Skip to main content

Full text of "Des Ritters Carl von Linné"

See other formats


1 


a er to le n 6 
3581 Mr Ferdinand Thun 
Su 1701 


* 


UNIVERSITY 


1 OF PITTSBURGH 
| LIBRARY 


UNIVERSITY 
PITTSBURGH 


5 0, 


THIS BOOK PRESENTED BY 
The Wyomissing Library 


Ritters Card von Linne 


0 2 Schwediſchen Leibarztes 1. x. 
vollſtaͤndiges 


lit yſtem 


nach der 
zwoͤlften lateiniſchen Ausgabe und nach Anleitung 
des Hollaͤndiſchen Houttuyniſchen Werks 


mit einer ausführlichen Erklarung 


ausgefertiget 


von 


Philipp Ludwig Statius Müller 


Prof. der Maturgeſchichte zu Erlang und Mitglied der Rom. Kaiſ. 
Akademie der Naturforſcher ꝛc. 


irrer h. 
Von den e 


4 


25 A un URAN HE a 51 IP 


Nebſt zwoͤlf Rupfertafehn, 


Mit Churfuͤrſtlichet Saͤchſiſcher Fre 90 eit. 
ja Nürnberg, 
3 ER Gabriel Nicolaus Maſpe. 1774. 


PN 5 * 
5 . 
. 

* N 1 N 


5 ; Kran BR 1 * 
g 0 RR 5 e h . „Re ie; 
1 e Digit ed by the Internet, Ehe | 


5 0 ‚in. 2009 with fund 
u iversity, ‚of 


5 


Bi RE TR, 
eo N e 


e r Seen ka 1 


4 tip archive. ‚org/details/dest tte 
1 ee) 166 841 31 k 125 2 


⸗ „ 


35 A AR * 6 8 He Rfna BITTE 11 en 


\ 4 


2 2 IL * 


< 8 ift bekannt, daß nicht jede Claſſe 
a der Geſchoͤpfe gleich zahlreich iſt, 


7 wie aus des Ritters von Linne 
ateiniſchen Naturſyſtem einem jeden ſo⸗ 
gleich in die Augen leuchten wird. Man 
hat ſich alſo nicht zu wundern daß die⸗ 
fer Theil die Staͤrke der vorigen Theile 
N nicht erreichen koͤnnen; da wir uns zum 
Geſeze gemacht haben, alle Weitſchweif⸗ 
figkeiten in der Beſchreibung ſorgfaͤltig zu 
vermeiden. 


2 Inzwi⸗ 


* 11 


Vorbericht. 

Inzwiſchen wird wohl niemand den 
Vorzug des gegenwaͤrtigen Theils verken⸗ 
nen, der nur in Erwaͤgung ziehet / wie 
glücklich der Ritter vor andern in dieſer 
Claſſe geweſen. Eine Art der Thiere, 
mit deren Unterſüchung ſich noch fo weni⸗ 
ge Maturforſcher eingelaſſen haben / und 
dafuͤr den meiſten Liebhabern grauet / in 
eine ſolche ſchoͤne Ordnung geſetzt zu ſehen, 
und dabey Beſchreibungen zu Iefen, dar 
von vieles ganz neu und unbekannt war, 
ſolches muß allerdings gefallen. Auch 
wird es den Leſern keineswegs gleichguͤltig 
ſeyn / wenn wir ihnen die Verſicherung 
geben, daß wir einen großen Vorrath 
von Originalien aus unſerer Sammlung 
dabey zu Rathe gezogen, hin und wieder 
verſchiedenes berichtiget, und den ohnehin 
ſchoͤnen und gruͤndlichen Nachrichten des 
Herrn Houttuins unſere eigene Beob⸗ 
achtungen beygefuͤget haben. 5 


Was den wider die Richtigkeit der Kupfer 
von einigen ungegruͤndeter Weiſe erregten 
Ver⸗ 


Vorbericht. 


Verdacht betrift; ſo koͤnnen wir ſolchen nicht 
beſſer ablehnen, als wenn wir verſichern, 
daß die meiſten Abbildungen nach wuͤrk⸗ 
lichen Originalien oder Originalzeichnun⸗ 
gen / die uͤbrigen aber aus dem vortrefli⸗ 
chen Werke des Seba, mit Zuziehung 
des Gronovius, genommen find, fü 
wie auch in den folgenden Theilen Feine 
andere als zuverlaͤßige Figuren ſtatt haben 
ſollen, davon die meiſten neu, und erſt 
friſch nach ihren Originalien entworfen 
0 worden, 


Ein ähnliches war ſchon in den vori⸗ 
gen Theilen beobachtet worden. Denn un⸗ 
ter den vierfüßigen Thieren ſowohl / als 
unter den Voͤgeln, kam eine große Men⸗ 
ge Originalien vor, wozu das praͤchtige 
Cabinet des Durchlauchtigen Prinzen 

von Oranien, dann die ſchoͤne Thier⸗ 
gallerie der Univerſitaͤt Leiden, nicht 

minder die ausnehmende Sammlung des 
Herrn van der Meulen, und ande⸗ 

a a 3 rer 


Vorbericht. 


rer großen Liebhaber in Amſterdam, wie 
auch der ungememe koſtbare Vorrath von 
Originalzeichnungen des Herrn Pro— 
feſſor Buͤrmanns in An ſterdam, dem 
Herrn Houttuin, (der ohnehin in ſei⸗ 
ner Wahl ſehr accurat iſt,) den beſten 
Stof dazu hergaben. Wie denn auch 
ſelbſt der Ritter Linne, viele Ber 
ſchreibungen aus dieſen Quellen herge⸗ 
nommen. ' 


Um aber nur einer einzigen Abbildung, 
die von vielen in Zweifel gezogen wird, 
zu gedenken, naͤmlich der Abbildung des 
Nilpferds, im erſten Theile pag. 457. 
Tab. XXVII. wovon etliche glauben, 
daß ſie unmöglich Acht ſeyn koͤnne; fo 
verſichern wir, daß dieſelbe , mit Vor⸗ 
beylaſſung aller bisherigen Abbildungen, 
deswegen gewaͤhlet worden / weil fie die 
aͤchteſte, und aus der oben erwaͤhnten 
Sammlung des Herrn Profeſſor Vuͤr⸗ 
manns, von Originalzeichnungen Afri⸗ 

kanıfcher 


Vorbericht. 


caniſcher Thiere hergenommen iſt. Denn 
Geßners und Jonſtons Abbildun⸗ 
gen ſind, nach Briſſons Urtheil, ſchlecht, 
die vom Aldrovand, Columna und 
Alpin ziemlich gut, wie auch diejenige, die 
in der Flora Sinica befindlich iſt, nur 
daß die Fuͤße daſelbſt unrichtig vorgeſtel⸗ 
let ſind. Man hat alſo den Liebhabern 
der Naturgeſchichte auch die Buͤrman⸗ 
niſche Zeichnung vor Augen legen, und 
ſich alſo befleißigen wollen, die Natur⸗ 
geſchichte , fo viel möglich, in ein reines 
Licht zu ſetzen. Wie wir aber in der Be⸗ 
ſchreibung dieſes Thieres, pag. 460, eini⸗ 
ger Verſchiedenheiten gedacht haben, ſo 
iſt es ja wohl moͤglich, daß die Abbildun⸗ 
gen anderer Schriftſteller auf dieſe Ver⸗ 
ſchiedenheiten zielen, oder mit ſelbigen 
beſſer uͤberein kommen, und daß folglich 
bey ihnen eine unſchuldige Verwechslung, 
der bisher noch nicht recht bekannten Ar⸗ 
ten ſtatt habe. 


a 4 Es 


Vorb ericht. 


Es wuͤrde uns alſo ein leichtes ſeyn, 
mehrere in Zweifel gezogene Abbildungen 
zu rechtfertigen, wenn es unſere Abſicht 
wäre, uns und unſere Leſer jetzo damit 
weitlaͤufig ee 


Erlang, den 28. Ja- 
may, 177 4. 


P. L. St. Müller. 


Verzeich⸗ 


N (En ee 


Verzeichniß 
der Kupfertafeln. 


Seite 
Tab. I. fig. ı. 

fig. 2. Junge Meerfälteiten, 5 
fig. 3. Mydas. 18 

| fig. 4. Der oftindifche Drache. Draco 
| Volans, 73 

fig. . Der weſtindiſche Drache. Draco 
Volans, - - 7 


Tab. II. 1 65 1, Der Sen, Lacer- 
ta Caudiverbera. 1083 


fig. 2. Der Kammruͤcken. Lacerta 
Supercilioſa. 85 


fig. 3. Der Sumpf» Salamander, La- 
certa Paluſtris. EL 


4 5 fig · 4. 


Verzeichniß 


Seite 

fig. 4. Der Stachelſchwanz. Lacerta 
Cordylus. & - 89 

fig. 1. Der Feuerſalamander. Lacerta 
Salamandra. ) 117 


fig 6. Der Gecko. Lacerta Gecko. 98 
| fig. 7. Der Kroͤten⸗ Salamander. La- 


certa Orbicularis. 100 
fig. 8. Der Waſſerſalamander. Lacerta 


Aquatica. - . 114 


Tab. III. fig. 1. Der Baſilisk. L.acerta Ban 
liſcus. £ = TOR 


fig.2. Der Leguan. Lacerta Iguana. 103 
fig. 3. Der Kropfſalamander. Lacerta 


Strumofa. - - 108 

fig. 4. Die Goldeidechſe. Lacerta 
Aurata. = 109 

fig. $. Die punctirte Eidechſe. Kat 
Punttata. 2 rar 

fig.6. Die lineirte Eidechſe. Lacerta 
Lemniſcata. RTL 

fig.7. Die geftreifte Eidechſe. Lacer- 
ta Lineata. 117 

fig. 8. Die Aaleidechſe. Lacerta An- 
guina, 2 120 


Tab. IV. 


der Kupfertafeln. 
Tab. IV. fig. 1. und 2. Die Begattung der Kroͤ— a 
ten. RanaBufo. - 50 
a fig. 3. Die Eingeweide. Ar 
fig. 4. bis 8. Die Zeugungsglieder.— 54 
fig. 9. bis 16. Die r der 


Jungen. - 56 
fig. 17. Die Eyer der 

Feuerkroͤte. Ban» Ru- 
fig. 18. 19. Die Jungen der beta. 58 

Feuerkroͤte. 


fig. 20. Die Eingeweide. — 58 


Tab. V. fig. 1. Die Ungeziefer⸗Klapperſchlange. 


Crotalus Dryinas. 141 
fig. 2. Die Koͤnigsſchlange. Boa Con- 
ſtrictor. a - 1456 


Tab. VI. fig. I. Die europaͤiſche Natter. Co- 


luber Berus 11 

fig. 2. Die japoneſiſche Natter. Colu- 
Ben eros, 174 

fig. 3. Die Ringſchlange. Coluber 
Natrix. . 746728 

fig. 4. Die „ar en Coluber 
Na - - 184 

fig. J. Die Aesculapſchlange. AÆſcula- 
pi & Fuſcus. 177 

fig. 6. Die geſtickte Aalſchlange. An- 
guis Meleagris. 4211 


/ Tab. VII. 


Verzeichniß 
Seite 


Tab. VII. fig. 1. Der Krampfffh, Raja 
Torpedo, - 237 

fig. 2. Der uff. Walz 
— 279 

fe 3. Der a Lophius Piſ- 
catorius. 1 279 


Tab. VL fig, 1, Der rauhe Hornfiſch. Baliftes 


Tomentoſus. - 297 
fig. 2. Der e Baliſtes Ve- 
f =. 380 
fig. 3. Der e Oſtracion 
B icaudalis. x - 307 
fig. 4. Der Seeguckguck. Oſtracion 
Quadricornis. 308 
fig. J. Der Haſenkopf. Tetrodon La- 
gocephalus. 7373 
nen 6. und 7. n Tetrodon 
Mol L BR 


Tab. IX. fig. r. Der Naſenruͤmpfer. Baliſtes 
Ringeus. 1 - 301 

fig. 2. Der Caapſche Blaſer. Tetro- 
don Lagocephalus. 114 

fig. 3. Der Stachelhaaſe, Cyclopterus 
Spinofus. „ 


Tab. X. 


der Kupfertafeln.: 11 


Tab. X. fig. 1. Der Kugelfiſch. Diodon e 95 
ga. - 324 
fig. 2. Die Seetaube. Diodon Reti- 
culatus. 8 327 
fig. 3. Der große Stachelfiſch. Diodon 
Hiſtrix. = 3 
fig. 4. Der Meſſerfiſch. Centriſcus 
Scutatus. — - 336 
fig. 5. Der Meernadelfiſch. Syngnathus 
AEquoreus. Ms 343 
fig.6. Das Seepferdchen. Syngnathus 
Hippocampus. — 344 
fig. 7. Der Seedrache. Pegaſus Dra- 
conis. - - 348 


Tab. XI. fig. 1. Der Lump. Cyclopterus 


Lumpus. 5 - 330 
fig. 2. Der Sägefifh,  Squalus Pri- 
ſtis. - - 273 

fig.3. Der Pfeilſchwanz. Raja Paſti- 
nac. 2 - 246 

fig. 4. Der Meeradler. Raja Aqui- 
la. - — 245 

fis 5. Der Menſchenfreſſer. Squalus 
Carcharias. — 2866 


Tab. XII. 


Verzeichniß der Kupfertafeln. 


Seite 
Tab. XII. fig. 1. Die geometriſche Schildkroͤte. 


Teftudo Geometrica - 47 
fig. 2. Die ſurinamiſche Kroͤte. Rana 


Pipa. 5 - 48 
fig. 3. Das Crocodill. Lacerta Croco- 

dilus. 4 72 
fig. 4. Der Chameleon. Lacerta Cha- 

mæleon. R 95 


fig. 5. Die Seenatter. Sygnathus 
Ophidion. 343 


Allge⸗ 


. 


5 . —— . —— 


Allgemeine 


Einleitung 


von dem 


vielfachen Leben der Kreaturen. 


2 —— TER E 
— — — 


— 


5 a in dieſem Theile von Amphibien ge⸗ 
handelt wird, denen ſowohl die Luft 
als das Waſſer zum Leben dienlich iſt, 
beyde Elemente aber weiter auf kein 
anderes als mechanifches Leben wuͤrken; auch das 
Leben dieſer Geſchoͤpfe auſſerodentlich zaͤhe iſt, und 
bey der gaͤnzlichen Zerſtuͤckung in vielen noch eine 
lange Zeit fortdauret: ſo wollen wir bey dieſer Ge, 
legenheit einige Gedanken von dem vielfachen Leben 
der Creatur uͤberhaupt, zur fernern Pruͤfung mit⸗ 
theilen, ob wir etwa dadurch ein mehreres Licht 
über dit Grenzen der drey Naturreiche ausbreiten, 
oder doch wenigſtens anderen dazu Gelegenheit ge⸗ 
ben mogten. 


Mir 


Allge⸗ 
meine 
Einlei⸗ 
tung. 


16 Allgemeine Einleitung 


Wir hatten zwar ſchon im Jahre 1771. in einer, 
am 24. Junius zur feyerlichen Begehung des erfreu⸗ 
lichen Geburtsfeſtes unſerer durchlauchtigſten Landes⸗ 
mutter, gehaltenen akademiſchen Rede: de admi- 
randa rerum creatarum vita, ejusque vario 
inſtinu ac incomparabili pretio, Anlaß ge 
nommen, dieſe Materie nach Beſchaffenheit des da 
maligen Zwecks und der damit verbundenen Kuͤrze 
der Zeit in etwas zu beruͤhren. Siehe: Erlang ge, 
lehrte Nachrichten des Jahrs 1771. N. XXXIX. 
pag. 353) da aber der Gegenſtand an und vor ſich 
einer ausfuͤhrlicheren Betrachtung wuͤrdig iſt, ſo 
wollen wir jetzo das Leben der Dinge nach ſeinem 
ganzen Umfange in Erwegung ziehen. 


So bald wir uns das Leben in dem weitlaͤuf⸗ 
tigſten Verſtande vorftellen, denken wir uns nichts 
als eine Bewegung, ohne uns um die Beſchaffenheit 
des Koͤrpers, in welchem das Leben geſucht wird, 
zu bekuͤmmern. Wenn wir aber ſagen: die Pflanze 
lebt, oder das Thier lebt, (welches nichts an⸗ 
ders als eine dieſen beyden Creaturen beſonders eis 
genthuͤmliche Bewegung iſt,) fo verbinden wir mit 
der Idee des Lebens ſchon auch den Gedanken von 


der Structur und dem Beſtandweſen des Koͤrpers, 


und dieſe Verbindung der Ideen macht bereits den 
Begrif vom Leben undeutlich, da derſelbe auf ge⸗ 
wiſſen 


vom vielfachen Leben der Ereaturen. 17 
wiſſen Vorurtheilen beruhet welche uns ſogſeich das Niger 
erſte als ein vegetabiliſches, und das andere als Ei ik. 
ein animaliſches Leben, mithin das Leben ſchon tung. 
unter einer beſtimmten Geſtalt vormahlen, ohne zu 
bedenken, daß ein Leben auch ohne dieſe zweyerley 
Korper, ſtatt haben, ja daß das, was ein Thier 
iſt, ein vegetabiliſches, und was ein Vegetablle 
iſt, ein animaliſches Leben haben Fünne, 


Um alſo den Begrif des Lebens ganz rein zu er⸗ 
halten, haben wir uns vorerſt um keinen beſtimmten 
Körper, es ſey eine Pflanze oder Thier, zu beküm⸗ 
mern. Es iſt unnoͤthig zu fragen, ob die lebendi⸗ 
ge Creatur angewachſen, oder frey, faſericht oder 
muskuloͤs iſt, ob Fe im Waſſer oder in der Luft le 
be, ob ſie einem Baum oder einem Menſchen aͤhn⸗ 
lich ſey, oder welche Geſtalt fie beſitze? 


Das Leben alſo, iſt ohne Ruckſicht auf wor, Das 
erwehnte Beſtimmungen nichts anders, als die Leben ift 
Bewegung, oder die Verwechſelung des Orts, Vegan 
welchem die Ruhe als ein Tod entgegen geſctzet 
if. Wir halten dieſen erſten Satz ſchon für ausge⸗ 
macht, da uns duͤnkt, daß er nicht kann umgeſtoſ⸗ 
fen werden, denn uns einen Gegenſtand zu denken, 
der ſich weder im Ganzen, noch in feinen Eleinften, 
und fogar für uns ünſichtbaren Theilen, gar nicht 
mehr bewegt, und doch leben ſoll, ſolches halten 
wir fuͤr einen offenbahren Widerſpruch. 


Linne III. Theil. b | In 


Allge⸗ 
meine 
Einlei⸗ 
tung. 


18 Allgemeine Einleitung 

In ſo weit wir dann das Leben im allgemeinen 
Verſtande fuͤr die Bewegung uͤberhaupt annehmen, 
ohne jetzo noch die Art und die Regeln der Bewe⸗ 
gung zu beſtimmen, ſo ſehen wir freylich an allen 
erſchaffenen Dingen, daß fie leben, das iſt, ſich ber 
wegen, und der Gedanke des Todes oder der Ru⸗ 
he, findet nur in einer gewiſſen APR bey den 


Creaturen ſtatt. \ 


Es beweget ſich nämlich unſer ganzes Planeten 
Geruͤſte, der Sternhimmel, unſer Erdball und 
alle elementariſche Theile, aus welchen derſelbe zu⸗ 
ſammen geſetzet iſt. Es bewegen ſich die Feuer, 
theilchen von einem Orte zum andern, die Luft vers 


dickt ſich hier, und macht ſich dorten duͤnne, die 


Wolken ſchweben, die Duͤnſte ſteigen und fallen, die 
Waſſer⸗Verſammlungen rinnen, die Bergſchwaden 
ziehen von einer Kluft zur andern, und wir treffen 
im genaueſten Verſtande die Natur nirgend in der 
Ruhe an. Sogar zeiget uns der feſte Erdkoͤrper 
allenthalben eine Bewegung ihrer Theile. — Hier 
vermindert ſich das Erdreich, dort wirft es neue 
Inſeln auf und legt friſche Landſchaften an, hier 
ſenkt und ſtuͤrzt ſich eine Gegend, dort wallet aus 
den erſchuͤtterten Tiefen eine neue Oberflaͤche hervor, 
hier verwittert das eine Geſtein, indem ſich dort 
ein neuer Felſen bildet, und in den tiefſten Kluͤften 
ſchmaucht ſich ein friſches Metall an, indem ein altes 
in anderen Gegenden zerſtoͤhrt wird. 


Was 


vom vielfachen Leben der Creaturen. 19 


Was iſt das Wachſen einer Pflanze, von dem Allge— 
erſten Keim an bis zur Bluͤthe und zur gaͤnzlichen Einlet, 
Reife, anders, als eine Bewegung aller ihrer tung. 
Theile; hier verdunſten etliche und verfliegen; dort 
legen ſich neue auf der Erde an. Ja ſogar ein 
Thier und ein Menſch beweget ſich in allen Theilen 
durch den Wachsthum, und wo ſich einige Theilchen 
verliehren, ſetzen ſich immer wieder andere in groͤſ⸗ 
ſerer Anzahl feſte. 


Auch da, wo die Beweaung fuͤr unſern Au⸗ 
gen ſcheinet ſtille zu ſtehen, gehet doch die Natur, 
wo nicht einen ſo ſchnellen, dennoch einen langſamen 
Gang. Selbſt der Tod iſt im engen Verſtande 
keine Ruhe, ſondern ein Stillſtand von einer ge 
wiſſen Art der Bewegung und des Lebens, und eine 
andere Art der Bewegung, die an die Stelle der 
erſten tritt. Dieſes beſtaͤttigen die Aufloͤſungen, 
die Gaͤhrungen, die Vermoderungen der Koͤrper, 
welche Theile ſich fertig machen, auf eine andere 
Art, den Geſetzen der Bewegung unterwuͤrfig zu 
ſeyn. 


So bildet und knaͤtet gleichſam die Natur aus 
dem alten Stof neue Geſtalten, und gebraucht die 
nämlichen Ingredienzien, woraus ſchon hundert 
Körper gebildet waren, um neue und andere Ge 
genftände hervor zu bringen, die wegen den ver⸗ 
aͤnderten Verhaͤltniſſen und Richtungen allen vori⸗ 
gen Bildungen nicht einmal gleichen, geſchweige 
| b 2 daß 


20 Allgemeine Einleitung 

Allge⸗ daß fie einander aͤhnlich ſeyn ſollten, auſſer daß fie 

Ein, von einerley Urſtoffe gewuͤrket find. 

tung. 

Kraft dieſer Bewegung alſo, die wir bey 

Alles, te, 

was ſich aller Materie wahrnehmen, ſagen wir im erſten 

bewe, allgemeinen Verſtande: daß alles lebe. Der 

get, lebet 8 

nach ſei' Wurm lebt, weil er ſich bewegt, und wenn er 

ner Art. auch vor unſern Augen ſtille lieget, lebt er dennoch, 
fo lange ſich feine Säfte in ihm nach feiner Bes 
ſtimmung bewegen. Er wird nur todt geſagt, 
wenn dieſe Art der Bewegung aufhoͤret, obgleich 
ſich feine Theile zur Verweſung auflöfen, und ſich 
nach einer andern Beſtimmung zu bewegen ange⸗ 
fangen haben. Die Thiere, die Voͤgel, und die 
Menſchen leben, weil fie ſich bewegen, und wenn 
fie auch aͤuſſerlich ſtille ruhen, ſo leben fie doch, 
fo lange ſich ihre Säfte, nach der ihnen eigenars 
tigen Beſtimmung bewegen. Man nennet aber 
diefe Creaturen todt, fo bald dieſe Art der Bes 
wegung aufhoͤret, und durch kein Mittel wieder 
in den naͤmlichen Gang gebracht werden kann. 
Alle dieſe Schluͤſſe haben auch bey dem ganzen 
Pflanzenreiche ſtatt. Aller Leben iſt alfo im allge⸗ 
meinen Verſtande die Bewegung, die Art der 
Bewegung aber macht auch eine beſondere Art des 
Lebens aus, die gewiß ſo verſchieden iſt, als es 
verſchiedene Creaturen giebet, daher auch jede 
Creatur auf eine eigene Weiſe ihr eigenes Le⸗ 


ben hat. 
Um 


vom vielfachen Leben der Creaturen. 21 


un aber nun richtige Saͤtze von dem verſchie⸗ Allge⸗ 
denen Leben zu machen, ſo muß man nothwendig 10 
auf die Verſchiedenheit der Bewegung ſehen: wenn kung. 
wir aber auch hierauf Acht geben; fo wuͤrde es 

uns doch wenig zur Erlaͤuterung des Lebens dienen, 
wenn wir nicht zugleich auch den Grund dieſer 
Bewegungen in Betrachtung ziehen wollten. Laſ⸗ 
ſet uns demnach ſehen wie verſchieden die Bewe⸗ 


gungen find, 
* % 
* * * * 


Daß viele Millionen, ja ganz unzählige und man⸗ Die Bes 
nichfaltige Bewegungen in der Welt vorhanden ſind, ſſteiner, 
hat ſeine Richtigkeit, es ſind aber dieſe nicht alle in ihrer ley. 
Art verſchieden. Sie ſtimmen groͤſtentheils miteinander 
uͤberein, und wuͤrden im Grunde fir einerlen gehalten 
werden, wenn wir nicht wahrnaͤhmen, daß ſich nicht 
alle Bewegungen der Creaturen aus einerley Beweg⸗ 
urſache herleiten laſſen. Wir treffen nämlich er ſtlich 
ſolche Bewegungen an, die ihren Grund in andern vor- 
hergehenden koͤrperlichen Bewegungen haben Iwey⸗ 
tens andere, deren Grund in dem Koͤrper, welcher ſich 
beweget, ſelbſten beruhet, und endlich drittens ſolche, 
deren Grund weder in dem Koͤrper, noch in andern 
vorhergegangenen koͤrperlichen Bewegungen zu finden 
iſt, ſondern nothwendig von einer ganz andern Urſa⸗ 
che herruͤhren muͤſſen. Dieſes find die Hauptarten der 
Bewegung, unter welchen ſich alle übrige Vewe— 
gungen in der ganzen Welt bringen laſſen, und wenn 

| b 3 vir 


Allge⸗ 
meine 
Einlei⸗ 
tung. 


Erſte 
Haupt 
art der 
Bewer 
gung. 


22 Allgemeine Einleitung 


wir dieſe drey Arten der Bewegung kennen, fo mers 
den wir auf die Verſchiedenheit des Lebens aller Crea— 
turen den richtigſten Schluß machen koͤnnen. 


Was alſo die erſte Art der Bewegung betrift, 
welche ihren Urſprung von andern vorhergehenden 
Bewegungen hat, fo beziehen wir dahin alle mecha- 
niſche Bewegungen die in der ganzen Welt ans 
getroffen werden. Jeder Stof, jeder Koͤrper, er ſey 
einfach oder zuſammengeſetzt, ja jeder elementari⸗ 
ſche Theil, hat von Natur die Eigenſchaft der Un⸗ 
thaͤtin keit an ſich. Es wuͤrde alfo jedes Element, 
jeder Theil eines groͤßern Körpers, ja jedweder zus 
ſammengeſetzte große Koͤrper in einer vollkommenen 
Ruhe liegen; wenn ihn nicht eine vorher wuͤrkende 
Kraft in Bewegung ſetzte. Wie wird ſich zum Bey: 
ſpiele ein in der Ruhe liegender Ball in Bewegung ſe⸗ 
tzen, wenn man ihn nicht anſtoͤßt. Dieſe anſtoſſen⸗ 
de Kraft iſt die vorhergehende Bewegung, welcher 
nunmehr andere folgen, und worinnen jede Art der 
folgenden Bewegungen ihren erſten Grund hat. Da 
nun die Theilchen, die zuſammen einen groͤßern Koͤr⸗ 
per ausmachen, einander beruͤhren, ſo iſt auch eine 
Kette von aufeinander folgenden Bewegungen moͤg⸗ 
lich, da immer eine aus der andern entſteht, und jede 
ihren hinlaͤnglichen Grund in der vorhergehenden hat. 
Wir moͤgen nun in der Welt hinſehen wohin wir 
wollen, fo findet dieſe erſte Art allenthalben ſtatt. 
Das Hin⸗ und Herſchwanken der Luft; das Herumzie⸗ 


hen 


vom vielfachen Leben der Creaturen. 23 


hen der Duͤnſte; das Anlegen der mineralifchen Allge⸗ 
Stoffe, das Steigen der Säfte durch die Haarröhr- an 
chen in den Gewaͤchſen; das Einkriechen des Wafs tung. 
ſers in die Wurzeln; das Ablegen irrdiſcher Theile 

in den Pflanzen; das Ausdünften der uͤberfluͤßigen 
Feuchtigkeit durch die Blätter; das Ein: und Aus 
athmen der Thiere; die wurmfoͤrmige Bewegung 

der Eingeweide; die unmerkliche Ausduͤnſtung aus 

den feinſten Gefaͤßen der Haut; der Kreißlauf der 
Säfte des Bluts; alles dieſes find Bewegungen, die 

ſich auf vorhergegangene Bewegungen gruͤnden, und 
entſtehen muͤſſen, ſo bald die vorhergehende Bewe⸗ 

gung vorhanden iſt; aber unmoͤglich entſtehen koͤnn⸗ 

ten, wenn es an den noͤthigen vorhergehenden Bes 
wegungen mangelte. Alle dieſe Bewegungen aber 
richten ſich nach dem Verhaͤltniß ihrer Triebfedern, 

ſie ſind den Geſetzen der Mechanik auf das genaue⸗ 

ſte unterworfen, und wir koͤnnen ihre Grade der 
Geſchwindigkeit, ihre Directionslinie, in welche ihre 
bewegende Kraft eingeſchraͤnkt iſt, ihr Verhaͤltniß 
gegen andere, und ihre Wuͤrkungen auf andere Koͤr⸗ 

per, oder auf die Theile des 5 156 Koͤrpers, ganz 
accurat berechnen. 


Die zweyte Art der Bewegung iſt von jener Zweyte 
erſtaunlich verſchieden. Wir ſehen naͤmlich bey jeder Ge 
Bewegung der erſten Art niemals etwas mehr, als gung. 
daß ſie ſich geradlinig fortpflanze, und endlich auf⸗ 
hoͤre, woferne fie nicht durch neue Triebfedern fort⸗ 


b 4 9% 


24 Allgemeine Einleitung 


Allge⸗ geſetzt, oder durch gegebene Bejtunmungen in einen 


meine 
Einlei⸗ 
tung, 


Kreißlauf gefuͤhrt werde. Das aber iſt ganz was 
beſonderes, daß ſich ein Körper von feinen erſten 

ſtoleculis an, durch die Bewegung zu einer beſtimm⸗ 
ten Structur, zur beſtimmten Große, und zu dem 
erforderlichen Beſtaudweſen bilde. Dieſe Art der 
Bewegung nehmen wir bey allen Pflanzen und Thie⸗ 
ren wahr; fie muß ihren Grund in dem Körper, 
der ſich bildet, ſelbſten haben, denn woferne der 
Grund in einer vorhergehenden Bewegung laͤge, 
ſo wuͤrde dieſelbe einfoͤrmig und ſo lange fortdauern, 
als die Triebfeder oder ihre bewegende Kraft fort, 
dauert. Nun bleibt zum Exempel die Triebfeder 
bey der mechaniſchen Bewegung in einem Garten, 
wo viele Gewaͤchſe ſtehen, zu einer gewiſſen Zelt fiir 
alle Gewaͤchſe die naͤmliche, und dennoch hört eine 
Pflanze auf zu wachſen, da die andere noch erſt in 
ihren beſten Kraͤften ſteht, die eine Pflanze ſteigt 
zu einer beſtimmten Hohe und kommt nicht weiter, 
da eine andere weit uͤber alle hinaus ragt. Das 
naͤmliche findet auch in dem Thierreiche ſtatt. Was 
rum wird nun eine Roßmarinpflanze nicht fo groß 
wie eine Eiche, oder eine Maus ſo groß wie ein 
Elephant? Warum ſieht die Peterſilie ganz anders 


aus als eine Aloe, und ein Fiſch ganz anders, als 


eine Eidechſe? da die mechaniſche Bewegung bey 
allen dieſen verſchledenen Koͤrpern doch nach einerley 
mechaniſchen Geſetzen von ſtatten gehet, und der 
Druck der Luft, das Einfuͤhren der Saͤfte, das 
Ablegen gewiſſer Theilchen, das Ausfuͤhren des 

Ueber, 


1 


vom vielfachen Leben der Ereaturen. 25 


Ueberfluͤßigen, und dergleichen mehr, ſowohl Allge⸗ 
bey dem einen als bey den andern ſtatt findet. Einlet; 
Gewißlich es lieget hier eine Bewegung, die von tung. 
der mechaniſchen weit unterſchieden iſt, und auch 
nicht einmal durch mechaniſche Triebfedern erres 
get werden kann, zum Grunde, und dieſer Grund 
iſt in ſolchen Koͤrper ſelbſt zu finden, an welchen 
wir dieſe bewundernswuͤrdige Erſcheinung wahrneh— 
men. Denn ein ſolcher Koͤrper ſteiget gleichſam 
aus ſich ſelbſt empor, und bildet ſich, von der er⸗ 
ſten Molecula an, zu dem, was er werden ſoll, 
wozu denn die erſte Art der Bewegung nur als 
eine Dienerin hilft, daß dieſe zweyte Art der 
Bewegung von ſtatten gehen könne, Allein ſind 
dieſe zweyerley verſchiedene Bewegungen nur die 
einzigen, die wir wahrnehmen? Keineswegs! Wir 
finden noch eine dritte Art, die weit merkwuͤr⸗ 


diger iſt, 


Es giebt naͤmlich in etlichen Koͤrpern eine Dritte 
Bewegung, wovon der Grund nicht nur in keiner 1 0 8 
mechaniſchen Triebfeder zu finden iſt, ſondern der; 00 
ſelben ſogar zu widerſprechen ſcheinet. Ja da nicht gung, 
einmal eine koͤrperliche Urſache kann angegeben wer⸗ 
den, und die dahero von ganz etwas andern her⸗ 
rühren muß. Zum Exempel, nach den mechani— 
ſchen Geſetzen ſoll ein in Bewegung gebrachter 
Koͤrper bis zur Ermuͤdung geradlinig fortgehen, 
oder, wenn er durch keinen andern Körper gehem⸗ 

bs mel 


26 Allgemeine Einleitung 


Allge- met wird, ſich doch durch koͤrperliche Einſchraͤn⸗ 
Eine, kungen zu einer andern Richtung beſtimmen laſſen. 
tung. Allein der Hund gehet geradlinig fort, keine koͤr⸗ 

perliche Urſache fett feinen Körper herum, und 
doch ſehen wir, daß er ſich ſchwenkt und wieder 
zuruͤckkommt, oder einen andern Weg läuft. Dieſe 
ganz unerwartete Bewegung ſtammt urſpruͤnglich 
gewiß von keiner mechaniſchen Triebfeder her, 
denn das waͤre den Geſetzen der Mechanik zuwider; 
auch von keiner koͤrperlichen Urſache in ſeinem 
Koͤrper, ſonſt muͤßte er allezeit das naͤmliche thun. 
Mithin iſt dieſe Bewegung von einer ganz andern 
Urſache herzuleiten. Zu dieſer Art nun gehoͤren 
unzaͤhlige Handlungen der Thiere und der Menſchen, 
die wir mit einem Worte: freye Handlungen, 
oder freyxe Bewegungen zu nennen pflegen, und 
die ſchlechterdings aus keinem Mechanismus, 
auch nicht aus einem Organismus, entſtehen 
koͤnnen, obgleich hier beyde vorige Arten der Bes 
wegung hinzu kommen, damit dieſe letztere von 
ſtatten gehe; denn dieſe dritte Art nimmt die zwey 
vorigen Arten eigenmaͤchtig zu Huͤlfe, wie ſich die 
zweyte der erſtern bedienet. 


Dreyer⸗ Dieſes ſind die drey Hauptarten der Bewe⸗ 
ley Le: gung, und alle Bewegungen, die wir ſehen, laſſen 
en ſich unter ſelbige einſchraͤnken, und aus ihren 
Gruͤnden erklaͤren. Wenn nun die Bewegung, 

(wie wir oben geſaget haben,) das Leben der 
Creatur 


vom vielfachen Leben der Creaturen. 27 


Creatur iſt, fo iſt auch in der That nur Dreyer- 
ley Leben: als das mechaniſche, das orgg⸗ 
niſche, und das beſeelte. 


Kaum werden einige Leſer dieſe drey Benen⸗ 
nungen wahrnehmen, ſo wird ihnen die bekannte 
Eintheilung der drey Reiche der Natur einfallen, 
und dieſes nicht ohne Grund. Vielleicht aber 
werden ſie das erſte Leben dem Mineralreiche, das 
zweyte, dem vegetabiliſchen Reiche, und das dritte, 
dem animaliſchen Reiche zuſchreiben, und nunmeh⸗ 
ro ſogleich (nach alten Vorurtheilen) alles, was 
ſie vorher vor einen Stein angeſehen haben, in die 
erſte, was bey ihnen eine Pflanze war, in die 
andere, und was ſie ein Thier nannten, in die 
letzte Claſſe ſetzen. Allein dieſes waͤre wider un⸗ 
ſere Abſicht, denn es koͤnnen in jedem Koͤrper 
dieſe dreyerley Arten der Bewegung ſtatt haben, 
wenigſtens iſt die Moͤglichkeit da, und faſſet keinen 
Widerſpruch in ſich, auch finden wir bey der ſchoͤ— 
pfenden Allmacht keine Schranken, daß ſie nicht 
nach Willkuͤhr alle dieſe Arten des Lebens in jedem 
Koͤrper, (wir moͤgen ihn mineraliſch, vegetabiliſch, 
animaliſch, oder wie wir ſonſt wollen, nennen,) 
legen koͤnnte. Wem dieſes fremd vorkommt, dem 
halten wir das alte und neue Lehrgebaͤude von 
Stein ⸗Pflanzen und Pflanzen⸗Thieren vor. 


Allge⸗ 
meine 
Einlei⸗ 
tung. 


All 


ge⸗ 


mente 


Einle 
fung, 


Inſti 
des 
bens. 


i⸗ 


net 
Le⸗ 


28 Allgemeine Einleitung 

Es ſſt alſo noch kein zureichender Begeif. 
Es kommt hler zukoͤrderſt auf genauere Beſtimmun⸗ 
gen an, was wir einen Stein, oder Pflanze, oder 
Thier nennen wollen? und wenn dieſes feſt ge— 
ſetzt iſt, ſo beruhet es auf einer Unterſuchung eines 
jeden Körpers , ob und welche Eigenſchaften er 
von denen jenigen an ſich habe, die man den dreyen 
Reichen beſtimmt hatte? Alsdann werden wir 
erſt die Grenzen der drey Reiche aus einander ſe— 
tzen, zugleich aber auch ſehen koͤnnen, wie ſie in 
einer Kette in einander laufen. 


Soll aber die ſes geſchehen, fo iſt es nicht ges 
nug, den Unterſchied der Bewegungen, oder ihrer 
drey Hauptarten, zu kennen, ſondern wir muͤſſen 
auch von ihren Bewegurſachen und der Beſchaffen— 
heit ihrer Triebfedern unterrichtet ſeyn. Denn da 
aus obigen erhellet, daß jede Art ihre beſondere 
Triebfeder habe, und daß die Bewegurſache der 
einen Art unmoͤglich auch die Triebfeder der an— 
dern Art ſeyn koͤnne; ſo wird in dem Unterſchied 
der Bewegurſachen, auch der weſentliche Unter: 
ſchied des Lebens liegen, und dieſer Unterſchied 
wird zuverläßig entſcheiden, welcher Körper zu 
dieſem oder jenem Reiche gezaͤhlet werden muͤſſe. 


Wir wollen aber diefe Bewegurſachen den 
Inſtinct des Lebens nennen, und da wir alſo 
jedem Leben einen beſondern Inſtinct zuſchreiben, 

i ſo 


vom vielfachen Leben der Creaturen. 29 


ſo wollen wir ſie hier zum voraus, der Deutlichkeit Alge, 
halber, namhaft machen. Es ſind naͤmlich die: un 
erileis 
ſe drey: b 9 68 tung. 
Das Gewicht, als der Inſtinct des me— 
chaniſchen Lebens. 


Ein beſtimmtes reitzbares Organum, als 
der Inſtinct des Organiſchen, und 


Ein Geiſt, als der Inſtinct des beſeelten 
Lebens. 


Wir werden hier hoffentlich nicht noͤthig haben, 
zu erinnern, das dieſe dreyerley Inſtincte ſowohl, 
als die Körper, in welchen fie wohnen, ihr Daſeyn 
und ihre Wuͤrkung nur allein demjenigen Weſen zu 
dauken haben, weſches alles durch feine Allmacht her— 
vorgebracht hat. Wir ſchreiten alſo gerade zur Sache 
ſelbſt, zumal da wir hernach von dem Urſprun⸗ 
ge dieſer Inſtincte das nothwendigſte zu ſagen wil⸗ 
lens ſind. 


Der Inſtinet des mechaniſchen Lebens ſoll Inſtinct 
alſo ſeyn: das Gewicht (Pondus). Wir verſte⸗ des mes 
hen aber unter dem Gewichte eine koͤrperliche Kraft, chen 
die auf andere Koͤrper wirket, um ihre Ruhe zu ſtoͤh⸗ bens. 
ren. Woſferne dieſe Kraft in der Schwere beſteht, 
fo ift es ein eigentliches Gewicht, beſteht fie aber im 
Druck, in der Schnellkraft, oder in der anziehenden 

Kraft, 


30 Allgemeine Einleitung 


Allge⸗ Kraft, (Ponderis analogum) die alle nach Be— 


meine 
Einlei⸗ 
tung. 


ſchaffenheit der Umſtaͤnde das naͤmliche ausrichten, 
und die Stelle eines Gewichtes vertreten, ſo wie 
ein angehaͤngtes Bley, oder eine Feder, oder 
ein Zug und Ausdehnung der Luft, eines ſowohl als 
das andere, ein Rad zu drehen im Stande iſt. Je⸗ 
doch duͤrfen wir einen bey dem Gewichte oder bey be⸗ 
ſagter Kraft erforderlichen Umſtand keineswegs aus 
der Acht laſſen, dieſen naͤmlich, daß alle Kraft die 
Schwere des zu bewegenden Körpers, oder fein Ber 
moͤgen Widerſtand zu thun, oder den Grad der 
Traͤgheit und Unthaͤtigkeit verhaͤltnißmaͤßig übers 
wiegen muͤſſen: denn dieſer Umſtand veraͤndert die 
Geſtalt der mechaniſchen Bewegung nach der beſon⸗ 
dern Lage, nach dem Bau, und nach dem Endzweck 
einer jeden Maſchine. Ja hierinne ſteckt die einzige 
Urſache, warum weniger Gold als Kupfer in der 
Welt iſt, warum es nicht ſo viel Diamanten als 
Agate giebt, warum ein Fiſch nicht in der Luft, ein 
Menſch nicht im Waſſer, ein Vogel nicht in der Erde, 
ein Amphibium aber in der Luft und im Waſſer zus 
gleich leben koͤnnen, ja warum eine Aloe wohl in Oſt⸗ 
und Weſtindien, nicht aber in Norwegen in 
freyer Luft waͤchſt, oder warum die eine Pflanze 
im Waſſer / eine andere aber ganz trocken ſtehen 
muß. 


Vielleicht haben wir jetzo ſchon zuviel geſagt, 
da wir die Geſetze der Mechanik, und die koͤrperli⸗ 
4 che 


vom vielfachen Leben der Creaturen. 31 


che Kraft des Gewichts noch nicht einmal auf die Allge⸗ 
drey Reiche zugeeignet haben; allein die Sache wird 1 
uns gleich klar werden, wenn wir nur folgende Wir tung. 


kungen des Gewichts in Erwegung ziehen. 


Was vermag nicht die Schwere oder Leichtig— 
keit der Luft auf die Creaturen, die den Erdboden be— 
wohnen? Wie große Veraͤnderungen bringt eine 
ſchnelle Abwechslung der Witterung zuwege? Was 
richtet nicht eine allzuſtrenge Kalte, oder große Hitze bey 
Pflanzen und Thieren aus? Sind ſie nicht alle im 
Stande durch einen allzuſchweren Druck, oder allzu— 
ſtarke Spannung einen Stillſtand oder unmaͤßigen 
Umlauf der Säfte, eine Gerinnung oder Entbin⸗ 
dung, ja den Tod ſelbſt nach ſich zu ziehen? Die 
Luft, gehoͤrig temperirt, mit mäßigen Feuer und 

Waſſertheilen angefuͤllt, nach Verhaͤltniß des mes 
chaniſchen Baues der darinn lebenden Creaturen ger 
hoͤrig verdickt oder verduͤnnet, und übrigens mit ihren 

fruchtbaren Theilen geſchwaͤngert, iſt ja das allge, 
meine Druckwerk, welches die mineraliſchen Duͤn⸗ 

ſte zum anlegen, gar kochen und bilden der Metalle 

und ihrer Ingredienzen zwingt: den ohne dieſer wuͤr⸗ 

de kein Zug, kein Steigen und Fallen, keine Gaͤh⸗ 

rung ja keine Auflöfung mineraliſcher Stoffe und 

Schwaden ſtatt haben. Ja das unterirrdiſche Feuer 
ſcheint zu nichts andern zu dienen, als um das 

allgemeine Druckwerk der Luft in Abſicht auf die 

Schwere bald hie zu erleichtern, bald dort zu 

ver⸗ 


22 Allgemeine Einleitung 


Allge- verdicken, und den Ruhepunct des Gewichts in ſei⸗ 


meine 
Einlei⸗ 
tung. 


nem Stande zu veraͤndern; denn die Luft verhaͤlt ſich 
in und bey dem mannichfaltigen Herumziehen mine⸗ 
raliſch geſchwaͤngerter Duͤnſte nicht anders, als das 
Gewicht, welches eine Maſchine nach ihren Geſe— 
tzen und Einſchraͤnkungen bewegt. Sie fuͤhrt die 
Theilchen hin, die hier einen feſten Körper auflöfen, 
und ſich dort wiederum zur Bildung eines andern 
Steins oder Metalls anlegen muͤſſen. Sie iſt es, 
welche den Wachsthum der Pflanzen befördert oder 
hemmt, je nachdem ihre innere Beſchaffenheit oder 
das Clima der Structur, den Pflanzen angemeſſen 
iſt, oder je nachdem ſie Gelegenheit hat den Eintrag 
fruchtbarer Theile zu befördern, die Säfte durch 
Haarroͤhrchen hinauf zu ziehen, und durch Schweiß⸗ 
loͤcher wieder heraus zu laſſen. Sie iſt es, welche 
dem Blute der Thiere durch die Lungen eine ab— 
wechſelnde Bewegung geben, und dieſe hydrauliſche 
Maſchinen im Gange erhalten muß, wenigſtens 
wo die Luft, dieſes druckende Gewicht, dieſer koͤrper— 
liche Inſtinct des mechaniſchen Lebens mangelt, da 
muß in den Gebuͤrgen alles ſtill liegen und kein Me⸗ 
tall mehr wachſen, da muͤſſen alle Gewaͤchſe verge⸗ 
hen und alle Thiere erſticken. Ihre ſämtliche Bes 
wegung hoͤrt auf, und der ruhende oder todte 
Koͤrper bleibt am laͤngſten in ſeinem Zuſtande, 
wenn er in einem Orte aufgehoben wird, mo dies 
fer Inſtinet des Lebens mangelt. Dahingegen 


muß Metall, Pflanze und Thier kraͤnkeln, wenn 
die 


vom vielfachen Leben der Creaturen. 33 


die Luft nicht nach ihrer Beſchaffenhelt verhaͤſtniß ⸗Allge⸗ 
mäßig eingerichtet, mit den noͤthigen und dienli⸗ Sale 


chen Ingredienzen geſchwaͤngert, und zu ſeiner Zeit tung. 
gehörig abgewechſelt wird. 


Aus dieſem Grunde ſehen wir Feuer und 
Waſſer als Mittel an, die Luft zu binden oder zu 
treiben, das iſt: der Triebfeder des mechaniſchen 
Lebens ein anderes Verhaͤltniß zu geben, damit 
die Bewegung, die ſie hervor bringen ſoll, mit 
der Structur eines gewiſſen Koͤrpers uͤbereinſtim⸗ 
me. Alſo muß der Sich darum im Waſſer ſeyn, 
well die freye Einathmung der Luft in ihm Wuͤr⸗ 
kungen hervor bringen wuͤrde, die mit feinem 
Baue nicht harmonirte, und ſo weiter. 


Es iſt demnach ausgemacht, daß das Gewicht 
der Inſtinct des mechaniſchen Lebens ſey, daß alle 
Koͤrper, welche den Gegenſtand der Naturgeſchichte 
ausmachen, ein jeder nach ſeiner Art, dieſes mecha⸗ 
niſche Leben haben, und ohne dieſen nicht einmal 
gebildet, vielweniger unterhalten werden koͤnnen; 
ja daß, wenn dieſer Inſtinet mangelt, und wenn 
die einmal beſtimmte Bewegung ganz aufhoͤrt, 
der Tod unvermeidlich und augenblicklich da iſt, 
welcher natuͤrlicherweiſe nicht mehr zu heben iſt, 
es waͤre denn, daß die zum Leben gehoͤrige Theile 
des Koͤrpers noch in ſtatu quo waͤren, und die 

Linne III. Theil. c alte 


34 Allgemeine Einleitung 


Allge- alte Bewegung ; wie man bey ertrunkenen Perfos 
Einlei, nen ſieht, wieder in Gang gebracht werden konnte. 
tung. 


Ferie Wir haben oben geſagt, daß es auch ein 
ganlı organiſches Leben gebe, daß diefes Leben in 
ſchen Le- dem Vermoͤgen beſtehe, den Körper aus einem 
bens. in ihm ſelbſt befindlichen koͤrperlichen Bewegungs 
grunde, von der erſten Molecula an, zu einer bes 
ſtimmten Structur zu bilden, und daß dieſe Be⸗ 
wegung nicht durch den Inſtinct des mechaniſchen 
Lebens hervorgebracht werden koͤnne, ſondern ſeinen 
eigenen und beſondern Inſtinct haben muͤſſe. 
Dieſer ſoll demnach, oben angezeigtermaſſen, in 
nichts andern, als in einem beſtimmten reizbaren 
Organum beſtehen, davon wir jetzt mit mehrern 

zu handeln haben. 


Daß wir uns des Ausdrucks eines Organı 
bedienen, geſchieht deswegen, weil wir ſchon mit 
dieſem Worte einen Gedanken verbinden, der un⸗ 
ſerer Abſicht mehr gemaͤß iſt, als wenn wir das 
deutſche Wort Werkzeug gebrauchen wollten. 
Es ſoll zwar hier auch nichts anders als ein Werk⸗ 
zeug ſeyn, aber doch von einer beſtimmtern Art, 
und daß wir es kurz ſagen, ſo verſtehen wir dar⸗ 
unter die erſten und einzigen elementariſchen 
Stoffe oder Molecula, welche die erſte An⸗ 

lage 


vom vielfachen Leben der Creaturen. 35 


lage eines ſeden gebildeten oder noch zu bil— Allge⸗ 

denden Korpers ſind. | meine 

. Einlei⸗ 

\ tung. 
Daß jede Pflanze und jedes Thier einen Arts 
fang habe, und daß dieſer Anfang von einem un— 
denklich kleinen Stoffe entſpringe, ſolches bedarf 
wohl keines Beweiſes. Man unterſuche nur ein 
Samenkorn und ein weibliches Ey, und forſche 
nach, wie wenig aus beyden zur Bildung des kuͤnf⸗ 
tigen Koͤrpers gehoͤre, ſo wird man finden, daß 
das meiſte vom Samen und vom Ey nur die Eins 
huͤllung (Involucrum und Vehiculum) aus 
mache, worinn der kleine Punct oder die Molecu⸗ 
la bis zur Entwicklung verwahrt liegt. Von die⸗ 
ſem Puncte hebt ſich die Bildung des ganzen Koͤr⸗ 
pers an, nicht durch eine bloße Aufhaͤufung der 
Maſſe, wie in dem Steinreiche, ſondern durch Ans 
einanderſetzung anderer organiſchen Puncte, die in 
Gefaͤſſe eingehuͤllet werden. Hier findet alſo of⸗ 
fenbar eine Bewegung ſtatt, welche dieſe Theil— 
chen erſt zuſammen fuͤhrt, und dieſe Bewegung iſt 
iſt allerdings mechaniſch: denn die Abſonderung des 
Samens und des Eyes, die Hinzufuͤhrung des Bluͤ— 
tenſtaubes und des männlichen Samens, iſt aber, 
mals mechaniſch. Aber woher kommt die 
Bildung zur beſtimmten Figur? dieſes kann 
keine bloß mechaniſche Wuͤrkung thun, es muß ein 
anderer Inſtinct ſolches verrichten, welchen wir 
ein beſtimmtes reizbares Oeganum nennen. 
' e 2 Es 


36 Allgemeine Einleitung 


Allge⸗ Es heißt mit Recht ein Organum, weil es ein 


meine 
Einleis 
tung. 


Werkzeug iſt, das eine gewiſſe Verrichtung zu 
einem beſondern Zwecke ausuͤbet. Es muß reizbar 
ſeyn, weil ſonſt aus ſelbigem organiſchen Puncte 
keine Wuͤrkung zur Bildung heraus kommen koͤnnte. 
Es muß endlich beſtimmt, das iſt, von beſtimm⸗ 
ter Geſtalt und Art ſeyn, weil ſonſt nicht ſo viele 
Geſchlechter und Arten der Thiere ſeyn, ſondern 
diefelben vielmehr alle einander gleich ſehen würden. 


Nun koͤnnen wir zwar die Natur und Geſtalt 
dieſes organiſchen Puncts nicht beſtimmen, denn 
unſere Vergroͤßerungeglaͤſer reichen nech nicht fo 
weit; daß aber koͤnnen wir richtig ſchlieſſen, daß 
derſelbe doch immer noch ein zuſammengeſetzter 
Koͤrper ſeyn muͤſſe, welcher eine eigene Figur hat, 
ob es gleich nicht noͤthig iſt, daß ſie alsdann ſchon 
der Pflanze oder dem Thiere, welches daraus wer⸗ 
den ſoll, aͤhnlich ſeyʃ. Denn wir ſehen in einem 
Apfelkerne keinen Apfelbaum, und im unausge⸗ 
bruͤteten Huͤhnereye keinen Hahn, auch in einem 
weiblichen Eye keinen Menſchen in Mignatur lie 
gen. Es iſt genug, wenn die Figur dieſes organ. 
ſchen Puncts auch nur einen ſehr einfachen Zug 
hat, aber der Punct muß nothwendig reizbar ſeyn; 
und dieſes veranlaßt vorher eine genaue Unterſu⸗ 
chung der Reizbarkeit (Irritabilitas) anzuſtellen, 
ehe wir weitere Schluͤſſe machen koͤnnen. 


Die 


vom vielfachen Leben der Creaturen. 37 


Die Beizbarkeit iſt ganz was anderes, als die Allge⸗ 
Empfindung (Senfibilitas) ob man gleich bey em, Einlei⸗ 
pfindlichen Koͤrpern eins fuͤrs andere zu nehmen pflegt. tung. 
Deun die Empfindung erfordert ſchon ein Vermoͤgen, 
ſich den Reiz vorzuſtellen; und dieſes Vermoͤgen muͤſſen 
wir bey einem bloſſen Koͤrper nicht ſuchen, denn 
das waͤre ein Widerſpruch. Die Reizbarkeit aber 
iſt eine Eigenſchaft gewiſſer Koͤrper, auf eine Be⸗ 
ruͤhrung ſich zuſammen zu ziehen, und wiederum 
verhaͤltnißmaͤßig zuruͤcke zu wuͤrken. Dieſe Eigen⸗ 
ſchaft aber ſetzt zweyerley in dem Koͤrper voraus, 
daß er ſich naͤmlich erſtlich zuſammen biegen und 
wieder dehnen laſſe, und zweytens, daß er vermos 
ge feiner Structur, und vermoͤge dem Weſen ſei⸗ 
ner Beſtandtheilchen, eine eigene Schnellkraft habe, 
oder, mit einem Wort, daß er elaſtiſch fen, und 
alſo dieſe Bewegung von ſelbſt, ohne weitere Trieb 
feder machen koͤnne. 


Wenn nun ein ſolcher organiſcher Punct in 
dem weiblichen Eye vorhanden iſt, ſo iſt es wohl 
hoͤchſt wahrſcheinlich, daß auch eine aͤhnliche elaſti⸗ 
ſche Molecula mit dem maͤnnlichen Saamen oder 
mit deſſen Hauche, oder in den Blumen mit dem 
andern Staube, zu dieſem Puncte, nach mechani⸗ 
ſchen Geſetzen, hingefuͤhrt werde, fo bald dleſe ſich 
aber beruͤhren, entſteht der Reiz, und fo bald der⸗ 

hie c 3 ſelbe 


38 Allgemeine Einleitung 


Allge⸗ſelbe da iſt, fo bald uͤbt jedes Organum aus eigen. 


meine 
Einlei 
tung. 


nen Kräften feine Elaſticitaͤt oder Schnelifraft 
aus. Die mechaniſche Bewegung führe fie ſodann 
wiederum zuſammen, und ſie wuͤrken abermals und 
vielmals aufeinander zuruͤcke. Waͤhrend dieſen 
wiederhohlten Wuͤrkungen huͤllen fie ſich allmaͤhlig 
in Gefaͤſſe oder Behälter ein, die ſich durch die 
mechaniſche Vewegung des muͤtterlichen Gebluͤts, 
oder bey den Pflanzen des Mectars, aus den abge⸗ 
ſonderten Saͤften um ſie herum anlegen, und da 
dieſes geſchieht, treten immer neue Moleculaͤ oder 
elaſtiſche Koͤrperchen hinzu, welche nach und nach 
eine Kette von organiſchen Puncten ausmachen, 
um die ſich jedesmal der aus den andern Saͤſten 
angelegte Behaͤlter, darinn fie gleichſam eing ker⸗ 
kert ſind, vergroͤßert, verlaͤngert, und ſolche Rich⸗ 
tungen und Figuren bekommt, als die Schnellkraſt 
und der beſtimmte Lauf dieſer organiſirten Koͤrper⸗ 
chen erlaubt. Da nun die Richtung der Reizbar⸗ 


keit auf den eigenartigen Bau dieſer Körperchen 


beruht, fo entſteht ſchon eine Anlage zu einer Stru⸗ 
tctur, die kuͤnftig werden fol, und wann ſich dieſe 
Anlage aus einer unbegreiflichen Kleinigkeit zu ei⸗ 
ner, unter dem Vergroͤßerungsglaſe endlich ſicht⸗ 
bar gewordenen Größe geſchwungen hat, fo entde⸗ 
cken wir erſt den Ort der Bewegung, und nennen 


bleſes nunmehr ſchon in ſeiner Art groß gewordene 
Orga⸗ 


vom vielfachen Leben der Creaturen. 39 


Organum, den erſten huͤpfenden Punct, (pun- 
&um ſoliens ). Wenigſtens ſehen wir von der 
Zeit an, daß ſich nach und nach mehrere Maſſe 
und mit ſelbiger eine deutlichere Structur anſetze, 
bis dieſe ihre voͤllige Bildung erhalten hat. Und 
ſolches iſt, nach unſerm Beduͤnken, ein organiſches 
Leben welches zwar durch das mechaniſche Leben 
veranlaßt, in den Gang gebracht und unterſtuͤtzt 
wird, ja ohne ſelbigen gar nicht ſeyn kann; aber 
keineswegs von dem mechanifchen Inſtincte, ſon⸗ 
dern vielmehr von dem beſondern organiſchen In⸗ 
ſtincte herſtammt. Eine ſolche Organiſation nun 
ſetzt ſich nach aͤhnlichen Geſetzen durch den ganzen 
Körper bis zur volligen Größe durch, und bleibt 
organiſch, fo lange die Pflanze, oder das Thier, 
oder der Menſch, das mechaniſche Leben beybehaͤlt, 
denn ohne dieſe zweyerley Leben koͤnnen wir uns 
gar keinen Gegenſtand in dem vegetabiliſchen und 
animaliſchen Reiche denken. 


Es iſt alſo wahrſcheinlich, daß in den ſchwan⸗ 
kenden vaͤterlichen und mütterlichen Saͤften ihrer 
ganzen Körper ſolche organiſche Koͤrperchen abgeſon⸗ 
dert werden, die vielleicht an der Zahl zu Millionen 
anwachſen, und in der Art, nach den verſchiedenen 
Abſonderunsgefaͤſſen verſchieden gebildet ſind, die ſo⸗ 
dann bey der Befruchtung in reicher Anzahl zu⸗ 
ſammen kommen, ſich daſelbſt in verſchiedenen 
Richtungen aneinander ſetzen und einander rei, 

Ä 04 zen, 


Allge⸗ 
meine 
Einlei⸗ 
tung. 


49 Allgemeine Einleitung 


Allge zen, ferner in dieſen verſchledenen Richtungen 


meine 


Einlei- 


tung. 


mit Gefäßen umhuͤllet werden, bis das Gehirn, 
das Nervenſyſtem, das Herz, und dann ferner 
durch immer neu hinzukommende organiſche Theil, 
chen, alles uͤbrige gebildet, abermals cingehuͤllet, 
und fo zur gehörigen Staͤrke und Wachsthum bear, 
beitet werde, zumal da ſich jeden Augenblick die Maſ⸗ 
fe, und mit der Maſſe auch die Beweg⸗ und 
Schnellkraft vermehrt. 


Eben dieſe Reizbarkeit vermehrt ſich hernach 
verhaͤltnißmaͤßig durch den ganzen Koͤrper, je, nach⸗ 
dem fich die kettenwelſe aufeinander gehäuften orga⸗ 
niſchen Koͤrperchen vermehrt haben, ſo daß zuletzt der 
ganze Koͤrper durch die Ausbreitung dieſer organi⸗ 
ſchen, und in ihren beſtimmten Bau der Nerven ein⸗ 
geſchloſſenen Theilchen relzbar, und ein großes zuſam⸗ 
mengeſetztes Organum wird, welche Eigenſchaft des 
organiſchen Lebens alsdann zugleich mit dem 
mechaniſchen Leben die Triebfeder wird, woraus 
ſich das Schlagen des Herzens und der Adern, das 
Ein⸗ und Ausathmen der Luft, die wurmfoͤrmige 
Bewegung der Eingeweide, der Trieb zum Eſſen 
und Trinken, das Ein⸗ und Niederſchlucken und 
Verdauen der Speiſen, das Zucken der Glieder, 
das Dehnen und Einkraͤmfen, das Herumwerfen der 
Gelenke und des ganzen Korpers, wie auch alle bey 
den Pflanzen bisher beobachtete Relzbarkeiten und 
Bewegungen erklaͤren laſſen. 


Aus 


vom vielfachen Leben der Creaturen. 41 


Aus dieſem Grunde nennen wir dieſes Le⸗ Allge⸗ 
ben welches ein Organum zum Inſtinct hat, meine 
auch ein vegetabiliſches Leben, und eignen ſol⸗ 5 95 
ches, mit dem mechaniſchen, nur dem Pflan- 
zen und Thiereiche zu. Doch um ein Thier zu ſeyn, 
wird noch ein drittes Leben erfordert, welches den 
Pflanzen nicht zugeeignet werden kann. Denn fo 
lange ein Koͤrper, ob er gleich thieriſch ausſieht, 
kein anderes, als die zwey abgehandelten Arten des 
Lebens hat, ſo lange koͤnnen wir ihn nicht in die 
Claſſe der Thiere ſetzen, denn er iſt weiter nichts, 
als ein organiſirter Rörper ohne Seele, derglei⸗ 
chen auch alle Pflanzen, jede nach ihrer beſondern 
Art ſind, indem auch die Pflanzen auf ihre Weiſe 
eſſen und trinken, ſchlaffen und wachen, ſich unter, 
einander begatten und gewiſſe Grade der Reizbarkeit 
zeigen. Laſſet uns daher jetzt auch das dritte oder 
beſeelte Leben genauer unterſuchen. 


Daß wuͤrkliche Thiere Handlungen vornehmen, 
und Bewegungen anſtellen, die ſich nicht aus dem 
Inſtincte des mechaniſchen und organiſchen Lebens er⸗ 
klaͤren laſſen, iſt ſchon oben geſagt. Es muͤſſen alſo 
dieſe Bewegungen eine andere Treibfeder, als Ges 
wicht und Elaſticitaͤt haben. Dieſe Trlebfeder fol 
ein Geiſt ſeyn, und die Bewegung die ein ſolcher 

c 5 Geiſt 


meine 
Einleis 
ung, 


42 Allgemeine Einleitung 


Alge Geiſt in dem Körper hervor bringt, ſoll ein heil 


Leben heiffen, 


Wenn nun dasjenige, was im erſten Thei⸗ 
le in der allgemeinen Einleitung pag. 1. bis 6. und 
in der beſondern Einleitung des naͤmlichen Theils 
pag. 23. bis 28. ſodann auch von der Generatlon pag. 
78. bis 82. geſagt worden, vorausgeſetzt, und naͤ⸗ 
her durchdacht iſt, ſo wird ſich dasjenige, was wir 
jetzt zu erörtern gedenken, beffer beurtheilen laſſen. 


Es wohnt namlich in einem wuͤrklich thierlſchen 
Koͤrper, denn alle ſcheinbare Thiere, ſind eben nicht 
das, wofuͤr man ſie anſieht, ein Weſen, welches 
von dem Koͤrper verſchieden iſt, dennoch aber den 
groͤßten Theil des Koͤrpers in ſeiner Gewalt hat, 
und Dinge vornehmen kann, die kein Gewicht und 
kein Organum vor ſich allein anfangen koͤnnen; und 
dieſes Weſen iſt ein Geiſt, welcher unter dem Na 
men Seele bekannt iſt, und das Vermoͤgen hat, dem 
Inſtincte der zwey andern Arten des Lebens, naͤm⸗ 
lich dem Gewichte und der Schnellkraft, gewiſſermaſ⸗ 
ſen nach eigener und unkoͤrperlicher Willkuͤhr, Einhalt 
zu thun, oder ihre Kräfte ungewoͤhnlich zu verdops 
peln, oder ihre Wuͤrkungen nach ſolchen Endzwecken zu 
lenken, die durch bloß mechaniſche und organiſche 
Regeln unmöglich zu erreichen find, 


| 1.) Was 


vom vielfachen Leben der Creaturen. 43 


1.) Was iſt denn nun ein Geiſt? 2.) Welcher Allge⸗ 

Geiſt kommt in dieſen oder jenen Koͤrper? 3.) Wie 1 
und wann kommt er in denſelben? 4.) Wo haͤlt er tung. 
ſich auf? F.) Wie wuͤrket er auf und durch den 
Koͤrper? 6.) Woran erkennt man das Daſeyn einer 
Seele? 7.) Wann und warum verlaͤßt er den Koͤr⸗ 
per? 8.) Wo kommt er endlich hin? Wenn wir auf 
alle dieſe Fragen allezeit antworten wollen: wir 
wiſſen es nicht; ſo kommen wir wohl, ſo lange 
die Welt ſteht, in unſerer Erkenntniß ſchwerlich weiter. 
Es giebt aber doch ein Gedanke den andern, und wer 
einmal einen Gedanken aͤuſſert, findet leicht einen 
kluͤgern Naturforſcher, der ihn verbeſſert. Wir 
wollen alſo die Begriffe, die wir uns von dieſen dun⸗ 
keln Sachen machen, entwerfen, und die Verbeſſe⸗ 
rung oder gaͤnzliche Verwerfung derſelben, denen 
uͤberlaſſen, die weiter ſehen koͤnnen, als wir. 


