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Full text of "Des Publius Virgilius Maro Werke: .; in drei Bänden"

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DES 

UBLIUS VIBGILIUS MABO 

WERKE 

VON 

JOHANN HEINRICH VOSS. 



ERSTER BAND. 



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' DES" 



UBLIUS yiRGILIUS MARO 

WERKE 



VON 



JOHANN HEINRICH VOSS. 



IN DREI BÜNDEN. 



ERSTER BAND. 



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ANDLIGHE GEDICHTE 



UND ANHANG. 



DRITTE AUSGABE. 

BRAUNSCHWEIG, 

OBDHVCKT VMD TEKX.SaT 

VON FBIEDBICH VIEWEC. 

MDCCCXXII. 



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DES 



PÜBLIUS VIRGILIUS MARO 



IDYLLEN. 



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£:RSTE IDYLL B. 



T I T Y R U S. 



EINLEI TÜNG. 



Jal^r der Stadt 7i3, im Herbft. 

Als GaQias und Brutus 712 bei Philippi gefallen waren, 
yerth^ilte ^bt IkiumTir Qäfar Qctavianus den liegenden Legio- 
nen die Yorrprochenen Äcker der republikanifclien Städte, wor- 
unter Cremona war. Qer wilde Schwärm, der allenthalben die , 
Anwcifungen überr9hritt , brach auch .hier in das Gebiet von j 
Mantua, und bedrohte Virgüi Eilgut in dem Dorfe Andes. Die 1 
Preisgegebenen , da ihre Klagen in Rom nichts halfen , flüchte- * 
ten oder vertheidigten iich , von dem Konful L. Antonius , des : 
Triumvirs M. Antonius Bruder, begünitiget, der gegen das Ende * 
des Jahrs 716 den perulinirchen Krieg gegen Gctavianus anfing« ^ 

Virgil hatte indefs die Achtung des antonifchen Befehls-^ 
habers im cisalpinifchen Gallien Aiinius PoUio gewonnen, undl 
durch diefen und Mäcenas in Rom , wohin er im Frühling bei 1 
der Beliznehmiuig Cremona^s mit den Seinigen geflüchtet war^ 
Verfchonung feines Gütchens bewirkt; und Gäfars Wort wurde 
fowohl durch Pollio , als durch die Auffeher der Äckcrverthei- 
lung, Varus und Gallus, geltend gemacht 

Im Herbft , da PoUio , dem L. Antonius beizuftehn , abzogt 
und die raubgierigen Soldaten aus Cremona auch gegen Andes 
andrangen, fuchte Virgil durch diefe "Idylle Schonung für uch 
und feine flüchtenden Nachbaren. Ein auswandernder Ziegen-- 
hirt , dichtet er , Höfst im Bergwalde auf Tityrus , der ruhif^ 
Virgils Rinder weidet Auf feine Verwunderung erzählt ihm. 
der Alte, er habe diefen Sommer in Rom, wohin er, lieh frei 
zu kaufen , feiner Herfchaft gefolgt fei , die Entfoheidung de^ 
künftig imter den Hausgöttern zu verehrenden Jünglings Cäfar 
gehört, dafs ihnen ihr GrundHück bleiben foUe. Der Auswan« 
demde wünfcht ihm Glück, imd bejammert fein eigenes und 
der Nachbaren Verhängnis, 



^. 



ERSTE IDYLLE. 



T I T Y RU S. 



il 



Melibövs. 

I JLityrus^ du,* in der Wölbung gislehnt des gebreite- 
ten Buchbaumsy 

Sinneft mit ^Waldgefange den fchmäehtigen Halm zu 

begeiftem. 

Yfitf des Vaterbezirks anmutige Fluren verlaf- 

fend. 

Wir fliehn väterlich Land! Du, Tityrus, lälßg im 

Schatten, 
Lehreft, wie fchön Amaryllis, mit Hall antworten 

die Wälder, 5 



J 



TlTTKUS, 

O Meliböus, ein Gott hat uns hier Mufse ge- 

währet. 
Denn mir fein wird jener ein Gott ßets! Seinen 

Altar wird 
Oft ein jugendlich Lamm aus unferer Hürde bepur- 

pem! 



10 £ R S T E I D Y I. L E. 

Er hat meinen Küh'n, yHe du fchanft, zu irren , mir 

felber, 
10 Was ich wollte, zu fpieleOs auf ländlichem Rohre, 

verftattet. 

Melibövs. 

Nicht misgönn' ich es dir; niir wunderts mich. Ganz. 

ja erfüllet 

* So die flur das Gretümmel umher! Schau, f eiber be- 

kümmert 
Treib* ich die Ziegen hinweg; kaum, Tityrus, fuhr' 

ich. die eine: ' 

m 

Dort im Hafelgeftrauche verliels £e Zwillinge i 

eben, | 

15 Ach die Hofnung der Trift, die auf harter Klijipe i 

fie ausrang. j 

Oft hat uns dies Übel, wenni nicht das Herz fo ver^ ] 
• kehrt war, 

Wetterfchlag, ich erinnere mich wohl, in die Eichen 

verkündigt! 
Aber indels der Gott, o Tityrus, fage, wer 

ift er? 

,TlTYBUS. 

Jene Stadt, die Roma fich nennt, Meliböus, die 

wähnt* ich 
20 Thörichter gleich der unfrigen hier, zu welcher wir 

Hirten 
Zarte Kinder der Schafe hinabzutreiben gewohnt 

£nd. 
So £nd Hunden die Hündelein gleich, fo Ziegen die 

Böcklein, 

i. 



T I T Y R U S. 11 

Dacht' ich mir; fo pflegt' ich mit Kleinem GroDses zu 

melTen. 
Doch fo weit hob jene vor anderen Städten das 

Haupt auf. 
Als vor dem zähen GefproDs des Schlingbaums ragt 

die CyprelTe. 25 

Meliböus. 

Was fo Wichtiges denn hat Roma zu fehn dich 

beweget? 

TiTYRUS, 

Freiheit! welche doch fpät nach mir Kraf tieferen umr 

fah, 
Als fchon w^ifseres Haar abfank vom gefchorenen 

Barte, 
Doch umfah, und zidezt nach daurender Weile iich 

einfand : 
Seit mich fchon Amaryllis beherfcht, Galatea hin* 

wegfchiedi 30 

Denn, ich will es gefiehn, als noch Galatea mich feft 

hielt, 
War nicht Hofnung, der Freiheit zu nahn, noch 

Sorge für Spargut. 
Ob auch häufig aus meinem Greheg' ein Opfer hervor* 

, Noch fo fett für der Stadt Undank mein Käfe geprefst 

ward; 
Nie ift fchwer von Gelde die Hand mir zu Haufe ge- 

keliret. 35 



/ 



«. 



12 Erste Ip¥i«le. 

ME;i4iBÖug. 

Wundert* ich doch^ wie die Grötter vergrämt, Ama* 

ryllis, du anriefft, 
Und wem bangen du lieüsefi die Frucht, an jegliphem 

Obfibaum. 
Tityrus fehlete hier, Selbft, Tityrus, deine Pin- 

jolen 
Riefen dir, felbfi auch die Quellen, und felhft dies 

Rebengehölz hier. 

^ • 

Tityrus. 

40 Was zu thun? Nicht konnf ich heraus ja g^hn aus 

* der Knechtfchaft, 

Noch wo fonfi 'wahrnehmen fq nah' obwaltende 

Götter. 
Dort hab' ich den Jüngling gefelpi, Meliböus, dem 

jährlich 
An zwälf fefllichen Tagen bei uns der Qpf^raltar 

dampft. 
Dort ertheilte zuerft mir Forfchenden jener die Ant* 

wort : 
45 Weidet wie ehmals Rinder, o Qur(ch% und erziehet 

euch Farren. 

Melibövs. 

O glückfeliger Greis , fo bleiben dir deine . Ge- 
filde? 

Grpfs genug auch für dich! wiewohl rings nacktes 

Gefiein iA, 

Und mit fchlammiger Binle der Sumpf die Triften 

bedecket. 



T I T Y R U S. 13 

Nicht ungewohntere Weide befchwert nun kränkliche 

Müttci', 
Noch Tdtlezt heimtüchifch die Seuche benachbairlei; 

Viehes. 50 

O glücUeliger Greis, hier zwifchen Vertraulichen . 

Bächen, 
Und an helligen Quellen erfrifcht dich fchattige Küb- 

lungi 
Ddrt der Zaun, der hinab an benachbarter Grenze 

des Feldes 
Stets hybläifche Bienen in Weidenblüte be>- 

"TOrtet^ 
Tönt mit leifeih Gefumfe dich oft in genlächlichen 

Schlummer: '55 

Hier am hangenden ^ Fels fingt hoch der fcherende 

Winzer; 
Während indeCs dein Liebling, die heilere Taube de^ 

Waldes, 

» 

Rafflos girrt, tihd die Turtel vom luftigen Wipfel der 

Ulme. 

TiTYRUS, 

Eher deilmach wird weiden der flüchtige Hirfch in 

dem Äther, 
Und das entfliehende Meer auf dem Trockenen laiTen 

die Fifche; 60 

Eher ja. wird ^aüsheimifch, nach umgewechfelten 

Grenzen, 
Trinken der . Parther des Araris Flut> der Germane 

den Tigris: 
Als dskü je Sein Antliz aus unletem Herzen er« 

lefche! 



14 Erste Idylle. 

Meliböüs. 

Doch wir wandern hinweg, ein Theil zu den ilürften-H 

den Afem, 
65 Andere Scythien su, und dem leimigen Sturz des, 

OaxeSf 
Ja Zu dem fem endegenen Britannier auTser dem 

Weltkreis ! 
Werd' ich je das Gefild% ach! künftig einmal, wo ich . 

aufwuchs. 
Und der ärmlichen Hütte mit Rafen bekleidetes Ob- 

• dach, 
• Künftig die wenigen Ähren, mein Reich! anAaunend 

erblicken? 
70 Diefe fo fleifsige Brach' hat nun der Terruchtefte 

Krieger? 
Diefe Saaf der Barbar? Wohin, ach! leitete Zwie» 

tracht 
Uns unglückliches Volk! Ach! wem bepflanzten wir 

Acker? 
Jczt, Meliböus, dir kirnen gepfropft! jezt Reben ge-^ 

ordnet! 
Geht, mein klägliches Vieh, fo beglückt einft! gehet, 

ihr Ziegen! 
75 Niemals werd' ich hinfort, in umgriineter Höhle ge- 
lagert, , 
Femhin fchweben euch fehn an bufchiger Jähe des 

Felfens; 
Nie, auch Hjmt xfieia Gefang; nie fchwärmet ihr, fröh- 
lich des Pflegers, 
Blühenden Cytifus euch imd bittere Weiden zu 

rupfen. 



T I T Y R U 8# 15 

TiTTRVS. 

3 Nacht doch könnteft du wol hier neben mir 

aiuruhn, 
grünlaubiger Streu« Wir haben dir zeitige 

Baumfrucht, 80 

.6 Kafianien auch, und gepreüste Milch zwi Gre- 

nüge. 

n auch fieigt in der Feme der Rauch aus länd- 
lichen Giebebi; 

von den Höhn des Gebirgs erftreeken fich grö- 

Dsere Schatten* 



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ZWEI T E IDYLLE. 



ALEXIS. 



VimaiL Ton Vofi» !• 



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EINLEITUNG. 



1 

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Jahr der Stadt 711, im Frühling. 

Diele Idylle, auf welche die fünfte V. 86 und idie dritte 
V. 84^urüd]tlieht, iit von den fcehn erhaltenen die ältefte. 
Vor den Schrecknillen des Triumvirats, weder dem Pollio, noch 
eine;n der Mächtigen in Rom be^^annt, erfann der fechsund- 
zwanzigjährige Dichter, in " der Stille des Väterlichen Dorfs, j 
einen ländlichen Stof , um mit Theokrit in Darllellung ver- \ 
fchmäheter Liebe zu wetteifern. Durch fein Vorbild ward er "^ 
auf einen licilifchen Schäfer geführt. 

Das Gedicht ift eine Art von Ständchen (y^fjLO^ nannten 
es die Griechen), und hat Ähnlichkeit mit den Liebesbewer- 
bungen des theokritifchen Ziegenhirten um die Waldhirlin 
Amäryllis, und des jungen Cyklopen um feine Galatea« 

In den Mittagsitunden eines Emtetags entfernt Hch der 
Oberhirt Korydon von feiner auf den Bergwäldeni ruhenden 
Schafheerde , und geht durch die Weinulmen der Äcker nach 
dem Buchenwäldchen in der Nähe des Landhofes, wo vielleicht 
der fchöne Alexis ihn hören wird. Hier lieh felbft vergefTend, ^ 
fingt er bis zum Abend in abgerilTenen Entzückungen, was 
Virgil in ein Ganzes ordnet. '- 



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ZWEITE IDYLLE. 



ALEXIS. 



ryclon brannte, der Hirt, um den jugendlich 

fchönen Alexis, 

fein Herr fich erkor; und nichts bot einige Hoff- 
nung, 
wo dicht aufftrecfcte die fchattigen Wipfel der 

Buchhain, 

t' er häufig zu kommen ; und dies ungeordnete 

rief er 

m Bergen umher und Waldungen, nichtiges Ei- 
fers: 5 

O graufamer Alexis, fo nichts ift unfer Gelang 

dir? 

s erbarmft du dich mein? Zum Tode noch 

zwingft du mich endlich! 

ruhn auch die Schaf, wai fchattige Kühle zu 

athmen ; 

verkrieclit fich im Dorne fogar die grünliche 

Eidex; 

, wie Theftylis auch den vor Glut hinfchmach- 

tenden Schnittern 10 



l 




20 Zweite Idylle. 

Quendel und Knoblauch jezt, wohlriechende Kräuter, 

zerfiami^fet. 
Aber um mich fchwirrt heiler, da deine Spur ich ver- j 

folge, i 

Unter der brennenden Sonne, das Rebengehölz von L 

Cikaden. 
Wars nicht belTer gethan, den finfteren^ Zorn Ama- 2 

ryllis j 

15 Auszuftehn, und die ftolzen Verachtungen? nicht |-^ 

den Menalkas, 
Wie auch jener gebräunt, wie weifs du felber auch 

w"areß ? 
O liebreizender Knabe, zu fehr nicht traue dem Anb-, 

fehn! 
Weifser Ligufier verwelkt , die dunkle Vaccinfe 

pflückt man. 
Hochher fchauft du, und fragft nicht, wer ich fei, 

Alexis : 
20 Wie fchnee wolliges Viehes fo reich, wie an Milch fo -^ 

gefegnet. 
' Taufend fchwärmen mir Lämmer mnher auf Akuli* ^. 

fchen Bergen! 
Frifche Milch ift im Sommer bei mir , und im Profit j 

nicht fparfam! 
Sing' ich doch, was gewöhnlich, wann einfi er di#l 

Rinder herbeirief. 
Sang der Dircäer Amfion auf Attika's Berg' Art- 

cynthus! 
25 Auch nicht bin ich fo fchlecht von Gefialt; mich M J 

ich am Ufer j 

Jüngft, da des Meers Windftille mir fpiegelte. Dafr [^ 

ms ja darf ich. 



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Ale XI s. 21 

ihte du felbfc, nicht Icheun; wofern nie teufchet 

ein Bildnis! 
gefall' es dir nur , mit mir der beekelten 

Felder^ 
adriger Hütten Bewohner zu fein, und zu fpiefsen 

den Kronhirfch, 
er der Böcklein Heerd' in grünenden Ibifch zu 

treiben! 30 

ben mir foUA du im Walde dem Pan nachahmen 

an Wohllaut! 
a hat zuerft Rohrpfeifen mit Wachs an einander zu 

fügen 
sgedacht; Pan liebet die Schaf und der Schafe 

Beforger : 
auch fcheue dich nicht , am Rohr zu reiben das 

Mündlein! 
ide dies zu erlernen, was that nicht alles Amyn- 

tas? 35 

le Syring' ablaufend in fiebentönigem Schier* 

ling 
b' ich, die einft Damötas zur Freundfchaftsgabe 

mir darbot, 
1 als Sterbender fprach: Du bifi ihr jezo der 

zweite ! 
Iie^ Damötas fprachs : fcheel fah der bethörte 

Amyntas. 
!serdem zwei Rehchen, und nicht im fieberen 

,Felsthal, 40 

y ich gehafcht; noch jezo mit weifsgefprenkelten 

Häuten, 
gen £e je zwei Schafe des Tags; die bewahr' ich 

dir felber. 



22. Zweite Idi^lle.' 

lüngft hat Thefiylis I^on fie hinwegzuführen ge- b 

fchmeichelt ; ' 

Und fie wirds, da du höhnifch auf unfere Qaben her- j^ 

abfiehft ! 
45 Komm^ liebreizender Knab', o konunl Dir tragen '■- 

die Nymfen 
Lilien, fchau! in Körbe gedrängt; die weifse :; 

Najade 
Pflückt dir helle Violen und Prachtmohn'; auch den - 

NarcilTus 
Fügt fie darein 9 und die Blume des liiablich duften^ ^ 

den Dilles; 
Zeilandlaub auch reiht fie, und andere würzige ]^ 

Kräuter, 
50 Sanfter Vaocinien Bläue mit Ringelblumen ver* {^ 

goldend. 
Ich will graidiche Quitten mit zarter Wolle dir £am- 

mein, 
Und Kafianiennüffe , die fonfi: Amaryllis mir '^ 

liebte, ' 

WächTeftie Pflaumen dazu; auch^ dies wird achtbare l 

Frucht fein! 
Lorbeflaub dann brech' ich, und deins, o benach? ^ 

barte Myrte: /. 

55 Weil ihr alfo gepaart balfamifche Düfte ver- 1 

mifchet. 
Bäurifcher Korydon du, nichts gilt dein Gefchenk \ 

dem Alexis; ^ 

Nie auch , wenn mit Gefchenhen du kampfft , wird ' 

lolas dir nachfiehn. 
Weh, e weh! was wollt* ich mir Elenden? Blumen 

den Sudwind 



A L c X I s. X 23 

lielüs ich Betäubter hinzu , und dem lauteren Quelle 

die Eber! 
Thörichter, ach! wen fliehft du? Auch Götter ja 

wohnten in Wäldern, 60 

Paris der Dardaner auch. Berghöhn, die befeßigef 

X Pallas, 

Sehitze £e felbft; uns, uns fein lieb vor allem die 

^ Wälder! 

Funkelnd folgt die Löwin dem Wolf; und der Ziege 

der Wolf felbft ; 
Blühendem Cytifus folgt nafchhaft die wählige 

Ziege ; 
Korydon dir, o Alexis : dahin zieht jeden *die 

Sehnfucht. 65 

Schau, wie den hangenden Pflug am Joch heimtra- 
gen die Rinder, 
Und wie die Sonn' abfcheidend die wachfenden Schat«> 

ten \erdoppelt. 
Dennoch entflammt mich die Liebe 1 Wodurch wird 

Liebe begrenzet? 
Korydon, Korydon, achl wie übernahm dich der 

Wahnfinn ! 
Halb nur ward dir gefchneitelt auf laubiger Uhne der 

Weinftock! 70 

Wenn doch wenigftens etwas dafür, was fodert die 

Wirtfchaft, 
D,u aus Gezweige zu flechten und. biegfamer Binfe 

dir vomähmft! 
Sanft noch findet fich wol , wenn der dich ver- 

fchmäht, ein Alexis! 



/^ 



DRITTE IDYLLE. 



P A L Ä M O N, 



EINLEITUNG. 



N 

Jahr der Stadt 7t 2, im Frühling. 

# 
Afinius Pollio, delTen Gewogenheit V. 84 gerühmt wird, 

war feit dem Ausgange des Jahrs 711 des Triumvirs Antonius 
Befehlshaber in Veuetien, und erkannte bald den Geilt des 
jungen Dichters in feinem Korydon, der Mücke, und anderen 
.Vorarbeiten. Aufgemuntert von ihm, fchrieb Virgil diefe in 
der fünften Idylle V. 87. genannte Frühlingsidylle, die, als 
Gemähide von der forglofen Fröhlichkeit des Landvolks, die 
gütige Verwaltung des Befehlshabers," und zugleich deflfen er- 
klärte Liebe für die Miifen pries. 

Zwei erdichtete Hirten in Andes, Menalkas und Damötas, 
treffen fich um den Anfang des Aprils auf der gemeinen Trift, 
die zum Mincius Hch hinab neigt Von ländlichen Neckereien 
voll Wizes , der keineswegs durch Stadt oder Hof verfeinert, 
am wenigften neuarkadifcher Bücherwiz , fondern , was er fein 
foU, kernhafter und felbft derber Naturwiz ift, komnit es end- 
lich zur Ausfoderuug, im Wettgefange lieh zu melTen ; und 
der benachbarte Palämon wird Schiedsrichter. Es werden 
mehrere Liederchen und geiftvoUe Gemahlde verfchiedenes 
willkührlichen Inhalts, worin weder wahre noch gegenwärtige 
Gefchichte zu fuchen ift , hier lauter zweizeilige , gewechfelt. 
Damötas , der als Beleidigter herausfoderte , fingt vor , was er 
vorher konnte erfunden haben. Dem trozigen Menalkas Jiegt 
ob , das Gefungene fogleich, in eben fo viel Verfen, durcl\ ähn- 
lich gewandten Wiz , und , wenn ihm der Sieg zufallen foll, 
vollkommener, zu beantworten. 

Der Eingang und fonft einzelne Stellen find aus Theokrit, 
nicht entlehnt, fondern mit Geift nachgeahmt: wie ein Wett- 
Tänger den Vorgefang nachahmend zu übertrefFen ftrebt. 



: 



I 
I 



DRITTE IDYLLE. 



i 



P A L Ä M O N. 



Menalkas. 

Oage, Damötas, mir doch, weis Heerde da? Wol 

Meliböens? 

Pamötas. 
Nein» des Agon vielmehr; jüngft übergab Hq mir 

• ■ 

Agon. 
Menalkas, 

• 

Schlehen» o ftets unglückliches Vieh! Da er felber 

Neären 
Nachgeht» und» ob jene mich ihm vorziehe» be« 

forgt ilt; 
Melkt ddr Fremdling die Schaf , ihr Hirt» zweimal in 

in der Stunde: 5 

So wird jenen der Saft» und die Milch entzogen den 

lifimmem. 



28 Dritte Idylle« 

■ 

Damötas, 

Schonender äufsert man doch vor Männern folcherlei 

Vorwurfl 
Weifst du der Winzer Gefang: Liebäugele , Hirtin ! 

' Menalkas ! 
Locke dein goldenes Haar! und wie hell auflachten 

die Mägdlein? 

Menalkas. 

10 Damals wol, da lie fahen, wie Mikons Reben« « 

gehölz ich, 
Samt der fproffenden Schür , einschnitt mit tücki- 

fchem MelTerl 

Daiviötas. 

Auch bei den alternden Buchen vielleicht, da den 

Bogen' des Dafnis 

Samt dem Gefchofs du zerbrachft. Denn du, verkehr- 
ter Menalkas,. 

Sahft, als jenes dem ^Knaben gefchenkt ward, voller 

Verdrufs hin; 
15 Und wofern nicht irgend du fchadetefi, warft du des 

Todes! 

Menalkas. 

Was mag üben der Herr, wann fo fleh erdreifiet der 

Schalkskneoht ! 
Sah ich felber es nicht, wie du, Böfeßer, liftig des^ 

Dämon 
Zottigen Bock aushafchteft , indem laut bellte Ly»* 

ciska. 



P A L A M O N. 29 

und ich zu rufen begann: Wohin rennt jener; wo- 
hin nun? 

Tityrus^ fammle clas Vieh! Du lauerteft hinter dem 

Riedgras. 20 

F Damötas. 

l Sollt', im Wechfelgefange bcfiegt, nicht jener mir 

» ^ geben, 
Den die helle Syringe mir wohl verdienet, den 

Geisboch? 
Weifst du's nicht: mein war er, der Bock! Selbft 

pflegte mir Dämon 
Das zu geftehn; doch ihn geben, verfichert' er, höxm^ 

er uimiöglich« 

/ Menalkas. 

Wie? im Grefang du ihn? War je auch mit Wachfe 

gefügt dir 25 

Eine Syring'? Oft quälteft du dich, o Pfutcher, am 

Kreuzweg, 

Dein armfeliges Spiel auf fchnarrendem Stroh zu 

verfiumpem! 

D A BI ö T A s. 

Willft du, fo lafs uns beide, was jeder vermag, mit 

einander 

Zufehn. Hier die Starke (damit du nicht etwa dich 

weigerJft : 

Zweimal kommt^ iie zur Melk' , und nährt zwei Jun- 
gen am Euter!) 30 

Sez' ich dir; fage mm du, mit welchem Pfände du 

kämpfefi. 



30 * Dritte Idylle. 



■ >• 



Menalkas. 

Nicht wohl darf von der Heerd' ich etwa« fezen im 

Wettkampf: 
Hart ifi der Vater daheim , und die Frau ftiefmütter- 

lieh firenge; 
Zweimal zählen £e täglich das Vieh, auch einer die 

Zicklein« 
35 Doch traun 9 wag weit gröfser an Werth, wie du fel- 

ber geftehn wirft, 
(Weil au rafen einmal dir gefallt!) zween buchene 

Becher 
Sez' ich> des göttergl^ichen Alcimedon herliches Kuxift- 

werk: 
Wo, mit fertigem Meifsel erhöht, der rankende 

Weinftock 
Hellerem Efeulaub tlie verbreiteten Dolden um- 
windet. 
40 Mitten darauf ift Konon gefchnizt, und wie heilst 

noch der andre. 
Welcher befchrieb init dem Stäbchen des Weltalls 

Kreife den Völkern, 
Was djem Emter für Zeit, und dem' krummen Pflü- 

ger gereeht fei. 
Noch hat keinen die Lippe berührt , ich bewahre Re 

achtfam. 

Damötas, 

Jener Alcimedon hat auch mir zween Becher ge- 
bildet : 
45 Bärenklau umfchlingt mit gewundenem Laube die 

Henkel ; 



P A I« A M O N. 31 

Orfeu« fteht in der Mitte gefchnizt, und die folgen« 

den Wälder. 

I Noch hat keinen die Lii)x>e berührt, ich hewahre fie 
" achtlam. 

' Doch wer die Kuh anfchaut, der darf nicht rühmen 

die Becher« 

* Menalkas. 

Nimmer entfliehft du mir heut; wohin du au,ch rufft, 
^ ich erfcheine! 

I Nur velmehme den Kampf doch fieh , dort 

H kommt ja Palämon. 50 

Lerne mir. keinem hinfort mit deiner Stimme zu 

trozen! 






Damötas« 
» « 

Auf denn« wenn du was halt! bei mir wird nimmer 

[ Verzug fein! 

^ Auch macht keiner mich fliehn! »Nur daf^ du. Nach« 

bar Palämon, 

Solches tief in das Herz (nicht klein ift die Sache!) 

dir einpräglt! 

r ■ 

I 

% Palakon« 

Singt nunmehr, nachdem wir im weichen Graf uns 

gelagert. 55 

Nun blüht jedes Gefild', und- jeglicher Baum von Er« 

Zeugung. 
} Nun ift laubig der Wald, nun üppige Schöne dei 

Jahres. 
Du 9 Damötas, beginn; du dann antworte, Me« 

nalkas« 



32 Dritte Idyj^ls. 

^. 
Singt mir Wechfelgefang ; Abwechfelipig liebt di« : 

Cämöne. 

Damötas. 

60 Hebt von Jupiter an , ihr Göttinnen : Jupiterf 

voU ift 
Alles; er ordnet die Land', er denkt auch meines 

Gefanges. 



Menalkas. 

Hold ift Phöbus auch mir ; dem Phöbus prangen bei 

mir ftets 
Heilige Lorberbäum'> und die röthelnde Blum' Hya« 

cinthus. 

Damötas, 

Apfel wirft Galatea nach mir, das fchelmifche Mäg^ 

, lein; 

65 Flieht dann in Weidengefträuchy und wünfchet zuvor • 

fichgefehen. 






Menalkas« 

Doch mir naht willfährig von felbft mein trauter 

Amyntas; 
Dals bekannter nicht ift Ichon Delia unferen 

Hunden. 



Damötas. . 



Haben foll meine Cythere was Köftliches: denn 

bemerkte 
Selber den Ort, wo genifiet die luftigen Tauben dei 

Waldes. 



1= 



P A L A M a N. 33 

Menalkas. 

Was ich vennocht) ward dem Knaben gefandt, zehn 

goldene Apfel, 70 

Die ich im Walde gepflückt; die anderen fend' icb 

ihm morgen. 

Damötas. 

O wie oft,, und wie füfs hat mir Galatea gelieb- 

koft! 
Einigen Theil » ihr Winde , doch trajgt zu den Ohren 

der Götter! 

Menalkas. 

Ach was frommts, dafs mich dein Herz nicht verach- 
tet, Amyntas; 
Wenn^ weil du die Eber verfolgft, ich hüte des 

Nezes? 75 

Damötas. 

Sende die Phyllis mir heut, mein Geburtstag ifc es, 

lolas« 
Wann ein Kalb für die Saaten ich opfere, komm^ 

du felber. 

MfiNALKAS. 

Pfayllis UebMch vor allen; wie weinte £e, als ich 

hinwegging ! 
Lange noch: Schöner, o wohl, wohl lebe ,mir| 

f^ach iie, lolas. 



TiB«» T01I Voss« I. 



34 Dritte Idylle. 



\. 



•Damötas« 

80 Traurig ifi Hürden der Wolf, dem reifen Korn das 

Gewitter, 
Fruchtbaren Bäumen der Wind; und uns dein Zom^ 

Amaryllis« 

Mekalkas, 

Süfs ifi: Feuchte der Saat, entwöhnet^ Böcklein der 

Hagbaum, 
Weidengefprofs der trächtigen Oeis; mir einzig 

Amyntas. 

Damötas* 

PoUio horcht, wiewohl fie ländlich ift, unirer Be» 

geiltrung: 
85 Weidet ein Kalb, Pieriden, dem Würdiger eures 

Grefanges! 

. Menalkas, 

Pollio felbfi; hebt neue Gelang' an: weiden den. 

Farren, 
Der fchon fiöfst mit dem Hom, und Sand mit den 

Fülsen umherfireut! 

Damötas. 

Wer dich, Pollio, liebt, homm' hin, wo entzückt cT' 

dich wahmimt; 
Honig ftrtfip' ihm, es trage die Brombeerrank' auch 

Amomiim! 



ITALAMON. 35 

Mekalras. 

Wer mcht BaTius hallst, fei^.Mävius, deinem Gerang* 

hold! 90 

Er auch fpann' in das Joch Brandfiichf', und melke 

den Geisbock! 

Damötas. 

Die ihr Bliunen euch pflückt und niedrig wachfende 

Erdbeem, 
Kalt, o ihr Knaben , entflieht! kalt lauret die Schlang' 

in den Kräutern! 

Menalkas. 

Nicht zu weit, ihr Schäfchen; o hütet euch! We- 
nig zu trauen 

lA dem Bord! Wie der Widder noch felbft dijc Wolle 

fleh fchüttelt! 95 

D A M Ö T A S. 

Tityrus , wirf mir hinweg die weidenden Ziegen vom 

FluJDCe! 
Selbft, wenn es Zeit ift, denk' ich, fie alF im Quelle 

, zu baden« 

* Menapkas« 

Knaben, die Schaf ins Kühle! Verfangt die'Hize, 

"^e neulich, 

^ Wieder die Milch; wir klopfen umfonft mit den 

Händen die Euter« 



« 



M 



36 F A L A M O 'if. 

Da9i8ta9« ^ 

100 Weh, o weh! wie hager bei mafiiger Erve mein 

Stier ift! 
Gleiche lieb' ift Verderben dem Vieh, und dem Mei-' 

fter des Viehes! ^ 

Menalkas. 

Diefen ift traun auch Lißbe nicht Schuld; kaum hängt. 

( ihr Oebein noch ! i 

Welch ein Auge mir wol die zarten Lämmer be« 

zaubert! 

1 
Damötas« I 

Sage mir, wo zu Land', und du bift mein grofser ] 

■j 

A])öllo, j 

105 liur drei Ellen umher des Himmels Raum fich erftrecket« 

Mei^alkas« 

Sage mir, wo zu Lande, mit Königsnamen bezeichnet, 
Frühlingsblmnen erblühn; und Eigener werde der 
"^ PhyUis, 

Uns nicht ziemt , euch diefen fo grofsen Kampf zu 

entfcheiden« 
Werth bift du des Rindes, und er. Doch jeglicher 

fcheue 
110 Amors füf ses Geluft, eh ihms die Erfahrung verbittert! 
Jezo die Bach', ihr Knab^, geftox>ft; fatt tranken die 

Wiefen. 



VIERTE IDYLLE. 



P O L L I O. 



EINLEITUNG. 



Jahr der Stadt 714, im Herbft. 

Nachdem Octavianus im Frühlingr den L. Antonius in Pe- ^ 
ruiia überwältigt hatte, verband üch gegen ihn der Konlul ) 
jPollio mit dem Republikaner Domitius Ahenobarbus, der das 
ionifche Meer beherfchte , und berief den Triumvir M. Anto- 
nius nach Brundiiium. Auch S. Pompejus in Sicilien fuchte 
den Bund: fo dals GäTar bei zweifachem Kriege auch Hern« 
mung der Zufuhr .für das ausgehungerte Italien befürchten 
mufste. Unter den angftvollen Erwartungen ward im Herbft 
ein Vergleich zu Brundilium vermittelt, welchen Pollio mit 
Mäcenas abfchlofs. Die getroffenen Bedingungen: VergefTen- 
heit des Gefchehenen, neue Theilung, wodurch Gäfar den We- 
llen, Antonius den Often erhielt, und gegen Pompejus, wo nicht 
Ausföhnung glückte, gemeiivTchaftlicher Krieg: liefsen ein Ende 
der Zerrüttung hoffen. 

Da Pollio's Gemahlin, wahricheinlich in Ravenna, wo er 
feit dem vorigen Herbße den Ausgang des peruTinifchen Kriege 
erwartet hatte, eben jezt der Entbindung nahte; lo bezeugte 
der Dichter , in der Freude über das öffentliche Wohl , durch 
diele Idylle die lebhaftere Theilnahme an d^r Ehre und dem 
häuslichen Glücke feines Befchüzers und dichterifchen Freun* 
des. Der bald darauf geborene Sohn des Pollio war Aiinius 
GaUus, von feinem Geburtslande, dem dielTeitigen Gallien, fo 
genannt, der im folgenden Jahr von des zurückkehrenden Va- 
ters berühmter Eroberung noch ^^n Beinamen Saloninus er« 
hielt. (EinL Vm.) 

Man trug lieh damals mit einer WeifTagung der kumani* 
fchen Sibylle, wann, und wie erkannt, das grofse Weltjahr von 
zehn fäkulifchen Monden mit dem lezten von Sol beherfchten 
die eiferne Zeit fchliefsen, und im Frühlinge des neuen Welt- 
jahrs das goldene Zeitalter des Saturnus dem veredelten Men- 
fchengefohlecht zurückkehren würde. Der Dichter kündigt das 
Ende des eifemen Zeitalters an, da fchon Apollo (der myftifche 
Sol) durch Pollio, den Sänger tmd Fluchabwender , die Welt 
beherfche; ja noch unter Pollio's Konfulate werde fein Sohn, 
«Is der Erftling der neuen Schöpfung erfcheinen , . um in der 
allmählich entfündigten und geläuterten Welt, mit anderen 
gottbefreundeten Heroen, die höchüen Ehrenämter des fried- 
lichen Reiches zu verwalten. 



« 



» 



\ • 



VIERTE IDYLL E, 



P O L L I O. 



xLtwas Höheres larst, o ilkeliTche Mulen, uns 

fingen: 
Nicht jedweden erfreut Weinbaum und Sumpftama« 

riske. 
I Singen wir Wald des Gebirges^ der Wald ift würdig 

des Konfuls. 
Schon das äulserfte Alter erfchien des humäi- 

fchen Liedes 5 
' GtoA von neuem beginnt urrx3rüngliche Folge der 

Säkeln. 5 

Schon auch kehrt Afträa, es kehrt die ratumifche 

Herfchaft; ^ 
Schon ein neues Gefchleeht entßeigt dem erhabenen 

Himmel. 
Sei nur dem kommenden Knaben, dem erfi die 

eifeme Abart 
Endet, und rings aufblüht ein goldnes Gefchleeht 

durch das Weltall, 
Sei du, keufche Lucina, ihm hold: fchon herfcht 

dein Ax^ollo, 10 



•/ 



40 Vierte Idylcc. 

« 

Dir wird fogar dies Heil des Äons, dir Komul» be- 
ginnen,' 

Pollio; dafs allmählich die grofsen Monden heror«- ^ 

■•1 
gehn« j 

Deiner Machte wenn et^a noch Spuren find unTeres j 

Frevels, -^ 

Werden fie fehwindend befrein vom ewigen Schre- r 

cken die Länder. i 

15 Jener wird göttliches Leben emx>fahn, und fchauen ] 

mit Göttern I 

Untermifcht die Heroen, und felbit erfcheinen mit ^ 

jenen, ■ 

Und in Frieden beherfchen durch Yatertugend den 

Erdkreis. 

Aber zuerft wird, Knabe, ^ kunfilos Meine 6e- 

j 

Ichenke, 

Efeuranken mit Bakkar gemifcht, und mit üppig ge- ] 

vnuidner 
20 Bärenklau ringslier Kolokailen wuchern das Erd« 

reich. 

Selbfi: wird jezo die Creis mit milcbgefchwoUenem 

Euter 

Heimgehn, und nicht fürchten das Rind den gewal- 
tigen Löwen, 

Auch wird felber die Wiege mit fchmeichelnden Blu- 
men dir aufblühn. 

Sterben wird Schkngengezücht , und . die teufchende 

Pflanze des Giftes, 
25 Sterben! und rings fich erheben AlTyria's edle0 

Amömum. 
"Aber fobald jum, Heldengefang und Thaten des 

Vaters 



P O L Ii I O. V 41 

Da zu lefen Termagft, und was Tugend fei» zu e]> 

kennen ; 
Wird mit lanfter Ähre die Flur allmählicli fich 

gilben. 
Auch am wildernden Dom wird roth abhangen die 

Traube, 
Ja hartftämmigen Eichen enttropft dann thauiger 

Honig. 30 

.Wenig indels find Spuren verjähretes Truges noch 

übrig, 
Die zu verfuchen das Meer im Gebälk, die fchir« 

mende Mauern 
Städten zu baun, und zu Ipalten das Land mit der 

Furche gebieten. 
Dann iA ein anderer Ti^^hys, es fahrt ein*« andere 

Argo 
Auserkohme Heroen; ja dann find andere 

Kriege; 35 

Auch wird wieder gen Troja gefandt ein grofser 

Achilles. 
Drauf wann, fiärker nunmehr, zum Mann dich ge* 

bildet das Alter; 
Weicht aus der Wog* auch felbfi: der Pilot, die be- 
J Trachtete Fichte 

TauCcht nicht mehr; es erwächfi ein jegliches jegli« 

chem Lande. 
Weder dem. Karfi erduldet die Flur, noch 4ie Hippe 

der Weinberg; 40 

SchoA auch löfet die Stiere vom Joch der fiännnige 

Pflüger. 
Sfidit mehr lernet die WoUe 4en Lug ^elartiger 

Färbung: 



42 Ü^ I E R T E I D Y I< L E. 

Nein felkft hüllt auf der Aue der Widder £ch bald in 

• • • des Purpurs 

Liebliche Röthe das Yliefs, und bald in feurigen 

Safran; 
45 Und freiwillig umglüht Scharlach die weidenden 

Lämmer. 
Alfo rollet der Welt Jahrhunderte! fangen den 

Spindeln 
Jen' im (trennen Befchlufs der Grefchick' einträchtige 

Farcen. 

I 

Nim, o nim (fchon nahet der Tag!) die erhabenen 

Ehren, 
Theueres Göttergefchlecht , o Jupiters grolser An- : 

wachs! 
50 Schau mit gewölbeter Laft das hochher fchäuemde 

Weltall, 
Länder rings , und Räume des Meers , und Tiefen 

des Himmels! 
Schau» wie alles fich freut des kommenden Uijahr- 

hunderts ! 
Dauerte doch fo lange das äuTserfie Theil mir des 

Lebens, 
Und i^in Geifi , der genüge , von deinen Thaten zu 

reden ! 
55 Nicht vorgehn an Gelang loU mir der Thracier 

Orfeus, 
Linus nicht; und helfe dem Orfeus Kallio- 

pea 
Mütterlich, helf' auch dem Linuf fein fchöner 

Vater Apollo i 
Wenn felbft Pan mich befieht vor Arkadia's Richter 

im Wettftreit, 



P O L L I o. f 43 

Selbft fon Pan fich befiegt vor Arkadia's Richter er- ' 

klären! 
; Auf 5 Iioldfeliges Kind, und erkenn' am Lächeln die 

Mutter! 60 

Vieles ertrug die Mutter in zehn langwierigen 

Monden ! 

Auf, holdfeliges Kind! Wen nicht anlachten die 

Eltern, 

Würdigte weder des Tifches der Gott , noch die Göt- 
tin des Lagers! 



\ 



» . 




FÜNFTE IDYLLE. 



D AFN IS. 



einl;eitüng. 



Jahr der Stadt 7i5, im Anfang. 

Mopfus und Menalkas, zwei Ziegenliirten , begegnen fich 
im Sommer auf der Weide des Bergwaldes. Der jüngere Mop- 
fus, ein treflicher Syringenbläfer , wird von Menalkas,' einem 
-vorzüglichen Sänger, freundlich zum Wechfelgefang eingela« 
den. Worauf jener den Tod des Dafiiis, diefer die Vergötte- 
rung deÜelben belingt. ^ 

Dafnis erfcheint V. 5o — 52 als ein neulich yerltorbener 
Liebling der beiden, von welchen Menalkas V. 85 — 87 den 
Virgil felbft , den VerfafCer des Alexis und des Palämon , vor- 
ftellt Nach der dritten Idylle allo ward diefe , entweder noch 
712,' gefchrieben , oder wenigftens vor der ^rften vom Herlsft 
716, die fonit ihres Inhalts wegen vorzüglich väre genannt j 
worden; gewifs vor der neunten vom Sommer 714, wo diefe 
V. 18 als Troftgefang des unglücklichen Mantua gelobt wird. 

Weffen Tod konnte damals fo allgemeine Trauer, wedeii 
■göttliche Verehrung fo allgemeine Freude erregen? Keines an- ] 
deren, als des Dictators Julius Gäfar, der 710 ermordet, und 
7 1 2 im Anfange des Jahrs vergöttert ward. Nach den Gräueln 
des Triumvirats, konnten auch wol altrömifche Herzen mit 
Wehmut an die beffere Verwaltung des Julius, und an die gro- 
fsen Tugenden und Entwürfe diefes, wenn Freiheit nicht län- 
ger Statt fand , der Oberherfchaft fo würdigen Mannes , zu- 
rückdenken. 

Wahrfcheinlich ward diefe Idylle im Anfang des Jahrs 
715 auf Pollio's Rath gefchrieben, als Octavianus von Philippi, 
die Äcker unter die Legionen zu vertheilen, zurückkehrte. 
PoUio, der Mantua's Schickfal vorher fürchtete, wollte dem ^ 
Triumvir feinen Freund als Verehrer des Julius und als Dich- 3 
ter empfehlen, und legte diefem Gedichte den Alexis und den 
Palämon bei, deren Virgil V. 86, gewifs nicht aus Eitelkeit^ 
lieh rühmt; und die Empfehlung verfchafte ihm Octavians in 
der erften Idylle gepriefenen Schuz, vergl. IX, 10. 18. Die 
Zeit der Handlung fezte der Dichter in den Sommer 71» 
zurück. 

i 






FÜNFTE IDYLLE. 



D A F N I S. 



Menalkas« 

JVXopfus, warum, da wir als Kundige beid' uns 

begegnet, 

.Du zu blaTpn auf leichtem Geröhr, ich Worte zu 

melTen, 
Sizeu wir nicht hier unter den hafeldurchwachfenen 

Ulmen ? 



Mopsus. 

Du bift älter; dir folgt der jüngere billig, Me- 

nalkas: 
Ob wir unter die rege, von Zefyren wankende 

Schattung, 5 

Ob zur Grotte vielmehr wir hineingehn, Schau, wie 

die Grotte 
Bort von der waldigen Rebe mit feltenen Trauben 

beltreut wird. 



48 Fünfte Idylle. 

Dir wetteifert allein in unferen Bergen Amyn* 

tas. 



* j 



Der wetteifert ja wol, im Gelang zu befiegen den ] 

Phöbus! 

Menalkas. 

1 Singe du , Mopfus , zuerft : fei nun von den Flam« 

men der Phyllis, 

Oder von Alkons Lobe dein Lied , auch vom Hader ^ 

des Kodrus: ! 

Singe nur ; Tityrus hat wohl Acht auf die weidendenT 

Böchlein« j 

MOFSUS. ^ 

Nein 5 der Gelang, den ich neulich in grünende 

. Rinde des Buchbaums 
Eingerizty und melTend den Ton um einander be«" 

zeichnet, 
15 Werde verfucht. Dann rufe zum Wettkampf du 
^^ ^ dön Amyntas! 

