapitel. Über die Besitzungen des schwäbischen Ritterge- 
schlechts von Owe. — Es hat im 13. Jahrhundert keine „Frei- 
herrschaft Owe** gegeben 100—117 

Vierter übsclinitt. 

Erstes Kapitel. Zusammenstellung der gewonnenen Resultate. — 
Das schliessliche Haupt- Resultat: der Minnesänger Hartmann 
von Aue gehörte höchst wahrscheinlich dem Geschlechte der 
schwäbischen Ritter von Owe (Obernau bei Rotenburg am 
Neckar) an ... 118-124 

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— XU — 



Seite 



Zweites Kapitel. Abweisang oiniger EinwilNe gegen unser Haupt- 
resuU»t, — Hartmann gehörte weder dem Tbttr- noch dem 
Breisgau an , war auch niebt Dienatmiiun di^s Klosters Rei- 
cheuKu, let irtdesa sehr wahrschein lieb in der dortigen Kloster- 

Hcliiile gebildet worden 124—134 

Rek»pitulatioti ...,,*, 135—139 

Nachruf und Kuckachau. — Die Burg Owe (in Obern au), des Sän- 
gers Vaterhaua von Einst und Jetzt 189 — 145 

Beilagen und Belege , , , * , 147—197 

Druckfehler und Nachträge 198—200 



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Erster Abschnitt. 
Die Dienstmannen. 



Der Minnesänger Hartmann von Äüe sagt im Eingang zu"*^ 
seinem ^ Armen Heinrich* selbst, er sei Dienstmann gewesen, 
und das schwäbische Eittergeschlecht , welchem derselbe nach 
unserer Ausführung höchst wahrscheinlich einzureihen ist, gehörte 
ohne Zweifel auch dem DIenstmannen-Stande an. Wir glauben 
daher und zur Berichtigung der diesfallsigen Aufstellungen des 
Freiherrn H. C. von Ow in der Abhandlung ^jHartmanns von 
Aue Heimat und Stammburg* (Germania, Vierteljahrsschrift. 
16. Jahrg. S. 162 — 167) unsere Schrift mit einer übersichtlichen 
Darstellung des Dienstmannen- Wesens beginnen zu sollen, wie 
solches sich im 11. Jahrhundert entwickelt, in dem 12. und theil- 
weise noch in der ersten Hälfte des 13. in seiner vollen Ausbil- 
dung bestanden, in der zweiten Hälfte des letzten Jahrhunderts 
aber seiner Auflösung entgegen und im folgenden meist im Lehen - 
wesen aufgeganjgen ist. 

Unserer Darstellung des Ministerialen -Wesens liegt in der 
Hauptsache die durch gründliche und umfassende Quellenfor- 
schung ausgezeichnete Schrift des Aug. Freiherrn von Fürth: 
die Ministerialen, Köln 1836, 539 Seiten, zu Grunde ^). Zur 
Bequemlichkeit der Leser unserer Abhandlung haben wir, zumal 
das angegebene Werk in Bezug auf Übersichtlichkeit der Dar- 

1) Wir haben bei unseren eigenen für die vorliegonde Arbeit angestellten 
Forschungen nach urkundlichem Quellen-Material, welches wir in den Belegen 
meist niederlegen, die Ansichten des Verfassers auch fast durchaus bestätigt 
gefunden. — Ausser dieser Schrift diente uns mitunter als Quelle: „Das 
Bischofs- und Dienstmanneu'Recht von Basel. In deutscher Aufzeichnung 
des Xlil, Jahrhunderts, herausgegeben von W. Wackernagel. Basel 1852. 
Andere Quellen sind an Ort und Stelle angegeben. 



Schmidt Hartmann von Aue. 



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- 2 _ 

Stellung manches zu wünschen übrig lässt; es unterlassen, viele 
Citate daraus zu machen, dagegen das für unsern Zweck Dienliche 
weiter urkundlich begründet, in freier aber gewissenhafter Bear- 
beitung gegeben und das vorliegende Thema auch für einen 
grösseren Leserkreis ansprechend zu bearbeiten gesucht. 

Das Wort ^minister* bezeichnete in alten Zeiten einen 
Beamten oder Diener überhaupt ^), doch wird ^s noch im 12. 
Jahrhundert auch in dem Sinne von ^ministerialis^ gebraucht. 
Wenn nun die* Ministerialen in der Zeit vom 11. bis 14. Jahrhun- 
dert zu einem Theil auch Beamte und Diener gewesen sind, so 
ist das wahre Wesen der Ministerialität damit so wenig bezeichnet, 
dass die Begriffe ^ministri^ und ^ministeriales" mitunter einander 
geradezu entgegengesetzt, wenigstens neben einander getroffen 
werden. Unter ^ministeriales^, für welche Bezeichnung man schon 
früh zu deutsch Dienstmann, manchmal auch kurzweg Mann, was 
sonst aber auch Vasall bedeutete, gesetzt, sind diejenigen unfreien 
Leute der Fürsten (weltliche und geistliche) , Grafen und Dyna- 
sten begriffen, welche zu verschiedenen, indess nicht entehrenden 
Diensten persönlich verpflichtet waren und dabei sowohl den 
freien Vasallen als den niederen unfreien Dienern und Leuten ge- 
genüber eine besondere rechtliche Stellung hatten, nämlich unter 
einem eigenen Recht, dem Dienstrecht, standen, während für 
die Vasallen das Lehen-, für die niederen unfreien Diener und 
Leute das Hofrecht gegolten hat. Ebendarum bildeten die 
Dienstmannen einen besonderen eigenen Stand, welcher den 
Übergang von der Unfreiheit zur Freiheit machte und im 14. 
Jahrhundert in der Hauptsache meist zu dieser gelangte. Indess 
enthalten die Dienstrechte der Ministerialen, namentHch je nach- 
dem sie weltlichen oder geistlichen Herren zugehörten, verschie- 



1) Minister, zu deutsch Amman, hiess auch noch im 13. und 14. Jahrhun- 
dert mitunter der Vorstand seihst von ansehnlichen Städten, in welchen, wenn 
es nicht Reichsstädte waren, der Vogt meist einem Ministerialen-Geschlecht 
angehört hat. Urkunde von 1284. Walther, Vogt (aduocatus), Ulrich von 
Roggwil, Amman („minister") und „consules civitatis Constantiensis" etc. Urkun- 
den-Auszüge zur Geschichte 'der Stadt Constanz. Mitgetheilt von Dr. Marmor. 
Herausgegeben vom Verein für die Geschichte des Bodensee's. 1873. Siehe im 
dritten Abschnitt 



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— 3 — 

dene Bestimmungen und die Stellung derselben *) zu ihren Herren 
war eine sehr verschiedene, mehr oder weniger gebundene und 
ehrenvolle. Wenn aber W. Wackernagel in der Vorrede zu seiner 
Ausgabe des Basler Bischofs- und Dienstmannen-Eechts (S. 9. 15)' 
sagt, dass die Ministerialen der geistlichen Fürsten, zu welchen 
auch die Abte reicher Klöster zu rechnen sind, ein grösseres Mass 
von Rechten besessen und mehr Berücksichtigung gefunden hätten, 
als die der weltlichen Herren, so traf das nicht überall z. B. nicht 
bei den Dienstmannen des berühmten Klosters Reichenau (im Bo- 
densee) zu. Von diesen war nach ihrem Tode Pferd und 
„Hamasch^^ als „FaP^ (Sterbfall) zu entrichten. Und wenn einer 
ein Verbrechen begangen, so gieng er seines Eigen- wie Lehen- 
guts für alle Zeiten verlustig. Ein Freier, ein Vasall der Abtei 
dagegen, der sich dessen schuldig gemacht, verlor blos sein Kloster- 
lehen (Beleg la). Hatte hingegen ein Dienstmann von Basel 
durch ein Verbrechen die Huld des Bischofs verloren, so sollte er 
zur Abbüssung seiner Strafe sich als Gefangener in den „Rothen 
Thurm" zu Sant Ulrich stellen und da verbleiben, bis er seines 
Herrtl Gnade wieder erlangt haben würde. Dabei hatte der von 
dem Bischof gesetzte Schultheiss der Stadt einen j^siden vaden mit 
wasse (Wachs, Siegel) dar vür zu spannen" und der Gefangene 
(sammt seinen Rossen) war auf des Bischofs Kosten von dessen 
Hofbeamten gut zu verpflegen, auch von dem „camerer mit ge- 
want" zu versehen. Brach er aber aus und gieng ohne „urloup" 
von dannen, so wurde er von Rechtswegen seiner Lehen, seines 
Eigen und Erbes für verlustig, für ehr- und rechtlos erklärt. Man 
sollte ihn greifen, ihm ein Brpd in seine Tasche geben, für die 
Stadt führen an eine „wegescheide imd gan lassen". (Basler Bi- 
schofs- und Dienstmanuen-Recht S. 19.) — Es unterliegt keinem 
Zweifel, dass die Ministerialen in ihrer Gesammtheit aus den 
Reihen der Hörigen hervorgegangen, dass ein guter Theil der- 
selben sich aber durch Hof- und Kriegsdienst, andere durch 
geachtete Leistungen im Gewerbefach (z. B. als Waffenschmiede) 

1) Der Schwabenspiegel sagt in seinem Landrechte: „daz ditz bvch als 
Ivzel seit von der dienstmanne rehte daz ist davon daz ir reht so manic- 
valtik 81". 

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— 4 — 

oder durch ausgezeichnete Dienste als niedere herrschaftliche 
Beamte und zugleich durch Erwerbung eines ansehnlichen Grund- 
besitzes (s. am Ende des ersten Kapitels vom dritten Abschnitt) 
zu einer höheren geachteten Klasse von 'herrschaftlichen Dienern 
emporgeschwungen haben. Wenn indess auch sie wie die Höri- 
gen mit Grund und Boden verschenkt oder verkauft worden, so 
wurden sie bei solchen Veranlassungen schon im ersten Viertel 
des 12. Jahrhunderts doch nicht mit denselben zusammen ge- 
worfen und so nicht als Hörige im gemeinen Sinn betrachtet 
(s. Beleg 34 zu 1124 und 1125). Als Eigenleute betrachtet 
sollten die Ministerialen selbst keine Leibeigene haben können/ 
was aber dem Basler Dienstmannen -Recht und den Angaben 
vieler Urkupden widerspricht. Denn wenn auch der Schwaben- 
spiegel, welcher um die Mitte des 13. Jahrhunderts aufgesetzt 
worden, S. 32. Kap. 68. sagt : „alle dienstman heizent eigen an 
der Schrift, davon . mvgen si nicht eigen livte gehaben^^ so war 
das zu jener Zeit in Praxi bereits anders''. 

Hatten einzelne Freie sich in das Dienstverhältniss eines Mini- 
sterialen begeben, so giengen sie eben dadurch ihrer Standesvor- 
rechte, ihrer Freiheit verlustig und wurden in allem ihren nun- 
mehrigen Standesgenossen gleich behandelt *). Man kann daher 
und weil die Dienstmannen einen besonderen Stand, eine beson- 
dere Volksklasse bildeten, von keinem freien Dienstmann auch 
nicht von verschiedenen Klassen von Dienstmannen reden. In Hart- 
manns von Aue Ritter-Roman „Erec der Wuuderaere" besiegt 
dieser Held den freien Herren eines Landes im Zweikampf. Dar- 
auf bietet letzterer sich dem Sieger knieend zum Dienstmann an 
mit dem Versprechen : „Beide lip unde lant sol iu wesen under- 
tän. Ouch solt ir mich geniezen lä,n, daz ich iuch staete triuwe leiste 
ä-ne riuwe al die wile vnde ich lebe, unde wert mich einer gebe. 
(Gabe, beneficium) des man ich iuch so verre (sehr). (Ausgabe 
von Feodor Bech S. 152.) Nach Hartmanns von Aue Darstellung 



1) Als im Jahr 1285 der Bischof von Basel den heruntergekommenen Grafen 
von Pfirt „zu eime ritter unde gesellen" (Dienstmann) annahm, gelobte er 
demselben gleiuh andern selbdritt jährlich zweimal Kleider odet statt deren 
30 Mark zu geben. Basler Dienstmannen-Recht etc. a. a. 0. S. 11. Note 2* 

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— .5 — 

war also auch ein solcher Dienstmann seinem Herrn 
zu lebenslänglicher Treue verpflichtet, begab sich 
seiner persönlichen Freiheit, seines Eigenthums und 
erwartete ein beneficium (eine Gabe). S. unten darüber weiter. 
Di« Unfreiheit des Ministerialen ergibt sich u. a. klar daraus, dass 
eine formliche Freilassung von Seiten seines Herrn ^nöthig war, 
um ihn zu eineih Freien zu machen, und zwar wurde er dadurch 
nur ein sogenannter Mittelfreier, kein Vollfreier (s. unten). 

In den ersten Zeiten der Ministerialität waren die ihr Ange- 
hörigen den freien Landsassen nicht ebenbürtig ^), ja noch unter 
König Rudolf I. sollte ein Ministerial nicht Schultheiss sein, weil 
er nicht über Freie, und wenn sie nur Gemeinfreie waren, zu 
Gericht sitzen konnte. Als Vogt („aduocatrfs") dagegen konnte der 
Dienstmann über geringe Unfreie Richter sein. Der ursprünglichen 
Stellung, des Rangs der nicht edelfreien Landsassen über den 
Dienstmannen entspricht es auch, was unser bescheidener Minne- 
sänger Hartmann von Owe den freien Herren Heinrich ge- 
boren von Owe von dem Maier, derauf dessen Gereute sass, 
sagen lässt. Als nämlich jener durch die Opferwilligkeit der Toch- 
ter des Maiers von seinem Aussatze geheilt war und ihm die „Wei- 
sen'^ den Rath gegeben hatten, er solle heiraten, that er, der reiche 
freie Herr, seinen um ihn versammelten Verwandten und Dienst- 
mannen den Entschluss kund, er wolle aus Dankbarkeit die Maiers- 
tochterzumWeibenehmen, die ja zudem „so frlsl^^alser d.h. wenn 
auch nicht in Bezug auf edle Geburt, so doch in Betreff der Frei- 
heit ihm ebenbürtig sei. Somit lässt Hartmann den freien Bauern 
über den Dienstmann stellen^ daher des freien Herren Heinrich Hei- 
rat mit der Maierstochter auch eine ebenbürtige sei. Bald aber er- 
langten die Ministerialen durch die sie ehrende Stellung als bewaffnete 
Gefolgsmannen des hohen Adels (s. unten) den Rang neben den 
freien Landsassen, daher sie dann auch gegen freie Bauern Zeug- 



1) Der „Schwabenspiegel" kennt (S. 5.) nnr „drier hande vrier livte: 
die vricn herren als fvrsten und die ander vrien ze man (Vasallen) haben, die mit- 
telfricn, die ander vrien man sint; (endlich) die vrie lantsaezen die sint ge- 
bure". 



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— 6 — 

niss ablegen konnten '). Ja sie erhielten mitunter schon in der 
zweiten Hälfte des 13. Jahrhunderts den Eang vor denselben, 
nachdem sie sich zur Ritterschaft gestellt und sich aus ihnen der 
niedere Adel herausgebildet hatte. 

Dass aber noch im 13. Jahrhundert die rechtliche Stellung 
der Dienstmannen wesentlich verschieden war von der der Edel- 
freieu; erhellt vornämlich aus folgenden zwei Verhältnissen: Für's 
Erste konnten jene vor Gericht nur gegen Leute ihres Standes 
oder unter ihnen Stehende Zeugniss ablegen, während dagegen 
diese, die Edelfreien, selbst in Sachen der Fürstengenossen, anderer 
Freien wie auch der Dienstmannen als Zeugen zulässig waren. 
(Eichhorn a. a. 0.) Flirts Zweite galt eine Ehe zwischen Angehö- 
rigen des Freiherren- und Dienstmannen- Standes auch in der ange- 
gebenen Zeit für eine ungleiche, auf welches Verhältniss wir unten 
noch etwas näher eingehen werden. Auffällig zeigt sich diese Stan- 
des- Verschiedenheit zwischen freien Herren und Dienstmannen 
noch im 13. Jahrhundert endlich in der in Urkunden aus dieser 
Zeit häufig vorkommenden Formel: „gräven, frte, dienstman", 
„tam liberi quam ministeriales'^ Als Glieder der Ritterschaft 
waren die Dienstmannen dagegen ihren Genossen aus dem Stande 
der Vollfreien ebenbürtig, ja sie erhielten schon am Ende des 13, 
Jahrhunderts den Vortritt vor den freien Herren, wenn diese die 
Ritterwiirde nicht besassen (s. Bei. 2). So war es vornämlich 
durch die Ritterbürtigkeit der Dienstmannen und . andere ihnen 
günstige Umstände, auf welche wir unten zurückkommen werden, 
schon gegen das Ende des 13. Jahrhunderts dahin gekommen, 
dass die Kluft zwischen dem ursprünglich unfreien Ministerialen 
und dem freien Herrn sich bedeutend verringert hatte und jenem 
schon um die Mitte des angegebenen Jahrhunderts die Prädi- 
kate „nobilis und dominus^^ beigelegt wurden (s. Beleg 3), 
welche zuvor nur die Vollfreien — worunter auch die Fürsten 



1) Eichhorn über die technischen Ausdrücke, mit welchen im 13. Jahr- 
hundert die verschiedenen Klassen der Freien bezeichnet wurden. Abhand- 
lungen der Akad. der Wissenschaft zu Berlin 1838. II. S. 371. 



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und Grafen begriffen waren ^) erhalten hatten. Freie waren sie 
aber darum noch nicht. Wir haben selbst aus der zweiten Hälfte 
des 13. und dem Anfang des folgenden Jahrhunderts auch keine 
Urkunde, gefunden, in welcher das Prädikat „liber" oder „fri" 
einem dem Ministerialen-Stande Angehörigen/ selbst wenn er Eitter 
gewesen , beigelegt worden. Dasselbe wird immer noch nur einem 
freien Herren im alten Sinne des Worts gegeben (s. Beleg 2), 
und nobilis (dominus) und Über waren immer noch keiüe identi- 
schen Begriffe. Und in einem amtlichen Aktenstück von 1286, 
einer von König Rudolf I. ausgestellten Urkunde, werden die mini- 
steriales ausdrücklich nicht zu den „nobiles" gezählt. S. Beleg 
3. unter 1286. Doch ist schon in Urkunden der zweiten Hälfte 
des 13. Jahrhunderts die frühere strenge Klassifikation oder Rang- 
liste der Zeugen — „liberi^', „ministeriales" selten. Gleichwohl 
haben sich die Hauptfolgen des unfreien Dienstverhältnisses der 
Ministerialen mindestens bis zum Schluss des 13. Jahrhunderts 
herab erhalten. Es veranlasst uns dies nun näher auf das Wesen 
dieses Dienstverhältnisses der Ministerialen insbesondere auch ge- 
genüber dem der Vasallen einzugehen. 

Wie bereits bemerkt, hatten sich diejenigen Diener der Für- 
sten, Grafen und Dynasten, welche man unter dem specifischen 
Namen Ministerialen begriffen, ursprünglich meist aus den Reihen 
der unfreien Diener und Beamten *) zu einem besonderen Stande 
emporgeschwungen, worüber man sich nicht wundern darf, da nach 
dem schwäbischen Landrecht (a. a. O. S. 12) selbst ein Eigenmann 
Äur Ritterwürde gelangen konnte. So war es möglich, dass, wie 
Bader in seiner Badenia HI. S. 45 sagt, der geringste Leibeigene 
der Stammvater eines edlen Geschlechtes werden konnte. Noch 



1) In einer dem Kloster Scliönthal ausgestellten Urkunde des Bischofs 
von Wür/^burg von dem Jahr 1171 werden als Zeugen genannt: ,,de baro- 
nibus" mehrere Grafen z. B. von Calw, Laufen, dann viele Freie; nach diesen 
die ministerialea. Wirt. Urkundcnbuch II. Nro. 393. Siehe auch in Beleg 4 
zu 1181. — Als „barones** werden zu 1237 (s. Beleg 32) die freien Herren 
von Werstein und Isenburg aufgeführt. 

2) Noch am Ende des 13. Jahrhunderts wurden gräflich hohenbergische 
niedere Beamte, ein Notar und ein Villicus, als Eigenleuto verkauft, wiewohl 
einer der letzteren Klasse ein Lehen getragen. S. auch im dritten Ab- 
schnitt die Amman und Herter yon Botenburg. 



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_ 8 - 

im Anfang des 13. Jahrhunderts, um welche Zeit die Hof-Dienst- 
mannen bereits häufig Ritter gewesen, werden dieselben unter dem 
Namen ^^Gesinde" begriffen, den man allen zum Hause eines 
Fürsten etc. gehörigen Personen, welche den Hofstaat und das 
Gefolge ausmachten, gegeben ^), und bei dem man in unseren 
Tagen nur an die niedern Die»stboten, Knechte und Mägde denkt. 
Zum Unterschied von der gemeinen Dienerschaft nennt aber Hein- 
rich von dem Türltn die Dienstmannschaft des Königs Artus „das 
reine gesinde". 

Aus dem unfreien Ursprung der Dienstmannen folgte zunächst 
die Erblichkeit ihrer Dienstpflicht: der Dienstmann war 
durch seine Geburt zu dienen verbunden, wie sein Herr durch 
seine Geburt ^) sein Gebieter geworden. Dem g eb o rn en Herrn 
entsprach der geborne Dienstmann, die wohl ziemlich seltenen 
Fälle ausgenommen, dass ein von Geburt freier Herr Dienstmann 
geworden (s. oben S 4). Wenn der Dienstmannen Herr mit Tod 
abgegangen, so mussten sie dessen Sohne und wenn eine Tochter 
dessen Erbin geworden *), dieser Treue schwören. So lassen *sich 
z. B. auch die Ritter von Hailfingen (O.-A. Rottenburg) als Mini- 
sterialen der Grafen und Pfalzgrafen von Tübingen in dieser Eigen- 
schaft von dem ersten Viertel des 12. bis zum Schluss des folgen- 
den Jahrhunderts hinab verfolgen. Wenn dieselben nun auch schliess- 
lich nicht mehr ausdrücklich mit iem Prädikat „Dienstmann" oder 
„Ministerialis" vorkommen, so trifft man sie doch noch im 14. 
Jahrhundert als höhere Beamte (z. B. als Räthe in Diensten 
des Grafenhauses Tübingen (s. Beleg 4). So kommt in der 
zweiten Hälfte des zwölften Jahrhunderts auch ein Hermann 
„aduocatus de Owa" (ohne Zweifel in Diensten des Gra- 
fenhauses Zollern -Hohenberg) vor; im Jahr 1336 nennt Graf 
Hugo von Hohenberg Hermann von Owe , einen Nachkom- 



1) Hartmann von Aue in seinem Iwein, Ausgabe von Feodor Bech S. 206. 
„von rittern und von vrouwen ein solch' gesinde". 

2) Hartmann von Aue lässt in seinem Gregorjus einen Herren einen 
seiner Dienstmannen zu sich entbieten und diesen zu jenem sagen: »ir sit 
min geborner herre". 

3) So Hartmann von Aue in seinem Gregorjus Vers 413 ff. 



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— 9 — 

men des obigen , seinen („vnsern) lieben getrewen diener". Er 
war Vogt von Rotenburg (s. Beleg 29). So stand; um zur Be- 
leuchtung dieser Verhältnisse einen Blick über Schwaben hinaus 
zu thuU; in Böhmen das weit verzweigte und reiche Geschlecht 
der WitkowecC; oder, nach dem Haupt desselben genannt, der Eo- 
senberge zu dem dortigen Königshause im Dienstmannen- Ver- 
hältniss. Denn nachdem der stolze und mächtige Böhmenkönig 
Ottokar sich (Nov. 1276) dem römischen Könige Rudolf I. vom 
Hause Habsburg unterworfen und dieser diejenigen böhmischen 
Herren, worunter vornämlich die Rosenberge, welche in dem zwi- 
schen beiden Königen ausgebrochenen Kriege an Ottokar zum 
Verräther geworden waren, in seinen besonderen Schutz, zum Theil 
ifi Dienst genommen hatte, protestirte der Böhmenkönig dagegen 
und betonte mit besonderem Nachdruck, dass das fragliche Ge- 
schlecht von jeher seinen Vorfahren und ihm ausschliesslich zu 
Dienst und Treup verpflichtet und unterthan gewesen sei. (Fr. 
Palakj, Gesch. von Böhmen II. a. S. 258.) 

Der Dienstmann war, wie bereits bemerkt, seinem Herrn 
persönlich zu Diensten verpflichtet; doch darf man hier- 
bei nicht an die Dienstbarkeit oder Knechtschaft der gemeinen Un- 
freien, an verächtliche, geringgeachtete Dienstleistungen denken. 
Derselbe hatte, wenn er zu seinen Jahren gekommen war, sich 
bei seinem Herrn zur Dienstleistung zu stellen, ohne dafür von 
Vorne herein also gleich eine eigentliche Belohnung (ein „benefi- 
clum^^) dafür fordern zu können, wenn er auch Wohnung und 
Lebensunterhalt, Rosse, Waffen und Kleider erhielt. Gewöhnlich 
musste er ein Jahr ohne besondere Vergütung dienen, darnach er- 
hielt er ein „beneficium" ^), welches in späteren Zeiten meist in 
Gütern, Grundstücken bestand. Solches wurde ihm in feierlicher 
Weise in der Versammlung der übrigen Dienstmannen von dem 
Herrn nach dem Dienstrecht übertragen, was an die Belehnung 



1) Dass das „beneficium" des Ministerialen diesen nicht blos zu Kriegs- 
diensten verpöichtete, ist daraus ersichtlich, dass in Urkunden noch beson- 
ders ein „bencficium militare" vorkommt. Ein solches ertheilte z. B. Pfalzgraf 
Hugo von Tübingen dem Otto deCuningin (Köngen) ,, seinem dilecto et fideli". 
Urkundenbuch der Pfalzgrafen von Tübingen Nro. 1. 



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— 10 — 

eines Vasallen erinnert. Diese aber geschah nach dem Lehenrecht 
und vor den Lehensmannen, und das* ,,beneficium^^ des Dienst- 
mannen darf nicht mit dem Lehen des Vasallen verwechselt werden. 
Durch „Aufsagen^^ desselben wurde dieser von dem damit über- 
nommenen Dienst frei. Gab der Dienstmann dagegen auch seine 
Beneficien seinem Herrn zurück , so wurde er dadurch seines. 
Dienstes nicht ledig und kein Freier. Er blieb in dem Stande der 
DienstmanneU; bis sein Herr ihn förmlich freigelassen (s. hierüber 
unten mehr). Zwar konnte ein Dienstmann seinen Herrn verlassen, 
wenn dieser ihm nicht zur üblichen Frist ein beneficium ertheilt 
hatte oder wenn derselbe in Lagen und Verhältnisse gekommen 
war, durch welche die Bande zwischen Herr und Diener gelöst 
worden. So entband Kaiser Rudolf I., nachdem er im Juni 1276 
über König Ottokar von Böhmen, welcher die Reichslande Öster- 
reicli, Steiermark u. s. w. an sich gerissen, die Reichsacht ausge- 
sprochen, die zu den genannten Herzogthümern gehörigen Va- 
sallen und Dienstmannen ihres Gehorsams gegen Ottokar. (Böh- 
mer, regesta imperii S. 77.) Der Dienstmann musste aber 
zu seinem Herrn zurückkehren, sobald ihm ein beneficium zu- 
erkannt wurde, oder die Verhältnisse seines Herrn wieder die früh- 
eren geworden waren. Auch Hartmann von Aue kannte dies 
nicht anders ; er stellt uns hievon ein anschauliches Beispiel auf: 
Als der reiche Freiherr Heinrich, geboren von Owe, von dem Aus- 
satz befallen war, gab er (?) alle seine Habe an Gotteshäuser, 
Freunde und Arme, behielt (?) nur einen Hof, auf dem ein freier 
Maier sass und zog sich, gemieden von allen Menschen, zu diesem 
zurück. Nachdem er aber geheilt und bald wieder reich geworden 
war, hiess er allen denen, die seines Befehls gegenwärtig sein 
mussten (seinen Mannen), „gebieten", bei ihm zu erscheinen, um 
mit ihnen und seinen Verwandten Wichtiges zu verhandeln. (Der 
„Arme Heinrich" V. 1470 ff.) 

Neben den Beneficien besassen indess die Dienstmannen von 
ihren Herren auch Lehen (s. Beleg 5). Durch letztere waren sie 
nach Lehensrecht zugleich als Vasallen ihren Herren zu weiteren 
aber gemessenen Kriegsdiensten verpflichtet. So konnte ein Ritter 



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— 11 — 

Dienstmann und Vasall zugleich sein , wie wir es unten bei Vol- 
kard von Owe sehen werden (Beleg 29 zu 1291). 

Da aber die Dienstpflicht, die Art und das Mass des Dienstes, 
welchen der Ministeriale zu leisten hatte, durch ein besonderes 
Hecht — ein Abkommen zwischen ihm und seinem Herrn — ge- 
regelt war, so führte die Erblichheit derselben zu erblichen Stan- 
desrechten, wie auch die Beneficien gleichzeitig mit den Lehen 
erblich, schliesslich ^u solchen selbst geworden sind. Bevor der 
Herr aber die in dem Dienstrecht enthaltenen Bestimmungen 
anerkannt hatte, war der Ministeriale nicht zum Dienstantritt ver- 
pflichtet. Dies bedingte einen weitere^ gewaltigen Unterschied 
zwischen der Stellung des Dienstmannen und dem Herrn einer- 
Tjnd der des niederen unfreien Dieners, des gemeinen Gesindes 
und des Herrn andererseits. 

Die Erblichkeit der Dienstpflicht und die persönliche Abhäng- 
igkeit der Dienstmannen von ihrem Herrn hatte auch die Folge, dass 
dieselben als Zugehörungen von dessen Herrschaft betrachtet worden 
sind und mit dieser durch Erbschaft, Tausch, Schenkung, Kauf etc. 
an einen andern Herrn übergehen konnten (Bei. 6). Aber, man 
darf sie auch in dieser Beziehung nicht neben Grundholden, nicht 
einmal neben gemein Freie stellen, denn sie waren abgesehen, von 
der ehrenden Stellung j welche sie bei ihrem Herrn eingenom- 
men und die sie in doppelter Beziehung zu Angehörigen von 
dessen Familie machten (s. unten), nicht bedingungslos demsel- 
ben unterworfen, und ein neuer Herr, an den sie übergiengen, musste 
ihre Rechte und Freiheiten anerkennen. So bestätigte der römische 
König Rudolf I. von Habsburg am 18. Febr. 1277 zu Wien den 
Dienstmannen von Steiermark ihre von den Herzogen Ottokar von 
Steier und Lupolt von Ostreich anerkannten Landesfreiheiten, ver- 
sprach das Herzogthum nur an einen ihnen angenehmenFür- 
sten zu verleihen und verordnete, dass dieselben keinem 
Herrn zur Huldigung verpflichtet seien, der nicht zuvor 
ihre Privilegien beschworenh^e. Wohl bestätigte der König 
auch den ^Landleuten* von Steier mit derselben Urkunde ihre Frei- 
heiten , die Klausel in Bezug auf einen neuen Herzog machte er 

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— 12 — 

aber nur zu Gunsten der Dienstmannen. (Böhmer regesta imperii 
von 1246— 13i3. 1844. S. 83.) 

Das eigenthümliche Dienstverhältniss und die persönliche Ab- 
hängigkeit des Ministerialen von seinem Herrn äusserten sich noch 
in der zweiten Hälfte des 13. Jahrhunderts auch in Bezug auf das ' 
Eigenthumsrecht und die Ehe desselben. 

Wollte nämlich der Dienstmann sein Eigen oder, gär sich 
selbst durch Schenkung, Verkauf u. drgl. in der Weise weggeben, 
dass es (er) nicht in der Genossenschaft, zu welcher er gehörte, nicht 
innerhalb der Gewalt seines Herrn blieb, sondern z. B. an ein 
Kloster fiel, so war hiezu die Einwilligung und Erlaubniss seines 
Herrn als des wahren Eigen thümers erforderlich. f)er Verkauf 
u. drgl. geschah desshalb, wie sich die Urkunden meist ausdrückeii^ 
durch die Hand und unter dem Siegel seines Herrn (Beleg 7). 
Doch fehlt es nicht an Beispielen davon, dass im 13. Jahrhundert 
Ministerialen auch in dem angegebenen Fall selbständig über ihr 
Eigen verfügt haben ; man ist aber desshalb nicht berechtigt, aus 
einem solchen Fall den Schluss zu ziehen, der Betreffende, welcher 
also verfügt hat, sei ein freier Herr gewesen. Eine derartige Verfüg- 
ung eines Ministerialen mag mitunter davon herkommen , dass 
nicht selten Fürsten und Grafen im Allgemeinen ein für allemal 
ihren Dienstmannen die Ermächtigung ertheilt haben, an von ihnen 
besonders begünstigte Kirchen und Klöster nicht bloss ihr Eigen, 
sondern auch sich selbst zu vergeben (Bei. 8). Den Dienstmannen der 
reichen Fürst- Abtei Reichenau am Bodensee, welche deren mehrere 
hundert hatte, worunter auch aus den Strichen Schwabens um den 
oberen Neckar, war nach Bestimmungen aus der ersten Hälfte des 
13. Jahrhunderts geradezu verboten, ihre Erbgüter oder Zinslehen 
an andere Leute als solche, welche zur Abtei gehörten, zu ver- 
kaufen etc. (s. Beleg Ib). Eine derartige Beschränkung in Bezug 
auf das Erbrecht der Dienstmannen enthält auch der ,, Schwaben- 
spiegel*, wenn er (S. 74. K. 158) sagt: ^die dienstman nement 
erbe — als vrie Ivte nach 9^em landrehte. ez mag aber ir eigen 
niht gevallen vz ihrer herren gewalt. ob sie nit erben haut* (s. 
auch Beleg Ib). 

Da der Herr die Pflicht hatte, für seinen Dienstmann und 



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— 13 — ' 

dessen Familie zu sorgen (Beleg 9), wenn dieser kein oder nicht 
mehr hinreichend Eigen besass , so war es für jenen von grossem 
Interesse, dass seines Dienstraannes Eigenthum möglichst erhalten 
blieb. 

Gegentheils war aber auch die Zustimmung der Dienstmannschaft 
eines Fürsten oder Grafen erforderlich, wenn ein solcher ein Bene- 
ficium oder Lehen eines Dienstmannes sonsthin weggeben oder ver- 
äussern wollte (s. Beleg 5. 10), denn die Dienstmannen eines 
Herrn bildeten eine Qenossenschaft, eine Familie (j^familia^ ^) von 
einer Art Vermögensgemeinschaft. 

Dieses Verhältniss und die Beschränkung der Dienstmannen 
in Bezug auf Eigenthumsrecht äusserten nach Umständen auch 
ihre Wirkung auf die Ehe derselben. Es gehörte üämlich für's 
Erste zu Heiraten unter Ungenossen besondere Erlaubniss der 
Herren. So gestattete König Kudolf I. von Habsburg am 16. Juni 
1275, dass Margaretha, die Tochter des ßeichsdienstmannen Walter 
Hake, einem Dienstmanne des Grafen Ludwig von Ottingen sich 
vermählte und dass die aus dieser Ehe entsprossenen Kinder ötting- 
ische Dienstmannen werden sollten, nachdem gedachter Graf das 
Reich durch Überlassung einer seiner Dienstmannen entschädigt 
hatte. (Böhmer a. a. O. S. 70.) Hatte sodann ein Dienstmann 
eine Frau genommen, welche nicht zu seiner Genossenschaft 
gehörte, und es war eine derartige Übereinkunft der Herren 
nicht getroffen, so blieb dieselbe Ministerialin desjenigen Herrn, 
zu welchem ihr Geschlecht gehörte (s. Beleg 11), ihr Mann 
hätte kein gesetzlich gültiges Verfügungsrecht über ihre Güter 
(s. Beleg 11), die aus solcher gemischten Ehe entsprossenen Kinder 
wurden unter die beiderseitigen Herren getheilt und hatten kein Erb- 
recht auf die Eigen- und Lehengütef ihres Vaters, denn diese fielen 
an die Sippen von der Genossenschaft des Vaters (s. Beleg 1.) 
oder an die beiden Dienstherrschaften. So wurde es noch im letzten 
Viertel des 13. Jahrhunderts gehalten, denn König Rudolf L ver- 
ordnete am 18. Mai 1277 tu Wien, dass die Kinder, welche von 



1) 1303. 1304. — „Ber. diotus Wischal de familia quod wigariter daz 
Althovegesinde vocatur et servitor dominorum de Schalkelingen," Ulmer ür- 
kundenbuch Nro. 235. ,' 



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— 14 — 

zusammen verheirateten östreicbischeu und bischöfllch-freising- 
ischen Dienstmannen erzeugt werden, sowie deren Güter unter 
beide Herrschaften gleich vertheilt werden sollten. (Böhmer a. a. O. 
S. 85.) Doch haben auch Wechselheiraten unter zwei Dienstmannen- 
Genosaenschaften Statt gefunden, ohne dass eine Theilung der Kinder 
vorgenommen worden, was allerdings die Folge besonderer Bestim- 
mungen oder Vergünstigung gewesen. Eine solche verlieh z. B. Kaiser 
Heinrich II. 1005 den Dienstmannschaften des Bisthums Bamberg 
und des diesem untergebenen Klosters Stein am Rhein (s. Bei. 12). 

Auch in anderer Hinsicht äusserte noch im 13. Jahrhundert 
die Unfreiheit des Dienstmannes und zwar als eines Ungenossen 
des Freien ihre Wirkung auf die Ehe. Wenn nämlich eine Freie, 
welche bei einer Heirat mit einem Standesgenossen die Erbin ihres 
Vaters gewesen wäre, einen Dienstmann geheiratet hatte, so war 
sie von der Erbschaft der väterlichen Herrschaft ausgeschlossen ') 
und erbte bloss ihren Theil an dem Nachlass von fahrender Habe, wäh- 
rend einer etwaigen Schwester derselben, die einen ebenbürtigen 
Mann geheiratet, vornämlich der hinterlassene Grundbesitz zufiel (s. 
Bei. 13). Hatte gegentheils ein freier Herr seine Frau aus einem 
Dienstmannengeschlecht genommen, so bedurfte es einer ausdrück- 
lichen Freisprechung derselben von Selten des Herrn, um die nach- 
theiligeu Folgen zu beseitigen, welche eine solche ungleiche Ehe 
für die daraus entsprossenen Kinder hatte. Und dies war noch in Gel- 
tung zur Zeit des Königs Rudolf I. von Habsburg (s. Bei. 14). 

Worin bestanden — fragen wir nun — die Dienste der Mini- 
sterialen? 

Betrachten wir zunächst die Stellung und Funktion derselben alö 
Hof(Jiener und Beamte, so sind in erster Linie die vier Hofamter des 
Kämmerers, Schenken, Truchsessen und Marschalken 
aufzuführen, welche übrigens in den älteren Zeiten des Mittelalters 
von Freien verwaltet worden sind ^). Im 12. und 13. Jahrhundert 
gehörten die genannten Hofbeamten indess dem Stande der Dienst- 



1) Ein Fall dieser Art ergibt sich aus der Geschichte der alten Frei- 
herren von Entringen. (S. Beleg .32.) 

2) „Die vier fvrsten ampt mügen von erste rehte vrie Ivte sin". Schwa- 
henspiegel S. 33. 



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— 15 — 

mannen an, wie aus mehreren unserer urkundlichen Belege, ins- 
besondere Nro. 15 und 16 hei-vorgeht. Zu denselben kamen nach 
dem Kölner Dienstrecht und unseren Belegen zunächst der Vogt 
(„aduocatus)^', welcher dem Kämmerer zur Seite stand, in schwä- 
bischen Urkunden auch häufig in der. Reihe der Ministerialen auf- 
geführt wird (Beleg 16). 

Unter den aufgeführten vier Hofbeamten als den vornehmsten 
Ministerialen versahen andere ihre Amter und Dienste an den Für- 
sten-, Grafen- und Herrenhöfen und in deren Herrschaften. Als 
solche unter den vier obersten Hof-, Regierungs- und Verwaltungs- 
beamten stehende Beamte und Hofdiener sind nebst dem Vogt weiter 
zu nennen : die, welche über die herrschaftlichen Städte und Dörfer, 
Höfe und Waldungen gesetzt waren z. B. der Schultheiss,. der Amman 
(s. Im dritten Abschnitt), der Villicus (Maier), der„Stadelaere'^, „der 
Waldvogt" (s. Beleg 17), der Keller, der Notar, der Küchen- und 
Jägermeister, der Falkner ^) u. a. m. 

Aber die Ministerialen an den Höfen und in den Diensten der 
Fürsten, Grafen und Herren waren nicht blos Hofdiener und Beamte. 
Sie bildeten zugleich auch die nächste stets bereite kleinere oder grös- 
sere bewaffnete Macht ihrer Herren („homines militares" s. Bei. 
34 zu 1 124 und 1 125). Selbst den Küchenmeister führt das Nibelun- 
genlied als auserwählten Recken auf. Darum kam ihnen das ehren- 
volle Recht zu, Waffen zu tragen, was sie wiederum vor den andern 
Dienern des Hofes besonders auszeichnete. So hatten von den 



1) Der Küchenmoister Rumolt am Hofe des Burgunden-Königs Guuther 
za Worms (Nibelungen-Lied). — Berthold von Ulm, des Grafen Rudolf von 
Hohenberg „Valkner" (Urkunde Nro. 618. H. U. B). In dqm Siegel desselben 
ist dargestellt, wie ein Falke seine Beute ergreift." — Bei dem ritterlichen 
Geschlecht der „Herren" von Lustnau und Wildenau (bei Tübingen, letzteres 
längst abgegangen), Tübinger und Hohenberger Dienstmannen (s. Beleg 7), 
scheint das Jägermeisteramt gestanden zu sein, wenn dasselbe seinen Dienst- 
herren (später den Grafen von Wirtenberg) jährlich zwei abgerichtete Ha- 
bichte zu liefern hatte; hierauf weist auch das Wappen des Geschlechts: 
ein weisser Hirachkopf in gelbem Felde, welches das Dorf L. heute noch 
führt. In der That war der nahe Schönbuch und die bei L. befindlichen 
Altwasser des Neckars ein herrliches Terrain für die edle Hirschjagd und 
die Reiherbeize. Vergleiche auch bei Uhland 8. Band 8. 451 „die Todten 
von Lnstnau^. 



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— 16 — 

Leuten des Klosters Reiehenau nur die Vasallen und Dienstmannen 
das Recht, auf der Insel Waffen zu tragen (s. Beleg 1). Als 
Kriegsleute gebot ihnen die Treue, welche sie, die Dienstmannen, 
ihrem Herrn gelobt, diesen, dessen Burgen und Besitzungen ohne 
Beschränkung der Dienstzeit mit ihrem tapfern Schwert zu verthei- 
digen, in gerechter Fehde mit ihm auszuziehen, ihm auch zum Rö- 
merzug über die Alpen zu folgen ; letztere, mitunter auch erstere 
Dienste jedoch nur für gemessene Zeit und theilweise gegen beson- 
dere Vergütung und auf Kosten des Herrn (s. Beleg 18). Als 
„milites'^, ritterliche Mannen ihres Herrn, standen sie neben den 
freien Herren, welche als Vasallen mit ausgezogen, waren so Ge- 
nossen derselben, ja ihres Herrn selbst (s. Bei. 19). So war es, wie 
bereits bemerkt, vornämlich die Ritterwürde, welche die ritterliche 
Dienstmannschaft zu einem niedern Adel erhob, dem man von der 
Mitte des 13. Jahrh. an die Prädikate des eigentlichen Adels — do- 
minus und nobilis — beilegte, und der einen besonderen Heetschild, 
den sechsten, erhielt. Und auch im Hofdienst genoss der Ministeriale, 
wenn er Ritter gewesen, mehr Ansehen als wenn er diese Würde 
noch nicht erlangt hatte. So erhielt der Marschalk des Bischofs 
von Basel zwar jedenfalls das Pferd, auf dem dieser ,bei einem 
festlichen Anlass in die Stadt eingeritten; war er aber Ritter, 
so durfte er damit von dannen reiten, im andern Fall musste er es 
wie ein Knecht am Halfter wegführen. (Basler Dienstmannenrecht 
a. a. O. S. 25.) 

Und wenn in Friedenszeiten der Dienstmannen Herr da und 
dort hinfuhr, an das Hoflager eines Kaisers oder eines Fürsten ritt, 
hatten die Ministerialen, welche auf der Burg desselben wohnten, 
vorab die vier Hofbeamten, wie auch solche , die sonst auf ihrem 
Eigen oder Lehen sassen, die Pflicht bez. Ehre, denselben mit 
dem Schwert an der Seite zu begleiten, und in-herrlichen, nicht 
selten gleichen GeWändern in den Wappen-Farben ihres Herrn, 
welche ihnen von dessen Kammer gereicht worden, den Festen 
und Gelagen anzuwohnen *). Also kam es, dass die von Haus aus 



1) Uartmann von Aue lässt zur Hochzeit seines ritterlichen Helden 
£rec, welche afr des Königs Artus Hofe abgehalten worden, einen Grafen 

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— 17 .— 

unfreien Dienstmannen in der öffentlichen Meinung und Geltung 
über die freien Landsassen gesetzt wurden. So genossen schon 
diejenigen dem Stande der Gemeinfreien angehörigen Leute des 
Klosters Zwiefalten , welche den Abt, Prior und 3ie Mönche auf 
Reisen zu Pferde, indess nicht ritterlich bewaffnet, zu begleiten, 
den Reisebündel der Mönche hinter sich auf das Pferd zu nehmen 
hatten und dafür Lehen erhielten, mehr Rechte und grössere Ach- 
timg als die andern ^). Und selbst die in Diensten von Ministeria- 
len-Geschlechtern stehenden gemeinen unfreien, reisigen Knechte 
hoben sich eben dadurch über das übrige gemeine Volk. So führt 
1317 der Schenke von Staufenberg, ein gräflich-zoUerischer Hof- 
dienstmann, neben andern ,, erbern'' Leuten seinen „knecht Mi- 
cheP' als Zeugen einer Verkaufs- Verhandlung auf. Mon. Zoll. L 
nro. 262. 

Und trefflich kam es der Dienstmannschaft zu Statten, dass 
der höhe Adel es liebte, mit möglichst grossem ritterlichem Ge- 
folge öffentlich aufzutreten (s. unten). So darf man, wenn ein 
Ritter („milee*^) im Gefolge eines Grafen wiederholt und an ver- 
schiedenen Orten zumal mit anderen, welche entschieden Ministe- 
rialen oder Vasallen desselben gewesen, angetroffen wird, auch den- 
selben mit Recht unter dieselben zählen, und um so mehr wenn ihm 
oder seinem Geschlecht nie ein Prädikat beigelegt wird, das dazu 
berechtigt, ihn für einen Freien zu halten. Dass man hiebei nicht 
an das pure dominus oder nobilis denken darf, haben wir oben 
bereits gezeigt. 

Vom 11. bis 13. Jahrhundert findet man, wie die Urkunden 
dieses Zeitraums zur Genüge ausweisen, die Fürsten und Grafen 
auf ihren grösseren oder kleineren Fahrten ganz selten ohne mehr 
oder weniger zahlreiches Gefolge, welches dieselben hinwiederum 
neben Freien und Reichsdienstmannen bei den römischen Königen 
oder Kaisern ausmachten. In dem Masse aber, als die Fürsten 
und Grafen sich zu Landesherren emporgeschwungen hatten, lich- 



„reiten", dessen „schar" aus fiiiiflnmdert „Gesellen" bestand, welch auf ihren 
Gew&ndern die Farben und Wappen ihres Herrn trogen. Erec V. 1907 f. 

1) Hess pars bist. mon. Guelf IX. Ortlieb de Fundatione Mii. Zwifuld. 
Saec. Xn. S. 181. 

Schmid, Hartmann von Aue. ^ 

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— 18 . — 

teten sich auch die Heihen des Gefolges um das Reiehsoberhaupt. 
Ganz dasselbe beobachtet man auch in Betreff der Umgebung der 
Fürsten und Grafen. Als mit dem Schluss des 13. Jahrhunderts 
und noch mehr im 14. Jahrhundert die Dienstmannen sich meist 
zu Lehensmannen, zu Mittelfreien aufgeschwungen hatten (s. un- 
ten), findet man in der Umgebung der Grafen etc. nur etwa die, 
welche deren Rathgeber oder bei einem Verkauf und drgl. als 
Zeugen, Bürgen u. s. w. anwesend waren. 

Da die Dienstmannen, wenigstens ein Theil derselben, vorab 
diejenigen, welche die vier Hofiimter bekleideten oder sonst Be- 
amte und höhere Diener am Burgsitze des Herrn oder in dessen 
Herrschaft waren, daheim und auch sonst auf Fahrten dessen ge- 
wöhnliche unmittelbare Umgebung bildeten, so hat man in densel- 
ben auch die ordentlichen Räthe ihres Herrn in mancherlei Angele- 
genheiten zu erkennen i), z. B. wenn derselbe eine Ehe eingehen 
wollte. So bat, bez. berief, um ein unserm Gegenstand selbst entnom- 
menes Beispiel zu wählen, der freie Herre Heinrich geborn von Owe 
„beide mäge und man^^ (Verwandte und Dienstmannen) zu sich, um 
sich mit ihnen über seine „Hirat" zu berathen. So lässt Hartmann von 
Aue den jungen unglücklichen Fürsten Gregorjus von Aquitanien 
erst den ältesten, angesehensten und weisesten seiner Dienstman- 
nen zu sich entbieten und bittet denselben um Rath, was er in 
seiner Noth anfangen soll. Der gibt ihm den Rath, er solle die 
Mannen, welche schon seinea_ Vaters Rathgeber gewesen, zu Hofe 
gebieten, und deren Meinung hören (Gregorjus V. 349 ff). Und 
in manchen Fällen erschien die Betheiligung der Dienstmannen ge- 
radezu nothwendig, wenn z. B. der Herr über ein Beneficiunuoder 
Lehen eines derselben anderweitig verfügen wollte (s. oben S. 13), 
wie denn auch die Dienstmannen Richter waren zwischen ihrem 
Hemi und einem ihrer Genossen in einer Sache des letzteren. 
Sonst diente die Theilnahme d^r Ministerialen an einer Ver- 
handlung zur Bekräftigung von deren Resultat. In solcher Weise 
waren Vasallen und Dienstmannen des Bischofs von Speier und 
des Pfalzgrafen Rudolf I. von Tübingen bei der Stiftung des Klo- 



1) Gz sol ein DIenstman ze rebt haben sin vnd witze, daz er mit §ren 
sitze an des lantfürsten r&t. Seifried Helbling 8, 121. (S. auch Beleg 15.) 

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— 19 — 

Bters Bebenhausen betheiligt. Für's Erste beschworen nach ihrem be- 
sten Wissen und Gewissen zehn Dienstmannen des Bisthums Speier, 
dass der Gütertausch zwischen demselben und dem Pfalzgrafen 
für jenes nur vortheilhaft gewesen seie. Für's Andere sieht man 
die Dienstmanneil des Stifters von Bebenhausen an dem Fami- 
lienrathe Theil nehmen, welcher in der berührten Angelegenheit 
zusammen berufen worden. ' Der Stifter, Pfalzgraf ßudolf, war 
nämlich bald nachdem die ersten Schritte zu dem frommen Werke 
gethan waren, aufs Krankenbett geworfen worden. Da berief 
er an dasselbe — es lag in einer kleinen Kemenate hinter einem 
Thurme — seine Mutter, seinen Bruder Hugo, Graf von Bregenz, 
die Grafen Burkard von Hohenberg und Egeno von Urach, seine 
Verwandten, von seinen Vasallen die freien Mannen Albert von 
Hohenstein, Albert von Mezzingen, Walter von Jettenburg und 
von seinen Dienstmannen Kraft von Hailfingen und Wolpot von 
Pfäffingen, um in Gegenwart aller seinen Bruder eidlich seine Zu- 
stimmung ?u der Stiftung ertheilen zu lassen. Und als solches ge- 
schehen war, verkündete Graf Burkard mehr als hundert weiteren 
vor der Burgkapelle versammelten ritterlichen Dienstmannen 
was am Krankenbette ihres Herrn verhandelt worden (s. Beleg 20 
und T. U. B. Nro. 4). Ja es fehlt nicht an Beispielen davon, dass 
ein Fürst oder Graf bei Verfügung über sein Eigenthum an die 
Zustimmung seiner Dienstmannen gebunden war, woraus eben 
wieder ersichtlich ist, dass der Herr und seine Dienstmannschaft 
in gewissem Sinne eine „Familia^' bildeten. 

Ausser den bereits erwähnten Amtern, Diensten und Funktionen 
der Dienstmannen kam denselben auch der ehrenvolle Auftrag zu, 
die Söhne ihrer Herrschaft zu überwachen, wie das Nibelungen- 
lied in Betreff des jungen Königssohns Siegfried sagt : „vil selten 
äne huote man riten lie daz kint^^ Insbesondere war einer der 
vier obersten Hofbeamten, z. B. der Kämmerer oder Schenke oder 
ein anderer geeigneter Dienstmann, bei der Erziehung der Söhne 
betheiligt oder leitete solche überhaupt ^). Dieselben wurden von 



1) (Friedericas Imperator) filium quoqne suum Henricum, jam circiter 
8 annos habentem, nutriendura et gubernandum commisit Cunrado de Tanne 

2* 

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— 20 — 

erfahrenen Dienstmannen, welche auf der Herrenburg sassen, auch 
in den ritterlichen Künsten etc. unterwiesen, während für andere 
Zweige der Burgkapellan wirkte mitunter auch ein besonderer 
Lehrer bestellt war. 

Hinwiederum widmete der Fürst oder Graf als das Haupt 
der Familie im weiteren Sinne, zu welcher auch die Dienstmann- 
schaft gehörte, der Bildung der Söhne seiner ritterlichen Mannen, 
welche man an seinen Hof gebracht, die gleiclue Sorge, wie der- 
jenigen seiner eigenen ^). Nicht selten auch geschah es, dass 
fähige Söhne von Dienstmannen von ihren Herren zur Erziehung 
in ein Kloster geschickt worden sind, wie es scheint auch Hartmann 
von Aue und zwar am wahrscheinlichsten in das Kloster Reichenau 
(s. im vierten Abschnitt). Darum durften sich jene schon in früher 
Jugend als Glieder der Familie ihres Herrn betrachten, und die 
Treue gegen diesen vererbte sich, gehoben durch Dankbarkeit, vom 
Vater auf den Sohn. So erzählt Ulrich von Lichtenstein, der sich 
selbst als „rechten Dienstmann" des Herzogs Friedrich. von Oster- 
reich und diesen uns als seinen „rechten Herrn" vorstellt, er sei 
als Jüngling an den Hof des Markgrafen Heinrich von Österreich, 
eines Vorbildes aller ritterlichen Tugenden, gebracht worden. 

Da lernten nun die jungen Söhne der Dienstmannen in ihrer 
gleichzeitigen Eigenschaft als kleine Diener der hohen Burgfrau 
und deren Ehegemahls nicht nur die feinen höfischen Sitten kennen, 
— wir haben hier allerdings die besseren Zeiten des Mittelalters 
(12. Jahrhundert) vor Augen — sondern sie sahen auch bei den 
glänzenden Hoffesten manch' schöne, edle Frau, manch' herrlichen 
Eitter und waren Zeugen davon, wie sich die hohe Gesellschaft 
mit Waffen- und Saitenspiel, Reigentanz und mancherhand ande- 
rem Kurzweil belustigte, durften sich schliesslich auch mancher 
schönen Gabe erfreuen. 



princernae et ministeriali sao iu Castro Vuinterstctten (O.-A Waldsee.) Urs- 
perg. chronic, ad ann. 1221 p. 241. Auch Walther von der Vogelweide, der be- 
rühmte Minnesänger, welcher seiner Zeit ein Lehen von König Friedrich II. 
erhalten und jedenfalls dem Dienstadel angehört hat, war mit der Erziehung 
des genannten Prinzen zeitweise beauftragt. 

1) Guelffb V. (Herzog von Baiern f um 1120) filios nobiliorum erodien- 
dos accepit. Summula de öuelfis. Hess, mon. Qaelf. pars historica S. 125. 

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— 21 — 

Darum werden sich wenige derselben von dem herrlichen 
Leben auf der stolzen Herrenburg weg nach ihren engen heimat- 
lichen Schlössern in schlichten Dörfern, abgelegenen Wald-Re- 
vieren oder auf isolirten Felsen gesehnt haben und die Jugend- 
jahre, welche der Dienstmann an dem Hofe seines Herrn verlebt, 
dürften für manchen die freudereichsten und sorglosesten ge- 
wesen sein. 

Dabei hat man allen Grund auch sonst die Stellung', welche 
Dienstmannen am Hofe ihres Herrn eingenommen, die Aufnahme, 
welche sie dort gefunden, als eine ehrenvolle, freundliche zu be- 
trachten. Wenn die Hausdienstmannen („das Heimgesinde") bei 
Festen auf der Herrenburg auch dieser oder jener Dienste zu 
warten hatten, so waren diese stets ihrer ritterlichen Würde ange- 
messen. Und wenn sonst, zumal zur Winterszeit, die Herrenfamilie 
sich um das Kaminfeuer versammelte und die langen Abende mit man- 
cherlei Kurzweil vertrieb, oder der wonnige Mai zu Spielen in den 
Baumgarten bei der Burg gelockt, so nahmen auch die Hofdienst- 
mannen hieran Theil. Ja es gehörte mitunter, selbsverständlich 
wenn sie hiezu besonders begabt waren, zu ihrer Funktion, hiebei 
zur Unterhaltung oder Belustigung beizutragen ^). Die Abge- 
schlossenheit von der Aussenwelt, in welcher man sich auf den 
Burgen mehr oder weniger befand, that das Ihrige auch dazu, ein 
gewisses vertrauliches ja herzliches Verhältniss zwischen der Herr- 
schaft und dem höheren ,jGesinde^ zu schaffen, und das „Du^, in 
dem der Herr zu seinem Dienstmann gesprochen (Hartmanns von 
Aue Gregorjus V. 350), während letzterer ersteren mit „Ihr" an- 
redete, klingt darum in einer freundlicheren Weise. Ein Gleiches 
gilt auch von denjenigen Dienstmannen, welche in der Nähe ihrer 
Herren sassen : kein Fest an Pfingsten, Sonnenwende oder Fass- 
nacht wurde auf der Herrenburg gefeiert, zu dem dieselben nicht 
geladen worden wären. Als nach Hartmanns von Aue „Erec der 
Wunderaere" auf der grossen Burg Brandigen ein grosses Fest 
gefeiert worden, „fuoren des künegs mäge und Dienestman ze 



1) Siehe im zweiten Abschnitt wie das Dichten des Dienstmanhes Hart- 
mann von Aue Nebenbeschäftigung gewesen. 



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— 22 — 

hove alle dan mit den lantfrouwen". (V. 9761 ff.) Und wann 
Tage der Trübsal im Herrenhaus eingekehrt waren^ wann der, 
welcher auch für seine Dienstmannen Familienvater gewesen, die- 
selben um sein Todtenbett versammelt und ihnen seine Kinder em- 
pfohlen hatte, da „gebarten^' sie sich, wie es einem „guoten Inge- 
sinde gegen iren lieben herren'^ geziemt : ^ir jämer war so gross 
als ir treue^^ und „gröz weinen wart vernomen". (Hartmanns von 
Aue Gregorjus V. 51 ff.) . 

Dabei fehlt es nicht an urkundlichen Zeugnissen, welche dar- 
thun, dass das Verhältniss zwischen Dienstherr und Dienstmannen 
nicht selten ein sehr freundliches, gar herzliches, nicht das eines 
stolzen Herrn zum unterwürfigen Diener* gewesen ist. So gedenkt 
z. B. der mächtige und sonst gestrenge Pfalzgraf Hugo von Tü- 
bingen in einer von ihm dem Kloster Marchthal (an der Donau) 
am 8. Juli 1174 ausgestellten Urkunde seines „karissimi ministe- 
rialis Anshelmi militis de Wurmelingen ^) (O.-A. Rotenburg). So 
wird Ritter Marquard von Ehingen (bei Rotenburg) von Graf 
Albert von Hohenberg-Haigerloch, dem berühmten Helden und 
edlen Minnesänger, „dilectus noster ministerialis" und Hermann 
von Owe von Graf Hugo von Hohenberg „vnser lieber getrewer 
diener^' genannt. Und wenn ein Graf von Kirchberg der „uxoris 
reverendae'^ seines Dienstmannes gedenkt, so ist daraus eben wie- 
der die geachtete Stellung, welche die Dienstmannen in sozialer 
Beziehung eingenommen, ersichtlich (s. Beleg 5. 7. 29). 

Solch' freundlicher Art muss denn auch das Vctrhältniss ge- 
wesen sein zwischen Ulrich von Lichtenstein, dem „steirischen 
Landherren", und seinem Herrn, dem Herzog Friedrich dem Streit- 
baren von Osterreich, wenn jener, nachdem dieser 1246 im Kampfe 
gegen die Ungarn gefallen, bitter klagend also singt : 

„nach diesen lieden kom ein tac, 
9 den ich wol immer hazzen mac, 

und der mir oft noch truren git 



1) S. unsere Geschichte der Pfalzgrafen von Tübingen 1853. S. 103. 
Nro. 1. 



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— 23 -^ 

(an dem) der fürste Friederich, 
vil jaemerlichcn wart erslagen". *) 

Desselben Glückes durfte sich als Dienstmann ohne Zweifel 
auch unser Minnesänger Hartmann von Aue rühmen, denn er be- 
klagte wie Ulrich von Lichtenstein tief den Tod seines Herrn also: 

,,Sit mich der tot beroubet h4t 
des herren min, 

wie nü diu werlt nach ime gest&t 
das lAze ich sin. 
Der fröude min den besten teil 
hat er da bin"; 
# Q. 8. w. (s. die Beilage 1). 

Und offenbar schwebte Hartmann solch* schöne, ehrenvolle 
Stellung des ritterlichen Dienstmannes gegenüber von seinem 
Herrn vor, bei welcher ersterer mehr als Genosse denn als Unter- 
gebener betrachtet wurde, wenn er in seinem „Iwein, dem Ritter 
mit dem Löwen'^, also berichtet: 

„er (König Artus) gienc hin üz zuo in (seinen Mannen) ze- 
hant, da er st sament sitzen vant. si sprangen üf: daz was im 
leit. er zurnde durch gesellekeit (weil er sich als ihren Genossen 
ansah) : wände (da) er was in weizgot verre baz (weit mehr) ge- 
selle danne herre'^ *). 

So darf man sich auch nicht darüber wundem, dass der ohne- 
dies bescheidene Minnesänger (Hartmann) sich uns neben dem 
reichen freien Herren, Heinrich geborn von Owe blos als einen 
Dienstmannen vorstellt, welcher von dem Geschlechte seines Herrn 
den Namen überkommen (im zweiten Abschnitt hierüber mehr). 

Als eine Folge davon, dass die Ministerialen im weiteren 
Sinne zur Familie („de domo, familia^') ihres Herrn gehört 
und nicht selten, vorab die vier Hausbeamten, meist auf der 
Burg desselben gewohnt haben, ist es auch anzusehen, dass viele 
Ministerialen-Geschlechter sich nach den Sitzen ihrer Herren ge- 
schrieben, der Familien-Name der letzteren auf sie übergegangen 
ist (s. Beleg 21), mit dem manche derselben noch vorkommen, 



1) Ulrich von Lichtenstein herausgegeben von K. Lachmann S. 525. 

2) üartmann von Aue, herausgegeben von Fedor Bech, dritter Theil 
V. 883 ff. 



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— 24 — 

/ 

nachdem ihr Herrengeschlecht ausgestorben war (Beleg 22. 19). 
Nicht selten auch gieng das Wappen der Herren auf das Geschlecht 
der Dienstmannen über ^). 



Wir schlie^sen unsere Darstellung des Ministerialen- Wesens 
mit einer kurzen Erörterung der Fragen : 

Wodurch und wie wurde der Ministerial seiner Dienstpflicht 
rechtsgiltig und förmlich entbunden ? 

In welchen Stand trat er alsdann ein ? 

Welche Umstände beförderten das Aufhören des Ministe- 
rialen-Wesens? 

Endlich: Wann trat dieser folgenreiche Umschwung in den 
sozialen Verhältnissen des Mittelalters ein? 

Man kann es als eine Lockerung des Bandes betrachten, wel- 
ches einen Ministerialen persönlich an seinen Herrn ketten sollte, 
wenn ein solcher Dienstmann von zwei oder gar mehreren Herren 
gewesen, wovon uns eine, von den Grafen Rudolf von Tübingen, 
Heinrich von Fürstenberg und Albert von Hohenberg im Jahr 
1263 ausgestellte Urkunde ein Beispiel vorführt (s. Beleg 27 zu 
1263). Es werden nämlich in derselben zwei Ritter von Haiterbach 
(O.-A. Freudenstadt) als Dienstmannen der genannten drei Grafen 
aufgeführt. Es könnte dieser specielle Fall indessen theil weise seine 
einfache Erklärung in der gerade damals bestandenen nahen Ver- 
wandtschaft der Grafenhäuser Hohenberg und Tübingen finden. 
Bei solch' getheilter Dienstverbindlichkeit eines Ministerialen galt 
übrigens derjenige als sein eigentlicher Gefolgsherr, dessen Zustim- 
mung zu Verfügung über Güter, selbst wenn solche Lehen von 



1) Die Truohsessen von Waldburg, die Ahnen des jetzigen fürstlichen 
Hauses, führten die drei Löwen des hohenstaufisch-schwäbischen Hauses 
und die hohenstaufischen Dienst- und Amtteute auf Hohenstaufen (s. Beleg 
21) in ihrem Wappen den einfachen hohenstaufischen Löwen, welcher auch 
in das königlich württembergische Wappen übergegangen ist. Ein in Duss- 
lingen (bei Tübingen) ehedem sesshaft gewesenes Rittergeschlecht, die 
Herter genannt. Dienstmannen der Pfalzgrafen von Tübingen und Grafen von 
Hohenberg, führte das Wappen der letzteren. — Reinhard, „Ritter von Baden'S 
führte das Wappen des Markgrafen Rudolf von Baden, seines Herrn, Urkunde 
von 1252 bei Mone a. a. 0. VL S. 462, 



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— 25 — 

einem andern gewesen, nöthig war. Man findet zwar nicht selten, 
daas ein Ministeriale in Diensten mehrerer Herren gestanden; 
ohne Erlaubnissseines ,,rechten^^ Herrn durfte er aber solches nicht 
sein. (Böhmer regesta imperii S. 65 aus den Zeiten des Königs 
Rudolf I.) 