1.) Was iſt alſo ein Geiſt? Weit entfernt, 
um von denjenigen Saͤtzen abzugehen, welche die 
groͤßten Weltweiſen unſerer Zeiten in Abſicht auf die 
Geiſterwelt beſtimmt haben, pflichten wir vielmehr 
ſolchen bey, und bauen unſere Meinung auf dieſen 
Grund. Es iſt alſo der Geiſt ein einfaches, un⸗ 
koͤrperliches mit Verſtand nnd Willen begabtes We⸗ 
ſen, daß ſich ſeiner ſelbſt bewuſt, und durch den all⸗ 
maͤchtigen Willen des Schoͤpfers hervorgebracht iſt. 
Wie nun aber die weſentlichen Eigenſchaften des Geiſtes 

ihre 


44 Allgemeine Einleitung 


Allge- ihre Einſchraͤnkungen in Abſicht auf die Grade des 


meine 


Einlei⸗ 


Verſtandes und des Willens leiden; fo giebt es auch 
Geiſterarten, nach Maaßgabe des groͤßern oder Elch 
nern Umfangs ihrer weſentlichen Eigenſchaften; und 
dleſes Verhaͤltniß halten wir für das richtige Kennzei⸗ 
chen ihrer Art, ob wir gleich nicht im Stande find, 
die Grade dieſes Verhaͤltnißes allezeit bey einem je 
den Geiſte zu wiſſen, vielweniger zu beſtimmen. 
Denn ſollen Verſtand und Willen weſentliche Et 
genſchaften ſeyn, und find die Grade derſelben, 
welches niemand läugnen wird, verſchieden, ſo 
find auch die Geifter verſchieden. Und was iſt 
wohl aus der ganzen Haushaltung aller erſchaffe⸗ 
nen Dinge mit mehrerer Wahrſcheinlichkeit zu ſchlieſ⸗ 
fen, als dieſes, daß es, da es in der Koͤrperwelt fo ſehr 
viele Ordnungen, Geſchlechter und Arten giebt, je 
nachdem der Raum, welchen ſie bewohnen ſol⸗ 
len, groß iſt, denn der Schoͤpfer hat alles ver⸗ 
haͤltnißmaͤßig eingerichtet, daß es, ſagen wir, als 
dann in der Geiſterwelt unzaͤhliche Ordnung⸗ 
gen und Arten der Geiſter geben muͤſſe, weil der Ums 
fang, den ſie gegen unſern Erdball und allen Pla⸗ 
neten bewohnen koͤnnen, unermaͤßlich geraͤumig iſt, 
die Gelſter ſelbſt aber im eigentlichen Verſtande kei⸗ 
nen Platz nach Koͤrperart einnehmen, und auch dergleis 
chen nicht noͤthig haben, um ihre Nahrungsmittel zu 
bauen, da die Grenzen ihres Verſtandes den einzigen 
Umfang ihres Nahrungsmagazins ausmachen, das 
das fie allenthalben mit ſich fuhren. 

Ver⸗ 


vom vielfachen Leben der Creaturen. 4 


Vermuthlich wird man uns hier einwenden: 
daß ein Geiſt, ein Geiſt, und der eine ſo gut, 


Allge⸗ 
meine 
Er lei⸗ 


wie der andere ſey; daß man aber weniger Seelen, tung. 


kraͤfte bey einem als bey den andern antreffe, komme 
daher, weil des einen Geiſtes organiſcher Koͤrper, 
durch welchen doch die Ideen in den Geiſt gebracht 
werden, nicht ſo gut als des andern organiſirt ſey. 
Hierauf muͤſſen wir zuerſt laͤugnen, daß alle Gei⸗ 
ſter in Körpern wohnen; und zweyrens koͤnnen wir 
nicht zugeben, daß ſich der Verſtand allein nach dem 
einſchraͤnken ſolle, was einem Gelſte, der in einem 
Koͤrper wohnet, durch die organifchen Werkzeu⸗ 
ge der Sinne mitgethellt wird; und endlich koͤn⸗ 
nen wir nicht glauben, daß der Geiſt, der in 
dem Menſchen wohnet, mit dem Geiſte eines ans 
dern Thiers dem Weſen nach einerlen Rang und ei, 
nerley Faͤhigkeit, ohne Ruͤckſicht auf den Korper, 
beſitzen ſolle. 


Vermuthlich wird nun die Frage an uns erge⸗ 
hen: Welchen Unterſchied wir uns denn zwiſchen den 
Geiſtern vorſtellen? und was wir unter ihren Ord⸗ 
nungen und Arten verſtehen? Wohlan! Wir wollen 
es hier entwerfen, nicht in der Abſicht, die Gei⸗ 
ſter zu claßificiren, dieſes wäre für einen Naturfor⸗ 
ſcher, der mit den Körpern nicht einmal fertig werden 
kann, zu verwegen, ſondern nur um unſere, an ſich 
dunkle Meinung, ein wenig faßlich vorzuſtellen. 


I. Ord⸗ 


Allge⸗ 
meine 
Einlei⸗ 
tung. 


46 


Allgemeine Einleitung 
I. Ordnung. Geiſter, die gar keinen Kor 
per nöthig haben, um in der Reihe der 
Creaturen den groͤßten Verſtand den 
ſie beſitzen, auszuüben, jedoch fähig find, 
in beſtimmten Faͤllen zu beſondern 
Endzwecken einen Koͤrper anzuneh⸗ 
men. Seraphim, Cherubim, En⸗ 
gel, ic. 


II. Ordnung. Geiſter, die in einem ſubti⸗ 
len Koͤrper wohnen, die aber nicht 
mit demſelben eine Sache ausma⸗ 
chen, jedoch in einen organiſirten Koͤr⸗ 
per zur Uebung ihres Verſtandes an⸗ 
gewieſen ſind. Die Seelen der 
Menſchen. 


III. Ordnung. Geiſter, die allezeit in ei⸗ 
nem ſubtllen Koͤrper wohnen, und mit 
ſolchen verbunden ſind, deren Koͤrper 
aber nicht ſo vollkommen organiſirt 
ſind. Seelen der Thiere. 


Erſte Art, mit fünf Sinnen. Affen, Voͤ⸗ 
gel, Fiſche, ꝛc. 


Iweyte Art, mit vier Sinnen. Die ohne 
Augen ſind. 


Drit⸗ 


vom vielfachen Leben der Creaturen. 47 


Dritte Art, mit drey Sinnen. Die ohne Allge⸗ 
. meine 
Augen und Ohren ſind. Einlei, 
tnn 0 
Vierte Art, mit zwey Sinnen. Die ohne 9 
Augen, Ohren und Geruch ſind. 


Sünfte Art, mit einem Werkzeuge des Sin 
nes. Wurm, ꝛc. 


Vielleicht haben wir jetzo ſchon zuviel ge, 
ſagt. Wir uͤberlaſſen daher die Sache einem andern, 
der ſich beffer auf die Geiſter verſteht, und wollen jetzo 
weiter nichts gefagt haben, als daß die Geiſter in ihren 
Vollkommenheiten verſchieden ſind; daß dieſe Ver⸗ 
ſchiedenheit auch eine Verſchledenheit ihres We⸗ 
ſens ausmache, und daß endlich der geringe oder 
groͤßere Grad ihrer Vollkommenheiten mit den 
Vollkommenheiten ihres Koͤrpers, den ſie etwa 
bewohnen muͤſſen, in gleichem Verhaͤltniß ſte⸗ 
he. Hierdurch kommen wir dann zur folgenden 
Frage: 


2.) Welcher Geiſt kommt in dieſen 
oder jenen Körper? Die Antwort wird kurz 
ſeyn: Ein jeder Geiſt kommt in denjenigen Koͤr⸗ 
per, mit dem er, in Abſicht auf die Vollkommen⸗ 
heiten, in gleichem Verhaͤltniß ſtehet. Keine Af⸗ 

fen⸗ 


Allge⸗ 
meine 
Einlei⸗ 
tung. 


48 Allgemeine Einleitung 

fenſeele kommt in einen Wurm, keine Vagel, 
feele in einen Fiſch, Feine Menſchenſeele in ein 
Thier, kein engliſcher oder cherubiniſcher Geiſt in 
einen Menſchen, und fo weiter. Denn ein gerin⸗ 
ger Geift wuͤrde in keinen edlen Körper, und kein 
edler Geiſt in einem geringen Koͤrper zurechte 
kommen ; auch wuͤrde es wider das weiſe Ver⸗ 
fahren der allweiſen goͤttlichen Haushaltung ſtrei⸗ 
ten, ein edles Weſen in eine für daſſelbe unſchickli⸗ 
che und viel zu niedrige Verfaſſung zu ſetzen, 
worinn ihm alle, ſeinem Weſen anerſchaffene 
Vollkommenheiten nicht im geringſten nuͤtzten; und 
woferne ein niedriger unfähiger Gelſt in dem be 
ſten organiſirten Körper wohnete, fo waͤre es eine 
Verſchwendung einer koͤſtlichen Structur, die ule⸗ 
mals recht koͤnnte gebraucht werden; ſolches aber 
iſt ebenfalls wider alle Ordnung, die wir doch 
ſonſt in der ganzen Natur wahrnehmen. 


3.) Aber, wie und wann kommt der 
Geiſt in feinen Korper? Da wir hier nur von 
denjenigen Geiſtern reden, die Menſchen und 
Thiere beſeelen ſollen, ſo eignen wir beyden einen 
ſubtilen Körper zu, jedoch mit dem Unterſchiede, 
daß des Menſchen Seele den ſeinigen nur bes 
wohne, und eben nicht mit ihm zu einem Weſen 

ver⸗ 


vom vielfachen Leben der Creaturen. 49 


verbunden ſey, die Seele eines Thleres hingegen Allge⸗ 
mit feiner Molecula ein Weſen ausmache; bey⸗ Eule, 
derley ſubtile Körper aber find unzerſtoͤhrliche tung. 
Moleculaͤ, die ſeit der Schoͤpfung in der Natur 
vorhanden ſind, und nach vielen Welzungen zu 
demjenigen organiſchen Körper kommen, in wel— 
chem ſie, als in der Mutter, durch Beyhuͤlfe des 
mechaniſchen und organiſchen Inſtinets, (nicht oh⸗ 

ne die hierzu erforderliche, und vor uns unbegreif⸗ 
liche Allmacht des Schoͤpfers) ihr beſeeltes Le⸗ 

ben in der erſten Entwicklung anfangen, fortſe⸗ 

tzen, und endlich vollenden, um zu einer zweyten 
Entwicklung zubereitet zu werden. 


Wer dieſer Hypotheſe nicht beytreten kann, 
waͤhle ſich eine andere; wer ſie bewieſen haben 
will, fordert von uns zu viel; und wer mehr 
wiſſen will, denke der Sache ſelbſten nach. Wir 
befriedigen uns einſtwellen mit der Meynung/ daß 
gleich bey der Befruchtung eine jede, vor jeden 
thierlſchen Koͤrper beſonders erſchaffene Seele, 
mit ihrem ſubtilen Körper zugegen fen , und augen, 
blicklich die erſte Moleculam einnehme, nicht aber 
durch ſelbige eher wuͤrken Fönne , „ als bis der gan⸗ 
ze organifche und mechaniſche Bau gefertl⸗ 
get, beſonders aber das Wervenſyſtem gebildet 
Linne III. Theil. d iſt, 


50 Allgemeine Einleitung 


Allge⸗ it, und ſo bald dann ihre Wuͤrkung angeht, ſo 


meine 
Einlei⸗ 
sung. 


bald iſt auch das animaliſche Leben da. 


4.) Es iſt ganz natuͤrlich, daß wir jetzo die 
Frage thun: Wo ſich denn die Seele in 
dem Rörper aufbalte? Soll die Seele den 
ganzen Körper regieren » fo muß fie ſich daſelbſt 
aufhalten, wo fie im Stande iſt, mit ihrem 
ſubtilen Koͤrper in die feinſten Organa zu wuͤrken, 
und dieſe Wuͤrkung durch eine Kette von organi⸗ 
ſchen Koͤrperchen nach allen Theilen des Leibes 
fortzuſetzen. Wo laͤßet ſich aber dieſer Ort na⸗ 
tuͤrlicher denken, als in dem Sammelplatze aller 
Nerven, im Gehirne, den man das Commune fen- 
forium nennet? Das ſubtile koͤrperliche Weſen, 
durch welches die Seele wuͤrket, mag vielleicht 
ein der electriſchen oder auch magnetiſchen Mate / 
rie nicht ganz unaͤhnliches Weſen ſeyn y durch 
welches ſie ihre Handlungen mit einer ganz er⸗ 
ſtaunlichen Fertigkeit fortſetzet. f Hieraus wüſte 
alſo wohl folgen, das alle dieſenge Korper, die 
kein Commune ſenſorium haben mithin kein 
Gebirn, keinen Kopf, „oder etwas, das dem ahn, 
uch ift, beſitzen, daß ſagen wir, ſelbige auch fei. 
ne Seele und kein ‚animalifches beſeeltes beben ba. 
ben, könne 


2 


— 


. un 
5 Naa 10 
\ DE ze AR ze 

’ 


* 

577 2 4 1 

2 1 7 ai Wie 
141 444 11 


vom vielfachen Leben der Creaturen. 51 


F.) Wie würket denn die Seele in Alge⸗ 
den Körper? Wir haben oben geſagt, daß die Eile 
Seelen verſchleden find, ſowohl nach den Graden ihres tung. 
Vermögens als ihrer Seelenkraͤfte, und daß, da 

ihre Kraͤfte zu ihrem Weſen mit gehoͤren, auch 

dieſe Verſchiedenheit ihren weſentlichen Unterſchied 

mache. Wir haben ferner geſagt, daß fie in eh 

nem ſubtilen Koͤrper wohnen, der entweder nur 

ihr Haus iſt, wie bey Menſchen, oder ihr unzer⸗ 
trennlicher Leib. 


Dieſer ſubtile Koͤrper iſt ihnen alſo das 
naͤchſte. Alle ihre Fähigkeiten, anerſchaffene Ideen, 
und allgemeine Begriffe, ſie moͤgen nach der we⸗ 
ſentlichen Beſchaffenheit elner jeden Seele klar 
oder dunkel ſeyn, muͤſſen ſich wohl zunaͤchſt und 
am erſten in dieſen ihren ſubtllen Körper ſpiegeln, 
und durch ihre Bewegung abdrucken, ſo wie (um 
ein ſehr grobes Glelchniß zu geben) ein Menſch 
der an allen Seiten Augen hätte, in einem Zim⸗ 
mer oder Amphitheatro, alle an deſſen Waͤnden 
befindliche Gemaͤhlde von allen moͤglichen Crea⸗ 
turen, Proſpecten, Thieren, einzelnen Hands 
lungen, großen zuſammen geſetzten Begebenhei⸗ 
ten, und dergleichen, auf einmal vor ſich ſehen 
m e 


8 2 Nun 


Allge⸗ 
meine 
Einlei⸗ 
tung. 


52 Allgemeine Einleitung 

Nun find zunaͤchſt an dieſem ſubtilen Koͤr⸗ 
per die Werkzeuge der Sinne, oder es ſchlieſ⸗ 
fen allenthalben die organiſchen Moleculaͤ an, die 
ſich in einer Kette zu allen Werkzeugen und durch 
den ganzen Koͤrper ausbreiten, bewegt ſich alſo 
die Seele mit ihrer Kraft auf eines dieſer in ih, 
ren ſubtilen Koͤrper um ſich habenden Bilder, das 
iſt auf einen undenklich kleinen Punct, ſo erſchuͤt⸗ 
tert dieſer Theil die anſchlieſſende organiſche Mo⸗ 
leculam, und vielleicht auch etliche benachbarte 
Bilder und Moleculas, welche ſodann weiter dieje⸗ 
nige Kette der Koͤrperchen, die ſich in den Nerven 
durch den thieriſchen Leib nach einem gewiſſen Gliede 
ausbreiten, in Bewegung ſetzen. 


Geſchiehet nun dieſes, ſo iſt eine freye Hand⸗ 
lung der Seele da, die ihren Urſprung von im 
nen heraus nimmt. Falls aber eine aͤuſſerliche 
Sache durch die Sinne in den thieriſchen Koͤr⸗ 
per hinein faͤllt, ſo wird auch eine Bewegung 
durch die naͤmliche Kette der organiſchen Körpers, 
chen nach innen zu fortgeſetzt, bis fie an den ſub⸗ 
tilen Koͤrper der Seele, das iſt, an die Bilder⸗ 
wand koͤmmt, und daſelbſt eine Veränderung 
hervor bringt, die ſogleich von der innwohnenden 
Seele wahrgenommen wird. Es iſt unmoͤglich, 

5 g daß 


vom vielfachen Leben der Creaturen 53 


daß die Seele dieſe Veraͤnderung wahrnehmen koͤn⸗ man 
ne, ohne nach ihrer Art hierüber in eine Bewer E Einlet⸗ 
gung zu gerathen, welche fie beſtimmt, auf die, kung. 
fe Bilder in der Maaſe zuruͤck zu wuͤrken, als 
mit ihrem Willen oder Abſcheu uͤberein koͤmmt. 
Zugleich aber erhellet auch hieraus, daß in der 
Seele nichts anders vorgehen kann, als wozu 
das Weſen der Seele fählg iſt. Eine gemeine 
thieriſche Seele kann alſo keine klaren und deutli⸗ 
chen Begriffe uͤber wichtige Sachen haben, denn 
ihr denkendes Weſen iſt ſchon von eingeſchraͤnkter 
Art. Dem zufolge kann ſie auch durch ihre Be⸗ 
wegung in ihrem ſubtilen Koͤrper keine ſolche weit⸗ 
laͤuftige und erhabene Gemaͤhlde machen; und 
wenn dieſe mangeln, ſo iſt ſie auch nicht im 
Stande auf Handlungen zu wuͤrken, welche erha⸗ 
bene Gegenſtaͤnde erfordern: ja es koͤnnen erha⸗ 
bene Gegenſtaͤnde von auſſen keine Bilder in ih⸗ 
nen erregen oder erſchuͤttern, weil in ihren Spies 
gel ſchon die Puncte der Ideen und Vorſtellungen 
mangeln, die erſchuͤttert werden muͤßten. Auch iſt 
es ſogar um deßwillen nicht moͤglich, weil ihr 
Körper ſchlechterdings nicht darnach gebauet iſt, 
ſolche aͤuſſerliche Gegenſtaͤnde von auſſen einzulaſſen. 
Auch hat derſelbe nicht darnach gebauet werden 
Bene weil zu jedem thieriſchen Körper eine ei⸗ 

d 3 gene 


54 Allgemeine Einleitung 


Allge gene Seele beſtimmt iſt, die mit ſelbigem in glei⸗ 


meine 
Ei lei⸗ 
tung. 


chem Verhaͤltniße ſteht. Daher verſteht der Hund 
nichts, wenn man ihm von gelehrten Sachen, 
oder von Krieg und Frieden, oder von Natura⸗ 
lien vorredet, und er kann es niemalen lernen zu ver⸗ 


ſtehen. 


6.) Woran aber erkennet man das Daſeyn 


einer Seele, um zu beurtheilen, ob ein gewiſſer 


Korper eine bloſſe Maſchine, oder vielmehr 
ein beſeelter Leib ſey: Keine Seele iſt ohne 
dem Vermoͤgen, fi) ihrer bewuſt zu ſeyn. Die 
naͤchſte Eigenſchaft die an dieſer folget, iſt das 
Bewuſtſeyn anderer Dinge. Die dritte iſt der 
Trieb ſich zu erhalten. Die vierte endlich, Maaß⸗ 
regeln zur Erhaltung ſein ſelbſt, willkuͤhrlich zu 
ergreifen. Alle fernere edlere Eigenſchaften gehös 
ren nicht fuͤr alle Seelen, ſondern kommen nur 
einigen Geiſterarten insbeſondere zu. Diejenigen 
aber, die bey allen Seelen gemeinſchaftlich ange⸗ 
troffen werden, find doch nicht bey jedem Indivi- 
duo von gleicher Staͤrke. Denn es giebt Seelen 
die weder zum Zorn noch zum Vergnuͤgen, weder 
zur Freude noch zur Traurigkeit, und alſo ledi⸗ 
glich nur zur Gleichguͤltigkeit aufgelegt find, 


Wer 


vom vielfachen Leben der Creaturen. 55 


Wer alſo das Daſeyn elner Seele in einem Allge⸗ 
gewiſſen Coͤrper ſuchen will, muß freye Handlun, Endes 
gen in demſelben erkennen, die nicht bloß mecha, fung. 
niſch oder organiſch ſind, und dieſe Handlungen 
laſſen ſich am leichteſten aus dem Triebe, ſich ſelbſt 
zu erhalten, ſchlieſſen. 


Nun ſollten wir zwar hler der Ordnung nach 
auf eine Unterſuchung kommen muͤſſen, welche 
Kerper unter den ſogenannten Thieren Seelen 
haben oder nicht? Allein dieſes erfordert eine weiß 
laͤuftige Abhandlung, die vorjetzo nicht zu un⸗ 
ſerm Zwecke dienet, und welche wir daher bis zu 
einer andern Gelegenheit verſparen. Doch koͤn⸗ 
nen wir nicht umhin, auzumerken, daß uns von 
den Liebhabern der Vergroͤſſerungsglaͤſer viele klei⸗ 
ne Koͤrper in das Thierreich eingeſchoben worden, 
die nicht einmal Seelen haben, und daher vor 
nichts anders, als organiſirte Koͤrperchen zu halten 
ſind, welche uur allein ein mechaniſches, und 
wenn es hoch kommt, auch ein organiſches Leben 
führen. 


7) Wann, und warum verläßt die 
Seele den Koͤrper? Es find Urfachen vorhanden, 
warum der Schöpfer die Seele in einen Koͤr⸗ 

d 4 per 


565 Allgemeine Einleitung 


Allge⸗ per eingeſchloſſen hat. Dieſe Urſachen haben ihren 


meine 
Einlei⸗ 
ung; 


Endzweck erreicht, wann der Schöpfer die Zerfiöhr 
rung des Koͤrpers zulaͤſt. So bald aber der Koͤrper 
zerſtoͤhrt wird, hoͤret auch die Gemeinſchaft auf, 
denn die organiſchen Koͤrperchen loͤſen ſich von einan⸗ 
der ab, die mechaniſche Bewegung aͤndert ſich in. 
andere Richtungen, und vielleicht verliehren die fein⸗ 
ſten Kuͤgelchen ihre Schnellkraft. Die Seele alſo 
wird entbunden, und dringet mit ihren ſubtilen Koͤr⸗ 
per durch die aufgeloͤſten Theile hin, gleichwie eine 
mangnetiſche Materie durch das Gehirn dringt, wo 
fie denn nach vielen Welzungen ſich zu der Geiſter⸗ 
welt geſellet. So lange alſo die Kette nicht zerriß 
ſen, und die organiſchen Theilchen nicht getrennt 
ſind; obgleich eine Erſtickung oder Ohnmacht, 
oder ſonſtiger Zufall den aͤuſſerlichen Mechanis, 
mum, ja ſo gar auch den Organismum auf einige 
Zeit hemmet; ſo lange iſt die voͤllige Scheidung 
nicht geſchehen, und wenn anders die Theilchen in 
ihren natürlichen und guten Zuſtande bleiben, hal⸗ 
ten wir die Widerherſtellung des beſeelten Lebens 
für möglich, 


Es ift aber auch moͤglich, daß ein Geiſt, 
der ollzugewohnten irrdiſchen Bilder und koͤrperlichen 
Empfindungen überdrußig wird, und ſelbſt ein 

| Der 


vom vielfachen Leben der Greaturen. 57 


Verlangen zur Freyheit traͤgt; dieſe ihr aber ſelbſt Allge⸗ 
zu verschaffen, und gleich einem Zuͤchtling, vor der Eines 
Zeit der ordentlichen Entlaſſung, aus dem Koͤr⸗ tung. 
per, durch welche gewaltſame Mittel es auch ſey, 

zu entfluͤchten, ſolches iſt eine Empoͤrung wider 

den Schöpfer und die Natur, 


8.) Wo kommt die Seele endlich hin? 
Wir ſagten oben, ſie geſelle ſich zur Geiſterwelt. 
Nun wiſſen wir zwar, daß die Zernichtung der 
Dinge eben fo, als die Schöpfung und Hervor⸗ 
bringung derſelben, in der Hand eines allmaͤchtigen 
Weſens, und in der Macht eines unendlichen Gei⸗ 
ſtes ſtehe. Iſt es aber deswegen eine Folge, 
daß fie wuͤrklich werden zernichter werden? und 
ſtreitet es nicht wider die Uebereinſtimmung (ana- 
logia) der ganzen göttlichen Haußhaltung? Mas 
rum ſind ſie denn in eine Probzeit gebracht? Wa⸗ 
rum haben ſie ſich in der Unvollkommenheit entwi⸗ 
ckelt? Zwar ſind wir von den edlen Seelen der 
Menſchen ſchon eines beſſern belehrt; aber ſollen 
wir denn allen Geiſtern, die niedriger ſind, als 
unſer Geiſt, eine folgende naͤhere Entwicklung 
und Beſtimmung abſprechen? Und warum? Weil 
wir etwa neidiſch ſind, daß wir den Geiſtern der 
Thiere keine zweyte Entwicklung, die ihrer Art 
angemeſſen iſt, verſtatten wollen? Wird denn el, 
ne ſchoͤpfende Allmacht bey der großen Veraͤnde⸗ 
N ds rung 


58 Allgemeine Einleitung 


Allge- rung, die der ganzen Welt bevorſteht, (denn dieſe 


meine 
Einlei⸗ 
tung. 


Welt iſt doch nur eine Entwicklung zu dem, was 
fie künftig werden ſoll,) unfere Geiſter zu rathe zie⸗ 
hen, ob wir es erlauben, daß auch die Geiſter 
der Thiere zu etwas beſtimmt werden ſollen? Be⸗ 
weiſe doch jemand zuvor, ob wohl der ſubtile See⸗ 
lenkoͤrper, ja obwohl einmal die erſten organiſchen 
Moleculaͤ der gröbern Körper nach den Naturge⸗ 
ſetzen zerſtoͤrbar ſind. 


Dieſer Satz iſt nicht einmal erweißlich, wie 
viel weniger der andere, der nothwendig darauf 
folgen muͤſte: daß namlich Gott fie durch feine Al 
macht ewig zerſtoͤren werde. Man erlaube uns 
dann zu ſagen, daß alle Geiſter und alle Urſtoffe in 
der Hand der Allmacht bleiben, um nach ihrer ers 
ſten Entwicklung dazu gebraucht zu werden, wozu 
fie tuͤchtig erfunden find. Und was kann dann ges 
wiſſer ſeyn, als daß das kuͤnftige Schickſal der Crea⸗ 
tur, und beſonders des edlen Geiſtes, von demjeni⸗ 
gen Verhalten abhangen werde, welches ſie, nach 
Maaßgabe ihrer Kräfte und Verfaſſung, in der 
erſten Entwicklung gezeiget haben. 


Dleſes waͤre nun ein kurzer Begrif von dem Leben 
des Thierreichs; mehr wollen wir jetzo nicht von dem 
Sir 


vom vielfachen Leben der Creaturen. 59 


Inſtincte des beſeelten Lebens ſagen, da wir ſchon Allge⸗ 
andere Gelegenheiten uͤberkommen werden, das, Einlet 


was noch fehlt, hinlaͤnglich auszufuͤhren. mung. 


Aus allem was hier abgehandelt worden, wird 
nun ſo viel erhellen, daß alles lebe. Das Mine⸗ 
ralreich hat nur ein einfaches und zwar mechani⸗ 
ſches Leben, obgleich der Ausdruck ungewoͤhnlich, 
und daher uneigentlich iſt. Das Pflanzenreich 
hat ein gedoppeltes Leben, naͤmlich ein Mechani⸗ 
ſches und Organiſches, denn in ſoweit ihre Bewe⸗ 
gung aus dem Inſtincte des Gewichts (oder et⸗ 
was, das dem aͤhnlich iſt) entſteht, iſt jede 
Pflanze zugleich eine Maſchine. Das Thierreich 
hingegen hat ein dreyfaches Leben, naͤmlich ein 
Mechaniſches, Organiſches und Beſeeltes. 


In Abſicht auf das erſte iſt jedes Thier, 
auch der Menſch, eine Maſchine von auſſerordent⸗ 
lich kuͤnſtlichen und wunderbaren Bau. In Ab⸗ 
ſicht auf das zweyte hat ein Thier alles mit den 
Pflanzen gemein, und iſt wuͤrklich eine herumlau⸗ 
fende Maſchine und Pflanze. In Abſicht auf das 
dritte aber iſt es auch zugleich ein Thier, und 
es kann kein Thier ohne dreyerley Leben gedacht 
werden. Daß nun aber jedes Leben, und jeder In⸗ 
ſtict einen hoͤhern Urſprung habe, und der Grund 

ihres 


60 Allgemeine Einleitung 


Allge- ihres Daſeyns in dem Schöpfer ſelbſt liege, fol 


meine 
Einlei⸗ 
fung. 


ches wird nunmehr keines weitlaͤuftigen Beweiſes 
beduͤrfen. Denn aus ſeiner Allmacht entſtand 
die erſte Bewegung, und diefe wuͤrde ſchon zur 
Ruhe gekommen ſeyn, wenn er ſie nicht beſtaͤndig 
unterhalten haͤtte. Durch eben dieſe Allmacht 
ſind die organiſchen Koͤrper entſtanden und die Bil⸗ 
dung entworfen worden, nach welcher ſie ſich vereint, 
gen ſollten, denn er ſchuf jedes Ding nach ſeiner Art. 
Durch dieſe Allmacht endlich entſtunden auch alle 
Geiſter nach ihren Claſſen und Beſtimmungen, 
denn er legte einen lebendigen Athem in den Mer 
ſchen, und beſeelte die Thiere nach ihrer Art, 


Nun liegt, wie wir zu Anfang geſagt ha⸗ 
ben, nichts daran, wie ein Koͤrper geſtaltet iſt; 
wir haben nur auf die Art des Lebens acht zu 
geben, um zu wiſſen, wohin wir eine Creatur zu 
ordnen haben; denn es iſt möglich, daß etwas ei⸗ 
nem Steine aͤhnlich ſiehet, und doch ein organiſches 
Leben hat, und dann iſt es eine Pflanze. Es iſt 
auch moglich, daß etwas einer Pflanze ahnlich fies 
het, und doch ein beſeeltes Leben hat, und dann 
iſt es ein Thier. Es iſt aber auch endlich mög» 
lich, daß eine Creatur vollkommen einem Thiere 
gleiche, und doch keine Seele hat, und alsdann 
gehoͤret es doch nur unter die Pflanzen oder unter die 
Maſchinen. 155 


Wie 


vom vielfachen Leben der Creaturen. 61 


Wie weit es der Witz des Menſchen in den Allge⸗— 
mechaniſchen Kuͤnſten gebracht habe, davon ſind Euer 
viele bewundernswuͤrdige Beyſpiele bekannt und tung. 
zum Theil ganz neu. Man hat Statuen geſe⸗ 
hen, die durch eingemachtes Raͤderwerk, das Cla⸗ 
vier ſchlugen, Worte redeten, herumglengen, ein⸗ 
fache Handlungen vornahmen, und dergleichen. Wa⸗ 
rum ſollte es denn dem großen Werkmeiſter der Natur 
unmöglich geweſen ſeyn, Körper von einem thieris 
ſchen Anſehen zu erſchaffen, und verſchiedene Or⸗ 
ganiſationes in fie zu legen, durch welche ſie ſich 
bewegen, hin und her kriechen, ja eſſen und trin⸗ 
ken koͤnnen, ohne daß fie deswegen beſeelt find? 
Denn zum Eſſen und Trinken, zur mechaniſchen 
Verwechslung des Orts, zur Verdauung der 
Speiſen, zur Fortpflanzung des Geſchlechts, iſt ge⸗ 
wiß keine Seele noͤthig; denn ſonſt muͤſten alle 
Pflanzen auch Seelen haben, und folglich anges 
wachſene Thiere ſeyn. Auch wiſſen wir, daß die 
Natur keinen dreyfachen Inſtinct gebrauchen wer⸗ 
de, um ein Leben hervor zu bringen, das durch eis 
nen zweyfachen Inſtinct kann bewerkſtelliget werden. 


Wir haben daher nicht ohne Grund vlele 
Koͤrper, welche von neuern Naturforſchern unter 
die Thiere geordnet ſind, im Verdachte, und ſehen 
viele nur vor organiſche Körper an, wie ſehr wir auch 
die Wahrnehmungen eines Juſſieu, Baxter, Ellis, 
Donati, Pallas, und anderer gewiß großen und 
* ver⸗ 


62 Allgemeine Einleitung 


Allge- verdienſtvollen Männer, hochſchaͤtzen, und ihre En⸗ 


meine 


Einl i⸗ 


tung. 


deckungen treflich nutzen koͤnnen Denn wir zwei⸗ 
feln nicht an der Deutlichkeit ihres Geſichts, und 
an der Richtigkeit ihrer Abbildungen, ſondern, 
an dem Schluße, den ſie machen, daß ihre 
entdeckte Körper Thiere find, ehe fie bey vielen 


noch recht bewieſen haben, daß in ſolchen Koͤr⸗ 


perchen wuͤrkliche Seelen vorhanden ſind. 


Inzwiſchen wollen wir uns gerne mit ihnen 
vergleichen, und dieſe Körper alle unter die Thiere 
rechnen, weil ſie große Aehnlichkeit mit ihnen haben, 
wenn ſie auch nicht beſeelet ſeyn ſollten. Wir ge⸗ 
denken darum keinen Krieg anzufangen, vielweniger die 
von dem Ritter von Linne nun eimnal gemach⸗ 
e Elaßiftcation zu verwerfen. Es iſt genug, 
wenn wir uns nur von dem vielfachen Leben der 
Creatur richtige Begriffe machen, und Ah ie nach ſel⸗ 
bigen wee Wie 


In wie weit wit aber hierinnen den End⸗ 
zweck erreicht haben, oder nicht, ſolches uͤberlaſſen 
wir andern zur Beurtheilung, und merken nur noch 
an, daß die Betrachtung des dreyfachen Inſtincts 
des Lebens, uns gewiſſe Pflichten auflege, die wir 
den ene ſchuldig ſind. ö 


Es iſt nämlich fuͤr jeden Menschen lablich 


die N der Allmacht in der Creatur zu ſuchen, 
und 


vom vielfachen Leben der Creaturen. 63 


und nach Maaßgabe ſeiner Verfaſſung, auf die Alger 

Betrachtung und Unterſuchung der Natur begierig mans Ä 
Einlei⸗ 

1 aber 9122 tung. 


Es iſt 255 für den, der die Werke 5 7 
0 8 hat, nicht fein, vortrefliche und ſchoͤne 
Bildungen in der Natur, ohne Md und aus 13 5 
willen zu Rane 

Es ift cdlich 0 e eine beſeelte Crea 
tur aus Ueppigkeit zu plagen, zu martern, ihr 
ſeine Beduͤrfniſſe zu entziehen, und fie zum Seufzen 
b zwingen, oder ohne Noth und tyranniſch vom 
leben zu helfen: denn der thierifche Geiſt empfin⸗ 
det daruͤber ſeine Aengſten, und der Dr 
et Barinet KR, 35 1 Gh 


Ob nun gleich die babe 510 Jie 
der Bewegung, beſagte drey Hauptarten des Ser 
bens veranlaſſen, ſo iſt doch wohl anzumerken, 
daß jede Lebensart noch ihre Unterarten habe, und 
die beſondere aͤuſſerliche Verfaſſung einer jeden 
Creatur genauer beſtimme. 


Um dieſes zu beſtaͤttigen, duͤrfen wir nur das 
Gewicht, als den Inſtinct des mechaniſchen 
Lebens genauer betrachten; denn da wir die Laſt oder 
den Druck, dann die ausdehnende nnd anzie⸗ 


I ven 


64 Allgemeine Einleitung ic, 


Allge⸗ hende Kraft, alle unter die Claſſe des Ge⸗ 


meine 


Einlei⸗ 


tung. 


wichts ſetzen; da wir auch ferner wiſſen/ daß 
die organiſchen Koͤperchen bey dem or ganiſchen 
Leben ſehr verſchieden in Abſicht auf ihre Geſtalt 
ſeyn koͤnnen; da wir endlich den ver ſchiedenen 
Seelen auch ganz verſchiedene Vollkommen⸗ 
heiten zuſchreiben; ſo mögen wir dieſes als beſon⸗ 
dere Urſachen anſehen, warum eine Creatur ſich 
weit weniger bewege und rege als die andere; va⸗ 
rum dieſe Bewegungen ſo ſehr unterſchieden in ihrer 
Art und Abſicht ſind; ja warum einige Korper, 
wie die vier fuͤßigen Thiere, nur auf dem Lande; eis 
nige, wie die Voͤgel, nur in elner hohen und feie 
nen Luft; wieder andere, wie die Amphien, im Waß 
fer. und in der Luft zugleich leben koͤnnen und muͤſ⸗ 
ſen. Dieſe letztern ſind es, die den Ge⸗ 
genſtand des gegenwaͤrtigen dritten Theils aus⸗ 
Wahn ſollen. 


Einleitung 
Geſchichte der Amphibien. 


8 — 2 


as Wort Amphibium bedeutet ein Thier, Einlei⸗ 
das auf zweyerley Art leben kann, naͤm⸗ tung. 
lich im Waſſer und im Trockenen, und Was 
hierunter verſtunden die Alten alle ſol⸗ e 
che Thiere, von welchen ſie durch die Erfahrung ſa⸗ 1 
hen, daß fie einen Theil ihres Lebens im Waſſer und ei⸗ . 
nen andern Theil auf dem Lande zubrachten, es ſey nun, 

daß ſie ſich in einem oder dem andern Elemente eine 

längere oder fürzere Zeit aufhielten, oder in ihrer Le⸗ 

bensart ordentlich wechſelten. Ja man zog auch ſol⸗ 

che Thiere dahin, die ſich nur zuweilen in dem einen 

oder andern Elemente befanden, dahero denn auch 
Ottern, Biber und andere in dieſe Claſſe geordnet 
wurden. 

Um jedoch einigen Unterſchied zu machen, fo zahl Mey 
te man zwar alle vierfüßige Thiere zuſammen, wo⸗ nungder 
durch denn der Elephant und das Crocodill in eine Alten. 
Claſſe kommen muſten; aber man theilte fie in Les 
bendiggebäbrende und Eyerlegende ein, und 
hierdurch wurde ein großer Theil der Amphibien von 
den übrigen vierfüßigen Thieren abgeſondert. Es 
blieb aber doch eine große Menge Thiere uͤbrig, wel⸗ 
che ſich nicht unter die gemachte Beſtimmung bringen 
ließen, als zum Exempel die Schlangen; und die 
ſes veranlaſſete eine neue Claſſe, welche man durch 

Linne III. Theil. A den 


Einlei⸗ 
tung. 


Linnei⸗ 
ſche Am⸗ 
phibien. 


2 Einleitung. 


den Namen kriechende Thiere beſtimmte, wo⸗ 
rinnen jedoch abermals eine Menge Thiere von ganz 
verſchiedener Lebensart zuſammen kamen; die ſich 
gar nicht zuſammen ſchicken wollten, zum Exem⸗ 
pel Wuͤrmer und Schlangen. 5 

Das meiſte, was bey dieſen Eintheilungen die 

Ungewißheit vermehrte, war dieſes, daß die alten 
Schriftſteller vieler beſondern Thiere halben, unter 
ſich uneinig waren, wohin ſie ſelbige rechnen woll⸗ 
ten, und dieſes machte endlich, daß man ganz 
zweifelhaft wurde, was eigentlich ein Amphibium 
ſeyn oder nicht ſeyn ſollte? Denn wenn man ledi⸗ 
glich auf den Umſtand des beyderley Lebens ſehen 
will, ſo muß man auch ſolche Thiere hieher zaͤhlen, 
die wuͤrklich in die erſte Claſſe gehoͤren, welche ihre 
Jungen an Bruͤſten ſaͤugen, als das Nilpferd, die 
Seekuh und andere, oder man muß viele aus die⸗ 
ſer Claſſe weglaſſen, fuͤr welche man keinen ſchick⸗ 
lichen Ort finden wuͤrde, wohin ſie zu ordnen 
waͤren. . 
Es hat dahero der Kitter den aͤuſſerlichen Um⸗ 
ſtand des beyderley Lebens gar nicht zum beſtimmten 
Kennzeichen dieſer Claſſe angenommen, ſondern 
ganz andere Merkmale zum Grunde geleget; das 
bey aber ſich der allgemeinen Benennung bedienet, 
und in Ruckſicht, daß doch der groͤßte Theil dieſer 
Thiere in und auſſer dem Waſſer leben koͤnne, den 
Namen Amphibien benbehalten. 

Die Kennzeichen alſo, welche er dieſer ganzen 
Claſſe zuſchreibet, ſind eine einzige Herzkammer, und 
ein einziges Herzohr, ein kaltes und rothes Blut, 
und dabey willkuͤhrliche Lungen zum Athem hohlen, 
auch eine doppelte Ruthe. Durch dieſe Merkma⸗ 
le unterſcheiden ſich alſo alle ſogenannte Amphi⸗ 
bien von den uͤbrigen Claſſen gaͤnzlich, wie mit meh⸗ 
rerer Deutlichkeit aus der Tabelle zu erſehen iſt, die 
wir im erſten Theile pag. 45. mitgetheilet Nen 

ind: un 


in die Geſchichte der Amphibien. 3 


Nun kam es allerdings darauf an, was fuͤr Einlei⸗ 
Thiere man in der Welt antreffen würde, die dieſe Merk- tung. 
male an ſich haͤtten, und da fanden ſich Thiere 
mit vier Füßen, Thiere ohne Füße, und auch ſchwim⸗ 
mende Thiere. Dieſes veranlaßte den Ritrer drey 
Hauptorduungen zu machen, nämlich kriechende, 
ſchleichende und ſchwimmende Amphibien. 


So wenig ſich demnach der Bitter ehedem 
an die aͤuſſerliche Geſtalt der Wallfiſche und anderer 
Fiſche gebunden hat, daß er ſie nicht mit zur erſten 
Elaſſe gezogen hätte, wenn ſie ihre Jungen ſau⸗ 
gen: eben ſo wenig traͤgt derſelbe auch jetzo Beden⸗ 
ken, verſchiedene Fiſche mit in diefe Claſſe zu brin⸗ 
gen; weil man obige Kennzeichen, naͤmlich kaltes und 
rothes Blut, eine einzige Herzkammer mit einem 
Ohr, willkuͤhrliche Lungen und eine doppelte Ruthe 
an ihnen fand; und wie immer einen Tag nach dem 
andern neue Entdeckungen in der Natur geſchehen, 
alſo hat man ſich auch nicht zu wundern, daß in der 
zwoͤlften Ausgabe eine weit größere Anzahl Fiſche 
unter die Amphibien gebracht iſt, als in der zehnten. 
Denn in der zehnten Ausgabe waren nur noch die 
Chondropterygii, oder Fiſche mit knoͤrpelichten 
Floſſen, unter die Amphibien gezaͤhlet, jetzo aber 
ſtehen auch die Branchioſtegi, oder Fiſche mit 
Beinohren dabey. Ja es hat ſich ſogar ein neues 
Thier gefunden, welches gleichſam den Anfang zu 
einer vierten Ordnung unter dem Namen gehende 
Amphibien macht, und in des Ritters Amoe- 
nit. acad. VII. pag. 32 J. Tab. 25. beſchrieben und 
abgezeichnet iſt. Weil aber der Ritter ſolche in dieſer 
zwoͤlften Ausgabe nicht ordentlich in den Text einge⸗ 
Walter, ſondern nur in den addendis angefuͤhret hat, fo 
wollen wir es auch einſtweilen weglaſſen, und es in 
dem letzten Theile, wo ſich der Anhang zu jeder Claſ⸗ 
fe finden wird, umſtaͤndlich betrachten. 


* 22 Was 


4 Einleitung 


Einleſ, Was die allgemeinen Eigenſchaſten der 
tung. Amphibien betrift, fo kommen fie in verſchiedenen 
Umftänden ziemlich mit einander überein Denn 
erſtlich iſt ihr aͤuſſerliches Anſehen unter allen Ihies 
ren etwas unangenehm, ja zum Theil fuͤrchterlich 
und ſchaudernd. Man kann ſchwerlich glauben, 
daß Vorurtheile oder Auferziehung allein die Ur⸗ 
ſachen ſeyn, warum faſt die mehreſten Menſchen 
an dieſen Thieren nicht denjenigen Reiz finden, den 
ſie an den Voͤgeln oder andern Thieren entdecken, 
ja warum ſie vielmehr bey dem Anblick der Amphi⸗ 
Geſta lt. bien erſchrecken; vermuthlich wolte der Schöpfer 
dieſen Eckel wider ſolche Thiere darum in uns 
legen, daß wir behuthſam ſeyn, und ihnen nicht gar 
zuviel zutrauen ſollten, weil viele den Menſchen ſchaͤd⸗ 
lich ſind. Gewiß iſt es wenigſtens, daß die meiſten 
heßlich ausſehen, eine garſtige, unangenehme Far⸗ 
be haben, und mit einem widerwaͤrtigen und oͤfters 
ſtinkenden Geruch begleitet werden. Ihre Haut 
iſt kahl, ſchleimig und kalt, die Stimme heifcher, 
das Geſicht heimtuͤckiſch, der Gang oder die Bewe⸗ 
gung traͤge, das Gerippe knoͤrpelartig, das Leben 
Gift. zähe, der Aufenthalt in garſtigen Oertern, und ein 
großer Theil unter ihnen hat ein ſtarkes Gift bey 
ſich, oder iſt ſonſt dem Menſchen gefaͤhrlich; fo daß 
es noͤthig iſt, ſie genau zu kennen, wenn man ſich 

Per keinen Schaden zuziehen will. 
ene Etliche unter denſelben verwandeln ſich, ande⸗ 
lungen, re legen nur ihre Haut ab, einige legen Eyer, an⸗ 
und dere bringen ihre Jungen nackend zur Welt. Ver⸗ 
Ders fchiedene leben entweder nur im Waffer, oder auf 
benen. der Erde, andere bringen ihre Zeit wechſelsweiſe in 
benden Elementen zu, wieder andere find eine lange 
Zeit allein in einem, und hernach wieder in einem 
andern Elemente. Manche ſind aͤuſſerlich bewaf⸗ 
net, verſchiedene aber nicht. Auch iſt das Athem⸗ 
hohlen derſelben unterſchieden, denn bey einigen ge⸗ 
ſchiehet 


in die Geſchichte der Amphibien. 5 


ſchlehet es nur allein durch die Lungen, und bey Einlei⸗ 
andern gehet es theils durch die Lungen, theils aber tung. 
auch zugleich durch aͤuſſerliche Werkzeuge vor ſich: 

wie wir hernach bey jeder Ordnung, Geſchlecht und 

Art umſtaͤndlicher anzeigen werden. Denn da die 
aͤuſſerliche Geſtalt und Lebensart dieſer Thiere ſo 

ſehr verſchieden iſt, ſo laͤſſet ſich im allgemeinen nicht 

viel von ſelbigen ſagen, ohne Verwirrung zu erregen, 

dahero wir bey jeder Art das merkwuͤrdige beſonders 
beyfuͤgen muͤſſen. 

Man hat es inzwiſchen den neuern Entdeckun⸗ 
gen, dem mehr und mehr anwachſenden Eifer und 
den genauen Beobachtungen der Naturforſcher zu 
danken, daß wir von dieſer Claſſe der Thiere jetzo 
ſo viele zuverlaͤßige und genaue Nachrichten haben, 
und weit mehr davon zu ſagen wiſſen, als vormals 
bekannt geweſen iſt. Denn die Alten haben nur 
unvollſtaͤndige und zum Theil fabelhafte Berichte 
von den mehreſten Amphibien gegeben. Wenige 
Schriftſteller gaben ſich mit ſelbigen anders, als 
etwa bloß zufaͤlliger Weiſe ab, und wußten oft von 
ihren beygefuͤgten Abbildungen wenig Gewiſſes zu 
ſagen. Ja man traf unter ſelbigen zuwellen praͤch⸗ 
tige Zeichnungen von Amphibien an, deren Das 
ſeyn man doch billig in Zweifel ziehet, oder die 
wenigſtens noch niemanden in Natur zu Geſicht 
gekommen ſind, wie ſolches zum Exempel die vle⸗ 
len fabelhaften Erzaͤhlungen, und erdichteten Ab⸗ 
bildungen der Drachen und Baſilisken beſtaͤttigen. 

Um nun die wahren Amphibien kennen zu ler⸗ 
nen, ſo ſchreiten wir jetzo zu einer naͤhern Beſtim⸗ 
mung ihrer Ordnungen und Geſchlechter, ſo wie 
fie von dem Ritter zuerſt überhaupt angefuͤhret, 
und hernach durch mehr entſchiedene Merkmale ere 
flaͤret worden find, 


A 3 Ein⸗ 


6 Eintheilung der dritten Claſſe, 


5 5 n 
6 * 70 —̃—— 


Eintheilung 
der dritten Claſſe 


von den Amphibien. 


-— — 


Einthei⸗ S 1 Thiere dieſer ganzen Claſſe werden alſo, 


u 2 5 wie aus der Einleitung zu erſehen iſt, nur 
Claſſe. um deßwillen Ampbibien genennet, weil die mei⸗ 
ſten derſelbigen ſowohl im Waſſer als auf der 
Erde leben koͤnnen, obgleich ſolches nicht ſchlechter⸗ 
dings bey allen ſtatt findet. Weil ſich das Wort 
Amphibium bereits in der deutſchen Sprache ein 
Recht erworben hat, ſo wollen wir auch bey dieſer 
Benennung bleiben. Die Kennzeichen aber find fol 


gende; 
Dritte Claſſe. Amphibien. 
Amphibia, 
Kennzei⸗ Das Serz hat nur eine Kammer, ein Ohr und 
chen der rothes kaltes Blut. 


dritten 
Claſſe Das Blut hat einen langſamen Kreislauf und 
eine traͤge Bewegung. | 
Die Lungen athmen willkuͤhrlich, und die Ein 
und Ausathmung iſt einander gleich. 
Die Lungenblaͤs gen find groß, und werden bey 
ellichen in dem Geſchaͤfte der Athemholung 
durch 


von den Amphibien, 5 


durch die Bewegung aͤuſſerlicher Werkzeuge Einthei⸗ 
unterſtuͤtzet. lung der 
Die Knochen find knoͤrpelartig. Classe 


Die Ruthe iſt gedoppelt. 


Es iſt leicht einzuſehen, daß dieſe Kennzeichen 
alſo beſchaffen ſind, daß weit mehr Thiere in dieſe 
Claſſe koͤnnen gebracht werden, als man ehedem un⸗ 
ter Amphibien verſtund. Denn der Herr Klein theil⸗ 
te ſeine Amphibien nur in ſolche ein, die Schilde 
fuhren, als die Schildkroͤten; die ganz gepanzert 
ſind, als die Krokodille; und die eine nackte Haut 
haben, als Eidechſen, Froͤſche und dergleichen. 
Doch funden die Schlangen keinen ſchicklichen Platz; 
daher der Herr Briſſon eine Abtheilung von krie⸗ 
chenden (reptiles) macht, in welcher nur zwey lin⸗ 
neiſche Ordnungen Platz fanden. Weil ſich aber 
unter obige Kennzeichen auch gewiſſe Arten von Fi⸗ 
ſchen bringen laſſen, ſo erfordert die Natur der Sa⸗ 
che eine ganz andere Eintheilung. Es macht naͤm⸗ 
lich der Kitter in ſeiner zwoͤlften Ausgabe zuerſt 
folgende drey Ordnungen: 1.) Kriechende. 2.) 
Schleichende, und 3.) Schwimmende, deren allge⸗ 
meine Kennzelchen dieſe ſind: 


1 4 Kenn’ 


8 Eintheilung der dritten Claſſe, 
Einthei⸗ Kennzeichen 
lung der N * 
ei. der drey Ordnungen 
in der dritten Claſſe, 
welche die Amphibien enthält, 


J. Ordnung. Kriechende. Reptiles, 
4. Geſchlechter. 


Linnei⸗ Sie haben Lungen, und hohlen durch den Mund 

ya Athem. ö 

chen der Vier Süffe, mit welchen fie einen kriechenden 

Ordn. Gang verrichten, weßwegen ſie von den Al⸗ 
ten unter die vierfuͤßigen Thiere geordnet 
wurden. Etliche derſelben ſind giftig. 


II. Ordnung. Schleichende. Serpentes. 
6. Geſchlechter. 


Sie haben Lungen, und athmen durch den 
Mund. 


Sie find mit keinen Süffen verſehen. 

Es mangeln ihnen auch Floſſen zum ſchwimmen. 
Der Kopf hat gar keine Ohren. 

Der zehnte Theil iſt giftig. 


III. Ord⸗ 


von den Amphibien, 9 
III. Ordnung. Schwimmende. Nantes. einthei⸗ 


lung der 


14. Geſchlechter. dritten 


| Claſſe. 
Sie haben nicht nur Lungen, ſondern auch aͤuſ⸗ M 
ſerliche Werkzeuge, mit welchen zuſammen 
ſie willkuͤhrlich Athem hohlen. 
Der Körper iſt mit Stoffen beſetzt, welche knoͤr⸗ 
pelichte Finnen haben, dahero ſie unter die 
Fiſche geordnet waren. 
Etliche derſelben ſind giftig. 
Es macht aber der Ritter in dieſer letzten Ord⸗ 
nung zwey Abtheilungen. Zu der erſten gehoͤren nur 
vier Geſchlechter, welche verſchiedene, oder zuſam⸗ 
mengeſetzte Werkzeuge der Athemhohlung beſitzen; 
und zu der andern werden zehn Geſchlechter ge⸗ 
zaͤhlet, deren Werkzeuge der Athemholung nur ein⸗ 
fach und einzeln ſind. 
Es find folglich überhaupt vier und zwanzig Ges 
ſchlechter, deren allgemeine Kennzeichen von dem Rit⸗ 
ter einſtweilen folgender Geſtalt beſchrieben werden. 


Kennzeichen 


der 24. Geſchlechter, 


welche in vorbeſchriebenen III. Ordnungen 
enthalten ſind. 


1. Ordnung. Kriechende. Reptiles, 
4. Geſchlechter. Lime 


319, Die Schildkroͤte. Teſtudo. Der Koͤr⸗ Kennzei⸗ 
per iſt mit einer harten Schaale bedecket. Ge N 
31, Arten. ſchlech⸗ 
As 120. Der ier. 


10 Eintheilung der dritten Claſſe, 
Einthei⸗ 120. Der Froſch. Rana. Der Koͤrper iſt nackt, 


lung der hat keine Schaale, und auch keinen Schwanz. 
dritten 17. Arten. 
Claſſe. 


12 1. Der Drache. Draco. Der Körper hat 
Fluͤgel zum fliegen. 2. Arten. 

122. Die Eidechſe. Lacerta. Der Koͤrper 
iſt nackt, hat weder Schaale noch Flügel, aber 
einen Schwanz. 48. Arten, 


II. Ordnung. Schleichende. Serpentes. 
6. Geſchlechter. 


123. Die Klapperſchlange. Crotalus. Der 
Koͤrper und der Schwanz ſind beyde mit Schil⸗ 
den umgeben, und der Schwanz führe eine 

Klapper. F. Arten. 

124. Der Serpent. Boa. Der Koͤrper und 
der Schwanz ſind beyde gleichfalls mit Schil⸗ 
den umgeben, aber der Schwanz hat keine 
Klapper. 10. Arten. 

125. Die Natter. Coluber. Der Bauch iſt 
mit Schilden, und der Schwanz mit Schup⸗ 
pen beſetzt. 97. Arten. 

126. Die Schlange. Anguis. Der Bauch 
und der Schwanz ſind beyde mit Schuppen 
beſetzt. 16. Arten. 

127. Die Kingelſchlange. Amphisbaena. 
Der Bauch und der Schwanz ſind beyde ge⸗ 
ringelt. 2. Arten. 

128. Blindſchleiche. Coecilia. Die Selten 
des Körpers haben nackte Runtzeln. 2. Arten. 


III. Ord⸗ 


von den Amphibien. 11 
III. Ordnung. Schwimmende. Linchel 


lung der 
Nantes. dritten 


14. Geſchlechter. e 


* A. Mit zuſammengeſetzten oder vielen 
Luftwerkzeugen. 


129. Dricken. Petromyzon. Sieben Luftloͤ⸗ 
cher an den Seiten des Kopfs. 3. Arten. 

130. Rochen. Raja. Fünf Luftloͤcher unten 
9. Arten. 

13 1. Hayfiſche. Squalus. Fuͤnf Luftloͤcher an 
den Seiten. 15. Arten. 

132. Seedrachen. Chimaera. Ein Luftloch, 
dag in vier Ritzen abgetheilet iſt. 2. Arten. 


B. Mit einem einfachen Luftwerkzeug. 


133. Seeteufel. Lophius. Zwey Bauchflof⸗ 
ſen und einen gezaͤhnelten Mund. 3. Arten. 

134. Störe. Acipenſes. Zwey Bauchfloſſen 
und einen ungezaͤhnelten Mund. 3. Arten. 

135. Hornfiſche. Baliſtes. Eine einzige Bauch⸗ 
floſſe, die wie ein Kiel anliegt. 8. Arten. 

136. Beinfiſche. Oſtracion. Ohne Bauch⸗ 
floſſen, aber der Koͤrper iſt mit einem kno⸗ 
chichten Panzer bedeckt. 9. Arten. 

137. Stachelbäuche. Tetrodon. Der Bauch 
iſt mit keinen Floſſen , aber wohl mit Stacheln 
beſetzt. 7. Arten. 

138. Igelfiſche. Diodon. Der ganze Koͤrper 
iſt mit Stacheln beſetzt, der Bauch ohne Floſ⸗ 
fen. 2. Arten, 

139. Meer⸗ 


12 Eintheilung der dritten Claſſe. 
Einthes 139. Meerhaſen. Cyclopterus. Am Bauch 


lung der ſind zwey Floſſen, die in einem Kreiße an ein⸗ 
ae ander gewachſen find. 3. Arten. 


140. Schildfiſche. Centriſcus. Die Bauch⸗ 
floſſen ſind miteinander vereinigt, und der 
Körper mit einem ruͤckgradartigen Panzer bes 
deckt. 2. Arten. 


141. Stadelfiſche. Syngnathus. Sie haben 
keine Bauchfloſſen, und der Körper iſt aus Ges 
lenken zuſammen geſetzt. 7. Arten. 


142. Meerpferde. Pegaſus. Der Bauch hat 
zwey Bauchfloſſen, und der Körper iſt aus 
Gelenken zuſammen geſetzt. 3. Arten. 


Dieſe ſind nun die ſaͤmtlichen Geſchlechter, 
welche miteinander 291. Arten enthalten , deren Ber 
ſchreibung wir jetzo vor uns nehmen, ihre beſondern 
Kennzeichen nach dem Linne genauer beſtimmen, und 
alles Merkwuͤrdige aus ihrer Geſchichte anführen 
werden. Ä 


Drit⸗ 


| | 13 
Pe rn SW ee 


90 Dritte Claſſe. 
Die Amphibien. 


— 


1. Ordnung. Kriechende Amphibien. 
Reptiles. | 


W' nennen die ganze Ordnung dieſer Ihie 1, Hr, 
re nicht gehende, ſondern kriechende Am⸗Benen 
phibien, welches auch wohl die eigentliche Abſicht nung. 
des Ritters ſeyn moͤgte, denn der Gang dieſer 
Thlere iſt bey den meiſten ſchleichend, wie bey den 
Schildkroͤten und Froͤſchen, und obgleich die Ey⸗ 

1 1 2 ziemlich geſchwinde fortkommen koͤnnen, ſo 
haͤngt ihr Koͤrper doch nahe bey der Erde, und 
ſchleicht, wegen der kurzen Fuͤße, nur uͤber der Er⸗ 

de weg, zu geſchweigen, daß die Eydechſen auch 

in dem ſtaͤrkſten Lauf den Menſchen nicht entfliehen 
können. Einer neu entdeckten Ordnung, derer wir 

in der Eintheilung gedacht haben, mag man den 
Namen gehende Amphibien geben; ſo wie 

wir die Thiere der zweyten Ordnung, naͤmlich die 
Schlangen, Schleichende, und nicht kriechende 
genennet haben, weil man unter Kriechen allezeit 

eine kretſchende Bewegung verſtehet, die mit den 
Fuͤßen, oder mit den Knien, oder mit gleichſam ab⸗ 
gekuͤrzten Beinen geſchiehet, welcher Ausdruck ſich 
demnach zu der jetzigen Ordnung am beſten ſchickt. 


Ob⸗ 


14 Dritte Cl. I. Ord. Kriechende Amphib. 


Kennzei⸗ Obgleich nun die Thiere dieſer Ordnung in 

chen. ihren Geſchlechtern gar fehr von einander unterſchie⸗ 
den ſind, und keine Aehnlichkeit mit einander ha⸗ 
ben (denn eine Schildkröte und Eydechſe ſehen 
einander wenig gleich) ſo kommen ſie doch darinnen 
mit einander uͤberein, daß ſie vier Fuͤße haben, 
und mit einander durch den Mund Athem hohlen. 
Wie und worinnen ſie ſich aber von einander un⸗ 
terſcheiden, wird die Beſchreibung der Geſchlechter 
lehren, welche der Nummer nach, auf das letzte 
Geſchlecht der Voͤgel, in dieſer Ordnung folgen: 


119. Ge⸗ 


15 


119. Geſchlecht. Schildkroͤten. 
Reptiles: Teſtudo. 


I eftudo iſt von Teſta oder Schale abgelei⸗ Geſchl. 
tet, und dieſen Thieren als ein allgemeiner Beuen⸗ 

Name beygelegt, weil fie über dem Körper eine nung. 

harte Schale haben. Man nennet fie auch Do- 

miporta, weil ihnen die Schale gleichſam zu ei⸗ 

nem Hauſe dienet, das fie überall mit ſich fuͤhren; 

auch Tardigrada, weil ſie einen langſamen Gang 

haben. Griechiſch Chelöne; franzoͤſiſch Tor- 

tue; engliſch Tortoiſe; italiaͤniſch Teſtudine 

und Tartaruca; ſpaniſch Tartuga; hollaͤndiſch 

Schildpad, wie bey uns Schildkröte, weil fie 

das Anſehen einer Kroͤte haben. f 


Die Kennzeichen dieſes Geſchlechts find ein hier; Geſchl. 
füßiger Körper, welcher, wle ſchon aus den Be, Kennzei⸗ 
nennungen erhellet, mit einer harten Schale be; chen. 
deckt iſt, und einen Schwanz hat. Die Kiefer 
des Mundes ſind nackigt und haben keine Zaͤhne. 

Was aber die beſagte harte Schale betrift, ſo be⸗ 
ſtehet ſie aus zweyen harten knochichten Stuͤcken, 
davon das eine den Ruͤcken, das andere aber den 
untern Koͤrper bedeckt. Dasjenige, das den Ruͤcken 
bedeckt, iſt gewoͤlbet, und faͤßt die Rippen in ſich, 
die auf einem ordentlichen Ruͤckgrade heraustret⸗ 
ten, und das untere Stuͤck iſt fuͤr nichts anders, 

„ als ein ausgebreitetes flaches Bruſtbein (Sternon) 
anzuſehen, an deſſen Rande das obere Stuͤck an⸗ 
gewachſen iſt, ſo daß das Schild den ganzen Koͤr⸗ 
per umſchließt, und nur zwey Oefnungen hat, ß 


16 Dritte Cl. I. Ord. Kriechende Amphib. 


lich vornen, aus welcher der Kopf und die Voͤrder⸗ 
fuͤße, und hinten, woraus der Schwanz und die 
Hinderfuͤße hervortreten, die ſie aber auch alle ein⸗ 
ziehen, und unter der Schale verbergen koͤnnen. 
Dieſe knochichte Subſtanz iſt auf mancherley Art 
in Feldlein abgetheilet, und bey manchen, vorzuͤg⸗ 
lich den groͤßern. Arten in Afien und Africa, 
mit Blaͤttern belegt, welches das hornartige be⸗ 
kannte Schildkroͤt iſt. 


Eigen⸗ Etliche derſelben leben im Waſſer andere auf 

ſchaften. dem Lande, und haben ſaͤmtlich ein zaͤhes Leben, ſo 
daß ſie ſich noch vierzehn Tage hernach bewegen, 
nachdem man ihnen ſchon den Kopf herunter geſchnit⸗ 
ten hat. Sie ſind ferner in der Begattung ſehr 
langſam, indem ſolche oͤfters einen Monat lang 
dauert. Sie legen alle miteinander Eyer, die mit 
elner haͤutigen Schale, wie die Windeyer der 
Huͤhner, umgeben ſind, und naͤhren ſich von ſehr 
wenigen Feuchtigkeiten, ſo daß man ſie auf lange 
Zeit in einem feuchten Keller, ohne alle andere Nah⸗ 
rung friſch und lebendig erhalten kann. Ihre große 
Aehnlichkeit macht die Beſtimmung der Ver⸗ 
ſchledenhelt muͤhſam, davon der Bitter folgende 
funfzehn Arten angiebt. 


Kader 1. Das Lederſchild. Teſtudo Coriacea. 


Se Wir nennen dieſe Schildkroͤte, nach dem Bey⸗ 
cea. ſpiel des Bitters, Lederſchild, indem die Schale 
nicht mit harten Schilden, ſondern nur mit einer le⸗ 
derartigen Haut bedeckt iſt. Es iſt aber der 
Ruͤcken dieſer Schildkroͤte nicht, wie die andern, or⸗ 
dentlich gewoͤlbet, ſondern es macht das Gewoͤlbe 
des Ruͤckens viele Ecken. Die Fuͤße dieſes Thie⸗ 
res endigen ſich in Floſſen, (daher es zu den See⸗ 
Schildkroͤten muß gerechnet werden, ) und haben 


auch 


119. Geſchlecht. Schildkroͤten. 17 
auch keine Naͤgel. Bey der Zergliederung ſolcher 
Floſſen findet man ordentliche Merkmahle der Fin⸗ 
ger oder Zaͤhen, mit ihren verſchiedenen Gelenken, 
die aber zwiſchen einer gedoppelten Schwimmhaut 
ganz verwachſen ſind. Der Schwanz beſtehet aus 
einem ſiebeneckigten runden Gliede, welches an den 
ſieben Ecken die Länge herab ſieben Rippen oder Er⸗ 
hoͤhungen zeiget, und iſt kein fleiſchigter Klumpe, 
ſondern ein verlaͤngerter Fortſatz des Ruͤckgraͤds, 
ſo aus verſchiedenen, allmaͤhlig duͤnner und endlich 
ganz ſpitzig zugehenden Wirbelbeinen, beſtehet. Man 

ndet dieſe Art im Mittellaͤndiſchen, felten aber 
m adriatiſchen Meer. 


2. Die Schuppenſchild. Teſtudo Im- 
bricata. 

Die jetzige Art mag den Namen Schuppenſchild 2. 

führen, denn das knsochichte Schild iſt mit Schild» Schup⸗ 

kroͤtplatten belegt, die wie die Fiſchſchuppen, oder, ſchild 

(nach der linneiſchen Benennung) wie die Dach⸗ Imbrie 

ziegel unter einander geſchoben find, Dieſe Meere cata. 