\ / Menalkas, 

j • . ■ % 

So wie die Weide des Sumpfs nachfieht dem weilüs« - 

liehen Ölbaum, 
So wie die niedere Narde den purpurnen Rofen- ' 

gebüfchen: , i 

Muls liach unferem Dünken auch dir nachftehen 

Amyntas. 



I 



k D A F N I 8 . 49 

MOFSUS. 

Weiter kein Wort, o Jüngling; wir find in die 

Grotte gelanget. 
Ihn wehklagten die Nymfen, den graufam 
4 fcheidenden Dafnis, 20 

Bang'; ihr, Hafelgebüfche , bezeugts, und o Bäche, 

den Nymfen! 
1 Ms, umfchlingend des Sohns erbarmungswürdigen 

i 

I Leichnam, 

'> Götter zugleich und Sterne he graufam nannte, die 

Mutter. 
Keiner trieb von der Weid' an jenen Tagen , o 

Dafnis, 
Rinder hinab zu des Baches Erfrifchungen ; . keines 

der Thier' auch 25 

I Kofiete weder den Strom, noch berührt' ein Halm* 

chen des Gräfes. 
Ja, dafs dich, o Dafnis, auch punifche Löwen be- 

I 

feufzet. 
Als du erblichA, das reden verödete Berg' luid Ge- 
hölze. 
Dafois hat an den Wagen armenifche Tiger zu 

fpannen, 
Dafnis gelehrt, im Triumf Feftreihn zu beginnen des 

Bacchus, 3 

Und mit weichem Geranke den fchmeidrgen Stab zu 

umwinden. 
So wie die Rebe dem Baume zum Schmück , wi^ 

der Rebe die Traub' ift. 
So wie den Heerden der Stier, wie die Saat dem fet« 

texk Gefdde : 

YiBaxi Ton Voss. I, 4 * i 



50 Fünfte Idylle. 

DvLy du einzig der Schmuck den Deinigen! Seit 

Gefchick dich 
35 Rafte, verliefs felbit Päles, und felbfi Apollo 

Felder. 
Wo grofiskömige Gerfte wir oft den Furchen 

trauet, 
Sprofst unfeliger Lolch und ein Schwärm des ver 

, derten Habers, 

Statt der fanften Viol', und des purpurheUen 1 

cilTusj 
Steigt die Difiel empor imd fcharfgenadelter St< 

dorn. 
40 Streut den Boden mit Laub', umzieht die Que! 

mit Schattung, 
Hirten der Flur; es verlangt, dafs dies ihm 

fchehe, noch Dafnis. 
Auch erhöht ihm ein Grab , und fügt zum Gr 

die Auffchrift: 
f<Da£ais ich hier- in den Hainen, bekannt bis z 

Aemichten Himmel, 
«Schönem Vieh ein Hüter vordem, noch Ichöner 

felber.» 

Menalkas. 

45 So ift mir dein holder Gelang, o göttlic 

Dichter, ^ 

Wie ein Schlummer dem Müden im Graf' ift, ^ 

wenn am Mittag 
Dürftige labet. ein Trunk aus des Quellbachs füfs 

Gefprudel. 
Nicht mit dem Rohr nur gleicheft du ihm, auch 

Stimme dem Meifter. 




D A F N I S. 51 

, glückfeliger Knabe, du bift nun der zweite nach 

jenem, 
loch will dir ich, fo gut ich vermag, dies meine 

dawider 50 

^^ifingen, und Dafnis Preis dir erhöhn zu den Sternen 

des Himmels. 
i^Dafnis erheb' ich zum. Himmel; denn mich auch 

liebete Dafnis. 

I 

Mopsus. 

^ Kann was grölser mir wol als folches Ehrengefchenk 

fein? 

^1 Selber ja war der Jüngling des Loblieds würdig, und 

länglt fehon 
Ward mir jener Gelang von Stimikon häufig ge- 
rühmet. 55 

Menalkas. 

Glanzvoll fiaunt an der Schwelle des imgewohn- 

ten Olympus 
I Da£ais, und unter dem Fufs erblicket er Wolken 

und Sterne. 
Drum hat froh die Gehölz' und die famtlichen Fluren 

Entzückung, 

' Fua zugleieh' und die Hirten, erfüllt, und dryadifche 

Jungfraun. 
Weder WÖlf' umfcUeichen die Trift, noch drohen 

dem Hirfche 60 

I TUckifche Game . verfieckt ; Ruh liebt der gütige , 

Dafnis. 
Selbft nunf^wiBgen empor ihr Jubelgetöm zu den 

Sternen 



/ I 



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ft 



52 Fünfte Idylle. 

Struppige BergwildnilTe, ja felbfi: lobfingen die Fels- i 

höhn, \ 

Selbft Weinbäumen entfchallt : Gott^ Gott ift jene^, \ 

Menalkas ! 
65 O fei gnädig den Deinen und hold! Schau j vier dei^ 

Altäre: 
Zween^ o Dafnis, dir felbfi, zween Hochaltäre dem 

Phäbus. 
Jährlich hinfort zween Becher, von frifch auffchäu- \ 

mender Milch voll, ^ i 

Stell' ich,, und zwo Mifchkannen dir dar,: mit der J 

Fette des Ölbaums. , '' 

. Reichlich das Gafin^ahl dann mit Bacchus Gaben er^ 

heitemd, 
7Q Neben dem Heerd, wenn Kälte beginnt, wenn Ernte, 

im Schatten, 

« 

Giefs' ich Wein aus Schalen herab , ariufifchen 

Nektar. 
Singen foU tnir Damötas zugleich, und der Lyktier 

Ägon, 
Und. nachahmen den Tanz der Sätyre Alfe- 

fiböus. 
Das wird immer dir fein, fo wann die Gelübde 

wir fefilich 
75 Zahlen den Nymfen'mit Dank, als wann wir die 

Felder umwandeln. 
Weil im Gebirge der Eber, der Fifch im Strome -£ch 

freuet. 
Weil mit Thymus die Biene fich nährt, mit Thau die 

Cikade : 
Immer bfeibt dir Namen und Ehr* und ewiger Nacb- 

vuhm» 



D A F N I s. 53 

« 

vie Bacchus und Ceres Gewalt , wird jährlich der 

Landmann 
i mit Gelübd' anflehn; auch du wirft binden zur 

^ Leiftung. SO 

Mopsus. 

doch, was für folchen Grefang zur Oabe dir 

biet' ich ? 

a nicht freuet mich fo das G^räufch des koihmen« 

den Südwinds, 

t am gefchlagenen Strande der Wog' Aufwallun- 
gen, nicht fo, 

ji durch felfichte Thäler hinab fich fiürzet die 

Bergflut. 

Menalkas* 

2 Syringe von Rohr, die zerbrechliche, fchenk* 

ich zuerjß: dir* 85 

lat: Korydon brannt' um den jugendlich fchönen 

Alexis : 

luch hat mich gelehrt: Wefs Heerdö da? Wol 

Meliböens? 

MOFSUS. 

du den Krumnifiab hier , den Antigenes , da er 

mir oftmal 
leichelte, nimmer gewann; und er war der 

Liebe nicht unwerth: 
[1, wie mit ähnlichen Knoten er prangt, und mit 

Erze, Menalkas. 90 



SECHSTE IDYLLE. 



V AR U S. 



EINLEITUNG. 



\i 



Jahr der Stadt 71 5, im Sommer. 

Der berauTchte Silenus, von zwei jungen Satyrn gebun- 
den, fingt für die Löfung ein Lied vom ürfprunge der Welt 
nach Epikurs Voi*ftellung , und d^eren Gefchichte bis zur He- 
roenzeit nach alten Volksüagen« Aus welchem Gefange der 
Dichter einiges, wie er gleichfam fich erinnert, umitändlich 
und im Vorbeigehn , wiederholt. 

Varus, dem das Gedicht zugeeignet wird, fcheint Lucius 
Alfenus Varus geheifsen, und Kriegskunde mit epikuräifcher 
Weltweisheit vereint zu haben. In der neunten Idylle, von 
714, erwartete von ihm Virgil die Rettung feines durch die 
Soldaten, troz dem Verfprechen Octavians, ihm entrifCenen Ei- 
genthums; und die Grammatiker fagen, dafs pr ein AufTeher 
der Äckervertheilung im transpadanifchen Gallien, und nach 
PoUio's Abzüge Befehlshaber der Gegend gewefenfei. Das dort 
verfprochene Lob wird hier geleitet; und es erhellt, dafs nach 
dem brundififchen Frieden vom Ende 714 der Dichter unter 
Octavians Herfchaft im ruhigen Befiz des väterlichen Gütchens p 
war, um in der Maulbeerenzeit Gefange der Waldgötter belau- 
fchen zm können. 

Auch dem 'Dichter Gallus , der in Silens Gefange verher- 
licht wird, war Virgil nicht nur als Freunde und Kunßgenof- 
fen, fondem als eifrigem Mitretter, verbunden: indem jener, 
ein tapfrer Krieger und GünÄling Octavians, den Auftrag hatte, 
diejenigen Städte zu fchazen, deren Äcker nicht vertheilt 
wurden. 



Ik 



ECHSTE IDYLLE. 



V A R U S. 



erzhaft wagte zuerft den Ton fyrakufifcher 

Lieder, 
ohn' Erröthen bewohnte .die Waldungen unfre 

Thalia, 
ich Schlachten belang und Könige, zupfte das 

Ohr mir 

t 

thius, fanft anmahnend: Ein Hirt^ o Tityrus, 

weidet 
ger Schafe fich fett, und £ngt ein gedämpfteres 

Liedlein. 5 

I, denn dir ift mancher noch übrig, welcher 

dein Loblied, 
18 9 gerne beginnt, und traurige Kriege ver- 

herlicht, 
l' ich mit Feldgefange das fchwächliche Rohr zu 

begeiftem. 
it imgeheiiCsenes fing' ich! Jedoch wenn einei^ 

, auch diefes, 
m er mit Luft es vemimt; dir, Varus, erfchallt 

Tamariske, 10 



i 



58 



Sechste Idylle. 



■:? 



Dir mein ganzes CrebüTch. Auch ift nicht werther 

dem Phöbus 
Irgend ein Blatt, als welches fich Varus Namen vor- ^ 

anfchrieb. 
Auf, Pieriden, zum Werk. Es fahn den ent- 

fchlafnen Silenus 
Chromis einft und Mnafylos, die Junglinge, ruhn in i 

der Grotte, 
15 Starr von gefirigem Weine, wie ftets, die gefchwol- ' 

lenen Adern: 
Ferrie lag, nur eben dem Haupt entglitten, der 

Laubkranz; 
ITnd fchwer hing ihm die Humpe mit abgegriffenem fc 

Henktel. 
Beide nahn, (denn es hatte der Greis mit des liedei 

Erwartung 
Oft JUe geteufcht) und fchlingen ihm felbft aus deni |r 

Kranze die Feffel. 
20 Ihnen gefeilt fich zugleich, und ftärkt die furchtfa- |» 

men, Agle, 
^ Agle, vor allen Najaden die fchönere; jezt^ da er r^ 

aufblickt. 
Malet fie Stirn' imd Schläfen ihm roth mit blutigen i(| 

Maulbeem. 
Lachend der Lifi, ruft jener: Wozu cüe umfchlin« j||g 

gende FelTel? 
Bindet mich los, ihr Kinder; genug dafs zu können 4 

ihr fcheinet. 
25 Einen Crefang, den ihr wünfchet, vernehmt: euA \^ 

foll ein Grefang fein, 
Diefe bekommt was andres zum Lohn. Drauf hebt 

er fogleich an. 



1 



A R u s. 59 

I 

I 

lach dem Ma£s des Grefangs fah man Bergfaunen 

und Bergwild 
in vor Luft; jezt regte die ftarrenden Wipfel 

der Eichforß, 
fo freut fich des Phöbus entzückt der pama^ 

fifche Feilen, 
nicht Rhodox^e Aaunt noch Ismarus alTo dem 

Orfeus. 30 

Denn er fang, wie einmal, durch imendliche 

Leere gerüttelt, 
ten Samen der Erd', und der wehenden Luft, 

und des Meeres, 
der ätherifchen Glut; -wie hieraus jeglicher ür- 

fpruiig 
, imd felber erwuchs die zartere Kreifung des 

Himmels ; 
dann Grund zu erharten, und Nereus Flut zu 

umufem 35 

g, und alhnähUch Geftalt der Dinge zu . 

nehmen, 
wie die Welt aufftaune zur jugendlich fcheinen« 

den Sonne, 
hochher fich ergiefs' aus erhobenen Wolken der 

Regen : 
■end keimende Wälder zuerft auf&eigen, und 

während 
am Lebende irren durch unbekannte Gre* 

birge« • , ^^ 

r der Pyrrha geworfnes Geftein, und fatumilche 

Herfchaft 
er, des Kaukafus Vögel zugleich und den Räu- 
ber Prometheus ; 



i 



t 



60 Sechste Idylle. 

Fügt dann hinzu^ wo dem Hylas am Born die 

milTenden Segler 
Laut nachfehrien, dafs Hylas der Strand, rings Hy! 

umherfcholL 
45 Und, o Palifae, du fo beglückt, wenn nimmer ei 
/ Rind w^ar, 

Jezo trottet er dich mit Genufs des fchneeige: 

Stieres. 
Ach, unfeliges Kind, wie übernahm dich der Wabxh 

finnf. 
Prötus Töchter erfüllten die Flur mit falfchem Ge» 

brülle : • i 

Doch fo empörender Luft hat nie durch thieriTche 

Buhlfchaft 
50 Eine gefröhnt, obzwar für den Hals iie gefurchte! 

das Pflugjoch, 
Und lieh oft nach Gehörn an glatter Stime ge» 

tafiet. 
Ach, unfeliges Kind, du felbft nun fchweiCß in den 

Bergen: ' f: 

Jener, die fchneeige Seit' auf der fanften Blum' Hpf > 

cinthus, '( 

Wiederkäut . im Dunkel der Stecheich' hellere 

Kräuter; 
55 Oder verfolgt, was ihm lieb in der Heerd' ift. Speiv 

ret, o Nymfen, \ 

Ihr diktäifche Kymfen, die Windungen fperret des 

Forftes: *: 

Ob ja vielleicht auf dem Wege fich darbiet' unferen i 

Blicken ^ / 

Vom umfchweifenden Stiere die Spur! O es möchten 1 

vielleidit ihn, ' i 



A R U S. 61 

auch grünendes Kraut, auch die reizende Heerd' 

ihn verleitet, 
;e Küh' heimfuhren in unXre gortynifche Stal« 

lung! 60 

if die hefperifchen Apfel, des Mägdleins Wunder, 

befingt er. 
I die Phaethontiden in Moos und bittere ' 

Rinde 
let er 9 dafs Ile dem Grund', hochwipflichte Er* 

len, entfieigen: 
if erzählt er, wie Gallus, den Strom des Pcrmef- 

fus umirrend, 
die aonifchen Höhn von der Göttinnen einer ge- 
führt ward, 65 
Mrie dem Mann auflland der fömtliche Chor des 

Apollo ; 
dann Linus ihm nahend, der Hirt von gött-- 

lichem Liede, 
n gefchmückt mit Blumen das Haar und bitte- 
rem Eppich, 
3te: Diefes Geröhr, Ichau, geben dir, ni|ji es, 

die Mufen, 
;hes dem GreiT aus Askra zuvor; auf welchem 

er tönend 70 

fte die fiarrenden Omen herab vom Gebirge zu 

lochen« 
mit preife du lelblt des gryneifchen Waldes Ent- 

fiehung; ' 
kein Hain wo prange zu gröDserem Stolz dem 

Apollo« 
l' ich annoch, wie er ScyUa, des NiTus ruchtbare 

Tochter, 



62 Sechste Idylle. Varus. 

75 Welche 9 mit Hundegebell die glänzenden Hüften 

umgürtet, 
Sagt man, dulichifche Barken gefchleift, und im tie*. 

fen Gefirudel, 
Ach! die verzagenden Schiffer mit MeerfcheuTalen 

zerriffen? 
. Oder , wie Tereus Glieder er dargefiellt in Ver- 

^ Wandlung; j; 

Welchen Schmaus Philomela, und welches Grelchenk, 

ihm bereitet; 
80 Welches flugs fie die Wüften ereilt, und mit wel- 
chem Grefieder 
Jammervoll fie zuvor um ihr eigenes Dach fich ge- 

fchwungen. 

Alles , was einft in Phöbus entzücktem GreXang 

der Eurotas 
Freudig vernahm, und zu lernen gebot den horchen- 

den liOrbem, 
Singet er; hoch zu den Sternen entfliegt aus den i 

Thalen der Nachhall: 
85 Bis in die Hürd' eintreiben die Schaf, und die Zäh- 

lung erneuern 
Hefperus hiefs,. und dem Himmel noch unwillkom- 
men hei:vorging. 



SIEBENTE IDYLLE 



MELIBÖUS. 



EINLEITUNG. 



Jahr der Stadt 716, im Frühling. 

Meliböus erzählt , wie an einem Frühlingsabend auf der 
Gemeinwiefe .des Mincius der Ziegenhirt Korydon den Schäfer 
Thyrfis, vor dem Schiedsrichter Dafhis, einem Kuhhirten, im 
Wettgefange befiegt habe. Statt (der zweizeiligen Lieder , wie 
lie in der dritten Idylle gewechfelt worden, lind diesmal lauter 
vierzeilige : dergleichen auf der - Stelle zu erfinden , höhere 
Kunit erfoderte. 1 

Vor -dem Jahr 71 3 kann diefe Idylle nicht gefchrieben 
fein, weil in der fünften nur der zweiten und dritten, nickt • 
diefer eben fo würdigen^ gedacht wird. Auch fchwerlich in; ,1 
der Zeit der Äckervertheilung , da in Andes eine fo mimterej 
Hirtenhandlung unfchicldich war. Wahrfcheinlich , als der _ 
Dichter und feine Nachbaren das Ihrige wieder in Frieden ver- ' * 
walteten: nach der fechßien des Sommers 716, die noch auf- 
jene Unruhen lieh' bezieht ; und, wenn wir die Frühlingsfcese 
in Anfchlag bringen, im folgenden Jahr 716. J 

Mit Feinheit hat der Dichter die fehlerl^aften Gedanken ] 
des Thyrfis , der als Beleidiger dem herausfodernden Korydon 1« 
antworten mufste, unter dem Glänze des poetifchen Ausdrucks ' 
und der Versmelodie verborgen; wodurch jener die Gunfb des 
Haufens fich verfchaft hatte. 

Dafs Theokrits achte Idylle einige Ähnlichkeit in der An- 
lage hat, dies fchmälert der unfrigen nicht das Lob einer geißi 
reichen Erfindung imd Ausführung. 



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SIEBENTE IDY L L E. 



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M E L 1 B O U S. 



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Meliböus. 

nter der fiachlichten Eich' Umlaufelang ruhete 

Dafnis ; 
d vereiniget hatte mit Korydon Thyrfis . die 

Heerden : 
yrJfis die Schaff und jener von Milch anfchwel- 

lende Ziegen ; , 
id' in blühender Jugend annoch , Arkadier 

beide, 
.d im Grefange £ch gleich , und gefafst zu fertiger 

Antwort. 5 

slicr, weil ich dem Frofte verbarg die > zärtlichen 

Myrten, 
iweifte der Heerde Cremahl, mein Leitbock. Jezo 

erblickt' ich 
Ehis dort; und fobald er mich fchauete;« Hurtig,^ 

begann er, 
mm Jiieher, Meliböus; dein Bock iA gelünd und 

djie Zicklein; 

'iR»iL Ton Voss. I. it 



/ I 



'i 



66 Siebente Idylle. 

10 Und ift dir zu weilen vergönnt, fo ruh' in der Küh- 
lung. 
Hieher kommen zur Tränke von felbß durch Wielen [• 

die Rinder, / | 

Hier umwebt weitgrünend mit zartem Rohre die l 

' Ufeif 

Mincins, hier auch fumfen aus heiliger Eiche die 

j-^ ^ S(^wKrme. 
Was zu thun? Nicht hatt' ich daTelbft Alcipx>e noch 

PhyUis, 

15 Einzuf])erren daheim die der Milch entwöhneten 

Lämmer; 
Und ein wichtiger Streit^ mit Korydon Thyrfi^, er- 

hub fich. 
Nachgefezt wavd dennoch mein emAhaft Werk dem 

Getändel. 
Drum im Weehf^lgefang begannen fie beide den 

Wettfeeit 
Eiferig. Mdckt* ich, o Mufen, de» Wechlelgeiangi , 

mich erinnern! 
20 Korydogoi fang erft dies, dason da» antwortete ! 

Thyrfis. 

KOBTDOX« 

Mymfen» O uufere Luft, libethrifche , einen Gelang '.. 

nur, j 

So wie meinem Kodrus, gewähret mir; nahe des > 

Phöbus 
Dichtungen tönt fein Lied! Doch wensi'si nicht aUei» i 

vergönnt ift. 
Hange diei helle Syring' alhier an der heiligen 

Fichte» 



MsLiBÖua. 67 

Thtrsis. 

Schmückt y ärkadifche Hirten, den werdenden Dichter 

mit Efeuy -2S 

Dals vor Neid au^lazen die Eingeweide dem 

Kodrus ! 
liobet er tiber Gefallen, mit Bahkar gürtet die Stirii 

ihm, 
Da£8 nicht fchade dem Seher die hämifche Zunge 

zmn Wachsthum! 

\ 

KoRTDOir. 

I>ir, o fielia, weiht diei Haupt de« borftige» 

Ebers 
Mike» der klein', und das Zackengehöm vcm» teb-^ 

haften Kronhirfch. 30 

Wird ihm eigen das Glück; dann ganz aus geglätte* 

tem Marmor 
I Slddl du, die Waden umfchnürt mit purpurrothenf 

Kothumus. 



Thtksis. 

Dxefen Napf toII Milch und die jährigen Fkden, 

Priapus, 
Set IM erwarten vergnügt; du fdbirmft ein ärailiehed 
I Gärtlein. 

Bimmom hab^n wir nun für die Zeit dich gebildet; 

jedoch wann 35 

doreb Zucht vollzählig die Heerd' üf, golden 

erfcheiAft du! 

... 



] 

i 

I 

I 

68 Siebente Idylle. j 

1 

KORTDOBT« { 

Wereus Kind Galatea, mir füfs vor hybläifchem Thy- 
mus, j 
WeiTser denn Schwan', und fchöner wie hellgrün ran- 

. kender Efeu : 
Gleich fobald zu der, Krippe gefattiget kehren die 

Rinder, 
40 Wenn, dein Korydön irgend das Herz dir rühret, o 

komm doch! I 



.Thyrsis. 

Ja noch bitterer mög' ich denn Sardo's Kräuter dir 

fcheinen. 
Rauher wie Brufch, und feiler wie ausgeworfenes 

. Meergras, 
Wenn nicht, heute der. Tag mir lang fchon über ein 

Jahr ift! 
Gehet doch heim von der Weid', iit Scham noch, 

gehet, ihr Rinder! 



r 

KORYDON. 

45 Quellen mit moligem Bord', und Kräuterchen, lanfter 

denn Schlummer; 
Und der du dünn hergrünend, o Erdbeerbaum, fie 

befchattefi: 
Schüzt vor der Sonnenwende das Vieh! Schon nahet 

der Sommer, 
Dörrend in Glut, fchon blähn üch die Keim' am 

üppigen Rebfchofs. 



f 



m e i< i b ö u s. v . 

Thyrsis« 
Hier ein Heerd und Kiene voll Harz, hier reichliches 

I 

Feuer 
Stets, und der Pfofien Gebälk von befiändigem RuITe 

gefchwärzet. 5 

Hier ivird Boreas Kälte von uns £o wenig ge- 

achtet. 
Als vom Wolfe die Zahl, von des Giefsbachs Schwalle 

das Ufer, 



K O R Y D o N. 

Siehe da ficht Wacholder, und rauh ein Kafianien- 

dichicht ; 
Voll liegt Frucht, jedwed' um die eigenen Bäume 

geftreuet; 
Alles umher nun lacht. Doch fobald mein fchöner 

Alexis 55 

yjifrem Gebirg' ablchiede , du Xahfi auch die Bäche 

vertrocknet. 



Thyrsis. 

Dürr ift Acker und Flur; in der Glut krankt dürftig 

das Kraut hin; 
Liber entzog misgtinfiig des Weinlaubs Schatten den 

Hügeln, 
Doch wann unfere Phyllis erfcheint, grünt jegliche 

Waldung; 
Jupiter auch fiürzt reichlich in fröhlichem Regen 

herunter, 60 



\ 



70 Siebente Idylle, Meliböus« 



V 



KOBTPOV. 

Herkules kohr fich die Pappel zur lieblingin, Bac- 
chus die Rebe, 

Myrten die anmütreiche Cyther', und Lorber 

ApoUo : 

Phyllis erkohr lieh die Hafel; fo laug' ihr Phyllis 

geneigt ift, 

Geht nicht Myrte der HaTel voran, noch Lörber 

. ApoUo's. 



Thyrsis. 

65 Schön erhebt fieh die Efch' im Gehök, die Pinjol' in 

den Gärten, 

Schön die Pappel am Bach, und die Tann' auf lufti* '! 

gen Berghöhn: 
Doch wenn du öfter zu mir, holdfeliger Lycidas, 

wandelft, 
Steht die Efch' im Gehölze dir nach, die PinjoF in ; 

- den Gärten, 
So , was ich weifs ; und befiegt wetteiferte 

Thyrlis vergebens, 
70 Aber Korydon ward nun Korydon unTeren 

Fluren. 



ACHTE IDYLLE. 



DIEZAUBERIN 






EINLEITUNG. ) 






j 

Jahr der Stadt 7^5, im Herbfl;, 

Dämon und Alfeliböus, zwei Kinderhirten, begegnen fich 
am Sommermorgen in einem Bergwalde des Pindus, und fingen 
im WechCelgeriuig , jener einen unglücklichen Liebhaber, der 
fich erläuft , diefer eine Liebhaberin , die ihren Ungetreuen zu- 
rückzaubert. 

Pollio hatte von Virgil eine Nachahmung der theokriti 
fchen Zauberin gewünfcht. Virgil, ein miterfindender Nach- 
ahmer, jgab ihr zum Gegenilück einen in Liebe Verzweifeln- 
den; unit, ut|i edlere Zambergebräuche zu erhalten, verlegte er 
die Scene aus Italien, wo nur Sagae, oder alte Hexen, durch 
Strafgefeze gefchreckt, hexten, i^ach dem theffalifchen Pindus, 
mit Beibehaltung des griechifchen Wortes Pharmaceutria , wo- 
bei der Römer zuerft an ThefTalien dachte. 

Als GäXar Octavianus und Antonius, durch den brundiÜ- 
fchen Frieden verlohnt, im Frühling 716 den mifenifchen Vcr-n 
gleich mit Sex, Pompejus gefchloITen hatten; übernahm Pollio; 
die Bezwingung der aufrührifchen Parthiner in Gäfars Provinz 
Dalmatien. Zu Gäfars Völkern ward ihm- von Antonius ein. 
Theil feines nach Afien beltimmten Heers mitgegeben. Jezo im 
Herbfi; entläfst der Sieger Pollio die Hülfe des Antonius nach 
Griechenland in ihr Winterlager, und kehrt felbft zu Schiffe in 
eine^ Begleitung von Gafarianem nach Venetien und Kavenna, 
wo er feinem jährigen Sohne Afinius Gallus (IV Einl. )r den jj: 
Ehrennamen Säloninus, von der ^eroberten Stadt Salonä, mit- 
bringt. Bald darauf geht er nach Rom zu dem erworbenen 
Triumf, den er im Ausgang des Octobers aufführet. . 

Dem alfo zum Lorberkranze des Triumfs zurückkehrenden I 
Heerführer fendet in Gedanken der Dichter die versprochene |^ 
Idylle als einen dichtrifchen Efeu entgegen; unwifTend, ob er 
ihn fchon an der Mündung des Timavus, wo er vorbeifchiffen 
wird, oder noch weiter zurück an der illyrifchen Küfte^ an- 
treffen werde. 

■ 

■ '1 






I 



ACHTE IDYLLE. 



DIE ZAUBERIN 






fz 



weener Hirten Gefang, des Dämon und Alfe- 

fiböus, 
Welche, der Weid' achtlos , anfiaunete felber die 

Waldkuh 
Während des Kampfs , auf deren Getön ftarr horchten 

die Lüchfe, 
Und, aus eigenem Laufe gewandt , ausruhte der Berg- 

ftrom: 
> Dämons Wundergefang meld' ich, ,und des Alfe- . 

liböus. ' 5 

Da', ob du fchon mir die Felfen umlenhft des 

grofsen Timavus, 
Ob du die KiiAe noch ftreifft der Illyrier: wird mir 

einmal , ach, 
Nahen der Tag, der vergönnt, was du vollbracht, zu 

befingen? 
Wird^ ach, je mir vergönnt, ringsher zu verkünden 

dem Weltkreis 
Dein nur würdiges Spiel für Sofokles hohen Ko- 
thumus? 10 



•l 



74 A C H T E I D Y L L E. 

Dir foU fein der Beginn,, dir endigen! Nim, den du 

, felber 

Foderteft, dielen Gelang, und laTs um die prangende 

Schläfe 
Unter die Siegslorberen dir auch hinfchleichen den 

Efeu. 
Kaum war entflohn am Himmel der Nacht kalt-'ij 

athmender Schatten, 
15 Wann noch lieblich der Heerd' auf zartem Gräfe der . 

Thau ift; 
Als fo Dämon begann, gelehnt an den Stecken des 

Ölbaums : 

Damok. 

Bringe den heiligen Tag, ihm voran, o Lucifer, 

firalend! 
Ich, durch wankende Treu der verlobeten Nila ge- - 

teufchet, 
Jammere hier, und rufe, Ib. fruchtlos jene dem 

Schwur auch 
20 Zeugeten, fterbend annoch in der äulserfien Stunde 

den G{)ttem! 
Hebe mit mir, o Flöte, manalifche Hirtenge- 

fang* an. 
Mänalus hat tonreiches Gehölz und melodifche 

Fichten 
Stets umher , ftets hört er der liebenden Hirten Gre« 

fange. 
Stets den Pan, dem zuerft nicht unnüz grünte das 

Röhricht. 
25 Hebe mit mir, o Flöte, manalifche Hirtenge- 

fang* an. ^ 









DisZavberin* 75 

Ins der Nila Gemahl! Was darf nicht hoffen, wer 

liebet! 
gefeilt £ch zum Greife das Rofo, und im folgen» 

den Alter 
ininen mit Hunden zugleich die fchüchtemen 

Gemfen zur Tränke. 
MopTus, auf! und Fackeln gefchnizt! dir fiihrt man 

die Gattin! 
Bräutigam ) Nüffe gcftreut! dir wendet lieh Heri)er 

vom Öta! 30 

Hebe mit mir, o Flöte, mänalifche Hirten- 

gelang' an. 
dem würdigen Maime vermählt! da du aUe ver« 

achteft, 
Da fo verhaust dir meine Syring^, und die Ziegen 

verhafst find, 
^ Auch die ftruppichte Brau', und des Barts abhängende 

Zotteln; 
und da du wähnfi, nicht forg' um Sterbliches einer 

der Götter! 35 

Hebe mit mir, o Flöte, mänalifche Hirten- 

gelang' an. 
in untrem Geheg' als Kleine noch, neben dtr 

Mutter, 
Sah ithf zum Führer gewählt, bethauete Apfel dich 

fammeln. 

Eben vom eilfteii Jahre das folgende hatt' ich 

/ erlebet, 

[ Eben konnf - ich vom Boden zerbrechliche Zweige 

berühren. 40 

O wie ich Cah, wie ich tobte, wie rafender Wahn 

mich dahinrifs! 



Einft ]] 



[• 



\ 



76 Achte Idylle. 

Hebe mit mir, o Flöte, mänaliTche Hirten- 

gefang' an. 
Kenn' ich doch Amor nunmehr! Es hat auf hartem! 

Geklipp ihn 

Tmaros, der Rhodoj^e ihn, der äufserfte Schwamil 

Garamanten, f 

45 Weder unfres Gefchlechtes ein Kind, noch Blute^' 

ei'zeuget! 
Hebe mit mir, o Flöte, mänalifche Hirten-^ 

gelang' an, f 

Amor der Wüterich lehrt' in dem Blut der Söhne die 

Mutter 
Sich zu befudeln die Hand'! Auch du bift grauüTainf 

o Mutter! 

Ob mehr graufam die Mutter, ob jener verderbliche 
I Knab' ift? 

50 Jener verderbliche Knab'! Auch du bift graulam, 

o Mutter! 
Hebe mit mir, o Flöte, mänalifche Hirten- 

gelang' an. 
Jezo flieh' auch die Schafe der Raubwolf; goldene 

Apfel 
Trage die knorrige Eich'; es blüh' um die Erle Nar- 

' cilTus; 

Schwize wie Fett, aus der Rinde die Sumpftamariske. 

den Bemftein; 
55 Eifere felbft mit Schwänen der Kauz; fei Tityrus 

Orfeus, 
Orfeus unter Gehölz, bei Meerdelfinen Arion! 

Hebe mit mir, o Flöte,' mänalifche Hirten- 
gefang' an. 



^ 



\ 

\ 



Die Zauberin. 77 

Tun werd' offenes Meer ringsum! Lebt wohl, o ihr 

Widder! 
[äuptlings hinab von der Warte des luftigen Bergs 

in die Fluten 
türz' ich mich ! DieXes Gefchenk fei dir des Sterben« 

. den leztes! 60 

Endige nun , o Flöte , mänalifche Hirten- 

• gelange. 
lamon dies: was darauf antwortete Alfefi* 

böus, 
agt^ Pieriden^ ihr felbft; nicht alles ja können 

wir alle. 

Alfesiböüs. 

Waller heraus, und umgürte mit wolliger Binde 

den Altar! 
iilnd' auch heiliges Grün, voll Saft,. vaiU männlichen 

Weihrauch! 65 

lafs icb dem Buhlen verrücke durch Kraft des magi- 

fchen Zau))ers 
einen gefunden Verltand; an nichts denn Befchwö- 

rungen fehlt es! 
Ziehet mir heim aus der Stadt, o Befchwörun* 

gen, ziehet den Dafnis. -, 
kann doch Zaubergefang auch den Mond abziehen 

vom Himmel; 
;irce durch Zaubergefang hat Ülyffens Freunde ver« 

wandelt; 70 

elbfi:. auf Wiefen zerplazt die froftige Schlange dem 

Zauber. 
Ziehet mir heim aus der Stadt, o Befchwörun- 

gen, ziehet den Dafnis, 



78 Achte Idyi.le. 

Dies dreifache Geföde toh drei abfiechenden F«ri-f* 

^ ben f 

Wind' ich zuerfi dir herum , und dreimal um de«! 

Altar her 
75 Fiüir' ich diefes Gebild': es «rfreut tJngrades d» ^ 

Grotth'eit. 
Ziehet ioakir heim aus der Stadt, o Befchwönm^P 

gen, ziehet den Dafnis. f 

Dreimal knüpf, Amaryllis, die dreierlei Farben iä¥ 

Knoten; 
Knüpf, Amarylliis, und Tprich: Der Venus Bande 

verknüpf ich. 
Ziehet mir heim aus der Stadt, o Befchwörun-^ 

gen, ziehet den Dafnis. 
80 Wie fich der Thon hart fchliefset, und weic^ das ' 

Wachs fich ergiefset, 
Beid' in der leibigen Glut: fo Dafnis in imTeroi^ - 

Liebe. 
Streue nun Schrot, und zünde die Lorberreifer mäf 

Erdharz. 
Dafnis brennt mir das Herz : ich brenn' auf Dafiik 

den Lorber. 
Ziehet mir heim aus der Stadt, o Befchnviörun- 

gen, ziehet den Dafnis. 
85 Solch ein Gelufi foll Dafnis, wie wenn die ermfttteiä 

Starke, 
Die durch Gehddze den Stier und fteilere Forfie ge- 

fpähet, 
Neben denv rinnenden Bach hiniinkt im kolbige* 

Schilfe, 
Sinnlos ! kaum auch der Späte der Nacht am entwei- 

cheoi gedenket: 



i 



Die Zauberin. 79 

>lch ein Gelufi ilw clurcfaglülm; und gar nichts 

kümmre* mich Heilung. 
Ziehet mir heim aus der Stadt, o Befchw(inin* 

rangen, ziehet den Dafnis. 90 
lies trug jener am Leib', und liels nuz^s einfi:, der 

Verr^er: 
heuere PfiCnder ¥on fich! Doch n«« felbft unter dei^ 

Sehw^' hier, 
rde , wrtrau' lA üe dif* Wiibricbaft find diefe für 

IMnisi 
Ziehet mir heim aus der Stadt, o Befchwörun- 

gen, ziehet den Dafnis. 
iefes Kraut, imd dies n»ir in Pontus gefammelte 

♦ Banngift, 95 

!at felbA Märis gefchenkt; am reichlichfien wächft 

es in Pontus. 
ft, i^ie hierdurch Möris als Wolf in die Waldungen 

eindrang, 
!ab* ich gefehn, und wie oft er Greftorbene tief aus • 

den Gräbern 
uftief, oder die ^aat wegführt' auf andere 

Felder. 
Ziehet mir heim aus der Stadt, o Befchwörun- 

gen, ziehet den Dafnis. 100 

rage die Afch', Amaryllis, hinaus: und in flielsen« 

des WalTer 
diiitte fie über das Hauj^t. Nicht un^^ehn! So will 

ich Dafnis 
indigen, der nicht Götter, und nicht Befchwörungen 

achtet. 
Ziehet mir heim aus der Stadt, o Befchwörun- 
gen, ziehet den Dafnis. 



80 



Achtle:. Idylle. Die Zauberin. 



105 Schaue doch ^ . eb^n . ergrif mit auttemden Flammen 

den Altar 
Frei; da zu nehmen ich laume, noch £elb£t die Afche. 

-0 Heil ^ns! 
Etwas bödeuti^ es , .traun l Auch Hylax blaß an der 

Schwelle ! 

Glauben wir? oder bethört fich der Liebende felber 

mit Träumen? 
Schonet^ er: kommt aus der Stadt, o Befchwö- 

rangen, fchonet des Dafhis. 



a. '.' 



te. 



N EU NTEIpYLLE. 

J 



M Ö R I S. 



TiaaiSi Ton Voss. I, Q 



EINLEITUNG. | 

— I 

■ 
Jahr de,r Stadt 714, im Sommef. 

Ejinige Zeit nach der erfteu Idylle, da Tityrus noch iinbe- 
forgt vor dem Einbruclie der Soldaten weidete, fand esVirgil j 
gerathen, diprch perCbnliche Gegenwart fein Erbgut zu lichem. l 
Er vertrauete, aufser Octavians Befehle, dem Schuze des Varus 
und des Gallus. (Einl. VI). Umfonlt; die übermütigen Solda- 
ten achteten nichts; Mantua famt Andes wurde vertheilt^ und 
Virgil mufste, nicht ohne Lebensgefahr , entfliehn. 

Wahrfcheinlich gefchah diefes im Ausgang des Frühlings 
714, als der Konful Aünius Pollio/ der während des perufini- 
fchen Kriegs noch in der Nähe um Ravenna geblieben war, 
durch feinen Zug in das untere Italien die Mantuaner der Will- 
kühr des räuberifchen Schwarms ausilellte. Virgil fchrieb diele 
zur Rettung des Seinigen beftimmte Idylle, wie V. 60 beweift, 
in den längßen Tagen. Aus feiner Entfernung bei Rom (EinL 
I.) fandte er fie dem Befehlshaber Varus , um durch ihn dem 
Octavianus die Erhaltung feines Grundüückes zu empfehlen. 

Die Erdichtung iit einfach und zweckmälsig. Möris, der 
Schaiher des. Menalkas, mit welchem Namen in der fünften 
Idylle Virgil, als Lobfänger des Julius Cäfar, lieh felbft be- 
zeichnet , bringt dem eingedrungenen Befizer ein paar Böck- 
lein nach Mantua. Sein Bekannter, Lycidas, ein Freiuid dei ' 
Geftmges, aus der Gegend um Andes, irift auf dem Wege mit 
ihm zufammen. Man fpricht. von dctm Schickfale des Menal- 
kas, und fingt Stell euv aus feinen Gedichten, mit Liebe und 
Bedauren. Diefe abgeriltenen Liederchen haben, bei idlem 
Scheine von Zufälligkeit, die felbige AbHcht, wie vormals die 
Überfendung der fünften Idylle mit der zweiten und dritten: 
nemlich, zugleich für den Dichter, und für den Bewunderer 
des Julius Cäfar, Theilnehmung zu erregen. 



-■" 






NEUNTE IDYLLE. 



M O R I S. 



Lycidas. 

Wohin, Möris, der Gang? Wie der Weg dich füh- 

ret, zur Stadt hin? 

Möris. 

. Lycidas I aehf das endlich erlebten wir, dafs noch ein 

Fremdling, 

r Was wir nimmer gewähnt, als Eigener unferes Gut- 
f ' chens, 

Redete: Diefes ift mein! zieht aus, ihr alten Be- 

ßeller! 
Jeto gebeugt, voll Grams, da das Schickfal alles doch 

umkehrt, 5 

t. Senden wir, was nicht wohl ihm gedeih', als Gab'' 

ihm die Böcklein. 

Lycidas. 

Sicher doch hatt' ich gehört: von dorther, wo fich die 

Hügel 

6^^ 






1 



84 Neunte Idylle. 

Mählich entziehn^ • und die Höh' in fanftere Windun- 
gen fenken, 
Bis zur Flut, und deün alten , am Haupt fcjion' zerbro- 
chenen Buchen, 
,10 Hab* euch alles gefchüzt durch liederchen euer Me- • 
• " nalkas. ' 

MÖBis. I 

Freilich gehört; aurch war das Gerücht. Doch unfere . 

Lieder 

Gelten , o Lycidas, nur fo viel vor GefchöJDTen des 

Mavors, 

Als chaonifche Tauben, wie's heifst, vor dem kom- 
menden Adler. 

Hätte mich nicht, beßmöglich im Keim die . Crezänke 

zu knicken, 
15 Vorge warnt linksher von gehöhleter Eiche die 

Krähe ; 

Nicht dein Möris alhier, nicht lebete felber Me- 

nalkas ! 

Lycidas, 

Weh! ifi irgend ein Menfch fo frevlerifch? Weh! 

uns eiitrilTen 
Wäre beinah famt dir dein trößendes Lied« o Me- 

^ nalkas? 
Wer dann länge die Wymfen? o wer mjt blühendim 

Kräutern 
20 Streute die Erd*, und zog' um den Quell her grjine 

Befchattung ? 
Oder auch welchen Gelang ich jüngfi in der Stille d»^ 

ab&ahl, 



Ife. 



Moria. 85 

du zu unferer LuA Amaryllis im Tanz dich ein« 

herfchwangfi: : 
tyrus, kurz ifi der Weg, und ich fpUte mich; 

weide die Ziegen; 
äib dann die fatten zur Tränk' , o Tityrus ; und , 

wenn du treibeft, 
lern Bock zu begegnen , er fiöfst mit dem Hom^ 

dich gehütet!» 25 

MÖRIS. 

lies, was er dem Varus noch unvollendet ge- 
lungen : 

inen Buhm , o Varus, (nur bleib' uns Mantua 

übrig, 

ntua, ach! zu nahe der janunervoUen Cre- 

mona!) 

gen dereinfi mit Gefang hochauf zu den Sternen 

die Schwäne.» 

Lycidas. 

dein Bienengefchwärm die korilfchen Taxe vor- 

beifiiehn ! 3 

des Cytifus Weide den Küh'n ausdehnen die 

Euter ! 
fiimmt, was du^weifst! Auch mich hat geweihet 

zmn Dichter 
[8 Chor; mir glückt der Grefang auch; mich^auch 

• - 

begrüTsen 
k Seher die Hirten: allein ich glaube fo leicht 

nicht, 
ler ja, fcheint mirs, fang ich des.Varius oder 

des Cinna 35 



86 Neunte lovtLE. 

Würdiges, fondem bei Schwanengeltin wie ein ^ \ Y 
temcler Gänsrich. \ VI 

MÖKIS. 

Eben, o Lyeidas, bin ich dabei, und bedenke 

fchweigendi j 

Ob ich zurammen efi finde . . . Nicht ruhmlos ift der \ 

GeTang doch! ■ — \ 

»Komm hieher, Galatea, was foll denn das Spiel in 

den Wogen? ' 

40 «Hier iä purpurner Lenz; bunt hier um die Borde 

der Büchlein 
«Streuete Blumen die Flur; hier ragt die filbeme 

Papi>el 
«Über ilie Grott', und es flechten gefchmeidige Reben 

ein Liaubdach! 
«Komm hieher; Iah tobend zum Strand' aufTclilagen 

die Brandung!» 

Lycibas. 
Was noch wars , das ich einfi am heiteren Abend 
dich einlam 
45 Singen gehört? Wohl weifs ich den Ton, , 'vrenn die 
Worte nur folgten. 