Der Ministeriale eines Herrn wurde seiner Dienstpflicht ledig, 
wenn dieser ihm nach der herkömmlichen Frist trotz wiederholter 
Mahnung kein oder nicht genügendes Beneficium gegeben. Und 
zwar sollte — wenigstens nach dem Kölner Dienstrecht — das 
beneficium eines dortigen Ministerialen mindestens ein Einkommen 
von fünf Mark Silber abwerfen, um dienstpflichtig zu machen. 
Und so mag es auch in Schwaben gewesen sein. Es dürfte näm- 
lich nicht als zufällig betrachtet werden, dass das Schwäbische 
Landrecht vorschreibt, ein Dienstmann habe seiner Frau eine 
Morgengabe zu geben, „welche eben auch fünf Mark Silber gil- 
tef' 0- 

Indessen darf man sich natürlich nicht vorstellen , dass ein 
Dienstmann Wegen Verweigerung oder Nicht-Zutheilung eines ge- 
nügenden beneficium mir nichts dir nichts hätte weglaufen und so 
ohne Weiteres seiner Dienstpflicht los werden können. Erst hatten 
auf Erfordern des Betheiligten dessen Dienstgenossen zu bezeugen, 
dass derselbe sich zur Übernahme der Dienste, zu welchen ihn seine 
Geburt verpflichtete, gehörig angeboten, dass sein Herr ihm aber 
kern entsprechendes beneficium ertheilt, er also das Recht habe, 
sich so lange von seiner Dienstpflicht loszusagen, bis ihn sein Herr 
durch Ertheilung eines solchen zurückrufe. Auch konnte so ein durch 
seine Geburt Dienstmann eines Herrn gewordener Ritter fern von dem 
Gebiet desselben, zeitweise in Dienste eines andern treten, doch 
mit dem Vorbehalt seines Rücktritts zu seinem eigentlichen Herren 



1) Den freien Herren, zu welchen auch die Fürsten und Grafen ge- 
hörten, schreibt das schwäbische Landrecht eine Morgengabe vor, die hun- 
dert Mark giltet, den Mittelfreien eine von «ehn Mark, einem „eigen man 
der ritter ist" ein Ross oder ein Stock Rindvieh ; der freie Bauer und andere 
freie Leute, die nicht Ritter sind, „mvgen geben ze morgengabe ein Ross 
und ein Rind und zehn Mark; der eigen man ein Schaf oder eine Qeis* 
Schwabenspiegel S. 12 f. 



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— 26 — 

(s. auch S. 25). Es ist aber klar, dass ein also oder durch andere 
Verhältnisse seiner Dienstpflicht bedingt ledig gewordener Mi- 
nisteriale dadurch kdn Freier geworden ist. Ein solcher wurde 
er erst, nachdem eine förmliche Freilassung desselben von Seiten 
seines Herrn in Gegenwart seiner bisherigen Genossen erfolgt 
w;ar, und zwar natürlich nicht etwa in der Weise und nicht zu dem 
Zweck, dass er nun zu einem andern Herrn übergieng. Bei der 
Freilassung eines Dienstmannes wurde gewöhnlich erklärt : er solle 
von nun an frei, von allen Folgen seines Dienstverhältnisses be- 
freit, seinem Herrn nicht mehr unterworfen, in keiner seiner 
Handlungen beschränkt sein, könne von nun an über sich und sein 
Vermögen verfügen, stehe unter dem gemeinen Landrecht und 
sei überhaupt in allen Stücken den übrigen freien Männern gleich- 
gestellt. 

Es ergibt sich hieraus wiederum klar der Unterschied zwi- 
schen der Dienstpflicht des Vasallen und der des Dienstmannes: 
sagte jener das Lehen auf, welches er von einem Herrn empfangen 
und wofür er sich diesem zu einem gemessenen Kriegsdienst ver- 
pflichtet hatte^ so konnte derselbe die Zurücknahme des Lehens 
nicht verweigern und der Vasall war seiner Dienstpflicht entbunden, 
selbst wenn der Lehensherr auf die von demselben in aller Form vor- 
getragene Bitte nicht eingegangen (s. Bei. 24). Das Dienstverhält- 
niss eines Ministerialen dagegen wurde nicht förmlich und gesetz- 
lich gelöst, auch wenn er sich bereit erklärt hätte, er wollte alle 
seine Beneficien und Lehen seinem Herrn zurückgeben, weil er sei- 
nem Herrn persönlich zu Treue und Dienst verpflichtet war. 

Lebendig und ergreifend schildert der „Nibelunge Not'' die 
verzweifelte Lage des Markgrafen Rüdiger von Bechelaren , als 
Etzels, des Hunnenkönigs Dienstmanues. Den Burgundenkönig 
Günther, dessen Brüder Gernot und Giselher hatte er mit grossen 
Ehren und reicher Gastfreundschaft auf seiner Burg beherbergt, 
dem jungen Giselher sogar seine Tochter Dietelind angelobt. Als 
dieselben darauf mit ihren Becken Hagen, Volker u. a. in Rüdi- 
gers Geleite als des Hunnenkönigs geladene Gäste auf der Etzel- 
burg angekommen waren, und auf Anstiften der rachedurstigen 
Kriemhilde, Etzels Gemahlin^ sich ein blutiger Kampf zwischen 



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— 27 — 

den Burgunden und Hunnen entsponnen hatte, in welchem diese 
den Kürzeren zogen, da forderten Etzel und Kriemhilde Rüdiger, 
ihren „Mann'^, der Land und Burgen von dem Hunnenkönig em- 
pfangen, zur Hilfe, zum Kampf mit den Burgunden auf. Ja si^ 
baten den lange Widerstrebenden, der ihnen sein inniges Verhält- 
niss zu dem Burgundenkönig zu bedenken gjegeben, gar fussföUig 
darum. Aber er konnte sich immer noch nicht dazu entschliessen. 
Lieber wolle er, sprach er jammernd zu Etzel, Land und Burgen, 
welche er von ihm empfangen, wieder zurückgeben und als eia 
Bettler heimatlos herumirren. Das Anerbieten half ihm nichts: er 
musste als Dienstmann seinem Eid gemäss gegen seine Gastfreunde, 
seinen eigenen Eidam die Waffen ergreifen. Ja selbst Lehen, 
welche der Di^nstmann neben den eigentlichen Beneficien von 
seinem Herrn erhalten, scheinen ihn enger als wir es beim Va- 
sallen gefunden, an denselben gebunden zu haben (s. Beleg 25). 

In Betreff derjenigen Klasse von Freien, in welche der ritter- 
bürtige Dienstmann, welchen der „Schwabenspiegel" dem sechsten 
Heerschild zuweist, nach seiner Freilassung eingetreten, bestimmt 
derselbe (S. 74) : lässt ein Laienfürst oder Vollfreier seinen Dienst- 
mann frei, der von ritterlicher Art geboren ist, so erhält der die 
Eechte der Mittelfreien. Diese standen im fünften Heerschild, 
zwischen den Vollfreien und Gemeinfreien, da die Dienstmannen 
nach dem genannten alten Gesetzbuch gar nicht als Freie galten, 
waren Lehensmannen der Vollfreien, während diese es nur von 
den geistlichen Fürsten sein konnten. Den grossen Unterschied 
zwischen den Vollfreien und Mittelfreien findet das „Schwäbische 
Landrecht" namentlich auch darin, dass nur jene zum König wähl- 
bar seien. Das früher (im 12. Jahrhundert) niedergeschriebene 
„sächsische Landrecht^^ stellte den freigelassenen Dienstmann zur 
Klasse der freien Landsassen, während der „SchwabenspiegeP^ 
diesen den „eigen man^' zuweist, welchen sein Herr freigelassen hat. 

Mancherlei Umstände mögen es gewesen sein, welche die förm- 
liche Freilassung der Ministerialen herbeigeführt oder wenigstens ge- 
fördert haben. Sicherlich darf man hier zunächst daran denken, 
dass gegen den Schluss des 13. Jahrhunderts viele Grafen- und 
Dynasten-Häuser in ihrem Besitzstände^ in ihren Vermögens- Ver-' 



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— 28 — 

iältnissen sehr herabgekommen waren. Und nicht wenig hat hiezu 
beigetragen, dass manche derselben eben eine sehr grosse Anzahl 
Dienstmannen hatten, deren Beneficien und Lehen das Hausgut 
nothwendig sehr geschmälert haben müssen. Ein uns sehr nahe- 
liegendes und dabei sehr sprechendes Beispiel ist das im 12. Jahr- 
hundert sehr mächtig gewesene Geschlecht der Pfalzgrafen von 
Tübfngen. Im Jahr 1 180 ritt der junge Pfalzgraf Eudolf von 
Tübingen mit einem Gefolge von 130 „satellitibus'^ auf den 
Eeichstag des Kaisers Friedrich I. in Ulm. Am Schluss des 13. 
Jahrhunderts war das Haus in seinem Besitz sehr heruntergekom- 
men und mit grossen Schulden belastet. 

Der gesunkene Wohlstand der Herrenhäuser hatte einerseits 
die Folge, dass dieselben nicht mehr im Stande waren, den Ver- 
pflichtuDgen gegen ihre Dienstmannen nachzukommen, anderer- 
seits kann es Ihnen erwünscht gewesen sein, wenn sich diese gegen 
eine Summe Geldes loskaufen wollten. Und an den hiezu nöthlgen 
Mitteln dürfte es manchen Dienstmannen-Geschlechtern nicht ge- 
fehlt haben, da viele derselben sehr begütert, die Diener reich i), 
die Herren aber arm geworden sind, nachdem die Beneficien mit den 
Lehen erblich geworden waren (s. Beleg 17). Nehmen wir noch 
hinzu, dass der Besitz der Ritter wüi'de den Ministerialen als Ge- 
nossen neben seinen Dienstherrn stellte, so erscheint das persönlich 
abhängige Dienstverhältniss desselben als eine Stellung, welche 
zu manchen Unzuträglichkeiten führen musste und wohl da und 
dort nur mit Widerwillen ertragen wurde. Dies zeigt sich auf- 
fällig bei den mehrgenannten vier Hof beamten : im 1 4. Jahrhun- 
dert wird derselben nur selten erwähnt, und wenn auch ein Schenke 
oder Truchsess vorkommt, so war der Amtstitel zum Familien- 
Namen, zu welchem noch der des Burgsitzes kam 2), und 
die vormaligen Hofdiener waren Herren geworden , welche nur 
bei besonderen festlichen Anlässen Ihr Amt versahen. So gab*es 



1) Hartmann von Aue spricht in seinem „Erec'' auch von einem Grafen, 
welcher „riche dienstman" hatte. V. 6277. 

2) z. B. die zoUerischen Schenken von Zell und Staufenberg, die Truch- 
sessen von Heimertingen (vom Geschlechte der Ritter von Wafdeck). Mon. Zoll. 
I. Bibliothek des lit. Vereins. I. 3* 2, 



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— 29 — 

dann an den Höfen der weltlichen und geistlichen Fürsten Ober-, 
Mittel- und Unter-Schenken etc. Und wenn sich die stolzen ritter- 
lichen Herren zu persönlicher Dienstleistung herbeiliessen, so ge- 
schah es mitunter, um der herkömmlich damit verbundenen Ge- 
bühren theilhaftig zu werden *). 

Dabei waren die Zustände des deutschen Reichs in der zweiten 
Hälfte des 13. Jahrhunderts ganz dazu angethan, das Bestreben 
der Dienstmannen, sich von ihrer persönlichen Abhängigkeit loszu- 
machen imd zu Vasallen aufzuschwingen, zu unterstützen: eine 
Reihe von Jahren kein allgemein anerkanntes tüchtiges Ober- 
haupt ; Zwietracht, Selbsthilfe, Faustrecht an der Tagesordnung ; 
Fürsten und Grafen allgemein bestrebt, sich aus ihrer ursprüng- 
lichen Stellung als Vasallen des Reichs zu Landesherren emporzu- 
öchwingen, ein Streben, dem mit andauerndem Erfolg zu steuern 
auch König Rudolf von Habsburg nicht gewachsen war. Daher 
kein Wunder, dass sich's auch in den Reihen der Dienstmannen ge- 
waltig regte und diese allem aufboten, um aus ihrer beengenden, 
ihnen nahezu unerträglich gewordenen Lage herauszukommen, 
und sich in die Reihen der Vasallen zu stellen. •* 

Ohne besondere Vergütung wurde ein Dienstmann frei, wenn 
er in ein Kloster eintrat, wie er auch von einem Kreuzzug durch 
seinen Herrn nicfet zurückgehalten werden konnte. 

Sicherlich ist es indess auch vorgekommen, dass ein Herr 
einen beliebten, um sein Haus verdienten Dienstmann aus freien 
Stücken und ohne eine Geldentschädigung zu verlangen, freige- 
lassen hat, vielleicht auch, um ihn zu einem Richter über Freie zu 
setzen (s. S. 5). 

Zum Aufhören der Ministerialität trug endlich auch der Um- 
stand bei, dass am Schlüsse des 13. und im Laufe des 14. Jahr- 
hunderts manche Grafen- und insbesondere Dynasten-Geschlechter 



1) So erhielt, wie bereits bemerkt, der Basler Mittel-Marschalk das 
Ross des Bischofs, der Mittel-Schenk den Wein, welcher angestochen und bei 
dem festlichen Gelage übrig geblieben, der Mittel-Trucbsess alles übrig gebliebene 
Essen wie auch das noch Ungekochte, der Kämmerer das Bett, die Kissen 
und Pfui wen, darauf der Bischof geschlafen. Basler Dieustmannen-Recht 
a. a. O. S. 25. 



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— 30 — 

ausgestorben *) sind, wodurch die Ministerialen derselben nach Um- 
ständen von ihrem Dienst frei wurden. Am Schlüsse des 14. Jahr- 
hunderts gab es keine Dienstmannen mehr ; sie bildeten nun neben 
den alten Freien, welche indess noch im 15. Jahrhundert besonders 
bezeichnet wurden (s. Beleg 33), den niederen Dienst- oder ritter- 
schaftlichen Adel. Innerhalb hundert Jahre hatte sich die grosse 
Wandlung allermeist und spätestens vollzogen. Mit stolzer Ver- 
achtung sahen die Kitter, welche Herzog Leopold von Osterreich 
im Jahr 1386 gegen die vier Waldstädte Luzern, Schwyz etc. 
geführt und unter denen sich manche fanden, deren Ahnen schwä- 
bischen Dienstmannen-Geschlechtern angehörten, auf das Hirten- 
volk vonSchwyz etc. herab; hundert Jahre zuvor aber hatte König 
Eudolf I., Leopolds Ahnherr, Dienstmannen nicht für würdig ge- 
halten, zu Richtern über die gemeinfreien Leute von Schwyz 
gesetzt zu werden (s. Bei. 35). Viele Geschlechter waren aus dem 
Dienstmannen-Verhältniss schon früher herausgetreten. Am frühe- 
sten gieng die Ministerialität im Südosten des deutschen Reiches, 
in den Herzogthümern Osterreich und Steiermark unter Begün- 
stigung der dortigen Fürsten unter. Schon um die Mitte des 13. 
Jahrhunderts wurden dort aus den Dienstmannen jjLandes- 
herren* *) d. h. Herren im Lande genannt, waren meist zu einem 
sehr ansehnlichen Grundbesitz und grossem Einfluss ^) gelang- 
ten. Doch waren dieselben zur Zeit des Königs Rudolf I. in der 
Hauptsache aus ihrer Stellung als Dienstmannen noch nicht heraus- 
getreten, aber, und nicht ohne Erfolg bemüht, sich zu Vasallen 



1) Wir haben in Beleg 32 eine Anzahl solcher schwäbischen Dynasten- 
Geschlechter anfgeföbrt. 

2) Ja schon Hartmann von Aue gibt in meinem Gregorjus (V. 31, 63. 
59, 374, 2016) den Dienstmannen des Fürsten von Aquitanien, welche er 
sonst als dessen „Gesinde'* aufführt und die denselben ihren „gebomen 
herren" nennen, den Titel „herron von den landen, lantherren", wohl zum 
Unterschied von der übrigen Masse des gemeinen „armen" Volks. 

3) Dazu gehörten auch u. a. die von L ich ten stein, welche am Ende 
des 13. Jahrhunderts bereits selbst Dienstmannen hatten und die Ahnen des 
jetzigen fürstlichen Geschlechts sind; die von Wildon, von welchen einer 
noch 1191 Dienstmann u«d zwar Truchsess des Herzogs von Steiermark ge- 
wesen (s. Beleg 15). 



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— 31 — 

emporzuschwingen, wobei es indess zu sehr ernsten Zerwürfnissen 
mit dem Böhmenkönig Ottokar und Rudolfs Sohne Albrecht, dem 
neuen Herzog des Landes, kam, daher dieser zur grossen Un- 
zufriedenheit der „Landherren" den niederen schwäbischen Adel 
in's Land gezogen. 

Die Zahl der Dienstmannen -Geschlechter war naturgemäss 
viel grösser als die der Grafen, Dynasten und eigentlichen freien 
Herren, daher findet man, da zum{\,l von Letzteren viele früh aus- 
gestorben sind, von der Mitte des 14. Jahrhunderts an nameutlich 
auch in Schwaben einen sehr zahlreichen Stand, der aus Mittelfreien 
bestand, allermeist aus der Ministerialität hervorgegangen war und 
den „ritterschaftlichen Adel" bildete. Bei manchen von demselben 
haben sich die Attribute ihres vormaligen Dienstverhältnisses — 
Truchsess, Schenk, Maier, Vogt etc. — noch lange hin erhalten ; bei 
andern sind sie bald verschwunden und die Diener-Titel haben sich zu 
Herrentiteln umgemodelt (s. Bei. 17). So hatte denn fast jedes ge- 
ringe Dorf „seinen eigenen Adel", wie man sich auszudrücken pflegt. 
Der sass auf seinen Schlössern, in der Nähe oder inmitten seiner 
Besitzungen, welche er von seinen Ahnen als Eigen, erbliche Be- 
neficien und Lehen überkommen hatte, und wozu die Einwohner 
des Dorfes meist als Grundholden gehörten, und manches Ge- 
schlecht war schon im 14. Jahrhundert zu ausgebreitetem Be- 
sitzstande gelangt (s. Beleg 17 und im dritten Abschnitt die an- 
gebliche „Freiherrschaft Owe"). Die Zahl der freien Landsassen da- 
gegen war inzwischen fastauf Null herabgesunken. Mancherlei Um- 
stände : z. B. Schutzbedürftigkeit in den wilden Fehdezeiten, ein 
allzu gering gewordener Besitz von Eigen hatten manchen gemein 
Freien genöthigt, sich zunächst zum Schutzhörigen des Ritters zu 
machen, der auf dem nahen Schlosse sass ^). Im Übrigen haben List 
und Gewalt das Ihrige gethan, um die Freiheit des gemeinen Landvol- 
kes vollends zu vernichten. Berichte von Zeitgenossen, welche mit- 
unter dem Adel angehört haben *), berechtigen zu solcher Anklage. 



1) So war nach Hartmanns von Aue „Armem Heinrich'* ein freier Bauer 
erblicher „Maier" eines dem Freiherrn von Owe gehörigen Hofes und dieser 
dadurch dessen Schutzherr geworden. V. 267 flf. 760. 

2) „Wir han daz von der Script, daz nieman sol eigen sin. doch its ez 

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— 32 — 

Dass die Masse des Volks im deutschen Reiche der Freiheit 
verlustig gegangen und die Nachkommen der ehemaligen Mini- 
sterialen, welch' letztere nicht so frei gewesen sind als in unsern 
Tagen der nächste beste schwäbische Bauer, von dem 14. Jahr- 
hundert an auf ihren Schlössern und in den Grenzen ihrer Besitz- 
ungen zum Theil fast gleich kleinen souveränen Herren selbst 
über Leib und Leben ihrer Grundholden geböten haben ^), das 
geht im Ganzen und Grossen auf Rechnung der deutschen Reichs- 
oberhäupter, welche, zumal vom 14. Jahrhundert an, sich zu sehr 
um andere Dinge, um die Interessen ihrer Dynastieen und Erb- 
länder bekümmert haben, als dass sie ihrer hochwichtigen Pflicht, 
die Volkswohlfahrt ihres Reichs su fördern, hätten nachkommen 
können oder wollen. 

Vergegenwärtigt man sich die einen Menschen entwürdigende 
Lage, in welcher sich die Masse des Landvolks gegenüber von 
dem zahlreichen niederen Adel im 15. und 16. Jahrhundert be- 
fand, und welche mitunter den grossen Bauernkrieg mit alF seinen 
Gräueln zur Folge hatte, so klingt wie eine Mär aus dem goldenen 
Zeitalter Ottokars von Horneck ^) Beschreibung des Brauchs, 
wie in alten Zeiten die Kärnther einen neu belehnten Herzog ihres 
Landes empfangen haben. Denn war derselbe auch nur ein Cere- 
moniel gewesen, so ist doch immerhin daraus ersichtlich, dass es 
im Mittelalter eine Zeit gegeben hat, in welcher der Bauernstand 
geachtet war. Bei jjZol^ in Kärnthen, so berichtet nämlich der 



also darkommen von gewalte, vnd von twanQsal. daz nv rebt ist daz eigen 
Ivte sint". Schwabenspiegel a. a. 0. S. 32. Vergleiche auch Ulrich von Lich- 
tenstein S. 530 ff. 

1) So übten u. a. die Herren von Ehingen, ehemalige Hohenbergische 
Dienstmannen, welche sich im 15. Jahrhundert in Kilchberg (O.-A. Tübingen) 
niedergelassen hatten, im 16. Jahrhundert dort den Blatbanni allerdings nur 
als Lehen von dem Hause Habsburg-Ostreich. Es sind u. a. die Ak- 
ten des peinlichen Verfahrens noch vorhanden, in Folge dessen ein Grundboldo 
derselben wegen verschiedener Diebstähle an Früchten etc. gefoltert und dem 
Galgen überliefert worden. Vergleiche Reyschers Zeitschrift für deutsches 
Recht. Bd XIH. 8. 431 ff. 

2) War Dienstmann des Otto von Lichtenstein, eines steirischen „Land- 
herren" (s. S. 30. Note 3), und vollendete seine Reimchronik, welche in Kap. 

201 die fragliche Sitte beschreibt, im Jahr 1312. 



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— 3S — 

Eeimdicbter, befand sich auf dem Felde ein Stein, in dem ein Sitz 
ausgehauen war. In der Nachbarschaft davon sass auf einem Hofe 
ein ßauerngeschlecht, dessen Altester nach altem erblichem Recht 
jenen Sitz einnahm, sobald ein neuer, vom Reich belehnter Herzog 
in's Land gekommen. Während der Bauer solches that und das 
Volk sich umher versammelte, führten die Herren des Landes den 
Herzog in^s Frühamt und kleideten ihn darnach in die landesüb- 
liche bäuerliche Tracht Ein Stier, Schecke von Farbe und ein 
schwarz-weisses Ackerpferd waren bereit gehalten und wurden 
dem Bauernherzog zugeführt. Nun schritt dieser, indem er den 
Stier mit der eiueli, das Ackerpferd mit der andern Hand führte, 
und zu jeder Seite zwei freigeborne Herren des Landes her- 
giengen, dem Stfein zu. Wenn der neue Herzog mit seiner Be- 
gleitung vor dem Bauern angekommen war, richtete dieser an die 
Herren die Frage: ,jweristder, den ihr daher führt ?^ und Wieb, die 
Beine übereinandergelegt, dabei ganz behaglich sitzen. Darauf ant- 
worteten die Begleiter des Herzogs, ,jihn hat des Reiches Vogt 
hergesandt, darum sollet du ohne Säumen den Stuhl räumen und ihn 
darauf sitzen lassen.^ Der Bauer aber erwiederte : ,5 das thue ich nicht, 
bevor ich weiss, dass er dess' würdig ist.'' „Er^ist's'', antworteten 
die Herren. „So saget mir'', fragte dann der Bauer, „ist er christ- 
gläubig, ein guter Richter, der weder aus Hass noch aus Liebe 
richtet? Vermag er dies Land zu wahren, Wittwen und Waisen 
und geistliche Leute zu schirmen?" Hatten die Begleiter des 
Herzogs alle diese Fragen bejaht und darauf geschworen, dann 
erst räumte der Bauer den Stuhl. Den nahm nun der neue Lan- 
desherr ein und leistete einen Eid auf die Zusagen der freien 
Herren. Darauf erschien unter Zinken- und Posaunenschall der 
Adel des Landes und leistete gegen Empfang ihrer Lehen die 
Huldigung. Der Bauer aber führte den Stier und das Ackerpferd* 
als Geschenk hinweg. 



S c h m i d , Hartmann von Aue. ^ 

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Zweiter Abschnitt. - 
Der Minnesänger Hartmann von Aue. 



Erstes Kapitel 
Hartmann von Aue gehorte dem Stande der Dienstmannen an. 

Dies führt uns zunäch^ auf die Beleuchtung der Aufstel- 
lungen des Frhrn. H. C. v. Ow über ,,die Heimat und die Stamm- 
burg des Minnesängers Hartmann von Aue/' (Vierteljahrsschrift 
Germania Bd. XVI. S. 162 ff.> 

Derselbe beginnt seine Abhandlung ohne Weiteres also: 
„Her Hartman hiess nicht bloss, sondern war von Owe (I. 
Büchlein 29, Ambraser Handschr.) ein Ouwaere (Iwein 29), 
von Ouwe geborn, wie der allda ze Swäben gesezzene 
freie (stn burt unwandelbaere und wol den fürsten ge- 
lich) herre Heinrich, welchen hochgeehrten und allbeliebten 
Ahnherrn er den Nachkommen, damit sie ihm mit Gebet dafür 
lohnen mögen, besungen hat (1 — 81). Ihre Stammburg mit dem 
gleichnamigen Stättlin Owe, nach 1300 Obern-Owe genannt, 
seit 1400 Obern-Ow, endlich Obern- Au (zum Unterschied von dem 
abgetrennten jetzigen Bade Niedern-Au) — - ist eine Stunde ober- 
halb Rotenburg am Neckar gelegen, theil weise erhalten und noch 
jetzt bewohnt. Ebenso findet sich noch von ihrer zugehörigen 
freien Herrschaft Owe, — bürg und laut (wie die Strassb. Hs. 
V. 250 ff. sagt), — der Theil obdem Berge in dem Besitze 
der Reichsfreiherrn von Ow (Linie ob dem Berge) zu Wachen- 
dorf, Birlingen, Neuhaus, Altdorf u. s. w., der bis 1805 reichsun- 
mittelbar blieb, mit Urkunden auch über den anderen Theil unter 
dem Berge (der ausgestorbenen Linien); wonach silih etwa 12 
Orte und 5 Burgen des Gesammtgebiets als die alte Freiherrschaft 
Owe (des 13. Jahrhunderts) erweisen*. 

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— 35 — 

Frh. V. Ow behauptet also für's Erste : 

Der Minnesänger Hartmann von Aue habe zum 
Geschlechte des „herre Heinrich geborn von 
Ouwe'^ gehört, und sei somit wie dieser ein ge- 
borner Freiherr von Ouwe gewesen. 
Für's Zweite : 

dass sowohl der Minnesänger Hartmann von Aue 
als der „herre Heinrich geborn von Ouwe" zu 
seinen Ahnen gehören, diese somit schon im 12. 
und 13. Jahrhundert freie Herren gewesen seien. 
Unter dem ,,herre Heinrich geborn von Ouwe" hat man sich nach 
Hartmann's Darstellung im „Armen Heinrich" einen Freiherrn im 
alten. Sinne des Worts, einen Dynasten zu denken, welcher „man- 
nen" hatte, denen er gebot, die ^stnes wertes" gewärtig waren. 
(V. 1469 ff.) 

Hören wir nun, wie es sich mit der Richtigkeit der ersten 
Behauptung des Frh. v. Ow verhält. 

Der Minnesänger Hartmann von Aue stellt sich in seinem Ge- 
dichte „der Arme Heinrich" selbst dem Leser also vor : 

„der (Dichter) was Hartman genant, dienstman 
was er zuo Ouwe". So nach der Strassburger Hand- 
schrift. Zwei jüngere Handschriften des „Armen Heinrich" (die 
Heidelberger und die von Kalocsa), welche indess nicht reine 
Überarbeitungen der älteren sind, haben dagegen diese Stelle also : 
„der was Hartman genant, dienstman was er von 
Ouwe". Auf die Lesart von Ouwe statt ze (zu) Ouwe 
nun stützt sich Frhr. v. O. und zieht daraus sogleich den Schluss, 
der Minnesänger Hartmann sei von Ouwe geborn, und somit 
wie der freie Herre Heinrich ein geborner Herr von Ouwe 
gewesen. Allerdings sagt der Minnesänger H. v. Aue im Eingang 
seines ersten „Büchleins": 

„das was von Ouwe Hartman der euch dirre klage (Liebes- 
klage) began". Dies muss aber offenbar mit dem vorher- 
gehenden : 

„Minne waltet grözer kraft, 
wände si wirt sigebaft 

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36 



vil gewalticlichen 

betwanc si einen jungeJinc." 

zusammen gelesen werden. Somit will es eben sagen^ und dieser 
Jüngling (das erste Büchlein hat H. als junger Mann gedichtet) 
war Hartmann von Ouwe; war muss alsa zu Jüngling gezogen 
werden und man ist nicht berechtigt, daraus den Schluss zu ziehen, 
Hartmann habe damit sagen wollen, er sei von Ouwe, d. h. ein 
geborner Herr oder Besitzer der Burg und „herrschaft" Owe ge- 
wesen. Ganz so muss, wenn Hartmann im Eingang zu seinem 
Gregorjus sagt: „der dise rede berihte in tiusche und getihte 
daz was von Ouwe Hartman" zusammengelesen werden: der 
diese rede berichte — war Hartman von Ouwe, und der Dichter 
hat nicht damit sagen wollen, er sei von Ouwe geboren, d. h. gebor- 
ner Herr (Besitzer) von Ouwe gewesen. In Betreff der Bedeutung 
des „von Ouwe'^ vergleiche Beleg 21. Wir werden im dritten 
Abschnitt weiter nachweisen, wie wenig man auch nach der neue- 
ren Lesart „von Ouwe" berechtigt ist, solchen Schluss zu ziehen* 

Statt „dienstman was er ze (zu) Ouwe" hat nun auch Fedor 
Bech in seiner zweiten Auflage der Schriften des Hartmann von 
Aue (1873) aufgenommen „von Ouwe", überdies nach „was er" 
ein Komma gesetzt, welches indessen die erwähnten jüngeren 
Handschriften, die von statt ze Ouwe lesen, nicht haben. Der- 
selbe hat die Freundlichkeit gehabt, dem Verfasser dieser Schrift 
darüber folgende briefliche Mittheilung zu machen: „Ich fasse 
die Worte „Dienstman was er" als ein parenthetisches Ein- 
schiebsel zwischen Hartman von Ouwe (eine bei Hartmann häufig 
auftretende Satzform) auf, habe daher vor „von O u w e" ein 
Komma gesetzt. Die mir zum Theil unbeweisbaren Vermuthungen 
des Freiherrn von Ow (nämlich in der fraglichen Abhandlung in 
der Germania) haben hierbei mich nur in sofern beeinflusst, als es 
leicht möglich ist, dass Hartmann nicht in Aue, sondern wo an- 
ders sass". 

Auf die bedeutsame Frage, ob Hartmann, als er die Legende 
von dem „Armen Heinrich" bearbeitete, gerade bei einem Herrn 
von Ouwe Dienstmann gewesen sein müsse, wie man auf Grund 

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— 37 — 

der älteren Lesart bis daher mit Eecht aDgenbmmen, werden wir 
unten zurückkommen^ und das von Fedor Bech formell gerecht- 
fertigte Einschiebsel und Komma mit sachlichen Gründen rechtfer- 
tigen. Ist nun das Einschiebsel ,,dienstmann was er^^ formell und 
sachlich zu begründen^ so muss man zusammenlesen: „der Dich- 
ter was Hartman, genant von Ouwe", d. h. der Dichter stellt 
sich vor als einen Ritter (diese Würde legt er sich gleich am Anfang 
seines Eingangs zum ,, Armen Heinrich'^ bei), welcher Hartmann 
hiess, von (nach) Ouwe genannt wurde und Dienstmann war. Ganz so 
führt sich in einer Urkunde zum Jahr 1291 (s. Bei. 29) ein sicherer 
Ahnherr des Frhr. H. C. v. Ow — „Volkardus miles dictus de Owe'^ 
ein ; miles hatte aber ohne weiteren Beisatz in der Regel die Be- 
deutung von Dienstmann (s. Beleg 19). Lässt man „genant" 
weg, so erscheint der ritterliche Dichter als Hartmann von Ouwe, 
wie er sich in seinem ersten „Büchlein^* nennt. Wie viele Urkun- 
den beweisen, wird dieses genannt („dictus") bald gesetzt, bald, 
fehlt es, ohne dass man hierin etwas besonderes zu erkennen 
hat. Das Gleiche, wie genannt von Ouwe oder kurz von Ouwe will 
sagen „Ouwaere", d. h. einer, der von (der) Ouwe. Also heisst 
sich Hartmann im Eingang zu seinem Gedicht „Iwein oder der 
Ritter mit dem Löwen". 

Der Umstand, dass Hartmann auch der „Ouwaere" oder „der 
Ower" (Auer) hiess, so aber auch die Dienstleute des in dem frühe- 
ren Mittelalter so mächtig gewesenen Klosters Reichenau (im 
Bodensee) — ehedem kurzweg die Owe — genannt wurden, hat 
ohne Zweifel auf den Gedanken geführt, unser Minnesänger habe 
zu denselben, welche meist Schwaben gewesen, gehört, eine An- 
sicht, welche der f Frhr. J. von Lassberg aufgestellt hat und auf die 
wir im vierten Kapitel näher eingehen werden. Wenn indess Hart- 
mann sich in seinem „Iwein" einen „Ouwaere" nennt, so erinnert dies 
auch an den Ort Owingen (bei Haigerloch), nach welchem sich • 
die schwäbischen Ritter von Owe, zu deren Geschlecht H. höchst 
wahrscheinlich zu stellen ist, mitunter nannten (s. dritten Ab- 
schnitt), denn ein „Ouwaere" heisst soviel als ein Owinger. 

Sehen wir nun, wie der Minnesänger Hartmann dagegen den 
freien Herren von Ouwe lu seinem ,;Armen Heinrich" dem Leser 

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— 38 — 

vorführt. Wir thun dies, indem wir die ganze hierher gehörige 
Stelle geben. Sie lautet also : 

tiEr (Hartmann) las ditz selbe maere, 
wie ein herre waere 
zeSwabengesezzen: 
an dem en was vergezzen 
deheiner der tagende 
die ein riter in siner jagende 
ze vollem lobe haben sol. 
man sprach dö niemen also wol 
in allen den landen, 
er hete ze sinen banden 
gebart und darzuo richeit: 
oucirwas sin tagend vil breit, 
swie ganz sin habe waere, 
sin gebiirt unwandclbaere, 
und wol den fürsten gelich, 
doch was er unnäch also yich 
> der gebtirt und des guotes 
80 der eren und des muotes. 
Sin name der was erkennelich 
und hiez der herre Heinrich, 
und was von Ouwe geborn.** 

Hält man nun die Art und Weise, wie der Dichter sich selbst 
einführt : 

„der was Hartman genannty 

dienstman ^as er von (ze) Oawe", 

der gegenüber, wie er den von ihm im „Armen Heinrich'^ besunge- 
nen Herrn vorstellt: 

»ein herre ze Swäben gesezzen 
sin gebort nnwandelbaere 

(ohne Wandel, Makel, ein Vollfreier) 

und wol den fftrsten gelich 
and hiez der herre Heinrich 
nnd was von Ouwe gebom" — 

so müssen jedem Unbefangenen die Gegensätze auffallen, die in der 
beiderseitigen Prädicirung des bescheidenen Minnesängers liegen: 
sich selbst führt er als einen Dienstmann ein, d. h. als einen, der 
in persönlich abhängigem Dienst- Verhältniss zu einem Fürsten, 



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— 39 — 

Grafen oder Dynasten gestanden und zu dem unfreien Stande der 
Ministerialen gehörte (s. d. ersten Abschnitt); und blos von (nach) 
Ouwe genannt worden; den von ihm besungenen Heinrich da- 
gegen als einen den Fürsten und Grafen ebenbürtigen Vollfreien, 
der ein geborner Herr von Ouwe gewesen, d. h. von 
seiner Geburt her, nach der Stammburg seines Hauses Herr von 
Ouwe war. Dabei können aber nach andern analogen Fällen diese 
alten Freiherren vonOwe wohl Vasallen eines Grafenhauses gewesen 
sein und jlie Burg Owe mit Zugehör als Erblehen besessen haben 
(s. im dritten Abschnitt). Ganz so wie den herre Heinrich führt 
Hartmann von Aue in seinem Ritter-Roman „Erec der Wunder- 
aere^^ einen „graven" ein, „Oringles hiez der rtche man, von Li- 
mors (die Burg, auf welcher derselbe sass) geborn^', und hatte 
„ritter unde knechte, frouwen und dienstman so ir nie gräve m^re 
gewan". (Fedor Bech a. a. O. I. S. 201. 206.) Zugleich zeigt 
diese Stelle, dass Hartmann den Stand, welchem er angehörte, so 
angesehen hat, wie wir denselben in unserem ersten Abschnitt 
des Näheren bestimmt haben. 

Dabei liegt in der Art und Weise, wie Hartmann den 
freien herren Heinrich geborn von Ouwe einführt, nicht die ge- 
ringste Andeutung davon, dass er sein Ahn gewesen, oder er (der 
Dichter) zu dessen Geschlecht gehört habe. Ganz einfach nennt er 
denselben einen herren, der ze„Swäben gesezzen^', spricht wohl von 
„mägen^^ (Verwandten) und dem „künne^^ (Geschlecht) desselben, 
ohne aber die leiseste Beziehung auf sich. Wäre 4er Dynast Hein- 
rich V. O. sein Ahn gewesen, so hätte Hartmann solches doch 
bekannt sein müssen, zumal wenn man wie Frhr.. von Ow annimmt, 
der freie herre Heinrich von Ouwe habe kaum hundert Jahre vor 
Hartmann gelebt. Und warum sollte dieser seine Abstammung von 
dem hochfreien Herrn, die für ihn ja eine grosse Ehre gewesen 
wäre, verschwiegen, seinen Stand herabgesetzt, den des Heinrich 
dagegen so sehr erhoben haben? Auch wäre, wenn Hartmann 
von Aue dem hohen schwäbischen Adel angehört liätte, zu erwar- 
ten, dass alsdann die Minnesänger, welche bald nach ihm gelebt, 
und ihn als Dichter so sehr preisen, zu weiterem Glänze seines Na- 
mens auch seiner hohen Geburt gedenken sollten. 



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— 40 — 

Bedeutsam ist es, dass, worauf wir besonders aufmerksam 
machen; der Minnesänger Hartraann, der sich in anderen seiner 
Schriften einfach von Ouwe oder einen Ouwaere nennt, gerade in 
seinem „Armen Heinrich^' sich uns mit Bezeichnung seines Stan- 
des, als einen Dienstmann vorstellt. Da die Hauptperson in dieser 
seiner Erzählung auch von Ouwe hiess, so sah sich der ehrliche^ 
bescheidene Dichter offenbar veranlasst, zur Steuer der Wahrheit 
genauer zu bezeichnen, was es für eine Bewandtniss mit seinem 
Titel und Namen von Ouwe und dem des von ihm besungenen 
Herren habe. Darum sagt er von sich blos genannt von Ouwe, 
von Heinrich gebor n von Ouwe; desshalb führt er sich auf ak 
„dienstman", einen persönlich abhängigen Mann, jenen als einen 
reichen Freiherrn von fürstengleicher Geburt. 

Die Behauptung des Frhrn. v. Ow, welcher den 
Minnesänger Hartmann von Aue gleich Eingangs 
seiner Abhandlung ohne Weiteres zu einem gebornen 
Freiherrn von Ouwe und den Dynasten Heinrich von 
Ouwe zu dessen Ahnherrn macht, muss daher als 
durchaus unbegründet und unberechtigt verworfen 
werden. 

Wenn nun, wie unzweifelhaft. Hartmann kein geborner Herr 
(Besitzer) dei' Burg und dazu gehörigen Herrschaft Ouwe gewe- 
sen, sondern blos von (nach) Ouwe genannt war, so konnte dieser 
Name, unter dem er bekannt war, blos von dem Dienstverhältniss 
herkommen, in Sem sein Geschlecht zu dem Hause der Besitzer, 
der eigentlichen, nicht blos Titularher^en der Burg Ouwe gestanden. 
Und zwar darf man mit Rücksicht auf die von ihm mit so viel 
Wärme behandelte Maer von dem freien Herren Heinrich gebom 
von Ouwe zunächst an dessen Geschlecht denken ^). 



1) L. ÜLland sagt im zweiten Band seiner bintcrlassenen Schriften S. 
119: Hartmann war Ritter und Dienstmann (ministevialis) zu Aue (Ouwe). 
Welchem adelichen Geschlechte dieses Namens, deren es in Schwaben und in 
Franken gab, er diente, ist nicht bestimmter angezeigt. Dagegen war der 
arme Heinrich, in dessen Geschichte Hartmann ohne Zweifel 
eine Sage vom Stamm seines Dienstherrn erzählt, von Aue 
gebom und in Schwaben gesessen. Wenn Uhland die Lesart zu Aue nimmt, 
80 ändert das in dieser Ansicht nichts. 



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— 41 — 

Wir sind im Stande, durch eine grosse Anzahl urkundlicher 
Belege ^umal aus der Geschichte Schwabens im 12. und 13. Jahr- 
hundert nachzuweisen, wie es ganz im Gebrauch gewesen, dass 
Dienstmannen von Fürsten, Grafen und Dyna'sten-Geschlechtern 
sich nach ihrei) Herren, beziehungsweise nach deren Burgen und 
Besitzungen geheissen haben oder genannt worden sind (s. Beleg 
21). Man ist daher nicht berechtigt, einen Ritter N., der nach 
einer Burg, Stadt oder einem Dorf genannt ist, schon darum für 
den Herrn (Besitzer) derselben auszugeben, selbst wenn er den 
Titel dominus vor seinem Namen erhalten (s. Beleg 3). Wir können 
auch urkundliche Belege dafür beibringen, dass so überkommene 
Familien-Namen ursprünglicher Dienstmannen-Geschlechter auch , 
beibehalten und fortgeführt worden sind, nachdem das Dienstver- 
hältniss zu dem (mitunter) inzwischen abgegangenen Grafen- oder 
Dynastengeschlecht aufgehört, man dagegen in Dienste anderer 
getreten war und, begünstigt von mancherlei Zeitumständen, vor- 
nämlich gehoben durch die wiederholt erlangte Ritterwürde, sich 
in die Reihen des mittelfreien Adels emporgeschwungen hatte (s. 
Beleg 17 und 22). So konnte der Minnesänger Hartmann auch 
nachdem sein Herr gestorben, beziehungsweise sein Herrenge- 
schlecht ausgestorben, und er in Dienste eines andern getreten, 
sich immerhin noch von (nach) Owe schreiben, zumal wenn sein 
neues Herrenhaus Im Besitz der Burg Owe gewesen (s. im dritten 
Abschnitt). 

Wenn wir in dem Vorstehenden nachgewiesen haben, dass man 
durchaus nicht berechtigt ist, den Minnesänger Hart- 
mann, weil er sich „von Ouwe" heisst, zu einem gebornen 
Herrn und Besitzer der Burg Ouwe zu machen, und ihn 
dem Geschlecht des„HerreHeinrich geborn von Ouwe" 
einzureihen, so stimmt dies vollkommen sowohl zu dem, was der- 
selbe sonst über seine Verhältnisse gesagt, als auch zu den Grundsä- 
tzen und Lebensanschauungen, welche er in seinen Schriften nieder- 
gelegt hat. Schon in seinem ersten Liede (2. Bd. S. 9 f.), welches 
Frhr. v. Ow doch auch gelesen haben muss, lässt ersieh also verneh- 
men : „Diejenigen, welche ihm zureden, er solle sich um die Gunst 
edler, hochgestellter Frauen bewerben^ sollen ihn künftig damit in 

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TS!^ 



— 42 — 

Ruhe lassen, von solchen sei er bis daher nur ^^twerhes" (über 
die Achsel) angesehen worden, solch' hohes Ziel tauge nicht für 
ihn; darum werde er fürder sein Auge auf ihm gleichgestellte, 
seinen Verhältnissen entsprechende Frauen richten. Mit armen 
„wiben'^, deren es viele gebe und unter denen er eine ihm ge- 
neigte schon finde, werde er seine Zeit besser vertreiben, seines 
Herzens Wonne haben; „bei solchen habe er keine verächtliche Ab- 
weisung zu befürchtend^. Wie kann Angesichts dieser eigenen 
deutlichen Bekenntnisse des Minnesängers Frhr. v. Ow nun dreist 
behaupten, Hartmann sei ein in glücklichen Verhältnissen gebor- 
ner, reicher Freiherr gewesen. 

Sodann — wie schlecht stimmt der angebliche stolze Dynast 
zu dem, was der bescheidene Minnesänger im Eingang zu seinem 
„Armen Heinrich* wiederum selbst von sich sagt. Unmittelbar 
nachdem er sich dem Leser als j^Dienstmann* vorgestellt, lässt er 
sich nämlich also vernehmen: er habe sich in verschiedenen Bü- 
chern fleissig umgesehen und nachgeforscht, ob er darin nicht et- 
was fände, womit er lästige (widerwärtige oder langweilige) Stun- 
den angenehmer und sich selbst bei den Leuten beliebt machen 
könnte. Das weist doch viel eher auf den wirklichen Dienstmann 
hin, welcher zum Hofe eines hohen Herrn gehörte und dem im 
Mittelalter mitunter auch die Aufgabe zufiel, zur angenehmen Un- 
terhaltung seiner Herrschaft beizutragen. Hartmann gehörte also 
sicherlich nicht zu denen, welche sich an den Herrenhöfen 

„den tac vertriben ringe 

mit manegem lieben dinge; 

mit hoeren von singen und sagen 

mit beizen (Falkenjagd) und jagen, 

spilen unde scbüezen, 

tanzen und springen". 

Solch jjkurzwtle* der Herren kannte er zwar gar wohl (s. 
Büchlein I. 679 ff)., gehörte aber nicht zu denen, welche mit der- 
gleichen Kurzweil den Tag zubrachten, die ,, singen und sagen ^ (den 
Vortrag von lyrischen nnd epischen Gedichten) anhörten, son- 
dern zur Unterhaltung Anderer selbst sangen und sagten (erzählten). 
Und wenn Hartmann in ßw^na zweiten „Büchlein^ (V. 714 ff.) sagt: 

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— 43 — 

„dar zuo sibe ich durch daz j4r, 

swar ich der lande kere, 

schoener wibe m§re 

danne si (seine Geliebte) manne tno" — . 

SO deutet dies darauf hin, dass 'er gleich andern ritterlichen Sän- 
gern im Gefolge, wohl^ auch in Aufträgen seines Herrn bald 
an diesen bald an jenen Herrenhof gekommen. Mit welchem Recht 
kann nun Frhr. v. Ow (S. 165) sagen: jjHartmann beweist ja 
durch seinen Heinrich nicht blos, dass er von demselben edlen Ge- 
schlechte vonOwe „zeSwaben* entstamme^' u. s.w., während eben 
der 35 Arme Heinrich^ offenbar den Gegenbeweis liefert. 

Ganz ähnlich wie in diesem spricht sich Hartmann im Ein- 
gang zu seinem ,jlwein oder dem Ritter mit dem Löwen^ aus, 
und das hier Gesagte weist zugleich darauf hin, dass er an einem 
Hofe irgend ein bestimmtes Amt gehabt hat. Wenn er seine Zeit 
— schickt er der Erzählung seiner Maere voraus — nicht besser 
habe anzuwenden gewusst, d. h. wenn dieselbe nicht durch ander- 
weitige dringende Geschäfte, sein Amt in Anspruch genommen 
gewesen, so habe er sich mit Dichten beschäftigt und sei dabei 
vomämlich darauf bedacht gewesen, etwas zu dichten, was man 
etwa gerne hören würde. Dabei ist aber, wenn Hartraann sagt, 
er habe sich mit Dichten beschäftigt, wenn er seine Zeit nicht 
besser (j^baz^) anzuwenden gewusst, dies nicht auf „Speer und 
Schwert*, des Ritters eigentliche (und sagen wir liebste) Beschäf- 
tigung (siehe die Anmerkungen zur Ausgabe des Iwein, Berlin 
1843), zu beziehen, wie die oben S. 42 citirte Stelle aus dem 
Eingang zum „Armen Heinrich* deutlich zeigt. Wie kann nun 
Frhr. V. Ow aus diesen Worten des Dichters weiter den Schluss 
ziehen: „Hartmann habe Mittel genug gehabt, um nicht wie so 
viele des. Broterwerbes wegen, sondern nur zum Zeitvertreib zu 
dichten*. Es geschah nicht zum Zeitvertreib, sondern es geht aus 
den angeführten Worten unseres Minnesängers klar hervor, dass 
das Dichten für ihn nur eine Nebenbeschäftigung, nicht seine 
Hauptbeschäftigung gewesen. Nimmt man noch dazu, was er im 
Eingang seines „Armen Heinrich* sagt, so sieht man, dass er dar- 
auf besonders ausgegangen, die Gunst und den Beifall seiner Zu- 

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— 44 — 

hörer sich zu erwerben, wie es auch andere ritterliche Sänger ge- 
than haben. Dabei erinnern wir daran, dass noch manche andere 
Minnesänger, z. R Burkhard von Hohenfels, Rudolf von Ems, der 
Taler, dem Stande der Dienstraannen angehört und wie Ulrich 
von Singenberg, Konrad von Ijandegg, Heinrich von Hardegg, 
Hof- und andere Amter bekleidet haben^ 

Wir machen endlich darauf ^aufmerksam, wie Hartmann in 
seinem Gregorjus (V. 1493 ff.) betont, dass Armuth für einen 
Ritter keine Schande sei, im Gegentheil für ihn der Hebel werden 
könne, sich berühmter zu machen, als mancher Herr, welchem sein 
Vater unermesslich viel hinterlassen, das aber schimpflich aufge- 
gangen. Als nämlich der Abt, welcher sich des fürstlichen Findel- 
kindes Gregorjus als Pflegevater angenommen, demselben, nach- 
dem er das Jünglingsalter erreicht, zwar auch die Ritterwürde 
verschafl^t, darauf aber seinem Pflegesohn vorgehalten hatte, er 
habe nun wohl den Namen Ritter erlangt, müsse sich aber seiner 
Annuth schämen, was helfe ihn seine Ritterschaft, wenn er nicht 
auch Hab und Gut besitze? Da lässt Hartmann den armen 
jungen Ritter also darauf entgegnen : 

Manchem bringt es eitel Schaden, der mit Habe ist überla- 
den ; er versinkt in Trägheit und Weichlichkeit, was einem Armen, 
der einen strebsamen Geist hat, nie begegnet, da er, um etwas zu 
erwerben, sich auf mancherlei Art anstrengt. Wie könnte er 
seine Kräfte besser anwenden? Wenn er sich so bei der Welt 
Ehre, Achtung und Ansehen verschafften kann, so wird er ein 
glücklicher Mann, vor den Leuten und in vielen Landen berühm- 
ter, als mancher Herr. Wenn ich mit Verstand und Tapferkeit 
Gut und Ehre erwerbe, so preiset man mich mehr als manchen, dem 
sein Vater wunder was hinterlassen, der aber solches schimpflich 
durchgebracht hat. Das ist nun doch wiederum nicht die Sprache • 
und Lebensansicht eines reichen freien Herren, zu welchem Frhr. 
von Ow den Minnesänger Hartmann von Aue machen möchte. 

Frhr. v. Ow stützt seine Aufstellung, Hartmann sei jjin glück- 
lichen Verhältnissen geboren*, darauf, dass derselbe in seinen Liedern 
L 2. 39. von seiner frühereij Jugendzeit rühmt: „swaz fröudenmir 
vonkinde wonte bt*. Das lässt sich aber einfach dahin deuten^ dass 

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v 



— 45 — 

Hartmann, der Sprosse eines ritterlichen Dienstmannen - Ge- 
schlechts, als Knappe an dem Hofe seines Herrenhauses eine 
freudenreiche Jugend verlebt hat (s. oben), wozu nicht wenig 
beigetragen haben mag, dass er schon als Knabe etwa zu einer Toch- 
ter des Hauses, welche mit ihm aufgewachsen war, Neigung gefasst 
hat, mit der er aber in späteren Jahren zurückgewiesen wurde. 
Denn er schliesst dasselbe Gedicht, in dem er einen schmerzlichen 
Rückblick auf seine freudenreiche Jugend wirft, mit den Worten: 

„mir bat ein wip gen&de widerseit 
der ich gedienet h4n mit staetekeit 
Sit der stunt deich (da ich) üf mime stahe reit." 

Zweites Kapitel. 

Die Aufstellung des Freiherra von Ow, Hartmann „sei eine 
Zeit lang freier, selbstverständlich nicht geborner Dienst- 
mann des Herzogs Konrad von Schwaben gewesen" ent- 
behrt jeder Begründung, erscheint an und für sich schon 
höchst unwahrscheinlich. 

Frhr. v. Ow meint S. 164: Die Erwähnung des Meeres in 
dem ersten ^Büchlein* Hartmann's (worauf wir unten zurückkom- 
men werden) könne sich darauf beziehen, dass derselbe ^vielleicht 
im Herbst 1191 mit seinem nunmehrigen Schwabenherzoge Kon- 
rad und Kaiser Heinrich VI. nach der Krönung zu Rom von den 
Küsten Apuliens und Neapels zurückgekehrt war*; und fahrt dar- 
auf also fort: 55 Sicherer scheint, dass Hartmann dann einige Zeit 
in Franken bei eben jenem seinem Herzog Konrad ein Ehrenamt 
bekleidete, der allda schon 1189 Herzog von Rothenburg war, dazu 
1191 das Herzogthum Schwaben erhielt, 1196 aber am 15. Aug. bei 
Durlach erschlagen wurde. Nahm er doch aus Kummer unmittel- 
bar darauf das Kreuz in dem ihm lieb gewordenen Franken, dar- 
aus man ihn noch nicht gebracht haben würde, hätte nicht jener 
traurige Sommer ihn so plötzlich seines lieben hohen Herrn und 
Freundes beraubt, bei dem er immer Freude, Freundschaft, 
Treue und Ehre fand, den er pflegte und dem auch seine Fahrt zu 
Hilfe kommen sollte, damit er ihn vor Gott wiedersehe. L. 2, 1". 
und 37—40. 8, 1, 37—48. 14, 1—18 und namentlich L. 10: 

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— 46 — 

loh var mit iuweren hulden, hcrren unde mäge: 

liat unde lant diu müezen saelic sin. 

es ist unn6t daz iemen minor verte frage: 

ich sage wol für wftr die reise min. 

nnd lebte min her Salatin und al sin her 

dien braebten mich von Vranken niemer einen fuoz. 

(S. unsere Beilage 2.) 

Als ein freier Mann hatte daher Hartmann des Herzogs 
Dienste genommen und Franken wiederum verlassen, um jenen 
Kreuzzug mitzumacheU; der nach Saladins Tode (f 1193) im 
Frühjahr 1197 unter dem Kanzler Konrad, Erzbischof von Mainz, 
und dem Herzoge Bertold V. von Zähringen von Franken aus 
nach Italien und von Apulien zu Schiffe nach dem gelobten Lande 
gieng«. 

Man muss sehr bedauern; dass Frhr. v. Ow auch für dieses 
sein jjsicherer scheint^, wie bei den meisten seiner Aufstellungen 
nicht die historische Quelle angibt, worauf er sich gestützt. Nach- 
dem er 'Bartmann zu einem freien Herren gemacht und dem Ge- 
schlechte des Herre Heinrich jjgeborn von Ouwe" eingerieiht hat, 
musste er ersteren natürlich auch zu einem ^freien Dienstmann* 
des Herzogs Konrad machen. In unserem ersten Abschnitt haben 
wir aber nachgewiesen, dass — von einem freien Dienstmann des 
12. Jahrhunderts zu reden — dem Wesen der Ministerialität ganz 
widerspricht. Wenn auch vorgekommen, dass Freie sich zu einem 
Fürsten oder Grafen in das Dienstverhältniss eines Ministerialen 
begeben haben, so hatten sie darum nichts vor den übrigen Dienst- 
mannen voraus. Sie traten aus ihrem früheren Stande in den der 
Ministerialen herunter. Hartmann bekennt in seinem ^ Armen 
Heinrich* im Gegensatz zu der hohen gesellschaftlichen Stellung, 
welche er dem von Ouwe gebornen Herre Heinrich anweist, ohne 
alle Klauseln einfach und bescheiden, dass er Dienstmann sei. Nun 
soll nach Frhr. v. Ow Hartmann den „Armen Heinrich* gerade 
während seiner Dienste am Hofe des Herzogs Konrad vollendet 
haben, was indessen nicht richtig ist (s. unten). Welches Recht 
hat man nun,- die eigene Angabe des Dichters also zu deuten? 

Die Art und Weise aber, wie Frhr. v. Ow seinen „freien 
Dienstmann* Hartmann von Aue beweisen will, erscheint ganz 

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— 47 — 

verfehlt; indem er sich atrf die aus dem Zusammenhang herausge- 
rissenen Verse von Hartmann's Kreuzlied (s. unsere Beilage 1). 

,,daz ich der sorgen bin erlän 
diu managen hftt 
gebunden an den faoz, 
daz er beliben mnoz" 

beruft. Betrachtet man aber die ganze Strophe, aus deren Mitte 
die von Frhr. v. Ow citirten Verse herausgerissen sind : — 

,,Mich h4t die werlt alsd geweut, 

daz mir der muot 

sieb z* einer mftze näcb ir sent: 

d^st mir nü guot. 

got hat vil wo! ze mir getAn,. 

als ez nü stätj 

daz ich der sorgen bin erlän 

diu managen bat 

gebunden an den fuoz, 

daz er beliben muoz 

swenn^ iob in Kristes schar 

mit fröuden wünneclichen var**, — 

SO ergibt sich augenscheinlich, dass der Minnesänger nicht damit 
hat sagen, gar betonea wollen, er danke Gott, dass er nicht wie 
Andere — die Dienstmannen — durch sein Dienstverhältniss in 
der Heimat festgehalten werde, laondern als freier Mann den 
Kreuzzug unternehmen könne. Er will offenbar in dieser Schluss- 
strophe seines Kreuzliedes, welches er als jjiumber man* (junger, 
unerfahrener Mann), noch nicht Ritter, gedichtet, folgendes sagen: 
Mich hat die Welt durch den Tod meines lieben Herrn und die 
verletzende Zurückweisung meiner Liebe also gewendet (umge- 
stimmt), dass mein Sinn nur wenig auf sie gerichtet ist *). Das 
kommt mir nun zu gut. Gott hat sehr wohl an mir gethan, da es 
nun so mit mir steht, dass mir die mancherlei Sorgen und Be- 
denken erlassen sind, welche Andere in der Heimat festhalten und 



1) Erinnert an die Worte Hartmann*s in demselben Krenzlied: 
sie mich der Tod beroubet hat 
des herren min, 

-swie nü diu werlt näcfa ime gestAt 
daz laz ich sin" (es ist mir gleicbgiltig). 

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— 48 — 

machen, dass sie nicht mitfahren, während ich in Christi Schar 
mit Freudigkeit und zu meines Herzens Wonne ausziehe. Unwill- 
kührlich erinnert diese völlig sorgenlose Stimmung, in der Hart- 
mann von Aue seinen Kreuzzug angetreten, an die davon ganz 
verschiedene des Minnesängers Albrecht von Johannsdorf, der vor 
Antritt seiner Kreuzfahrt also singt: 

„Swie gerne ich var, doch jammert mich, 

wie ez nü hie geste ; 

ich weiz wol, ez verkeret allez sich; 

diu sorge tuot mir we. 

die ich hie laze wol gesimt, 

der vinde ich aller nicht" u. s w. *) 

Die Behauptung des Frhr. v. Ow, Hartmann sei nur zeit- 
weiser Dienstmann, solcher nur so lange gewesen, als er (nach des 
Frhr. v. Ow Ansicht) in Diensten des Herzogs Konrad, nachher 
wie vorher dagegen sein ,, eigener Herr* gewesen, widerspricht wie- 
derum den eigenen Angaben des Minnesängers. Denn dieser 
spricht in seinem Kreuzlied als junger Mann von seinem gestor- 
benen Herrn; im Eingang zu seinem viel später geschriebenen 
„Armen Heinrich" nennt er sich selbst Ritter und Dienst mann, 
bekennt auch, dass er sich mit seinen Schriften bei den Leuten 
habe beliebt machen wollen, wie er sich denn auch in seinem letz^ 
ten Gedicht, dem „Iwein* also ehrlich ausspricht. Hartmann 
stand also vom Jünglings- bis Mannesalter in einem 
persönlich abhängigen Dienstverhältniss, war und 
blieb Dienstmann. 

Schliesslich machen wir noch auf einen gewichtigen Umstand 
aufmerksam, welcher es mindestens höchst unwahrscheinlich macht, 
dass Hartmann von Aue in Hofdiensten des Herzogs Konrad .von 
Schwaben und, wie Frhr. von Ow angibt, in intimen Beziehungen 
zu demselben gestanden sei. Genannter Herzog wird nämlich zwar 
als tapfer und kühn, aber auch als wild und gewaltthätig, tils ein 
Schrecken für Nah und Fern, dabei — selbst nach dem Zeugniss 
der Lobredner des hohenstaufischen Hauses — als ein Sklave 
der niedrigsten Lüste geschildert, wie er auch, als er im 



*v^ 



1) H. T. d. Hagen, Minnesinger. I. S. 322. 

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T^SS^ 



— 49 — 

Sommer 119$ in einer Fehde mit Herzog Bertold V. von Zähringen 
bei Durlach im Felde gelegen, in Folge eines Angriffs auf die 
Ehre einer Frau erschlagen worden ist (s. Stalin, wirt. Geschichte 
II. S. 129). 

Herzog Konrad, des Rothbarts dritter Sohn, erinnert lebhaft an 
ein anderes Glied seines Hauses, den jungen König Heinrich VII., 
welcher wie er (Konrad) im Widerspiel mit dem allverehrten, sit- 
tenreinen Herzog Friedrich V. von Schwaben (f 1191 vor Akkon) 
ein höchst ausschweifendes Leben geführt hat, und dessen Umge- 
bung Gaukler und Possenreisser, Tänzerinnen und Harfenspieler, 
Fideler und Fahrende, lustige, freche Jagdgesellen, lüderliche Ritter 
und Sänger gewesen sind, deren schlüpfrige Minnelieder das Laster 
vergöttert und Herz und Sinn des jungen Königs vergiftet haben. 
Gleich und gleich gesellt sich gern — ist für alle Zeiten 
und Verhältnisse ein wahres Sprichwort. Vergegenwärtigen wir 
uns daher mit Rücksicht auf die Frage, ob Hartmann von Aue des 
Herzogs Konrad von Schwaben freiwilliger Dienstmann, Freund 
und Verehrer gewesen sein könne. 

Hartmanns Schicksale, Grundsätze und Haltung 
im Dienst der Frauen-Minne*). 

* Hartraann verehrte und liebte schon von seinen Knabenjahren 

an, ,jals er noch auf dem Stabe ritt^ (Lied 2), eine hochgestellte 
Frau, oder wie man jetzt zu sagen pflegt, eine Dame von hohem 
Stande. Es erinnert dies unwillkührlich an den steirischen Ritter 
und ,j Landherren'' Ulrich von Lichtenstein, welcher, da er noch 
jjdie Gerten ritt'*, sich vornahm, er wolle, wenn er zu seinen Jahren 
gekommen, mit Leib und Gut, Blut und Leben den Frauen immer 
dienen und der, als er von seinem zwölften bis siebzehnten Jahre 
einer Frau „von hoher Art** als Knappe diente, das Wasser trank, 
in welchem dieselbe ihre „wtzen hendelin" gewaschen hatte. 

So mag auch Hartmann, als er am Hofe seiner Dienst- 
herrschaft erzogen worden und als Knappe diente, von den 
Knabenjahren an zu einer Tochter derselben, welche in harm- 
loser Weise seine Gespielin gewesen, eine Neigung gefasst haben, 

X) Es dürfte auch in anderer Beziehung am Platze sein, wenn wir in 
unserer Abhandlung üi>er den Minnesänger hierauf etwas näher eingehen, 

Schmid, H*rtmann voa Aue. Digitized b^V^OOQlC 



— 5Ö — 

deren er sich Indess erst bewusst wurde, als beide das Kindesalter 
hinter sich hatten. So bekennt auch Ulrich von Lichtenstein, dass 
erst, nachdem sein Vater ihn aus dem Dienst seiner Frau genom- 
men und an den Hof des Markgrafen Heinrich von Osterreich 
gebracht hatte, ihm j^der Minne Kraft in seinem Herzen bekannt 
geworden*; und er in seinem neuen Dienste mit dem Herzen noch 
immer bei seiner früheren Herrin gewesen sei. 

Zum Jüngling herangewachsen mag Hartmann in einer Stunde 
unbewachten Zusammenseins mit seiner nun zur blühenden Jung- 
frau herangewachsenen Gespielin aus den Knabenjahren dieser im 
Drange seines Herzens seine Verehrung und Liebe geoffenbart haben. 
In ^siner törheit* meinte er, die Tochter seines Herrn werde die 
Huldigung des Sohnes von einem Dienstmanne ihres Vaters sich ge- 
fallen lasfeen und seine Liebe erwiedern, fasste ein Herz und 
sprach zu ihr : j^ich hän mtne sinne gewant an iuwer minne* (Lied 1). 
Es kann dies bald nach dem Tode seines Herrn geschehen 
sein. In dem aufrichtigen tiefen Schmerz über den Hingang des- 
selben, den er wie seinen Vater verehrt und geliebt hatte, waren 
sein und seiner Geliebten Herz eins und in solch' gemeinsamer 
weicher Stimmung kann sein Geständniss erfolgt sein. Aber er 
täuschte sich in seiner Hoffnung gewaltig. Sein Liebesgeständniss 
wurde ungnädig aufgenommen (Lied 2) und das edle Fräulein sah 
ihn ^twerhes" (verächtlich über die Achsel) an (Lied 1). Darum war er 
übrigens demselben nicht gram. Er schreibt in seiner Bescheidenheit 
air sein Missgeschick in seiner ersten Liebe seiner niedrigen Lebens- 
stellung undArmuth, seiner Un erfahr enheit, seinem Mangel an höfi- 
scher feiner Bildung, an den ritterlichen Tugenden zu, durch welche 
die Gunst der Frauen zu gewinnen ist (Lied 2. 4). Mit seiner freu- 
denreichen Jugendzeit hatte es nun in doppelter Weise ein Ende : 
seines geliebten Herren Tod lag schwer auf ihm, dazu konnte er 
es nicht verschmerzen, dass die Verehrung und Liebe, mit welcher 
er seit den Knabenjahren seiner „Frauen* zugethan gewesen, von 
dieser so ungnädig abgewiesen worden (Lied 2). 