ſchildkroͤte iſt in den Aſtatiſchen und Americani⸗ 

ſchen Meeren ſehr gemein, und liefert den Kuͤnſt⸗ 

lern das bekannte Schildkroͤt, welches ſie auf man⸗ 

cherley Art verarbeiten, indem ſie es erweichen, 

nach Gefallen biegen, ſchneiden und formiren, und 

davon Tobacksdoſen, Kehrbuͤrſtenblaͤtter, Spiegel; 

lelſten, Kaͤmme, und allerhand andere Sachen und 

Einfaſſungen verfertigen, wozu ſie lediglich die be⸗ 

ſagte Blaͤtter, die fie Carett nennen, gebrauchen. 

Das ganze Schild aber hat eine vollkommen herz⸗ 

foͤrmige Geſtalt, iſt oben ſehr hoch und etwas fpis 

tzig gewoͤlbet, unten baͤuchicht, einigermaſſen kielfoͤr⸗ 

mig, und an dem Seitenrande ſaͤgefoͤrmig gezackt. 

Der Schwanz iſt ſchuppigt, und die Fuͤße endigen 

ſich in Schwimmfloſſen. An dieſer Art iſt der Kopf 
Linne III. Theil. B klein, 


18 Dritte Cl. 1 Ord. Kriechende Amphib. 


klein, und hat einen ungezaͤhnelten Mund, der das 
Anſehen eines krummen, Vogel- oder Habichtsſchna⸗ 
bels hat, daher ſie auch von den Seefahrern oͤfters 
Papegaje Bekken, oder Papageyſchnaͤbel genen⸗ 
net werden. Das Schild hat vierzehn Schildkroͤt⸗ 
blaͤtter, ohne diejenigen zu rechnen, welche den brei⸗ 
ten Rand ausmachen, und jedes Blat iſt etwa eine 
Spanne und etwas daruͤber lang, denn man findet von 
dieſer Art ſolche, die einen drey Schuh langen, und 
dritthalb Schuh breiten Körper haben. Die für 
gefoͤrmigen Zacken des Randes, entſtehen nur von 
den Spitzen der übereinander geſchobenen Blaͤtter, 
womit der breite Rand belegt und eingefaſſet iſt, und 
die Blaͤtter von dieſer Schildkroͤte geben das aller» 
ſchoͤnſte Schildkroͤt, indem ſich helle- und dunkelka⸗ 
ſtanienbraune Flecken, in einen halb durchſichtigen 
hochgelben Grund, wie Wolken herumziehen 


3. Die n Teſtudo My- 
a8. 


Man muß hier nicht Mydas und Midas vor 
einerley halten, denn der Name ſoll nicht Midas 
ſeyn, der ſeiner Ohren wegen beruͤhmt iſt, ſondern 
Mydas, und iſt eines griechiſchen Urſprungs; 
man mag ihn nun entweder von Mydazomai, ei- 
nen Grauen vor etwas haben, oder von My- 
dao, in Feuchtigkeit und vielen Moraſt leben 
und damit ausgefuͤllet ſeyn, herleiten, ſo kann 
es beydes auf dieſe Schildkroͤte ſehen, denn ſie ſie⸗ 
het ſcheuslich genug aus, und ihre Lebensart iſt im 
Waſſer. Wenigſtens wurde der Name Mydas den 
Meerſchildkroͤten uͤberhaupt ſchon vor Alters, und 
dieſer Art ins beſondere von dem Seba benygeleget. 
Wir aber wollen ſie, da ſie eben die groͤßte Art iſt, 
und wuͤrklich zu einer rieſenmaͤßigen Größe waͤchſt, 
die Kieſenſchildkroͤte nennen. | 

Das 


119. Geſchlecht. Schildkröten. 19 


Das Kennzeichen diefer Art, wodurch fie ſich Kenngeis 
von der vorigen unterſcheidet, iſt erſtlich ihr längs chen. 
lichtes Schild, welches nicht herzformig, ſondern ey» 
foͤrmig iſt, ſodann dieſes, daß die Füße, die ſich 
gleichfalls in Floſſen endigen, mit Klauen oder Naͤ⸗ 
geln verſehen find, fo daß die Voͤrderfloſſen zwey Näs 
gel, und die hintern nur einen haben. Doch trift 
man auch ſolche an, die an jeder Floſſe nur einen ein⸗ 
zigen ſpitzigen Nagel beſitzen, es muͤßte denn dleſer 
Umſtand nur von dem Alter herruͤhren, daher wir 
auch in der Abbildung Tab. I. fig. 1. 2. 3. große 
und kleine mittheilen, und weil dieſe Art diejenige 

iſt, von welcher die Neifenden das meiſte zu erzählen 
wiſſen, ſo wollen wir auch bey dieſer Gelegenheit eine 
etwas ausfuͤhrliche Nachricht davon geben. 


Es kommen naͤmlich dieſe Geſchoͤpfe am häufige Per. 
ſten am Strande des großen Weltmeers zwiſchen den ſchieden⸗ 
beyden Wendezirkeln vor, abſonderlich halten ſie ſich heit. 
an vielen nicht ſehr, oder gar nicht bewohnten In⸗ 
ſeln auf, und die Inſel I’ Aſcenſion iſt vorzüglich 
dieſer Thiere wegen beruͤhmt. Es haben aber die 
Reiſenden ſowohl verſchiedene Arten, als auch vers 
ſchiedene Größe an ihnen wahrgenommen. Was die 
Arten betrift, fo reden fie von Habichtsſchnaͤbe⸗ 
lichten, von grünen und von dickkoͤpfichten 
Schildkröten, die alle drey eßbar ſind. Die erſte 
Art haben wir ſchon oben N. 2. beſchrieben. Die 
zweyte iſt die größte und unter allen die ſchmackhaf⸗ 
teſte, indem ſie ein ſo zartes und angenehmes Fleiſch 
hat, daß man es dem Huͤhnerfleiſch vorziehet, und 
da die Schale etwas gruͤnlicht ausſiehet, fo wird fie 
auch die gruͤne Schildkröte genennet; franzoͤſiſch, 
Tortue franche; engliſch, Turtle; und dieſe 
Art iſt dann die naͤmliche, welche der Ritter jetzt 
unter dem Namen Mydas vorſtellet. Aber die Dich, 
koͤpfigte iſt zum eßen die ſhle ee dienet daher faſt 

f B 2 zu 


Groͤße. 


Aufent⸗ 
halt. 


20 Dritte Cl. I. Ord. Kriechende Amphib. 


zu nichts, als um den Tran oder ein Oel daraus zu 
ſchmelzen. Die Engellaͤnder nennen dieſelbe 
Logger-Head, und die Franzoſen Caouanne. 
Sie ift beſchwehrlich zu fangen, weil fie gewaltig 
beißt und um ſich ſchlaͤgt. 


In Anſehung der Große, fo zeigen ſchon die 
eckel, die man in den Cabinetten aufbehaͤlt, daß 
fie betraͤchtlich iſt, denn man hat Schilde wie die 
Stubenthuͤren, und die Indianer, beſonders die 
Megern, machen Kaͤhne, Daͤcher und Zelter davon, 
und in der Verarbeitung brauchen ſie ſelbige, um 
Schilde, Harniſche und auch Troͤge, Koffer und 
dergleichen daraus zu machen; wenigſtens koͤnnen ſechs, 
ſieben und mehrere Perſonen auf einem Schilde ſte⸗ 
hen, und das Thier hat nach Verhaͤltniß des Schil⸗ 
des eine große Kraft, indem es mit eben ſo vielen 
Menſchen weglaͤuft, als ſich darauf ſtellen koͤnnen. 
Jedoch ſcheinet es, daß man keine gefunden, die über 
neun Schuhe lang waͤren. 


Da es indeſſen lauter Meerſchildkroͤten ſind, ſo 
trift man ſie wenig auf dem Lande an, nur haben ſie 
gleichſam ihren eigenen Sammelplatz auf einer Inſel, 
als zum Exempel auf der Inſel Caiman, in dem 
mexicaniſchen Meerbuſen, ſuͤdwaͤrts der Inſel Cu⸗ 
ba; ſodann auf der Inſel ! Aſcenſion im atlanti- 
ſchen Meere, und auf Rodriguez im indianis 
ſchen Meere. Wie ergiebig die Ufer der Reiche 
Peru und Chili ſind, kann man aus der Reiſe des 
Admirals Anſons, und aus ſeinem Aufenthalte bey 
Juan Fernandez ſehen, wo zugleich Nachricht zu 
finden, wie ſich das Schifsvolk durch das Eſſen die⸗ 
ſer Schildkroͤten erquickt, und ſich vom Scharbocke 
curiret habe, indem fie die Zeit beobachteten, wann dieſe 
Thiere aus der See nach dem Strande zu ſchwam⸗ 
men, da ſie denn bey der Gelegenheit eine große 
Menge derſelben fiengen. Auſſerdem aber trift 08 

8 au 


119. Geſchlecht. Schildkroͤten. 21 


auch mitten in der See ganze Haufen Schlldkroͤten 
an, die auf den Ruͤcken beyſammen ſchwimmen, und in 
der größten Tageshitze auf der Oberfläche des Meer 
res ſchlafen. 

Vielleicht iſt dieſes die Urſache, daß zuweilen Schild⸗ 
ſolche Schildkroͤten, wenn fie durch einen Sturm fröten 
uͤberfallen und verſchlagen werden, ſich ſo gar bis in gefan⸗ 
die europaͤiſchen Gewaͤſſern verirren, denn am 2. Oc⸗ a 
tober des Jahrs 707. wurde innerhalb Holland im A. 1709. 
Wykerſee eine Schildkroͤte gefangen, welche ſechs 
Schuh lang war, gegen fuͤnfhundert Pfund wog, 
und ſich von kleinen Fiſchen und Garnelen (einer 
Art kleiner Squillen oder Krebschen) naͤhrte. Der 
Fiſcher, der ſie fand, verkaufte ſie ſogleich vor zwoͤlf 
Gulden, worauf ſie oͤffentlich vor hundert und ſechs 
und vierzig Gulden verauctioniret, und nachhero von 
einem Liebhaber fuͤr dreyhundert Gulden erſtanden 
wurde. Allein ſie ſtarb ſchon im folgenden Decem⸗ 
ber, vermuthlich, weil ihr das Clima zu kalt, und 
die Nahrung nicht zutraͤglich war. 

Im Jahr 1729. fiengen die Fiſcher an der An der 
franzoͤſiſchen Kuͤſte, an der Muͤndung der Loire, franzö⸗ 
etwa dreyzehn Meilen von Nantes, eine Schildkroͤte, en 
die ſich in ihre Netze verwickelt hatte, welche fieben A 1729. 
Schuh lang und drey breit war. Dieſes Thier konn⸗ 
te kaum von ihnen gebaͤndiget werden, denn es wehr⸗ 
te ſich, ſchrye und bieß auf eine erſtaunliche Art, 
bis ſie es mit einem eiſernen Hacken auf dem Kopf er⸗ 
ſchlugen. Das Schild, welches nicht mit harten 
Karet, ſondern gleichſam nur mit einer dicken Haut, 
wie Ochſenleder, beleget, und durch Naͤten aneinan⸗ 
der geſetzet war, wurde in Nantes auf dem Fiſch⸗ 
markt zum Andenken aufgehangen, und war daſelbſt 
vor wenig Jahren noch zu ſehen. N 

Vorzuͤglich aber iſt diejenige merkwuͤrdig, wel⸗ geygro⸗ 


che im Jahr 1754. vor Rochelle, in dem fo genann⸗ chelle. 
B 3 ten A. 1754. 


Pa 


Art zu 
fangen 
durch 
Umkeh⸗ 
ben, 


Mit 
Har⸗ 
pu neg. 


22 Dritte Cl. I. Ord. Kriechende Amphib. 


ten Loch, oder Pertuis d' Antioche, auf der Höhe | 
der Inſel Re gefangen, und in die Abten Louvaux, 


vier Meilen von Vannes im Bretagne gebracht 


wurde. Dieſelbe wurde auf ſteben bis achthundert 
Pfund geſchäͤtzt, wenigſtens wog der Kopf, welcher 
an dieſen Thieren ſehr klein iſt, neun und zwanzig 
Pfund, und jeder Fuß oder Schwimmfloſſe zwey und 
funfzig Pfund. Die Leber war zu vier Mahlzeiten 
der ganzen Geiſtlichkeit dieſer Abtey hinlaͤnglich, und 
dreyßig Mann der Arbeiter und Domeſtiquen hatten 


an dem Fleiſche uͤberfluͤßig zu eſſen, ſo daß hundert 


Menſchen dabey hinlaͤngliche Nahrung fanden. Als 
man den Kopf herunter ſchuitte, kamen achtzehn 
Seidel oder Noͤſel Blut heraus. Das ganze Thier 
war von dem Maul bis zur Schwanzſpitze uͤber acht 
Schuh, und die Schaale, welche in der Abtey noch 
aufbewahret wird, war finf Schuh lang. Man 
bekam aus dieſer Schildkroͤte hundert Pfund Fett, 
welches geſchmolſen, und hernach fo feſte wie But⸗ 
ter wurde, und ſehr wohl ſchmeckte. Das Fleiſch 
war dem Kalbfleiſche ahnlich, hatte aber einen zim— 
lichen Biſamgeruch. 


Wenn man am Strande iſt, wo ſich die Schild⸗ 
kroͤten hinbegeben, um ihre Eyer im Sande zu legen, 
fo koſtet es keine Mühe fie zu fangen. Man nimmt 
nur die Zeit wahr, wenn ſie an das Land gekommen 
find, ſchneidet ihnen den Ruͤckweg nach dem Stran⸗ 
de zu ab, und kehret ſie mit der Hand oder mit einem 
Stecken um, daß fie auf den Ruͤcken oder auf ihr 
Schild zu liegen kommen, da fie fih denn nicht mies 
der umwenden koͤnnen, und alſo ſchlept man ſie weg, 
oder in das Boot, wozu, nach Beſchaffenheit ihrer 
Groͤße, ein, zwey, drey und mehr Matrofen behuͤlf⸗ 
lich ſind. 

Was aber den Fang betrift, den man mit 
Schiffen mitten auf dem Meer anſtellt, ſo iſt 11 

ige 


119. Geſchlecht. Schildkröten. 23 


bige ſchon beſchwehrlicher. Es wird namlich eine 
Mannſchaft mit einem Boote abgeſchickt, um die 
ſchwimmenden oder ſchlaffenden Schildkroͤten, oder auch 
die ſich in dem Begattungsgeſchaͤfte aneinander befins 
den, (welches man Cavalage nennet) auſzuſuchen, 
wie man ſie denn gar bald an der Bewegung und des 
Nachts am leuchten des Waſſers wahrnimmt. Vor⸗ 
ne auf dem Boote ſtehet ein Harpunier, der mit eis 
nem Stecken zeigt, wohin die Matroſen zu rudern 
haben. So bald ſie an eine Schi e dkroͤte gekemmen 
ſind, wirft er ihr die Lanze mit Gewalt in den Schild, 
und da das beſchaͤdigte Thier ſogleich fortſchwimmt, 
fo laßt man die Schnur ablauffen, wo es denn öfters 
die ganze Chaluppe ſehr heftig mit fortziehet, bis ſich 
endlich das Thier verbluthet hat, oder in der Tiefe er⸗ 
ſtickt iſt, da man denn die Schnur anziehet, und al 
ſo die gefangene Schildkroͤte in die Chaluppe hebt. 
Dieſe Art des Fangs kommt ſehr mit dem Wallfiſch⸗ 
fang überein, und wird Varrer genennet, weil fie 
mit einem Stecken verrichtet wird, der einem Maas; 
ſtab gleich ſiehet, und von den Spaniern Varre 
genennet wird, und welcher oben mit einem Harpur— 
nireiſen gewafnet iſt; doch haben die Harpunen keine 
Hacken oder Zacken, ſondern beſtehen nur mit beſag⸗ 
tem Varre gleichſam aus einer Helleparte, die ſieben 
bis acht Schuh lang, und an der Spitze mit einem 
ſpießfoͤrmigen, ſieben bis acht Zoll langen Eiſen ges 
wafnet iſt; denn fo bald die Schildkroͤte ſich verle⸗ 
tzet findet, kneift ſie die Schaale ſo feſt zu, daß man 
Mühe hat, das Eiſen wieder heraus zu bringen. 

Es werden auch an den Geſtaden des Meeres Mit Ne⸗ 
Schildkroͤtenfiſchereyen mit Netzen angeſtellet. Die- ben. 
ſe Netze ſind achtzig bis hundert und zwanzig Faden 
oder Klafter lang, und etwa drey hoch, unten mit 
Bley zum Sinken und oben mit Korkholz zum 
Schwimmen verſehen, damit ſie, wie eine Wand im 
Waſſer, gegen das Geſtade ſtehen. Wenn nun die 

B 4 SH 


Lebens⸗ 
art. 


24 Dritte Cl. J. Ord. Kriechende Amphib. 


Schildkroͤten ſich des Nachts an das Land begeben 
wollen, verwickeln ſie ſich in die Netze, und erſticken 
zuweilen darinnen, weil fie nicht in die Höhe kom- 
men koͤnnen, um Luft zu ſchoͤpfen, da man ſie denn 
des andern Tages findet, und nach Belieben ums 
Leben bringt. Allein die Matroſen des Admirals 
Anſen brauchten alle dieſe Umſtaͤnde, an den Ufern 
von Chili, nicht. Sie ruderten nur auf die Höhe, 
und ſobald fie an eine Schildkroͤte kamen, ſprang ein 
Matroſe aus dem Boote ins Waſſer, und packte die 
Schildkroͤte beym Schwanze, wodurch ſie im fort⸗ 
ſchwimmen entweder gehemmet wurde, daß man ſie 
aus dem Boote mit Stricken umguͤrten, und 
ſie mit ſamt ihrem Anhange in das Boot win⸗ 
den konnte, oder ſie ſuchte ſogleich ſich am Strande 
zu retten, und ſchlepte den Matroſen mit auf das 
Land, der ſie denn alſobald auf den Ruͤcken umkehr⸗ 
te, daß ſie nicht welter kounte. 

Die Begattung dieſer Thiere, welche, wie oben 
geſagt iſt, Cavalage heißt, geſchiehet vom Anfans 
ge des Mer; bis in die Mitte des Maymonats, und 
dauret bey ihnen oͤfters drey bis vier Wochen lang, 
waͤhrend welcher Zeit ſie nichts hoͤren und ſehen, und 
leicht koͤnnen gefangen werden, indem man ihnen, da 
ſie aufeinander ſitzen, nur einen Strick umwirft, und 
fie alfo in das Boot oder in einen Kano, wie die 
Indianer haben, ſchleppet. Das Weibchen, wel⸗ 
ches Eyer legen ſoll, begibt ſich an den Strand, wo⸗ 
zu fie eine völlige Stunde noͤthig hat, denn fie ruhet 
oͤfters aus, und der Gang iſt ſehr langſam. Sie 
ſuchet daſelbſt eine Hoͤhe aus, welche uͤber Waſſer 
bleibt, graͤbt mit ihren Schwimmfuͤßen im Sande 
eine zwey bis drey Schuh tiefe Grube, legt ihre 
Eyer hinein, und ſcharret ſie wieder mit Sande zu. 
Die Eyer find rund wie Baͤlle, mit einer pergament⸗ 
artigen Haut umgeben, etwa fo groß wie Huͤhner—⸗ 
eher, deren Anzahl fi) oͤfters auf e er⸗ 

i res 


119. Geſchlecht. Schildkröten. 25 


ſtrecket, welche alle in ein Paar Stunden gelegt wer⸗ 
den. Nach ſechs Wochen kriechen ſchon alle Jungen, 
die durch die Sonnenhitze ausgebruͤthet ſind, aus 
dem Sande hervor, laufen ſehr ſchnell herum, und 
ſuchen gar bald das Waſſer auf. Viele aber erleben 
dieſes Vergnügen nicht, indeme die Fregattvoͤgel, 
und andere indianiſche Voͤgel ſchon auf den Baͤu⸗ 
men nach ihnen lauren, und eine große Menge dar 
von auffreſſen. De:nohnerachtet aber bleibt die 
Vermehrung dieſer Thiere um deßwillen ſehr betraͤcht— 
lich, weil eine einzige Schildkroͤte, wie der Pater 
Leguat berichtet, in einem Jahre wohl tauſend bis 
zwoͤlfhundert Eyer legt. 


Indeſſen muͤſſen ſich die Jungen allein fortbrin⸗ 
gen, indeme die Alten, wie es ſcheinet, ſich gar nichts 
um ſie bekuͤmmern, und auch nicht einmal an das 
Land kommen, es ſey denn um Eyer zu legen. Es 
bringen alſo dieſe Thiere ihre Lebenszeit in und auf 
dem Waſſer zu, wo ſie ſich von den gruͤnen Seemoo⸗ 
ſen und andern Seegewaͤchſen ernaͤhren, und ſowohl 
in die Tiefe tauchen, um ſie von dem Boden des Mee⸗ 
res hervor zu ſuchen, als auch auf der Oberflaͤche her⸗ 
um ſchwimmen, um die ſchwimmenden Mooſe errei⸗ 
chen zu koͤnnen. Zuweilen kommen ſie an die Muͤn⸗ 
dung der Fluͤße, um ſuͤßes Waſſer zu ſuchen, und 
daſelbſt ein wenig friſche Luft zu ſchoͤpfen; wenn ih⸗ 
nen aber diefeg nicht gefaͤllt, kehren fie ſich auf den 
Ruͤcken, ſchwimmen in ihrem Schilde wie in einem 
Kahne, und ſchlaffen. 

Um auch etwas von dem innern Bau dieſer Thie⸗Anato⸗ 
re zu wißen, ſo verlohnt es ſich der Muͤhe, einige miſche 
Hauptumſtaͤnde zu berühren, welche der Pater „nn 
Feuille an einem Männchen wahrgenommen, mele TR 
ches ohngefaͤhr drey Schuhe lang war. Die Horn: 
haut der Augen war etwa ſo dicke wie ein Groſchen, Augen. 
im Umfange gezaͤhnelt / inwendig ſchwarz, und mit 

een, B 5 einer 


26 Dritte Cl.] Ord. Rriechende Amphib, 


einer feinen dunkelbraunen Haut bekleidet, die eine 
ſchleimige Materie enthielte, und in einem uͤberaus 
duͤnnen Haͤutchen ein ſehr klares Waſſer, als in ei⸗ 
nem Beutel, faßte, worinn ſich die Cryſtallfeuch⸗ 
tigkeit, als in einem eigenen Kaͤſtchen befand, doch 
war uͤbrigens das Aug faſt wie ein Menſchenaug 

Zunge. beſchaffen. Die Zunge war kurz, ſtumpf und 
zimlich dicke, obenher ſehr runzlicht, und inwendig 
mit einem kleinen laͤnglichten knorpelichten Knochen 
verſehen, welcher an die ſogenannten Zungenbeine 
befeſtiget war. 1 f 

Daͤrmer Die Daͤrmer waren vom Anfange bis zu En— 
de fuͤnf und vierzig Schuhe lang, und verengerten 
ſich, wider die Gewohnheit der vierfuͤßigen Thiere. 
Die Kehle war ſehr weit, ſechzehn Zoll lang, und 
innwendig mit einer rauhen Haut von einem weißen 
wolligten Weſen gefuͤttert. Der Magen ſchien aus 
zweyen Höhlen zu beſtehen, und war innwendig rung 
licht, wie bey den wiederkaͤuenden Thieren. Der 
rechte Magenmund ließ kaum den kleinen Finger durch. 
Die duͤnnen Daͤrmer hatten die Laͤnge von zwölf 
Schuh, und waren vermittelſt einer ſtarken Schließ⸗ 
muskel von den dicken Daͤrmern unterſchieden. Es 
hatten aber dieſe dicken Daͤrmer drey Haͤute, davon 
die mittelſte ſehr dick, die aͤußere aber ſehr duͤnne 
war. Insbeſondere war letztere ganz mit Blutge⸗ 
faͤßen durchwebet, an welchen die Laͤnge hinunter 
ein Band von gelbem Fett lief. 


Herz Vorzuͤglich aber iſt das Herz merkwuͤrdig, well 
es von der Eigenſchaft, die man, nach des Bitters 
Beſchreibung, von den Amphibien erwartet, ſehr 
abweicht. Es lag naͤmlich unmittelbar auf der Le⸗ 
ber, die Leber hingegen auf den ungen. Die Ge 
ſtalt deſſelben kam mit einer großen Birn, die gleich— 
ſam etwas plattgedruckt iſt, überein, Auswendig 
war es runzlicht, und hatte zwey Ohren, deren 

jedes 


119. Geſchlecht. Schildkroͤten. 27 


jedes unmittelbar mit den Herzhoͤhlen Gemeinſchaft 
hatte, jedoch auf eine ganz beſondere Art. Denn 
anſtatt daß bey den Menſchen das Blut zuerſt in das 
eine Herzohr tritt, und alsdann in die Herzkammer 
kommt, fo gieng es bey der Schildkroͤte zuerſt in die 
Herzkammer, und die Ohren ſchienen nur dazu zu 
dienen, um das uͤberfluͤßige Blut zu empfangen. Es 
hatte aber das Herz drey Hoͤhlen. Die rechte em⸗ 
pfaͤngt das Blut aus der Hohlader, die linke aus der 
Lungenader, doch dieſe treibt das Blut nicht wieder 
durch den Körper, ſondern laͤßt es gröftentheils wie⸗ 
der in die rechte Hoͤhle aus, da der Ueberreſt des 
Bluts in die dritte und kleinſte Hoͤhle dringt, und 
von da in die Lungenpulsader uͤbergehet, dahingegen 
das Blut aus der rechten Herzhoͤhle durch zwey ande⸗ 
re Pulsadern wieder in den Körper herumgefuͤhret 
wird. Wie demnach das Blut ſeinen Kreislauf ver⸗ 
richte, ſolches hat der Herr du Verney an einer 
Lanoſchildkroͤte gezeiget, und weil dieſelbe N. 6. vor⸗ 
kommt, ſo wollen wir denn auch daſelbſt das weitere 
anführen. 


Die Leber war bis an die Mitte ihrer Lange Leber. 
geſpalten, fo daß fie zwey Lappen machte, davon die 
eine größer als die andere war. Die zwey Lungen- Lungen. 
lappen hingegen ſaßen, vermittelſt einer ſtarken 
Haut, aneinander, und waren roͤthlicht und ſchwam⸗ 
migt. Durch jede dieſer Lappen lief die Laͤnge hin⸗ 
unter ein Aſt aus der Luftroͤhre, der ſich in viele klei⸗ 
ne Zweige ausbreitete, deßgleichen trat auch aus 
dem Herzen in jede Lunge ein großer Aſt, welcher über 
die Aeſte der Luftroͤhre hinlief, ſich in dieſelbe ein 
ſenkte, und ſie alſo allenthalben begleitete. 

Nach anderer Beobachtungen iſt zu merken, daß Ander⸗ 
dieſe Thiere kein Netz, und keinen blinden Darm has weitige 
ben, auch werden die Daͤrmer immer duͤnner, je naͤ⸗ Beob— 
her ſie dem After ſind, davon ſonſt das Gegentheil bey 9 

andern 


Se: 
Brauch. 


28 Dritte Cl. I. Drd. Kriechende Amphib. 


andern Thieren ſtatt hat. Der Hals der Harnblaſe 
lauft mit der Oefnung des Endel⸗ oder letzten Darms 
gerade aus, ſo daß ſie den Urin zugleich mit dem 
Unrath laſſen, wie ſolches bey dem Federvieh ges 
ſchiehet. Das Milz iſt eyrund, und ſitzt am obern 
Darm feſte die Nieren ſind platt, laͤnglicht, und 
gleichſam aus vielen kleinern zuſammengeſetzt; die 
Beſtandtheile des Herzens ſind ſehr weich, und ſtark 
mit den andern Gefaͤßen, die mit demſelben Ge⸗ 
meinſchaft haben, durchflochten. Die a 
ſind groß herabhangend, mit einer duͤnnen Haut 
uͤberzogen, und von ſchwaͤrzlichter Farbe. Die Lun⸗ 
gen ſind ſehr weit, und hangen mit ihrem untern 
Theile weit niedriger, als das Herz. 

Wir haben oben ſchon erwehnet, wozu man 
die Schildkroͤtendeckel gebrauche, und daß man das 
Fleiſch derſelben, wenigſtens von den mehreſten Ar— 
ten, eſſe; wir wollen alſo jetzo nur hinzufuͤgen, daß 
es eine vorzuͤgliche Nahrung nicht allein der In⸗ 
dianer, ſondern auch der Europaͤer fen, die ſich 
in den Indien aufhalten. Ja die meiſten oſtin⸗ 
diſchen Schiffe, die von Europa nach den In⸗ 
dien fahren oder zuruͤck kommen, halten um deßwil⸗ 
len an der Inſel 1’ Afcenfion an, daß fie fi) mit 
Schildkroͤten proviantiren koͤnnen. Eben fo wer; 
den jährlich von der Inſel Mauritius oder Isle 
de France zwey bis drey Schiffe nach Rodriguez 
abgeſchickt, um einen Vorrath von Schildkroͤten 
zu hohlen, welche der Guarniſon und den Einwoh⸗ 
nern ordentlich, ſtatt des Fleiſches, dienen, indem 
ſich ihre Ladung durchgaͤngig auf ſieben bis achttau⸗ 
ſend Land⸗ und etwa fuͤnf bis ſechshundert Seeſchild⸗ 
kroͤten erſtreckt, welche ſie abſchlachten und einſalzen, 
wiewohl fie friſch geeſſen am beſten ſchmecken , und 
auf allerhand Art wie Kalbfleiſch zugerichtet werden, ja 
wenn ſieſam Spieß gebraten worden, nicht einmal vom 


Kalbfleiſch zu unterſcheiden ſind. Es iſt an den 
Scchild⸗ 


119. Geſchlecht. Schildkroͤten. 29 


Schildkroͤten alles eßbar, auch ſogar das Eingewei⸗ 
de; jedoch hat das Rippenſtuͤck, das vier Finger 
breit iſt, wenn es mit dem Fette gebraten, und 
mit Salz, Pfeffer und Citronen gewuͤrzt wird, den 
Vorzug. Das Fett iſt wie Rindsmark, aber gruͤn⸗ 
licht, und faͤrbt auch den Urin gruͤn. Die Eyer 
ſind gelb, werden wie Huͤhnereyer gekocht, und 
eben ſo zu allerhand Speiſen gebraucht. Ueberhaupt 
aber dienen die Schildkroͤten wider den Scharbock, 
und werden auch zur Cur der Luſtſeuche mit großem 
Vortheil gebraucht, wiewohl die folgende Art, naͤm⸗ 
lich die Carretſchildkroͤte, im letztern Fall, ein kraͤfti⸗ 
gers Mittel abgiebt. 

Daß ſich auch dieſe Thiere uͤberfluͤßig in Oſtin⸗ 
dien befinden, erhellet daraus „ weil die fünf Inſeln 
gegen der Kuͤſte Lochinchina über, die Schildkroͤten⸗ 
Inſeln genennet werden. Daſelbſt werden fie haufig 
gefangen und ſind ſo ſchmackhaft, daß kein Tractement 
fuͤr vollſtaͤndig und anſehnlich gehalten wird, wenn 
keine Schildkroͤte dabey iſt. Die Cochinchi⸗ 
ner fuͤhren dieſer Thiere halben, beſtaͤndig mit den 
Tonkmeſern Krieg, weil fie ihnen den Fang der 
Schildkroͤten nicht zugeſtehen wollen, indem derſelbe 
in daſigen Gegenden ſo wichtig iſt, als der Hering⸗ 
fang in Solland. 


Wir wollen zum Beſchluß nur noch die Be⸗ 


ſchreibung einer ſolchen Meerſchildkroͤte folgen laß, B 


ſen, welche der Koͤnig Adolph Friedrich vor etwa 
dreyßig Jahren der Academie zu Upſal ſchenkte. 
Der Kopf davon iſt mit einem ſpitzigen Schnabel 
verſehen, welcher gerade und nicht wie ein Habichts⸗ 
ſchnabel umgekruͤmmet iſt; die Kiefer haben einen 
ſcharfen Rand und keine Zaͤhne. In dem obern 
befinden ſich Naſenloͤcher; das untere Augenlied hat 
zwoͤlf tiefe Kerben, das obere aber iſt geſtreift; das 
Schild iſt eyfoͤrmig und mit einem Rande feu 

uͤn 


30 Dritte Cl I. Ord. Kriechende Amphib. 


fuͤnf und zwanzig Blättern verſehen, die hinten hervor 
ſtechen, und den Rand gezaͤhnelt machen; der Ruͤ— 
cken iſt hoch gewoͤlbet, in der Mitte etwas ſcharf, 
und mit funfjehn Blättern gedeckt, davon die mitt, 
leren ſechseckigt, und die Seitenblaͤtter meiſtentheils 
viereckigt find. Das Vauchſchild hat dreyzehn Blaͤt 
ter, ohne diejenigen zu rechnen, welche zur Seite ſte⸗ 
hen. Der Schwanz iſt kurz und knochicht; die 
Fuͤße find laͤnglicht, haben hinten einen ſcharfen ges 
zaͤhnelten Rand, und vorne am dickern Rand in der 
Mitte einen großen, nebſt einem ſehr kleinen Nas 
gel. 


4. Karettſchildkroͤte. Teſtudo Ca. 


Tea. 


1 Caret iſt die franzoͤſiſche Benennung des 
Karett⸗ Schildes dieſer Thiere, und wird bey allen Sa 
ſchild⸗ chen gebraucht, die von Schildkrot gemacht find; 
kröte. weil nun auch die jetzige Art den Stof dazu lie⸗ 
Caretta fert, ſo hat der Ritter dieſelbe vorzüglich Caretta 
Benen⸗ genennet, zumal ſie auch bey andern Schriftſtellern 
mung. dieſen Namen führt. Ob aber dieſe Art von der 

Imbricata No. 2. hinlaͤnglich unterſchieden fen, 

daran zweifeln wir noch, und es iſt zu verwundern, 

daß der Ritter des Seba Tab. LXXX. fig. 9. 
ſowohl bey der vorigen Art No. 3. als bey der je⸗ 

tzigen angefuͤhret, als ob folglich dieſe wieder einer; 

len waͤren, da ſie doch verſchieden ſeyn ſollen. Je⸗ 
Hennzei⸗ doch wir wollen auf die von dem Ritter gegebene 
chen. Kennzeichen Achtung geben. Es werden naͤmlich von 
No. 2. keine Naͤgel angegeben; No. 3. hat an den 
Voͤrderfuͤßen zwey, und an den Hinterfloſſen nur 

einen Nagel; dieſe No. 4. aber hat ſowohl an den 

Hinter sals Voͤrderfloſſen zwey Nägel, und diejenis 

ge Art, welche an allen vier Floſſen uͤberall nur 

einen Nagel hat, wird als eine Nebenart von act 

e⸗ 


119. Geſchlecht. Schildkroͤten. 31 


betrachtet. Da nun die Arten bald nach kleinen und 
noch lange nicht ausgewachſenen Exemplarien beſtim⸗ 
met find, fo laſſen wir es dahin geſtellet ſeyn, ob 
hier nicht eine Irrung vorgehen kann, da die Näs 
gel uͤberhaupt ein ſehr wanfelbares Merkmal zu ſeyn 
ſcheinen. Inzwiſchen nimmt der Ritter noch zur Bey 
huͤlfe der Unterſcheidung dieſes wahr, daß die Schale 
eine eyfoͤrmige Geſtalt habe und am Rande ſcharf ger 
zackt ſey, welche Zacken von den hervortrettenden 
Blaͤtchen entſtehen, die den ganzen Rande bedecken. 

Nach den Beſchreibungen iſt es diejenige Art, Eigen⸗ 
welche wegen ihres erhabenen Ruͤckens und ſcharfen ſchaften 
Schnabels, nicht leicht zu fangen iſt, denn wenn 
man fie auf den Ruͤcken legt, welzet fie ſich bald 
wieder um, und beiſt heftig. Ihr Fleiſch hat eine 
purgierende Kraft, und dienet um deßwillen ſtatt ei⸗ 
ner Arzney, um verſchiedene Kraukheit en damit zu 
heilen, und wer viel von ihrem Fleiſche iſſet, bekommt 
einen gefaͤrbten Schweiß und Urin. Die Schale 
dieſes Thiers hat in der Mitte fuͤnf, mehrentheils 
ſechseckigte, und an den Seiten jedesmal vier, meh⸗ 
rentheils ſchief viereckigte Blaͤtter, welche, vermit⸗ 
telſt des Feuers, von dem knochigten Schild abgezo⸗ 
gen werden. Jedes dieſer Blaͤtter wieget drey, vier 
bis fieben Pfund, und das Pfund gilt in Holland 
acht, neun bis zehn Gulden, je nachdem die Blaͤt⸗ 
ter groß und ſchoͤn gefleckt ſind, welche denn, wie 
oben ſchon geſagt iſt, verarbeitet werden; unter al⸗ 
len aber ſind die Blaͤtter von den oſtindianiſchen 
Karetſchildkroͤten rarer, ſchoͤner und theurer. Seit⸗ 
dem man aber gelernet hat, das gemeine Horn 
fleckigt wie Schildkrot zu faͤrben, wird manches unter 
dieſem Namen verkauft. Die Eyer dieſer Art ſind 
die ſchmackhafteſten. 

Daß inzwiſchen die Blaͤtter obige Groͤße und Größe 
Schwehre haben koͤnnen, iſt leicht aus der Beſchrei⸗ 7 
bung derjenigen Schildkroͤte zu ſchließen, 5 5 

ahr 


5. 
Fluß⸗ 
ſchi d⸗ 
kröte 
Orbi- 
cularis. 


32 Dritte Cl. I. Ord. Kriechende Amphib. 


Jahr 172. auf die koͤnigliche Tafel in Frank, 
reich kam, und in dem Haven Dieppe gefangen 
wurde. Dieſelbe hatte vom Nacken bis zum Koͤrper 
einen fleiſchigten und knochigten Hals in der Länge 
eines Schuhes, die voͤrdern Floſſen waren jede zwey 
und einen halben, die hintern aber nur einen 
Schuh lang; der Schwanz war einen, und die 
Laͤnge des Koͤrpers ſechs Schuh lang; die Breite 
aber hatte vier Schuh, und das Gewicht belief ſich 
auf acht bis neunhundert Pfund. Es dauret aber 
ſehr lange, ehe ſie ſo groß werden, und vermuthlich 
bringen fie ihr Alter ſehr hoch, denn einige ſchrei⸗ 
ben ihnen ein Alter von achtzig Jahren zu. 


5. Die Flußſchildkroͤte. Teſtudo Ot. 


bicularis. 


Bisher haben wir Schildkroͤten betrachtet, die 
faſt nur allein im Meer leben, und deren Fuͤße or⸗ 
dentliche Schwimmfloſſen find, welche die erſte Abs 
theilung ausmachen. Wir kommen alſo jetzt an ei⸗ 
ne zweyte Abtheilung, welche ſich vielfaͤltig in den 
ſuͤßen Waſſern aufhält, und deren Füße Zaͤhen has 
ben, die aber mit einer Schwimmhaut aneinander 
gewachſen ſind, wozu dieſe und die zwey folgende 
Arten gehoͤren. Alsdann aber folget die dritte Ab⸗ 
theilung, welche aus Erdſchildkroͤten mit gefinger⸗ 
ten Fuͤſſen beſtehet, die ſich mehrentheils auf dem 
Lande aufhalten, und nicht ordentlich zu Waſſer ge⸗ 
hen, wohin faſt alle uͤbrige Arten zu rechnen ſind. 
Wir nennen die gegenwaͤrtige eine Flußſchildkroͤ⸗ 
te, um fie von den Meer- und Landſchildkroͤten zu 
unterſcheiden, da ſie ſich auch mehr als die folgende 
Art in den ſuͤßen Waſſern aufhaͤlt. Sie fuͤhret aber 
den Zunamen Orbicularis, weil ihre Schale, die 
eine ſchwarze Farbe hat, im Umfang rund, und 9 

e 


1109. Geſchlecht. Schildkroͤten. 33 


bey etwas flach iſt. Sſe unterſcheidet ſich von am 
dern durch die Bauart der Blaͤtter, welche ihr Schild 
bedecken, indem dieſelbe gleſchſam aneinander gelei⸗ 
met, und aus einem Stuͤck zu beſtehen ſcheinen; wie 
denn auch die ganze Schale hinten und vorne einen 
8 Umfang hat, ohne irgend gezackt zu ſeyn: 

as Bruſtbein aber theilt ſich nach hinten zu in 
zweyen Fortſaͤtzen ab. Die Finger der Fuͤße ſind 
mit einer Schwimmßaut verwachſen, und machen in 
ihrer Ausbreitung eine runde Fußſohle aus. Das 
Vaterland dieſer Schildkroͤten iſt das mittaͤgige Eu⸗ 
ropa, daher fie auch wohl fraͤnzoͤſiſche Schildkroͤ⸗ 
ten genennet werden; die Languedocker aber, nen⸗ 
nen fie Tortue d' Aigue. 


Gemelniglich waͤchſt ihre obere Schale bis zur 
Laͤnge von ſieben und zur Breite von fünf Zoll, da 
denn die untere Schale fuͤnf Zoll lang, und drey 
breit wird; das Thier kann den Kopf und die 
Fuͤſſe unter derſelben einziehen, daß es ihr nicht 
ſchadet, wenn ſie getreten wird. Ihre Nahrung 
beſtehet in Waſſerinſecten, Schnecken, Wuͤrmern, 
Kraͤutern und Gras, das Fleiſch iſt ſchmackhaft aber 
zaͤhe, und ſchwehr zu verdauen. Die Brühe davon 
iſt den Schwindſuͤchtigen dienlich, wie auch der 
Schildkroͤten Syrup. Wider die Reude wird das 
Blut derſelben geruͤhmt, und das männliche Glied 
der Schildkroͤte, (welches einen Schuh lang und 
einen Zoll dick iſt) ſoll gepulvert wider den Stein 
dienen, ſo wie die Galle eine Augen⸗Arzney, und 
das Fett ein erweichendes Mittel in Geſchwuͤren 


* 


Der Anatomicus Merz in Paris ſchloß 
einmal an zweyen Schildkroͤten den Mund mit Kup⸗ 
ferdrat, und die Kehle und Naſenloͤcher mit Sie⸗ 
gelwachs zu, ſo daß ſie gar keine Luft bekommen 
konnten, fand aber, daß die eine noch ein und drey⸗ 

Einne III. Theil. C ſig 


Groͤſſe. 


Nutzen. 


Zaͤhes 


Leben. 


“fig Tage, und die andere noch zwey und dreyſig 
Tage in diefem Zuſtande lebte. Er ſchnitte ſodann 
einer dritten das ganze Bruſtbein unten weg, wo⸗ 
durch alles Athemhohlen auf einmal aufgehoben war, 
dem ohnerachtet aber lebte ſie doch noch ſieben Tage. 

Dieſes zaͤhe Leben beſtaͤrket alfo das Vermuthen, daß 
fie ſehr alt werden muͤſſen, wenn fie ihre natürliche 
Warte, Pflege und Fuͤtterung haben. g 


ga 6. Die Landſchildkroͤte. Teſtudo Scabra. 

9 1055 Ob wir gleich dieſe Art eine Landſchildkroͤte 

Scabra nennen, fo gehöret fie doch zu der zweyten Abthei⸗ 
lung, naͤmlich zu den Schlldkroͤten der ſuͤßen Maß 
fer, indem auch die Zaͤhen mit einer Schwimmhaut 
verwachſen ſind; jedoch wird unſere Benennung um 
deßwillen zu rechtfertigen ſeyn, weil fie wuͤrklich mehr 
auf dem Lande als im Waſſer lebt, ja ſich ſogar in 
der Erde vergraͤbt. Indeſſen fuͤhrt ſie bey dem 
Ritter den Namen Scabra, oder hoͤckerichte, 
weil die Blaͤtter des Schildes in der Mitte einen 
Hoͤcker oder eine Erhoͤhung haben; das Schild uͤber⸗ 
haupt aber iſt ziemlich flach. 


Der Ruͤcken dieſes Thiers gehet ſcharf oder 
fielförmig zu, die Schale iſt, zumal an der untern 
Seite, ſchwarz und weißbunt, das Bruſtbein iſt 
vorne abgeſtutzt, und die Schwimmfuͤße haben ſcharfe 
Naͤgel. Man findet dieſe Art, die an ſich klein iſt, 
in Oſtindien, und beſonders in Amboina, deßglei⸗ 
chen in Carolina. 

Ver⸗ 


8 Vermuthlich gehoͤren hieher auch allerhand 
nen andere Landſchildkroͤten, die man ſowohl in Weſt⸗ 
indien als in Oſtindien findet, und welche von 

den verſchiedenen Reiſenden durchgaͤngig ſo beſchrie⸗ 
ben werden, daß fie gleichſam einen Schlangenkopf 
und Eydechſenfuͤße haben, und öfters an die zwey⸗ 
hundert 


119. Geſchlecht. Schildkroͤten. 35 


hundert Pfund wiegen, ſich auch zuweilen in fo groſ⸗ 
ſer Menge beyſammen finden, daß man ihrer oft 
zwey bis dreytauſend zählen kann, die eine ganze 
Gegend bedecken, dergleichen der Pater Leguat 
auf der Inſel Rodriguez wahrgenommen. Die 
Kiefer dieſer Thiere ſind ſcharf, haben aber keine 
Zähne; der Kopf hat keine Augenlieder noch Oh 
renloͤcher; die Schale iſt ſchildfoͤrmig gewoͤlbt, und 
gelb und ſchwarz geſprenkelt. Das Weibchen hat ein 
flaches, und das Maͤnnchen ein eingebogenes Bruſt⸗ 
bein. Das Fleiſch iſt ſchmackhafter als an den Meer⸗ 
ſchildkroͤten, und die Leber iſt eine Delicateſſe, wel 
che verhaͤltnißmäßig ſehr groß it, denn wenn eine 
ſolche Schildkroͤte nur funfzehn Pfund Fleiſch hat, 
fo wlegt die Leber allein fuͤnf bis ſechs Pfund, und 
das Fett ſoll fo ſchmackhaft ſeyn wie die befte Butter. 
Sie legen ihre Eyer gleichfalls im Sande, und 
ſorgen fuͤr ihre Jungen gar nicht. 5 
Da die franzöſiſche Akademie eine ders 
gleichen Oſtindiſche oder Coromandeliſche 
Landſchildkröte, und der Herr du Verne; elne ders 
gleichen Weſtindiſche zergliederte, ſo wollen wir 
hier die anatomiſche Wahrnehmungen, die wir oben 
No. 3. angefangen haben, verſprochener maſſen 
fortſetzen. 

Die Schildkroͤre von Coromandel hatte ein che 
erhabenes Schild, welches mit dem Bruſtbein ange Wabr 
wachſen war. Der Schwanz war am Ende mit nehmun⸗ 
einem Horn gewaffnet, (ein Umſtand, den der ge 
Ritter an der Surinamiſchen Scorpions 
Schildkroͤte No. 8. bemerket). Die Naͤgel wa⸗ Meese 
ren bis zur Haͤlfte abgenutzt, und der Rand der Bau. 
Kiefer war wie eine Säge gezaͤhnelt. Die Laͤnge 
von der Spitze des Schnabels, (denn man mag 
den Mund der Schildkroͤten faſt einen Schnabel 
nennen,) bis zur 5 belief ſich auf 

* 2 viel 


Kopf. 


36 Dritte Cl. I. Ord. Kriechende Amphib. 


vier und einen halben Schuh; die Dicke auf vier- 
zehn Zoll, und das Schild war zwey Schug 
breit, und drey Schuh lang. Die Blaͤtter hat⸗ 
ten eine verſchledene doch mehrentheils fuͤnfeckigte 
Geſtalt, und waren, wie das Thier ſelbſt, grau ⸗ 
braun gefärbt. Wenn nun Aelianus verfichert, 
daß die Schildkroͤten ihr Schild abwerfen, ſo muͤßte 
dieſes wohl von den Blaͤttern verſtanden werden, 
denn das Schild ſelbſt iſt nichts anders, als eine 
Ausbreitung der Rippen, und das Ruͤckgrad iſt das 
rinne verwachſen. Der voͤrdere Rand des Schildes 
am Halſe war in die Hoͤhe zuruͤckgebogen, ſo wie 
der Ritter ſeine Art, welche er in dieſer No. unter 
dem Namen Scabra angiebt, beſchrieben hat. Die 
ſer umgebogene Rand dient dem Thier den Hals 
in die Hoͤhe zu richten, und auch eben dadurch, 
wenn es von ohngefehr auf dem Mücken liegt, ſich 
wieder umwelzen zu koͤnnen. Die Haut des Hal⸗ 
ſes, der Füße und des Schwanzes ſaß unmittelbar 
an dem Rande der Oefnungen des Schildes feſte, 
ſo daß das Thier unterhalb dem Schilde weiter 
mit keiner beſondern Haut gedecket iſt, ſondern die⸗ 
ſe Gliedmaſſen gleichſam in ſoviel haͤutige Saͤcke 
herausſtreckt. ö 

Der Kopf war ſieben Zoll lang und fuͤnf breit, 
und hatte die Geſtalt eines Schlangenkopfs. Die 
Naſenloͤcher ſtunden im Ende des Schnabels, aber 
man fand aͤuſſerlich keine Ohren, wohl aber zwey 
Hoͤhlen in den Seitenknochen, die mit einer etwas 
duͤnnern, und einigermaſſen eingebogenen Haut be⸗ 
decket waren. Als man die Haut daſelbſt wegnahm, 
fand man auf jeder Seite eine Knochenhoͤhle, wie 
etwa die Augenhoͤhle bey Menſchen beſchaffen ift. 
Dieſe war mit einem duͤnnen knorpelichten Deckel, 
der vermittelſt eines zarten Haͤutleins allenthalben 
an dem Rande des Knochens feſt ſaß, zugeſchloſſen. 


W | 0 Zur f 


119. Geſchlecht. Schildkroͤten. 37 


Zar Seite diefer Höhle gieng ein knoͤrpelich⸗ Gehör 
ter Canal nach dem Hinterkopfe, und ſenkte ſich in Werk⸗ 

den Gaumen hinunter, wo er ſich in einer laͤnglich⸗ zeugs. 

ten Oefnung oder Spalte endigte. Unter dem 

knoͤrpelichten Deckel hingegen traf man eine Länge 

lichte, eyrunde Hoͤhlung an, durch welche ein fei⸗ 

ner Stiel gieng, der die beſagten Deckel ſchreg 

‚unterftügte. Das andere Ende dieſes feinen Stiels 

lief quer durch eine zweyte Hoͤhle, die ſeitwerts un⸗ 

ter der erſten befindlich war, und verſtopfte daſelbſt 

die Oefnung zu einer dritten bogichten Hoͤhle, in 

welcher ſich die Gehoͤrnerven ausbreiteten. Es 

iſt aber merkwuͤrdig, daß dasjenige Ende des fei⸗ 

nen Stiels, welches die Oefnung der eben erwehn⸗ 

ten dritten Hoͤhle verſtopfte, daſelbſt ganz breit, 

wie eine Trompete auslief, und vermittelſt eines 

zarten Haͤutleins mit feinem Rande an dem Ran⸗ 

de dieſer Ocfnung feſt ſaß. Mit Recht mag man 

es dahero als wahrſcheinlich annehmen, daß dieſe 
Thiere durch dieſe Werkzeuge hoͤren, ob ihnen 

gleich von manchen das Gehoͤr abgeſprochen wird. Gehirn. 
Obgleich der Kopf durch die große Schlaf⸗ 

und Backenmuskeln einen großen Umfang hatte, 

ſo war doch das Gehirn ſehr klein, und die Hirn⸗ 
ſchale hatte einen Kamm, dergleichen alle Thiere 

beſitzen, welche mit den Kiefern eine große Kraft 

zum Kauen anwenden muͤſſen, wie denn auch die 
Schildkroͤten eine vorzuͤgliche Kraft in ihrem Ges 

biße beſitzen. Es uͤbertraf die ganze Gehirnmaſſe 
nicht einmal eine welſche Nuß, und bey den Meer⸗ 
ſchildkroͤten ſoll fie fogar nur wie eine Bohne groß 

ſeyn. In dieſem Gehirne nahmen die Geruchsner⸗ 

ven wohl den vierten Theil des Platzes ein, und 

die Geſichtsnerven ſtammten gleichfals daher; die 
Augenhoͤhle war einen Zoll breit, doch die Oefnung 
derſelben, wie auch die Cryſtalllinſe beyde ſehr klein. 

Die Zunge war nur einen Zoll lang, ſpitzig und 

af C 3 duͤnne, 


38 Dritte Cl. J. Ord. Kriechende Amphib. 1 


duͤnne, daben ſehr warzigt, und mit zehn Sennen 

verſehen, die Kiefer aber fein gezaͤhnelt. g 

Der Magen ſaß mit verſchiedenen Gefaͤßen 

ae an der Leber feſt, beſtund aus ſehr dicken Haͤuten, 

Darmer und hatte die Geſtalt der Hundsmaͤgen Der Zwoͤlf⸗ 

fingerdarm hatte netzfoͤrmige Falten, und ſchien 

ein zweyter Magen zu ſeyn. In den übrigen Daͤr⸗ 

mern aber traf man keine Runzeln noch Klappen 

an. Die duͤnnen Daͤrmer waren einen Zoll weit, 

und neun Schuh lang; die Dicke aber war zwey Zoll 

weit und vier Schuh fang. Es mangelte der blin⸗ 

de Darm, und der Enddarm verengerte ſich etwa 

neun Zell von dem After und diente der Ruthe 

zur Scheide, wie ſolches auch bey dem Biber, der 
Zibethkatze, und einigen andern Thieren ſtatt hat. 


Leber, Die Leber war groß, blaß und von einem 
Nieren feſten Beſtandweſen. Sie zertheilte ſich in zwey 
und Lappen, deren jede eine Hohlader und eine Abfondes 
Blaſe. rungsröͤhre hatte. Die Gallenblafe ſtimmte faſt 
mit einer menſchlichen uͤberein, und der Gallengang 
fuͤhrte durch eine beſondere Oefnung in die Daͤrmer 
ab. Das Milz war nierenförmig; die Gekroͤß⸗ 
druͤſe war dreyeckigt, und umſchloß den Zwoͤlffin⸗ 
gerdarm ganz feſte. Die Nieren hatten gleichfalls 
eine dreyeckigte prismatiſche Geſtalt. Was die Harn⸗ 
blaſe betrift, ſo enthielte ſie mehr als ſechs Maas 
Feuchtigkeit, und war ſehr groß. Ihre Geſtalt 
war wie ein dicker Darm, und ihre Oefnung gieng 
nicht am Ende, ſondern in der Mitte aus, da ſich 
denn der Blaſenhals in der Mitte des End + oder 
Geradendarms, etwa fichen bis acht Zoll vom Afı 
ter einſenkte. Die Ruthe war neun Zoll lang und 
ein und einen halben Zoll breit. W 


Lungen. Der obere Theil oder Hals der Luftroͤhre bes 
fand, wie bey den Voͤgeln, aus zwey groſſen Knor⸗ 
peln, die mit Gelenken ineinander giengen, und Ri 

’ 


119. Geſchlecht. Schildkroͤten. 39 


Ritze derſelben war ſehr enge, daher die Schildkroͤten 
ſo ſtark ſchnarchen (wie man denn ein aͤhnliches bey 
den Seekaͤlbern, die auch ſtark ſchnarchen, wahr⸗ 
genommen.) Das übrige der Luftroͤhre beſtand aus 
ganzen Ringen, zertheilte ſich bey dem Eingang in 
die Bruſt in zwey Aeſte, welche ihr knoͤrpelichtes 
Weſen bey dem Eintritte in die Lungen ablegten, 
und ſich in verſchiedene ungleiche haͤutige Kanäle 
verwandelten, daher die Lungen auch ſehr weiß aus⸗ 
ſahen. Vermuthlich dienen ihnen dieſe Gefäße ſtatt 
der Luftblaſen der Fiſche, damit fie ſich in dem Waſſer 
empor heben und auf der Oberflaͤche deſſelben ſchwim⸗ 
men koͤnnen, wie die Meerſchildkroͤten thun; denn 
wir haben oben ſchon angemerkt, daß die Landſchild⸗ 
kroͤten eben ſowohl zu Waſſer gehen als die andern, 
ob ſie gleich nicht ordentlich darinnen wohnen. 


Um nun unſerm Endzwecke gemaͤß, auch den 
Kreißlauf des Bluts, und die Bildung ihres Her⸗ 
zens naͤher zu beleuchten, ſo nehmen wir des Herrn 
du Verney Wahrnehmung zu Huͤlfe, nach welcher 
das Herz einer weſtindiſchen Landſchildkroͤte, wie 
folget, befunden wurde: 

Es lag naͤmlich mitten in der Bruſt, uͤber der Das 
Leber ohne Zwergfell, jedoch in einem weiten Herz⸗ Herz. 
beutel, welcher ringsherum an dem innern Bauch⸗ 
felle befeſtiget war. Die Geſtalt kam einer halben 
Kugel ziemlich nahe, denn es war untenher erha⸗ 
benrund, und oben flach, in der Mitte etwas einge⸗ 
druckt, wo ſich nämlich die Ohren und Pulsadern 
einſenkten. Unter dem Herz befand ſich ein Sam⸗ 
mel platz oder laͤnglichter Sack, welcher einer ausge⸗ 
ſpannten Blaſe aͤhnlich war, und aus den Adern 
alles Blut, das aus der Lunge kam, empfieng. Dieſer 
Sack hatte inwendig fleiſchichte Faſern, wie man 
ſie in den Herzohren der Menſchen antrift. 


C 4 Die 


40 Dritte Cl. I. Ord. Kriechende Amphib. 


a Die zwey Lungenadern machen ſich hinter dem 
linken Ohr einen Sammelplatz, wo ſte ſich entledi⸗ 
gen; der große Sammelplatz hingegen hat mit dem 
rechten Ohr Gemeinſchaft, und zwar vermittelſt ei⸗ 
ner Oefnung, die ſich durch zwey Klappen ſchließt. 
Die Ohren, davon das rechte das groͤßte iſt, mas 
chen faſt ſoviel als das Herz ſelber aus, und ſind 
zweyen Beuteln ähnlich, die mit ihrer Oefnung 
nach einander zugekehret ſind, nur daß noch eine 
duͤnne Haut zwiſchen beyden iſt, welche an den 
Klappen befeſtiget iſt, womit die Muͤndungen der 
Ohren geſchloſſen werden. Ihr inneres Beſtand 
weſen iſt nichts anders als ein Gewebe von Faſern, 
daher fie, wenn fie aufgeblaſen und getrocknet finde 
einigermaffen mit dem Beſtandweſen der Lungen 
uͤbereinkommen. Die Klappenhaͤute geben ferner 
dem Blute einen Durchgang in das Herz, verhins 
dern aber zugleich, daß es nicht wieder in die Oh⸗ 
ren zuruck treten kann, denn bey der Einlaſſung 
des Bluts machen ſie eine hohle Rinne aus, und 
werden wieder platt oder flach, wenn ſie ſich ſchlie⸗ 
fen, welches mit der Beſchaffenheit der ovalen 
Oefnung in der menſchlichen Frucht vollkommen 
einſtimmig iſt. 
Dass Herz ſelbſt hatte, wie bey den Meerſchild⸗ 
kroͤten, drey Hoͤhlen, eine vorne nach den Ohren zu, 
und zwey nach dem Ruͤcken. Von dieſen zweyen 
empfieng die erſte das Blut aus dem rechten, und die 
andere aus dem linken Ohr, die voͤrderſte aber hat⸗ 
te mit der $ungen: Pulsader Gemeinſchaft, und kann 
die dritte Herzhöhle genennet werden. Da aber als 
le drey Hoͤhlen wiederum unter ſich ſelbſt und mit⸗ 
einander Gemeinſchaft haben, ſo kann man ſie mit 
einander fuͤr eine Hoͤhle anſehen, um auf dieſe Wei⸗ 
ſe auch bey dieſen Amphibien das linneiſche Kenn⸗ 
zeichen gelten zu laſſen, daß das Herz nur eine Kam⸗ 
mer habe. Nun iſt die Klappe des rechten Ohres 
vor 


119. Geſchlecht. Schildkroͤten. 41 
von der linken nach der rechten Seite zu gerichtet, 
und fuͤllet dahero die erſtere Herzhoͤhle, die hinten 
liegt; zu gleicher Zeit aber laͤuft das Blut auch 
aus dem linken Herzohr in die zweyte hintenliegen⸗ 
de Herzhoͤhle, mithin von der rechten nach der lin⸗ 
ken Seite zu, und in der voͤrdern Hoͤhle ſen⸗ 
ken ſich drey Pulsadern, davon zwey die große 
Pulsader (aorta) ausmachen, und die Lungen⸗ 
Pulsader, welche auch unmittelbar aus dieſer voͤr⸗ 
dern Hoͤhle tritt, iſt die dritte. Alle dieſe Puls⸗ 
adern haben, wie bey Menſchen und Thieren, ihre 


ppen. 

Aus dieſen Umſtaͤnden iſt dann zu erſehen, 
daß das Blut bey den Schildkroͤten nicht alſo her⸗ 
umlaufe, wie bey einer menſchlichen Frucht durch die 
ovale Oefnung, ſondern es gehet bey jedem Kreiß⸗ 
lauf nur etwas mehr als ein dritter Theil in die 
Lungen uͤber, indem nur ein reines Blutader Blut 
aus der dritten oder voͤrdern Herzhoͤhle in die Lun⸗ 
gen tritt, denn das übrige Blut der erſten Herz 
kammer, vermenget ſich mit dem, das aus den Lun⸗ 
gen in die zweyte Herzhoͤhle kam, und gehet ſodann 
in die Pulsadern uͤber, welche Vermengung des 
Blutader⸗Bluts mit dem Pulsader⸗Blut bey den 
Menſchen nicht ſtatt hat. Was nun die große 
Pulsader (aorta) bey den Fiſchen und Froͤſchen 
ausrichtet, das thun bey den Schildkroͤten die vorbe⸗ 
meldete drey Pulsadern zuſammen, weil ſie aus ei⸗ 
ner Höhle entſpringen, wie denn auch bey den Froͤ⸗ 
ſchen und Eydechſen die Lungen-Pulsader nichts ans 
ders, als Aeſte der Aorta ſind. 


7. Die Schlammſchildkroͤte. Teſtudo 


Lutaria. 
Sowohl in Oſt⸗als Weſtindien findet ſich 


Kreiß⸗ 
lauf des 
Bluts. 


7. 


Sch lam̃⸗ 
ſchild⸗ 


auch eine Art, welcher Zaͤhen nur halb, jedoch an krbre. 


f den 


Lutarig 


8. 
Scor⸗ 
pion⸗ 
ſchild⸗ 
kroͤte. 
Scor- 


N ö 


42 Dritte Cl. I. Ord. Kriechende Amphib. 


den Voͤrderfuͤßen etwas mehr als an den hintern 
mit einer Schwimmhaut verwachſen ſind, und dieſe 
Bauart zeiget ſchon, daß ſie weder eine vollkommene 
Waſſerſchildkroͤte, noch auch eine rechte Landſchildkroͤte 
ſey, ſondern ſich in ſumpfichten Oertern an meiſten 
aufhalte. Sie fuͤhret dahero den Namen, mit wel⸗ 
chem ſie oben benennet iſt. Das Schild iſt etwas 
plattrund, und am Hintertheil durch drey Blaͤtter 
kielfoͤrmig gebauet. Der Schwanz iſt nur halb ſo 
lang als der Körper, das Bruſtbein hinten abge⸗ 
ſtutzt, und die Finger, deren man an jedem Fuße 
vier zaͤhlet, find mit ſpitzigen Nägeln gewafnet. Auf 
den Fuͤßen befinden ſich ovale Schuppen. Da ſch 
aber in den Schilden dieſer Thiere ein großer Unter⸗ 
ſchied zeiget, ſo muͤſſen wir die aͤuſſerliche Geſtalt 
von dem Schilde der jetzigen Art auch etwas genauer 
beſchreiben. Es iſt naͤmlich, wie gewoͤhnlich, mit 
dreyzehn Blaͤttern gedeckt, die vier Seitenblaͤtter aber 
haben im Umkreiße eckigte Striche, in deren Mitte 
endlich ein rauher wie Chagrinhaut punctirter 
oder granulirter gelber Flecken iſt. Der Rand des 
Schildes iſt mit vier und zwanzig unter einander 
geſchobenen Blättern belegt, und dieſe Blätter has 
ben an ihrem Rande eine ſchwarzgraue, in der Mitte 
aber eine blaſſe Farbe. Der Umfang des Schildes 
iſt etwa wie zwey Fauſt groß. 


8. Die Scorpionſchildkroͤte. Teſtudo 
Scorpioides. 


Da dieſe Art am Schwanze einen krummen 
Nagel fuͤhrt, nach der Art der Scorpionſtachel, ſo 


pioides. wird ſie, mit obigem Namen belegt, und dieſes 


iſt alles, was ſie Scorpionaͤhnliches an ſich hat, 
dergleichen wir auch ben No. 6. von der coroman⸗ 
deliſchen Landſchildkroͤte angemerket haben. Uebri⸗ 

gens 


119. Geſchlecht. Schildkröten. 43 


gens find an dieſer die Zaͤhen eben auch fo zur Hälfte 
mit einer Schwimmhaut verwachſen, wie an der 
vorigen Art. Was das Schild betrift, ſo iſt es 
ganz ſchwarz, der Geſtalt nach laͤnglicht oval, und 
mit dreyen nicht ſehr merklichen Flaͤchen gleichſam 
dreyeckigt gewoͤlbt. Die Blaͤtter des Schildes ſe⸗ 
hen den Wappen⸗Schilden nicht ungleich, der Kopf 
iſt vorne mit einer ſchwielichten Haut bedeckt, die 
ſich hinten in drey Lappen zertheilet. Die Füße find 
fuͤnffingerig, und die Finger haben überall ſcharfe 


Naͤgel, ausgenommen der Daumen der Hinterfuͤße, 


welcher ſtumpf iſt. Dieſe Art haͤlt ſich in Suri⸗ 
name auf, und ſcheinet noch diejenige nicht zu ſeyn, 
deren Glonovius Meldung thut, indem ſelbige 
hinten ſowohl als vorne fuͤnf Naͤgel an den fuͤnf 


Zaͤhen hat. 
9. Die gezaͤhnelte Schildkroͤte. Teſtudo 


Denticulata. 


Sie wird gezaͤhnelt genennet, well das ganze 
Schild ringsherum ſaͤgefoͤrmig gezackt iſt. Der 
merkwuͤrdigſte Umſtand aber beſtehet darinn, daß 
die Fuͤße faſt gar keine Spur von Zaͤhen haben, 
und wie Elephantenfuͤße ausſehen. Sonſt iſt die 
Schale herzfoͤrmig und platt, vorneher zuruͤckgebo⸗ 
gen, mit ſechseckigten hoͤckerigten Blaͤttern gedeckt, 
und der Farbe nach ſchmutzigblaß. Der Schwanz 
iſt kuͤrzer als die Fuͤße, und die Groͤße des ganzen 
Thiers iſt wie das Ey eines welſchen Huhns. 
Von der Schale macht man, wenn ſie ſchoͤn gelb 
iſt, Schnupftobacksdoſen, wozu man das ganze 
Schild in einem Stuͤck nimmt. Das Vaterland 
it Virginien und Hudfonsbay, 


10. Die 


Gezaͤh⸗ 
nelte 
Schild⸗ 


frote. 


Denti. 


culata. 


44 Dritte Cl. I. Ord. Kriechende Amphib. 


10. 
Moſai⸗ 
ſche 


Græca. 