Möms. 
nDafnis, was [pÜbBc du am Himmel der Stern' ur^ 

fprüuglichen Aufgang? 
<< Schau das GeAim vortreten des dionäifchen 

Cäfor: 
«Jenes Geftim, durch welches die Saat lieh beut 

des Ertrages, 



i 



1 M Ö R 1 ^ 



IM * ^ 

;;Uncl fehon Farbe ge^innnt am foimigcn Hügel die 

' . Traube, 

'kirnen gepfroi^ft, p Dafnis; dein Oblt wird pflücken 

der Enkel!» 50 

Alle^ entführt das Alter , den Geifi: mit! Oft, ich ge- 
denk' eSy 

j Hab' ich Burfcb mit Mufik langfiündige Tage ge- 
f endigt! 

Nun fo mancher Gelang in VergeiTenheit! Selber die 
\ Stimme 

r 

I 

. Flieht fchon den Möris; es fchaute der Wolf den 

I • Möris zuerit wol, 

\ Doch wird dies zur Genüge dir oft noch fmgen Me- 

nalkas. 5 5 

Lycidas. 

I Vorwand nur, dafs du mir in die Läng' hinhallelt die 

Sehnfucht ! 
' Und nun fchweiget dir rings der gebreitete Spiegel, 
L es ruhet, 

Siehe doch, jegliches Lüftchen des ungeltümcn Gre- 

räufches. 
. Auch iA hier ja die Hälfte Aes Weges uns; denn es 

erfcheinet 
Eben das Grabmal fchon des Bianor. Hier wo das 

Landvolk 60 

! Wucherndes Laub abfcheert , hier la£s uns fingen , o 

I Möris. 

r 

? Lege die Böcklein ab; in die Stadt gelangen wir 

• gleichwohl. 

: Wenn wir jedoch, dafs Regen die Nacht uns wölke, 

j • 

beforgt fmd; 



88 , N E U N T E I D Y L L E. 

Kannen wir ja im Gefange (der Weg wird leich 

fo fortgehn. 
6i Dafs im Gelange wir gehn, >rill ich der Lait < 

erleichtem. 

Weiter kein Wort, o Jüngling! und was nun dri 

fei befchleunigt/! 

Liederchen fingen wir belTer einmal , wann er fe 

gekehrt ißt. 



J 



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ZEHNTE IDYLLE. 



6 A L L U S. 



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\ 



EINLEITUNG. 



Jahr der Stadt 717, im Frühling. 



1 



Virgü, mit dem Gedichte über den Landbau befchafd^ 
fchrieb diefe lezte der Idyllen auf d\en Wunfeh feines Gallus,' 
deffen fchöne Lykoris einen anderen Liebhaber in einem Feld- , 
zuge y. 23, über die Alpen bis an den Rhenus V. 46 — 489 
begleitete; während er felbft in Italien V. 44 — 46 gegen 
einheimifche Feinde die Waifen trüg. Deutlich erkennt man 
das Jahr 717, in defCen Frühlinge Gallus dem Cäfar die Kulten 
Italiens gegen Sex. Pompejus vertheidigen half, und der KonfuI 
Agrippa , der im Sommer 716 ein Heer über die Alpen gegen 
die Gallier iind Germaner bis jenfeit dem Rhenus geführt hatte, 
zur Herftellung der Flotte und Anlegimg des julifchen Hafens 
bei Bajä, nach Italien zurück eilte. 

Der Dichter als Geifshirt fingt, der verlalTene Gallus fei 
von mitleidigem Gefange auf hohen und niedrigen Fluren, und 
felbft in Arkadien, wohin ihn der Schmerz getrieben, von Hir- 
ten und Feldgöttern, beklagt worden. Durch Theilnahme ge- 
rührt, habe ^ mit ihnen des Landlebens friedliche Zärtlichkeit 
fich gewünfcht, Ilatt jezo von der Härte der Liebe, zugleich 
und des Krieges gequält zu fein; aber auch durch arkadifche 
Zerftreuungen , und fogar, wenn er zu den äuTserften Enden 
des Bewohnbaren auswanderte, den Schmerz der unglücklichen 
Leidenfchaft zu mäfsigen verzweifelt. Bildlicher Schmuck, 
nicht wirkliche Begebenheit 

Vieles ül freie Nachahmung des verfchmachtenden Dafhis 
bei Theokrit, die wahrfcheinlich eben fo von Gallus gewünfcht 
wurde, wie jene der Zauberin von Pollio. Die Troftloiigkeit 
des Gallus, der gleichwohl die ungetreue Lykoris fchon/im 
Winter 716 — 717 mit einem Gedichte, woraus Virgil vier 
feurige Verfe 46 — 49 aufnahm, und d^auf in vier Büchern 
Elegien , belingen konnte , wird nicht in buchßäblichem Ernße 
zu vergehen fein. 



ZEHNTE IDYLLE. 



6 A L L U S. 



7 • 



iNoch dies^ lezte Gefchäft vergönne du mir^ Are- 

thufa. 
Wenig begehrt mein Gallus, doch was felbft lefe 

Lykoris, 
Wenig des Liedes von uns. Wer verfagt wol Lie- 
der dem Gallus? 
O dafs» -wahrend du unter fikanilchen Fluten dsrher- 

rinnft, 
Nicht die bittere Doris dir einmifch' ihres Gre- 

woges! 5 

Angeftimmt ; wir fingen die fchmachtende Liebe des 

Gallus, 
Weil das junge Gefprofs ftumpfhafige Ziegen um- 

nalchen« 
Nicht tönt Tauben das Lied; Antwort giebt allem der 

Bergwald, 
Welche Grehölz', o welche gewundene Thale, 

Najaden, 
Hielten euch , als unwürdig vor Lieb' hinXchmachtete 

Gallus? 10 



92 Zehnte Idvli,!!, 

Nicht ja des hohen Parnafus Um Waldungen, nicht ja 

des Pindus, 

Gaben euch irgend Verzug , noch Aonia's Born Aga- [ 

nipije. 

Ihn hat fogar Lorber,. und fogar Tamariske be- 
weinet ; 

Fichtenbekränzt hat ihn, der in einfamer Grotte ge- 

ßreckt lag, 
15. Mänalus, ihn auch beweint das Geklip)) des kalten 

Lycäus. 



Ringsum fiehn auch die Schaf, und nicht misfallen 

wir jenen; 
Dir auch nicht misfalle die Heerd', o göttlicher 

Sängerl 
' Selbft ja der Xchöne Adonis hat Schaf' an Bächen ge- 
weidet 1 
Nahe kam auch der Schäfer, es kam fchwerwandelnd 

der Kuhhirt, ' 
20 Wohldurchnezt dann kam von der Wintereichel Me* 

nalkas. 
Jeder fo'rfcht: Woher doch die Liebe dir? Selber 

Apollo 
Kam: Was rafefi du, Gallus? beginnet er: deine 

Lykoris 
Ift durch Schnee dem andern , durch fchaudrichte 

Lager, gefolget! 
Auch' Silvanus kam mit ländlichem S,chmucke des 

Hauptes, 
25 Blühende Ferulfiauden und mächtige Lilien fchüt- 

telnd. 
Pan, Arkadia's Gott, auch kam: den wir felber ge- 

fehen. 



G A L L U 8. . 93 

Roth Yon Mennig die Wang' und blutigen Beeren 

des Attichs. 
Ift kein Mals? , fo ruft er. Was kümmert fich Amor 

um folches! 
Nicht wird Amor der Thränen ja fatt^ noch der Welle 

die Kräuter, 
Oder des Cytifus fatt Bienlein, imd Geifse des 

Laubes! 30 

Traurig jener darauf: D/nnoch, ihr Arkader, 

f 

finget, 
Singt dies eurem Gebirg', ihr allein des Gefanges 

erfahrne 
Arkader! O wie ich dann fanft ruht' in der Stille * 

des Grabes, 
Würd' einft eure Syringe von meiner Liebe be- 

geifiert ! 
WHj^ ich doch einer von euch, o nur Mithüter ge» 

wefen 35 

Euerer Trift, nur Winzer der reifabhangenden 

. Traube! 
Wenigfiens, möchte nun Phyllis mein Herz, und 

möcht* es Amyntas, 
Oder, was immer durchglühn, (was mehr, ob auch 

bräunlich Amyntas? 
Dunkel ja find die Violen, es find' die Vaccinien 

dunkel! ) 
Ruhf ich umarmt im Weidicht, umarmt im Geflechte 

dea Weinftocks! 40 

Blumen pflückte mir Phyllis zum Kranz, mir fange 

Amyntas ! 
Hier find kühlige Born' , , hier fchwellende Wiefeu, 

Lykoris ; 



94 Zehnte Idylle. 

Hier ein Gehölz! hier möchf ich mit dir auslebeil^ 

das Alter! 
Nun hält rafende Liebe mich hier in des fchreeldicheÄl^ 

Mavors 
45 Rüfhingen/ unter Crefchofs und beftürmenden Fei»>|' 

den, gefelTelt. 
Du 9 von der Heimat fem, (dlirff ichs nicht glauben!) |^ 

fo weithin! , 

Al]^)en, o 6rau£ame, fchauft du im Schnee, und im 

Frofie den Rhenus, 
Ohne mich du allein! Ah dafs nicht Froft dich ve^ 

leze! 
Ah dafs nicht dir fchn^i^de das Eis in die zärtlichen 

Füfslein! 
50 Gehn will ich, ^nd, was im chalcidifchen Ma£s ich 

geordnet, 
Meine Gelang' einhauchen dem Rohr des fikulifchta 

Hirten, 
F6ft bleibts: dort in den Wäldern, umdroht von 

Höhlen des Wildes, 
DukV ich vielmehr , und herb' in zartgerindete 

Bäume 
Meine Lieb'; auf wachfen die Bäum'; und wachfe 

die Liebe! 
55 Schwärmerifch oft mit den Nymfen am Mänalus üb' 

ich den Rcihntanz, 
Oder auf trozige Eber die Jagd. Wie hemme mich 

irgend 
Wintemder Froft, Hezhund' um parthenifche Thale 

zu ftellen. 
Schon durch Felsabhänge, mir dauchfs, und ertö- 
nende Forfte, 



G A L L U S. Ö5 

' ich einber; mich erfreut der cydonifche Pfeil^ 

I von des Parthers 

ne gefchnellt! — Als ob dies lindenitig vrUxe 

dem Wahnfinn! 60 

T der Grott je lernte des Menfchenw^hs £ch er^ 

barmen! — 
>n find weder mir lieb die Hamadryaden» noch 

felbft mir 
> der Gelang! Ihr felbfi:^ fahrt hin von neuem» 

b Wälder! 
1, nicht jenen vermag zu beliänftigen unfere ' 

Mühfal: 
ler ob mitten im Froft den Harrenden Hebrus 

wir tranken, 65 

L Sithonierflocken> imiflürmt des regnichten Win- 
ters; 
h ob 9 wann einfchrumpfet der Baft an dem ra- 
genden ülmbaum» 
ife der Athiopen wir weideten unter dem 

Krebfe! 
is bewältiget Amor; auch uns lafst weichen dem 

Amor! 
Dies fei genug, Göttinnen , von euerem Dichter 

gefungen, 70 

hrend er fizt, und ein Körbchen lieh webt aus 

fchmeidigem Ibifch. 
2ht, pierifche Mädchen , o macht dies theuer dem 

Gallus: 
lus, ihm, defs Liebe fo hoch mir ftündlich empor- 

wächfi, 
im emeueten Lenz die grünende Erle H^h auf- 

fchwingt : 



96 



Zehnte Idylle. Gallus, 



75 Stehn wir auf! leicht fühlet ein Singender SchiriBere 

des Schattens; 
Schattend befchwert Wacholder ; dem Korn auch 

fchadet Befchattung. - 
Heim nun» Hefperus kommt , geht heim, ihr gefat- 

tigten Ziegen. 



': 



DES 



PUBLIÜS VIRGILIUS MARO 



L A N D B A U. 



TiRRiz. Ton Vo«f. I. 



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L AN D B AU. 



;BRSTER GESANG. 



I . 



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ENTWURF. 



Inhalt des ganzen Gedichts: Ackerbau, Baumpflanzun^, 
Viehzucht, Bienenpflege, i. Anrufung der Götter 5, und CS- 
fars 24 — 42. Erfter Gelang, vom Ackerbau. I. GeTchäüe 
vor der Saat. a. Anfang des Pflügens im Frühling 46, manöh^ 
mal fchon im vorigen Herbft 47 , auf leichtem Lande erlt im 
Spätfommer 67, b. Stärkung des Landes, durch Ruhe 71, ver» 
änderte Saat 76, Dünger 79, Anzünden der Stoppeln $4^ 
c. Sorgfältige Auflockerling': iiideni mali lU^fse zerfchlägt 94, 
egget 95, das zweitemal quer pflügt 989 und häufig 99. 
n. Nach der Saat a. Dienliche Witterung 100. b. Zermal- 
mung der Klöfse 104. c. WälTern 106. d. Abweiden 111. 
e. Austrocknet 1 1 S. f. Vorkehrungen gegen die Plagen, weicht 
Jupiter, den erfindfamen Geilt zu fchärfen, auf die goldene 
Zeit folgen liefs : Raubvögel, Unkraut, Befchattung, Rotfl^ 
Dürre 118 — iSg. III. Erforderniffe für beiderlei Gefchäfic, '' 

a. Feldgeräth 160', befonders der Pflug 169. b. Tenne 176* 
c. Anzeige der Fruchtbarkeit 187* d. Einweichung des S 

jmens 196, und jährliche Auswahl 197 — 20 3. IV. Beobac 
tung der Zeiten 204. a. Saatzeit 208. b. Sonnenlauf uni 
Sfäre 23 1, Zonen 233, Pole 240, Nuzen für den Landmani 
2 52. c. Gefchäfte, wann es regnet 267. d. An Fefttagen 268« 
e. an verfchiedenen Tagen des Mpnats 276. f. bei Nacht 287! 
Sommernacht 2899 Winternacht 291. g. bei Tage: SomraefKj 
tag 297, Wintertag 299 — 3io. V. Witterung und Sichel' 
heit dagegen. a. Gefährlich im Herbft und Frühling 3 11; 
felbft im Sommer Sturm 3i6, Plazregen 322, Donner 3 28. 

b. Dawider Aufmerkfamkeit auf den Stand der Planeten im 
Thierfceife 335. c Verehrung der Götter am Ceresfeft im 
Frühling 338, und vor der Ernte 347. d. Wetterzeichen über- 
haupt 35 1, des Windes 356, des Regens 370, des klaren Wet- j 
ters 393. e. Wetterzeichen am Monde 424. f. an der Sonne'] 
438. g. Unglückszeichen der Sonne nach Julius Gäfars Tode I 
464; noch andere Vorzeichen 469; folgender Bürgerkrieg 489; 
Gebet für Gäfar Octavianus 498 — 514. 



I 



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L A N D B A U. 



ERSTER GESANG. 



' as 'mit Gedeihn Saatfelder erfreut, und welches 

Gefiim uns 
j:^n die Erd' , o Mäcenas , und Koch an die Ulme 

den Weinftock 
en heilst; was Farren an Pfleg', und w^löhisrlei 

Wartung 
ifen gebührt, -me erfahrner Betrieb haushältri* 

fchen Bienen: 
ron rede mein Lied. Ihr, firalende Lichter des 

Weltalls, 5 

ihr in gleitendem^ Zuge das Jähr djnlenket am 

Himmel; 
sr und nahrendie Ceres: wöfem, euch danken J, 

die Erde 
en den fruchtbaren Hafa» ChaöniaV Eichel ver« 

taufcht hat, 
l mit erfundener Traub' achelaifcbe Becher ge- 

würzet; 
h ihr, nähere Machte der Ländbewohner, o 

Faunen, 10 



b 



102 ' L A N D B A U* 

Hebet zugleich, ihr Faunen, den FuJbi und dryadifchi. iC 

Jungfraun : 
Euere Gaben befing' ich ! O du , dem die Erde du 

erfte 
Braufende Rofs hinfbömte, durchbebt vom gewaIlh|!L 

gen Dreizack, 
Komm, Neptunus; und Pfleger der Waldungen, den 

dreihundert 
15 Schneeige Stier' ablcheren die fruchtbaren Büfche vob 

Cea, 
Selbft auch den heimgehen Wald und Lycäus Wiurii 

düngen lalTend, 
Pan, o Hüter der Schafe, fo dir dein Mänaliü 

werth ift, 
Kommy tegeaifcher Gott, huldreich; im.d Minerva^ 

des Ölbaums 
Schppferin; komm auch, Jüngling, des hakigen Pflu^ 

ges Erfinder; 
20 Und in der Hand, Silvanus, die junge Cyx^relT' aus 

der Wurzel. 
Gatter und Göttinnen aüe , der Flur wohlthätig^ 

■ 

Schirmer : 
Die. ihr neue Gewächf ohn' einigen Samen er*' 

ziehet. 
Und auf gefäete reichlich den himnilifchen Regen 

herabgiefst. 
Dann auch du,' den bald, nicht wüTen i/vir, weli^he-^ 

Verfammlung 
25 Waltender Götter befizt: ob Stadt' anordnen , o 

Cäfar,' ' j 

Dir und Länderbeforgung gefallt, und der väumigeJ 

Weltkreis - ? 



ik 



, I 



Erster Gesang. 103 

m 

Als Urheber der Frucht' und der Witterungen Ge- 

Bieter 
Dich en^pfangt, um die Schlafe der Ahnin Myrte dir 

flechtend ; 
Ob du dem Meer ein Grott, dem unendlichen, bommü:, 

und. die Schiffer 
Deine Gewalt, nur erhöhn , die äuTaerfte Thule dir 

dienet, 30 ' 

Und. dich zum Eidam Tethys erkauft mit . allen Ge* 

wäffem; ' 

Ob du f ein neues Greltim y den langfamen Monden 

dich anfüglr. 
Dort wo Erigone weit den folgenden Scheeren vor« 

angeht : 
Sdhau,. wie er felbfi:, dir weichend, die Klaun einzieht, 

der entbrannte 
Skorpion, und mehr denn fchuldigen Himmel dir 

räumet. 35 

ii|Was du -auch, wirft: (denn dich hoffe der Tartarus 

weder zum König, 
Noch entflamme dich fo graunvolle Begierde der 

Herfchaf t ; 
Wenn . gleich Grajergefang die elyfifchen Thale be« 
1 wundert, 

3 Und, nicht achtend der Mutter, Proferpina willig zu- 
rückbleibt : ) 
} Schenke mir glücklichen Lauf, wink' Heil dem küh- 
nen Beginnen; 40 
Und mit mir dich erbarmend des pfadlos irrenden 

Landmanns, 

: Wandle voran, fchon jezt an Gelübd' und Elehn dich 

gew(3inend. 



< 



j 



104 L A N P B A V. 

Früh im Lenz^ wann dem grauen Gfebii^ Xisfu 

erfrorene Näffe 
N iederlchmilzt , mid dem Wefte die lockere^ Schofli. 

£ch auflöft; 
45 Dann arbeite mir fchon vor dem tief eindringendati 

Pfluge 
Reichend der Stier, und es blinke die Schar in der 

Furche gefcheuert. 
Jene Saat vollendet fogar det geizigen Land* 

manns 
Wünfche,' die zweimal Sonn% und zweimal Kälte 

geduldet: 
Ihm bricht unter der Laft unendlicher Ernte der 

Speicher. 
50 Doch nicht fpalte mit Eifen ein unbekanntes . Ge« 

filde. 
Eh du die Wind' achtfam und die ändernde Weife 

des Himmels 
Auslemß:, auch die geerbte Natur und Pflege der 

Orter: 
Was dir jeglicher Boden gewährt, was jeglidier 

i/reigert. 
Hier Aeigt üppig die Saat, dort heben fich glückUcher 

Trauben, 
55 Anderswo prangt Baumfrucht, dort grünt ungeheifsen 

die Grafung. 
Schaiuefi du nicht, dir fendet des Sa&rans Düfte der 

Tmolus, 
India filfenbein, und den Weihrauch zarte Sa- 

bäer, 
Hackende Chalyber zollen dir Stahl, und Pontus des 

Bibers 






Erster Gssang. 105 

Widrige Geil% und Ej^eiros die Palmzweig' eliücher 

Stuten? 
Diefe Gefease fogleich, dies ewig be&ehende 

Bündnis, 60 

Oxdnete Ichon die Natur den Gegenden , als in die 

öde 
Web Deukalion Kiefel zuerft ausfireutie: dafs Men« 

fchen 
Wurden, das harte Grefchlecht! Wohlan denn, ifl 

dem Gefdde 
Fett, der Grund; ungefaumt von den frühefien Mon« 

den des Jahres 
Kehre mit kräftigen Stieren es lun, dafs die liegenden 

Schollen 65 

i Ganz der Aaubige Sommer durchkoch' in reifer Be« 

fonnung. 
Doch wenn's. fehlet dem Land' an Fruchtbarkeit; mag 

es genug fein. 
Gegen Arkturs Aufgang mit fchonender Furche zu 

lockern : 
Dorf 9 dals dem fröhlichen Korn nicht fchad' aufwu- 

chemdes Unkraut; 
Bier, dafs dem* mageren Sand nicht Ich winde die 
\ ärmliche Feuchtnis. 70 

Gieb im Wechfel der Jahr* auch Frift 4®n ge* 

fchorenen Brachen, 
Dab die ermüdete Flur durch Ausruhn Härte ge- 
winne. 
Oder Säf in andrem G^ftim, dort gelblichen 

Dinkel, 
Wo du die HülTenfmcht, die in klappernder Schote 

fich freuet, 



« ■ 



I 



106 L ▲ N D » A v. 

75 Oder fdunächtiger Wicken Ertrag, und der herben 

Lupine 

Brechliche Stengel zuvor aufhobfi, und raufchende 

Waldung. 

Denn es verfengt LeinTaat die Gefild', es verfengt fie 

der Haber, 

Auch auszehrende Mohne, getränkt mit lethäiXbher 

Dumpfheit. 

Dennoch wird beim Wechfel die Arbeit leidiger: wo- 
fern du 

80 Nur das entkräftete Feld unverdrolTen mit fiärkendem 

Dünger 

Sättigeft, oder die Öde mit Ichmuziger ATche be» 

ftreueft. 

AlTo ruhn dir auch bei veränderter Frucht die Ge* 

fdd' aus, 

Da du indeHs nicht Zins der muffigen Brache ver- 

lierefi. 
Oftmals machte die Flamm' unfruchtbare Felder 

ergiebig, 
85 Wann du die nichtige Stopjiel in knatternder Lohe 

verbrannteß : 

Sei's weil heimliche Kraft dorther und markige .Nah- 
rung 

Lechzend die Flur einfaugt; lei's weil in der kochen- 
den Glut ihr 

Air TJntugend verdampft, imd die fchädliche Feuch- 
tigkeit ausfchwizt; 

Oder auch mehr Zugänge di^ Hiz' und verborgene 

Luftzug' 
90 Ofnet, wodurch eindringe der Saft in die kindlichen 

Kräuter; 



Ik 



Erster Gesang. 107 

Oder mit härtender Macht anzieht die klaffenden 

Adern, 

DaÜB einJbhIeichender Regen lie nicht , und der hefti- 
gen Sonne 

PngeJHim, noch des Nords durchdringender Froft He 

verfenge. 
Viel auch niizet der Flur, wer die Hiumigcn 

Hlöfse mit Karrten 

Malmt I und weidene Flechten umherfchleift 2 nicht 

unbelohnend 95 

PJBegt' ihn Ceres die blonde zu fdiaun vom hohen 

Olympus ; 

Auch wer des Brachgefildes emporgeworfene Rü- 

eben, 

Wiederum querüber die Pflugfchar wendend, zer- 
wühlet. 

Häufig die Erd' aufregt, und Gewalt ausübt an den 

Feldern. 
Regnichte Sommertag' imd' heitere Winter er- 
fleht euch, 100 

Ackerer: fröhlich ift des Wihterfiaubes der Din* 

kel, 

Fröhlich die Flur. Nicht fchafts Anbau, dafs My- 

lien alfo 

r 

[ Prangt , und Gargarus felbft die eigenen Ernten be- 
wundert. 
Doch wie gedenk' ich Dein; der das Feld nach 

geftreuetem Samen 
I Nahe Terfolgt, und die Haufen zerfchlägt des zu fet- 
tigen Erdreichs? 105 
Däxm in die Saaten den Flufs einlenkt und die fol- 
genden Bäche; 



108 L A N D B A IT. 

Und, wann in. Glut der Acker mit fterbenden Pflan« 

4 

zeti verfchmachtet, 
Siehe, daher von der Stime des htiglichten Pfadei 

■ 

den Bergquell 
Lockt? fein Gelprudel ergie£st dumpfraufchend £eh 

über die glatten 
110 Kielel herab, und tränkt die dürftigen Feldeir mit 

' Labfal. 
Wie fein, der, dafs der Halm von der Laft nicht finke 

der Ähren, 
Alzu üppige Saat noch jung abweidet im 

Kraute, 
Wann die Furchen ihr Grün k^um ebnete? und der 

des Sumpfes 
Aufgefammelte Näff' abführt mit fchlürfendem 

Sande? 
115 Wenn in den wankenden Monden zumal wild übet 

die Ufer 1 

Flutet der Strom, und alles umher mit Schlamme 

bedeckt hält, 
DaCs die niedrigen Lachen von gä'render Feuchtig« 

keit dünfien. 
Doch wie mühfanier Fleifs der Menfchen Und 

Stier' auch die. Erde 
Wendete; droht nicht minder ftrymoiiifcher Kraniche 

Raubfucht, 
120 Und immälsiger Gäiif'; auch bittre Cichorien- 

fafem 
Stören den Wuchs, imd Schatten verdumiift. Selbft 

wollte der Vater 
Nicht zu leicht der Gefild' Anbau, durch Muhe dex \ 

Künft erft 



h 



Erster Gesang. 1D9 

V er die Hur, mit Sorgen den Greift der Sterb- 
lichen fchärfend; 
; nicht ftarrte fein Reich in fchwer. hinbriitendenl 

Schlummer. 
Nie vor Jupiter bauten der Ackerer Hände dai 

Fruchtfeld; 125 

h nicht Mal noch Theilung durchfchnitt die groCse 

Gemeinheit : 
erwarben für alle zugleich ; und die £^e , da 

niemand 
erte, firebte von feD)ft, willfahriger alles zu 

tragen. 
sr verlieh Giftgeifer den fchwai^^ aufrehwellenden 

Nattern, 
Ite die hungrigen Wölfe zum Raub' y und regte 

( das Meer auf, 130 

ittelt' ihr Honig den Zweigen herab > und ent- 
rückte das Feuer, 
h die Bäche des Weins, die umher fich fchlängel-' 

ten, hemmt' er: 
i der Gebrauch nachfinnend die mancherlei Künfte 

hervorzwäng' 
;emach, und in Furchen den Halm des Getreides ' ^ 

erzeugte, 
h, wo im Kiefelgeäder es ruht, ausfchlüge das 

Feuer. 135 

» fühlte zuerft d6r Strom die gehöhleten 

Erlen ; 
» gab dem Geftim der Steuerer Zahl und Be<^ 

nennung, 
keud Plejad' und Hyad' und die leuchtende Bärin 

Lyfcaons. 



110 La n d b a V. 

Jezo laurte die Schling' auf Gewild, .und die Rute 

} mit zähem 

140 Vogelleim; es drohten die Hund* um das groüse 6e* 

birgthal. 
Dort nun . fuhr in die Tiefe des breiten Stromes das 

Wurfnez 
Raufcheud hinab, dort fchwebt in dem Meer das trie* 

fende Zuggam. 
Jezo fiarrte das Eilen, es klang, die gezogene 

Säge ; 
Denn fonft pflegte der Keil den klüftigen Stanun zu 

zerlpalten ; 
145 Jezo kamen die.KUnft' und Erfindungen. Alles be^ 

lieget 
Unabläffiger. Eleifs, und die Noth des dringenden 

Mangels. 
Ceres zuerfi hat mit Eifcn das Land zu kehren 

die Völker 
Angeführt, da , bereits Hagäpfel und nährende Ei- 
cheln 
Fehlten im heiligen Wald'> und Kofi Dodona Ter* 

fagte. 
150 Bald auch rang das Gretreide mit Kümmernis: dals 

an den Halmen 
Nagte der tückilche Rofi^ und trägV auffiarrt' in den 

Ackern 
Dütelgewächs: hin fchwindet die Saat, rauh fieiget 

ein Dickicht, 
Kletten und Stechunkraut , und durch fchönprangen- 

des Baufeld 
HerfQht unfeliger Lolch, und ein Schwärm des ver- 
wilderten Habers. 



Ik 



1 

I 



£ R s.T ER Gesang. 111 

in nicht inuner die Flur von gätender Hacke veiv 

folgt wird, 155 

t ein Greräufch die Vögel zerlcheuclit^ imd des 

dumpfigen Feldes 
tten die Hijjpe bezähmt , . und Gelübd' herrufen 

den Regen; 
dann fehauit du umlonft auf- d^h gtofsen Haufen 

des Machbars, 
mit. erfchütterter Eich' in den Waldungen ßillft 

du den Hunger. 
Auch die Geräthfchaft lerne des abgehärteten 

Landmanns j 160 

e die weder gefät fein kann , . noch fieigen die 

Ernte, 
des gebogenen Pflugs Kernholz und fchneidende 

Pflugfchar, 
L fchwerrollende Karren der eleufinifchen 

Mutter, 
3ifen und Dröfchgeftell', und die Laft unmäTsiger 

Karfie ; 
1, aus Reifig gewebt, des. CöleUs fchlichtere 

Habfchaft, 165 

liten vom Erdbeerbaum, und die myfii£che Wanne 

; des Bacchus: 
^hes du alles zuvor mit Bedacht einrichtend zur 

rücklegft, 
in dich würdiger Ruhm des göttlichen Feldes 

erwartet. 
Frühe mit Kraft im Walde gebändiget ^ fchmiegt 

fich zum Kriimmel 
n die UIm'> und empfaht die Gefialt des geboge- 
nen Pfluges: 170 



112 La NvD bau« 

Ihr. an den Stamm wird die Deichfel« die vom acht* 

Fülse fich ausitreckty 
Auch zwei Ohren gefügt , und mit doppelem Rüdken 

der Scharbaum. 
Früh auch' haut man zum Joche die leichte lind', 

und die hohe 
Buche zur Sterz% um hinten die unteren Räder zu 

lenken; 
175 Hängt dann über den Heerd dem probenden Rauche 

die Hölzer. 

ff 

Alanches Gebot noch kann ich aus alteren Tagen ' 

dir kundthun, , 

Fliehefi du nichts , dein Ohr den niedrigen Sorgen 

verfagend. 

Auf 9 dir die Tenne zuerft mit mächtiger Wake 

geebnet. 

Und mit knätender Hand aus zähem Thone ge^ 

härtet: 
180 Dafs nicht fproITe das Kraut , noch vom Staube be-. 

liegt fie zerlechze, 
•Dann vielfaches Verderb lie bedroh': ein winziges 

Mäuslein 
Baut* . oft unter, der Erde das Haus, und höhlete 
' Speicher ; 

Oder es fchaufelte blinzend lunher fein Lager der 

Maulwurf; 
Oft auch lauret die Kröt' in der Kluft, und was an« 

<leres Scheufals 
185 Häufig die Erd' ausbrütet, es prafst der verheerende 

Wiebel 
Durch das Getreid', und, beforgt um ihr darbendes 

Aller, die Ameis. 



^ 



Erster Gesang. 113 

Aufiaierkfam auch fchau, wann der Mandelb'aum 

in den Wäldern 
ig in Blüte fich hüllt, und duftende Zweige 

, herabfenkt : 

n obfieget die Frucht, dann folgt fruchtreiches 

Getreid' auch, 
viel Arbeit kommt mit vielem Schweifte dexi 

Dröfchem: 190 

n mit üppigem Laube jedoch vorwaltet die 

Schattung, 
zermalmt die an Spreu nur ergiebigen Halme 

das Efirich. 
Oftmals fah ich den Samen gefiärht durch Künfie 

des Säers, 
zuvor mit Salpeter getränkt und fchwärzlichem 

Olfchaum: 
von gröfserer Frucht die teufchende Schote lieh 

füllte, 195 

» auch an mäfsigem Feuer, das MuT^ Ichnell 

mürbe zerquölle, 
t die gewähltere Saat, mit Arbeit lange ge- • 

muftert, 
ich dennoch entarten, wenn menfchliche Mühe 

nicht jährlich 
ieres nur mit der Hand auslas. So fiürzt durch 

das Schickfal 
;• zu Schlimmerem fort , und entflieht ausgleitend 

den Rückweg: 200 

wenn jemand gegen .den Strom fein Boot mit 

den Rudern 
n hinaufarbeitet, und', linken ihm etwa die 

Arme, 

oiL Yon Voss» I» g 



3 



114 L A N D B AU. 

Ungeftüm ihn entraft in reifsenden Sturz das 6c- 

wäffer. 
Femer gebühr^ auch uns des Arkturs Aufgänge 

fo achtlam, 
205 Samt den Böckleintagen zu fpähn, und die leuch- 
tende Schlange : 
Als ihm, der, heimfahrend durch braufönde Fluten, 

des Pontus 
Schrecken verfucht, . und die Schlünde der aulterrei- 

chen Abydus. 
Wog dem Tag' und dein Schlaf gleichfchwe- 

bende Stunden die Wage, 
Und zertheilt' in der Mitte für Licht und Schatten 

den Umkreis; 
210 Übt, o Männer, die Stiere fodann: ftreut Gerft' in die 

Ebnen, 
Bis zum äufserften Regen des unwerkfielligen 

Winters. 
Auch den Samen des Leins , und den Mohn der Her- 

fcherin Ceres 
Eile zu deckeijL mit Erd'; und fogleich nim dränge 

die Pflugfchar, 
Weil es tler trockene Boden vergönnt, und die Wolke 

noch hänget. 
215 Bohnen im L^nze gelüit; dich, medifcher Klee, auch 

eihi^fähet 
Dann die gelockerte Furch', und es kehrt der Hirfe 

Beftellung : 
Wahn der fchimmemde Stier das Jahr mit goldenen 

Hörnern 
Öfnet, und weiphend der- «Hund dem drohenden 

Sterne hinab£nkt. 



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fc 



Erster Ge s a n g. 115 

du zur Weizenemte jedoch und kräftigem 

Dinkel 
^harbeiteft die Flur, und allein um Ähren dich 

kümmerfi; '220 

zuvor in der Frühe die Atlantiden fich 

bergen, 
den 'gnofifchen Stern hinfliehn der funkelnden 

Krone, 
lu den Furchen vertrauft die fchuldigen Samen» 

und eh du 
g der Erde mit Zwang' aufdringfi die Hofnung 

des Jahres. 
2heT begann, eh nieder hch Maja fenkte; doch 

lolchen 225 

die erwartete Saat, mit nichtigem Haber ihn 

teufchend. 
gefallt dirSf Wicken zu baun» und gemeine Fa- 

feien, 
misachtefi du nicht pclufifcher Linfen Er- 
ziehung ; 
^ undeutlich ermahnt dich der Untergang ' des 

Bootes : 
L beginn, und dehne die Saat in die Mitte des 

Reifes. 230 

Darum lenkt den in Theile genau zergliederten 

Umlauf 
h zwölf Sterne daher die goldene Sonne des 

Äthers. 
find Zonen am Himmel geftreift: die eine be- 

ßa'ndig 
im Schimmer der Sonn' , und gedörrt von ewi- 
gem Feuer. 

8» 



116. L, A N D B A V. 

- — — in 

235 Rechts am äurserften EncV und links ihr ziehen fich* 



kreiretlcl 
Zwo, von bläulichem Elf erftarrt und fchwarzem Ge- 

träufel. 
Zwifchen dort uAd der IVJitte belchied mühfeligeü 

MenTchen 
Zwo der ünfterblichen Huld; und ein Pfad durch- 

Ichlängelt fie Jieide, 
Wo lieh fehräg die Folge der Himmelszeichen um- 
V herdreht. 

240 Wie nach Scythia hier und dem fieilen Rhipäus die 

Welt hoch 
Aufßeigt, finhet fie dort zu Libya's Sand' und dem 

Südwind. 
Dieler Pol ragt fiets ob dem Haiipt uns; jenen er- 

^ blicket 
Unter dem Fufs die umnachtete Styx, und die Gei- 

fier des Abgrunds. 
Hier umfchlingt weitkreifend der mächtigen JSchlange 

Gewind' ihn 
245 Ringsumher, wie .ein Strom die Bärinnen beide 

durchfchlüpfend, 
Bärinnen, die fiets fcheu vor Oceanus Bade zurück- 

fliehn. 
Dort, wie die Sag' uns meldet, verftummt entweder 

des Grauns Nacht 
Ewig, und fchwarz rings fiarret der Nacht einhüllen- 
des Dunliel: 
Oder es kehrt Aurora von uns, und führet den Tag 

hin; 
250 Und wann uns der Morgen mit fchnaubendem Son- 

nengefpann haucht, 



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I 



□ 






^ 



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^ 



£^ R s T E R Gesang. 117 

Röthet £ch dort aufglühend in fpätem Lichte der 

Abend. 

Hieraus die Wechfel der Luft am zweifelnden Him- 
mel vorherlbhaun 

Können wir, hieraus die Tage der Eint', und die 

Zeiten des Säens; 
- Wann es gebührt, mit dem Ruder des Meers treu- 

' lofes GewälTer 

Umzudrehn, und vom Strande gerüßete Flotten zu 

wälzen, 255 

Oder die zeitige Ficht' in den Waldungen niederzu- 
[ \ fchmettem. 

[ laicht tmifonfi auch fpähh wir den Untergang 

und den Aufgang 

Deutender Stem% und des Jahrs vierfach abwech- 
' feinde Gleichheit. 

Wenn einft froAiger Regen daheim den Ackerer auf- 
hält ; 

Manches, was bald müfst' eilig gefchehn am heiteren 

Himmel, 260 

Schaft er mit reiferem FleiXs. Er fchärft vorhäm- 

memd des Pfluges 

Stumpfen Zahn; er höhlt lieh Nachen und Trog aus 

dem Baumftamm; 

Zeichen auch prägt er dem Vieh, und die Zahl den 

Haufen Getreides. 

Andere fpizen fich PfahV und zweigehörnete Gaf- 
feln, 

Oder bereiten der Reb' amerinifche Weiden zur 

Feffel. 265 

Jezo gefchmeidige Körb' aus Brombeerranken ge- 
flochten; 



118 L A N b B A U. 

Jezo die Frucht am Feuer gedörrt , und mit Steine 

gemahnet! 
Denn auch an fefilichem Tag' etwas zu betreiben 

vergönnt uns 
Religion und Gefez« Abfliefsende Bäche zu 

leiten 
270 Wehrt kein Gk>ttenrerbot, Saatfeld mit Gehege zu 

fichem, 
Hinterlift dem Gevögel zu baun, zu verbrennen den 

Dombufeh, 
Aufsh die blockende Heerd' im heilfamen Bache zu 

baden. 
Oftmals laftet mit Öl dem langfamen Efel die . 

Schultern 
Oder gemeinerem Obfte fein Herr, dafs gefchärft er 

den Mühlftein 
275 Oder den Klumpen des Pechs von der Stadt heim- 
bringe zur Wirtfchaft. 
Andere Tage verlieh in anderer Ordnung uns 

Luna, 
. Glücklich zum Werk. Den fünften geflohn! der 

erbleichende Orkus 
Sprofs und die Furien dann; es brütete Tellus zimi 

Unheil 
Cöus famt lapetus aus, und den graufen Ty« 

foeus, 
280 Auch das Riefengefchlecht der verfchworenen Hirn« 

melftürmer : 
Dreimal rangs, zum Bau auf. Pelion Offa zu 

wälzen. 
Siehe, und hoch auf Offa den waldumraufchten 

Olympus ; 



Erster Gesang. 119 

ixnal donnerte Zeus die gethiirmeten Berg' aus 

einander. 
LTam ift nach dem zehnten der fiebente, dafs man 

den Rebling 
k% uifid grfangene Stier' eihjoch', und Garn des 

Grewebes 285 

tele ; beffer der neunte zur Flucht , imgünfiig dem 

Diebftahl. 
Vieles fogar wird beffer in nächtlicher Kühle 

vollendet, 
r wann Lucifer thaut auf blinkende Felder im 

Frühroth, 
hts wird nichtige Stopjiel, und Nachts die trockene 

Wiefe 
er gemäht; die Nächte verläfst nicht zähe Be- 
feuchtung. 290 
icher auch wol, vom Glänze des Winterheerdes 

umleuchtet, 
tht noch fpät , und fchneidet mit Stahl £ch, Ipizige 

Fackelii : 
irend das Weib, durch Gefang der Arbeit Weile 

fich lindernd, 
lg mit raffelndem Kamm die geVvechlelten Faden 

durchwebet ; 
r dem füTsen Moft an der Glut die Feuchtigkeit 

auskocht, 295 

mit Laub abfchäumend die Wallung des zittern-' 

den Keffels. 
Aber das röthliche Korn mäht ab in der Hize 

des Tages, 
in der Hize des Tages zermalnlt auf der Tenne' 

die Ättren. 



■^1 • 



120 L A. N P B A U. . 



f 



t 



Nackend gepflügt, und nackend gefüt; im Win- ji 
' ^ ter gefeiert. 

300 Während der Kälte geneulst des Erworbenen gerne' 

der Landmann, 
Froh mit der Nachbarfchaft umgehende SchmäuTe be* 

forgend. 
FeftUch ruft der Winter zur Luft, tbid zerfireuet die 

Sorgen: 
Wie wenn fchwer von Laften die Kiel' in den Hafen 

. gelangt find, 
Und . ihr Steuerverdeck umkränzeifen fröhliche 

Schiffer. 

305 Aber auch dann ift Zeit, die laubige Eibhel zu 

rammeln, 
Lorbeer' auch und Oliv', und blutige Beeren det 

Myrte ; 
Dann dem Kraniche Sohlingen , und Garn zu legen 

-dem Kronhirfch, 
Auch langöhrige. Hafen im Lauf, und die Grems zu 

durchbohren. 

Drehend die hänfene Schnur der balearifchen 

Schleuder, 
310 Wann hoch lieget der Schnee , und der Strom Eis^ 
^ fchoUen herabdrängt. 

Was doch der Herbstunwetter bei tobenden Ster- 
nen erwähn' ich? 

■ 

Und, wann kürzerer Tag fchon ift, und milderer 

Sommer, 
Welcher Bedacht uns geziem'? auch wann plazregnend 

der Lenz finkt; 
Wann fchon nickende Ähren dem Feld' aufftarreten, 

und wann 



£rst£b Gesang* 121 

ges Getreid' in der Grüne des Halms fich blähet 

von Milchfaft? 315 

fogar, wann den Schnitter in gelbliehe Flnren 

der Landmann 

rte, vom brechlichen Schafte die Grerft' in der 

Eile zu Ichnciden; 

gsher fah ich zum Kam^^fe der Wind' Aufruhr 

iich verfammeln, 

lebe die fchwangere Saat weithin, mit den unter- 

ften Wurzeln 

:h in die Lüfte geraft, fortfchleuderten: fo wie des 

Winters 520 

vvarzer Orkan Strohhalme verfiürmt und fliegende 

Stopi>eln. 

auch Ichwärmt um den Himmel ein Heer end- 

lofer GewälTer; 

unvoU drängen den Schwall dickwogender Schauer 

die Wolken, 

warz aus dem Meer aufziehend; es ftürzt mit Gq" 

pralTel der Äther, 

g der gewaltige Gufs Fruchtpflanzen und Werke 

der Rinder 325 

It zerfchwemmt, und die Graben erfüllt; der ge- 

höhlete Bergftrom 

gt mit Getof , und es braufet in ßürmenden Sun- 
den die Meerflut. 