Bei diesem doppelten Leide bemächtigte sich seiner eine 
Stimmung, in der er das weltliche Treiben mit gleichgiltigen 
Augen ansah; auch der blumenreiche Sommer in der sonst so 

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— '51 — 

schönen Heimat hatte keine Reize mehr flir ihn; nichts fesselte ihn 
da mehr ; leichten, freudigen Muthes nahm er das Kreuz und kei- 
nen herben Abschied kostete es ihn, als er mit des hl. Kreuzes 
Zeichen geschmückt aus der Heimat weg fuhr. 

Ab „tumber kneht* (d. h. nicht Ritter) war Hartmann unter 
dem greisen Kaiser Friedrich I. in*s hl. Land gezogen. Als Ritter 
kehrte er wieder glücklich in die Heimat zurück. Er hatte sich 
während seiner langen Abwesenheit die höfische Bildung angeeig- 
net und die Kun^t erlernt, wie ein Ritter die Gunst einer Frau er- 
langen kann (s. das dritte Kapitel dieses Abschnitts). Er knüpfte 
auch wirklich ein zweites Minne- Verhaltniss an ^) und hatte bei deniT 
selben mehr Glück als zuvor. Ja eine durch Geburt, Schönheit, Ju- 
gend, und Bildung ausgezeichnete ^Jungfrau* gewährte, ohne 
Angehörige zu* fragen, seine Bitte um Minne mit Gefahr, ihre 
Ehre verdächtigt zu sehen. Doch darf man hiebei an kein sträf- 
liches Verhältniss denken, da Hartmann in seinem an die Dame 
seines Herzens gerichteten (zweiten) „Büechel^ (s. unten) neben 
der Treue vornämlich auch die Keuschheit, welche von Gott und 
Menschen geehrt werde, besonders preist. Aber diese seine Lie- 
bes-Seligkeit wurde vielfach getrübt und verkümmert: die verhasste 
jjHuote* stellte sich zwischen die beiden Liebenden, welche sich 
desshalb nur selten unbeobachtet sehen konnten und dabei einan- 
der wie frömd gegenüberstehen mussten. Dazu kam, dass Hart- 
mannns Dienstverhältniss ihn nöthigte, das Jahr durch im Gefolge 
seines Herrn bald da bald dorthin zu fahren, und längere Zeit fern 
von dem Wohnort seiner Geliebten sich aufzuhalten. (Zweites 
Büchlein V. 663 ff. 714 ff. 734 ff. Lied IL S. auch oben S. 43.) 
Das schuf Hartmann schweren Kummer, grosses Herzeleid und fast 
wäre er darüber von Sinnen gekommen. Da riethen ihm Freunde, 
er solle den Liebeskummer durch Liebe vertreiben. Er versuchte 



1) Dass Hartmann nach dem Tode seine« Herrn, der ihn so tief er- 
griflfen, bei dem „varenden leid'' über dio verletzend« Zurückweisung seiner 
ersten Liebe noch vor dem Antritt der Kreuzfahrt sein zweites Minneverhalt- 
niss angeknüpft und dieses sich in dem Zeitraum von etwa anderthalb Jahren so 
zu sagen ganz abgewickelt haben soll, wie VV. Wilmanns annimmt, können 
wir nicht glauben (s. unten). 

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— 5^ — 

es auch und hatte Glück selbst bei Frauen über seinem Stande. 
Aber es half ihm nichts. Der gegebene Rath erwies sich bei ihm 
als freche Lüge. Selbst j^in den Armen^ einer Frau^ welche seiner 
jyGuoten* weder an Stand, noch an Tugend und Schönheit nach- 
stand, kam ihm diese nicht aus dem Sinn. Ja es entfiel seinen 
Lippen deren Name. Und wenn seine neue Liebe ihm darauf vor- 
gehalten, j, Geselle, du bist mit deinen Gedanken ja bei einer an- 
dern, minnest eine andere", da wusste er sich für den Augenblick 
' nicht anders aus der Verlegenheit zu helfen, als dass er schwur, 
es sei dem nicht also. Nachdem er aber eingesehen, dass das an- 
gerathene Mittel bei ihm die gepriesene Wirkung versagte, so 
suchte er auf andere Weise über seine trübe Stimmung Herr zu 
werden : er hub nämlich, wenn solche über ihn kam, an, ein fröhlich' 
Lied zu singen. Und das half auch für eine Zeit, aber picht auf lange. 
Bald, ^ehe man eine Meile geritten wäre^, kämpften schon wieder 
in ihm Freude und Herzeleid, und der Liebesgram, die Sehnsucht 
nach der fernen j,Guoten* gewann den Sieg. Und nach Kurzem 
stand sein Sinn wieder so, dass, wenn ihm zwischen allen Frauen der 
Welt und seiner Liebe die Wahl frei gestanden, er alle jene um 
diese hätte fahren lassen. Er sah an sich selbst die Wahrheit des 
Spruches erfüllt: j^daz rechte lieb niht zerg^^, und sprach bei 
sich : sähe ich sie auch nimmermehr, so muss sie dennoch mein sein 
und bleiben. Und wenn er das Jahr hin, da er durch das Land 
gefahren, der schönen Weiber viel gesehen, wie fern und wie 
lange er von seiner jjGuoten^ gewesen, so thatalF das seiner Treue 
und Liebe zu derselben nicht den mindesten Eintrag und er machte 
das Sprichwort: j^daz üz ougen daz üz muote* (aus den Augen, 
aus dem Sinn) förmlich zu Schanden. Seiner Geliebten kund zu 
thun, dass er auch auf Irrwegen sie nicht vergessen, längst aber mit 
Sinn und Leben und auf immer ihr eigen sei, sandte er ihr sein 
(zweites) j^Büechle''. Es trug der Vorsicht halb keinen Namen — be- 
durfte auch dessen nicht, die Leserin erkannte darum doch den 
Verfasser -— und schloss mit der Widmung: 

„Kleinez büecbel, swä ich si, 
so wone mtner frouwen bi, 
wis min zunge und min munt 
und tuo ir statte minne kunt, 

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— 53 — 

daz st doch wizze daz ir 8$ 

min herze ze allen zitcn bi, 

swie verre joch (auch) der lip var. 

zware sul wir immer gar 

ein ander werden benomen, 

daz muoz von ir schulden kommen^^ 

Das ist nun weit entfernt doch nicht die Sprache, das Gebah- 
ren, es sind nicht die Grundsätze eines Verehrers von dem jungen 
hohenstaufischen Wüstling. Und wenn Frhr. v. Ow gar sagt, 
Hartmann habe den ^ Armen Heinrich* während seines Aufenthalts 
in Franken, also eben am Hofe des Herzogs Konrad vollendet, so 
sagen ^ir: die ganze Stimmung, in der die Wärme, mit welcher 
der Sänger die ^liebliche idyllische Legende gedichtet, aus der 
wie aus reinem Kindesauge ein klarer Himmel von Unschuld und 
Hingebung leuchtet'^, die sittlichen Grundsätze, welche er darin 
ausgesprochen, die Weltanschauung, welche sich darin kundgibt — 
air das passt doch gar nicht zu einem Verfasser, welcher am Hofe 
des höchst sittenlosen Herzogs gelebt haben, dessen Freund 
und Geselle bei den wüsten Gelagen gewesen sein soll. Kann 
man glauben, der ^reine^' Hartmann von Aue werde „freiwillig* in 
die Dienste des jungen, tyrannischen und lüderlichen Herzogs ge- 
treten sein, sich dessen ,5 Freundschaft* gerühmt haben und nach 
dessen schmählichem Tode noch mit so inniger Verehrung ihm 
zugethan gewesen sein, wie er in seinem Kreuzliede: „dem kriuze 
zimt wol* .von seinem Herrn offen bekennt? Gewiss nicht. 

Drittes Kapitel. 

Hartmanns von Ane Krenzfahrt. 

Wirft man die Frage auf, an welchem Kreuzzuge hat Hart- 
mann von Aue Theil genommen? so können, da er zwischen 
1210 und 1220 gestorben sein muss, nur die beiden Kreuzzüge 
von 1189 — 91 und von 1197 — 98 in Betracht kommen. Lachmann, 
W. Wilmanns und mit ihnen Frhr. v, Ow nehmen an. Hartmann 
habe den Kreuzzug von 1197 — 1198 mitgemacht, und dies ist es 
wohl, was den Freiherren mit Kücksicht auf das Kreuzlied : „dem 
kriuze zimt wol*, in welchem der Dichter den Tod seines Herrn 
• 

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' _ 54 - 

beklagt, auf die Vermuthung gebracht hat, Hartmann werde bei 
Herzog Konrad, der 1196 gestorben, in Hofdiensten gestanden 
sein. Die Frage, welchen Kreuzzug Hartmann mitgemacht hat, 
ist in mehrfacher Beziehung, namentlich auch in Betreff der Hei- 
mat desselben von besonderer Bedeutung, daher wir, ehe wir uns 
über diese aussprechen, dieselbe näher erörtern und zu entscheiden 
suchen. Zu diesem Behuf bringen wir zwei darauf influirende 
Punkte zur Sprache, nämlich : 

1) Diewahrscheinliche Reihenfolge und Zeit der Abfassung der 
Hauptwerke Hartmanns namentlich gegenüber von dessen Kreuzfahrt. 

2) Die Frage: ob derselbe auch der Dichter des Kreuzliedes 
„ich var mit iuwern hülden* (s. Beilage 2) ist ? 

ad 1. Wie nun so ziemlich allgemein und mit Grundan genom- 
men ist ^), gehören der Ritter-Roman jjErec*, das erste „Büchlein" 
nebst den meisten Liedern Hartmanns dessen frühester Dichterperiode 
an, und ,jlwein, der Ritter mit dem Löwen^', ist von den auf uns ge- 
kommenen Werken desselben das letzte; dem „Iwein* am nächsten 
Hegtder ^ArmeHeinrich*; aufdenErec folgt sehr wahrscheinlich 
„Gregorius*. Das zweite j,Büchlein* fällt nach der Ansicht 
von Fedor Bech H. S. 116 weit später als das erste, etwa nach 
Gregorius. Über die Zeit der Abfassung lässt sich bestimmt nur 
so viel sagen, dass der jjlweiu^, der Ritter mit dem Löwen, 
dass vollendetste und bedeutendste der Werke Hartmanns, vor 
1204 schon fertig war, wie aus der Erwähnung desselben in Wol- 
frams von Eschenbach Parzival hervorgeht (Fedor Bech H. S. 
VI). In welchem Jahr etwa die ersten grösseren Schriften Hart- 
mann's, der jjErec* und das erste ,jBüchlein*, in Angriff genom- 
men worden, lässt sich, wenn die Kreuzzugfrage mit in Betracht 
gezogen wird, wenigstens so ziemlich genau bestimmen. 

Im ,jErec*, in welchem (1603 und 7479) sich Hartmann 
einen „tumben kneht* (also nicht Ritter) nennt, vergleicht er 
(V. 7790 — 7796) den sanft wiegenden Gang eines guten Zelters 
mit dem Dahingleiten eines Schiffes auf glattem Meeresspiegel bei 
günstigem Winde, In einer andern Stelle (7062—7065) führt er 



1) 8. Fedor Bechs Aasgabe der Schriften Hartmanns Ton Aue. 2. Auflage. 

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— 55 — . ' 

dem Leser das Bild vor, wie des Meeres Fluten einen ^schefbrü- 
chigen man* auf einem Brett an's Gestade getrieben. Nachdem er 
endlich in einer dritten Stelle des genannten Ritter-Romans wie- 
derum von dem Meere, dazu noch von den Wundern, welche des- 
sen Grund bergC; gesprochen, findet er für nöthig, seinen Freunden 
zu rathen, sie sollen ja daheim bleiben und sich nicht von der Neu- 
gierde zu einer Meerfahrt verlocken lassen. Sie könnten's ihr Leb- 
tag schwer zu bereuen haben. Und zwar sind diese Schilderungen 
Hartmann's eigene Zuthaten; sie finden sich nicht in dem Hel- 
den-Roman des Nordfranzosen Christian von Troyes, welcher 
ihm bei seinem j^Ereo.* vorgelegen ist. Sodann schildert Hartmann 
in seinem ersten ,, Büchlein*, in dessen Eingang er sich einen j^junge- 
linc* nennt ^) (V. 352 — S66), anschaulich, wie oft, nachdem kurz 
zuvor das Meer vollkommen ruhig gewesen^ vom Grunde desselben 
sich ein Wind hebe, das Grundgewelle in Bewegung gesetzt werde, 
und so ohne Einwirkung eines Landwindes das Meer in hohen Wel- 
len daher gekommen, jjVil njanne ^eu tot gegeben, vil manegen ve- 
sten kiel versenket indes meeresgiel* (Schlund). 

Wenn nun in solcher Weise der Bewohner eines Binnenlandes, 
ein junger Schwabe, der sonst noch wenig erlebt, wie's scheint mit 
Vorliebe und-lebendiger Schilderung das Meer und dessen verschie- 
dene Erscheinungen vergleichend in den Bereich seiner Betrachtun- 
gen gezogen, so muss man doch annehmen, dass er von alF solchem 
Augenzeuge gewesen. In der That schiebt Hartmann in die letzte 
Schilderung die Bemerkung ein: ^daz ist allen den wol kunt, die 
da mite gewesen sint.* Auch sagt er ganz bezeichnend: ^daz (die 
Erregung des Meeres von der Tiefe herauf) heizent si (die An- 
wohner des Meeres oder die Schifileute) selpwege;^ er hat also 
ohne Zweifel mit solchen verkehrt. 

Hat aber Hartmann von Aue, wie sein Kreuzlied ^dem kriuze 
zimt wol* u. s. w. (s. Beilage 1) annehmen lässt, eine ELreuzfahrt 

1) Dem entsprechend sagt er (V. 1480 ff.) von sich: 
,, ganze tugent und wisen sin 
den vordert mir noch niemen zuo, 
wan (da) daz waer' mir noch al ze fruo: 
si^n sint von minen jären niht. 
den man der grdzen sinne (Bildung) gibt (beimisst)." 



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— 56 — 

mitgemacht, so ist die einfachste und nächste Erklärung davon, 
wie er wohl zu solchen Schilderungen des Meeres gekommen, die, 
er habe sie seinen eigenen Erlebnissen bei seiner Kreuzfahrt ent- 
nommen. Und wenn er im zweiten ^Büchlein* nur ein Mal und 
ganz kurz ,5 vom Meere^ redet, so ist dies eben daraus erklärlich, dass 
seine Erinnerungen bei der Abfassung desselben nicht mehr so frisch 
und lebendig gewesen sind, als bei der des ersten und des ^Erec* 
Diese Erwägungen führen zu dem Schluss, Hartmannmüsse 
den Ritterroman „Erec^ und das erste „Büchlein* nach 
seiner Kreuzfahrt geschrieben haben. In Betreff des 
Einwandes, welchen W. Wilmanns dagegen auf Hartmann's Worte 
im ersten Büchlein : j^ durch got solt ez dir sin erkannt, waer' ich 
in Oriende, wie mich din tugent überwant* — stüzt, sind wir F. 
Bechs Ansicht (III. S.IX). InderThat — also konnte nur einer sich 
betheuern, welcher im Orient gewesen ist, der mit eigenen Augen er- 
s^bhaut hat, was alles derselbe die Sinne Bestrickendes, Bezaubern- 
des, über dem man die Heimat und die Lieben dort wohl vergessen 
konnte, einem Fremdling darbietet, der zumal unter dem deutschen 
Himmel gelebt hat. Und es fragt sich nun nur, welches, war die 
Kreuzfahrt, welche der Dichtung des jjErec* und ersten Büchleins 
vorausgegangen ist ? Es kann sich, wie bereits bemerkt, bei Hart- 
mann nur um die beiden Kreuzzüge von 1189 — 91 und 1197 — 98 
handeln. Nimmt man nun an, der letztere sei der Abfassung des 
jjErec* und des ersten „Büchleins* vorausgegangen, so können 
diese zwei Schriften Hartmanns frühestens erst 1199 vollendet ge- 
wesen sein und derselbe müsste somit alle seine Werke in dem kurzen 
Zeitraum vou 1199 — 1203 zu Stande gebracht haben. Diess ist 
aber, zumal er im Eingang zu seinem „Iwein* selbst sagt, dass das 
„Dichten*, seine schriftstellerische Thätigkeit, nur eine Nebenbe- 
schäftigung von ihm gewesen, rein unmöglich. Sodann müsste, den 
Kreuzzug von 1197 — 1198 angenommen, sein Kreuzlied: „dem 
kriuze zimt wol* u. s. w. (s. Beilage 1) um 1196 — 1197 gedichtet 
worden sein. In demselben nennt er sich aber noch einen „tumben 
man, der stme libe meisterschaft nicht halten kann*, sagt auch, die 
Welt lache ihn trügerisch an und er sei eben als *) „tumber man* ihr 

1) Man kann somit nicht entgegenhalten, Walther von der Vogelweide habe 

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— 57 — 

bis dahin nachgegangen. Wie kann man nun gegenüber von j^Eree*; 
offenbar eine Jugendarbeit Hartmanns, annehmen, er habe schon 
nach wenigen Jahren eine solche Eeife des Verstandes erlangt, 
eine solche Tiefe der Auffassung gewonnen, solch' grosse Fort- 
schritte in selbständiger, freier Bearbeitung und kunstgerechter 
Darstellung gemacht, wie solche schon der ^Arme Heinrich^, noch 
mehr aber der ^Iwein* zeigt? Die Kreuzfahrt Hartmanns, welche 
der Dichtung des „Erec^ und ersten ^Büchleins^ vorausgegangen, 
muss also die von 1189 — 1191 gewesen sein. Bei derselben, 
welche von Kaiser Friedrich I., dem Rothbart,- und dessen Sohne, 
Herzog Friedrich V. von Schwaben, unternommen worden, bethei- 
ligte sich, wie von vorneherein zu erwarten, auch der schwäbische 
Adel stark. 

Und für die Betheiligung Hartmanns gerade bei dem Kreuz- 
zug des Rothbarts spricht auch ein Umstand, der nicht unbeachtet 
zu lassen ist. 

Johannes von Würzburg besingt nämlich in seinem Gedicht 
^Wilhelm von Ostreich*, welches er in ^ Latin* vorgefunden, 
1314 „getutschet*, u^d in welchem er u. a. die Schlacht bei j^Chonit* 
(bei Hartmann j^Connelant* sonst Iconium) ausführlich beschreibt, 
und besonders die Thaten der Schwaben preist, einen von „Roten- 
burg (Rotenberg), Grav CzoUer von Hohenberg und Haigerloch* 
als einen der Haupthelden und Träger der Reichsfahne, wobei man 
der Zeit nach nur an Graf Burkard I., den Stifter der hohenbergi- 
schen Linie des Grafenhauses Zollern, denken kann. Johannes von 
Würzburg war aber allem nach mit den Grafen von Hohenberg näher 
bekannt, wie denn auch ein jjH. dictus de wirzeburk* als „minister* 
(Diener) domini Burcardi comitis deli.* in einer Urkunde von 1286 
vorkommt (H. U. B. Nro. 109). 

Und Johannes v. W. musste bei seinem Bericht eine Quelle 
vor sich gehabt haben, welche den Ausgang der Hohenberger 
Linie von dem Zollerstamme im letzten Viertel des 12. Jahrhunderts 
gut kannte, wenn solche jenen Burkard I. neben Hohenberg etc. auch 



sich als Sechziger in seinem allerletzten Liede auch einen „tninben man" 
genannt. Dies auf den Einwurf von W. Wilmanns a. a. O. 8. 149. 



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— 58 — 

noch Graf von Zollern nennt. In der That kommt derselbe bald 
mit diesem; bald mit jenem Titel von 1170 — 1193 incl. mit Sicher- 
heit in Urkunden vor (H. U. B. Nro. 1—17 i). 

Im September 1189 dagegen, um welche Zeit das Kreuzfah- 
rerheer bereits daö byzantinische Reich betreten hatte , trifft man 
Burkards Bruder Friedrich, der sonst meist neben ihgi genannt 
wird^ allein bei König Heinrich VI. zu Speier (H. U. B. 
Nro. 9). 

Wenn nun auch Ansbert (Hist. de expedit. Friderici imp. ed. 
Dobrowsky) unter den schwäbischen Grafen, welche er S. 23 
als Theilnehmer des Kreuzzugs nennt, den Grafen Burkard von 
Zollern-Hohenberg nicht nennt, so ist die Angabe des Johannes 
vott^ Würzburg darum nicht ohne Weiteres von der Hand zu 
weisen und man darf annehmen, dass bei den näheren Bezieh- 
ungen desselben zum Grafenhause Hohenberg ihm eine Familien- 
Überlieferung bekannt gewesen, nach welcher jener Stamm- 
vater des Geschlechts den fraglichen ICreuzzug mitgemacht hat. 

Ueberdiess kannte Ansbert, ein östreichischer Kleriker, die* 
Schwaben nicht näher, wie aus den zum Theil entstellten Namen, 
welche er denselben gegeben, hervorgeht. 

Nun werden wir aber unten (Abschn. 3) das Geschlecht, 
welchem nach unseren späteren Ausführungen Hartmann von Aue 
höchst wahrscheinlich angehört hat, schon im 12. Jahrh. unter 
den Ministerialen des Grafenhauses Zollern-Hohenberg tretFen. 
Hat nun Hartmann einen Kreuzzug mitgemacht, so ist in Erwä- 
gung, dass Graf Burkard I., des Sängers Zeitgenosse und höchst 
wahrscheinlicher Dienstherr seines Geschlechts, an dem von 1 189 bis 
1191 Theil genommen, eben diese Kreuzfahrt auch ohne Zweifel 



1) Die urkundliche Aufführung Burkards zu circa 1190 (Mon. Zoll. Nro. 
41 und II. U. B. Nro. 10. und 11) ist ohne Zweifel der Zeit nach nicht 
ganz richtig, sondern nach dem 30. Juli 1191 oder frühestens auf diesen 
Tag zu setzen. An diesem gah nämlich Pfalzgraf Rudolf von Tübingen die 
Stiftungs-Urkunde dos Klosters Bebenhausen, in der auch Graf Burkard als 
Zeuge genannt wird, und erlaubte seinen Dienstmannen Schenkungen an das- 
selbe zu machen (s. Beleg 8). Dieselbe Vergünstigung soll auch Graf Bur- 
kard dem Kloster angeblich schon 1190 erwiesen haben, was aber nicht an- 
zunehmen ist. 



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— 59 — . 

diejenige, zu der Hartmann in des Grafen Burkards Gefolge ausge- 
zogen ist. 

Auf dem Kreuzzuge 1189 — 1191 hatte Hartmann auch Ge- 
legenheit; ein stürmisches Meer zu sehen und die Schrecken einer 
unglücklichen Meer fahrt mitzumachen. Denn als obgenannter Her- 
zog nach dem höchst verhängnissvollen Tode seines Vaters (Juni 
1 190) im September dieses Jahres mit einigen hundert Kreuzfahrern, 
den Resten des vormaligen grossen Kreuzheeres, sich von Tripolis 
nach Akkon (Ptolemais) eingeschifft hatte, brach schon nach wenigen 
Stunden ein so heftiger Sturm aus, dass drei Schiffe zerstört und 
die übrigen genöthigt wurden, wieder in den Hafen zurückzukeh- 
ren und dort günstigeren Wind abzuwarten, um theils zu Wasser 
theils zu Lande nach Tyrus und von da nach Akkon zu fahren, 
wo der Herzog Anfangs des Oktober 1190 anlangte. Mit dem 
Anfang des Winters von 1190 auf 91 wurde das Meer an der 
syrischen Küste so stürmisch, dass die Schiffe der Kreuzfahrer 
vor Akkon nicht im Stande waren, an der Küste ihre Stellungen 
zu behaupten und sich gezwungen sahen, in Cypern und an an- 
dern Inseln oder in den Häfen von Tripolis oder Tyrus Schutz 
zu suchen. (Wilken, Geschichte der Kreuzzüge 4. Band 288. 
302.) 

Mit andern zutreffenden Umständen zusammengehalten spricht 
dafür, dass Hartmann von Aue den Kreuzzug von 1189 — 1191 
mitgemacht, auch noch das, dass er in seinem Erec (V. 1999 bis 
2010) des Näheren der Stadt Iconium (j^Connelant^), welche eben 
durch denselben im Abendland bekannt geworden, Erwähnung thut. 
Und zwar ist auch dieses, wie wir es bei den Schilderungen 
des Meeres bemerkt, eine eigene Zuthat von Hartmann, da Christi- 
ans von Troyes Gedicht Connelant nicht- erwähnt. 

Endlich ist zu erwägen: Wenn Hartmann gesagt, ^ohne die 
ihn unwiderstehlich zur Kreuzfahrt treibende^ Minne wäre auch 
Saladin, wenn er noch lebte, mit alF seinem Heer nicht im Stande, 
ihn aus Franken wegzubringen, so weisst diess eben darauf hin, 
dass er das grosse Gewicht dieses Fürsten, die hohe Bedeutung 
der Persönlichkeit desselben im Orient, die Stärke von dessen 
Heer durch eigene Erfahrung und Anschauung etwas näher, nicht 



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— 60 — 

blos vom Hörensagen kennen gelernt und zu würdigen gewusst 
hat. Und es spricht somit die Erwähnung Saladins in dem 
Liede jjich Tar*, mit welchem der Minnesänger bei seinem Auf- 
bruch zu einer Kreuzfahrt Abschied nimmt, auch dafür, dass 
er die gegen Saladin zuvor -unternommene gleichfalls mitge- 
macht hat. 

Nimmt man an. Hartmann habe den Kreuzzug von 1189 
bis 1191 mitgemacht, so lässt sich schliesslich auch auf eine sehr un- 
gezwungene Weise erklären, wie er nach dem nördlichen Frank- 
reich oder in die anstossenden Niederlande gekommen und an- 
deres mehr. 

Er lässt nämlich in i^eiuem ersten „Büchlein^ — dem Zwie- 
gespräch zwischen Herz und Leib — (V. 1275 flF.) ersteres sagen, 
es habe aus ^Kärlingen* — d. i. dem nördlichen Frankreich — 
einen ^zauberlist* nach Deutschland herüber gebracht. Er meint 
damit das Zaubermittel, die Kunst, wie man sich die sieben rit- 
terlichen Tugenden — „milte, zuht, diemuot, triuwe, staete, 
kiuscheit und manheit* — erwerbe, durch die man in dieser 
Welt glücklich leben und vor Allem die Gunst der Frauen ge- 
winnen könne ^). Denn in gedachtem Theil von Frankreich und 
in den benachbarten Niederlanden, Flandern u. s. w. hatte sich 
seit der Mitte des 12. Jahrhunderts das Ritterthum mit seinen 
Idealen von Minne und Heldenthum zur höchsten Blüte entwickelt, 
und seine Formen hatten unter Vermittlung der Kreuzzüge auch 
bei einem grossen Theil des deutschen Adels Eingang gefunden. 
(F. Bech I, S. VII.) 

Wie Hartmann von Aue nach ^Kärlingen* und in die be- 
nachbarten Niederlande gekommen, die dortige Ritterschaft näher 
kennen gelernt, sich mit der französischen Sprache und den 
Werken französischer Dichter bekannt gemacht, ist bis daher 
noch nicht aufgeklärt worden. Die Angabe des Frh. v. Ow, 
Hartmann sei, „wahrscheinlich* den Herzog' Konrad von Roten- 
burg a. d. Tauber begleitend, dahin gekommen, steht ohne jeg- 



1) Wenn man einige Verse über 1280 weiter liest, so ergibt sich klar, 
dass damit nicht der „Urtext** von Erec gemeint ist, wie Frhr. v. Ow Ö. 164 
angibt. 



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— 61 — 

liehen Schein von Begründung da, und ist eben auf die blose 
Vermuthung gebaut, Hartmann sei in die Dienste des genannten 
Herzogs getreten — eine Aufstellung, deren Ungrund wir oben 
bereits nachgewiesen. 

Hat aber Hartmann als Edelknecht den Kreuzzug von 1189 
bis 1191 mitgemacht, so konnte er, der von demselben glück- 
lich zurückgekehrt sein rauss, mit dem Schwabeaherzog Friedrich 
vor Akkon gekommen sein. Dort traf er u. a. die flandrische 
Ritterschaft, welche schon 1189 unter Jakob von Avesnes auf dem 
Seeweg von Brundusium her angelangt war (Wilken a. a. O. IV. 
260). Derselbe führte, bevor (April 1191) König Philipp August 
von Frankreich angekommen war, abwechslungsweise mit Land- 
graf Ludwig von Thüringen den Oberbefehl des Kreuzfahrerheeres, 
die Franzosen brachten es aber bald dahin, dass solcher dem 
Grafen Heinrich von Troyes übertragen wurde (Wilken a. ä. 
O. IV. 286). Dies, das hochfahrende, verletzende Auftreten der 
Franzosen überhaupt, Mangel, Hungersnoth und Krankheiten, an 
denen auch der junge Schwabenherzog 1191 starb, bestimm- 
ten viele Nichtfranzoaen unter den Kreuzfahrern, sicherlich auch 
die durch die Zurücksetzung'ihres Landsmannes und Führers ver- 
letzten Flandrischen, zur Heimkehr (Wilken, a. a. O. 314. 
325). 

Bei der grossen Verehrung Hartmanns für die Ritter von 
Flandern, Brabant u. s. w., wie er solche in seinem Gregorjus 
kundgibt, liegt nun der Gedanke sehr nahe, derselbe werde, als 
die obenerwähnten unheilvollen Verhältnisse und Begebenheiten 
eingetreten waren, mit irgend einem reichen flandrischen Herren 
in dessen Heimat gezogen sein und dort längere Zeit gastfreund: 
liehe Aufnahme gefunden, vielleicht auch Dienste genommen 
haben. Da hatte er nun alle Gelegenheit, die französische' 
Sprache zu erlernen, den feinen höfischen Ton sich anzueignen, 
sich mit dem Minnedienst bekannt zu machen, und die epischen 
Werke französischer Dichter, mit deren Lesen (Hören) man sich 
dort in den höfischen Kreisen unterhielt, kennen zu lernen. Es er- 
innert dies unwillkürlich daran, wie Hartmann von Aue in sei- 
nem ßitterroman j^Iwein^ erzählt, dieser Held habe in dem grossen 

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— 62 — 

Baumgarten einer Burg einen Herrn und dessen Ehegemahl ge- 
troffen, welche sich in das grüne Gras und die Blumen gelegt 
und zugehört hätten, wie ihnen ihre reizende Tochter, welche 
^wälhisch lesen kunde^,» abenteuerliche Maeren vorgelesen. Auch 
für die ritterliche Kunst fand er dort die besten Lehrmeister und 
Vorbildner, und wohl kann der sonst gut geschulte Schwabe, 
der dabei so darauf ausgegangen, sich beliebt zu machen, dort 
auch die Ritterwürde erlangt haben. 

In engem Zusammenhange mit der Frage, bei welchem der 
Kreuzzüge von 1189 und 1197 sich Hartmann, oder ob er sich 
etwa bei beiden betheiligt, steht die Frage: 

Ist Hartmann, der unzweifelhafte Dichter des 
Kreuzliedes ^dem kriuze zimt woP, auch der des an- 
deren: ^ich var mit iuwern hulden, herren und mäge^ 
(s. Bei. 1. 2). 

Wie wir in Übereinstimmung mit F. Bech des Weiteren 
nachgewiesen, muss man annehmen, dass Hartmann den Ritter- 
roman „Erec'' und das erste „Büchlein'' nach seiner Kreuzfahrt 
gedichtet hat, woraus wir datin weiter geschlossen und näher 
motivirt haben, derselbe habe jedenfalls den Kreuzzug von 1189 
— 91 mitgemacht und auf diesen das erste Kreuzlied gedichtet. 
Da nun in dem zweiten Sultan Saladin (f 1193) als nicht mehr 
am Leben aufgeführt wird — es sei denn man setze mit J. Grimm 
nach jjher'' ein Komma (s. unten) — so hat Hartmann, wenn 
er auch dieses gedichtet, an der Kreuzfahrt von 1197 gleichfalls 
Theil genommen, eine Annahme, auf welche wir unten noch be- 
sonders zurückkommen werden. W. Wilmanns (Vierteljahrsschrift 
Germania 14 Bd.) dagegen behauptet, Hattmann habe beide 
KreuzHeder auf denselben Kreuzzug und zwar den von 1197 
gedichtet auch blos diesen mitgemacht. F. Bech bezweifelt, 
dass Hartmann der Dichter des Kreuzliedes : „ich var mit iuwern 
hulden'' etc. sei, und führt in seiner Vorrede zum „Erec" (1. Aufl. 
S. XIII) folgende Gründe dafür an : ^In dem ersten der Kreuz- 
lieder Hartnianns, welches demselben unbezweifelt angehört und 
beginnt: ^dem kriuze zimt wol reiner muot", erscheint der Dich- 
ter noch als ein junger unerfahrener Mann (j^tumber man"); er 

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— 63 — 

ist noch nicht durch die „sorge* an den heimatlichen Boden 
gefesselt. Von ganz anderer Gesinnung getragen, erscheint da- 
gegen das zweite dieser Lieder, in welchem sich Saladin erwähnt 
findet. Der Verfasser desselben zeigt völlig verschiedene Motive. 
Von der jugendlichen Begeisterung fdr das heilige Land, selbst 
von der Verleugnung der trügerischen Welt ist hier keine Rede 
mehr; hier heisst es vielmehr: ohne die Minne würde sich, wenn 
auch Saladin noch lebte, " der Sänger nicht bewogen gefühlt 
haben, das Kreuz zu nehmen*. In der Vorrede zur zweiten 
Auflage des „Erec* (S. XIV) dagegen lässt F. Bech die auf 
den „völlig verschiedenen Motiven* der beiden Lieder fussende 
Begründung seiner Ansicht, Hartmann sei nicht der Dichter des 
Kreuzliedes: „ich var* fallen, und bekennt sich (im zweiten Theil 
S. 41 der neuen Auflage) zu der Ansicht W. Wilmanns ^), dass 
unter ^ der Minne des zweiten Kreuzliedes („ich var*) nicht die 
weltliche, sondern die heilige, die Gottesminiie zu verstehen sei. 
Nichts desto weniger bleibt er (Vorrede zum 1. Theil S. XIV. 
der neuen Auflage) bei der schon früher ausgesprochenen An- 
sicht stehen, dass beide Lieder unmöglich aus ein und derselben 
Zeit stammen können, wenn überhaupt denkbar sei, dass sie von 
einem und demselben Verfasser herrühren und sagt, man müsste 
in Bezug auf das zweite Lied, wenn es wirklich von Hartmann 
herrühre, annehmen, der Verfasser habe sich an zwei verschie- 
denen Kreuzfahrten, an der von 1189 und 1197 nach einander 
betheiligt. Es seien aber gegründete Zweifel gegen die Echt- 
heit des zweiten Liedes vorhanden, wozu namentlich der Um- 
stand gehöre, dass der Dichter desselben darin Franken als seine 
Heimat bezeichne, während Hartmann trotz aller Einreden ge- 
wiss ein Schwabe gewesen sei. Schliesslich warten nach F. Bechs 
Ansicht die „Vermuthungen* von Wilmanns und dem Frh. H. C. 
von Ow über Hartmanns Beziehungen z\x Franken noch auf ihre 
Bestätigung *). 



1) yj7su Hartmanns von Aue Liedern und Büchlein^* Haupts Zeitscbr. 14. 
Bd. 8. 146 

2) W. Wilmanns meint, Hartmann müsse zur Zeit des Aufbruchs zum 
Kreuzzug 1197 bereits in Franken festen Wohnsitz gehabt haben, seine ei* 

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— 64 — 

Hören wir nun auch, was Wilmanns gegen die Ansicht F. 
Bechs; Hartmann könne nicht auch der Dichter des Kreuzliedes 
^ich var^ sein, einwendet. Ersterer sagt (S. 144 a. a. O.) : j,die 
Richtigkeit der verschiedenen Motive angenommen, können 
allerdings die beiden Kreuzlieder nicht in dieselbe Zeit fallen; 
können sie aber darum nicht doch auf denselben Kreuzzug sich 
beziehen? Im ersten Lied : „dem kriuze zimt wol* ist nur davon 
die Rede, dass Hartmann das Kreuz genommen habe; im andern: 
„ich var mit iuwern hulden* nimmt er Abschied. Zwischen der 
Kreuznahme und dem Abzug konnte aber leicht ein Jahr oder 
mehr verstreichen und in so langer Zeit kann sich die Lage des 
Ldbens und dip Anschauungen über eine Sache ändern, zumal 
wenn die Liebe mit im Spiel ist. Aber wenn man genau sieht, 
sind die Motive gar nicht verschieden, sondern so ähnlich wie 
ein Ei dem andern. Man muss nur wissen, was unter Minne zu 
verstehen sei. Bech. nimmt sie für die irdische. — — Ich*sehe 
nicht, wie man mit der irdischen Minne zu einem genügenden 
Verständniss des Liedes kommen kann. Alles ist klar, wenn man 
an die himmlische denkt* u. s. w. 

Gehen wir nun näher auf die Ansicht von W. Wilmanns 
ein: die fraglichen zwei Kreuzlieder können, wenn sie Hartmann 
auch zu verschiedenen Zeiten gedichtet, doch sich auf denselben 
Kreuzzug beziehen; er werde das erste bei der Kreuznahme, 
das zweite als Abschiedslied kurz vor Antritt seiner Kreuzfahrt 
gedichtet haben, und „in so langer Zeit*, d. h. in dem Zeitraum 
zwischen der Kreuznahme und dem Aufbruch könne die Lage 
seines Lebens eine andere geworden sein, können sich auch seine 



gentliche Heimat brauche es aber darum nicht gewesen zu sein ; ebensowenig 
lasse sich Schwaben als solche erweisen, wenn man gleich annehmen müsse 
dass er den Ritter-Roman „Erec" in Schwaben gedichtet habe, und Hart- 
mann sich im „Armen Heinrich" selbst als Üicnstmann eines schwäbischen 
Geschlechtes bezeichne. Nach dem Tode seines Herrn werde er Schwaben 
Terlassen haben. — Frhr. v. Ow vermuthet, Hartmann werde bei Herzog 
Konrad von dem hohenstaufischen Hause, welcher in Rotenburg an der 
Tauber seinen Hof hatte, ein Ehrenamt begleitet haben, eine pure Verrau- 
tbüng, über welche wir uns oben bereits ausge.'iprochen haben. 



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— 65 -- 

Anschauungen^ zumal da die Liebe im Spiel gewesen, geändert 
haben. 

Zur Beurtheilung dieser Ansicht von Wilmanns stellen wir 
allererst fest, welche Zeit sowohl bei dem Kreuzzug von 1189 
als dem von 1197 zwischen der Kreuznahme der Theilnehmer 
und dem Aulbruch derselben verstrichen. 

Im März des Jahres 1188 nahm der bejahrte Kaiser Frie- 
drich I., der Eothbart, auf dem Hoftag zu Mainz das Kreuz; mit 
ihm nahmen es sein Sohn Herzog Friedrich V. von Schwaben 
viele geistliche und weltliche Fürsten, Grafen und Herren. Auf 
St. Georgentage des nächsten Jahres war von dem Kaiser der 
Aufbruch _ des Kreuzheeres von Kegensburg aus festgesetzt, ' das 
Pfingstfest 1189 feierte der greise Held bereits zu Pressburg. 
Bei dem Kreuzzug des Rothbarts verstrich also zwischen der 
Kreuznahme der Theilnehmer und dem Aufbruch derselben nicht 
mehr als ein Jahr. 

In BetreflF des Kreuzzuges von 1197 — 1198, für dessen Zu- 
standekommen Kaiser Heinrich VI., des Rothbarts ältester Sohn 
und Nachfolger, besonders thätig gewesen , wiewohl er nicht 
mit ausgezogen ist, lassen wir W. Wilmanns selbst die nöthigen 
Daten angeben. »Auf dem glänzenden Reichstage zu Worms 
von dem letzten Tage des November 1195 an liessen sich viele 
Fürsten, Edle und Ritter mit dem Kreuze zeichnen; unter 
ihnen wird auch Hartmann (von Aue) gewesen sein. 
Im Frühling des Jahres 1197 brach der Kanzler Konrad mit 
den Pilgern aus Franken und den Rheinlanden über die Alpen 
nach Italien auf. » Bei diesem Kreuzzuge , an welchem nach 
Wilmanns auch Hartmann Theil genommen haben soll, ver- 
strichen zwischen der Kreuznahme und dem Aufbruch anderthalb 
Jahre. Für Hartmanns zweites Minne- Verhältniss, welches er, 
wie W. Wilmanns meint, nach der Kreuznahme und vor 
dem Antritt der Fahrt angeknüpft haben soll, bliebe also die 
Zeit vom Winter 1195—1196 bis zum" Frühjahr 1197, oder ge- 
nauer die Zeit vom Frühling 1196—1197.« 

Sehen wir nun mit Bezug auf den Kreuzzug von 1197, wel- 
chen Hartmann nach Wilmanns mitgemacht, welche Veränder- 

Schinid, Hartmann von Aue. ^ 

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— Ge- 
lingen mit und in demselben in dem Zeitraum von der Abfas- 
sung des ersten KreuzHedes, nach der Kreuznahme und der des 
zweiten, vor dem Aufbruch — also vom Winter 1196 bis Früh- 
ling 1197 — nach dem Inhalt der Lieder, der Haltung und Stim- 
mung des Dichters vorgegangen sein müssen, wenn beide von 
ihm gedichtet worden sein» sollen. 

1) Bei dem so herben und frischen Schmerz über den Tod 
seines Herren, wie er solchen in seinem ersten Kreuzliede, das 
er nach Wilmanns im Winter 1196 gedichtet, kund gibt, ist 
anzunehmen, dass derselbe nicht lange vor Hartmanns Kreuz- 
nahme gestorben ist. 

Im Frühling 1197 — kaum waren anderthalb Jahre verflos- 
sen — hat er den Tod seines Herrn , diesen selbst ganz ver- 
gessen, denn in dem zweiten Kreuzliede, welches er nach Wil- 
manns im Frühling 1197 gedichtet haben soll, liegt nicht die 
leiseste Andeutung davon, dass er den Verlust seines Herrn noch 
beklagt und seine Fahrt auch demselben zu Gut kommen sollte 
— man wollte denn damit helfen, dass man nach flehte min 
her^ ein Komma setzte, worauf wir unten noch zurückkommen 
werden. — Solche Undankbarkeit und Unbeständigkeit, solch' 
einen Mangel an Tiefe der Gefühle duifgn wir aber nicht von 
Hartmann annehmen. Und was sollte ihn gehindert haben, seinem 
Schmerz über den Verlust seines Herrn auch in dem zweiten 
Liede Ausdruck zu geben, wie im ersten zu sagen, dass auch 
die Sorge um das Seelenheil seines dahingegangenen Herrn 
ihn zur Kreuzfahrt getrieben? Die Gottesminne war es, welche 
dem Dichter des zweiten Kreuzliedes den Zug in's heilige. Land 
auferlegt hat; die collidirte aber doch nicht mit der dankbaren 
Verehrung Hartmanns für seinen dahin geschiedenen Herrn. Wie 
anders ist es daher zu erklären, dass desselben in dem zweiten 
Kreuzliede gar nicht gedacht wird, als dass man annehmen muss, 
Hartmjgin habe das Kreuzlied ^ich var^ etc. entweder gar nicht 
oder wenigstens nicht auf denselben Kreuzzug, sondern in spä- 
terer Zeit gedichtet. 

2) Hartmann, der unbestrittene Dichter des Kreuzliedes: 
9 dem kriuze zimt wol reiner muot und Kusche site^ — ist sich 

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— 67 — 

bewusst, dass das genommene Kreuz dem unerfahrenen jungen 
Mann^. der seine sinnlichen Lüste noch nicht bemeistern kann^ 
harte Fessehi anlege, ihn sauer ankommende Entsagungen auf- 
erlege ; er gesteht, dass die Welt ihn verführerisch anlache, er 
als „tumber man* bis daher ihr auch nachgegangen seie, nun 
aber, da er das Kreuz genommen, möge ihm der Herre Krist 
beistehen, dass er der teuflischen Welt entsage ; schon habe auch 
der Tod seines lieben Herrn ihn zu einem Theil von derselben 
abgezogen; es sei am besten von ihm gethan, wenn er für sein 
Seelenheil sorge durch eine Fahrt ins heilige Land ; diese wolle 
er zugleich auch für seinen dahingegangenen Herrn unternehmen, 
damit sie einander jenseits, vor Gott einst sehen. 

Li dem Kreuzliede „ich var* dagegen spricht offenbar ein 
Mann von vorgerückterem Alter und reifer Erfahrung, für den 
die Welt nichts Verlockendes mehr hat, der sich anderen Minne- 
sängern als leuchtendes Vorbild hinstellt, dem sie nachstreben 
sollen, wenn sie sich nicht bitteren Täuschungen aussetzen wollen. 

Wir vermögen daher abermals in Hartmann, dem Dichter 
des ersten Kreuzliedes, wenn er beide auf denselben Kreuz- 
zug gedichtet haben soll, nicht auch den des zweiten zu er- 
kennen, denn wie kann man annehmen, dass schon nach andei^:- 
halb Jahren mit dem jungen Manne eine solche tiefe Wandlung 
vorgegangen sei? 

3) Nachdem Hartmanns Minne zu einer hochgestellten Frau 
von dieser in verletzender Weise zurückgewiesen worden, dies 
für ihn ein „varend leid* (das ihn nirgends verliess) geworden 
(Lied 2) und er das Kreuz genommen hatte, soll er nach Wil- 
manns noch vor dem Antritt . seiner Fahrt doch wieder ein 
Minneverhältniss mit einer Frau, wenn auch nicht gerade von 
hohem, doch auch nicht von niederem Stande angeknüpft und 
dabei wenigstens zeitweise Glück gehabt haben. 

Schon ein Jahr, nachdem Hartmann das neue Liebesver- 
hältniss angeknüpft, erwähnt er — w en n er nämlich der Dich- 
ter des Kreuzliedes „ich var* gewesen — in diesem seinem Ab- 
schiedsliede zur Kreuzfahrt mit keiner Silbe seiner Geliebten, 
die seine Abwesenheit doch so schmerzlich vermisst hat (Lied 11); 

5* 

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— 68 — 

er heisst die weltliche Minne anderer einen ^wan^, der ihnen 
nur Schaden bringe, rühmt dagegen seine, die Gottesminne und 
wünscht, Andere möchten auch minnen wie er; er klagt nicht 
über den herben Abschied von seiner Frau, wie es andere Minne- 
Sänger und Kreuzritter (Friedrich von Hausen, Reinmar der 
Alte) thun, wünscht auch nicht, wie der von Johannsdorf, es 
möchte der halbe Lohn seiner Kreuzfahrt ihr zukommen. Also 
nach Wilmanns Meinung Hartmann, der in offenbarem Wider- 
spruch damit im 13. Liede sagt: er müsse mit Recht den Tag 
inmier minnen, an dem er seine Geliebte zum ersten Mal in 
^stiezer zühte* (liebreizendem Anstand) gesehen; er, der sang: 

mag sich auch mein Leib von der Guten scheiden, 
Herz und Wille muss ihr bleiben ; 

er, der darob, dass ihn die lästige ^huot" von seiner Geliebten 
trennte, fast von Sinnen gekommen ist; er, der auch bei dieser 
Liebe, die ihm so viel Herzeleid gebracht, an sich die Wahr- 
heit des Spruches erfahren: „daz rehte lieb niht zergß !* 

Wilmanns sagt: „in so langer Zeit kann sich die Lage des 
Lebens und die Anschauungen über eine Sache ändern, zumal * 
wenn die Liebe im Spiel ist". Ist aber, fragen wir, eine Zeit 
von höchstens IV2 Jahren eine so lange? Kann in solch' kurzer 
Zeit eine derartige, tiefgehende Wandlung Hartmanns in seinen . 
Gefühlen und Anschauungen, in Betreff seines so hochverehrten 
Herrn und seiner so treu und heiss geliebten Frau eingetreten 
sein? Es ist dies nicht anzunehmen. 

Das zweite Kreuzlied kann daher von Hartmann, 
dem Dichter des ersten, nicht auf denselben Kreuz- 
zug, selbst wenn manannimmt, dieses beziehe sich 
auf die Kreuznahme, jenes auf den Antritt der 
Fahrt, weder für den von 1189 noch den von 1197 
gedichtet worden sein. 

Wie aber, wenn man annimmt. Hartmann habe das 
erste Kreuzlied auf die, Kreuzfahrt von 1189, und 
auch das zweite, indess auf die^von 1197 gedichtet? 
In diesem Falle hätte Hartmann beide Kreuzzüge sehr wahr- 
scheinlich auch wirklich mitgemacht. Gegen diese Annahme er- 

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— 69- — 

hebt sieb', wie es allen Anschein hat, allerdings das Bedenken, 
dass der Dichter des zweiten Kreuzliedes Franken seine Heimat 
nennt, während doch mit guten Gründen (s. unten) Schwaben ♦ 
als Hartmanns Geburtsland, als die Heimat von dessen Geschlecht 
zu betrachten ist. Und darum eben ist die Erörterung der Frage, 
ob Hartmann wohl auch das zweite Kreuzlied gedichtet, bezie- 
hungsweise auch den Kreuzzug von 1197 mitgemacht haben 
könne, für unsere Aufgabe von grosser Wichtigkeit. 

Dass. Hartmann, welcher nach unserer obigen Ausführung 
sich höchst wahrscheinlich bei der Kreuzfahrt von 1189 bethei- 
Hgt, auch die von 1197 mitgemacht hat, dagegen kann zwar der 
Umstand sprechen, dass er nach der Rückkehr von der ersten, 
als die auf dem Meere ausgestandenen Gefahren bei ihm noch 
in frischer Erinnerung waren, seine Freunde vor den Meerfahrten 
gewarnt hat. Aber wir dürfen ihm darum für spätere Jahre nicht 
die Entschiedenheit, den Muth absprechen, welcher allerdings 
dazu gehörte, um noch einmal das Wagniss einer Kreuzfahrt zu 
unternehmen. Haben doch auch andere, welche die so unglück- 
lich geendete Kreuzfahrt von 1189 mitgemacht, sich nicht durch 
die Erinnerung hievon von der Betheiligung an dem Kreuzzug 
von 1197 abhalten- lassen. (Wilken a. a. O. V. S. 13.) Dürfen 
wir das' nicht auch dem von der Gottesminne ergriffenen und be- 
geisterten Dichter zutrauen? Die verlieh ihm die Entschlossen- 
heit und Kraft, das Vaterland abermals zu verlassen und noch- 
mals einem ungewissen Schicksal entgegen über's Meer zu fahren. 
Für ihn war die Fahrt ^un wendig*; er konnte und durfte ihr 
nicht aus dem Wege gehen. 

Nimmt man an, Hartmann habe zwar die beiden Kreuz- 
lieder gedichtet, aber auf zwei verschiedene Kreuzzüge, das 
erste auf die Fahrt von 1189, das zweite auf die von 1197, so' 
liegt ein so bedeutender Zeitraum dazwischen, dass die Einwürfe, 
welche wir oben gegen die Behauptung von Wilmanns ge- 
macht, in der Hauptsache wegfallen. Es liegt alsdann zwischen 
der Abfassung der beiden Kreuzlieder ein Zeitraum von acht bis 
neun Jahren. So kann bei Hartmann, dessen Sinn schon in 
j ungen Jahren anfieng, sich von der Welt abzuwenden (s. Kreuz- 

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~ 70 ~ 

lied 1), dem die Frauenliebe so viel Herzeleid gebracht (zweites 
Büchlein und Lied 14 bei F. Bech), und der am Ende beken- 
nen musste: 

„Niemen ist ein saelec man 

ze dirre werlt wan (als) der eine, 

der nie liebes teil gewan, 

und ouch dar nach gedenket kleine", 
wohl eine solche Wandlung eingetreten sein, dasa er nur von 
der Gottesminne erfüllt und getrieben war. Auch kann nach 
einer Reihe von Jahren der gottergebene Mann Trost gefunden 
haben über den Verlust seines Herrn. 

Dass Hartmann auch den Kreuzzug von 1197 mitgemacht, 
beziehungsweise auch das zweite Kreuzlied gedichtet hat, stimmt 
ganz gut zu einer sprachlichen Eigenthümlichkeit desselben. Wir 
meinen das „mtn her* in der Weise gebraucht, dass ^min* so 
wenig als das französische mon in monsieur seine eigentliche 
Bedeutung hat, und „her* (Herr) mit dem folgenden Namen 
(Saladin) zusammen zu lesen ist ; nun findet sich aber diese eigen- 
thümliche Verbindung von „mtn her* vier Mal in Hartmanns 
Eitter-Koman j^Iwein* (dem Ritter mit dem Löwen ^). Man ist 
daher nicht berechtigt, nach „her* ein Komma zu setzen, wie 
es F. Grimm gethan, um Hartmanns Kreuzzug in's Jahr 1189 
zu setzen, ist nach unseren obigen Ausführungen auch nicht 
nöthig, da ändere gewichtige Gründe dafür sprechen, dass Hart- 
mann auch die Kreuzfahrt von 1189 mitgemacht hat. 

Setzt man in dem Kreuzlied „ich var* nach „lebte min her* 
ein Komma, so muss man allerdings annehmen. Hartmann habe 
dasselbe zwar nach dem Tode seines Herrn aber noch zu Leb- 
zeiten Saladins, also auf den Kreuzzug 1189 gedichtet, und 
diesen auch mitgemacht — eine Ansicht, die wir, indess ohne 
das fragliche Komma anzunehmen, oben näher begründet haben. 
Da er aber auch das Kreuzlied: „dem kriuze zimt* nach dem 
Abscheiden seines Herrn, und zwar ohne Zweifel bald darnach 
und vor jenem „ich var* gedichtet hat, so, muss man, wenn das 



1) „Min her Kei (Ritter und Truclisess des Königs Artus) zwei Mal; 
min lier lwein*< ebenso oft. 



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— 71 — 

Komma gesetzt wird^ wiederum mit Wilraanns annehmen, Hart- 
mann habe beide Kreuzlieder auf dieselbe Kreuzfahrt, nur 
dann die von 1189 gemacht. Zwischen der Abfassung der beiden 
Lieder — das eine bei der Kreuznahme — März 1188 — das 
andere bei dem Aufbruch — St. Geprgentag 1189 — läge also 
wiederum nur der kurze Zeitraum von einem Jahr, und Hart- 
mann, der das Lied: ,jdem kriuze zimt^ als junger Mann, der 
noch nicht einmal Ritter gewesen, gedichtet, wäre bei Abfassung 
des andern nur ein Jahr älter gewesen sein. Darum erheben 
sich gegen die Eiuschiebung des fraglichen Komma dieselben ge- 
wichtigen Bedenken, welche wir oben gegen die Ansicht von 
Wilmanns^ Hartmann habe beide Kreuzlieder auf die Fahrt von 
1197, nach dem Tode Saladins gemacht. 

Ferner — gesetzt man wäre wirklich berechtigt zu lesen: „lebte 
min her, Salatin'^ etc., so läge inmitten von Gedanken an ganz 
andere Dinge und Beziehungen darin die einzige Erinnerung 
des in ferne fremde Lande ziehenden Sängers an seinen vor gar 
nicht langer Zeit dahingegangenen Herrn. Aber wie matt er- 
scheint dieselbe gegenüber von dem Jammer, der Trostlosigkeit, 
in die dessen Tod ihn nach dem Liede : „dem kriuze zimt^ ver- 
setzt hat, im Vergleich zu der innigen Dankbarkeit, mit der er 
dessen darin gedenkt und die ihn antreibt, dessen Liebe eben 
durch die Kreuznahme zu vergelten! Und zwischen der Abfas- 
sung der beiden Kreuzlieder soll, wenn man nach „her^ ein» 
Komma setzt, nur ein Jahr verflossen sein! — 

Sprechen wir uns so für grosse Wahrscheinlichkeit aus, dass 
Hartmann, allerdings erst in späteren Jahren und auf eine zweite 
Kreuzfahrt (die von 1197 — 98), das zweite Kreuzlied gedichtet 
habe, wie ist nun das Räthsel zu lösen, dass er darin Franken 
seine „Zunge* nennt, gleichwohl aber nach unserer Ausführ- 
ung (S. unten) Schwaben seine eigentliche Heimat gewesen sein 
soll. Wenn Hartmann im Gegensatz zur Fremde (zum „eilende*), 
zu den Ländern „über mer*, wie er sich ausdrückt, Franken 
seine „Zunge* nennt, so bezeichnet er damit eben das Land, in 
welchem seine Sprache, also deutsch gesprochen worden. Man 
ist daher nicht genöthigt, gerade und blos an Franken, sondern 



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— 72 — 

an air die Landstriche, wo deutsch gesprochen wurde, also an 
Deutschland, an Hartmanns grösseres Vaterland zu denken. Dass 
man dem Partikularismus gegenüber sich auch im Mittelalter zu der 
höheren Auffassung von einem gemeinsamen deutschen Vaterlande 
erhoben, davon liefert einer der ersten deutschen Minnesänger, Wal- 
ther von der Vogelweide, welcher in. den dreissiger Jahren des 
dreizehnten Jahrhunderts gestorben, daher ein Zeitgenosse Hart- 
manns gewesen ist, in seinem schönen Liede, welches man mit 
Recht jj Deutschland Uber Alles* tiberschreiben kann, einen klaren 
Beweis. 

Darin singt derselbe unter anderem also: 

„VonderElbeunzandenRin 

und her wider unz an der Ungar lant 

mugen wol die besten sin, 

die ich in der werlte han erkant." 



„Tiusche man sint wol gezogen, 
rehte als engel sint diu wip getan.'* 

tugent und reine ininne, 

swer die suochen wil, 

der sol kommen in unser lant; da ist wünne vil.** 

So darf man denn auch in dem j^ eilende über mer*, in wel- 
ches es den Dichter, welcher sich der heiligen Minne geweiht, 
gezogen, den Gegensatz von desselben ^ Zunge* (Heimat) d. i. 
*von Deutschland erkennen, das er zunächst von Franken aus, 
wo er zur Zeit des Aufbruchs zum Kreuzzug von 1197 lebte, 
verliess. Man ist somit auch nicht berechtigt, zu sagen. Hart- 
mann habe in der fraglichen Stelle des zweiten Kreuzliedes Fran- 
ken speziell seine Heimat, sein Geburtsland genannt. Gleichwohl 
darf man, da er, der Huld, des Belfiills von Herren und Mägen 
(Verwandten) versichert, eben von Franken aus zum Kreuzzug 
autgebrochen, annehmen, er habe um 1197 bereits seit geraumer 
Zeit dort gelebt. Indessen kann er dabei auch an seine Ver- 
wandten in dem nicht fernen Schwabenlande gedacht haben. 

Es bleibt uns nun nur noch übrig, die Frage zu beantworten: 
wie ist es zu erklären, wie ist es gekommen, dass Hartmann, 
wenn Schwaben seine engere Heimat, sein Geburtsland, wenn 



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— 73 — 

in Schwaben sein Geschlecht zu Hanse gewesen, gleichwohl 
in Franken, wenigstens zeitweise ^) seinen Wohnsitz gehabt hat. 

Wir werden im vierten Kapitel dieses Abschnittes nachwei- 
sen, dass Hartraanns Geschlecht, beziehungsweise er höchst wahr- 
scheinlich im Dienstmannen- Verhältniss gestanden zu einem schwä- 
bischen Freiherren-Geschlecht, welches sich nach Owe (Oberu- 
owe, Obernau bei Rotenburg am Neckar) geschrieben, das selbst 
aber zu den Vasallen der Grafen von ZoUern-Hohenberg gehört 
hat, ferner, dass Haftmanns Geschlecht, nachdem im Laufe des 12. 
Jahrhunderts seine unmittelbare Dienstherrschaft sehr wahrschein- 
lich ausgestorben, zu dem genannten Grafenhaus in Dienste ge- 
kommen ist. 

Dieses stand aber selbst wiederum im Vasallen -Verhältniss 
zum Bisthum Bamberg und trug insbesondere Burg und Stadt 
Kotenburg nebst Zugehör von demselben zu Lehen. Siehe die 
nähere Ausführung hievon im zweiten Kapitel des dritten Ab- 
schilitts und in Beleg 26. 

So waren die alten, schon im zwölften Jahrhundert ausge- 
storbenen Freiherren von Owe, wie die von Isenburg Vasallen 
zunächst der Grafen von ZoUem-Hohenberg, ihr höherer Lehens- 
herr aber war, wie der Beleg 26 zu 1249 in Betreff des Freien 
von Isenburg zeigt, der Bischof von Bamberg. Die Dienst- 
mannen, welche zu dem grossen bambergischen Lehen von Ko- 
tenburg und Umgegend gehörten, bildeten also eine Genos- 
senschaft mit den bischöflichen Dienstmannen in 
Franken, wie die eben des Bisthums Bamberg mit denen des 
Klosters Stein am Khein, das jenem untergeordnet war (s. Be- 
leg 12 und S. 14). Und also kann ganz füglich der von Hause 



1) Nach dem, wiü sich Hartniann in dem zweiten Büchlein (V. 714 
und 734 fF.) ausspricht, ist anzunehmen, dass er seinen Aufenthaltsort ziem- 
lich oft gewechselt, namentlich fern von dem Wohnsitz seiner zweiten Liebe 
gelebt hat. Er sagt nftmlich dort: 

„dar zuo sihe ich durch daz jär, 
swar ich der lande kßre, 
schocner wibe m^re.** — 
„ob ich durch daz jlir bi 
einem guoten wibe wone," 



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— 74 — 

aus schwäbische DIenstmaun und' Minnesänger Hartmann von Ane, 
dessen Stammhaus Owe (s. unten) jedenfalls zum bambergischen 
Lehen Rotenburg gehörte, etwa nach dem Aussterben seines 
Herrengeschlechts, nach E'ranken übergesiedelt und dort zeit- 
weise in Diensten eines Herrn gestanden sein, welcher eines 
der vielen grossen Lehen des reichen Bisthums Bamberg getragen, 
welchem Kaiser Heinrich H. die ganze Grafschaft Babenberg ge- 
schenkt, und das Fürsten und Grafen zu Vasallen gehabt hat. 
Nachdem wir mit Vorstehendem den Anstoss beseitigt zu 
haben glauben, welchen man bei dem zweiten Kreuzlied daran 
nimmt, dass Hartmann, der doch ein Schwabe gewesen sein soll, 
in demselben Franken seine „zunge^ nennt, gehen wir zu unserem 
Nachweis über, dass Scliwaben wirklich die engere Öfeimat Hart- 
manns, sein Geschlecht dort zu Hause gewesen ist. 

Viertes Capitel 

Schwaben ist unstreitig Hartmanns Heimat. Zu welchem 

Herrentaanse Hartmanns Geschlecht beziehungsweise derselbe 

dort im Dienstmannen- Verhältniss gestanden. 

Bis daher sind die Ansichten über des Minnesängers Hart- 
mann von Aue Heimat sehr getheilt und gehen in zwei Haupt- 
richtungen auseinander: nach der einen nämlich war derselbe 
ein Franke, nach der andern ein Schwabe. Dazu meint W. Wil- 
manns, es lasse sich weder das eine noch das andere erweisen, 
denn er sagt S. 149 a. a. 0. Hartmaun müsse in Franken seinen 
festen Wohnsitz gehabt haben; seine eigentliche Heimat aber 
brauche es darum nicht gewesen sein ; ebensowenig lasse sich 
Schwaben als solche erweisen. Die Ansicht, Hartmann sei ein 
Schwabe gewesen, spaltet sich wieder in drei Meinungen. 

Der um die altdeutsche Litteratur hochverdiente f Freiherr 
J. V. Lassberg hat sich für den Thurgau; Lachmann, Schreiber 
und nach ihnen Stalin haben sich für das Breisgau als Hart- 
manns engere Heimat ausgesprochen. Endlich hat K. Roth auf 
Anregung eines Gliedes des Geschlechtes der Freiherren von 
Ow (Wachendorf) die indess sehr problematisch und bescheiden 

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— 75 — 

ausgesprochene Verrauthung aufgestellt, die Gegend von Roten- 
burg am Neckar, speziell das Dorf Obernau, welches in alten 
Zeiten blos Owe hiess, könnte etwa Hartmanns Heinaat gewesen sein. 
Und eben diese Ansicht hat Frhr. H. C. von Ow in seinem Auf- 
satz in der Vierteljahrssehrift Germania (16. Bd.) aufgestellt und 
zwar mit einer Bestimmtheit und Zuversicht, als ob eigentlich 
gar kein Beweis mehr nöthig wäre, wie denn in Wahrheit auch 
keiner beigebracht ist. 

Wie sich's mit dieser Aufstellung verhält, werden wir im 
dritten und vierten Abschnitt näher erörtern, inzwischen genügt 
es nachzuweisen, dass nicht Franken sondern Schwaben des Minne- 
sängers Hartmann von Aue Heimat gewesen ist. 

Diejenigen, welche Franken für dessen Heimat ausgeben, 
stützen sich auf das Kreuzlied : „ich var mit iuwern hulden" etc., 
in welchem der Dichter Franken seine ,,zunge" nennt. Dass 
Hartmann dieses Kreuzlied gedichtet, wird von manchen, nament- 
lich F. Fedor Bech, eben weil er darin Franken seine „zunge* 
nennt, bezweifelt, und nach unserer obigen Ausführung mit Grund, 
wenn wie von W. Wilmanns behauptet wird. Hartmann habe die 
beiden Kreuzlieder auf denselben Kreuzzug und zwar den 
von 1197 gedichtet. Im Übrigen sind wir zu dem mit W. Wil- 
manns zum Theil übereinstimmenden Resultat gelangt, dass 
Hartmann von Schwaben nach Franken übergesiedelt sei, dort 
geraume Zeit seinen Wohnsitz gehabt habe, werden aber 
zeigen, dass Hartmanns Geschlecht in Schwaben zu Hause ge- 
wesen ist. 

Gegen die Annahme, Hartmann habe Franken als seiner 
Heimat angehört, spricht entschieden folgender Umstand: der- 
selbe legt dem vom Ritterwesen ganz begeisterten jungen Gre- 
gorjus die Worte in den Mund: 

„Icli'n wart nie mit gedanke 
ein Baier noch ein Franke". 

d. h. die Ritter dieser Länder nehme ich mir nicht zum Vorbild, 
eher die von Brabant, Hennegau u. s. w. Wie ist nun denkbar, dass 
Hartmann, wenn er ein Franke gewesen wäre, selbst also gering- 
schätzend von der fränkischen Ritterschaft hätte sprechen können? 