11. 
Caroli⸗ 
niſche. 
Caroli- 
Na. 


10. Die Moſaiſche Schildkroͤte. 
Teſtudo Græca. 


Moſaiſche oder Muſaiſche Arbeit nennet 
man die kuͤnſtliche Einlegung verſchiedener bunten 


| 
| 
f 


Steine zu Figuren, und dieſe Kunſt kam vor soo. 
Jahren aus Griechenland nach Italien. Wenn man 


nun an der jetzigen Art von Schildkroͤten wahrnimmt, 
daß ihr Schild mit lauter faſt vierecklgten Blaͤttern 
belegt iſt, die ins Gevierte eine Menge Gruben ha⸗ 
ben, und alſo immer kleinere Vierecke machen, ſo 


wird man die Ur ſache gleich einſehen, warum fie Grae- 


ca oder die Moſaiſche Schildkroͤte heiſt. Es iſt 


aber das Schild nach hinten zu hoͤckericht rund, die 
Blaͤtter ſind klein, und dahero faſt flach, der 


Farbe nach gelb mit dunkeln ſchwarzen Flecken ges 
ziert, der Rand des Schildes iſt ſehr ſtumpf. Die 
Fuͤße haben ſehr kurze Zaͤhen mit Nägeln, deren vors 
ne fuͤnf und hinten vier ſind, und hinten zeiget ſich 
auch ein langer Schwanz, in welchen zugleich auch 
der After ausgeht. Der Kopf iſt mit Schuppen 
beſetzt, der Hals iſt lang, und nebſt den Fuͤßen 
fleiſchfaͤrbig. Die Männchen find ſehr zorniger Art, 
und ſtoſſen einander wie die Widder, wenn ſie einan⸗ 
der begegnen, fo daß man ihre Stoͤße von weiten hoͤ⸗ 
ren kann, wiewohl ſie nicht groß ſind, da ſie in al⸗ 
len etwa die Größe einer Mannsfauſt erreichen. Dies 
fe Art iſt eine vollkommene Landſchildkroͤte und halt 
ſich in Africa auf. 


11. Die Caroliniſche Schildkroͤte. 
Teſtudo Carolina. 


Die jetzige iſt nach ihrem Vaterlande genennet 1 | 


wird aber dafelbft von den Engellaͤndern mit dem 


Namen Turapin belegt, und von den Spaniern 


Terra- 


119. Geſchlecht. Schildkröten. 45 


Terrapen geheiſſen. Sie iſt kleiner als die vorige, 
jedoch eben ſo Moſaiſch, aber ſechseckigt gewuͤr⸗ 
felt, und unterſcheidet ſich noch von jener darinn, 
daß fie keinen Schwanz hat. Die Farbe der Blaͤt⸗ 
ter iſt dunkelbraun mit gelben Flecken von verſchie⸗ 
dener Größe zierlich geſprengelt. Das Bruſtſchlld 
iſt an dieſer gleichfals anders als an jener beſchaffen, 
denn es ſpaltet ſich in der Mitte und iſt an den 
Seiten mit dem obern nur mit einer Haut befeſtigt, 
daher es ausweichen kann, wenn ſich das Thier ganz 
und gar darinnen verbergen will. Der Kopf iſt 
gelb und mit Schuppen beſetzt, deßgleichen ſind auch 
die Voͤrderfuͤße alſo beſchaffen; doch der lange Hals, 
und die Hinterfuͤße ſind blaͤulicht fleiſchfaͤrbig. Was 
die Klauen betrift, fo befinden ſich vorne fünf und 
hinten vier, wie an der vorigen Art. 


12. Die Kielſchildkroͤte. Teſtudo Carinata. 


Es fuͤhrt gegenwaͤrtige Art deßwegen den obi⸗ 12. 
gen Namen, weil die vier erſten Blaͤtter einen ſpi⸗ a 
tigen Rücken oder ſcharffen Kiel haben. Sonſt iſt kräre, 
das ganze Schild ſehr hoͤckericht, und das Bruſt⸗ Carina-. 
bein gehet ganz durch ohne Spalte. Die Füße ha⸗ ta. 
ben ordentliche Zaͤhen. Sie haͤlt ſich in den heißen 
Gegenden auf. | 


13. Die Geometriſche Schildkroͤte. 


Teſtudo Geometrica. 


Weil die Blätter des Schildes auf einem ſchwar⸗ 13. 
zen Grund, ſowohl ins Gevierte als uͤber die Ecken, 1 5 
und in die Quere ſchoͤne gelbe Linien haben, die gleich⸗Geome⸗ 
fan mathematiſch gezogen find, und in dem Mittel- trica 
puncte eines jeden Blaͤtchens zuſammen laufen muͤß⸗ L. XII. 
ten, wenn fie ganz durchliefen; fo wird fie die 57 . 
a triſche 


14. 


46 Dritte Cl. I. Ord. Kriechende Amphib. 


triſche genennet. Eben dieſer Zeichnung halben heißt | 
fie auch die Geſtirnte, denn die gelbe Linien gehen 


wie Strahlen aus, und werden durch die ins gevier⸗ 


te umlauffende Querlinien wieder aufgefangen. Das 


Schild ſelbſten iſt fehr hoch gewoͤlbet, und die Blaͤt⸗ 


ter ſind alle ringsherum voller Gruben und hoͤcke⸗ 


richt, doch ſo, daß das mittlere Feld jedesmal eine 
erhoͤhete Flaͤche abgiebt. Das Bruſtbein iſt nach hin⸗ 
tenzu ſcharf ausgeraͤndelt, und von gelber Farbe. 
Die hintern Fuͤße ſind an dieſem Thiere mit einer 
Schwimmhaut ver ſehen. Das Vaterland iſt Afien, 
woſelbſt man ſie in der Groͤße von zwey Faͤuſten, deß⸗ 
gleichen auch ſo klein, als eine Kinderfauſt findet. 
Siehe Tab. XII. fig. J. | 


14. Die Zwergſchildkroͤte. Teſtudo 


Putiila. 
Weil diefe Art nicht einmal fo groß als eine 


Zwerg⸗ Handfläche wird, fo führt fie den Namen Puſilla, 


ſchild⸗ 
kroͤte. 
Puſilla. 


welches wir durch Zwerg ausdruͤcken, weil wir doch 
in jedem Geſchlechte Zwerge antreffen. Das Schlld 
ſiehet von oben der Geſtalt nach einer halb durch⸗ 
ſchnittenen Kugel gleich, die Blaͤtter aber, die das 
Schild decken, ſind ſchiefe, einigermaſſen gewoͤlbte 
Vierecke, welche am Rande geſtreift find, und in der 
Mitte erhabene punctirte Felder haben, davon die erſten 
zwey einen ſcharfen Ruͤcken haben, die uͤbrigen aber 
et was flaͤcher gewoͤlbt find. Um das ganze Schild 
gehet eine weiße Binde. Das Bruſtbein iſt vorn 
ganz, und hinten ausgeſchweift, der Farbe nach et⸗ 
was roͤthlicht. Das Thier hat uͤbrigens einen kurzen 
Schwanz und kurze Zaͤhen an den Fuͤßen, ſo naͤm⸗ 
lich, daß ſie ſich an den Voͤrderfuͤßen, daran fuͤnf 
Naͤgel find, nicht einmal ſpalten, und an den Hin⸗ 
terfuͤßen, woran ſich vier Naͤgel befinden, kaum 
voneinander unterſcheiden. Die Schenkel ſind nackigt, 

und 


119. Geſchlecht. Schildkroͤten. 47 


und haben keine Schuppen. Dieſes Thier wohnet 
ſowohl in Dit: als Weſtindien, beſonders in Oir⸗ 
ginien, iſt aber am meiſten am Dorgebürge der 
guten Hofnung bekannt, und man hat wahrgenom⸗ 
men, daß es mehrentheils von Gras und Brod lebt, 
auch gerne auf den Huͤhnermiſt aaſe. 


15. Die Schlangenſchildkroͤte. Teſtudo 
0 Serpentna. 


Da der Kopf diefes Thiers wie ein Schlangen 15. 
kopf ausſieht, fo iſt obige Benennung daher genom⸗ Schlam 


men. Das Schild iſt etwas Kielfoͤrmig gewoͤlbt, ſchild 
und hinten mit fünf kurzen aber ſcharfen Zacken ges föte. 


zaͤhnelt. Der Schwanz iſt fo lang als die ganze Ser- 
Schale, und obgleich die Füße nur gefingert find, penti⸗ 
fo verſteht dieſe Schildkroͤte doch das Schwimmen recht na. 
gut. Sie iſt aber von einer boßhaften und beißigen 

Art, und haͤlt ſich in den ſuͤßen Waſſern ſowol bey 
Algier als in China auf. 


120, Ge⸗ 


48 Dritte Cl. Ord. L Kriechende Amphib. 


120. Geſchlecht. Froͤſhe. 


Reptilia: Rana. 


E 


Geſchl. 8 ieſe Geſchlechtsbenennung iſt von dem in als 

Senen⸗ 7 ler Welt bekannten Amphibion hergenom⸗ 

nung. men, welches bey uns den Namen Froſch fuͤhret, 
und in dem jetzigen Geſchlechte die vierzehnte Art aus⸗ 
macht. Man wird alſo die verſchiedene Namen die⸗ 
ſes Thiers dem ganzen Geſchlechte zueignen, und dle 
vierzehnte Art durch den Beynamen gemeiner 
Floſch unterſcheiden muͤſen. Die Sebraͤer nen⸗ 
nen den Froſch Tzephardeach; griechiſch heißt er 
Batrachos; arabiſch, Dipharda oder Dephra- 
da; italiaͤniſch, ſpaniſch und lateiniſch, Rana; 
jedoch auch im italiaͤniſchen Ravocchia; franzoͤ⸗ 
ſiſch, Grenouille; engliſch, Frogge; welches 
vermuthlich von unſerm Froſch abſtammt, hollaͤn⸗ 
diſch, Kikvorſch, Kik und Kikker, wegen des 
Lauts, den dieſe Thiere von ſich geben. 


Geſchl. Es verſteht der Ritter unter dem Geſchlecht der 
Lennzei⸗ Froͤſche auch die Kroͤten, und ſetzt die allgemeinen 
chen. Kennzeichen darinn,. daß der Körper nackt und oh⸗ 
ne Schale und Bedeckung iſt, vier Fuͤße hat, und 
gar keinen Schwanz fuͤhrt. Bey ſo bewandter Be⸗ 
ſtimmung des Geſchlechts bringt er folgende ſiebenzehn 


Arten zuſammen. 
1. 2 5 . 
„Eu 1. Die Surinamiſche Kroͤte. 
Krbte. Rana Pipa. 
1 Pipa oder Pipal iſt der Name, den die Ame⸗ 


ab. | . 
XII. fig. ricaner dieſem Thiere geben, und wird von den Eu⸗ 
* ropaͤern 


120. Geſchlecht. Frohe. 49 


ropaͤern in Suriname, wo das Vaterland dieſes 
Thiers iſt, auch Waſſerkroͤte genennet; hollaͤndiſch, 
Water Padde ; franzòſiſch, Crapaut terreftre 
de Surinam. 


Es kommt dle Geſtalt dieſer Kroͤten fo zimlich 
mit den Europaͤiſchen überein, nur find fie öfters 
mehr platt, und haben einen andern Kopf, auch iſt 
das Maul anders gebildet. Die Voͤrderfuͤße ſind 
leichfam vierzaͤhnicht oder gezaͤhnelt und ſtumpf ohne 
ſtaͤgel. Die Hinterfuͤße aber haben ordentliche Zaͤ⸗ 
en, die mit einer Schwimmhaut verwachſen, und 
mit Naͤgeln beſetzt ſind. Das Maͤnnchen Pipal iſt 
größer als das Weibchen, hat eine geraumere Haut 
und iſt auf dem Ruͤcken mit Perlen oder Hoͤckern be⸗ 
ſetzt. Auſſer zweyen Hoden hat man an ſelbigem kein 
Zeugungsglied wahrgenommen. Die Farbe aber 
ſtimmt mit dem Weibchen überein, namlich ſchwarz⸗ 
braun von oben, unten aber aſchfaͤrbig gelb, und 
von dem untern Kiefer bis zum After mit einer deut⸗ 
lichen Nath verſehen. Tab. XII. fig. 2. Es giebt 
aber auch gelblicht aſchgraue. 


Was das Weibchen beſonders betrift, ſo hat 
man bey ihr weibliche Zeugungswerkzeuge und Eyer 
gefunden. Es ereignet ſich aber an dieſen Thieren ein 
merkwuͤrdiger Umſtand, daß naͤmlich die Jungen auf 
dem Ruͤcken aus gebruͤtet werden, und aus demſelben 
be Wie dieſes zugehe, da die Haut des 
Ruͤckens zaͤhe iſt, auch der Eyerſtock keine Gemein 
ſchaft damit hat, iſt vielen raͤthſelhaft vorgekommen, 
und gleichwohl ſiehet man die Jungen aus mehr als 
zweyhundert Hoͤhlen auf dem Ruͤcken hervorkommen. 


Geſtalt. 


Be⸗ 
fruch⸗ 
tung auf 
dem Ruͤ⸗ 
cken. 


Die angeſtellten Unterſuchungen aber haben die Sa: 


che bisher dahin entſchieden, daß dieſe Kroͤte, wie 


andere, laiche, daß ſie ſich aber in dieſem Laich wel⸗ 


tze, wodurch ſich der ganze Ruͤcken mit dieſem ſchlei⸗ 
migen Weſen beſetzt, welches daran feſt und hart 
Linne III. Theil. D wird, 


2. 

Quack⸗ 
kroͤte. 

Muſica. 


3. 
Gemei⸗ 
neKꝛoͤte. 
Bufo. 
. Ip 
fig. 1. 


50 Dritte Cl. l. Ord. Kriechende Amphib. 


wird, fo daß ſie die Eyer auf dem Rücken fuͤhret, 
die dann daſelbſt ausbruͤten, bis die Jungen aus ih⸗ 
ren Eyern oder haͤutigen Zellen herunter ſpringen, 
wozu denn der Ruͤcken des Maͤnnchens eben ſo taug⸗ 
lich iſt, als des Weibchens, denn man meynet ſie beyde 
auf diefe ſeltſame Art traͤchtig gefunden zu haben. We⸗ 
nigſtens kann man ihnen die zelluloͤſe Haut, worinn 
die Eyer ſtecken, und die Jungen ausbruͤten, wie⸗ 
der abwaſchen. Es ſcheint inzwiſchen dieſe Kroͤte 
nicht ganz frey vom Gifte zu ſeyn, und es iſt nicht 


| 


| 
| 


EU ee Een an 


zu vermuthen, daß die Regern, wie man vorgiebt, 


die Schenkel eſſen. 


2. Die Quackkroͤte. Rana Muſica. 


Dieſe Kroͤte, die ſich ebenfalls in Suriname, 
und zwar in den ſuͤßen Waſſern aufhaͤlt, wird um 
deßwillen Muſica, und von uns Quackkröte genen⸗ 
net, weil ſie des Abends und die ganze Nacht durch 
wider die Gewohnheit der Kroͤten, und nach Art der 
Froͤſche durch Quacken ſich hoͤren laͤſſet. Sie hat voll⸗ 
kommen die Geſtalt einer Kroͤte, iſt aber groͤßer. 
Der Farbe nach iſt ſie ſchwarzgelblicht blau und 
braun gefleckt, und warzigt. Die obern Augenlleder 
find runzlicht und etwas warzigt. Auf den Schul⸗ 
tern befindet ſich zu beyden Seiten ein laͤnglicht run⸗ 
der Hoͤcker, der mit hohlen Loͤcherchen punctirt iſt. 
Die Huͤfte hingegen oder Schenkel, nebſt dem Bau⸗ 
che ſind mit erhabenen Puncten beſetzt. Die Voͤr⸗ 
der⸗ und Hinterfüße haben fünf Zaͤhen, nur find am 
letztern die Zaͤhen einigermaſſen mit elner Schwimm⸗ 
haut verwachſen, jedoch nimmt man faſt gar keine 
Naͤgel wahr. 


3. Gemeine Kroͤte. Rana Bufo. 
Unter dieſer Art wird die allenthalben in Euro⸗ 


pa bekannte Kroͤte verſtanden, welche ſich in waldige 


ten 


120. Geſchlecht. Froͤſche. 51 


ten Gegenden und bey alten Gebaͤuden, auch wohl 
in feuchten Kellern der Doͤrfer, beſonders in der 
Ukraine aufzuhalten pflegt. Sie wird griechiſch 
Phryne und Phyfalos; franzòôſiſch, Crapaut 
und vormals Boterel, oder Botterol, zuweilen auch 
Sue; italiaͤniſch, Rospo und Botto; engliſch, 
Toad; ſchwediſch, Padda oder Taoſſa; hol⸗ 
laͤndiſch, Pad genennt. Es ſcheint aber dieſe 
Kroͤte nicht bloß Euro paͤiſch zu ſeyn, indem Herr 
Adanſon ſie an der africaniſchen Kuͤſte, deßglei⸗ 
chen in dem Lande von Senegal und Gambia ge⸗ 
funden, wiewohl ſie der Herr Haſſelquiſt in ganz 
Egypten und dem gelobten Lande nicht antraf. 

Es ſind die Kroͤten garſtige, dickbaͤuchige, war⸗ 
zige, gruͤn, braun, gelb und ſchwarzgefleckte froͤſch⸗ 
artige Thiere; haben einen breiten Koͤrper, kurzen 
Kopf, kurze Voͤrderfuͤße, und einen langſamen Fries 
chenden Gang; und ob es faſt ſcheinen wollte, daß 
ſie ihrer Heßlichkeit oder Scheußlichkeit wegen keine 
Nachſtellungen zu befuͤrchten haͤtten, ſo weiß man 
doch, daß die Landigel, und der Bußhartfalke auf ſie 
aſen. Die Voͤrderfuͤße ſind viefingerig geſpalten, 
die Hinterfuͤße aber gemeiniglich fuͤnffingerig und vers 
wachſen. Doch findet man auch Exemplare, die an 
den Hinterfuͤßen einen unvollkommenen ſechſten Fin⸗ 
ger haben. Ihre Arten ſind durchgaͤngig giftig, in⸗ 
deme ihre Warzen eine Feuchtigkeit von ſich laſſen, die 
ſchaͤdlich iſt, ja die Inſecten ſelbſt durch ihren Hauch 
getoͤdet werden. Dem allen ohnerachtet werden 
verſchiedene Arzneymittel von diefen Thieren genom⸗ 
men, die eine dem Gift widerſtehende Kraft beſitzen, 
als das ſchweißtreibende Pulvis Aethiopicus von 
ſchwarzgebrannten Kroͤten; ferner diſtillirtes Kroͤten⸗ 
oͤl, Geiſte und fluͤchtiges Salz. Doch die ſoge⸗ 
nannten Kroͤtenſteine (Bufonites) find ganz an 
dere Dinge, wie wir in dem Mineralreiche, bey den 
verſteinerten Conchylien, hoͤren werden. 

n Die 


Rah⸗ 
gung. 


Begat⸗ 


tung. 


52 Dritte Cl. I. Ord Kriechende Amphib. 
Die Nahrung der Kroͤten beſtehet in Wuͤrmern, 
kriechenden Inſecten und Schlammſchnecken ohne Haus, 
nach Gelegenheit ihres Vaterlandes und vermuthlich 
auch ihrer Größe ; denn man findet einige, die nicht 
größer als ein Thaler werden, und an der Kuͤſte von 
Buinea hat man fie in der Größe eines Tellers, 
ja es ſind ſogar in Deutſchland Beyſpiele von un⸗ 
geheuren großen Kroͤten bekannt. Daß aber auch 
die Kroͤten ohne einem andern Futter, bloß von der 
Feuchtigkeit leben koͤnnen, ſolches beftättigen nicht 
nur die Kellerkroͤten, (wie wir denn ſelbſt eine Kroͤte 
zwey Jahre lang in einem leeren Gefaͤße im Keller 
bey Leben erhalten haben;) ſondern auch die Exem⸗ 
pel derjenigen, welche in Steinen verwachſen waren, 
und bey Zerſchlagung des Steins annoch lebendig 
gefunden wurden, (ſo wie etwa die Pholaden oder 
Bohrmuſcheln in Steinen und andern Maſſen ſte⸗ 
cken). Sonſt find von diefen Thieren vielerley Fa⸗ 
beln bekannt, worunter auch die gehoͤrt, daß die 
Spinnen ihre Feinde ſeyn, und ſie todt ſtechen ſollen; 
allein, wir halten uns mit dem Fabelhaften in unſe⸗ 
rer Beſchreibung gar nicht auf, und wollen jetzo nur 
noch von ihrer Begattung reden. ö 


Was denn die Begattung derſelben betrift, 
ſo beſpringt das Maͤnnchen das Weibchen, und 
umarmet es, bringt aber die Voͤrderfuͤße, ihrer 
Kuͤrze halben, bey der Umarmung nicht weiter als 
an die Seiten der Bruſt des Weibchens, da hin⸗ 
gegen die Froͤſche ihre Voͤrderhaͤnde übereinander 
ſchlagen, und das Weibchen alfo feft umſchlingen koͤnnen. 


Bey dieſer Stellung iſt das Weibchen in Be⸗ 
reitſchaft, ihre Eyer, welche nackigt ſind, und in 
einer Kette von Froſchlaich, wie ein geknuͤpfter Fa⸗ 
den, aneinander hangen, von ſich zu laſſen, da 
denn das Maͤnnchen mit den Hinderfuͤßen an den 
After des Weibchens druckt, und mit den Zehen 

5 . ie 


120. Geſchlecht. Froͤſche. 53 


die Eyerſchnur des Laichs herauszieht, daher man 
im Scherz wohl ſagen mag, daß das Maͤnnchen des 
Weibchens Geburtshelfer ſey. Waͤhrend dieſer 
Zeit aber macht das Maͤnnchen die Eyer zugleich 
mit ſeinem Saamen fruchtbar. Da es aber keine 
ordentliche aͤuſſerliche Ruthe hat, ſo iſt zu vermu⸗ 
1 daß die Daumwarzen die Stelle vertreten, und 
vielleicht den befruchteten Saamen ausſpruͤtzen. Die⸗ 
ſes Geſchaͤfte wird, da es Land⸗ und Waſſer⸗ 
kroͤten, deßgleichen auch Lands und Waſſerfroͤ⸗ 
ſche giebt, fowehl im trockenen als im Moraſt 
und in Teichen verrichtet, wo man dieſes Laich in 
Ketten, Faͤden oder bereits zuſammen gebackenen 
Klumpen findet. 


Die Eyer dieſer Thiere werden in dreyen Ta, Entwi⸗ 
gen laͤnglicht, ſcheiden ſich in acht Tage von der Kette ckelung. 
und von dem Schleim, da man bereits Kopf, Au⸗ 

gen und Schwanz unterſcheiden kann. Etliche Tage 

weiter nimmt man am Kopfe gewiſſe Fortſaͤtze wie 
Floſſen war, die ſich in vierzehn Tagen verlieren, 

da denn ſtatt deren der Ruͤcken gleichſam mit einer 
durchgaͤngigen Floſſe beſetzt wird, und die Geſtalt 

eines Fiſchleins herauskommt, welches dickleibig, 
duͤnnſchwaͤnzig und ſchwarzfaͤrbig iſt. 

Nach Verlauf eines Vierteljahrs zeigen ſich die Ner⸗ 
Hinter fuͤße, und hernach auch die Voͤrderfuͤße, und wand⸗ 
endlich wird aus einem Fiſchlein ein kriechendes Thier, lung. 
der Schwanz aber, den es vorher hatte, wird klei⸗ 
ner, und faͤllt ab, und alsdann ſucht das Junge 
aus dem Waſſer an das Land zu kommen. Dieſes 
iſt die kurze Geſchichte der Entwickelung dieſer Thie⸗ 
re, welche mit einiger Veraͤnderung geſchwinder 
oder langſamer bey einer und andern Art von ſtat⸗ 
ten gehet, welches alles bey dem Roͤſel außfuͤhrli⸗ 
cher zu leſen iſt. Um aber das obige ein wenig zu 
beleuchten, fo wollen wir nur die Figuren der vler⸗ 

5 f D 3 ten 


54 Dritte Cl. l. Ord. Kriechende Amphib. 


ten Tafel erklaͤren, welche die ganze Sache deut; 
lich machen wird. 


Erklaͤ⸗ Tab. IV. fig. 1. Die Paarung einer Waſſerkroͤte. 


N fig. 2. Die Paarung einer Landkröte. 
J. Iv. fig. 3. Die Eingeweide der Waſſerkroͤte. 
lit. f. Das Herz, welches blaſſer als in 
den Froͤſchen iſt. 


t, u. Die großen und celluloͤſen Lun⸗ 


gen, welche den ganzen Raum 

vom Herz bis zum Maſtdarme 
einnehmen, daher ſich die Kroͤ⸗ 

ten ſo ſehr aufblaſen koͤnnen. 
www. Die Leber unter dem Herz 
mit ihren dreyen Lappen. 


— — — 


x x. Der Magen, der laͤnglicht iſt, 


und die Daͤrmer deckt. 


y y. Die blaͤtterige Fortſaͤtze der 
Hoden. 


2 2. Die gleichſam in zweyen abge⸗ 
theilte Harnblaſe. 


fig. 4. a a, b. Die Nieren, auf welchen 
die Hoden liegen. 
cc. Die Hoden. 
d d, d d. Die blaͤtterige Fortſaͤtze 
an den Hoden, die in der 


vorigen Figur bey y y her⸗ 
vorkommen. 


ee. Ein dünner Gang zur Seiten 


der Nieren. 
f f. Der gerade Darm. 
g. Der Ausgang des duͤnnen Gangs, 
der zur Seiten der Nieren her⸗ 
vorkommt „in den geraden 


Darm, 


120. Geſchlecht. Froͤſche. 55 


Darm, welchen Herr Röfel für den 
Gang des maͤnnlichen Saamens haͤlt. 


fig. 5. Eine weibliche Waſſerkroͤte. 
lit. h. Das Herz. 
iI. Die Gallenblaſe. 
Kk k k. Die Leber. 
11. Die Lungen. 
mmm m. Die Eyerſtoͤcke. 
nn. Ein Theil der Eyerwege. 
00. Die blaͤtterige Anhaͤnge. 
pp pP p. Die Mutter. 
gg. Der Magen. 
r. Das Milz. 
ſſ. Die dünne. Daͤrmer. 
t. Der gerade Darm. 
u u. Die ausgeleerte Harnblaſe. 


fig. 6. WW. Die Mündung der Eyerwege, 
dichte bey dem Herzen, zuge⸗ 
bunden. 
2 Z. Der Ort, wo fie ſich der Mutter 
naͤhern. 
vy. Der Ort, wo die Mutter durch 
dieſe Wege bedeckt wird. 
t. Ein Theil der duͤnnen Daͤrmer 
an dem geraden Darm. 
f. Ein Theil des Eyerſtocks. 


fig. 7. Die Zeugungsglieder des Weibchens der 
Landkroͤte. 
ff. Die Eyerwege. 
88858 86. Derſelben Windungen. 
D 4 hh, 


56 Dritte Cl. I. Ord. Kriechende Amphib. 
lit. h h h, hh h. Die Mutter, die gleichſam ihre 
2111 zwey Hoͤrner hat. 
k k. Die blaͤtterige n 
11. Die Nieren. 5 
1. Der gerade Darm. 
m m. Die leere Harnblaſe. 
d. Das Herz. 
e e. Die groſſe Blutgefaͤſſe. 


fig. 8. Die Eingeweide des a einer 
Landkroͤte. 

o. Die Gallenblaſe. 

p pp. Die Leber mit drey Lappen. 
9. Das Milz, roth, rund und klein. 

1. Der Magen. 

u. Die duͤnne Daͤrmer. 
t. Der gerade Darm. 

ww. Die aufgetriebene Blaſe. 

nnnn. Die aufgetriebene dungen. 
. 1. Die eine Hode. 

Ver⸗ fis 9. Die Verwandlung der Jungen. 
wand? Die buſchweiſe aneinander an den 
5 | a Wera hangende Eyer. 

f fig. 10. Die Jungen mit 
aa. ihrem Anhange oder Fortſatz. 


fg 11. Die dungen, wenn ſie ſechs Wochen 
0 alt ſind. 

c. Der Anhang oder darmfoͤrmige 
Fortſatz. 

d. Ein weiſſes Blaͤßchen, das ſie hin⸗ 
ter dem Kopf haben an der 
rechten Seite. 

f fig. 12. 


120. Geſchlecht. Froͤſche. 57 


fig. 12. lit. f. Der Anfang der Füße. 
NE c. Der an dem Coͤrper hangende 
Unrath. 

e. Ein weiſſes Blaͤßchen an der lin⸗ 
ken Seite des Kopfs, worinn 
eine Oefnung iſt, durch welche 
dieſe Jungen das verſchluckte 
grummige Waller wieder aus: 
werffen. 


fig. 13. Die Jungen, wenn fie drey Monate alt 
1 ſind. 
5 e. Die Verwandlung des Blaͤßgens 
zur Seiten des Kopfs in ein 
Waͤrzchen. 
f. Die 6 herausgekommene Hinter⸗ 
uͤße. 5 


fig. 14. Die Jungen, mit den hervorgekommenen 
Voͤrderfuͤßen. 


fig. 15. Die Jungen wenn ſie den Schwanz 
f verlieren und das Maul dehnen. 


fig. 16. Die Geſtalt, wenn die Verwandlung 
geſchehen iſt. 


Aus dieſer Erklaͤrung wird man ſich ſchon einen 
hinlaͤnglichen Begrif machen koͤnnen, und iſt nur 

noch zu merken, daß ſo lange dieſe Thiere nur noch 

ein ſchwimmend Amphibium ſind, ſie von Waſſerpflan⸗ 

zen leben; ſo bald aber ihre Verwandlung geſchehen 

iſt, und ſie das Land beſtelgen, ſo bald hoͤren ſie mit 

dieſem Futter auf, und ſuchen ſich Inſecten. 

Man hat ſich auch Muͤhe gegeben, an ihnen die 1 En 
Werkzeuge des Gehörs zu unterſuchen, und ſie fol des Ges 

D 5 gen hörs. 


58 Dritte Cl. I. Ord Kriechende Amphib. 


gender Geſtalt befunden: hinter dem Auge naͤmlich 
iſt eine Erhoͤhung, welche mit einer duͤnnen Haut 
verſchloſſen iſt, dieſe Haut iſt das Trommelfell, wel⸗ 
ches nur mit demjenigen Gehoͤrknochen verſehen iſt, 
den man den Steigbiegel zu nennen pflegt. Hin⸗ 
gegen ſind innerhalb dem Munde zwey Durchgaͤnge, 
die nach dieſem Werkzeuge hinfuͤhren, und dleſe 
Durchgaͤnge waͤren dann die We Trompete des 
Euſtachii. Doch hat der Herr Geffroy mehrere 
Aehnlichkeit mit der Meuſchen Gehoͤrwerkzeugen bey 
dieſen Thieren gefunden, indem er auch mehrere 
Beinchen und halbzirkelfoͤrmige Gaͤnge, jedoch kei⸗ 
nen Schueckengang entdeckt, und meynet, die eigentli⸗ 
che Trompete des Euſtachii befinde ſich wohl bey den 
Stöfchen, aber nicht bey den Kroͤten. 


4. Die Feuerkroͤte. Rana Rubeta. 


4. Die Benennung Feuerkroͤte iſt von den feuer, 
Feuers rothen Flecken des Unterleibs hergenommen. Der 
8 Koͤrper iſt warzigt; der After geſprengelt und ſtumpf; 
T. IV. die Voͤrderfuͤße haben vier Finger, und die Hinter⸗ 
fig.17.— füße fünf, welche aber ein wenig mit einer Schwimm⸗ 

20. haut verwachſen ſind. Sie iſt nicht groß, laͤßt ſich 
haufig nach dem Regenwetter ſehen, und hat die Ges 
ſtalt als eine junge Kroͤte der vorigen Art. 


Der Herr Röfel beſchreibt eine ähnliche kleine 
Art, davon er in Abſicht auf die Fortpflanzung das 
folgende angemerket, welches wir hier zur Ergaͤn⸗ 
zung der oben angefangenen Begattungsgeſchichte dies 
. bey dieſer Gelegenheit mittheilen 
wollen. Fer 


Paa⸗ Die Paarung geſchieht ſpaͤter als bey den Froͤ⸗ 
gung. ſchen und gemeinen Kröten, nämlich im Junio. 

Das Maͤnnchen umarmt das Weibchen, und laͤßt 
es innerhalb acht Tagen nicht loß. Das Laich * 


120. Geſchlecht. Froͤſche. 59 


het weder in einzelnen noch doppelten Faͤden oder 
Eyerketten, ſondern in Klumpen zu zwanzig bis vier⸗ 
zig Eyern, die gleich im Waſſer niederſinken, und das 
Junge bildet ſich ſchon den naͤmlichen Tag zu einer 
Fiſchgeſtalt, die in vierzehn Tagen zu einem halben 
Zoll anwächſt, und ſich nur vom Schleim der Waſ⸗ 
ſerpflanzen naͤhrt. Nach drey Monaten bekommen 
fie erſt Füße, haben aber alsdann noch ihren Schwanz, 
den fie endlich auch ganz verliehren. Die Eingeweide 
weichen in der Bildung etwas von den andern Kröten 
ab, wie die übrigen Figuren der verten Tafel deutli⸗ 
cher zeigen, deren Erklaͤrung wir hie beyfuͤgen. 


Tab. IV. fig. 17. Die Eyerbüfche der kleinen Kröte. 
fig. 18. Die gebildete Frucht, wie fie ſich 


. 


den dritten Tag zeigt. 
fig. 19. Die junge Kröte mit den vier Fuͤſ⸗ 
fen, wie fie ſich nach drey Mona⸗ 
ten zeigt. 
fig. 20. Die Eingeweide dieſer kleinen Art. 
b b. Die Lungen, deren Blaͤßgen 
nicht ſo klein, aber mit vielen 
Blutgefaͤßen durchmengt ſind. 
a. Das Herz, welches ſehr breit iſt. 
cc. Die Leber. 
5 dä. Die Gallenblaſe. 
10 e. Das Milz. 
f. Der Magen mit den Daͤrmern. 
k. Die Harnblaſe, welche nicht 
in zwey abgetheilt, und ſehr 
klein iſt. 
Die Werkzeuge der Begattung und uͤbrigen in⸗ 
wendigen Theile treffen mit der vorigen Art überein, 


5, Die 


60 Dritte Cl. I. Ord. Kriechende Amphib. 


5. Die bucklichte Creutzkroͤte. Rana 
Gibbofa, ) 


Da der Körper dieſer Kroͤte laͤnglicht und 5 


a haben rund ift, fo wird fie Gibbofa oder bucklicht 


genennet. Sie fuͤhret aber auch uͤber dem Nuͤcken 
die Laͤnge hinunter einen gelblicht aſchgrauen gezaͤh⸗ 
nelten oder auch hochgelben breiten Strich, als ob 
fie mit einem Kreutz bezeichnet wäre, und dieſes ver⸗ 
anlaſſet die andere Benennung. Die Voͤrderfuͤße 
haben vier Finger, die Hinterfüße aber ſechs, doch 
iſt der Daumen ſehr breit und kurz, und die Finger 
oder Zaͤhen find frey, und mit keiner Schwimm⸗ 
haut verwachſen. 


Vermuthlich gehoͤrt des Roͤſels ſtinkende 
Kroͤte hieher. Ihr Aufenthalt iſt gegen der Be⸗ 
gattungszeit im Rohr und Schilf, ſonſt aber, be⸗ 
ſonders des Winters an Waͤnden und Felſen, wo 
fie ſich in den Ritzen verſammlen, und bey den jahen 
Wänden hinanklettern, wozu ihnen der ſchleimigte 
Bauch, und der Bau ihrer Füße behuͤlflich iſt. Es 
nennet aber der Herr Roͤſel dieſe Art die ſtinken⸗ 
de, weil ſie eine weißlichte Feuchtigkeit von ſich 
giebt die einen ſtarken Schwefelgeruch gleichwie 
die Waſſerkroͤten nach Knoblauch riechen, und 
dadurch ihre giftige Art verrathen. Dieſe Feuch⸗ 
tigkeiten treten bey den Kroͤten aus gewiſſen Drüs 
fen, die fie in den Weichen und unter den Achſeln 
haben, und ergießen ſich durch Schweißloͤcher oder 
Warzen der Haut über den Körper, oder ſpritzen 
aus ſelbigen mit Gewalt heraus. Die Haut iſt 
oben gruͤnlicht und mit braunrothen Waͤrzchen als 
3 beſetzt; der Unterleib aber iſt ſchmutzig 
weiß. | 


6. Der | 


120. Geſchlecht. Froͤſche. 61 
6. Der Toͤſer. Rana Bombina. 


Es hatte der Bitter dieſe Art vormals Va. . 
riegata, oder buntgeſprenkelte genennet, jetzt aber Toͤſer. 
Bombina, welches die Eigenſchaft des Tons aus⸗ Pam“ 
drucken ſoll, den dieſe Kroͤten von ſich geben, in⸗ 
dem derſelbe ſo klingt, als ob man von weiten Glo⸗ 
cken laͤuten hoͤrte, und darum nennen wir ihn nach 
der Bedeutung des Worts Bombina den Cöſer, 
denn ihrer viele machen ein wuͤrkliches Getoͤſe. 


Der Koͤrper iſt ſchwarz und von vielen erhabe⸗ 
nen Puncten warzigt; der Hals iſt mit einer Run⸗ 
zel umgeben; der Bauch ſchwarz, gelb und weiß 
gefleckt; die Fuͤße haben keine Naͤgel, vorne aber 
vier freye Finger und hinten fuͤnfe, die mit einer 
Schwimmhaut verwachſen ſind. Die ganze Geſtalt 
iſt Kroͤtenartig, jedoch nicht groß. Man trift ſie 
nur hin und wieder in Deutſchland, haͤufiger aber 
in Schonen und andern daͤniſchen und ſchwedi⸗ 
ſchen Provinzen an. 


7. Der Dickbauch. Rana Ventricoſa. 


Dieſe indianiſche Art hat einen halb eyrun⸗ Die 
den Mund, eine vorhangende Kehle, und ſcheinet bauch. 
der Benennung nach dickbaͤuchig zu ſeyn. Ventri« 


coſa. 
| 8. Der Seefroſch. Rana Marina. 


In America, und beſonders in Virginien, 8. 
wird eine Art gefunden, die ſich ſowohl in den Ge, See 
waͤſſern an den Geſtaden des Meers, als auf dem Nlarin 
Lande aufhaͤlt, und durch die Laͤnge des Koͤrpers 
und der Fuͤße mehr einem Froſch als einer Kroͤte 
aͤhnlich ſiehet. Dieſe Umſtaͤnde zuſammen genom⸗ 
men, veranlaſſen uns, dieſelbe mit dem Seba ei⸗ 
nen Seefroſch zu nennen. Die beſondere 11 

zeichen 


bina. 


62 Dritte Cl. I. Ord. Kriechende Amphib. 


zeichen find, daß das Thier buckichlte Schulterblaͤt⸗ 
ter, und am After vier große runde Knoten hat, 
Die Voͤrderfuͤße find mit vier freyſtehenden, die 
Hinderfuͤße aber mit fünf, etwas durch eine Schwimm⸗ 
haut aneinander gebundenen Zaͤhen, verſehen. Der 
ganze Koͤrper iſt uͤbrigens mit Warzen beſetzt, und 
auf jedem Voͤrderfuß befindet ſich ein ſchwarzge⸗ 
ſprenkeltes Schild. Die Farbe iſt uͤber dem Kopfe 
roͤthlich geſtreift, auf dem Ruͤcken gelblicht, und 
uͤbrigens aſchgrau. Die Laͤnge des Koͤrpers haͤlt et⸗ 
wa acht Zoll, und wenn die Fuͤße hinten und vorne 
ausgeſtreckt ſind, ſind ſie eine halbe Elle lang. 


9. Der Nachtſchreyer. Rana Typhonia. 


9 Obſchon das aus dem griechifchen genommene 
W Wort allerley Bedeutung haben kann, ſo ſcheinet 
Ty cs hier doch mehr auf die Stimme und das Ge 
nia. ſchrey dieſes Thiers zu zielen, welches nach Ro⸗ 

landers Bericht die ganze Nacht uͤber gehoͤrt wird, 
und ſehr unangenehm klingt, indem es dem Ge⸗ 
ſchrey der Kraͤhen gleich kommt, daher wir die 
Benennung: Tachtſchreyer, erwaͤhlet haben. 
Das Thier iſt an den eyfoͤrmigen Ohrhoͤckern zu 
kennen. Der Ruͤcken hat vier die Laͤnge herunter 
gehende Runzeln, erhabene Waͤrzchen und ſchwarze 

lecken; die Fuͤße ſind ſtumpf, vorne mit vier ge⸗ 
paltenen, und hinten mit fuͤnf verwachſenen Fingern 
verſehen, davon der zweyte der laͤngſte iſt; auch ha⸗ 
ben die Finger, die ſehr enge an einander ſtehen, 
keine runde Naͤgel. b 


10. Das Ohrauge. Rana Ocellata. 
Ohrau⸗ Diefe Benennung entſtehet von einem runden 
ge. augenartigen Flecken, den dieſes Thier zu beyden 
ella Seiten an den Ohren hat. Die Füße find ſtumpf, 
N vorne 


120. Geſchlecht. Froͤſche. 63 


vorne mit vier geſpaltenen, und hinten mit fünf ei⸗ 
nigermaſſen verwachſenen Fingern verſehen. Die uͤb⸗ 
rige Bildung kommt wohl mehrentheils mit dem 
Seefroſch No. 8. uͤberein, nur daß dieſe Art noch 
groͤßer als jene zu ſeyn ſcheinet, da fie von Ca⸗ 
tesby der groͤßte americaniſche Waſſerfroſch 
genennet wird. 


11. Der Horntraͤger. Rana Cornuta. 


Dieſes Thier, welches weit mehr Aehnlichkeit 
mit einer Kroͤte als mit einem Froſch hat, macht ei⸗ 
ne ganz ſonderbare Figur, denn es ſteigen oben auf 
dem Kopfe, wo die Augen bey andern ſtehen, flei⸗ 
ſchichte Kegel in die Höhe, welche von weiten wie Höre 
ner aus ſehen, in der That aber nichts anders, als 
breite, und mit einer kegelfoͤrmigen Spitze in die 
Höhe gewachſene Augenlieder find, in welchen ohne 
gefehr in der Mitte die Augen uͤber dem Kopf er⸗ 
hoͤhet ſtehen, und dieſer ganz beſondere Umſtand hat 
obige Benennung veranlaſſet. Der Körper iſt oben 
und unten aſchgraugelb, und mit weißgrauen Linien 

eſtreift. Mitten uber dem Ruͤcken aber läuft vom 
Kopfe bis zum After ein weißlichter Strich, der 
vorne breit und hinten ſchmahl iſt. Die Haut iſt 
mit kleinen Warzen als mit Perlen beſetzt. Die 
Voͤrderfuͤße haben vier freue, und die Hinterfuͤße fünf 
mit einer Haut verwachſene Finger, welche den Men⸗ 
ſchenfingern ähnlich ſehen. Der weißlichtbunte Kopf 

at über dem Maul und hinter den Augen ſchwarze 

lecken; iſt groß und breit, und in dem weiten 
Rachen mit einer dicken Zunge verſehen, die wie 
eine Auſter ausſiehet, und vorne am untern Kiefer 
angewachſen, hinten aber frey iſt. Man kann ſich 
leicht vorſtellen, daß der Anblick dieſer Kroͤte einen 
Schauer erregen kann. Das Vaterland iſt Virginien. 


12. Der 


11. 
Horn⸗ 
traͤger. 
Cornu- 
ta. 


64 Dritte Cl. I. Ord. Kriechende Amphib. 
12. Der Randfroſch. Rana Marginata. 


1. An dieſem indianifchen Froſch ſpringet die 
Rand⸗ Haut, die den Ruͤcken bedeckt, mit einem beſonders 
froſch. gezeichneten Rand, in den Seiten über die Seiten 
Margi- theile des Körpers hin, fo, daß er mit einem Saum 
nata. umgeben zu ſeyn ſcheint, und darum auch wohl der 

geſaͤumte Froſch (marginée) heißt. Der Koͤr⸗ | 
per iſt glatt, ohne Warzen, die Finger an den 
Fuͤßen ſind uͤberall geſpalten, und die Farbe der 
Haut iſt bunt. Da nun die Froͤſche doch allezeit | 
die Hinterfüße wenigſtens einigermaſſen mit einer 
Schwimmhaut verſehen haben, ſo iſt dieſe Art um 
ſoviel merkwuͤrdiger, und lebt vielleicht nur allein auf 
dem Lande. ! 


13. Der Baſtard. Rana Paradoxa. ö 


13. Wir haben oben bey No. 3. und 4. von der 
Baſtard Entwickelung und Verwandlung der Kröten und 
doka. Fröſche geredet, und unter andern angezeigt, daß 

die Jungen unausgewachſenen Froͤſche zu Anfang 
einen fiſchartigen Schwanz haben, der aber, wenn 
die Voͤrderfuͤße gebildet ſind, abfaͤllt, dahingegen 
ſich die zwey Hinterfuͤße zeigen, und unter den 
oben angegebenen Kennzeichen des ganzen Geſchlechts 
iſt auch dieſer befindlich, daß dieſe Thiere (naͤmlich 
wenn ſie ihre voͤllige Bildung haben) keinen Schwanz 
beſitzen, und dasjenige, was vor ihrer Entwickelung 
einem Schwanze aͤhnlich ſiehet, iſt doch kein wuͤrk⸗ 
licher Schwanz, denn es iſt keine Verlaͤngerung des 
Ruͤckgrads oder Fortſatz der Wirbelbeine. 

Allein zu jedermanns Verwunderung bekommen 
die Liebhaber zuweilen aus Suriname ordentliche 
große vierfuͤßige Froͤſche mit einem langen Fiſch⸗ 
ſchwanz, und wiſſen nicht, was ſie daraus machen 
ſollen. Seba und Meriane machte der Ba | 
N ana 


120. Geſchlecht. Froͤſche. 65 


Rana piſcatrix daraus, aber mit Unrecht, denn 
die Rana piſcatrix iſt ein ordentlicher Fiſch 
mit Floſſen; andere hielten ſie fuͤr eine beſondere 
Art Eidechſen, und dahin zahlte fie der Ritter 
vormals auch. Jetzt aber wird ſie von ihm unter 
obigen Namen: Paradoxa, zu einer beſondern Art 
in dem Geſchlechte der Froͤſche gemacht. Sollaͤn⸗ 
diſch heißt fie Geftoorte Kikvorsch; fran zoͤ⸗ 
ſiſch Grenouille a queue. Soviel iſt richtig, 
daß die Füße vorne vierfingerig ohne Schwimmhaut, 
und hinten fuͤnffingerig mit einer Schwimmhaut 
ſind; der Bauch iſt auch aufgetrieben, und der 
Schwanz lang ; das ganze Thier aber vollig ſo 
groß wie ein Froſch. Allein, wer hat den Schwanz 
unterſucht? Gehet das Ruͤckgrad durch? und iſt 
nicht vielleicht dieſes Thier eine noch unausgebildete 
Puppe (Larva, Squelette) von der ſehr großen 
americaniſchen Kroͤte, die durch Zufall, oder 
vielleicht allezeit, den Schwanz erſt ſpaͤte abwirft, 
wenn die vier Fuͤße nebſt dem Voͤrderkoͤrper ſchon 
ausgebildet, und zu einer ziemlichen Größe, gekom⸗ 
men ſind? Oder geſchiehet etwan die Verwandlung in 
dieſem Thlere umgekehrt, daß es ſtatt den Schwanz 
zu verlieren, die vier Fuͤße abwirft, und aus eis. 
nem vierfüßigen Thier endlich ein Fiſch wird, fo 
wie ſich ein Froſch aus einer Fiſchgeſtalt in ein 
vierfuͤßiges Thier verwandelt? Dem ſey nun, wie 
ihm wolle, ſo geben wir ihm doch den Namen Ba⸗ 

rd, denn es gehört ſich nicht, daß ein Froſch 
I Schwanz habe. g 


14. Der braune Landfroſch. Rana 

ene ee Temporatia. | 14. 
gen Weil der Geſchlechtsname von dieſer Art her⸗ m 
genommen iſt, fo haben wir die verſchiedene Ber froſch. 


ennungen derſelben ſchon oben angegeben. Nun Lem. 
Linne III. Theil. E ſind boraria 


ne 


66 Dritte Cl. J. Ord. Kriechende Amphib. 


find die gemeine Froͤſche bekannt genug; daß es 
aber zweyerley Arten gebe, moͤchte nicht jedem hin⸗ 
laͤnglich deutlich ſeyn. Es giebt naͤmlich braune 
Landfroͤſche und gruͤne Waſſerfroͤſche, die von den 
mehreſten nicht genug unterſchieden werden. Die 
erſte Art iſt jetzo unſer Gegenſtand, und die an⸗ 
dere folgt hernach. 1 
Geſtalt. Der Ruͤcken dieſer Froͤſche iſt ziemlich flach, 
und einigermaſſen eckigt, der Farbe nach braun oder 
grau; der untere Theil des Leibes, naͤmlich die Bruſt 
und der Bauch, find bey den Männchen graͤulichtweiß, 
bey den Welbchen aber, gelblicht und roͤthlichtbraun ge 
fleckt. Die Voͤrderfuͤße haben vier geſpaltene, die 
Hinter fuͤße aber fünf Finger, die ein wenig mit einer 
Schwimmhaut aneinander gewachſen ſind. Sie 
leben den Sommer uͤber mehrentheils auf dem Lande 
und machen große Spruͤnge, begeben ſich aber des 
Winters zu Waſſer, um ſich vor dem Froſt zu ſchu⸗ 
gen. Sie haben nur gewiſſe Zeiten, da fie ſich ho 
ren laſſen, naͤmlich in der Begattungszeit, und bey 
ſchoͤnen warmen Fruͤhjahrsabenden und Naͤchten, da 
fie oft die ganze Nacht Coax Coax, berekeke 
ſchreyen, welches öfters eine Anzeige von Regen⸗ 
wetter oder Gewittern iſt. Dieſer Urſachen halben 
werden fie vermuthlichvon dem Ritter Temporariæ 
genennet. Sie naͤhren ſich von Muͤcken und In⸗ 
ſecten, aber die Stoͤrche, Reiher und Enten ſind 
ihre Feinde, die ihnen ſehr nachſtellen. u 


Ihr Vaterland iſt eigentlich Europa, doch 
werden ſie auch in andern Welttheilen gefunden. 

Kater, Es traf zwar A danſon keine an der Kuͤſte von Africa 
land. und in Senegal, und der Herr Haſſelquiſt nur 
kleine in Egypten an; beydes aber iſt zu verwun⸗ 

dern, da man doch am Cap der guten Hofnung in 

den ſtehenden Waſſern auf dem Tafelberg große 

graue Froͤſche findet, und Egypten e | 

r 


120. Geſchlecht. Froͤſche. 67 


Froͤſchen erſchrecklich geplagt war, ſo daß man es 
ur eine Wohlthat anſahe, wenn die Stoͤrche und 
Reiher ſolche nach der Ueberſchwemmung des Nil; 

ſtroms aufrieben. Doch in America ſowohl auf dem 

feſten Lande, als den Juſeln, ſind ſie deſto haͤufiger, 
und nach Labats Bericht ſollen ſich daſelbſt ſchöͤ⸗ 
ne große Marmorirte finden, deren Körper allein 
einen Schuh lang iſt, und die Schenkel fo fleifchicht, 
daß die Jaͤger des Nachts mit Fackeln ordentliche 

Jagden auf ſie anſtellen, um ſie zu braten; denn 

haben ein weſſſes, welches, und ſehr ſchmackhaf⸗ 

, 

Daß die Froͤſche ein uͤberaus zaͤhes Leben haben, 

werden diejenige Liebhaber gewahr, denen ſie öfters 

dienen muͤſſen, um an ihnen den Kreißlauf des Bluts 

. zeigen. Man kann ihnen das Herz aus dem Lei⸗ 


Zaͤhes 
Leben. 


de hohlen, und doch ſchwimmen ſie noch einge 


Stunden darnach. Ja das Herz allein bewegt ſich 
noch zwoͤlf bis vierzehn Stunden hernach, nachdem 
es ſchon ausgeſchnitten war. Ab 
Die Begattung und Entwickelung hat eine voll⸗ 
kommene Aehnlichkeit mit dem, was wir bey No. 3. 
und 4. von den Kroͤten geſagt haben. Die aus den 
Eyern gekommene geſchwaͤnzte Puppen werden grie⸗ 
iſch Gerinos; lateiniſch Gyrinus; engliſch 


Entwi⸗ 
kelung. 


Tacbot, franzoͤſiſch Tetard, und hollaͤndiſch 


Donderpadje genennet. 

Man hat wahrgenommen, daß die Haut die⸗ 
fer Amphibien nur durch einige Faſern an die Muſ⸗ 
keln befeſtiget iſt, (ſo wie ſolches auch bey den 
Kroͤten ſtatt hat,) und gleichſam aus vier Beuteln 
beſtehet, davon zwey vorne und zwey hinten ſind, 
und die von der einen Seite, an die Haut ſelbſt 
und von der andern Seite an den Mufkeln kleben; 
doch in den Gelenken iſt die Haut mehr befeſtigt. 
Die Zunge ſitzt mit dem breiten Ende am Kinn feſte, 
E 2 und 


2 5 


Anatom 
Anmer⸗ 
kung. 


Ge⸗ 
brauch. 


5. Grüner Waſſerfroſch. Rana 


15. 
Gruͤner 
Waſſer⸗ 
froſch. 
Eſcu- 
lenta. 


Hühnerſleiſch ſchwecken, und ſich in ben Froschpa⸗ 


68 Dritte Cl. I. Ord. Kriechende Amphib. 


und iſt oben mit fleiſchichten Faſern belegt, welche 
an der einen Seite an einen halbmondförmigen Knoͤr⸗ 
pel vor demEingange in die Kehle befeſtiget find. Die 
Spitze der Zunge iſt gabelfoͤrmig, und ſenkt ſich in 
die Kehle hinunter; das Herz hat nur eine Höhle 
und ein Ohr, deßgleichen nur eine Pulsader, die das 
Blut in den Koͤrper fuͤhrt, und auch einige Aeſte 
an die Lungen abgiebt. Die Lungen aber dienen 
mehr dazu, die Eyer aus der Bauchhoͤhle in die 
Eyergaͤnge zu preſſen, welche nahe bey dem Herzen 
liegen, und ihr quackendes Geſchrey hervor zubrin 
gen, als um das Blut zu empfangen, denn es kommt | 
nur wenig Blut in die Lungen, und darum koͤnnen 
ſie auch im Waſſer leben. N 


| 
17 
Aus dem Bauche wird Sperma ranarum, als 
ein kuͤhlendes aͤuſſerliches Mittel zubereitet, und ſonſt 
u | 

| 

| 


auch ein Oel aus den Froͤſchen gezogen, welches zu 
dem Froſchpflaſter geſetzt, aber jetzt nicht mehr 
geachtet wird. A, 


2 


2125 Eſculenta. 


Die andere Art der gemeinen bekannten Froͤſche 
iſt diejenige, die oben gruͤn mit gelben Strichen 
und unten weiß iſt, und ſich mehr als die vorige 
im Waſſer aufhaͤlt. Dieſer ift größer, als der 
braͤunlichte Landfroſch, und wird Eſculenta ges 
nannt, weil er fleißig geſucht wird, um die Schen⸗ 
kel und Lenden zur Speiſe zu gebrauchen, die wle 


ſteten gut eſſen laſſen. Man findet ihn in ſuͤßen 
und klaren Gewaͤſſern reiner Teiche, Baͤche und 
Graͤben. | | hen 


Die 


119. Geſchlecht. Froͤſche. 69 


Die gruͤne Farbe des Ruͤckens wird durch drey gelbe 
Striche unterbrochen, davon der mittlere vom Maul 
bis zum After durchgeht. Der Körper ift gleich, 
ſam eckigt, auf dem Ruͤcken quer über hoͤckericht, 
und am Bauche mit einem Rande eingefaſſet. Die 
Hinterfuͤße ſind mit einer Schwimmhaut verſehen, 
und das Maͤnnchen hat runde aufgeblaſene Ohren⸗ 
ballen. Die Begattung und Entwickelung geſchle⸗ 
het faſt wie bey der Feuerkroͤte No. 4. Man 
hört dieſen Froſch gemeiniglich des Abends ſchrey⸗ 
en, wann es regnen will; doch bey kaltem Wet⸗ 
ter, und auch wenn der Fruͤhling vorbey iſt, hal⸗ 
ten ſich die Froͤſche gemeiniglich ſtill. Man hat 
wahrgenommen, daß die Froͤſche zehn bis zwoͤlf 
. die Kroͤten aber wohl zwoͤlf bis ſechzehn 
ahre alt werden konnen; wenigſtens unterſcheidet 
man bey einer Nachtmuſic diefer Thiere, ſowohl den 
Baß der Alten, als den Diſcant der Jungen. 


16. Der Laubfroſch. Rana Arborea. 
Auch dieſer Froſch, der ſich bey uns in Euro⸗ 


pa, deßgleichen auch in America, auf den Baus f 


16. 


Laub⸗ 


roſch. 


men unter dem Laub aufhält, iſt bey uns wohl Arbo- 
bekannt. Der Körper iſt glatt, etwas eckigt, rea. 


vorne breit, und hinten ſchmahl, oben graßgruͤn, 
unten weiß mit erhoͤhten dicht aneinander ſte⸗ 
henden Puncten beſetzt. Die Finger ſind ohne 
Schwimmhaut und haben runde Nägel, die am 
Ende breit find. Die grüne und weiße Farbe des 
Körpers unterſcheid et ſich durch einen hellgelben 
Strich, der ſich zur Seite befindet. Die Fran⸗ 
zoſen nennen ihn Ja Raine, oder Grenouille de 
St. Martin. 

Es wird dieſer Froſch niemals groß, er lebt 
von Fliegen, die er Luger erſchnapt, oder ni 
Kr 3 el 


17 
Wind: 
beutel. 
Boans. 


70 Dritte Cl. Ord. l Kriechende Amphib. 


einem ſtarken Athem in den Mund zu ziehen weiß, 
wenn fie in der Nähe vorben fliegen. Vielleicht 
genießt er auch Gras oder irgend einiges gruͤnes 
Laub. Das Alter, das fie erreichen können, wird 
auf acht Jahre geſchaͤtzt. Unter allen Froͤſchen, 
welche für Regenverkuͤndiger angegeben werden, iſt 
dieſer der richtigſte, indem er ſich allezeit, es ſey bey 
Tag oder Nacht etliche Stunden vor dem 
Regen durch einen groben Ton, welcher wie kra, 
fra, Fra klingt, hören laͤßt, welcher Ton durch 
ein Aufblaͤhen der Kehle und des ganzen untern 
Kiefers hervorgebracht wird. Ihre Augen find nied⸗ 
lich glaͤnzendſchwarz, und überhaupt iſt das ganze Thier 
nicht unangenehm, daher man ſie gerne in ei⸗ 
nem Glaſe mit feuchten Gras haft, um das Wet⸗ 
ter anzukuͤndigen. Den Winter über verkriechen 
fie ſich in die Erde, und leben nur von der Fauch⸗ 
tigkeit, bis zum Fruͤhjahre, da ſie erſt ihre Eyer 
im Waſſer legen, und alsdann die friſch ausgeſchla— 
gene Baͤume auffuchen, an welche fie mit den klebrichten 
Ballen ihrer Fuͤße mit leichter Muͤhe hinan klet⸗ 
tern koͤnnen, wle die Kroͤten an den Wänden, 


Zu dieſer Art rechnet der Ritter auch den lan⸗ 
gen ſchmalen aus Braſilien, und den rothen 
americaniſchen Laubfroſch. 


17. Der Windbeutel. Rana Boans. 


Der Name Windbeutel kommt von den 
großen Blaſen her, die dieſer Froſch, gleich den 
gruͤnen Froͤſchen, an den Seiten des Kopfs zeigt, 
wenn er quackt, und weil diefes Quacken eher eis. 
nen Bloͤken gleich kommt, wird er Boans genen⸗ 
net. Solländiſch heißt er Springer, wegen 
der langen Hinterbeine; franzoͤſiſch le Sauteur. 
Der Korper iſt glatt, unten dichte punctirt, rn 

| vor 


120, Geſchlecht. Froͤſche. 71 


Worderfuͤßen vierfingerig und hinten fuͤnfingerig, 
doch find fie alle mit einer Schwimmhaut verſehen, und 
uberhaupt mit runden Naͤgeln beſetzt, die am En⸗ 
de breit find. Sonſt iſt der Bau und die Eigen⸗ 
ſchaftdie naͤmliche, welche man bey dem Laubfroſch 
wahrnimmt, ausgenommen daß der Koͤrper groͤßer 
und von weißer Farbe iſt, ja es ſind ſogar auch die 
Puncte milchichtweiß. Jedoch giebt es auch gelb⸗ 
lichte und bläulichte, und etliche haben roͤthlichte 
Flecken. Das Vaterland iſt America, beſonders 
aber werden fie von Suriname gebracht, 


E44 121. Ge⸗ 


121. Geſchlecht. Drachen. 


72 Dritte Cl. I. Ord. Kriechende Amphib. 
— — | 


48 


Reptilia: Draco. 


—— 


r kommen jetzt zu einem Geſchlecht, das mehr 
dem Namen, als der Sache nach beruͤch⸗ 
tigt und bekannt iſt. Man hat ſich namlich eingebil⸗ 
det, daß es gemiffe abſcheuliche Thiere mit zweyen 
Fuͤßen gebe, deren Geſtalt mit den Eidechſen, der 
Schwanz aber mit den Schlangen uͤbereinkomme, 
und die einen groſſen Kopf, weiten Rachen, und am 
Lörper Flügel hätten, um damit nach Belieben 
in der Luft herum zu fliegen. Von dieſen eingebil⸗ 
deten Thieren iſt manches vor Alters in Buͤchern ge⸗ 
ſchrieben, und man hat ſich nicht geſcheuet, ihnen 
eine Laͤnge von zwanzig bis über hundert Schuh zu⸗ 
zuschreiben, auch ſonſt allerhand grauſame Mordge⸗ 
ſchichten von ihnen zu erzaͤhlen, und verſchiedene Ar⸗ 
ten, (worunter auch ſo gar eine mit fieben langen 
Halfen und Koͤpfen,) zu beſtimmen. Vermuthlich 
find alle dieſe Fabeln daher entſtanden, daß man Cro⸗ 
codille und große Schlangen, die zufällig von unwiſ⸗ 
ſenden Menſchen ſind geſehen worden, recht furcht⸗ 
bar und erſchrecklich hat abbilden wollen, wozu denn 
die zaghafte Einbildungskraft, und die Vorſtellung, 
die man ſich von dem Teufel in ſcheußlicher Drachen⸗ 
geſtalt gemacht, nicht wenig beygetragen hat; bis 
endlich ſo viele laͤcherliche Figuren zum Vorſchein ka- 
men, als man hin und wieder noch in den Buͤchern 
findet. Seit dem man aber die Glaubwürdigkeit der 
Nachrichten in der Naturgeſchichte genauer zu pruͤ⸗ 
fen angefangen, auch nicht gerne mehr elwas an⸗ 
wel nimmt, 


1141. Geflecht. Drachen. 73 
Kim das nicht von zuverlaͤßigen Perſonen ift ger 


ſehen und unter ſucht worden, fo find alle Drachen der 
Alten auf einmal verſchwunden. 


Diennoch hat man im kleinen eine Art geflür 
gelter Eidechſen entdeckt, die mit den eingebilde⸗ 
ken Drachen einige Aehnlichkeit haben, und dieſe Thie⸗ 
re find dann von dem Ritter mit dem Geſchlechts⸗ 
namen Draco, Drache; hollaͤndiſch, Draak; 
fransöfifch , Dragon belegt; welches alles von 
dem Griechiſchen Dracon genommen iſt. 

N } 

Die Geſchlechtskennzeichen find alſo ein vierfuͤßi⸗ Geſchl. 
ger Koͤrper mit einem Schwanze, und abgeſonderten Kennzei⸗ 
Fluͤgeln, die naͤmlich vor ſich, gleich den Floßen der chen. 
Flſche, aus dem Leibe gewachſen find, und nicht et⸗ 
wan nur in einer Verwachſung der Arme und Fuͤße, 
vermittelſt einer Haut, beſtehen, dergleichen bey den 
e und fliegenden Eichhoͤrnern ſtatt hat. 

Von dergleichen Drachen werden nun die zwey fol⸗ 
gende Arten angegeben. 


1. Die Fliegende Eidechſe. Draco Volans. 


BR Das vornehmſte Merkmal an dieſer Art iſt, Flies 
daß die Fluͤgel nicht an die Voͤrderfuͤße angewachſen 1 
ſind, ſondern von ſelbigen frey abſtehen. Die Ge, dechſe. 
ſtalt und Größe dieſer Thiere kommt mit unſern ger \olans. 
wohnlichen Eidechſen überein, und wenn fie ihre Tab. I. 
Flügel zuſammen gelegt haben, fo kan man fat nicht fig. 4. 5. 
ſehen, daß fie gefluͤgelt find. Der Kopf, ſamt 
dem Körper, hat etwa die Laͤnge eines Fingers, der 
Schwanz hingegen iſt wohl zweymal ſo lang als der 

oͤrper, ja bey etlichen noch länger, wie aus der 
Indianiſchen Tab. I. fig. 4, zu ſehen, denn dieſel⸗ Oſtin⸗ 
be iſt von dem Munde bis zur Schwanzſpitze acht und diani⸗ 
einen halben Zoll lang, der Körper aber mit dem f 5 
E nur zwey und einen Ne Zoll. Die f 8.4. 
0 | N 


| 


} 


[423 


| 
74 Dritte Cl. I. Ord. Kriechende Amphib. 


iſt vorne bey der Bruſt nur einen halben Zoll, un 
lauft nach hinten zu je länger je ſchmaͤler aus. Den 
Schwanz hat einige Reihen Schuppen, welche miı 
den Spitzen nach unten zu gekehrt ſind, wodurch der 
Schwanz lange Furchen zu haben, und an der Spi 
tze eckigt zu ſeyn ſcheint. Die Hinterfuͤße find mi 
dem mittelſten Finger ein und einen halben Zoll lang 
die Voͤrderfuͤße aber find etwas kuͤrzer, aber alle 
fuͤnffingerig. Der Kopf iſt oben breit und nicht 
merklich ſpitzig. Die Augen haben ſchwarze Ringe 
und ſind mit weißen Schuppen umgeben. Auf Im 
Kopfe zeigen ſich wohl Hocker, doch keine Hörner noch 
Kaͤmme. Der untere Klefer iſt mit ungleichen Zaͤh⸗ 
nen beſetzt, der obere aber ungezaͤhnelt. Die Zunge 
iſt dick und fleiſchigt, und am Ende rund. Die Hal 
an der Kehle iſt geraumicht und runzlicht, und laͤuft in 
einem ſpitzigen Sacke aus, der mit einem Gruͤbche 
in dem untern Kiefer Gemeinſchaft hat, und fid 
zur Seiten in zwey Blaͤßchen erweitert. Diefe 
Sack reicht mit feiner Spitze bis unten an die Bruſt. 
Fluͤgel. Die Fluͤgel ſchlagen zwey und einen halben Zoll 
breit aus, und laufen an den Seiten des Koͤrpers zwi⸗ 
ſchen den Voͤrder⸗ und Hinterfuͤßen hinunter, ſo 
daß ſie zwar etwas an die Hinterfuͤße angewachſen 
ſind, vermuthlich um ſie deſto ſtaͤrker auszuſpann | 
aber nicht an die Voͤrderfuͤße, als mit welchen fie 
gar keine Gemeinſchaft haben. Sie ſpannen ſich durch 
fünf duͤnne aus dem Korper tretende Rippen, die fi) 
als Strahlen ausbreiten, und wovon die hinterſte 
ſtark nach hinten zu gebogen find. An dem Umfan⸗ 
ge zeigen ſich die Fluͤgel durch die hervorragende 
Strahlen einigermaſſen eckigt, beſtehen aber ſonſt in 
einer ſehr duͤnnen, durchſichtigen, und gleich dem 
Koͤrper mit ſehr feinen Schuppen beſetzten Haut. 
Die Farbe iſt am Hinterkopfe, Ruͤcken und Fuͤßen 
himmelblau, ſonſt aber blaͤulichtſchwarz und vos 
marmorirt, unten am Kopf aber weiß geſprengel 
. an 


111. Geſchlecht. Drachen. 75 


an dem Schwanze und an den Füßen accurat bandirt. 