>ft der ewige Vater, hervor aus des graufen Ge- 
wölks Nacht, 

wingt hellleuchtende Stral' in der Hand: dafs 

ganz von der Regung 

et die Erd'; bin floh das Gewild, und den Erde- 

gefchlechtem 330 



132 L A N D B A U« 

Sank das zagende Herz vor dem Schrecklichen« Jezo 

den Athos, • 
Jezt der Ceraunien Haupt , ui;Ld des Rhodope, fchlägt 

fein entbrannter 
Donner hinab! Es emeun lieh die Wind', und der 

N dichtefte Regen; 

, Dafs nun Hain, vom Sturme zerwühlt, nun Meeres« 

geftad' hallt. 
335 DelTen beforgt, f23äh' oben der Monate Grang 

und der Sterne: 
Wo der kalte Satumus lieh hingewendet am Him"^ 

mel, 
Was für Kreile verirrt das cyllenifche Feuier durch- 

wandre, 
Doch die Utilterblichen ehre zuerft, und erneue der'. 

gröfsen 
Ceres ihr jähriges Feft, in fFf>hlichen Auen ihr 

opfernd, 
340 Wann der äufserfte Froft lieh verzog, fchon heiter der 

Lenz ift. 
Dann find fett die Lämmer , und dann die mildeften 

Weine, 
Dann ifi füfs der Schlummer , und dicht auf Bergen * 

die Schattung. 
Flehe der Ceres gefamt dir die ländliche Jugend in 

Andacht : 
Du zerlafs ihr Honig in Milch und der Stifse des 

Bacchus ; 
345 Dreimal umgeh' heilbringend die jungen Früchte das i^ 

Opfer, 
Welches der lämtliche Chor und die jauchzenden • 

Freunde begleiten, 



\ 



\ 



Erster Gesang. 123 

l mit Grefchrei in die Häufer die Göttin rufen« 

Zuvor auch 

lle dem zeitigen Halm niemand anlegen die 

Sichel, 

er, vom Eichenkranze die Schlaf umwunden, der 

Ceres 

: migeordnete Reigen getanzt, und Lieder, ge- 
tönet. ' 350 
Aber, damit wir folches an ficheren Zeichen er- 
kennten, 

nige Schwül' und Regen und kalt anhauchende 

Winde ; 

nete Jupiter felbft, was die Monatwandlerin 

Luna 

tete, welchem Zeichen der Süd lieh legte, wie 

oftmal 

gewarnt Landbauer das Vieh nah hielten der 

Stallung. 355 

Gleich wenn die Wind' aufzeigen, beginnt ent- 
weder des Meeres 

.ende Flut unruhig emporzuwallen , und hoch- 

her 

^knes G^knack zu ertönen vom' Bergwald' ; oder 

entlang wühlt 

[end 4er Strand, und dumpfer in Holzungen 

fchwillt das Gemurmel* 

h jezt kaum noch enthält lieh des krummeil Kiels 

dir die Woge, 360 

in aus der Mitte des Meers die verfchüchterten 

Taucher entflattem, 

[ mit Grefchrei zum Strande daherziehn; wann auf 

dem Trocknen 



124 L A N D B A V. 

Sijielet das WalTerhuhn ; und« die traulichen Sümpfe 

verlalTend, |* 

Über das hohe Gewölk fich der fliegende Reiher cm-, 

porfchwingt. 
« 365 Oft auch fieheft du Sterne, lobald andiränget der 

Sturmwind, 
Jähes Falls am Himmel cntfliehn, und das nächtliche 

Dunkel 
Hell nachltreifende Flammen in langem Zuge durch- 

Ichimmem ; ^ 

Oft^ wie nichtige Spreu umfliegt und gefallene 

Blätter, 
Oder wie fchwimmende Flaume den Tanz auf dem 

Waffer beginnen^ 
370 Doch wann Boreas wild androht mit Leuchtun- 

gen, auch w'ann , i 

Eurus und Zefyrus Burg laut donnerte; aUe die 

Acker 
Schwimmen, die Graben gefüllt, und all' im Meere 

die Schiffer 
Rollen die triefenden Segel zurück. Nie, ohne zu 

warnen, 
Schadete Regenergufs. Entweder flohn, wenn er auf- 

flieg, 
375 Tief in die ThaF aus dem Äther die Kraniche, oder 

«» die Milchkuh, 
Blickend zum Himmel empor, fchnob Luft in offene 

Nüftem ; 
Oder die zirpende Schwalb' umflog hinftreifend die 

Weiher ; 
Oder es töneten FrÖfch' im Mprafi ihr ewigeJs Klag^ 

lied. ti:, 



i 



^ 



^ 



-1 



Erster Gesang. 125 

: auch enttrug die Eier den inneren Zellen die 

Ameis, 
imal fich tretend den Steig; auch trai^ der farbige 

Bogen, 380 

jitgefpannt;' und die Weid* in mächtigem Truppe 

verladend, 
uTchte das Volk der Raben daher mit wimmelnden 

Flügeln. 
nn die mancherlei Vögel des Meers, und was in 

Kayftrus 
jsem Gefümpf ringsum die afifehen Wiefen durch- 

fchnappelt, 
hft du mit reichlichem Thau Hch eiferig fprengen 

die Schultern, 385 

.d ihr Haupt darftrecken der Flut, bald laufen ins 

WalTer, 
J wie bethöit frohlocken im eitelen Spiele des 

Bades, 
lamlos ruft auch die Kräh' aus vollem Hälfe dem 

Regen, 
[hrend für fich einfam auf trockenem Sande fie 

wandelt. 
bft an nächtlicher Sj^indel befchäftiget, waren die 

Mägdlein 390 

:ht unkundig des Sturms, wann funkelnd in irde- 

ner Lampe 
ülite jdas Öl, und dem Dochte wie Schwamm an* 

wuchfen die Ofel. 
Auch nicht minder aus Regeii die Sonn* und 

heitere Bläue 
sfpähn kannft du zuvor, und an fieberen Zeichen 

erkennen. 



1!26 L A N D B A U. 

395 Denn nicht fcheint an den Sternen der Glanz nun 

ftümpferes Anfehns^ 
Noch mit des Bruders Stralen belelmt die fieigende 

Luna, 
Oder wie wollige Flocken der Duft am Himmel zu 

fchweben. 
Nicht am Crefiad' auch breiten die Halcyonen 3er 

Thetis 
Gegen die wärmende Sonne die Fittige; nicht auf 

dem Hofe 
400 Werfen befudelte Säue zerwühltes Gebund mit dem 

RiilTel. 
Aber es fenkt fich der Nebel gemach , imd deckt die 

Gefilde; 
Auch die weltliche Sonn' auf hohem Giebel bemer- 
kend, 
übt umfonft ihr fpätes Getön die jammernde 

Eule. 
Hoch am gekläreten Himmel erfcheint der fehwe- 

bende Nifus, 
40 5 Und für das purpurne Haar büfst ihm die Verräthe- 

rin Scylla: 
Wo fie luftige Höhn im Eiitfliehn mit der Schwinge 

durchfehneidet, 
Siehe, voll feindlicher Wut, mit lautem Geräufcb 

durch den Äther 
Folgt ihr Nifus umher; wo Nifus fich hebt in den 

Äther, 
Fliehet Be, luftige Höhn pfeilfchnell mit der Schwinge 

durchfchneidend. 
410 Jezo erfchallt auch Raben aus hellerer Kehl' ihr drei- 

fach, 

1 



Erster Gesang. 127 

Ja vierfaches Getön ; und oft in erhabenen La- 
gern, 
IJber Gewohnheit entzückt von unerhlärbarer Wol- 

luft, 

^ Raufchen fie wild in dem Laube; £e freuts, da der 
i Regen verweht ift, 

> Wieder ihr kleines Gefclilecht und behagliches Nefi: , 

zu befuchen. 
Zwar nicht heg' ich den Wahn: weil jenen der Geifi: 

von der Gottheit ^ 415 

Ausging, oder Verfiand, der das Schickfal lenkt, £e 

befeelet : 
Nein wann jezo der Sturm imd die wankende INfälTe 

des Himmels 
f Andere Rahnen gewählt, und Jupiter, triefend vom 

Südwind, 
Dicht, was verdünnt war, drängt, und, was er ver- 

^ dichtete, auflöfi; 

Wandelt fich auch der Seelen Greftalt, und Regungen 

füllen, 420 

Andere nun, und andre, da Wind die Gewölke ver-^ 

folgte, 
Ihnen die Rrufi. Daher lolch Vogelgetön in den 

Feldern, 
Sokberlei Freude der Heerd', und die jauchzende 

Stimme der Rabtn. 
Wenn du zur heftigen Sonne jedoch und den 

folgenden Mondes- 
Wandlungen wendefi den Rlick; nie mag dich die 

morgende Stunde 425 

Teufohen^ und nie Heimtücke der heiteren Nacht dich 

betriegen« 



I 



Ik. 



128 L A N D B A U, 

Wenn'^die emeuete Luna, das kehrende IS^euer ver- 

fammelndy 
Jezo mit trübem Grehöm den dunkelen Äther um- 

fpannet; 
Drohn unendliche GüITe dem Acketer fo wie dem 

Segler. 
430 Doch wenn das Antliz ihr jungfräuliche Röthe Le* 

decket, 
Wind ßeigt auf: vor dem Wind' erröthet die goldene 

Phöbe. 
Wenn nun am vierten des Laufs, denn der giebt 

treffende Deutung, 
Klar und nicht mit fiumpfem Gehörn üe den Hirn- 

mel durchwandelt; 
Dann ift ganz der Tag, und lo viel nach jenem her^ 

vorgehn, 
435 Bis zum vollendeten Monde, vor Wind' imd Regen 

geßchert: ^ 

Und ihr Gelübde bezahlen erhaltene Schiffer am 

Meerfirand 
Dir, Panopea, und Glaukus, und Ino's Söhn Meli- 

certes. 
Auch die Sonn', auffiralend , und wieder ins 

Meer lieh verbergend. 
Zeichnet die Luft; es folgen der Sonn' untrügliclie 

Zeichen, 
440 Beides die frühe £e trägt, und wann fich heben die 

Sterne. 
Wird fie eben erwachend den Glanz mit Flecken be- 

fprenkeln, 
Eingehüllt in die Wölk', und halb mit der Scheibe %' 

zm^ückfliehn ; 



•r 



l 



Erster G e s a js c. 129 

Selir dann bab' auf Regen Verdacht: denn hoch aus 

• dem Meere 

Stürmet der Stadt und den Bäumen der Süd und der 

Heerde zimi Unheil. 
^ Aber wofern im Tagen ihr Licht durch gedrängete 
E Wolken 445 

r* Rings ausbrechende Stralen umhergiefst; oder Au* 

rora 
Blaüs im Greficht auffteigt vom Safranlager Titho* 

nus; 
Ach gar fchlecht dann fchirmet die reifenden Trau- 

■ 

ben das Weinlaub: 
So dicht knattert herab auf das Dach der entfezliche 

Hagel. 

£ Defs auch , wann fie verläfst die durchwanderte Bahn 
[^^ des Olympus, 450 

Frommt dir wohl zu gedenken noch mehr. Dann 
f fchauen wir oftmals, 

Wie abwechfelnde Farben der Sonn' umirren das 
r Antiiz. 

Blangefleckt wird fie Regen verkündigen, feurig den 

Oftwind. 
Aber fobald ihr Flecken zu röthlichem Feuer fich 

milchen; 
Rings dann, fchaue, zugleich von des Sturmes Gre- 

walt und des Regens 455 

Strudelt es. Dafs mir keiner, in lolcherlei Nacht 

durch die Meerflut 
Radie zu gehn, noch dem Land' unklug zu entrücken 

E 

^ das Hemmfeil! 

Doch wofern, wann fie bringet den Tag, und lenkt 

den gebrachten, 

Vj]|«x£ Ton Toss. I* 9 



130 



L A N D B ▲ V. 



Stralt ihr leuchtender Kreis ; umfonft dann fchrechen 

dich Schauer, 
460 Und fanfi fiehft du die Wälder in hellem Norde be> 

weget. 
Kurz, was der Abend dir fpät zufuhr' , ob heitere 

Wolken 
Irgend woher anwehn, ob laur* ein feuchtender 

Südwind: 
Kündet die Sonne zuvor. tVer mag die Sonne der 

Falfchheit 
Schuldigen? Jen' hat oft die Grefahr des verboi^eneÄ 

Aufruhrs 
465 Angefagt, und Yerrath, und heimlich gärendft 

Kriege. 
Jene blichf auch auf Roma; nach Gäfars Fall, mi 

Erbarmung, 
Als £e das ftralende Haupt in dunkele Bräune ▼< 

hüllte, 
Und vor ewiger Nacht fich fürchteten frevelnde 

Völker. 
Damals zwar gab felber die Erd', und die Flu- 
ten des Meeres, 
470 Auch wehdrohende Hund', und unwillkommene 

Vög^l, 
Zeichen genug. Wie oft auf die Acker umher der 

Cyklopen 
Sahn wir im Schwall vorbraufen aus berftender 'Effe 

den Ätna, 
Dem rothflammende Ball' und gefchmolzene Felfen 

entrollten! 
Klirrende Waffen vernahm Grermania rings in des 

Äthers 




Erster Gcsang. 131 

;em Gewölk; ungewohnter Erfchüttening bebten 

die Alpen. 475 

Ji ein häufiger Ruf durchfchoU die fchweigenden 

' Haine 
[^htvoll^ und die Gebild' in grKTslicher Todes- 

blälTe 
webeten durch Nachtdunkel; es redeten Thiere 

des Feldes^ 

I 

auerlich!" Ström' auch fiehn, es zerfpaltet das 

Land^ ja vor Wehmut 
änet das Elfenbein imd fchwizet das Erz in den 

TemiJebi, 480 

Jiauf fchwoll, und, drehend in wütigem Strudel 

die Wälder, 
g der König. der Ström' Eridanus durch die Gre- 

filde 
it mit den Ställen die Heerden umher. Auch 

raJßete nimmer 
iirigem Eingeweide der drohenden Fibern Er* 

fcheinung, 
h den Brunnen die Ader des röthenden Blutes; 

und tief auch 485 

hen in Mittemacht von heulenden Wölfen die 

Städte, 
mak fonli: entzuckten dem heiteren Himmel fo 

viele 
ichtungen; niemals brannten fö oft graunvolle 

Kometen. 
Darum fah in der Schlacht zum zweitenmale 

Philippi 
nungen römifcher Bürger mit gleichem Giefchofs 

fich begegnen; 490 



132 L A N D B A Ü« , 

Und nicht daudif es den HimmliTcIien hart, daüf 

N Emathia zwiefach 

Hofs, und des Hämus Gefilde, mit miferem Blute 

gedünget. 
Siehe, dereinft wird kommen der Tag, da in jenen 

Bezirken, 
Wann mit gebogenem P9ug' er die ^Erd' aufirUttet, 

der Landmann 
495 Römifche Speer* auswühlt, vom fchartigen Rofie 

zernaget, 
Oder mit fchwerem Karft hohlklingende Helme hef>> 

Vorfchlägt, 
Und anfiäunet die grofsen Gebein' aus durchwUhleten 

Gräbern. 
Heimliche Mächt' , Indigeten , und Romidns, 

Vefta du Mutter, 
Welche den tuskifchen Tibris und Roms Palatium : 

fchirmet: 
500 Ihn doch, daTs dem Verfalle der Zeit aufltelfe der 

Jüngling, 
Lafst imgehemmt! Schon haben wir längft mit unfe- 

rem Blute 
Abgebülst Meineide der laomedontifchen Troja. 

Schon voilängft misgönnet dich uns, o Cäfar, des 

Himmels 
Königsberg, imwillig, dafs Menfchentriumf du noch 

achteft: 
505 Hier wo Recht fich verkehret iinä Unrecht, Krieg 

durch den Erdkreis 
Tobt, und des Gräuls vielfache GeAalt; wo die EIhre 

des Pfluges 

ii 



Erster Gesang. 133 

Hinfehwand, öde das Feld die entführeten Pfleger 

betrauert, 
und zum ftarrenden Schwert ümfchmilzt die gebo- 
gene Sichel. 
Dorther droht Eufrates, und dort Crermania Kriegs« 

wut; . 
Nachbarfiftdte zerrütten den Bund mit einander, und 

tragen 510 

Feindliche Wehr; rings wütet der frevele Mars durch 

den Erdkreis: 
Wie wenn, aus offenen Schranken hervor fich ftür« 

zehd, ein Vierfpann 
Kreis vollendet auf Kreis, und umfonft das Grezäume 

der Lenker 

\ Spannt; ihn entreifsen die Rofl!', und es trozt der 
[ Wagen den Zügeln, 



* 



% 



L A N D B A U. 



WEITER GESANG 



% 



ENTWURF. 



« * 



Inhalt die Baumpflanzung i. Anrufung des Bacchus 4. 
I. Entftehung der Bäume und Sträuche, a. Natürliche : von 
felbft 10, aus Samen 14, aus der Wurzel 17. b. Künßliche: 
durch abgeftochene WurzelfchöDslinge 25, aus Sazhölzem 34, 
Senkern 26, Schnittlingen 2§, Klözen und Scheitern 3o, durch 
Impfen 32 — 34, 11. AnWi von beidlNi* a. Einleitung 35, 
Anrufung des Mäcenas 39. ,b. Veredelung natürlicher 47. 
c. Erziehung künßlicher 6 1 , befonders durch Äugeln und 
In]ipfen 73 :— ^2. XII. Yerfchi^denh^it der BäuQ^ U94 GW 
fträuche. a. Nach den Gattungen der Gefchlechter 85. b. Nach 
Boden und Lage 109. c. Nach der Weltgegend 114, d. Ita- 
liens Lob '1 36 — 176. rV. Vom Erdreich, a. Dienlichkeife; 
für Ölbäume 179, Weinftöcke 184, Vieh 1 9 5 ," Getreide 2o5, 
für nichts 212, für alles 217. b. Prüfung eb^ locker oder 
dicht 226, falzig und bitter 2 38, fett 248, feucht 2 5i,' fchwer 
oder leicht 264, fchwarz 2 55, kaltgründig 266 • — 258«^ 
V. Weinbau, a. Zur Pflanzung gehört: Graben 259, Pflanz- 
fchule 265, Einfezen 269, wie dicht 273, wie tief 2889 '^^ 
dere Vorficht 298, Zeit des Einfezens 3i5, Lob des Frühlings 
3 23, Pflege der Sezlinge 346. b. Nach der Pflanzung,- wird 
aufgelockert 354, gepfählt 358) abgelaubt und gefchneitelt 
362. c. Verzäunung 371; befonders gegen den Bock, dev 
dem Bacchus geopfert wird 3 80. d. Nie endende Wartung 
597 — 4x9. VI. Leichtere Pflege anderer Gewächfe: a. Der 
Ölbäume 420. b. der Obßbäume 426. c. wilder Gebraucht 
und Bäume 429. d. Vorzug diefer ror dem verführerifchea 
WeinÄock 454 — 457. VII. Glückfeligkeit des Landlebens, 
a. Vorzüjgg der Stadt 461. b. Des Dichters Wunfch, ein W«i- 
fer zu fein 475, oder ein- frommer genügfamer Landniann 485, 
der auch Weisheit übt 495, im Gegenfaz des unruhigen Städ- 
ters 593. c. Des Landmanns Ruhe ^i3, ÜberfluTs 5i6, im- 
fchuldige Freuden 5^5, alte Sitten 532. d. Befchlufs des Ge- 
fangs 541 — 642. 



L A N D B A U. 



5WEITER GESANG. 



weit über der Saat Anbau , und Sterne de« Him- 
mels, 

L dich^ Bacekus, befing' ich, mit dir auch waldi- 
ger Wildnis 

^es G^fprofs, und die Kinder des langf|ini wacL« 

fenden Ölbaums, 

ler, Vater Lenäus! erfüllt i& eXLes mit dei« 

nem 

3ngefclienk; dir prangt vom traubigen Herbft in 

Weinlaub 5 

iead die F|ur, dir ibhäumt rollauf in den Kufe^ 

die Lefe! 

[kCTj Vater Leniius, o koinm, und förb' in dem 

frifchen 

te die nackenden Beine mit mir , nach entraftem 

Kothumus ! 
Erftlich erwachfefi die Bäum' aus mannigfaltiger 

Zeugung. 

ige , wenn auch nin»mer ein MenTch fie nötkiget, 

feHber 1 



138 L A N D B A U. 

Gehen fie willig hervor, und beherfchen die That 

und des FluITes 
Krummen Rand: wie die Wilge des Sumpfe , 

biegfame Genfter, 
PappelgebüTch, und ergrauend mit bläulichem Laubflff^ 

das Weidicht. 
Andere heben den Wuchs aus gefallenem Samen: 

wie hohe 
1 5 Käfienbäum' , und die Eiche , die ftolz vor den HdJ 

nen empor dir, 
Jupiter, grünt, und dem Grajer orakelredende^ 

Wipfel. 
Anderen fprofst aus der Wurzel die dicht äuffi^- 

gende Waldung: 
Wie Kirfchbäumen und Ulmen; ja felbft der pa: 

lifche Lorber 
Hebt fich, ein winziges Reis, im gewaltigen Schattei^ 

der Mutter, 
20 Diefe Vermehrungen gab die Natur erft; diefen «nl» 

grünet 
All der Wälder und Stauden Gefchlecht, und der 

heiligen Haine. 
Andiere Weifen entdeckt' auf eigener Bahn die 

Erfahrung. 
Diefer pflanzt das Grefprofs , vom zarten Leibe der 

Mütter 
Abgelöft, in diie Gruft; der ftampfet fich Äff in die I 

Acker, 
25 Und vierfpaltige Schaff und fpizige Pfähle von Ken»- 

' holz. 
Andere • Waldung erharrt aus niedergebogenen Seil* 

kern 



Zweiter Gesang. 139 

es Grefchlechty imd es lebt im eigenen Boden der 

Anwachs. 
I: auch der Wurzel bedarf noch andere; oben 

vom Wipfel 
et der Erd' herbringend den Schofs zu vertrauen , 

der Schneitier. 
em zerfchnittenen Blocke fogar^ o wunderbar 

lautend! 30 

gt aus trockenem Holze hervor die Wurzel des / 

Ölbaums. ' 

auch fehn wir ^ie Zweige des andeiien Baiuns in 

des andern 
^ftraft ausarten, dafs eingepfmpfet ^^^r Bim- 

baüm- 
1 trägt, und mit Pflaumen die SteinkoilfieUe Ach '• 

röthet. 
Drum wohlan^ ttiid vernehmt- ^dev- Gattungen 

eigene Pflege,* 35 

ner ^er Flur, arbeitet die herberen Früchte z« 

miklem; 
nicht trag' umlieg' euch .das Land. Es erfreut, 

, mit dem Feftwein 

irus Höhn zu beichatten; mit , Öl den grofsen 

Tab'tarhus! 
Aber o komm, «nd vollende mit mir die be- 

gcmnene Laufbahn, 
mein Stolz, du billig* der beff eie Theil mir dfas 

Ruhmes; 40 

Ireieh'gieb, p Mäcenas, dem ciTenen Meeire di^ 

'Segel, 
r nieht all^s. mit meinem G«£atig zu .umfaff^a 

^ : begehr' ich; 



140 L ,A N D 3 A ir. 

Nein, wenn auch hundert Zungen ich hätt^i und h 

dert der Kehlen, 
I^ifemen Laut! Komm» &feif«i d^n Bord dec^nächJ 

Ge&adesy 
45 Unter d^n Händen das t^gind. ?lioht foU hi^r eil 

Diehtungy 
Noch , «hnfcbweifeiider Prunk di<?h ^er^^h^^ v 

Weile des Eingangs. 
Wc^lcbe Crewäphüe von £etli»& in dif^ Ibalei 

Luft ßch erheben» 
FruchtlokS Aeig^n £e zwar, doch froh imd m^ti 

Stärke; 
Denn fie treibt im BcKikn N^tur. T^^^k au^h . d» 

iTiMif^n du 
5o Eiliinip£H:> a]^^ verMrand^U. in lipck^r^ Grulieii 

herkergft, 
Legen Ee aib^ihr* wild^ G^tr^z; uii4 dmc^dCmi 

Wartung 
Folgen fie »ieht lialsfiarrig , in,, welqhf rm Z^^^ 

fi<e tufeft. 
Auch der verödete Sprof«, der d^n, unteii?ei|L Stämmen 

^nt^M^efset, 
Ihut dieg' gern , . üobald du in i^eiere^ Fobl ihB v 

theüet: 
55 Jezo verdumpft hotehIbhat|e«d v^fi L^ub' ¥pad i 

' Ir:"?. Kvveig' ihn die Mutter, 

:ilaubet dec Wachsthxuns T^ie)», Ulid d/$n:f t 4^ K^ 

desi Ertrages. 
Endlieh der fianm>. der lelbft ^Uß ge wosfengifiL Jgan; 

empocftieg, 
Strebt mit la^gfiEurner Mühe,. dfSP XiKä^ret^ 5nl|«l 

f chatten; 



% 



> \ 



Zweiter Gesang* 141 

I entartet fein Obft, der vorigeH Säfte ver- 

gelTend; 
dem Gevögel ztim Raub' umhKitgt der Herling 

den Weinftock. 60 

Siehe, bei allen bedarfs anhaltendes Fleifses, bei 

allen, * 
du in Furchen fie reihft, und mit Viel Taglohne 

bezSihmeft, 
* aus Kloben gedeiht dir der Ölbatun beffer, aus 

Senkern 
inwaehs, auf feftem Gehölz die pafifche 

Myrte. 
Llich fprofst um die Mutter die fteinige Hafel, 

die hohe 65 

■ 

ß des Hains, und der Baum herkulifcher Silber- 
bekränzung, 

; des chaonifchen Zeus Eichbaum ; auch die luf- 
tige Palme 

(st als Kind, tmd die Tanne, bedroht von Ge- 
fahren des Meeres. 

eimpR mit dem Reife der Nufs wird der firup- 

pige Hagbaum; 
auch die öde Platane gebar vollhangende 

Äpfel; 70 

von Kaftanien blühte die Buch', uhd die Orn' 

in des Birnbaums 

gender Weifs'; und die Eichel zermalmeten Sau' 

in dem Ulmwald. 

iVicht ift impfende Kunft und Äugelung einer 

Greftalt nur. 

Ji wo aus ebener Rinde der knospende Keim fich 

hervordrängt, 



■; 



142 L A N D B A V. 

75 Und fein zartes Gewebe durchbricht, wierd- enge^ge- 

höhlet 
Grad' in den -Knoten ein SchooDs; hier fchleuls d 

anderen Baumes 
Aug' hinein 9 und lehr' es in faftiger Schale' be-|<' 

^ kleiben. 

Doch unknotig Geäft werd' abgelegt, und- niiff 

Keilen 
Tief ein Weg in die Härte gebahnt ; dann ftige dei^fF 

Obftes 
80 Schwangeres Reis in den Spalt: nicht lange daurt^' 

und gewaltig 
Schwang fich empor zum Himmel der Baum mit 

glücklichen Zweigen, 
Selber das neue Gefprofs, und nicht eigene Früchte''^ 

bewundernd. 
Femer find nicht ^hxRs Gefchlechts die mäch- 
tigen Ulmen, 
Nicht die Weid', und der Lotos, imd nicht die Cy- 

prelTe voin Ida. 
85 Auch den fetten Oliven erwächit nicht einerlei Gat- 
tung, 
Eirund hier, dort länglich, und dick mit herberer 

/ Beere, 
Noch dem Obfi; und den Hainen Alcinous \ nicht • 

auch erblüht gleich 
Syrias und Crufiumiums Bim', und die. lafie|ide ' 

Faufibim. 
Nicht die felbige Traub' entfchwebt hier -unferen 

' Bäumen, 
90 Welche* der Lesbier pflückt vom methymnäifchen 

Rebrchofs. 



Zweiter Gesang» . 143 

doch thalifclie Wein\ und find mareotifche 

weiCse : 
\ dem fetteren Grunde bequem, dem leichteren 

jene; 
lifche Kraft aus Rofinen gepreflst, auch feiner 

Lageos, 
den Fuls zu lähmen beltimmt, und die Zunge 

zu felTeln; 
urwein und precifcher Mofi; luid wie rühmt 

mein Grefang dich, 95 

üker? doch nicht drum mit falemifchien Zellen 

geeifert ! 
aminäifche Reben verleihn hochaltenden Kraft« 

wein, 
hem der Tmolier felblt auCßeht, und der König 

Phanäus; 
i Argitis die kleine, womit kein' andere 

fireitet, 
er fo voll zu firömen, noch gleich, viel Jahre zu 

dauern. 100 

. dich, Rhodier, nicht,' den Göttern werth und 

dem Nachtifch, 
ich vorbei; noch dich, mit gefchwoUenen Trau* 

ben, Bumafius. 
wie reich an Arten fie fein, imd an Namen wie 

vielfach, 
$t die Zahl;' imd nicht ja, in Zahl fie zu falTen^ 

verlohnt es, 
fie zu lernen begehrt, der begehrt auch der liby- 

fchen Ebne 105 

gewühl zu erforfchen, wie vieL im Wefie ge-» 

wälzt wird; 



IE 



144 L A N D B A U. , 

Oder, fiürmt in die Segel die Wut des gewaltigen 

Eurus, 
Alles Grewog' um den Strand der ioniTchen WalTer znl 

muftem. 1 

Doch vermag nicht jedes ein jeglicher Boden iEvlii 

tragen. 1 

110 Weiden umfproffen den Bach ; es entfteigt die Erb 

des Sumpfes 
Dickem Schlamm y und dem Felfengebii^' un&uch^ 

bare Omen; 
Meerftrand grünt von Myrten am fröhlichfien; end- 
lich der Weingott 
Liebt die offenen Hügel , den Nord und die Fröfte 

der Taxus. 
Schaue den Erdkreis auch,, wo die äulserfteit 

Pflanzer ihn anbaun, 
115 Öfiliche Hätten der Araberfiämm', und bunte 6e-' 

loner ; 
Abgetheilt ift Bäumen ihr Land. Nur in India dun» 

kelt 
Ebenusholz, nur Saba gebiert den Spröfsling dei 

Weihrauchs. 
Was verfcünd' ich anndch wohlriechendes Holzes ent- 

quoUne 
BalTame? was dir die Beeren des iinmei^rüneA < 

Akanthus ; 
120 Athiopia's Haine, mit weicher Wolle befchim-^ 

mert; 
Und wie das zarte Gefpinnft von dem Laub' ab- 
kämme der Serer? 
Oder was India fonfi dem Oeeanus nahe für Wal« 

düng 



Ik. 



Zweiter Gesang. 145 

t, die äulserfte Bucht? wo über die luftigen 

Wipfel 
mer ein Pfeil von der Senne hinaufzuftreben 

vermochte; 
nicht kraftlos traun r2>ielt jenes Gefchlecht mit 

dem Köcher! 125 

ia zeugt den mUrrifc^cn Saft und weilenden 

Nachfchmack 
cn gefegneten Apfel: vor dem kein IchneÜeres 

Labial, 
m itiefmütterlich einA Unholdinnen Becher des 

Todes - 
zten, und Kraut einmifchten und nicht uoiTchäd- 

liche Worte, 
end kommt 9 und verjagt die dunkelen Gift' aus 

den Gliedern. 130 

lauf raget der Baum, und gleich an Wuchfe dem 

Lorber; 
wenn nicht ein^ andres Gedüft er fireuete 

ringsum, 
)er leilbft ; hinfallig in keinem Winde die 

Blätter; 
;' ausdaurend die Blume: womit iich der Meder 

den Athem 
zht und des Mundes Geruch^ und heilt engbrüfii- 

ges Alter. 135 

Aber nicht auch der Meder gehölzreich wallen- 
des Fruchtland, 
b felbft Ganges der fchön', und der goldgetrübete 

Hermus, 
5' um Italia's Ruhm Wettkampf; nicht Baktra, 

noch Inder, 

RoiL Ton Vosg. I. 10 



l( 



i 



! 



146 L A N D B A V» 

Und Panchaia ganz mit des Weihrauchs fetten G«- Jj 

filden. 
t40 Hier ward nicht von Farren, die Glut ausfchnoben, 

das Erdreich 
Umgepflügt, und mit Zähnen befät der entfezlicheii 

Hyder; 
Dals von Helmen und Lanzen gedrängt aufftarrte die 

Mannfaat. 
Doch fchwerhangende Frucht', und maf&fcher Trank 

des Lyäus, 
Füllten es; ringsum blühn Ölbaum', und fröhliche 

Rinder. 
145 Hier wird Krieger das Rofs, und trabt hochhalfig ins 

Schlachtfeld; 
Heerden von hier, fchneeweifs, und der Farr,^ o Qi- 

tumnus, der Opfer 
Gröf seftes, - oft in deinem geheiligten Strome ge* 

badet, 
Führeten Roms Triumfe hinauf zu der Himmlifchen 

Tempeln. 
' Hier iA ewiger Lenz, und im fremdelten Monde 

noch Sommer ; 
150 Zweimal trächtig da^ Vieh, zweimal auch ergiebig 

der Obfibaum. 
Aber zerreifsende Tiger lind fem, und graufamer 

Löwen, 
Zeugungen; kein Akoniton betrog unglücldiche 

Sammler; 
Nicht unermeMiche Kreife bewegt durch den Staub, 

noch verfammelt 
Sich fo mächtiges Zuges die fchuppige Schlang' in 

GeringeL 



Zweiter Gesang. 147 

1 prangender Städte fo viel, und Werke der Ar?- 

beit, . 155 

ingen kühn mit der Hand auf Felsabhängen ge« 

gründet, 
hinwallende Ströme durch alterthümliche 

Mauern, 
ch des Meers dort oben gedenk', und das unten 

heranfpült ? 
o gewaltiger Seen? dein, grofser Larius! dein 

auch, 
du mit Wogen des Meers und Gebrauf' auf- 

fieigft, o Benacus! 160 

ch der Porte gedenk', und des eingezwängten 

Lucrinus ; 
wie den Damm unbändig die zürnende B^an« 

düng umdpnnert, 
wo die julifehe Flut von des Meers einftürzen* 

den WalTem 
, und Tyrrhenergewog' in den Sund eindringt 

dem Avemus? 
me Bach' auch zeigte das Land und des Erzes 

Metalle - 165 

in der Schachte Greäder, lind flofs mit goldenem 

Reichthum. 
is erzog zu Helden der Marfer Grefchlecht und 

Sabeller, 
rer, trozend der Noth, und dardenfehwingende 

Volsker ; 
»r dies , und Marierkraft , und grofse Ca- 

mille, 
tbare Scipiaden; und dich, o erhabenei* 

Cäfar, 170 

10* 



148 Landbav. , 

Der du jezt Obfieger an A£a's äuXserfien 

Kiiften, 

Feme von Roms Berghöheh den zagenden In- 

clier feheucheft. 

Heil dir, Mutter der Frücht% o fatumifche Erde, 

der Männer 

Pflegerin! dir, , du Hohe, beginn' ich Werke von^ 

^Iter 
175 Würd'und Kunfi, aufCchliefsend die heiligen Borne 

mit Kühnheit ; 

Und Askräergefang durch römilche Städte ver- 

breit' ich. 
Jezo gilts die IHaturen des Erdreichs: welcher- 
lei Tugend 

Jeglichem,' welcherlei Färb' und Kraft der Befruch- 

; ' tung verliehn fei. 

Unwillfahrige Fluren zuerlt , und neidifche Hü- 
gel, 
1«0 Wo - nur magerer Thon, und Kies im Domen« 

gefild' ift, 

Lieben palladifche Haine des fpät nachlebenden 

Ölbaums. 

Anzeig' ift Oleaftergehölz, das in felbiger Ge- 

» 
gend 

Dicht aufTprofst, imd die Felder mit wildernden 

Beeren befireuet. 

Aber ein Grund, der fett und froh ift füXser Be- 
feuchtung: 
185 Dort, in Kräuter gehüllt, das fegenfchwangere Blach- 

feld, 

Wie wirs oft vom Gebirg' im gehöhleten Thale be- 
wundernd 



\ 



i 



\ 

\ 

t _Z %v E I T E B Gesang. 149 

^ Uberfchaun ; wo hinab von den Felshöhn fchmelzende 
y ' Bäche 

Glückliehen Sehlamm mitführen; und dort, das erho«^ 

ben am Südwind 
Farrenkraut zum Verdrufs Ales gekrümmefen Pfluges 

ernähret: 
Diefes befchatten dir einft grofsmächtige Reben, von 
i Bacchus 190 

i FeiiergeiAe durchfbömt; dies i)rangt mit gefchwolle- 

nen Trauben, 
mit Trank, desgleichen in Schalen vnr weihn 

und in Golde; 
MTann der feifte Xyrrhener das Elfenbein vor dem 

Altar 
Bläft, und Opfergeweid' aufdampft in gebogenen 

SchüITeln. 
Doch wenn Rinder vielmehr du biegehrfi und Pflege 

der Kälber, 195 

Oder der Schaf Anwachs, und den Pflanzungen 

feindliche Ziegen; 
Bergwaldung und Femen gefucht, wie des fatten 

Tarentum, 
und ein Crefild', als traurig die duldende Mantua 

einbüfst, 
Das fchneefarbene Schwan' im kräutrigen FluITe be« 

wirtet. 
Nie an lauteren Quellen gebrichts, noch an Weide 

den Heerden; 200 

a I 

» Und fo viel abrupfen am langen Tage die Rin- 
der, 
Gleich viel wird in kurzem erneut vom kühlenden 

Nachtthau, 



150 L A N D B A r. 

Dunkeles meift, und dem Drucke der Schar fettfchdl^ 

liges Erdreich, 
Und von lockerem Mulm, (denn Lockerung ahmet 

der Pflug nach,) 
205 Dient ' dem Getreide mit Luft: aus keiner Ebene |i 

fiehft du 
Mehr Laftwagen nach Häuf sdiziehn mit langfamen 

Farren. 
Oder, woher unwillig den Wald abführte der Pflü- 
ger, 
Und die Gehölz' aufwühlte, die lang' unthätig ge- 

rafiet, 
Und mit der Wurzel hervor die altenden Häufer der 

Vögel 
210 Rüttet^: hoch auf flogen die Schwärm' aus verlaflle- 

nen Neftem; 
Aber das rohe Gefild' erglänzte von furchender Pflug« j 

fchar. 
Denn der nüchterne Grand des gehügelten Feldes 

gewährt kaum 
Rosmarin den Bienen zur Kofi: und niedrigen Zei- 

land; 
Auch der fchartige Tof , und von fchwärzlicher Natter 

zernagte 
215 Kreide behaupten den Stolz, dafs fonft kein Acker 

den Schlangen 
Trage fo leckere Weid', und gewundene Höhlungen 

biete. 
Welches leichteren Dunft aushaucht und flüchtige 

Nebel, 
Gern die Feuchtigkeit trinkt, und gern aus fich fel- 

hei^ zurückgiebt; 



Zweiter Gesang. 151 

Iches dabei, iiets grün, mit eigenem Gräfe £ch 

kleidet, 

[ kein Eilen durch Roll und JCalzige Schärfe ver- 

lezet: 220 

es umweht dir die Ulmen mit freudigem Reben- 
gewimmel; 

: iA fruchtbar an Öl ; dies findeft du imter dem 

Anbau 

idllfahrig dem Vieh, als mild der hakigen Pflug« 

fchar. 

[les beftellt reichblühend fich Gapua, und des Ve- 

fevus 

Lzende Flur, imd Glanis, nicht hold der öden 

Acerrä. 225 

Jezt, wie du jegliches Land auskundigen mögefi, 

erklär' ich. 

n du, ob locker es fei, ob dicht vor gewöhn- 
lichem, forfchefi; 

. der Saat das eine gefallt, das andre dem 

Bacchus, 

teres mehr der Ceres , das lockerfie mehr dem 

Lyäus: 

le zuvor ümfchauend den Ort , und heifse des 

Bodens 230 

■ 

i dir tief aushöhlen; zurück nun fchaufle das 

Erdreich , 

in die Grub', tind ebne den oberen Gries mit 

dem Fufstritt. 

« 

;elt es; dann ift locker, dem Vieh und der la- 
benden Rebe 

r geartet der Grund: doch fixäubt fich wieder- 
zukehren 



1^ 



152 L A N D B A U. 

235 Einiget ixnd umragt Erdreich die gefüllete Höh« 

lung; 
Zä^ 'iA dort das Gefild'; hartnäckige Schollen und 

grobe 
Rücken erwart% und brich mit kräftigen Farren den 

Ackeri 
Aber ein falziges Land , und das man bitteres an- |b 

giebt, 
Jeglicher Frucht abhold: denn nicht vom Pfluge ge- 
zähmt wirds, 
240 Nicht dem Bacchus erhält es die Art, noch dem ObBe 

die Namen: 
Prüft lieh in fplchem Verfuch. Den Korb aus ver- 
dichtetem Reifig 
Nim, und der Kelterer Seige, herab von dem ruffigen 

Obdach; 
Drein den tückiTchen Grund mit füfs aufwallender 

Quellflut 
Feft dir geflampft bis zur Fülle : hervor ringt all das 

Gewäffer, 
245 Siehe V und grofs nun gehn aus der weidenen Flechte 

die Troi^fen; 
Offenbar dann zeuget der herbe Gefchmack, und ! 

I empfindlich 

Zerrt die bittere Schärfe des Kofienden mürrifcbes 

Antliz. 
Wo auch fett fei irgend ein Land, defs endlich be^ 

lehrt uns 
Diefer Erfolg : nie wird es vom Wurf in den Hän* . 

den zerkrümeln; 
250 Sondern es klebet wie Pech durch Behandelung 

an den Fingern« 



Zweiter Gesa n*g. 153 

ilites ernährt hochTchoiTencles Kraut, und bläht 

fich in geiler 
igkeit. * Ach, nie müITe zu fruchtbar jenes mir 

wuchern, 
1 unmälsige Kraft in die grafigen Halme ver- 

geuden ! 
rereres wird durch eignes Gewicht ftillfchwei- 

gend fich kundthun; 
hteres auch. Schon flüchtig erkennt dein Auge^ 

was fchwarz fei, 255 

: wie jedes gefärbt. Doch frevelnde Kälte zu 

finden, 
lert Müh': nur Kiefergehölz imd fchädlicher 

Taxus 
chmal öfhen die Spur, und fohwärzlich ranken- 
der Efeu. 
Haft du folches bemerkt; wohlan, erft lange 

das Erdreich 
gekocht, und mit Gruben die mächtigen Berge 

zerfchnitten, 260 

;' erft rücklings dem Norde die liegenden Schol- 
len gebreitet, 
du fröhliche Reben hineinfenkft. BelTejres 

Land ift 
beres: alfo gewährt es der Wind, und Strenge 

des Reifes, 
. der erfchütterte^ Hufen mit Macht aufwuchtende 

Gräber, 
r ein Mann, der nichts von wachfamer Sorge ver- 

iäumet, 265 

ilt gleichartigen Boden zuvor, wo des jungen 

Gebüfches 



154 



L A N D B A V. 



Saat auCfproM, und wohin fie bald aus einander vi 

pflanzt wird; 
Dafs die veränderte Mutter nicht fcheu miskenne 

Schöfslmg. 
Wird doch. 4®8 Himmels Gegend fogar an die Rinc 

gezeichnet; 
270 Jeglicher dann, wie er ftand, auf itelchem TheiF 

des Südes 
Brand ertrug, und wo er dem^ Pol zuwandte 

Rücken, 
Wiedergefiellt: fo viel heilst zarterer Jug^id Ge>i 

•Wohnung, 
Ob du dem Hügel die Rebe vertraun foUfi, o( 

dem Blachfeld, 
Forfche zuvor. Wenn Acker der fruditbaren 

du abtheilft; 
275 Dicht £e bepflanzt: auch in dichtem Gedrängt nichtl 

träger ifi Bacchus. 
Wenn fanft fchwellender Plan' Anhöhn und gell 

nete Hügel; 

Gieb den Ordnungen Raum. Nicht ihinder audl 
, füge genau lieh 

Ringß den gemelTenen Bäumen der Gang mit kreu«' 

zendem Quergang: 
Als wann fchrecklichem Streite die Legion die Ko- 
horten 
280 Lang ausdehnt» und geordnet in offener Ebne der 

Heerzug 
Steht, und die Kampfreihn ftreckt, dann weit umher 

von des Erzes 
* Blinkendem Glanz aufwallet die Flur , noch Schlacb-' 

tengewühl nicht 



Zweiter Gesang. 155 

» und zweifelig Mars noch irrt in der Mitte der 

•Waffen. 
»um gleich fei alles vertheilt durch Zahlen der 

Gränge : 
da£s dem Geül nur biete der Anblick nichtige 

Nahrung; 285 

"weil fonft nicht alle mit gleicher Stärke das 

Erdreich 
:, noch empor ins Freie den Wuchs ausbreiten 

die Alle. 
Jezo wie tief man grabe den Pflanzungen, for- 

fcheft du etwa. 
laft möcht' ich die Reb' auch der flacheren 

Furche vertrauen. 
der Baum wird tiefer hinab in die Erde ge- 
heftet; 299 
3rs Eiche zumal: die, wie weit ihr Haupt zu des 

Äthers 
n £e hebt, gleich weit in den Tartarus dehnet 

die Wurzel. 
I kein Winter vefmag , kein Sturm, noch Regex^^ 

ergufs fie 
iidrehn; £e fleht unbewegt, und viele der 

Enkel, 
ümrollende Leben befiegt ausdaurend ihr 

Alter: 295 

xaftvoUes Gezweigs, fo weithin fixeckend die 

Arme 
sum, trägt in der Mitte fie felbli: den unend- 
lichen Schatten! 
Nicht fei dir abhängig zur finkenden Sonne der 

Weinberg ; 



I 



1 

156 L A N D B A U. 

Nicht zur Rebe die Hafel gepflanzt; nicht Tch 

kencler Reifer 
300 Oberftes nim, noch fchere vom oberften Baume 

Sezling : 
Solch' ifi: die liebe der Erd'l Auch nicht mit 

* ftümx)fetem Eifen 
Kränke den Sprofs; noch mifch' ihm des ölba 

waldige Stämme« 
penn nicht feiten entfank ' unachtfamen Hirten 

Feuer : 
Welches geheim anfangs, von der öligen Rinde 

hehlet, 
305 Glomm, und das Holz angrif , dann hoch in die 

lieh fchwingend 
' Himmelan mit Getöf aufprafl!elte ; jezo verfi 

gend, 
Rings die Gezweig' ein Sieger durchherfcht , und 1 

tige Wipfel, 
Ganz in Glut einhüllet die Pflanzungen, und aus 

pechfchwarz ' 
Qualmenden Nacht gen Himmel die dunkele Wo! 

hinaufwälzt : 
310 Wenn zumal noch Sturmes Gewalt hochher in des 

Rebhain 
Niederftürzt, und zuckend im Schwall fortdrängt die 

Entflammung. 
Ift das; nimmer genefet der Stumx)f , noch kehrt däv 

gekappte 
Rebe zurück, imd entgrünt mit ähnlichen Ranken 

dem Erdreich: 
Heillos hebt fein bitteres Laub der wildem 

Ölbaum. 