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— 76 — 

Für Schwaben als Hartmanns von Aue Heimat 
aber sprechen folgende Gründe: 

1) Der freie Herre Heinrich; „geborn von Ouwe*^, welchem 
Hartmann in seinem ^ Armen Heinrich^ ein so liebliches, rühren- 
des Denkmal gesetzt, war ^ze Swäben gesezzen^, d. h. ein ge- 
borner Herr (Besitzer) einer Burg Ouwe in Schwaben, wie denn 
Hartmann auch erzählt, die ^Swäben*, des Herre Heinrich ^lant- 
liut'' (Landsleute), hätten denselben, als er von seinem Aussatz 
geheilt wieder in seiner Heimat eingetroffen, herzlich aufgenom- 
men und mit mancherlei Gaben erfreut. 

2) Hartpaann ist nach seinen eigenen Worten eben im ^Ar- 
men Heinrich^ ein nach der Burg Ouwe benannter, d. h. zu 
derselben gehöriger Dienstmann, und nach der natürlichsten und 
vollberechtigten Annahme Hartmanns Dienstherr eben vom Ge- 
schlechte des freien Herren Heinrich ,jgeborn von Ouwe^ ge- 
wesen (S. 40); dessen ^Mäge und^ Mannen^ sassen aber, wie h 
priori anzunehmen und HartmannI Worte eben im „Armen 
Heinrich* ausdrücklich bezeugen, auch in Schwaben, also sass 
Hartraanns Geschlecht gleichfalls auf einer schwäbischen Burg der 
freien Herren von Ouwe und gehörte Schwaben an. 

3) Hartmann sagt zwar selbst nirgends geradezu, dass er 
ein Schwabe gewesen , lässt dies aber doch aus seinen eigenen 
Worten herauslesen und abnehmen; denn wenn er in seinem 
35 Armen Heinrich* (V. 1432 ff.) sagt: ,jden Swäben* könne 
niemand, ,jder sie däheime gesehen* ihre Herzlichkeit und Gut- 
müthigkeit absprechen, so ist es in der Bescheidenheit des Dich- 
ters, der damit nicht zugleich auch sich loben wollte, zu suchen, 
dass er nicht gesagt: uns Swäben. So ist es ohne Zweifel auch 
zu deuten, dass Hartmann, als er den jungen Gregorjus die Rit- 
terschaft von Brabant, Hennegau etc. gegenüber der von Baiern 
und Franken rühmen lässt, der schwäbischen gar nicht -erwähnt, 
die doch damals, als an deren Spitze der gefeierte kaiserliche 
Held, der Rothbart, gestanden, auch hoch in Ehren gestanden. 

4) Ein starkes Beweisstück für Schwaben als Hartmanns 
Heimat ist in dem Zeugniss zu erkennen, welches Heinrich von 
dem Türlin, fast ein Zeitgenosse Hartmanns, in der „Krone* 

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^ 77 -^ 

(V. 2353) mit den Worten ablegt: ^als ich ez ofte las an Erecke, 
den von der Swäbe lande uns brähte ein tihtaere^, wobei zu- 
sammen zu nehmen: „von Swäbe lande ein tichtaere*, also zu 
lesen ist: ein Dichter von der Schwaben Lande^ wie statt „von 
Owe Hartmann*, Hartmann von Owe. 

5) Wenn die am Anfang des 14. Jahrhunderts am Boden- 
see entstandene Manessische Sammlung von deutschen Minne- 
liedem zwar mit Unrecht dem Hartmann von Aue das Wappen 
eines Thurgauer Rittergeschlechts beilegt (s. unten im vierten 
Abschnitt), so ist daraus doch so viel abzunehmen, dass der 
Sammler denselben für einen schwäbischen Ritter gehalten hat, 
denn der Thurgau gehörte in jenen Zeiten zu Schwaben. 

6) Sonst werden als Beweis dafür, dass Schwaben Hart- 
manns Heimat gewesen, die „Eigenthiimlichkeiten seiner Sprache* 
angeführt. Allerdings finden sich in Hartmanns Schriften Sprich- 
wörter, Redensarten und Sprachformen, welche man heute noch 
aus dem Munde des schwäbischen Volks, namentlich am oberen 
Neckar hören kann^); es ist aber nach Prof. Dr. Adalbert von 
Keller, der ersten Autorität in dieser Frage, gleichwohl kein be- 
sonderes Gewicht darauf zu legen , da man dasselbe auch in den 
Schriften anderer Minnesänger findet. 

Wenn, wie aus den angeführten Gründen unzweifelhaft her- 
vorgeht. Hartmann von Aue ein Schwabe gewesen, so war, wie 
wir am füglichsten im vierten Abschnitt nachweisen werden, indess 
weder der Thurgau noch das Breisgau dessen engere Heimat, so- 
mit bleibt von den bis daher aufgestellten Ansichten nur d i e übrig, 
er gehöre der oberen Neckargegend, speäell dem dortigen ehe- 
maligen Owe (Obemowe, Obernau bei Rotenburg) an. Sehen wir 
uns nun m diesem Landstrich Schwabens nach einem Herren-Ge- 
schlecht um, bei welchem der Minnesänger Hartmann mit Wahr- 
scheinlichkeit Dienstmann gewesen sein kann. Nach vielen ana- 



1) Z. B. Aus den Augen, aus dem Sinn; wer den Schaden bat, darf für 
den Spott nicht sorgen; das mnss mich wunder nehmen; under wegenli^^sen; 
einen einer Sache zeihen; vergelts Gott; weiss Gott; meim Kind; beim See; 
me (mehr); sie sagent; lants (lasset es); du geist, er geit (du gibst, er gibt); 
du seist, man seit (du sagst, man sagt) ; er treit (trägt) ; wir wellen etc. etc. 

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— 78 — 

logen, urkundlich nachgewiesenen Fällen kann der Dienstmann 
Hartmann von Ouwe (Owe) also genannt worden sein: > 

1) Nach dem Stammsitze seines Herrengeschlechts, 
von welchem er dann also Namen und wohl auch Wap- 
pen geführt hat (s. Beleg 21). 

2) Nach einer andern Burg oder Besitzung des- 
selben, in welchem Falle sein (des Dienstmannes) 
Name ^vonOuwe^ nicht auch der seines Herren-Ge- 
schlechts gewese-n (s. Beleg 27). 

Nimmt man den ersten Fall an, so muss des Minnesängers 
Dienstherr sich auch von ^Ouwe" (Owe) geschrieben haben, aber 
als geborner Herr (Besitzer) der Burg Ouwe nebst Zugehör, wel- 
che dessen Geschlecht indess auch als Vasall eines Fürsten- oder 
Grafenhauses in der Eigenschaft eines Erblehens besessen haben 
kann, wobei wir an die freien Herren, welche sich nach den be- 
nachbarten Burgen Werstein und Isenburg geschrieben haben, er- 
innern. (S. das zweite Kapitel des dritten Abschnitts.) 

Man wird, diesen Fall angenommen, unwillkürlich auf den Ge- 
danken geleitet, der „herre Heinrich geborn von Ouwe^ werde einer 
der Ahnen von Hartmanns Dienstherrn gewesen sein. Derselbe ge- 
hörte nach dessen Erzählung von dem ^ Annen Heinrich* jedenfalls 
dem Stande der Vollfreien an, welche ritterliche Dienstmannen hat- 
ten. (Beleg 32.) Auf der Burg Ouwe kann nun Hartmann die Auf- 
zeichnung der Maere oder Legende von Heinrich, einem der Ahn- 
herren gefunden und darnach bearbeitet haben, um solche sodann im 
Kreise seiner damaligen HeiTcnfamilie zu erzählen und sich da- 
durch bei derselben beliebt zu machen. 

Es fragt sich nun, ist ein schwäbischer Freiherr Heinrich von 
Ouwe urkundlich nachzuweisen? Dies ist schon darum sehr er- 
schwert, ^eil man gar keinen Anhaltspunkt hat, wann der im „Ar- 
men Heinrich* aufgeführte etwa gelebt, und derselbe jedenfalls 
weit hinter des Minnesängers Zeit zurückzuversetzen ist, da der 
jjArme Heinrich* zu des letzteren Lebzeiten bereits zur Legende 
geworden war. 

Frhr. v. Ow will den freien Herren Heinrich geborn von 
Ouwe in einem gewissen „Henricus clericus de Owa*, welcher in 

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— 79 — 

dem Schenkungöbuch des Klosters Reichenbach im württembergi- 
schen Schwarzwald genannt ist; und in einem Mönch Heinrich des 
Klosters Zwiefalten gefunden haben, denn er sagt S. 163 : „der 
freie Herre Heinrich von Ouwe, von dem wir aus der Heidelberger 
— der Koloczaer — und der Strassburger Handschrift wissen (s. 
bei Haupt und Grimm die Noten am Ende, die in Bechs neuer 
Bearbeitung leider fehlen), dass er nach dem Tod^ seineV Frau 
sich in ein Marienkloster zurückzog, war wohl derselbe, der nach 
1081 und 1091, als in der Nähe der Owe Reichenbach und das 
Marienkloster Zwifalten gestiftet wurden, jenem als clericus eine 
Schenkung seines Bruders — des dominus Manegold — bestätigte, 
diesem als „mon. noster" ein werth volles beinernes Crucifix schenkte. 
(Württ. Urkundenbuch H. 401, 3. 9 namentlich die Verbesserun- 
gen 446 und 47 *) und Hess mon. Guelfica XXI. gegen Ende^*. 
Das angeführte Schenkungsbuch (abg. im Württ. Urkundenbuch 
II.) berichtet nämlich (S. 401 f.), dass ein gewisser Manegoldus 
miles de Lintbach ^) seine Besitzungen in Gemmrigheim und Hes- 
sigheim (O.-A. Besigheim) in Gegenwart der Grafen Hermann 
imd Alwic von Sulz (kommen 1071 und 1095 vor. Stalin, wirt. 
Gesch. II. S. 421) an das genannte Kloster übergeben habe, nach 
Manegolds Tode diese Schenkung von dessen Bruder ^Heinri- 
cus clericus de Ovva und zwei Schwestern bestätigt, von des 
Ritters Neffen (^nepos^), Guntram von Hausen (wohl Neckarhau- 
sen in den K. Pr. Hohfenzollern'schen Landen) dagegen angefoch- 
ten worden sei. Lintbach ist der jetzige zu dem Dorf Walde (O.-A. 
Sulz) gehörige Weiler Leimbach und Ritter Manegold, welcher sich 
darnach geschrieben, gehörte, wie aus der Anwesenheit der Grafen 
von Sulz bei der Schenkungs - Verhandlung und der Bedeutung 
von miles zu schliessen, sehr wahrscheinlich zu den Dienstmannen 
derselben. Man ist in keinem Fall berechtigt, in ihm einen dem 



1) Diese „Verbesserungen" bez. „Mittbeiluiigen des Frbrn. v. Ow" wur- 
den als solche von dem Herausgeber des W. U. B. aufgenommen, beziehen 
sich aber auf Gerbold und Werner von Angia. S. über diese unten. 

2) Aus der Art und Weise, wie Frhr. v. Ow die fragliche Stelle citirt 
hat, muss man aber annehmen, der „dominus Manegoldus" habe sich auch 
nach Owe geschrieben. 



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— 80 — 

höheren Adel angehörigen Herrn zu erkennen. Den Titel „domi- 
nus"; welchen ihm das Schenkungsbuch nach seinem Tode beige- 
legt, erhielt er eben als Ritter; für Vollfreie gebraucht dasselbe 
die Prädikate ^ingenuus homo^, ^liberhomo*, oder einfach j^liber**, 
„nobilis vir*, oder gar „vir illustris*. Letzteres für den dem Ge- 
schlechte der Pfalzgrafen von Tübingen angehörigen Hugo von 
„Wilare* (Pfjlzgrafenweiler) *). War nun Ritter Manegold von 
Leimbach kein Freiherr, so kann man dessen Bruder Heinrich, 
den Kleriker von „Ovva^, auch nicht für einen solchen ansehen, 
auch ist wohl zu beachten, dass es nicht heisst „clericua Heinricus 
de Ovva*, oder Heinricus de Owa clericus *), das heisst nicht etwa 
ein von Au geboiTier Kleriker, sondern ein gewisser Heinrich, Kleri- 
ker von Au. Wie nun aber Frhr. v. Ow dieses Au ohne Weiteres 
auf seinen Stammsitz Obernau deuten kann, ist bei den vielen 
„Owe*, die es gibt, nicht einzusehen. Eher könnte man an ,jBrei- 
tenowe* ^), den jetzigen Weiler Breitenau denken, welcher wie 
Leimbach zu Walde gehört und schon in sehr alten Zeiten eine 
eigene Kirche hatte, welche jetzt noch zugleich die für Walde ist. 
(Beschreibung des Oberamts Sulz.) 

Den angeblichen Zwiefalter Mönch Heinrich von Owe be- 
treflfend, in welchem Frhr. v. Ow gleichfalls den vormaligen freien 
Herren Heinrich geborn von Ouwe erkennen will, bemerken wir. 



1) Dass ein Guntram, welcher unter der Regierung des Kaisers Lothar 
auf einem Gauding des Grafen Hugo von Tübingen Güter in Hausen und 
Betra an Reichenbach geschenkt, den Titel ,,vir nobilis" erhält, kann Frhr. 
T. Ow nicht auch auf den ,JIeinrich Kleriker von Owa" ausdehnen, da die 
Angabe, er sei „nepos" desselben gewesen, bei der mittelalterlichen meist va- 
gen Verwandtschafts-Bezeichnung dieses Ausdrucks nicht berechtigt, anzuneh- 
men, der Kleriker Heinrich, Ritter Manegold und Guntram seien eines Ge- 
schlechtes gewesen. 

2) Wie in einer Urkunde von 1215 ein „Wernher de Eichelberg, 
clericus" mit anderen, darunter Ritter als Zeuge genannt wird. Wirt. Urkun- 
denbuch HI. 30. oder zu 1263. „Bufchardas de Hohen vclse clericus". Mone 
a. A. O. II. S. 488. Siehe am Schluss dos dritten Abschnitts näheres über 
die Ritter von Hohenfels am Bodensee. 

3) Eglisau am Rhein unter Schafthausen, Rheinau (Rinowe) hiessen in 
alten Zeiten sonst auch einfach Owe, wie ja auch das Obernowe des 14. Jahr- 
hunderts früher einfach Owe geheisscn. 



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— 81 — 

dass er solches auf eine Aufzeichnung in ,;Ortliebi Zwifaldensis 
monachi opusculum de fundatione Zwifaldensis monasterii^' grün- 
det, welche Kap. XXI. S. 202 in Hess, mon. Guelf. pars hist. 
lautet: ,,in crucicula ossea cum catenula reliquie S. Barthol. ap. 
Hanc dedit Heinricus mon. noster de Augla^'. Erwägt man 
aber, dass es nicht heisst monachus noster Heinricus de Augia, 
oder Heinricus de Augia, monachus noster ; hält man andere ähn- 
liche Berichte von Schenkungen sowie Aufzeichnungen des Zwie- 
falter Nekrologs dagegen, z. B. Eberhardus senior monachus de 
^ Steine — schenkte gleichfalls ein Reliquienkreuzchen, Febr. Idibus 
ßerthbldus presbyter et monachus Augiae (soviel als de Augia, 
d. i. von Reichenau) und Nov. XI. Kai. Heinricus monachus S. 
Galli (S. 231. 251), erinnert sich, dass namentlich zwischen 
den Benedictinerklöstern sogenannte „Bruderschaften" bestanden 
und mit Erlaubniss der Obern nicht selten Übersiedlungen 
von dem einen in das andere Kloster Statt gefunden haben *), und 
nimmt schliesslich dazu, dass am Ende des 11. Jahrh. wirklich ein 
Mönch des Klosters Reichenau Namens Heinrich gelebt hat (Schön- 
huts Chronik des Klosters Reichenau S. 140), so ergibt sich, dass 
man in dem Mönch Heinrich nicht einen vormaligen Herrn von Ouwe, 
sondern einen Mönch zu erkennen hat, welcher von Reichenau nach 
Zwiefalten übergesiedelt ist, de Augia also wie Augie von Rei- 
chenau, nicht von Ouwe (Burg) bedeutet. 

Zu dieser höchst problematischen Aufstellung, es werde in 
dem ^Clericus Heinricus de Ovva*^ und in dem Zwiefalter ^Hein- 
ricus monachus de Augia^ der freie Herre Heinrich geborn von 
Ouwe zu erkennen sein, hat sich Frhr. von Ow durch den Schluss 
der Legende von dem ^Armen Heinrich^ berechtigt gesehen, wel- 
cher, von'^ späterer Hand herrührend, in der Heidelberger und 
Kolotzaer Handschrift steht und besagt, dass der Herre Heinrich 
sich nach dem Tode seines Ehegemahls in ein Marienkloster zu- 
rückgezogen habe, für welches Frhr. v. Ow das in der (?) Nähe 
von Obernau, wo der alte FreiheiT gewohnt haben soll, gelegene 



1) Vergleich^ auch die Regel des heil. Benedikt 61. Kap. »Von der 

Aufnahme fremder Mönche." 

* 

Schmid, Hartmann von Aue. ^ 

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_ 8ä ~ 

Zwiefalten nimmt, das aber wie Reichenbach in anständiger Ent- 
fernung davon liegt. 

Wir sehen in diesem Anhang zum ^Armen Heinrich* einen 
späteren Zusatz eines Schreibers vom geistlichen Stande, eine 
Fortführung der Legende zu einem zeitgemäss und passend erach- 
teten Abschluss derselben. 

Wenn es nun nicht gelingt, den freien Herren Heinrich ge- 
born von Ouwe in einer historischen Persönlichkeit aufzufinden, 
so kann man doch wenigstens urkundlich nachweisen, dass es am 
Ende des eilften und in der ersten Hälfte des zwölften Jahrhun- 
derts in Schwaben freie Herren von O.we gegeben hat. Es wer- 
den nämlich in der Stiftungs-Urkunde des Klosters Alpirsbach 
(von circa 1099), indess nicht mit ausdrücklicher Bezeichnung 
ihres Standes, ob ^nobiles* oder ^ignobiles*, unter den Zeugen 
genannt: „Gerboldus et Wernherus fratres de Augia* (W. U. B. 
I. Nro. 254), wobei es aber' unbestimmbar bleibt, was für ein Au 
gemeint ist, ob Au bei Rotenburg oder ein anderes, da auch Her- 
ren von Tanneck und Toggenburg mitgenannt werden, in der 
Nähe von Alt-Toggenburg es aber sowohl ein Tanneck als ein 
Au gibt. Für unsere Frage viel wichtiger und entscheidender ist 
es, dasö bei einer Verhandlung eines Grafen Friedrich von Zol- 
lern, welche zur Zeit des Königs Lothar (1125 — 1133) in An- 
gelegenheit des Klosters Alpirsbach, dessen Schirmvogt der Graf 
gewesen, und in Gegenwart von Ministerialen und Vasallen des 
Grafen Statt gefunden, als „liberi^ u. a. genannt werden Wolue- 
rat de Ouwa und Adalbert von Wachendorf (Beleg 28). Der 
Umstand, dass dieser Woluerat von Ouwa nebst dem Adalbert von 
Wachendorf ^) als Vasallen eines Grafen von Zollern genannt wer- 
den, spricht dafür, dass dieses Au in der Nähe der Burg Zollern, im 
Gebiet der zu dieser gehörigen Grafschaft zu suchen ist. Da ist 
denn zunächst an die bei dem ehemaligen Schlosse Rotenburg (in 



1) Sollte dieser eines Stammes gewcseu sein mit den Freien von Isen- 
burg und Werstein, da im Keichenbacher Schenkungsbuch (W, U. B. II. 8. 
409) ein Hiltebold von Wachendorf vorkommt, Hiltebold aber der bezeich- 
nende Name für die Freien von Isenburg und Werstcin gewesen, welche Va- 
sallen der Grafenhäuser Tübini^en und Hohenberg waren. 



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— 83 — 

der Nähe der jetzigen Stadt Kotenbarg) gelegeneu Au — die spä- 
teren Obern- und Niedern-Au — zu denken, denn Burg und dazu 
gehörige Herrschaft Rotenburg erscheinen in der zweiten Hälfte 
des 12. Jahrhunderts im Besitz des Grafenhauses Zollern, und in 
Wachendorf sass am Ende des folgenden Jahrhunderts ein Dienst- 
mann der Zollerischen Linie Hohenberg (s. 3. Abschnitt). 

So hätten wir denn alte schwäbische Freiherren des 12. Jahr- 
hunderts, welche sich nach Ouwe schrieben, urkundlich nachge- 
wiesen. Zu deren Geschlecht kann der freie Herre Hein- 
rich geborn von Ouwe gehört haben. Die Verherrlichung dessel- 
ben als von furstengleichem Geblüt, wie wir solche von Hartmann 
von Aue lesen, müssen wir diesem zu Gute halten, um so mehr, 
als er selbst einen starken Dämpfer darauf setzt, indem er seinen 
Freiherrn sagen lässt, die Tochter seines Maiers sei so frei 
geboren wie er und seine Heirat mit derselben daher für ihn nicht 
entehrend. Indessen bildeten die Fürsten und Grafen mit den 
Zollfreien j a eine Klasse. 

Bei diesem Freiherrn-Geschlecht von Ouwe, welches in Va- 
sallen-Verhältnissen zu dem Grafenhause Zollern gestanden und 
sich nach der Burg Ouwe bei Rotenburg geschrieben, 'wird nun 
Hartmann von Aue Dienstmann gewesen sein ; dasselbe muss aber 
noch im 12. Jahrhundert ausgestorben sein, wir haben wenigstens 
trotz unserer vielfachen Nachforschungen in urkundlichen und 
^ sonstigen zuverlässigen Quellen in dem angegebenen Jahrhundert 
keine ,jliberi de Owe^ mehr gefunden. Die Ritter von Owe 
des genannten Jahrhunderts und der folgenden Jahrhunderte, die 
Ahnen der jetzt noch in Schwaben blühenden Freiherrn von Ow 
gehörten, wie wir zeigen werden, nicht dem alten freien Ge- 
schlechte, sondern dem Dienstmannen-Stande an. Und man hat 
hier den nicht seltenen Fall, dass ein freies und ein Dienstmannen- 
Geschlecht denselben Familien-Namen geführt haben. (Vergleiche 
auch in Beleg 17 die freien Herren und die ^ Stadelherren ^ von 
Wal deck.) Hat sich Hartmann als Dienstmann nach dem Stamm- 
sitze der freien Herren von Ouwe geschrieben, so konnte er nach 
dem Aussterben derselben sich immerhin noch von Ouwe nennen, 
wie andere analoge Fälle beweisen (s. Beleg 22). 

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— 84 — 

Nehmen wir aber nach Punkt 2 (s. S. 78) an, Hartmann habe sich 
nicht nach dem Stammsitze seines Herrengeschlechts, sondern, wie 
es hin Diüustmannen auch oft vorgekommen (s. Beleg 27), nach 
Einern au dern Burgsitze desselben geschrieben, welchen er und sein 
Gesghleclit zu Beneficium oder Lehen gehabt, so hat man einerseits 
mtcli einem Herren- oder Grafengeschlecht des 12. Jahrhunderts, 
welches ^itie Burg Ouwe nebst Zugehör besessen, sich aber nicht 
darnach geschrieben, andererseits nach einem Rittergeschlecht der 
itügegebciien Zeit zu forschen, welches solche zu Lehen oder Bene- 
ficium gehabt hat und darnach benannt worden ist. 

Dil prä^entirt sich uns in Schwaben, welches unzweifelhaft als 
Hartmanns Heimat anzusehen ist (s. oben S. 7G f.), am allerfüglich- 
ateij das Geschlecht der Grafen von Hohenberg, Haigerloch und Ro- 
tenburg, welches am Ende des 12. Jahrhunderts als ein besonderer 
Zweig v<n\ dem Grafenstamme Zollern ausgegangen ist und Roten- 
burg mit Umgegend von dem Bisthum Bamberg zu Lehen getra- 
gen hat (fi. unsere Geschichte der Grafen von ZoUern-Hohenberg 
(S. XLin imdBel. 26). Denn zu der Grafschaft Hohenberg, speziell 
Rotenburg gehörten Burg und ,jStättlin Owe^ bei Rotenburg und 
Owiugen bei Haigerloch, und unter den Dienst- und Lehensman- 
nen derselben gab es ein Rittergeschlecht, welches sich nach ge- 
nannten Orten geschrieben. Ist Hartmann nach dem Aussterben 
der freien Herren von Owe, seiner unmittelbaren Dienstherren, 
Diejistniann der Grafen von Hohenberg oder eines grossen frän- 
kischen Vasallen des Bisthums Bamberg geworden, so blieb er in 
seiner liii^h erigen Genossenschaft, konnte auch, wie bereits be- 
merkt, immer noch sagen, er sei von Owe genannt. 

Die gegenseitige Stellung der Grafen von Hohenberg (Roten- 
burg) und der Ritter von Owe, der Ahnen des noch blühenden 
Freiherren -Geschlechts von Ow, gestützt auf urkundliche und 
sonstige zuverlässige Quellen nachzuweisen, das soll nun die Auf- 
gabe des folgenden Abschnitts unserer kritischen Untersuchung 
sein. 



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*^f-^ 



Dritter Abschnitt. 

Das schwäbische Eittergeschlecht von Owe, 
Obernowe (Obernau bei Eotenburg am Neckar). 



Erstes Kapitel. 

Dasselbe gehorte zu den ritterbiirtigen Dienstmannen des ßra- 

fenhanses ZoUern-Hohenberg, nicht zu den freien Herren im 

alten Sinne des Worts. 

Indem Frhr. v. Ow gleich im Eingang seiner Abhandlung 
mit Bezug auf die Nachkommen des freien Herren Heinrich, ^ge- 
burn von Ouwe^ also fortföhrt : ^Ihre Stammburg mit dem gleich- 
namigen Stättlin Owe — ist eine Stunde oberhalb Eotenburg am 
Neckar gelegen* — setzt er, ohne irgend einen Beweis dafür an- 
zugeben, wie wenn es selbstverständlich wäre, eigentlich voraus, 
dass jener Herre Heinrich ein Ahnherr seines Hauses gewesen, 
dieses also zu den im alten Sinne des Worts freien Geschlechtern 
Schwabens gehört habe, denn genanntes „Stättlin Owe* gilt mit 
Recht für einen der ältesten Burgsitze seiner Ahnen. Im An- 
schluss an diese in keiner Weise nachgewiesene Aufstellung spricht 
er dann auch unmittelbar darauf von der „alten Freiherrschaft 
Owe*, welche sein Geschlecht schon im 13. Jahrhundert besessen 
habe. 

Auf diese werden wir unten zurückkommen, zunächst 
wollen wir untersuchen, wie es sich mit der Behaupt- 
ung beziehungsweise Voraussetzung des Freiherrn 
von Ow verhält, seine Ahnen hätten schon im 12. 
und 13. Jahrhundert zu den freien Herren Schwa- 
bens gehört. Dass dieselben im 17. Jahrhundert in den Reichs- 
freiherrenstand erhoben worden, ist ein Beweis von viel jüngerem 
Datum. 



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— 86 — 

Hat man die Frage nicht diplomatisch genau zu entscheiden, 
so kann der Umstand, dass Kitter von Owe des 13. Jahrhun- 
derts, entschiedene Ahnen der jetzigen Freiherren von Ow, die 
Prädikate „dominus undnobilis" indess nur selten erhalten (führen) 
(s. Beleg 29), anscheinend dafür sprechen, dieselben seien schon 
im 13. Jahrhundert freie Herren gewesen ^). 

Geht man aber der Bedeutung, dem Werth und sonst übli- 
chen Gebrauch dieser Prädikate in dem angegebenen Jahrhundert 
näher nach, so gestaltet sich die Sache anders. Es erhielten näm- 
lich hie und da schon im 12, Jahrhundert angesehene Ministe- 
rialen fürstlicher Höfe, im 13. Jahrhundert aber, wie aus vielen 
Urkunden hervorgeht, häufig auch die Dienstmannen von gräfli- 
chen und Dynasten-Häusern, zumal wenn sie die Eitterwürde er- 
langt hatten, ja selbst angesehene Bürger von kleinen, schwäbi- 
schen Städten den Titel ^dominus^ (Beleg 3). Darum pflegten 
wirklich. freie Herren dem Titel ^dominus^ noch „nobilis vir^ oder 
„liber^^ beizusetzen (Beleg 30). Auch ist wohl zu beachten, ob 
„dominus^' vor dem Taufnamen oder nach diesem, vor 
dem Namen des Burgsitzes steht. Im ersten Fall* ist er, wenn 
nicht ein weiteres Prädikat dazu kommt, im 13. Jahrhundert ein 



1) Auch wir haben uns in unserer Geschichte der Grafen von Zollera- 
Hohenberg (S. 476) desshalb für die Möglichkeit ausgesprochen, die Ahnen 
der Herren von Owe könnten unter den freien Herren zu suchen sein, hatten 
natürlich aber nicht die Aufgabe, dies zu constatiren. In dieser unserer 
Arbeit stehen wir anders zu dieser Frage, da die Beantwortung derselben 
für unsern Gegenstand — nach Stand, Heimat und Geschlecht des Minne- 
sängers Hartmann von Aue zu forschen — von grossem Belang ist. — Vrgl. 
auch die Geschichte der ehemaligen freien Reichsritterschaft von Dr. K. H. 
Frhr. v. Roth von Schreckenstein S. 304. Note 6. Dort heisst es in Betreff 
des von Ow^schen Geschlechts : „Nach unserem Ermessen dürfte es ebenso 
schwer sein, die Ministerialität als die Hochfreiheit des Geschlechts zu be- 
weisen", wogegen wir auf unsere Ausführung in diesem Abschnitt verweisen. 
Richtig bemerkt darauf Frhr. v. Roth von Schreckenstein, dass der Titel 
nobilis zu Ausgang des 13. Jahrhunderts allein noch nichts beweise, fügt 
dagegen an, dass die Herren von Ow in späteren Urkunden als „Freie" be- 
zeichnet werden, was wir bis in*s 15. Jahrhundert herab nicht gefunden 
haben, wie es sich denn auch bei unserer Frage darum handelt, ob das von 
Ow*sche Geschlecht in den älteren Zeiten (12 — 14. Jahrhundert) zu den freien 
Herren gehört habe. 



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- 87 ~ 

bioser Titel, den mitunter Schmeichelei gegeben, in letzterem 
heisst Herr soviel als Besitzer (s. Beleg 31). In der von ims in 
einem Regest gegebenen Urkunde von 1246 (s. Beleg 29) wird 
Hermann von Owe ohne den Titel „dominus" unter den 
Zeugen aufgeführt, zu 1251 wird in demselben Beleg ein „domi- 
nus Hermannüs de Owe'' genannt, welcher in diesem Jahr todt 
gewesen und sich gegen das Kloster Bebenhausen wohlthätig ge- 
zeigt hat. Frhr. V. Ow dagegen beruft sich in seiner Abhandlimg 
(S. 163) auf einen „Hermann IL dominus de Owe", welcher 
im Jahr 1245 als Zeuge vorkomme und vor 1251 eine, Schenkung 
an das Kloster Bebenhausen gemacht habe. Vergleicht man da- 
mit in Beleg 29 unsere Regesten zu den angegebenen Jahren, 
so sieht man, dass sich Frhr. v. Ow bei seinem Citat ein Einschieb- 
sel überdies eine Umstellung — domin lÄ vor Owe, statt vor Her- 
mann — erlaubt hat, was die rechtliche Stellung seiner Ahnen zu 
dem Ort Owe (Obernau O.-A. Rotenburg) und den Grafen von 
Hohenberg, jedenfalls den Hauptbesitzern von Owe (s. im zwei- 
ten Kapitel dieses Abschnitts), merklich alterirt. Auf ein ähnliches 
beliebiges Verfahren werden wir unten zurückkommen. 

Zunächst machen wir auf einen in Betreff der Zutheilung der 
Titel dominus und nobilis an die Ritter von Owe wohl zu beach- 
tenden Umstand aufmerksam : solche werden ihnen, so viel uns be- 
kannt geworden, nur in drei Urkunden des Klosters Bebenhausen 
von 125>, 1275 und 1289 (». Beleg 29), laut welchen dieselben 
Schenkungen an dasselbe gemacht haben, beigelegt. In einer 
weiteren Urkunde von 1289, nach welcher Ritter von Owe Güter 
an genanntes Kloster verkauft haben, fehlt sowohl nobilis als 
dominus, wie auch in von Grafen von Hohenberg an^tlich ausge- 
stellten Urkunden von 1245, 1258, 1284 und 1291, gleichfalls 
endlich in der von Ritter Volkard „genannt von Owe^* selbst aus- 
gestellten Urkunde zu 1291, in welcher er sich als Dienstmann 
und Vasall des Grafen Albert von Hohenberg bekennt und zwei 
weitere Glieder seines Geschlechts ebenfalls ohne die genannten 
Titel unter den Zeugen aufgeführt werden. Man bedenke ferner^ 
dass man in der Zutheilung oder in dem Fehlen der den Zeu- 
gennamen beigefügten Prädikate, sofern sie den Stand derselben 



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— 88 — 

angeben, keinen Zufall, keine Willkühr des Schreibers erblicken 
darf, sowie dass in den amtlichen Urkunden der Grafen von Ho- 
henberg von den Jahren 1245 und 1258 einem der Zeugen, Be- 
rengar von Entringen, das Prädikat „Über", einem andern, 
dem von Neuhausen, dasjenige von „nobilis" beigelegt wird, 
dem Ritter Hermann von Owe aber, welcher mit denselben 
als Zeuge aufgeführt wird, weder das eine noch das andere. Die 
von Entringen waren aber wirklich „liberi'', Freie, welche vom 
Ende des 11. bis nach der Mitte des 13. Jahrhunderts urkundlich 
vorkommen (Beleg 32), wie denn derselbe Berengar von Ent- 
ringen in einer späteren Urkunde des Grafen Albert von Hohen- 
berg zu 1268 das Prädikat nobilis erhält, während die andern rit- 
terlichen Zeugen Hugo und Albert von Werenwag, welche ent- 
schieden Dienstmannen ' des Hauses Hohenberg waren, solchen 
nicht erhalten (s. Beleg 32). Ist nun anzunehmen, der gräfliche 
Notar, welcher die Urkunden aufgesetzt und dem die Standesver- 
hältnisse der Zeugen gewiss wohl bekannt gewesen, habe hier ein 
Versehen gemacht oder gar eine Parteilichkeit begangen? Gewiss 
nicht. Mit dem Prädikat „Über" oder „Fri" kommt aber unsers 
Wissens — und wir haben unermüdet geforscht — kein einzi- 
ger unserer schwäbischen Ritter von Owe vor. Dagegen 
werden in Urkunden des 12. und 13. Jahrhunderts eine ansehn- 
liche Zahl von schwäbischen freien Herren und Dynasten zum 
Theil ganz aus der Nähe von Owe bei Rotenburg mit dem Prädi- 
kat „liber" aufgeführt (Beleg 32), mitunter zugleich mit Rittern 
von Owe, diese ohne dasselbe. Wenn nun letztere, die doch vom 
12. bis 13. Jahrhundert häufig genannt werden, wirklich auch 
freie Herren gewesen wären, warum sollte ihnen gerade nicht 
ein einziges Mal das Prädikat „liber'^ oder ein gleichbedeutendes 
gegeben worden sein? Indem wir auf die oben aufgeführten Freien 
Wolferat von Ouwa und Adalbert von Wachendorfy zu deren 
Geschlecht aber eben darum die Hermanne und Volkarde von 
Owe nicht gehören, verweisen, machen wir hier auf die freien Her- 
ren von Sülchen (Rotenburg), Entringen (O.-A. Herrenberg), 
Isenburg (bei Nordstetten O.-A. Horb), Werstein (am Neckar, 
in den hohenzollem^schen Landen), Jettenburg (O.-A. Reut- 



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— 89 — 

lingen), First (bei Mössingen O.-A. Eotenburg), Stoffeln (bei 
Gönningen O.-A. Tübingen), Metzingen (O.-A. Keutliugen), 
Mülhausen am Neckar, Greifenstein (bei Holzelfingen O.-A. 
Keutlingen), Blankenstein (bei Wasserstetten O.-A. Münsingen), 
ßosswag und Lomersheira O.-A. Vaihingen) aufmerksam 
(Beleg 32). 

Fast- von allen denselben ist auch urkundlich überliefert, dass 
sie ritterliche Dienstmannen hatten (s. Beleg 32), was von 
keinem, „Herrn" von Owe bekannt ist, während im Gegen theil 
Glieder von deren Geschlecht Lehensträger von Freien gewesen 
sind (Beleg 29 unter 1289). 

Das Geschlecht unserer schwäbischen Kitter von Owe kenn- 
zeichnet sich vornämlich durch die bei ihnen herrschenden Namen 
— Hermann und Volkard (Volker). Dies sind desshalb neben 
den anderen auch häufig vorkommenden Namen Albert (Adal- 
bert), Heinrich, Berthold die leitenden *), wenn es sich darum 
handelt, das Geschlecht zu bezeichnen, welches sich nach Owe bei 
Rotenburg oder Owingen bei Haigerloch vornämlich geschrieben 
und mit dem wir es bei unserer Aufgabe zu thun haben. Wir 
stimmen daher dem Frhr. v. Ow zu, wenn er den Hermann von 
Owe, welcher im Schenkungsbuch des Klosters Hirsau zum 12. 
Jahrhundert vorkommt (s. Beleg 29), als seinen sicheren Stamm- 
vater aufstellt, während dagegen nach unserer obigen Ausführung 
die schon aufgeführten Freien Wolferat von „Ouwa'' und 
Adelbert von Wachendorf nicht zu den Ahnen des jetzt noch in 
Schwaben blühenden Freiherrengeschlechts zu zählen sind. Frhr. 
V. Ow stellt S. 163 nach Hermann I. von Owe einen Heinrich, 
mit Rücksicht auf ein anderes angebliches Glied seines Ahnenge- 
schlechts, den Kleriker und Mönch H. (s. S. 79 ff.), als den zweiten 
dieses Namens unter seine Ahnen. Es soll dies der ,jHeinricus de 



1) Mit dem Namen Hermann tritt das Gesclilecht um die Mitte des 12. 
Jahrhunderts in die beglaubigte Geschichte ein und derselbe erhält sich noch 
bis gegen den Schluss des 14.; Volkard lässt sich vom 18. bis 15. Jahrhun- 
dert verfolgen. S. unsere Geschichte der ^Grafen von Zollcrn-Ilohenberg S. 
476 ff. und in Beleg 29 die Constanzer Urkunde aus der Mitte des 14, Jahr- 
hunderts und das Regest zu 1404. 



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— 90 — 

Owa" seil); welcher in einer Urkunde des Kaisers Friedrich I. des 
Hothbarts von 1161 für das Kloster Pfeffers in der Schweiz als 
Zeuge genannt wird. Diese Urkunde ist zwar bei Herrgott Gene- 
alog. Habsb. Nro. 236 abgedruckt aber unächt wie in Mohr, 
die Kegesten der Archive der schweizerischen Eidgenossenschaft, 
speziell die der Benediktiner-Abtei Pfeffers S. 8 nachgewiesen ist. 
Zwar kommt in einer unzweifelhaft ächten Urkunde desselben Klo- 
sters von dem gleichen Jahre ein „Heinricus de Owa*^ cum filüs 
H. H. als Zeuge vor. Dieser war aber jedenfalls eine unbedeu- 
tende Persönlichkeit, im höchsten Falle ein Dienstmann des Klo- 
sters, -denn er wird * nach vielen andern Zeugen, deren Reihe ein 
„villicus Hermannus^' eröffnet, genannt. Da es so viele Aue gibt, 
so erscheint es überhaupt gewagt, ohne weiteres eine genaue Be- 
stimmung zu treffen. Indessen ist mit Rücksicht darauf, dass ob- 
genannler Hermann 1. von „Owa'^ (Jüter bei Bösingen (O.-A. Na- 
gold) gegen andere eingetauscht hat, auch die „Zimmerer^', ohne 
Zweifel eine Linie des Rittergeschlechts von Owe, eben in dieser 
Gegend begütert waren, auch jener Adalbert von Owa, der bei 
Nagold Besitzungen hatte (s. Bei. 29), unter die Ahnen der von Owe 
zu setzen , in deren Geschlecht der Name Adalbert (Albert) auch 
ziemlich häufig vorkommt. 

Obgenannter Hermann von Owe des Codex Hirsaugiensis 
kann aber nicht für einen Besitzer (Herrn) der angeblichen alten 
Freiherrschaft Owe (s. unten im zweiten Kapitel dieses Abschnitts) 
auch nicht für einen alten Freiherrn von Owe ausgegeben wer- 
den, weil er in der genannten, vollkommen zuerlässigen Quelle 
nicht etwa „Hermannus dominus de Owe", sondern „H. aduoca- 
tus de Owe" heisst (s. Beleg 29), das fragliche Owe am Neckar 
aber in der Hauptsache im Besitz der Grafen von Hohenberg-Ro- 
tenburg-Haigerloch war, in deren Gefolge und Diensten dessen 
Nachkommen vorkommen. Die Vögte gehörten aber zu den Mini- 
sterialen beziehungsweise Beamten derjenigen Häuser, in deren 
Besitz die Burg, Stadt oder das Dorf war, nach welchen sie sich 
geschrieben (s. Beleg 16). Indem nun aber Freiherr v. Ow bei 
Citation dieses seines „sicheren Ahnherren" den Titel „aduocatus" 
weggelassen^ hat er sich in diesem Falle die Auslassung einer 

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— 91 -^ 

Bezeichnung erlaubt, welche sehr wesentlich ist zur Beurtheilung 
der rechtlichen Stellung seiner Ahnen zum Grafenhause Hohen- 
berg. Die Hermanne und Volkarde von Owe des 12. und 13. 
Jahrhunderts, von denen, keiner das Prädikat „liber^' sondern, 
wie manch' anderer Dienstmann, hie und da einer den Titel domi- 
nus vor dem Taufnamen oder das Prädikat nobilis erhalten hat, 
gehörten, wie schon aus dem- „aduocatus^ hervorgeht, somit dem 
Dienstmannenstande an, wie denn auch Volkard von Owe, der mit- 
unter als nobilis vorkommt, sich 1291 selbst „miles dictus de 
Owe" (also ganz wie Hartmann — Ritter genannt von Owe) 
und „ministerialis" des Grafen Albert von Hohenberg nennt ^). 

In diesen Verhältnissen zum Grafenhause Hohenberg, als 
^Diener* desselben,, findet man noch um die Mitte des 14. Jahr- 
hunderts ein Glied des von Owe'schen Geschlechts, also zu einer 
Zeit, in der die Ministerialen meist zu Lehensmannen geworden 
waren. Und zwar ist es wieder ein Hermann von Owe, der wie 
sein gleichnamiger Ahnherr zwei Jahrhunderte früher hohenbergi- 
scher Vogt, nun aber der Stadt Rotenburg war (s. Bei. 29 zu 
1336 und 1338). 

Zu dem von Owe'schen Stamme gehörten ohne Zweifel auch 
die „Zimmerer*, d. h. ein ritterbürtiges Geschlecht, welches seinen 
Sitz in Zimmern (bei Haigerloch und Owingen) hatte, und zu 
welchem jener Konrad und Hermann (s. Bei. 29 zu 1284) und 
andere gehörten, welche häufig mit den Grafen von Hohenberg 
an verschiedenen Orten vorkommen. Nach Z. schrieb sich in 
späterer Zeit eine Linie äes von Owe'schen, Geschlechts. Die 
Ritter von Zimmern trugen von dem Kloster Reichenau ein Lehen, 
welches 1361 an Hermann von Owe kam, wie denn auch und so- 
mit ganz richtig die Reichenauer Chronik des Gallus Oheim vom 
Ende des 15. Jahrh. nach den Freiherren unter der ^ edlen Ritter- 
schaft^ die von Ow als Lehensträger des Klosters ' aufführt (s. 
Bei. 33). 



l)'In Betreff des „vasallus** (Lehcnsmann), der er zugleich von dem 
genannten Grafen gewesen und der speziellen Bedeutung von miles (Dienst- 
mann) 8. S. 10 f. und Beleg 5. 19. 



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•:^t. 



•— 92 — 

Als Sippschaft des ritterlichen Dienstmannen- 
Geschlechtes von Owc erweist sich das angesehenste 
Btirgergeschlecht der Stadt Eotenburg in der zweiten Hälfte 
des 13. und ersten des 14. Jahrhunderts. Dasselbe theilte sich 
in die drei Linien : der Ammanne, Stahler und Herter. Dass diese 
einem Stamme angehört haben, beweisen Namen und Wappen 
derselben ^). 

Die Ammanne erhielten diesen Jhren Beinamen, welcher zum 
Familien-Namen wurde, von dem einflussreichen Amte, welches 
mehrere Glieder derselben schon im 13. Jahrhundert in Diensten 
der Grafen von Hohenberg-Rotenburg bekleideten.^ Sie waren näm- 
lich j^minister^ ^) (Amman, Vorstand) der gräflichen Stadt Koten - 
bürg am Neckar, mitunter auch Vögte der Grafen ihrer Herren 
(s. Bei. 29 bei den Jahren 1284, 1291, 1292, 1304, 1314). In- 
dess kommen auch ihre Stammesvetter, die Stahler als Ammanne 
von Rotenburg vor (s. die so eben citirten Bei.). 

Und noch andere ansehnliche Amter bekleideten iml4.Jahrh. 
die Ammanne: so war einer Kirehrektor von Stiichen (Rotenburg), ein 
anderer Grosskeller des benachbarten Klosters Bebenhausen. Sie 
waren nicht nur in und bei Rotenburg, sondern auch in der Umgegend 
z. B. in Schwaldorf und Hirsau sehr begütert, insbesondere besas- 
sen sie vom Ende des 13. bis dem des 14. Jahrh. das nahe Dorf Bühl 
als hohenbergisches, später östreichisches Lehen, wonach sie sich 
zum Theil nannten, so ^Hans der Amman, genannt von Bühl." Die 
Ammanne werden mit den Grafen von Hohenberg, benachbarten 
Rittergeschlechtem und insbesondere denen von Owe bei verschiede- 
nen Veranlassungen wiederholt genannt. Töchter aus andern hohen- 



1) S. hierüber unsere Geschichte der Grafen von ZolKrn-Hohenberg S. 
506 ff. 

2) Dieses Amt bekleidete in der Reichsstadt Ulm eines der angesebenFten 
dortigen Geschlechter — die Rothe. Urkunden zu 1272. „Otto minister dictus in 
Bcmita (von dem Stege). 1281. Ich Ottoder amman und die richtaere alle und die 
burgaere gcmaeinliche alle von Ulm tun kunt etc. — 1282. König Rudolf I. 
vom Hause Habs^burg verhandelt mit Konrad von Reisensburg „Ulme in domo 
Ottonis dicti uf dem Stege." 1287. „Der erber man, her Otto an dem Stege, der 
araman %e Ulmt5/' Ulmisches Urkundenbuch 1873. bei den angegebenen 
Jahren. 



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^"'^S^^ -jr. 



~ ,93 — 

bergischen ritterlichen Dienstmannen-Geschlechtern; wie die der 
*Ehinger findet man als" Ehefrauen der Ammanne. Über ihre 
Verwandtschaft mit dem voü Owe'schen Geschlecht werden wir 
uns unten noch besonders aussprechen. 

Die S t a h 1 e r. 

Diesen Beinamen führte, wie bereits bemerkt; ein mit den 
Ammannen stammverwandtes Geschlecht, welches mitunter auch 
das Amman- Amt in Rotenburg bekleidete. 

^Stahler^, ^Stahelere" bedeutet einen, der in Stahl arbeitete, 
insbesondere ritterliche Rllstungen ^), die stählernen Ringpanzer ver- 
fertigte.*" 

Wie alle Handwerker, welche es im Mittelalter mit Verferti- 
gung von Waffen und Rüstungen zu thun hatten, vornämlich in 
den Augen der ritterlichen Gesellschaft in besonderem Ansehen 
gestanden, so kam auch das Geschlecht der „Stahler*, welches 
in Rotenburg sass, und ohne Zweifel ursprünglich zu den Höri- 
gen des auf der nahen Burg bei Weiler sitzenden Grafenhauses 
gehörte (s. unten bei den Hertern), durch seine Waffenschmiede- 
kunst in nähere, ehrende Beziehung zu seiner Herrschaft, schwang 
sich allmälich zu der Dienstmannschaft derselben auf, zunächst in 
der Weise, dass ihm mitunter angesehene Amter in der gräflichen Re- 
gierung an vertraut -wurden. Und dass ein geschickter Meister in Ver- 
fertigung der aus einer Unzahl von stäjilernen Ringen geflochtenen 
Waffenhemde, wie solche noch ia der ersten Hälfte des 14. Jahrh. 
getragen worden, und anderer Stücke der ritterlichen Rüstung 
sich dadurch vornämlich bei Graf Albert von Hohenberg, dem 
berühmten Helden beim Turnei und auf dem Schlachtfelde, der 
fast die ganze zweite Hälfte des 13. Jahrh. hindurch Herr der 
Stadt Rotenburg gewesen, besonders empfohlen haben wird, das 
darf man sicher annehmen. 

So wurden die Stahler und Ammanne der Ehre für würdig 
befunden, neben ritterlichen Dienstmannen im Gefolge des Grafen 
zu reiten. Und man trifft auch „Stahler* nicht blos als Ammanne 



1) ,,man h6rte klingen üf hertern stäle'* d. i. der stählernen Rüstung. 
Der arentiare Krone Ton Heinrich von Türlin. 



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- 94.- 

und Schultheissen von Rotenburg sondern auch in angesehenen 
Stellungen und Amtern j so einen derselben als Obmann eines 
Schiedsgerichts^ dessen Mitglieder zum Theil vom ritterschaftlichen 
(Dienst-) Adel (z. B. Bentz von BochingeU; Hans von Weitingen, 
Heinrich von Owe^ Ritter) wareii; einen andern als ^Hofmeister* 
des Bischofs Albrecht von Freisingen, eines gebornen Grafen von 
Hohenberg. Und auch die „ Stahler'' holten ihre Frauen mit- 
unter aus ritterbürtigen Geschlechtern, so gehörte die uxor Hein- 
richs des Stahlers (1313) dem Hohenberger Dienstmannen -Ge- 
schlecht der von Werenwag (im Donauthale) an. Und sie selbst 
müssen sich schon um die Mitte des 14. Jahrh. in die Reihen des 
niederen Adels emporgeschwungen haben, wenn Konrad oer Stah- 
ler zu 1347 und Heinrich der Stahler 1383 als ^jEdelknecht* vor- 
kommen. 

Auch die ^Stahler^ waren ein reiches, in und um Rotenburg 
sehr begütertes Geschlecht ; sie besassen z. B. um die Mitte des 
14. Jahrh. den Fronhof und einen anderen Hof zu Dettingen, einen 
sehr ansehnlichen Hof zu Wurmlingen, wo obgenannter Edelknecht 
Heinrich Stahler seinen Sitz hatte, den ^Kelnhof^ zu Fischingen 
mit dem Kirchensatz u. a. m. 

Die H er t er fährten neben den gemeinschaftlichen Stammes- 
namen Heinz (Heinrich), Benz (Berthold), Kunz (Konrad) besonders 
die Namen Engelfried und Engelhard. Auch diesen Zweig findet 
man in näheren Beziehungen zu den Grafen von Hohenberg (Roten- 
burg), in Diensten derselben, im ^athe und unter den Richtern 
der Stadt, auch als Chorherren am Stift Ehingen. Sie wohnten zu 
Rotenburg am Markt und am Ehinger Thor, zum Theil auch aus- 
wärts, z. B. in Niedernau (1336. „Cüntz der Herter von Niedern- 
owe), hatten auch in den umliegenden Ortschaften, z. B. in Kalch- 
weil, Besitzungen, mitunter hohenbergische Lehen, z. B. in Kir- 
chentellinsfurt. Die Ammanne und Herter waren verwandt mit dem 
reichenReutlinger Geschlecht der „bähte", von welchen ein Al- 
brecht 1296 als Bürgermeister der Reichsstadt vorkommt, und von 
den Pfalzgrafen von Tübingen Kirchheim am Neckar (Kirchen- 
tellinsfurt), Wankheim u. a. kaufte. 1346 kommt ein solcher Bäht 
von R. als Tochtermann des Hans des Herters vor. 



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— 95 — 

Wie aus den Wappenbildern auf den Siegeln der Ammanne, 
Stahler und Herter — theils zwei sich kreuzende Streitäxte, theils 
eine Mannsgestalt mit spitzer Blechhaube und einem Spiess auf 
dem Rücken — hervorgeht, gehörten diese stammverwandten Ge- 
schlechter auch zu den Kriegsdienstmannen der Grafen von Ho- 
henberg, daher sie, nachdem sie sich um die Mitte des 14. Jahr- 
hunderts zu dem niederen Adel^ aufgeschwungen, wenn oder 
so lange sie nicht die Ritterwürde erlangt hatten, auch „Edel- 
knechte^ genannt wurden. Aber in den ersten Jahren des 14. Jahr- 
hunderts war das Geschlecht trotz der bevorzugten Stellung, wel- 
che es unter der Einwohnerschaft der Stadt Rotenburg eingenom- 
men, noch persönUch unfrei. Denn als Mechtild, die Tochter En- 
gelfrieds des Herters, einen Eigenmann des in alten Zeiten um 
Rotenburg sehr begüterten Klosters Kreuzlingen bei Constanz ge- 
heiratet hatte, da schenkte — es war 1301 — Graf Albert von 
Hohenberg dieselbe dem genannten Kloster ^). Der Graf that sol- 
ches, um die willigen, guten Dienste, welche deren Vater ihm so 
oft gethan, zu belohnen und es war gut gemeint, denn nun 
traf die Kinder aus dieser Ehe nicht das ftir sie und die Eltern 
harte Loos, zwischen zwei Herren getheilt zu werden (s. oben 
S. 13). • 

Dass das zahlreiche, angesehene Roteuburger Bürgerge- 
schlecht der Ammanne, Stahler und Herter, deren Geschichte wir 
in vorstehendem kurzem Abriss gegeben, zur Sippschaft der ritter- 
bürtigen Hohenberger Dienstmannen von Owe gehört haben, er- 
gibt sich mit Rücksicht auf unsere obigen urkundlichen Notizen 
und weiteren Ausführungen in der Geschichte der Grafen von 
ZoUem-Hohenberg aus Folgendem : 

1) Aus der ebenbürtigen Stellung der Ammanne neben ande- 
ren Geschlechtern (z. B. den Ehingern, Werenwag), die sich im 
13. und 14. Jahrhundert von Hohenberger Dienstmannen zum so- 
genannten niederen /Adel emporgeschwungen haben. Und wenn 
schon 1297 Heinrich der Amman von Graf Albert von Hohenberg 
in aller Form mit dem Dorfe Bühl belehnt worden imd Hans der 



1) H. ü. B. Nro. 190. 

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— 96 — 

Amman als „genannt von Bühl'' aufgeführt wird; so ist das 
ganz analog : Volkard genannt von Owe. 

2) Auch Glieder des von Owe'schen Geschlechts waren Bür- 
ger der Stadt Rotenburg ^) und Diener (u. a. Vogt von Roten- 
burg) der Grafen von Hohenberg. 

3) Das fragliche zahlreiche Geschlecht führte vorherrschend 
Namen, die auch bei denen von Owe heimisch waren, nebst Hein- 
rich (Heinz), Berthold (Benz) und Hans insbesondere Volk ard, im 
Volksmunde auch Volker (s. in Bei. 29 u. a. zu 1291. 1292. 1304. 
1314 und die Constanzer Urkunde zur Mitte,des 14. Jahrhunderts). 

4) Das Geschlecht war zum Theil in denselben Ortschaften 
begütert wie das von Owe'sche, z. B. Kalchweil, Dettingen 
(nach diesem Ort schrieb sich auch ein Ower), Schwaldorf, Nie- 
dernau, Wurralingen. 

5) Insbesondere aber wurde 1304 ein Bruder des Heinrich Am- 
man, Vogts der Grafen von Hohenberg, nach Owe genannt, ein 
zweiter Bruder hiess Volker und war Kirchherr zu Sülchen (Ro- 
tenburg (s. Bei. 29 zu 1304). 

Zur Sippschaft des von O welschen Geschlechts gehörte ohne 
Zweifel auch das angesehene und reiche Rotenburger Bürgerge- 
schlecht, welches die „Schnider (Schneider) von Owe^ genannt 
wurde, und im Anfang sowie nach der Mitte des 14. Jahrhunderts 
mit dem Owe'schen Namen Heinrich in Urk unden vorkommt ^). 
Man darf aber natürlich hiebei nicht an das Handwerk denken, son- 
dern muss hierin einen der vielen und mitunter sehr seltsamen Über- 
namen ^) sehen, in denen sich der Humor und Witz des Mittelalters, 
das auch hierin nicht wählerisch war, gefallen hat. Indess waren 
diese Spitznamen wirklich praktisch und nothwendig, wenn ein 
Geschlecht sich mit besonderer Vorliebe eines gewissen Namens 
bedient hat, den mehrere lebende Glieder zugleich hatten. So 



1) Albrccbt von Owe 1314. 1346. Bürger zu Rotenburg. 1366. Hansen 
von Owe Hus zu Rotenburg. 

2) 1307. 1314. 1317. H. sartor de Owe. 1358, Mechtild die Snyderin 
von Ow, Bürgerin zu Rotenburg (s. Beleg 29 bei diesen Jahren). 

3) In einem sehr alten Lagerbuch des Cameralamts Herrenberg fanden 
wir z. B. den Personen-Namen: Jobann „Schlupfinsheu**. 



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~ 97 — 

herröchen bei dem von wegsehen Geschlecht die Namen Heinrich, 
Hermann und Volkard vor, daher Heinrich ^der Schnider^ von 
Owe, Volkard der „grumschnider" von Ow (1404), Volkard 
der„Wutfus3'^ von Owe, Hermann „von demStaetenlin", was nicht 
zu nehmen ist als Herr (Besitzer) davon, Hermann von Owe 
der ,jhinder^ vonHürningen (Hirrlingen), Hermann von Owe „gros- 
holz^ von Hürningen (s. Beleg 29 zu den Jahren 136G- 1404). 
Diese Sitte oder Unsitte der Spitznamen war auch beim hohen 
Adel zu Hause, wie man bei dem hohenzoUern'schen Hause 
sieht, welches noch in unseren Tagen besondere Vorliebe für 
den Namen Friedrich (Fritz) hat, daher Friedrich der „Schwarz- 
graf'', der „Ostertag'^, „Itelfritz'^ d. h. der Fritz ohne Beinamen 
(s. unter Beleg 29 bei dem Jahr 1404). 

Endlich ist dem von Owe'schen Geschlechte ohne Zweifel 
auch anzureihen jener Burkard von Wachen dorf, der im Jahre 
1299 mit seinen Söhnen Berthold, Burkard, Albert und Heinrich 
unter dem Siegel ihres geliebten Herrn, des Grafen Albert von 
Hohenberg, eigene Güter in Zimmern bei Haigerloch an das 
Kjpster Kirchberg verkauft hat, welche Verhandlung auf der 
Burg Haigerloch vor sich gegangen. Hienach ist in dem genann- 
ten Burkard ein Dienstmann des Grafen von Hohenberg zu erken- 
nen, wie derselbe denn auch diesen nicht seinen, sondern mit Be- 
.zug auf seine Söhne „unsern Herrn'' nennt (s. Beleg 29 zu 
1299). Derselbe kann also nicht etwa ein Nachkomme des Freien 
Adelbert von Wachendorf (Mitte des 12. Jahrhunderts) gewesen 
sein. Die Lage des Orts Wachendorf, nach welchem Burkard 
sich geschrieben, dessen Besitzungen in Zimmern (s. oben) wie 
auch die Namen Berthold, Albert und Heinrich, welche um jene 
Zeit im von Owe'schen Geschlechte heimisch waren, spre- 
chen dafür, dass dieser Ministeriale einer von Owe gewesen ^). 



1) Dieser Ansiebt muss auch Frhr. von Ow beipflichten, denn er rechnet 
Wachendorf zur „Freiherrschaft Owe im 13. Jahrhundert", er müsste nur be- 
haupten wollen, Burkard von Wachendorf sei ein Dienstmanu seiner Almen 
gewesen, was abier den urkundlichen Zeugnissen von 1299 widerspricht. Über- 
dies ist nirgends etwas davon bekannt, dass das Ahnengeschlecht des Frei- 
herren Dienstniannen gehabt hat. 

ScUmi d, Hartmann von Aue. p.g.^.^^^ bjGoOgle 



— 98 — 

Gehen wir, abgesehen von den beiden Vögten Hermann von 
Owe des 12. und 14. Jahrh. und den puren Titebi (Prädikaten) 
dominus und nobilis, welche zwei Ritter von Owe (Hermann und 
Volkard 1251, 1275 und 1289) erhalten, und über deren Bedeu- 
tung wir uns bereits ausgesprochen haben, nun näher der Art und 
Weise nach, wie die von Owe sonst in Urkunden vorkommen (s. 
Beleg 29), so ergibt sich Folgendes : 

Mehrere erhalten neben entschieden hohenbergischen Dienst- 
mannen wie die von Werenwag (im Donauthal) einfach das Prä- 
dikat „miles de Owe", was eben einen zu Owe gesessenen Dienst- 
mann oder einen Dienstmann der Herren (d. h. Besitzer) von Owe 
bedeutet (s. Beleg 19) und noch genauer bezeichnet ist, wenn obi- 
ger Volkard 1291 sich selbst „miles dictus de Owe" ^) heisst. 

In der Kegel werden die von Owe, wenn sie noch nicht Ritter 
gewesen, einfach als „de Owe" aufgeführt, wie Hermann 1245, 
Volkard 1284, immer mitten unter oder nach anderen Dienstmannen, 
ja zwischen Zeugen aus dem Bürgerstande, zum Theil ganz am 
Ende der Zeugen. Da es nun aber, wie viele Urkunden beweisen, 
keinem Zweifel unterliegt, dass die Zeugen ihrem Rang nach auf- 
geführt wurden, so ergibt sich hieraus klar, dass die von Owe im 
13. und 14. Jahrhundert keine höhere Stellung als andere Dienst- 
mannen eingenommen haben. Ferner waren, wie wir im zweitfen 
Kapitel nachweisen werden, die Hauptburgen und Ortschaften 
Owe (Obemau) nnd Owingen, nach denen das Geschlecht benannt 
worden, noch im letzten Viertel des 14. Jahrhunderts in der 
Hauptsache Besitzungen des Grafenhauses Hohenberg, wie denn 
der älteste nachweisbare Ahn der von Owe in einer durchaus zu- 
verlässigen Quelle (s. Beleg 29) nur als gräflicher Beamter (Vogt) 
von Owe, nicht als Herr (Besitzer) davon vorkommt. Das Ge- 
schlecht der Ritter von Owe stand somit zu dem Grafenhause 
Hohenberg in demselben Verhältniss wie die nach Wöllhausen 
und Haiterbach benannten hohenbergischen Vögte und Dienst- 
mannen (s. Beleg 16. 27). Dazu kommt, dass, wie wir oben nach- 



1) Auf dieses ,,4iotu8 de Owe", welches an „Hartmann genannt von Owe** 
erinnert, werden wir unten noch einmal zurückkommen. 



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— 99 — 

gewiesen, das von Owe'sche Geschlecht in verwandtschaftlichem 
Zusammenhange steht mit dem reichen, angesehenen Rotenburger 
Bürgergeschlecht der Ammanne, Stahler und Herter, welches mit 
denen von Ehingen, Weren wag u. a. zur Genossenschaft der Hohen- 
berger Dienstmannen gehörte. Dass die von Owe diesem Stande an- 
gehört haben, ergibt sich auch aus folgenden allgemeinen Gesichts- 
punkten, welche wir aus vielen Urkunden abstrahirt haben. 

1) Mit Bestimmtheit kann man natürlich sagen, ein Ritter, 
überhaupt eine Persönlichkeit, welche nicht das Prädikat „liber^^ 
oder ein gleichbedeutendes erhalten, sei ein Dienstmann gewesen, 
wenn er (sie) ausdrücklich als „ministerialis^ aufgeführt wird, oder 
ein Amt bekleidet hat, welches, wie das des Truchsessen, Vogts 
und drgl. gewöhnlich Ministerialen hatten. 

Ein Ritter war Dienstmann, 

2) Wenn er keines der Prädikate, welche auf einen Freien 
schliessen lassen, erhält, sondern etwa nur als nobilis und domi- 
nus vor dem Taufnamen oder einfach als miles aufgeführt wird. 

3) Wenn man weiss, dass andere Glieder des Geschlechts, 
dieses überhaupt notorisch dem Ministerialen - Stande angehört 
haben. Es bedarf dann, um solches annehmen zu dürfen, nicht 
gerade des Prädikats „ministerialis", da vornämlich von der Mitte 
des 13. Jahrhunderts an in Zeugen- Verzeichnissen nicht mehr wie 
früher liberi und ministeriales besonders unterschieden werden, 
und letzteres Prädikat überhaupt mehr und mehr verschwindet auch 
bei Persönlichkeiten, deren Geschlecht entschieden dem Ministe- 
rialen-Stande angehört hat. 

4) Wenn er ohne sonstiges Prädikat in Zeugen- Verzeichnis- 
sen inmitten von Ministerialen aufgeführt wird oder darin eine un- 
tergeordnete Stelle einnimmt. 

5) Wenn er der Lehensmann eines Freien gewesen. 

6) Wenn er ohne das Prädikat „Über" sich nach einer Burg, 
einem Ort geschrieben, welcher nachweisbar Eigenthum eines Hö- 
heren gewesen. 

7) Wenn zur Veräusserung etc. eines Eigen von Seiten des- 
selben die Zustimmung eines höher Gestellten nöthig war. 

8) Wenn er in Folge von Veräusserung und dergleichen 

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— 100 — 

einer Herrschaft etc. mit dieser an einen andern Herrn überge- 
gangen. 

9) Wenn er mit andern notorischen Dienstmannen wieder- 
holt im Gefolge eines Grafen an verschiedenen Orten vor- 
kommt, ohne dass eine ihn berührende Sache dabei verhandelt 
worden. 

Fast alle diese Merkmale treffen bei den schwäbischen Rit- 
tern ZU; welche sich nach O w e (Obernau bei Rotenburg) oder 
Owingen bei Haigerloch geschrieben, daher ist man vollkommen 
berechtigt; anzunehmen, dass sie dem Ministerialen-Stande ange- 
hört haben. Aus diesem bildete sich in späteren Jahrhunderten 
der „ritterschaftliche Adel", (iine sehr zutreffende Bezeichnung, 
da, wie wir gesehen, „miles", „Kitter" überhaupt ein anderer ge- 
läufiger Name für Dienstmann gewesen (s. Beleg 19) und die 
Ministerialen sich vornämlich durch Erlangung der Ritterwürde in 
die Reihen des „ritterschaftlichen Adels'' aufgeschwungen haben. 
Zu diesem wurden im Gegensatz zu den „freyherrn" denn auch im 
15. und 16. Jahrhundert die Herren vonOwe gestellt (s. Beleg 33), 
welche erst im 17. Jahrhundert in den Reichsfreiherrnstand er- 
hoben worden. 