Ueber die Fluͤgel laufen braun und weiß gezeichnete 
Striche, und zwiſchen ſelbigen ſind die Felder aſch⸗ 

grau. Ste fliegen von einen Baum auf den andern, 

und nähren fi von Fliegen und Inſecten. Das Va⸗ 

terland iſt Oſtindien und Africa. 

Es giebt aber auch in America eine Art, die Ameri⸗ 
noch hieher gehört, indem die Fluͤgel gleichfalls nicht a 
an dle Vörderfuͤße angewachſen find, und deren Ab» —0 . 
bildung wir Tab. I. fig. s. mittheilen, weil ſich doch 

ein Unterſchled zeigt. Es find naͤmlich die Fluͤgel 

nicht ſo rund, aber im Umfange gerader, und mit 

einem Saum eingefaßt. Der Sack an der Kehle, 

der dieſen Thieren vermuthlich ſtatt eines Kropfs 

dient, iſt bey etlichen dreyviertel Zoll lang, und 

hat zur Seiten an der Kehle deutliche Anhaͤnge. 

Die Farbe iſt aſchgrau mit weiſſen Spreufeln, ben 

andern ſchwarzbraun gefleckt, und an den Fluͤgeln 

fahl roſtfaͤrbig; etliche find auch braun am Koͤrper 

und an den Fluͤgeln weißlicht. Der Schwanz hat 
verſchiedene Laͤnge, woraus zu ſchlieſſen iſt, daß 

es auch unter dieſen Thieren manche Verſchiedenhel⸗ 

ten giebt. ö 

WII | 


2. Der Americaniſche Drache. 
RE Draco Praepos. 


Das Kennzeichen dieſer Art iſt, daß die Fluͤ, 2. 
gel an den Vorderfuͤßen angewachſen find, aber von 1 
den Hinterfuͤßen abſtehen, wie Seba berichtet. re 
Herr Souttuin beſchuldigt das Exemplar, daß Pracpos 
es zu ſehr eingeſchrumpft geweſen. Es ſtehet alſo 
dahin, ob Seba auch geirrt habe, daß vielleicht die 
Fluͤgel nur durch Zufall an die Voͤrderfuͤße angewach⸗ 
ſen geweſen. Dem ſey wie ihm wolle, fo fpiele 
doch die Linneifche Benennung auf dieſen Umſtand 
ie Sei an, 


Anmer⸗ 
kung. 


| 
76 Dritte Cl. J. Ord. Kriechende Amphib. 


an, denn Praepes oder Praepos, das aus dem Griechi⸗ 
ſchen genommen iſt, bedeutet einen Vorflieger, und ſo 
koͤnnte auch dieſe Art heiſſen, weil die Fluͤgel nach 
vorne zu die meiſte Spannung und Staͤrke haben; 
wir aber nennen fie nach dem Vaterlande den Amer 
ricaniſchen Drachen, weil uns der vorige Um; 
ſtand ſelbſt zweifelhaft vorkommt. So vlel iſt indeßen 
richtig, daß dieſe Art röchlich iſt, und einen ſehr lan⸗ 
gen, am dickſten Ende ſcharf gedornten Schwanz hat. 
Die Fluͤgel ſind nach Art der Floßen mit Rippen 
durchzogen, die vermittelſt einer zaͤhen durchſichtl⸗ 
gen Haut aneinander verbunden find. Sie iſt klei⸗ 
ner als die vorige Art, die aus Oſtindien und Af⸗ 
rica kommt, auch nicht fo groß, als vorbeſchriebe⸗ 
ne americaniſche fliegende Eidechſen. 1 
4 „ „ 4 

Auſſer diefen Arten find bisher noch keine aus 

dere Drachen bekannt, denn das hamburgiſche 
ſiebenkoͤpfichte Monſtrum, welches bey dem Se ba 
abgebildet iſt, und dazumal vor zehntauſend Gulden 
feil gebotten wurde, ift von Kennern für ein Arte. 
factum erkannt, welches ſehr kuͤnſtlich gemacht war. 
Wie denn auch aus den getrockneten Rochfifchen Fünfte 
liche Drachen mit Fluͤgeln verfertiget worden, um 
fie denen, die keine Kenner find, als eine groſſe 
Seltenheit anzuhaͤngen. Auch muß man hieher den | 
Seedrachen, welcher ein Fiſch iſt, oder den Baum⸗ 
drachen, welcher eine Eidechſe iſt, und Baſilisk 
genennt wird, nicht rechnen. RR 


122, Ge⸗ 


77 


>. 


122. Geſchlecht. Eidechſen. 


mi Reptilia: Lacerta. 


92 
1 2 N 
nn 
1 


69 = 


O die lateiniſche Benennung Lacertus oder Geſchl. 


— lacerta auf die gedehnte Geſtalt dieſer Thies Ben en⸗ 
re ziele, iſt undeutlich, fo wie es ungewiß iſt, wa⸗ nung. 
um die Griechen dieſelbe Sauros, Koliſaura und 

Ulla genennt haben. Die deurfche Benennung 

Eidechſe moͤgte etwa auf das Eyerlegen dieſer Thie⸗ 
te ſehen, fo wie vielleicht das bollaͤndiſche Haage- 
dis auf den gewohnlichen Aufenchalt diefer Thiere 
in den Hecken und Geſtreichen zielt. Der fran zoͤſi⸗ 
wen ift Lezard. 1 
Man verſteht darunter ſolche nackigte lang ge⸗ 
ſtreckte Thiere, die eine Aehnlichkeit mit demjenigen 
bekannten Thiere haben, welches bey uns allenthal⸗ 
ben den Namen Eidechſe fuͤhrt, deren allgemeine 
Eigenſchaft iſt, daß fie ſich eine zeitlang im Waſſer 
aufhalten konnen, jedoch mehrentheils auf dem Lan⸗ 

I Gh haͤutigte Eyer nach Beſchaffenheit ih⸗ 

r Größe, wie die Windeyer der Huͤhner, in großer 
Anzahl legen, und von Inſecten, ja auch groͤßern 
Thieren leben. 

Sie ſind mit einer nackigten, jedoch bey den mei 

ſten etwas ſchuppigten Haut, (wie die Fiſchhaͤute ſind /) 
bekleidet, laufen ſchnell, und leiden mehrentheils eis 

ne gewiſſe, doch noch nicht hinlaͤnglich bekannte Ver⸗ 
wandlung; der Schwanz iſt bruͤchich und waͤchſt wie⸗ 

der nach. Hot ui Bun 
Die von dem Ritter angegebene Kennzeichen Geſchl. 
des ganzen Geſchlechts ſind nur allein ein vierfuͤßi⸗ eg 
ger chen. 


78 Dritte Cl. I. Ord. Kriechende Amphib. 


ger, geſchwaͤnzter, nackigter Koͤrper; well aber dies, 
ſe Kennzeichen ſehr allgemein ſind, ſo hilft er ſich in 
dieſem weitlaͤufigen Geſchlechte mit Abtheilungen. 
Davon enthaͤlt die erſte ſolche, deren Schwanz zur 
Seiten platt gepreßt, und der Koͤrper mit Schuppen 
bekleidet iſt, als der Crocodill c. Die zweyte hat 
lauter Wirbelſchwaͤnze, als die gemeine Eidech⸗ 
ſe c. Die dritte enthaͤlt ſolche, deren Schwanz 
laͤnglichtrund, mit untereinander geſchobenen Schup⸗ 
pen beſetzt, und kuͤrzer als der Koͤrper iſt, als das 
Chameleon. Die vierte beſtehet in langgeſchwaͤnz⸗ 
ten, deren Schwanz zwar wie an den vorigen be⸗ 
ſchaffen, jedoch laͤnger als der Koͤrper iſt, als der 
Leguan. Die fünfte, deren Voͤrderfuͤſſe vierfim 
gerig, und der Korper nackigt, auch ganz ohne 
Schuppen ſind, als der Salamander; worauf denn 
endlich noch eine ſechſte Abtheilung folgt, die aber 
nur eine einzige wurmfoͤrmige Art enthält. Ueber⸗ 
dure aber finden wir nachfolgende acht und vierzig 

rten zu beſchreiben. 125 a 


Apa: A. Plattſchwänze, deren Schwanz zur 
. Seiten platt gedruckt, der Koͤr⸗ 
per aber einigermaſſen mit Schup⸗ 
pen gepanzert iſt oder Crocodill⸗ 
artige. ar 8 


a R 
1. Der Crocodill. Lacerta Crocodilus. 


| 5 

1. Der alte bekannte griechiſche Name Kroko- 
Eroco / die los, der fo viel als einen der das Ufer ſcheuet, 
Croco. bedeutet, und dieſer erſten Art beygelegt iſt, (weil 
dilus. man wohl Urſache hat, dieſes Thiers halben das Ufer, 
T. XII. wo es ſich aufhaͤlt, zu ſcheuen,) wird faſt in den 
fig. 3. meiſten europaͤiſchen Sprachen beybehalten. In 
andern 


122. Geſchlecht. Eidechſen. 79 


ern Landern aber giebt man dieſem Thier einen A Platt 
— 2 Namen; unter andern heißt es bey den Egyp ſchwan⸗ 
tiern, Champfe ; bey den Indianern, Cayman; de. 


bey den Cingaleſen, Kimbula; türkiſch / Kim- Benen⸗ 
ſak; arabiſch, Corbi; braſtlianiſch L Jacove; nung. 
africaniſch, Bombos; americaniſch / Picha- 
rouki; und in der heiligen Schrift, Leviathan, 

Hiob Cap. XI., 20. und Cap. XLI, bis zu Ende. 


Es iſt die allergroͤßte Eidechſe, da man fie zu Größe, 
achtzehn, zwanzig und vier und zwanzig Schuh laug 
findet , bey dem Anblicke ſehr fuͤrchterlich, und 
von einer raͤuberiſchen und verſchlingenden Art. Die 
Abbildung, die wir Tab. XII. fig. 3. benfügen, ſtel⸗ 
let einen kleinen jungen Crocodill vor, und iſt hin⸗ 
laͤnglich, ſich von der Geſtalt einen Begrif zu machen. 


Der Kopf iſt nach Verhaͤltniß ſehr lang, hinten Geſtalt⸗ 
breit „vorne ſpitzig, die Oefnung des Mundes ums 
gemein weit, und jeder Kiefer in ünſerm Exemplar 
it einer Reihe von funfzig langen, ſehr ſpitzigen 
zaͤhnen gewafnet. Die Augenlieder find ſehr groß, runz⸗ 
licht und hoch hervorragend. Der Kopf iſt mit großen 
vlereckigten Schuppen, als mit einem harten Schild 
bedeckt; der ganze Koͤrper mit zwanzig bis vier und 
zwanzig Querreihen laͤnglicht viereckigter harten 
Schuppen, durch welche kein Flintenſchuß gehet, 
zepanzert; der Schwanz länger als der Körper, an 
benden Seiten platt gedruckt, und oben mit einer 
gedoppelten Relhe ſchuppigter Zacken beſetzt; die Voͤr⸗ 
derfuͤſſe find fuͤnffingerig, die Hinterfuͤße vierfingerig, 
und mit einer Schwimmhaut verſehen; an jedem Fuße 
aber ſind nur drey Finger, mit langen ſpitzigen etwas 
krummen Naͤgeln gewaffnet. Die Farbe iſt oben 
ſchwarzgrau gefleckt, auch braun, oder ganz ſchwarz, 
und unten gelblicht weiß. Der Gang iſt geſchwinde, 
und der Ton, den der Erocodill von ſich giebt, iſt 

weinend und klaͤglich. Den untern Kiefer fl 5 

N ! nicht 


A. Platt⸗ 


ſchwaͤn⸗ 
ze. 


Lebens⸗ 
art. 


80 Dritte Cl. I. Ord. Kriechende Amphib. 


| 
nicht bewegen können, und daher wider die Art aller 
anderer Thiere den Oberkiefer mit ſamt dem Ober⸗ 
theile des Kopfs aufheben, um ſo ſeinen Raub zu 
verſchlingen. 2) 
Dieſes Thier lebt in ſuͤſſen und ſalzigten | 
ſern, und auch auf dem Lande. Im Waſſer fchroime 
met es ſo, daß Kopf und Ruͤcken etwas uͤber dem 
Waſſer hervorragen, taucht aber unter, wenn es 
einen Raub packt, und verſchluckt ihn unter dem Waſſer. 
Es lebt von Fiſchen und Landthieren. Um die Fiſche 
zu fangen, ſchwimmen etliche hintereinander, und fer 
gen alles in Unruhe, da fie denn ſehr große Fift 
anpacken und zerfetzen. Die Landthlere hingeg 
werden nur von ihnen an den Ufern erſchlichen, wo 
fie ſelbige im Schilfe erlauſchen, und wenn ſich Land 
thiere an das Waſſer zur Traͤnke machen, fo erwiſchen 
ſie ſelbige in der groͤßten Geſchwindigkeit, e 


erſticken ſie ſogleich unter dem Waſſer, und freſſen 


ſie. Dieſem Schickſale find Schafe, Kühe und an 
dere Thierarten unterworfen, ja mancher Menſch hat 
auf dieſe Welſe ſein Leben verlohren, und iſt durch die 
Crocodille verſchluckt worden, denn fie find frech gen 


einen Menſchen, der in einem Kahn faͤhrt, heraus zu zer⸗ 
ren, oder den Kahn mit dem Schwanze umzuſchle 
gen, und fo die Menſchen zu packen und zu verſchlin 
en. Auch die Weiber, welche in Egypten an den 
Fluß kommen und daſelbſt waſchen, ſind haͤufig von 
dieſen Ungeheuren aufgefreſſen worden. Man kann ih⸗ 
nen aber zu Lande durch Seitenſpruͤnge und haͤuffige 
Wendungen entgehen, indem fie ihres gepanzerten 
Körpers halben ſich nicht ſchnell genug wenden koͤn⸗ 
nen, ihrem Raube nachzuſetzen oder ihn einzuhohlen; ja 
man hat verwegene Africaner, die ihnen auf de N 
Ruͤcken ſpringen, und fich alfo retten, inzwiſchen aber 
das Thier auf die beſte Art mit Meſſern toͤden oder 
ihm das Maul mit einem Stricke zuſchnuͤren. In⸗ 
zwiſchen mag man mit Recht das Ufer ihrenthalben 
ſcheuen, 


122. Geſchlecht. Eidechſen. 81 
ſcheuen, und ſie in dieſem Verſtande Crocodille A. 
ane. am Platt / 
Sie legen, und verſcharren bey hundert Eyer . 
im Sande, welche fo groß wie Gaͤnſeeyer find, und 
rch die Sonne ausgebruͤtet werden, wenn nicht 

r Ichneumon (eine Ratzenart. Siehe I. Theil 

4. ) und die Vogel, ſolche aufſcharren und 
| Kehren. Die Eyer ſelbſt find weiß, eßbar, und 
haben eine harte haͤutige Schale. Wenn die Jun⸗ 
vn außgekrochen find, trägt fie das Weibchen auf 
dem Rücken zu Waſſer, die aber herunter fallen, 
werden von den Alten gleich aufgefreſſen. Man 
glaubt, daß ſie ſechzig, ja vlelleicht hundert Jahre alt 
werden. 3 
Das eigentliche Vaterland derfelben iſt Egyp⸗ Vater⸗ 
ten wo fie zuerſt im Nilſtrom find gefunden wor⸗ land. 
den, und daſelbſt ſind die groͤßten; nach ſelbigen 
folgen die Oſtindianiſchen im Gangesfluß, 
und an den bengaliſchen Kuͤſten, deßgleichen um 
Java, Coromandel und Wadagaſcar. Eine 
nicht ſo grauſame Art haͤlt ſich in Zunmea und ei⸗ 
ne andere am Senegal auf; die kleinſten aber ſind 
hin und wieder in America, fo daß manelnen wuͤrk⸗ 
lichen Unterſchied zwiſchen Egyptiſchen, Oſtindia⸗ 
niſchen und Americaniſchen macht, wenigſtens 
unterſcheiden ſie ſich in der Groͤße und Farbe. 
8 g 


Die Crocodille haben keine Zunge, an deren 
ſtatt aber einen Fortſatz ( velum palatinum ) wel⸗ 2 7 
cher von der ſtarken gelblichten Haut, womit der Anmer⸗ 
ganze Gaumen bekleidet iſt, abſtammet, und die kung. 
Kehle oͤfnet und verſchließt. Die Ohren beſtehen 
in laͤnglichten Strichen, und verſchlieſſen ſich oben 
mit einer Klappe. Die Lungen und das Herz ſind 
klein, das Zwergfell iſt ſehr duͤnne, hingegen iſt 
der Magen ſamt der Speiſeroͤhre mit dicken ſtar⸗ 
Linne III. Theil. 8 ken 


A. 
Platt: 
ſchwaͤn⸗ 
ze. 


ren ſind mittelmaͤßig groß, und ſehen wie gewoͤhn⸗ 


82 Dritte Cl. I. Ord. KriechendeAmphib. 


ken Wänden bekleidet, deßgleichen auch die Dar, 
mer, welche eine Spanne weit vom Magen faſt 
zwey Zoll, hernach aber nur einen Zoll, und am 
Ende gar nur einen Federkiel welt ſind. Doch das 
letzte Stuͤck, welches man fuͤr den geraden Darm 
halten kann, und etwa die Länge einer halben Span⸗ 
ne hat, iſt etwas weiter. Die Gallenblaſe, zwiſchen 
dem Magen und einem $eberlappen, iſt ſo groß, 
wie ein Hühneren, und hält eine halbe Taſſe voller 
dicken ſehr bittern, dunkelgruͤnen Galle. Die Nies 


lich aus. Das Netz der Daͤrmer, und eine dicke 
Haut, die den Bauch inwendig bekleiden, find beyde 
voller Fett. Die Menge des Bluts, die ſie haben 
iſt ſehr gering, gegen andere Thiere gerechnet, dagegen 
beſitzen ſie weit mehr Galle und Ruͤckdruͤſenſaft, 
und dieſes iſt ihnen noͤthig, weil ſie nichts kauen, 
ſondern alles ganz hinunter ſchlucken. Auſſerdem iſt 
der Magen, wie bey den Huͤhnern, mit vielen Stein⸗ 
chen zur Beförderung der Verdauung angefuͤllet. 
Das merkwuͤrdigſte aber iſt, daß dieſe Thiere ihren 
Unrath nicht von hinten abgeben, ſondern wiederum 
durch den Mund ausſpeyen, welches durch die Be⸗ 
ſchaffenheit ihrer engen Daͤrmer beſtaͤttiget wird. 
Zu geſchweigen, daß man ſie taͤglich in Egypten 
aus dem Nil an das Land kommen ſiehet, um ihren 


Urnrath auszuſpeyen. Sie paaren ſich von vorne, 


Nutzen. 


indem ſich das Weibchen auf den Ruͤcken legt. Al⸗ 
le dieſe Wahrnehmungen find von dem Herrn Saſ⸗ 
ſelquiſt gemacht worden. 1 
Die Indianer und Mohren ſchlachten und 
eſſen die Crocodille, ja in Bantam werden 1 
zahm gemacht, gemaͤſtet und geſchlachtet. Das 
Fleiſch aber riecht nach Biſam, denn ſie haben un⸗ 
ter den Achſeln in den Weichen und am Unterleibe 
gewiſſe Blaͤßchen in der Groͤße einer Haſelnuß, wo⸗ 


rinnen ſich dieſe Feuchtigkeit abſondert. Ihr ei 
Be 


122. Geſchlecht. Eidechſen. 83 


wid in dafigen Ländern wider Augenkrankheiten, das A. 
jett wider Fieber und Gicht, die Galle aber wider Platt⸗ 
Unfruchtbarkeit gebraucht. 1 
2. Der Schleuderſchwanz. Lacerta 


3 Caudiverbera, 


Die Benennung, (davon man eine ähnliche 2. 
bey den Alten im gricchifchen unter dem Na- Schleu⸗ 
en Uromaſtix findet,) iſt von der Eigenſchaft 19 
dieſes Thiers hergenommen, weil es mit dem al 
Schwanze ſchleudert, und die Gegenſtaͤnde damit ver- 
gleichſam geiſſelt. Die zwey Exemplare aber, dle bera. 
der Ritter aus dem Seba und Feuille hieher be, Tab. II. 
sieher, find ſowohl in Abſicht auf die Geſtalt als ks. 1. 
Vaterland ſo verſchieden, daß wir ſie beyde be⸗ 


N 


Ss muͤſſen. Das erſte Exemplar, welches von 


eba ein Waſſer⸗ Salamander genennet wird, 
und hier Tab. II. fig. 1. abgebildet iſt, kommt 
aus Arabien und Egypten, und iſt folgender Ge⸗ 
ſtalt beſchaffen. Der Kopf iſt laͤnglicht, und ei⸗ 

zem Crocodlillenkopfe ahnlich; die Naſenloͤcher find 
ang, . die Augen groß und rund, die Ohren tief 
im Kopfe hinter dem Rachen im Nacken. Der 

als iſt kurz und dick, der Rachen mit kleinen Zaͤhn⸗ 
chen beſetzt, der Ruͤcken iſt nicht mit Schuppen ge⸗ 
deckt, ſondern ſammetartig weich, der Farbe nach 
dunkelgelb, und hin und wieder mit einem kleinen 
Bluͤmchen oder Sternchen beſetzt; der Schwanz nie⸗ 
dergedruckt, und an den Seiten mit runden Hori⸗ 
zontalfloſſen beſetzt, welche wie am Berſching, 
korallenroth find, und nach der Schwanzſpitze zu 
je laͤnger, je breiter werden, ſo daß der Schwanz 
am Ende ganz buͤſchicht iſt. Die Fuͤße ſind fuͤnf⸗ 
ſingerig, mit einer Schwimmhaut und mit Naͤgeln 
verſehen, wie die Figur zeiget. Die Araber nennen 
dieſes Thier Samabras, die Egyptier aber Cordy- 
ic F 2 lus 


| 
84 Dritte Cl. I. Ord. Kriechende Amphib. 


Ius, und zwar nach einem Fiſche, den fie auch Cor⸗ 
dylus nennen, der aber ſonſt den Namen Thy-, 
nus, oder Thunfiſch fuͤhret, und die Eigenſchaft 
hat, daß er, wenn es donnert, erſchrickt, und wie 
todt mit dem Bauche in die Hoͤhe ſchwimmt; denn 
dieſe Eidechſe verlaͤßt auch, ſobald es donnert, das 
Waſſer, und verkriecht ſich auf dem Lande. Die 
Farbe derſelben iſt dunkelblau. | 
Ders Das andere Exemplar, deſſen der Pater §eu⸗ 
ae ille Erwehnung thut, iſt hingegen ſchwarz und wird 
heit. in Peru und Chili gefunden. Dieſer Pater ſieng 
einen ſolchen Schleuderſchwanz in einem Bache bey 
la Conception in Chili. Er war nur vierzehn und 
einen halben Zoll lang. Die Haut hatte keine 
Schuppen, war ſchwarz und ſanft anzufuͤhlen. Der 
Kopf war mit einem ausgeſchweiften Kamm verfer 
hen; die Naſenloͤcher waren groß mit einem fleiſch⸗ 
ichten Rande; die Augen ſafrangelb mit einem blauen 
Augenringe; der Rachen war weit, und mit ſcharfen 
etwas krummen Zaͤhnen beſetzt, die Zunge dick, 
breit, und roſenfaͤrbig, mit dem untern Theile ganz 
an der Kehle befeſtigt, und ſo beſchaffen, daß es 
ſich wle ein Kropf auftreiben ließ. Die Voͤrder⸗ 
fuͤße waren kuͤrzer als die hintern, die Finger durch 
Knoͤrpel verbunden und am Ende mit einem run⸗ 
den platten Knoͤrpel verſehen, uͤber welchem ſtatt 
der Naͤgel ein Kamm lauft. Der Schwanz iſt 
am Körper lang, ſchmal und rund, wird weiter 
hinunter je laͤnger je breiter, und am Ende auf 
zwey Zoll breit, mithin ſpadelfoͤrmig, ſo daß das 
aͤußere Ende platt und rund iſt, jedoch iſt der⸗ 
ſelbe zur Seiten wie eine Saͤge eingekerbet, 
und in der Mitte lauft ein wellenfoͤrmiger Ruͤcken 
die Laͤnge des Schwanzes herab. | 


3. Der 


22. Geſchlecht. Eidechſen. 85 
3. Der Drachenkopf. Lacerta Dracaena. plan 


Auch dieſes Thier wird, wie das vorige, bey ſchwaͤn⸗ 
den Alten Cordylus, und Caudiverbera, oder“ 
Uromaſtix genannt. Die letztere Benennung fuͤh⸗ Dras 
ret es wegen feine vorzuͤglichlangen Schwanzes, den chen⸗ 
es beſtaͤndig hin und her drehet, und in einander win⸗ kopf. 
det. Weil es aber bey dem Anblick eine Drachen, Dracz- 
geſtalt hat, fo wie fonft die Mahler einen eingebil⸗ . 
deten Drachen zu mahlen pflegen, ſo hat es der 
Ritter zum Unterfchied Dracaena genennet. 


Dieſes Thier iſt unter den Americaniſchen 

die groͤßte Eidechſenart, hat einen ſehr langen im 
Anfange ungemein dicken, aber weiter hin nach und 
nach ſpitzig auslaufenden Schwanz / der oben die 
ganze Laͤnge herab mit einem gezaͤhnelten Kamm be⸗ 
ſetzet iſt. Der Koͤrper hingegen iſt glatt, und die 
Zaͤhen ſind einander in der Laͤnge ziemlich gleich. 
Wir wollen hier zur Ergänzung dasjenige mit an⸗ 
fuͤhren, was uns Seba von dieſer Art berich⸗ 
tet. Der Kopf iſt mehr einem Schlangen als Ei⸗ 
dechſenkopf aͤhnlich, klein, duͤnn, laͤnglichtrund, 
ſpitzig und mit einer tief hintergehenden Maulſpalte, 
die mit einem blauen Saum umgeben iſt, verſe⸗ 
hen. Die Ohren haben gleichfalls einen duͤnnen Saum, 
die Augen ſind ſehr groß und glaͤnzend. Die Zunge 
ſt, wie bey den Schlangen, geſpalten. Der Hals iſt 
dicker als der Kopf. Der Koͤrper, die Schenkel 
und Fuße haben die gemeine Eydechſengeſtalt. Al⸗ 
e vier Fuͤße ſind mit fünf Fingern mit langen krummen 
Nägeln verſehen. Der Körper iſt laͤnglichtrund, 
zicke und mit kleinen dunkelbraunen Schuppen bes 
etzt. Die Huͤften, Fuͤße und Finger ſind ſafran⸗ 
gelb gefleckt; der Schwanz iſt, wie oben geſagt, dicke, 
Ne Lange herab mit einem gezackten Saum auf deſſel⸗ 
en Ruͤcken beſetzt, und bey 5 lang. Das Fleiſch 
3 wird 


R A. 
att 
ſchwaͤn⸗ 
ze. 


45 
Kamm⸗ 
ruͤcken. 
Super- 
eiliofa. 


3 
Perlen⸗ 
traͤger. 
Scutata 


96 Dritte Cl. I. Ord Kriechende Amphib. 
wird von den Americanern geeſſen, und dem 
Huhnerfleiſche vorgezogen. 


4. Der Kammruͤcken. Lacerta Super- 
cilioſa. 


Die Benennung Superciliofa iſt von dem 
Umſtande hergenommen, daß die Augenlieder erha— 
ben und mit ſtumpfen in die Höhe ſtehenden Schup⸗ 
pen beſetzt find, welche über den Kopfe hervorragen. 
Wir ſetzen dafuͤr Rammrücken, weil der 
Ruͤcken oben von dem Nacken an bis zur Schwanz: 
ſpitze hinaus, mit einem gezackten Kamm beſetzet ift. 
Sonſt hat der Kopf, den dieſes Thier zuruͤckgebo⸗ 
gen trägt, gerade ſtehende Schuppen, der Hals ift 
kurz, der Schwanz auf der obern Seite mit einem 
klelfoͤrmigen Ruͤcken geſchaͤrft. Die Farbe iſt fuchs⸗ 
roth oder roſtfaͤrbig; der Körper ziemlich ſchuppigt/ 
die Zunge dick und kurz. Da die Huͤften, Schenkel, Fuͤſ⸗ 
ſe und Finger duͤnn und lang ſind, ſo hat dieſe Art 
die Geſtalt der Eidechſen, weicht aber darinnen von 
den gewöhnlichen Eidechſen ab, daß fie die Gewohnheit 
haben, einander durch einen Laut zuzuſchreyen und ſich 
zu locken. Das Vaterland iſt Indien, beſonders 
Amboina. | 


5. Der Perlentraͤger. Lacerta Scu- 
tata. 


Da dieſe Eidechſe auf dem Kopfe ein Schild 
fragt, fo wird fie Scutata genennet, und wir wuͤr⸗ 
den dieſen Namen beybehalten haben, wenn nicht 
die vorige Art gleichfalls ein Schild fuͤhrte. Wir 
waͤhlen demnach den Namen Perlentraͤger, weil 
der blaue Koͤrper ſowohl oben als an den Seitenhin 
und wieder mit vielen großen hellen Flecken, die volle 

kom⸗ 


f 


122. Geſchlecht. Eidechſen. 87 


kommen wie erhabene Buckel oder Perlen ausſehen, 
beſetzt iſt. Das Schild des Kopfs endiget ſich am 
Hinterkopf in zweyen Spitzen. Die Ruͤckennath iſt 
gezaͤhnelt, und der Schwanz, der ein wenig ger 
druckt iſt, hat eine mäßige Laͤnge. Die Füße has 
ben fuͤnf Finger ohne der geringſten Schwimmhaut. 
Das Vaterland iſt Aſien. 


6. Der Wachhalter. Lacerta Monitor. 


Dieſe Eidechſe liebt das Waſſer, und begiebt Wach, 
ſich zuweilen, jedoch nicht weit vom Strande. Wenn halter. 
nun von ohngefehr ein Crocodill in der Nähe iſt, Moni- 
fo fängt fie an, aus Furcht verſchlungen zu werden, dor. 
heftig zu ſchreyen. Dieſes Geſchrey iſt denen 
ſich vielleicht in der Naͤhe aufhaltenden, oder auch 
im Waſſer badenden Indianern ein Merkmahl, daß 
es der Crocodille wegen daſelbſt nicht ſicher ſey; wor⸗ 
auf der Ritter durch den Namen Monitor zielet, 
und eben dieſer Urſache halben wird dieſe Art uͤberall 
mit dem franzoͤſiſchen Namen Sauvegarde bele⸗ 
get, wofür wir Wachhalter ſetzen wollen. Der Rits 
ter führt hier wohl zehn Verſchiedenheiten aus dem 
Seba an, welche aber in dem Hauptumſtande mit 
einander uͤbereinſtimmen, daß der blaͤulichtſchwarze 
Ruͤcken mit Reihenweiſe geſetzten weißen Augen gezie⸗ 
ret, der Bauch aber mit weißen, durch ſchwarze 
Flecken unterbrochenen Linien bandirt iſt. Die 
Geſtalt iſt ſchoͤn geſchmeidig, die Schilde oder Schup⸗ 
pen, die den Koͤrper bedecken, ſind klein und laͤng⸗ 
licht viereckigt, der Schwanz iſt dick und an den 
Seiten platt gedruckt, die Fuͤße ſind wle Eidechſen⸗ 
fuͤße, fuͤnfzaͤhig, und alle mit niedlichen rothen Naͤ⸗ 
geln gewafnet. Der Kopf iſt wie ein Schlangen⸗ 
kopf gebildet, ſonſt aber hat weder der Kopf noch 
der Ruͤcken einiges Schild oder gezaͤhnelten Kamm, 
ſondern iſt uͤberall glatt. Das Vaterland iſt Indien. 

5 4 Das 


A. 
Platt; 
ſchwaͤn⸗ 
ze. 


7. 
Bürger: 
meiſter. 
Princi- 
palis. 


8. 
Doppel⸗ 
iel. 
Bicari- 
nata. 


88 Dritte Cl. I. Ord. Kriechende Amphib. 


Das Exemplar, welches wir befigen , iſt aus 
Weſtindien, und etwa zwey und einen halben 
Schuh lang, doch ſoll es in den ſurinamiſchen Ge⸗ 
buͤſchen manchmal ſolche geben, die mit dem Schwanze 
faſt zwanzig Schuh lang ſind, aber doch niemanden 
Schaden thun, weil ſie lediglich von Voͤgeleyern 
und allerhand Thieraas leben. | 


7. Der Buͤrgermeiſter. Lacerta Prin- 
cipalis. 


Hat man doch wohl Vögel Burgermeiſter 
genennet, (ſiehe den zweyten Theil, pag. 397.) war⸗ 
um dann diefe Eidechſen nicht? die Namen 
find wilkührlich. Der Kitter will durch die Bes 
nennung Principalis die gegenwaͤrtige Art vorzuͤg⸗ 
lich herauszeichnen, und merkwuͤrdig machen, und 
dazu iſt eben auch der Name, den wir waͤhlen, ge⸗ 
ſchickt. Der Kopf iſt etwas ſpitzig, oben breit, an 
den Seiten etwas gedruckt, und durch verſchiedene 
feine Naͤthen abgetheilt. Die Naſen- und Ohrenlo⸗ 
cher ſind ſehr klein. An der Kehle befindet ſich ein 
runder ungerähnelter Kamm. Der Körper iſt mit 
ſehr kleinen Schuppen bedeckt, und die Haut ſehr 
duͤnne. Der Schwanz iſt gliederweiſe abgetheilt, 
davon jedes Glied fuͤnf Ringe von feinen Schuppen 
hat, uͤbrigens ſehr ſpitzig und dünn, und noch ein» 
mal ſo lang als der Koͤrper, auch obenher etwas 


kielfoͤrmig. Die Fuͤße haben fuͤnf Finger, und ſchar⸗ 


fe Naͤgel von ungleicher Laͤnge, die Farbe iſt tiber 
dem Koͤrper blaͤulicht, am Schwanze aber blaß 
und braungeſtreift. Das Vaterland iſt das mit⸗ 
taͤgige America. 

8. Der Doppelkiel. Lacerta Bicarinata. 


Dieſe kleine graue indianiſche Eidechſe, wird 
deßwegen Doppelkiel genennt, weil der Ruͤcken 
mit 


122. Geſchlecht. Eidechſen. 89 


mit zwey erhabenen Naͤthen die Laͤnge herab beſetzt 
iſt. Die Seiten des Ruͤckens ſind gleichfalls mit 
kielfoͤrmigen Reihen oder Schuppen geſtreift, indem 
die Schuppen erhaben⸗ hoͤckerigt find; der Bauch 
wird mit vier und zwanzig Querreihen, die jede 
aus ſechs Schuppen beſtehen, bedeckt. Der Schwanz 
iſt kaum anderthalbmal ſo lang als der Koͤrper, an 
den Seiten gedruckt und glatt, unten geſtreift, und 
von oben, gleich dem Koͤrper, mit einem doppelten 
Kiel verſehen. Dieſe Art fuͤhret weder auf dem 
Kopf oder an der Kehle, noch auch auf dem Ruͤcken 
einen Kamm. i 


B. Wirbelſchwaͤnze, (Cauda verticil- B- 


lata,) deren Schwänze in Gelen, can 
ke oder runzlichte Ringe abgetheilt! 

zu ſeyn ſcheinen / oder eigentliche 
Eidechſen. 


9. Der Stachelſchwanz. Lacetta 
Cordylus. | 


9. 
a Von der Benennung Cordylus iſt oben No, Sta 
2. ſchon gemeldet worden. Weil nun aber an ne 
diefer Art die Gelenke, oder die runzlichten Ringe, Car 
die den Schwanz gleichſam in Gelenke abtheilen, Jus. 
ſtachlicht ſind, wegen der hervorſtehenden Spitzen Tab. II. 
der Schwanzſchuppen, die jeden Ring ausmachen, RE: 4 
ſo nennen wir ſie Stachelſchwanz, und es iſt die⸗ 
ſes der vornehmſte Umſtand, welcher dieſe Art merk⸗ 
wuͤrdig macht. Zwar iſt der Koͤrper auch etwas durch 
die Reihe der Schuppen gerunzelt, doch ſind die 
Schuppen daſelbſt ſtumpf. Der Schwanz hingegen, 
ob er gleich an ſich ſelbſt kurz iſt, hat doch ben 
7 7 zwaut 


90 Dritte Cl. J. Ord. Kriechende Amphib. 


zwanzig Wirbel oder Abtheilungen, welche aus Rin⸗ 
gen von zugeſpitzten Schuppen beſtehen. Der Kopf 
iſt durch die Groͤße der Schuppen etwas ungleich 
und hat verſchiedene Naͤthe, welche die Schuppen 
verbinden. Die Schuppen der Fuͤße aber liegen 
wie Dachziegel uͤber einander. Die Geſtalt des 
Koͤrpers iſt nicht recht rund, ſondern viereckigt, 
oben naͤmlich, und an den Seiten platt. Die 
Fuͤße ſind fuͤnffingerich und haben Naͤgel. Das 
Vaterland iſt Aſta und Africa. In erſterer Ge⸗ 
l man blaß bleyſaͤrbige, (ſiehe Tab. 2. 

g. 4.) und in letzterer ſchwarzbraune. Auch traf 
der Herr Haſſelquiſt eine groſſe braune Art in 
Alt Cairo bey den beruͤhmten egyptiſchen Pyra⸗ 


| miden an. 
Di, 10. Die Dorneidechſe. Lacerta Stellio. 
Ak Es ſollte einem faſt dünfen, daß man das 


Stellio. Wort Stellio durch Sterneidechſe verdeutſchen muͤſ⸗ 
fe, allein der Ritter und andere Schriftſteller vers 
ſtehen hier unter dieſer Art keineswegs die fo ges 
nannte geſtirnte Eidechſe, welche eigentlich 
ein Waſſerſalamander iſt, ſondern eine rauhe 
ſtachlichte Art, deren Schuppen ſich jede in der 
Mitte in eine dreyeckigte Spitze erheben, ſo daß 
man ſie nicht angreifen kann, und darum nennen 
wir ſie Dorneidechſe. Der Schwanz iſt mittel⸗ 
mäßig lang, wirbelicht, mit gezaͤhnelten Schuppen 
beſetzt, und der ganze Koͤrper nebſt dem Kopfe, 
aus vorgemeldter Urſache gleichſam ſtachelicht oder 
dornicht. Sie halten ſich im Schutt und in den 

Ritzen alter Gebaͤude auf, thun niemand Schaden, 
und wohnen in Indien, Africa, Egypten und 
Griechenland. Die Farbe iſt braun, zuweilen 
etwas geſprenkelt. Die Groͤße iſt ohne Schwanz 
eine Spanne lang. Man ſammlet ihren Unrath 
wi € an 


122. Geflecht. Eidechſen. 91 


an den egyptiſchen Pyramiden und braucht ſel⸗ B. 
bigen zur Schmincke. Die Tuͤrken nennen ſie Har- Wirbel⸗ 
dun, und ſind ihnen feind. 8 


11. Der Barbar. Lacerta Mauri. 
tanica. 


No. 21. geſtaltet, jedoch der Farbe nach braun, 
uͤbrigens aber zur Seite des Kopfs, im Nacken, 
und am Halſe, wie auch am Ruͤcken und an den 
Schenkeln, mit warzenartigen ſcharfen Spitzen be⸗ 
ſetzt. Der Schwanz iſt kuͤrzer als der Koͤrper, bis 
an die Mitte mit ſechsfachen Reihen Stacheln be⸗ 
ſetzt, von da an aber bis zur Spitze glatt. Die 
Finger der Füße find wie am Gecko No. 21. uns 
tenher mit flachen Blaͤttern belegt. Die Naͤgel 
ſind klein, wie denn auch die Schuppen des Unter⸗ 
leibes klein und glatt ſind. 


12. Die blaue Eidechſe. Lacerta 


Azurea. 


Diefe Art, und der Stachelſchwanz No. 9. Plaue 
ſcheinen faſt von einerley Beſchaffenheit zu ſeyn, Eidech⸗ 
indem der Schwanz wirblicht, kurz, und mit ſpi⸗ fe- 
tzigen Schuppen beſetzt iſt. Doch iſt die Farbe Azurea 
ſchoͤn himmelblau, der Ruͤcken mit ſchwarzen 
Baͤndern geziert, fein geſchupt, und mit erhabenen 
weißen Sprenkeln beſetzt. Der Kopf und die 
Ae haben ſchwarze Ringe. Das Vaterland iſt 

rica. 


13. Der 


92 Dritte Cl. I. Ord. Kriechende Amphib. 
Webel 13. Der Turk. Lacerta Turcica, 


7 Der Schwanz hat ohngefehr die Groͤße des 

a Körpers, und iſt nur etwas gerunzelt. Der Koͤr⸗ 

Türk. per iſt klein, aſchgrau, mit braunen Puncten als 

Turcj. mit abgeftoffenen Warzen erhaben geſprenkelt, und 

ea. ſonſt ſchoͤn gefleckt. Das Vaterland iſt Morg en 
land und die Turkey. 


14. Die Marmeleidechſe. Lacerta 


Ameiva. 


14. Die Eidechſen dieſer Art ſind auf einem blauen 
Mat» Grunde ungemein ſchoͤn mit ſchwarzen rothen und 
bechſe weißen Flecken marmorirt, oder auch geſtreift und 
Ameiva bandirt. Wegen dieſer Schönheit werden fie von 

den Braſilianern, woſelbſt fie zu Haufe find, Amei- 
ra genennet, und daher ließt man bey dem Linne 
Ameiva. Wir koͤnnen fie daher fuͤglich die Mar⸗ 
meleidechſe nennen. Es giebt davon viele Ver⸗ 
ſchiedenheiten, die alle nur etwas groͤßer als unſere 
gewoͤhnliche: Eidechſen find, doch aber einen laͤngern 
Schwanz haben, als der Koͤrper iſt; denn etliche 
führen einen Schwanz anderthalb⸗zwey⸗ und drey⸗ 
mal ſo lang als der Koͤrper: bey allen aber iſt der 
Schwanz wirblicht, der Bauch hat dreyßig Schil⸗ 
de, der Hals iſt mit einer doppelten Runzel oder 
mit einem ſchuppigten Kragen umgeben. An den 
Schenkeln befindet ſich eine Relhe Warzen und die 


Fuͤße haben fünf Finger. Das Fleiſch iſt eßbar. 


15. Der Springer. Lacerta Agilis. 


15. 
Sprin Unter dieſer Art wird unſere gemeine Euro⸗ 
1 pdifche Eidechſe verſtanden, die ſich aber auch in 
Asilis. Indien aufhält, wo fie jedoch ſchoͤner gefaͤrbt und 
RN ges 


122, Geſchlecht. Eidechſen. 93 


gefleckt iſt. Die unſrige iſt auf dem Ruͤcken fans 
metgruͤn, an den Seiten braungrau mit ſchwaͤrz⸗ 
lichten Flecken, Augen oder Vierecken, und am 
Bauche weißlichtgelb, etwa eine gute Spanne lang. 
Ihr gemeinſchaftliches Merkmal iſt, daß der Hals⸗ 
fragen aus etlichen groͤſſern Schuppen beſtehet, 
der Schwanz geringelt und mit ſcharfen Schup⸗ 
pen reihenweiſe beſetzt iſt, und die fuͤnf Finger der 
Fuͤße ſcharfe Naͤgel haben. Man kann ſie Jahr 
und Tag in einer Flaſche mit feuchtem Moos und 
etwas Erde lebendig erhalten, wenn man ihnen 
zuweilen Inſecten verſchaft. Der Schwanz iſt, 
weil er geringelt iſt, ſehr bruͤchig, waͤchſt aber bald 
wieder na). Wenn man ſie ertapt, fo ſchauen fie 
den Meyſchen an, und ſperren das Maul auf; 
will man ſie aber greifen, ſo thun ſie einen Sprung, 
daher wir fie Springer heißen. Bey den Gries 
chen wurden ſie der gruͤnen Farbe wegen, Chloro- 
ſaura, aber ihres Muths halben, daß fie mit 
Schlangen fechten, Ophiomachos genennet. 
Sie wurden zur Arzney gebraucht, und es war beſon⸗ 
ders das infundirte oder gekochte Eidechſenoͤl bes 
kannt, wie man ſich denn auch des Bluts bediente, 
um Warzen damit zu vertreiben. 


16. Der Algierer. Lacerta Algira. 


Dieſe Art hat einen ziemlich langen Schwanz. 16. 

Der Körper iſt kaum einen Finger lang, oben braun Algirer. 
unten gelb. Die Schuppen auf dem Ruͤcken find Algira. 
etwas ſpitzig, und machen einen Kiel. An den Geis 

ten des Körpers befindet ſich ein gelber Strich, 

der den Ruͤcken gleichſam einfaſſet, dahingegen ein 

tiefer liegender Strich den Bauch von den Seiten 
unterſcheidet. Brander fand dieſe Eidechſe in der 
Barbarey. 


17. Die 


94 Dritte Cl. I. Ord. Kriechende Amphib. 


B. 17. Die Schlangeneidechſe. Lacerta 
Wirbel⸗ a 80 a 
ſchwaͤn⸗ eps. 


5 Seps war ſonſt die Benennung gewiſſer klei⸗ 
Elan, ner giftiger Schlangen, und ſcheinet dieſer Art 
gene vermuthlich deßwegen beygelegt zn ſeyn, weil der lange 
dechſe. geſtreckte Körper, der platte Bauch, und die kurzen 
Seps. Füße ihr eine ſchlangenartige Geſtalt geben. Der 
Kopf wenigſtens iſt ſehr klein, der Bauch aber 
iſt zu beyden Seiten durch eine umgebogene Nath 
von den Seiten abgeſondert, die Schuppen ſind al⸗ 
le ſtumpf viereckigt und machen, daß der Koͤrper ge⸗ 
ringelt und geſtreift erſcheint. Der Schwanz 
hat funfzig Wirbel, und iſt anderehilbmahl fo 
lang als der Koͤrper. Die Farbe iſt blaͤulichtgrau, 
und auf dem Ruͤcken braun. Es haͤlt ſich dieſe 
Art in den warmen Laͤndern auf. | 


ei 18. Die ſechsfachgeſtreifte Eidechſe. 
fach ge Lacerta 6. Lineaes =. = 
ſtreifte 
Eidechſe 


6. 11 Der Rüden dieſer Eidechſe hat zu benden Sel⸗ 
neata, fen drey weiſe enge Linien, die mit eben ſoviel ſchwar⸗ 
zen Linien abwechſeln. Die Schärfe des Ruͤckens 
iſt grau, und liegt zwiſchen den weißen Linien. 
Unter dem Halſe befinden ſich zwey ſchuppigte Rin⸗ 
ge. Die Schenkel haben Reihen Warzen, wie die 
Marmeleidechſe No. 14. Der Schwanz iſt lang, 
doch iſt die Art ſelbſt nicht ſehr groß. Man hat 
ſie in Carolina, woſelbſt ſie von dem D. Gar⸗ 
den entdeckt wurde. | 


u 19. Der Vieleck. Lacerta Angulata. 


Angule- Man mag die jetzige mit Recht Vieleck nen, 
nen, denn alle Schuppen haben einen erhabe⸗ 
| nen 


122. Geſchlecht. Eidechſeen. 95 


nen ſcharfen Ruͤcken, der in eine Spitze auslauft; B. 
da nun die Schuppen reihenweiſe ſtehen, ſo macht Wirbel⸗ 
dieſes ſolche Erhöhungen, und zwiſchen den Rei, ſchwaͤn⸗ 
hen wiederum ſolche Furchen, daß ſich der. Körper de 

im ganzen Umfange, (ausgenommen am Unterlei⸗ 

be) vieleckigt oder vielſeitig zeigt. Ja der Schwanz 

ſelbſt behaͤlt eine ſechseckigte Geſtalt, und iſt an⸗ 
derthalbmal ſo lang als der Koͤrper. Der Kopf 

iſt kahl, und hat nur etliche erhabene Runzeln. 

Im Nacken aber, wo die Schuppen ihren Anfang 
nehmen, ſcheint der Hals knotig abgeſtutzt zu ſeyn. 

Unter der Kehle befinden ſich zwey große runde 
Schuppen, gleich einem Halskragen. Dieſe Art 

iſt klein, und von brauner Farbe. Das Vater⸗ 

land iſt America. 


C. Kurzgeſchwaͤnzte Eidechſen, deren C. 
Schwanz laͤnglichtrund, und kür⸗ schwa, 
zer als der Körper, auch mit ke 
Schuppen beſetzt iſt / die wie die 
Dachziegel untereinander geſcho⸗ 
ben ind; oder, Chameleonartige 
Eidechſen. 


20. Der Chamaͤleon. Lacerta Cha- 
mæleon. 


Die griechiſche Benennung Chamæleon 20. 
heißt eigentlich fo viel als ein kleiner Löwe, viel, Cham 
leicht weil dieſes Thier den Fliegen ein reiſſender Cham. 
Loͤwe ift, wie der ſogenannte Ameifenlöwe den Amei⸗ Jeon. 
fen. Inzwiſchen iſt die Benennung ſchon fo all Lab. 
gemein in allen Sprachen angenommen, daß wir XII fig. 
uns um keine andere, noch weniger um ihre Ber + 


deu⸗ 


©. 
Rurzge: 
ſchwaͤnz · 
te. 


Geſtalt. 


96 Dritte Cl. I. Ord. Kriechende Amphib. 


deutung zu bekuͤmmern haben, denn ein jeder weiß, 
was ein Chamacleon iſt. Man verſtehet naͤmlich 
darunter eine kurze aber dicke Eidechſenart die ihre 
Farbe ändert, und welche wir jetzo naher beſchrei⸗ 
ben wollen. ‚in 
Der Körper ift bey den Größten etwa eine 
Spanne lang, untenher dick und nach dem Ruͤ⸗ 
cken zu dünne, mithin einigermaſſen dreyecklgt, ins 
dem der Ruͤcken einen hohen ſcharfen Kiel hat. 
Der Kopf iſt bey einigen mit einem flachen, bey 
andern aber kamm⸗ und kielfoͤrmigen Schilde be⸗ 
deckt, welches aus der, in einem Dreyeck ausge⸗ 
breiteten, und mit einem ſcharfen uͤberſpringenden 
Rande verſehenen Haut beſtehet. Der Kopf iſt 
breit, der Hals dick, die Augen haben einen gold⸗ 
gelben Ring, der bey dem Anblick ſehr feurig aus; 
ſiehet, und mit dicken Augenliedern gedeckt iſt, und 
das Thier kann zu gleicher Zeit mit dem einen Au⸗ 
ge wohin ſehen, und das andere auf einen andern 
Gegenſtand richten, welches wunderlich anzuſehen 
iſt. Vor allen aber iſt der Umſtand merkwuͤrdig, 
daß keine Ohren vorhanden ſind. Die Haut iſt 
glatt und glaͤnzendgrau⸗ bleyfaͤrbig, und es iſt moͤg⸗ 
lich, daß, wenn ſie naß gemacht iſt, die Farbe 
der Gegenſtaͤnde ſich darinnen ſpiegle, und alſo ei⸗ 
nige Veraͤnderung der Farbe darauf hervor 
bringe; doch das eigentliche Annehmen ande⸗ 
rer Farben beſtehet nur in dem Umlauf galligter 
Saͤfte, welcher ſich bey einiger Gemuͤthsaͤnderung 
dieſes Thiers, es ſey Freude oder Zorn, in ge⸗ 
wißen Graden zeiget, da es ſich denn von Bleyfarbe in 
blaßgelb, hochgelb und dunkelgelb veraͤndert, auch 
in das aſchgraue und weißlichte uͤbergeht, zuweilen 
auch, wenn die Saͤfte unordentlich unter der Haut 
anlaufen, bunt wird, und dieſe Veraͤnderungen 
nimmt man wahr, wenn es einen angenehmen Raub ers. 
blickt, freundlich angeredet wird, ein 9 
na 


122. Geſchlecht. Eidechſen. 97 


nach etwas hat, oder auch wenn man es mit den Fin⸗ C. Kurz⸗ 
rn reißt oder erzuͤrnt, wozu denn noch kommt, daß ſchwaͤn⸗ 
e ſich aufblaͤhen oder dick machen, hernach aber de. 

wieder geſchmeidig zuſammen fallen kann. Die 

Füße haben fuͤnf Finger, davon je zwey und drey 

aneinander verwachſen ſind, doch an den hintern Fuͤſ⸗ 

ſen auf eine andere Art als an den Voͤrderfuͤßen, 

weil jene zwey auswaͤrts und drey innwaͤrts, dieſe 

aber drey auswaͤrts und zwey innwaͤrts haben. 

Der Schwanz iſt laͤnglicht rund, kurz und in die 

Hoͤhe umgeſchlungen. Die Zunge iſt rund und ſehr 

lang, und kann von dem Thiere wohl zur Laͤnge des 

Koͤrpers ausgereckt werden. 


Dieſes Thier haͤlt ſich auf den Bäumen auf, gebent⸗ 
kann gut klettern, und ſich mit dem krummen art. 
Schwanze uͤberall anhalten, der Gang aber auf der 
Ebene iſt ungeſchickt und ſehr langſam. Es iſt 
ſehr zahm, ſchadet Niemanden, und haͤlt ſich bey 
dem Menſchen geſellig, daher man es im Käfig und 
im freyen Zimmer halten kann, welches man in 
Indien gern thut, weil es das Zimmer von Inſec⸗ 
ten rein haͤlt, denn es lebt von nichts, als von 
Fliegen und dergleichen, wozu die lange Zunge ins⸗ 
beſondere behuͤlflich iſt. Da es nun oft mit offenem 
Maul ſitzt, um die kleinen Fliegen und Inſecten zu 
erſchnappen, ſo iſt dadurch die falſche Meinung ent⸗ 
ſtanden, als ob dieſes Thier von der Luft lebe, und 
nach derſelben ſchnappe. 


Das Vaterland iſt Oſtindien, befonders Vater⸗ 
Bengalen, Ceilon und Amboina. In Weſt⸗ land. 
indien die mericanifche Gegend. In Africa 
das Vorgebuͤrge der guten Zofnung und Egyp⸗ 
ten, woſelbſt die größten find, und in Europa, 
Spanien; und überall nimmt man einige Verſchie⸗ 
denheit wahr. Tab. XII. fig. 4. 


Linne III. Theil. G Die 


98 Dritte Cl. I. Ord. Kriechende Amphib. 


C. Kurz Die Leber iſt geſpalten, und gibt aus dem er⸗ 
ſchwaͤn⸗ habenen Theil ihr Blut an das Herz / ohne daß 
ze, man einen ſteigenden oder fallenden Aderaſt wahr⸗ 
. nimmt. Die Lunge, welche nur in einem einzelnen 
Wahr⸗ Lappen beſteht, laͤßt ſich ſo aufblaſen, daß ſie die 
neh / Groͤße und Geſtalt des Körpers bekommt, denn fie 
mung. hat viele Luftblaſen, und wenig Blutgefaͤße. Im 
Unterleibe iſt kein Darmfell vorhanden, ſondern nur 
eine duͤnne Haut, welche die linken Theile von den 
rechten abſondern. Kine Blaſe wird nicht gefun⸗ 
den, wohl aber eine gewiſſe Drüfe, die vielleicht 
zum Zeugungsgeſchaͤfte gehoͤrt. Die Augen laſſen 
ſich nicht zuſammen bewegen, ſondern jedes beſon⸗ 
ders nach ihrer eigenen Richtung. Das Herz iſt 
klein und dreyeckigt. Die Gallenblaſe ſo groß wie 
eine Erbſe, mit hellgruͤner Galle angefuͤllt. Es 
iſt nur ein einziger Darm vorhanden, der dreyfach 
gebogen iſt. Die Nieren liegen neben dem Ruͤck⸗ 
grad bey dem After, und fuͤhren mit einem Gange bis 
zum After. Die Eyerſtoͤcke find dreyeckigt, etwa 
einen halben Zoll lang. Die Milz liegt bey den 
Nieren, iſt ſchwaͤrzlicht und ſehr klein. Die Rip⸗ 
pen biegen ſich in den Seiten mit einer ſcharfen Ecke, 
und ſind daſelbſt beweglich. Die Muskeln zwiſchen 
denſelben ſind fein und fleiſchicht. Die Zunge iſt 
lang und rund, aber an der Spitze dreyeckigt, und 
au der Wurzel mit einem pfeiffenartigen Knochen 
verſehen, welcher von dem Zungenbeine herſtammt. 
Der Magen iſt ein anderthalb Zoll langer Cylinder, 
mit engen Oefnungen, dicken Waͤnden, und in der 
Rundung wie ein kleiner Finger ſtark. ö 


21. Der Gecko. Lacerta Geko. 


ale \ 
Gecko. Dieſes Thler, welches ſonſt unter die Salaman⸗ 
1 er gezaͤhlet wurde, iſt ſelbſt an dleſer Benennung 
fg. 6 Urſache, denn es hat die Gewohnheit, wenn es reg⸗ 
nen 


122. Geſchlecht. Eidechſen. 99 


nen will, etlichemal hintereinander Gecko! Gecko! g Kart 
zu ruffen. Der groͤßte iſt, ſamt dem Schwanze, ſchwan⸗ 
kaum einen Schuh lang. Der Koͤrper iſt dick und de. 
unförmlich , der Schwanz kurz und dicke, als ob er 
geſtumpft waͤre. Der Kopf iſt ſehr lang und breit. 
Die Ohren liegen hohl. Der Körper iſt mit Wars 
zen beſetzt und perlenfoͤrmig, oder auch graͤulichtgelb, 
und roͤthlichtaſchgrau. Die Fuͤße find fuͤnffingerig, 
aber an den Sohlen der breiten Finger mit haͤutichen 
chuppen oder Fellchen beſetzt, zwiſchen welchen eine 
euchtigkeit durchdringt, die vielleicht ſtatt des Urins 
abgeht; dieſe Feuchtigkeit aber iſt giftig, deßgleichen 
auch der Speichel, den ſie aus dem Maule laſſen, 
denn damit vergiften die Japaner ihre Pfeile. 
Das Eſſen, uͤber welches dieſe Thiere laufen, wird 
ſchaͤdlich. Der Ritter behauptet zwar, daß fie kei⸗ 
ne Naͤgel haben, allein unſere beyden Exemplarſa, 
davon doch eines zehn Zoll lang iſt, hat deutliche, 
jedoch kleine Nägel, wie etwa die Vienenangel. 
Am Bauche befinden ſich kleine Oefnungen, deren etll⸗ 
che mit breiten Schuppen bedeckt ſind. Man findet 
ſie in den gebuͤſchigten Gegenden von Indien, ſonderlich 
in Java, Ceilon und Macaſſar find fie haufig, 
deßgleichen auch in Egypten, woſelbſt fie aber viel 
kleiner, perlenblaufaͤrbig und braun gefleckt find. 
Sie ſind zahm, und ſuchen in Gefahr bey den Men⸗ 
ſchen Huͤlfe, daher man ſie wider Willen ſehr oft in 
den Haͤuſern antrift. Tab. II. fig. 6. 


22. Der Stink. Lacerta Stincus. 


Wir bleiben bey dem Namen Stink, weil 22, 
die Franzoſen Stine marin und die Engellaͤnder Stink. 
Scinc; die Sollaͤnder aber Schink gebrauchen; us, 
wie denn auch Stincus ſtatt der Alten Scincus an- 
genommen iſt. Es iſt aber der Stink eine in Ly⸗ 
bien, Egypten usd en befindliche a 

2 dillen 


C. Kurz 


ſchwaͤn⸗ 
ze. 


100 Dritte Cl. I. Ord. Kriechende Amphib. 


dillen ⸗ und zugleich Salamander » ähnliche Eidechſe 
mit einem laͤnglichtrunden kurzen, und an der Spis 
tze gedruckten Schwanze, deren Finger umſaͤumt, aber 


(fo viel wir wiſſen) mit keinen Naͤgeln verſehen find, 


und deren verbrannter und gepuͤlverter Koͤrper zur 
Verfertigung des Mithridats, (und in den Morgen⸗ 
laͤndern zum Dia-Satyrion, zur Befoͤrderung der 
Geilheit) gebraucht wird. 


Die Größe erſtreckt ſich etwa auf einen halben 
Schuh. Der Schwanz iſt kuͤrzer als an den uͤbrigen. 
Der Körper iſt in der Mitte faſt zwey Zoll dick, und 
allenthalben mit glatten Schuppen, die wie Dachzie⸗ 
gel übereinander hinſchieſſen, gedeckt. Die Farbe iſt 
am Kopfe ſeegruͤn, der voͤrdere Koͤrper uͤber den Ruͤ⸗ 


cken bis zum Bauche hellgrau und ſchwaͤrzlicht bandirt. 


23. 
Kroͤten 
Salam. 
Orbi- 
cularis. 
Tab. II. 
fig. 7. 


Die Fuͤße ſind weißlicht. Der Hals iſt vom Koͤrper 
kaum zu unterſcheiden, und ſo dick wie der Kopf. 
Die Augen ſind klein, die Naſenloͤcher groß und der 
Mund iſt etwas ſpitzig. 


23. Der Kroͤten Salamander. 
Lacerta Orbicularis, 


. Obgleich alle Eidechſen einen langen geſtreckten 
Koͤrper haben, ſo findet man doch in Mexico eine 
Art, deren Koͤrper ſehr kurz, dick aufgeblaſen rund 
und der Geſtalt nach einer geſchwollenen Kroͤte ſehr 
17 ſieht, auch mit ſalamanderartigen Flecken be⸗ 
etzt iſt, woraus ſich obige Benennungen erklaͤren 
laſſen. Der Kopf iſt ſpitzig erhabenrund, und es 
ſcheint aus der Linneiſchen Beſchreibung, daß es 
auch ſolche gebe, deren Wirbel in drey ſpitzigen Er⸗ 
hoͤhungen beſteht. Der Koͤrper iſt allenthalben mit 
weißen fpigigen Stacheln als mit Nadelſpitzen beſetzt, 
wovon auch der Kopf und Schwanz nicht ausgenom⸗ 
men find. Die Füße find gleichfals fo UN 1520 

aben 


122. Geſchlecht. Eidechſen. 101 


92 über das ſcharfe krumme ſchwarze Nägel. C. Kurz 
Tab. II. fig. 7. | ger 


24. Die fuͤnffachgeſtreifte Eidechſe. 


Lacerta 5. Lineata. 


Oben wurde No. 18. eine ſechsfach geſtreifte 
Eidechfe beſchrleben, welche D. Garden in Caroli⸗ 24. 
na antraf. Eben demſelben haben wir auch die Ent Fuͤnf⸗ 
deckung diefer fünffachgeftreiften Eidechſe zu dans . 
ken, die er gleichfalls in Carolina gefunden. Man 155 Li. 
ſollte alfo faſt auf die Meinung gerathen, als ob die⸗ neata. 
fe eine bloße Verſchledenhelt von jener wäre; allein 
es zeiget ſich am Schwanze, daß dieſe eine ganz ande⸗ 
re Art iſt; denn jener ihr Schwanz war wirblicht, 
daher fie auch unter derſelben Abtheilung ſtehet. Diefe 
aber hat keinen wirblichten Schwanz, ohnerachtet 
der ſelbe anderthalbmal fo lang als der Körper iſt. 
Was nun aber beſagte Striche betrift, ſo gehen von 
dem Nacken bis etwa zur Haͤlfte des Schwanzes auf 
elnem ſchwaͤrzlichten Grunde fuͤnf weißlichtgelbe zierli⸗ 
che Anlen uͤber den Ruͤcken hin, der Kopf aber iſt 
mit ſechs andern kurzen gelben Linien ſchoͤn gezeichnet, 
indem man zwey zwiſchen den Augen, hernach über 
jedem Auge eine, und unter ſelbigen abermals el» 
ne Linie ſiehet. Die Bauchſchuppen liegen reihen, 
weiſe untereinander, und machen alſo den Unterleib 
geſtreift. 5 


8 3 D. Lang⸗ 


102 Dritte Cl. I. Ord. Kriechende Amphib. 


D. gang D. Langſchwaͤnze / deren Schwanz länge 
e licht rund, mit uͤbereinander lie⸗ 
genden Schupven bedeckt / und laͤn 
ger als der Koͤrper iſt; oder le⸗ 
guanartige Eidechſen. | 


25. Der Baſiliske. Lacerta Baſiliſcus. 


de. 


Die ganze Groͤße dieſes Thieres betraͤgt einen 
und einen halben Schuh. Der Kopf iſt mittelmaͤſ⸗ 
ſig lang, am Hinterkopfe mit einem hohlen Kamme 
geziert, welchen das Thier aufblaͤhen kann, ſo daß 
es dem aͤußerlichen Anſehen nach die Geſtalt elnes 
runden krummen Rhinoceroshorns bekommt. 
An der Kehle zeigen ſich kammartige Lappen, wie an 
der Dracheneidechſe. Der Koͤrper iſt dick und lang, 
obenher vom Nacken bis zur Haͤlfte des Schwanzes 
mit einem hohen, und durch verſchiedene herausſte⸗ 
chende Finnen unter ſtuͤtzten Kamme, (gleich den Ruͤ, 
ckenfloſſen des Berſchingſiſches,) beſetzt, der Schwanz 
iſt faſt noch einmal ſo lang, als der Koͤrper. Die Fuͤſ⸗ 
je find fůͤnfzaͤhig und mit ſcharfen krummen Nägeln a 
wa 


122. Geſchlecht. Eidechſen. 103 


wafnet. Die Haut iſt fein ſchuppigt. Die Zunge D. Lang 
dick und kurz. Die Farbe blaͤulicht⸗aſchgrau mit ſchwaͤn⸗ 
weißlichten Flecken, untenher aber etwas blaſſer. I 
Tab. III. fig. 1. 

Dieſe rare nnd ſeltne Art wird in dem ſuͤd⸗ 
lichen America, zuweilen aber auch in Egyp⸗ 
ten und in dem gelobten Lande in Gebuͤſchen 
und ſteinigten, auch verwuͤſteten Oertern gefunden. 
Ihre Lebensart iſt auf den Bäumen, da fie von 
einem Aſte auf den andern zu ſpringen und zu flie⸗ 
gen wiſſen. Sie gehen auch zu Waſſer, und in 
beyden Faͤllen dienet ihnen der Kamm auf dem 
Kopf und auf dem Ruͤcken zu Fluͤgeln und zu Floſ⸗ 
ſen, und es ſcheinet, daß ſie deßwegen den Kamm 
auf dem Kopfe aufblaͤhen koͤnnen, damit er im 
Fliegen leichter, und im Schwimmen beſſer uͤber 
Waſſer zu halten ſey. Wenn ſie aber ſtille ſitzen, 
fo haͤngt der Nuͤckenkamm ſchlaff herunter. 