Zweiter Gesang» 157 

JNicht auch lafs dich yerleiten vom klügelnden 

Rath des Belehrers, ' 315 

bei Boreas Hauch die erftarrete Erde du 

rcgeft. 

terig fchleufst dann Kälte die Flur, und wehret 

dem Spröfsling, 

;efenkt, in das Land die haftende Wurzel zu 

^ • fchmiegen. 

Lchte werden am heften gepflanzt , wann im x^ur- 

pumen Frühling 

. der weifsliche Vogel, das Graun langwindender 

Schlangen*; 320 

i in der herbftlichen KühF Annäherung, wann 

mit Gewalt Sol 

terwärts fchon treibt das Gefpann, und der Som- 
mer vorbeiflieht. 

ling zumal fchaft Grüne den Pflanzungen, Früh« 

ling den Wäldern; 

iling fchwellet die Erd% und zeugende Samen 
^ verlangt fie. 

i der allmächtige Vater mit fruchtbarem Regen, 

der Äther, ' 325 

Lt in den Schoofs lieh herab der lüfiemen Grattin, 

und nähret 

s G^fchleclit, der Grofse zum grofsen Leibe ge- 

fellet. 

I erfchallt einödes Gebüfch von melodifchen Vö* 

geln, 

. es begehn die Heerden das jährige Feft der Ver- 
mählung. . 

render Acker gebiert, und der Zefyre lauem Ge- 

läufel 330 



158 L A N D B A V. 

Öfnen die Felder den Schoors; es berau£cht £ch 

in Wachsthum. 
Sicher auch wagen nunmehr der verjüngeten So; 

die Knospen. 
Sich zu yertraun; nicht fcheut auffteigende Sude 

Weinlaub, 
Noch vor gewidtigem Nord' anXaufende Güfle 

Regens : 
335 Ringsum drängt, es die Keim% und grünt mit ent£ 

teten Blättern. 
Dafs nicht andere Tag' im Beginn der erwachfendi 

Schöpfung 
Angeleuchtet die Welt , noch andere Folge 

wahret, 
Glaubt' ich gern: Lenz blühet' allein, Lenz feierti| ] 

' der grofse 

Weltumfang, und es hemmte den froftigen, Athem da^n 

Eurus; 
340 Als zuerft Lichtfiröme die Heerd' einfog, und d 
' Männer 

Erdengefchlecht aufftreckte das Haupt aus harten Ge- 
filden, 
Als Waldthier'.in die Forfi', und Stern' hineilten am 

Himmel. 

Schwerlich ertrug auch die zarte Natur dies Toben. 
^ des Jahres, 

Wenn nicht ruhige Milde, von Froft imd Hize ge« 

fondert, 
345 Herfcht', und kindlicher Land' ein freundlicher 

mel lieh annahm« 
fJbrigens, welcherlei SproITe du einfenkft durch 

die Gefilde, 



i 



Zweiter Gesang« 159 

e mit labendem Dung', und birg' in häufiges 

Erdreich, 
auch fchlürfende Kiefel umher, und ftrozende 

Mufcheln : 

£ch dadurch einfchmiege die Näff', und leif« 

der Windhauch 

ürts dring', und die Pflanzen ermutige. Manche 

fogar find, 350 

nit Gefiein von oben, und auigehügelten Scher- 
ben, 

;en: dies beut Schuz vor ej^oITenen Regen« 

gewittern; 

■ 

wann der feurige Hund die lechzenden Fluren 

zerfpaltet. 

Haft du die Pflanzen gereiht; dann trenne die ' 

Erd' aus einander 

im die Stamm', und fchwinge die Macht zwei- 
zahniger Karfte; 355 
durchackre den Grund mit gedrängtem Eilen, 

und felber 

:hen das Rebengehölz lenk' hin arbeitende 
^ Farren. 

glattfiämmiges Rohr, und gefchälete Stäbe des 

Reiiigs 
und efchene Pfähle daran, und weidliche Gaf- 
feln: 

1 Kraft auffireben fie lehr' , und Winde ver- 
achten, 360 

ie den Wipfel der Ulm' auf äßigen Stufen er^ 

klettert. 

Weil zuerfi aufgrünet der Reblinge jugendlich 

Alter, 



k 



160 . L A N D B A U: f 

Werde der zarten gefchont: auch weil fich firöUidi 

zur Luft auf 
Schwinget das Reis^ durch die Freie gefchnellt mit^ 

verhängetem Zügel, 
365 Werde fie felbfi noch nicht i von fchnieidender Hippe: 

verf uchet ; 
Nein mit gekriimmetem Finger entkneip' auslelenil 

die Sproffen. 
Aber fobald He, die übne mit rüftigen Stämmien uuh 

windend, 
Hoch aufitieg: dann fcher' ihr das Haar, dann Aue 

die Arme: 
Früher verzagt dem Eifen ihr Mut: dann übe der] 

Herfchaft 
370 Strenges Gebot, und zähme die wild ausfch weifend« 

Ranken. 
Flicht auch Zäune zur Wehr dem fcimtlii 

Viehe, befonders 
Weil noch zärtliches Laub He ift, imkundig 

Drangfal, 
Dals fie , über des Sturms Unfug imd der mächti 

Sonne, 
Büffel der Waldungen auch raftlos und gierige 

Rehe 
375 Kränken mit Hohn, abnafche das Schaf und die 

lüfieme Milchkuh. 
Kie auch hat fo Kälte , mit graulichem Reife gefIi^f^ 

rend, 
Oder den fonnigen Fels anprallende Scil^vmle 

Sommers, 
Ihr ein Verderb wie die Heerde gebracht, ^ und deitj^ 

graulamen Zahnes 



Z w E iTSR Gesang« . 161 

y und die Narb' umher im benageten Stamme 

gezeiclmet. 
Nicht um andere Schuld wird der Bock den 

Altären des Bacchus 380 

e würgt, und befieigen der Vorwelt Spiele den 

Schauplaz; 
zur Belohnung dem Wi^ in Scheidewegen und 

Dörfern 
[eten Thefeus Söhn', und luftvoll unter den Be« 

' ehern 
fanftrafigen Aun durchfprangen fie ölige 

Schläuche. 

> • 

h, die Troja gefandt, der aufonifchen Fluren 

Befteller 385 

en mit rohem Gelang' ihr Feft, luid freiem Ge- 

lächter; 

l Icheufelige .Larven gehöhleter Rinde fich heh« 

mend, 

en £e dich, o Bacchus, durch fröhliche Lieder, 

und hängen 
an ragender Fichte herab die beweglichen 

Bilder. 

on erblüht ringsum mit reichlicher Lefö d^r 

Weinberg; 390 

Ig^dcängt find Buchten des Thals und gewundene 

Anhöhn, 

l wohin nur der Gott umdreht fein herliche^ 

Antliz. 

;t denn nach heiligem Brauch fein Lob hoch tö- 
nen dem Bacchus 

Altvatei^fang, und tragt ihm Fladen und Schüf- 
fein; 



i 



162 L A N' D B A U. I 

• j 

39'5 Steh' auch am Home geführt der verfchuldete Bock \ 

vor iiexn. Altar, 
Dafs fein jFettes GeweitV am hafelnen Spiefse wir 

röfteni 
Noch wird andere Mühe geheifcht zur Pflege 

des Weinftocks, 
Und nie ruht vollendet das Werk, Ganz. werde dir 

jährlich 

Dreimal und viermal der Grund durchfchnitten vom 

^ Pflug', und die Scholle 

400 Stets mit gewendetem Karfte gemalmt; auch des 

Laubes erleichtert 
Ganz der Hain. So kehret des Landmauns kreifende 

Arbeit, 
Und in ilch felblt rollt immer durch eigene Spuren 

das Jahr um* 
Schon vorlängfi, wann herbftlich der Rebhain fenkte 

die Blätter, 
Und kaltathmender Nord dem Gehölz abRürmte die 

Schönheit; 
405 Dann fchon dehnet die Sorg' in das kommende Jahr 

der Befteller 
Eiferig, und mit gezahnter Satumusklinge ver- 
folgt er 
Scherend verödete Reben umher, und bildet, fie 

fchneitelnd. 
Grabe zuerfl das Gefdde, zuerft auch brenne das 

Reilig 
Abgefülirt, . und zuerft verwahre die PiahV in das 

Obdach ; 
410 Weinlef ' ernte zulezt. Zweimal drängt Schatten den 

AVeinßock, 



Ik- 



Zweiter Gesang. 163 

ZvFeimal fprofst Friichthaincn in dickender Geile das 

Unkraut: 

Hart iß ^ beiderlei Müh. Du lob' unermefsliche 

Felder, 

Aher das kleine beßell'. Auch wird des gefiachelten 

Brufches 

Zähes Band in dem Wald% und am Flufsgefiade das 

Röhricht 

Abgehaun ; auch Sorge der wildernden Weide be- 

fchäf ligt. 4 1 5 

Schon ifi; gebunden der Wein , fchon kehrt die Hii^pe 

vom Ulmhain, 

Scbon fingt müde der Winzer die äufserfien Reben- 

gelender : 
' Dennoeh ftör' aufs neue die Flur, und rege den Staub 

auf.. 

Jet der zeitigen Traub' ift Jupiters Wetter noch furcht- 
bar. 
Keiner Pfleg' hingegen bedarf die Oliv', und 

erwartet 420 

Triebt die gebogene Hipx>e von uns, noch reifsende 

Karfie, 

Hat. einmal iie gehaftet im Feld', und die Lüfte ge- 
duldet, 

SelbA fchon bietet die Erde, von klauiger Zinke ge- 

öfnet, 

Saft den Sj)röfslingen dar; und gepflügt, vollhangende 

Früchte. 

JJrvxn erzeuch dir den fetten, dem Frieden geheilig- 
ten Ölbaum. 425 
Femer das Obfi« fobald es die Macht erfi fühlte 

des Stammes, 

11* 



164 ^Landbav. 

Und ' felbAändige Stärke gewann ^ eilfertig zum 

Äther 
Strebts durch eigene Kraft, nicht unferer Hülfe be- 

gehrend. 
Auch nicht minder indefs hängt fruchtfch^wer 

jegliche Waldung, 
430 Und von blutigen Beeren erglühn Einöden der 

Vögel. 
Cytifuskub fchert man, .Kienfeuerung fpendet der 

Bergforft, 
Dafs die nächtliche Flamme fich nährt, und Leuch- 
tung umhergiefst. 
Und doch laumet der Menlch, auf Pflanzungen Sorge 

zu wanden! 
SoU ich das Gröfsre durchgehn? Schon Weid' luid 

niedrige Genfter, 
435 jezo dem Vieh ertheilen ile Laub, jezt. Hirten des 

Schattens 
Kühlungen, jezt auch Gehege der Saat , und 'dem Ho- 
nige Nahrung. 
Und es behagt , dort wallend von Buxus zu fchaun 

den Cytorus, 
Dort des narycÜchen Peches Gehölz, und den Segen 

der Acker, 
Die nichts menichlichem Karft, nichts einiger Sorge 
• verdanken. 

440 Seibit auf des Kaukafus Scheitel d^ie fruchtlos grünen- 

clen Wälder, 
Welche des Oftes Orkan' ohn' Ende durchwehu und 

zerlchmettem, 
Geben uns andere andres Gewächs : fie geben uns 

Bauholz, 



Zweiter Gesang» 165 

Fichtene Mafie für Schiff' , und Cypreff' imd Ceder 

den Huufem; 

Dorther Speichen ins Rad, und dorther Rollen der 

Laftfuhr 
Rundet der ländliche Mann, und bäuchige Kiele den 

Böten. 445 

Üppig fproüst an Banden die Weid', an Laube der> 

TJlmbaum; 
Aber die Myrt* an Schäften der Jünglinge , famt der 

Komelle 
Kriegrifchem* Stamm; auch krümmt ituräifche Bog^n 

der Taxus« 
Nicht glattädrige Linde, noch Meifselung liebender 

Buxbaum, 
Sträubt /Ich GeAalt zu empfahn , und fcharfem Stahl 

iich zu höhlen« 450 

Gern auch fehwimmt leichtwallend die Erl' in des ' 

raffenden Padus 
Vollem ErguJCs; und gerne verkriechen fich Schwärme 

der Bienen 
Jn umwölbender Rind% und der Steineich' olmigem 

Schoofse. 
Was fo würdiges Ruhms hat bacchiTche Gabe 

gewähret ? 
Bacchus gab auch zu Schuld Anreizungen; jener be-^ 

zähmte 455 

Tolles Ce^itaurengefchlecht durch Mord, imd Rhötus 

und Pholus, 
Und, der des Mifchkrugs Laft auf Lapithen erhob, 

den Hyläus« 
Wahrlich allzu beglückt, wenn eigenes Wohl er^ 

erkennte, 



166 Landbav. 

Wäre der ländliche Mann, dem lie felbft, fem Waf-. 

fen der Zwietracht, 
460 Willig* den leichten Bedarf aufTprofst, die gerechtefie 

Erde ! 
Wenn kein hoher Palaft ihm gedrängt durch pran^ 

gende Pforten 
Frühe, den Schwall der Bcgriifiser aus ganzen* Sälen 

heirvorilrömt ; 
Nicht nach Pföfien er giert von fchöngeiytrenkeltem 

Schildpatt, 
Oder nach;goldumfpieltem Gewand', und ephyrifchen 

, * • 

Erzen ; 
465 Nicht fchneefarbige Woir in AfTyrierbeize lieh 

fchminket. 
Noch ,von Zimt der Gebrauch des lauteren Öles ge- 

falTcht wird: 
Doch unTörgfäine Ruh' > und ein härmlos gleitendes 

Leben, 
Reich an mancherlei Gut, doch IVlufs' in geräumigen 

Feldern, 
Grotten ' und lebende Teich' , und Kühlungen tempi- 

fcher Thale, 
470 Rindergebrüll» und im Wejien des Baums fanftru-^ 

hende Sclilummer, 
Fehlen ihm- nicht! dort lind Waldfchlüft' und liager 

des AVildes, 
Dort, unermüdet zum Werk, bei wenigem fröhliche 

Jugend, 
Heilige Götterfeft', und unfträfliche Greife: zulezt 

noch 
Hat die Gerechtigkeit dort, von der Erd* abfcheidend, 

gewandelt. 



/ ■ 



' Zweiter Gesang. 167 

Ö dätß mich doch ziierft die vor allem geliebte« 

fteu Mufen, v 475 

Denen ich Heiliges trage y durchbebt von entzücken* 

der Inbrunfty 
Weiheten; dafs fie Crefiirn', uncl ätlicrilche Pfade mir 

zeigten, 
Mannigfalte Verdunklung der Sonn', und des rin- 

genden Mondes; 
Was Erdbeben erregt , was flutende Meere gewalt- 

fam 
Über die Dämm' auffch wellt , und zurück die ebben- 
den renket; 480 
YITarum wintemde Sonne fo rafch zum Oceanus 

nieder 
Xauchtj und welcher Verzug die (aumigen Nächte fo 

aufhält. 
Doch wenn 9 diefem Bezirk der Natur annahen zu 

können. 
Etwa froftiges Blut in des Herzens Pulfen mich 

hindert; 
Sein mir Felder erwünfcht, und wäffemde FlüfT' in 

den Thälem, 485 

Lieb' ich Bach' und Gehölz' auch ruhmlos! O, in 

Spercheos 
Ebenen y und wo Tay getos hallt von laeänifcher Jung- 

fraun 
Bacchustanz, o wer leitet in kühlende Thale des 

Hömus 
Meinen Gang, mich zu decken in mächtiger Schatten- 

umlaubung! 
Selig, wem es gelang, der Ding* IIrfi)rung zu er- 
gründen, 490 



I 



168 L A N D B ▲ U. 

Und • wer jegliche Furcht und das unerflehbare 

Schichfal 
Niedertrat, das GcetÖfe des gierigeii Acheroif höh- 
nend I 
Aber beglückt auch jener, der ländliche Götter er* .1 

kennet, 
Pan, und Silvanus den Greis, und die Schwefierchdre ^ 

der Nymfen! / ' / 

95 Nicht di^ Herfchergebunde des Volks, nicht fUrfilicher 

Purpur 
Wendet ihn , nicht Zwietracht , die emx><>rt treulofe 

Gebrüder, 
Noch ob der Dacier Trupp vom verfchworenen Ifier 

herabfieigt ; 
Nicht romanifche Mächt', und zerfallende Grälsen; 

und niemals 
Kümmerten ihn Verarmte mit Gram, noch Reiche 

mit Scheelfucht. 
00 Was fein Baum ihm an Frucht, was felbft fein willi- 

ger Acker 
Gerne gebracht, entpflückt' er; und fah nicht eifeme 

Rechte, 
Oder den tobenden Markt, und des Volks tirkunden- 

den Tempel. 
, Andere fiören mit Rudern des Meers Heimtück', 

in den Morditahl 
Rennen fie , oder durchdringen die Hof und Schwel- 
len der Fürften, 
05 Diefer droht Ausrottung der Stadt und den armen 

Penaten, 
Dafs er trink' aus Juwelen, und fchlaf ' in farranifchem 
' Purpur, 



Zweiter Gesang. 169 

häuft jener 9 und hockt auf vergrabenem Schaze 

des Goldes. 

*er fiarrt vor der Bühne des Redenden; jener im 

Schaiiplaz 

: dem Grehlatfeh, (zwiefach ja erfcholls, von dem 

Volk und den Vätern!) 

er&aunt. Man freut fich, befprengt mit dem ^ 

Blute der Brüder; 51Ö 

[ landflüchtig vertaufcht 'man das Haus und 'die 

lüTsen Cremächer, 

lend ein Vaterland , das andere Sonnen be- 
leuchten. 
Ab^ der Ackerer furcht mit gebogenem Pfluge, 

das Erdreich: 

*es die Jahrarbeit; fo nährt er fein Land und die 

kleinen 

eichen 9 fo die Heerde der Küh% und den würdi- 
gen Pflugftier. 515 
auch raftet das Jahr, ihm bald mit Obfie zu 

wuchern,^ 

1 mit Segen der. Trift , bald kömigen Garben der 

Ceres; 

s von Erzeugnis belaftet die Flur , und der Spei- 
cher befiegt wird. 

Lte der Frofi, dann prefst er das Öl £cyonifcher - 

Beeren ; 

hlich k^ren die Sau' aus der Eichmaft; Arbutus- 

reifer , 520 

tet der Wald, und es fenket der Herbfi vielfarbige 

Früchte, 

1 hoch reifet die Traube, gekocht an fonniger 

Felswand. 



170 Xi ^ N D B A V. 

Schmeichelnd hangen indefs um Vaterkiiffe die Ki 

lein ; 
Keufchheit übt unfchuldig fein Haus; milchfchv 

lende Euter 
525 Senken die Kühe herab; uiid fett in fröhlic 

Grafung 
Kämpfen :^it aiigeftrengtem Gehörn wetteifen 

BöcMein. 
Selber feirt er ein Feft ; und gedehnt auf rafig 

Anger, 
Wo, Ulm den flammenden Heerd, den Krug die < 

noilen bekränzen, 
Sprenget er dir, Lenäus, und fleht; und den Hir 

der Waldtrift 
530 Hängt er des hurtigen Speers Kampfpreif an c 

ragenden ülmbaum; 
Und zum ländlichen Ringen entblöfsen £e nervic 

Glieder. 
Solch ein Leben befeelte vordem uralte 

biner, 
Solches der Rhea Gefchlecht, fo wuchs Etruria mac 

voU; 
Siehe, und herlich erhub fleh des Weltalls Köni| 

Roma, 
535 Sieben Höhen ilch felbft mit vereinender Mauer u 

fchliefsend. 
Eh' auch den Zepter empfing der diktäifche Kön 

und ehe 
Noch iiß Frevelerrotte gefchwelgt in ermordel 

Farren; 
Führete folch ein Leben die Welt des goldnen i 

tumus. 



Zweiter Gesang« 



171 



i auch hörete man, wie das Kriegshora fchmetterte, 

nie auch 
ß von Hammergedröhu auf dem Ambofs klirrten 

die Schwerter. 540 

Doch unerme£sliche Räum' hat uns vollendet die 

Laufbahn^ 
[t fchon ift es, der Roll' aufdampfende Hälfe zu 

löfen. 



r 



/ 



L A N D B AU. 



RITTER GESANG. 



ENTWURF. 



Inhalt die ViehzucHt i. Neuheit des Stoffes 3: nach de 
fen Vollendung der mantuanifche Sänger fein Vaterland , 
feinen Befchüzer Gäfar, durqh ein Heldengedicht zu ehren y( 
Keifst 10. Anrufung des Mäcenas 40. I. Von Pferden 
Kindern 49. a. Der Zuchtkuh Geftalt 5i, und Alter 6< 
b. Des Hengftes Eigenfchaf ten 72, als Füllen 7 5 , erwacht« 
85: vorzüglich Jugend und Feuer 95, Tauglichkeit zum Wi 
genrennen 102, und zum Reiten ii5. ' c. Pflege vor der 
gattung: der Väter 126, der Mütter 129. d. Pflege 
Trächtigen i58: Vermeidung der Bremfe 146. e. Sorge 
die Kälber 167, Füllen 179. f. Ab wehrung der Brunft 209J 
Stierkampf 217. g. Wut der Liebe bei Thieren und Mc 
fchen 242; befonders bei Stuten 266; Windempfängnis 27I 
— 2 85. II. Von Schafen und Ziegen. Einleitung 286. a. Wii 
terpflege der Schafe 294; der Ziegen 3oo; Nuzen diefer 3o( 
b. Soramerweide 322. c. Hirtenleben der Libyer 339, ^^ 
Scythen 349. d. Ertrag der Wolle 384, ^^^d der Milch 39< 
e. Schuz der Hunde 404. f. Vertreibung der Schlangen 41^ 
g. Behandelung der Räude 440, der Seuche 464 — 475.I 
III. Befchreibung der norifchen Viehfeuche. a. Urfprung 
Art 478- h. Behaftung einzelner Gefchlechter: der fchwächc 
ren Schafe, Kälber, Hunde, Schweine 486; dann der ftärkereDi 
Pferde 498, und Rinder 5i5; dann de$ Wildes 537; ja derj 
WafTerthiere, Sclilangen und Vögel 641. ' c. Eitelkeit der Mit-T 
tel 548; fteigende Heftigkeit der Peft 55 1; Vergiftung der] 
Häute und der WoUe 559 — 566. 



L A N D B A U. 



)RITTER GESANG. 



3h auch, Herfcheriri Pales, und dich, Ruhmvoller! 

erheb' ich, 
von Amfryfus Strom; euch, Forfi* un4 Bäche 

Lycäus. ^ 

Anderes, was im Gefange des Ruhenden Seele 

gefellelt, 
fchon alles verbrauclit. Wer weifs nicht längft 

des Euryftheus 
Xamkeit? nicht die Altäre des unlobfamen Bu- 

Ilris ? 5 

1 nicht hlangft du, Hylas o Knab', imd latonifche 

Delos? 
j, Hippödame nicht, und mit elfenbeinener 

Schulter 
ps, der reifige Held? Ich verfuche die Bahn, 

die mich felber 
5 vom Staub', im Triumfe dem Volk um die 

Lii>pe zu fchweben. 
Ich zuerft will kehrend mit mir, fo. das Leben 

mir ausreicht, 10 



176 L A N D B A V« 

Führen" zur heimifchen Flur vom Aoniergipfel 

' Mufen, 
Und. iclumäifche Palmen zuerfi: dir, Mantua, brin« 

Dort auf grünem Geiild' erfieh' ein Tempel a 

Marmor 
, Nahe der Flut , wo mächtig in langfamen 

umherirrt 
15 Mincius, und die Gefiade mit zartem Rohre y< 

brämet. 
Cäfar foU, in die Mitte geftellt, mir den Temx3el 

^ herfchen. 
Jenem will ich, Obfieger, umftaunt in tyrifche 

Puqmr, 
Hundert Viergefpanne zum Kampf an die Ström 

gen treiben. 
Sämtlich zu mir vom Alfeos gewandt und den Hai 

nen Molorchus^ 
20 Eifere Hellas im Lauf und' dem Schwung ftierledi 

ner Binden. / 
Selber, das Haupt mit Laube gekrönt des gefchorenen 

Ölzweigs, 
Bring' ich Gefchenk. Schon jezt, o Wonne mir! 

führ' ich zum Tempel 
Stolz das Feiergepräng', und fchaue die blutenden 

Farren; 
Dann wie die Seen' abweicht mit gedreheten Stirnen, 4 

und aufwärts 
25 Pui'pume Vorhäng' heben die eingewirkten Bri- 

tanner. 
Hell an den Pforten aus Gold' und Elfenbeine mir 

bild' ich 



I 



Dritter Gesang« 177 

« 

Gangaridengefecht , und fiegenden Zeug des Qui- 

rinufl; 
Auch wie zunächft aufwoget mit Kriege und mächtig 

* einherftrömt, 

Nilus^ und hoch in Seulen das Erz der Schuä))el em« 

porfteigt; 

> 

A£a's dienende Städte zugleich , und den fcheuen 

Mifates, 30 

Und wi^ der Parther auf Flucht und gewendete 

Pfeile vertrauet; 

Zwo an den Enden dem Feind mit der Hand ent- 

> 

rifsne Trofaen, 
Und zwiefachen Triumf von beiderlei Rande des 

Weltmeers, 
Auch aus parifchem Fels ringsher ^l athmenden Bil« 

dem 
l'Steh' AlTarahus Stamm , und das Heldengefchlecht des 

erhabnen S5 

Jupiter, Tros auch der Ahn, und Troja's Gründer 

Ax)ollo. 
l_ D^r unfelige Neid foll Fmien und des Co- 
' cytus 

Drohenden Strom mir fcheun , und Ixions Schlaugen« 

gewickel 
Samt dem entfezlichen Rad' , und den unaufringba- 

ren Marmor« 
' Kühn indel^ der Dryaden Gehök' und iSchlüfte 

^ durch wall* ich,* 40 

Koch unberührete, dein nicht fanftes Gebot, o Mä« 

cenas! 
Ohne dich wagt nichts Hohes der Geiß! . . . Wohl- 
I auf! und entreifs dich 

ytnQit. Ton Vo8i, 1. j 2 



178 JL A N D B A U. 

Trägem Verzug'! Hier ruft machtvolles Grcfchreis der 

Cithüron, 
Hier des Taygetos Hund% und, von Rollen umtrabt) 

Epidaurus : * 
45 Dafs antwortend der Forft die verdopj^elten Halle zu- 
rückbrüllt. 
Aber ich -gürte mich bald, die glühenden Schlachten 

zu üngen, 
Cälars! dafs fein Name fo viel Zeitalter ' durch; 

töne, 
Als von Tithonus Beginn bis herab lieh dehnten auf 

Cäfar. 
Ob ein Mann, von dem Preis der olympifchcn 

Palme befeligt, 
50 Rolfe lieh nährt, ob einer am Pflug' ausharrende 

Stiere; 
Sorgfam vrähl' er den Leib der Gebärerin. Troziges 

Anfiehns 
Sei die Kuh, unzierlich ihr Haupt, und mächtig der 

IVacken, 
Der auch tief zu den Beinen >srom Kinn die Wampe 

herabhängt; 
Lang die Seite geftreckt, die unendliche; alles ge- 
waltig ; 
5S Fufs auch, und zottige Ohren an eingebogenen Hör- \ 

nem. 
Auch misfalle mir nicht, die mit fprenkelnder Weifse 

hervorfcheint, 
Oder dem Joche fich firäubt, und manchmal droht 

mit dem Home, 
Nicht unähnlich dem Stier an Gefialt, und erhabenes 

WuchJDes, 



k 



Dritter Gesang. 179 

Und die im Gang die Spuren mit niederem Schweife 

zerfeget. 

I 

Ihre Zeit, die Lucina und Hymens Recht zu er- 
dulden, 6 ' 

Höret auf vor dem zehnten, beginnt nach dem vier- 
ten der Jahre: 

Weder für Zucht ift andre bequem, noch tapfer zum 

Pfluge. 

ünterdefs, weil blühet die Heerd' in üppiger Ju- 
gend; 

LÖfe den Mann, und eile die brunftige Trift zu ver- 
mählen, 

DaÜB du Gefchlecht auf Gefchlecht durch Zeugungen 

immer ergänzeft. 65 

Jeder beilere Tag in der armen Sterblichen Le- 
ben 

nieliet zuerft; es erfolgt Krankheit imd trauriges 

AUer; 

HühJÜBl raft^ und Strenge des unbarmherzigen 

Todes. 

Immer £nd, die du gern um fcärhere Mütter ver- 

taufchtefi ; 

Immer erfeze £e denn; und dafs du Verluft nicht 

bereueft, 70 

Komnk zuvor, und verjünge die Heerd' in jährlichem 

Anwachs. 
Auch der Scliwarm des Geftütes bedarf nicht 

in inderer Auswahl. 

Doch ihn, welchen zur Hofnung des Stamms zu er- 
\ ziehu du gcdeiikeft, 

V Pflege mit ämliger Sorge fogleich von der zartefien 
I Kindheit. 

I 12* 



180 L A N D B A U* 

■ I 

75 Jugendlich trabt ein Füllen aus edlerem Blut in den 

Feldern 
Höheres Ganges einher, und fezt die gefchmeidigen 

Schenkel. 
Vorzurennen im Weg', und den drohenden Strom zu 

verfuchen, 
Wagt es kühn, und vertraut üch der nie bewandelten 

Brücke^ 
Unerfchreckt von leerem Geräufch. . Hochragendes 

Halles 
^0 Iß es, und feineres Haupts, dünnbäuchig, und fleifchi- 

ges Rückens; 

■ 

Und vollmuskelig firozt ihm. die mutige Bruft. Der 

geehrtem 
Färb' ift braun , und geapfeltes Grau ; der fchlechte- 

ren gelblich, 
Oder weifs. Drauf, wenn ein Gretön fem hallte von 

Waffen, 
Unflat flampfet es, reget das Ohr, und erbebt an den 

Gliedern, 
85 Braufend auch roUts aus der Nafe den Dampf des 

gefammelten Feuers. 
Dicht iß die Mahn' , und fmket geweht auf die rechte 

der Schultern; 
Doppelt läuft durch die Lenden der Rückgrat hin; \ 

in die Erd' auch 
Höhlet es, und laut fchallt mit gediegenem Home der 

Huffchlag. 
Alfo prangte, von PoUux dem Amykläer ge- 
bändigt, ' 
90 C>llarus, und, die der Grajer im Heldenliede ge- 

feiert, 



D R I T T E R G E S ,A N G« 181 

Mars zweifpännige RofT', und der Zug des groCsen 

Achilles. 

Alfo fchüttelte felber die Mahn' um den Nacken des 

Gaules 

Rafch, von .der kommenden Gatrin gefcheucht, Satur« 

nus, und ringsum 

Füllt' er Pelions Höhn im Entfliehn mit hellem Ge- 
wieher. 

* THn auch, haben ihn Seuch' und trägeres Ajiter 

entkräftet, 95 

Birg in dem Häuf, und erbarme dich nicht des ent- 

edelten Greifes. 

Froftig Ichleicht der Verlebte zur Braut, und müht 

lieh vergebens 

Im undankbaren Frohn; und kommts doch endlich 

zum Kampfe, 

Wie durch Stoppelgefild' ein kraftlos flatterndes 

Feuer, 

Tobt ohnmächtig er. Drum dir den Mut und die 

Frifche des Alters 100 

Mexlie zumeiß; drauf andres G^fchick, und der Zeu- 
( genden Nachart; 

1 Auch ^e gekränkt der Befiegle , wie ftolz der Palm' 

er einherging. 

Sehaueft du nicht , wann haftig im Flug wetteifernde 

Wagen 
. Über den Plan hinfiürzen , geöfneten Schranken ent- 
rollend; 

Wann die Hofnung gefpannt in der Jünglinge klo- 
pfendem Herzen 105 

Wiihlf, und pochende Angft? Vorwärts mit gefchwun- 

gener Geifsel 



182 L A N D B A U, 

Drohn He , die Zügel gelöft ; mit Gewall ftürmt glü- 
hend die Axe. 
Jezo gefenkt, und jezo erhöht, auf fc|;ieinen fie Xch-vre- 

bend 
Wie durdh Ode der Luft» und emporgetragen zum 

Himmel. 
110 Nirgendwo Rafi: noch Verzug! Ein Gewölk des gelb« 

liehen Sandes 
Steigt ; fie feuchtet *> der Schaum und dampfender 

Hauch der Verfolger, 
Solch ift die Liebe des Ruhms, fo brennend der 

Dürft des Triumfes! 
Erichthonius fügte zuerft Rennwagen und Vier- 

fpann. 
Kühneres Muts , und betrat fiegreich die ftürmenden 

Räder. 
115 Zäum' erfand der Lapith pelethronifcher Thal\ und 

die Kreifung, 
Feft auf den Rücken gefchmiegt, dafs wohl der ge- 

wapnete Reiter 
Durch das Geflld' hintrabt, und in fiolzerem Schritte 

lieh tymmelt. 
Gleiph i& beiderlei Müh', und gleich an Jugend er- 

fodem 
Zähmer den 'Gaul, fo feurig an Mut, wie im liaufe 

gewaltig : 
120 Wenn auch oft er in Flucht die gewendeten Feinde 

gejaget, 
Auch aus Epirus entfproffen fieh rühmt, und der 

tapfren Myoenä, 
Ja von Neptunus fogar ableitet die Ahnen des 

Stammes* 



ik' 



Dritter Gesang. 143 

Haft du folches bemerkt; dann eiferig jegliche 

Sorgfalt .^ 

[Übe du gegen die Zeit, mit derbem Fett ihn zu 

fchwellen, 

Wen du zum Führer erkohrft, und dem Vieh zum 

Gatten emanntefi: 125 

leid' ihm fafiiges Kraut, und reich' ihm Frifche 

des Baches, 

Spelt auch; dafs nicht mangle die Kraft zur fchmei- 

^ chelnden Arbeit, 

Und nicht fehwachliche Kinder die Nüchternheit mel- 
den des Vaters. 

Aber die weibliche Trift lafs magerer werden mit 

Vorfaz ; 

und fobald nach Vermählung die fchon bekanntere 

WoUuft 130 

BrünAig verlangt, dann weigre das Laub, dann 

wehre den Sprudel, 

La£i . auch erfchüttemden Lauf und Sonncnglüt fie 

ermüden, 

Wann von gedrof ebenem Korne die Tenn- aufdröhnt, 

und dem Worfler 

Schon die nichtige Spreu im fteigenden Wefie ver- 
wehet. 

Solches thu ,* dafs nicht zu üppiger Wuchs die Em- 

X^^^S^^^ • 135 

i Stümpfe dem Fruchtgefild' , unthätige Furchen -ver- 

' fchlämmend; 
[ Sondern mit -Gier es raffe die Ltifc, und im Inneren 

berge. 
Jezo weicht die Sorge des Manns, und die 

Pflege der Mütter 



184 L A N D B A IT* 

Folget ihr* Wann fie beleibt nach roUenäeten Mon- 
den umhergehn; 
140 Nie laff' einer fie fchwer in dem Joch fortadehen die fc 

Laftfuhr, • 
Oder im Sprung durchrennen den Weg, noch in 

hiziger Flucht hin 
Toben die Wiefen entlang, und reifsende Ströme p 

befchwimmen. I 

Still im bufchigen Thal, unc^ nächft Tollwallenden 

Bächen 
Weide fie: wo Moos grünet, und frifeh von Gräfe * 

der Bord ift, 
145 Wo Febgrotte bedeckt, und Greklipp vorhänget mit' 

Schattung. 
Rings um Silarus Hain' und die Stacheleichen AI* 

bumus 
Flieget in Meng' ein Bremfengefchlecht, das AJüIiit' 

der Römer * 

Heimifch nennt, und Öftros die Fremdlingsfpraehe ' 

des Grajers: \ 

Zornig, und rauhes Gebrumms, dafs umher voll Angft 

in den Wäldern 
150 Fleucht die verwilderte Heerd' ; es raft vom OebrüBe \ 

der Äther i 

Weit durchbebt, Bergwaldung und Bord des trochnea 

Tanagrus. 
Durch dies Scheufal übte vordem Graunthaten des 

Zornes 
An der inachifchen Kuh die unheilfinnende 

Juno. 
Dies auch> denn in 4^8 Tages Entflammtmgen i 

ftürmt es mit Wut an. 



k 



Dritter Gesang. 185 

« 

ime ▼om trächtigen Vieh im Greheg'; und weide 

die Rinder, 155 

üPL aufftralte die Sonn% und wann mit Sternen 

die Nacht kommt. 
Nach der Geburt wird gänzlich die Sorg' auf 

die Kälber geleitet: 

^.fofort Merkmale, fowohl Stammnamen, du ein-* 

brennft, 

auch f welche der Heerde vielmehr zu ergänzen- 
dem Anwachs, 

r dem Opferaltare geweiht fein , öder dem Feld- 
bau, 160 

i fie die Flur aufbrechen, die rauh von Schollen 

emporftarrt. 

de der übrige Schwärm ungeftört durch grünende 

Kräuter; 

!che du aber zu Fleifs und Landarbeiten be* 

ftimmeft, 

dige fchon ab Kälber, und öfne die Bahn der 

Erziehung, 

1 noch fchmeidig das junge Gemüt, noch bieg* 

fam das Alter. 165 

ipfe znerfi um den Hals von des Weidiges dün- 
nem Gefi^roffe 

itgebogene Reif; und ward ihr freierer Na- 
cken 

i zum Frohne gewöhnt, dann füg', an den Ban-- 

den vereinigt, 

che Paar', und zwinge den Schritt zu gefeilen die 

Farren. 
nunmehr heifs jene dir ziehn unbeladene Rä- 
der 170 






186 L A N D B A U. 

Durch das Geflld' y und oben d6n Staub mit dem 

Gleife bezeichnen; 
Bis von mächtiger Laß die buchene Axe gedrängt 

nun 
Knarrt, und die eherne Deichfei: verbundene Schei- 

ben einherroUt« 
Reich' imgebändigter Jugend ihdefs nicht Gräfer] 

allein dar, 
175 Oder des Weidicht magres Grerptols, und kolbiget 

Teichfchilf, 
Rauf' auch grünes Getreid' in der Hand. Auch 

müITe die Melkkuh 
Nicht nack der Vät^^r Gebrauch weifsfchäumende Kü-I 

bei dir füllen ; 
Ganz auf die trautefien Kinder verwandt fei die^ 

' Fülle ^e^ Euters« 
Doch wenn Kriege vielmehr du begehrft, vcoS^ 

Itolze Gefchwader, 
180 Oder am Strom des Alföos vorbeizurollen um' 

Fifa, 

Und in Jupiters Haine das rafche G«fpann xu be- 
flügeln ; 
Früh fei des Gaules Gefchäft, auf Mut und Waffsn 

zu fchauen 
Kämx^fender, auch zu erdulden die Zink% und feuf« 

zender Räder 
Zug zu beßehn, und im Stalle die klirrenden Zäume 

zu hören; 
185 Dann je mehr und mehr am fehmeichelnden Lobe 

des Zälimers 
Sich zu erfreun, und fanftes Geklatfch des Halfes zu 

lieben. 



li 



I 



Zweiter Gesang. 187 

es bereits, wann kaum er der Muttefrbrufi fich 

entwöhnet, 
er, und biet' ums andre das Haupt der weiche- 
ren Halfter, 

los noch und zitternd, und noch unkundig der 

Jugend. 

nachdem drei Sommer entflohn, und der vierte 

herannaht, 190 

er fofort den Tanz in die Rund', und geordne- 
ter Schritte 

aden Takt, und erhebe die wechfelnde Krümme 

der Schenkel, 

h -wie fchwer arbeitend dem Blick; jezt ruf er 

zum Wettlauf, 

die Wind', und im Fluge durch offenes F^ld, 

wie entzügelt, 

' er, nur kaum mit der Spur die fandige Fläche 

berührend: 195 

wenn Aquilo dicht von hyperborifchen En- 
den 

, und Scythia's Winter umher und trockene 

Wolken 

melte; Sehe die Saaten des Thals und die wal- 
lenden Felder 

iiem fanft vom Hauche geßreift, doch die Wipfel 

des Bergwalds 

'chen zerwühlt, und es rollt fernher zum GreAade 

die Meerflut; 200 

r fleugt, wie die Fluren in Haß, fo die WalFer 

durchßäubcnd. 

wird einft vor Elis am Ziel und im mächtigen 

Umlauf 



188 



L A N D B A IT. 



Triefen von SehweilÜB, und fprühen den Wut 

/ Schaum aus dem Rachen 

Der wird belgifehe Wagen am biegfamen Hälfe 

herziehn. 
205 Jezo zuerft läfs grofs von derbem Mifch des 

treides 
^achfen den mächtigen Leib der gebändigten: 

der Bezähmung 
Werden zu hoch fie heben den Mut, und gefai 

V fich weigern, 
Schwanke Streich', und die Härte des Wolfsgel 

zu dulden. 
Doch nicht einige Pfleg' erhöht diä Kräft< 

mächtig, 
210 Als* wenn du Venus Gelufi: und blinde Bethörur 

ab wehrft ; 
Ob ja der Roff', . ob mehr der Rinder Grebrauch 

erwünfcht ift. 
Drum verbannt man ferne die Stier' in ein! 

Weiden, 
Hinter den fondemden Berg, jenfeits breitftrömei 

FlüIIe ; 

I 

Oder man hält fie daheim, an fatter Krippe ge 

kert. 
215 Denn es verzehrt allmählich des Weibes entflamn 

der Anblick* 
Jede Kraft, und verbeut an Gebiifch zu denken * 

Grafung. 
Reizt doch jene fogar durch füfse Bezauberung 

mals 
Trozige Buhler, den Kam^if grimmvoU zu entfchei 

mit Hörnern. 