Zweites Kapitel. 

Über die Besitzungen des schwäbischen Rittergescldeehts 
von Owe. — Es liat im 13, Jahrhundert keine „Freiherrschaft 

Owe" gegeben, 

Obernau, noch 1381 einfach Owe, indess schon früher ne- 
ben Owe auch Obern owe (s. Beleg 29 zu 1307) genannt, ein 
Dorf in der Nähe der heutigen Oberamtsstadt Rotenburg a. N. 
und einer abgegangenen, gleichnamigen Burg der im Jahr 1486 
ausgestorbenen Grafen von Hohenberg - Rotenburg - Haigerloch 
Zollerischen Stammes, ehedem ein „Stättlin'^ (s. Beleg 29), um- 
mauerter Ort („oppidum'^), fuhrt Frhr. vonOw als „die Stammburg 
— davon noch übrig ein runder Thurm — mit dem gleichnamigen 
Stättlin'^ seines Geschlechts auf, welches nach seiner Aufstellung 
dem des freien Herren Heinrich geborn von Owe anzureihen sei. 

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— 101 — 

Dass letztere Aufstellung ganz unbegründet; glauben wir oben 
nachgewiesen zu haben; dass aber die ,,alten vonOwe", die Ahnen 
des Frhr. H. C. von Ow, neben Owingen (s. unten) ;,ouch ze 
Obemowe sesshaft waren", damit hat es nach Urkunden aus dem 
14. und 15. Jahrhundert (s. bei Beleg 29 und namentlich die 
Constanzer Urkunde von um 1366) seine Kichtigkeit. Nichts- 
destoweniger aber war das Grafenhaus Hohenberg, welches am 
Schlüsse des 12. Jahrhunderts als Linie von dem Stamme der 
Grafen von Zollern ausgegangen ^), in alten Zeiten der eigentliche 
und Hauptbesitzer von Burg und Stättlin Owe (s. unten S. 104). 
Und jener Hermann von Owe des 12. Jahrb., nachweisbar der äl- 
teste Ahnherr der jetzigen Freiherren von Ow, ist nach Beleg 29 
nicht als dominus de Owe d. h. als Besitzer von Owe aufzustellen, 
da er blos „aduocatus de Owe" war, so wenig als die in dem Bei. 
16 aufgeführten Vögte die Besitzer der Burgen, Städte und Dör- 
fer gewesen, nach denen sie benannt wurden. 

Dem nach der Burg Zollern benannten Grafenhause war es 
nämlich um die Mitte des 1 1 . Jahrhunderts geglückt, zu seiner ur- 
sprünglichen Grafschaft über den Scherragau „comitatus mon- 
tium", welcher sich von der Donau zwischen Tuttlingen und Sig- 
maringen bis über das heutige Oberamt Balingen und in die Nähe 
des Zollerberges erstreckte, diejenige der 1057 letztmals vorkom- 
menden Grafen Hesso hinzuzufügen, welche sich über den Sü- 
lichgau(die Neckargegend um Kotenburg bis Tübingen herab) 
und den Sprengel „Hattin huntare" (um die obere Steinlach 
und Starzel), darin Hechingen, verbreitete. Zu dem, was es so an 
Grafenrechten über einen ansehnlichen Strich Landes gewonnen, 
erwarb es durch Belehnung Seitens des Bisthums Bamberg (s. Bei. 
26) noch einen guten Theil derjenigen Besitzungen, welche nach 
dem Tode der durch J. V. Scheffels „Ekkehard" in weitere Kreise 
eingeführten Herzogin Hadewig von Alemannien dem Kaiser Hein- 



1) „Ego Albertus dominus de Rotinburc quondam comitis Burchardi de 
Zolre filius*» — bedient sieb des Siegels seines verstorbenen Bruders Bur- 
kard, welcber sieb auf demselben Graf von Hobenberg nennt. Urkunde vom 
Jahr 1225 H. ü. B. Nro. 26. Vergl. die weitere Ausführung in unserer Ge- 
schichte der Grafen von 7ollern-Hohenberg 8. XLIII f. 



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_ 102 — 

rieh II., dem Heiligen, erblich angefallen und im Anfang des 11. 
Jahrhunderts von demselben meist dem genannten von ihm gestif- 
teten Bisthum, beziehungsweise dem diesem von Heinrich incorpo- 
rirten Kloster Stein am Rhein geschenkt worden waren (s. Beleg 
26). Dieselben bestanden, so weit es auf imsern Gegenstand Be- 
zug hat, zuucächst aus Eotenburg mit Zugehör. Später, am Ende 
des 12. Jahrhunderts kam als bambergisches Lehen hinzu Na- 
gold, im 13. Horb (Beleg 26). Bei dieser geographischen Be- 
zeichnung ist indess zu bedenken, dass die mittelalterlichen Ur- 
kunden bei Verkäufen, Schenkungen nnd dergl. in der Regel nur 
den Hauptort einer Herrschaft, die Stadt und Burg namhaft ma- 
chen und die dazu gehörigen Dörfer etc. unter der Zugehör be- 
greifen, welche, was insbesondere Rotenburg anbetrifft, wir 
unten näher kennen lernen werden. Für's andere ist wohl zu be- 
achten, dass es im 11. Jahrhundert noch keine Stadt Rotenburg 
wohl aber ohne Zweifel eine gleichnamige Burg gegeben, die ihren 
Namen von der kleinen waldigen Berglandschaft erhalten hat, welche 
ehedem R o t enb erg hiess, jetzt zum Theil Rammert (früher ,jRam- 
hart^ d. i. Rani- Wald) heisst, und in dem Winkel zwischen Neckar 
und Steinlach liegt. Da endlich die Besitzungen, welche gedachter 
Kaiser an das Bisthum geschenkt, vornämlich in die heutigen Ober- 
ämter Rotenburg, Horb, Nagold, theilweise auch Freudenstadt zu 
verlegen sind , also in einem zusammenhängenden Territorium 
lagen, über welches sich die Grafschaften der Zollern, Hohenber- 
ger und Tübinger verbreiteten ; da ferner die Städte Horb und 
Nagold rpit Zugehör, welche die Urkunden auch als ursprüngliche 
Bambergische Lehen bezeichnen, erst am Ende des 12. beziehungs- 
weise im Laufe des 13. Jahrhunderts durch wiederholte Heiraten 
der Hohenberger Grafen in das Haus Tübingen an jene gefallen 
sind, so muss dasjenige bambergische Lehen, welches die Zollern 
schon im 11. Jahrhundert und nach denselben die Hohenberger am 
Ende des nächsten erhielten, aus Rotenburg und Umgegend be- 
standen haben. Wie auch sonst üblich haben die Grafen von Zol- 
lern, beziehungsweise die Hohenberger, einzelne Burgen, Dörfer 
etc. davon ihren Vasallen und Dienstmannen zu Leihen und Bene- 
ficien gegeben (s. Beleg 26 zu 1249). Als solche bambergische 



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_ 103 — 

Afterlehen sind ohne Zweifel zu betrachten die Burgen Isenburg 
und Werstein in der Nähe von Horb, wie denn der Ort Fischin- 
gen, welcher zu letzterer gehörte, unter den Orten aufgeführt 
wird, die an das Kloster Stein geschenkt wurden. Gedachte Bur- 
gen nebst Zugehör trugen wirklich in der ersten Hälfte des 13, 
Jahrhunderts die Freien von Wer siein und Isenburg von dem 
Grafenhause Hohenberg-Rotenburg zu Lehen (s. Beleg 29 zu 
1381), wie dieselben auch als „barories^^ unmittelbar vor Hof- und 
anderen Dienstmannen der Grafen von Hohenberg mit einem die- 
ser im Jahr 1237 alsZeugen genannt werden (s. Bei. 32 zu 1237). 
So liegt denn auch der Gedanke sehr nahe, die Freien Wolverat von 
^Ouwa" (Owe) und Adelbert von Wachendorf, welche (1125 bis 
1 133) als Vasallen („liberi homines") eines Grafen Friedrich von 
Zollem mit diesem vorkommen (s. Beleg 28), hätten die genann- 
ten Burgen und Orte, von welchen wenigstens ersteres 
sicherlich zum Bambergischen Lehen gehört hat, von 
dem Hause Zollern zu Lehen gehabt! Da solche Lehen im 12. 
Jahrhundert aber bereits erblich waren, so konnten sich dieselben 
auch darnach nennen. Freie Herren, welche nach Owe und Wa- 
chendorf benannt worden, haben wir aber in späteren zuverlässigen 
Quellen nicht mehr gefunden, denn die Ritter von Owe, deren 
Stammvater jener Hermann „aduocatus de Owe^^ gewesen, 
gehörten, wie wir bereits gezeigt, nicht zu den freien Geschlech- 
tern. 

Wie der Titel aduocatus ausweist, war Hermann von Owe 
nach den Analogieen unserer Belege Nro. 16 nicht dominus de 
Owe, d. h. Besitzer von Owe, sondern hatte als Beamter des Be- 
sitzers, als Richter und Pfleger die Rechte und Interessen desselben 
zu üben beziehungsweise zu wahren. Und auch in dem „miles 
Volkardus de Owe", wie solcher sich 1291 selbst vorstellt (s. Be- 
leg 29), ist, wenn er gleich mitunter das Prädikat nobilis bekom- 
men, nicht ein Herr (d. h. Besitzer) von Owe zu erkennen. Es 
entspricht dies auch vollkommen den alten Beziehungen des Hau- 
ses Zollern und der hohenberger Linie desselben zu Rotenburg 
und Umgegend, wie wir solche oben entwickelt haben, und sich 
noch weiter im Einzelnen nachweisen lässt. Im Jahr 1381 ver- 



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— 104 — 

kaufte nämlich Graf Rudolf von Hohenberg an Herzog Leopold 
von Osterreich seine Grafschaft Hohenberg, insbesondere die Stadt 
Rotenburg und die beiden gleichnamigen Burgen — eine bei der 
Stadt und die andere ob dem Dorfe Weiler, die Vesten Werstein 
und Isenburg, ;;0w das stättlin", die umliegenden zu Roten- 
burg gehörigen Dörfer Wurmlingeu, Dettingen, Weiler, Niedernau,' 
Schwaldorf und Frommenhausen (s. Beleg 29 zu 1381. H. U. B. 
Nro. 736. 773. 818) 

Die Grafen von Hohenberg waren also in Bezug auf Roten- 
burg und Umgegend die Landesherren und übten über den Sülich- 
gau die Grafenrechte, soviel deren übrig geblieben, wie denn eine 
amtliche Urkunde des jungen römischen Königs Heinrich VH. be- 
ziehungsweise dessen Vonnünders von dem Jahr 1226 den Grafen 
Albert von Hohenberg als Grafen von Rotenburg aufführt. 
Graf war aber injenen Zeiten kein bioser Titel, sondern es waren da- 
mit gewisse Rechte, es war damit eine höhere Stellung verbunden. 
Bald darauf (1249) nennt sich des vorgenannten Grafen Albert 
Neffe Burkard in einer an den Bischof von Bamberg („dei gratia 
Babenbergensi episcopo*) gerichteten Urkunde (dat. Rotenburg) 
zwar dessen „fidelis^^ (Vasall), zugleich aber „eadem gratia comes 
de Hohenberch" (s. Beleg 26). Der stolze Graf stellt sich damit 
gewissermassen auf gleiche Linie mit dem Kirchenfürsten, seinem 
Lehensherm. Und eben dieses Burkards Sohn und Nachfolger 
Albert, der berühmte Held und Minnesänger, des römischen Kö- 
nigs Rudolf vom Hause Habsburg Schwager, nennt sich, nachdem 
er wiederholt von seinem „territorium" und ^dominium '^ gesprochen, 
in einer Urkunde dat. Rotenburg „divina gratia comes de Rotin- 
burg'^, wiewohl auch er gerade mit Bezug auf Rotenburg und Zu- 
gehör Vasall des Bischofs von Bamberg gewesen. 

So sieht man, dass die Grafen von Hohenberg beziehungs- 
weise Rotenburg schon in der zweiten Hälfte des 13 Jahrhunderts 
die Stellung von Landes- (Territorial-) Herren über Rotenburg 
und Umgegend beansprucht und eingenommen haben. Dies war 
in der Folgezeit noch in höherem Masse der Fall, daher, wiewohl 
indessen die vormalige hohenbergische Dienstmannschaft eine frei- 
ere Stellung, die der Lehensmannen, gegen ihr Grafenhaus er- 



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_ 105 — 

rangen, die Gräfin Margaretha von Hohenberg (Rotenburg), wel- 
che als Wittwe für ihren minderjährigen Sohn theilweise das Re- 
giment gefülirt; in einer Urkunde vom Jahr 1348 (H. U. B. Nro. 
467) von ihrem (,,unserem) Lande'^ spricht, und bei dem bereits 
erwähnten Verkauf von Rotenburg, Horb etc. im Jahr 1381 stets 
von der „Graueschaft und Herrschaft", oder von der 
„Graueschaft und dem lant" die Rede ist ^), womit bei 
ersterem eben die von dem alten Grafenamt ^) noch übrig geblie- 
bene Ausübung der 'hohen Gerichtsbarkeit, die höhere Stellung 
gegenüber von dem Lehensadel gemeint ist, welcher sich mit dem 
Grafenhaus in den Besitz des Landes theilte. Und dass noch am 
Schlüsse des 13. Jahrb., wie viel auch von den Amtsrechten und 
der Bedeutung der alten Gaugrafen verloren gegangen war, die 
Stellung der Grafen zu dem Adel ihrer Bezirke in der Hauptsache 
dieselbe geblieben, beweist folgender Vorgang: AlsKönig Rudolf 1. 
1282 den Grafen Heinrich I. von Fürstenberg mit der Landgrafschaft 
Inder Baar belehnte, forderte er alle Unterthanen und Vasallen, 
welche in derselben Sassen, feierlichst zu strengem Gehor- 
sam gegen den Grafen auf (Münch, Geschichte der Grafen von 
Fürstenberg I. S. 279). Man kann also auch von diesem Gesichts- 
punkt aus betrachtet nicht von einer „Freiherrschaft Owe'' 
gegenüber den Grafen von Hohenberg -Rotenburg -Haigerloch 
reden ^). 

Der landesherrlichen Stellung der Grafen von Hohenberg zu 
Rotenburg und Umgegend und der urkundlich begründeten That- 
sache, dass dieselben die eigentlichen Herren von Owe (Obernau) 



1) S. Belog 29 zn 1382 und H. U. B. Nro 673. 686. 

2) Noch 1372 galt die Herrschaft Höhenberg als eine von dem Reich zu 
Lehen gehende Grafschaft. H. U. B. Nro. 616. 

3) Von dieser Stellung der Grafen von Hohenberg gegenüber von Koten- 
burg-Haigurloch und Umgegend, ja dass überhaupt Grafen in der Heimat 
seiner Aljnen gewaltet, davon gibt Frhr. von Ow bei allen seinen Aufstel- 
lungen nicht die leiseste Antleutung und doch hätte er hiezu eine nabelie- 
gende Veranlassung gehabt, als er seinen Ahn Hermann II. von Owe zum Jahr 
1245 als Zeugen aufgeführt, denn die Urkunde, welche denselben nennt, 
freilich nicht als „dominus de Owe", ist eben eine des Grafen Burkard von 
Hohenberg. S. bei Beleg 29 zu dem angegebenen Jahc 



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— 106 — 

gewesen, widerspricht es indessen erfahrungsmässig nicht; dass und 
wenn das Geschlecht der Ritter von Owe Antheil an gedachtem 
Ort und dort mitunter seinen Sitz hatte. Es geht dies aus Urkun- 
den von der ersten uod zweiten Hälfte des 14. Jahrhunderts her- 
vor (s. an der Spitze des Belegs 29), insbesondere spricht eine Ur- 
kunde von 1392 von „eigen Gut und Recht'' des von Owe'schen 
Geschlechts „an dem Hause, andemThurm (der Wohn- und Wehr- 
burg s. den Schluss) und dem Stättlin Owe^, wo die „alten von 
Owe sesshaft'' waren, daher sich im 14. Jahrhundert ein Glied des- 
selben mit dem bezeichnenden Namen Hermann „von dem Staete- 
liu'' nannte (Beleg 29 um 1366). Dies will aber offenbar nicht 
sagen, dieser Hermann sei Herr und Besitzer von Obernau gewe- 
sen, sondern sollte denselben seinem Wohnsitze nach von andern 
gleichnamigen Gliedern seines Hauses unterscheiden. Mit demsel- 
ben Rechte könnte man die in Dettingen und Wurmlingen ansässig 
gewesenen Rittergeschlechter, worunter im 15. Jahrhundert auch 
Glieder des von O waschen (s. unten bei Wurmlingen S. 111), welche 
natürlich bei und in diesen Orten auch Rechte und Güter hatten, 
die Herreu (d. h. Besitzer) von Dettingen und Wurmlingen 
nennen. 

Dabei ist man überdies durchaus nicht berechtigt anzunehmen, 
die gegenseitigen .Besitz Verhältnisse zwischen den Grafen von 
Hohenberg-Rotenburg und dem Rittergeschlecht von Owe in Bezug 
auf „Stättjm'' und Burg Obernowe, wie solche am Ende des 14. 
Jahrhunderts waren, seien schon hundert oder gar zwei hundert 
Jahre früher, als Hermann der „aduocatus'' von Owe lebte, diesel- 
ben gewesen. Im Gegentheil. Wie viele Urkunden beweisen, 
nahm, mit der fast alleinigen Ausnahme von den Grafen von 
Wirten berg, der Besitzstand der schwäbischen Grafen wie 
auch Dynasten und Herren, wenn man vom 12. in das 13. und 14. 
Jahrhundert herabsteigt, immer mehr ab, derjenige der vormali- 
gen Dienstmannen-Geschlechter aber zu. Um die Mitte des 14. 
Jahrhunderts trat insbesondere bei der Rotenburger Linie des 
Hauses Hohenberg eine solclie Zerrüttung in den Finanzen ein, 
dass zu Veräusserungen und Verpfändungen von Gütern und 
Rechten, im letzten Viertel des angegebenen Jahrhunderts sogar 



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— 107 — 

zur Veräusserung der ganzen Grafschaft geschritten werden 
musste. Ja, das in jeder Beziehung hervorragendste Glied des 
Hauses, Graf Albert, Schwager König Kudolfs von Habsburg, 
hatte sich schon (1296) genöthigt gesehen, selbst Burg und Stadt 
Rotenburg mit Zugehör zu verpfänden und Burg nebst Herrschaft 
Neu-Höwen (bei Engen in Baden) zu verkaufen (H. U. B. Nro. 
157 habsburgisch-österreichisches Urbarbuch S. 288). So darf 
man mit Recht annehmen, dass die Vogtei von Obernowe, welche 
der Ahn Hermann I. von Ow im 12. Jahrhundert als Amt im 
Namen des Herrn und Besitzers verwaltet oder als „Beneficium" 
besessen, von dessen Nachkommen als Lehen und später theilweise 
als Eigen erworben worden ^). 

Wie wenig man berechtigt ist, selbst wenn freie Herren sich 
nach Burgen geschrieben, diese darum für deren Eigen und die- 
selben für,, domini^^ (d. h. ßesitzer) davon auszugeben, beweist u. a. 
auch der Umstand, dass die Burgen Wer st ein und Isenburg 
mit Zugehör, nach welchen sich im 12. und 13. Jahrhundert freie 
Herren, welche selbst ritterliche Lehensleute hatten (s. Beleg 32 
zu 1287), geschrieben, in der Hauptsache Eigen der Grafen 
von Hohenberg 2)^ somit ohne Zweifel hohenbergische Lehen der 
darnach benannten Freien gewesen sind, welche auch als „baro- 
nes" und Vasallen schon in ein^ Urkunde vom Jahr 1237 an der 
Spitze von Dienstleuten des Grafen Burkard von Hohenberg ge- 
nannt werden (s. Beleg 32). 

Nächst'O we (Obernowe) ist ein zweiter alter Burgsitz aufzu- 
führen, der in Owingen stand, und nach welchem sich mitunter 
das Rittergeschlecht von Owe auch geschrieben. 

Owingen, auch Anhingen genannt, liegt im obernEyach- 
thale, in den hohenzollern'schen Landen. Die Lage des Orts, des- 
sen umliegender Wiesengrund nicht nur sehr wasserreich, sondern 



l) So überliess der Pfalzgraf Ludwig von Tübingen Vogtei und Gericht 
des Dorfes Kexingen (O.-A. Horb), welche „Herr'* Dietrich Böcklin, dessen 
Schultheiss von Horb, von ihm zu Lehen getragen, demselben und dessen 
Erben als Eigenthnni. S. Beleg 16 zum Jahr 1290. 

2} S. in H. U. B. unter dem 20. Juni 1331 und an der Spitze des Be- 
legs 29 zu 1381. 



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— 108 — 

zum Theil sumpfig isf, entspricht ganz dem Stamm Owe (Au), auf 
den der Name zurückzuführen ist. Und nach Analogien will 
sonst Owingen die Wohnplätze der Leute, der Ritter von der Au 
bezeichnen; die Owinger waren auch Auer. Und wenn oin 
„ministerialis^^ des Grafen Albert von ,,Achalmen^' ,,miles de 
Euingen" (d. i. Eginingen, Eningen am Fusse der Achalm bei 
Reutlingen) heisst (Cod. trad. Weissen. S. 180), so hat man hier 
einen auf dem Stammgut der Egino (der Grafen von Achalm) 
sitzenden Dienstmann, einen Egininger, Euinger. So war Owin- 
gen auch nicht Eigenthum^ sondern nur Lehen oder Beneficium der 
• Ritter „von Owe" von dem Hause ZoUern-IJohenberg oder zu- 
nächst von dessen Vasallen, den freien Herren von Owe. Denn 
der Ort kommt als Zugehör der ehedem in der Nähe gelegenen 
aber längst abgegangenen Burg Hainburg, nach welcher sich 
um die Mitte des 14. Jahrh. ein Glied des Grafenhauses Zollern 
geschrieben, bald darauf aber als zur hohenbergischen Herrschaft 
Haigerloch gehörig vor (s. Beleg 29). Soweit urkundliche Nach- 
richten auf uns gekommen sind, trug der erste Ritter von Owe, 
welcher sich nach Owingen geschrieben, den neben Hermann spe- 
zifisch von Owe'schen Namen Volkard (s. Beleg 29 bei Owingen 
unter 1300), und führte das bekannte Siegel des Geschlechts. 
Auch spricht der Umstand, dass dieses sonst in der Umgegend von 
Owingen begütert gewesen, z. B. sich mitunter nach Zimmern 
geschrieben (s. Beleg 29), dafür, dass Owingen, wie schon der 
Name andeutet, auch als ein alter Stammsitz desselben anzusehen 
iit. Indess ist zu bemerken, dass auch Zimmern zur Herrschaft 
Haigerloch gehört hat ^), wie wir denn auch die Ritter Werner, 
Konrad und Hermann u. a., die Zimmerer genannt, welche in 
der zweiten Hälfte des 13. Jahrhunderts wiederholt mit Grafen 
von Hohenberg z. B. zu Esslingen und Wildberg vorkommen, dem 
Geschlechte der Ritter von Owe beigelegt haben. Mit weniger Be- 
stimmtheit lässt sich sagen, ob jener Ritter Arnold von Owin- 
gen, welcher schon 1095 als Zeuge bei einer Verhandlung auf 
der Burg Haigerloch genannt wird (s. Beleg 29), ein Ahn des 



1) Liclinowsky, Geschichte des Hauses Habsburg, Band IV. Regest 691. 

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-- 109 — 

Rittergeschlechts von Owe ist. Bei deirTümstand; dass unter den 
Eigen-Gütern des letzteren in Oberhausen bei Bodelshausen, wo 
die von Owe in späterer Zeit auch sassen, sich ein Arnoldshof be- 
fand *), ist die Vermuthung, dieser Arnold sei ein Ahn des Hauses, 
indess nicht ohne Weiteres zu verwerfen. Ansehnliche Besitzun- 
gen hatten die von Owe auch in dem ehedem zur zollern-hohenber- 
gischen Herrschaft gehörigen Ort Kangendingenin der Nähe 
von Owingen, z. B. den Laienzehnten, indess als hohenber- 
gisches Lehen ; von ihrer Mühle daselbst zinsten sie dem Kloster 
Bebenhausen jährlich zwei Pfund Heller (s. Beleg 29 zu 
1316). 

Wachendorf gehörte* in alten Zeiten in der Hauptsache 
ohne Zweifel dem Grafenhause ZoUern-Hohenberg : es war iader 
ersten Hälfte des 12. Jahrhunderts der Sitz eines Vasallen der 
Grafen von Zollern- (Beleg 28), am Ende des 13. der eines hohen- 
bergischen Dienstmannen (s. Beleg 29), welcher in Zimmern (s. 
-oben) auch begütert war. Wachendorf liegt zwischen den entschie- 
den hohenbergisch gewesenen Ortschaften Bietenhausen und Bierin- 
gen, insbesondere war das Fischwasser der in der Nähe von Wa- 
chendorf vorbeifliessenden Starzel von Bietenhausen bis zu ihrer 
Mündung in den Neckar bei Bieringen und ein Gut daselbst hohen- 
bergisches Lehen, welches Graf Hugo von Hohenberg im Jahr 
1336 Hermann von Owe, seinem lieben getreuen Diener und Vogt 
voQ Rotenburg, übertragen (s. Beleg 29). 

Frommen hausen, in der Nähe, östlich von Wachendorf, 
rechts über dem Starzelthal, gehörte zur Grafschaft Hohenberg 
(s. in Beleg 29 zu 1385). 

In Hirrlingen, nach dem sich in der zweiten Hälfte des 
14. Jahrhunderts Herren von Owe geschrieben (s. Beleg 29 um 
1366), erscheint die Haigerlocher Linie des Hauses Zollern schon 
um die Mitte des 12. Jahrhunderts und im 14. das Haus Hohen- 
berg begütert. Noch im 17. Jahrhundert war H. zum Theil 
Mannlehen von Ostreich (als Inhaber der Grafschaft Hohenberg) 
und die hohe Obrigkeit^ Landeshoheit und Forstherrlichkeit unbe- 



1) Mon. Zoll. I. Nro. 418. 

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— 110 — 

stritten östreichisch, Blutbann und Geleit dem damaligen Besitzer 
mit gewissen Einschränkungen lehenbar überlassen ^). 

Von Bierlingen lässt sich so viel sagen^ dass es im letzten 
Viertel des 14. Jahrhunderts Besitzung zweier Grafen von Zollem 
gewesen, deren Mutter eine Gräfin von Hohenberg war (Mon Zoll. 
I. Nro. 398). 

Bieringen war in der Hauptsache entschieden hohehber- 
gisch (vergleiche unsere Geschichte der Grafen von Zollern- 
Hohenberg S. 474). — Bierlingen, Bieringen, Schwaldorf, From- 
menhausen, Hirrlingen und Bietenhausen sind die Ortschaften, 
welche im Umkreise von Wachendorf liegen, über die sich die Ter- 
ritorialhoheit der Grafen von Hohenberg-Rotenburg erstreckte, 
und in welchen diese die Hauptbesitzer gewesen sind. Bieringen 
im Neckarthal insbesondere liegt in der Nähe von Obern au und 
Kai ch weil, ehedem ein Dorf, in welchem Hermann von Owe 
(1251) Eigen besass (s. Beleg 29), das sonst aber in der Haupt- 
sache hohenbergisches Besitzthum war (H. U. B. Nro. 793. 829). 
Owingen und Zimmern haben wir gleichfalls als urkundlich 
zur Zollern - Hohenbergischen Herrschaft Ha ig er loch gehörig 
gefunden. 

Auf der Burg Staufenberg bei Rangendingen, nach wel- 
cher sich im letzten Viertel des 14. Jahrhunderts Ritter von Owe 
geschrieben, sassen im 13. Jahrhundert und noch um die Mitte des 
14. die danach benannten Schenken und Truchsesseu der Grafen 
von Zollern, deren Stammburg in der Nähe von St. liegt. Auch 
war diese Burg nebst Zugehör theilweise Hohenbergisches Lehen 
(Mon. Zoll. Nro. 177. 196. 201. 232. 262. 306. 325. H. U. B. 
Nro. 803). Dabei kann der Umstand, dass sowohl die zoUerischen 
Schenken von Zell als auch die von Staufenberg in ihrem Siegel 
einen Löwen führten wie die von Owe, auf die Vermuthung leiten, 
diese Geschlechter seien stammverwandt gewesen. Die Burg 
Staufenberg in der Nähe des HohenzoUern und das darauf ehedem 
sesshaft gewesene Rittergeschlecht sind wiederholt verwechselt wor- 
den mit der gleichnamigen Burg in ,der Ortenau, bei dem Dorfe 



1) Siehe unsere Geschichte der Grafen von Zollern-Hohenberg S. 473 f. 

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— 111 — 

Durbach, und dem dortsesshaft gewesenenRittergeschlecht, auf das 
sich die Sage von dem ^Ritter von Staufenberg^ bezieht. Zu dieser 
Verwechshmg hat namentlich auch der Umstand beigetragen, dass 
ein Ritter Albert von Owe, welcher Dienstmann des Bischofa^von 
Strassburg gewesen und im ersten Viertel des 14. Jahrhunderts 
gelebt, Anrechte auf die Burg St. bei Durbach gehabt hat (ver- 
gleiche Engelhard der Ritter von Staufenberg, ein altdeutsches 
Gedicht. S. 8 f.). Bodelshausen zwischen zoUerischem und 
hohenberger Gebiet im engeren Sinne kommt auch erst mit Be- 
ginn des 3. Viertels vom 14. Jahrhundert als Burgsitz des von 
Owe'schen Geschlechts vor. Die in Oberhausen bei Bodelshausen 
gelegenen Besitzungen der Herren vonOwe waren meist Lehen von 
dem Grafenhause Zollem. 

Die in Vorstehendem genannten Ortschaften bezeichnen vor- 
nämlich den Landstrich, in welchem das Geschlecht der Ritter von 
Owe indess meist erstim 14. Jahrh. begütert und ansässig vorkommt. 
Von ausserhalb des bezeichneten Bezirks gelegenen Burgsitzen 
des von Owe'schen Geschlechts nennen wir schliesslich Wurm- 
1 in gen, Pfäffingen und Roseck. Letzteres gehörte aber noch 
am Schlüsse des 13. Jahrhunderts dem Grafenhause Tübingen (s. 
unsere Geschichte dieses Geschlechtes S. 554) und kommt erst um 
die Mitte des 14. im Besitz der Herren von Owe vor (T. U. B. 
S. 210). Zu Roseck und Pfäffingen und den dazu gehörigen Be- 
sitzungen mögen die von Owe mitunter durch Heiraten in das Ge- 
schlecht der Ritter von Hailfingen, welche vornämlich im Ammer- 
thal begütert waren, gelangt sein. Es fanden solche ^ie auch mit 
dem Geschlechte der Calwischen Dienstmannen, welche sich mit- 
unter (z. B. 1315) nach Pfäffingen geschrieben, am Anfang des 
14. Jahrhunderts wirklich Statt (Mone a. a. O. V. S. 45. XV. S. 
451. Geschichte der Grafen von Tübingen S. 401. Note 1). In 
Wurmlingen sesshaft kommen die von Owe erst in der ersten Hälfte 
des 16. Jahrhunderts vor, waren aber nicht die Herren des Orts, 
denn dieser gehörte lau* Urkunde von 1385 (H. U. B. Nro. 736) 
zur Grafschaft Hohenberg, beziehungsweise dem Hause Habsburg- 
Ostreich, welchem das JCloster Kreuzungen bei Konstanz, ne- 
ben dem genannten Fürstenhaus damals der Hauptgrundbesitzer 

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— 112 — 

des Orts von alten Zeiten her und auch noch unter Kaiser Maximi- 
lian I. jjjerlich zwey tausendt gangfisch und zu Herbstziten fünf 
am wins zu Schirmwein zu reichen^^ hatte (Archivum Wurm- 
linganiuu). 

Frhr. v. Ow spricht (S. 162. 167) von einer ^ Freiherrschaft 
Owe ob und unter dem Berge im 13. Jahrhundert, welche die ver- 
schiedenen Linien des Geschlechts nach 1275 unter sich getheilt 
und welche etwa aus 12 Orten und 5 Burgen bestanden habe." 
Zählt man die Burgen auf, in welchen das Geschlecht nach seiner 
starken Verzweigung und weiten Verbreitung in Schwaben ') im 14. 
und 15. Jahrhundert nacheinander gesessen, und die 
Ortschaften, in welchen es im Laufe der Zeit begütert vorkommt, 
so mag allerdings eine solche Zahl von Burgen und Ortschaften 
herauskommen ^). Andere ehemalige Dienstmannen- Geschlechter, 
wie die Truchsesse von Waldeck, die Ritter von Hailfingea, 
Ehingen ^) u. a. sassen später auch auf mehreren JJurgen und 
hatten in vielen Ortschaften Besitzungen. 



1) Im badischen Seekreise, in Stockach, Büsingen u. a. 0. finden sich 
hL-ute noch viele meist dem Handwerker- und Bauernstande angchörige Fami- 
lien, welche sich „von Ow" schreiben, und nach den Geschlechtsbüchern in 
Büsingen mit diesem Namen zweihundert Jahre zurück verfolgt werden kön- 
nen, ohne dass man übrigens weiss, wann und wie ihre Ahnen in diesen 
Landstrich gekommen sind. Der Tradition nach sollen dieselben auf dem 
Schlosse Rosenegg bei Riedlieim im Hegau gesessen sein. Nach dem Siegel, 
welches die von Ow'schen F'amilien in Stockach etc. noch führen und wir 
eingesehen haben — es ist ganz das des Freiherrn II. C. v. Ow mit Löwe 
und halbem Mühlrad — sind dieselben eines Stammes mit diesem. Das Vor- 
stehende laut gefälliger Mittheilung des Hrn. Dr. Marmor, Stadtaichivars in Con- 
stanz, und des Hrn. Thierarzt „von 0\v"in Stockach. Auch in den Ortschaften um 
die obere Steinlach, Thalheim, Öschingen etc. gibt es Bauernfamilien, welche sich 
,,von Au" schreiben, und nach den dortigen Kirchenbüchern lassen sich diese 
„von Au*' bis in das 16. Jahrhundert zurück verfolgen. Diese „von Au" 
kommen ohne Zweifel von der Bodelshauser Linie her, welche zeitweise auch 
in Öschingen begütert war. 

2) Vergleiche die ziemlich erschöpfende Zusammenstellung in unserer 
Geschichte der Grafen von Zollei-n- Hohen berg von S. 476 bis 481. 

3) „dess frey Reichs wol , Edal geborner vnd gestrenger her Albrecht 
Sigmundt von Ehingen, Her zu Berstingen, gultzau, Obernau, Poltringen 
und Oberndorf." Actenstück aus dem 17.' Jahrhundert auf dem Rathhaus zu 
Obernau. 



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— 113 — 

Dass aber dieser Besitzstand des Rittergeschlechts von Owe, 
wie er sich im Lauf von Jahrhunderten gebildet; schon im 13. 
Jahrhundert bestanden und eine ^^Freiherrschaft^^ gewe- 
sen , das widerspricht entschieden den oben dargelegten, auf 
urkundlichen Zeugnissen fussenden Verhältnissen der ältesten 
Burgen und Besitzungen des Geschlechts in den zu den alten 
Grafenburgen Haigerloch und Rotenburg gehörigen Territorien 
des Stammes der Grafen von Zollern und Hohenberg. Zu 
diesen gehörten ja Owe (Obernowe), Owingen, Zimmern, 
Wachendorf, Bieringen u. s. w. (s. oben). Und wenn man 
in Bezug auf den Landstrich, in welchem die^e Orte gelegen, von 
Landes- (Territorial-) Hoheit sprechen will, so kann solche nur den 
Grafen von Hohenberg, beziehungsweise Zollern zugefallen sein. 
Wie soll man sich nun inmitten dieser Territorien, in welchen und 
noch dazu in denselben Orten die Grafen von Hohenberg bez. 
Zollern nicht blos selbst sehr begütert waren, sondern auch die 
Landeshoheit besassen, eine Freiherrschaft ihrer Lehens- und 
Dienstraannen denken, wenn man sich die im Einzelnen nachge- 
wiesenen gegenseitigen speziellen Beziehungen der Burgen und 
Ortschaften vergegenwärtigt? 

Für's Ändere widerspricht der Aufstellung einer „Freiherr- 
schaft Owe* im 13. Jahrhundert der Rang, die rechtliche Stel- 
lung der Ahnen des von Owe^schen Geschlechts zu dem Grafen- 
hause Zollern-Hohenberg. Selbstverständlich könnte von einer 
^Freiherrschaft^ Owe überhaupt nur die Rede sein, wenn die Be- 
sitzer derselben, die Ritter von Owe des 13. Jahrhunderts, freie 
Herren gewesen wären, und der Besitzstand derselben schon in jener 
Zeit neben und ausserhalb der GrafschaftHohenberg-Roteuburg einen 
Komplex von freien, weder lehenbaren noch zinspflichtigen Besitzun- 
gen gebildet hätte. Dass dieses nicht der Fall gewesen, haben wir in 
Vorstehendem selbst von den ältesten Stammsitzen des Geschlechts — 
Owe (Obernau), Owingen, Wachendorf und Zimmern spe- 
ziell gezeigt; dass die von Owe dabei keine freien Herren waren, 
aber im ersten Kapitel dieses Abschnitts nachgewiesen. — Wir 
schliessen diesen Abschnitt mit zwei Parallelen zu dem von Owe- 
schen Rittergeschlechte. Für's Erste führen wir unsern Lesern 

Schmid, Hartmann von Aue. ^.^.^.^^^ byl^OOgle 



- 114 - 

in einem gedrängten urkundlichen Abriss die Geschichte desjeni- 
gen ritterlichen Geschlechtes vor^ das sich nach der Burg Hohen- 
fels (bei Sipplingen am Ober- oder Überlinger See) geschrie- 
ben 1). Die Ritter von Hohenfels gehörten zu den Dienstmannen 
des Bisthums Constanz, als welche sie vom Ende des 12. Jahrhun- 
derts an vorkommen. Und zwar ist in dem Burkard von Hohen- 
fels, welcher neben anderen Constanzer Dienstmannen (z. B. von 
Krähen, Reischach) mit dem Prädikat ministerialis als Zeuge einer 
Urkunde des Bischofs Rudolf von Constanz vom Jahr 1191 aufge- 
führt wird, ohne Zweifel der berühmte Minnesänger, somit ein Zeit- 
genosse unseres Hartmann von Aue, zu erkennen ^). In der Folge 
kommen die Hohenfelser nur noch gegen den Schluss des zweiten 
Jahrzehnds vom 13. Jahrhundert mit dem ausdrücklichen Prädikat 
Ministerialen, mitunter auch als Vögte von Besitzungen desDom- 
stifts vor. Darnach findet man, soviel diesfallsige Urkunden auf 
uns gekommen, keinen Hohenfelser mehr mit dem Prädikat ^mi- 
nisterialis", wohl aber neben andern Constanzer Dienstmannen 
z. B. den auf Arbon sitzenden als Zeugen in Urkunden der Bi- 
schöfe von Constanz, wie auch Glieder des Geschlechts Domherren 
zu Constanz und Vorstände der dortigen Domschule waren. Da- 
gegen erhalten, wie wir dies auch sonst gefunden, schon im An- 
fang der zweiten Hälfte des 13. Jahrhunderts zur Ritterwürde ge- 
langte Hohenfelser die Prädikate nobilis und dominus. Und bald 
bot sich ihnen die ohne Zweifel erwünschte Gelegenheit dar, aus den 
engen Schranken ihres Dienstmannen- Verhältnisses bei den Bischö- 
fen von Constanz, unter deren Domherren man aber immernoch die 
Hohenfelser stark vertreten findet, hinauszutreten. Als nämlich König 
Rudolf I. von dem Hause Habsbiu'g sich zu seinem ersten Feldzug 
gegen König Ottokar von Böhmen im Jahr 1276 rüstete und vomäm- 
lieh die Ritterschaft von Südwestdeutschland durch Lehen, Dienst- 



1) HoheufelHische Kegesten. Mone, Zeitschrift für die Geschichte des 
Obenheins IL S. 487 ff. 

2) Über den Minnegesang am Badensee und den Minnesänger Borkard 

- von Hohenfels. Vortrag, gehalten in der Jahresversammlung des Vereins für 
die jGreschichte des Bodeusee's zu Lindau am 14. September 1869 von Dr. 
Barack, abgedruckt in den Schriften des Vereins. Zweites Heft 1870. 

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— 115 — 

gelder und dergl. für die Heerfahrt gewann, trat auch Goswin von 
Hohenfels in die Dienste des Königs, natürlich mit Genehmigung 
seines eigentlichen Dienstherrn, des Bischofs Rudolf von Con- 
stanz, was um so leichter gegangen sein wird, als dieser ein Stam- 
mesvetter und Anhänger des Reichsoberhauptes war. Und König 
Rudolf belohnte auch die willigen und erspriessHchen Dienste Gos- 
wins reichlich durch ein ^Beneficium* von 100 Mark Silber, wel- 
che er diesem und dessen Kindern auf die vier Riedmühlen des 
Reichs bei Überlingen verschrieb. Wenige Jahre darnach findet 
man das vormalige Dienstmannen-Geschlecht der Hohenfelse in 
seiner Stellung und seinem Besitzstande so gehoben, dass es schon 
1287 ritterliche Lehensmannen *) hatte und so ausgebreitet und 
erstarkt war, dass es am Ende des 13. Jahrhunderts auf zwei Burgen 
des Napiens Hohenfels sass, welche die Mittelpunkte zweier an- 
sehnlichen Herrschaften wurden. Dazu erwarb das Geschlecht 
bald nach der Mitte des 14. Jahrhunderts, allerdings zunächst blos 
pfandweise, die sehr bedeutende, nach dem gleichnamigen Schlosse 
benannte Herrschaft Gutenburg an der Schlucht in Baden. In der 
ersten Hälfte des nächsten Jahrhunderts aber scheint das Geschlecht 
ausgestorben zu sein. Es geht aus dem Vorstehenden klar hervor, 
dass man, selbst wenn ein Rittergeschlecht schon am Ende des 13. 
Jahrhunderts ritterliche, dem niederen Adel angehörige Lehens- 
mannen und einen ausgebreiteten Besitzstand hatte, durchaus nicht 
berechtigt ist, zu behaupten, die Ahnen desselben hätten darum dem 
Stande der freien Herren angehört. 

Für's Andere geben wir ein Beispiel davon an, wie ein un- 
freies Geschlecht zwar auch durch Herrendienst, indess nicht am 
Hofe, nicht mit Schwert und Lanze, sondern zunächst durch ander- 
weitige besondere Leistungen in friedlichen bürgerlichen Kreisen 
nach verhältnissmässig sehr kurzer Zeit sich in die Reihen des im 14. 
Jahrhundert entstandenen ritterschaftlichen (niederen) Adels em- 
porgearbeitet hat. Und zwar liegt das Beispiel, welches wir nun un- 
sern Lesern vorführen werden, unserer Hauptaufgabe sehr nahe, 



1) Als solche werden zu 12S7 Rudolf „strenuus iniles de Tanheim'* und 
später (zu 1317) ein Johannes mlles de Bodmnn genannt. 

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— 116 — 

insofern das betreffende unfreie Geschlecht, welches also seine 
Laufbahn gemacht, zu dem der ritterhchen Dienstmannen vonOwe 
in verwandtschaftlichen Beziehungen gestanden ist (s. S. 92 ff.). Die 
Geschichte der Stadt Rotenburg am Neckar weist nämlich in der 
zweiten Hälfte des 13. Jahrhunderts ein zahlreiches Bürgerge- 
schlecht auf, welches bei dem Herrn und Gründer derselben, dem 
als Sänger und Held berühmten Grafen Albert von Hohenberg, 
besonders Jn Gunst gestanden ist und im gräflichen Regiment der 
Stadt wie auch im Kirchendienst eine hervorragende Stellung ein- 
genommen hat. Mehi'ere Glieder des fraglichen Bürgergeschlechts 
waren ^Amman'', mitunter auch Vogt der gräflich-hohenbergischen 
Stadt Rotenburg, woher eine Linie desselben den Familien-Namen 
5jAmman" erhielt. Andere seheinen sich auch als tüchtige Waf- 
fenschmiede ausgezeichnet und dadurch in der ritterlichen Zeit be- 
sonderes Ansehen erlangt zu haben, denn man findet eine zweite 
Linie des Geschlechts, welche den Beinamen ^Stahelere^, d. h. 
Verfertiger von stählernen Rüstungen führte. Die müssen es gilt 
verstanden haben, die kunstvoll geflochtenen stählernen Ringpanzer 
zu verfertigen. Darum hielt Graf Albert die ^Stahler** auch füi' be- 
fähigt in seiner Stadt Rotenburg, welche unter ihm besonders auf- 
gekommen, das Regiment zn führen — denn auch „Stahler* kom- 
men als Ammanne vor — und für würdig, in seinem ritterlichen Ge- 
folge zu reiten. Und auch eine dritte Linie des in Frage stehenden 
Rotenburger Bürgergeschlechts — die Herter genannt — zeichnete 
sich im Dienst ihrer Herrschaft, der Kirche und im Rath der Stadt 
aus. Und sämmtliche Linien des Geschlechts hatten es bald zu sehr 
ansehnlichem Besitzstande in Rotenburg und der Umgegend ge- 
bracht. Bei air dem aber war dasselbe noch im Anfang des 14. 
Jahrhunderts unfrei, dehn ein Graf von Hohenberg schenkte 
1301 die Tochter eines „Herter* an das Kloster Kreuzlingen. Das 
war aber gut gemeint und geschehen, um die Verdienste des Va- 
ters um das Grafenhaus zu belohnen. Die Herter'sche Tochter 
war nämlich an einen Mann geheirathet, welcher zur Genossenschaft 
des in der Gegend von Rotenburg sehr begüterten Klosters Kreuz- 
lingen bei Constanz gehörte. Dadurch wurde nun verhütet, dass 
die aus dieser Ehe erzeugten Kinder zwischen dem Grafenhause 

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— 117 — 

und dem Kloster getlieilt wurden (s. S. 13). Es ist indess aus dem 
Vorstehenden, der geachteten Stellung, welche die Ammanne, 
Stahler und Herter eingenommen, wiederum ersichtlich, dass Un- 
freiheit im Herrendienst kein Makel gewesen. Und man findet 
das fragliche Bürgergeschlecht, nachdem es auch als Kriegsmannen 
Dienste geleistet ^), Dörfer etc. zu Lehen erhalten, und seine 
Frauen aus alten ritterblirtigen hohenbergischen Dienstman- 
nengeschlechtern wie denen derEhinger, Werenwag u. a. geholt, 
schon um die Mitte des 14. Jahrhunderts in den Reihen des niede- 
ren (Dienst-) Adels. Es sitzt auf Burgen um Rotenburg herum 
und schreibt sich darnach gleich den alten ritterblirtigen Geschlech- 
tern, die mehr als hundert Jahre gebraucht haben, um aus ihrer 
Unfreiheit herauszukommen. Und wären diese Ammanne, Stahler 
und Herter nicht ausgestorben, so würden wir sie jetzt wohl auch 
Freiherren tituliren, wenn gleich deren Ahnen noch im Anfang 
des 14. Jahrhunderts unfreie Bürger einer gräflichen Landstadt 
gewesen sind. 



1) Daraaf weisen die Siegelbilder desselben hin (s. abcn S. 95). 



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Vierter Abschnitt. 

Erstes Kapitel. 

Zusammenstelliing der gewonnenen Eesultate. 
Das scUiessliclie Haupt-Kesultat: 

Der Minnesänger Hartmann von Ane gehörte höchst wahr- 
scheinlich dem Geschlechte der schwäbischen Ritter an, 
welche sich nach Owe (Obernan bei Rotenbnrg am Neckar) 

geschrieben. 

Nachdem wir im Interesse unserer Aufgabe — nach dem 
Stande, der Heimat und dem Geschlechte, welchem der Minne- 
sänger Hartmann von Aue wohl angehört, zu forschen — nun auch 
die Standes- und Besitzverhältnisse des schwäbischen Ritterge- 
schlechts von Owe, auf urkundliche Nachweise basirt, soweit solches 
für unseren Zweck von Nöthen, näher erörtert und bestimmt haben, 
stellen wir, um zu unserem Hauptresultate zu gelangen und dem 
Leser zugleich einen leichten Überblick über das Ganze zu ge- 
währen, schliesslich den Gang und die einzelnen Resultaten n- 
serer Untersuchung und Darstellung in Folgendem zu- 
sammen : 

1) Man i»t nach Beleg 16 und 21 und unserer Ausfuhrung 
S. 41 durchaus nicht berechtigt, aus der Lesart einer jüngeren 
Handschrift ^des Armen Heinrich'' (^jgenannt von — statt ze 
Owe* S. 35) den Schluss zu ziehen. Hartmann sei ein geborner 
freier Herr (d. h. Besitzer) der Burg Owe nebst Zugehör gewesen. 

2) Ebensowenig hat man Grund, ihn zu dem ' Geschlechte 
des ^herre Heinrich geborn von Owe", welcher nach der 
Darstellung des Minnesängers ein reicher freier Herr oder Dynast 
gewesen, zu rechnen. Dagegen hat man in eben diesem Herre 



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— 119 — 

Heinrich höchst wahrscheinlich einen Ahnherrn von Hartmanns 
Dienstherrschaft von Owe zu erkennen. 

3) Hartmann gehörte nach dem wie er selbst sich bezeichnet und 
seine Verhältnisse schildert, wirklich einem Dienstmannengeschlechte 
von bescheidenem Besitzstande an und bekleidete auf einer schwäbi- 
schen beziehungsweise fränkischen Herrenburg irgend ein Hofamt, 
bei dem er in den ihm noch übrig gebliebenen Musestunden sich mit 
^Dichten* abgegeben, um durch den Vortrag seiner Gedichte sich 
bei seiner Dienstherrschaft oder in höheren Kreisen überhaupt be- 
liebt zu machen. 

4) Er war aber nicht blos zeitweiser Dien&tmann, sondern 
die ganze Zeit über, die man aifs seinen Werken von dem 
Kreuzliede „dem kriuze zimt wol* bis zu dem „Iwein^ Kunde von 
ihm hat. 

5) Die Aufsteilung insbesondere, Hartmann sei zeitweise bei 
Herzog Konrad von Schwaben freiwilliger Dienstmann gewesen, 
erscheint durchaus unbegründet und ä priori höchst unwahr- 
scheinlich. * 

6) Während nämlich der genannte Herzog nach durchaus un- 
partheiischen Zeugnissen j^ein Sklave der niedrigsten Lüste gewe- 
sen*, hat sich Hartmann in der Frauen-Minne als ein sittlich reiner, 
ehrenhafter Charakter bewiesen. 

7) Dieselbe anlangend, hat er allem nach schon als Knappe 
oder Edelknedht amHofe seiner Dienstherrschaft zu einer Jungfrau 
über seinem Stande, etwa feiner Tochter des Hauses, Neigung ge- 
fasst, wurde aber damit in verletzender Weise abgewiesen. Später, 
etwa nach seinem ersten Kreuzzug, hat er im Geheimen ein Min- 
neverhältniss mit einer ritterbürtigen Jungfrau angeknüpft und da- 
bei wenigstens zeitweise mehr Glück gehabt. Doch hat ihm auch 
diese Minne viel Herzeleid bereitet, ihn übrigens in seiner Treue 
nicht wankend gemacht, schliesslich aber zu der Überzeugung ge- 
bracht, dass der Mann, welcher der Frauenliebe ganz entsagt, allein 
glücklich zu preisen sei. 

8) Hartraann hat die aufeinanderfolgenden zwei Kreuzzüge 
von 1189 und 1197 mitgemacht, den ersten nach dem Tode und 
zugleich zum Seelenheil seines geliebten Herrn, den zweiten, nach- 



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— 120 — 

dem er der Frauen-MiDne entsagt und sich der Gottes-Minne ge- 
weiht hatte. 

9) Auf seine erste Kreuzfahrt hat Hartmann das Kreuzlied: 
^dem kriuze zimt Wol", auf seine zweite das: ^ich var mit iuweren 
hulden'' gedichtet (s. die beiden Beilagen). 

10) Wenn Hartmann das zweite Kreuzlied gedichtet und darin 
Franken seine „Zunge^ (Heimat, Vaterland) nennt, dabei aber 
mit vollem Grund Schwaben für dessen eigentliche Heimat zu hal- 
ten ist, so lässt sich dieser Widerspruch also lösen : indem der 
Dichter des zweiten Kreuzliedes sagt, die Gottes-Minne ziehe ihn 
aus seiner ^Zunge" „über mer in das eilende" (d. h. die Fremde), 
bezeichnet „Zunge" im Gegensatz zur Fremde das Land, wo 
des Dichters Muttersprache d. h. deutsch gesprochen wurde, des- 
sen Vaterland. Hiemit kann er aber so gut als Walther von der 
Vogelweide in demLiede,: „Ir sult sprechen, willekommen" u. s. w. 
das deutsche Vaterland gemeint haben. Und wenn Hartmann 
speziell Franken, einen Theil davon, nannte, so geschah es, weil 
er damals dort seinen Wohnsitz hatte und von dort aus seinen 
zweiten Kreuzzug antrat. 

11) In Schwaben war Hartmanns Geschlecht zu Hause und 
derselbe unzweifelhaft ein Schwabe. 

12) Nach vielen Analogien ergibt sich daraus, dass Hartraann 
sich selbst als Dienstmann „genannt von Owe" vorstellt, dass er ent- 
weder in Diensten eines gleichfalls nach Owe genannten, auf einer 
Burg Owe sesshaften Geschlechtes von freien Herren oder Djna- 
sten gestanden, bei denen man zunächst an „Herre Heinrich ge- 
born von Owe" denken kann, oder dass er Dienstmann eines Gra- 
fen- oder Fürstengeschlechtes gewesen, das sich zwar nicht nach 
Owe geschrieben, in dessen Besitz aber die Burg, welche als Bene- 
ficium oder Lehen dem Geschlechte Hartmanns überlassen und 
von demselben bewohnt war, nebst Zugehör gewesen. Darum aber 
ist man nicht genöthigt anzunehmen. Hartmann habe die ganze 
Zeit seines Lebens auf der Burg Owe gesessen. 

13) Li Schwaben ist (Punkt 11) das freie Geschlecht oder das 
Grafenhaus zu suchen, dessen Dienstmann Hartmann von Geburt 
aus gewesen. 



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— 121 — 

14) Es fragt sich nun, lässt sich für das 12. Jahrh. ein freies 
Geschlecht, d^ sich nach einer schwäbischen Burg Owe geschrieben, 
oder ein Grafenhaus, welches eine solche besessen, nachweisen? 

15) Diese Frage kann man für beide Fälle bejahen: 

In der ersten Hälfte des 12. Jahrhunderts kommt ein ^liber" 
Wolferat von ^Ouwa^ vor, zu dessen Geschlecht sehr wahrschein- 
lich der mit ihm genannte Adelbert von Wachendorf, gleichfalls 
ein Freier, zu rechnen ist. Es hat sich aber aus dem 12. Jahrhun- 
dert keine weitere Urkunde erhalten, in welcher dieselben oder et- 
waige Nachkommen von ihnen später aufgeführt werden. Man 
kann daher annehmen, diese Freiherren von Owe seien im 12. 
Jahrhundert ausgestorben; denn jener ^Hermannus aduocatus de 
Owe* (12. Jahrhundert) und der „dominus Hermannus de Owe* 
(erste Hälfte des 13.), die Stammväter des jetzigen Freiherrenge- 
schleclits von Owe, gehörten nicht zu den freien Herren. 

16) Dem Geschlecht« der alten Freiherren von Owe kann 
des Dienstmannen Hurtmanu von Aue Herr angehört haben, wel- 
cher alsdann als der letzte seines Hauses vor 1189 gestorben ist. 
Und als Ahn desselben darf jener „Herre Heinrich geborn von 
Ouwe* welchen Hartmann besingt, betrachtet werden. 

17) Wirft man nun die Frage auf: nach welcher Burg Owe 
hat sich obiger Wolferat von Owe, welcher 1125 — 1133 neben 
einem Adelbert von Wachendorf — beide Freie — aufgeführt wird, 
wohl geschrieben, so darf man als solche höchst wahrscheinlich 
dasjenige Owe bezeichnen, welches später Obern-Owe (Obernau 
bei Rotenburg am Necktir) genannt wurde. Der angeführte Wol- 
ferat von Owe war nämlich nach der betreflFenden Urkunde Vasall 
von dem Grafenhause Zolleni und hat sich ohne Zweifel nach der ge- 
nannten Burg, welche indess sein Lehen gewesen, geschrieben, wie 
sich andere Freie, welche Vasallen der Grafen von Zollern- 
Hohenberg gewesen und von diesen die Burgen Werstein und 
Isenburg zu Lehen getragen, nach eben diesen genannt haben. 
Dem Grafenstamme Zollern, von welchem die Grafen von 
Hohenberg-Rotenburg-Haigerloch am Ende des 12. Jahrhunderts 
als Linie ausgegangen, gehörte jenes Owe, wie auch ohne Zweifel 
Wachendorf in der Hauptsache (s. oben S. 97. 100. 109). 



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— 122 — 

18) Hat nun, wie häufig, der Dienstmann und Minnesänger Hart- 
mann von Aue sich geschrieben wie sein Herrengeschlecht, so ist 
die Gegend um Rotenburg am obern Neckar seine Heimat, wobei 
indess nicht nothwendig angenommen werden muss, dass sein Ge- 

, schlecht gerade auf der Burg Owe, dem nachmaligen Obernau, 
gesessen. Dasselbe kann auch auf einer andern Burg seines Her- 
rengeschlechts, der Freien von Owe, seinen Sitz gehabt haben. 

19) Hiebei hat man allernächst an das Dorf Owingen bei 
Haigerloch (der Heimat der Auer) zu denken, welches altes, 
zollerisches Besitzthum gewesen, und in welchem in alten Zeiten 
eine Burg, die aber ganz abgegangen, stand. Die Burgen und Ort- 
schaften Owe und Owingen kann jener zoUerische Vasall Wol- 
ferat, vielleicht auch die Burg „Hainburg'' bei Owingen (s. S. 107) 
zu Lehen gehabt, auf dem bedeutenderen Owe (Obern- und Nie- 
dernowe) aber seinen Sitz genommen haben, während seine Dienst- 
mannen in Owingen Sassen; denn der Name Owingen ist nach Ana- 
logien also zu deuten: Wohnplatz, Heimat der Leute (Dienst- 
mannen und Hintersassen) der Herren von der Aue. 

20) Hat aber der Minnesänger Hartmann von Aue sich 
nicht geschrieben, wie sein Herrenhaus, so muss dieses einen an- 
dern Namen geführt, aber eine Burg Owe besessen habea, 
nach welcher ein Dienstmannen- Geschlecht von ihm und speziell 
Hartmann genannt worden. Da ist nun, sofern es sich um Schwaben 
handelt, zunächst und vor allem eben wieder an das Haus 
der Grafen von Zollern - Hohenberg zu denken , in dessen 
Grafschaft die Burg Owe, die dazu gehörigen Orte Obern- und 
Niedern-Owe, wie auch die Hainburg und die dazu gehörigen Orte 
Obern- und Nieder-Owingen lagen (s. oben S. 100. 107 f.). 

21) Da aber die genannten Grafen Rotenburg mit Umge- 
gend von dem Bisthum Bamberg zji Lehen getragen haben, somit 
selbst wieder Vasallen von diesem gewesen sind, so gehörte Hart- 
manns Geschlecht, welches auf dem Bambergischen Lehen geses- 
sen, in weiterem Sinne zur grossen Genossenschaft der Dienstman- 
nen des Bisthums Bamberg. So ist es denkbar, dass er, der 
Schwabe, nach Franken übergesiedelt ist und von dort seinen 
zweiten Kreuzzug von 1197 angetreten hat, während er zum 



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— 123 — 

ersten von 1189 mit seinem unmittelbaren gräflichen Dienst- 
hdrrn Burkard I. von Zollern (Hohenberg) ausgezogen sein kann, 
von dessen Hause die obigen Freien Wolferat von Owe und Adelbert 
von Wachendorf Vasallen gewesen. Denn war der Minnesänger mit 
Bezug auf Owe Dienstmann der letzteren, so traten nach dem Aus- 
sterben derselben er und sein Geschlecht in das Dienstmannen- 
Verhältniss zu den Grafen von ZoUern-Hohenberg, deren Vasallen 
das ausgestorbene Freiherren-Geschlecht von Owe gewesen, 

22) Es ergibt sich somit auch wenn man annimmt, Hartmann 
von Aue habe sich nicht nach seinem Herrengeschlecht, sondern 
wie es bei Dienstmannen auch häufig gewesen (Beleg. 21), nach 
einer andern Burg desselben geschrieben, die Gegend von Roten- 
burg am obern Neckar als dessen Heimat. Und man darf sonach 
annehmen, er habe wenigstens zeitweise am Hofe des mäclitigen 
und angesehenen Grafengeschlechts der ZoUern-Hohenberg, wel- 
ches auf den Burgen Hohenberg, Haigerloch und Roten- 
burg (diese ganz in der Nähe von Owe) gesessen, ein Amt be- 
kleidet. In der That inuss man, wenn er sagt, er habe in seinen 
Musestunden nach Schriften geforscht, durch deren Überarbeitung 
beziehungsweise Vortrag er sich beliebt machen könnte, annehmen, 
dass er auch zur Zeit. der Abfassung seines „Annen Heinrich^ und 
^Iweiu" an einem grösseren HeiTcnhofe sich aufgehalten. 

23) Es bleibt nun schliesslich noch die Frage zu beant- 
- Worten übrig : lässt sich ein schwäbisches Rittergeschlecht auffin- 
den, welchem man den Minnesänger Hartmann von Aue anreihen 
kann? Diese Frage fällt, da Hartmann dem Stande der Dienst- 
maimen angehört hat, so ziemlich mit der zusammen: gab es ein 
schwäbisches Dienstmannen-Geschlecht, welches im 12. und in dem 
folgenden Jahrhundert nach Owe (bei Rotenburg) und Owingen 
bei Haigerloch benannt worden und in Dienstverhältnissen zu den 
Herren dieses Landstrichs, den Grafen von Zollern - Hohenberg 
gestanden ? 

24) Diese Frage ist nach den Resultaten unseres dritten Ab- 
schnitts mit Ja zu beantworten, und zwar in der Weise, dass man 
das Rittergeschlecht, als dessen ältester, verbürgter x^hnherr jener 
Hermann ^aduocatus de Owe^ des 12. Jahrhunderts zu setzen ist, 



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~ 124 — - 

als dasjenige annimmt; zu welchem der Minnesänger Hartraann, 
genannt von Owe sehr wahrscheinlich gehört hat. Es ist dies 
das Geschlecht des Frhr. H. C. von Ow, denn wir haben 
in unserem dritten Abschnitt nachgewiesen^ dass die Ahnen des- 
selben nicht dem Stande der freien HeiTcn, sondern dem der 
Dienstmannen oder des späteren ritterschaftlichen Adels angehört 
haben ; wie auch dass es im 13. Jahrhundert keine Freiherrschaft 
Owe gegeben. Es berechtigt hiezu die Zeit, in welcher Hart- 
mann gelebt (letztes Viertel des 12. bis in das erste des 13. Jahr- 
hunderts), die Heimat (Schwaben), welcher er angehört, der 
Stand, welchem er sich selbst eingereiht hat, und der Name (von 
(zu) Owe, oder der Ouwaere), unter dem er vorkommt. 

Zweites Kapitel 

Abweisung einiger Einwürfe gegen unser Hauptresultat. — 
Hartmann gehörte weder dem Thur- noch dem Breisgau an, 
war auch nicht Dienstmann des Klosters Reichenau, ist in- 
dess sehr wahrscheinlich in der dortigen Klosterschule ge- 
bildet worden. 

Indessen lassen sich einige Bedenken- gegen unser Haupt- 
resultat geltend machen. Es ist für's Erste der Umstand, dass 
der Name Hartmann in dem schwäbischen Geschlechte der ritter- 
lichen Dienstmannen von Owe, soviel bekannt, nicht ein einziges 
Mal vorkommt, während man annehmen sollte, sein Geschlecht 
werde das Andenken an das auch in weiteren Kreisen bekannte und 
gefeierte Glied ^) wie herkömmlich dadurch in Ehren gehalten 
haben, dass es je und je einem späteren Sprossen den Na- 
men Hartmann gegeben ^). Und das Andenken an den beliebten 



1) Uartmanns von Aue ervvHhnen Wolfram von Eschenbacli in seinem 
Parzival (1204), Gotfried von Strasßburg in seinem j,Tri8tan'*, Heinrich von 
demTürlin in seiner „Krono" (1220), Rudolf von Kms (Mitte des 13. Jahrhun- 
derts) u. a. ; noch Ottokar von Horneck in seiner Reimchronik (vollendet im 
Anfang des 14^ Jahrhunderts) nennt ihn, aber Hermann (s. sogleich unten). 

2) Dass, wie Freiherr von Ow am Schlüsse seiner Abhandlung anführt, 
„eines der lebenden Familien-Glieder beziehungsweise einer der Söhne dessel- 
ben des Minnesängers Namen führt, beweist natürlich nichts, so wenig als 

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~ 125 ~ 

Sänger und frommen Kreuzritter konnte um so leichter von Ge- 
neration zu Generation fortgepflanzt werden, alsdieLebenszeit des- 
selben zwischen die des mehrerwähnten Hermann „aduocatus de 
Owe* und die des. Hermann von Owe (zu 1245, s. Beleg 29) fällt. 
Dabei weist der Umstand, dass Heinzelin von Constanz, dem Dich- 
ter und Küchenmeister auf dem alten hohenbergischen Schlosse 
Rotenburg, wo die Ritter von Owe so •oft ein- und ausgeritten, 
Hartmanns Schriften wohl bekannt waren ^), darauf hin, dass diese 
am Hofe des berühmten dichterfreundlichen Grafen Albert von 
Hohenberg, Rotenburg und Haigerloch, welcher ja selbst Minne- 
sänger gewesen, ohne Zweifel auch vorhanden waren und gelesen 
worden sind. Man müsste, um diesen Einwand ganz zu entkräften, 
nur annehmen, ^die Ritter von Owe des 13. Jahrhunderts und 
der späteren Zeit hätten gar keinen Sinn, kein Verständniss für 
die Geistesprodukte ihres gelehrten Ahnherrn gehabt, was wir 
nicht behaupten möchten. Von entscheidendem Belang ist in- 
dessen dieser Einwand nicht, da der Fall denkbar ist, dass es wohl 
einen Hartmann von Owe (bei Rotenburg) gegeben hat, aber keine 
Nachricht von ihm auf uns gekommen ist, überdies Lücken in den 
alten Genealogieen ja ohnehin keine Seltenheit sind. Wäre dem Stei- 
rer Ottokar von Horneck, dem Verfasser der Reimchronik, wel- 
cher unserem Minnesänger den Taufnamen Hermann beilegt*), 
gegenüber von andern ganz zuvei^lässigen Zeugnissen, nach wei- 



der orientalische Dolch und goldene Ring (Talisman), welche sich in dem 
von Ow'schon Archiv finden. Es müsste die Ächthcit dieser Gegenstände als 
von Hartmann herrührend erst nachgewiesen werden, überdies galten diesel- 
ben sonst als Erbstücke von einem Johanniter-Ritter von Owe aus späterer 
Zeit 

1) Heinzelin von Constanz. Herausgegeben von Fr. Pfeiffer 1852 XU. 