26. Der Kammleguan. Lacerta Iguana. 
2% 


Die indianifche Benennung Iguana und 
Yvana ift von den Europaͤern, die in Indien um 
wohnen, ſchon laͤngſt zur Gemaͤchlichkeit der Aus Iguana. 
ſprache mit Leguan vertauſcht, welches wir beybe⸗ Tab. III 
halten, wiewohl dieſe Eidechfe auch ſonſt Senem- fig. 2. 
bi genennet wird. Die beygefuͤgte Abbildung 
Tab. III. fig. 2. iſt nach einer mittelmaͤßigen et⸗ 
wa ein und einen halben Schuh langen Art von der 
Inſel Formoſa gemacht; die Beſchreibung aber 
wollen wir nach unſerm Exemplar, welches drey 
Schuh lang, und von der Inſel Curacao gebuͤr⸗ 
tig iſt, mittheilen, da es mit jenem einerley Art 
ausmacht. a 


Der Kopf iſt klein, oben flach, mit runden Geſtalt. 
perlenartigen Schuppen Geb, die Augen grobe 
j 4 6h 


u 


D.Lang- 


ſchwaͤn⸗ 
t. 


Eigen⸗ 
chat 


104 Dritte Cl. I. Ord. Kriechende Amphib. 


bey dem lebendigen Thiere mit einem rothen Ring 
umgeben, und ſehen feurig aus. Der Mund 
ſteht voller kleinen und niedlichen Zähne, die Hunds⸗ 
zaͤhne ſind ein wenig groͤßer als die andern, und 
ſtehen einzeln. Die Ohren liegen tief. Der Hals 
iſt lang, und die Haut an ſelbigem mit vielen groͤſ⸗ 
ſern und kleinern glaͤnzenden Perlen beſetzt. Unter 
der untern Kinnlade befinden ſich etliche große Schup⸗ 


pen und Perlen, und am Ende der Mundſpalte bes 


findet ſich an jeder Seite eine ſehr große in die 
Augen fallende blaſenartige Perle. Unten am Hal⸗ 
ſe haͤngt ein großer breiter Lappen oder Kamm her⸗ 
unter. Der Koͤrper iſt dick, mit einer feinſchup⸗ 
pigten Haut uͤberzogen, welche vom Nacken bis zur 
Haͤlfte des Schwanzes auf der Ruͤckennath eine 
Menge langer, ſichelfoͤrmig hinterwaͤrts gebogenen 
pergamentartigen Zacken abgiebt, (wie die Zaͤhne 
eines Kammes, ) deren man über achtzig zahlt, 
Die Laͤnge des Koͤrpers iſt uͤber einen Schuh; der 
Schwanz aber faſt zwey Schuh. Die Schenkel 
und Fuͤße ſind mit groͤßern Schuppen bedeckt. Die 
fünf Finger haben allenthalben ſcharfe krumme Naͤ⸗ 
gel. Jeder Finger hat eine groͤßere oder kleinere 
Laͤnge, und die an den Hinterfuͤßen find auſſeror⸗ 
dentlich lang, indem der zweyte nach auſſen zu, 
wohl zwey Zoll haͤlt, und ſechs Gelenke hat. Die 
Farbe des Körpers iſt blaͤulicht ſilberfarb, und 
der Schwanz hat ſchwaͤrzlichte Binden. 

Dieeeſes Thier haͤlt ſich auf dem Lande und auf 
den Baͤumen auf, gehet aber, wenn es flüchtig 
wird, auch zu Waſſer, und haͤlt ſich lange darinn 
auf. Es läuft ungemein geſchwinde, und Ift nicht 
einzuhohlen, die Indianer aber erwiſchen es auf den 
Baͤumen und werfen ihm behende elne Schlinge um 
den Hals, doch iſt es eine gefährliche Jagd, denn 
fie fallen den Menſchen an, beißen, ſchlagen mit 
dem Schwanze, kratzen mit den Nägeln, und Veh 


122. Geſchlecht. Eidechſen. 105 


ſich gleich an die Kleider an, wozu noch ihre Boß⸗ D. eang⸗ 
heit und feurige Augen kommen, die den Jaͤger bald ſchwaͤn⸗ 
verlegen machen, wenn er nicht beherzt, geſchwind de. 
und geſetzt iſt, zuma wenn er einen alten Le⸗ 
guan von fuͤnf bis ſechs Schuh lang vor ſich 
at. Indeſſen wird die Muͤhe wohl bezahlt, denn 
da ihr Fleiſch ein ſehr nledliches und delicates Ef 
fen iſt, welches das Huͤhnerfleiſch uͤbertrift, fo wird 
auch für einen mäßigen Leguan gerne ſechs Gulden 
bezahlt. Bey denenjenigen Perſonen, die mit 
der Luſtſeuche behaftet ſind, hat das Fleiſch eine 
ſchaͤdliche Wuͤrkung, und dienet ihnen nicht, wie 
das Fleiſch der Schildkroͤten. Man ſchaͤlt ihnen 
die Haut ab, und richtet ſie alsdann auf allerhand 
Art zu. Sie legen auf einmal ein paar Dutzend 
Eyer am Strande, wie die Crocodille und Schild⸗ 
kroͤten in den Sand, und laſſen ſelbige von der Son⸗ 
ne ausbruͤten. Dle Eyer ſind ſo groß, wie Tau⸗ 
beneyer, haben eine weiche Schale, wie naß ge⸗ 
machtes Pergament, und ſchmecken vortreflich; laſ⸗ 
ſen ſich aber nicht hart kochen, und haben auch kein 
Eygelb, man gebraucht fie dahero nur um 
Brühen davon zu machen. Die Weibchen ſind 
fetter, weicher und ſchmackhafter, als die Maͤnn⸗ 
chen. Man hat etliche Verſchiedenheiten ſowohl 
in Abſicht auf die Groͤße, als Zeichnung 
und Vaterland. Die Oſtindiſchen ſind nicht ſo 
groß, als die Weſtindiſchen, doch erreichen ſie auf 
Amboina auch drey bis vier Schuh, | 


2m Der Fechter. Lacerta Colotes, 


Der griechiſche Name Colotes, oder As- Fechter 
kalobotes wurde einer Eidechſe beygelegt, die ſich Colotes 
mit den Schlangen herum biſſe, und dahero auch 
wohl Ephiomachus heißt. Sie hat am Hinter⸗ 
koyf und vorne am aan Stacheln, die fie 

5 im 


106 Dritte Cl. I. Ord. Kriechende Amphib. 


D. ang: im Zorn in die Höhe. richtet, und eren wird fie 

ſchwaͤn⸗ bey den Europaͤern Streithahn, Sollaͤndiſch 

ie. Kemphaan genennet, und aus der Urſache geben 
wir ihr den Namen Fechter; doch die Einwohner 
der Inſel Ceilon, wo fie eigentlich gefunden wird, 
heißen fie Soa ajer, das iſt Waſſer⸗Leguan. Der 
Schwanz iſt laͤnglichtrund, und ſehr lang, der Hin⸗ 
tertheil des Kopfs und Voͤrdertheil des Ruͤckens 
iſt kammartig gezaͤhnelt, der Körper iſt oben blau 
und mit ſcharfen Schuppen beſetzt, unten geſtreift, 
auch wohl weißlicht, und oben bandirt. Sie ge⸗ 
het zu Waſſer, wenn ſie fluͤchten will. 


28. Der Stachel⸗Leguan. Lacerta Agama, 


23. Warum fie Agama heißt, welches, wenn es 
57 7 0 Griechiſch ſeyn fol, foviel als unbegattet, oder um 
Agama, beweibt bedeutet, iſt uns unbekannt. Wir nennen 

f fie Stachel⸗Leguan, denn der Hinterkopf und der 

Hals ſind ſtachlicht, die Schuppen am Hinterkopfe 
find zuruͤckgebogen und machen denſelben gleſchfals 
ſtachlicht, auch alle uͤbrige Schuppen ſind wie 
Stacheln zugeſpitzt. Am Kopf iſt fie wle ein Cha⸗ 
maͤleon, an Koͤrper wie ein Salamander, und am 
Schwanz wie eine Eidechſe gebildet. Die Farbe 
iſt blaß blaͤulicht. Das Vaterland iſt America. 


29. Der Wolkenſchatten. Lacerta 


Umbra. 


29. Da die Farbe diefer Eidechſen dunkel und wol⸗ 
Wolken⸗ kigt oder neblicht iſt, fo fuͤhren ſie den Namen Um- 
Waben, bra. Der Schwanz iſt laͤnglichtrund und lang. 
Imbra. Im Nacken erhebt ſich ein kleiner Kamm, oder 
nackte Schwiele. Der Kopf iſt ſtumpf und runder 

als an den übrigen, unter der Kehle befindet ſich 

elne tiefe Falte. Die Schuppen ſind kielfoͤrmig zu⸗ 

: gefpigts 


122 Geſchlecht. Eidechſen. 107 


geſpitzt; daher der Ruͤcken geſtreift zu ſeyn ſchei⸗ D Lang⸗ 
net, welche Striche, fo wie die Richtung der Schup⸗ ſchwaͤn⸗ 
pen iſt, in einen ſcharfen Winkel zuſammen laufen. 5% 
Man findet dieſe Eidechſe in den warmen $ändern. 


30. Der Faltentraͤger. Lacerta Plica. 


Die Benennung kommt von einer doppelten 30. 
Falte her, welche diefes Thlerchen unter der Keh⸗ Falten⸗ 
le hat. Der Koͤrper deſſelben iſt nur einen Zoll Diet“ 
lang, und der Schwanz noch einmal fo lang als 
der Körper. Die Haut iſt allenthalben mit kegel⸗ 
artigen Schuppen wie Chagrin beſetzt. Der Hin⸗ 
terkopf iſt mit einer harten ſchwielichten Haut be⸗ 
fest; die Augenlieder find einigermaſſen gekerbt, oben 
kahl ohne Fell, und haben eine duͤnnhaͤutige Nar⸗ 
be, die in die Quere durch eine Grube in drey Theile 
abgetheilet iſt. Hinter den Ohren, an den Seiten 
des Kopfs und des Halſes ſind zwey mit Dornen 
beſetzte Warzen. Das Ruͤckgrad hat größere Schup⸗ 
pen, und iſt vorneher gleichſam gekerbt. Von dem 
Halſe lauft zu beyden Seiten eine erhabene Run⸗ 
zel uͤber die Voͤrderfuͤße hin, und ſenket ſich nach 
der Mitte des Leibes, der Schwanz iſt laͤnglicht⸗ 
rund, und mit ſehr kleinen Schuppen bedeckt, aber 
kaum geringelt. Die Finger ſind lang, untenher 
mit ſchar fen Schuppen beſetzt, und rauh, die Naͤ⸗ 
gel hingegen ſind an den Seiten flach gedruckt. Dat 
Vaterland iſt Indien. 


31. Der bunte Leguan. Lacerta 
Marmota. | e 
Diefe Eidechſe hat einen glatten Rüden ohne Bunter 


" inen Leguan. 
Kamm, dahingegen an der Kehle einen kleinen Mar. 


Kamm, der vorneher gezaͤhnelt iſt. Der sr word 


D. Lang⸗ 
ſchwaͤn⸗ 
je. 


108 Dritte Cl. I. Ord. Kriechende Amphib. 


iſt gedruckt, und der Schwanz geſtreift. Die Far⸗ 
be iſt gleichſam marmorirt, daher die Benennung 
genommen iſt, denn es hat der Ruͤcken ſchoͤne bunte 
Flecken von roͤthlichter, ſchwarzer, weißer und gruͤ⸗ 
ner Farbe, zwiſchen welchen ſich noch hin und wie⸗ 
der einige Sprenkel befinden. Die Schuppen ſind 
oben klein, unten etwas groͤßer, alle viereckigt, und 
am Schwanze reihenwelſe geſetzt, ſo daß derſelbe 
einigermaſſen eckigt erſchelnet. Das Vaterland iſt 
America und Spanien, woſelbſt man ſie in Gal⸗ 


licien antrift. 


32. 
Blaſen⸗ 
traͤger. 
Bulla- 
xis. 


37. 
Kropf⸗ 
ſala⸗ 
mander. 
Stru- 
moſa. 
T. III. 
fig. 3. 


32. Der Blaſentrager. Lacerta Bullatis. 


Es hat dieſe Eidechſe an der Kehle eine rothe 
Carbunkelblaſe, die fie einziehen, und wenn fie ers 
ſchrickt, aufblaͤhen kann, daher die Benennung ent⸗ 
fanden. Sonſt iſt die Farbe grün, und das Thier 
uͤberhaupt nur klein. Das Vaterland iſt Jamaica. 


33. Der Kropfſalamander. Lacerta 
Strunofa, 


Mit der jetzigen verhält es ſich, wie mit der 
vorigen, denn an der Kehle ſitzt eine aͤhnliche rothe 
aber etwas groͤßere Blaſe, die aber beſtaͤndig voll 
ſtehet, indem ſie nicht hohl, ſondern wie ein Men⸗ 
ſchenkropf mit einem koͤrnigten Weſen ausgefüͤllet 
iſt. Ferner zeiget ſich auch noch darinn ein Unter, 
ſchied, daß der Körper aſchgrau und ſchwarz gefleckt, 
der Schwanz aber mit grünen Ringen bezeichnet iſt. 
Die Bruſt, oder das Bruſtbein, ſticht vorne in ei⸗ 
ner ſtumpfen Spitze hervor. Das Vaterland diefer 
Art iſt Sud ⸗America. Tab. III. fig. 3. 


34. Die 


122. Geſchlecht. Eidechſen. 109 


i 8 D. Lang⸗ 

34. Die Natheidechſe. Lacerta Te- chan, 
guixin. 5 

Teguixin, Tecuixin und Tejuguacu find N 


indianiſche Benennungen, welche diefer Art von Nathei⸗ 
den Landes⸗ Einwohnern gegeben werden; man kann dechſe. 
ihr aber fuͤglich den Namen Tatheidechſe geben, Te- 
denn fie hat zur Seiten des Bauchs vom Kopfe bis Sulxm⸗ 
an die Hinterfuͤße eine Nath von einigen ſtumpfen 
Falten. Unter der Kehle befindet ſich gleichfalls 

eine dreyfache Falte, der Ruͤcken aber und der 
Schwanz ſind durch die Lage der Schuppen dicht 
geringelt. Uebrigens iſt die Farbe dunkelblau, und 

mit hellblauen und weißen Flecken geziert. Sie iſt 

klein, denn die große Teguguacu - Eidechſen wer⸗ 

den Sauvegardes genennt. Man findet fie in den 

beyden Indien. 


35. Die Goldeidechſe. Lacerta Au- 


Dieſe Eidechſe hat, fo lange fie lebt, einen zz, 
ſehr ſchoͤnen Goldglanz, und darum führt fie dieſen Gofdet 
Namen. Der Schwanz iſt wie an den vorigen be⸗ dechſe. 
ſchaffen. Sie unterſcheidet ſich aber durch große A 
runde, glatte und glaͤnzende Schuppen. Die fe, > 
Seiten find braͤunlicht, der Körper iſt vollſtaͤndig̃ 
fett, und gleichſam ausgeſtopft, die Ohren liegen 
hohl. Man findet dieſe Art auf der Inſel Ey⸗ 
prus und auf der engliſchen Inſel Jerſey. Die⸗ 
jenige aber, davon wir hier Tab. III. fig. 4. 
die Abbildung geben, und die an den Selten brei⸗ 
te blaue Striche hat, iſt aus America. 


36. Die 


D. ang 
ſchwaͤn 
ze. 
Drey⸗ 
Ans 
halci- 
1. 


37. 
il 


dechſe. 


Nilotĩ- 
ca. 


110 Dritte El. l. Ord. Kriechendeeimphib. 


36. Die dreyfingerige Eidechſe. Lacerta 
| Chalcıdica. | 
Dieſe No. fehlt in der zwölften Auflage des 
linneiſchen Naturſyſtems · In den addendis aber 
will der Kitter, daß man auf eben dieſer Seite die 
Lacertam chalcidicam einſchalten ſolle, welche 
drey Finger und nicht fünf Finger hat. Wir 
thun es alſo, um dieſe No. hier nicht leer zu laß 
ſen. Allein auf der naͤmlichen Seite hat der Ritter 
ſchon eine andere Eidechſe No. 41. unter dem Na⸗ 
en Chalcides geſetzt, welcher er fuͤnf Finger zu⸗ 
eignet Es iſt alſo zweifelhaft, ob in den adden- 
dis dieſe mangelnde No. 36. durch dle drenfingeris 
ge Eidechſe ergaͤnzet, oder vielmehr No. gr. vers 
beffert wird. Iſt das letzte, fo gibt es keine Fuͤnf⸗ 
fingerige Chalcides, und die folgende No. 4 1. iſt übers 
fluͤßig; dieſes aber zu entſchelden, iſt uns jetzo uns 
moͤglich, weil ſowohl Linneus (in feinen verſchle⸗ 
denen Auflagen,) als andere Schriftſteller, ſich ſelbſt 
widerſprechen, daher wir beydes jetzo ſtehen laſſen. 
Die Alten naͤmlich nannten eine gewiſſe Ei⸗ 
dechſe mit gelben Strichen wegen ihres Kupferglan⸗ 
zes Chalcides, und dieſen Namen findet man auch 
beym Aldrovand und Seba. Allein ob ſie die 
naͤmliche fen, auf welche der Ritter hier zielet, iſt 
zweifelhaft; ſie iſt aber gewiß die No. 41. welche 
in der zehnten Auflage auch dreyfingerlg genennet 
wird: wir wollen alſo daſelbſt das weitere von ihr 
teden, und begnügen uns hier den Platz der gegen, 
waͤrtigen No. nicht leer gelaffen zu haben, bis je 
mand eine andere Art einſchaltet. r 


37. Die Nileidechſe. Lacerta Ni- 
| lotica. 5 
Dieſe Eidechſe hat einen langen Schwanz, der 
am Ende dreyeckigt iſt. Der Ruͤcken iſt mit lch 
5 t⸗ 


122. Geſchlecht. Eidechſen. 111 


lichtrunden Schuppen bedeckt. Jede Schuppe hat P. gang 
in der Mitte einen erhabenen Hoͤcker, der hinten ſchwaͤn⸗ 
höher, erhaben rund und dick iſt, vorne aber in eis ze. 

ne dünne Spitze auslauft. Der Rand jeder Schup⸗ 

pe iſt mit weißlichten Sprenkeln umgeben. Die 
Bauchſchuppen hingegen ſind dreyeckigt erhaben, der 

Höcker ift laͤnglicht und der Rand hat aͤhnliche weiſſe 
Sprenkel. Der Wirbel iſt in Vierecke abgetheilt, 

und hat zwey dreyeckigte Gruͤbchen. Zur Seiten 

des Kopfs befinden ſich gleichfalls zwey aber tiefere 
Gruͤbchen. Die Farbe über den ganzen Körper iſt 
hellbraun mit glänzenden weißen Koͤrnern. Der 
Bauch iſt weiß. Das Thler IE eine Spanne breit 

und mit dem Schwanze drey Schuh lang. Das 
Waterland iſt Egypten, wo es in den mo⸗ 
raſtigen Gegenden am Nilſtrom angetroffen 

wird, und die Einwohner meynen, wle hier Haſ⸗ 
ſelquiſt berichtet, daß fie aus den Eyern der Cro⸗ 
codillen her vorkommen. 


38. Die punctirte Eidechſe. Lacerta 


Pundtata. 


Obgleich diefe Art eine geftreifte oder bandirs 

te Eidechſe könnte genennt werden, fo iſt fie doch Punckir⸗ 
um deßwillen als eine punctirte anzuſehen, weil te. 
die kleinen glänzenden Schuppen in den weißlichten Pun- 
Strichen oder Bändern wie lauter dunkelbraune Tad. l 

unkte erſcheinen. Sie legt Eyer, die nicht gröfs fig. 4. 
er als Erbſen find. Das Vaterland iſt Afien, 
beſonders aber die Inſel Ceilon. Tab. III. fig. s. 


39. Die lineirte Eidechſe. Lacerta 3. 
ee ineie⸗ 
Die Benennung iſt von der Zeichnung des Nur 10 
Kens genommen, denn derſelbe iſt mit acht breiten nifcata. 
s weißen a 


112 Drittel. I. Ord. Kriechende Amphib. 


Dong; weißen Linien, die in gleicher Entfernung von eins 
ſchwan⸗ ander abſtehen, und von dem Nacken bis zum 
ie. Schwanze gehen, ſchoͤn geziert. Es giebt aber unter 
dieſen Lineirten ſowohl in Abſicht auf die Größe als 
Zeichnung einige Verſchiedenheiten. Etliche naͤmlich 
haben an den Schenkeln weiße Puncte und Spren⸗ 
kel, andere haben weniger Linien, wieder andere 
haben ſtatt der weißen Linien gelblichte Striche, 
und der uͤbrige Bau kommt ſehr viel mit der Mar⸗ 
meleidechſe No. 14. uͤberein. Das Vaterland iſt 
die Kuͤſte vou Guinea. Tab. III. fig. 6. 


40. Die bandirte Eidechſe. Lacerta 


Faſciata. 


40. Die jetzige Art hat einen Bike Schwanz 
Bandir⸗ als die vorige, der durch feine hochblaue Farbe ges 
te. Fa- gen den Korper ſehr abſticht, der Ruͤcken aber iſt 
ſciata. mit fünf gelben Binden belegt, doch iſt dieſe Art 

nur klein. Das Vaterland iſt Carolina. 


41. Die Gifteidechſe. Lacerta Chal- 
cides. 


41. Ob dieſe Lacerta Chalcides, mit der L. Chal- 
Giftei⸗ ciclica, die wir oben in der mangelnden No. 36. eins 
| been geſchaltet haben, einerley iſt, mögen andere urthei⸗ 
* ei- fen. Hier wenigſtens find ihr fünf Finger zuge⸗ 

» ſchrieben, da fie in der zehnten Edition nur drey 
Finger hatte. Man vergleiche daher zuvoͤrderſt das⸗ 
jenige, was wir No. 36. geſagt haben, und beleh⸗ 
re ſich auch daſelbſt wegen der linneiſchen Benen⸗ 
nung. Daß wir aber dieſe die Gifteidechſe nes 
nen, iſt aus dem Grunde geſchehen, weil die Al⸗ 
ten ſolche Seps nannten, und ſie wegen ihres lan⸗ 
gen runden Koͤrpers und Schwanzes als eine 755 

tel⸗ 


1122. Geſchlecht. Eidechſen. 113 
telgattung zwiſchen den Schlangen und Eidechſen an⸗ D. Lang⸗ 
ſahen. Deun die Füße find ſehr kurz, und fie könnte ſchwän⸗ 
25 eine Schlange mit Füßen gehalten werde, wenn de. 
ſie keine Ohren haͤtte; wie fie denn auch Imperatus 
Vuͤrklich eine Blindſchleiche nennt. Man reift fie 
wohl dann und wann in den ſuͤdlichen Gegenden von 
Europa an, doch iſt ſie mehrentheils in Africa 
zu Hauſe. Die ganze Groͤße ſamt dem langen 
Schwanze iſt eine Spanne lang, und die Farbe 
grau. Man will, daß die Jungen ſchon innerhalb 
dem Körper aus den Ehern kriechen, mithin dieſe Art 
gleichſam eine lebendig gebaͤhrende ſey. 


E. Eidechſen, die an den Voͤrderfuͤßen k. Vier; 
vierfingerig find, und keine Schup⸗ 119° 
pen haben, oder eigentliche Sala⸗ 
mander. 


42. Der Erdſalamander. Lacerta vulgaris. 


Der Schwanz iſt laͤnglich rund, von maͤßiger 42. 
Lange. Der Ruͤcken iſt mit zweyen braunen Stris Erdſala⸗ 
chen beſetzt, doch übrigens iſt der Körper blau. Die mander⸗ 
Voͤrderfuͤße find vierfingerig, und die Hinterfuͤße Vulge 
fuͤnffingerig. Dieſe Eidechſe entwickelt ſich unter 
dem Waſſer aus ihrer Puppe oder Ey, und gebraucht 
einige Zeit zu ihrer völligen Bildung. Der Ritter 
nennt dieſes Thier Vulgaris; oder den gemeinen 
Salamander, weil es bey uns in Europa ge 
funden wird. Wir koͤnnen es aber Erdſalaman⸗ 
der nennen, da es ſich nach der Entwickelung alle⸗ 
eit auf dem Lande aufhaͤlt, und zu Vertilgung vieler 
Buſecten ſehr nuͤtzlich iſt. Zuweilen trift man ſie 
mit einem zweyſpitzigen Schwanze an, welches ges 
ſchieht, wenn die Schwanzſpitze halb abgerißen iſt , 
Linne III. Theil. H da 


114 Dritte Cl. l. Ord. Kriechende Amphib. 


FE. Vier: da denn aus der Ritze ein neuer Schwanz anwaͤchſt 
finge⸗ und das alte Stück dennoch wieder anheilt. 
rig. 


43. Der Waſſerſalamander. Lacerta 


aquatica. 


Pr Von der vorigen Art haben wir erinnert, daß 
Waſſer⸗ ſie ſich unter dem Waſſer entwickele. Nun zweifelt 
ſala? der Bitter, ob nicht die jetzige etwa die Larve der 


Vaterland iſt Ceylon. 


44. Der Sumpfſalamander. Lacerta 
paluſtris. 


44. Weil man dieſe Art ſowohl in America als 
Sumpf bey uns in Europa in ſtillſtehenden füßen Waſſern 
Wande antrift, ſo wird ſie auch wohl gemeiniglich Waſſer⸗ 
Palu- ſalamander genennt. Doch um ſie von jener zu un⸗ 
ſtris. terſcheiden, bleiben wir bey der linneiſchen Benen⸗ 
Tab. II. nung. Sie iſt auch bey uns unter dem Namen Waſ⸗ 
fig. 3. ſermolch bekannt, und heißt in Engelland Wa- 

ter-Eſt; in Frankreich That, oder Taſſot, und 
Salamandre d' Eau; in Schweden Skrot aborra. 
„Der Schwanz iſt ſpießfoͤrmig und mittelmäßig 
groß, die Voͤrderfuͤße haben nur vier Finger, und 
an 


17 122. Geſchlecht Eidechſen. 115 


an den Fingern find Feine Naͤgel. Dieſer letztere E. Vier⸗ 
Umſtand aber koͤnnte zu einer Larve Vermuthung ges ſinge, 
ben. Es führer, wenn es noch jung iſt, nach Der- rig. 
hams Bericht, vier Schwimmfloſſen, naͤmlich an 

jeder Seite des Koͤrpers etwas oberhalb den Voͤrder— 
fuͤßen zwey, legt aber ſolche hernach ab, wird nicht 

über ſieben Zoll lang, und halt ſich durchgängig une 

ter Waſſer in einem weißlichten Schlamme unter ei⸗ 

nem Stein auf, bekommt im Sommer alle fuͤnf 
Tage, und im Winter alle funfzehn Tage eine neue 
Haut, da man denn die alte Haut zuweilen im Waſ— 

ſer ſchwimmen findet. 


Sie legen Eyer, die in zwey Schnuͤren aneinan⸗ 
der hangen, und es ſcheinet, daß das Maͤnnchen zu 
gewiſſen Zeiten im Fruͤhjahre den Saamen ins Waſ⸗ 
fer bey dem Weibchen ausſpruͤtze, wodurch das Waſ— 
fer weißlicht, und der Eyerſtock vermuthlich befruch— 
tet wird; doch andere behaupten, daß fie ſich wuͤrk⸗ 
lich decken, und daß das Maͤnnchen mit einer Ruthe 
verſehen ſey, die zwar verborgen liegt, doch zu der 
Zeit hervor tritt: und was das Weibchen betrift, 
ſo wollen etliche, daß es die Jungen lebendig gebaͤre, 
und keine Eyer lege. Wir muͤßen hiebey geſtehen, 
daß ſowohl das Entwickelungs⸗ als Begattungsge⸗ 
ſchaͤfte der Eidechſen noch eine ſehr dunkele, und bis⸗ 
her noch nicht hinlaͤnglich beobachtete Sache ſey. 


Ihr Leben iſt ſehr zaͤhe, ſie kommen aber ſogleich 
um daſſelbe, wenn man ſie mit Salz beſtreuet. Da⸗ 
her man ſie auch durch Salz aus den Fiſchweihern 
treibt, weil ſie der jungen Fiſchbruth ſehr ſchaͤdlich 
ſind. Man hat oͤfters dieſe Thiere im dicken Eis ein⸗ 
gefroren gefunden, nachdem man aber das Eis zer⸗ 
brochen hatte, und den Salamander heraus nahm, 
und ihn ſodann in friſches Waſſer ſetzte, wurde er 
wieder lebendig, oder erhohlte ſich, und ſchwamm 

hernach friſch und munter herum. 
8 H 2 Sie 


E. Bier: 


finge⸗ 
rig. 


Anato⸗ 
miſche 
Wahr⸗ 
neh⸗ 
mung. 


116 Dritte Cl. 1. Ord. Kriechende Amphib. 


Sie leben von Inſecten, jungen Fiſchlein / 
Froſcheyern und Waſſerlinſen, doch koͤnnen ſie auch 
eine lange Zeit ohne alle Nahrung dauren. Zuwei⸗ 
len begeben ſie ſich auch auf das Land, aber ihr Gang 
iſt ſehr langſam und kriechend. 

Der Koͤrper iſt braͤunlich, und allenthalben mit 
hervorragenden Warzen beſetzt, welche an den Sei⸗ 


ten weißlich ſind. Der Kopf iſt ſo breit wie der 


Hals, rund und oben platt, die Kiefer ſind breit und 
mit kleinen Zaͤhnchen beſetzt. Das Maul iſt ſtumpf und 
am Ende rund, der Ruͤcken breit, und vom Kopfe bis 
zum Schwanze mit einer Grube verſehen. Der 
Bauch ſafrangelb und braun gefleckt, der Schwanz 
ſo lang wie der Körper, an den Seiten platt und 
oben mit einem ſcharfen Ruͤcken verſehen. Die Fin⸗ 
ger ſind ungleich, und die mittelſten am laͤngſten. 
Eine Querſpalte hinter den Hinterfuͤßen macht den 
After aus, unterhalb derſelben aber befindet ſich noch 
eine in die Laͤnge klaffende Spalte. Die Gehoͤrwerk⸗ 
zeuge find auswendig kaum ſichtbar, und die Gehor⸗ 
knochen mangeln, da doch die Eidechſen ſonſt das 
Trummelfell aͤußerlich ſichtbar, und alle Gehoͤrkno— 
chen haben. Doch iſt ein halbzirklichter Canal vor⸗ 
handen, nebſt einem Labyrinthgange, wie bey den 
Rochfiſchen. Ferner treten die zwey Lungenadern 
nahe bey dem Herz in die unterſte Hohlader, daher 
es vermuthlich kommt, daß ſie ſo lange unter dem 
Waſſer, ja mitten in dem zugefrornen Eis aushal⸗ 
ten können. Wenigſtens treten beſagte Adern bey 
den Schildkroͤten und Schlangen unmittelbar in das 
Herz, und bey den Froͤſchen in das Herzohr. 
Vormals wurden auch dieſe Salamander in den 
Apothecken gebraucht, doch jetzo nicht mehr, und 
was die Alten von ihrem Gift vorgaben, iſt unrichtig, 
denn ſie ſind unſchaͤdlich. Tab. II. fig. 3. N 


45. Der 


122. Geſchlecht. Eidechſen. 117 
45. Der Argus. Lacerta pundtata. 1 


nges 

Wir nennen diefe Art Argus, well fie auf dem 10 
RNuͤcken zwey Reihen, und über dem Schwanze eine 4, 

Reihe weißer Punkte auf einem braunen Grunde hat, Punk 
und aus dieſer Urſache wurde ſie auch von andern > 55 
Stellio oder Sternſalamander genennt, weil die⸗ 5 
ſe Punkte vielleicht bey einigen etwas ecklgt find. 
Die Fuͤße haben keine Naͤgel, und die Voͤrderfuͤße 
ſind, wie bey allen Salamandern, vierfingerig. Das 
Vaterland iſt Caroling. 


46. Der vierfach geſtreifte Salamander. 
Lacerta 4. lineata. 

Wir konnen von dieſer Art nichts anders ſagen, 46. 
als daß der Rücken die Länge herab vier gelbe Stri⸗ 7909 
che hat. An den Fingern zeigen ſich ganz kleine N& ſtreifte. 
gel. Die Voͤrderfuͤße haben auch nur vier, und die 4. Li- 
Hinterffuͤße fünf Finger. Das Vaterland iſt Nord⸗ Neata- 
america. Tab. III. fig. 7. | 1 


47. Der Feuerſalamander. Lacerta 
Salamandra, 


Wir kommen nunmehr endlich auch zu derjenis 47. 
gen von je her bekannten Art, welche ehedem allein Beust 
den Namen Salamander oder Landſalamander, alas 
oder auch Sternſalamander führte, und für gifs ae 
tig gehalten wurde. Es iſt naͤmlich diejenige Art, man- 
davon man von uralten Zeiten her die irrige und fa Ara. 
belhafte Meinung hegte, daß ſie im Feuer lebten, Tab. II. 
oder wenigſtens darinn leben koͤnnten, wovon wir 8“ 
hernach das eigentliche berichten werden; indeſſen ha⸗ 
ben wir ſie aus dieſer Urſache Feuerſalamander 


genennt, um fie deſto deutlicher von allen andern zu 
Er. H 3 unter⸗ 


— 


118 Dritte Cl. I. Ord. Kriechende Amvhib. 


E. Vier / unterſcheiden: denn der Name Salamander iſt al⸗ 


finge⸗ 
rig. 


Geſtalt . | 


lenthalben angenommen, wiewohl es auch nicht an 
andern Benennungen fehlt, als zum Exempel in 
den verſchiedenen Provinzen Frankreichs: Pluvi- 
ne, Mirtil, Blande, Alebrenne, Araflade, 
Laverne, Sourd, Mouron, bey den Deutſchen: 
Molch, Ulm, und dergleichen. 


Der Salamander ift überhaupt etwan ſechs Zoll 


lang, und einen Zoll breit. Der Kopf iſt dick, breit, 
platt und ſtumpf, der Hals kurz und etwas runzlich, 


der Koͤrper dick, feiſt und breiter als bey den andern 
Eidechſen, der Schwanz dick, ſo lang als der Ruͤ⸗ 
cken und am Ende ſtumpf. Die Voͤrderfuͤße ſind vier⸗ 
fingerig. Alle Finger find dick, ſtumpf und ohne Naͤ⸗ 
gel. Die Haut iſt glatt und ohne Schuppen, an den Sei⸗ 
ten und nach dem Bauche zu etwas runzlich, an dem 
Ruͤckgrade hinunter mit zweyen Reihen Warzen bes 
ſetzt, aus welchen eine milchichte Feuchtigkeit gepreſ⸗ 
ſet werden kann, auch fouften ſehr poroͤs, und zum 
Ausſchwitzen der Feuchtigkeiten geneigt, obgleich ſonſt 
die Haut glaͤnzend trocken iſt. Was aber die Farbe 
betrift, ſo iſt ſelbige ſowohl als die Zeichnung, nach 
den verſchiedenen Landesarten verſchieden. Mehren⸗ 
theils ift die Farbe der obern Theile glänzend ſchwarz, 
und unten gelblich, faͤllt aber bey einigen oben in das 
blaſſe oder graulichte, und unten in das weiſſe oder 
blaulichte, oder auch wohl in das braune. Die 
Zeichnung hingegen wechſelt ſehr. Die Flecken naͤm⸗ 
lich ſind bey den Schwarzen ſchwefelgelb, bey andern 
blaſſer, und beſtehen bald in zweyen Linien auf dem 
Ruͤcken, bald in einem breiten geſchlaͤngelten Bande 
mit rund abgeſtumpften hin und wieder heraustreten⸗ 
den Enden, bald in einem unterbrochenen Bande, 
bald aber in ungleich geſetzten Flecken und Spren⸗ 
keln von verſchiedener Groͤße, in welchem letztern Fall 
man ſie Sternſalamander nennt. 


Sie 


122. Geſchlecht. Eidechſen. 119 


Seiie leben mehrentheils auf der Erde, können E. Vier⸗ 
jedoch auch im Waſſer ſeyn, nähren ſich von Fliegen finge⸗ 


f 


und Inſecten, leben aber auch oft ſehr lange faſt oh⸗ rig. 
ne alle Nahrung, wenn fie nur in einem Topfe mit febens⸗ 
feuchtem Moos 1 werden, wie uns denn ein art. 25 
Benfpiel bekannt iſt, daß ein wuͤrdiger Freund und 

groſſer Liebhaber der Naturgeſchichte einen ſehr ſchoͤ⸗ 

nen ſchwarzen ſchwefelgelb gezeichneten Salamander 

in feinem Gewaͤchshauſe in einem mit feuchtem Moos 
angefülften Blumenſcherben ſchon lange über Jahr 

und Tage erhaͤlt. | 


Bey der Eroͤfnung der Weibchenſalamander hat Anato⸗ 
man ſowohl Eyer als vollſtaͤndige Junge zugleich miſche 
gefunden, und man hält dafür, daß fie wohl vierzig Wahr⸗ 
lebendige Junge gebaͤhren. Der Eyerſtock macht, i 
wie bey den Vögeln, zwey Eyerbuͤſche aus. Das J 
Maͤnnchen ſoll eine gezaͤhnelte Ruͤckennath haben. 
Merkwuͤrdig aber iſt es, daß man an jungen Sala⸗ 
mandern, gleichwie bey den Fifihen , eine Art der 
Fiſchohren, oder Waſſerluftwerkzeuge zur Seiten 
des Kopfs entdeckt hat, woſelbſt gewiſſe Buͤſchlein her⸗ 
aushangen, die bis zu einen Zoll lang werden, her⸗ 
nach aber ſich verlieren, an deren Statt die Oefnung 
mit einer duͤnnen Haut geſchloſſen wird. Faſt ſollte 
man hieraus vermuthen, daß fie erſt Waſſer⸗ und 
dann Landſalamander werden, oder ſich wie die 
Froͤſche verwandeln, und in beyden Elementen le⸗ 
ben koͤnnen. Unter der Haut liegt eine ſcharfe aͤtzen⸗ 
de und uͤbelriechende Feuchtigkeit, die aus den War⸗ 
zen und kleinern Luftloͤchern gleich einem milchigten 
Weſen herausſpritzen kann, wenn man die Haut 
druckt, und hierinn liegt das Nägel von dem Leben 
des Salamanders im Feuer verborgen. Denn wenn 
man einen Salamander in ein kleines Feuer wirft, 
fo ſpritzt er dieſe Feuchtigkeit von ſich, und uͤberzieht 
ſich gleichſam damit, als mit einem Fuͤrniß / wo⸗ 
15 H 4 durch 


120 Dritte Cl. J. Ord. Kriechende Amphib. 


E. Vier; durch er die Kohlen um ſich herum ausloͤſcht, und 
fing Zeit gewinnt, zu entfliehen. Iſt aber das Feuer zu 
rig: groß, fo vergeht ihm die Luſt, und er verbrennt ſo⸗ 

wohl wie andere Thiere zu Aſche. "7 RER 


Das Vaterland iſt die temperirte und warme 
Gegend Europens In den Indien ſind fie ets 
was größer und ſchoͤner. Man bereitet ein Sala— 
e. welches die Haare ausfallend macht. Tab. 
II. fig. 5. | | 


em F. Eidechfen, deren Füße keine Finger ha⸗ 


förmige, 18 und der Bau wurmfoͤrmig 
iſt. 


48. Die Aaleidechſe. Lacerta anguina. 


48. Dieſe ganz beſondere Art wird in Africa am 
1975 Vorgebürge der guten Hofnung ohnweit der 
87 ſogenannten Tafel Bay ſowohl im Fluße als zwi⸗ 
na. ſchen den Ritzen der Klippen gefunden. Der Kopf 
Tab. III iſt etwas niedergedruckt, der Körper ſehr lang wie 
fg. 8. ein Aal oder Wurm, die Laͤnge hinunter mit Reis 
hen Schuppen beſetzt, welche aber am Bauche wie 
die Dachziegel uͤbereinander liegen. Die Ohren lies 
gen in die Quere und der After iſt gleichfalls hinter 
den Hüften durch eine Querſpalte deutlich. Der 
Schwanz iſt noch einmal fo lang, als der Körper 
und hat eine ſteife Spige. Die Füße „deren ſechs 
ind, beſtehen gleichſam in ſpitzigen Floßen, und 
9022 keine Finger. Die voͤrderſten ſtehen am dichte⸗ 
ſten beyſammen, und ſind mit ſpitzigen Schuppen 
bedeckt. Tab. III. fig. 8. Die Farbe iſt oben auf 
dem Körper dunkel aſchgelb, und am Bauche blaͤu⸗ 
licht. Man kaun dieſe Art als eine Mittelgattung 

wi 


122. Geſchlecht. Eidechſen. 121 


zwiſchen den Eidechſen und Schlangen halten, et- F. 
liche halten fie auch fir eine Schlange mit Füßen, Wurm 
die, weil fie im Schlamm lebt, von den Griechen förmige. 
Achelos und Elyos genennet wurden. Wenig⸗ 

ens finden wir hier einen geſchickten Uebergang zu der 

I. Ordnung, welche uns nun die Schlangen zeit 

gen wird. 


983 II. Ord⸗ 


122 Dritte Cl. II. Ord. Schleichende Amph. 
ya r mn 2 
II. Ordnung. Schleichende 
Amphibien. 

Amphibia: Serpentes. 


Benen⸗ U. dem Namen Serpens verſtehet der Rit⸗ 

en ter überhaupt alle Thiere, die von ſje her 

Ang * Schlangen genennet wurden. Die lateiniſche 
Benennung hat den Urſprung von ſerpere oder 
ſchleichen, welches etwas anders als repere oder 
kriechen, und eigentlich nur von dem ſchleichenden 
Fortrutſchen der Schlangen zu verſtehen iſt. Das 
her wir auch den Schlangen keinen kriechenden Gang 
beylegen, ſondern das Wort kriechen der bereits 
abgehandelten erſten Ordnung zugeeignet haben, 
ob man es gleich in den gemeinen Reden von krie⸗ 
chenden Schlangen zu ſagen pflegt. Die deutſche 
Benennung aber iſt wohl vom ſchlingen herge⸗ 
nommen, weil dieſe Thiere ſich durch ihren langen 
und geſchmeidigen Koͤrper auf vielerley Art, ſowohl 
in ſich ſelbſt, als um andere Gegenſtaͤnde, herum⸗ 
ſchlingen koͤnnen, und von dieſen beyden Benennun⸗ 
gen Serpens und Schlange haben andere europaͤi⸗ 
ſche Sprachen die ihrigen gemacht. Was die grie⸗ 
chiſchen und hebraͤiſchen Benennungen betrift, 
als Ophis und Nachaſch, ſo ſcheinen ſelbige nur 
auf beſondere Arten anzuſpielen, ſo daß ſie ſich 
nicht zu Benennungen der ganzen Ordnung gebraus 
chen laſſen, daher wir eins und das andere an ſeinem 
Orte anfuͤhren werden. 


Es 


Von den Schlangen überhaupt. 123 


Es bezeichnet alſo der Ritter unter diefer Kenn⸗ 
Ordnung alle ſolche Thiere, welche nur allein mit zeichen 
den Lungen athmen, deren Koͤrper weder Fuͤße noch der Ord⸗ 
Schwimmfloſſen haben, und die auch am Kopfe kei- nung. 
ne Ohren beſitzen; macht aber ſechs Geſchlechter, 
welche, wie wir hernach ſehen werden, ihre beſon⸗ 
dern Kennzeichen fuͤhren. Weil indeſſen alle Ge⸗ 
ſchlechter und Arten vieles Merkwuͤrdige an ſich ha⸗ 
ben, das ihnen groͤßtentheils ſaͤmtlich gemein iſt, ſo 
wollen wir doch vorher das Vornehmſte davon an⸗ 
fuͤhren, damit wir uns bey der Erklaͤrung der Ar⸗ 
ten nur allein mit den beſondern Umſtaͤnden be⸗ 
ſchaͤftigen dürfen, 

* * 


* 
1 * * 1 


Daß ſie lang, rund und wurmfoͤrmig ſind, iſt Der 
überhaupt bekannt; wie viel Unterſchied aber bey Schlan⸗ 
dieſem Bau obwalte, wiſſen nur diejenige, die viele gen Ge⸗ 
Arten der Schlangen geſehen haben; denn etliche er 
find von einem Ende zum andern gleich dicke, ander 
re haben einen deutlich unterſchiedenen breiten oder 
dicken Kopf, etwas duͤnnern Hals, dickern Mittel⸗ 
koͤrper und laͤnglichen ſpitzigen Schwanz; wieder 
andere ſind duͤnne, ſehr lang und ſpitzig, daß ſie wie 
ordentliche Peitſchen ausſehen; doch meiſtens kom⸗ 
men fie darinnen mit einander überein , daß fie mit 
Schuppen und Schild, oder auch mit Ringen und 
Runzeln bedeckt find, welche ein knoͤrpeliches Bes 
ſtandweſen haben, und diejenigen, welche davon ih⸗ 
ren Bauch bekleiden, muͤſſen ihnen ſtatt der Fuͤſſe 
dienen. Man nimmt nicht an allen aͤuſſerliche 
Naſenloͤcher oder Augen wahr, und keine hat aͤuſſer⸗ 
liche Ohren; ob aber deswegen nicht innwendige 
Gehoͤr⸗Werkzeuge vorhanden ſeyn moͤgen, ſtehet noch 
genauer zu unterſuchen. 


Ihre 


nnerer 
au. 


Fort⸗ 
pflan⸗ 
jung. 


124 Dritte Cl. II. Ord. Schleichende Amphib. 


Ihre Kiefer koͤnnen ſich ſehr aus einander ges 
ben, und alle ihre innern Theile laſſen ſich gewaltig 
dehnen, daher es zu begreifen, wie eine Schlan⸗ 
ge einen Koͤrper verſchlucken kann, der weit dicker 
als fie ſelbſten iſt. Das Ruͤckgrad und die übrigen 
knochichen Theile find von knoͤrpelicher Beſchaf⸗ 
fenheit. Das Maͤnncheu hat eine beſondere ge— 
doppelte, und gleichſam mit dornichten Svitzen vers 
ſehene Ruthe, und fie begatten ſich durch Zuſam⸗ 
menkunft. Der Magen iſt bey vielen cylindriſch, 
und nicht weiter als der Gang der Daͤrmer, die am 
Ende enge werden, und die Harngaͤnge empfangen, 
ſo daß ſie, wie die Voͤgel, beyderley Unrath in einer 
Maſſe abgeben. Die Nieren find laͤnglich. Die 
Leber iſt an den Lungen befeſtiget, und diefe füllen 
faſt den ganzen Körper bis an die Nieren aus, wie 
bey den Fröfhen und Kroͤten. Die Zunge iſt 
fleiſchich, hat zwey Spitzen, und ſteckt an der Wur⸗ 
zel in einer Scheide. 

Die Jungen wachſen alle in Eyern, einige 
Schlangen aber legen die beſchloſſene Eyer ab, an— 
dere hingegen gebaͤhren ihre Jungen lebendig. 
Dieſe Eyer ſind wie Schildkroͤteneyer graulicht weiß, 
haben aber eine laͤngliche Geſtalt wie die Bohnen, 
und eine pergamentartige Schale von verſchiedener 
Groͤße. Jedes Ey enthaͤlt viele Jungen in ſich, 


denn man trift oft zehn bis zwoͤlf lebendige Junge 


in einem Ey an, die wie ein Zwirnklumpen in ein⸗ 


ander geflochten ſind, ſo daß bey einer Bruth von 


etlichen Eyern eine große Anzahl junger Schlangen 


geworfen wird, und es wuͤrden ſich dieſe Thiere 


dergeſtalt vermehren, daß ſie den Menſchen zur Pla⸗ 


ge gereichten, wenn nicht die Vorſehung geſorget 
haͤtte, daß die meiſten durch andere Thiere verzehret 
wuͤrden, denn die indianiſchen Ameiſen verzehren 
nicht nur viele Schlangen, ſondern es ſtellen ihnen 
auch die Stoͤrche, Reiher und andere Vögel, 15 

aud 


Von den Schlangen überhaupt. 125 


auch die Hirſche und Schweine, ſehr nach, und da 
fie ſich verwegener Weiſe an manche Thiere machen, 
denen ſie nicht gewachſen ſind, ſo kommen eben 
auch dadurch ihrer viele um das Leben; ja eine 
Schlange frißt die andere, und ſie reiben ſich alſo 
unter einander ſelber auf. 


Es iſt bekannt, daß die meiſten Schlangen 
ſchoͤn gefärbt und gezeichnet find, allein da fie jaͤhr⸗ 
lich ihre Haut ablegen, fo iſt die Farbe veraͤnder⸗ 
lich, und es tr ft ſogar die Zeichnung nicht allezeit 
mit der vorlgen uͤberein, daher man aus den Farben 
kein richtiges und beſtimmtes Merkmahl nehmen 
kann; ob es gleich gut iſt, ſie mit in Betrachtung 
zu ziehen, weil doch immer einige Aehnlichkeit übers 
bleibt. 5 


Was den ſchleichenden Gang der Schlangen ber 
trift, fo iſt zu merken, daß die vorerwehnte Schil— 
de, Schuppen oder Ringe auf eine ſehr duͤnne durch⸗ 
ſichtige und pergamentartige Haut befeſtiget ſind, jedoch 
alſo, daß dieſe Schilde und Schuppen, vermittelſt 
dieſer Haut, von einander geraͤumlich abwelchen, und 
ſich wiederum aneinander, ja uͤbereinander, wie die 
Dachziegel, ziehen koͤnnen. Wenn ſſch alſo die 


Schlange bewegen will, fo dehnet ſich der musculoͤſe 


Koͤrper, und mit demſelben beſagte Haut, daß die 
Bauchſchilde ganz von einander weichen. Da nun 
dieſe Schilde einen ſcharfen Rand haben, der ſich 
durch die Dehnung und Spannung nach der Erde 
zu biegt, und daſelbſt die rauhe Oberflaͤche angreift 
und feſt haͤlt, ſo ziehet ſich die Schlange durch die 
Voͤr derſchilde fort, indeme fie mit dem hintern Korper 
nachſchiebt. Man kann alſo dieſe halb zirkelfoͤrmi⸗ 
gen Schilde mit ihrem Rande fir. fo viele Fuͤße an⸗ 
ſehen, wodurch das Thier auf eine auſſerordentliche 
Art geſchwinde fortkommen kann, zumal auf rauhen 
und graſigten Boden; und eben dieſe Wehe 

elſen 


Farbe. 


Schlei⸗ 
chender 
Gang. 


Spruͤn⸗ 
ge. 


Ton. 


126 Dritte Cl. Il. Ord. Schleichende Amph. 


helfen ihnen auch zugleich mit dem Schwanze, um 
im Waſſer fortzukommen; denn es iſt bekannt, daß 
die meiſten ſich auch darein begeben, und eine gerau⸗ 
me Zeit darinne zubringen. 


Vorzuͤglich aber iſt ihre Schnellkraft merkwuͤr⸗ 
dig, da ſie das Vermoͤgen haben, ſich zuſammen zu 
ziehen, zu winden, veſte an einen Koͤrper anzuhal⸗ 
ten und auf einmal wieder loß zu ſchnellen, ja durch 
einen Schneller wie ein Pfeil aus dem Bogen fort⸗ 
zuſchieſſen. Vermuthlich liegt dieſes Vermoͤgen nicht 
allein in der Beſchaffenheit ihrer dicken und langen, 
gedrehten, oder ſich kreutzenden Muskeln, ſondern 
auch in dem beſondern Bau des Ruͤckgrads, denn 
zwiſchen den Wirbeln deſſelben befinden ſich doppelte 
duͤnne Haͤute, die in ihrem Zwiſchenraume gleichſam 
einen Beutel machen, und ſich durch die Luftwerk⸗ 
zeuge, welche den ganzen Koͤrper durchgehen, voll 
Luft anfuͤllen koͤnnen, ſo daß ſich die Wirbel alle aus⸗ 
einander begeben, und in einem Augenblicke auch wie⸗ 
der zuſammen ziehen, und dieſer Umſtand macht zu⸗ 
gleich deutlich, wie es den Schlangen bey ihrem kno⸗ 
chichten Ruͤckgrade dennoch moͤglich ſey, ſich um die 
Helfte zu verkuͤrzen und zu verdicken. 


Was den Ton anbetrift, den ſie von ſich geben, 
ſo hoͤrt man von einigen wenigen einen ſingenden Ton, 
von den andern aber weiter keinen, als ein Schma⸗ 
tzen und Ziſchen, welches letztere ſehr laut nnd ſtark 
mit Auslaſſung vieles Windes und einen ſtinkenden 
ja oͤfters giftigen Athem geſchiehet, daher auch etli⸗ 
che im Stande ſind, durch ein bloßes Blaſen ihren 
Raub zu toͤdten, wiewohl diejenigen, welche fir gif⸗ 
tig gehalten werden, (denn der groͤßte Theil der 
Schlangen iſt unſchaͤdlich, ja ſo gar fuͤr die Neger 
und Indianer eßbar) ein beſonders Giftwerkzeug 
haben, wodurch ſie ihren Raub durch einen Biß 
toͤdten koͤnnen. / u 

8 


\ 


Von den Schlangen überhaupt. 127 


Es befindet ſich naͤmlich in ihrem obern Kiefer Gift⸗ 
hinter der Wurzel zweyer Zaͤhne, in dem Vorder⸗ Werk 
theile des Mundes ein Blaͤßchen, in welchem ſich zeuge. 
eine Feuchtigkeit von unterſchiedener Schaͤrfe und 
Schaͤdlichkeit abſondert. Dieſes Blaͤßchen laͤſſet, 
wenn es gedruckt wird, ſeinen Gift in die hohlen 
Zaͤhne aus, welcher ſodann durch eine feine Oef⸗ 
nung, ſo in die Spitze des Zahns ausgehet, dringet, 
und alſo der Wunde, die von der Schlange gebiſſen 
iſt, mitgetheilet wird. Dieſes Gift iſt bey ei⸗ 
nigen Schlangen ſchwach und thut nicht viel Scha⸗ 
den; bey andern wuͤrket es in den gebiſſenen Thie⸗ 
ren oder Menſchen eine Entzuͤndung, Krampf, Zu⸗ 
ckungen, Fieber, auch wohl Faͤulniß des Fleiſches, 
den kalten Brand, ja gar den Tod, und zwar mit 
dem Unterſchiede, daß der Biß mancher Schlangen 
durch Gegengifte, Eßig, Reinigung der Wunde 
und dergleichen, kann geheilet werden; von manchen 
aber in zwoͤlf Stunden, ja von der Cobra de Ca- 
belo oder Brillenſchlange, in einer Stunde, 
den Tod unvermeidlich, und ohne Moͤglichkeit der 
Huͤlfe, nach ſich ziehet. 

Man hat ſo gar Beyſpiele, daß ein alter ſke⸗ 
letirter Kopf noch das Gift in den Zaͤhnen hatte, und 
demjenigen, welcher ſich unvorſichtig daran verletzte, 
eine ſtarke Entzuͤndung zuzog. Hingegen aber ſind 
auch Exempel bekannt, daß die Wegern ſolche 
Schlangen geſpießt, und ihnen in ihrem heftigſten 
Zorn, (da ſie vermuthlich allen Gift in beſagte 
Blaͤßchen gezogen hatten,) den Kopf herunter ge⸗ 
hauen, und hernach das Fleiſch ohne Schaden geeſ⸗ 
ſen haben. 


Was die Größe der Schlangen betrift, fo ge Groͤße. 
het es damit, wie bey andern Thieren. Etliche 
Arten bleiben klein, andere werden ſehr groß, und 
da ſie ſehr lange leben, etliche unter ihnen auch im⸗ 
mer 


128 Dritte Cl. II. Ord. Schleichende Amph. 


mer noch fortwachſen, zugleich aber, wie wir oben 
erinnert haben, ihre Farbe verändern, ſo iſt leicht 
moͤglich, daß man aus Irrthum ihre Arten verman⸗ 
nigfaltige, und eine alte Schlange von groͤßerem 
Bau und andern Farben fuͤr eine ganz andere Art 
halte, als eine kleine und anders gefaͤrbte, die doch 
lediglich nur das Junge von der naͤmlichen Art iſt. 
Wenigſtens trift man dieſen Irrthum beym Se⸗ 
ba an, der die naͤmliche Schlange, ſo wie ſie 
von verſchiedener Groͤße und Zeichnung gefun⸗ 
den wird, vielfach abbildet, und lauter Arten 
daraus macht. 


Wir wiſſen aus den Zeugniſſen der Alten 
und einiger Neuern, daß es Schlangen von betraͤcht⸗ 
licher Groͤße gebe. Doch ſiehet man auch, daß nicht 
nur einige Vergroͤßerung, die aus der Furcht und 
den ſchreckhaften Vorſtellungen entſtanden, ſondern 
auch einige Verwechſelung ſtatt habe, da man vers 
muthlich gewiſſe ſehr große ſpringende Schlangen, 
die durch vorerwehnte Schnellkraft gleichſam zu 
fliegen ſcheinen, für fliegende Drachen angeſehen 
hat, wohin etwan zu rechnen waͤren: des Marcus 
Paulus Aſiatiſcher Drache von zehn Ellen; des 
Aelianus Aethiopiſcher von vierzehn Ellen, und ein 
anderer von funfzig Ellen, der dem Kaiſer Augu⸗ 
ſtus gehoͤrte; des Alexanders Indianiſcher von 
ſiebenzig Ellen; des Strabo Africaniſcher von 
hundert Ellen; wie auch des Poſſidonius Das 
maſceniſcher von hundert und vierzig Ellen, ohne 
jetzo zu beſtimmen, wie lang die Ellen beſagter 
Schriftſteller moͤgten geweſen ſeyn. Um uns aber 
mit den Alten jetzo nicht aufzuhalten, ſo wollen wir 
nur etwas von denjenigen nordiſchen Seeſchlangen 
anfuͤhren, davon Pondoppidan aus den Zeugniſſen 
anderer Perſonen Nachricht giebt, denn eine der⸗ 
gleichen fol im Jahre 1746. von dem koͤniglichen 

Schiff 


Ron den Schlangen uberhaupt. 129 


Schiff Commandoͤr Laurenz von Ferrey geſehen 
worden ſeyn, welche mit dem Kopfe, der einem 
Pferdekopfe gleich ſahe, eine Elle hoch uͤber das 
Waſſer hervorragte, und mit dem Körper acht Bo⸗ 
gen, jeden zur Laͤnge eines Fadens machte. Eine 
andere iſt im Jahre 1734. von dem Superintenden⸗ 
ten Egede', geſehen worden, welche ſich in die 
Hoͤhe richtete, und mit dem Kopfe aus dem Waſ⸗ 
fer bis zur Hälfte des großen Maſtes eines Groͤn⸗ 
laͤndiſchen Schiffs reichte, und noch einmal fo lang 
als ein Dreymaſtſchiff war. Sollten nun dieſe 
Berichte in der Hauptſache richtig, und in den 
beſondern Umſtaͤnden nicht vergrößert ſeyn, ſo kann 
man des Olaus Magnus Schlange, die er in den 
nordiſchen Klippen ſoll geſehen haben, und die uͤber zwey⸗ 
hundert Schuh lang, und zwanzig Schuh dick ſoll ge⸗ 
weſen ſeyn, nicht ganz und gar fuͤr eine Fabel halten. 
Ja man koͤnnte zur Beſtaͤrkung auch anfuͤhren, daß 
die heilige Schrift Jeſaia XXVII. v. I. keine 
Vergleichung von ſolchen Schlangen würde herges 
nommen haben, wenn ſie ganz und gar erdichtet, 
und in der Natur nicht einmal vorhanden waͤren. 
Wie viel nun aber von allen dieſen Nachrichten 
anzunehmen iſt, laſſen wir hier ganz unbeſtimmt, 
und beruffen uns nur auf die abgezogenen Haͤute 
von auſſerordentlich großen Schlangen, die hin und 
wieder in den Cabinetten vorgezeiget werden; der⸗ 
gleichen ſich unter andern auch eine in dem Cabis 
net des ſeligen Geheimen Raths Trew, zu Alce 
dorf, befindet. 


Daß inzwiſchen die Schlangen nicht mit Uns gift und 
recht für liſtige Thiere gehalten werden, ſolches Naubs 
zeigen einige Beyſpiele, wiewohl die Beweiſe nur ſucht. 
mehrentheils von den Maaßregeln genommen ſind, 
deren fie ſich bedienen, ihrem Raube nachzuſtellen, 
und ſich ſeiner zu bemaͤchtigen. Hieher gehoͤret 

Linne III. Theil. 93 ohn⸗ 


130 Dritte Cl. II. Ord. Schleichende Amph. 


ohnſtreitig die merkwuͤrdige Geſchichte, deren Doctor 
Menzel in einem Schreiben aus Indien, und 
auch Doctor Cleyer in den Ephemeriden der 


Academie der Waturforſcher Erwaͤhnung thut, 


Nah ⸗ 


rung. 


davon der erſte das Gefecht zwiſchen einer groſſen 
Schlange und einem Buͤffel erzaͤhlet, wie ſich 
naͤmlich dergleichen Schlange hinter einen Baum 
ſchlich, den Schwanz, um ſich recht feſte zu hal 
ten, um den Baum ſchlang, und in dieſer Stel— 
lung den Raub abwartete, hernach aber dem Buͤf— 
fel wie ein Pfeil auf den Leib flog, ihn ein 
paarmal umſchlung, und dergeſtalt zuſammen dres 
hete, daß ihme die Rippen im Leibe krachten, waͤh⸗ 
rend welcher Zeit fie ihm mit dem Maule die Na⸗ 
ſenloͤcher zuhielt, daß er fallen und erſticken mußte, 
endlich aber den todten Buͤffel begeiferte, um 
ihn ſchluͤpfrig zu machen, und nach und nach 
einſchluckte, bis die Jaͤger kamen, und die Schlan⸗ 
ge, die ſich wegen des verſchluckten Buͤffels nicht 
mehr ruͤhren konnte, todtſchlugen. Doctor Cleyer 
hingegen hat ſelbſt drey Schlangen geoͤfnet, in 
deren einer er ein Reh von mittlerer Groͤße, in der 
andern einen wilden Bock, und in der dritten 
10 Stachelſchwein, alle noch faſt unverſehret, 
and. 


Ihre liebſte Nahrung iſt Gras, welches ſie 
ſamt der Wurzel und Erde ausziehen, und 
alſo wuͤrklich Klumpen Erde eſſen, laut den Fluche, 
der über fie 1. Buch Moſe III. V. 14. ergieng. 
Sodann iſt es zuverlaͤßig, daß ſie an die Baͤume 
hinanſchleichen, und Obſt freſſen, doch leben ſie 
auch von Kroͤten, Eidechſen, Wuͤrmern, Voͤgeln 
und vierfuͤßigen Thieren, die Federn aber und die 
Knochen geben ſie durch Erbrechen wieder von ſich. 
Sie koͤnnen inzwiſchen auch ſehr lange ohne alle 
Nahrung aushalten, denn die gefangenen Schlan⸗ 
gen 


Von den Schlangen uͤberhaupt. 131 
gen bleiben in friſchem Graſe und in ein wenig Kleyen 
wohl ein halbes Jahr lebendig. 

Ein mehreres von Schlangen zu reden, naͤm⸗ 
lich von der Schlange im Paradieſe, von den feu 
rigen Schlangen in der Wuͤſte, und der zur Gene⸗ 
fung aufgerichteten ehernen Schlange, von der 
Abgoͤtterey, welche die Orientaliſchen Voͤlker 
mit den Schlangen und ihren Bildniſſen treiben, 
endlich von dem Wappen der Heilkunſt, welches eine 
um einen Stab gewickelte Schlange fuͤhret, und den 
mancherley Sinnbildern, die von Schlangen ge 
nommen werden: ſolches alles gehoͤret nicht zur 
Naturgeſchichte; nur muͤſſen wir etwas weniges 
von ihrem Gebrauch anführen: 

Viele Schlangen werden von den Indianern 
als ein ſchmackhafter Biſſen geeſſen; andere wer— 
den in Stuben gehalten, die Luft, wie man vor- 
giebt, zu ſaubern, wenigſtens Ungeziefer, Maͤuſe 
und dergleichen wegzufangen. Die Haͤute dienen 
ihnen, wenn ſie ſchoͤn gezeichnet ſind, zu Überzuͤgen 
über Kiſten und Kaͤſten, Gurten, Kleidungsſtuͤ⸗ 
cken, Muͤtzen und dergleichen, ſind ſie aber weiß 
und durchſichtig, wie die Aalhaͤute, ſo geben ſie 
Scheiden zu Dolchen, desgleichen auch, ſtatt 
des Glaſes, Fenſterſcheiben ab. Zur Arzney aber 
wird der Geiſt oder das fluͤchtige Salz von etlichen 
Arten, ſodann auch das Fett und Der äußerlich 
gebraucht. 

Vor unſerm Ritter hat Niemand an eine 
Eintheilung der Schlangen gedacht, ſondern ſie 
find vom Seba und andern alle untereinander ge— 
worfen werden. Nunmehro aber erſcheinen ſechs Ge 
ſchlechter, und obgleich der Herr Gronovius in 
Leiden ein Geſchlecht (Boa) weggelaſſen, und 
drey andere Geſchlechter, 15 Scytala, Vipera 
’ 2 


Ge⸗ 
brauch. 


Einthei⸗ 
lung. 


und 


132 Dritte Cl. Il. Ord. Schleichende Amph. 


und Cenchris hinzugefuͤget hat; fo iſt doch das 
durch keine weſentliche Verbeſſerung der Eintheis 
lung geſchehen, denn der Kicter hat die Vipera 
bey den Colubres gelaſſen, und die Cenchris 
und Scytale iſt unter das Geſchlecht Boa, ge⸗ 
kommen, welches wir Serpenten genennet har 
ben, weil es Muͤhe koſtet, in der deutſchen Spra⸗ 
che, welche fuͤr die Naturgeſchichte in der That 
nicht reich genug iſt, ſo viele ſchickliche Namen 
zu finden, als noͤthig ſind, die Geſchlechter und 
Arten von einander zu unterſcheiden, wiewohl 
der Ritter ſelbſt zu feinem Namenregiſter wohl 
fuͤnf Sprachen gebraucht hat. 


Wir wollen zur nähern Veſchreibung der Ges 
ſchlechter ſchreiten, und diejenigen Schlangen, von 
welchen man weiß, daß fie giftig find, am Ram 
de mit einem Sternchen (*) bezeichnen. | 


1 


123. Ge⸗ 


133 


ı 25 Geſchlecht Klapperſchlangen. 


Serpens: Crotalus, 


(Cootalas iſt eine Verkuͤrzung von Crotalopho- Geſchl. 
rus, und dieſes aus dem Lateiniſchen und Benen⸗ 
Griechiſchen zuſammengeſetzte Wort ſoll einen nung. 
Klapper führer bedeusen, welche Benennung den 
Schlangen dieſes Geſchlechts wegen der am Ende ih⸗ 

res Schwanzes führenden Klapper gegeben iſt, daher 

fie auch Klapper ſchlangen, Hollaͤndiſch, Ratel- 
Slangen, oder Bellslang; Engliſch, Rattle Sna- 

ke; Franzoͤſiſch, Serpent a ſonnettes heiſſen. 

Die Indianiſchen Namen find in Braſtlien Boi- 
cininga und Boiconininga; bey den Iroqoiſen, 
Oneganſi; in Mexico Ecacoatl, das iſt Wind⸗ 
ſchlange woſelbſt die Spanier und Portugieſen 

ihnen den Namen Caſca vela geben. Sonſt heißen 

ſie in Oſt⸗ und Weſtindien Teuthlacoth-Zau- 

phin ; und bey Jonſton führen fie den Ehrenti⸗ 

tel Domina ſerpentum. 