Dritter Gesang. 189 

lieh fchön durchweidet die Kuh den gewal- ' 

tigen Sila: 
lahn feindfelig in Kraft und Stärke zum 

Angrif, 220 

mit Wund' abwechfelnd ; und fchwarz rinnt - 

Blut um die Glieder; 
Liigt gegen imd dort ihr firebendes Hom mit 

des Eifers 
sm Gebrumm: laut hallen die Forll' und der 

hohe Olympus« 
dcht dulden die Kämpfer gemeinfame Hürde; 

hinweg geht 
beliegt, in der Feme die Fremdlingsflur zu 

durchwandern; 225 

er befeufzt unmutig die Schmach, und die 

Wunden vom fiolzen 
gebohrt, auch 'die Buhlin, die ungeahndet er 

einbüfst ; 
ich der Hüid' ümfchauend verläfst er fein vä- 
terlich Erbreich, 
jnn übt er mit Sorge der Kraft' Anftrengung, 

und zwifcheti 
Gehlipp ausdaurend auf ungefireuetem La- 
ger 2ä0 
r, von fiachlichtem Laube genährt und fchnei« 

dendem Riedgras; 
erfucht er fleh felbft, und lernt in die Hömcr 

zu wüten, 
den Stamm anfirebend des Baums; und trozet 

den Winden, 
if Stofs, vorfpielend der Schlacht mit gefpren* 

getcm Sande« 



190 Landbat. 

235 Baldy wann Kraft er von neuem und fritchere S 

gefammelty 
Zeucht er zum Kampfe und fiürzt auf den foi^l 

weidenden Gegner: 
So wie die Wog* in der Mitte des Meers weiMchi 

mig emporwallt, 
Femher 9 und aus der Tiefe fich hohl zieht; jezo 

wälzet 
Gegen den Strand, unermefslich die Felfen'durc! 

raufcht, und an Gröfse 
240 Gleich dem Gebirg' hinkracht; nun drehn fich 

unterften WalTer 
Brandend empor, und ftrudeln den fchwärzlicb 

Sand aus dem Abgrund. 
AUes Gefchlecht auf Erden, der Menfchen 

wohl wie des Wildes, 
Auch die Gefchlechte des Meers, und Vieh, luid 

bige Vögel, 
Stürzen in Wut und Flammen; es fpomt all' eillc^| 

lei Regung. 
245 Nie zu anderer Zeit hat der Brut vergelTend die 

Löwin 
Grimmiger Blacheinöden durchfchweift; nie ftreckten'ii 

fo viele 
Leichname rings durch alle Gehölz/ unförmige Bä-'^ 

ren 
Mörderifch. Dann find Eber erbofst, dann rafet der ji 

Tiger ; ' 

Ach , dann irrt man traurig in Libya's einfamen Fel- 
dern ! 
250 Saheft du nicht, wie den Hengfien der Leib von er- 

Ichüttemder Sehnfucht 



Dritte K. Gesang. 191 

iderte, wenn nur Geruch bekanntere Lüfte her- 
antrug? 
kein Zaum der Männer iie mehr, noch die Ära- 

fende Greifsei, 
a £e nicht, und hohles Geklüft, noch begegnende 

Ströme 
rten, die im Gewög' abfchüffige Berge daher- 

drehn ? 
iger rennt, und wezet den Zahn, das fabellifche 

Waldfchwein, 255 

it mit dem Fulse den Grund, und reibt am 

Baume die Rippen 
;s und links, und härtet die Schulter auch gegen 

Verwundung« 
1er Jüngling zumal, dem wühlt im Gebeine das 

Feuer 
iamer Lieb'? O fchau, durch zuckender Stürme 

Gefirudel 
^mmt er in blinder Nacht, der verfpätete: über 

ihm donnert 260 

die ätherifche Pf ort', und es brüllt, an die 

Klippen gefchmettert, 
Lende Flut; nicht hemmt ihn das Bild Unglück. 

licher Eltern, 
die auf kläglicher Leich' ihm bald hinfierbende 

Jungfrau! 
des Bacchus gefprenkelte Lüchf, und erbitter- 
ter Wölfe 
der Hunde Gefchlecht , und der Hirfch unkrie- 

gerifch kämpfend? 265 

Siehe ^ vor allen erhebt £ch die rafende Liebe 

der Stuten; 



192 L A N D B A V. 

Und felbft Vcoaus verwildert' ihr Herz weilandj 

des Glaukus 
Potnirches Viergefpaun ihm zerriüs mit den Rai 

die Glieder. 
Über den Gargarus hin, imd den lauten Askai 

fürt fie 
270 Banges Gelufi; fie erfteigen die Jahn, und fch^ 

jnen den Strom durch. 
Gleich, wenn nur eben gezündet im gierigen II 

die Entflammung, 
Mehr noch im Lenz , da von neuem die Glut fie 

wältiget, ftehn fie . 
Alle den Mund zum Wefie gewandt, auf fchrofi 

Berghöhn, 
Einzuathmen der Luft' Anwehn: und ohne 

gattung 
275 Oft vom fchwängernden Hauche gefüllt, o wun 

bar lautend! 
Felfen hindurch und Geklüft und Bergvrindung 

abwärts 
Fliehen fie rafch; nicht, Eurus, zu dir, noch zui 

liehen Sonne, 
Nein, dem Caurus und Boreas zu, und von war 

fich Außer 
Schwarz aufraft, und den Himmel mit regnic 

Kälte verdüftert. 
280 Hieraus zeugt fich zulezt, was, Hij^pomanes b 

benamet, 
Hirten erfchreckt, und enttropfet, ein zähes Gift, 

Befruchtung: 
Rofswut^ welche fich oft fiieimütterlich graul 

Weiber 



4 



Dritter Gesang. 193 

n, und Kraut einmifchten und nich^ unfchädliche 

Worte. 

i es entfliehen inde£s, es cntfliehn unerfezliche 

Stunden^ 

l wir, gereizt von Liehe, das Einzele faumcnd 

umwandem. 285 

Dies fei gröfseren Hcerden genug: noch andere 

Sorg' iß, 

letragender Schaf und zottiger GeiXse zu {)fle- 

gen, 
ans Werk; hier ringe nach Lob, du rußiger 

Landmann! 

r nicht zweifelt mein Herz, durch Wort* es be- 
zwingen, wie grofs das 
und arme Gefchäfte zu folcherlei Ehren er- 
heben. 290 

L mich reifst durch Pamafus verwilderte Höhn 

der Begeiftrung 

5 Gewalt ; es erfreuet zu gehn auf Giijfeln , wo 

keines 

orwandelnden Pfad zur Kafialia f^nft lieh hinab« 

neigt. 

Laut nun mülTe der Mund, ehrwürdige Pales, 

ertönen. 

verordn' ich demnach, dafs Schaf in gebetteter 

Stallung 295 

Ten das Kraut, bis bald der laubige Sommer zu- 
rückkehrt ; 

mit reichlichem Stroh den gehärteten Boden und 

Bündeln 

snkrauts du befireuft: damit nicht Kälte de» 

Eifes 

»ir, Ton Voss, I, 13 



\ 



194 L A N D B A U. 

Schade dem zärtlichen Vieh , durch Räud' und ei 

ficUende Knollen. 
300 Weiter darauf i'ortwandelnd ermahn' ich, dafs du df 

Ziegen 
ArbutusfprolTen genug darreiehfi, und Frifche 

Baches ; 
Auch den Stall vom Orkan an der Winterfonne 

• gründeft, 
Gegen die Mitte des Tages gewandt: bis künftig 

kalte 
WälTerer fchon ablinkt^ und des Spätjahrs Ende be-J 

feuchtet. 
305 Sie auch heifchen von uns nicht leichtere Sorge d( 

Schuzes ; 
Und nicht lohnen fie minder: wie fehr die Mile^l 

fiervliefs' auch 
Theueren Preis eintragen, gekocht in tyrifch 

Purpur. 
Hier ift häufiger Zucht; hier Mikh in gefegneteij 

FüUe: ^^ 

Denn je. voller gefchäumt vom geleereten Euter das 

Kübel, 
310 Delto fröhlicher ftrömt aus gezogenen Brüfien der 

Reichtbum. 
Auch nicht minder indefs fchert man des cinyphifchen. 

Bockes 
Bart und greifendes Kinn und niederwallende Zot- 

ten. 
Lagerndem Heer zum Gebrauch, und dem ärmlichen! 

Schiffer zur Hüllung. 
Weidend aber durchgehn fie bewaldete Höhn des 

Lycäus, I 



U 



k 



Dritter Gesang. 195 

ilicbte Brombeerfiräuch', und domumwachfene 

Hügel; 315 

edenk dann kehren Re felbfi:^ und fuhren die 

' Zicklein 

I, mit firozendem Euter £ch kaum aufinühend 

zur Schwelle. 

II, je weniger fonfi? von menfchlicher Pflege fie 

^ fodern, 

» forgfamer Eis und Schneegefiöber und Sturm- 
wind 

^wehrt; auch reiche die Kofi: und nährendes 

Reifig 320 

, und verfchleuTs nicht immer das Heu in der 

Strenge des Winters, 

Ab^r fobald dem Rufe der Zefyre fröhlich der 

Sommer 

erlei Heerd' in Weiden und bergige Wälder ent- 

f endet ; 
mit dämmerndem Lichte des Lucifer eil' in die 

kühlen 

er hinaus, da der Morgen noch jung, noch grau- 
lich der Ra£en 325 

k.t, und lieblich der Hecrd' auf zartem Gräfe der 

Thau ifi, 

nun den Durfi die vierte der Himümelsfi:unden 

entzündet, 

'durchfchwirrt Baumreben Gefang fchwermütiger 

Grillen; 

*e ziun Bnmnen das Vieh , und hinab ziun nie« 

deren Landfee, 
fiein^ichenen Rinnen die laufende Welle zu 

.trinken. ^30 

13* 



196 L A N D B A U. 

Doch in den Mittagsgiuten erfpäh' ein fchattiges 

dir. 
Wo mit ftämmiger Kraft Zeus uraU tragender Ei 

bäum 
Weit die gewaltigen Äft' umherltreckt, oder 

finfter 
Vom Steineichengehölz ein heiliger Schatten her 

hängt. 
335 Lautere Flut dann wieder gereicht, und wieder g 

weidet , ^ 

Bis zu der Sonn' Abfchied: wann kühliger Aben^ 

die Luft nun ^- 

Mäfsiget, und Waldthale der Mond fchon thauig er 

frifchet, ^ i^ 

Und Alcyone tönet am Strand', in den Hecken dei 

Goldfink. 
Was foU Libya's Hirten dir noch, und eigeni 

Hütung, 
340 Melden das Lied? was einzeln bewohnete Kuppet 

gezelte? 
Oftmals Tag und Nacht und ganz in der Folge deai 

Monat 
Weidet die Heerd' , und durchftreift weithin Einöden, 

und herbergt 
Nie: fo endlos ftreckt das Gefilde fich! Alles im 

Zuge 
Führt der afrifche Hirt, fein Tepx)ichdach und den 



^1 






^ 



>t5 



Hauslar, 

V5t 



l 

345 Rüftung, und amykläifchen Hund, und kretifchen 

Köcher: 
Gleich wie, in Waffen der Väter geübt, dör rafche 

Romaner, 



Dritter Gesang« 197 

er der Bürd' arbeitend , den Weg vollendet, und 

plözlich, ^ 

der Feind nur wähnt, vor befefiigtem Lager ge- 

fchaart ficht. 
Nicht alfo der Scythen Gefchlecht, wo die Flut 

der Mäotis 
ifet, und gelbliche Sand' abrollt der /trudelnde 

Ißer, 350 

L wo Rhodoi>e's Kette bis unter den Pol fich her- 

umfchwingt. 
t in bergenden Ställen verfchleufst man Rinder^ 

und nirgend 
iint mit Graf* entgegen die Flur, noch Bäume 

mit Blättern: 
lern es liegt von Bergen des Schnees unförmig 

und tiefem 
te das Land ringsum, an lieben Ellen üch thür- 

mend. 355 

j ifi Winter, und Itets kalt faufender Athem des 

Caurus. 
mer vermag auch Sol die erblichenen Schatten 

zu trennen: 
it wann hoch das Gefpann ihn hebt zimi Äther, 

und nicht wann 
jhend den Wagen er fpült in Oceanus rothem 

GewälTer. 
lell in dem laufenden Strom erharfcht dickeifige 

Kruße, 360 

Ichon trägt auf dem Rücken die Wog' umfchmie- 

dete Räder, 
erft Kielen gebahnt, und nun fchwetrollehder 

Lafifuhr. 



198 L A N D B A U. 

HäuGg zerkracht auch ehmes Gefchirr, und es 

die Kleider 
Umgehüllt , und mit Äxten zerhauen fie fl 

Weine ; 
S65 Ja zu gediegenem Eif erftarreten Weiher Yon Gi 

aus, 
Und die verworrenen Bärf umftrozt' ein fiachli« 

< Eiszapf. 

Raßlos fchneit es indefs vom überzogeneu Him^ ^ 

mel, 

» 

Matt verfchmachten die Schaf , es ftehn umhäuft in 

Grefiöber 
Grofsbeleibete Stier' ; und die drängende Rudel dqi i 

Hirfche 
370 Staunt der befremdenden Laß, da kaum vorragen 4i 

Homer« 
Diet' auch weder mit Hundegehez, noch einigi 

Stellgam 
Jagen fie , oder dem Schreck der purpurfarbenen Fe4j 

dem; 
Nein 9 wie das Wild fruchtlos mit der Bruft den hem* 

menden ßchneeberg 
Stölsty haun jene mit Eilen genaht ; und in klaglichem | 

AngftTchrei 
375 Blutet es, bis aufjauchzend die fröhliche Schaar fie 

zurückträgt« 
Selber daheim forglos in gegrabenen Höhlen und 

muffig 
Leben fie unter der Erd% und gefiapelte Kloben ^ ja 

ganz noch 
Wälzeten fie Ulmfiämme zum Heerpl', und häuften 

das Feuer. 



Dritter Gesang. 199 

r durchfcherzt man im Spiele die Nacht ^ und labt 

£ch mit Bechern 
ifilicher Wein', aus Malze gebraut, und der Si^ure 

des Spierlings« 380 

>, bedeckt vom Grefiime des hyperborifchen Wa« 

gern, 
hnt im Orkan des Rhipäus die Hord' unbändiger 

Männer, 
LZ den Leib in den Balg gelbzottiger Thiere yer* 

hMUend. 
Suchlt du der Wolle Crewinn; zuerli: fei rauhere 

Waldung, 
tten imd Stechimkraut , dir entfernt; fleuch froh* 

liehe Weide. 385 

cks auch wähle die Heerde mit feidenen Flocken 

und fchneeweifs: 
r ihn felbft, und geh' er in glänzender Weifse, 

der Widder, 
[chem fchwarz nur die Zung' am feuchten Gaume 

fich zeiget, 
(le du , eh er mit Flecken die Lämmervliefse dir 

bräunlich 
3ngt; und ein anderer folg', aus wimmelndem 

Felde gewählet. 390 

eh fo fchimmemde WoU' hat einft, wenn glaub- 
lich die Sag' ifi, 
, Arkadia's Gott, dich, lülteme Lima, be« 

thöret, 
zu den Hainen er^rief, und nicht ungeme du 

folgteft. 
Aber ift Milch dein Wunfeh ; dann Cytifus häu- 
fig und Lotus 



200 / . . .L A N D B A IT. 

395 Selbft in der Hand zur Krippe gebracht, und £alzigei 

Feldkraut, 
Melur dann lieben dir jene den Bach , und fchwel 

die Euter, 
Sanft durchwürzend die Milch mit Grefchmack 

geißigen Salzes. 
Mancher wehrt von der Mutter fofort das gefonderlB 

Böcklein, 

Und umheftet die Schnauze von vom mit geftachdtor 

Halfter. 

400 Was an fteigender Sonne du molkft und in Stundet 

^ des Tages, 
Preffe bei Nacht : was drauf im erlöfchenden Sc 

mer des Abends, 
Trage durch dämmernde Frühe zur Stadt in BuiNüi^^ 

der Schäfer; 
Oder mit fparfamem Salze beftreu', und heg' es 

Winter. 
Selbfi: nicht Hunde zu nähren verlaume da 

fondern zugleich auch 
405 Sparta's hurtigem Brackengefchlecht, und dem kühnen 

Moloffer, 
Kräftige Molke gereicht. Niemals, wenn jene 1«- 

wachen, 
Droht der nächtliche Dieb dem Greheg", und der fiü^ 

mende Raub^olf, 
Niemals fchreckt dich im Rücken ein imfriedfamer 

Iberer. I 

Oft auch verfolgft du im Laufe den fchüchtemen Efd 

der Wildnis, 

410 Und du erjagft mit Hunden die Gemf ', und mit Hun- 
den den Rammler; 



!i 



^ 



Dritter Gesang. 201 

aus Moräfien des Waldes hervorgetriebene 

Hauer ' 
rinft du mit bellender Meut' in die Flucht, und 

durch die Grebirghöhn 
ingft du zum Nez mit Gefchrei den übergewalti- 

' gen Kronhirfch. 
licm' auch im Stall anzünden die duftverbrei- 
tende Ceder, 
d wie mit Galbanonqualm man fcheucht graun- 

volle Chelydem. 415 

:, vro lange die Kripj^e geruht , lag, Taftenden 

fchrecklich, 
* die Natter verfieekt, die fcheu vor dem Hiipmel 

hinwegfloh ; 
er die häusliche Unke, gewöhnt an Schatten, des 

Hornviehs 
tere Pefi; und die Schafe mit giftigem Geifer be- 

fprizend, 
itet' am Grund. Nim Stein' iil die Hand, nim 

Keulen, o Hirte; 420 

d m^e fie Drohungen hebt, und mit zifchendem 

Hälfe lieh aufbläht, 
imettere! Schon verbarg fie das zagende Haupt 

in dem Boden, 
jil der geringelte Leib , und der Zug des entfern- 
teren Schwanzes 
Ltt hinzuckt, und träge die äufserfie Kreifung fich 

nachfchlex^pt. 
siler bewohnt imfelig Galabria's Forfie die Hy- 

der, 425 

3 mit erhobener Bruft einrollt den fchuppigen 

Rücken, 



i 



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202 L A N D B A U. 

i 

Läng$ dem unendlichen Bauche mit groDten Eleckot 

gefprenkelt. 
Jene, dieweil noch ein Bach .vorfiilrzt aus QueIIe%j 

noch irgend 
Nafs vom Frühlinge triefen die Aim, und regnichtem 

Südwind, 
430 Schaltet im Sumj^f; wo fie, häufend am Boird, mi- 

mäfsig mit Fifchen 
Stets den finfteren Schlund, und quackenden Fröfcheiii 

lieh anfüllt. 
Doch wann in Glut ausdampfte der Pfuhl, und die 

Erde zerlechzet. 
Springt £e ans Trockne hervor, und funkelnde Blicke 

verdrehend, 
Tobt fie im Feld', unfinnig vor Dürft, imd von HIze|^ 

geängfiet. 
435 Niemals lüfte mich dann, am offenen Hinmiel siip^f 
' fchlummem. 

Noch auf waldigem Hange geftreckt zu ruhen dur(A 

Kräuter : 
Wann fie die Hüll' auszog , und erneut im Glänze 

der Jugend 
Nun vom (Jewimmel im Nefte fich herwälzt, oder von 

Eiern, 
Bäumend zur Sonn', und dem Maul dreif^mltige 

Zungen entfchimmern! 
440 Jezt von den Seuchen vernim Urlprung und ^ 

warnendes Merkmal. 
Schändende Räud' ift Schafen Verderb , wenn frofii 

ger Regen 



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Tief zum Leben hinab eindrang, und des fchaudem- 

den Winters 



4 



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Dritter Gesang. 203 

ulicher Reif; auch wenn iingefpületer Schweiüs 

den gefchomen 
hängt, oder den Leib die fiaehlichte Hecke ge- 

rizet. 
ua wird lamtlich die Heerd' in füfser Flut von 

den Schäfern 445 

>hl gefchwemmt, und der Widder mit triefenden 

Zotten im. Strudel 
tergejtaucht, der geraft im tragenden Strome hinab- 

fchwimmt. 
er den Leib nach der Schur falbt man mit bitte- 

rem OITchaum, 
sichern man Silbcrglätt' einmilcht, und lebenden 

Schwefel, 
eh idäifches Pech, und gefchmeidiges Wachs, mit 

der ftrengen 450 

sfewurz, und der Zwiebel iles Meers, und dunhe« 

lem Erdharz* 
»ch iiicht fchneller bezwang ein Rettungsmittel die 

Drangfal, 
3 -wenn einer mit Stahle beherzt das Haupt des 

Gefchwüres 
hete. Nahrung gewinnt und lebt im Verborgnen 

das Übel; 
ährend mit heilender Hand der Wunde zu nahn 

fich der Schäfer 455 

:äubt, und faul da&zend die Götter um Belterung 

anfleht, 
fogar, wenn der Schmerz in der Blöckenden in- 

nerftem Marke 
iitete, und die Gelenk' abzehrte das trockene 

Fieber ; 



V 



204 L A. N D B A U, ■ 

Dienfam wars, den heftig entzündeten Gluten zur 

Dämpfung, - 
460 Unten zu fchlagen am Fufs die mit Blut aufTprin- 

gende Ader: 

Nach der bifaltifchcn Horde Gebrauch, und des wil- 
den G-elonerSy 

Wann er zum Rhodope ftürmt , und zur etinfamea 

■ 

Stex^pe'der G«ten, 
Und fich geronnene Milch zum Trunk einmenget mit 

Rolsblut. 
Sieheß du fem ein Schaf , das oft zur Ruhe des 

Schattens 
465 Einkehrt, auch unlufiig die oberen Kräuter nur 

koftet, 
Oder träge dem Zug nachfchleicht, und mitten im 

Felde 
Weidend linkt, und allein heimkehrt in der Späte des 

Abends: §si 

Eile die Schuld mit dem Stahle zu bändigen, ehe dir 

gräfslich 
Durch unforgfames Volk die raffende Peft lieh ver^ 

breitet! 
470 Nicht fo häufig durchtobt rauh wintemder Sturm die 

GewäfTer, 
Als unzählbare Seuchen die Trift: nicht ftreckt auch 

die Krankheit 
Einzele Häupter dahin ; nein ganze Greheg' auf 

einmal, 
Hofnung und Heerde zugleich , und den Xamtlichen 

Stamm des Gefchlechtes. 
Solches erkennt, wer die Al^jen der Luft, und 

norifcher Hügel |tcF 



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Dritter Gesang. 205 

ile Kaßell' , . und die Fluren des lapyden Tima- 
vus, 475 

t noch fo lange nachher anfchaut, und die Reiche 

der Hirten 

Xam rings, und rings die waldigen Thale ver- 
ödet. . 
Hier vor Zeiten erwuchs in kranket Luft da» 

Verderbnis 

uuervoU, und, ganz in herbltlichen Gluten ent- 
flammet, 

rdet* es alle Grefchlechte des Viehs, und alle des 

Wildes, 480 

es vergiftete Teich' und grafige Weiden mit 

Fäulnis. 

!h nicht einfach würgte der Tod ! Wenn die 

Flamme des Durftes, 

end durch Puls und Geäder, gefchrumpft die elen- 
den Glieder; 

zJich'ergofs fich fodann ausftrömende NälTe, die 

in fich 

3 Gebein', allmählich gelöft von der Krankheit, 

• hineinzog. 485 

dafs zur Ehre der Götter gefiellt am Altare das 

Sühnfchaf, 

il der wollene Schmuck mit fchneeiger Bind' es 

umfchleierf, 

.er dem zaudernden Dienft der Opferer fterbend 

dahinfaiik. 

»r wenn eins mit dem Stahle zuvor gefchlachlet 

der Priefier; 

jh nicht brennt der Altar mit aufgelegeten Fi- 
bern, 490 



206 L A N D B A u. 

Ifoch vermag Antworten der rathende Seher zu for- 

fchen; 

Kaum auch röthen von Blut £ch' untergefielletc^ 
' MelTer, 

Kaiun wird oben der Sand von nüchternem Eiter ge- 
dunkelt. 

Jezo erftirl/t in Schaaren das Kalb auf fröhlichen Ash 

gern, 
495 Und fein füfses Leben an voller Krippe ver- 
haucht es, 

Jezo rennt wahnfinnig der fchmeichelnde Huiid, 

es rüttelt 

Reichender Hulten das Schwein, imd engt den ge* 

mäfieten Rachen. ' 
Kläglich finkt, wie der Kunft uneingedenk , ' fo 

des Gräfes, 

Ekel vom Quell fich wendend, das Siegsrofs, ftampft 

" mit dem HufCchlag 

500 Häufig den Grund, und fenkt die fchUffen Ohren» 

die unfiät 

Schweifs umquillt, mit Kälte des nahenden Todes j 

die Haut auch 

Starrt, antafiendem Druck durch trockene Härte fich 

fi:räubend. 

Alfo bezeichnen zuvor die früheren Tage das Un- 
heil. 

Aber fobald fortwandelnd der Seuche Grewalt fich er* 

bittert; 
505 Dann traun brennen die Augen in^Glut, dann tief 

au$ der Brufi auf 

Athmen fie^ oft mit Stöhnen beklemmt; und die Sei- 

ten hinab find 



Dritter Gesang. 207 

L langfclüuchzendem Krämpfe gedehnt; fchwarz 

troijfet der Nafen 
;, und den fehwärenden Schlund umdrängt die 

rauhere Zunge. 
kfam wars, mit der Röhre des Homs einflöfsen 

des Bacchus 
len Trank: dies fchicn der Sterbenden einzige 

Rettung. 510 

l war diefes fogar ein Verderb; und in Wut nach 

dem Labfal 
inten £e jezt, und fie felbft^ fchon.nah am Tode 

des Jammers, 
^d% o Grötter, den Frommen, und Frevelnden 

jene Zerrüttung!) 
en mit bleckendem Zahn /ich das Fleifch von ge« 

üiimmelten Gliedern. 
Schau, der unter dem Zwange der Schar auf- 

damx)fende Pflugftier 5i5 

melt dahin, und fpeit mit Schaume gemengetes 

Blut aus, 
1 fein leztes Greächz er verhaucht. Der beküm- 

merte Bauer 
t, abfpannend den Stier, der den Tod des Genof- 

fen betrauert; 
l in der Mitte des Werks verliefs er die haftende 

Pflugfchar. 
n hochwölbender Schatten des Hains, kein grafi- 

ger Anger, 520 

in ihm rühren das Herz, kein Bach, der, Felfen 

durchrollend, 
•errein .£ch ergiefst in die Ebene: aber es hängt 

ihm 



208 L A N D B A V. 

I 

Welk die Seit', und die Augen, umzieht dumpi 

rende Trägheit, 
Auch zur Erd' hin £nket der fchwer vorhluigeni 

Nacken. 
525 Was nun frommt Arbeit und Verdienft? was kai 

mit der Pflugfchar 
Aufgefcholletes Feld? Und doch nicht fchafte 

Bacchus 
MafÜfche Kraft, nicht ihnen gefammelter Schmaus 

Verderben : 
Laub genie£sen fie nur, und einfach näh 

Kräuter ; 
Trank find lautere Quellen dem Dürft, und des 

fenden Baches 
530 Strömungen; auch nicht Sorge verfcheucht den e 

ckenden Schlummer. 
Nie zu anderer Zeit, erzählen he^ mifste die 

gend 
Kühe für Juno's Fefi; und ein Paar unähnliehei 

. Büffel 
Zog den Wagen empor zur fiiftungsreichen Ka* 

jjelle. 
Mühfam hackt mit Karfien fein Land der Bauer, ver« 

fcharret 
535 Selbfi: mit pflanzendem Finger die Saat, und durel^ 

die Gebirghöhn 
Schleppt am Nacken gefirengt er herab fchMrerloua^ 

rende Lafifuhr. 
Kein nachftellender Wolf umfpäht die TSxaU 

des Schäfers, 
Noch befchleicht er die Heerd' in der Finftemii; 

fchärfere Sorge 



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Dritter Gesang« 209 

idiget ihn! auch die Gems voll Angft und die 

flüchtige Hindin/ 
t bei Hunden umher und nahe den Wohnungen 

gehn fie. 540 

on des unendlichen Meeres Grefchlecht, und was 

Fluten durchwimmelt, 
gt am Saume deJ Strands , SchiCbrüchigen gleich, 

von der Wallung 
igeTpült; in die Ström' entfliehn die feltlamen 

Robben, 
an mufs fierbcpi die Natter, umfonfi gefchirmt von 

des Lagers 
immungen; und, die die Schuppen erfiarrt auf^ 

fträubet, die Hyder. 545 

reki felbß nicht gönnet die Luft noch Sicherheit, 

Jen' auch 
rzen herab, ihr Leben in wolkiger Höhe verath* 

mend. 
Ja was mehr, fchon ift auch der Weid' Umwech- 

felung eitel, 
1 durch Fleiüs wird fchädlich die Kunfi : ab gingen 

die Meifier, 
ron der Phillyra Sohn, und der Amythaone Me- 

lampus. 5^^ 

mmvoU tobt, und ans Licht aus ftygifchen Nächten 

gefendet, 
ibt vor fich die blaffe Tiiiphone Seuchen und 

Angft her, 
ber mit jeglichem Tag' ihr gieriges Antliz erhe- 
bend, 
unergeblöck der Heerden und häufiges Brüllen 

erfchallet 

IBOIL Ton Voll. I» j,4 



210 



Landbau. Dritter Gesang. 



555 Ström' und trpckene Ufer entlang^, und lelmeni 

Hügel. 
Und fchon würgt in Schaaren die Würgerin; fe 

dem Geheg' auch 
Häuft iie empor die gräMich in Jauch' ausrinnend 

Aler : 
Bi£( man mit Erde bedecken und tief eingraben 

lernet. 
Denn nicht war zum Gebrauche die Haut; tmd 

Menge des Fleifches 
560 Weder den raffenden Fluten, noch felbft der 

bezwingbar. 
Auch nicht fcheren ein Vliefs, wie der Seuch' U; 

rath es zerfrefTen, 
Konnte man, oder das morlche Gefpinnft anze 

dem Webftuhl. 
Doch hatt* einer fogar die leidige HüUe ▼< 

f uchet : 
Brennende Blafen umher, und ekeles Schwei 

Gerüche 
565 Folgeten Glied vor Glied; und darauf nicht langq 

verweilt' er. 
Eh die Gelenk' anfchwärend das heilige Feuer hin- 

wegfrafs. 



\ » 






L A N D B A U. 



lERtER GESANG* 



I» 



14 



ENTWURF. 



Inhalt die Bienenzucht, und Zueignung i. L Wohnung 
der Bienen 8* a* Gegend, frei von Wind und feindlichen 
Thieren 9, mit Waffer und Bäumen 18, blumenreich 3o. 
b. Rümpfe, woraus 33, e^g voi^ Eingang uAd dicht "55 (Bau 
in Erde, Felfen und Bäumen 42); um die Rümpfe nicht 
Taxus, böfer Geruch und Wiederhall 47 — 5o. IL Schwärme 
5i. a. Erzeugung und Ausflug der Jungen 5i. b. wie ein- 
zuf äffen 62. c. Von Aufruhr zU hemmen, durch Staub 67, 
und durch Ermordung des fchlechteren Weifers 88; Kennzei- 
chen beider und der Bienen 91. d. feft zu halten-, durch 
Entflügelung der Weifer io3, durch Gärten 109. e. Entwurf 
eines Gartens 116 — 148. ÜI. Verfaffung des Bienenßaati 
149. a. Gefelligkeit i53. b. Fleifs i58. c. Ordnung 178» 
d. Vorficht 191. e. Fortpflanzung 197. f. Liebe zum Kö- 
nige 210. g. Anfcheinende Vernunft 219 — 227. IV. Zeide- 
lung 228. a. wie und wann 228. b. gegen den Winter fcho« 
nend 239, foult reichlich 248 — 260. V. Krankheiten 26 1* 
a. Zeichen 254. b, Mittel 264 — 280. VL KünJUiche Er- 
zeugung 281. a. ausgeübt in Ägypten 287. wie 295 — 5 14. 
VII. Arilläus der Erfinder 3i5. a. klagt der Mutter Cyrene 
feinen Verluft 317. b. Wohnung der Cyrene 333. c Sein 
Befuch 357. d. Bewirtung 374. e. Verweifung an Proteus 387« 
f. Der gefeffelte Meergott wird zide^t willfährig 416. g. Er 
weiffagt, daüs die Nymfen den Tod der Eurydice und des Qr- 
feus Verwünfchung rächen 453 — 529. Tod der Eurydice 
453; Klage der Nymfen und des Orfeus 460; deffen Gang 
zur Unterwelt 467; Eurydice's Rückkehr, aber vereitelt 486; 
fein Jammer 5 04, und Tod 52 o — 629. h. Cyrene lehrt das 
Sühnopfer 53o. i. woraus Bienen entßehn 648 — 558» 
VIH. Befchlufs des Gedichts 559 -^ ^66, 



IL 



I. A N D B A ü. 



'VIERTER GESANG. 



JcBO die Sü£se der Luft, des Honiges hihunlilche 

Gabe, :■ 

\9rA£' ich. Auch diefem Bezirk, o Mäce^as, göuiie . 

den Anblick, 
iteter Dinge bewunderungswürdiges Schau« 

fpiel, ■ 

Führer -erhobenes Muts, imd das lämtliohts Volk nach 

der Ordnung, 
GeTchäft* und Sitten und Stamm' und Schlach* 

ten befing' ich. 5 

' Kleinlich der Stof ; nicht kleinlich der Arbeit Ehre: 

gewährt lie 

Zialuher «Tegnende Macht, und hört der gerufne 

Apollo. 
( ' Erftlich gebührt, daljs Bienen ihr heimifches La- 
ger gewählt fei. 

Wo kein ftüraiender Wind fie Erreicht, (denn es weh- 
ren die Winde 

Heimamtragen die Kofi:,) kein Schaf noch fiöfsiges 

Böcklein 10 



214 L A N D B A tr. 

Frech die Blumen durchhüpft , noch im Feld' 

rend die Milchkuh 
Rings abrchüttelt den Tbau, und fteigende Kräuto 

zerftampfet. 
Sei auch dein fetten GeKege die buntgefcliildefe' 

Eidex 
Fem, und der Bienenfpecht, und andere pickexu 

Vögel, 
15 Und die mit blutiger Hand an der Bruft gezeichnete^ 

Prokne. 
Wild veröden Re alles umher, und dis fliegendett' 

felber 
Tragen fie weggefchnapirt dem graufamen Nefte zum 

LabfaL 
Aber ein lauterer Quell, ein Teich mit 

Moofe, 

Grenze daran, und ein leichtes. diu*ch Gras hinflie*' 

hendes Bächlein; 
20 Schatt' auch die Palm' entgegen dem Hof, und jder 

wildernde Ölbaum: 
Dafs, wenn zuerft mit Schwärmen im eigenen Lenze 

die neuen 
Könige ziehn, und die Jugend, dem Stock entlaffeiit 

umherfpielt, 
Sie der benachbarte Bord einlad' in liebliche Küh^ 

lung. 
Und lie ein Baum am Weg' in der liaubherberge be* 

wirte. 
25 Mitten hinein, ob fiehe gehemmt, ob rinne dal 

Waffer, 
Wirf durchkreuzende Weiden und mächtig ragende 

Steine: 



ViERTEK Gesang. .215 

% -auf liäufigen Brücken fie daftehn Icänneiii die 

Flügel 
en den Stral der Sonne gejftreckt; wenn die föu- 

menden etwa 
derte^ oder mit Sturm in die Wog' eintauchte der 

Oftwind« 
gsiim lafs aufgrünend den Zeiland unter balfo- 

mifch ' 30 

tendem Quendel erblühn, auch Reichthum ftrenge 

gewürzter 
irei, und Violen, getrilnkt vom wiÜTemden 

Borne. 
Selbft die Rümpf , ob du folche von wölbender 

Rinde des Korkes 
eteft, oder vom Sprofs der biegfamen Weide dir 

flochteft, 
xe der engeren Thor' Eingang: denn die Kälte 

des Winters 35 

tet den Honigfeim, ihn löft die fchmelzende 

Wärme. 
les droht den Bienen mit gleicher Gefahr; und 

umfonfi nicht 
!m Jen' um die Wette , mit Wachs die luftigen 

Spalten 
jr Burg am verkleiben, durch Tünch' und Blumen 

den Eingang 
hl zu verbann, und dem Werke gefammelten Kitt 

zu bewahren, 40 

er denn Miftelfchleim und Pech des phrygifchen 

Ida. 
, wo die Sage nicht teufcht , war tief in gegrabe- 
nen Löchern 



216 L A N D B A V« 

Unter der Erd' ihr häuslich. 6« wühl; auch in 

des Bimfteins 
Fand fich ihr Bau, und im Schoolse dea auagenK 

. ten Baumes. 
45 Dennoch . £chlüp£rigen Thon auch rings um die 

tigen. Kammern 
Streiche du felber zur Pfleg' , und beftreue fie 1 

mit ReiAg« 
IVicht lafs nahe die Eibe den Wohnungen'; nicht 

dem Heerde 
Brenne den röthlichen Krebs ; nicht tie£erem Sum 

getrauet, 
Oder wo fauler Moraft ausdampft, und vom Sc 

der hohle 
50 Fellen erfchallt, und des Rufs Abbild anprallend 

rückfliegt. 
Aber fobald den Winter die gold^ie Sonne verr 

fcheucht hat 
Unter die Erd' , und entwölkt mit Sommerlichte dea 

Himmel; 
SchneU durchflreift Bergthäler und grünende Hain* 

ihr Grefchwader, 
Erntet purpurne Blumen, und fchöpft hinfchwebeod 

des Baches 
55 Oberen Thau. Dann fröhlich von unerkllCrbarer 

WoUuft 
Pflegen fie Neft und neues Gefchlecbt; dann griinden 

fie kunftreich 
Zellen ^us frifchem Wachs, und bilden fich klebrigeii 

Honig. 
Dann, wenn jezt den Hallen entfandt zum'fiemich* 

ten Himmel 



Vierter Gesang« 217 

Jiavf fcJhiwiiDiiien du £eh& durch heiteren Sommer 

■ die Heerfchaar, 
[f wie da^ dunkle Gewölk hinze.ubht im Winde^ 

. dich wunderfi: 60 

ke den Flug , der faeAändig au fü£ser Flut unci . 

belaubten 
Ibungen Jfinkt, Hier fprenge die Wohlgerüche der 

Regel, 
aus gequetfchter MelilT', und unberühmter Ge« 

rinthe ; 
f auch klingendes Erz, und den Hall der cybe- 

lifchen Gymbeln. 
»er £ezt fich die Brut auf duftigen Sizen, und 

felber 65 

lüpft £e nach eigenem Trieb in die bergende. 

Wiege des Rumpfes. 
Doch wenn jene zur Schlacht ausziehn: (Denn 

oft ja in zweener 
ige Brufi: fuhr heftig der Zwietracht grofse Bewe- 
gung. 
cb auch kannft du des Volks aufwallenden Mut, 

und in Kampfluft 
endes Herz fchon ferne vorherfchaun: denn es, 

ermuntert 70 

;griIofaer Klang, wie des Erzes, die Zauderer; und 

ein Gelumfe 
t man rauh nachahmen den fchmetternden^ Hall 

der Trompeten, 
gs dann Aromen fie haftig herbei, mit den Fittigen 

fcbinünemd, 
irfen den Stachel mit Macht am Gebifs,. und Jßren» 

gen di^ Muskeln; 



218 L A N D B ▲ IT. 

75 Und um deh König gefchaärt und das ragende 

des Gebieters, 
Wühlen Re all- , und rufen den Feind latitdrolM 

zur Feldfchlacht.) 
^ Drum wenn in ofienes Feld der Frühlingsbläue 

Hcerfchaar 
Nun vorftürzt aus dem Thor, wenn' man anr< 

hoch in dem Äther 
Aufruhr tönt, das Gewühl weitkreifend fich 

und Erfchlagner 
80 Menge den Lüften entfällt: (Nicht häufiger raffelt 

Hagel, 
Noch aus gefchüttelter Eiche fo dicht ein Regen 

Eicheln. 
Jene felbft durch die Reihen der Schlacht, mit leu< 

tenden Flügeln, 
Drohn, grofsherzigen Mut in engem Bufen entfli 

mend. 
Und unverrückt will jeder durchaus nicht weichi 

bis der hier, 
85 Oder er dort, als Sieger, in Flucht die gewendete 

fortfcheucht. ) 
Solch ein Mut der em])örten, und fo ausharrender; 

Eifer, 
Ruht, von weniges Staubes befprengendem . Wurfe 

gebändigt. 
Hafi du die zween Heerführer ziirück aus dem j 

Streite gerufen; 
Wer dann Ichlechter erlcheint, ihn, dafs nicht lehade 

der Praller, 
90 Weihe dem Tod, wer beffer, der herfch' im erledig- 

ten PaUaft. j 



i^. 



Vierter G-iE sang. 219 



;lüht einer gefleckt mit firozendem Golde: denn - 

^ zwiefach 

ie von Art: ddr befTer, fowohl vorragendiBs An* 

fehns, 
lit röthUcben Schupjien umglänzt; der andre 

• von Trägheit 
und entfiellt, unrühmlich mit breitetai Bauche 

fich fchleppend. 
ach find, wie der Herfcher GeAalt, auch die Lei- 
ber des Volkes. 95 
t fiarren umher wuftvoll: wie ein Wanderer 

lechzend 
it aus tiefem Sand', und Staub mit trockenem 

Munde 
sit; andere leuchtien hervor, und fixalen in 

Schimmer, 
nend den Leib^ mit Gold' und ähnlichen Tro- 

pfen gefprenkelt« 
ift edlere Zucht: hiervon in gemeffener Zeit 

wird 100 

* Honig geprefst; nicht XtiTserer Mild', als 

klarer 
rkeit auch, und herben Gefchmacfc des Bacchus 

bezähmend. 
Aber durchziehn mutwillig die flattemdeii 

Schwärme den Himmel, 
der wächfemen Burg, und erkaltete Zellen 

verlalTend; 
ne vom eitelen Spiele die unbeftändigen 

Herzen: 105 

nicht ifi fie zu hemmen fo fchwer. Nur der 

Könige Flügel 



220 L A N D B A U« ' 

Rupfe du! Nicht wird einer, fobäld die- Xaiuneu, 

Luf thölin 
Wagen die Fahrt, ^ noch kühn die Panier' au£hc 

vom Lager. 
Lab einladende G«bten mit ßalfamblumen £e 

wehn;, 
110 Und ab Wehr dem Gevögel und Dieb, mit weidi 

Sichel, 
Steh' ihr Schuz Priapud) der hellesponti 

Hüter. 
Selber mit Thymus trag' er £ch Pinien von den 

birghöhn. 
Und um die Wohnungen pflanz' er fie weit, "v 

lolcherlei obliegt; 
Selber gehärtet die Hand durch "Arbeit; felber 

Obftes 

» 

115 Reifer geheftet in Erd', und mit freundlichem Re 

gewälTert. 
^ Wenn ich nunmehr nicht nahe zum Ziel ar! 

, tend die Segel 

Sammelte , nicht ans Ge&ade das Vorfchif eilte 

wenden: 
Dann, wie ergiebige Gärten mit Sorgfalt fchmückt 

Befteller, 
Sang* ich vielleicht, und die Rofen des zweimal 1 

henden Päfium; 
120 Wie der Endivie Wuchs getrunkener Bäche 

freuet, 
Und ihr Bord, von Eppich umgrünt; wie, die Ki 

ter durchfchlängelnd, 
Rund zum Bauch die Melon' anlchwiUt; nicht 

fpäten NarcilTus 



Vierter Gesang. 221 

Ilicilfen Flor 9 noch gebogne AkanthHSwindungen 

' fchwieg' ich,. 

r des Efeus HelV, und den Meerfirand liebende 

. Myrten, 
h vordem an der hohen Öbalia thürmenden 

Mauern, 125 

- der dunkle Galäfus die gelblichen Äcker be- 
feuchtet, 
nt' ich einen vKoryciergreis: der verlafTenes 

Landes 
lige Juger befafs; und nicht einträglich dem 

Pflugftier, 
li. anlockende Weide dem Vieh, noch gefallig 

dem Bacchus. 
Ii weitzeilig Gemüf in dem DomwaU, rings auch 

mit weifsen 130 

•n, heilige Grün', und zehrende Mohne fich pflanr 

zend, ' 
:h wie Könige war er an Mut; und wann er am 

Abend 
heimkam 9 Feftfchmäufe bedeckten den Tifch un- 

erkauft ihm. 
^n im Frtiklinge brach er zuerft , und im Herbfte 

die Baumfrucht; 
wann trauriger Winter annoch durch Fröfie die 

Felfen 135 

tete, ja mit Eife den Lauf anhielt der 6e« 

wäiTer, 
h er fchon von dem Bufche die zarte Blum' 

Hyacinthus, 
uend der Sommertage Verzug und der Zefyre 

Säumnis, 



222 L A N D B A U. 

Mutterbienen demnach und zahllos fchwärmende J 

gend 
140 Hatf er zuerft, und gepreijtem Gewiifk enfzwang 

des Honigs 
Schaumigen Seim; ihm fprofste die lind*, und d 

Pinie reichlich; 
Und fo voll in der Blüte das Obft den gefegneb 

Fruchtbaum 
Kleidete ; eben fo voll umhing es im Herbfte geiu 

ihn. 
Jener wufst' auch in Reihen noch fpät zu verpfli 

zen den Ulmbaum, 
145 Birnen erhärtetes Stamms, und fchon pflaiuntragend 

Schlehdom, 
Auch, die dem fefilichen Trunk fchon Kühlungen h 

die Platane. 
Aber ich felbft, durch Grewalt ungünftiger Sehrank 

gehemmet, 
Eile vorbei, und laffe das Werk nachfolgend 

Sängern. 
Auf, nun will ich der Bienen Natur, die Jupil 

felber 
150 Jenen verlieh, auslegen: um welchen Lohn £e, de 

lauten 
Trommelgeroll der Kureten und klapperndem Er 

gehorfam. 
In diktäifcher Grotte den Himmelskönig j 

nähret. 
Sie 'nur haben gemein die Erzeugeten, £e nur vi 

einbart 
Häufer und Stadt , und leben in mächtiger Hut d 

Gefezes; 



Vierter Gesang. 223 

mat keimen nur fie» und eigenes Heerdes Pe- 
naten; 155 
l vom nahenden Winter gewarnt,' arbeitet im 

Sommer 
Gg ein jeder für all', und verwahrt den gemein- 

» famen Vorrath. 

ige wachen für Nahrung und Kofb, nach getro£fe- ' 

nem Bündnis 
it durchlchaltend die Flur; ein Theil im Gehege 

der Häufer 
t die Narciffusthrän', und zähen Leim aus der 

Rinde 160 

en zuerft dem Gewirk zu Gründungen, hängt. 

dann darüber 
len von bindendem Wachs; theils pflegen £e dort 

des Gefchlechtes 
hung, die kindliche Brut; dort andere häufen des 

Honigs 
rfien Seim, imd dehnen mit lauterem Nektar die 

Speicher. 
:h fiel manchen das Loos, die Thore der Burg zUx 

bewachen: 165 

fe fpahn in dem Wechlel die Güff ' und Gewölke \ 

des Himmeln; 
\T empfahn die Lafien der komimendien; oder in 

Heerfchaar 
hren fie ab die Dronen, das träge Vieh, von den 

Krippen, 
ülos glüht das Gewerb', imd Thymian duftet der 

Honig. 
l gleichwie der Gyklopen Betrieb zäh flüüfige 

Barren 170 



224 



L A N D'fe 'A^ Cf. 