2) „Wer all sein (des 1308 ermordeten Königs Albrecht) tugent 

mit Worten wolt auslegen, 

der must mer kunst pflegen 

denn man haben sach 

Hern Wolfram von Eschenbach 

oder Hern H e r m~a n von Aw. 

Ich wan (wähne), daz kein fraw". 

u. 8. w. Kap. 803, 



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— 126 — 

chen derselbe Hartmann geheissen, in diesem Punkte eine Auto- 
rität zuzuerkennen, so hälfe uns das nicht nur leicht über den er- 
sten Einwurf hinweg, sondern wir hätten darin einen weiteren 
Beweis dafür, dass der nach Äu benannte Sänger unserem schwä- 
bischen Rittergeschlecht angehört hat, da der Name Hermann ein 
ganz bezeichnender für dasselbe ist. 0. von Hornek sind aber 
manche Ungenauigkeiten besonders in den Namen, selbst von 
Persönlichkeiten, welche ihm näher bekannt sein mussten, nach- 
zuweisen ^). Darum dient uns hierin die Reimchronik nicht. Übrigens 
ist Hartmann ein bei den alten schwäbischen Rittergesehlechtern 
wenig vorkommender Name, denn wir haben solchen in den von 
uns erforschten Quellen und Urkundenbüchern nur selten ge- 
funden. 

Viel beachtenswerther erscheint wenigstens der Einwand, 
dass die schwäbischen Ritter von Owe des 13. Jahrhunderts ein 
anderes Wappen geführt haben, als dasjenige ist, welches dem 
Minnesänger Hartmann von Aue beigelegt wird. Jene führten 
in einem quergetheilten Schild, dessen unteres Feld blau, das obere 
Gold ist, auf diesem einen heraldisch rechts, mitunter auch links- 
gehenden rothen Löwen, so wenigstens spätere gemalte Wappen. 
Auf Siegeln an Urkunden aus dem 13. und 14. Jahrhundert haben 
wir die Quertheilung des Schildes mit dem Löwen auf dem obem 
Felde gesehen ; Siegel aus dem 15. Jahrhundert zeigen auf dem 
Helm noch ein halbes Mühlrad. Mit Bezug auf dieses Löwenwap- 
pen seiner Ahnen sagt nun Frhr. v. Ow (S. 166), er (der Minnesänger 
H.) hiess(wielwein) „der riter mittem (o wischen) leun* und musste 
sprechen: „ich wil sin erkant bl mtme leun der mit mir vert*', 
was sich indessen darauf bezieht, dass Hartmann seinen Helden 
Iwein einen lebendigen Löwen mit sich führen lässt, nicht etwa auf 
einen Löwenschild.' Indem Freiherr von Ow den Minnesänger 
dem Ritter mit dem Löwen also nachsprechen lässt, nimmt er wie- 
derum ohne Weiteres an, jener habe zu seinem Geschlechte ge- 
hör^. Woher will er aber wissen, dass Hartmann in seinem Schilde 



1) Selbst Rudolf von Habsburg führt er einmal (Kap. 132) unter dem 
Namen Ulrich auf, und den damaligen Burggrafen von Nürnberg nennt er 
Heinrich statt Friedrich. 



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— 127 — 

einenLö wen geführt? Was für einen Wappenschild Hartmann ge- 
f ührt; wenn er einen solchen gehabt, weiss man weder ans einer gleich- 
zeitigen Quelle noch aus einem Bild seiner Zeit. Und gesetzt, 
Hartmann habe auch einen Löwen im Schilde, in seinem Wappen 
gefuhrt, so wäre man darum doch nicht berechtigt, daraus den 
Schluss zu ziehen: er habe somit dem Geschlechte der Ritter 
von Owe (Obernowe) angehört, denn auch andere schwäbische 
Geschlechter von Freien und Dienstmannen führten Löwen in 
ihren Wappen z. B. die Freien von Stoffeln (bei Gönningen), die 
ritterlichen Dienstmannen von Bernhausen, Münchingen, wie auch 
die zollerischen Schenken von Zelle und Staufenberg (s. S. 119). 

In der Weingartner Liederhandschrift, deren Gemälde sehr 
wahrscheinlich aus dem Ende des 13. Jahrhunderts stammen, 
ist Hartmann von Aue vor seinen Liedern ritterlich zu Rosse 
dargestellt : Schild, Waffenrock und Decke des Streitrosses sind 
schwarz, ersterer trägt drei weisse Adlerköpfe (2, 1) ; mit solchen 
ist auch der Waffenrock und die Decke des Streitrosses besät. 
Der geschlossene Helm ist vorn Gold, hinten roth und trägt als 
Schmuck den Vogelkopf mit goldenem Schnabel. Das Gemälde 
zu Hartmanns Liedern in der grossen Manessischen Liederhand- 
schrift zu Paris, welche im 14. Jahrhundert entstanden ist und der 
die kleinere und ältere Weingartner Sammlung, früher zu Con- 
stanz, wahrscheinlich zum Muster gedient *), hat dagegen einen 
blauen Schild und die drei weissen Adler haben goldene Schnäbel. 

In dem Schildbuche der Chronik des Klosters Reichenau von 
Gallus Oheim vom Ende des 16. Jahrhunderts ^), welches die 
Wappen der meisten hohen und niederen Lehensträger, der fürst- 
lichen, gräflichen und freien Vasallen und ritterlichen Dienst- 
mannen desselben enthält, findet sich nach dem Bericht des f Frhr. 
V. Lassberg, welcher die Handschrift vor sich gehabt hat, unter 
Nro. 449 und dem Namen ^Wesperspül* ein Wappen, welches 



1) L. Uhlauds Schriften. 5. Band. S. 269 ff. 

2) Seit 1866 in der Bibliothek des Ut. Vereins in Stuttgart. 84. Band 
abgedruckt. Gibt indess nur die Namen der Wappentrftger (S. 170 ff.), 
nicht die Wappen selbst. Vergleiche dazu ergänzend K. Qreith, spicilegium 
vaticanum S. 162. 

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— 128 — . ' 

ganz das gleiche ist, wie das in der Weingartner Lie- 
derhandschrift der Minnesänger derg ^Her Hartman von Owe*' 
beigelegte ^). Wir haben die Donaueschinger Handschrift der ge- 
dachten Chronik, welche uns geneigtest dazu überlassen worden, 
eingesehen, darin das von dem f Frhr. J. von Lassberg beschrie- 
bene Wappen gefunden auch das Bild in der Freiburger fiand- 
schriTt darnach verglichen und dabei gefunden, dass die Adler- 
köpfe im Schilde des ritterlichen Sängers auf dem Bilde der 
Pariser Handschrift in Bezug auf Zeichnung in der Hauptsache 
dieselben sind wie die in dem Wappen der Ritter von Wesperspül 
in den Handschriften zu Donaueschingen und Freiburg ^). 

Nach StumpflFs Schweizer Chronik (Druck von 1548, 5. Buch 
S. 10) „ist nit weyt von dem ynfluss der Tur, nit weyt von Rhy- 
now, im ampt Andelfingen die veste Wesperspül gelegen, hat 
auch besonderen Adel gehebt, ist aber abgescheiden.^ Stumpff 
gibt zu dieser Notiz auch eben das Wappen der Wesperspüler 
im Schildbuch der Eeichenauer Chronik — den sqhwarzen Schild 
mit den drei weissen Adlerköpfen — bemerkt aber, dass von dem 
gedachten Geschlechte noch- ein anderes Wappen bekannt sei. 
Frhr. von Lassberg hat übrigens seiner Zeit das Adlerwappen an 
drei Urkunden desselben gesehen 

Von den Bittern von Wesperspül, welche frühe ausgestorben 
sein müssen, sind wenig urkundliche Nachrichten auf uns gekom- 
men. Wir haben Herrn Dr. J. A. Pupikofer, Dekan in Frauen- 
feld, die erste Autorität in der Geschichte des Thurgau^s um 
weitere Nachforschungen über das gedachte Ritter-Geschlecht 
gebeten. Derselbe hatte die Freundlichkeit, solche anzustellen, 
es ergab sich aber wenig Neues und für unsern Zweck Dienliches, 
sowie denn auch die Mittheilungen „der Züricher antiquarischen 



1) 8. die Weingartner Liederhandschrift. Herausgegeben in der Biblio- 
thek des lit. Vereins in Stuttgart. Band V. S. 38. 

2) Wir geben zur Vergleichung diesen Wappenschild nach der Freibur- 
ger Handschrift, wie auch nebst Helmschmuck denjenigen, welchen die 
Manessische Liederhandschrift dem Hartmann von Aue in dem beigegebenen 
Bilde beilegt. S. Blatt XXVH. des Atlas zum Bildersaal altdeutscher Dich- 
ter von Fr. von der Hagen. Berlin 1856. 



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— 129 - 

Gesellschaft* in dem zweiten Band nur sehr sparsame Notizen von 
den Wesperspülern geben. In dem dort abgedruckten Jahrzeitbueh 
von Winterthur (S. 67) werden dieselben unter den „rittern und 
knecht und dienstliuten^ des Thurgau's aufgeführt; gehörten also dem 
Dienstmannen-Stande an. Und zwar trugen sie, wie wir zunächst 
bemerken wollen, u. a. Lehen von dem Kloster Bheinau^ welches 
nach einer Urkunde Von 1253 statt Rinouwe auch kurzweg Ouwe 
hiess, wie denn auch die Dienstleute desselben mitunter die j^Rino - 
wer* genannt wurden. (Zapf a. a. O. cod. dipl. XLVlII und L.) 
Uns muss besonders interessireu; dass in einer von dem Abt des 
genannten Klosters 1306 ausgestellten Urkunde unter anderen 
Lehensmannen desselben als Zeuge ein j,H. de Wespirspuol* 
aufgeführt wird (Zapf a. a. O. LX). 

Wie sich aus der AuflFührung der Herren von W. unter den 
^ edlen von der ritterschaft* nach den besonders axifgefiihrten 
jjGraven und Freyherrn* im Schildbuch der Vasallen und Dienst- 
mannen des Klosters Reichenau ergibt; gehörten dieselben aber 
auch zu den Dienstmannen dieses in alten Zeiten so reichen Got- 
teshauses, welches in seiner Blütezeit deren mehrere hundert ge- 
habt hat. Nun aber hiess dasselbe bis in das 16. Jahrhundert 
herab gemeinhin ^das Münster Ow* oder kurzweg die Ow und die 
Lehens- und Dienstleute der Ow, welche die Fehden, der dortigen 
Abte, die mitunter sehr kriegslustig gewesen; äuszufechten hatten; 
hiessen kurzweg die j^Ower* *), die Auer, die von der Au; die 
zu der Au gehörigen Ritter. So war also in zweifacher Weise 
ein Ritter von „WesperspAl* auch ein ^Ower* (Auer); einer von 
(der) Au; Dienstmann j,ze Owe*, und das Wappen desselben das 
von einem Ritter von der Ow, eines Onwaere, eines von Ow. 

Die Heidelberger, Weingartner (Stuttgarter) und Pariser 



1) So sagt Gallas Oheim (a. a. O. S. 117. 121), indem er die Fehde zwi- 
schen den Äbten^ von „Ow** und St. Gallen unter Kaiser Heinrich IV. be- 
richtet, „der (Abt) von Ow was dozemal mechtiger an vil der ritterschaft, 
der von sant Gallen was mechtiger an trüwer ritterschaft — — — 
der von sant Gallen rast sich mit arnem grossen volk mit den Owern zu 
stritten — — — also ungestritten — zugend die Ower schandlich von 
dannen ab und zoch der abt von sant Gallen mit allen eren mit sinen rittern 
haim zu den sinen." 

Schmi dj Hartjnann von' Aue. 9, 

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— 180 — 

(Manessische) Liedersammlungen entstanden sehr wahrscheinlich 
alle in den Gegenden des Bodensee's, und Bischof Nikolaus von 
Constanz (f 1346), ist nach der Ansicht des f Frhr. von Lass- 
berg der erste bekannte Besitzer der Weingartner Handschrift 
gewesen. Handelte es sich nun, als man auch die Lieder Hart- 
raanns, des Dienstmannes ^ze (von) Owe*, des ^Ouwaere* in die 
Handschrift aufnehmen wollte, um die Bestimmung des Wap- 
pens, welches derselbe etwa geführt, so lag für einen, welchem 
unsere schwäbischen Ritter von Owe (bei Rotenburg) *) nicht be- 
kannt gewesen, die Versuchung sehr nahe, an das im Thurgau 
damals sesshaft gewesene Geschlecht der ritterlichen Dienstman- 
nen auf der Burg Wesperspül zu denken. Diese waren ja auch 
^Ower* oder Dienstmannen von (zu) Owe, wie Hartmann, der 
Minnesänger sich selbst genannt, imd der Landstrich um den 
Bodensce und das benachbarte Thurgau waren ja so reich an 
sangeskundigen ritterlichen Dienstmannen ^), Also — schloss 
man — kann man Hartmann auch das Wappen der Wes- 
perspüler beilegen. Dabei berechtigt der oben zu 1306 aufge- 
führte H. de W. zu der Annahme^ der Name Hartmann, für 
welchen H. gesetzt sein kann, seie in diesem Rittergeschlecht auch 
vorgekommen. Hans kann er nicht bedeuten, da die fragliche 
Urkunde in Iq-teinischer Sprache gegeben ist. 

Indem man so und gewiss mit Grund erklären xann, wie 
unser Minnesänger zu dem fraglichen Wappen gekommen, be- 
seitigt man den Einwand, er habe darum nicht zu dem Ge- 
schlechte der Ritter von Owe bei Rotenburg am Neckar gehört, 
weil das ihm in der Weingartner iind Pariser (Manessischen) 
Sammlung der Minnesänger-Lieder beigelegte Wappen gänzlich 
verschieden sei von dem, welches dieselben geführt haben. Es föUt 
damit auch einer der Gründe weg, welche man für die An- 
sicht aufgestellt: Hartmann habe sich nach dem bei Freiburg 



1) Zwar gehörten diese auch zu den Lehensmannen des Klosters Reiche- 
nau, aber sie traten erst nach der Mitte des 14. Jahrhunderts, also nachdem die 
Liedersammlung längst zu Stande gekommen war, in dieses Dienstverhältniss 
ein. Vergleiche unsere Geschiclite der Grafen von Hohenberg S. 438. 

2) Vergleiche den obenerwähnten Vortrag von Dr. Barack. 



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— 131 — 

im Breisgau gelegenen Au geschrieben^ weil er nämlich Adler- 
köpfe in seinem Wappen geführt, was an das Wappen von Frei- 
burg erinnere^). Überdies hat Fr. Bauer im ersten Theil des 
Artikels über j^Hartmanns von Aue Heimat und Stammburg*' 
(Germania 16. Band) überzeugend nachgewiesen, dass der im 
ersten Viertel des 12. Jahrhunderts urkundlich vorkommende 
„Heinricus de Owe* (Au bei Freiburg) ein nach Stellung und Be- 
sitzstand unbedeutender Dienstmann des Herzogs Berthold V. von 
Zähringen (^de domo, familia ducis B.*) gewesen, also nicht mit 
dem reichen freien Herrn Heinrich geborn von Owe identisch sein 
kann, wie Schreiber und Lachmann, nach ihnen auch Stalin (Wirt. 
Geschichte II, 762 Note 1) angenommen. Es fällt somit auch 
aus diesem Grunde das Breisgau, welches indess streng genom- 
men zu Schwaben gehört hat, als Hartmanns engere Heimat, 
und das Rittergeschlecht, welches sich nach einem Au (Burg 
und Dörfchen) dort geschrieben, als dessen Stamm weg ^). Üb- 
rigens nimmt Bauer im Einklang mit Frhr. v. Ow, dem Ver- 
fasser des zweiten Theils von dem besagten Artikel, den Dienst- 
mann und Minnesänger Hartmann,' genannt von Owe, ohne 
Weiteres aber entschieden irrig gleichfalls als zu dem Ge- 
schlechte des freien Herren Heinrich geborn von Owe gehörig an, 
auch scheint er der angeblichen ^ Freiherrschaft Owe'' beizutreten. 

Schliesslich lassen sich auch spezielle Gründe dagegen, 
Hartmann sei Dienstmann des Klosters Reichenau gewesen, an- 
führen : 

1) Wenn auch die Dienstmannen des Klosters Reichenau im 
Volksmunde gemeinhin die jjOwer* genannt worden, so führte 



1) Schreibers Taschenbuch für Geschiebte 1846. S. 403. Stalin, wirt, 
beschichte II. S. 7(52. Note 1. 

2) Engelhardt („der Ritter von Staufenberg" in der Ortcnau s. oben) 
meint, der Minnesänger Hartmann von Aue könnte zum Geschlecht desjenigen 
Ritters Albert von Owe, welcher Dienstmann des Bischofs von Strassburg ge- 
wesen und Antheil an der genannten Burg St. hatte, gehört haben. Görres 
denkt bei dieser Burg St. an die bei Hechingen, nach welcher sich unser 
Rittergeschlecht von Owe am Ende dos 14. Jahrhunderts auch geschrieben, und 
macht des s halb aus Hartmann einen Herrn von Ow von Wachendorf. 
Greith, Spicilegium vaticanum. S. lÖl. 

9*^ 



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_ 132 — 

doch jeder derselben wie die der weltlichen Herren seinen von 
seinem Burgsitz hergenommenen Namen (s. Gallus Oheims Chro- 
nik von Reichenau a. a. O.). Wenn wir den Minnesänger Hart- 
mann blos kennen würden als jjDienstmann zu Owe* oder als 
einen Auer (jjOuwaere*) nicht auch nach seinen eigenen Worten 
als Hartmann von ^Owe**, wie der obige H. (Hartmann) sich von 
Wesperspül genannt, und nicht weitere Gründe gegen dessen 
Dieustmannschaft zum Kloster Reichenau sprächen, so hätte diese 
allerdings eine gewisse Wahrscheinlichkeit für sich. 

2) Owe, nach dem sich Hartmann genannt, ist, wie viele 
analoge Beispiele beweisen, als der Name einer Burg zu neh- 
men, auf der dessen Geschlecht gesessen oder zu welcher dieses 
als Dienstmannen gehört hat. 

3) Hartmann sagt im Eingang zu seinem ^ Armen Heinrich* 
und ^Iwein* ^), er habe in manchen Schriften nachgeforscht, ob 
er nicht etwas fände, durch dessen dichterische Bearbeitung bez. 
Vortrag er sich bei den Leuten hätte beliebt machen können. 
Wer waren nun wohl diese Leute, nach deren Gunst und Beifall der 
Minnesänger bei seiner Nebenbeschäftigung als Dichter (s. oben 
S. 42 f.) gestrebt hat? Es waren, wie man aus dem Inhalt der 
vornehmsten Schriften Hartmanns — Ritter-Romantik — erkennen 
kann, nicht ein Abt, nicht Mönche, sondern weltliche, ritterliche 
Herren, auf deren Geschmack die abenteuerlichen Ritter-Maeren 
berechnet waren. 

4) Die ergreifende Weise, in welcher Hartmann den Tod 
seines geliebten Herrn beklagt und die schmerzliche Lücke schil- 
dert, die dessen Hingang für ihn geschaflFen, lässt annehmen, 
dass er in näherem längerem Umgang n^it demselben gelebt, und 
erinnert an ein Leben, wie es Ulrich von Lichtenstein am Hofe 
des Herzogs von Ostreich gehabt (s. S. 22 f.), lässt daher nicht wohl 
einen Abt, sondern einen vornehmen ritterlichen Herrn als des 
Minnesängers Dienstherrn annehmen, an dessen Hofe er seine 
Knaben- und Jünglings-Jahre zugebracht hat. 

5) Und schliesslich muss man zunächst daran denken, dass 



1) Der Eingang zum „Erec" ist nicht auf uns gekommen. 

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— 133 — 

Hartmanns tiefbetrauerter Herr höchst wahrscheinlich ein Nach- 
komme des von ihm mit so viel Wärme besungenen freien Her- 
ren Heinrich ^geborn von Ouwe* gewesen, dessen Name wie 
üblich eben auch auf ihn übergegangen ist. 

6) Endlich stimmen die Verhältnisse und Zustände des Klosters 
Reichenau, wie solche zu Lebzeiten unseres Minnesängers waren, 
nicht dafür, er habe an dem dortigen Abthofe ein Amt bekleidet. Zu 
Hartmanns Zeiten war die Blüte von Eeichenau in wissenschaftlicher 
und finanzieller Beziehung vorbei; wie überhaupt kein dortiger Abt 
der älteren Zeit bekannt ist, welcher ein Freund des Minnegesangs 
gewesen, so kann man dies speziell nicht von den beiden Äbten rüh- 
men, deren Dienstmann Hartmann gewesen sein müsste. Ja, 
wenn er in der zweiten Hälfte des 13. Jahrhunderts gelebt hätte; 
damals hatte die Reichenau an ihrem Abt Heinrich von Klingen- 
berg einen Sangesfreund, wie denn auch in derselben Zeit unter 
den Dienstmannen des ritterlichen Abts von St. Gallen — Ber- 
tholds von Falkenstein — mehrere Minnesänger (Ulrich von 
Singenberg, Konrad von Landegg u. a.) waren. 

Wenn nun auch Hartmann mit dem Kloster Reichenau nicht 
in der Weise, dass er ein Dienstmann desselben gewesen, 
in Beziehung zu bringen ist, so kann dies in anderer Hin- 
sicht mit viel Wahrscheinlichkeit geschehen. Dies führt uns 
auf die interessante Frage, die wir noch zu erörtern haben : wo 
wurde der gelehrte schwäbische Minnesänger wohl geschult? 

Hartmann, ^dergel^ret was^, war allem nach in einer Kloster- 
schule u. a. auch in der Grammatik unterrichtet worden, denn 
er beruft sich in seinem Erec (Vers 5217) auf Lucanus, wie auch 
seine Schilderung von einer Klosterschule in seinem Gregorjus 
(Vers 986 — 1026) auf eigenes Erlebniss hinweisen kann. Er er- 
zählt da, wie die Knaben inji sechsten Lebensjahre aufgenommen, 
in die Kutte gesteckt, zuvörderst im Lesen und Schreiben unter- 
richtet, dabei zu allem was ehrbar angehalten und fromm er- 
zogen werden, und verschweigt dabei nicht, dass „siege* nach- 
helfen mussten, wo es an Bereitwilligkeit gefehlt, des j^meisters 
willen* zu thun. Er kennt auch den Lehrplan der Klosterschule 
flir vorgerückte Schüler: nach dem Lese- und Schreib-Unterricht 

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— 134 — 

geht's an die Grammatik (der lat. Sprache), dann an die „divini- 
tas — diu kunst von der gotheit* (Gottesgelahrtheit), endlich 
liest man auch von ^legibus^ und lernt die Kunst von der ,,6* 
(Rechtswissenschaft). Fragt es sich nun, in welcher Klosterschule 
Hartmann gebildet worden, so muss man für seine Zeit an St. 
Gallen und Rejjßhenau, die alten süddeutschen Akademien und 
Hochschulen denken, in welchen vornämlich die alemannische Ju- 
gend zum geistlichen und weltlichen Berufe herangebildet wor- 
den ^). Und Reichenau war hierin besonders vom alemannischen 
(schwäbischen) Adel bevorzugt. Die dortige Bibliothek war nicht 
nur reich an theologischen, philologischen, historischen Hand- 
schriften, sondern u. a. auch an juridischen, darunter die ale- 
mannischen und salischen Gesetzbücher. Und wenn zu Hartmanns 
Jugendzeit (zweite* Hälfte des 12. Jahrhunderts) die Blüte der 
Reichenauer Klosterschule auch vorüber gewesen, so war diese doch 
noch so bedeutend, dass ein edler Freiherr und zwar echt schwä- 
bischen Stammes, Konrad von Zimmern (bei Rotweil), als ,jSchul- 
her^ an der Spitze derselben stand (G. Oheim a. a. O. S. 134). 
Man hat indess bei Hartmann noch eine besondere Berech- 
tigung an die Reichenauer Schule zu denken. Wie wir im ersten Ab- 
schnitt erwähnt haben, warei^ es nicht selten die Herren der Dienst- 
mannen-Geschlechter, welche für die Erziehung und den Un- 
terricht besonders begabter Söhne derselben sorgten, mitunter 
in der Weise , dass sie solche in eine Klosterschule schickten. 
Nun aber stand das Grafenhaus Zollern - Hohenberg in beson- 
deren Beziehungen zu dem Kloster Reichenau, denn eä besass das 
Oberschenken- Amt desselben *). Wie nun die Schilderung Hart- 
manns von einer höheren Klosterschule ganz besonders zu der 
auf der Reichenau stimmt, so kommen dazu die eben berührten 
Verhältnisse, um es sehr wahrscheinlich zu machen, dass Hart- 
mann in der Schule zu Reichenau und nicht in der zu Zwiefalten, 
welche in alten Zeiten keine besondere Rolle gespielt, erzo- 
gen worden ist. 

1) „Die Ow dazumal (10. Jahrhundert) eine hoche schul was'*. Gallus 
Oheims Chronik von Reich*enau a. a. O. 

2) Vergleiche unsere Geschichte der Grafen von Zollern-Hohenherg XXII. 
Gallus Oheim a. a. 0. S. 170. 



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135 



Drittes Kapitel. 
Rekapitulation. 

Wenn die Aufstellung, Franken sei die eigentliche Heimat 
Hartmanns von Aue gewesen, zu verwerfen ist, dieser dagegen 
Schwaben angehört hat, indess die Burgen Wesperspül im 
Thurgau und Au bei Freiburg als dessen angebliche engere 
Heimat gleichfalls abzuweisen sind, so bleibt von den bis daher 
aufgestellten Ansichten nur die, Hartmann sei nach der Burg 
Owe (Obern-Owe) bei Rotenburg am Neckar, beziehungsweise 
Owingen bei Haigerloch, genannt, übrig. Dabei ist folgende 
Erwägung, welche schliesslich dieses unser Haupt-Resultat we- 
sentlich unterstützt, sehr zu beachten. 

Bei Ausmittlung von Hartmanns von Aue Heimat und Ge- 
schlecht war für's Erste ein Dienstmannen- für's Zweite ein freies 
Geschlecht nachzuweisen, welche beide nach einer Burg Owe be- 
nannt worden, im 12. Jahrhundert existirt haben, von denen 
letzteres aber in eben diesem Jahrh. ausgestorben ist. Das eine 
und das andere haben wir für Schwaben und zwar speziell die 
Gegend von Rotenburg am Neckar nachgewiesen : das Dienstman- 
nengeschlecht in den nach Owe (Obernau) und Owingen benannten 
Rittern, das freie Geschlecht in nach Owe benannten Vasallen des 
Grafenhauses Zollern. Während die letzteren nach dem 12. Jahr- 
hundert nicht mehr genannt werden, haben wir erstere unter der 
Dienstmannschaft desjenigen Zweigs von dem zollerischen Gra- 
fenstamme, welcher sich nach Hohenberg, Rotenburg und Hai- 
gerloch geschrieben, urkundlich nachgewiesen. Es ist also, wenn 
man bei dem Owe, nach welchem Hartmann als Dienstmann ge- 
nannt wird, und der gleichnamigen Burg des ,jHerre Heinrich ge- 
born von Owe*, eines höchst wahrscheinlichen Ahnherren von des 
Minnesängers Dienstherrschaft, an Obernau bei Rotenburg (in 
alter Zeit einfach Owe genannt) und Owingen d. i. die Heimat 
der Auer, denkt, viel zutreflTender als bei allen andern angenom- 
menen Owe (Au), welche man für Hartmanns engere Heimat aus- 
gegeben hat. Bei dieser unserer Aufstellung waren wir auch im 



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— 136 — 

Stande, die Übersiedlung des Minnesängers von Schwaben nach 
Franken in urkundlich berechtigter, dem Stande desselben ent- 
sprechender Weise zu erklären und dadurch zugleich das bis da- 
her nicht aufgeklärte Verhältniss von Franken zu Sehwaben als 
dessen eigentlicher Heimat zu beleuchten. Owe (das heutige 
Obemau) gehörte unstreitig zu Burg, Stadt und Herrschaft Ro- 
tenburg, welche von der Mitte des 11. bis gegen das Ende des 
nächsten Jahrhunderts die Grafen »von Zollern, von da bis zum 
Schlüsse des 14. deren Stanmiesvettem, die Grafen von Hohen- 
berg-Rotenburg-Haigerloch von dem Bisthum Bamberg zu Lehen 
trugen. Das ehemalige Owe (Obernau am Neckar) ist 
aber die älteste nachweisbare Burg, nach welcher 
Hermann, j^aduocatus de Owe*', des jetzt blühenden 
Freiherren-Geschlechts erster sicherer Ahnherr, wel- 
cher in der zweiten Hälfte des 12. Jahrhunderts, 
gelebt hat, benannt worden, somit Ist der Minne- 
sänger Hartmann von Owe höchst wahrscheinlich 
auch unter die Ahnen desselben zu stellen. Dies ist, 
wie bereits ausgesprochen, das schliessliche Haupt- 
resultat unserer Untersuchung, auch dasselbe, wel- 
ches Frhr. V. Owin H. des fraglichen Artikels ange- 
strebt hat; nur mit dem grosen Unterschied, dass wir uns ein- 
leitend auf das Wesen derMinisterialität, auf eine Reih^von urkund- 
lichen Belegen und Analogien gestützt haben, und also gewonnene 
Einzel-Resultate, welche von den Aufstellungen des Frhr. von 
Ow sehr wesentlich abweichen (s. oben), unserem Haupt-Resultat zu 
Grunde liegen. 

Ohne eigentliche Beweise beizubringen *) behauptet nämlich 
derselbe und zwar so zuversichtlich, dass Befangene oder Laien 



1) Frhr. von Ow hat auf Bitte des Verfassers vom ersten Theil der be- 
wussten Abhandlung in der Vierteljahrsschrift Germania vor mehr als drei 
Jahren die Zusage gegeben, die auf seinen den zweiten Theil bezüglichen 
Familien-Papiere vollständig veröffentlichen zu wollen. Auch wir in erster 
Linie möchten solche kennen lernen, erlauben uns aber einen bescheidenen 
Zweifel darein ztt setzen, dass dieselben unsere Resultate entkräften oder auch 
nur wesentlich alteriren würden. 



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. — 137 — 

in "der^ Sache wohl versucht sein können, ohne Bedenken seiner 
Aufstellung beizuiyeten, folgendes: 

1) Der Minnesänger Hartraann von Au ist eines 
Geschlechtes mit dem freien Herren Heinrich, ge- 
born von Owe gewesen. Vrgl. dagegen unsere Resultate 
1 und 2 und die Begründung S. 41 ff. 

2) Hartmann war sonach auch ein freier Herr und 
nur zeitweise bei Herzog Konrad von Schwaben (f 
1196) selbstverständlich freier Dienstmann. Vrgl. da- 
gegen unsere Resultate 3. 4. 5. 6 und die Begründung S. 45 ff. 

3) Zu diesem alten freien Geschlechte des Herre 
Heinrich und Hartmanns gehörten auch Hermann (12. 
Jahrhundert), der sichere Stammvater der jetzigen 
Freiherren vonOw, und Hermann H., angeblicher j,do- 
minus de Owe 1245.* Vrgl. dagegen unsere Resultate 23. 
24 und unsere Ausführung im dritten Abschnitt. 

4) Das Geschlecht dieser Hermanne von Owe des 
12. und 13. Jahrhunderts besass auch schon in letzte- 
rem jydie Freiherrschaft Owe, ob und unter dem 
Berge*, d.h. im Neckarthal und rechts über diesem 
um die Starzel und Eyach. Als Hauptorte gehörten nach 
Frhr. V. Ow dazu Owe (Obernau), Bierlingen, Wachendorf u. a. ; 
Owingen und Zimmern hat derselbe ganz übergangen. Vrgl. da- 
gegen unser Resultat 24 und das zweite Kapitel unseres dritten 
Abschnitts. Frhr. v. Ow ist bei diesen Behauptungen von den 
entschieden falschen Voraussetzungen ausgegangen, dass, wenn, 
ein Ritter nach einer Burg, einem Dorf etc. benannt worden, 
derselbe darum auch für den gebornen Herrn (Besitzer) davon zu 
halten sei; dass schon der Titel „dominus* und das Prädikat 
j^nobilis*, welche zwei seiner Ahnen im 13. Jahrhundert in eini- 
gen besonderen Fällen erhalten, noch in dieser Zeit einen Freien 
bezeichnen, und hat dabei angenommen, dass der Besitzstand seines 
Geschlechts, wie solcher sich im Laufe des 14. und 15. Jahr- 
hunderts gebildet, schon im 13. Jahrhundert also bestanden habe. 
Insbesondere hat er die Stellung und Beziehungen seiner Ahnen 
zu dem Grafenhause Zollem-Hohenberg, wie sich solche aus un- 

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— 138 — 

serer urkundlichen Geschichte desselben ergeben, dasselbe über- 
haupt ganz iguorirt, endlich mitunter Quellen willkürlich benützt 
und gedeutet. 

Beansprucht Frhr. v. Ow den Freiherrenstand für sein Ge- 
schlecht schon im 12. und 13. Jahrhundert, wozu ihm indess die 
historische Berechtigung entschieden abgeht, so muss er anderer- 
seits auf die hohe Ehre verzichten, einen der Koryphäen unserer 
Minnesänger, welcher insbesondere durch die Sittenreinheit, wel- 
che aus seinen Schriften athmet, über die meisten emporragt, an 
die Spitze seiner Ahnen stellen zu dürfen. 

Wenn nun Hartmann von Aue dem Ministerialen-Stande an- 
gehört hat, was einmal mit Grund nicht abzustreiten ist, so steht 
er in unserer Hochachtung darum um keine Linie tiefer, als wenn er 
der Sprössling eines erlauchten Geschlechtes gewesen wäre. War 
doch der Stand der Dienstmannen, wie wir solchen im ersten Ab- 
schnitt nachgewiesen und geschildert, ein ehrenvoller und ein- 
flussreicher, verhalf auch nicht selten zu reichem Besitz und grossem 
Ansehen. Es muss daher als eine grelle Übertreibung, als ein 
über den ganzen Stand der Dienstmannen und deren Abkömm- 
linge ungerecht gefälltes ürtheil bezeichnet werden, wenn J. Ba-. 
der in seiner Badenia II, S. 194, nachdem er von dem ^niederen* 
Adel gesprochen, sagt: „Diese Nachkommen fürstlicher und 
gräflicher Reitknechte — denn was waren jene Herren „de 
familia, de domo, de ministerialibus^ der Herzoge und 
Grafen anders — ahmten alles nach, was adelig schien, nur 
den Adel der Gesinnung nicht.* Zwar führt er einige Belege von 
wüstem Treiben des niederen Adels im Mittelalter an, aber in wel- 
chem Stande hat es nicht schlimme Auswüchse gegeben? Und 
wenn auch die Zimmerische Chronik von der Bildungsstufe, den 
sittlichen Zuständen und dem Leben des schwäbischen Adels — 
des höheren indess nicht minder als des niederen — im 15. und 16. 
Jahrhundert ein nichts weniger als ehrendes Bild entwirft, so hat 
es allen Anschein, dieselbe sei mitunter darauf ausgegangen, zu- 
gleich eine Art von „chronique scandaleuse* zu schreiben, welche 
zu allen Zeiten von manchen Kreisen pikant und darum interes- 
sant gefunden wurde und noch wird. Ein wahres, für den ganzen 



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— 139 — 

Stand zutreffendes Bild vermögen wir darin nicBl zu erkennen. 
Auch nach Dr. Bucks Ansicht ^) ^stammt der gegenwärtige Adel 
Süddeutschlands grösstentheils von den Dienstmannen der alten 
ausgestorbenen Edelinge ab und diese Ministerialen gehörten dem 
Stande der Hörigen der landsässigen Bevölkerung an (s. dagegen 
bei uns S. 11), und man hat gerade in ihnen den unzweifelhaft 
echten germanischen Typus wieder zu erkennen.* Aus dem Stande 
der Dienstmannen sind, wenn man der Sache genau und unbefan- 
gen auf den Grund sieht, allerdings wohl die meisten unserer 
Freiherren -;- ja manche unserer jetzigen Grafen- und Fürsten-Ge- 
schlechter hervorgegangen *). 

Nachruf und Rttckschaa. — Die Burg Owe, des Sängers 
Vaterhaus von Einst und Jetzt. 

Bei dem Dienstmann Hartmann von Aue stellen w i r uns auf 
den Standpunkt, von welchem er, der edle Minnesänger, den 
Menschen, welcher durch ernstliches Streben und Ringen, durch 
sein eigenes Ich sich emporgeschwungen hat, zu Stand, Ehre und 
Gut gelangt ist, beurtheilt gegenüber von dem, welchem die Geburt 
air dies unverdient in der Wiege in den Schooss gelegt. Lässt er 
doch in seinem Gregorjus den armen Findelknaben also sprechen : 

ob ich mit rehter arbeit, 
mit sinne and mit manbeit 



1) Zur Ethnologie der Kodensee-Gegend im dritten Heft der Schriften des 
Vereins für die Geschichte des Bodensee's und seiner Umgebung. 8. 120 

2) Wir erinnern an das standesherrliche Haus der Fürsten von Wald- 
burg, deren ältester historisch nachweisbarer Ahnherr im Jahr 1160 unter 
den Weifischen Ministerialen aufgeführt wird (Stalin, wirt. Geschichte 1[. 
S. 613. Note 2), an die Grafen von Neipperg, die Freiherren von Berlichingen, 
Crailsheim, Hornstein, Reischach, Speth, Sturmfeder, Weiler u. a , deren Ahn- 
herren Stalin a. a. O. II. S. 594 ff. unter den „Rittern und Üienstmannen 
insgemein'*, zu welchen indessen neben denen von Ow noch manche andere 
gehören dürften, aufführt. Von den heutigen Freiherren älterer Geschlechter 
in Württemberg sind uns als alte „liberi'* im Augenblick nur die von Wöll- 
wart und von S ternenfels erinnerliche Erstere, die „Wellenwart", kommen 
mit dem angegebenen Prädikat im 12. Jahrhundert in Urkunden der re- 
gesta boic. von Lang, und vqu den von Sternenfels wird ein „Cunradus de Sterren- 
Tils" als „liber" in 'einer Urkunde von 1232 (W. ü. B. II. S. 305} aufgeführt 



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_ 140 - 

* / erwirbe guot und ßre, 

des priset man mich mere 
dan dem sin vater wunder lio 
und daz mit schänden zegie". . 

* Was Hartmann von Ouwe als Dichter war, sagen seine 
Werke sowie die Zeugnisse seiner Zeitgenossen; was er als 
Mensch gewesen, können wir nur aus Äusserungen in seinen Ge- 
dichten schliessen: aber sicher gebührt ihm ein hoher Eang auch in 
dieser Hinsicht. Schon seine erzählenden Gedichte und noch 
mehr seine Lieder zeigen den gebildeten, liebenswürdigen, biede- 
ren Mann, dessen Freundschaft von Mitlebenden gewiss um so 
eifriger gesucht wurde, je mehr sie selbst edel und bieder waren. 
Die Zeitgenossen verschwiegen, was jeder wusste: um so mehr ist 
die Nachwelt verpflichtet, eine Schuld abzutragen, die nie verjährt 
und nie verjähren darf ^). 

Darum gebührt Hartmann, dem Ouwaere (dem Auer), wenn 
er gleich Dienstmann, weder Fürst, Graf noch Dynast gewesen, 

nicht minder 

,jSin, schapel unt sin lörzwi*, 

der Ehrenpreis, welchen ihm Gotfried von Strassburg, einer der 

ersten Minnesänger seiner Zeit, zuerkannt hat. 



Schliesslich dürfte es am Platze sein, einiges über Hartmanns 
von Aue engere Heimat, vornämlich die Burg Owe bei 
Obernau, welche — wie wir ausgeführt — höchst wahrscheinlich 
das Vaterhaus desselben gewesen, zu sagen, insbesondere auch, 
in wieweit sich dieselbe bis auf unsere Tage erhalten hat. 

Das heutige Pfarrdorf Obernau, in alten Zeiten das ^stättlin 
Obernowe (Owe)^, eine Stunde von der württembergischen Ober- 
amtsstadt Kotenburg, liegt an der Ausmündung eines kleinen lin- 
ken Seitenthaies von dem des Neckars. Den dortigen ziemlich 
starken Bach nennen die Anwohner „ Seltenbach ^. Und das ehe- 
malige Schloss der Kitter von Owe lag im Angesicht der Burg 
ihrer gräflichen Dienstherren auf dem Berge über dem Dorfe 



1) S. die Vorrede zu der Ausgabe des „Iwein" mit Anmerkungen von 
Benecke und Lachmann. Berlin 1843. 



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— 141 — 

Weiler — der alten Rotenburg — wie- man hinwiederum auch 
diese von der Burg in der Owe aus selton konnte. 

Eine halbe Stunde weiter flussabwärts mündet von Rechts 
her gleichfalls ein ansehnlicher Bach — Katzenbach genannt — 
in den Neckar, nachdem er in zahlreichen Krümmungen die ro- 
mantischen ^sieben Thäler*' durchlaufen, welche von mit üppigen 
Tannenwäldern bewachsenen Höhen umsäumt sind. Nahe der 
Ausmündung des engen Katzenbach-Thales in das ungleich brei- 
tere des Neckars liegt das Dorf Niedernau, ehedem ,,die alte stat 
ze Niedern-Owe*. Die Heimat Hartmanns von Owe war also 
eine zwiefache Au. Thalaufwärts von dem Dorfe N., inmitten von 
schönen Tannenwäldern, welche zur Sommerszeit die Luft mit 
Balsam für Blut und Lunge würzen, liegt das beUebte, reizend ge- 
legene Bad Niedemau, dessen Heilquellen schon die Römer ge- 
kannt haben, als sie vdr 1600 Jahren in dem nahen ,jSoliCinium* 
(„Sumlocenne*), wo jetzt zumeist die Stadt Rotenburg steht, theils 
als Krieger in der ^Altstadt* und in Feldlagern standen, theils als 
Bürger friedlichen Beschäftigungen nachgiengen. Und nicht weit 
von dem ^^Römerbade* sind in einsamem Waldrevier, auf dem 
jjSchlösslesberge*, noch die Ruinen der Burg zu sehen, auf wel- 
cher vom 12. bis 15. Jahrhundert die Ritter von ,, Ehingen*, die 
Standesgenossen und Nachbarn der Auer, ihren Sitz hatten, bevor 
sie solchen im Neckarthaie, in Kilchberg bei Tübingen aufschlu- 
gen. Die engere Heimat unseres Sängers ist für uns also in zwei- 
facher Beziehung klassischer Boden. 

Wo der obgenannte ^Seltenbach**, bevor er in den Neckar 
fällt, in seinem Laufe eine so ziemlich halbzirkelrunde Krüm- 
mung macht, liegt innerhalb derselben das heutige Dorf Obernau 
mit den Resten der Burg Owe und zwar diese auf einem Platze, 
der sich nur wenig über das umliegende Terrain erhebt, unmittel- 
bar an den j, Seltenbach* stösst und südwärts dem Neckar zuge- 
kehrt ist. Die Burg bestand, wie aus den noch vorhandenen Re- 
sten und der Räumlichkeit zu schliessen, nur aus einem starken, 
runden Tharm (s. Näheres über denselben unten) von ansehnlichem 
Umfang und bedeutender Höhe, einem ganz nalie dabei stehenden 
Wohn;jebäude, jetzt Maierhaus mit dicken Mauern im Erdgeschoss, 

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_ 142 — 

aus einigen wenigen anderen Gebäulichkeiten: Wohngelassen für 
das Gesinde; Stallungen un^ißpeicher. Um das Ganze gieng als 
Schutz wehr eine doppelte Ringmauer, von welcher sich noch Beste 
erlialten haben,, und vor dieser rings herum ein Wassergraben, ge- 
speist von dem nahen Bache. Über den Graben führte von dem 
„Stättlin** aus eine Zugbrücke, wie der Platz jetzt noch dort ^ei 
der Brücke* heisst. Von dort aus gelangte man also in die Burg, 
woneben indess, wie auch sonst, ohne Zweifel noch ein Pförtchen 
an einer andern Stelle vorhanden war. Mit dem übereinstimmend 
spricht eine Urkunde vom Ende des 14. Jahrhunderts nur von dem 
„Hause und dem Thurm* und ein amtliches Aktenstück aus dem 
17. Jahrhundert von dem „Schlösslin*, J. i. Wohnhaus der Her-- 
ren und Thurm, mit einem j, Wassergraben gerings herum und 
zwei Scheuren''. 

Mfifti hat sich somit eine Burg von nur unbedeutendem Um- 
fang vorzustellen, indess ist in Betracht zu ziehen, dass auch der 
hart dabei liegende Ort Obernowe (Owe), wie man jetzt noch weiss 
und zum Theil sieht, durch einen nassen Graben, Eingmauer, 
Thürme und Thore befestigt war und zusammen mit der Burg, 
diese als Reduit des Ganzen, eine „Veste'' gebildet hat, in welcher 
für die Burgbesitzer oder Mannen auch feste Steinhäuser als Wohn- 
gebäude waren ^), während im Übrigen die Maier der zur Burg ge» 
hörigen Höfe und die Hörigen im „Stättlin* wohnten. Auch 
kann, wenn Obemau (Obernowe) ehedem mitunter kurzweg Owe 
geheissen (s. Beleg 29 zu 1307), in den ältesten Zeiten unter 
„Owe* zugleich Niedernau begriffen gewesen sein, was ehedem 
gleichfalls ein ummauerter Ort war*). Und es erscheint dann 
dafi zwiefache Owe zusammen genonmien als eine bedeuten- 
dere Besitzung, die dem im 12. Jahrhundert ausgestorbenen freien 
Geschlechte von Owe auch wohl anstand. 

Von besonderem Interesse ist die Hauptwehr der Burg Owe, 
der Thurm. Der bis zur Brusthöhe etwas hervortretende Unter- 



1) Die oben citirte Beschreibung von Obernao aus dem 17. Jahrhundert 
fahrt nach Erwähnung der Burg als zu derselben gehörig auf: „mer im stett- 
lin atn alt hauss beim obern thor, ain neu bauss". 

2) „1336 die alte etat ze Niedernowe'*. 



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— 143 — 

theil desselben ist aus kleinen Stücken de» in der Umgegend bre- 
chenden Muschelkalks, das Übrige aus meist ansehnlichen Quadern 
von Tuffstein, welcher sich gleichfalls in der Gegend findet, aufge- 
führt. Von dem Gesims und Zinnenkranze, welcher auf je- 
nem ruhte, ist von ersterem nur ein ganz unbedeutender Rest aus 
Werkstein, von letzterem gar nichts mehr erhalten. Beide sollen, 
als 1806 im Qrt eine neue Kirche gebaut worden, der Steine we- 
gen abgetragen worden sein. Weiteren Bemühungen, den Thurm 
ganz abzubrechen, soll die Festigkeit des Mauerwerks unbezwing- 
baren Widerstand entgegen gesetzt haben, was auf einen ausge- 
zeichneten Mörtel schliessen lässt, wie denn auch der f Domdekan 
von Jaumann in seiner ^Colonia Sumlocenne. Rotenburg am Ne- 
ckar* unter den Römern* S. 153 den Thurm für römischen Ur- 
sprungs erklärt. So kann dann dieser die Veranlassung dazu 
geworden sein, dass an dem durch seine Lage nicht festen Punkte 
eine mittelalterliche Burg gebaut wurde. 

Was noch von dem Thurme steht, hat eine Höhe von 14,85 
Meter ; derselbe reichte dabei ehedem ohne Zweifel auch in den 
Boden hinab, was jetzt durch Ausfüllung mit Schutt und Steinen 
so ziemlich unkenntlich gemacht ist. Der im Rundbogen über- 
wölbte Eingang zum Thurm befindet sich 5,7 Meter über dem Bo- 
den, und dort hat das Gemäuer eine Dicke von 2,7 Meter, ganz 
oben noch von 2,i Meter. Derselbe befindet sich auf der Seite, 
welche dem jetzigen Maierhaus, dem ehemaligen festen Wohnge- 
bäude der ritterlichen Insassen, zugekehrt ist, und eine Vorrich- 
tung am Gemäuer des Eingangs lässt schliessen, dass von dem 
Wohnhaus eine wegnehmbare Brücke in den Thurm geführt hat. 
Eingetreten findet man eine rings herum laufende Bank, welche 
ungefähr 0,8 Meter über den unteren hohlen Raum des Thurms 
vorspringt. Auch gewahrt man an verschiedenen Stellen im Um- 
ring des Gemäuers nach Innen hervortretende Tragsteine, wahr- 
scheinlich fttr das herumgelaufene Stiegenwerk. Der Thurm zeigt 
erst von der Höhe des Eingangs an einige wenige rundbogige Off- 
nungen. Zwei derselben sind nichts weiter als nach Innen sich 
sehr verengende Schlitze, sehr spärliche Lichtöffnungen. Dem 
Kranzgesims ziemlich nahe befindet sich die dritte gleichfalls rund- 



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_ 144 — 

bogige Öffnung wiederum dem Maierhaus zugewandt, entschieden 
grösser als die erwähnten Schh'tze, aber kleiner als der Eingang. 
Es mag dies die einzige Fensteröffnung eines Gemachs, wohl der 
Wächterwohnung gewesen sein, welche sich im obersten Theile des 
Thurmes, unter der von einem Zinnenkranz umgebenen Plattform 
befand, und zu welcher hölzerne Stiegen führten. Im Übrigen 
kann der Thurm nicht bewohnt gewesen sein. Das Gewölbe, mit 
welchem derselbe schloss, ist längst eingestürzt und hat die Tiefe 
mit Mauerschutt ausgefüllt. Das Himmelsgewölbe bildet seit 
Langem des alten Thurmes Dach und die finstere Behausung von 
Molch und anderem Gewürm wird nur erleuchtet, wenn der Don- 
nergott niit der Fackel des Blitzes herniederfährt. Auf dem blos- 
gelegten obersten, noch ansehnlich breiten Mauerring, in den 
verwitterten Tuffsteinen aber wuchern Blumen, Gras und Ge- 
sträuche, in denen sich die Vögel, die Lieblinge der alten Minne- 
sänger, herumtreiben; auch eine Forche hat ihre Wurzeln dort ein- 
geschlagen und wiegt ihr flatterndes Geäst in freier Luft. 

Kehren wir aber im Geiste in die alte Zeit zurück und den- 
ken uns unsern Sänger Hartmann von Aue je und je in der Hei- 
mat, auf der Plattform der stattlichen Warte, des „Bercfrits* 
seiner väterlichen Burg, stehend, wie im wonnesamen Maien und 
in der lieben Sommerszeit sein Auge zunächst auf den jenseits des 
Burggrabens liegenden j^schenen grossen Bomgarthen^ fiel, in 
welchem er als Knabe auf dem Stecken ritt, mit Bogen und Arm- 
brust auf Vögel schöss, den Stein warf, jjklimmen* lernte und 
mit seinen Kameraden Preis-Rennen hielt; wie die saftig grüne, 
blumenreiche Au um den im Silberglanze strahlenden Neckarfluss 
lachend vor ihm lag ; wie er sich des Vogelsangs, der zu ihm her- 
auf tönte, freute ; seine Blicke zu den Bergen, dem dunkelgrünen 
Tann, welcher das reizende Thal einrahmt, dann höher zu der stol- 
zen Grafenburg schweiften, welche die fernen, waldigen Höhen, 
die das Thal zu schliessen scheinen, krönte, und in der er als Sän- 
ger stets eine freundliche, ehrenvolle Aufnahme gefunden. — Da 
musste die rechte Stimmung über ihn gekommen sein, von dem 
^wünneclichen maien" und der schönen jjSumerztt*, den jjbluo- 
men röt an grüener beide'' und der ^vogel sang'^ in der Linde 

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— 145 ^ 

Dach zu Bingen. Da hatte er aber auch ein stilles Plätzchen, wo 
er bei der Minne Freud' und Leid, Glück und Missgeschick unbe- 
lauscht seinem Herzen im Liede Luft machen, bald minneselig 
und tiberglücklich singen : 

„Ich muoz von r4hie den täc iemer minneOi 
d6 ich von drste die werden erkande, 
in süezer zühte, mit wipUchen sinnen, 
Wöl mich, daz ich den maot ie dar bewende!*' 

bald über unerwiederte Liebe bitter klagen konnte: 

„Min dienest der ist alze lanc 
bi ungewissem wäne: 
nftch der ie daz min herze ranc 
diu Ut mich trdstes Ane". ') 



1) Hartmanns Schriften. Ausgabe von Fedor Beoh II. Lied 18. 5. 



Schmid, Hartmann von Au«. ^0 

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Beilagen und Belege 

zu der vorstehenden Abhandlung 



über 



Hartmann von Aue. 



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Beilagen. 



Beilage 1. 

Des Minnesängers Hartmann von Ane erstes Krenzlied; nach 

unseren Resultaten auf dieKrenzfahrt von 1189, welche Kaiser 

Friedrieh I., der Rothbart, nnternommen, gedichtet 

j^Dem kriuze zimt wo! reiner muot 
und kiusche site: 

sd mac man saelde und allez guot 
erwerben mite. 

ouch ist ez niht ein kleiner Haft 
dem tumben man, 
der sime Übe meisterschaft 
niht halten kan. 

ez wil niht daz man st 
der werke drunder frt: 
waz touc ez üf der w4t, 
der's an dem herzen niene hat? 



Nu zinsent; ritter, iuwer leben 
und ouch den muot 
durch in, der iu d4 hat gegeben 
Itp und guot! 

swes schilt ie was zer werlte bereit 
üf höhen prls, 
ob er den gote nü verseit, 
der ist niht wts. 



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'-!P;3^ 



— 150 — 

Mtn fröude wart nie sorgelös 
unz an die tage 

daz ich mir Kristes bluomen kös 
die ich hie trage. 

die kündent eine Bumerztt, 
diu also gar 

in silezer ougenweide 11t: 
got helfe uns dar: 

hin in den zehenden kör *), 
dar üz ein hellemör 
sin valsch verstözen h&t, 
und noch den guten offen stät. 



Mich hat diu werlt also gewent, 
daz mir der muot 
sich z'einer mäze nach ir sent: 
döst mir nü guot. 

got hat vil wol ze mir getan, 
als ez nü stät, 

daz ich der sorgen bin erlän 
diu manegen hat 

gebunden an den fuoz, 
daz er beltben muoz 
swenn' ich in Kristes schar 
mit fröuden wüimecltchen var*. 

wan swem daz ist beschert 
daz er da wol gevert, 
daz giltet beidiu teil, 
der werlte lop, der söle heil. 



1) hin in der Engel Chor, daraas den Teufel seine FaUcbeit rerstoBsen hat. 

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— 151 — 

Der haggen ^) ich han raanegen tac 
geloufen nach, 

(da niemen staete vinden raac 
dar was mir gäch). 

diu werlt mich lachet triegent an 
und winket mir: 
nü hän ich als ein tumber man 
gevolget ir. 

nd hilf mir, herre Krist, 
der mtn da, värend ist *) 
daz ich mich dem entsage 
mit dtnem zeichen deich hie trage. 



Sit mich der tot beroubet hat 
des herren mtn, 

swie nü diu werlt nach ime gestä,t 
daz läze ich stn. 

der fröude min den besten teil 
hat er da hin: 

geschüefe ich nü^der s^le heil, 
daz waere ein sin. 

mag Ime ze helfe kommen 
min vart diech^) han genommen, 
ich wil ir^m halber jehen: 
vor gote müeze ich in gesehen. 



1) Verlockungen. 

2) Dass ich dem Teufel entsage, der mir nachzustellen sucht. 

3) Die ich. 



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T^m^ 



_ 152 ~ 

Beilage 2. 

Hartmanns des Minnesängers zweites Krenzlied, welches er 
auf die Kreuzfahrt von 1197 gedichtet. 

IchVar mit luwem huldezi; herren undem&ge: 
liutunde lant diu müezen saelic sin. 
es ist unnöt daz lernen mlner verte frage: 
ich sage wol Air w&r die reise mtn. 

mich vienc diu minne und He mich varn Afmtne Sicherheit: 
nü hat st mir enboten bi ir liebe daz ich var. 
ez ist unwendic^ ich muoz endeltchen dar: 
wie küm ich briche mtne triuwe und minen eit ! 



Sich rüemet maneger waz er durch die minne taete : 
wä, sint diu werc? die rede hoere ich wol. 
doch saehe ich gerne daz si ir etesltchen baete, 
daz er ir diente als ich ihr dienen sol. 

ez ist geminnet; der sich durch die minne eilenden muoz:^ 
nü seht wie s'mich üz mtner zungen ziuhet über mer: 
und lebte mtn her Salattn und al stn her^ 
die'n brachten mich von Vranken niemer einen vuoz 



Ir minnesinger, iu muoz ofte misselingen: 
daz iu den schaden tuot daz ist der wän. 
ich wil mich rüemen^ ich mac wol von minne singen, ^ 
stt mich diu minne hat und ich st hän. 

daz ich d& wil, seht das wil alse gerne haben mich; 
so müezet ab ir vliesen, underwilen wanes vil : 
ir ringent umbe liep daz iuwer niht invil: 
wan müget ir armen minnen solche minnne als ichl 



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Belege. 



Bemerkung: W. U. B. bedeutet Wirtembergisches Urkundenbach. T. U. 
B. Urkundenbuch unaerer Geschichte dar Pfalzgrafen von Tübingen. II. U. 
B. Urkundenbuch unserer Geschichte der Grafen von Hohenberg. Ul. Ur- 
kd.-Buch. Ulmer Urkundenbuch. Mon. Zoll. Monumenta Zollerana. 

Beleg i^ zu S. 3. 13. 16. 

Die Stellung der Dienstmannen des vormaligen Klosters Rei- 
chenan im Bodensee. 

„Anno MCViiJ kam her Divizo (nach andern Teuron) cardinal und 
legat babst Pascalis in die Owe (Kloster Reichenau im Bodensee), hielt 
alda ain concili, daselj^s die gaistlichen und der kilchen gerechtigkait 
verordnen — satzt, das fürbas ain iettlicher, er wür airi dienst- 
(mann) oder fry, der in der insul ain todschlag begien^, ainen 
wundte u. s. w. — ob sö'llicher dann wer ain dienst- oder 
gotzhusman, so sölt er sin aigen und lehen gutt, on 
hoffnung wider zu erlangen, verlorn haben und sölt es 

wider zu gwaltsamy der kilchen fallen. Wer er aber 

ain fryman, so sölt er das lehen, von dem gotzhus inn- 

habende, verwürkt haben . Diser cardinal haut ouch ge- 

satzt, das kainer, usser den fryen oder gotzhusmannen 
innderthalb der gantzen insul wauffen, es were dann zu schirm und 
gut der insul oder das er sich an andere örter usser der insul ver- 
fügen wölte, tragen soll". Gallus Oheims Chronik von Reichenau, 
verfasst von 1491 — 1508, herausg. von Dr. A. Barack, Publikation 
84. des lit. Vereins in Stuttgart, S. 126. 



1^ ZU S. 12. 13. 

Satzungen des Abtes Konrad von Reichenau, eines Freiherrn 

von Zimmern, gewählt 1237, für die „ministerialibus, dienstlfit- 

ten, censualibus, fryg, zinser, ouch allen andern menschen, dem 

kfingclichen miinster Ow zugeh8ren(d)" : 

Zu dem ersten, das die menschen, in was vorm und gestalt un- 
ser kilchen zugehörig, ire besessnen erbgüter oder zinslehen, kainen 

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— 154 — 

andern dann den personen unser kilcben züstonde in 
kainem weg mügend verkoffen oder verendren; und fürter 
Dier, das unser dienstlüt ir lebenlang uns und unser kilchen 
trülich bystanden — — uid nach ihrem abgang ain pferdt 
und sinen harnasch, zu der wer und rais nottdurftig, in gerech- 
tigkait ain es mortuary, das zu tütsch ain fal haist, uns gentzlich 
tiberantwurtend, das ander gutt aber alles usser erblichem 
recht besitzend ire kind, unserm gotzhus zugehörig. Ob aber 
die kind ainer andern aigenschaft, uns nit zugehörig, so 
werden sy der erbschaft der aignen gütter und zins- 
lehen manglen, besonder so werden der dienstlüt nechsten 
gesipten, uns zugehörig, sölliche gütter besitzen und 
inn haben. Gallus Oheims Chronik von Reichenau a. a. 0. S. 137. 



2 zu S. 6. 7. 

Ritterliche Ministerialen erhalten am Erfde des 13. und An- 
fang des 14. Jahrhanderts den Vorrang vor Freien, welche 
nicht Ritter gewesen. 

Urkunde des Grafen Friedrich von Zollern vom Jahr 1291. 
Testes: Walterus pincerna de Celle, miles, Hilteboldus nobilis*) de 
Werstain (s. Beleg 32), Hilteboldus dapifer de Stoufenberg. Mon. 
Zoll. Nro. 232. 

Urkunde des Grafen Friedrich von Zollern vom Jahr 1298. Te- 
stes: Walger miles de Bisingen, Hilteboldus nobilis de werstain (s. 
Beleg 32). Mon. Zoll. Nro. 242. 

In iciner Urkunde der Grafen Eberhard und Rudolf von Tübingen 
von dem Jahr 1296, in welcher „Cvnrades des ritters von w i 1 d e n o w e 
(bei Lustnau) vnsers (ihres) dienstmannes" ausdrücklich Erwähnung ge- 
schieht, steht dieser unter den Zeugen obenan und vor dem Freien 
„Rvmpolt von Grifenstain**, der aber nicht Ritter gewesen. Unser Ur- 
kundenbuch zur Geschichte der Pfalzgrafen von Tübingen Nro. 53. 

In einer von Graf Burkard von Hohenberg ausgestellten Urkunde 
vom Jahr 1308 werden die von demselben gestellten Bürgen in folgender 
Ordnung aufgeführt: zuerst alle mit dem Prädikat Ritter und dem 
Titel „herre", darunter die meisten solche, deren Vorfahren im 13. 
Jahrhundert als Ministerialen vorkommen; dann folgen vier Freie 



1) Man bemerke, dass nobilis nach dem Taufnamen steht, wie unten (Be- 
leg 32) bei dem Freien von Entringen. Vrgl. indess in Beleg 3 zu 1269. 

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— 155 — 

(„vri"), gleichfalls mit dem Titel „Herre", darunter ein Titular-Her- 
zog von Urselingen; zuletzt kommen. Hof-Ministerialen (z. B. der Mar- 
scbalk), gräfliche Beamte (z. B. ein Vogt, Amman, Schultheiss) und 
und sonstige Ministerialen, welche weder Bitter noch Beamte waren. 
Unser Hohenberger Urkundenbuch, Nro. 213. 



Beleg 3 zu S. 6. 7. 41. 86. 

Ministerialen erhalten schon im 12. und vornämlich im 13. Jahr- 
hundert den Titel dominus und das Prädikat nobilis (s. auch 
Beleg 27). Doch begreift eine von König Rudolf I. ausgestellte 
Urkunde vom Jahr 1286 (s. unten in diesem Beleg) die ministe- 
riales nicht unter die nobiles. 

1189. Tausch-Urkunde des Klosters Roth dat. Ulm. Testes: ex nu- 
mero nobiliorum zwei Söhne des Kaisers, dominus Henricus et frater 
. eins dux Fridericus, dann Herzog Weif, viele Grafen (von Tübingen, Zol- 
lern, Helfenstein u. a.), nach diesen dominus Eberhardus et frater eins do- 
minus Swiggerus de Eichheim alle diese unter „nobiles" begriffen, 

dann folgen „de minist er ialil?us dominus Marquardus de Swendine 
(Schwendi O.-A. I^upheim), dominus Bertoldus de Tanne (Altthan O.-A. 
Waldsee), dominus Eberhardus de Walechse (Waldsee)". Wirt. Urkun- 
denbuch n. Nro. 425. 

In der Stiftungs-Urkunde des Klosters Bebenhausen dat. Asperg 
1191 werden nach den , ,liberis — de minist erialibus" unter den 
Zeugen aufgeführt: Dietrich und Hugo von Ihelingen (O.-A. Horb). 
T. U. B. Nro. 5. 

1233. Urkunde des Pfalzgrafen Rudolf von Tübingen dat. Her- 
renberg. Testes : nach den liberi die ministeriales — Dietrich et Mar- 
quardus fratres de Ihelingen. W. U. B. IH. Nro. 833. 

1277 wird in der Urkunde des Ritters Dietrich von Haiterbach 
u. a. als Zeuge genannt: Fr. dominus molendinator de Ihelingen, 
miles. H. U. B. Nro. 73. 

In der 1191 von Pfalzgraf Rudt)lf von Tübingen über die Stif- 
tung des Klosters Bebenhausen zu Asperg gegebenen werden „de mini- 
st erialibus" als Zeugen aufgeführt: Friedericus deWitingen (Weitingen 
O.-A. Horb) et Etecho. T. U. B.Nro. 5. W. U.H. B. Nro. 466. 

In der 1281 zu Achalm ausgestellten Urkunde der Grafen Albert 
und Burkard von Hohenberg werden als beugen genannt: her Cvnrat 

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— 156 — 

daz lampe (von Weitingen), Ritter, vnd Johannes vnd Volce sine gi- 
bruder. Hohenbergisches Urkundenbuch Nro. 89. 

V285. Hugo comes Palatinus'de Xuwingen — quod Fridericus miles 

de Utingen (Eutingen) dominus gebeine, ministerialis n oster 

bona sua in Rordorf — conventui in Kilberg vendidit — et per manum 

nostram eidem conventui proprietatera et possessionem eorundem bonorum 

tradidit libere et absolute etc. T. U. B. Nro. 21. 

In einer Urkunde des Pfalzgrafen Hugo von Tübingen von 1285 
erhalten Zeugen aus dem Bürgers tande (der Stadt Horb) den Titel 
dominus. T. ü. B. Nro. 21. 1290 gibt Pfalzgraf Ludwig von Tü- 
bingen selbst seinem Schultheissen von Horb den Titel dominus. T. U. B. 
Nro. 122. 