Die Kennzeichen nun, wodurch man dieſe Geſchl, 
Schlangen von andern zu unterſcheiden hat, find fol Kennzei⸗ 
gende: daß ſie Schilde am Bauch, Schilde und chen. 
Schuppen unter dem Schwanze, und endlich eine Klap⸗ 
per an der Spitze des Schwanzes haben. Wir muͤſ⸗ 
ſen aber alle dieſe Kennzeichen noch etwas genauer er⸗ 
klaͤren. 

Es haben naͤmlich alle Schlangen Schuppen Schup⸗ 
und Schilde zugleich, ausgenommen das 126. Ges pen und 
ſchlecht Anguis, dieſes hat nur Schuppen und keine Schilde. 
Schilde, und das 127. Wach Amphisbaena, 

J die⸗ 


134 Dritte Cl. Il. Ord. Schleichende Amph, 


dieſes hat weder Schuppen noch Schilde, ſondern nur 
Ringe, und endlich das 129. Geſchlecht, welches Feis 
nes von allen, ſondern allein Runzeln hat. Es 
kommt alſo erſt darauf an, zu verſtehen, was die 
Schuppen und Schilde ſind. Unter Schuppen wer⸗ 
den ordentliche laͤnglichte, theils ſpitzige, theils abs 
gerundete kleine Blaͤttchen verſtanden, die wie 
Dachziegel uͤbereinander liegen, und mehrentheils den 
ganzen Ruͤcken vom Kopfe an bis zur Schwanzſpitze 
bedecken. Schilde aber ſind breite halbmondfoͤrmige 
Ringe, die den untern Theil der Schlange nur wie 
ein halber Cirkel umgeben. Mit dem Unterſchiede 
jedoch, daß bey einigen nur der Bauch, bey andern 
aber auch zugleich der Schwanz mit einigen Schilden 
beſetzt iſt, und dieſer verſchiedene Umſtand macht 
auch den Unterſchied der drey erſten Geſchlechter aus, 
denn an dieſem Geſchlechte iſt der ganze Bauch mit 
Schilden, der Schwanz aber halb mit Schilden und 
halb mit Schuppen bedeckt An dem 124. Geſchlecht 
iſt der Bauch ſamt dem Schwanze mit lauter Schil⸗ 
den bedeckt. An dem 125. Geſchlecht aber iſt der 
Bauch allein mit Schilden, und der Schwanz al 
lein mit Schuppen beſetzt. Will man nun in jedem 
Geſchlechte die Arten beſtimmen, ſo zaͤhlet man die 
Schilde beſonders, und die Schuppen des Schwan⸗ 
zes auch wieder beſonders, denn da iſt in beyder An⸗ 
zahl ein großer Unterſchied: weil aber die Schilde in 
der That nur verlaͤngerte Schuppen ſind, die bey dem 
Schwanze ſo klein werden, daß man ſie nicht leicht 
von den Schuppen unterſcheiden, und daher leicht ei⸗ 
ne ganz irrige Anzahl von jeden heraus bringen kann; 
fo iſt nicht anders zu helfen, als daß man die Schup⸗ 
pen und Schilde zuſammen in einer Zahl zähle, fo 
wird doch die addirte Zahl mehrentheils eintreffen, denn 
wo einer ein paar Schilde zu viel zaͤhlet, da muß er 
ein paar Schuppen zu wenig bekommen, und alſo 
doch in der Hauptſumma einſtimmig werden, und 

dann 


123. Geſchlecht. Klapperſchlangen. 135 


dann bringt er die Art, welche er nach dem lins 
neiſchen Syſtem beſtimmen will, heraus. Aus 
dieſem Grunde hat der Kitter nicht nur uͤberall die 
Zahl der Bauchſchilde, nebſt der Zahl der Schwanz⸗ 
ſchilde oder Schuppen oder Ringe angegeben, ſon⸗ 
dern auch jeder Art die ganze Summa vorgeſetzt, wel⸗ 
che etwa uͤberhaupt an ſelbiger moͤgte gezaͤhlt werden. 


Endlich was die Schwanzklapper betrift, die 
an dieſem Geſchlechte ein beſonderes Merkmal ab⸗ 
giebt, ſo beſteht ſolche in etlichen durchſichtigen Per⸗ 
gament⸗ oder hornartigen Blaſen, die kurz und breit 
ſind, gliederweiſe an der Schwanzſpitze aneinander 
hangen, und je langer je ſpitziger oder ſchmaͤler zu⸗ 
ſammen laufen. Mit dieſen Blaſen geben ſie ein 
Geraͤuſche von ſich gleich einer Klapper oder Rattel, 
indem ſie ſelbige durch den Schwanz ſchuͤtteln und 
ruͤtteln, welches einen etwas feinern Ton giebt, 
als ob man eine Blaſe mit Erbſen fehleuderte, _ 


Die Anzahl der Glieder dieſer Klapper iſt unbes 
ſtimmt, und nach den Berichten der Indianer fol 
len dieſe Schlangen alle Jahr ein neues Glied an der 
Klapper anſetzen. Da man nun in vorigen Zeiten 
Klappern mit zwanzig, dreyßig, ja vierzig Gelenken 
gefunden, ſo waͤre daraus zu ſchließen, daß die 
Schlangen auch ſo viel Jahre alt waͤren geweſen; 
allein man findet auch groſſe Rattelſchlangen mit wer 
nig Gelenken an der Rattel, und uͤberhaupt trift 
man heut zu Tage kaum eine mit zwanzig Gelenken an. 

Dieſes nun waͤre genug von den Kennzeichen 
des ganzen Geſchlechts, und wir koͤnnten jetzo zur Des 
ſchreibung der Arten übergehen, wenn wir nicht noch 
eins und anders von ihrer gemeinſchaftlichen Lebens⸗ 
art anzuführen hätten, 


* * 
* * % 


J 4 Es 


Klapper 


Der 
Klapper 
ſchlan⸗ 
gen Auf: 
enthalt. 


136 Dritte Cl. I. Ord. Schleichende Amph. 


Es halten ſich naͤmlich die Klapperſchlangen in 
den beyden Indien auf. Die groͤßten befinden ſich 
in Oſtindien, und fuͤrnemlich auf der Inſel Cei⸗ 
lon, die meiſten aber in Südamerica bis ganz 
nach Canada hinauf. Sie wohnen daſelbſt mehren⸗ 
theils in den Waͤldern und Gebuͤſchen, jedoch hat 
man ſie ziemlich ausgerottet, zumal da die euro— 
paͤiſchen Colonien viele Wilder umgehauen haben. 
Gegen den Herbſt ſuchen fie unterirrdſſche Höhlen 
und Loͤcher oder Ritzen der Felſen zur Winterwoh⸗ 
nung auf, und kommen nur im Frühjahre, wenn es 
warm wird, erſt wieder zum Vorſchein, da ſie den 
Tag uͤber in der Sonne liegen, und ſich des Nachts 


für der Kälte in ihren Sch! apfwinkeln ſchuͤtzen. Wo 
fie niſten, find fie zu funfzig bis hundert Stuͤcke bey: 


ſammen, und lieben eine Gegend, wo Kalchſtei⸗ 
ne find. Trift man fe daſelbſt im Winter an, fo kaun 


man ſie leicht mit einem Stecken todtſchlagen, aber 


fie geben, wenn fie zornig gemacht werden, einen Ges 
ſtank von ſich, durch welchen man in Ohnmacht faͤllt. 
Im Sommer machen ſte ſich auf das Feld heraus, 


und lauren am Rande der Fluͤße oder Baͤche unter 


Lebens⸗ 
art. 


Laub oder Schatten auf Froͤſche und Waſſerinſecten, 


oft legen fie ſich der Laͤnge nach an einen umgefalle⸗ 


nen Baum hin, daß man fie gar nicht ſiehet. 

Sie ſchleichen gar nicht geſchwinde, und man 
kann ihnen wohl entlaufen, aber fie flüchten auch vor 
niemand, ſondern ſtellen ſich zur Wehr, jedoch nicht 
fo, daß fie ſich wie andere Schlangen aufrichten, 
und auf einen loß ſpringen. Sie fangen an zu rat⸗ 
teln, ſo bald ſie einen Raub oder ſonſt jemand ſehen, 


und einen Kampf vermuthen, und man hoͤret dieſes 


Ratteln ziemlich weit, es wäre denn daß die Blaſen 
der Rattel naß waren, da fie denn keinen klingenden 
Tod von ſich geben. Dieſes Ratteln wiederhohlen 
fie, fo oft man Mine macht, fie anzufallen, doch 
halten die alten und beherzten Rattelſchlangen ſich a 
f 0 ſti 7 


123 Geſchlecht. Klapperſchlangen. 137 


ſtille, biß ſie beiſſen koͤnnen, da denn ihr Biß ſehr 
ſcharf und aͤußerſt gefährlich iſt, fo daß er auch zu⸗ 
weilen durch die Stiefel geht. Doch beiſſen ſie nicht, 
wenn ſie ſatt ſind, oder wenn man ſie nicht beleidigt. 


Sie leben von Haaſen, Kaninchen, Vögeln, Nah⸗ 
Matten, Maͤuſen, und verſchiedenen Waſſerthieren, rung. 
denn ſie koͤnnen gut ſchwimmen; was ihnen zum 
Verſchlucken zu groß iſt, behalten ſie ſo lange im 
Rachen und Halſe, bis das hintere verzehret iſt, da 
da fie denn das übrige nach Bequemlichkeit nachſchlu⸗ 
cken. Kuͤhe, Pferde und dergleichen Vieh kommt 
durch den Biß einer ſolchen Schlange ſogleich um das 
Leben. Menſchen, die von dieſen Thieren gebißen ſind, 
empfinden erſt einen Stich als von einem Dorn, ſie Giftige 
werden darauf aͤngſtlich, der angebißene Ort, wo Biße. 
man nichts als zwey feine Loͤchlein ſieht, faͤngt an zu 
ſchwellen, die Geſchwulſt greift um ſich, nimmt das 
ganze Glied, und endlich den ganzen Koͤrper ein. Es 
kommt ein unleidlicher Durſt und heftiger Schmerz 
um das Herz dazu, und trinkt der Kranke, ſo wird 
ſein Tod nur befoͤrdert, die Zunge ſchwillt auf, und 
wird fo dicke, daß fie den ganzen Mund ausßuͤllt, und 
den Hals verſtopft, wobey fie fo ſchwarz wird wie ei— 
ne Kohle, zuletzt wird der ganze Körper ſchwarzfle⸗ 
ckigt, und der Menſch ſtirbt eines jaͤmmerlichen Tode. 
Wird ihm aber noch zeitig durch Mittel geholfen, 
daß er das Leben erhaͤlt, ſo behaͤlt er doch Zeit lebens 
eine haͤßliche Farbe, und jedesmal, wenn ſich der Biß 
verjaͤhret, Schmerzen und Geſchwulſt des Leibs, wel⸗ 
ches auch den gebißenen Hunden begegnet, daferne ſie 
nicht daran ſterben. N 


Es iſt leicht zu erachten, daß man in daſigen Mittel 
Gegenden allerhand dawider gebraucht, davon aber dawideꝛ. 
vieles von keiner ſonderlichen Wirkung iſt. Das vor⸗ 
nehmſte aber iſt eine Wurzel ( Radix Senega) in 
der Landſchaft Senega in Penß Bm dieſe wird 
5 N 5 ges 


138 Dritte Cl. II. Ord. Schleichende Amph. 


gekauet und auf den Biß gelegt, wozu auch die vir— 
giniſche Schlangenwurz (Radix Serpentaria) 
gebraucht wird. Es ſcheinet ſich das Gift dahinein 
zu ziehen, wenn es noch nicht in das Gebluͤte getre⸗ 
ten iſt. Auch hat man wohl durch Eingrabung des 
gebiſſenen Gliedes in die Erde, Huͤlfe gefunden. Ja ein 
gewißer Mann ſetzte eine Henne, die hinten kahl ges 
zupft war, ſogleich mit dem Steiße auf den Biß, 
und wiederholte ſolches mit friſchen Huͤhnern, ſo daß 
fünf Hühner ſtarben, das ſechſte aber lebendig blieb, 
und er ſelbſt genaß. Das ſſcherſte Mittel aber iſt 
der aͤußerliche und innerliche Gebrauch von vielen 
Fett, Butter, Oel, Schmalz und Speck, wodurch 
das Gift betaͤubt wird. Denn es hat die Natur ſelbſt 
dieſen Weg gezeigt, indem die Schweine dieſe Schlan⸗ 
gen nicht nur unbeſchadet freßen, ſondern ihnen auch 
heftig nachſtellen, und fie wegen ihres unleidlichen 
Geſtanks bald auszuſpuͤhren wiſſen. Ja es ſind die 
Klapperſchlangen, fo bald fie ein Schwein anfichtig 
werden, ſogleich erſchrocken und verzagt, und laſſen 
in großer Aengſtlichkeit allen Muth fahren. Man kann 
ſie auch durch einen Schlag mit einer Ruthe auf den 
Ruͤcken, oder mit einem Stecken auf den Kopf ſo— 
gleich ohne alle Regung machen, und ſie denn ferner 
toͤden, und wenn einer ein Schwein bey ſich hat, 
iſt er fir dieſen Schlangen ſicher. Uebrigens aber 
hauen die Indianer ihnen den Kopf ſchnell ab, und 
eſſen ihr Fleiſch, machen Guͤrtel von der Haut, an 
welcher ſie die Klapper zur Zierde laſſen, gebrauchen 
die Wirbelbeine zu Angehaͤngen und bereiten ſich von 
den übrigen Theilen allerhand Arzneyen. Jedoch wir 
wollen nunmehr die Arten betrachten. | 


I.“ Der 


123. Geſchlecht. Klapperſchlangen. 139 


I. Der Schleuderſchwanz. Crotalus 
- Miliarius. 


Sie hat unter dem Bauche hundert und drey⸗ 
zehn Schilde, und unter dem Schwanze ein und dreyſ⸗ 
ſig. Man zaͤhlt auch wohl uͤberhaupt hundert und 


15 


Schleu⸗ 


er⸗ 


drey und ſechzig Stuͤcke von dem Kopfe bis zur (rang, 


ilia- 


Schwanzſpitze ſamt den Schuppen, und hält fie rius. 


fuͤr ſehr giftig. Die Haut iſt aſchgrau, und hat 
drey Reihen ſchwarzer Flecken, welche die Laͤnge hins 
unter uͤber den ganzen Koͤrper gehen, weswegen ſie 
auch Miliarius genennt wird. Zwiſchen den ſchwar⸗ 
zen Flecken aber, die den Ruͤcken beſetzen, ſteht allent⸗ 
halben noch ein rother Flecken. Das Vaterland iſt 
Carolina. Wir nennen fie Schleuderſchwanz, 
weil ſie zur Bewegung der Klapper den Schwanz 
ſchleudern muß. 


2. Die Schauerſchlange, Crotalus Hor- 


ridus. 


Dieſe iſt die allergiftigſte unter allen Klapper⸗ 


ſchlangen , und wird darum Horridus genennt, weil Schau 


fie einen jeden mit Recht einen Schauer erregt. Die! 


e. Hor> 


Anzahl der Bauchſchilde iſt hundert und ſieben und riqus. 


ſechzig. Unter dem Schwanze befinden ſich drey und 
zwanzig, etwa in allen mit den Schuppen hundert 
und zwey und neunzig. Die Farbe iſt gelb, weiß, 
und braunbunt mit ſchwarzen Flecken, die Kettenwei⸗ 
fe über den Rücken gehen. Etliche Flecken find drey⸗ 
eckigt zugeſpitzt, andere machen geſchlaͤngelte Wuͤr⸗ 
fel mit ſchwarzen Randen, deren Felder braun ſind. 
Der Kopf iſt laͤnglich rund, an dem Maule ſtumpf 
und von oben gleichſam platt gedruckt. Die Augen 
und Naſenloͤcher ſtehen dicht am Maule. Der Ra 
chen ſperret ſich weit auf, aber es find weiter 31 

ah 


140 Dritte Cl. II. Ord. Schleichende Amph. 


Zähne, als die zwey obern Hundes oder Giftzaͤhne, vor⸗ 
handen, welche ſehr ſcharf zugeſpitzt, etwas krumm, 
und im Zahnfleiſche verborgen ſind. Die Zunge en⸗ 
diget ſich in zwey ſehr feinen Spitzen. Der Koͤrper 
iſt bey deſſen Anfang dunner als der Kopf, wird aber 
weiter ki unter fo breit als derſelbe. Die Schup⸗ 
pen des obern Koͤrpers ſind klein, oval und glaͤnzend 
glatt. Der Schwanz iſt ſehr kurz, und hat etwa 
noch ſiebenzehn kleine Schilde, und uͤbrigens Schup⸗ 
pen. Wir beſi en eine, die dreyviertel Zoll dick und 
einen und einen halben Schuh lang iſt, aber an der 
Klapper nur vier Gelenke oder Blaſen hat. Wir 
fanden aber in St Petersburg eine, welche einen 
halben Schuh dick war und uͤber zwanzig Blaſen an 
der Klapper hatte. Die Laͤnge aber konnten wir 
nicht meſſen, da fie gebogen in einem Glaſe mit Spl⸗ 
ritus ſtand, doch deuchte ſie uns gegen fuͤnf Schuh 
zu ſeyn. Aus dieſem Verhaͤltniß mit unſern 
kleinem Exemplar ſollte man faft glauben, daß die 
Anzahl der Gelenke in der Klapper von dem Alter 
abhange. Wie denn auch Seba ein Exemplar mit 
einem einzigen Gelenke in der Klapper hatte, welches 
nur einen Schuh lang war, woraus ſich zus 
gleich ſchließen laßt, wie viel Jahre eine ſolche 
Schlange braucht, um ein, zwey, drey oder mehre⸗ 
re Ellen lang zu werden. Das Vaterland iſt Ame⸗ 
rica, und man bringt fie öfters von da lebendig nach 
Europa, wenigſtens hat man fie aus Caro— 
lina nach Londen gebracht, und daſelbſt bey neun 
Monate im Leben erhalten, ohne daß man wahrge⸗ 
nommen haͤtte, was in der Zeit ihre Nahrung moͤg⸗ 
te geweſen ſeyn. Es iſt eine allgemeine Rede, daß 
dieſe Schlangen die Voͤgel, Eichhoͤrnchen und ande⸗ 
re Thiere mit ihren Augen dergeſtalt bezaubern, daß fie 
ihnen ſelbſt in das Maul fallen und zum Raube wer⸗ 
den; allein es iſt zu vermuthen, daß beſagte Thie⸗ 
re, fo bald fie dieſe Schlange anſichtig werden, ent⸗ 

weder 


123. Geſchlecht. Klapperſchlangen. 141 


weder vor Angſt und Schrecken herab taumeln, oder 
durch den giftigen Athem und Geſtank der Rattel⸗ 
ſchlangen ohnmaͤchtig werden, und herunter fallen, 
oder auch elwa aus Verzweiflung auf fir loßgehen. 
Die Schweine hingegen ſind große Liebhaber von die⸗ 
fer Art. Sie pflanzt ſich nicht ſehr ſtark fort, da 
das Weibchen nicht ſo viel Eyer als die andern 
Schlangen hat. Es ſcheinet alſo die Vorſehung ge⸗ 
ſorgt zu haben, daß dieſe Geſchoͤpfe wegen ihres 


ſtarken Gifts, durch ihre Menge nicht gar zu vielen 


Schaden thun moͤchten. 


3. Das Ungeziefer. Crotalus Dryinas. 


Dryinas iſt ſonſt die Benennung des Ungezie⸗ 
fers, das ſich an den Wurzeln der Baͤume aufhaͤlt, 


2: 
und da diefe Schlange vielleicht an den Wurzeln der 1 


Ur 


Bäume auf die Vögel und andere Thiere lauret, fo Dryi- 
mag daher die Benennung entſtanden ſeyn. Wir nas. 


wollen ſie alſo Ungeziefer nennen. Das Exem— 


Tab. V. 


plar, worauf der Bitter zielet, iſt zwey Schuh ber 


lang und Fingers dick, hat am Bauche hundert und 
fuͤnf und ſechzig und am Schwanze dreyßig Schil⸗ 
de und gar keine Schuppen von unten, worinnen 
es ſich alſo von den andern unterſcheidet, und folgs 
lich hundert und fuͤnf und neunzig Schilde uͤber⸗ 
haupt hat. Die Farbe deſſelben iſt ziemlich weiß, 
und der Koͤrper mit gelben Flecken beſetzt. Das 
Vaterland iſt America; jedoch wird von dem 
Ritter auch die Ceilonneſiſche Art hieher ger 
zogen, deren Abbildung wir Tab. V. fig. 1. mit⸗ 
theilen, dieſelbe iſt aus der Sammlung des Ses 
ba. Sie war drey Ellen lang und ſo dicke, wie 
eines Mannes Bein. Am Schwanze fuͤhret ſie 
eine Klapper von vierzig Gelenken. Sie hatte 
mehr als zwey Zaͤhne im obern Kiefer, und we— 
nigſtens an jeder Seite noch vier, dle ar ſehr 

pitzig 


4 
Klappe⸗ 
rer. 
Duriſ- 

ſus. 


142 Dritte Cl. Il. Ord. Schleichende Amph. 


ſpitzig ſind, und tief im Zahnfleiſche ſtecken. Die 
Zunge gieng in zwey Spitzen heraus. Der Kopf: 
war mit breiten Schuppen bedeckt, worinne die Au- 
gen und Naſenloͤcher ſtunden. Die Schuppen des 
Hinterkopfs waren klein, auf dem Ruͤcken aber er 
was groͤßer und laͤnglich rund, auch nicht ſo ſehr 
uͤbereinander geſchoben, ſondern beßer reihenweiſe 
nebeneinander gelegt. Die Klapper war ſechs Zoll 
lang und zwey drittel Zoll breit. Die Augen hat⸗ 
ten ſowohl als die größten Schuppen die Breite ei⸗ 
nes viertel Zolls. Die Farbe war aſchgelb, wie 
Torfaſche, auf dem Ruͤcken dunkel, zur Seiten mit 
braunen Flecken marmorirt und am Bauche hell 
aſchgrau. 

Es giebt aber auch einfaͤrbig⸗roͤthliche Klap⸗ 
perſchlangen in Ceilon; und Seba hatte eine der⸗ 
gleichen von zwey Schuh lang mit zehn Gelenken 
in der Klapper. 


4.“ Der Klapperer. Crotalus Duriſſus. 


Man zaͤhlt an dieſer am Bauche hundert und 
zwey und ſiebenzig Schilde und am Schwanze ein 
und zwanzig. Durchgaͤngig aber auch zuſammen⸗ 
genommen hundert und ſechs und neunzig mit den 
Schuppen. Die Laͤnge iſt vier Schuh, die Dicke 
wie ein Mannsarm, und die Klapper mit neun Ges 
lenken verſehen. Dieſes iſt durchgaͤngig die ge⸗ 
woͤhnliche Groͤße derjenigen Klapperſchlagen, wel⸗ 
che man in America, wo auch dieſe her iſt, fin⸗ 
det. Sie iſt weiß und gelbbunt, und mit ſchiefen 
viereckigten Flecken gezeichnet, deren inneres Feld 
weiß ft: 


RE 


123. Geſchlecht. Klapperſchlangen. 143 


5.“ Der Stumpfſchwanz. Crotalus 
i Mutus, 


Wir nennen fie Stumpfſchwanz, weil fie keine 5.“ 
Klapper hat, und da fie aus dieſem Grunde nicht Stumpf 
klappern kann, führe fie den Namen Mutus. Sie un 
ift groß, het am Bauche zweyhundert und ſiebenzehn, = 
am Schwanze aber vier und dreyßig, mithin in als 

len zweyhundert und ein und funfzig Schilde. Der 

ganze Mücken iſt mit ſchiefen viereckigten, gleichfam 
kettenweiſe aneinander haͤngenden ſchwarzen Flecken 
gezeichnet, und fuͤhrt hinter den Augen einen ſchwar⸗ 

zen Strich. Der obere Kiefer iſt mit langen ſcheuß⸗ 

lichen Zähnen beſetzt. Statt der Klapper befinden 

ſich am Schwanze vier Reihen ſehr kleiner zugeſpitz⸗ 

ter Schuppen. Das Vaterland iſt Suriname. 

Sonſt berichtet Herr Kalm, daß die Rattelſchlan⸗ 

gen ihre Zaͤhne aus und einziehen koͤnnen, wie die 

Katzen ihre Nägel, auch ſogar ſelbige in der Schei⸗ 

de gleichſam zuruͤcke legen, und daß aus den Hunds⸗ 
zaͤhnen, wenn man ſie druͤcke, eine gruͤnliche Feuch⸗ 

tigkeit laufe. f 


124. Ge⸗ 


Geſchl. 
Benen⸗ 
nung. 


Geſchl. 
Kennzei⸗ 


chen. 


I, 
Kneiffer. 
Con- 


tortrix. 


144 Dritte Cl. II. Ord. Schleichende Amph. 
. 


124. Geſchlecht. Serpenten. 


Serpens: Boa. 


2 — — fe, 2 > 


Sie Alten verſtunden unter Boa eine fehr groß 

Re ſe Wafferfchlange, und das Wort Serpent, 

iſt von je her gebraucht, um eine vorzüglich fuͤrchter⸗ 

liche Schlange, welche die Menſchen mit Liſt anfaͤllt, 
zu bezeichnen: da nun in dieſem Geſchlecht eben die 

größten Arten der Schlangen vorkommen, die ſich 

mit Menſchen und Thieren einlaſſen, fo koͤnnen 

auch obige Benennungen fuͤr daſſelbe ſchicklich ge. 
braucht werden. Wie fuͤrchterlich inzwiſchen dieſe 
Schlangen auch ſeyn moͤgen, ſo ſind ſie doch nicht 
giftig, und obgleich einige ein Giftblaͤßgen im Mun⸗ 
de fuͤhren, ſo mangeln ihnen doch ſolche Zaͤhne, durch 
welche fie eine ſchaͤdliche Feuchtigkeit mittheilen koͤn⸗ 
nen. Sie werden ihrer Groͤße halber auch wohl 
Rieſenſchlaͤngen genennt. 


Ihre Kennzeichen beſtehen darinn, daß fie un. 
ter dem Bauche und Schwanze allenthalben Schilde 
haben, jedoch keine Klapper fuͤhren. Uebrigens 
aber kann man wohl behaupten, daß in dieſem Ge— 
ſchlecht die ſchoͤnſten Schlangen vorkommen, die ſo 
zierlich gezeichnet ſind, daß oft kein Mahler die Na⸗ 
tur treffen kann. Es zaͤhlet der Ritter folgende 
zehn Arten. 


1. Der Kneiffer. Boa Contortrix. 
Dieſe Schlange fuͤhrt obigen Namen, weil ſie 


Menſchen anfaͤllt, fi) um die Beine wickelt, und 


ſol⸗ 


124. Geſchlecht. Serpenten. 145 


ſolche mit ziemlicher Gewalt zuſammen kneift, ob ſie 
wohl fonft nicht den geringſten Schaden erregt. 
Sie hat am Vauche hundert und funfzig, am Schwan⸗ 
ze vierzig, und alſo zuſammen hundert und neunzig 
Schilde. Der Kopf iſt breit, laͤuft aber, wie ein 
Affenkopf, ſpitzig zu. Die Hirnſchale ſteht ſehr er⸗ 
haben. Im Kiefer befinden ſich Giftſaͤcklein, oder 
Blaſen, jedoch keine Zaͤhne, die den Gift auspreſſen, 
wenigſtens hat der Kitter keine angetroffen. Der 
Ruͤcken iſt hoch und ſcharf, der Farbe nach aſchgrau 
und mit braunen Feldern gezeichnet. An den Sei— 
ten ſtehen andere Felder oder Flecken, die einiger 
maſſen rund ſind. Der Schwanz macht den dritten 
Theil der Laͤnge aus. Das Vaterland iſt Carolina. 
Dieſe war von dem Bitter in der vorigen Ausgabe 
unter die Nattern gezahlt, und vermehrt jetzt die 
Anzahl der Serpenten. 


2. Der Hundskopf. Boa Canina. 
Wir nennen dieſe Schlange Hundskopf, nicht 


>= 


nur wegen des langen und großen Kopfs, der dem Hunds⸗ 


Kopfe eines großen Moloſſus aͤhnlich ſiehet, ſondern 
auch wegen der langen Hundszaͤhne, die in den Kies 
fern ſtecken, und nach des Seba Bericht, im Kiefer 
ſelbſt in gewißen Scheiden, wie etwa bey einem Hecht, 
und nicht im Zahnfleiſche feſte ſitzen. Der Bauch 


hat zweyhundert und drey, und der Schwanz ſieben 


und ſiebenzig Schilde, ſo daß ſich die Anzahl zuſam⸗ 
men auf zweyhundert und achtzig belaͤuft. Der 
Rand der Lippen iſt ſehr dicke, und mit roͤthlichen 
Schilden beſetzt. Die Farbe iſt an den Oſtindiani⸗ 
ſchen, die von der Inſel Ceilon gebracht werden, 
pomeranzengelb gefleckt, die Flecken haben eine roͤth⸗ 
liche Einfaßung , und ſtehen in einer geſchlaͤngelten 
Reihe uͤber den ganzen Ruͤcken hin. Die Americani⸗ 
ſche hingegen ſind gruͤnlich und haben unterbrochene 

Linne III. Theil. K weiße 


opf 


Canina. 


3 
Horn⸗ 
ſchnabel. 
Hypnas 

le. 


4. 
Koͤnigs⸗ 
ſchlange. 


146 Dritte Cl. U. Ord. Schleichende Amph. 


weiße Binden. Die Augen ſtehen in beyden feurig, 
und die letzte Art iſt ſehr groß. Sie halten ſich meh⸗ 
rentheils an den Bäumen auf, wo fie ſich um die Ae— 
ſte ſchlingen, und auf den Raub lauren, den ſte, nach 
Art der Raubthiere, mit den Zaͤhnen anpacken. Die 
Ceyloner nennen die ihrige Bojobi, und die Me⸗ 
ricaner Depone. Doch die Portugieſen haben 


[4 


ihr nur den Namen Cobra verde, oder grüne 


chlange gegeben, weil ſie hell ſeegruͤn iſt. Sie 
ſchleicht ſich zuweilen in die Haͤuſer, thut aber nie⸗ 
manden etwas, wenn man ſie nicht zum Zorn reitzet, 
da ſie denn wegen ihrer Groͤße, des weiten Rachens 
und der langen ſpitzigen Zaͤhne, ſehr gefaͤhrlich wird. 


N * 
3. Der Hornſchnabel. Boa Hypnale, 


Die griechiſche Benennung ſcheinet ein traͤg 
und ſchlaͤfrigmachen anzudeuten. Die deutſche Be⸗ 
nennung aber iſt von dem gelben gekraͤuſelten, und 
einem gelblichen Horn, ſowohl der Farbe als Haͤrte 
nach, aͤhnlichen Saum hergenommen, welcher den 
ganzen Umfang des Mundes umgiebt. Am Bauche 
find hundert und nenn und ſiebenzig, am Schwanze 
hundert und zwanzig, folglich in allem weyhundert 
und neun und neunzig Schilde. Die Grundfarbe iſt 
grau, und der Ruͤcken mit gelben Flecken marmo⸗ 
rirt. Sie hat gar keine Zaͤhne im Maul, iſt auch 
nicht boͤßartig, lebt von Raupen und Inſecten, und 
gehoͤrt unter die kleinen unſchaͤdlichen Schlangen. 
Das Vaterland iſt Aſten, beſonders Siam. Der 
Kopf iſt viel größer und breiter, als die Dicke des 
Koͤrpers, und ſowohl dieſer als jener mit ſehr klei⸗ 
nen Schuppen beſetzt. 105 


4. Die Koͤnigsſchlange. Boa Conſtrictor. 
Der Name Conſtrictor hat mit No. 1. Con- 
tortrix oder Kneiper einerley Bedeutung, und iſt 
125 na ans e On e von 

% i a 


124. Geſchlecht. Serpenten. 147 
von dem Vermögen dieſer Schlange hergenommen, 
ſich alſo um den Koͤrper anderer Thiere herum zu 
winden und ſich zuſammen zu drehen, daß ihr Raub 
gaͤnzlich erdruͤckt wird. Wir aber nennen dieſe 
Schlange Koͤnigsſchlange, weil ſie den Namen 
Xonings Slang in Holland führt, auch von an⸗ 
dern Domina Serpentum genennt wird, wozu 
noch ihre betraͤchtliche Größe, und die Ehrerbietung 
kommt, welche ihr von den Indianern bezeiget wird. 
Sie hat naͤmlich am Bauche zweyhundert und vierzig, 
und am Schwanze ſechzig, in allem alſo dreyhundert 
Schilde, und iſt die naͤmliche, davon wir in der Ein⸗ 
leitung zu dieſer zweyten Ordnung erwaͤhnet haben, 
daß ſie auch junge indianiſche Büffelochſen und 
Hirſche oder Rehe anfalle, ſolche erdroßle und eins 
ſchlucke. Ss unglaublich dieſes auch jemanden vor: 
kommen moͤgte, ſo wird es doch durch manche Be— 
richte beſtaͤttigt, und die Moͤglichkeit laͤßt ſich auch 
aus der Groͤße dieſer Schlange ſchließen, denn es 
ſind in den Cabinetten genug Haͤute vorhanden, die 
uͤber zwanzig und dreyßig Schuh lang ſind. Sie iſt 
außerdem unvergleichlich ſchoͤn gezeichnet, und ſteht 
dieſer beyden Urſachen halben bey den Indianern in 
großer Achtung, daher fie auch bey den Japanern / 
Schlangenkönig; in Senegall, Ricenfchlan: 
ge; in Mexico, das Oberhaupt von Guadalajara; 
von andern Indianern, Boiguacu; von den Por⸗ 
tugieſen, Cobra de Veado; in Ceylon, Ana- 
candia; in Weſtindien, Giboya oder Jaboya; 
und bey den Schriftſtellern, Büffelſchlange ae 
nennt wird. So viel iſt richtig, daß die Neger ihr 
als einem Abgott goͤttliche Ehre erweiſen, und fie ger; 
ne bey, um, und in ihren Haͤuſern haben, denn ſie 
beſchaͤdigt nicht nur keinen Menſchen, wenn man ſie 
nicht zornig macht, ſondern reinigt auch die Haͤuſer 
vom Ungeziefer, und wie ſie gaͤnzlich ohne Gift iſt, ſo 
kann auch ihr Biß an und iA fich nicht tödlich ſeyn / 
7 K 2 ob 


Con- 
ftri:tof, 
Lab. V. 
lig. 2. 


148 Dritte Cl. UI. Ord. Schleichende Amyh. 


ob ſie gleich große Wunden beißt. In den Ge⸗ 
genden, wo man ſie nicht goͤttlich verehrt, werden 
ſie von den Indianern geſchlachtet und geeſſen. Mit 
der Haut aber, die zu allerhand zu gebrauchen iſt, 
wird von ihnen Handlung getrieben. Was nun 
ihre Geſtalt betrift, ſo iſt der Kopf laͤnglich wie der 
Kopf eines Jagdhundes, und hat das Anſehen eines 
Crocodillenkopfs. Der Rachen ſteht oben und unten 
voller langen ſpitzigen Zaͤhne, welche etwas krumm 
gelogen ſind, um damit gut anzufaſſen. In der 
Farbe aber und Zeichnung iſt eine große Verſchieden⸗ 
heit, wie aus den ſebaiſchen Abbildungen und Bu 
ſchreibungen mit mehrern zu erſehen. Denn die Ja⸗ 
vaiſchen ſind am Kopfe gelb mit einem roͤthlichen 
Kreutze bezeichnet, der Ruͤcken hingegen iſt gleich» 
ſam mit Wappenſchilden und Kronenzeichnungen ge— 
ziert, der Bauch iſt gelblich, und der Schwanz pe> 
meranzenfaͤrbig. Die Americaniſche iſt uͤber und 
uͤber gelblich mit dunkelbraunen Flecken Die Afri⸗ 
caniſche, welche von den Negern angebetet wird, 
iſt gelblich braun und mit weißen Flecken geziert. 
Un eine dieſer Arten vorzuzeigen, fo haben wir 
Tab. V. fig. 2. eine Weſtindſche abgebildet, wel⸗ 
che die groͤßte und praͤchtigſte iſt. Dieſe Schlangen 
leben von Vögeln, Eidechſen, Armadillen, tetuas 
niſchen Teufeln, groͤßern vierfuͤßigen Thieren, 
Schlangen und kleinern Inſecten. Sie beſchlei⸗ 
chen die Baͤume, und legen ſich auch am Waſſer 
ordentlich in einen Kreiß mit drey bis vier Windungen 
uͤbereinander gebogen zuſammen, ſo daß ſie auf der 
bloßen Erde vom weiten wie ein runder aufgemauer⸗ 
ter Brunnen ausſehen. Daſelbſt lauren ſie auf das 
Vieh, welches zur Traͤnke kommt, und beſpringen 
es unerwartet. big! 


5. Der 


124. Geſchlecht. Serpenten. 149 
5. Der Mäufefänger. Boa Murina. 
Es iſt leicht zu errathen, warum man dieſer 


7. 


Schlange obige Namen beygelegt hat. Sie würde Mäufe: 
wenigſtens dieſen Namen nicht verdlenen, wenn fie fänger. 


nicht vorzüglich ihr Geſchaͤfte davon machte, dieſem 
Ungeziefer nachzuſtellen. Der Bauch hat zweyhun⸗ 
dert vier und funfzig, und der Schwanz fuͤnf und 
ſechzig Schilde, ſo daß in allem dreyhundert und 
neunzehn vorhanden find. Der Körper iſt blaulich, 
von oben mit ſchwarzen runden Flecken geziert, die 
bey einigen ordentliche Augen wegen ihrer weißen 
Felder vorſtellen, welche denn auch beſonders Ar⸗ 
gusſchlangen heißen, oder auch der ſchwarzen Fle⸗ 
cken halben Schildkroͤtenſchlangen genennt were 
den, Das Vaterland iſt America. 


6. Die Frieſelſchlange. Boa Cenchris. 


Cenchris war vorher der Geſchlechtsname der 


url» 


na. 


6. 


Rönigsſchlangen, doch ſchickt ſich dieſe Benen- Rriefeb | 


nung, welche eine punctirte Schlange andeutet, beſ— f 


chlange. 


fer zu dieſer Art, indem fie voller Hirſenkoͤrnern aͤhn⸗ chris, 


lichen weißen Flecken ſitzt, daher wir ſie auch Frie⸗ 
ſelſchlange nennen. Sie hat am Bauche zweyhun⸗ 
dert fuͤnf und ſechzig, am Schwanze ſieben und funf⸗ 
zig, uͤberhaupt aber dreyhundert und zwey und zwan⸗ 
zig Schilde. Die Haut iſt gelblich, voller weißen 
Perlchen, die in einem grauen Ringe ſtehen. Das Va⸗ 
terland it Suriname. 


7. Die Stockſchlange. Boa Scytale. 


Scytala oder Scytale waren die Staͤbe der La⸗ 
gedemonier, vermittelſt welcher fie durch Umwick⸗ 


7. 
Stock⸗ 


ſchlange. 


lung langer Zettel geheime Correſpondenz fuͤhrten; Scyta- 


weil nun dieſe Schlange faſt r gleich dicke Ic 
f : 


iſt, 


Kun; 


150 Dritte Cl. II. Ord. Schleichende Amph. 


iſt, und der Kopf auch nicht zur Seiten viel breiter 

austritt als der Körper, mithin, wenn fie gerade aus⸗ 
geſtreckt liegt, einem Stabe aͤhnlich iſt, ſo wurde ſie 

ſchon von den Alten Scytale und von uns wird fie 

Stock ſchlange genennt. Sie hat unter dem Bauche 

zweyhundert und funfzig große, und unter dem Schwan⸗ 

ze ſiebenzig kleine Schilde, oder auch in allen etwa 
dreyhundert und drey und zwanzig. Denn in der 

Zaͤhlung der Schilde ſtimmen die Schriftſteller nicht 

überein, da es vermuthlich auch Verſchiedenheiten 

giebt. Der Körper iſt blaͤulich aſchgrau, auf den 

Rücken mit runden ſchwarzen Flecken bezeichnet. An 

den Seiten ſtehen runde ſchwarze Ringlein mit weißen 

Feldern, und die Flecken am Bauche find laͤnglich, 

und gleichſam aus ſchwarzen Puncten zuſammen ge: 

ſetzt. Sie iſt groß und verſchluckt Ziegen und 

Schaafe, um welche ſie ſich ſchlinget, daß dieſen 

Thieren die Rippen zuſammen krachen. Das Vaters 

land iſt America. 


8. Die Bergſchlange. Boa Ophrias, 


58 Ophrias oder Orophias foll eine Bergſchlan⸗ 
ln ge bedeuten; vielleicht iſt fie einmal in einer bergig⸗ 


h. ten Gegend gefunden worden, wiewohl das Vaters 
rias, land nicht genennt wird. Sie hat zweyhundert und 
ein und achtzig, und vier und ſechzig, mithin in al⸗ 
len dreyhundert und fuͤnf und vierzig Schilde, und 
ſiehet der Koͤnigsſchlange No. 4. ſehr gleich, nur daß 

fie ganz braun iſt. 1112 | 


9. Die Waſſerſchlange. Boa Enydris, 


9. Daß die Schlangen ſich auch im Waſſer auf hal; 
Waſſer⸗ ten koͤnnen, iſt ſchon oben in der Einleitung geſagt, 
change oh aber dieſe Art es porzuͤglich thue, iſt uns unbes 
Aris, kannt; jedoch ſtehet uns fren, fie nach dem e 

s | en 


124. Geſchlecht. Serpenten. 151 


ſchen Enydris auch Waſſerſchlange zu nennen, 
Sie hat am Bauche zweyhundert und ſiebenzig, am 
Schwanze hundert und fünf, uͤberhaupt dreyhundert 
und fünf und fiebenzig Schilde. Der Farbe nach iſt 
ſie grau bunt, und hat im untern Kiefer ſehr lange 
Zaͤhne. Das Vaterland iſt America. 


10. Die Feuerſchlange. Boa Hortulana, 


Dtier Bitter nennet dieſe Schlange Hortula- 10. 
na, weil der Kopf eine Zeichnung hat, wie die Gar⸗ 5 
tenbeete in den Blumengaͤrten; wir aber wollen ſie Host 
nach dem indianiſchen Namen Tlehua, Feuer- lana, 
ſchlange nennen, weil fie über und über gleichſam 

mit Brandflecken gezeichnet, und auf einem blaß⸗ 
blauen Grunde ſchoͤn marmorirt iſt. Sie hat am 
Bauche zweyhundert und neunzig, und am Schwan⸗ 

ze hundert und acht und zwanzig, mithin in allen 
vierhundert und achtzehn Schilde. Ihre Flecken auf 

dem Ruͤcken ſind alle Keilfoͤrmig, der uͤbrigen Vils 

dung nach koͤmmt ſie den Koͤnigsſchlangen nahe, und 

ihr Vaterland iſt America beſonders Neuſpanien. 

In der Anzahl ihrer Schilde ubertrift fie alle andere 
Schlangenarten. 


K 4 125. Ge⸗ 


Geſchl. 
Benen⸗ 
nung. 


Geſchl. 
Kennzei⸗ 


chen. 


152 Dritte Cl. II. Ord. Schleichende Amph. 


125. Geſchlecht. Natter. 


Serpens: Coluber. 


N. verſtand ehedem unter Colubri die 
* Landſchlangen, um fie von den Waſſer⸗ 
ſchlangen zu unter ſcheiden; ohne Ruͤckſicht aber auf 
dieſen Umſtand, bedienet ſich der Ritter dieſes Nas 
mens fuͤr gegenwaͤrtiges Geſchlecht, vermuthlich 
ans keinem andern Grunde, als um einem andern 
Geſchlechte auch einen Namen geben zu koͤnnen, der 
von den uͤbrigen unterſchieden iſt. Wir muͤſſen es 
alſo im Deutſchen auch ſo machen, und wir haben 
den Namen Natter gewaͤhlet, denn Schlangen ſind 
ſie alle: Viper aber iſt nur eine Art aus dieſem 
Geſchlechte; die Otter hingegen iſt ſowohl ein vier, 
fuͤßiges Thier, als eine Schlange, jedoch belegen 
die Hollaͤnder dieſes Geſchlecht mit dem Namen 
Adder, welches Otter heißt, und die Franzo⸗ 
ſen mit den Namen Couleuvre. 


Es kommt aber vorzuͤglich auf die Merkmale 
an, wodurch dieſes Geſchlecht beſtimmt wird, und 
ſolche beſtehen kuͤrzlich darinnen, daß der Bauch 
nur alleine Schilde, und der Schwanz, welcher 
durchgaͤngig klein iſt, von unten nichts anders als 
Schuppen hat, es werden aber allezeit ein Paar 
Schuppen für eine gejähler, weil zwey eins ums 
andre neben einander liegende Schuppen allezeit ge⸗ 
gen ein Schild gerechnet werden. Nach dieſen 
Kennzeichen fuͤhret der Ritter ſieben und neunzig 
Arten an, davon wenigſtens achtzehn giftige ſind, 

i unter 


125. Geſchlecht. Natter. 153 


unter welchen eine die Allergiftigſte von allen 
Schlangen in der Welt iſt. Wir wollen demnach 
dieſe Geſchoͤpfe genauer betrachten, 


1. Die Viper. Coluber Vipera. 


Es ſey nun, daß Viper fo viel bedeuten fol, .“ 
als mit Gewalt, das iſt: mit Anſtrengung der Vider 
Kräfte gebaͤhren, oder daß es leine Verkuͤrzung von Pes 
Vivipara, das iſt: lebendig Gebaͤhrende, ſeyn 
fol, weil eben dieſe Art keine Eyer, ſondern lebens genen 
dige Junge zur Welt bringt; fo behalten wir doch nung, 
das Wort Viper, da es ſchon im Deutſchen, bes. 
ſonders in den Apothecken, angenommen iſt, und 
bewahren andere uͤbrige Benennungen, die man 
dieſer Art geben koͤnnte, fuͤr andere Arten. Die 
Griechen verſtunden zwar dieſe Art gemelniglich 
unter dem allgemeinen Namen Ophis, jedoch ha⸗ 
ben ſie die Maͤnnchen auch Echis, und die Weib⸗ 
chen Echidna genennet, vermuthlich von Echein, 
(haben) weil fie lebendige Junge bey ſich haben. 


Die Hebraͤer haben freylich mehrere Benen⸗ 
nungen, als Epheh, Achſchubh, Pethen, Si- 
phiphon, Sarapt, und andere mehr, aber es 
laßt ſich nicht genau beſtimmen, ob fie eben dieſe 
Art darunter verſtanden haben, welches eine ge⸗ 
nauere Unterſuchung verdienet; ſo wie uͤberhaupt 
die hebraͤiſchen Benennungen vieler andern Thiere 
ſo dunkel ſind, daß man nicht weiß, auf welche Arten 
ſie damit zielten. So viel iſt indeſſen wahr⸗ 
ſcheinlich, daß ſie doch allezeit unter obigen Namen 
eine giftige Schlange aus dem gegenwartigen 
Geſchlechte verſtunden, und vermuthlich auch nur 
ſolche, die ſich in dem Lande aufhielten, wo dle 
Juden lebten. 


K 5 Die 


154 Dritte Cl. II. Ord. Schleichende Amph. 


Die Franzoſen nennen dieſe Art auch Vipe- 
re, und ſpaniſch heißt fie Bivora, engliſch 
Viper, daͤniſch Snoge, bolländifch Adder, 
ſchwediſch Hugg- Orm, das iſt Hecken⸗Nat⸗ 
Dee weil fie an den Hecken und in Geſtraͤuchen 
liegt. 


Geſtalt- Sie hat hundert und achtzehn Bauchſchilde, und 

N zwey und zwanzig Schuppen unter dem. Schwanze, 
und obgleich andere vierzig Bauchſchuppen zaͤhlen, 
ſo treffen doch ſolche mit der Linneiſchen Nech⸗ 
nung überein, weil der Victer nur die Reihen zähe 
let, mithin, wo ſich zwey Schuppen am dickſten 
Ende des Schwanzes neben einander befinden, die 
zwey auch nur für eine annimmt, weil ſie eben fo, 
wie die einzeln Schuppen an der Schwanzſpitze, nur 
eine Reihe machen, 


Der Kopf iſt vor und zwiſchen den Augen 
platt, hinter denſelben aber erhaben gewoͤlbt, rar 
et uͤber dem Rücken hervor, und ſtehet auch am 
Hintertheile der Kiefer weit zur Seiten aus. Das 
Maul iſt ſtumpf und kurz. Die Naſenlocher ftes 
hen dichte am Rande des Mundes in die Quere, 
und über ſelbigen befinden ſich gleich die Augen. 
Der Augapfel iſt ſchwarz, laͤnglich, gerade in die 
Höhe gerichtet, und mit einem gelben Ringe einge; 
faſſet. Das Maul befindet ſich voller kleinen rauhen 
Zaͤhne, doch ſtecken im Oberkiefer, gerade unter 
den Augen, noch zwey laͤngere krumme Hunds- oder 
Giftzaͤhne in gewiſſen Scheiden. Die Zungenſpitze 
iſt gedoppelt; der Hals vollkommen rund; der mitt 
lere Theil des Koͤrpers viel dicker und faſt viereckigt; 
der Schwanz rund und duͤnn, etwas gekruͤmmt, 
und an der Spitze mit einem ſcharfen Dorn verſe⸗ 
hen; die Vauchſchilde find laͤnglich, an den En 
den rund, laſſen ſich in Blaͤtter abtheilen und haben in 
der Mitte über die ganze Sänge des Bauchs eine Nath, 
l um 


125. Geſchlecht. Natter. 155 


um ſich zuſammen ſchieben zu koͤnnen. Die Kehle 
hat in der Laͤnge eine tiefe Grube. Die Farbe iſt 


blaßblau oder eiſengrau mit braunen Flecken, unten 


blaß und an der Schwanzſpitze mit dreyen ſchwar⸗ 
zen Ringen gezeichnet. Die Dicke des mittlern 
Koͤrpers iſt zwey Zoll, am Halſe nur einen halben 
Zoll, und am Schwanze wie ein Federkiel. Die 
Laͤnge iſt von zwey Spann bis drey Schuh. Ob⸗ 
gleich dieſes Thier giftig iſt, ſo ſahe doch Herr Haß 
ſelquiſt in Kairo zu verſchiedenenmalen, daß die 
Schlangenfaͤnger ſolche mit der bloßen Hand aus 
ihren Saͤcken nahmen, und ohne Scheu und ohne Ge⸗ 
fahr mit ihnen umgiengen, welches um ſo mehr 
zu verwundern iſt, da ſonſt alle Thiere ihren giftis 
gen Biß ſehr fuͤrchten. N 1 


Dieſe Viper, die ſich in Egypten aufhält, 
iſt die eigentliche, welche das fluͤchtige Dipern⸗Salz 
zur Arzeney, und das Fleiſch als eine Ingredienz 
zum Theriak in den Apothecken abgiebt; denn von 
der europäifchen Natter (Berus) No. 15. 
ſoll es eigentlich nicht genommen werden, obgleich 
beſagte Art auch zu verſchiedenen Curen gebraucht 
wird, welche durchgaͤngig die Vipern⸗Cur genennet 
wird, wie wir ſolches unten an feinem Orte an— 
zeigen werden. | 


2. Die Giftſchlange. Coluber Atropos, 


Der griechiſche Name ſcheinet auf die Schaͤd⸗ 
lichkeit dieſer Schlange zu deuten, daher wir ſie 
auch Giftſchlange nennen. Sie hat unter dem 


Nutzen, 


2,8 


Gift⸗ 


U 
chlange 
Kane 


Bauche hundert und ein und dreyßig Schilde, und pos, 


unter dem Schwanze zwey und zwanzig Schuppen, 
mithin in allen hundert und drey und funfzig. Der 
Mund iſt mit den Giftzaͤhnen verſehen, und die 
Farbe der Haut iſt grau, und mit braunen W 


156 DritteCl. II. Ord. Schleichende Amph. 


die in weiſſen Ringen ſtehen, gezieret. Das Vater, 
land iſt America. \ 


3. Der Schlangenbalg. Coluber Leberis, 


3. Leberis heißt ein Schlangenbalg; und 
Schlan⸗ darum nennen wir fie auch alſo. Der Bauch hat 
genbalg. hundert und zehn Schilde und der Schwanz von 
Lebe - unten funfſig Schuppen, welche zuſammen genom⸗ 
. men, hundert und ſechzig ausmachen. Der Balg 

iſt ſtreifenweiſe ſchwarz bandirt. Sie wohnet in 
Canada, wo ſie Herr Kalm entdeckte, und iſt 


giftig. 
4. Der Gelbruͤcken. Coluber Lutrix. 


4 Wir nennen dieſe Art Gelbruͤcken, weil der 
Gelbe, Ruͤcken fo gelb wie der Bauch iſt, es mag nun 
cken. die Linneiſche Benennung Lutrix darauf anſpie⸗ 
Lutrix. len oder nicht. Sie hat hundert und vier und dreißig 

Schilde am Bauche, und ſieben und zwanzig Schup⸗ 
pen am Schwanze, folglich in allen hundert und 
ein und ſechzig Reihen. Die ſchoͤne gelbe Farbe 
des Bauchs und des Ruͤckens erhebt ſich dadurch 
deſto mehr, daß die Seiten des Koͤrpers blaulicht 
ſind. Das Vaterland iſt Indien. 


5. Der Federkiel. Coluber Calamarius. 

. Der duͤnne geſchmeidige Koͤrper dieſer Schlange 
Feder⸗ hat vielleicht zu obiger Benennung Gelegenheit ge⸗ 
Be Ca. geben. Sie hat hundert und vierzig Bauchſchilde, 
N und zwey und zwanzig Schwanzſchuppen, welche 
zuſammen gezaͤhlet, eine Zahl von hundert und zwey 
und ſechzig ausmachen. Die Farbe iſt blau mit 
braunen Puncten und geſtreiften Baͤndern, unten 

aber iſt ſie gleichſam mit braunen Wuͤrfeln gefleckt. 
Das Vaterland iſt America. ER 
6. Die 


125. Geſchlecht. Natter. 157 
6. Die Affennaſe. Coluber Simus. 


Deer hintere Kopf iſt hochgewoͤlbt, daher dle Affen 
Naſe oder die voͤrdere Haͤlfte des Kopfs eingedruckt naſe. 
erſcheinet, wie wir ſolches gemeiniglich an den Affen Simus. 
ſehen, und um deßwillen iſt obige Benennung ges 
waͤhlet. Es ſind am Bauche hundert und vier und 
zwanzig Schilde und am Schwanze ſechs und vier⸗ 

zig Schuppen vorhanden, ſo daß durchaus hundert 

und ſiebenzig gezaͤhlet werden. Zwiſchen den Au⸗ 

gen zeiget ſich eine krumme Binde, die ſchwatz iſt. 

Der Wirbel hat ein weiſſes Kreuz, in deſſen Mitte 

ein ſchwarzer Punct ſtehet. Der übrige Körper iſt 
obenher weiß und ſchwarz marmorirt, ſo daß ſich 
gleichſam weiſſe Binden zeigen; unten aber iſt ſie 

weiß. Das Vaterland iſt Carolina. 


7. Der Bandruͤcken. Coluber Striatulus. 


Weil der Ruͤcken glatt iſt, und einem braun⸗ Band. 
geſtreiften Bande ahnlich ſiehet, fo nennen wir fie 1 7 70 
Bandruͤcken. Sie hat hundert und ſechs und Striatu- 
zwanzig Bauchſchilde, und am Schwanze fuͤnf und lus. 
vierzig Schuppen, folglich in allen hundert und drey 
und ſiebenzig. Jedoch zaͤhlet man auch an einigen 
hundert und dreyßig Schilde unb fuͤnf und zwanzig 
Schuppen. Sie iſt klein und am Bauche blaßfaͤr⸗ 
big. Das Vaterland iſt Carolina. 


8. Der Sandkriecher. Coluber Am- 
modytes. 


Well ſich dieſe Schlange in den Sandwuͤſten 3." 
von Lybien aufhält, fo ift fie ſchon von den Alten 9 
Ammodytes genennet, und darum geben wir ihr Amme- 


obigen Namen. Sie iſt etwa eine Elle lang, PR dytes. 


* 


ſchlan⸗ 


158 Dritte Cl. II. Ord. Schleichende Amph. 
ſehr giftig. Die Zahl der Bauchfchilde beläuft Ach 
auf hundert und zwey und vierzig und der Schwanz⸗ 
ſchuppen auf zwey und dreyßig, in allen auf hun, 
dert und vier und ſiebenzig. Der merkwuͤrdigſte 
Umſtand dieſes Thieres iſt der fleiſchichte Auswuchs, 
den es gleich einem Horn an der Spitze des Mauls 
auf der Naſe fuͤhret. Daher es auch Afpide del 
Corno genennet wird. Der Bitter giebt Mor⸗ 
genland zum Vaterlande an, und diejenigen, die 
daſelbſt gefunden werden, ſind ſand- oder erdfaͤrbig 
und mit ſchwarzen Flecken gezeichnet. Allein es 
giebt auch dergleichen in Guinea, die, wie Boß⸗ 
man berichtet, ſchwarz weiß und gelb gefleckt ſind. 
Adanſon fuͤhret auch dergleichen von der Küͤſte von 
Africa und Capo verde an, und der ſchwedi⸗ 
ſche Geſandte Carleſon fand eine dergleichen bey 
Conſtantinopel, welche nur einen halben Schuh 
lang war, und ſich beſchaͤftigte, eine Eidechſe von 
faſt gleicher Groͤße einzuſchlucken. Auf der Inſel 
Cyprus werden ſie Aſpic genennet. 

Ihr Biß iſt fo gefaͤhrlich, daß derſelbe in 
wenig Stunden toͤdet, denn der Menſch ſchwillt 
auf, faͤllt in Ohnmacht, und ſeine Saͤfte gehen 
gleich in die ſtaͤrkſte Faͤulniß. 


9. Die Hornſchlange. Coluber Ceraftes, 
Die Alten gaben ſchon den Namen Ceraſtes 


Horn⸗ einer Art Schlangen, welche auf dem Kopfe 
e. Hörner hatten. Allein dleſe Schlangen waren nur 
gleichſam erdichtet, denn die Araber hatten den 


Handgriff, den Schlangen auf dem Wirbel ein Paar 
Vogelklauen unter der Haut einzuſtecken, die dann 
darinnen feſt wuchſen, und den Schlangen ordent⸗ 
lich das Anſehen gaben, als ob fie natuͤrliche Hoͤrner 


truͤgen; ſeitdeme aber dieſer Betrug entdeckt worden, 
2755 zaͤhlet 


125. Geſchlecht. Natter. 159 


zaͤhlet man diefe Schlangen nicht mehr unter die 
rechten Arten. Dennoch aber hat man eine Schlan— 
genart entdecket, welche an den obern Augenliedern 
einen weichen Auswuchs in der Geftalt zweyer klei⸗ 
nen Hoͤrner fuͤhret, und dieſer Art hat dann der 
Ritter obigen Namen Ceraftes beygeleget, um 
auch dieſe alte Schlangen⸗Benennung ſchicklich zu 
gebrauchen. N 

Sie hat hundert und funfzig Bauchſchilde und 
fuͤnf und zwanzig Schwanzſchuppen, in allen alſo 
hundert und fünf und ſiebenzig. Sie wird drey 
und einen halben Schuh lang, etwa Daumens dicke, 
und hat einen kleinen Schwanz, ſo dick wie ein Fe⸗ 
derkiel. Die Schuppen, welche den Kopf bedecken, 
ſind wie an den vorigen Arten, ſehr klein. Dieſe 
Schlange iſt nicht giftig, und hat nicht dergleichen 
Giftzaͤhne wie die Viper, ob ſie gleich faſt ſo 
ausſiehet. 


10. Der Wickeler. Coluber Plicatilis. 


Dieieſe Schlange wird vielleicht fo genennet, weil Wicke⸗ 
fie ſich mehr als die andern Nattern zuſammen zu ler. Pli- 
wickeln pflegt, denn ſonſt find die Nattern uͤberhaupt catilis. 
traͤger, als die andern Schlangen, ſpringen und 
wickeln ſich auch nicht ſo. Sie hat hundert und 
ein und dreyßig Bauchſchilde und ſechs und vierzig 
Schwanzſchuppen, in allen aber hundert und ſieben 
und ſiebenzig. Der Ruͤcken iſt bleyfaͤrbig; die Seiten 
ſind braun, und der untere Theil iſt in vier Reihen 
braun geſprenkelt. Sie kommt von Ternate, und 
iſt nicht giftig, ob ſie gleich Valentin alſo beſchrei⸗ 
bet, als ob ſie faſt die giftigſte unter allen Schlan⸗ 
gen ware, und den Menſchen toͤde, der fie nur ans 
ruͤhre. Wenigſtens miſſet Seba, der dieſe Schlan⸗ 
ge abbildet, dieſer Valentiniſchen Nachricht kei⸗ 


nen Glauben be. ud N 
ENT 11. Die 


re * 
inne 
„ e 


Nn 


160 Dritte Cl. 1. Ord. Schleichende Amphib. 


II. Die Schoosſchlange. Coluber 
Domicella. 


. Die gegenwaͤrtige Schlange iſt fo außerordent⸗ 
elend lich ſchoͤn, unſchaͤdlich, einer ſo zahmen und gelinden 
Domi- Art, daben fo klein und niedlich, daß das Oſtin⸗ 
cella. dianiſche Frauenzimmer ſich nicht ſcheuet, ſolche in 

ihren Schoos zu nehmen, und zur Abkuͤhlung zwiſchen 
die Bruͤſte zu ſtecken, daher denn obige Benennun⸗ 
gen entſtanden find. Sie hat hundert und achtzehn 
Bauchſchilde und ſechzig Schwanzſchuppen, in allen 
alſo hundert und acht und ſiebenzig. Die Schuppen 
auf dem Kopfe find ſehr zierlich. Die Farbe iſt ſchnee 
weiß, in die Quere mit ſchwarzen Banden geringelt, 
welche über den Ruͤcken breit, und am Bauche ſchmal 
ſind, doch nicht allezeit unten zuſammen laufen. 
Aſien iſt das Vaterland. Die Sollaͤnder nennen 
fie Juffer Slang, das iſt Jungferuſchlange. 


12. Der Weißling. Coluber Alidras. 


12. Wir nennen ſie Weißling, well ſie ganz und 

1 90 gar ſchneeweiß iſt, und nicht den geringſten Flecken 

Alidras, hat. Der Bauch iſt mit hundert ein und zwanzig 

Schilden, und der Schwanz mit acht und funfzig 

Schuppen beſetzt, beyde aber zuſammen genommen, 

machen hundert und neun und ſiebenzig aus. Das 
Vaterland iſt Indien. 


13. Die punctirte Natter. Coluber 
Punctatus. 


Puneti⸗ Sie hat am Bauche hundert und ſechs und 
te Nat⸗ dreyßig Schilde und am Schwarze drey und vierzig 
ter. oder vier und vierzig Schuppen, zuſammen genommen 


Fun aber hundert und achtzig. Die Farbe iſt von oben aſch⸗ 
dtatus. ö grau, 


128. Geſchlecht. Natter. 161 


grau, untenher aber gelb, und mit drey Reihen ſchwar⸗ 
zer Puncte beſetzt, ſo daß jede Reihe drey Puncte 
hat Der Schwanz iſt gleichfalls von unten gelb. 
Das Vaterland iſt Carolina. 


14. Der Breitbacken. Coluber Buccatus, 


Wir uͤberſetzen Zuccatus durch Breitba⸗ 4. 
cken, weil die Backen dieſer Schlange weit 0 
ausſtehen und aufgetrieben ſind, welches zu dieſer 9 8 
Benennung Anlaß gegeben hat. Der Bauch iſt mit tus. 
hundert und ſieben Schilden und der Schwanz mit 
zwey und ſiebenzig Schuppen, zuſammen an der Zahl 
hundert und ein und achtzig beſetzt. Sie iſt braun 
und hat weiße Binden, der Kopf iſt weiß, hat aber 
auf dem Wirbel zwey braune Puncke und einen der⸗ 
gleichen dreyeckigten Flecken auf der Nafe: 


15. Europaͤiſche Natter. Coluber Berus. 


Wir kommen jetzo zu derjenigen Natter, die 155 
a Euro⸗ 

bey uns durch ganz Europa unter dem Namen paiſche 
Viper bekannt iſt, und die ſich vorzuͤglich in Spa⸗ Natter. 
nien, Portugall, Frankreich, Italien und Berus.“ 
Griechenland) nicht minder aber auch in Deutſch⸗ ab * 
land, Engelland, Schweden und an andern 8 k. 
nördlichen Gegenden aufhält, ſehr giftig iſt, und 
doch zur Cur gebraucht wird. 


Sie hat hundert und ſechs und vierzig Bauch⸗ Geſtalt⸗ 
ſchilde, und neun und dreyßig Schwanzſchuppen, zu: 
ſammen aber hundert und drey und achtzig. Sie iſt 
nicht lang, dabey duͤnne und geſchmeidig, von Farbe 
braungrau mit einem ſchwarzen Striche tiber den Ruͤ⸗ Lebens⸗ 
cken, lebt von Eidechſen, Scorpionen, Kroͤten, Froͤ⸗ arte 
ſchen, Maulwuͤrfen, Maͤuſen, auch Kaͤfern und an 
dern kleinen Inſecten, wozu ihnen ihre lange Zun⸗ 

Linne III. Theil. 1 ge, 


162 Dritte Cl. II. Ord. Schleichende Amph. 


ge, die ſchmal, rund, gedoppelt und mit ſehr ſcharfen 
und feinen Spitzen verſehen iſt, vorzuͤglich dienet, 
welche ſie ſehr ſchnell und weit ausſchießen, zugleich 
aber auch damit die Inſecten, nach Art der Spechte, 
geſchwinde auffangen konnen, daher man auch ein ges 
wiſſes Kraut mit dem Namen Ophiogloſſum oder 
Matterzunge belegt hat. Sie leben auch ſehr lan— 
ge, ja einige Monate ohne alle Speiſe, und gleich⸗ 
ſam von der Luft. Ihr Leben iſt ſehr zaͤhe, denn 
wenn man ihnen den Kopf herunter haut, ſo behaͤlt 
derſelbe doch noch die beißende Bewegung, wenn man 
ihn berührt. Sie halten ſich auf ſteinigten und bes 
wachſenen Boden auf, kriechen aber nicht wie ande⸗ 
re Schlangen in die Erde, und lieben das Eis 
ſen ſehr. Sie paaren ſich zweymal im Jahre, ſind 
vier bis fünf Monathe traͤchtig, und legen im Fruͤh⸗ 
jahre ihre Haut ab, welches etliche auch wohl im 
„Herbſte zum zweytenmal thun. 

Gift. Das Gift dieſer Thiere beſtehet gleichfalls in eis 
ner gelben Feuchtigkeit, welches im obern Kiefer in 
gewiße Blaͤßgen geſammlet wird, die hinter den lan⸗ 
gen und krummen Hundszaͤhnen befindlich find; und 
da dieſe Hundszaͤhne, deren man an jeder Seite einen, 
zwey oder auch wohl drey zahlt, innwendig hohl find, 
ſo fließt das Gift, wenn die Blaͤßgen durch die Wur⸗ 

zel der Zaͤhne gedruckt werden, in ſelbige hinein, und 
theilt ſich der durch den Biß gemachten Wunde mit. 
Wenn nun dieſe Blaͤßgen keinen Giftvorrath haben, 
ſo iſt der Biß, auſſer einer etwa verurſachten kleinen 
Entzuͤndung, unſchaͤdlich, ſonſt aber toͤdlich. Es 
ſcheint inzwiſchen, daß dieſe Schlangen ihr eigen 
Gift ſelbſt zur Verdauung der verſchluckten Speiſen 
nöthig haben, und daß dieſer giftige Geifer zur Auf⸗ 
loͤſung derſelben unentbehrlich ſey. 