Ämfig in Bliz* ausdehnt, ein llieil mit 'Bä^eA 

Stierhaut 
Luft einhaucht und Terbläft, ein Theil in den zifc 

den Kühltrog 
Tauchet das Erz; laut dröhnt von Amboüifc] 

der Ätna; ' 

Air izt, froh Wettfchwungs , kraftvoll rings; 

die Arm' auf, - 
175 Nach dem Verhalt, und drehn mit kneipender 

den Glutltahl; 
Weniger nicht , -wenn Kleines geziemt zu verglei« 

mit Grofsem, 
Drängt cekropifche Bienen die angeftammte Gewii 

fucht. 
Jede nach eigenem Amt. Der Bejahrteren Sorg* 

die Feftung, 
Schanzen zu baun dem Gewirk, und dädalifche Hi 

fer zu wölben. 
180 Aber müd' in der Späte der Nacht kehrt "meder die] 

Jugend, 
Voll von Thymus die Bein' ; auch Arbutns koften ISe 

ringsum, 
Blaugriin Weidengefprofs , Zeiland, und feurigen 

Krokus, - 

Auch die balfamifche Lind', und die dunkele Blum' 

Hyacinthus. 
Alle fie ruhen zugleich, imd fliegen zugl^ch an die 

Arbeit. 
185 Frühe drängt aus den Thoren die Schaar; nicht Rat 

noch Verzug ift: 
Drauf wann Hefperus endlich, die blühetiden Am 

zu verlaHen, 



k 



Vierter Gesang. 



225 



jagemahnt; dann fucht man das Dach, dann pflegt 

man des Leibes; 
nnvoU tönts, und umfumft Eingang* und Schwel« 

len der Wohnung. 
9 nachdem fie in Zellen fich lagerten, fchweiget 

die Nacht durch 
efe Still', und es felTelt ihr Schlaf die ermatteten 

Glieder, 190 

nicht fem vom Grehöfe, wenn Regenfchauer 

herabhängt, 
fie , . oder vertraun vor nahendem Ofte dem 

Himmel; 
t um die Mauren der Stadt in Sicherheit fchöpfen 

fie WalTer, 
niir kürzere Fahrt wird gewagt; auch Kiefelchen 

oftmals^ 
vrie fchwankende Kahn' auf fchüttelnder Woge 

den Ballafi, 195 

eben fie auf, und wägen den Flug, durch leere Ge- 
wölk' hin. 
a , es gefiel auch jene bewunderte Sitte den Bie« 

nen, 
a£s fie keiner Begattung fich freun, noch die Stärke 

des Leibes 
' auflöfen in Luft, noch mütterlich Junge ge- 
bären ; 

. Sondern felbft mit dem Mund' auf Laub' und lieb- 
lichen Kräutern 200 
;^S«iliiiieIn fie Brut; den Erben des Throns und die* 

kleinen Quiriten 
{Schaffen fie felbft, und ergänzen die Höf" und wäch- 

femen Reiche. 



ViB«i& roll Voss. I. 



15 



226 L ▲ N b B ▲ V. 

Manche zerrieb auch an hartem Gefiein limirrend die 

Flügel, 
Ja freiwillig den Geift verhauchten £e unter da: 

Bürde : 
205 Solch iß der Blumen Geluft, und der Stolz in Erze«* 

gung des Honigs! 
Drum obgleich fie lelber das Ziel des belchränkterea 

Alters 
Früh emx^raiigt: weil hauin der fiebente Sommer er* 

lebt wird: 
Dennoch daurt unfterblich der Stamm » imd Räuine 

von Jahren 
. Blühet das Haus glanzreich, und Ahnherrn zählt mtB 

von Ahnherrn« 
210 Auch dem Könige hat nie fo Ägyptos^ dk 

grofse 
Lydia nie, und der Parther Gefchlecht» noch der 

Meder Hydasjies 
Aufgemerkt. Wenn der König nur lebt, iß alles in 

Eintracht: 
Stirbt er, fofort ift gebrochen der Bund; den gefpei- 

cherten Honig 
Plündern fie felbit, und trennen den Bau der gefloch* 

tenen Tafeln« 
215 Er ift Hüter des Werks; ihm Aaunen fie all' in Ehi^ 

furcht ; 
Ihn umfiehn fie mit dichtem Gefumf' «Is gefchaarte 

Trabanten ; 
Oft auf den Schultern erheben fie« ihn, und dem 

Kampfe die Leiber 
Bieten fie dar, und Tuchen den rühmlichen Tod durch 

die Wunden. 



ki 



L 



Vierter Gesang. 227 

Mancher, von folchem Beweife gefühlt, und fol« 

cherlei Beifpiel, 
^'"Lefarete, da£s in den Bienen ein Theil des göttlichen 

Geiftes 220 

^OWohn% und ätherifcher Hauch. Denn die Gottheit 

gehe durch alle 
"Lande fowohl, als Räume des Meers, und Tiefen des 

Himmels; 

. Schafe daher und Rinder, der Menfch, und des Wil- 
des Gefchlechter, 
'^ Jedes bei feiner Geburt entrchö])f' ihr zarte Be- 
lebung ; 
**^ Siehe, auch dorthin Kehre dereinft, der Verwefung 

entronnen, 225 

^Alles zurück, und nirgend fei Tod; es fchwinge fich 

lebend 
Bfit in die Zahl des GeAirns, und fchweb' hoch unter 

den Himmel. 
Wann den geheiligten Siz einmal und die Schäze 

des Honigs 

i ö&en du willit ; dann erft , mit gefchöpfeter Quelle 
y dich fpülend, 

^ Saubre den Mund, und ftreck' in der Hand fortfcheu- 
f chende Dämpfe. 230 

Zweimal drängen Ce vollen Ertrag , zwo Ernten dem 

Biener: 
Wann . Taygete jezt die Plejad' ihr herliches 

Antliz 
Hob, und verachtend ihr Fufs des Oceanus Ströme 

zurlickfiiefs ; 
Oder fobald fie gefchreckt vom Geftim des regnichten 

Fifches 



228 L ▲ N D B ▲ u. 

235 Traurig in wintemde Wogen hinab am Himmel 

renket. 
Jenen entbrennt unmäfsig der Zorn; und belei 

fprühn iie 
ereiferndes Gift in den Bifs, und lalTen verbor 

Stacheln, 
Eingefchmiegt in die Ader, den Geift in der Wi 

verhauchend. 
So du beforgt vor Wintergewalt auffpareft der 

kunft, 
240 und. der gefchlagene Mut und des Reichs Verö< 

dich jammert; 
Dennoch räüchre mit Thymus getrofi, und fchi 

die leeren 
Zellen hinweg. Oft nagte den Bau imbemerkt 

gefilmte 
Eidex; odqr es barg lichtfcheu ihr Lager 

Schabe ; 
Auch die Dron% unthätig an fremdem Mahle 

mäftend; 
245 Oder die Raubhor^is drang ein, ungleicher Bc 

nung; 
Auch fcheufeliges Mottengefchlecht; und gehafsl 

Minerva, 
Hängt' ihr lockeres Garn die laurende Spinn' un 

Pforte. 
Je erfchöpfter an Habe £e £nd, je eif 

alle 
Streben fie, bald den Ruin des gefunkenen V< 

zu belTem, 
250 Füllen die Fächer empor , und flechten fich bluj 

Speicher* 



Vierter Gesang. 229 

er wofern, da den Bienen , vHie uns, Zufalle 

des Lebens 
Gefehick, hinfchmachten in trauriger Seuche 

die Leiber; 
Tofort du an nicht undeutlichen Zeichen er- 

hennefi : 
verwandelt den Kranken die Farbe £ch; wu« 

fiiges Anfehns 
IS hagre Greficht; dann tragen £e Leiber der 

Todten 255 

L Geheg' , und folgen dem traurigen Leichen- 
begängnis, 
hangen am Thore, die Füts' an. einander ge« 

klammert; 
heim auch weilen £e all' in gefchloITener' 

Wohnung, 
oll vor. Hunger, und trag' im Frofte lieh' 

fchmiegend. 
rfchallt ein dum^^fes Getön un^d gezogenes' 

Surren: 260 

an froftiges Hauchs durch Waldw^en mur- 
melt der Südwind; 
ruhiges Meer anraulcht rüclxflutender Bran-* 

düng; 
verfchloITenen Öfen das ftürmirche Feuer em- 

porbrault. ) 
; Galbanon Düfte fogleich zu entflammen er«> 

mahn* ich; 
inein auch trag' in röhrenen Trögen , und 

freundlich 265 

d , rufe die Matten zur wohlbekannten Er-" 

quickung. 



! 



230 L A N D B A V« 

Frommen auch wirds , Galläpfel zerßampft; ab Würzig 

zu mirchen. 
Und die gedörrete Bx>f ' , auch fetten Mofb^ an 

Flamme 
^ingdköcht, und Rolinen , von plythiJObher Rebe ge« 

welket, 
270 Attifchen Thymus ziigleich, und Centdurium, Arengi 

Geruches. 
Ferner blüht auf Wiefen ein Kraut, defs Kam* 

Amellus . 
Nannte der Feidanbauer, ein leicht aus^fpähbares Heit 

kraut. 
!Denn aus zafrichter Wurzel erhebet es mächtige Wai*' 

: düng; 

- Golden die Blum' inwendig, jedoch auf den häufigen^ 

. Blättern 
275,Rii^sum glänzt der dunklen VioV anmutiger 

Purpur; 
Oftmal fchmückt £e, in Ketten gereiht, die. Altäre ikat 

Götter; 
Scharf im Mund' ihr Gefclunack; fie iiiag in gefehore- 

nen Thälern 
Lefen der Hirt, und längs dem gewundenen Strome 

des Mella. 
Hiervon koche die Wurzel im duftenden Safte des 

Bacchus, 
280 Und an dem Eingang Helle gehäuft in Ködben die 

Azung. 
Doch wenn die Brut dir geXamt abfchied durch 

plözlichen Unfall, 
Und du umfonft nach Gefchlecht von neuem Stanune 

dich umfchaufi; 



Vierter 6 e s ▲ n 6. . 231 

ifts dann, zu eröfnen des altarkadilbhen Mei-^ 

fters 
mliche Kunft, und wodurch fchon oft erfchlage- 

nen Rindern 
vUrm* aus verwefendem Blut aufkeimeten. Häher 

beginnend 285 

i ich vom erften EntAehn das Gerücht allCeitig ent^ 

wickeln. 
n wo das glückliche Volk des Pella- Sippen Ka« 

nopus 
;s dem von Wellenergufs weitßumpfenden Nilua 

£ch anhaut, 
um feine Gefild' hinTahrt in bemalten Fa« 

felen; 
wo die Nachbarfchaft der bekttcherten Per£s hert 

andrängt, 290 

in gefondertem Sturz durch £eben Mündungen 

ausläuft 
r , Strom, abrollend Ton dunkelfarbigen In« 

dem, 
dein Grün, Agyptus, mit fchwarzem Mulme be* 

fruchtet: 
;s vertrauet das land fein ficheres Heil der Er* 

findung. 
Mäfsiges Raumes ziierft, und eng zu folchem 

Gebrauche, 295 

It man den Ort: ihii dann mit fchmiegendem 

Dache von Ziegeln 
Igen fie dicht, und (eftem Gemäür, aiich öfhen 

. fie femer 
I vier Winden umher vier fchtög' ihm leuchtende 

Fenfter. 



232 L A N D B A V. 

Jezo ein Farr , dem fchon zweijährige Stirn das Ge| i 

hörn krümmt, 
300 Wird erfehn; ihm völlig die Maf und der Odem 

Mundes, 
Weil er mit Macht anringet, verftopft; und dem ni&| T 

dergebläuten 
Durch unblutige Haut fein Inneres mürbe 

ftampfet. 
So im Verlchlors den geftreckten verlalTen fie, unl 

die Rippen 
Reifig und Thymian und ZeilandlprolTen ü 

fireuend. 
305 Solches gelchieht, wann Wefie zuerfi -fortrollen die| 1 

Waffer, 
Ehe von keimenden Farben die Wief erröthet, 

ehe 
Zwitfchemd noch am Gebälk ihr Nefi aufhänget diel 

' Schwalb^. 

Aber die gärenden Saft', im zarten Gebein fich 

erhizend. 
Sieden indefs, imd ein Schwärm feltlamer Befeelun* 

gen zeigt lieh, 
310 Mangelnd der Füfse zuerfi; bald nun mit fchwirren^ 

den Flügeln 
Wimmelt ^r , mehr fich und mehr zu dünneren Lüf* 

ten erhebend. 
Bis er, wie Wolkenbrüche geßrömt aus Sommer» 

gewittern, 
Ausbricht; oder wie Pfeile, von fclmellender Senne 

geregnet. 
Wann zum Beginne der Schlacht in der Eil' anfpren- 

gen die Pariher. 



Vierter Gesang. 233 

Welch ein Gott, ihr Mufen, der uns auswirkte 

die Kunft dort? 315 

X Bahnte der junge Verfuch zu den Menfchen 

£ch Eingang? 
A.rifiäus der Hirt, da er floh dias peneiTche 

Tempe, 
> nach der Sag', er die Bienen verlor durch 

Hunger und Krankheit, 
i £ch wehmutsvoll an die heilige Quelle des 

Stromes, 
lerte laut, und rief zur hohen Gebärerin 

alfo: 320 

Mutter Cyren' , o Mutter, die dort des quellen- 
den Strudels 
1 bewohnt, was halt du vom herlichen Götter- 

gefchlecht mich, 
wie du rtihmA , mein Vater gewifs der Thym- 

bräer Aj)ollo,) 
, den das Schickfal halTet, erzeugt? O wohin iSt 

' entflohn dir 
\ für uns ? Was hiefselt dti mich einft hoffen 

den Himmel? 325 

, fogar auch diefen, deii Ruhm des fierblichen 

Lebens, 
mir kaum der Gewächf ' und des Viehs forgföl^ 

tige Wartung, 
verfüchend errang, du, Zeugerin, lüffeß ihn 

f chwinden ! 
lenn , mit eigener Hand reifs aus die gefegneten 

Wälder ! 
in verheerender Flamme die StSH' , ' und morde 

die Ernten! 330 



234 L A N D B A V. 

Brenne, was fprofst; und fehwinge die mSchtige 

in den Rebhain: 
Wenn dich ein folcher Verdrufis einnahm ob der 

des Sohnes! 
Aber die Mutter vernahm tief unter dem S 

in der Kammer 
Dunkles Getön. Dort zupften MilefiervUeCse 

Nymfen 
335 Spinnend umher, die lie fatt in des Glasgrüns Fa 

getrfinket: 
Drymo mit Xantho zugleich, und PhyUödoce, 

der Ligea, 
Glänzendes Lockengeringel zerftreut um fchneeij 

Schultern; 
Auch Nefaa, und Speio, 'Cym<kloce auch, 

Thalia, 
Auch Cydipp', und die blonde Lykörias: jene tt 

Jungfrau, 
340 Diefe zuerft mit den Wehen vertraut der fire 

Lucina; 
Klio und Bäroe dann , des Ooeanus Töchter üe 

beide, 
Bisid' in Gold , und in Häute voll Stickungen beide^ 

gegürtet ; 
Ephyre dann, und mit Opis die afifche DeKo-' 

pea, j 

Und, unbeköchert einmal, die hurtige Vjm£' Axt4 

thufa. 
345 Klymene mitten im Kreif erzählete nun des Vul»'' 

kanus 
Eitele Sox^, und die Ränke des Mars, und verAohlent* 

Buhlfchaft; 



% 



Vi£RY£fi Gesang. 235 

rfe clann Tom Chaos unendliche Händel der 

Gatter. 
He 9 ergezt 'v:on der Mähr , ihr fanftes Gefchäft 

an den Spindeln 
Tis drehn; da erfcholl zu dem Mutterohre von 

neuem 
des Ariltäus, und air auf den gläfemen 

SelTeln 350 

ten empor; ArethuTa fogleich vor den übrigen 

Schw^fiem 
lus der Wog' ümTchauend die gelbliche Scheitel, 

und fernher 
£e: O nicht Ichreckten umfonft dich Laute des 

Jammers, 
;iter Cyren'; er 4^elber iß dirs, dein trautefter 

Liebling, 
US in Gram , an Peneus Ffaif : des firzeü«» 

gers 355 

er bethränt^ und dich als graufame nennt et 

mit Namen! 
Drauf voll plözlicher Angft in erCchütterter Seele 

die Mutter : . 
f o fuhr' ihn zu uns; er darf die Schwellen der 

Götter 
sn! Sie Iprachs, und gebot, fich weit zu trennen, 

den tiefen 
Lungen, dafs ihr Jüngling die Bahn einginge. 

Doch jenen, ^360 

, umfiand gleich Bergen das krumme Gewog*, 

und emx)fangend, 
im unendlichen SehooDs, entfandt' es ihn unter 

'den Strom hin« 



V 



236 L A N D B A U. 

/ 

1 

Schon der Mutter Palaft und flutende Reiche ' 

I wundernd, 

Und dort Seen, von Grotten umhegt, dort rauCchei 

Haine, , 
365 Ging er einher, und erfiaunt vom entfezlichen \ 

gengetiunmel. 
Schaut' er die Ströme gefamt, die unter dem räu 

gen Erdkreis 
Air aus gefondertem Ort aufiprüdelten: Fafis i 

Lykus, 
Auch den Quell, wo zuerft des Enipeus Strudel 1 

vorbricht, 
Wo Tiberinus der Vater, und ihr, anieniC 

Fluten, 
370 Hjrpmis, rauh durch Felfen geftürzt, und der Mj 

Kaikus, 
Auch wo Eridanüs cpiillt, goldhell tun des mächti( 

Stierhaux)ts 
DoppelgehÖm, der mehr als andere Ströme . 

waltig 
Durch fruchtfchwangere Thal' ins purpurne Meer l 

ergieüset. 
Als er nun in des Saales aus Bimfieiii hangefl 

Wölbung 
375 Ankam, und Cyrene die nichtigen ~ Klagen c 

Sohnes 
Hörete^ reichen den Händen vom lauteren Born i 

Gefchwifter' 
Rings nach der Reih', und bieten die weichgefchore 

Handquehl; 
Andere laften mit Speife die Tifch ' , und erfeson | 

füUte 



Vierte^ Gesang. 237 

3r umher; den Altären entglühn panchäifche 

Feuer« 
die Mutter iMginnts ^ den Pokal des mäonifchen 

Bacchus; 380 

dem Oceanus werde gefprengt. Dann äehet fie 

felber 
Oceanus 9 Vater des AUs, und den göttlichen 

Schweftem, 
>ei Hunderten Wälder, bei Hunderten Flüffe be- 
wahren, 
aal ftrömte £e klar in der Yefta Gluten den 

Nektar ; 
aal fchwang fich die Flamm' aufleuchtend empor 

zu der Wölbung. 385 

li dies Zeichen gefiärkt mit Freudigkeit, redet fie 

alfo: 
In der neptunifchen Wog* um Kärpathos fchal- 

tet ein Seher, 
lus, blau von GeAalt, der des Abgrunds Flut in 

dem Wagen 
mit belchupptem Gefpann zweifulsiger RolTe 

durchwandert, 
in Emathia's Port* und die heimifche Flur 

PaUene 390 

t er zurück. Ihn ehren nicht nur wir Nymfen, 

auch Nereus 
ihn, der hochbejahrte: denn hell erfcheinet dem 

Seher 
, was ifi, was war, was bald zum Werden her^ 

annäht, 
wars dem Nepttmus genehm, defs fcheusliches 

Meervieh 



I 
238 L A N D B A U. 

395 Unter der Wog' er weidet ^ und misgefta 

Robben. 
Diefen, o Sohn^ gebührt dir zuvor mit Bande 

felTeln, 
Dafs er entwickle der Seuch' ürfprung, und fi 

den .Alisgang. 
Ohne Gewalt wird jener dir nichts weilTagen^ 

nimmer 
Beugft du ihm flehend das Herz; mit Gewalt 

zwängenden Feffeln 
400 Bändige du: nur folchen zerfliegt die vereitelte 

Ichung* 
Selber bin ich , wann Sol die Mittagsgiuten 

zündety 
Wann fchon durftet das Kraut, und das Vieh 

freuet des Schattens, 
Führerin ^ dir zum geheimen Geklüft, wo der < 

aus den WalTem 
Müd' einkehrt; dafs leichter im Schlaf du den lie 

den anfalUt. 
405 Aber fobald du ergriffen in Hand und FelTel 

zwängeft ; 
Vielfach dann teufcht Gaukelgefialt und Erfcheii 

des Bergwilds. 
Schnell als fiarrendes Schwein wird er dröhn, als 

fterer Tiger, 
Als blaufchuppiger Drach', und gelbgemähnete 

win ; 
Oder in knatternde Flamm' erhebt er fich, und 

den Feffeln 
410 Schlüpfet er, oder verrinnt in befchleunigtem ] 

der G^wäffer. 



Vierter Gesang. 23j9 

je mehr nun jener in alle Gefialt £ch ver* 

wandelt, 
» mehr, mein Sohn, ihm gefirengt die verhaften« 

den FelTeln: 
b wieder den Leib er umtauTcht, wie du zuerfi 

ihn 
tietefi, als fein Auge dem nahenden Schlummer 

£ch zufchlols* 
AUo jen% imd ergofs der Ambrofia lautet^ 

Düfte,, 415 

^he den ganzen Leib des Sohns durchfalbten. 

Doch diefem 
ihi^ ein füCser Geruch ypn den fchöngeordneten 

Locken, 
leicht firebten die Glieder von Tapferkeit* Tief 

in den Anberg 
gt ein zerfrelTenes Felfengeklüft, wo im Sturme 

die Brandung 
anprallt , und hinein in die ki-ümmenden Bufen 

fich fpaltet: 420 

dem verfiürmeten Segler die treu herbergende 

Zuflucht. 
nen verdeckt Proteus Höh im Schuz des gewalti* 

gen FeKens. 
hin fcellt lle den Jüngling gewandt vom Lichte^ 

die Göttin, 
in die Höhl', und laufcht mit Nebel umhüllt in 

Entfernung. 
Heftig bereits am Himmel, die dürftigen Indier 

fengend, 42.5 

inte des Sirius Wut, und Sol von der Höhe des 

Mittags 



240 L A N D B A U. 

Flanunete; welk hing nieder das Kraut;- und^ tr( 

ner Mündung, 
Kochte der Flufs hohlufrig, vom Stral bis zi 

Schlamme durcbglüliet: 
Als der gewöhnlichen Grotte zu nahn aus den Elut 

fich Proteus 
430 Hob« Das feuchte Gefchlecht des unendlichen 

res um jenen 
Hüpfet' empor, weithin die bitteren Tropfen verfprei 

gend. 
Jezo fahhen zum Schlaf truppweif' am. Grefiade 

Robben* 
Aber er felblt, wie etwa der Hürd' Auffeher im 

wald, 
Wann die geweideten Kälber zum Obdach Hefpei 

heimführt, . 
435 Und mit fchallendem Blöcken den Wolf anreizen 

Lämmer, 
Sezete lieh auf den Fels in die Mitt', und mufierte 

zählend. 
Doch wie dem Arißäus lieh deffen Bewältigung 

darbot, 
Harret' er kaum, bis der Greis die laffigen Glieder 

gelagert: 
Als er mit lautem Gefchrei anftürzt' , und den liegen- 
den fchleunig 
440 FelTelte. Jenier indefs, der eigenen Kunft nicht ver- 

gelTend, 
Wandelte fich in alle die wunderfamften Ge- 

ftalten, 
Flamm', und ungeheures Gewild, und entgleitendes 

WalTer. 



i 



j 



Vierter Gesang. 241 

nachdem kein Zauber ihm Flucht ausmittelte, 

jezo 
hrt* er befiegt in £ch felbft, imd menfchliches Lau- 
tes begann er: 
Wer doch mahnete dich, du hochvermeffener * 

Jüngling, 445 

nferer Wohnung zu nahn? Was heifchefi du? rief 

er. Doch jener: 
Selbft, Proteus, felbft weifst du; auch wagt dich 

keiner zu teufchen. 
blle nur du nicht länger! Dem Wink der Unfterb« 

liehen folgend, 
ich, dem Unfall hier weiiTagenden Rath zu er- 

forfchen. 
Alfo fprach er. Der Seher darauf, mit grofser 

Gewalt nun 450 

eV er funkelnde Blick', in bläulichem Glänze ge- 
rollet; 
"Und lantknirfchend vom Geiß, enthülke fein Mund 

das Verhängnis: 
nicht ohn' einiges Gottes Ereiferung duldeft du 
^ , \ Trübfall 

'Hart ift des Büfsenden Schuld! Der erbarmungfwür- 

dige Orfeus, 
!"- Keineswegs um Verdienft, dies Weh, wenn nicht das 

Gefchick wehrt, 455 

Reget er dir, und wütet ob feiner entrilTenen 

Gattin. 
J[ene , da dir £e entfloh in ftürzendem Lauf an der 

Strömung, 
Ward der entfezlichen Hyder , zmn Tod' hineilendes 

Mägdlein ! 

ViRftIL TOÄ Voss, I, 16 



% 



t 



242 , L A N D B A U. 

Nicht vor den Füfsen gewahr, die im Graf auflaueif 

am Ufer* 
460 Doch mit Gefchrei rings füllte das Schwefierchor der 

Dryaden 

■ 

Luftige Spizen der Berg' p es weineten Rhodope's, 

Gipfel, 
Und pangäifche Höhn , und Rhef us ftreitbare Her- 

fehaft, l 

Hebrus Flut , uivd der Get , und die aktifche i 

Orithyia. 
Er nun ßiUte des Grams Sehnfucht mit gewölbeter 

Laute, 
465 Dich, holdfeliges Weib, dich bang' am einfamen 

Ufer, 
Dich mit kommendem Tag , und dich mit feheiden- 

dem lingend. 

• 

Selbft in d^s Tänarus Schlund tiefab zu den Pforten 

des Pluto, 
Und in den dufteren Hain voll fchwarz anfiarrendes 

• Grauens 
Wagt' er den Gang, die Manen zu fchaun, und den 

furchtbaren König, 
470 Und durch menfchliches Flehn noch nie gemilderte 

Herzen. 
Aber erregt vom Gefang' aus des Erebus unterfiem 

Abgrund, 
Schwebeten leichte Gebilde, vom Tag' uherfreuete 

Schemen: 
Zahllos, fo wie im Laube fich Taufende bergen der 

Vögel, 
Nachtet es, oder verfcheucht vom Gebirge fie wintern- 

der Regen: 



Vierter Gesang. 243 

Mütter zugleich^ und Männer, und einfi: grofsherziger 

Helden 475 

Geifiige' Riefengefialt, und Knaben, und bräutliche 
' ^ Jungfraun, 

kf Jüngling' auch, auf die Scheiter geftreckt vor den 

Augen der Eltern: 

Die dort fchwarzer Moraft und fcheusliches Rohr des 

Kocytus 

Ringsumher 9 und des trägen Gefümpfs unfreundliche 

Waffer 

Bändigen 9 und neunfaltig die Styx umfiromend ver- 
kerkert. 480 

Ja ihm ftaunten des Todes Behaufungen weit zu dem 

innem 

Tartarus; ihm, durchringelt von bläulichen Schlangen 

das Haupthaar, 

Furien felbfi; und des Gerberus drei hingaffende 

Mäuler 

Schwiegen; es Itand im Winde das kreifende Rad 

des Ixion. 

Schon mit gewendetem Fufs war aller Gefahr er ent- 
ronnen; 485 

Auch Eurydibe ftrebt', ihm gefchenkt, zu den oberen 

Lüften, 

Folgend dem Schritt: fo wollt' es Proferpina's ftrenge 

Bedingung : 

' Als unforgfame Thorheit den Liebenden plözlich da- 

hinrifs, 

Zwar fo verzeihungswerth , wenn je verziehen die 

Manen. 

Stehn blieb jener , und fchauf , achtlos und bezwun- 
genes Herzens, 490 

16-* 



/ - • 

244 L A N D B A U. 

Ach! fchon nahe dem Licht, auf Eurydice. Hin " 

auf einmal 
Alle Müh, und gebrochen des unbarmherzigen A/! 

richs 
Bündniffe ; dreimal fchoU um avemifche Sümpfe 

krach auf. 
Wer bringt, rief fie, mir Armen und dir 

Verderben, mein.Orfeus? 
,495 Wefs die gewaltfame Wut? Schau, rückwärts ri; 

mich wieder 
Harte Gefchick', es fiarren die fchwimmenden Au 
V in Schlummer! 

Lebe wohl! Hin fchweb' ich, umhüllt Ton gräfslicl 

Dunkel, 
Dir ohnmächtige Händf, ach nicht die Deinige, i 

ckend! 
Sprachs, und fchnell aus den Augen hinv 

wie Rauch in die Lüfte 
500 Aufgelölt fich verzieht, entfloh iie gewendet; i 

nicht ihn, 
Welcher umfonft die Schatten noch hafcht', und 

les zu Yeden 
Trachtete, Iah Iie hinfort; auch des Orkus düftc 

Fährmann 
CröAnt' ihm nicht von neuem den hemmenden PI 

zu durchfahren. 
i Was zu thun? wo fich rathen nach zweimal entri 

ner Gattin? 
505 Wie erfleht* er die Manen, und wie durch Thräi 

die Götter? 
Schon ja fchwamm fie erkaltet dahin im fiygifcl 

Nachen! 



Vierter Gesang. 245 

Mond' auf einander^ erzählen lle, hab' er be- 

fiändig 
dem luftigen Fels an Strymons ödem Ge- 

wäffer, 

nvoll, fein Loos in frofiigen Höhlen durch- 
jammert, 

mit holdem Gelang' und folgende Eichen be- 
zähmend : 510 

dU Schmerz Filomel' in grünender Pappelum- 

fchattung 

erlorenen Kinder betraurt, die ein graufamer 

Landmann 

d dem Neft entwandte , die federlofen ; doch 

jene 

in die Nacht, und erneut vielfältige Tone des 

Jammers, 
im Laub'; es erfüllt ringsum Wehldage die 

Gegend. 515 

nehr Venus gewann, noch lockend fein Herz 

Hymenäus. 

i durch Hyperboreer -Eis , und des Tanais 

Schneeflur, 

von rhipäifchem Reif niemals entfdileierte 

Felder, 
er, Eurydice's Raub, und die eitelen Gaben 

des Pluto 

d. Worauf, durch die Treue verfchmähtj die 

cikonifchen Mütter, 520 

dem Götterfelt, im nächtlichen Taumel des 

Bacchus, 

len zerriffenen Jüngling umher durch die Fel- 
der verftreuten. 



'24B L A N D B A V. 

Damab felbft^ da das Haupt, vom Marmomacken ge-' 

trümmert, 
. Schon im rollenden Strudel hinab der Öagrifche He-fä 

brus 
525 Trugi Eurydice! noch hat Stimm' imd erkaltete 

Zunge, 

Ach! Eurydice, arme! mit fliehendem Hauche ge* 

rufen ; 

Dafs Eurydice! rings an dem Strom nachhallten dieleii 

Ufer. 
Proteus fprachs*; und plözlich hinab in die|aL 

Tiefe des Meeres 

Sprang er, und dreht' in Wirbel die weiDs aufTchäu^ 

mende Woge, 
530 Nicht Cyrene jedoch; denn genaht dem Zagenden 

fpiftch fie: 
Sohn, dir geziemt, der Sorge das traurende Herz 

zu entladen. 

Klar ifi der Seuch' Urfache, warum fo kläglich die 

Nymfen, 

Welchen £ch jene zu Tanz in ragenden Hainen ge- 

feilet, 

Untergang den Bienen gefandt. Bring' Opfer in De- 
mut, 
555 Flehend um Gnad', und ehre die gutgefinnten Na- 

päen ; 

Denn fie vicrzeihn dem frommen Gelübd', und legen 

den Zorn ab. 

Aber die Weife des Flehns fei zuvor mnfiändlich er- 
öffnet. 

Vier untadliche Stiere mit grofs vorprangenden Lei- 
bern, 



Vi erter Gesang. 247 

;he dir jezt lunweiden die grünenden Höhn des 

I 

Lycäus, 

le dir aus, auch Kühe fo viel, unbelafletes Na- 
ckens. 540 
Altäre dafür an der Gröttinnen ragendem 

Tempel 

id' alsdann 5 und verltröme das heilige Blut aus 

den Kehlen; 

1 die Leiber der Rinder verlafs in» la)abigen 

Haine. 

ify fobald die neimte der MorgenröthjBn empor- 

fieigt, 

^ als Todtengefchenk lethäifche Mohne dem 

Orfeus, 545 

i ein finfteres Schaf weih' ihm; dann, kehrend 

zum Haine, 

re zu der verlohnten Eurydice Ehren ein Kuh* 

kalb. 

Sonder Verzug vollendet der Sohn die Befehle 

der Mutter: 
ziun Tempel in Eir, und erbaut die gebotnen 

Altäre ; 
untadliche Stiere mit grofs vorprangekidi^n Lei* 

bem 5^0 

t er daher, auch Kühe fo viel, unbelafietes Na- 
ckens. 

if , fobald die neunte der Morgenröthen empor- 

ftieg, 

gt er des Orfeus Todtengefchenk, und kehrt zu 

dem Haine. 

• o lieh', urplözlich ein fiaunenswürdiges Wun- 
der 



248 Landbau. Vierter Gesang. 

555 Schauen fie dort: wie rings im gefchmolzenen Flei 

fche der Riilder 
Bienen durchfcliwirren den Bauch, und gcborftenen 

Seiten entfumfen; 
. Dann endlofes Gewölk hinzieht, das im Wipfel de0 

Baums fich 

«• 

Jezo vereint^ und die Traub' an biegfamen Aften her*' 

abhängt. 
Dies Ton der Flur Anbau, von häuslichen Thie- 

ren und Bäumen, lli 

560 Sang ich einfi, als Cäfar der Held am tiefen Eu 

frates 
Donnerte mächtig im Streit, fiegreich wüUahrigen 

Völkern 
Rechte gab und Gefez', und den Pfad aufßieg zum 

/ Olympus. 
Damals weilt' ich Virgil in der holden Parthönope 

freundlich 

Nährender Flur, von Gefchäften umblüht ruhmloferer 

Mufse: 
565 Der ich des Dorfs Melodien nachfcherzt', und kühner 

durch Jugend, 
Tityrus , dich in der Wölbung belang des gebreitetes ) 

Buchbaums. i 




r 



ANHANG 



V ON 






JGENDGEDICHTEN. 



I. DIE MUCKE. 

II. DAS MÖRSERGERICHT. 

III. DIE TÄNZERIN. 



I 




I, 



> I E MÜCKE. 



INHALT 



Jahr der Stadt, wahrfcheinlich 710. 

Ein ijiebanircher Geifshirt auf dem Githäron weidet 
der Frühltunde mit Gelang und SyringenTpiel, imd treibt! 
der Mittagshize fein Vieh zu einer fchattigen Waldquelle, 
er vor Müdigkeit einf chluihmert , bedroht ihn eine Schlf 
die an dem GewäTTer verkehrt. Eine Mücke fliegt ihn 
warnen heran, und erweckt ihn durch einen Stich ; auffc 
zerfchlägt er lie , und tödtet die Schlange. In der Nacht 
die Traumerfcheinung der Mücke über Undank, 'fleht 'um 
Itattimg , die ihr Kühe fchaffe , und befchreibt die von fc 
gefehenen Strafen und Belohnungen der Unterwelt. Am fo 
genden Tage errichtet der Hirt feiner Wohlthäterin eil 
Grabhügel. 



k 






I. 



DIE MÜCKE. 



zend, OctaviuS) fang ich im leifefien Laut der 

Thalia, 
vrie die kleinliche Spinne, fo zettelt* ich fchwar 

ches Geweb' an. 
end fang ich; darum fei, Lied von der Mücke, 

die Auffchrift, 
irorfpielend fich bikV harmonifcher Gang der 

Erzählung, 
2h gern der Amme Getön; und vemehm* es die 

Scheelfucht. 5 

ler, wer zu verhöhnen den Scherz und die 

Mufe bereit ift, 
n Gewicht wie die Mücke fo leicht und an . 

Namen erfcheineu, 
:en Ton des Gefangs wird einfi dir unfere 

Mufe 
3n, wann mir die Zeit forglofere Früchte ge- 
währet, 
i glätten ein Lied, das werth fei deines Ge-^ 

fühles. 10 



254 D I E M ü c K E. 

' Jupiters goldener Sprofs, des erhabenen, 

der Latona, 
Naht uns Phöbus mit Kraft , Urheber und Fürft 

Gefanges, 
Und mit der hallenden Laute Begünftiger: ob 

emährQ 
Xanthus, die heilige Stadt, von chimärifcher y\ 

gewäffert; 
15 Ob der Afieria Hain; ob, wo der pamafi 

Fellen 
Hier mit gebreiteter Stirn und dort vordehnet 

Homer, 
Und der Kaßalia Sprudel mit lauterem Flusse hc 

rauTcht. 
Drum, des pierifchen Quells Sehuzgöttinnen , hi 

o Najaden, 
Sehwefterlich hüpft, und feiret den Gott in dam]: 

dem Reihntanz. 
20 Pales, auch du, zu welcher, befiimmt zu fegnen 

Landmann, 
Drängt das gute (Jefchick, der Sorg' unforgfam 

Güttin, 
Die du bufchige Strecken bewohnfi und grüne 

Wälder, 
Deiner getrofi: durchfchweif ' ich die Berghöhn u 

den Sternen. 
Du jezt, welchem Vertraun lieh erhebt auf i 

dige Blätter, 
25 Nahe, du ehrfurchtwerther Octavius, meinem 
'^ ginnen. 

Denn nicht finget das Blatt dir Jupiters trau 

Fehde, 



Die MtrcKE. 253 

lie phlegrifclie Flur mit Gigantenblute gefprengt 

ward ; 
. nicht treibt es Lax^ithengedräng' in centaurifchen 

Mordfiahl; 
t erichthonifclie Zinnen verbrennt in Flammen 

der Aufgang; 
t der durcbgrabene Athos, und nicht des gefelTel- 

ten Meeres 30 

düngen heifchen noch fpät Nachruhm in meinem 

Gcfange, 
der Hellespontus , gefiampft von der Reifigen 

Huffchlag, 
[er Grajer erfchrak vor den ringsher kommenden 

Perfem. 
, fanftfchwellenden Stof mit lockerem Verfe zu 

weben 
:t es, eigenen Kräften gemäfs in BegeiAerung 

fpielcnd* 35 

luch, o heiliger Knabe den Sterblichen, dir auch 

erhebt fich 
»r Ruhm, fortwährend durch ewige Folge des 

Lichtes; 
luch gebühret ein Raum bei den Seligen; dir 

auch in Wohlfahrt 
las befchiedene Leben durch glückliche Jahre 

verherlicht, 
ich an firalendem Gut. Doch uns fei begonnen 

der Vorfaz. 40 

Schon war der feurige Sol zur ätherifchen Höhe 

gedrungen, 
aus goldenem Wagen entfchüttelt' er weifsliche 

Schimmer; 



256 D I E M tr c K E. 

Schon im rofigem Itaare verfcheucht' Aurora 

Dunkel: 

WS 

Als ein Hirt aus den Ställen zu fröhlicher Weide 

Ziegen 
45 Vorwärts triebe und des hohen Gebirgs Felsgi] 

hinanklomm, 
Wo hellflimmemdes Gras die gebreiteten Hügel 

polfiert. 
Jezo in Wald und Gebüfch, und jezt in die "^ ' 

zerftreuet, 
Bergen He lieh ; jezt hurtig nach jeglicher Seite £i 

wendend, 
Schlüpfen lle durch,, wo fchrof der verödete Fett 

gehöhlt ift. 
50 Abgemäht mit zartem Genipp wird grünende G 

fung. 
Auch abhängende Zweige des Erdbeerbaumes 

rupfet, 
Gierig die Frucht auch gekofiet der Waldreb' un 

Gefiräuchen. 
Diele, lieh bäumend, entraft mit rupfendem BilFe dett'^ 

SprÖfsling 
Bald der biegfamen Weid', und bald der Erle 5 die 

auffchiefst ; 
55 Diele durchwühlt des Geftäudes noch faftige Ruteni 

und jene 
Ragt hochher von dem Bord, vorfiehend am bilden' 

den WalTer. 
O glückfelig der Hirt, der nie des Armen Be-' 

dürfnis, 
Fein erft bildend den Sinn, anekelte, felber vielmehr 

lobt 



Die M i; g k s. 257 

iches, was miskennen der Üppigkeit fchliöde Ge- 

lüfte, 
che das gierige Herz in empöretem Bullen zer- 

reifsen. 60 

in nicht zweimal im Bad' alTyrilcher Röthe . £ch 

färbten 
fse, mit Attalus Schäzen gekauft; wenn goldener 

Schimmer 

;r des Saals Prachthimmel den Geifi nicht reget 

« 
zu Habfucht, 

!i der Gremalild' Anmut; wenn nicht ihm der 

' ■ * * 

Glanz des G^fieines 
rt , durch einigen Nuzen erkannt^ uo9h die 

Becher mit Alkons 65 

ungen oder des Bötus unafiarrt find, -oder der 

Mufcheln 
' aus dem indilchen Meer ihm gilt: d^ch l^uter^ 

Herzens 
:;ket er oft nachläfßg auf zartem Qi^afe die 

Glieder, 
m die blühende Erde, vom Schmelz der Kräuter 

umflimmert, 
holdfeligen Lenz die Geiild' auszeichnet mit 

Farben. 70 

T. ein fröhliches Lied auf dem Rohr anfiimmend 

des Sumpfes, 
It in behaglicher Mufse, vor Neid verborgen und 

Argliß, 
. gai^ lebend fich felbß, im grünenden .Ranken« 

gewölbe, 
ehes die tmolifche Reb' umfpielt mit wan^^ndem . 

Weinlaub. 

laift ron Tost. I. j^J 



Di 



r 



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Sei 



^58 Die Mücke. 

75 Jeneiki ^rireuen das Herz Milchziegen mit fr{>pfeliir 

dem Euter, 
Waldige Trift, itiid PiTles die fegnende, und in den 

ThälerÄ 
Imtnefr in^fchattete Grotten , darchftrömt von frifchem 

Oefpnidel. 
Wer ^nn leliger doch erwünfchtere Tage ge- 

niefsen, 
Ali S/vtfr lauteres Sinnes von fem nitd frommer fimf> 

pfindung 
80 Kicbf fortgeizende Güter erkennt; nicht traurige 

' Kriege 
Oäer' diie leichenvollen Entfcheidungen füri^htet äet 

' Möerfchlacht ; 

Nicht y &is tort leuchti^iidem Ratib' 'er diö heiligen 

Tempel der Götter 
Aru5Zier% oder vorbei an dem Ziel fich fchwinge der 

Habfucht, 
SeH)It das begegnende Haupt darbeut den Erbitterten 

Feinden. 
85 Jener Verehret den Oott, den kunfilos fchnizte das . 

Meffer; ^ 

Jener (fies Haines Beü^irk; ihm, ftatt panchiaäTchef 

Weihrauchs, 
1)uften umher Feldkräuter mit mancherlei |>rangen- 

den Blumen, 
fhm ifi freundliche Rtihe gefeilt, und heitere Wot j 

luft, 1 

Frei , Und an Sorg' einfach : nur hieher tratbbtet er, 

liie^Ker 
90 Wendet er jeglichen Sitm, die Sorge ntiMe'bet das 

Heifz ^m, 



^ 



^ 



k 



\ 



Die M ü K s. 2S^ 

*s er in Ruh mit jedem Bedarf zufrieden fieh 

nähre, 
1 den ermüdeten Leib ausdehn' in lleiiaglithfeii 

Schlummer, 
hr Hcerdenf o Pane, o temx>ifcbe Tbale de^ Att- 

mut, 
3llen zugleich der Dryaden: in deren fititilielieBi 

Dieniie 
lieber Hirt , nacheifernd für -fieh dem askriäfeheh 

Sanger> 95 

1 unforgfafmes Leben mit friedlicher Sede ve^ 

lebet! 
Weil mit folcbfem Gef^l awf den Stab ^eh k^ 

neiid der Geishirt 
jfiige Sargen verfch^ucht, und ungeküljifteftc» 

Laute« 
fi volltöniges Lied abmifst auf geordnetem 

Rohre; 
ibt zu der höheren Fahrt die ftraleridei Glut Hy- 

Ijerions; 100 

i 
nzvoU fezt er die Scheide 'dem weitgewölbeten i 

Äther, 
» zum Oceanus Flammen er dftwärts fchneliet und 

weftvrhrts. 
Und fchon fireiften daher vor dem treibenden 

Hirten die Ziegen, 
lüpfend zur unterften - Seichte des niederraUfchen^ 

den Baches, 
dcher blau lieh unter deül grünenden Mööfe ge* 

breitet. 105 

lOn war über die Mitte der Bahn in dieih ^agen 

geTc'hwebt Sol; 

17* 



i 



2ÖÜ Die Mucke. 