1269. Albertus, Burkardus, Vlricus fratres dei gratia comites de 
Hohenberg. Nouerint universi — quod cum walgerus nobilis de 
Bisingen curiam sitam prope nostram ciuitatem Schonberg — a no- 
bis et nostris progenitoribus iure hereditario possessam-vendidit-con- 
ventui monasterij in Kilchberg. Eignen darauf den Hof u. s. w. dem 
Kloster. H. U. B. Nro. 56. 57. Dagegen Urkunde von 1263. Fri- 
dericus, comes de Zolre — 'notum facimus — Walgerus de Bisingen 
(in der Nähe von der Zollerburg), ministerialis noster, conventui 
in Kilchberg de uoluntate et consensu nostro et per manum nostram con- 
tulit libere molendinum suum in Ahusen etc. Der Graf und sein Mini- 
sterial siegeln die Urkunde. Mon. Zollerana I. Nro. 198^. 

1271. Urkunde der Ritter von Königsbach (Baden) für das Klo- 
ster Herrenalb. Zeugen: „comes Ctnradus de Vahingen (Oberamtsstadt) 
Vaihingen), dominus Ctnradus aduocatus (de V.), dominus Her- 
mannus et dominus Cuno fratres de Königsbach." Mone, Zeitschrift für 
die Geschichte des Ober- Rheins I. S. 374. Vrgl. in Betreff der Stellung 
dieser Ritter von Königsbach' den Beleg über die Freien von Entringen. 

1279 verzichten Albert von Werbenwag (badischen Amts Mess- 
kirch) und Hugo von Wildeck (0.-x\. Rotweil) auf Rechte an ein Gut 
unter den Siegeln der Grafen Heinrich von Fürstenberg und Albert von 
Hohenberg. Testes; dominus Hugo de Werben wag. Bertoldus de 
waehingen, milites — — — — Heinricus de Werbenwag. H. U. B. 
Nro. 84. 

1284. Graf Albert von Hohenberg urkundet, dass er seine Zustim- 
mung gegeben, als Albert, genannt von W., und H. von W., dessen fra- 
truelis, seine Ministerialen, ein von ihm getragenes Lehen an die Jo- 
hanniter zu Villingen verkauft haben. H. U. B. Nro. 101. Das nach 

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— 157 — 

der Burg Werenwag (im Donauthal zwischen Tuttlingen und Sigmarin- 
gen) benannte Rlttergeschlecht trug diese sammt einer aus sechs Dörfern 
bestehenden kleinen Herrschaft von dem Grafenhause Hohenberg zu 
Lehen. Die Burg Werenwag wird in der Verkaufsurkunde über die 
Grafschaft Hohenberg auch genannt. H. U. B. Nro. 672 und Textband 
S. 400 fP. 

1286. Urkunde dos Königs Rudolfs I. von dem Hause Habsburg, 
wie in Baiern und Schwaben der Landfrieden aufrecht zu erhalten 
„adiutorio omnium nobilium, rainisterialium, militum, civita- 
tum.et aliorum** etc. Ulmer Urkundenbuch Nro. 155. 

Graf Albert von Hohenberg urkundet 1296 zu Rotweil, dass der 
„alt herr Bertold von Wehingen mit seiner (des Grafen) Hand und Ein- 
willigung Gilten aus seinem (Bertolds) Hofe zu Wehingen an das Spital 
zu Rotweil verkauft habe und er im gerne gnädik und willik sin welle." 
H. U. B. Nro. 160. 

1313. Graf Friedrich von Zollern setzt zu Bürgen: hern Wernhern 
den schenken von Nuvencelle — hern Volkarten von Owe, herrn Walt- 
hern den Schenken, Herman von Owe, hern Volkartes sun. M. Z. 
Nro. 259. 

Nach einer Urkunde von 1301 stellte Peter von Hailfingen fol- 
gende Bürgen: dominus Heinricum de Moenegge, militem, Hein- 
ricum de Remchingen, Johannem de Tissingen et Heinricum de Hail- 
fingen. Mone XV. a. a. 0. S. 125. Die von Hailfingen, Moenegge und 
Remchingen waren eines Geschlechts und Standes. Ma,n sieht, nur 
der Ritter erhält den Titel dominus. 



Beleg 4 zu S. 7. Note i. S. 8. 

Die Ritter von Hailfingen, Tübinger Dienstmannen. 

Um 1125 Kraft und Hugo von Hailfingen, Dienstmannen des 
Grafen Hugo von Tübingen. Zeugen bei diesem. Cod. Hirs. S. 87. 

1191 und 1192. Urkunden des Pfalzgrafen Rudolf I. von Tübingen 

dat. Asberg a. a. 0. Testes: de liberis de ministerialibus 

Crafto de Halvingen. W. U. B. H. Nro. 477. T. U. B. 

Nro. 5. 6. 

1226. C[onradus] — abbas in Behinhvsen — qnod Hainricm mi- 
les dictus de Halvingen (O.-A. Herrenberg) agi-os, ligna — in monte 
qui vocatur Tinzemherc (Denzenberg links der Strasse von Tübingen 

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_ 158 — 

nach Lnstnau) sita ad instantiam precum nostrarnm in remedium anime 
sue in maniis pdlatini comitis^ de Tuwingen, de cuius gratia ea 
iure feodali possederat, resignavit ea conditione, quod idem palati- 
nus conventui de Bebinhvsen eadem conferret libere ac quiete in perpe- 
tuum possidenda, quod et dominus palatinus — agere non dubitavit" etc. 
T. ü. B. Nro. 9. W. U. B. IH. Nm. 7.02. 

1231. Urkunde des Grafen Wilhelm von Tübingen, dat. Reut- 
lingen. Zeuge nach mehreren dem Freiherrenstande Angehörigen : Hugo 
von Halvingen ohne die Bezeichnung Ministerial. 

1233. Urkunde des Pfalzgrafen Rudolf II. von Tübingen dat. Her- 
renberg. Testes liberi homines ministeriales — — „Crafto, 

et Hugo fratres de Halvingen/^ W. U. B. HI. Nro. 833. Die Ritter 
von Hailfingen kommen auch später im 13. und 14. Jahrhundert sehr 
häufig mit den Pfalzgrafen und Grafen von Tübingen in Urkunden vor, 
wir haben aber nach dem Jahr 1233 keinen mehr gefunden, der aus- 
drücklich das Prädikat ministerialis oder Dienstmann erhalten hat, da- 
gegen im Anfang des 14. Jahrhunderts einen als „Rath*' eines Grafen 
von Tübingen. Vrgl. unsere Geschichte der Pfalzgrafen von Tübingen 
S. 493. 



Beleg 5 zu S. 10. 13. 22. 91. Note 1. 

Anch Dienstmannen wnrden schon um die Mitte des 13. Jabr- 
hnnderts Lehen übertragen (Vrgl. auch die Belege 4. 25). 

1266. „Eberhardus et Conradus comites de Kirchberg — ^quod 
nos donavimus bona nostra — in Witzishoven ad preces, assensum 
favorem Ber, militis sive nostri ministerialis in Wälz et reueYende 
uxoris sue, qui in manus nostras eadem bona, cum essent feodum ipso- 
rum, cum deliberato consilio et conmuni consensu resignaverunt dominis 
domus Theutonice" etc. ülmer Urkundenbuch Nro. 96. 



6 zu S. li. 

Dienstmannen sind ZngebSrnngen von Herrschaften nnd Bur- 
gen, werden mit diesen verpfändet, verkauft nnd verschenkt. 

1152. Herzog Bertold von Zähriugen übergibt pfandweise Kaiser 
Friedrich I. castrum Thecche cum omnibus ministerialibus 
et praediis ibidem pertinentibus.*^ W. U. B. IL Nro. 336. 



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— 159 — , 

1179. Friedrich V., Herzog von Schwaben, erlaubt dep „rainiste- 
rialibus nostris qui ex donatione ducis Welfonis (VI.) ad 
nos pertinent", sich und ihre Habe an das Kloster Kreuzungen bei 
Constanz zu schenken. W. U. B. II. Nro. 419. 

1258. Bischof Hartmann von Augsburg (ein gebomer Graf von 
Dillingen) schenkt seiner Kirche das Schloss und die Stadt Dillingen u. a. 
„Ceterura ad uberius ecclösie nostre subsidium et honoris incrementum 
ipsam dotantes et sublimantes eidem universos ac singulos ministeriales 
nostros utrmsqm sexus uhicumque residentes, ülmer Urkunden- 
buch Nro. 85. 

1308. März 24. Wir graue Virich von Achsperg verleben — 
daz wir — grauen Eberhart von Wirtemberg gegeben han Achsberg, 
bürg und stat, Richtenberg, die bürg vnd das gelemsgowe mit luten 
vnd mit guten — mit der graueschaft vnd swaz darzuo lioeret, mit 
leben, mit manlehen, mit mannen, mit dienstmannen, mit wiltbann 
etc. Reyscher, Satamlung altwirtembergischer Stalutar-Rechte S. 99. 

1363. Juli 14. Heidelberg. Graf Burkard von Hohenberg verkauft 
an den Pfalzgrafen Ruprecht den älteren bei Rhein und Herzog von 
Bayern seine Hälfte an Burg und Stadt Wildberg mit mannen, man n- 
schaften, burgmannen, burgmannschaften, mit weiden, velden 
wiltpenden u. s. w. H. U. B. Nro. 569. 



Beleg 7 zu S. 12. 15. Note S. 22. 

Dienstmannen können über sich selbst, ihr ererbtes Eigen- 
thum nur mit Genehmigung ihrer Herren verfügen. 

1240. Indem Graf Hartmann von Dillingen seine Zustimmung gibt 
zum Verkauf eines Zinses von Seiten des Meinloh von Söflingen, seines 
Dienstmannes, sagt er: „quia minoris vel etiam nullius valoris esset, 
quicquid sepedictus ministerialis noster Meinlohus nobis inconsultis et 
non pleno animo annuentibus sive contrahendo sive distrahendo res suas 
attemptaret" etc. Uhner Urkundenbuch Nro. 50. 

1279. dat. Reutlingen. Albertus dei gratia comes de Hohenberc — 
declaramus, quod dilectus noster ministerialis Marquardus miles de 
Ehingen (bei Rotenburg) nobis humiliter supplicauit, vt venditionem 
. quam — commendatori et fratribus in Hemmendorf (bei Rotenburg) coram 
nobis et multis aliis de quadam vinea sita in districtu Tettingen (bei Ro- 
tenburg) cum Omnibus suis juribus etc. — professus est cum suis heredi- 



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— 160 — 

bus publice sfe'fecisse, ratem habere et inviolabüem dignaremus. Nos 
igitur dicti Marquardi ministerialis nostri precibus inclinati pre- 
dicte venditionj assensum voluntarium concedimus.^^ H. ü. B. 
Nro. 85. 

Zwischen 1279 und 1300 (im Jahr [?] 1294) machte Ritter Mar- 
quard von Ehingen mit seiner Ehefrau und seinem Sohne Reinhard eine 
Schenkung an das neue gestiftete Carmeliter-Kloster in der Stadt Roten- 
tenburg am Neckar, ohne dass der Zustimmung seines HeiTn, des Gra- 
fen Albert von Hohenberg Erwähnung geschieht. H. U. B. Nro. 149. 

1300 Urkunden Ritter Marquard von Ehingen und seine drei 
Söhne, dass sie mit Hand und Willen ihres Herren, des Gra- 
fen Albrecht von Hohenberg, ein Gut (vier Morgen „Wingarten") 
bei Rotenburg, das sie als ein freies und lediges aigen her- 
bracht" dem Klöster Kirchberg (bei Sulz) geschenkt haben. H. U. B. 
Nro. 180. 

1314. Juli 29. 0. 0. Wir graue Rudolf von Hohemberch tun kunt 
— daz Cvnrat von Lustenowe, vnser diener, den man nem- 
met vf dem huse, vnd Hainrich sin bruder vnd irmel ir 
shwester haut ir Übe, ir lutevndirgut mit vnserre hant, 
willen vnd verhengede gegeben dem closter ze Bebenhusen mit 
allen den rehten, so zu den selben guten hörent. Daz aber diz dem vor- 
geschribenen closter State belibe, — so han wir im diesen brif geuestunt 
vnd besigelt mit vnserem aigenen insigel gegeben, däz wir daran gehen- 
cket haben durch der vorgeschribenun Cvörates, Hainriches vnd Irme- 
lun bete willen. Dirre rede sint geziuge: Herr Volkart von Owe 
ain ritt er, Virich von Wähingen (bei Jesingen O.-A. Tübingen abge- 
gangen) Engelhart der Herter u. a. H, ü. B. Nro. 243. 



8 zu S. 12. 58. Note 1. 

Dienstmannen erhalten von ihren Herren die allgemeine VoU- 
machty sieh seihst and ihre Habe an Klfister nnd Kirchen zu 

gehen. 

1191. Juli 30. Stiftungs-Ürkunde des Klosters Bebenhausen. — 
„ego Rudolfus d. gr. palatinus comes de Tvvingen — (monasterio B.) — 
quoque specialis doni Privilegium iure perpetuo contulimus: vt quicum- 
que ministerialium et mercatorum vel rusticorum — infirmus aut in- 
columis ad ipsorum conversacionem transire vel quicquam de rebus suis 

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• _ 161 _ , 

mobilibus aut immobilibus transferre uoluerit, liberam de omnibus teneat 
facultatem bic scil|cet qui nostre dicioni est subjectus." T. U. B. Nro. 5. 
Um 1191. „Concessio Burchardi, comitis de Hobenberg, quod sui 
minister iales^ clerici ceterique «triusque sexus hominum semet ipsos aut 
res suas mobiles vel immobiles ad monasterium Bebenbusen transferre 
possint. Sine die". H. ü. B. Nro. 10. 



Beleg 9 zu S. 13. 

Dem Herrn lag die Pflicht ob, für die Angehörigen seiner Dienst- 
mannen zn sorgen. 

1274. Albert von Gottes Gnaden Graf von Hobenberg gibt dem 
Kloster Kirchberg (bei Haigerlocb) Zinsen und Gilten von seinen Be- 
sitzungen in (bei) dem Dorfe Gniol bei Haigerlocb als Pfründe für 
Agnes, die Wittwe eines seiner Dienstmannen, welche in 
dasselbe eingetreten war. H. U. B. Nro. 70. 

1304 stiften die Grafen Rudolf und Albrecht von Hobenberg in 
demselben Kloster eine Pfründ für Elsebet von Wöllhausen 
H. U. B. Nro. 201. Die Ritter (Vögte) von Wöllhausen (O.-A. Nagold) 
gehörten zu den Hohenberger Ministerialen. S. im Beleg 16 über 
dieselben. 



Beleg 10 zu S. 13. 

Die Herren sind bei Verfügungen über Lehen und Beneflcien ihrer 
Dienstmannschaft an die Zustimmung derselben gebunden. 

1283. Nos Otto et Ludewicus fratres comites palatini de Tvwingen 
— quod nos proprietatem duarum Curiarum que site sunt in villa Hal- 
phiügen (Hailöngen, O.-A. Rotenburg) — quas Eberwinus Scultetus de 
Dornstetten (O.-A. Freudenstadt) et Hugo filius süus a nobis iure feo- 
doli possiderunt et adhuc possident — Luigardi relicte quondam Mar- 
quardi iunioris de Buttelbrunne (Bittelbronn, O.-A. Horb), Sophie et 
Gertrudi filiabus suis rite — de consensn ac plena volnntate avvun- 
culj nostri — H. illustris comitis de Furstenberg ac ministeriaHnm 
nostrornm duximus conferendas". Es folgt nun eine lange Reihe von 
Zeugen aus der Dienstmannschaft der Grafen von Tübingen. T. U. B; 
Nro. 47. 



Schmid, Hartmann von Aae. ^^ 

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_ 162 — 

Beleg il zu S. 13. 

Wie es bei Ungenossenscliafts-Heirateii der Dienstmannen in 
Betreff ihrer Kinder und Güter gehalten worden. 

1196. Mai 20. Henricus sextus —Romanorum Imperator notum 
facimus — quod abbas Ctnradus in Mulinbrunnen (Maulbronn) — quo- 
dam predium — in Wisahe (Weissacb, O.-A. Vaihingen) pro quodam 
milite dicto Bertholdo Meisere — comparavit. Quia vero ipsum prC' 
dium muUeris ipsius militis fuisse dinoscitur, et cum ipse miles et 
uxor Sita de diversis famüiis esse dicantur, ipse enim miles Au- 
giensis ecelesie (Reichenau) ministerialis existit, ipsa vero uxor eius 
etptieri quos ex ea genuit comitis Cfnradi de Kaluve et fratris 
eius ministeridles esse sciuntur, et ne tandem talis venditio ab uxore 
et filiis suis ratione diversis (diversae) conditionis revocari posset in irri-* 
tum, ipsa uxor cum filiis suis ipsum predium inmanus dominorum 
suorumj videlicet comitis Cfnradi de Kalutve et fratris sui resig- 
naverunt et ipsi postea predictum predium sancte Marie in Mulinbrun- 
nen sub predicta venditione contulerunt. W. U. B. II. Nro. 500. 



Beleg 12 zu S. 14. 73. 

Kaiser Heinrieh II. bestimmt; dass zwischen den Dienstmannen 
des Bisthnms Bamberg nnd denen des Klosters Stein am Rhein 
eine Genossenschaft bestehen solle nnd Wechselheiraten ohne 
die sonstigen Folgen zwischen denselben geschlossen werden 

dfirfen. 

Urkunde des Kaisers Heinrich IL, durch welche er das Kloster 
Hobentwiel nach Stein am Rhein versetzte, dieses mit vielen Gütern in 
Schwaben, u. a. in Nagold und mehreren umliegenden Orten be- 
schenkte und es unter den bischöflichen Stuhl zu Bamberg stellte. Ulm 
1005. Okt. 1. Am Schlüsse der Urkunde findet sich folgende Be- 
stimmung des Kaisers: ,j Ministerialibus quoque fassallis quos tra- 
didimus eidem ecelesie (Kloster Stein am Rhein), liceat cum his 
quos ad episcopatum predictum dare decrevimus, consueto honeste 
societatis more vitam agere, mutuo filias suas in coniugium dare 
secundum communem libitum et accipere, sobolcsque earum apud 
alterutros stabiliter in illius ecelesie permaneant proprietate ad 
cuius partes ipse pro matrimonii dantur copulatione/^ W. U. B, L 

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— 163 — 

Nro. 205. Diese Urkunde, deren Original angeblich im St.-Archiy zu 
Zürich liegen sollte, aber weder dort noch in dem von Schaffhausen auf- 
gefunden wenden konnte (Schweizerisches Urkunden-Register), ist nach 
Giesebrecht (Geschichte der deutschen Kaiserzeit I, S. 546. Anm. 
50. 51) unterschoben. Allerdings verfügte Kaiser Heinrich II. die Ein- 
verleibung des Klosters Stein erst am 1. Nov. 1007, wie die in den 
mon. boic. XX VIII. Nro 224 abgedruckte Originalurkunde zeigt, 
erwägt nJan aber, dass nach unserem Beleg 26^ das genannte Gottes- 
haus wirklich in und um Nagold sehr ansehnliche" Besitzungen gehabt 
bat und dem Bisthum iucorporirt war, so erscheint die Genossenschaft 
der beiderseitigen Dienstmannen ganz angezeigt. 



Beleg 13 zu S. 14. 

Wie es bei Heiraten unter Genossen und Ungenossen in Betreff 
des Erbrechts der Töchter gehalten worden. 

„Unde ist daz ein man stirbet vnde lat zwo tohtern hinder im.. Die 
^eide megede sint. dV eine nimet einen man der ir genoz ist. d^ an- 
der nimet einen der n^t ir genoz ist. vnd hat in ir vater gut gelan. 
daz an ertriche lit. daz sol div tohter allez eine han dV ir genoz hat genom- 
men oder ir ^bergenoz. vnd lat er ir ander gut. daz nVt ertriche ist daz 
svlu si mit ein ander teilen geliche." Schwabenspiegel a. a. 0. S. 143. 



Beleg 14 zu S. 14. 

König Rudolf I. erklärt 1273 die Tochter eines Reichsdienst- 

mannen, welche von einem freien Herren geheiratet worden, für 

„edel und flrei geboren." 

Der römische König Rudolf I. lässt am Tage nach seiner Krönung 
zu Aachen (24. Okt. 1273) „der edeln Frau Adelheid, Tochter weiland 
Ulrichs von Minzenberg (eines Reichsdienstmannen) schreiben, dass er 
auf Bitte ihres Ehegemahls, des edeln Mannes Reinhard von Hanau, wel- 
cher sie^in der nun bezweifelten Meinung, dass sie edel und gleich frei 
wie er geboren sei, geheiratet hatte, den Mangel ihrer Herkunft von 
einem Dienstmannen, sofern ein solcher vorhanden war, mit Einwilli- 
gung der bei seiner Krönung anwesenden Fürsten von ihr genommen und 
und sie und ihre Kinder für edel und freigeboren von beiden Eltern 

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~ 164 — 

erklärt habe." Böhmers regesta imperii Ton 1246 — 1313. Stuttgart 
1844. S. 59. 



Beleg 15 zu S. 18, Note I. S. 30, Note 3. 

Die Tier Hofbeamten, der Marschalk etc. gehSrten schon im 12. 
Jahrhundert dem Ministerialen-Stande an nnd waren die ordent- 
lichen Rathgeber ihrer Herren. 

1183. „Ego Diethelmus Augensis abbas (bestätigt) consensu fra- 
trum meorum et ministerialium communicato consilio^^ die Stiftung 
eines Armen- und Fremdenbospiz auf dem St. Micbaels-Berg bei Ulm 
durch den Dynasten Witegow von Alpeck., ülmer ürkundenbuch 
Nro. 15. . ' 

1191. „Ego Otacher dei gratia dux Stirie — notum facio, qua- 
liter consilio meorum ministerialium scilicet Herrandi dapiferi mei 

de Wildonia marscalci, camerarii — die Marktordnung 

(seines Vaters) für Enn& — renovavi et — firmavi^. Ulmer Ürkunden- 
buch Nro. 18. 

1228. Heinricus dei gratia Romanorum Rex — quod (an die Brü-* 
der des Hospitals der Deutschen in Jerusalem) predium cum attinenti 
iure patronatus ecclesie in Daneheim, Baldahertiis dapifer — vendi- 
dit de consensu et consilio domini sui Friderici ülustris comitis de 
Zolrin, cuius idem Bälddbertus est ministeridlis etc. Ulmer Ürkun- 
denbuch Nro. 34. 



16 zu S. 15, 90. 

AdTOcatns (Vogt), dessen SteUnng nnd Amt betreffend. 

1146. Urkunde des Königs Konrad ÜI. — „ministeridlem nost- 
rum Arnoldum de Rotenburg*^ (an der Tauber). W. U. B. B. II. 
Nro. 323. 

1172. Urkunde des Kaisers Friedrich I. — Zeuge „Ärnoldus 
aduocatus de Rotenburg.^' W. U. B. II. Nro. 393. 

1179. Urkunde desselben Kaisers dat. Worms. Zeugen: Conra- 
dus pincerna. Ärnoldus dapifer de Rotenburg, 

1186. Urkunde des gleichen Kaisers — Dertingen betreffend. 
Zeugen ex liberalibus (sie!) — Ex minister ialibus: Dudo camerarius. 
Diedericus pincerna. Anshelmus aduocatus. W. U. B. II. Nro. 446. 

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_ 165 — . 

♦ 

1191. Stiftungs-Ürkunde des Klosters Bebenhausen von Pfalzgraf 
Rudolf von Tübinge"ii zu Asperg ausgestellte Zeugen; de liberis (s. Be- 
leg 4), de ministerialibus Fridericus dapifer et frater eius Diemo (von 
Dusslingen), Cowxd^^u^ aduocatus de riike. In einer andern 1192 von 
demselben ausgestellten Urkunde werden wieder „de ministerialibus" als 
Zeugen genannt: Conradus^ aduocatus de ruccJie, Albertus dapifer de 
rucche u. a. T. ü. B. Nro. 5. und 6. 

Über diese nach der Burg Ruck benannten tübingiscben Ministe- 
rialen, welche von der Mitte des 13. Jahrhunderts an aber ihre Amts- 
titel meist nicht mehr führen, dagegen dominus heissen, s. Beleg 21. 

1231. Urkunde des Markgrafen Hermann von Baden. Zeugen, 
so ziemlich am Ende: „CJonradus aduocatus de Basenkein (Oberamts- 
stadt Besigheim, damals und noch später im Besitz der Markgrafen von 
Baden), Hartmodus scultetus de Baggenang'^ (Oberamts-Stadt Back- 
nang, wie bei Besigheim). W. U. B. IH. Nro. 783. 

1240. König Konrad IV. beauftragt den Sclmltheissen der Reichs- 
stadt Esslingen und den „aduocatus" von (der Reichsburg) Achalm 
(bei Reutlingen) das Nonnenkloster Weil (bei Esslingen) zu schützen. 
W. U. B. in. Nro. 945. 

1261. Urkunde des Grafen Rudolf von Tübingen - Böblingen. 
Zeuge: QvdAo aduocatus ^^ Bohelingin^ ohne Zweifel ein Ritter von 
Hailfingen. T. ü. B. Nro. ä9. 

1263 ist in einer von Graf Friedrich von Zollern ausgestellten 
Urkunde als Zeuge genannt Fridericus aduocatus de Gomeringen (O.-A. 
Tübingen) M. Z. Nro. 198. In der mehrerwähnten Bebenhauser Stif- 
tungsurkunde von 1191 werden unter den Zeugen aus dem Ministe- 
rialen-Stande aufgeführt Fridericus et Hugo de Gomeringen. Noch 
1349 nennen die Ritter von Gomaringen bei Gelegenheit einer Güter- 
theilung die Grafen von Zollern ihre „Herren". M. Z. Nro. 314. 

1265. Urkunde des Dekans von Vaihingen (Oberamts-Stadt) und 
des Grafen Konrad von da. Zeuge Cunradus aduocatus de Vehingen. 
Mone a. a. 0. I. S. 358 

Urkundliche Belege in Betreff des Vogtamts. 

Urkunde von 1224. „ego Albertus — comes de Calwe — talen- 
tum, quod singulis annis de quibusdam bonis in Walheim (O.-A. Besig- 
heim) recepi, Dominico sepulchro (Kloster Denkendorf, O.-A. Esslin- 
gen) T— donavi — instituens, ut nuUus unquam aduocatus vel scul- 

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— 166 — 

tetus euisäem ville W. aliquid a bonis prefatis Dominici sepulchri 
exigat etc. , 

Der junge römische König Heinrich (VII.) verbietet 1225 mit 
Bezugnahme auf diese Schenkung „we quis prefectus vel aduocatt^ 
in Walhaym — sepedictam donoum aliqua vexet molestia vel exac- 
tione/' W. U, B. III. Nro. 671. 685. 

Urkunde des Bischofs Konrad von Constanz vom Jahr 1222. Darin 
sagt dieser, dass die Herren von Lupfen die aduocatiam über das 
Gut Hoibainesbach von ihm zu Lehen getragen haben. Auf dein 
genannten Gut wurde in dem angegebenen Jahre das Kloster Rotenmün- 
ster bei Rot weil gestiftet. W. U. B. HL Nro. 651. 

Urkunde von 1247. Ritter Berthold gen. Goler von Ravensburg 
(im Kraichgau) hatte a nohili viro domino Lutfrido de Helmodishain 
(Helmsbeim bei Bruchsal, Baden) die aduocatiam im Ober^ertingen zu 
Lehen. Mone a. a. 0. L S. 123. 

Eine Urkunde des Bischofs von Constanz von 1304 sagt: „unser 
vog^ aide (oder) pfleger ze Wurmlingen (O.-A. Tuttlingen)." Mon. 
Zoll. L Nro. 245. ' 

Urkunde von L290. Nos Ludewicus Coraes palatinus de Tuwingen 
— quod aduocatia et iudicium ville in Rexingen (O.-A. Horb) iure 
feodj quod vulgariter dicitur Manlehen a nobis concessi pertine- 
bat ad Dietericum dominufn Bohelj, scuUetum nostrum in Horwe, 
Nos autem profitemur, quod predictam .aduocatiam et iudicium in Rexin- 
gen, ad nos et nostros progenitores iure proprietatis pertinentem — con- 
ferimus prenominato Dieterico et suis heredibus. H. U. B. Nro. 122. 

Wir reihen den vorstehenden Vögten verschiedener Herren die uns 
näher berührenden hohenbergischen Vögte von^ Altensteig und 
Wöllhausen (O.-A. Nagold) an. Wie aus der Theilung hervorgeht, 
welche die Grafen Burkard und Conrad von der Nagold- Wildberg- Alten- 
steiger Linie im Jahr 1355 vorgenommen, gehörten denselben 
Burg, Stadt und Dorf Altensteig, die Dörfer Wöllhausen, 
Ebhausen u. s. w. H. U. B. Nro. 517. Diese Herrschaften waren 
durch wiederholte Heiraten von Grafen von Hohenberg in das Haus der 
Pfalzgrafen von Tübingen im 12. und 13. Jahrhundert an die Hohen- 
berger gekommen. Zwischen 1224 und 1247 gibt Pfalzgraf Rudolf 
von Tübingen ,,fideli sue B. aduocatisse de Ältenstaigen^\ Wittwe 
seines Vogts Marquard von A., auf, der letztwilligen Verfügung 
ihres Gemahls zu Gunsten des Klosters Bebenhausen nachzukommen. 
T. U. B. Nro. 12. 1244 wird in Urkunden der Pfalzgrafen Rudolf 



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_ 167 — 

und Wilhelm von Tübingen nach Crafto de Haluingen als weiterer Zeuge 
genannt: „Wolfrairaus aduocatus de altunstaige." T. U. B. Nro. 8. 18. 
In einer Urkunde von 1245, Nagold betreffend, wird mit Graf Burkard 
von Hohenberg als Zeuge nach dem dapifer und marschalkus de Hohen- 
berg genannt: der ^, Aduocatus de tvellehusinJ' H. ü. B. Nro. 30. 
1268 sind Albertus aduocatus de Wellehusen und sein Sohn Heinrich 
mit anderen Hohenberger* Dienst-(Lehens-)Mannen neben Graf Albert 
von Hohenberg Zeugen einer Urkunde des Ritters Albert von Weren- 
wag, eines Ministerialen des Grafen. H. U. B. Nro. 52. 

1284 ist Hugo aduocatus de Welnhusen mit andern Hohenberger 
Dienst-(Lehens-)Mannen Zeuge in einer Urkunde , welche Graf Albert 
von Hohenberg in eigener Sache in der Reichsstadt Esslingen ausgestellt 
hat. H. U. B. Nro. 96. 

1285 verkauft Hugo, Vogt vonWöUhausen, mit Zustimmung seiner 
Erben, wie auch „mediante et fatcente Illustri domino meo Bur- 
cardo comite de Hohenberk^^ und unter dessen Siegel eigene Güter in 
Rohrdorf (O.-A. Nagold) an das Kloster Reuthin. Die Urkunde nennt 
unter anderen Zeugen H. aduocatus de Welhusen, Alberus et Dyetheri- 
cus filij fratris sui. H. U. B. Nro. 106. 

1297 übergeben Hug der Vogt von Welnhusen, seine Wirtin 
(Gemahlin) und Söhne mit ihres Herrn, des Grafen Burkard von Hohen- 
berg, Hand ihr eigen Gut Monhart (Filial von Walddorf O.-A. Nagold) 
an das Kloster Reuthin. H. U. B. Nro. 162. . 



Beleg 17 zu S. 15, 18, 31, 41, 83. 

^ie g^räflich-Calwischen Truchsesse (Stadelaere und WaldvSgte) 
von Waldeck und die freien Herren von Waldeck. — Die Maier 

von Wassneck. 

Im württembergischen O.-A. Calw liegt der zum Pfarrdorf Stamm- 
heim gehörige Hof „Dickehof". Dabei stand im Mittelalter eine Burg 
Waldeck. Auf derselben sass ein Rittergeschlecht, welches vom 12. 
bis 15. Jahrhundert in Urkunden vorkommt, zu den Ministerialen der 
Grafen von Calw und später von Tübingen gehörte und noch im 15. 
Jahrhundert, nachdem die Grafen von Calw längst ausgestorben und die 
vormals unfreien Dienstmannen edle Herren geworden waren, seine ehe- 
maligen Amtstitel: Truchsesse (von Waldeck, Altburg, O.-A. Calw, 
von Heimertingen, O.-A. Leonberg), Stadelherren (ursprünglich Sta- 



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— 168 — . 

delaei-e, d. h. Aufseher über den Stadel, ui*sprüDglich die Scheuer, hier 
wohl herrschaftlicher Hof), und Waldvögte geführt hat. Auf den vor- 
maligen „Stadelaere^* weist auch das Siegel dieser Herren von Waldeck 
hin: sie führten, wie Mone a. a. 0. und wir an Original-Urkunden ge- 
sehen, im 14. Jahrhundert in demselben zwei gekreuzte Heurechen, 
später zum "fheil mit drei Beutelständern auf dem, Helm. Crusius hat in 
der Kirche zu Calw auf einer Todtentafel eines Waldeckers vom Jahr 
1388 den Wappenschild mit den zwei Rechen kreuz weiss im gelben 
Felde gesehen. Und heute noch ist an der Entringer Kirche ein Grab- 
stein mit den zwei gekreuzten Rechen im Schilde deutlich zu sehen. Aus 
dem Stadel- Aufseher wurde später der ,, Stadelherr". Dieses Ritter-Ge- 
schlecht erinnert lebhaft -an die Worte des Renner ^): „swie doch ir adel 
mere gesippe sl dem stadel danne ez dem rittersatel sl". Eine Illustra- 
tion zu dem „Stadelaere" von Waldeck mit seinen zwei Heurechen im 
Wappen bildet in G. Freitags Ahnen H, S. 35 — ein Werk, dem, wie 
man leicht sieht, die gründlichsten Quellenstudien zu Grunde liegen — 
der Dienstmann Hugbald des Klosters Herolfj^feld, welcher im Schup- 
penhemd und in jder Blechkappe neben seinem Rosse stand, während die 
Knechte im Klosterhofe die Heuwagen abluden, und der darauf die Reihe 
der entladenen Wagen zu Rosse auf die grosse Waldwiese hinaus escortirte. 
Demselben kam somit bei der Heuernte das Amt des Aufsehers und Be- 
schützers zu und er war dafür verantwortlich, dass das Kloster nicht etwa 
durch feindselige Nachbarn Knechte oder Gespann verlor. — Das Ritter- 
Geschlecht der Waldecker hatte im 14. und 15. Jahrhundert auch 
mehrere Burgen und ausgebreitete Besitzungen, welche sämmtlich im 
Gebiet der ehemaligen Grafen von Calw, ihrer vormaligen Herren, ge- 
legen, somit neben Eigen ursprünglich Beneficien und Lehen gewesen 
sind. — Von dem Dienstmannengeschlecht der Waldecker, welche meist 
die Namen Ortwin und Konrad führten, ist zu unterscheiden das d e r fr eie n 
Herren vonWaldeck, deren ehedem feste, ansehnliche Burg nicht 
weit von dem Dickehof in Ruinen liegt. Diese führten ein Malte- 
serkreuz in ihrem Siegel, standen in verwandtscbaftlichen Be- 
ziehungen zu dem Grafenhause Hohenberg und hiessen meist Albert und 
Volmar. Vrgl. unsere Geschichte der Grafen von Hohenberg S. 585 ff.; 
Geschiebte der Pfalzgrafen von Tübingen im Register; Mone, Zeitschrift 
VI. S. 191. Vin. S. 449. XV. S. 221; Cod. Hirsaug. S. 73. 



1) Ein Gedicht aus dein 13. Jahrhundert, verfasst durch Hugo von Trim- 
berg, herausgegeben von dem bistor. Verein zu Bamberg, 1833. — 1507. 



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— 169 — 

So schwang sich auch ein zu der ehedem herzoglich Teckischen, spä- 
ter hohenbergischen Burg Wassneck (über dem Neckar zwischen der Stadt 
Ohemdorf und Altoberndorf) gehöriges Maier-(Yillicus)Geschlecht, die 
„Maiger von W"., iml4. Jahrh.indieReihen des niederen Adels auf, und 
kommt neben den von Weitingen, Hailfingen, Lustnau, den Leschern von 
Kilchberg u. a. als ihren Standesgenossen vor. H. U. B. Nro. 606. 
672. 



Beleg 18 zu S. 16. 

lieber die Kriegsdienst-Pflicht der Ministerialen. 

„All ampltitt (Ministerialen) und man (Yasallen) sint verbunden 
mit dem Bischoff ze veld ze ligen, wenn er sy manet in der Kirchen sach, 
und sollen die Obersten Amplütt (die vier Hof beamten vornehmer Geburt) 
vierzehn Tag in irem costen dor ze dienen. Die Mittlen Ampltitt und 
dienstman acht Tag, wolte sy der Bischoff lenger haben, so ist er sy 
schuldig ze costen, tut er das nit so mögen sy mit eren wohl abziehen". 
Basler Bischofs- und Dienstmannen-Recht a. ä. 0. S. 25. 



Beleg 19 zu S. 16, 24, 37, 91, Note I. 

Die Bedeutung von „miles'^ ohne einen weiteren Beisatz, der 
zur Annahme einer freien Gebart berechtigt, ist meist gleich der 
Yon „ministerialis". — Der Ritter als Genosse von Grafen und 

freien Herren. 

Das Schenkungsbuch des Klosters Reichenbach im württembergi- 
scheu Schwarzwalde (abgedruckt im wirt. ürkundenbuch Band II) hat 
S. 402 zum Ende des 11. Jahrhunderts aufgezeichnet: „Cono, miles 
comitis Hugonis de Tovvingen*'. In Beleg 1 1 bezeichnet der „miles 
Augiensis ecclesie" offenbar den Dienstmann, von welchem in der be- 
treffenden Urkunde die Rede ist, und in Beleg 5 zum Jahr 1266 wer- 
den miles und rainisterialis einander geradezu gleichgesetzt, wie auch 
eine urkundliche Notiz zum Jahr 1285 sagt, dass der Bischof von Basel 
einen heruntergekommenen Grafen von Phirt „zu eime ritter und gesellen" 
angenommen. Basler Bischofs- und Dienstmannenrecht a. a. 0. S. 11. Und 
wenn in einer Urkunde des Grafen Albert von Hohenberg zu 1274 der 
Notar desselben eine Reihe von Zeugen, welche entschieden dem Ministe- 
rialen-Stande angehört haben, alle als milites z. B. „de Hayterbach" 

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— 170 — 

aufführt, so heisst hier miles offenbar Dienstmann. H. l>. B. Nro. 70. 
Wenn ferner eine Urkunde des 12. Jahrhunderts (s. Beleg 28) die Zeu- 
gen schliesslich summarisch also aufführt: „tarn ingenui homines, quam 
gnari milites^', so bezeichnet letzterer Ausdruck offenbar die unfreien 
Dienstraanneu. Und wenn endlich Richentals Chronik von Constanz (15. 
Jahrhundert) bei Gelegenheit der Belehnung des Burggrafen Friedrich 
von Nürnberg mit der Markgrafschaft iferandenburg (1417) berichtet, 
dass im Gefolge desselben Grafen, Frye, Ritter und Knechte gewesen, 
so hat man bei den Rittern an Herren zu denken, die dem niederen Adel, 
dem vormaligen Dienstmannenstande angehörten. So bekam miles meist 
die Bedeutung von ministerialis, daher Freie ihrem Titel „miles*' manch- 
mal noch „nobilis" beisetzten, wie Albert von Hohenlohe in einer 
Urkunde von 1207. W. U. B. IL S. 365. — Übrigens machte der Be- 
sitz der Ritterwürde den Dienstmann zum Genossen der Fürsten, Gra- 
fen und Freien überhaupt. So werden in einer Urkunde des Markgrafen 
Hermann von Baden von 1280 als Zeugen aufgeführt: ,^comes Heinri- 
cus de Furstenberg, comes Gotfridus de Tuwingen, Albertus Hache de 
Hohineche, Swigerus de Blankenstain (letztere zwei — liberi), Reinhar- 
dus de Kalwe (Dienstmann des Grafen von Tübingen), milites**. Mone 
a. a. 0. HI. 349. 

Beleg 20 zu S. 19. 

Die Dienstmannen im Familienrath ihrer Herren. Vrgl. auch Bei. 15. 

Um 1189. Verhandlung des Pfalzgrafen, Rudolf von Tübingen mit 
seinem Bruder Graf Hugo von Bregenz in Betreff der Stiftung des Klo- 
sters Bebenhausen. „Et ea quae de conftnunj hereditate nostra coUata 
fuerant illi Mo. frater noster in presencia matris nostre ac consanguine- 
orum nostrum, fidelium nee non ministerialium nostrorum, tradidit. — 
Hec autem facta sunt in presencia et omnium mini- 
sterialium de Tivingen, Et postea comes Burchardus (de Hohenberg) 
plus quam centum militibus ante capellam Twin gen hanc actionem pro- 
mulgauit". T. U. B. Nro. 4. 



Beleg 21 zu S. 23, 36, 41, 78. 

Dienstmannen, welche nach den Stamm- nnd anderen Bargen 
ihrer Herren genannt werden. 

Urkunde des Kaisers Friedrich I., des Rothbarts, von dera^ Hause 
der Staufer, zum Jahr 1181. Zeugen ganz am Schlüsse nach Grafen und 



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— 171 — 

Freien: „FolkeDandus et Fridericus de Stovffe}'' W. U. B. III. 
Nro. 427. 

In einer zweiten Urkunde von dem gleichen Jahr, gegeben „in castro 
Stovfen", bezeichnet Kaiser Friedrich I. denselben Folknand von Staufen, 
den Stifter des Klosters Adelberg, als seinen „ministerialem". W. ü. B. 
n. Nro. 428. 

In einer Urkunde des Herzogs Friedrich (V.) von Schwaben vom 
Jahr 1189 werden nach den „liberi homines" unter den Ministerialen 
als Zeugen genannt: „Cunradus, Gerungus, Bernol4«ts omnes castellani 
in Stouplien.'' W. U. B. II. Nro. 459. 

In Urkunden der Kaiser Heinrich VI. und Friedrieb H. von den 
Jahren 1193 und 1215 werden unter den Zeugen ohne nähere Bezeich- 
nung genannt: „Cunradus etBertoldus Aq Stouphen.^^ W. U. B. II. Nro. 
481 und m. Nro. 572. 

In einer dem Kloster Lorch ausgestellten Schenkungsurkunde von 
1235 werden wieder ohne nähere Bezeichnung als Zeugen genannt: 
„Egeno miles de Stauffen, Fridericus de Stauffen^', letzterer nach den 
Rittern. W. U. B. HI. Nro. 859. ' 

Zeuge einer Urkunde des Abts von Blaubeuren gegeben zwischen 
1175 und 1178 Heinricus miles de Bugge. W. U. B. H. Nro. 405. 
Auf der Burg Ruck über dem Kesselthale der Blau sass am Schlüsse des 
11. Jahrhunderts eine Linie der Grafen und nachmaligen Pfalzgrafen von 
Tübingen. Die Grafen Sigibot und Siegfried von Ruck hatten den Haupt- 
antheil an der Stiftung des Klosters Blaubeuren. Zu den Burgen Ruck 
und Hoch-Gerhausen (ganz in der Nähe von R.) gehörte ein sehr an- 
sehnlicher Complex von Besitzungen, welcher erst am Schlüsse des 13. 
Jahrhunderts von dem Hause Tübingen an die Grafen von Helfensteiu 
übergegangen. — Im Jahr 1181 stellte Pfalzgraf Hugo von Tübingen 
in „Rucke" eine Urkunde aus. T. U: B. Nro. 3. 

Die Stiftungsurkunde des Klosters Bebenhausen vom Jahr 1191, 
gegeben zu Asperg von Pfalzgraf Rudolf I. von Tübingen, führt uater 
den Zeugen aus dem Ministerialen-Stande auf: Conradus aduocatus de 
Ruke und eine andere von demselben Aussteller aus dem Jahr 1192 
nennt wiederum unter den Ministerialen als Zeugen : Cunuadus aduocatus 
de rucche und albertus dapifer de rucche (s. Beleg 16). T. U. B. Nro. 
5. 6. W. U. B. 

In Urkunden der Tübinger Pfalzgrafen Rudolf II. und Wilhelm vom 
Jahi' 1244 werden ohne nähere Bezeichnung als Zeugen genannt: Welzo 
und Albertus de Eucke. T. U. B. Nro. 8. 18. 



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— 172 — 

In einer Urkunde des Abts Hermann von Blaubeuren vom Jahr 
1260 wird als Zeuge genannt: dominus heinricus weUo de rugge, 
miles. T. ü. B. Nro. 22. Yrgl. S. 165. Note 4. 

In Urkunden des Pfalzgrafen Rudolf von Tübingen vom Jahr 1267 
werden u. a. als Zeugen genannt: Anselm von Bugge, H. genannt Welze 
von Bugge. Geschichte der Pfalzgrafen von Tübingen S. 178 f. 

Erste Hälfte des 12. Jahrhunderts. Sweneger de Wirtenberg 
cum consensu domini sui Conrad! (de Wirtenberg) predium ad Höfen 
(bei Cannstatt) dedit. Cod. Hirsaug. S. 60. 

In einer Urkunde des Grafen Egeno von Urach vom Jahr 1227 
wird «nter den ministerialibus als Zeuge genannt; Rudolphus de Urach, 
nach ihm Eberhardus mareschallus. W. U. B. IL Nro. 724. 

1268 stellt Burkardus dictus Wssar miles doHohenberg unter dem 
Siegel des Grafen Albert von Hohenberg eine Urkunde aus. H. U. B. Nro. 53. 

In einer Urkunde des Eberhard „dominus de Eberstein^*' vom Jahr 
1207 werden als Zeugen genannt: Albertus de Bastede und Bertholdus 
pincerna. Eberhard von E. nennt aber in demselben jabr Rastete „nostra 
Villa". Mone, Zeitschrift für die Geschichte des Oberrheins I. S. 112. 114. 

1255 kommen urkundlich vor Cuno, Bertholdus et Crafto milites 
de Owensheim (Unter-Öwisheim, O.-A. Bruchsal in Baden). 1260 ur- 
kundet aber GrafOtto von Eberstein „in Castro suo Owensheim^^. Mone, 
a. a. 0. I. S. 248. 

Urkunde des „Dominus" (Freien) Ulrich von Gundelfingen und 
seines gleichnamigen Sohnes vom Jahr 1220. Zeugen; Friedrich und 
Volcwin von Gundelffngen, Ministerialen des Freien Ulrich von G. 
W. U. B. HL Nro. 632. 

1223 macht Eberhard von Höhenlohe mit Zustimmung seines 
Herrn Gotfried von Hohenlohe eine Schenkung. W. U. B. IIL Nro. 670. 



Beleg 22 zu S. 24, 41, 83. 

Dienstmannen fährten auch, nachdem ihr Herrengeschlecht aas- 
gestorben, noch den Familien-Namen desselben. 

Ein frappantes Beispiel hiefür liefert unter* anderem ein dem Dienst- 
mannenstande angehöriges Geschlecht, welches wir vom 12. bis 14. 
Jahrhundert herab in Urkunden verfolgt haben, meist den Vornamen 
Beinhard (Reginhard) geführt und nach der Burg Calw im wüi-ttemberj^i- 
schen Schwarzwalde benannt worden ist — dem Stammsitze der uralten, 



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— 173 — 

mächtigen Grafen von Calw, welche das berühmte Benedictiner-Kloster 
Hirsau gestiftet haben, in der zweiten Hälfte des 13. Jahrh. im Manns- 
stamme aber ausgestorben und u. a. von den Grafen von Tübingen beerbt 
worden sind. Diese Reinhardö waren ursprünglich Hofministerialen der 
Grafen von Calw und zwar, wie aus deren späterem Siiegel hervorgeht, 
(s. unten zu 1303 und 1339) Kämmerer derselben. Sie erscheinen 
im 14. Jahrhundert ziemlich begütert und hatten inzwischen auch^an an- 
deren Orten, z. B. in Pfäffingen (zwischen Rotenburg und Herrenberg) 
ihren Sitz aufgeschlagen. Der Name, welcher von dem Stammsitze ihres 
Herrenhauses entlehnt war, wurde ihr Familien-Name; an ihr ehemaliges 
gräfliches Hofamt erinnerte aber noch ihr Siegel. Reginhart de Calwa 
dedit (an das Kloster Hirsau) hubam unam ad Forst. Cod. Hirsaug. a. a. 
0. S. p5. 12.* Jahrhundert. — Zeuge mit Graf Adelbert von Calw, dem 
Schirm vogt von Hirsau, ebenda Reinhardus de Calwa. Cod. Hirsaug, a. 
a. 0. S. 73. — Eine Urkunde des Abts von Hirsau von 1167 führt mit 
den Grafen Adelbert und Konrad von Calw so ziemlich am Ende der 
Zeugen auf: Reginhard de Calevva. W. U. B. II. Nro. 388. Ein Ren- 
hard von Calwe mit dem Prädikat Ritter wird an verschiedenen Orten 
als Zeuge genannt bei Pfalzgraf Gojfried von Tübingen, dessen Mutter 
eben eine der Erbtöchter des Calwer Grafenhauses gewesen, z. B. in den 
Jahren 1280, 1291, 1293. T. U. B. Nro. 88, 90, 92. Dieser Rein- 
hard wurde ohne Zweifel durch den Anfall von halb Burg und Stadt 
Calw mit anderem an das Tübinger Grafenhaus Ministerial des letzteren. 
1303 verkaufte Konrad von Calwe mit Zustimmung Ortwins von Wald- 
eck, des Oheims seiner minderjährigen Kinder, seinen Laienzehnten im 
Bann der Kirche ' von Reusten oder Oberkirch (O.-A. Herrenberg), 
welcher das Heiratsgut seiner Frau gewesen, an das Kloster Bebenhau- 
sen. Mone a. a. 0. XV. S. ,220. In dem Siegel des K. v. C. zeigen 
sich zwei von einander abgekehrte, vierzahnige Schlüssel. 1339 urkundet 
Reinhart von Calwe, von Pfäffingen (O.-A. Herrenberg) genannt, dass er 
Leibeigene in Nebringen (ebenda) an den Grafen Rudolf von Tübingen 
verkauft habe. Orig. im Staatsarchiv zu Stuttgart. Das Siegel ist ganz 
dasselbe wie an Urkunde von 1303. 



Beleg 23 zu S. 24. 

Wer der wahre Dienst-(Gefolgs-)HerreinesMiiiist6rialen gewesen? 

1274. Dat. Zolre. Nouerint — quod nos Johannes et Heinricus 
fratres de Witingen (Weitingen, O.-A. Horb) — profitemur; nos omnia 

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— 174 — 

bona nostra in marchia Terdingen (O.-A. Maulbronn) sita, -- — sicut 
ad nos et nostros progenitores pertinueruut ab antiquo — contulisse — 
Abbatti et Conventui monachorüm in Alba (Herrenalb, O.-A. Neuenbürg) 
— vna cum manu Lutfridi nohilis de Helmoteshein (Helmsbeim 
bei Bruchsal in Baden), a,quo ipsa bona in feodo tenebamiis — - — . 
Jn cuius rei rohur et euidenciam, quod proprio caremus, sigillo 
domini nostri Friderici comitis de Zolre presentem liUerampre- 
libatis monachis tradimus communitam. Insuper nos F, comes 
senior de Zolre donacionem premissorum a Heinrico et Johanne 
fratribus de Witingen nostris fidelibus factam, gratam et ratam 
habentes, iurisdicionis nostre manumissione, quam ex vetere do- 
minio, quo super ipsos fungimur nomine debite fidelitatis, apud 
dictum monasterium vero proprietatis titulo volumus in perpetuurti resi- 
dere, quemadmodum iidem per manus libertatis nostre fieri petiuerunt 
etc. etc. Dat. Zolre. Mon. Zoll. I. Nro. 212. 



Beleg 24 zu S. 26. 

Wie ein Vasall seiner Lehens-Dienstpflicht ledig geworden. 

„Vnde wil ein man (Vasall) sin leben sinem herren vfgeben. vnde 
en wil sin nvt me von im han. er mag ez mit rebte nvt geweigern, er 
mvz ez von im vf nemen. vnd wil der herre dez nvt tvn. so sol der man 
also sprechen. Herre ich bvte ivch so getan leben vf alse ich von iv han. 
vnd bvte iv daz eiiiest. andrest. drlstvnt (zum dritten Mal.) vnde sol 
daz tvn mit gevaltenenen henden. vnd niemet ez der herre nvt 
vf der man ist doch siner manschaft lidig gelan.^' Des Scbwabenspie- 
gels Lehenrecht. C.^ S. 172. Herausg. vcfn Dr. Fr. L. A. Frhr. v. 
Lassberg. 



25 zu S. 27. 

Unterschied zwischen dem Lehen eines Dienstmannen nnd dem 

eines Vasallen. 

Urkunde von 1245, ausgestellt von Graf Burkard von Hohenberg, 

worin er seine Zustimmung dazu gegeben, als Ritter Gero von Lichtenstein 

(K. Pr. O.-A. Hechingen), sein Dienstmann, den halben Zehnten in Duss- 

lingen, Welchen er von dem Grafen zu Lehen gehabt, an das Kloster Be- 

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_ 175 — 

benhausen verkauft hat, jedoch nur unter der Bedingung, dass ihm der 
Verkäufer einen eigenen Hof zu Feldhausen zu Lehen verschrieben, „ne 
prefatus G, ab homdgii vinculo, quo nobis racione sepedicte de- 
Cime hactenus tenebatur astridus, Über manereP^. S. Beleg 29. 



26 zu S. 73, 84. 

Die Grafen von Hohenberg (Rotenbarg und Haigerloch) vom 
Stamme der Grafen von Zollern tragen von dem Bisthnm Bamberg 
beziehungsweise dem demselben in alten Zeiten incorporirt gewe« 
senen Kloster Stein am Rhein ansehnliche Besitzungen in den 
heutigen K. W. Überämtern Rotenburg, Horb, Nagold und Freu- 
denstadt, insbesondere die ersteren zwei Städte mit ZngehSr zu 

Lehen. 

a) Allgemeiner urkundlicher Nachweis : Urkunde des Grafen Bur- 
kard von Hohenberg vom 19. Juli 1249 dat. Rotenburg. „Vener abüj 
domi/no suo. Dej gratia Babenbergensi episcopo Burchardus ea- 
dem gratia comes de Hohemberch fidelis suus — Scire uestrara do- 
minationem — cupimus quod UiUeboldus nobilis uir de Isenburch 

— omnia bona que aput uillam Schermen (Schermbach O^A. Freuden- 
stadt) aut in circumiacentibas uicinis in nigra silua uillis seu oppi- 
dis ullo titulo habet — monasterio de Richembach — legitime donauit. 

Cui donationi seu conqessioni nos assensura nostrum super hoc eo 

requisitum quod dictus nobilis aliqua ex bonis predictis a nobis 
feudum obtinet, fauore religionis dicti monasterii — duxiraus adhi- 
bendum. Verum quia aliquantulum de bonis ipsis ad egregie matris 
ecclesie Babenbergensis proprietatem spectare dinoscitur, a qu^ 
nos eadem bona cum multis aliis habere iure feudj recognoscimus^ 
uestram — rogamus dominationera quatinus etuos dictis donationibus 
benignum impertientes assensum, ins proprietatis sepedictorura prediorum 

— dicto monasterio concedatis. Datum Eotemburch a. D. M®CC®XL<>IX<> 
XIIII. Kai. Augusti. H. ü. B. Nro. 33. 

b) Die Stadt Rotenburg am Neckar im alten Sülichgau 
mit Zugehör (die B.urg unmittelbar bei der Stadt und 
die bei dem benachbarten Orte Weiler ob Niedernau), 
Ow (das „Stättlin") und mehrere umliegende Dörfer tru- 
gen die Grafen von Hohenberg (Rotenburg) von dem Bis- 
thum Bamberg zu Lehen. 

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— 176 — 

1007r*NoY. 1> Kaiser Heinrich II. urkundet zu Frankfurt am 

Main »jQuia nos nostrae queudam proprietatis locum, Kirihheim 

dictus, in pago SuUchgouue et in comitatu Hessini comitis situm" 
mit allem Zugehör dem von ihm gestifteten Bisthum Bamberg geschenkt 
habe. W. U. B. I. Nro. 208. In den Besitz des Ortes Kirchheim 
bei Tübingen, jetzt Kirchentellinsfurt genannt, tlieilten sich später die 
Grafen von Tübingen und von Hohenberg. — Der Sülichgau erstreckte 
sich über die Neckargegenden um Rotenburg und Tübingen. 

1057. April 5. Worms. König Heinrich IV. schenkt auf Verwen- 
dung seiner Mutter Agnes „quoddam predium, Svlicha nominatum, in 
pago Svlichgovve, \n comitatu Hessonis comitis situm" mit aller Zugehör 
an das Bisthum Speier. W. ü. B. I. Nro. 230. Das abgegangene Sulichen, 
ehedem der Hauptort des darnach benannten Gau's, zum Theil ander Stelle 
der heutigen Oberamtsstadt Rotenburg am Neckar, die noch im 14. Jahrb. 
dahin eiugepfarrt war, kommt vom Ende des 12. Jahrhunderts an im 
Besitz der Grafetf von Hohenberg vor. — Die Grafen von Zollern waren 
die Amts- und Besitznachfolger dei* Grafen Hesso (1007. 1057) vom 
Sülichgau. — Sulichen mit Zugehör muss indess bald, £twa durch Tausch, 
von Speier an das Bisthum Bamberg gekommen sein. 

30. Okt. 1381. Brugg im Ergau. Graf Rudolf von Hohenberg 
macht dem Bischof Lambrecht von Bamberg die Mittheilung, dass er die 
Lehen, welche er von dessen Gotteshaus gehabt, an Herzog Leopold von 
Ostreich verkauft habe, gibt dieselben dem Bischof auf und bittet ihn, 
mit solchen den genannten Herzog zu belehnen. H. U. B. Nro. 674. 

20. Juli 1384.^eidelberg. Bischof Lamprecht von Bamberg be- 
lehnt auf Bitte des Grafen Rudolf von Hohenberg v^jn 25. Mai desselben 
Jahres den Herzog Leopold von Ostreich, welcher von ersteremtlie Graf- 
schaft Hohenberg gekauft, mit allen Lehen, welche der Graf von dem 
Bisthum Bamberg getragen, namentlich den Städten Rotenburg und 
Horb „mit aller tnd ganzer zugehörung". H. U. B. Nro. 
701. 

c) Stadt und Burg Nagold, Hauptort und alte Dingstätte 
des ehemaligen gleichnamigen Gau's, mit Zugehör, gleich- 
falls eine Schenkung des Kaisers Heinrich IL an das Bis- 
thum Bamberg, beziehungsweise das diesem eben von dem- 
selben incorporirte Kloster Stein am Rhein laut Urkunden vom 
1. Nov. 1007. Frankfurt. W. U. B. Nro. 207. und Mon. boica XXVIIL 
Nro. 224 erscheint in der ersten Hälfte des 13. Jahrhunderts im Be- 

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— 177 — 

sitz des Grafenhauses Hohenberg und war ohne Zweifel wenigstens theil' 
weise auch Lehen des genannten Bisthums bez. Klosters. 

1228 kommen der Zehente von Rexingen (O.-A. Horb) und 1407 
die Mühle zu Iselshausen (ganz nahe bei Nagold) als Lehen des Klosters 
Stein am Rhein vor. Unsere Geschichte der Grafen von Hohenberg S. 375. 
Note 7 und H. U. B. Nro. 830. 

11. Juli 1385 incorporirte Bischof Nikolaus von Constanz dem 
Kloster Stein am Rhein, welchem das Patronat der Kirche von 
Nagold gehörte, eben diese. H. U. B. Nro. 730. Eine Urkunde von 
1463 (H. U. B. Nro. 869) sagt: „Die Kirchen zu Nagelt rurt von dem 
Gotzhuss zu Stein zu Lehen". 1543 verkaufte die Stadt Zürich als 
SchirmheiT und Kastvogt des Klosters Stein am Rhein um 2206 fl. an 
Herzog Ulrich von Wirtenberg, dessen Ahnen schon 1363 die Stadt 
und Herrschaft Nagold „als aygen und lehen" von den Grafen von 
Hohenberg gekauft hatten (s. bei 1316), fünf Achtel von dem grossen 
Zehenten zu Nagold, Emmingen, Mindersbach, Iselshausen und Unter- 
Schwandorf (sämmtlich im Oberamt Nagold), den Zins aus der Zehent- 
scheuer und Widemwiese zu Nagold, dieHälfte am Heuzehnten, das Patro- 
nat der Kirche und dreier Kaplaneien zu Nagold samml der zu Rotfelden 
(O.-A. Nagold), „wie das alles von alter her gedachtem Closter 
Stayn zugehörig gewesen''., H. U. B. Nro. 888. 

Nach dem „instrumentum darin begriffen der Pfarr Nagelt jarlich 
Inkommen** von 1509 bezog der Pfarrer zu N. u. a. an Geld „von sei- 
nem Herrn von Stain'' jährlich 12 Pfund Heller. Geschichte der Gra- 
fen von Hohenberg S. 554. Note 6. -s- Wenn nun auch nach Giesebrecht 
(Geschichte der deutschen Kaiserzeit IL 580) die oben erwähnte Ur- 
kunde von 1005 unterschöbe» sein soll, so steht nach den von uns gege- 
benen urkundlichen Notizen doch die Thatsache fest, dass das Kloster 
Stein am Rhein von alten Zeiten her Hauptbesitzer von Nagold und Um- 
gegend gewesen. 

1237 trifft man den Schenken von Wildberg (Burg und Stadt bei 
Nagold) im Gefolge des Grafen Burkard von Hohenberg und 1245 ur- 
kundet dieser in Sachen eines Ritters Heinrich von Nagold. H. U. B. 
Nro. 29. 30. 

1258 führt Graf Albert von Hohenberg Nagold (Burg und Stadt) 
als zu seinem „territorio" gehörig auf, und 1270 nennt sich dessen Bru- 
der Burkard „comes de Nagelte". H. U. B. Nro. 39. 58. 

1363 verkaufte Graf Otto von Hohenberg an die Grafen von Wir- 

1 2 
Sehmid, Hartmann von Aue. *^ 

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— 178 — 

tembergBurg und Stadt Nagold — — die Dörfer Iselshausen, 
Bösingen u. a. — „aigen vnd leben". H. U. B. Nro. 568. 

Dieyon uns zu 1245, 1381, 1384, 1543 gegebenen Urkunden sind 
ein neuer Beitrag zur Geschiebte der Scbenkungen Heinriebs U. an das 
von ibm gestiftete Bistbum Bamberg, beziehungsweise an das Kloster Stein. 



Beleg 27 zu 8. 24, 27, 84. 

Ein sprechendes, der schwäbischen Geschichte des 13. Jahrb. entnom- 
menes Beispiel sowohl davon, dass Ritter sich häufig nach 
Orten und Burgen geschrieben, welche Eigenthum eines 
gräflichen oder freien Geschlechts gewesen, das einen 
andern Familien-Namen geftlhrt, als auch davon, dass 
solche, obgleich entschiedene Bienstmannen, die Prädi- 
kate ., dominum** und „nobilis" erhielten oder ftlhrten, ist 
das Geschlecht der Ritter und Herren von Haiterbach, Städtchen und 
ehemalige Burg im württ. Schwarzwalde. 

Graf Albert von Hohenberg (Haigerloch), der Minnesänger, sagt in 
Urkunde von 1275 dat. Reutlingen; „duas hubas sitas apud Haiter- 
bach cuius dominium ßt proprietas ad nos et fratres nostros caris- 
simos B, et VI. spectabat,'' H. U. B. Nro. 71. 

1228. Urkunde des Grafen Egeno von Urach für das Kloster Be- 
benhausen, testes de liberis d« ministerialibus — — Volma- 

rus de Haitirbach. W. U. B. HI. Nro. 751. — Mone a. a. 0. IH. 
S. 111. 

1263. Die Grafen Rudolf von Tübingen, Heinrich von Fürstenberg 
und Albert von Hohenberg Urkunden, dass ^^dilecti nobis Bertoldus mi- 
les et Albertus frater eiusdem dicti de Haiterbach^ -ministeriales nostri 
de consensu et uoluntate nostra predium suura in Rivthi (O.-A. Herren- 
berg) an das Kloster Kirchberg (O.-A. Sulz) verkauft haben. Ganz am 
Ende der Zeugen Volmar de Heiterbach, H. U. B. Nro. 43. 

1270. Rudolfus miles de Haiterbach urkundet, dass er zugleich 
im Namen seiner Söhne und seines Ehegemals eigene Güter und Einkünfte 
von solchen unter dem Siegel seines Herrn, des Grafen Burkard von 
Hohenberg, und dessen ausdrücklicher Zustimmung an das Kloster Knie- 
bis (O.-A. Freudeustadt) verkauft und „omne jus et dominium" auf die 
Güter an dasselbe gegeben habe. Testibus : — domino volmaro milite de 
Haiterbach et Dietrico nobili de Haiterbach^ domino Conrado milite 
de Swaindorf (O.-A. Nagold). H. U. B. Nro. 58. 



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— 179 — 

1274. Rudolfus miles de Haiturbach urkundet, dass er seinen Hof 
(curiam) in Scbwandorf sammt einer Gilt von demselben mit ausdrück- 
lieber besonderer Zustimmung und unter dem Siegel des Grafen Bur- 
kard von Hohenberg an das Kloster Kniebis verkauft und als „pure lib'e- 
ram et absolutam ab omni census [hjonore** an dasselbe gegeben habe. 
Testibus — domino Volmaro milite de Haiterbach, domino Dietherico 
milite de Haiterbach, Conrado de Swandorf. H. U. B. Nro. 68. 

1274. In zwei Urkunden, welche Graf Albert von Hohenberg in 
Sachen anderer seiner Dienstleute ausgestellt hat, werden unter den Zeu- 
gen genannt: Ulrich und Friedrich, Schenken von Nagold, Volmar, Ber- 
told, Rudolf und Dietrich, Ritter von Haiterbach und zwar ohne die Titel 
dominus und nobilis. H. U. B. Nro. 69. 70. 

1277 urkundet Dietrich Ritter von Haiterbach, dass er mit voller 
Zustimmung seines Herrn, des erlauchten Grafen Burkard von Hohen- 
berg, einen Leibeigenen sammt Familie an das Johanniterhaus in Rexin- 
gen (O.-A. Horb) verkauft habe. Testes: dominus Volmarus de Hater- 
back H. U. B. Nro. 73. 

So auch in einer andern Urkunde des Johanniterhauses zu Rexin- 
gen vom Jahr 1285. '„Herr Vollmar von Haiterbach". H. U.B. Nro. 102. 

Dagegen in Urkunden des Pfalzgrafen Ludwig von Tübingen und 
des Grafen Burkard von Hohenberg von 1288 wieder einfach: Dietrich 
und Volmar, Ritter von Haiterbach. H. U. B. Nro. 117. 118. 

1292 urkundet Dietrich, Ritter von Haiterbach, dass er mit Zu- 
stimmung seiner Erben ein eigen Gut an das Kloster Kniebis verkauft 
habe, und Graf Burkard von Hohenberg erklärt noch besonders, dass er 
zu dieser Veräusscrung seines „ministerialis^' seine Einwilligung gege- 
ben habe. H. U. B. Nro. 133. 