AU die^ gedrängeteu Geifsc der Hirt eintrieb in die 

Scliattimg. 
Und fem. fchaut' er bereits 9 dafs im grünenden Hain 

lie gelagert, 
D^}i9, deiuettl Bezirlie: wohin ein& rafend im Wahn» 

V linn 
110 >YpT d^fli .. Nykteliufi fioh die kadmifche Fürfiin 

Agaue, 
OrüfislicU Aie frevefaideii Hände beileckt vom blutigen 

Morde: 
Di^f PA(^ jroftiger Höhn Umtobungen, ruht* in der 

Felskluft, 
Dafs fie zunächfi mit Strafe den Tod abbUfste des 

Sohnes. 
^ier im grünenden Kraute mit jugendlich fcherzen- 

den Panen 
115 Hüxifeten Satyre fröhlich den Tanz , und dryadifche 

Jungfraun, 
Unter riajaden gemifcht. Nicht hielt der melodifche 

Orfeus 
So den fäumenden Hebrus am Bord' und die .horchen- j 

den Wälder, I 

Als dich, rüAige Göttin, verweilt der Jubelnden 



I 



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I 



Reihntanz, 
Schwärmend in Wonn' und Entzücken, zu fchaun 

dein herliches Antliz: r 

120 Denen des Ortes Natur ein Haus voll lautes Gremur- \ 

mels 
JSelbA darbot, und die müden erquickt in holder Um- { 

fchattung. j 

D^T^n dort ftiegfn zuerfi im geneigeten Thale 

/Ich breitend 



< 



D I E M V C K E. 



261 



^Hohe Platanen enii)or; und zugleich der yerder))liche 
' LotoSy 

: Der ziun Verdarb die GrenolTen dem traurendeh Itha» 

■I 

■; kcr wcgrifs, 

- Als mit bethörender Süfse lie falfch anlockte der Gäfi- 

fre(und. 125 

' Sie- auch, denen, vc^m Wagen der Rammenden Roffe 

gefohmctterty 
Pliaetoh, er der verfengte , durch Q^ram die GlietLer 

verwandelt, 
Helios Töchter , die Arm' an zärtliche Stämme ge^ 

fchmicget, 
Dicht mit weiDslichem Laub' umfprofsten lie biegfame ' 

Zweiglein. 
Jene zimächfi» ddr einf^ Demophoon ewigen Jam« 

mer 130 

lÄets durch gebrochene Treu, noch mitleidrwiirdigl 

den Mägdlein, 
Diefe begleiteten dann di# Jfchickfalredenden Ei- 
chen s 
Eichen, dem Leben verliehn» eh Saat ausfireuete 

Ceres; 
Doch es vertaufchte fie bald defe Trii)toIemus Eurche ' j 

mit Ähren. 
Hier, die der Argo zur Pracht aufltieg, die iarhäbene 

Fichte 135 

^ Prangt vor den Riefen des Waldes empor, rauha^ottin 

gjßs Wuchfes* 
Hoch die Sterne zu rühren mit luftigen Regungen 

ftrebet 
Dunkelgrün Steineichengehölz, und die kUhne^ -Cy^r 

preffe». 



262 D I E M ü c K E. 

Schattige Buchen beftehu kraftvoll ; und die Ranken 

des Efeus, 
140 Bindeiul '<br Pappel die Arme, fich nicht ob dem-, 

Bruder zu fchlagen: 
Selbft iil gefchmeidigem Lauf die oberften Wipfel 

erfteigend, 
Malett fie! rings goldhell auf bläfslichem Grüne die 

Träublein. 
Audi w&r die Myrte gefeilt, und dacht* ihr voriges 

Schickfal. 
Vögelchen, wohnend umher in der weitgewölbten Be- 

laubung, 
145 Ubeten taufendialtig den Hall der melodifchen 

Lieder, 
Dmnter entflofs eiskalt vorrprudelnden Quellen die . 

Wallung, 
I)ie' .duxToli fpielende Bach' abraufcht in ruhiger Klar- 
heit; 
Und wib' laut auch die Ohren GeTang der Vögel um- 

zwitfchert. 
Heben Von dort ihr Klageget^n die fchwimmenden 

Fröfchlein 
150 LslutMäkis* feuchtem Moraft^ in der Luft nährt Echo 

den Nachhall; 
Und 'i«i .der €rlut fchwirrt alles von hellem Gefchwirr 

der Cikaden. 
Riilgsum. nahmen zefAreut die ermüdeten Ziegen das 

Lager, 
Überdeckt von hbhemi€reiträuch: wo lieblich horeini! 

■vrehn 
Köhnte der fäufelnde Wind mit fanft anathmender 

Kühlung. 



Die M- u c k ^. M^ 

Als an den Quellen der Hirt ausr^h^' in xL^ 

Dichte des Schattens, 155 

ilt' er, die Glieder gedehjit, der Schläfrigk^it holde 

Betäubung, 
der Gefahr argwöhnend noch Trug ; nein läfilg int 

Gräfe 
t' er die fchlaffen (relenke dem ücheren Schlun»r 

mer vertrauet. 
1 A&s Gelagerten Seele genofs deir füfsen Erqui« 

ckung, 
an nicht hartes G^fchick ei^ mifsliche^ ^ooi ihn^ 

verhänget. 160 

in zur gewöhnlichen Zeit \^. den felbjigen Gingen« 

den rollend, 
a die unendliche Schlange mit bunt geijprenhe^ 

tem L^ibe, 
lergetaucht in .den Schlanim. die heftigi^ ^lut zif 

verlaufehen, 
, was £e traf, fireng' hauchend ergrif t^\ dqn^ ' ^^ 

züngeb^den Maule, 
[ ih^ Schuppi^ngeringei in .yireiten ^^^w^gui^^ 

he]:w^]|pd, 165 

end den Glanz des oM^^ , i^nh^ anfchielendeir 

Bliokes^ 
er bereits iqid nä^er mit fcldilpfrigem J^ib^ £ip}r 

wälzen,d, 
tnt £e .die. B^ufi hochauf voH Jtralei^der Sphij^m^rif; 

imd raft fich 
aufragendem Hälfe daher; .der gei;ichtete 

Kamm^ifi 
hgei^äubt und fleckig in. purpwfaeUer llj^leucb« 

tung^ 170 



264 Die Muck c. 

Und den antflammeten. Augen entzuckt wutftinke 

der Anblick. 
Weit nun mafe fie dte Örter umher; da fle gegen fi 

liegen 
Sähe den Hüter des Viehs, die gewaltige. Hiziger' 

• tobt fie, 
Ringa die leuchtenden Augen geftrengt; und in va&dkt 

tiger Windung 
175 Oft. das Begegnende fafst.fie, und knirfcht, dälW etnei' 

gewaget, 
Ihrem GtewälTer zu' nahn. Der Natur Ausrüfiungeii 

regt fie, 
Brentiend im' Greift, anzifchend vor Wut, lautfbfanau- k 

bendes Rachens; 
Grad' an dreht fie di^ Ringel des vielgewundenen 

Leibes ; 
Längs dem fchläng^lnden Zug' entfliefsen ihr blutige 

IVopfeh, 
180 Und voll ftrozt in der Kehle der Hauch. Wie fie alle [ 

Gewalt übt, 
, Siehe, zuvor ibhreckt jehen der Feuchtigkeit winzige 

" Tochter, 
Welche den Tod zu vermeiden mit warnendem St2H l 

chel ihn antreibt. , 
Denn, wq die Augeii gefehl izt dem Stral ^uflbhlofTeii 

die Wimpern, 
Da ward Jezo des Greifes veralte^ider Apfel von 

■ leichter, 
185 Spi2se durchbohrt, Aus dem Schlaf wie ein Rafender 

fprang er, und jene 
Sandt' er d^m Tode gcqüetfcht, und ganz von d^in 

Schlage zerßr^U^t 



l 



D I E M v c K E. 265 

h ihr' der Gteift aus tien Siiinen hinweg. Nun 

fchaut' er die gräfslich 
anfunkelnde Schlang' in drohender Nähe; mit 

einmal, 
e Verzug und entathmct und leer der Beßnnung, 

entfloh er, 
\und brach mit der Hand den gewaltigen Schaft 

von der Ome. 1^0 

rmit, ob ihn ein Gott ausriiftete, oder der 

Zufall, 
IC, der fchuppigen Schlange die itirchterlich roHen* 

den Glieder 
tnettert er, und, wie entgegen fie rang, und gräiV 

lieh ihn anfuhr, 
ifiges Schlags das Gebein, wo der Kamm um die 

Schiäffen emporfiieg. 
1 je mehr, als träge des Schlafs Mattherzigkeit 

abzog, 195 

I unkundige Furcht vor der Schau die (Jelenke 

betäubet; 
Ig weniger nun band zagende Angft die Befin^r 

nung. 
luf, da jene geftreckt hinfchmachtete, JBezt* er fleh 

pieder. 
Schon treibt hurtig die Nacht, aus dem Erebus 

fteigend, ihr Zweifi^ann; 
däferig nun trit Vefi^er hervor am' vereideten 

Öta; ' 500 

5 mit gefammeltier Heerde der Hirt, bei doppeln«. 

den Schatten, 
ht, und, zu* laben in Raft die ermüdeten Glieder, * 

ßch aiUcbicktt 



Aber fobalcl eindrang in den Leib der luftige Se 

mer^ 
Und die entfpannten Gelenk' in ergojQfener Rnhe £cl^' 

dehnten; 
205 Jezo fah er der Mücke GefiaU axiTcliurebeii., di^^f^ 

traurig 
fjber ihr klägliches End', ihm fai^ Vorwüife defi 

Todes* 
Ach, um welcherlei Schuld, um .welche Ver» 

geKu^igen , ruft fie, 
Trift mich das bittere Loos? Da werth dein Lebeig^ 

vor meinem 

« 

Eigenen licben mir war, fo entraft mich der Windi 

durch die Leere. 
210 0u hier labft nachläTfig in liebUcher Ruhe Sa^ 

Glieder, 
Aus dem entfezlichen Morde befreit: mein Innerei 

aber 
Zwingt des Manen Gewalt durch lethei(ehe Fliften 

zu fchwimmen; 
Charon entführt' mich als Raub* O fchau» wie Ton ^ 

" brennenden Fackeln 
Ringsum leuchjtet der Glanz in den Graunbezi^ke^ 

des Jammers ; 
215 Auc^ die. fchlangenumlockte Xifij>hone kommt mir 

entgegen, 
Glut als Pei]:^gerin und graufame G^ifs/^ erfchUI^ 

ternd. I 

Cerberus aber entflammt grauiiypU aufbej^ende [ 

Häupter: ^ 

De^i rings ftarren di.e Half' in z^irüpk^^i^ppddfii^ t 

. . Natljerp, 



\ 



P i « M UCK, E., 207 

lie gerundeten Augen wie Blut von Leuchtun- 
gen zucken. 
» warum doch mufste der Woblthat ferne der 

Dank fein, 220 

i zurück in das Leben dich rief von der Schwelle 

des Todes? 
i Lolin dem frommen Gefühl? O die Ehre der 

Frommheit 
nd in eitelen Wechfel dahin! Von dem Felde 

fogaj* nun 
der Gerechtigkeit alter Befiand! Des anderen 

SchiekM 
:h dröhn; und ohne Betracht mein eigenes laf-^ 

lend) 225 

ich zu ähnlichem Ende geraft! Sei Strafe den^ 

Wohlthun, 
Strafe Verderl^.; nur, wenn dir dai^kbar daf 

Herz i&f 
iUCh Gefälligkeit gleich! Ahwegfame Wüfiei^ 

durchfchweb' ich, 
:n , die weit in der Mitte cimmeriCc^er Hain^ . 

fiQh dehnen, 
nir umher dicht rings die entfezUchen Strafeig 

gedrängt find! 230 

dort £%t der grofse mit Schlangen ge{ei{eltf 

OtQS, 

fem fchau« er h^trUbt den grfefflelten FreMn4 

Efialtes ; 
fie gewagt YO^i'inAls die geftimet^n Htihn vvl eiv 

fteigen. 
s: auch» &eU denkend mit Angft «m. d«« Z^orn der .^ 



y 



• 



268 Die M-v g k e^ 

235 (Zorn, ach unausfShnlich zu fehr!) liegt y SpeiTe i 

Vogel. 
Ha, mit Graun durchgeh' icl^, mit Graua fo furchtl 

Schatten! 
Eti zu den fiygifchen Fluten verbannt, ragt kaiun 

des Stromes 
Rande hervor, der verrathen die Nektarfpeire 

Götter, 
Hin und her mit der Kehr anlechzendem Brande 

wendend, 
240 Was, der fem an den Hügel den Fels fiets wie 

hinanwälzt, 
Dem durch Schmerz die Verachtung der Ewi 

herbe gerügt wird. 
Da er umfonfi: nach Ruhe fich lehnt! Weg geht i 

o Mägdlein, 
Weg mir, denen den Kien anzündet die gn 

Erinnys, 
^AlTo verkündiget gab des Todes Vmnählun 

Hymen! ) 
245 Und aiä andere Schaar noch andere Schaaren emi 

häuft. 
Durch unmenfchliche Wuti denn die kolchifche M 

ter erfcheint mir. 
Welche mit Wunden der Angft antobt die verzag 

den Söhnlein; 
Auch mit bejammertem Kinde die pandioniTcl 

Töchter, 
. Klagend des Itylus herben Verluft, den d^ Bilioz 

könig 
250 Trauret, vor Gram Wiedhox)f, in die athmanden 14 

gehoben. 



^ 



D 1 t M V c K c. 269 

r aus Kadmus Gelbhlechte die zw^en mishelligen 

Brüder, 
^voll werfen He bald der Erbitterung flammende 

Blicke 
>r dem anderen zu; bald wenden lieh beide mit 

Abfcheu, 
die frevelnde Hand von Bruderblute ge- 
färbt ift. 
I . nie 'endiget mir Mühreiligkeit! Weiter cnt- 

fchweb' ich 255 

las entlegnere noch ; mir erfcheint femleuchtei^ 

der Schimmer; 
ler elyfifchen Flut , um hinduroh zu fchwimmen^ 

gelang' ich! 
: die heroifchen Weiber ermahnt Perfefone 

nahend, 
lufiehn ihr Trauergefehick. Frei athmet AI- 

cefiis, 
mer von Sorge gequält, da im Chalkodonier- 

volke 260 

dem Oemahl Admetus gefaumt fein hartem Veiv 

hängtlis. 
u , des Ithahers Gattin ^ Iharius glänzende 

Tochter, 
)t unverfehrt im Glänze der Weiblichheit; aber 

entfernt ihr 
: der trozige "Schwärm der niedergefchollenen 

Freier. 
Eurydice, arme, warum fo betrübt dich ent- 
zogen? 265 
et die Strafe noch jezt, dafs nach dir dein Orfeus 

£ch umfah? 



I % 



270 D I £ M ü c K E. 

I 

/ 

Kühn war jeher fürwahr , der fanft den Ger] 

jemab 
Hoffen gekeimt' y tmd einem die Macht deg Pluto 

föhnbar; 
Der nicht Phlegethons Wut und brennende Wo^, 

gefürchtet, 
270 Noch das traurige Reich voll fchwarü eii^lnill« 

Grauens, » 

Wohnungen unteir der Erd*, und tartarifche Wacht 

Verwefung; 
Oder des Pluto Bezirke, die eimft antreiflet eiail 

•Richter, 
^ 'Der mit Gericht nach dem l^ode die Handhmgen] 

ahndet des Lebens. 
Aber das machtige Glück gab höhere Kühnheit deiti{ 

Orfeu^. 
275 Oft fchon itand in dem Sturze der Bach, und Schaa- 

ren des Bergwilds 
Folgten dem fchmeichelnden Hall , ringsher fich It* 

gemd um Orfeus. 
Oft fchon regeten Eichen die unterfte Wurzel ans I 

* 

grünem 
Boden empör , tmd fianden gefeilt ; und Taufchende 

Walder 
Sogen in gierige Rinde mit WoUnfi holdte Cteüäng' 

ein, 
280 Selbft, die mit Doppelgefpann hinfuhr durch die 

Sterne, der Luna 
Heöimt' er die RofT'; und im Lauf, o Mohatwand- 

lerin , haltend, 
Öo'rchteft du feiner Gitarr', und Terliefscfft die Wacht 

in dem Äther« 



•D I £ M V o K X.- 271 

Ser teriaiocht' auch dich, o Perfefonej lauft zu be> 

fiegen, 
\ Eurydice willig ihm folgete; laicht ja mit Zwalug 

ihm 
EU verleihn, war vergönnt dem erfleheten Willen 

der Göttin. 285 

^9 von allzu Icrenger Gewalt der Manen ge- 

trofFen, 
idelte nadi dem Befehle den Gang: nidit wandte 

iie einwärts 
9^ den Blick» noch verdarb fie der Göttin Ge^ 

fchenk mit der Zunge, 
r, o graufamer du, du mehr als grauTamer 

Orfeu», 

I • * * 

teffi dem theuerte Kufs, und brachfi: die Gebote 

der Götter! 290 

le, der Nachllcht *werth, wenn wüfste der Tarta- 
rus, auch nur 

ne Schuld zu verzeihn! Doch ^ucli in dem Size 

der Frommen, 

1 erwartet dejr Helden Verfaminehmg. Dort ift 

der dopple 

isftamm: denn Peleus zugleich und Telamons 

Tugend 

m £ch im ruhigen Wonnebezirk» das verliehen 

der Vater; 295 

m Vermählungen Venus geehrt» und di^ m2£nn- 

liche Tugend: 

en gewann Periböa, den anderen liebete 

Thetis. 

1 wohnt iieb«n ein Jüngling, gefeilt durch rühm« 

liebes SchickXal» 



272 D 1 £ M ii G K fi. 

JElafch zu Vertilgung entbrannt , und erzählt , wie 4i 
• ' phrygifchi^n Feuer 

300 Er von argplifchen Kielen gelbheucht durch troa^ 

Wildheit.' 
O "vver erzüfalete nicht die Enticheidungen. folcher] 

Krieges, 
^Welche die Troer gefehn, und gefehn die .Männdj 

Achaja's? 
Als von mächtigem Blute der teukrifche< Boden, iimr « 

her üoLsy 
Simois auohy und des Xantbus Ergu£s; .als» längs dii -, 

Sigeons 
305 Krümmungen I Troja's Söhne die Wut des führefidefl ^ 

Hehtor 
Auf die peksgiXche Flott' hinwendete > .fe^^^Uph« 

Herzens, 
Welche GefchoH' und Wunden und Mord' ein^ü^ugen 

und Feuer. 
Ida felbfi von den Höhn» des Gewildes Ernährexiii^ 

£elbfi auch 
Ida verlieh BrandTcheite den gierigen Söhnen^ dk 

Mutter. 
310 Dals in Afche gefamt der Bezirk des rhötsfilchen 

Ufers 
Läge gehülll:, wann die Flotte verbrennt' in j(röpfebi- 

der Flamme. 
Hier war. gegengeftellt der telamonifcl^e ^ He- 
ros, 
Im anfir<^bendei3i Kampfe den Schild yorftrecl^end; 

und dort war 
Uektor» die edelfie Zierde von Ilion: bei^e ge^^alt^ 

fom, 



^ 



1 



Die M if c k k* 273 

-So Vwie der Bliz hochdonnemd einherkracbt; "Er mit 

dem Sehwerte 315 

'obt^ lind mit Glut und Gefchoffen empör y -Um der 

Flotte gen Axgos 
'Wiederkehr zu entziehn; docb dir, ihm entgegen £ch 

werfend. 
Ringt die vulkanifehen Wunden hinweg '>jnit dem 

Stahle zu treiben. 
Ehre war froh der ' andere üakfu* 

enkel, 
^D6r, da hoch, er mit Blut die dardanifdien Felder 

beftrömet, 320 

Siegreich Troja imif uhr mit Hekton mächtigem' tieich^ 

nam« • 
Unmut braufen £e nun, weil Paris diefen ermor^ 

det; 
Jenes erhabene Tugend verfinkt durch deü Itbak^rs 
L Arglift. 

A]^;ewandt d^m trägt der biertirche Spi(M!sUng ^ das 

Antliz; 
Vnd des ftrymonirchen Rhefus nunmehr und des Do« 

Ion Befieger, 325 

K Prangt er mit Pallas Gebild' im.Triumf ; bald wiedet 
[ erbebt er 

* Vor den Cikonen, und bald vor läftrygonifchex 

XJnthat. 
' Jhm ift die raffende Scylla im Gurt der moloCIifchen 

Beller, 
Ihm de« Ätna Cyklop , tmd Zankla's gräufe Charyb** 

dis, 
" Ihm das. falbe GeXUmiif Und det wüftige Tartarus 

fchnMdOilih. 830 

VfKint Ton Vo<f. 1. 15 

■ A 



274 D t E^ Mii c K £. 

Auch.:ilei:;gro£ie Atride, der Schmu€k des tantalifchen 

' ^Stammes, 
ArgQf: Xiqhti. wohnt jeiien gefeilt: durch: welchen TOn 

. Grund aus 
StrecIitQ die dozifcha Flamme die erichthonifcheii 

.•Biifghöhii. 
Wehe>;.:ge]^ü£8t Hat* der.Grajer die Schuld dir Xalleii- 

• den, Troja, 
^ 335 Hart, dir gebüfst, i.hinfierbcnd in hdlespontiDchen 

WaffemJ 
Jen6^ Gkwfihl bezeugte, der Sterblichen wechfelndes 

.' Schickfal; 
Dalj ja^heiher. durch Gtmfi des befiändigen Glückes 

befeligt 
I9>er die hiihmlübhexb Holm aufftrebete. Stets Ton 

der.Misgunft 
Nahiejoti GeXchors finkt nieder die Herlichkeit. . Schon 

in die Meerflut 
540 Ging die argeiTche Macht heimwärts^ init der Beute 

bereichert 
Aus Erichthonius Busgr fie geleitete helfender Fahr- 
wind 
Durch die geruhige» Wellen im Lkuf^ nereifche 

Jüngfraun 
Zeigten die: Bahn, theils fahrend in miifchelförmigen 

Nachen : 
Als, ob durch eines Geftims Aufgang^ '<d[) «us Götter- 

verhiingnis, 
345 Rings: die himmlifch^ Heitre fich .Wandblte; Alles 

von Sturm iß, 
Alles vbn zuckendem Wirbel geängßiget, Sdbion zu 

den Sternen 



Di£ M ii c n t. ft7S 

Steigt das Cretüihinel des Meers mit Brandungen^ 

fchon aus dem Äther 
=• DuDhn die Sbnncfn herab und die lamtlichen' StcnM 

zu fallen: 
Weil auf die Erd' aus dem Bimmel Gekvaieh iailt. 

Eben noch fröhlich, 
Ringt nun bange die Schaar ihit umdrohendem Jam« 

mer des Schickfals, 350 

Und ürbt. über den Fluten dahm, am Geftem'des 

i Kafereus, 
Gm »die eubdüeüen Klippen , und.lä'ngB dei-i%äifcheij 

Strandes 
Kvümmungen; da durch eiilander der Raub avis Phry* 

' ^a's Umfturz 
Rtiigilier wögt in den Wiifien <1cs Meers mit igeträni« 

• mertem Schifswrack, 
Andere.' nochi^jaÄ. Tugend und H^lich&it ^^tch^ 

Heroen, 355 

Wüten dUelbfi/ lind behaupten die mitttereiD^Vl^0b*: 

nungen alle, 
Alle , die Roitna , < der Schmuek des Srdumlang«s-y Kell 

eignet, 
Fabier find und Decier hiwv und JÜoratie^» 

tugetid; 
I Hin* auch der altende, nie abitefbende Ruf^des-Ga« 

millus ; 
£tiTtius auch^ den dort im mittlereii Räume 'düT-lStBidt 

einft, ' 360 

' Al9 ' Sühnopfer des Kriegs, der fchlürfende Elidel 

hinabfehlang; 
Mii'cius auch^ • der am Leibe di# Glut frei Willig ge« 

duldet' 






376 Die M ü c k lu 

Welcheltn mit Fug nachgab die gebrochekie Macht des 

S Tyrannen. 
Hier iftiGuriui auch, ider Grenofs;JbQefaherlicher Tu? 

gcnd, ■ 

365 Aach Haiöinius,. fiviekher den Leib darfieüte .der ; 

i 
Flamme; \ 

« I 

Billig jdjdnmach wird folchein der Främinigkeit eh«- ' 

I - rende Wohnung 
Bort^r-üiül den fiürmiehden Helden des Scipiaftamnies, j 

vor welchen* 
Zagt/ dem Triumfe geweiht, dir Dabyeinrefie Kar- 

;'thago. 
Blübm Ja£8 jenVin der Thaten Verdienfi; l|di mufs zu 

N ! ...des Pluto 
570 Düfieren Teicheä iinab> die niemals übäbaa be* 

..[ •' leuchtet. 
Und. tu dißm weiten Geklüft des Phfage^n^ welcher 

dem Minos 
Scbddet'FOm Siz der Gerechten der Frereler groEies 

Gefängnis. 
W^cben Belcheid ; denh lollen Ton imirxles Todes 

und Lebens 
Unter dcäkn ^iifaqieil- Richter die geifeeUiden Furien 

fbdem; ^ 

375 Da du Webe Imr fchujER^ und nicht, mijäiuhdig mir 

beißehrt. 
Sondern ^ lo ^ans gleichgültig es htkk't ^ilnacht£inies« 
' * Herzens, 

Vnd iin endlich den T/aum den eitelen ^Winden velr* ^ 

leihn wirft? 
Jczo fcjteid' i«^,..di$..nie umkehrende! ,.' Schalte dn. 

ffiMch 

i 



{ 



I> I E M ii c K B- 277 

Hier' um Born' nnd grüne Gehölz' und gralige 

Triften ; 
Doch mein Wort fei umher in entraffehJe Lüfte zer« 

ftreuet!- 380 

Jene fprachs, und betrübt mit den äufserften 

Worten entwich fie, 
lim, den Bekümmerten jezo verliefs die Betäubung 

des Lebens, 
Da er beklemmt aus der Tief auffeufzete; und er 

ertrug nicht 
Langer im fühlenden Herzen den Gram um der 
\ Mücke Verhängnis. 

Und, fo viel ihm gönnte die Kraft des greifenden 

Alters, 385 

(Welche den Feind gleichwohl im erbitterten Kampfe 

Jbeiieget,) 
Neben der Krümme des Bachs, in dem Obdach grU« v 
• . ^ nendes Laubes,. 

Rafch zu bilden den Ort ermannt er lieh. Diefem 

beftimmt' er 
Runde Gefialt , und fafste des Eifens Heft zur BeAet 

lung, 
Dals er die grafige Erd' aufwühlt' aus grünendem 

Rafen. 390 

Schon hat eifriger Fleifs vollbracht die begonnene 

Arbeit, 
Hoch aus Schutt aufhäufend das Werk; und mit Jttei- 

genden Schollen 
Wucb^ der Hügel des Landes zum wohlgetündeten 

, Umfang. 
Dem zur Befriedigung ftellt er geglättete Quader des 

Marmors, 



278 D X E 'M if c R Ai 

395 Und mit bäftändigeir Sorge bepflanzt et* ilau Hier 

mit Akanthus 

WächfeS die Rof ' hellprangend in röthlichein Glänze 

' ' deSiPurpurs; 1 

Alles Violengefchlecht ift hier^ und die fpartiTche Myrte, 

Auch Hyacinthus, xmd hier die Cilicierblume des 

Safrans; 
Lorber auch, der dmn Phöbus zur Pracht fteigt; hier 

Khododafne, ' 
400 Lilien, und das Gefprofs wildwucherndes Rosmarines, 
. Und das fabinifche Kraut, das Weihrauch dampfte der 

Vorzeit; 
Hier Chryfantbes, utod Efeugerank mit ergilbendem 

Träublein, 
Bocchns^ die Königesblum' aus Libya, uiid Amarantus, 
Frifcher Buphthalmus zugleich , und der fiets umblii- 

hete Tinus; ■ 

405 Auch nicht fehlt NareüTus alhier, der im Stob^ der 

Schönheit 
Gegen den eigenen Wuchs von Amors Gluten ent- 
flammt ward; 
Und was fonit für Blmnen verjüngt im Frühling her- 

' vorblühn. 

So wird oben der Hügel bepflanzt. Dann vom an 

den Zugang 
Stellt er den S])ruch, ddn bildet mit heimlicher Stimme 

der Buchfiab: 
410 «Dir, o winzige Müeke, verleiht der Hüter des Viehes 
n För das erhalteiüe Leben zum Dank dies Ehi^nbe- 

gräb^is; » 



Ü 



n. 



[DAS M Ö RSE R^E RIC HT. 



» 



INHALT. 



SimuluSy ein freigelalTener Eigner oder Pächter toh grie- 
chilcher Herkunft , riütet iich an einem Herbihnorgen xum ' 
Pftügiii Er mackt Feuer, mahlt Getreide y ruft die afidkani* 
(che Magd, Waller zu wärmen, knätet tmd formt den Teig; 
und nachdem er die Stülpe auf dem Heerde darüber gededkt, ' 
holt er aus dem Garten Knoblauch^ Eppich, Raute und Korian- 
der x welches er im Mörfer mit Salz, Käfe, öl undIEJfilg was 
reibt , und als Würze des Brotkuchens zu Felde mml 



/ 



I 



4 



\^^ 



I 



;j . 



IL 



DAS M Ö R S E R G E R I C H T. 



D^oii fiätf erfüllet die Nacht zehn fäumige Stunden 

de« Winters, 
Vnd der : geflügelte Wächter dm Tag hellkrähend ver« 

kündigt: 
Ab des mafsigen Feldgütleins anbauender Land^' 

r 

mann 
Simulus,: um nicht Fafte des kommende^ Tages zu 

dulden, 
llähHch die Glicfder erhebt, die geruht auf ürmlichem 

Lager, 5 

tDfnd mit gefchäfdger Hand dumpfl>rutende Schatten 

durchtafieff - 
Suchend den Heerc^ d^ endlich tiach einigen: Stäfsen: 

er ausfiihlt. 
A Winziges Räuohlein war dem ▼e:i^limnaiimden. 

Brande noch übrig, 
Undr es. umzog Flockafchid der düfterctn KoUe 6^ j 

funkelr 
VoimSj^ beugt, er daram, Init.geftitiitar StinM«. üaü 

IJinipcben, ^ iO 



1 



282 



Das Mörserqeright« 



Rückt hervor mit der Nadel den Docht des trockenen 

Werrichs, 
und mit häufigem Blafen erweakt er das fchlum- 

memde Feuer; 
Endlich fangts, dafs die Nacht vor leuchtender Helle 

zurückweicht, 
Jezt mit gebogener Hand imifchirmt er das Licht vor 

der Höhlung, 
15 Öfhet fodann dem Verfchlofs vorfchanend die Thür 

mit dem SchlüITeL 
Drinnen lag auf der Erd' ein dürftiger Haufen 

Getreides : 
Hiervon raft er gebückt» bis hoch zur Ftille des 

Mafses, 
Das ein Gewicht zu falTen von fechziehn Pfundeage* 

höhlt ward. 
Weg dann geht er, und eilt an die Mühl\ und auf 

winzigem Brettlein, 
20 Welches geheftet die Wand zu fölcherlei Dienfie be- 
wahrte, 
Stellt er das freundliche Licht; die Arme darauf des 

Gewandes 
Beid' entblöfst, lUngürtend den'^Balg der gezbtteltett' 

Ziege, 
Fegt mit dem Quaft er zuvor Mühlßein' tnid Inneres 

fauber. 
Jezb ruft er die H&id' ans Ge£chäk, in gleicher Ver- 

theilung: 
25 Iki er die Linke zum Dienft, und die Rechf anßren* 

get zur Arbeit. 
Die nim dreht raMos in die Rund' , und erreget den 

Um|chwung ; 



\ 






Das M ö r ;s X r g fc r I g h t« 283^ 

end das Schrcrf' abläuft, von dtr fchmettemden 

Kinft des Grefteines* 
renn inatt fie geworden, erbeut Bch die Linke 

der Schwefter 
abwechTehidiBn Amt. Bald finget er bäurifclie - 

Liedlein, 
mit ländlicher Stimme der Arbeit Weile ficU 

lindernd, 50 

(ich: Cybale! rufet er laut. Die ieinzige Magd^ 

"wars, 
bes Stamms, mit der ganzen Geftalt bezetigend 

die Heimat: 
( ihr Haar, und die Lip})e gebläht, uäd dunkeC 

die Farbe: 
am Buüen, und hangend die Bruft, und fchmif*' 

leres Bauches; / 

i die Schenkel hinab, nicht karg mit gerä'umi«*- 

gern Plattfufs; 35 

von häufigen Rizen gekerbt die fiairende 

Ferfe. 
ruft er hervor,' und heilst mit Inrennbareilk Scheid 

tem 
in den Heerd, und am Feuer die frbftige ilti' 

ihm erwärmen. 
Als er nmmiehr fehllos d&s Gefehäftr der Zermat 

mung vollendet; 
er darauf mit der Hand das gefdürotette Kom^ 

in das Mehlfieb, 40 

ilt dann: oben nun bleibt die gefonderle Klei^ 

an dem Boden; 
^r finkt ungeföUcbt, durch- engende Fugen ge>^ 

lüutett, 



294 , Das M ö r s e h ^g c r i e h tJ 

Geres reines Gefchenlc. Dann fchiiell auf geglätteteif 

Tafel i 

"Legt er es forglam hin, und befirömts mit iaulichi 

Welle;/ 






* 45 Mifcht. dann in^eins, und knätet den Quell und die^ 

Blume des Mehles; j 

Kehrt das gehärtete quer mit der Hand, imd fprengeq 

die Häuflein - '\ 

Oft mit geläutertem Salz« Den zähe gequollenen Teig^ 

nun 
Drückt er glatt , mit den Händen zur eigenen Rund" 

ihn erweiternd, j 

Zeichnet ihn dann, einprägend das gleich abfiehendtf 

Viereck. 
50 Den nun trägt er zum Heerd, wo Cybale Dauber dea' 

Ort ihm 
Abgefiäubt, deckt über die Stülpt 'und umhäuft £e! 

mit Gluten. 
Während indels fein Amt Vulkanüs übet ü&d'i 

Vefta; 
Harrt auch Simulus nicht die muffige Stunde ge-' 

fchäftlos; 
Ander^ni Rath noch facht er; und dafs nicht Ceies< 

allein ihm 
5 5 Weniger v$izs den Gaurn , fo fchaft er gefeüige 

:Zukoft.* 
Ihm war nicht hoch neben: dem Heerd' ein hangender^ 

Fleifchwiem, 
Sfdzgeräuch^rte Rücken des Schweins und Schinken,'; 

im Vorrath; J 

N^r fiiu gerundeter Käfe, durchbohrt vom Drate des 

Spartes, ' 






^> 



i 



Das Mo r s j: r g £ ft I c h t. !28S 

g mit dem' altth Gebmid des. be&fiigten Ddlles 

herunter, 
lerem Rath drum Rrthet er fiacH, der betriehfame 

Kemmann. 60 

' Dort war ein Garten der Hfitte zunächst, yoa 

/^nrenigem Weidicht 
l dünnhalmigem Hobr für die fchneidende Sichel 

befriedigt: 
'siges Raums, doch ergiebig an manaherleilfruehf? 

baren Kräutern, 
3m lüangelte nichts , was erheifcht des Armen Be» r ; 

. ' diirfhis: 

wol pflegte .der . Reiche yom -;: Ärmere». «nanchiit 

zu fodem; 65* 

h in^ars nicht Anlage. der Pracht«v.:d0ch:Xorgt-ije|| 

: 'liir Riehtfehnur» 
tm ihn mülfig. eiiüniü in der KUtt' ekß Riege», da;^. 

heimhilslty 
r cja^ Feft; wann etihra denT Pfi^g^reinA feirferdio 

Arbeit: 
^engefchiüOt war diWi« Vielartige Pflai^n zu irei^ ^ . 

hen» 
[st' er , und : mHadkilei Sam(^ . gebeiiti : zti . Ttia^ 

trauen dem Erdreich, 70 

h, : wennt galt, foi^ltig benacUbfUte Bäche zu 

knken» 
r war Kohl, hier imu^ die Arm' aiMfftreoheiiANr. 

/Mangold; 
f wetrvrucbemdeir: Ajaipfar;^' und; faeiUiutte Malr«A 

tUtid Alant; 
r di«[ fUßli^ ^/SH^i «tnd bu£chichl» Bä^iüter dfft c . 

I^uche»; 



286 Das M ö r s X ^'^g e-r i e bl K 



75 Hier auch griäif emfchMenuI iei Moka mit kalt 

. BetICubung; 
Anoh der Saht» der labend die' e^renSdimtCufe 

fchlielket; 
Häufig i^nroCIif auch empor der^gefiiQfct abwurÄelnda 

Rettich; 
thid fchiTOV hing '^ an der RanKe mit kreitbm Baiidie J 

der Kürbis. 
Abelr des' 'Eigenere nicht, denn wer woLIebtp ge* 

nauer?-^^ ' 

80 SMidem des^ Volk^ war folche^fötrag^ imd^£tt^j(e|j^ 

lichem^ Markttag 
Bot er 'feil iüicTtr' Stadt die lafteud^ Qunde tiM^ 
f . ' • müfes ; 

Bann am-Kabken: fo leicht , wie vöii Gekl-Tchweiy 

. wandelt' er heimwärts, 

Selten einmal mitbringend die 'ftädtiilbhe' Waärli äü 

Fleifohhank. 
Ihm ift die röthltche ^ Zwiebel gcttkug i utid ' ^ 

chen des Schnittlauchs, 
85 KmIE^ auchy welche verzerrt jnit) lbfaarfemBi|re"'diRf < 

Antliz,' j 

Auch der '^£ttdivie Wuchs , tin4*idi0thi2&ige Rani&e d<9fr 
t; : Venus/ 

n . ' Jeist ameh trat er zum Garä^n hinjeift N^|r folehe^ 

Geüiinung. 
Mkr liuerftv ('da» er leife das lAtidt mit dem Fiilger 

geloekÄrt, 
Steht er ' beMasil iScori Stangeiv'. degL vielftfchfaiölligen 4 

Knoblauchs; 
90 Armifdfi fi^pieheä lartes G^fprdtit/: uaid die'fttt^tidei 

Rauter V 






Das MäRSERGEüiGHti 287 

)fet er, Jkmt Koriander, an harigeii Doiden erzxU 

t^riid. 
8 nun trägt er hinein, imd fist ftn^cEEUK^fröUiebd 

Feuer, 
I mit hallendem Ruf von der Dienerin heilScht er 

. den Mörfer. 
liehe BolT izt ])l5£rt .er von zahlixdch. büllendär* - 

Rinde, 
l wie die oberen Häutchen er abzieht, Areut ec 

verachtend 95 

gs auf die Erde. £e weg; und die KnoU',. auf 

Gräfe bewahret, 
let er, lenket .fie dann in des Sfeiiya ^gehSMcti 

Rundung, 
niges Salz nun fireut er; .und, hart von zdsfirelleiicm 

Salze, 
amt ein Käfe dazu; drauf rchüttcl.ev;«lle diä 11 1 

Kräuter. . 
Jezo hält liun die link' um i3en.>zt)digfen BaucH 

das Gewand feit; 100 

h in der. Hechten die Keule zerqu^tCdhtideiijlufi 

tigen Knoblauch 
upfenjLv und reibt dann alle^> im Bmr gleichmälsi« 

gcrMifchung. 
idiun kreifet die Hand: da vedjegt allmählich ein 

jedes ' 
le befoibdere Kraft ; und die Fairbf ift- aus mehani«' '; V. \ 

ren Eine : 
:1er ein völliges Grün, weil mikhieltte Krumen ef* 

hindern, 1^5 

h Ton;der Milch ganz hell, weil ianndierfci Kirfut? 

fi^g^iecht hat. 



288 Das . M ö. r s e r <f e b i c h t» 

Oft dals Jbeng^ in des Mtahs einathmende .Käfe jte 

Aüshattch 
Stetgti imd mit kraufem Gefieht lein eigioftes Mahl «l|^ 

verdaifimet; 
Oft dajb mit oberer Hand die thronenden' Ajugen er 

/ atbwifcht, 
llO.Gregea den: Biiüch anwütend . ioiit : unverfchuldeter 

Schmfihung. 
VoTYrätts rückte idaip Werk« Nicht höckerig mehr, :wii 

im Anfang, 
INein fchon ging Ichwerfallig die. Keid' anklebenden 

Umlauf, 
fianmi tröfilelt. er drauf ^paUadifchea cOlece^i 

wenig, 
Gielat. auch ein wenig hinzu von der Kraft dec 

Dsenden Elilgs; 
115 Daxin von neuem vermifcht ^r jlai Werk, und .wieder 

von neuem. 
Endlich, kehrt er den Mörler' mit. zwei «ümlanftnden 

, Fingern 

Ring«, ' und pr^st das zerfireute zu einer iliallenden 

Kugel: 
So wird :Förm und Namen des fertig^.. Mödei- 

gerichtes. 
./ Cybale iScharret indels auch ämfig dal firojt auf 

derAfche, 
120 'Om er froh in. den Händen empfatigt; .da'Klen dro- 

. henden Hunger 
Simulua alfoL:gefcfaeucht, forgloir für den ^folgenden 

Tag nun, 
lügt er iki^lhnliche Stiefel die Be£a% ünd,;.l>edeckt 

.! . . j ton der Kapi>ei 



- ^ » 



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Das 'Morsergericht« 289 

ftnnt er in Joch und Seile die willig gehorchenden 

Farren, 
njkt auf den Acker hinaus, und drängt in die Erde 

die Fflugfchar. 



19 



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DIE TA N Z E il I N. 



19 



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ALT. 



Eine gefchmückte BuUerin (Copa, Ambubaja) tanzt nach 
Ütm Takt einer Rohrklapper vor einer LandTchenkey und no- 
thigt fingend 'die Wanderer und Efeltreiber , in der Hif e d«f 
Sommermittagt Jich dort ein wenig cu erquicken. 



J 




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tu. 



DIE TÄ'NZERIN. 



1 

jine Syrerin» jung, und in griechifcher Haube geh 

fallend, 
Meifierin unter . Geklapp hurtige Glieder zu 

drehn, 
inzt vor der ruchtbaren Schenke beraufcbt ihr üppi» 

ges SolO| 
Weil an dem Arm hochauf ralTelnde Rohre fie 

fchwingt: 
Vai doch behagtj^ mattherzig im Sommerftaube yor- 

beiziehn? 5 

Wie weit beffer »um Trunk hier auf dem Pol- 

fier geruht! 
ier Lufthecken und Lauben und Tibie, Saiten, und ^ 

Becher, 
Rof-y und,, mit Schatten uihwebf, kühlende 

Zelte von Rohr, 
ier auoh^ wie anmutsvoll aus mänalifcher Grotte fie 

fchwäzet. 
Eine nach ländlicher Axt tönende Hirten« 

fchalmei, iO 



294 « Die Tänzerin. 

Hier auch Lauer, der jüngfi in verpichtem Kruge 

X fafst ward; 

Hier ein mit rauhem GreräuTch ängAlich enV 

hüpfender Bach« 
Hier auch Kränze gereiht Vom bräunlichen Gold 

Viole, 
IJndj ziff jler . W«ude(/rGeHech|' purgirnq Bprf< 

gepaart ; 
15 Auch Ichönnitige Köi*be mit Lilien, welche fich wätjini 

lend 
Vom jungfräulichen Bach uns Achelo'is g 

bracht. 
Hier find lieblidfae. HäV im J^inüenen iN^pf^ -^mi 

' trocknet; 

t < > Hier '- tki herhfclicher GluC- reifeade Aflaümen wie 

Wachg; 
Auch Käfianieniiufr' «nd volbg0l^renkeile ^ ÄfIfY 

fei; 
20 Ceres in reitüichem Schmuck, 'Amor uafid Bac- 

chus find hier; 
Auch an geringeltem Sproffe die Träub', und die Wii*|Li 

tige Maulbeer, 
Und ^auf: fiinfen die Maugrüne Melon^ ge- 
lehnt. 
Hier auoli der JfUtt' Auffeher, mit wcidencr Hipp« 

gewapnet ; 
i *Kem Schamlofer jedoch di^öht er mit gräulichem 

•■' ' ' Schaft. 
25 Kbnim, landfahrender Troll! Schon fchwizt dein hei* 

liges Efleinl 
Schone doch! Vefta ja: ItflbKt liebet das artige 
^ Thier! ■ 



Die Tänzerin. 295 

^o durchlchwirrt Baumreben das fchmettemde Li^d 

der Gikade, 
Jezo verkriecht fieh die buntlchildige Eidex im 

Strauch« 
t du Idug, aus dem Sommer]^)okal uim liegend ein 

Räufchlein, 
Ob du den Glaskelch wählft, oder gefchlifncn 

Kryfiall. 30 

f denn[ ßrecke dich müd' in des Weinlaubs htihle 

Befchattung, 
Und dein wankendes Haupt gürte mit roiigem 

Gurt. 
^hl ja küITeft du Schöner den Mund des blühenden 

Mägdleins« 
Weg mit des Urahnherm runzelnder Feierlich- 
keit! 
as? undankender Afche bewahrlt du die duftigen 

Kränzlein? 3^ 

Erfi für des Grabfieins Sclimuck wilUt du die 

Blumen gepflückt? 
ngt uns Würfel und Wein! In Verderb, wer imi 

Morgen fich kümmert! 
Kinderchen, raunet der Tod, lebet; ich komm' 

unverhoft ! 




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