1293 urkundet Graf Burkard von Hohenberg, dass Rittor Berthold 
von Haiterbach, sein „minister ialis", dessen Sohn Volmar und des letz- 
teren Ehegemahl mit seiner Hand und Einwilligung eigene Güter ver- 
kauft haben. Testes: Volmarus de Horenberg (O.-A. Calw), Diethericus 
de Haiterbach nobiles, H. U. B. Nro. 139. 

In einer von Graf Burkard von Hohenberg 1298 ausgestellten Ur- 
kunde werden als Zeugen genannt: „Her Volmar von Haiterbach, sin 
Bruder Her Berhtolt und Peter der scriber. H. ü. B. Nro*'. 170. 



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— 180 — 

Beleg 28 zu S. 82. 

Freie Herren von Owe des 12. Jahrhunderts. 

Eine Verhandlung des Grafen Friederich von Zollern 
zu den Zeiten des römischen Königs Lothar, welche also jedenfalls zwi- 
schen 1125 und 1133 zu setzen, in Sachen und zu Gunsten des Klo« 
sters Alpirsbach, dessen Schirmvogt genannter Graf gewesen, gieng 
dort vor sich ,^in presentia^ratris sui EginoniSy sub testimonio mini- 
sterialium suorum et hominum. — Hec autem sunt nomina liberorum 
N^ hominum (also Vasallen), sub quorum presentia ista facta sunt: 
Heturich de Luphun. Märcwart de Ascha. Wolverat de Ouwa, Adel- 
bertus de Wachindorf et alii quam plures idonei testes, tarn ingenui 
homineSj quam gnari milites". W. ü. B. L Nro. 284. 

Der Lupfen (Lupfenberg) im K. W. O.-A. Tuttlingen; noch im Jahr 
1315 kommt ein Heinrich von Lupfen „ein vrie", vor. H. U.B. Nro. 246. 

Die älteste Grafschaft des Hauses Zollern reichte bis in die Nähe 
des Lupfen und noch in späteren Zeiten waren die Grafen von Zollern 
in dem benachbarten Dorfe Dauchingen begtltert. — Die von uns nach- 
gewiesenen Besitzverhältnisse des Stammes der Grafen von Zollern und 
Hohenberg zu den Ortschaften Owe (Obernau) , Owingen und 
Wachendorf (s. S. 100), wie aucl die Lage derselben setzen es 
ausser Zweifel, dass man es hier eben mit den Ortschaften zu thun hat, nach 
welchen sich später das gleichnamige Ministenalen-Geschlecht geschrieben. 



Beleg 29 zu 8. 9, II, 22, 37. 

Vornämiich zum ganzen dritten Abschnitt. 

Urkundliche Regesten, das Geschlecht der schwäbischen Ritter 
von Owe und den Besitzstand desselben betreffend. 

Wir schicken einige für unsern Gegenstand wesentliche urkundliche 
Notizen voraus über das heutige Dorf Obernau bei der K. W. Ober- 
amtsstadt Rotenburg am Neckar, ehedem „Owe'*, „Obern-Owe", ein 
-ummauerter Ort („Stättlin, oppidum"), innerhalb dessen Mauern die Burg, 
das älteste Stammhaus der ehemaligen ritterbürtigen Dienstmannen, der 
Ahnen der jetzigen Freiherren von Ow, gelegen. Wie aus den unten fol- 
genden urkundlichen Regesten zu 1404 und 1407 hervorgeht, scheint in- 
dess der älteste in Owe (Obernau) ansässig gewesene Stamm um jene Zeit 
ausgestorben gewesen zu sein. 

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— 181 — 

1381. Okt. 26. Graf Rudolf von Hohenberg* von der Rotenburger- 
Haigerlocher Linie verkauft um 66000 schwere Goldgulden an Herzog 
Lupolt von Ostreich seine „graffschaft vnd hei:rschaft, daz ist ze merkent 

Hochenberg die Vestin Werstain die vestin, Ysenburg die ve- 

Btin, Horb die statt, — Ow das stättlin, Rotenburg die vestin vsser- 
halb der statt (auf dem Berge bei dem Borfe Weiler), Rotenburg bürg 
und statt, Haigerloch die vestin vnd baide statt vnd soll der vor- 
genannt min herr Herzog Lupolt von Ostreich und sin erben die obge- 
nannten graffschaft, herschaft mit bürgen, stetten — Dörfern — lehen- 
schaften, mannschaften — nissen vnd besitzen in aller wiss als die 
min vordem vnd ich unz uf disen hütigen tag herbraht, aigen für aigen, 
leben für leben. H. ü. B. Nro. 672. Vrgl. auch Beleg 26 zu 1381 
und 1384. Dass bei Owe wirklich Obernau gemeint, beweist u. a. der 
Umstand, dass statt Obernowe auch einfach Owä steht (s. Beleg 29 
unter 1307), und dass 1385 Niedernowe als Dorf besonders aufgeführt 
ist (s. auch sogleich). 

1385. Dez. 18. Graf Rudolf von Hohenberg, welchem Herzog Lu- 
polt von Ostreich die Herrschaft Hohenberg wieder lebenslänglich über- 
lassen hatte, verpfändete Kunz Böcklin, genannt HoppeÜer, um 1000 
Pfund Heller seinen Theil an dem „stättlin ze Obernowe", 
Swaldorf, Frumenhusen und Niedernowe die Dörfer etc. H. ü. B. Nro. 
736. 799. 

Um 1366 kommt (s. unten bei diesem Jahr) neben andern Gliedern des 
damaligen zahlreichen von Owe'schen Geschlechts vor: „Herman von 
Owe von demstaetenlin", ein unzweifelhafter Nachkomme des Her- 
mann „aduocatus de Owe" aus der zweiten Hälfte des 12. Jahrhunderts. 

1404. „Ich Kunrad Bockli genannt Hoppeler bekenn — daz 
ich in den kof mines tails ze Obernowe, der der alten von 
Owe waz, die ouch da sesshaft waren, von in mit besunderhait 
bedinget bin" etc. 

1407. „Wir Stephan Bockli und Cunrat Bockli gebrtider genannt 
Hoppeler vergenhen — als die alten von Owe säligen die 
ouch ze Obernowe sesshaf waren, der tail vnser vater 
sälig mit allen zugehöpden — Icoft" etc. Urkunden im St.-Ar- 
chiv zu Stuttgart. 

1392. „IchConcz Pögglin genannt Höppeller vergib — — 
— das ich dem durchlüchtigen hohgebornen fürsten vnd herren herr 
Leupolten herczogen zuo Österrich ze Styr ze Kernden vnd ze Krayu 
Graf ze Tyrol etc. minem gnädigen Herrn vnd siuen nachkomen ledeklich 

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— 182 — 

vnd aigeiilich von der "band ufgeben vnd gegeben han allü minti aigen 
guot vnd reht, so ich han ze Obernow an dem hus, demTurn 
vnd dem stättli mit aller zuogehörde. -■ Vnd han die- 
selben vorgenanten guot von dem obgenanten minem gnädigen herren 
von Österrich wider zu lehen enpfangen mir vnd minen kinden knaben 
vnd döhtran vnd vnsern erben. Vnd sol dem vor genanten minem herrn 
von Österrich vnd sinen nachkomen von den vorgeschriben lehen tuon, 
als ain ieglich lehenman sinem lehenherren pillich vnd durch reht 
tuon vnd gehorsam sin sol vngeuerde. Geben an Sant Peters vnd sant 
Pauls Tag der hailigen zwölffbotten nauch Cristi gebtirt drticzehnhundert 
Jare vnd zway vnd nünczig Jare. V. d. Orig. im St.- Archiv zu Stutt- 
gart. Die Siegel sind abgefallen. 

1412 belehnte Herzog Friedrich von Ostreich den Volkard 
von Owe von Zimmern und dessen Erben mit der „Burg ze 
Obern owe vnd sinem tail daselbs, das ist ein halben tail an der vogty 
vnd gericht, vnd an dem andern tail daselbs das vierde tail". Vidimirte 
Abschrift im St.- Archiv zu Stuttgart. So konnte denn in einer andern 
Urkunde von dem gleichen Jahr eben einer von Owe von der Zimmerer 
Linie, allerdings in beschränktem Sinne jedenfalls aber zutreffender, sich 
,,her ze Obernowe" nennen, als wenn man dafür setzt: „Herr von 
Obernowe". 

Ein Adelbert „de Owa'' ist in der zweiten Hälfte des 12. 
Jahrhunderts im Nagoldthal, bei „Bassheim" (abgegangen, auf der Mar- 
kung von Nagold) begütert. Codex Hirsaugiensfs. Bibliothek des lit. Vereins 
in Stuttgart LS. 63. 

Cuno de Suiza (O.-A. Nagold) et Crafft de Lustnow (O.-A. Tübin- 
gen) quinque hubas ad Bösingen (O.-A. Nagold) (dederunt) pro quibus 
Hermannus, aduocatus de Otva ^) ad Töffingen duas hubas, vnum 
molendinum et viginti iugera agri ti-adidit nobis. Cod. Hirsaug. a. a. 0. 
S. 98. 

1245 ohne Tag, wohl zu Haigerloch, urkundet Graf Burkard von 
Hohenberg, dass Ritter Gero von Lichtenstein (über dem Vehla-Thal 
bei Neufra in den hohenzollerischen Landen) den halben Zehenten von 
Dusslingen (O.-A. Tübingen) an das Kloster Bebenhausen verkauft, und 
er seine Zustimmung hiezu gegeben habe, indess unter der Bedingung, 
dass derselbe seinen eigenen Hof in Feldhausen (bei Gammertingen in 



1) Freiherr von Ow lässt in seinem mehrerwähnten Aufsatz in der Ger- 
mania S. 163. „aduocatus" weg. 



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— 183 — 

den hohenzollerischen Landen) ihm zu Lehen verschrieben (s. Beleg 25). 
Testes: „ego Burcardus comes de Hohinberc, decanus de Heigerloch — 
Berngerus Über dictus de Enthringen et Albertus frater suus adhuc 
seruus (d. h. noch nicht Bitter), Gero de Liethensten, Peregrinus de 
Salben Ingen (Salmendingen in den hohenzollerischen Landen, nicht weit 
von Hechingen), Hermannus de Owe *), miles de Miringen et notarius 
noster. H. ü. B. Nro. 31. Wie aus dieser Urkunde hervorgeht, war 
Ritter Gero von Lichtenstein kein freier Lehensmann, sondern gehörte 
zu den hohenbergischen Dienstmannen, welche neben ihren Beneficien 
auch Lehen von ihren Herren hatten (s. den ersten Abschnitt). Noch 
1340 nennt Ritter Eberhard von Lichtenstein den Grafen Heinrich von 
Hohenberg seinen „gnädigen Herren." H. U. B. Nro. 405. In densel- 
ben Beziehungen zu dem Grafenhause Hohenberg standen auch die Ritter 
von Salmendingen (s. Urkunde zu 1339. H. Ü. B. Nro. 404). 

1251. B. abbasde Bebinhusen constare vult —, quod dilectus in 
Christo beate memorie domi/nus Hermannus de Owe ^) de consensu do- 
mmi Ber, filii sui, uxoris sue ac liberorum ipsius, ceterorumque heredum 
bona sua in Calcwil (ein abgegangener kleiner Ort, ganz nahe bei Roten- 
burg, von dem jetzt nur noch eine Kapelle mit Messnerhaus vorhanden) 
60 iiire ac libertate, quo ipse ea tenuit et possedit, contulit ecclesie in Be- 
binhusen libere et quiete per omnia possidenda. Urkunde des Bebenhäu- 
ser Kbster- Archivs abgedruckt in Mone, Zeitschrift für die Geschichte 
des Oberrheins Bd. III. S. 197. 

1258. 2. September o. 0. Graf Albert von Hohenberg urkundet 
in Sachen eines Ritters und Bienstmannen Heinrich von Nagold, Zeugen : 
Rudolfus comes de Habsburg (der nachmalige römische König und Schwa- 
ger des Grafen Albert von Hohenberg), Nobilis de Nuwehusen (bei 
Engen ii Baden), Hermannus miles de Owe % Albertus miles de wer- 
. benwäg et Hugo miles frater suus, Hugo miles de Wehingen, Walterus 
capellanas in Kilchberg. H. U. B. Nro. 39. 

1273. 0. T. Haigerloch. Berthold „nobilis" von Falkenstein (O.-A. 
Sigmaiingen) macht eine Schenkung an das Kloster Offenhausen. Testi- 
bus; conite H. in Furstenberch, coraite Alberto in Rotenburch et comite 



1) Freiherr v. Ow schiebt (S. 163.) zu 1245 dominus ein und zwar 
nach Ilfernan, also unmittelbar vor de Owe; 1251 erlaubt er sich die Ver- 
setzung: dominus nach Hermann. 

2) S. in Beleg 5. 11. 19. Die Bedeutung von miles als Dienstmann. — 
Die von "Verenwag und Webingen waren auch entschieden hohenbergiscbe 
Dienstmanten. 



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— 184 — 

in HohenJ)erch, Hugone in Werstein (abgegangene Burg bei Fischingen 
am Neckar), Richardo, Hugone de Sunthain (jetzt noch Sonthof zif Ze- 
pfenhan, O.-A. Rotweil, gehörig), Burchardo de Thierberch et Heinrico 
fratre suo (abgegangene Burg Tb. jetzt noch Hof bei Lautlingen, O.-A. 
Balingen), Ulrico de Almeshofen (bei Bonaueschingen), Bertholdo de 
Owen et Hainrico ibidem (die letzten Zeugen). H. ü. B. Nro. 66. 
Die von Weinstein waren Vasallen, die von Suntheira und Thierbei^ 
Dienstmannen der Grafen von Hohenberg (vrgl. die Geschichte der letz- 
teren S. 408. 422), der von Almeshofen war Lehensmann des Grafen 
H. von Ftlrstenberg. 

1275. Gertrudis — relicta, dieta de Owt<;e, bekennt, dass sie 
mit Zustimmung Alberti militis de Ouwe, Hermanni et VoUardi 
fratrum, ihrer Erben, dem Kloster Bebenhausen alle Zinse von ihren 
Gütern zuDettingen (bei Rotenburg) und ihren Weinberg am „Öster- 
berg*' (zwischen Tübingen und Lustnau) mit Zustimmung Alber ts Rit- 
ters von Ouwe, Hermanns undVolkards, Gebrüder, ihrer nächsten 
Erben geschenkt habe. Sie stellt die mit dem Siegel des ,ynohili$ Vol- 
cardi de Ouwe^^, des obgenannten, gefestete Urkunde dem Kloster tu. 
In dieser werden als Zeugen genannt der Notar des Abts, Albertus de 
Ouwe et fratres eins u. a. Mone. a. a. 0. HL S. 223. 

1284. Juni 8. Esslingen. Graf Albert von Hohenberg stelll dem 
Kloster Bebenhausen eine Schenkungs-Urkunde aus. Testes: nobilis vir 
Berchtoldus de Mulhusen (bei Cannstatt), Diepoldus de Bernhusen (bei 
Stuttgart), Hugo aduocatus de Welnhusen (bei Nagold), Marquardus de 
Ehingen (Rotenburg) etBurcardus de Lvstenowe (bei Tübingen), milites, 
Volcardus de Owe, Conradus et Herniannus dicti Zimmerafe (Zim- 
mern bei Haigerloch in der Nähe von Owingen) minister ie Ro- 
tenburg dictus Stahellere, H. U. B. Nro. 96. 

1289. Nos Swickerus de Ozwil (bei Ludwigsburg) miles, Alber- 
tus et Hugo fratres dicti de Owe verkaufen an das Kloster Beben- 
hausen alle ihre Besitzungen bei Geisenang (abgegangen, wo jetzt Lud- 
wigsburg steht), welche sie „a nobili viro domino Bertholdo de 
Mxilehusen" zu Lehen hatten, mit Zustimmung eben dieses ihres Lehens- 
herren. Bürge wird u. a. für den von Osweil „nobilis vir Rudölfus de 
Hohenecke*' (bei Ludwigsburg). Mone a. a. 0. IV. S. 124 f. 

1289. ^^Ego Volchardus de Owe nobilis, profecturus äd expe^ 
ditionem regis" *) — überlässt mit Zustimmung seiner Söhne utd Brüder 



1) War der Feldzag K. Rudolfs von Habsburg gegen den trafen Otto 

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*i^-. 



— 185 — 

Albert und Hermann die Nutzniessung seiner Güter zu Altdorf (O.-A. 
Böblingen) unter gewissen Bestimmungen an das Kloster Bebenhausen. 
Mone a. a. 0. lY. S. 128. Siegel des Volkard, Albert und nocb eines 
zweiten Volkard : der Schild ist quer getheilt, in der oberen Hälfte ein 
heraldisch rechts (sonst auch links) gehender Löwe. 

1291. Febr. 1. „in noua ciuitat&^ Rotenburg, ^yVolkardiis mi- 
les dictus de Owe^^ verkauft mit Zustimmung des Bischofs von Con- 
stanz und des Grafen Albert von Hohenberg — ,,cuius sum ministe- 
rialis et vasallus^^ — seiner Gemahlin und Erben seinen Hof (den 
Fronhof) in Altdorf (im Schönbuch) mit aller Zugehör auch alle seine 
Zehenten, Leibeigenen, Zinsen, Gerechtsame u. s. w., überhaupt was er 
dort an Eigen oder Lehen besitzt. Der genannte Graf beurkundet ausdrück- 
lich, dass er seine Zustimmung zu dem Verkauf gegeben und des zum 
Zeichen sein Siegel habe anhängen lassen. Zeugen : — Hugo de Mu- 
ienegge (Meneck, abgegangene Burg bei Breitenholz, O.-A. Herrenberg), 
Albertus de Owe, Marquardus de Ehingen milites. Hermannus de 
Owe, . . . minister de Botenburg dictus Staheler — Volgerus dictum 
Staheler senior — Hainricus et Engelhardus. H. U. B. Nro. 125. 

1292. Febr. 10. Act. „in nvwen statt Ehingen" (Botenburg) — 
darvmb sig zu wissen, — daz ich Eberhart von Ringingen mit gemainem 
gunst und fryem willen miner erben vnd frund min dorf genant 
Bühel (bei Rotenburg) daz ich mit minen vorforden von dem 
durchluhtigen man hern Albrehten von Hohenberg in na- 
men vnd lehenswise vnd fry vnd geruwenklich besessen 
hau mit ufgeben jn gewalt vnd banden des obgenanten grafen alz dann 
Ordnung dez rehten begert hainrichen dez ammans sun der 
nvwen stat Ehingen vnd Bertholden dez ammans sun von 
Rutlingen mit allen zugehorungen — vmb vier hundert pfund haller 
munsse ze koffen geben han — vnd der obgenant her Albrecht von 
Hohenberg lebe denselben koffern daz dike genant Dorf Bühel in na- 
men und lehenswise öwenlichen ze besitzend. — — — Zeugen: her 
hug ritter von Mvwenegge, her burkart von Melchingen, der ritter, 
Herman vnd Berthold von ow gebrüder, — Dietrich und Ber- 
thold* von Wurmlingen, Hainrich amman von der nvwen statt 
Ehingen, Volkar sin bruder, genannt staheler. H. ü. B. Nro. 129. 



von Hurgund, welchen die Grafen Albert und Barkavd von Hohenberg 

mitgemacht. Unter dem Banner dieser ist Volkard ohne Zweifei ausgezogen, 

nicht unter eigenem, denn er war ja kein Freier, kein Dynast, hatte somit 
auch keine Dienstmannen. 



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— 186 — 

1299. Nov. 25. Haigerloch. Ego Burchardus de Wach^ndorf 
cum Omnibus pueris raeis — Bertiddo, Burchardo, Alberto et Hayn- 
rico — veudidi vel veudidimus Priorisse Cenobij in Kyrchberg (O.-A. 
Sulz) vniuersa bona mea seu nostra sita in Cymmern (bei Haigerloch) 

cum Omnibus suis pertinencijs jurisdictione iudicis etc. .r— Ne igitur 

in posterum de hiis oriatur dissensio, presens scriptum SigiUjdilectj do- . 
minj nostrj Alberti comitis de Hohenberg fecimus roborarj muni- 
mine. Testes: Wernerus miles dictus Cymmerlij etc. etc. H. U. B.Nro. 178. 

1304. Rotenburg. — „Baz ich hainrich amman vogt miner 
herren von Hohenberg vnd mine brüeder volker, kirchherre ze 
Svlchen vnd Cunrad, den man nemet (nennet) von owe vnd vnser 
muter Lugart du amenin haben gegeben den frowen ze kilperg — ain 
gut lit zu Schwaldorf — für fünf vnd drissig pfunt haller — — . Diss 
haben wir g^an mit günste vnd willen vnser herren, vnseres herren grauf 
albrechtes vnd vnseres (sie!) grauf Rudolfs vnd vnseres herren grauf 
Albrechtes des jungen u. s.- w. H. U. B. Nro. 200. 

1314. Haigerloch. Walther der Schenke von Zell, ein Ritter, ver- 
kauft mit Willen und Gunst seines Herren, des edlen Grafen Friedrich 
vpn Zollern, genannt Ostertag, seine Mühle bei , Schlechtenfurt als ein 
freies Eigen an das Kloster Kirchberg. Zeugen: Pfaf Dietrich der Kirch- 
herr von Owingen, Meister Johannes, der Schulmeister von Rotenburg^ 
darauf fünf Bürger von Haigerloch, nach diesen Albrecht von 
Owe, Engelhart der Herter, Konrad der Stahler, Volker der Am- 
man, Bürger zu Rotenburg. H. U. B. Nro. 236. 

1316. August 10. Ich Marquart, ain ritter, vnd mit mir her- 
man, min bruder, herre hermannes seligen sune von Owe, verleben 

— das die erberen gaislichen liute von Bebenhusen haut vsser vnser 
mvli, div ze Rangadingen*) vnderhalb dem Dorf gelegen ist, zwai 
pfunt haller geltes div wir in, oder swer die mvli hat, alliv iar geben sulen 

ze sant Georgen tag. Swenne aber wir den gaislichen livten zwei 

anderiv pfunt haller gewisses geltes vnd gelegenes bewisen oder in zwain- 
zeg pfunde haller gegeben — so sulen vns diu vorgeschribenen zwei pfvnt 

— ledigsin. Besigelt mit vnsers vetteren, herren Volc harten von Owe, 
des ritters, vnd minem — Hermannes insigeln. Moue a. a. 0. XVHL S?440. 

1336. Febr. 3. Rotenburg. Wir graue Hug von Hohenberg tun 
kunt — daz wir Hermann von Owe vnserm lieben getrewen 
d i e n e r ze rehtem mannlehen verliehen haben den layen zehenden 
ze Rangadingen, das gut halbes, das er kauft vmb Stolkher zu 

1) Bangendiogen zwischen Haigerloch und Hechingen. 

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— 187 — 

Rangadingen, di& vischenze an der Starzel „von dem steg 
ze Bietenhusen vnz an das wör ze Büringen vnd euch 
was leutes komen ist ze Hüruingen von Withopfen seligen wirtinen 
des Wirts ze Hürningen". H. ü. B. Nro. 471. Bieringen, der Mündung 
der Starzel in den Neckar zwischen Rotenburg und Horb — gegenüber. 
— Bietenhansen im k. preussischen Oberamt Haigerloch links über der 
Starzel. — Hirrlingen (ehedem Hürningen), Bietenhausen gegenüber, 
rechts von der Starzel im K. W. O.-A. Rotenburg. 

27. Sept. 1338. Rotenburg. Wir graue Hug vonHohenberg 
verleben — an diesem brief — daz wir schuldik sin vnd — gelten sont 
dem erbern manne vnserm lieben getriwen diener herman 
von Owe vnserm vogt ze Rotenburg vnd sinen erb^ hvndert 
pfvnde vnd vierzig pfvnde guter vnd genämer pfenninge haller mvnse, 
die er vns gelihen hat — vnd haben im vnd sinen erben darvmb ge- 
setzzet vnd setzzen mit vrkunde diz briefs vnsern aigen hof ze Spai- 
chingen gelegen dem Dorfe — vnd dem kilchensatz ze Spaichingen der 
in den vorgenannten hof hört. -^ H. U. B. Nro. 396. 

Um 1366*). Ich Volker von Owe ain riter vnd Herman 
von Owe von dem Staetenlin. der alte. Werner der 
Schenke von Stofenberch. der herter von Tüselingen. 
herman von Owe der hinder von hürningen. Her^raan Wer- 
ners bruder dem man sprichet grosholz von Hürningen. 
Herman von Dachtern. Hansen lampt von witingen. 
Hanse von Owe. ^vnd Huch von werstain vergehen an diesem 
briefe vnd tuen kvnt allen den die diesen brief ansehent oder hörent 
lesen ; daz wir bürge sigen gen dem voget ze Costenze dem man sprichet 
der Ruhe vnd gen dem amman vnd gen dem Rat gemainlich ze Costen- 
zen wernern von Owe. als sü vor vnsern brief mit vnsern insigel 
inne haut, also vergehen wir daz wir aber da binden sigen und haft 
sigen vf* vsgende osterwochen, als sV in zil hant geben, vnd daz daz war 
vnd ganze beiibe so henze (sie !) wir vnserV aigennV insigel an diesen 
brief du sü vor och hant an dem eren brief. Von dem Orig. ohne Jahr 
und Tag im Stadt- Archiv zu Constanz; von den zehn Siegeln in Mehl- 
teig, meist mehr oder weniger beschädigt, fehlt das siebente. Auf dem 
1, 3, 4, 8, 10 ist der Ow'sche Löwe (bald heraldisch rechts, bald 
links) auf dem oberen Theil der Quertheilung ganz deutlich zu erkennen, 
auf dem 6, nach der Umschrift dem Staufenberg'schen, ist auf der obern 



1) 1366. „Hermann von Owe vom stettlin". 

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— 188 — 

Quertheilung gleichfalls ein Löwe, aber von anderer öebr gestreckter Ge- 
stalt. Auf dem zweiten ist auf der oberen Quertheilung kaum eine 
fuchsartige Gestalt zu erkennen; das dritte der Siegel, das des Herter 
hat die einfache Hohenberger Quertheilung; das neunte, des von Wer- 
stein, zeigt einen Anker. 

1404 verkauften Graf Fritz von Zolr der elter des alten 
graf Fritzen von Zolr seligen sun vnd mit im graf Friedrich 
von Zolr, korherre ze Strassburg, graf Fridrich von Zolr, 
genannt der swartz graf, graf Ostertag von Zolr vnd graf 
Itelfritz von Zolr, alle von Hohenzolr, dem edelen herren Cun- 
raten von Stoffeln fry vnd ritter — nuntzig guldin guter von golde 
vnd swarer an gewichte jarlichs vnd ewigs zins vnd gelts vser des vorge- 
nanten graf Fritzen von Zolr — Dorfe ze Messingen vnd den wylern 
belsen, Stainshofen, sant Johanns wylern vnd vsser dem Borfe 
ze Eschingen etc. Setzten zu Bürgen — den grafen Rudolf von 
Hohenberg, ihren lieben Oheim, Herrn Volkarten von Owe, Rit- 
ter, Volkarten von Owe, den man zu Ow nempt (nennt) 
grumschnider, — Volkart von Owe, den man nempt wut- 
fuss, Walthern von Owe, Wolffen von Owe, Märklinr von 
Owe u. a. m. V. dem Orig. im Stadtarchiv zu Reutlingen. 

Owingen im Eyachthale, eine Stunde von Haigerloch, betreffend. 
Es hat in alten Zeiten ein Unter- und Ober-Owingen gegeben, das jetzige 
Dorf Owingen (auch Auen) ist das alte Unter- Owingen; von Ober-Owingen 
ist nur noch eine Kapelle vorhanden. Der Ort hat nicht umsonst seinen 
Namen, denn er liegt in einem wässerigen, sogar sumpfigen Wiesen- 
grunde des Eyachthales. Auf einer waldigen Anhöhe über diesem stand 
ganz in der Nähe vom alten Ober-Owingen die „Hainburg*', von welcher 
noch Ruinen vorhanden sind. 1095 sind Zeugen einer an das Kloster 
St. Georgen im Schwarzwald gemachten und „in Castro iSeigerloch^^ 
vollzogenen Schenkung: milites Arnold de Owingen, Arnold de Kilch- 
berg, Adelbert de Wildorf, Walker de Gruorun. Notitia fundationis des 
Klosters St. Georgen. Mone a. a. 0. IX. S. 219. Kilchberg (sonst 
Kirchberg, wo später ein Nonnenkloster gestiftet worden), Weildorf, 
Gruol in der Gegend von Haiger loch. 1300. Mai 3. Haigerlocb — 
Konrad, genannt Storker von Rangendingen, verzichtet auf seine und sei- 
ner Erben Ansprüche an die zu R. gelegenen und von ihm an das Kloster 
Kirchberg verkauften Güter. Zeugen: sein Herr Graf Albert von 
Hohenberg, Werner .und Aifselm von Genkiugen (auf der Alb), — Wol- 
hard von Owingen und Berthold sein Bruder von Dettin- 

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I 



— 189 — 

gen (bei Rotenburg). Es siegelten der Graf . . . von Zollern und Ritter 
Wolhard von Owe. H. U. B. Nro. 182 aus dem Kirebberger Co- 
pialbucb. Nach dem Mon. Zoll, hat das Original im Staats- Archiv zu 
Stuttgart: „Volhardus de Auwingen" und angehängt wurde das Siegel 
„militisVolhardi de Auwe" »)• Laut Urkunde vom 18. April 1368 (H. U. 
B. Nro. 603) gehörte Owingen zur Hohenbergischen, vordem 
Zollerischen Herrschaft HaigerlQch (s. oben in diesem Beleg zu 
1381). Indess belehren uns Urkunden von den Jahren 1344 und 1362, 
dasszu der Burg „Hain bürg**, nach welcher um die Mitte des 14.*' 
Jahrhunderts ein Glied des Grafenhauses Zollern benannt wurde, Owin- 
gen nebst Grosselfingen und Stetten (bei Haigerloch) gehörte, wie auch 
dass ein Volkard von Owe den diesfallsigen Theilungsvertrag zolle- 
rischer Brüder gesiegelt hat. Mon. Zoll. I. Nro. 302. 340. Owingen 
ist somit unstreitig altes Besitzthum des Hauses Zollern. — 1390. Vol- 
kard von Ow von Bodelshausen (bei Hechingen), Bentzen -(Ber- 
tholds) seligen Sohn von Ow, trägt der ji^Herrschaft von Zolr*' eigene 
Güter zu Oberhausen (bei Bodelshausen) — unter anderem den Ar- 
noldshof zu Lehen auf anstatt anderer Güter zu Heselwangen 
(O.-A. Balingen), welche Lehen des Hauses Zollern gewesen waren und 

' er als Eigenthum an dieses verkauft hatte. Mon. Zoll. I. Nro. 418. 

27. Okt. 1307. Rotenburg. Ilsung von Hennental, Tochtermann 
des Schultheissen von Obem-Owe (Owe), verkauft an Konrad Hagen, 
Bürger in Reutlingen, eine Gilt von vier Malter Korn aus seinem Gehölz 
(Gereute) Aichach bei dem Ort Hennental *). Zeugen: Heinrich der 
Schulder von Owe u. a. m. „Ego Usungus de Hennental filiaster VoU 

mari.ScuUeti de Obem-Owe Volens notum esse quod e^o 

vendidi nomine libere proprietatis Conrado dicto Hagen, ciui in Rutelingen 
et Omnibus suis heredibus redditus quatuor maltrorum siliginis mensure 
Tvingensis ex nemoribus seu lignis meis dictis Aichach, sitis penes 

Hennental villam perpetuo possidendos. — Profitens me pro 

dictis redditibus sie venditis tredecim libras cum decem solidis denario* 
rum hallensium a praefato Conrado recepisse. — Obligo itaque et ob- 
ligaui pro warandia dictorum reddituum in quouis iudicio — — — 
vires prouidos vtdelicet subnotatos Volmarum scultetum de Obernowe 

socerum meum Hainricum Scultetum ciuem in Botenbureh et Conra- 



1) Gefällige Mlttheilung des Hrn. Hofrath Dr. Staudenmaier am K. Archiv 
in Stattgart In seinem Siegel, das im obern Tlieil den heraldisch rechts 
schreitenden (von Owe^scben) Löwen zeigt, nennt sich Volkard — de Owe. 

2) Jetzt Hof bei Obernau, dem Freiherrn von Staufenberg gehörig. 



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_ 190 — 

dum dictumBlsenkeli. Ego Volmarus scuUetus prcedictus de Owe prse- 
sentibus profiteor volens me prsefato Conrado esse adstrictum. quod tribus 
annis — ipse et sui heredes redditus predictos debent recipere ex Omni- 
bus possessionibus meis egoque sibi eosdem eisdem tribus annis ad oppi- 
dum Kotenburch annuatim — prsesentare. In huius rei testimoniura prae- 
sentes nos prsefati Ilsungus et Volmarus praefato Conrado — , contulimus 
sigillo civium in Rotenburch quod ad peticiouem nostram quia propriis 
caremus praesentibus est appensura fideliter roboratas. Datum et actum 
Hotenburch anno domini mcccvii in vigilia Symonis et Jude aposto- 
lorum praesentibus Engelhardo dicto Herter. magistro Johanne sco- 
lastico in Rotenburch. Eberhardo sculteto. Dietrico sculteto in Hirssowe. 
if. sartore de Owe. H, villico de Hürningen. dicto Bulach etc. 
Von dem Original im Cantonsarchiv zu Frauenfeld (Thurgau), mit 
dem in ein Säckchen eingenähten Siegel der Stadt Rotenburg. Gefälligst 
mitgetheilt von Hrn. Dekan PupikoTer, Vorstand des gedachten Archivs. 
1314. Nos Hermannm ei Waltherus de Owe, fratresfiUj quondam 
Alberti de Owe, milites, ad universorum cupimus pervenire notitiam 
per presentes, quod nos unanimi voluntate omnium quorum intererat — no- 
mine libere proprietatis vendidimus Hainrico Sartori de Otve, civi in Eo- 
tenburch ac universis suis heredibus possessiones nostras, et bona nostra 
sitam Obern- Owe, que colit et inhabitatHainricus, dictus desMaygers Sun, 
solventia annuatim sex maltera siliginis, mensure Tuwingensis, duas achas, 
et quatuor. pullos, cum omni iure, et cum omnibus eisdem bonis pertinen- 
tibus, tam in agris, quam etiara pratis, lignis et nemoribus, cultis seu in- 

cultis — protrigintalibrisdenariorumHallensium raonete. Pro- 

mittimus quoque presentium testimonio, prefato Hainrico et suis heredi- 
bus warandiam dictorum bonorum per nos prestari debere. — Obligan- 
tes proinde sibi et suis heredibus fideiussores Albertum de Owe, mili- 
tem, fratrem nostrum, Hermannum de Owe, militem, ßUum VoU 

hardi de Owe, militis patrui nostri, — Debent etiam prescripti 

redditus singulis annis antedicto Hainrico et suis heredibus presentari in 

Rotemburch ä villico eorundem bonorum sine quolibet suo damno. 

— In quorum omnium robur indeficiens et debitam firmitatem pre- 
sentes litteras sepedicto Hainrico et suis heredibus tradidimus, sigillis 
nostris proprijs fideliter corroboratas. Datum Rotenburch anno domini 
Mcccxiiu. proximä feriä quartä post festum beati Nicolai proxima^ — 
Nach der notariell beglaubigten Abschrift, in dem — in dem Geh. K. 
Haus- und Staats- Archive zu Stuttgart aufbewahrten Tom. VI. der hohen- 
bergischen Dokumenten-Sammlung, fol. 351. 

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— 191 — 

1317. No$ Bertholdus de Owe miles et Hermannus de Owe 
frater suus tenore presentiura publice profitemur, quod nos voluntate 

concordi et consilio expresso omniurn, quorum intererat, yendide- 

rimus Hainrico Sartori de Owe, elvi in Botenburch et universis suis 
heredibus redditus quiuque maltrorum siliginis, mensure Tuwingensis, ex 
curia sita in Obernowe, quam colit Hainricus Villicus, filius Villici 
quondam de Baoringen, singulis annis percipiendos, pro triginta libris 

legalium denariorum Halleüsis monete. Promittimus etiam bis 

in scriptis prefatuin Hainricum et suos heredes, per nos de prescriptis 

redditibus warandare debere, obligantes sibi proinde fideiussorie 

Hainricum de Oive, militem fratrem nostrum et Sifridum de Ber- 
stingen, In premissorum quoque robur et testimoniura sigilla no- 

stra propria presentibus sunt appensa. Nos Joannes Hermannus et 
Bertoldus de Owe fratres sub sigillis Bertholdi de Owe militis pa- 
trui nostri, et Hainrici patris nostri prescriptorum publice profite- 
mur, quod venditioni prescripte nostrum proprium adhibuimus cönsen- 
sum. — — — Actum et datum Rotemburcb anno domini mcccx vn, 
feriä secundä post dominicam, qua, cantatur Invocavit, proximä, presen- 
tibus Engelhardo dicto Herter, Conrado dicto Stahler, Volkero 
dicto Amman, Hainrico dicto Stahler, Johanne dicto Herter, Fri- 
derico de Herrenberch, et aliis multis testibus fide dignis. Nach der 
notariell beglaubigten Abschrift in dem — in dem Geh. K. Haus- und 
Staats-Archive zu Stuttgart verwahrten Tom. VI. der Hohenbergischen 
Dokumenten-Sammlung, fol. 353. 

1358. Ich Mechthild die Snyderin von Ow, Bürgerin 
ze Rotemburg — daz ich han geben — durch miner sele willen den 
brudern genant vnser frow brüder Carmeliterordens ze R. aht viertail 
Rokken gelt vsäer dem. gut ze obern ow u. s. w. Urkunde im St. Ar- 
chiv zu Stuttgart. 

Beleg 30 zu S. 86. 

Freie Herren (Dynasten) pflegten dem Titel ,,dominns<< wei- 
tere Prädikate des wirklichen Adels beizufügen gegenüber von 
den Dienstmannen, welche blos den Titel dominus erhielten. 

1148 sagt Bischof Günther von Speier von dem Stifter des Klo- 
sters Maulbronn : „dominus Waltherus de Lomersheim vir nobilis ac ex 
antiqua prosapia in utraque parentum Ivnea liber" (s. auch Bei. 32). 

Urkunde des Bischofs von Augsburg 1209: „quidam bomo nobi* 

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\ 



— 192 — 

lis dominus Witegowus de Albegge, testes: Wernerus pmcerna de 
Albekke. W U. B. IL 378. 

1228. Urkunde des Grafen Konrad von Grüningen (Wirtemberg). 
Dat. apud Acon. testes : viri nobiles dominus Hainricus et dominus Al- 
bertus de Nifen, vir nohilis dominus de Aichaim (Illeraich- 

heim auf dem rechten baierischen Illerufer) dagegen — — dominus 
Dietericus de Ingersheim (Gross- und Klein-Ingersheim, O.-A. Besig- 
heim, letzteres Burgsitz und Hauptort der Grafschaft Galw-Ingersheim), 
dominus Conradus de Haselach (O.-A. Vaihingen). W. ü. B. III. Nro. 
749. Dietrich von Ingersheim und Konrad von Haslach, Dienstmannen 
der Grafen von Calw und Vaihingen, 

1247. Ritter Wolpot von Wurmlingen (O.-A. Rotenburg) urkundet, 
dass er mit Zustimmung seiner Erben und des Pfalzgrafen Rudolf von 
Tübingen ein eigen Gut bei W. an das Kloster Kirchberg geschenkt habe. 
Zeugen: dominus Wernherus Über de Kuppingen (O.-A. Herrenberg), 
Dominus Wolpotus de Stainhulwe (vom Geschlecht des Ritters W. v. 
W.). T. ü. B. Nro. 15. 

In einer 1292 von Graf Albert von Hohenberg zu Sulz ausgestell- 
ten Urkunde wird unter anderen als Zeuge genannt: nobilis vir domi- 
nus Anshelmus de Wildenstein (im Donauthal bad. Amt Messkirch). H. 
U. B. Nro. 132. 

1300 urkundet Graf Albert von Hohenberg, dass ihm „a nobili 
viro domimo Ulricho de Guttenburg" das Patronatrecht der Kirche in 
Weilheim bei Waldshut, welches derselbe ,, nomine Vasaldie*' von ihm zu 
Lehen gehabt, aufgegeben worden. H. U.,B. Nro. 179. 181. 

Dieser hohenbergische Vasali führt sich selbst zu dem genannten 
Jahr also ein: „ich Herr Virich ein Ritter vnd Frye von Guttenburg". 
H. U. B. Nro. 188. 

Beleg 31 zu S. 87. 

Dominus nach dem Tanfnamen und vor dem Namen des 

Burgsitzes und der dazu gehörigen Herrschaft ist kein bioser 

Titel; sondern bedeutet Besitzer. 

1149 — 1152. „Nos Bertholdus dominus deEberstein^^, stiftet das 
Kloster Herrenalb. W. U. H. H. Nro. 330. 

1207. Eberhardus dei gratia dominus de Eberstein. W. U. B. U. 
Nro. 554. 

1221 Urkunden Hainricus et Bertholdus, domini de Lupfen (in 
der Nähe von Tuttlingen). W. U. B. III. S. 116. 



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— X93 — 

1225. „Ego Albertus dominus de Rotenburg, quondam comitis, 
Burchardj de Zolre filius". H. U. B. Nro. 16. ' 

1300. VlricQS miles, dominus deBernowe (bad. Amt St. Blasien.) 
H. ü. B. Nro. 179. 

Beleg 32 zu S. 7, Note I, S. 14, Note I, S. 30, N. \, 

S. 78, 88 f. 

Sebwäbiselie freie Herren des 11., 12^ nnd 13. Jahrhunderts. 

1075. „domnm Eeiso (Esso) de Sulichen^^ (uralter alemanni- 
scher Ort zum Theil an der Stelle der nachmaligen Stadt Rotenburg, 
welche noch in späteren Jahrhunderten dorthin eingepfarrt war, jetzt 
nur noch in der Sülchenkapelle erhalten) mit anderen, worunter „domi- 
nus Adelbertus de Äntringen^% Zeuge der Wiederaufricbtung des Klo- 
sters Hirsau durch Graf Adelbert von Calw. W. ü. B. I. S. 279. Das 
Geschlecht desEzzo war nicht nur bei Sülchen, sondern auch bei Scha- 
de nw ei 1er (nahe hei der Stadt Rotenburg), "Wurmlingen u. a. 0. 
begtltert, und ein Glied desselben sass von 1126 bis 1146 auf dem 
Bischofsstuhl in Speier. Codex Hirsaugiensis a. a. 0. S. 33 f. 

1092 und 1095. „dominus (sonst auch „capitaneus^^ Bannerherr) 
Hesso de Castro VirsP^ (auf dem Fürstberg bei Mössingen, O.-A. Ro- 
tenburg) war im Scherragau (in der alten Grafschaft Hohenberg) bei We- 
renwagim Donauthal, bei Egesheim (O.-A. Spalchingen) und mit 
einem Bruder Burkard bei Schwaldorf (O.-A. Rotenburg) begütert, 
tauschte auch vom Kloster St. Georgen im Schwarzwalde Güter bei 
Nehren, Heuchlingen (ebendort abgegangen) und Gönningen 
ein. „Notitia fundationis" des Klosters St. Georgen bei Mone a. a. 0. IX. 
S. 211. 218. Codex Hirsaug. a. a. 0. S. 40. Die genannten Freien, 
Esso von Stilichen und Hesso von Fürst gehörten ohne Zweifel dem Ge- 
schlechte der Sülichgau-Grafen Hesso zu 1007 und 1057. an. W. ü. 
B. I. Nro. 108. 130. 

Besondere Beachtung glauben wir den alten Freiherren von Ent- 
ringen, welche ihren Stammsitz nicht weit von Rotenburg hatten und 
als „liberi" mitunter neben Rittern von Owe genannt werden, schenken 
zu sollen. 

Zeugen der Begabung (beziehungsweise Wiederherstellung) des Klo- 
sters Hirsau bei Calw durch den Grafen Adalbert von Calw „in ipsis fo- 
ribus ecclesie anno 1075: comes Liutoldus de Achelm, unmittelbar nach' 
diesem domnus Äddlbertus de Äntringen — — dominus Eberhar- 

Sehmid, Hartmann von Aue. 13 

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— 194 — 

das de Metzingen (O.-A* Urach) domnus Ezzo de Sulichen. W. 

D. B. I. Nro. 133. 

1084 erscheint dieser Adel b er t von Entringen als naher An- 
verwandter und eventueller Erbe des Dynasten Hezelo, des Hauptstifters 
von St, Georgen auf dem Schwarzwalde. Mone a. a. 0. IX. S. 101. 107. 

Um die Mitte des 12. Jahrhunderts ist Otto de Äntringen mit 
anderen „liberi homines" (darunter die Grafen Alwicvon Sulz und Ber- 
thold von Achalm, Hiltibold von Isenburg, Walther von Jettenburg, Ber- 
thold von Blankenstem) Zeuge, als „liber homo" Adelbertus de Heiger- 
loch (vom Geschlechte der Grafen von Zollern) auf einem Gauding des 
Pfalzgrafen Hugo von Tübingen bei Hohenmauern (Rotweil) eine Schen- 
kung an das Kloster Beichenbach macht. Keiner der Freien erhält den 
Titel dominus. W. ü. B. H. S. 411. 

119L Zeuge in der Stiftungs-Urkunde des Kloster Bebenhausen dat. 
Asperg Hüter „de liberis — Eberhardus de Äntringen". T. U. B. Nro. 5. 

11 aa ist in einer Urkunde des Pfalzgrafen Rudolf von Tübingen 
unter den j,liberi homines" als Zeuge genannt: „Beringerus de Anthrln- 
gen'^ W. U. B. IH. Nro. 831. 

1245 ist mit anderen Zeuge einer Urkunde des Grafen Burkard 
von Hobenberg „Berngerus liber dictus de Enthringen". Derselbe ist der 
erste unter den Laien-Zeugen und ziemlich am Schlüsse folgt „Herman- 
nus de Owe.'* H. U. B. Nro. 31. 

1259. BerengertAsnohilis vir dictus de Äntringen — quumAbbas 
et conuentns de Alba (Herrenalb) monasterio emerunt a filiis domini 
Heinrici beate memorie müitis de Kunigesbach (bad. Amt Durlach) 
decimam et quecunque possederunt in utraque villa Terdingen (O.-A. 
Maulbronn), quibm Odern se a Berengero infeodatos esse mmerant^ 
ut uenditiönem ab eis factam ratam et gratam habende non cassa- 
ret sed eam dicto conuentui firmaretj ad eorum consensum multa 
ipsum instantia incUnarunt. Et ne ipsi eorum deperiret homa- 
gium, bona sua in Kunigespaoh, que titulo proprietatis tunc posse- 
deruntj cidem conferentes, ab eo feoddli titulo receperwnt etc. Mone 
a. a. 0. h S. 145. 

1268 wird nach Graf Albert von Hohenberg in einer von einem 
Dienstmanne desselben ausgestellten Urkunde als Zeuge genannt: „jßa- 
rengerus nobüis ^) de Entringen'^ ^ und nach diesem werden Alber- 
tus and Hugo von Werenwag, Ritter, aufgeführt. H. U. B. Nro. 63. Bald 



1) Dm« bier nobilii vor dem Borgnamen steht, ist nicht wesentliob. 

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— 195 — 

nach 1268 mflssen die alten Freiherren von Entringen im Mannsstamme 
ausgestorben sein. Die Erbin derselben ^fdomna Tta de Entringen^^ 
schloss eine ihr nicht ebenbürtige Ehe mit Heinrich von Hailfingen, der 
einem Tübinger Ministerialen-Geschlecht angehörte, darum fiel der 
grösste Theil des Nachlasses von dem Entringer Freiherren-Geschlecht 
an das mit ihm verwandte Grafenhaus Zollem, was wir an einem andern 
Orte näher ausgeführt haben. 

In der zu Asperg 1191 von Pfalzgraf Rudolf von Tübingen gege- 
benen Stiftungs-Urkunde werden als Zeugen genannt: De liberis: Burcar- 
dus comes de Hohenberg — Waltherus de OtenbrucJoe (Jettenburg, «wi- 
schen Tübingen und Reutlingen), Adelbertus deMetäingen (O.-A. Urach), 
Albertus et frater^ ejus Conradus de Stoefeln (bei Gönningen, O.-A. 
Tübingen), Albertus et filius ejus Euno de Grifenstain (Greifenstein 
bei Holzelfingen, O.-A. Reutlingen), Hilteboldus de Isenhurg (O.-A. 
Horb), Eberhardus de Äntringen (Entringen, O.-A. Herrenberg *). ür- 
kundenbuch der Geschichte der Pfalzgrafen von Tübingen Nro. 5. 

1237. Urkunde des Grafen Burkard von Hohenberg. Zeugen — 
H. de Werstain et H. de Isenhurg, barones *), H. dapifet et B. mar- 
schalchus de Hohenberg, A. de Haiterbach, Etecho de Haiterbach, 

pincerna de Wilpberg . H. U. B. Nro. 19. Nach Urkunde von 

1381 (s. Beleg 29) gehörten die Burgen Werstein und Isenburg dem 
Grafenhause Hohenberg. 

1270. Tragebot Ritter dictm deNiwenegge (Neuneck, O.-A. 
Freudenstadt), Schultheiss in Balingen (ZoUerisch), trug a nobilibm vu 
ris dominis de Werstain einen Hof in Honstetin ') zu Lehen uud ver- 
kaufte solchen unter dem Siegel der Herren von Werstain und des Gra- 
fen Friedrich von Zollern an das Kloster Eirchberg. Mon. Zoll. L 
Nro. 110. 

1224—1247. Von den „nobilibus viris Ounone de Stoff elin (bei 
Gönningen) suisque duobus patruelibus" trug Ritter Werner von Ihe- 
lingen (O.-A. Horb) Lehen, mit welchen die Freien von Stoffeln von 
den Pfalzgrafen von Tübingen belehnt waren. T. U. B. Nro. 10.. 



1) Schon im Jahr 1188 trifft man Albertns de Mezzingen und Walthe- 
rus de Uotinbragg als ,,homines (Vasallen) comitis palatini** R. d. T. bei 
demselben zn Speier. W. ü. B. II. Nro. 454. 

2) Unter den „baronibus*' werden in einer Urkunde zum Jahr 1171 
auch Grafen (z. B. von Calw, Laufen) aufgeföhrt. W. ü. B. II. Nro. 393. 

3) Henstetten zum Pfarrdorf Empfingen gehörig, welches mit Fisohingen 
und Petra die kleine Herrschaft Werstein bildete. 



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— 196 — 

Von dem „nobilis Albertus dictus de Stoefeln^^ trog Ritter Swiger 
von Eningen (O.-A. Böblingen) 1284 Güter daselbst zu Lehen. Mone 
a. a. 0. in. 437. 

1228. Urkunde des Grafen Egeno von Urach für das Kloster Be- 
benhausen. Testes „de liberis: Cuno de Grifenst€in,B\\tebo\d de Blan- 

kenstein — de ministerialibus" . W. U^ B. III. Nro. 751. Mone 

a. a.O. m. S. 111. 

„A nobili viro, domino Swigero de BlanJcenstein (Burgruine, 
O.-A. Münsingen) trugen die Ritter Marquard urfd Heinrich von Ech- 
terdingen Güter und Rechte bei Brige, Altenburg, Berg, Stuttgart, 
Gaisburg, Wangen, Rohracker, die Ritter Friedrich von Gomaringen 
(bei Tübingen), Vater und Sohn, den Zehnten zu Weilheim und Deren- 
dingen (bei Tübingen) zu Lehen. Mone, III. 426. 429. XIV. 92 zu 
den Jahren 1282 und 1290. Dieser Freie Swiger von Blankenstein 
war ein Verwandter des Dynasten Berthold von Mühlhausen (am Neckar), 
welcher zur Sippschaft des Grafenhauses Hohenberg gehört. — Albrecht 
von Blankenstein war laut Urkunde 1338 Vasall des Grafen Hugo von 
Hohenberg. H. U. B. Nro. 393. 

1148. „domnus Walterus de Lomersheim (O.-A. Maulbronn), vir 
nobilis ac ex antiqua prosapia in utraque parentumMnea liber^^ — 
der Hauptstifter des Klosters Maulbronn neben „domnus Wernherus de 
Rossewag^^ (O.-A. Vaihingen). Vrgl. auch Beleg 30. 

Von den Freien von Lomersheim hatte ein „dominm Berthold von 
Bretten pro dominii fidelitate" zwei Theile des Zehenten der Kirche von 
Knittlingen (O.-A. Maulbronn) zu Lehen. W. U. B. IL Nro. 327. 

1277. „Viri nobiles ac discreti Rudolfus et Conradus de Rosse- 
wag (O.-A. Vaihingen) — von denen trugen Ber. von Wile (Weil im 
Schönbuch) und Burkard von Börstingen (O.-A Horb) den Zehenten 
in Magstatt zu Lehen. Mone a. a. 0. HL S. 325. 



Beleg 33 zu S. 30, 91. 

Noch im 15. Jahrhundert werden die Freiherren von den „Edlen<^ 
aus der Ritterschaft, den vormaligen Dienstmannen, wohl unter- 
schieden. Zu letzterer Klasse werden die schwäbischen Ritter 
von Owe gestellt. 

In Galius Oheims Chronik von Reichenau „Verzeichniss der Gre- 
schlechter (mit angesetzten Wappen) der Fürsten, Grafen, Freyen und 

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— 197 — 

Edlen, so Lehen von dem Gotteshaus gehabt'S Von den Freien werden 
n. a. aufgeführt : die von Gundelfingen, Geroltzegg, Falkenstain, I^öwen, 
Stttsslingen, Wildenstain, Zymber, Stoffel. Unter der Kubrik: „die 
wapen der edlen von der ritterschaft und der geschlech- 
ter in den Städten" werden von uns zunächst Interessirenden unter 
anderen aufgeführt: „Nünegg, Brandeck, Linstetten, Bubenhoffen, 
Ow, Hailfingen, Zimmerer". Gallus Oheim a. a. 0. S. 172. 178. 
— Und wie aus den beigegebenen Wappen ersichtlich, ist das in der 
Chronik aufgeführte ritterschaftliche Geschlecht w eben das in Schwaben 
und Baiern blühende Freiherren- Geschlecht. Das bei „Ow" gegebene 
"Wappen ist nämlich, wie wir uns durch Einsichtnahme der Donau- 
eschinger Handschrift überzeugt, das des Frhrn. v. Ow, nur fehlt, wie 
häufig in der älteren Zeit das halbe Mühlrad. Über das Reich enauer Lehen 
des von Ow'schen Geschlechts s. unsere Geschichte der Grafen von Zol- 
lern-Hohenberg S. 438 und oben S. 91. 



Beleg 34 zu S. 4, 15. 

Die Dienstmannen als Kriegslente von den sonstigen Eigen- 
lenten besonders unterschieden. 

1124. „quidam homo nobilis Bernhardus de Griezheim" schenkt 
an das Kloster Rheinau Besitzungen in verschiedenen Ortschaften „cum 
cunctis praedictis locis iure possessionis adjacentibus tarn mancipiis 
quam et militaribiis utriusque sexus hominibus^'. Bei einer an- 
dern Schenkung von Gütern eines freien Herren an dasselbe Kloster 
1125 heisst es wieder „cum omnibus ad ea pertinentibus scilicet homi- 
nibtis utriusqtie sexm müitaribus et rusticanis, vineis, pomariis etc. 
Zapf, monumenta anecdota historiam Germaniae iliustrantia. Cod. dipl. 
ad historiam monasterii Rhenaugiensis. Nro. XXXV. XXXVII. 



Beleg 35 zu S. 30. 

Am 19. Febr. 1291 schreibt K. Rudolf I. den Leuten in Schwitz, 
welche freien Standes sind, dass ihnen ferner kein Dienstmann zum Rich- 
ter bestellt werden solle, weil ihm dies unpassend scheine. Böhmer, Re- 
gesten Nro. 1091. 



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— 4 — 1 von unten lies Feder. 
<— > 7 in Note 1 lies Beleg 3 statt 4. 

— 8 in Note 1 lies Fedor. 

— 20 Zeile 1 in Note lies pincernae. 

— 30 —7 von unten lies: Schon um die Mitte des 13. Jahrhunderts 

wurden dort die Dienstmannen „Landberren** d. h. Herren 
im Lande genannt und waren etc. 

— 49 — 18 Ton oben ist nach könne der Schiasspunkt zu streichen. 

— 53 — 12 von oben ist nach „in der" ein Komma zu setzen. 

— 62 — 9 von unten lies statt Vierteljahrsschrift Germania — 

Haupt, Zeitschrift. 

— 152 — 7 von oben setze nach er — nach unserer Aasführnng. 

— 155 — 5 von unten fehlt nach „gegebenen*' — Urkunden. 

Zu S. 130. Das Wappen betreffend,, welches die Pariser Handschrift 
dem Plartmann von Aue beilegt, machen wir nachträglich darauf aufmerksam, 
dass dasjenige, welclies dieselbe dem Wolfram von Eschenbach gibt, auch 
entschieden nicht das richtige ist, die Handschrift also in dieser Beziehung 
keine unanfechtbare Autorität besitzt. Vgl. die Ausgabe von W. ▼. E. Werke 
von K. Bartsch I. S. VI f. 

Zu S. 136. In der Note ist anzufügen: jedenfalls mässten dieselben ur- 
kundliche Beweiskraft haben. 

Zu S. 157. In Beleg 4 ist unter dem Jahr 1233 anzufügen, dass nachBe< 
leg 16 ein Ritter Kraft von Hailfingen 1261 als Tübingischer Vogt von Böb- 
lingen vorkommt. 

Nachtrag zum Schlüsse des zweiten Abschnitts S. 84. 

Wir glauben unsere Ansicht von Hartmanns und dessen Geschlechts 
Dienstherrschaft in Folgendem nachträglich kurz also formuliren zu können: 

1) Hartmann und sein Oescblecht konnten nach Owe benannt sein zu- 
nächst als Dienstmannschaft der freien Herren von Owe, welche Burg Owe 
mit' Zugehör von dem Grafenbause Zollern zu Lehen getragen, sodann, nach- 
dem jene ausgestorben waren, als Dienstmannen der Grafen von Zollern be- 
ziehungsweise des Hohenberger Zweigs derselben, welcher Rotenburg mit Zu- 
gehör (Owe u. s. w.) aus erster Hand von dem Bisthum Bamberg zu Lehen 
getragen. 

2) Allem Anschein nach war indess zu Hartmanns Zeiten das nach Owe 
benannte freie Geschlecht ausgestorben und des Minnesängers Familie gehörte 
alsdann zur Dienstmannschaft der auf der nahegelegenen Rotenburg sesshaften 
Grafen, von denen sie die Burg Owe als Beneficium später theilweise als 
Lehen getragen. 

3) Hartmanns Schilderung des Lebens der höfischen ritterlichen Gesell- 
schaft passt nur für ein reiches mächtiges Geschlecht auf einer grösseren 
Herrenburg, und die hebe Verehrung desselben für seinen verstorbenen Herrn 
weist auf einen hochgestellten Mann vorgerückten Alters hin, an dessen Hofe 
er (den Kloster-Aufenthalt etwa abgerechnet) seine Knabeur und Jünglings- 
jahre wie im eigenen Vaterhause glücklich verlebt hat. Und man kann ver- 
sucht söin zu glauben, ^artmann habe, als er jene rührende Scene bei dem Ab- 
scheiden eines hohen Herrn, der seine Dienstmannen um sein Sterbelager 



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Tereammelt hatte, schilderte (s. oben 8. 22), eben das seines gellebten Dienst- 
herrn vor Angen gehabt. 

4) Der Umstand, dass Hartmann schon als Knabe za einer vornehmen Jung- 
frau Neigung gefasst, bis in sein reiferes Jünglings-Alter genährt und dann 
erst seiner Angebeteten geo£fenbart hat, weist gleichfalls darauf hin, dass er 
jene Zeit seines Lebens auf einer grösseren Herrenburg zugebracht hat. 

5) Dabei können Hartmanns spätere häufige Fahrten im Lande umher 
auf ein Amt an einem Herrenhof hinweisen und von ihm im Auftrag oder 
Gefolge seines Herrn mitunter gemacht worden sein. 

6) Fragen wir nun, welche Herrenburg, welches Grafenhaus es gewesen 
sein könne, so ist mit Rücksicht auf Owe (Obernau) am allerfüglichsten an 
die nahen Grafenschlösser Kotenburg und Zollern und die dort sesshaften 
stammgemeinschaftlicheu Geschlechter zu denken. Und Hartmanns tief be- 
trauerter Herr kann eines der zahlreichen Glieder des mächtigen Grafen- 
Stammes Zollern gewesen sein, in denen derselbe, welcher auf den Burgen 
Zollern, Schalksburg, Hohenberg, Haigerloch und Botenburg sass, damals 
blühte. 

7) ^u Lebzeiten Hartmanns, genauer im letzten Jahrzehent des 12. Jahn- 
hunderts erfolgte die Abzweigung des Zollerstammes auf die Linien der Grafen 
von Hohenberg-Rotenburg und der Burggrafen von Nürnberg. So ist es denn 
auch möglich, dass Hartmann mit einem Glied seines angestammten Herren- 
hauses nach Franken übergesiedelt ist, wobei er nach andern analogen Fällen 
gleichwohl seinen alten Familiennamen von dem schwäbischen Owe hat bei- 
behalten können. 

Nachtrag zu S. 140. 
Die Burg Owe in Obernowe, Hartmanns von Aue Vaterhaus. 

Ist Hartmanns Dienstherr wirklich der letzte der alten Freiherrn von 
Owe, als deren Ahnherr jener Herre Heinrich geborn von Owe höchst wahr- 
scheinlich zu setzen, gewesen, so kann die Burg Owe in dem befestigten 
Obern-Owe, wenn dort das freie Geschlecht gesessen, gleichwohl des Minne- 
sängers Vaterhaus gewesen sein, da bekanntlich Herr und Dienstmann häufig 
auf derselben Burg gewohnt haben (s. Beleg 21), und zumal im früheren 
Mittelalter auch der höhere Adel in Bezug auf Räumlichkeit und Ausstattung 
sehr bescheidene Ansprüche an seine Wohnungen gemacht hat. War dagegen 
das alte Freiherren-Geschlecht von Owe, nach welchem, beziehungsweise 
dessen Burgsitz Hartmann benannt worden, schon früher ausgestorben, so ge- 
hörten derselbe und sein Geschlecht zu der unmittelbaren Dienstmannschaft 
desjenigen Zweigs von dem Grafenstamme Zollern, welcher Owe (Obemowe) 
besass und auf der nahen Rotenburg seinen Sitz hatte. Alsdann war Obem- 
owe, wo „die alten von Owe*', die Ahnen der jetzigen Freiherren, „sesshaft 
waren*', allein von dem darnach benannten Dienstmannen-Geschlecht.bewohnt, 
ist somit auch in diesem Fall als des Minnesängers Hartmann Vaterhaus zu 
betrachten. 



Als der Druck unserer Schrift bis zur Vorrede gediehen war, erhielten 
wir durch gütige Mittheilung des Herrn Prof. Dr. K. Bartsch Kenntniss von 
der vor Kurzem erschienenen sehr interessanten Abhandlung H. Schreyers: 
„Untersuchungen über das Leben und die Dichtungen Hartmanns von Aue". 
Calvary, Berlin 1874, worauf wir uns l^eeilten, solche vor Abschluss des Druckes 
unserer Schrift wenigstens einsehen zu können. 

Da fanden wir, dass Schreyer u. a. insofern theilweise sehr von unsem 
Resultaten abweicht, als er in Betreff Hartmanns Heimat mehr für Franken, 
speziell die Gegend von Rotenburg an der Tauber, wo sich ein Aub (früher 
Ouwe) finde, als für Schwaben ist. Doch rermisst er dabei selbst als we- 
sentlichen Stützpunkt für seine Ansicht, dass sich an diesem Orte (Aub) oder 
überhaupt in dieser Gegend Frankens das Vorhandensein eines reichsfreien 

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Gieschleobtes roti Oawe für die Zeit unseres Dichters nicht constatiren lasse; 
ob es dort Dienstraannen Ton Ouwe gegeben, lässt Schreyer dahingestellt. 
Beide haben wir für unser Owe bei Kutenburg am Neckar nachgewiesen, 
wozu noch das in der unmittelbaren Nähe von Owe schon im 12. Jahrhundert 
Torhanden gewesene Grafenschloss Rotenburg kommt, zu dessen Besitzern freie 
Herren von Owe als Vasallen, Ritter von Owe hernach als* Dienstmannen ge- 
hört haben. In manchen anderen Punkten stimmt indess Schreyer mit uns 
überein, so gleich Eingangs in Betreff der allgemeinen Beurtheilung des mehr- 
erwähnten AuHiatzes von Freiberrn H. C. von Ow in der Germania. Denn 
für's lilrste spricht er sich Seite 4 über die Beweisführung des Freihennf also 
aus: „Ich bin zweifelhaft, ob es gestattet ist, hier von einer Beweisühr- 
ung zu reden, wo der Verfasser sich begnügt, das Leben des Dicbterji rein 
dogmatisch zu construiren, wo er im Tone des Orakels, welches die unum- 
stössliche Wahrheit verkündet, uns Aufschlüsse gibt, denen gegenüber kein 
Zweifel mehr möglich gedacht wird, wo selbst die urkundlichen Nachrichten 
weniger als Beweismittel denn als interessante Beigabe für den erstaunten 
Leser hinzugefügt werden". Für*s Andere sagt Schreyer, indem er seine Verwun- 
derung darüber ausspricht, dass der Aufsatz des Freiherrn' von Ow noch von kei- 
ner andein SSeite eine eingebende Widerlegung gefunden und dabei meint, „man 
habe eben vielleicht eine angenehme Illusion nicht zerstören und einer liebge- 
wordenen Meinung nicht entgegentreten wollen", in Betreff der Haltbarkeit der ' 
Aufstellungen des Freiberrn weiter;: „Und doch — der Wissenschaft muss es 
lediglich um die Wahrheit zu thun sein, sie darf sich durch keine Rück- 
sichten fesseln lassen; ihr gegenüber aber wird eine Stütze der mit so grosser 
Zuversicht vorgebrachten Hypothese (des Freiherrn von Ow) nach der andern 
zusammenbrechen und das ganze so stattlich erscheinende Gebäude im Sturze 
nach sich ziehen**. Schreyer stimmt mit uns aufs Bestimmteste auch darin 
überein, dass er Hartmann von Aue dem Dienstmannenstande einreiht, die Mei- 
nung des Freiherrn, derselbe werde als freier Herr zeitweise in Diensten des 
Herzogs Konrad, des Staufers, gewesen sein, aber verwirft n. a. m. 



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