Man hat ſich die Muͤhe gegeben, dieſes 
Gift genauer zu unterſuchen, und gefunden, daß 5 
Feuch⸗ 


125. Geſchlecht. Natter. 163 
Feuchtigkeit einige Saljtheile enthalte, die in der- Beſchaf⸗ 
ſelben flüchtig herumſchwimmen, und nach einer fur, fenheit 
zen Zeit in ſehr ſpitzige Cryſtallen anſchießen, welche deſſel⸗ 
ſehr hart ſind, und einige Monate unverändert auf ben. 
dem Vergroͤßerungsglaß liegen bleiben. Die ganze 
Configuration aber zeigt ſich wie ein uͤberaus feines 
Spinnengewebe, dergleichen ſich im Sublimate zu 
aͤußern pflegt. Es muß alſo wohl eine erſtaunliche 
Saͤure das weſentliche des Gifts ausmachen, da die 
alkaliſchen Salze der Thiere dieſem Gifte am meiſten 
ſteuren. Man bedient ſich wider den Natterbiß 
des ſogennten Eau de Luce; und des flüchtigen 
Natterſalzes innwendig eingenommen, aufwendig 
aber laͤßt man die Wunde ſchroͤpfen, und legt The⸗ 
riak, oder Zwiebel mit Salmiak, oder auch geſalze⸗ 
nen Wein auf, wodurch man mehrentheils die 
Verwundeten wieder zurechte bringt, und fie wenig⸗ 
ſtens von der Lebensgefahr errettel. Ja man kann 
ſogar mit dem Fett, Oel und Fleiſch der Nattern helfen. 
Aus dieſer Urſache iſt es auch nicht zu ver“ Nattern⸗ 
wundern, daß die ſogenannte Viperncur ſchon von oder Bis 
alten Zeiten her fo ſehr berühmt geweſen, denn man perncur. 
bediente ſich diefer Thiere bei dem Ausſatze und andern 
Krankheiten der Haut. Man zog ſie naͤmlich in Wein 
ab, man machte ihr Fleiſch wie Fiſche zur Speiſe zu⸗ 
rechte, wie die Neger in Africa noch thun, ja die 
Tonquineſer laßen ihren Arac (eine Art Brand» 
wein) auf Nattern abziehen, damit er recht herz 
ſtaͤrkend und wider den Ausſatz gut ſeyn ſoll. 

Wenigſtens wird noch hin und wieder in Pur 

ropa bey Krankheiten, wo eine ſchnelle Wiederher⸗ 
ſtellung der Kraͤfte, oder irgend ein ſchweißtreibend 

Mittel noͤthig iſt, die Brühe von gedaͤmpften Nat⸗ 

tern, und die Natterngallerte verordnet. Man faͤngt 

ie zu dem Ende mit hoͤlzernen Beißzangen, und 
berſchickt fie in Doſen oder e die mit Mooß 
ö ö 2 oder 


Anato⸗ 
miſche 
Wahr: 
neh: 
mung. 


164 Dritte Cl. Il. Ord. Schleichende Amph. 


oder Kleien angefuͤllt ſind, da ſie ſich ſehr lange im 
Leben erhalten. Nur muß man ſie fuͤr Toback und 


Tobacksrauch bewahren, denn dadurch kommen fie, 


wie andere Schlangen, gleich ums Leben. 


Das Herz und die Leber gepulvert machen ein 
Bezoardicum animale aus, und das Oel iſt ein 
ſehr befänftigendes Mittel. Man muß aber die Arz⸗ 
neyen, die von dieſer Natter kommen mit denen⸗ 
jenigen, die von der egyptiſchen Viper No. ı. kom- 
men, keineswegs verwechſeln, denn ihr Geruch und 
ihre Wirkung iſt verſchieden. 

Es iſt noch uͤbrig, daß wir eines und das ande⸗ 
re von den innern Theilen erwaͤhnen. Die Maͤnn⸗ 
chen nämlich, dergleichen wir eines Tab. VI fig. 1. 
vorzeigen, und deſſen Abbildung nach einer oſtindia— 
niſchen Natter aus dem Seba genommen iſt, har 
ben aͤuſſerliche Hoden, und dieſe ſind dornich, oder 
gleichſam ſtachlich, durchgaͤngig laͤnglich rund, weiß 
und von einer druͤſigten Beſchaffenheit. Die rechte 
Hode iſt uͤber einen Zoll lang, die linke aber etwas 
fürzer und dünner. Die Ruthe iſt gedoppelt, und 
beſteht aus zweyen ſchwammigen Körpern, die unter 
dem Schwanze nebeneinander liegen, ſich hinaufwaͤrts 
zuſammen fuͤgen, und mit ſcharfen Stacheln be— 


ſetzt ſind. 

Was das Weibchen betrift, ſo hat daſſelbige 
auch zwey Hoden oder Eyerbehaͤlter, wie das Maͤnn⸗ 
chen, aber ſelbige liegen innwendig und verborgen, an 
dem Boden der zwey Fortſaͤtze der Mutter, welche 
mit einer welten Oefnung verſehen iſt, um die dop⸗ 
pelte Ruthe des Maͤnnchens zu empfangen. Beſag⸗ 
te Mutter beſteht aus verſchiedenen ſanften, duͤnnen 
und durchſichtigen Haͤuten, und iſt ſehr zur Ausdeh⸗ 
nung geſchickt, damit die Anzahl der zuletzt aus ih⸗ 


ren Eyern in der Mutter hervorkommenden Jungen 


hinlaͤnglichen Platz finde; denn im Anfange ſteckt je⸗ 
des 


135. Geſchlecht. Natter. 165 


des Junge zuſammengewickelt in einem beſondern 
Blaͤßgen oder Ey, es kriacht aber noch in der Mutter 
aus, und wird alſo lebendig gebohren. Ja man 
nimmt auch bey jedem Jungen einen beſondern Mut⸗ 
terkuchen (Placenta) wahr, und die Vertheilung 
der Mutter in zwey Theile hat viele Aehnlichkeit mit 
den Mutterhoͤrnern anderer Thiere. Die Anzahl der 
Eyer aber in dieſer Natter iſt zehn, zwoͤlf bis zwan⸗ 
zig oder fuͤnf und zwanzig, und in der rechten Seite 

der Mutter liegen deren mehrere als in der linken. 
Die übrigen Theile ſtimmen mehr mit den inn⸗ 
wendigen Theilen anderer Schlangen uͤberein. Die 
Lunge iſt ein netzfoͤrmiges Gewebe, hat keine Lappen, 
iſt aber etwas gerunzelt, duͤnne, durchſichtig und 
hochroth. Ein Zwergfell zur Abſonderung der Bruſt 
vom Bauche iſt bey ihr eben ſo wenig, als in den Kroͤ⸗ 
ten vorhanden. Herz und Leber liegen an der rech— 
ten Seite unter der dunge. Das Herz hat drey Hoͤh— 
len und kommt ziemlich mit dem Herze der Schild 
kroͤten uͤberein. Die Leber iſt braunroth, und hat 
zwey große Lappen. Die Gallenblaſe zeigt ſich einen 
Fingerbreit unter der Leber in der Geſtalt und Groͤße 
einer Bohne, und die Galle ſelbſt iſt ſehr gruͤn und 
bitter, und ohne alles Gift Gleich an der Kehle 
folgt der erſte Magen oder Kropf, welcher aus ſehr 
duͤnnen Haͤuten beſteht, an demſelben aber ſchließt 
der eigentliche oder zweyte Magen an, der eine ge— 
doppelte Haut hat, und unmittelbar in die Daͤrmer 
ausgeht. Der erſte Magen oder Kropf iſt einen 
Schuh lang, der zweyte aber hoͤchſtens vier Zoll. 
Die Nieren ſind nichts anders als eine Sammlung 
von blaßrothen Druͤſen, die rechte Niere aber liegt 
höher als die linke. Alle Daͤrmer, Nieren und Ho⸗ 
den find mit einem weißen und weichen Fette beklel⸗ 
det, welches, ſo bald es geſchmolzen wird, wie Oel 
fluͤßig bleibt. Die Knochen ſind nichts anders als 
knorplichte Rippen und e die, ee 
* 3 en 


16° 
Schwe⸗ 


iſche. 
Cher- 
ſea. 


in die Hand zu beißen. 


166 Dritte Cl. U. Ord. Schleichende Amph. 


bey den andern Schlangen, mit Muskeln bedeckt ſind, 
doch hat dieſe Natter das Vermoͤgen nicht, ſich ſo 
wie andere Schlangen zu winden, denn wenn man ſie 
mit der Hand beym Schwanze anfaͤßt und hangen 
a ſo kann fie den Kopf nicht herauf bringen, um 


16“ Die ſchwediſche Natter. Coluber 


Che. ſca. 


Man koͤnnte die jetzige vielleicht Erdnatter 
nennen, wir wollen fie aber die Schwediſche heiß 
fen, weil fie daſelbſt beſonders in ſumpfigten und nie: 
drigen Gegenden in den Weiden- und Erlengebuͤſchen 
von Smaland zu Hauſe iſt, und auch daſelbſt am 
giftigſten zu ſeyn ſcheint, weil fie oͤfters tödliche Bit 
f gegeben hat. Der Bitter zweifelt, ob fie wohl 
von der Otter No. 2. hinlaͤnglich verſchieden ſey, 
ohnerachtet ſie merklich kleiner iſt. Sie hat hundert 
und funfzig Bauchſchilde und vier und dreyßig Schwanz 
ſchuppen, in allen alſo hundert und vier und achtzig. 
Sie iſt kaum eine Spanne lang, und nicht dicker als 
ein Gaͤnſeſpul, dunkelroͤthlich, auf dem Ruͤcken mit 
einer gezaͤhnelten ſchwarzen Schnur gezeichnet, die 
Wich aus lauter kettenweiſe aneinander hangenden 
Vierecken beſteht, der Körper iſt von oben mit ein 
und zwanzig Reihen kleiner Schuppen gedeckt, und 
jede Schuppe hat eine erhabene Ruͤckennath. Der 
Kopf iſt platt, und hat einen roftfärbigen herzfoͤrmi⸗ 
gen Flecken Ben der Naſe befinden ſich einige weiß⸗ 
lichte Flecken. Die Oberlefzen find weiß, und gleich? 


ſam fägeförmig. Die Augen find klein, und über 


ſelbigen liegen zwey große Schuppen, die Stirn aber 
if mit einer Menge ſehr kleiner Schuppen beſetzt. 
Die Giftzaͤhne ſind wie gewoͤhnlich, beſchaffen, das 
Gift aber iſt heftiger als dasjenige, welches die vorher⸗ 
gehende europaͤlſche Natter von ſich giebt, Pr 
au 


125. Geſchlecht. Natter. 167 


auch die ſchwediſchen Bauern, wenn fie in die 
Zaͤhen gebiffen find, lieber ſogleich die Zaͤhe her⸗ 
unter hauen, als ſich in Todesgefahr begeben, denn 
die aͤuſſerlichen Mittel haben oft nichts geholfen, 
ſondern ſie ſind in einer erſchrecklichen Beaͤngſtigung 
in wenig Stunden geſtorben. Sind ſie aber in 
den ganzen Fuß gebiſſen, ſo legen ſie die naͤmliche 
Schlange zerquetſcht auf den Fuß, und graben den 
Fuß in die Erde ein, wodurch noch das Gift am 
beſten herausgezogen wird. Aldrovandus hat 
vermuthlich dieſe Schlange ſchon gekannt, wenig⸗ 
ſtens rechnet der Kitter deſſen eiſengraue und roſt⸗ 
faͤrbige Natter (Aſpis) hieher. 


17. Die Vippernatter. Coluber Preſter. 


Wir ſchmelzen hier zwey Wörter, naͤmlich 10 
Viper und Natter zuſammen, um eine ſehr gift at 
ge Schlange, die wegen ihrer ſchwarzen Farbe dop⸗Preſter. 
pelt ſcheußlich iſt, anzudeuten. Sie hat hundert 
und zwey und funfzig Schilde am Bauche, und 
zwey und dreyßig Schuppen unter dem Schwanze, 
und iſt uͤber und uͤber ſchwarz. Das Vaterland 
iſt der noͤrdliche Theil von Europa, beſonders 
Engelland. 


18. Die eckigte Natter. Coluber Angulatur, 


Sie hat hundert und ſiebenzehn Bauchſchilde 8. 
und ſiebenzig Schwanzſchuppen, überhaupt alſo hun: 9 9 
dert und ſieben und achtzig. Sie iſt braungrau, auf Ang 
dem Mücken mit ſchwarzen Bändern gezeichnet, und latus. 
kommt aus Aſien. Der Bitter giebt in ſeinen 
Amoenit. auch eine Art mit hundert und zwanzig 
Bauchſchilden und ſechzig Schwanzſchuppen an. Es 
wird hieher auch des Seba braunlinierte Schlange 
24 von 


168 Dritte Cl. II. Ord. Schleichende Amph. 


von Ceilon mit weißem Bauche und ſchief vier⸗ 
eckigten Schuppen, desgleichen noch eine braune 
weißbandirte american che Schlange gerechnet, 


19, Die blaue Natter. Coluber 
Cœeuſcus. 


Pian Der Bauch ict mit hundert und fuͤnf und ſech⸗ 
Matter. dig Schilden und der Schwanz mit vier und zwan⸗ 
Cœru- zig Schuppen beſetzt, mithin zuſammen hundert und 
leus, neun und achtzig. Der Ruͤcken iſt blau, der Bauch 

weiß, der Schwanz hochblau und ohne Flecken, 
und ſehr duͤnn an der Spitze. Der Kopf iſt laͤng⸗ 
lichtrund, und die Schuppen haben an der einen 
Seite einen weißen Flecken. Das Vaterland iſt 
America, jedoch hat Seba auch eine aͤhnliche 
aus Africa angefuͤhret. 0 


20. Die weiße Natter. Coluber albus. 


Weiße Sie hat hundert und ſiebenzig Bauchſchilde 
Natter. und zwanzig Schwanzſchuppen, mithin in allen hun⸗ 
Albus. dert und neunzig. Sonſt laͤßt ſich von ihr nicht 

viel ſagen, als daß ſie ſchneeweiß und ohne Flecken 
iſt. Man findet ſie in den Indien, Re | 


21.“ Die Otter. Coluber Aſpis. 


12 Otter und Natter waren ſonſt gleichlau⸗ 
tende Worte, wir haben demnach die erſte Benen⸗ 
nung für obige Art gewaͤhlet, und werden nicht noͤ⸗ 
thig haben, zu erinnern, daß es auch unter den 
vierfuͤßigen Gefhöpfen ein Thier gebe, das gleichs 
falls Otter, und weil es den Fiſchen nachit- Net, 
Fiſchotter genennet wird. Dieſe Otter aber iſt 
mit Matter einelen. Was nun die Benennung 
Aſpis 


125. Geſchlecht. Natter. 169 


Aſpis betrift, fo iſt es uns einerley, ob man fie 
von afpicere, weil fie einem ſcharf anſchaut, oder 
von acllpergere, weil fie ihren Gift ausbrel⸗ 
tet, oder von dem griechiſchen, Speirein, das 
iſt wie eine Schlange ziſchen, herleiten will. We⸗ 
nigſtens behalten die Franzoſen und Holländer 
das Wort Afpic, und es ſcheinet, daß die Heb⸗ 
raͤer dieſe Art durch Pethen verſtanden haben, da; 
von auch der Schlangen⸗Name Python gekommen 
it, Es ſcheint dieſelbe die Art zu ſeyn, mit 
welcher fo viele Zauberhaͤndel und vorgebliche Schlan⸗ 
gen- Beſchwoͤhrungen vorgenommen wurden, davon 
Dialm LVIII. 43. 7. Pred, Sal. X. 11. und 
Jerem. VIII. 17, Erwehnung gethan wird, wo 
zwar überall nur der allgemeine Name Nachaſch 
oder S:hlange vorkommt. Genug, dieſe Art ſoll 
gleichfalls giftig fern, und die Cleopatra hat fie 
durch ihren Tod berühmt gemacht. Der Herr Daus 
benton aber ſpricht ihr das Gift ab, wie denn auch 
die Egyptier ihre Kinder damit ſpielen Taffen, 
Vielleicht iſt ſie nur zu gewiſſen Zeiten giftig, wenn 
ſie naͤmlich viele giftige Materie geſammlet hat, und 
vielleicht ſind diejenigen, die in Frankreich und um 
Paris gefunden werden, welche Art der Ritter 
allhier meynet, von gelinderer Beſchaffenheit. 


Dem ſey nun wie ihm wolle, ſo hat gegen» 
waͤrtige Otter hundert und ſechs und vierzig Bauch⸗ 
ſchilde und ſechs und vierzig Schwanzſchuppen, zu: 
ſammen gezaͤhlt alſo hundert und zwey und neunzig. 
Die Farbe iſt roͤthlich, und der Ruͤcken iſt mit brau⸗ 
nen Flecken beſetzt, davon die obern in einen langen 
Strich zuſammen laufen, Uebrigens iſt fie der 
ſchwediſchen Natter No. 16. ziemlich ähnlich, 
nur daß fie größer iſt. 


L 5 22. Das 


22. 
Klein: 
auge. 
Typh- 
us. 


23» 
Bandir⸗ 
te Nat⸗ 
ter. Faſ- 
eiatus. 


© er⸗ 


22. Das Kleinauge. Coluber Typhlus, 


Typhlos heißt im griechiſchen ein Blinder, 
und da dieſe Natter ſehr kleine Augen hat, daß ſie 
faſt fiir blind angeſehen werden kann, fo nennen wir fie 
Kleinauge. Sie hat hundert und vierzig Bauch 
ſchilde und drey und funfjig Schwanzſchuppen, zu 
ſammen an der Zahl hundert und drey und neunzig. 
Die Farbe iſt blaͤulich und ungefleckt. Das Bas 
terland iſt Indien. Doch werden auch aͤhnliche 
dann und wann in Deutſchland gefunden, und 
wir trafen ſelbſt einmal eine dergleichen todt an, 
welche Ameiſen ausgefreſſen hatten, fo daß der 
Balg nur noch übrig war. Sle iſt nicht giftig. 


23. Die bandirte Natter. Coluber 
8 Fafcıatus. 
Es find an ſelbiger hundert und acht und zwan⸗ 
zig Bauchſchilde und ſieben und ſechzig Schwanz— 


ſchuppen oder in allen etwa hundert und vier und 
neunzig vorhanden. Die Schuppen ſind in der Mitte 


erhoͤhet und ſchwaͤrzlich, doch ſiehet man verloſchene 


weiße Binden, die ſich in den Seiten ſpalten. Der 
Bauch aber hat eben ſoviel verloſchene braune Bin⸗ 
den, als die Zahl der Schuppen ausmacht, und 
der Schwanz haͤlt alleine ein Viertel von der ganzen 
Laͤnge. Das Vaterland iſt Carolina. 


24. Die Kupfernatter. Coluber Lebetinus. 


Lebetinus wird alles Geſchirr genennet, was 
von Kupfer iſt, und weil dieſe Natter etwa eine 


ie Farbe hat, oder einen kupferichten ſpieglenden 


Glan von ſich wirft, fo wird fie alſo genennet. 
Der Qauchſchilde find hundert und fünf und funf⸗ 
dig / 


125. Geſchlecht. Natter. 171 


dig, der Schwanzſchuppen ſechs und vierzig, und 
dieſe machen eine Anzahl von zweyhundert und eins. 
Der Ruͤcken iſt wolkigt, und der Bauch braun ge: 
ſprenkelt. Der Herr Souttuin hingegen beſitzt 
eine Kup ferfaͤrbige, die hundert und zwey und ſech⸗ 
zig Bauchſchilde, aber nur vierzig Schwanzſchuppen 
hat, deren Kopf ſo duͤnne iſt, daß man ihn kaum 
vom Koͤrper unterſcheiden kann. Dieſelbe iſt ein 
und einen halben Schuh lang. Sie kommt aus 
Orient. Ne en 


25. Der Schwarzkopf. Coluber Me. 
lanocephalus, 


Man zaͤhlet an der gegenwärtigen Art hundert BR 
und vierzig Bauchſchilde, und zwey und ſechzig kopf. 
Schwanzſchuppen, folglich mit einander zweyhun⸗Mela- 
dert und zwey. Sie iſt braun, hat aber einen ſchwar⸗ noce- 
zen Kopf, und iſt daben ſehr glatt, Man bringt phalus, 
ſie aus America, 


26. Die geſchlaͤngelte Natter. Coluber 
| Cobella. 


| Cobella iſt eigentlich die indianiſche Be 286. 
nennung einer Schlange. Vermuthlich wird diefe _ Ge 
Natter alſo genennet, weil ſie auf dem aſchgrauen 17 05 
Ruͤcken lauter ſchiefe weiße Linien hat, als ob fie 5 50 1 
mit kleinen Schlangen bezeichnet waͤre, und darum Cobella 

nennen wir fie geſchlaͤngelte Natter. Sie hat hun⸗ 
dert und funfjig Bauchſchilde und vier und funfzig 
Schwanzſchuppen, zuſammen izweyhundert und vier. 
Hinter den Augen befindet ſich noch ein ſchiefer 
bleyfaͤrbiger Flecken. Der Bauch und die Kehle 
ſind weiß, aber zugleich weiß bandirt. Etliche ſind 
oben braun und mit großen weißen Schlaͤngelchen 


ge; 


Anmer⸗ 


kung. 


27, 
Koͤni⸗ 
ginnen⸗ 
Natter 

Reginæ 


172 Dritte Cl. II. Ord. Schleichende Amph. 


gezeichnet. Sie ſind nicht groß, und in America 
ſehr haͤufig. Das Maͤnnchen hat einen hochgewoͤlb⸗ 
ten Kopf. 

Ob nun eben alle Schlaugen einer Art auch 
in der Anzahl ihrer Schilde und Schuppen überall 
fibereinftimmen, iſt eine andere Frage. Der Herr 
Houttuin findet dieſen Umſtand bedenklich, und wir 
pflichten ſeinem Zweifel bey. Denn es iſt bekannt, 
daß der Herr Gronovius verſchiedene Cobellen 
anfuͤhret, davon eine hundert und drey und ſechzig 
Schilde, fünf und funfzig Schuppen, alſo zuſammen 
zweyhundertſ und achtzehn; eine andere hundert und 
fuͤnf und funfzig Schilde, vier und funfzig Schup⸗ 
pen, alſo zuſammen zweyhundert und neune; eine 
dritte hundert und ein und funfzig Schilde, ein und 
funfzig Schuppen, alſo zuſammen zweyhundert und 
zwey hat. Einige Abweichungen giebt der Bitter 
hin und wieder ſelbſt zu. Wie leicht wird aber ein 
Fehler im Zaͤhlen moͤglich ſeyn? Wie leicht er⸗ 
wiſcht auch ein Setzer eine andere Ziffer, die in der 
Correctur ſtehen bleibt? Wie leicht irret ſich die 
Natur, da die Schlangen jaͤhrlich eine neue Haut 
bekommen? Und iſt es denn auch ſchon ausgemacht, 
daß, wenn die Schlangen großer werden und wach— 
ſen, ihre Laͤnge ſich nicht auch mit einer meh⸗ 
rern Anzahl der Schilde und Schuppen vermehreu 
koͤnne; ſo wie man glaubt, daß ſich die Gelenke 
in der Klapper der Klapperſchlange mit der Anzahl 
der Jahre vermannigfaltigen? Veelleicht verdienen 
dieſe angegebenen Merkmale der Arten noch eine ges 
nauere Unterſuchuug und Beſtimmung. f 


27. Die Koͤniginnen⸗ Natter. Coluber 
Reg inæ. 
Wir haben Koͤnigsſchlangen, (ſiehe No. 4. 


des 124. Geſchlechts,) warum ſollten wir denn den 
Koͤni⸗ 


125. Geſchlecht. Natter. 173 


Königinnen nicht auch eine zueignen? Die jetzige 
mag es alſo ſeyn. Sie hat hundert und ſieben und 
drenßig Bauchſchilde und ſiebenzig Schwanzſchuppen, 
in allen zweyhundert und ſieben. Der Ruͤcken iſt 
braun, und der Bauch weiß und ſchwarz marmo⸗ 
rirt. Sie kommt aus den Indien. 


28. Die Reifnatter. Coluber Doliatus. 


Sie hat hundert und vier und ſechzig Bauch⸗ 
ſchilde und drey und vierzig Schwanzſchuppen, in 
allen aber zweyhundert und acht; iſt ſehr klein; 
und von Farbe weiß, jedoch mit ſchwarzen Schilden, 
wovon allezeit zwey und zwey dichter beyſammen 
ſtehen, auch nicht einmal den Bauch ganz umge⸗ 
ben, ſondern in den Seiten, vermittelſt eines 
ſchwarzen Strichs, mit dem weiter abgelegenen ver⸗ 
bunden werden, ſo, daß ſie dadurch auch uͤber dem 
Ruͤcken geringelt erſcheinet, und dieſes gibt ihr das 
Anſehen, als ob ſie mit Reifen gleich einem Faße 
umgeben wäre; daher denn obige Benennung ges 
nommen iſt. Dieſe ſeltene Natter koͤmmt aus Ca⸗ 
rolina. 


29. Die Punctlinie. Coluber Ordinatus. 


Dieſe Natter fuͤhret an den Seiten eine or⸗ 
dentliche Reihe ſchwarzer Puncte, daher heißt ſie 
bey dem Ritter Ordinatus, welches wir durch 
Punctlinie ausdruͤcken. Am Bauche ſind hundert 
und acht und dreyßig Schilde, und am Schwanze 
zwey und ſiebenzig Schuppen, folglich in allen zwey⸗ 
hundert und zehn. Sie iſt klein, blaͤulich und mit 
ſchwarzen wolkigten Flecken beſetzt. Das Vater⸗ 
land iſt Carolina. 


30. Die 


28. 
Reif⸗ 
Natter. 
Dolia- 
tus. 


20. 
Punct⸗ 
linie. 
Ordi- 
natus. 


30. 
Mexica⸗ 
niſche. 
Mexi- 
canus. 


au“ 
Japani⸗ 


ſche. Se- 


174 Dritte Cl. I. Ord. Schleichende Amph. 
30. Die mexicaniſche Natter. Coluber 
Mexicanus. 

Der Ritter giebt von dieſer Schlange gar nichts 
an, als daß ſie hundert und vier und dreyßig Bauch⸗ 
ſchilde und ſieben und ſiebenzig Schwanzſchuppen, 
mithin in allen zweyhundert und eilf Schilde und 
Schuppen habe. Sie wird in America gefunden; 
| 
| 


31. Die japaniſche Natter. Coluber 

Severus. 1 
Die Benennung Severus iſt wohl von den 
Giftzaͤhnen dieſer Natter hergenommen, wir aber 
geben ihr den Namen nach ihrem Vaterlande. Sie 


Tab. OI hat hundert und ſſebenzig Bauchſchilde und zwey und 


fig. 2. 


32. 
Schieß 
ſchlange 
Aurora. 


vierzig Schwanzſchuppen, überhaupt aber zweyhun: 
dert und zwölf: Der Farbe nach iſt fie aſchgrau mit 
weiſſen Binden, zwiſchen den Augen aber und hinter 
der Naſe befindet ſich eine aſchgraue Binde, doch 
hatte Seba eine, deren Farbe blaßroͤthlich, und 
der Ruͤcken mit gelben, brauneingefaßten Zeichnun⸗ 

gen, die den hebraͤiſchen Buchſtaben ahnlich ſahen / 

beſetzt war. Es iſt aber oben ſchon erinnert worden, 
daß die Farben kein beſtaͤndiges Merkmal der Arten 
ausmachen. Tab. VI. fig. 2. N | 


— — ä N ARE a | 

32. Die Schießſchlange. Coluber Aurora. 
1 

Weil dieſe Natter, deren Farbe ſonſt blaͤu⸗ 
lich iſt, einen gelben Ruͤcken hat, davon ſich der 
mittlere Strich auf das pomeranzenfaͤrbige ziehet 
fo hat fie der Ritter mit der Morgenroͤthe 
verglichen, und ſie Aurora genennt. Wir aber 
nehmen unſere Benennung von der Eigenſchaft, die 
fie hat, wie ein Pfeil mit groſſer Geſchwindigkeit 
aus 


125. Geſchlecht. Natter. 175 
aus den Baͤumen heraus zu ſchießen, und nennen ſie 
Schießſchlange, denn eben dieſer Umſtand war 
auch die Urſache, warum ſie von den Griechen 
Kippos und Acontias genennt wurde. Sie hat 
hundert und neun und fiebenzig Bauchſchilde und fies 
ben und dreyßig Schwanzſchuppen, mithin zuſammen 
zweyhundert und ſechzehn. Das Vaterland iſt Ame⸗ 
rica, beſonders aber Neuſpanien. Die Schup⸗ 
pen ſind viereckigt, und ſehen wie das Geſtricke eines 
Netzes aus. 


— 


Sıpedon; 

Wir müßen dießmal bey der Farbe bleiben, und 33. 
fie braune Natter nennen, weil fie ganz braun nu 
iſt, und uns für Sipedon eine andere Benennung Se 
mangelt. Sie hat hundert und vier und vierzig Jon. 
Bauchſchilde, und drey und ſiebenzig Schwanzſchup⸗ 
pen, in allen aber zweyhundert und ſtebenzehn. Der 
Herr Kalm hat fie in Nordamerica gefunden. 

34. Die barbariſche. Coluber Maurus. 
Weil der Herr Brander dieſe Natter in der 34 e 
Gegend Algier in der Barbarey entdeckte, fo ha⸗ 155 Ya 
ben beyde obige Benennungen ſogleich ihre Erflärung. Nau. 
Es find hundert und zwey und funfzig Bauchſchilde rus, 
und ſechs und ſechzig Schwanzſchuppen, in allen zwey⸗ 
hundert und achtzehn vorhanden. Der Körper iſt 

von oben braun, und der Ruͤcken mit zweyen Stri⸗ 

chen gezeichnet. Der Bauch hingegen iſt ſchwarz. 
Von den beſagten Strichen, die den Rüden belegen, 
gehen ſeitwaͤrts verſchiedene ſchwarze Striche nach 
dem Bauche zu hinunter. 


35. Die 


er 
Schlep⸗ 
pennat⸗ 
ter. 
Stola- 
tus. 


36: 
Schley⸗ 
ernatteꝛ. 
Vitta- 
tus, 


176 Dritte Cl. II. Ord. Schleichende Amph. 


35. Die Schleppennatter. Coluber 
N Stolatus. 


Es hat dieſe Natter auf einem grauen Grunde 
zwey ſchneewelße Baͤnder, die ſich die Laͤnge hinunter 
von dem Nacken über den Ruͤcken bis zur Schwanz 
ſpitze hinziehen, und dieſes veranlaßt den Kicter fie 
Stolatus zu nennen, welches wir mit einer Schlep— 
pe vergleichen. Sie hat hundert und drey und vier— 
zig Bauchſchilde, und ſechs und ſiebenzig Schwanz 
ſchuppen, folglich in allen zweyhundert und neunzehn, 
Das Vaterland ft Aſien, und die Portugt jen 
daſelbſt nennen dieſelbe Chayquarona. Die Schil⸗ 
de haben auf beyden Seiten einen ſchwarzen Puget, 
und der Rachen iſt mit den bekannten Giftzaͤhnen 
verſehen. 


36 Die Schleyernatter. Coluber 
Vittatus. 


Dieſe außerordentlich ſchoͤne Schlange hat hun— 
dert zwey und vierzig Bauchſchilde und acht und fies 
benzig Schwanzſchuppen, folglich in allen zweyhun⸗ 
dert und zwanzig. Doch diejenige, welche der Herr 
Gronovius anfuͤhret, hat uͤberhaupt nur zweyhun⸗ 
dert und ſiebenzehn Schilde und Schuppen. Sie iſt 
caſtanienbraun, und hat unter dem Schwanze ein ge⸗ 
zaͤhneltes Band von weißer Farbe, deſſen Faden wie 
die Schleyer geſchlungen find. Daher obige Bes 
nennungen genommen worden. Das Vaterland iſt 
America, jedoch war diejenige, die Seba hatte, 
aus Ceilon. Die Schilde haben an der Americas 
niſchen einen braunen Rand. Es giebt aber noch 
mehrere ſchoͤne Verſchiedenheiten, welche hieher koͤn⸗ 
nen gerechnet werden, insbeſondere diejenige, welche 
einen ziſchend⸗ pfeifenden Ton von ſich giebt. 


37. Die 


125. Geſchlecht. Natter. 177 
37. Die Grießnatter. Coluber Milia ıs, 

Wir nennen dieſe die Grießnatter, weil ſie 37. 
von oben auf einem braunen Grund eine Menge klei- Grieß⸗ 
ner weißen Flecken hat, als ob fie mit Grieß beſtreuet Natters 
waͤre. Sie hat hundert zwey und ſechzig Bauchſchil⸗ is. = 
de und neun und funfzig Schwanzſchuppen, in allen 
aber zweyhundert und ein und zwanzig. Was die be⸗ 
ſagte Grießflecken betrift, ſo beſtehen ſie in weißen Pun⸗ 
cten, davon jede Schuppe allemal eine in der Mitte 

ehen hat. Von unten aber iſt ſie ganz weiß. Das 
Vaterland iſt Indien. 
38. Die Aeſculapſchlange. Coluber 
f Aeiculapıı. 

Es wurde dieſe Natter ehedem dem Aeſculap 38. 
geweihet und hat daher den Namen Aeſculapſchlan— Aeſeu⸗ 
ge erhalten. Nach dem Alelian heißt fie im Grle⸗ ſchlan 15 
chiſchen Pareas, es ſey wegen der dickgeſchwollenen gelcu— 
Backen, oder von ihrer gelinden und unſchaͤdlichen Art, lapii 
oder auch von ihrer gruͤnlichen Farbe Sie hat hun- Lab. VI 
dert und achtzig Schilde und dren und vierzig Schuppen, 8. 8 
in allen zweyhundert und drey und zwanzig. Doch zählt 
man auch an einem ſchwediſchen Exemplar hundert 
und vier und ſiebenzig Schilde und ſieben und vierzig 
Schuppen, welches alſo nur zweyhundert und ein und 
zwanzig macht. Genug es giebt etliche Verſchledenhel⸗ 
ten, die auch der Farbe und Zeichnung nach unterfchieden 
lan Die Beſchreibung, welche der Ritter giebt; 

auft darauf hinaus, daß ſie mit weißen und ſchwar⸗ 
zen Banden beſetzt iſt, welche durch eine Linſe und 
einen weißen Ring gleichſam in zwey Theile abge⸗ 
theilt ſind. Seba hingegen giebt eine Aeſculap⸗ 
ſchlange von Panama in America an, die oben 
dunkel, unten aber blaßblau und bandirt iſt. Sie 
he Tab. VI. fig. c. Sie hat krumme zuruͤckgebo⸗ 
gene Zaͤhne, ſo daß ſie ihren Raub recht gut faßen 
Linne III. Theil. M kann⸗ 


178 Dritte Cl. II. Ord. Schleichende Amph. 


kann. Die Braſilianiſche wahre Aeſculapſchlan⸗ 
ge iſt weißlich und wuͤrfelweiſe mit Schuppen beſetzt, 
und auf dem Ruͤcken braun gefleckt. Ueberhaupt ſind 
dieſe Schlangen bandirt, und haben einen langen ſpi⸗ 


tzigen Schwanz. 


309. 
Blau⸗ 
wuͤrfel. 
Rhom- 
beatus. 


40. 
Him 
mel: 
blaue. 
Cya- 
neus. 


47 v 
Ringel⸗ 
natter. 


Natrix. 


39. Der Blauwuͤrfel. Coluber Rhom- 


beatus. 


Dieſe Natter iſt blaͤulich, hat laͤnglich viereckig 
te ſchwarze Flecken, die aber in der Mitte blaß ſind, 
daher obige Benennung genommen iſt. Es ſind 
hundert und fieben und funfzig Bauchſchilde und fies 
benzig Schwanzſchuppen, in allen aber zweyhundert 
und fieben und zwanzig vorhanden. Das Vaterland 
iſt gleichfalls Indien. 


40. Die himmelblaue Natter. Coluber 
Cyaneus. 


Dieſe unvergleichliche Schlange iſt von oben 
praͤchtig ſammetartig himmelblau. Sie hat hundert 
und neunzehn Bauchſchilde und hundert und zehn 
Schwanzſchuppen, in allen zweyhundert und neun 
und zwanzig. Die Geſtalt iſt uͤbrigens einer langen 
dünnen Peitſche ſehr ähnlich, wie diejenige Schlan⸗ 
ge, welche unten No. 83. vorkommen wird. Sie iſt 
deſto ſchoͤner, weil ſie an den Seiten nach unten zu 
graßgruͤn iſt, und kommt aus America. ö 


41. Die Ringelnatter. Coluber Natrix. 


Von dieſer Art, welche eine Europaͤiſche iſt, 
ſtammt die ganze Benennung der Natter her, und 
weil ſie zu beyden Seiten des Halſes einen weißen 


Tab. VI Flecken hat, der ihr das Anſehen gibt, als ob ſie ein 


fig. 3. 


Halsband umhaͤtte, fo wird fie Ringelnatter genennt, 
wie denn auch die Franzoſen ihr den Namen Co- 
| leuvre 


125. Geſchlecht. Natter. 179 


leuvre a Collier geben. Daß aber die Alten ihr 
den Namen Natrix gaben, kommt daher, weil fie 
im Waſſer geſchwinde ſchwimmen kann, und darum 
heißt fie auch bey etlichen Hydrus oder Wafferfchlans 
ge. Sie iſt ganz unſchaͤdlich und beißt nicht, ſon⸗ 
dern ziſcht und blaͤßt nur. Doch find etliche Verſchie⸗ 
denheiten davon vorhanden. Die Schwediſche 
Snoke oder Ring-Orm, zeigt ſich in den Ställen 
und Haͤuſern, die Franzoͤſiſche halt ſich in Words 
ſten und an den Hecken auf, und diejenige, welche 
man in Geldern antrift, ſind gerne auf den Aeckern 
und in den Viehſtaͤllen, daher man ſie beſchuldigt, 
daß ſie der Milch nachſtellen, wiewohl ihre Nahrung 
ſonſt in Gras, Kraut und allerhand Inſecten, ja Ra⸗ 
tzen und Maͤuſen beſteht. 


Sie hat hundert und ſiebenzig Bauchſchilde und 
ſechig Schwanzſchuppen, in allen zweyhundert und 
dreyßig; iſt auf dem Ruͤcken ſchwarz und am Bau⸗ 
che weiß, uͤbrigens aber verſchieden gefleckt oder auch 
wohl geſtreift, das Halsband iſt bey einigen gelb, 
bey andern weiß, geht an etlichen um den ganzen 
Hals, oder ziert auch nur die beyde Seiten des Halſes. 


In der Provinz Holland und Weſtfrießland 
teift man manche Verſchiedenheiten an, da ſie in den 
Moraͤſten, Torflaͤndern und Heiden gefunden wer, 
den. Etliche ſind braunroth, andere marmorirt oder 
zierlich gefleckt, wiederum andere braun mit gelben 
Flecken am Halſe. | | 


Unter andern wird hier eine ſolche Ringelnatter 
oder Waſſerſchlange mitgetheilt, welche in dem ſo⸗ 
genannten Diemermeere, (ein ausgeteichter und 
mit lauter Luſthaͤuſern und Landguͤthern angebauter 
See, ohnweit Amſterdam) gefunden worden. 
Siehe Tab. VI. fig. 3. Dieſelbe hatte hundert 
und ſechs und achtzig Bauchſchilde, und ſechzig 
Schwanzſchuppen, war auf dem Ruͤcken blaͤulich, wie 
W M 2 auch 


180 DritteCl. II. Ord. Schleichende Amph. 


auch am Kopfe, Halſe und an der Kehle; am Bau⸗ 
che aber und am Schwanze untenher kohlſchwarz, 
und die Laͤnge erreichte zwey und einen halben Schuh. 
Dieſe Schlangen werden auch Anguille de Haye 
genennt, und von einigen unter dem Namen der Aa 

le geeſſen. 155 


Sie bringen ihre Jungen nicht lebendig zur 
Welt, ſondern legen ihre Eyer in Loͤcher, deren Defnuns 
gen nach Suͤden gerichtet ſind, und zwar an den Ufern 
der Gewaͤſſer, oder in Miſthaufen. Dieſe Eyer find 
in einen laͤnglichen Buſch, vermittelſt einer zaͤhen 
Feuchtigkeit aneinander gekittet. Ihre Pergament⸗ 
ſchale iſt äußerlich weiß, etwa fo groß wie ein Tau⸗ 
beney. Wenn diefe Eyer im Waſſer ſinken, fo fin 
det man ſchon eine ordentlich aufgewickelte junge 
Schlange darinnen, welche in einer weißlichen Feuch⸗ 
tigkeit liegt, und am Bauche vermittelſt einer Schnur 
an einem einen Zoll breiten Mutterkuchen befeſtigt 
iſt. Oefnet man ein ſolches Ey, ſo kann man dieſe 
aufgewickelte Schlange heraus nehmen, ohne daß man 
einiges Leben entdeckt, aber nach und nach entwickelt 
ſie ſich von ſelbſten und ſchleicht davon. 


Die Eingeweide ſind bey dieſer Art wie an den 
uͤbrigen Nattern beſchaffen. Sie hat keine Gift⸗ 
zaͤhne, wohl aber eine Reihe feiner Zaͤhnchen, 
welche den Kiefern das Anſehen einer zarten Saͤge 
geben. Ihre Bewegung iſt nur ein ſchlaͤngelndes 
Schleichen, keineswegs aber ein Schieſſen oder Sprin⸗ 
gen, wie fonft wohl andere Nattern zu thun pflegen. In 
Daͤnnemark werden ſchwarze, blaue, graue und 
auch ſchneeweiſſe Ringelnattern gefunden. Man giebt 
ſie dem Viehe in Krankheiten cin, bedient ſich der 
Haut in ſchweren Geburten der Weiber ſtatt eines 
Gurts, hält fie in Italien für eine Arzney und ſtaͤr⸗ 
kende Speiſe, ja man maͤſtete an andern Oertern die 
Huͤhner damit, indem man ſie kochte, und zu einem 

Brey 


125. Geſchlecht. Natter. 181 


Brey knetete, um hernach durch das Fleiſch dieſer 
Huͤhner, die alſo gemaͤſtet waren, Perſonen zu hei⸗ 
len, die an einem Verfall der Kraͤfte oder ſonſt ir⸗ 
gend an einem Unvermoͤgen laborirten. 


42. Der Schleuderer. Coluber Agilis. 


Dieſe Natter iſt in ihrer Bewegung ſehr ger 42. 
ſchwinde, und darum nennen wir fie Schleude⸗ Schlen⸗ 
rer. Sie hat hundert und vier und achtzig Schils Dan 
de und funfzig Schuppen in allen zweyhundert und Ns 
vier und dreyßig. Der Koͤrper iſt braun und weiß 
bandirt, doch ſind die weiſſen Baͤnder eines ums an⸗ 
dere die Haͤlfte ſchmaͤler, und wiederum noch einmal 
ſo breit, denn auf ein ſchmales weißes Band folgt 
hernach wieder ein breites, ſodenn wieder ein ſchma⸗ 
les, und ſo weiter. Das Vaterland iſt Indien. 


43. Der Milcher. Coluber Lacteus. 


Sie hat zweyhundert und drey Schilde, und zwey- Milher: 
und dreyßig Schwanzſchuppen, folglich in allen zwey⸗ I. 
hundert und fuͤnf und dreyßig, und iſt giftig. Ueb⸗ 
rigens iſt fie auf einem milchweiſſen Grunde mit ſchwar⸗ 
zen Flecken, die paarweiſe ſtehen, gezeichnet. Der 
Kopf oder Wirbel iſt gleichfalls ſchwarz, doch aber 
die Laͤnge herab mit einem weiſſen Striche geziert. 
Das Vaterland iſt Indien. 


44. Der Pfeilſchoß. Coluber Jacu- 


lato. 


Man kann leicht erachten, daß die Benennung 44. 
von ihrer Bewegung hergenommen iſt, da ſie wie 10 
Eu Pfeil fortſchießt. Es 0 za und dren ſch Jacula- 


to. 


182 Dritte Cl. II. Ord. Schleichende Amph. 


ſechzig Schilde und ſieben und ſiebenzig Schuppen, 
in allen aber zweyhundert und vierzig vorhanden. 
Sie ſieht aber uͤbrigens, wie die linierte Natter No. 49. 
aus, und kommt aus Suriname. 1. 


45. Der Hofjunker. Coluber Aulicus. 


44. Die Livree und bunte Zeichnung mag wohl zu 
Hofſun⸗ der Benennung Gelegenheit gegeben haben. Es be⸗ 
ker. Au- finden ſich an dieſer Art hundert und vier und acht ig 
licus. Bauchſchilde und ſechzig Schwanzſchuppen, zuſam⸗ 

men zweyhundert und vier und vierzig. Der Koͤrper 
iſt grau, und von oben weiß bandirt, doch geht jede 
Binde zur Seiten gabelfoͤrmig aus. Der Wirbel 
iſt gleichfalls weiß. Sie kommt aus America. 
Diejenige, welche der Bicter aus dem Seba 
hieher rechnet, hat kleine roſtfaͤrbige Schuppen und 
aſchgelbe Baͤndchen, iſt aber uͤbrigens über dem Koͤr—⸗ 
per wuͤrfelartig marmorirt, am Kopfe ſchoͤn gezeich— 
net, am Bauche blaßgelb, und kommt aus Braſi⸗ 
lien, woſelbſt ſie Raphiati genennt wird. 


46. Der Juwelierer. Coluber Monilis. 


Fine Monile iſt eine mit Buckeln oder Perlen oder 

fierer. auch mit andern Juwelen beſetzte Halszierde, auch 

Moni. wird ein mit ſchoͤnen Buckeln beſetztes Pferdgeſchir⸗ 

lis. re Monile genenat; weil nun dieſe Natter auf 
dem Ruͤcken eine Binde mit den obigen weiſſen Pun⸗ 
cten oder Perlen führt, fo hat fie obigen Namen 
erhalten, den wir mit Juwelierer vertauſchen. Sie 
hat hundert und vier und ſechzig Vauchſchilde, und 
zwey und achtzig Schwanzſchuppen, in allen aber 
zweyhundert und ſechs und vierzig. Sonſt iſt der 
Koͤrper mit Ringen beſetzt. Das Vaterland iſt 
America. 


47. Gelb⸗ 


125. Geflecht. Natter. 183 
47. Der Gelbringel. Coluber Fulvius. 


Sie hat zweyhundert und achtzehn Bauch⸗ ir 
fhilde, und da der Schwanz nur einen zwölften ringel. 
Theil der Laͤnge ausmacht, auch nur ein und dreyßig Fulvius- 
Schwanzſchuppen, folglich in allen zweyhundert und 
neun und vierzig. Der Körper hat zwey und zwan— 
zig ſchwarze und eben fo viel gelbe Ringe, die 
mit den ſchwarzen abwechſeln, aber auch braun ges 
fleckt, und hinten und vorne weiß eingefaſſet ſind. 

Das Vaterland iſt Carolina. 


48. Die Blaßnaſe. Coluber Pallidus. 


Die blaſſe Farbe gibt ihr das Anſehen, als ob Plaz, 
ſie abgeſtanden waͤre, und die Farbe verlohren naſe. 
an Es find hundert und ſechs und funfzig Palli- 

auchſchilde, und ſechs und neunzig Schwanzſchup⸗ dus. 
pen porhanden, die zuſammen genommen eine Zahl 
von zweyhundert und zwey und funfzig ausmachen. 
Der Koͤrder hat hin und wieder einige graue Fle⸗ 
cken mit braunen Puncten, und in den Seiten 
nimmt man eine gedoppelte ſchwarze unterbrochene 
Linie wahr. Das Vaterland iſt Indien. 


49. Die linierte Natter. Coluber Lineatus. 


Die Anzahl der Bauchſchilde iſt hundert und An 
neun und ſechzig, und der Schwanzſchuppen vier ate 
und achtzig, welche miteinander zweyhundert und | incas 
drey und funfzig ausmachen. Die Farbe iſt blaͤu⸗ tus. 
lich, doch iſt die Laͤnge des Ruͤckens mit vier braunen 
Linien beſetzt. Das Vaterland iſt Aſien. Seba 
gibt ihr das Zeugniß, daß ſie außerordentlich ſchoͤn 
‚Ten, und aus feiner Beſchreibung erhellet, daß die 
Bauchſchilde mehr laͤnglich als viereckigte Schup⸗ 
pen find, die an den Seiten einen kleinen Fortſatz 

M 4 haben. 


58 
Brillen 
ſchlange, 
Tab. VI 


184 Dritte El. II. Ord. Schleichende Amph. 


haben. Auch giebt feine Abbildung Muthmaſſung, 
daß die Anzahl der Linien nicht bey allen einerley iſt. 
Die ſeinige war aus Ceylon. | 


50.“ Die Brillenſchlange. Coluber Naja, 


Wir haben dieſe Natter nicht ohne Urſache mit 
zwey Sternchen bezeichnet, denn fie iſt unter allen 
Schlangen die giftigſte, ſo daß ihr Biß in wenig 
Stunden unvermeidlich toͤdet. Sie wird von 
den Portusisten Cobras de Capello, gemeis 
niglich aber Cobra Cabelo genennet. Die Leya 
lonneſer geben ihr den Namen Noya. Ob nun da⸗ 
von die Linneiſche Benennung Naja genommen iſt; 
oder ob dieſelbe von den Najaden oder Waſſer⸗ 
nympben herſtamme, wollen wir nicht unterſchei⸗ 
den. Genug, ſie iſt unter dem Namen Brillen— 
ſchlange bekannt, und zwar weil ſie im Nacken 
eine vollſtaͤndige braune Zeichnung einer Brille hat, 
wenigſtens find die Oſtindiſchen dickhaͤlſigen aͤchten 
Brillenſchlangen alſo gezeichnet; doch die Weſtindi⸗ 
ſchen Duͤnhaͤlſitgen, und andere Verſchiedenheiten dies 
ſer Art haben keine ordentliche Brillenzeichnung, ſondern 
vielmehr einen geſchlaͤngelten Zug, in Geſtalt der mefa 
ſingnen Schlingen oder Schleifen an den Weibsklei⸗ 
dern, worein ſie die Haͤcklein ſchlagen, oder es kommt 
auch eine Zeichnung wie ein Angeſicht heraus, daher 
fie von den Indianern fir die Schlange ausgege⸗ 
ben wird, welche die Eva im Paradieſe verfuͤh⸗ 
rete, zumal ſie ſich ſtark aufrichten kann, und darum 
vom Kämpfer Tripudia Serpentum genennet 
wird, denn die Indianer treiben mit ihr allerhand 
Gauckeleyen, und laſſen dieſe Schlange aufrich⸗ 
ten und herumtanzen, welches poßirlich ausſtehet. 
Bey einigen Schlangen dieſer Art ſpannet ſich die 
Seitenhaut des Halſes aus und umgiebt den ach 

1 gleich 


gleich einer Kappe / und in dieſem Falle werden fie 
Kappenſchlangen genennet, und haben die bes 
ſagte Zeichnung hinten auf der Kappe. 


Man zaͤhlet an ihr hundert und drey und neun⸗ 

zig Bauchſchilde und ſechzig Schwanzſchuppen, in 
allen zwephundert und drey und funfzig. Die Far⸗ 
be iſt durchgaͤngig roͤthlich, grau oder gelblich, und 
im Cabinete zu Petersburg trafen wir blaſſe und 
weißliche an, ſo dick wie eines Mannes Arm, und 
verhaͤltnißmaͤßig lang, die alle aus dem Sebai⸗ 
Bo Cabinete, welches der Czar Peter I. von 
hm gekauft hatte, dahin gekommen waren, woſelbſt 
uns auch die Verſchiedenheit dieſer Art deutlich in 
die Augen leuchtete. Übrigens aber theilen wir 
Tab. VI. fig. 4. die Abbildung einer ſolchen 
Schlange mit, deren Brillenzeichnung mehr herz⸗ 
förmig iſt. 

Man giebt auch vor, daß aus dem Kopfe 
dieſer Schlange der ſo genannte Schlangenſtein 
komme, welcher eine giftwiderſtehende Kraft has 
ben ſoll. Allein es ſind dieſe Steine nur ein Be⸗ 
trug der Indianer, welche ſolche aus Aſche von 
gebrannten Knochen der Büffel, (ſiehe I. Theil, 
pag. 442. ſeq.) und Wurzeln, benebſt einer tho⸗ 
nigten Erde, backen; oder es iſt auch eine Compo⸗ 
ſition aus Natternpulver, Froͤſchen und Krebspul⸗ 
ver, gegrabenen Einhorn, lemniſchen Bolus und Vi⸗ 
perngallerte, welche hart gemacht wird, und einige 
Wirkung wider den giftigen Biß zu thun ſcheinet, 
wiswohl niemand noch dadurch vom Tode iſt erret⸗ 
tet worden. Das beſte Mittel iſt ein indianiſches 
Kraut, deſſen ſich die Innlaͤnder bedienen, und wel⸗ 
ches auch derowegen Ophiorhiza genennet wird. 
Inzwiſchen hat die Vorſehung ſchon geſorget, daß 
ſich dieſes Ungeheuer nicht zu ſtark permehret, denn 
Ki: hat einen Fend an der ſogenannten Pharao⸗ 

M f Ratze, 


186 Dritte Cl. U. Ord. Schleichende Amph. 


Katze, Viverra Ichneumon, (fiche den erſten 
Theil pag. 244.) welche dieſelbe toͤdet. 


51. Die gefleckte Natter. Coluber Padera. 


517. Sie hat hundert und acht und neunzig Bauch⸗ 
Gedeck ſchilde und ſechs und funfzig Schwanzſchuppen, in 
te Rat- allen zweyhundert und vier und funfzig. Die 
1 Grundfarbe iſt weiß, doch liegen uͤber den Ruͤcken 

viele Paare brauner Flecken, davon ein jedes Paar 
mit einer Linie an einander hängt, an! den Seiten 
aber ſtehen eben ſo viel einzelne Flecken. Das Va⸗ 
terland iſt Indien. 


52. Die graue Natter. Coluber Canus. 


Gre 0 Man zaͤhlt hundert und acht und achtzig 
Natter Bauchſchilde und ſiebenzig Schwanzſchuppen, in 
Canus. allen aber zweyhundert und acht und funfzig. Sie 
iſt weißlichgrau und hat braͤunliche Bande. An 
den Seiten ſtehen zwey ſchneeweiße Puncte. Das 
Vaterland iſt Indien. | 8 


53. Der Auslaͤnder. Coluber Getulus. i 


PA, Getulien war eine Landſchaft in Africa, und 
Aus- die Einwohner daſelbſt wurden Getuli genennet; 
länder. jedoch ſchreibet der Ritter diefer Natter das Land g 
eu Carolina in Weſtindien zum Vaterlande zu. 
lus. Da wir uns nun hier im Gedraͤnge befinden, fo 

wollen wir ſie Auslaͤnder nennen. Sie hat zwey⸗ 
hundert und funfzehn Bauchſchilde und vier und 
vierzig Schwanzſchuppen, zuſammen alſo zweyhun⸗ 
dert und neun und funfzig. Der Koͤrper iſt blaͤu⸗ 
lich ſchwarz, von oben mit ſchmalen gelben Baͤn⸗ 
dern beſetzt, die an den Seiten gabelfoͤrmig wer⸗ 

f den, 


125. Geſchlecht. Natter. 187 


den, und alſo gedoppelt den Bauch umgeben. Der 
Schwanz iſt einen fuͤnften Theil ſo lang als der 
Körper. Sie wird vom Catesby als eine Ame⸗ 
ricaniſche Schlange aus Carolina angegeben. 


54. Der Ziſcher. Coluber Sibilans. 


Es ziſchen zwar alle Schlangen, doch dieſe „4. 
Art wird eben die Kunſt am beſten verſtehen, und 8 
darum obigen Namen führen. Sie hat hundert Jans. 
und ſechzig Bauchſchilde und hundert Schuppen, in 
allen zweyhundert und ſechzig. Die Farbe iſt oben 
blau, unten weiß, doch iſt der Ruͤcken die Laͤnge 
hinunter mit ſchwarzen Baͤndern beſetzt. Sie kommt 
aus Ajien. Es giebt jedoch verſchiedene Abaͤnde⸗ 
rungen, und man hat nicht nur Aſiatiſche, ſon⸗ 
dern auch Africaniſche und Americaniſche. Se⸗ 
ba fuͤhret einen ſchoͤn gezeichneten Ziſcher aus Cey⸗ 
lon an, welcher daſelbſt Malpolon genennet wird, 
derſelbe hatte verſchiedene ſchoͤne Schnuͤre auf einem 
hellblauen Grunde, und ſo war auch der Africa⸗ 
niſche beſchaffen, welcher von den Einwohnern 
Hippo genennet wird. Der Americaniſche Zis 
ſcher aber hat breitere Schnuͤre von rother und 
weißer Farbe. 


55. Der Breitſchwanz. Coluber La- 
55 ticaudatus. 


Da der Schwanz an dieſer Art wider die Ge⸗ 8s. 
wohnheit der Schlangen horizontal platt, und am Breite 
Ende ſtumpf iſt, fo verdient fie obige Benennung (hmanj. 
wohl. Sie hat zweyhundert und zwanzig Vauch⸗ Rt 
Schilde und zwey und vierzig Schwanzſchuppen, in tus, 
allen zweyhundert ein oder zwey und ſechzig. Sie 

iſt aſchgrau und hat braune Baͤnder. Das Vater⸗ 

land iſt Indien. 

| | 56. Die 


188 Dritte Cl. II. Ord. Schleichende Amph. 
56. Die Papageyen⸗Natter, Coluber 


Slrtalis. 


Ra Es ſtehet zwar Sirtalis da, ſollte es aber nicht 

geyen⸗ auch Sittalis heißen koͤnnen? und dann müßte es 

Matter. ſoviel als Davagevenartig heißen. Wir tra⸗ 

Sirtalis, gen gar kein Bedenken, dieſe Art Papageyen⸗ 
Natter zu nennen, denn ihre ganze Farbe iſt voll⸗ 
kommen papageyen artig. Sie hat naͤmlich eine 
braune, fein geſtreifte Grundfarbe und uͤber der⸗ 
ſelbigen gehen die Länge hinunter drey gruͤnlichblaue 
Baͤnder, welches ja die Leibfarbe der Papageyen iſt. 
Sie hat hundert und funfzig Bauchſchilde und hun⸗ 
dert und vierzehn Schwanzſchuppen, in allen zwey— 
hundert zwey oder vier und ſechzig. Das Vater⸗ 
land iſt Canada. 


57. Der Tyrann. Coluber Atrox. 


77. Die Giftzaͤhne im obern Kiefer ſind ziemlich 
Tyrann. groß, daher ſiehet dieſe Schlange vorzuͤglich grau⸗ 
Atrox. ſam und tyranniſch aus. Es find hundert und ſechs 

und neunzig Bauchſchilde, und neun und ſechzig 

Schwanzſchuppen vorhanden, welche zuſammen zwey⸗ 
hundert und fuͤnf und ſechzig ausmachen. Die Farbe 
iſt aſchgrau, und die Schuppen haben in der Mitte 
einen erhabenen Ruͤcken. Der Kopf iſt oben und 
an den Seiten platt, eckigt und mit ſehr kleinen 
Schuppen gedeckt. Das Vaterland iſt Afien. Hie⸗ 
her rechnet der Herr Souttuin auch eine Natter, die 
ſich in ſeiner Sammlung befindet, welche ſehr 
lange Giftzaͤhne und hundert und drey und neunzig 
Bauchſchilde hat, deren Schwanzſchuppen aber kaum 
gezaͤhlet werden koͤnnen, weil fie fo klein find. Dieſe 
iſt oben grau, unten braun gefleckt, hat einen ſehr 
breiten eckigten Kopf, und iſt zwey und zwanzig 
Zoll lang. g ; ie 

58. Der 


125. Geſchlecht. Natter. 189 
58. Der Rundkopf. Coluber Sibon. 


Sibon iſt eine hottentottiſche Benennung, Rund, 
denn die Zottentotten nennen diejenigen Schlan⸗ kopf. 
gen, die einen weißen runden Kopf haben, Sibon, Sibon, 
daher geben wir dieſer Art den Namen Rundkopf. 

Es ſind an ſolcher hundert und achtzig Bauchſchilde 

und fünf und achtzig Schwanzſchuppen, in allen 
hundert und vier und ſechzig, vorhanden. Die 

Farbe iſt oben braͤunlich roſtfaͤrbig mit weißen Spren⸗ 

keln, unten weiß mit braunen Flecken. Das Vater⸗ 

land iſt Africa, wo man auch ſolche antrift, die 

oben gelblich und mit hellrothen Flecken beſetzt, 

unten aber weißlich grau und braunroth gefleckt 

ſind. 


59. Die Wolkenſchlange. Coluber Ne. 


bulaius, 


Dieſe Benennung iſt von der wolkigten Zeich 30. 
nung hergenommen. Man trift hundert und fuͤnf Wolken 
und achtzig Bauchſchilde und ein und achtzig us 
Schwanzſchuppen an, die zuſammen etwa zweyhun⸗ latus. 
dert fuͤnf oder ſechs und ſechzig ausmachen. Der 
Ruͤcken iſt braͤunlich aſchgrau gewoͤlkt, der Bauch 
aber weiß und braun melirt. Das Vaterland iſt 
America. Sie hat die Gewohnhelt, ſich den Fuß⸗ 
gaͤngern um die Beine zu wickeln, und feſt anzu⸗ 
halten. | 


60. Die Brunette. Coluber Fuſcus. 


= O0. 

Dieſe Natter iſt braͤunlich einfaͤrbig, doch mit Bru⸗ 
dem Unterſchiede, daß das braune bey der einen et⸗ 9 
was aufs aſchgraue, bey der andern auf das hin» Tab. VI 
melblaue ziehet. Sie wird ſehr groß oder vielmehr üg. 5. 
lang, denn der Geſtalt nach kommt ſie mit der a 
Peitſe f 


Ver⸗ 
ſchieden⸗ 
heiten. 


190 Dritte Cl. II. Ord. Schleichende Amphib. 


Peiſchſchlange No. 83. ziemlich überein. Der 
Schwanz iſt auch ungemein lang, daher man an 
ſelbigen hundert und ſiebenzehn Schuppen, und nur 
undert und neun und vierzig Bauchſchilde zaͤhlet, 
ati zuſammen zweyhundert und ſechs und ſechzig. 
Seba will fie den Aesculapſchlangen No. 38. 
beygezaͤhlet wiſſen, und gibt etliche Verſchiedenhei⸗ 
ten an. "PR e 
Diejenige, die wir hier Tab. VI. fig. 5. mit⸗ 
thellen, iſt aus Panama im mittaͤgigen America, 
und hatte auf dem Ruͤcken eine dunkelblaue Indi⸗ 
gofarbe, am Bauche aber war ſie blaſſer. Der 
Ritter hingegen beſchreibt die Seinige aſchgrau⸗ 
braun, mit laͤnglichen braunen Flecken hinter den 
Augen. Die Brafilisner nennen dieſe Schlange 
wegen ihrer Groͤße Boigiacu, und haben eine Art, 
der fie den Namen Ibiboboea oder Cobra de 
Corais geben. Selbige iſt auf dem Rücken brauarothy 
und am Bauche weiß. Die Amboiniſche Bru⸗ 
nettnatter iſt auf dem Ruͤcken zwar auch braun, 
aber an den Seiten des Bauchs gruͤnlich. Dieſelbe 
wird Sprünfchlange genennet, weil fie ſchießt 
wie das Waſſer ſpruͤtzet. Eine andere Braſtlia⸗ 
niſche iſt olivenfaͤrbig und rauh, dieſelbe wird 
Boitiapo genennet. Diejenige, die in Ceylon un⸗ 
ter dem Namen Pimberah bekannt iſt, hat eine 
roͤthliche Farbe mit braunen Flecken; und in der 
Sammlung des Herrn Souttuins befindet ſich eine, 
die oben blau und unten ſeegruͤn iſt, jedoch eine am 
dere Anzahl von Schilden und Schuppen hat. Es 
ſcheinet alſo, daß die Einfaͤrbigkeit und die vier 
eckigten Schuppen oder netzartige Bekleidung des 


+ 


Korpers, nebſt den großen Augen, das vorzuͤglich⸗ 


| Lebens⸗ 
art. 


ſte Merkmal ausmachen. 
Sie haben krumme zuruͤckgebogene Zähne, pas 


cken gut an, und was ſie anfaſſen, muß e 
a die 


= - 


125. Geſchlecht. Natter. 191 


die Kehle; jedoch riechen und ſpuͤhren ſie den Ge⸗ 
genſtand zuvoͤrderſt wohl aus, und betrachten ihn mit 
mit ihren großen Augen genau, ob er ihnen zur Speiſe 
tauglich iſt und behagt. Gemeiniglich ſtellen ſie 
den Ratzen, Maͤuſen und Voͤgeln nach. Den Men⸗ 
ſchen thun ſie nichts, und ſind ganz unſchaͤdlich, ja 
die Indianer eſſen ſelbige, und halten ſo viel auf ſie, 
als auf eine große Delicateße, indem ihr Fleiſch 
muͤrber, weiſſer und ſchmackhafter als Huͤhnerfleiſch 
ſeyn ſoll. ö 


61. Die Bleynatter. Coluber Saturninus. 


Sie hat hundert und ſieben und vierzig Bauch⸗ Bley 
ſchilde und hundert und zwanzig Schwanzſchuppen, natter. 
in allen aber zweyhundert und fieben und ſechzig. Satur- 
Der Ruͤcken iſt bleyfaͤrbig und dabey aſchgrau ge, Minus. _ 
woͤlbt. Die Augen find an dieſer, wie an der vo⸗ 
rigen, ſehr groß. Das Vaterland iſt gleichfalls 
Indien. ö 


62. Der Weißkopf. Coluber Candidus. 


Die Anzahl der Schilde belauft ſich auf wen. Weiß, 

1 0 und zwanzig, und der Schwanzſchuppen auf fopf. 
unfzig, welche zuſammen zweyhundert und ſiebenzig Candi- 
ausmachen. Der Kopf iſt ganz weiß, der uͤbrige dus. 
Koͤrper aber weiß mit braunen Banden. Dieſe Art 

kommt gleichfalls von Indien. Der Herr Hours 

tuin hatte eine, welche drey Schuh lang und drey⸗ 

viertel Zoll dicke war. Sie hatte auf der weiſſen 

Haut hin und wieder breite unordentlichgeſetzte caſta⸗ 
nienbraune Bande. 


63. Schneeſchlange. Coluber Niveus. 63. 


Weil fie ſchneeweiß iſt, nennen wir fie dle 1 8 
Schneeſchlange, ob fie gleich in einem heiffen Lande, ge. Ni- 
u nämlich veus- 


192 Dritte Cl. II. Ord. Schleichende Amph. 


64. 
Sta⸗ 
chelnat⸗ 
ter. Sea; 

ber. 


naͤmlich in Africa zu Hauſe iſt. Die zweyhundert 
und neun Bauchſchilde, und zwey und ſechzig Schwanz⸗ 
ſchuppen machen bey ihr eine Anzahl von zweyhundert 
und ein und ſiebenzig aus. Sie gehoͤrt ihrer Gifts, 
zaͤhne halben unter die ſchaͤdlichen Schlangen. Hle⸗ 
her gehört auch des Seba lybiſche Schlange, weh 
che auf der weiſſen Haut ſchwaͤrzliche Flecken hat, 
und deren Schuppen uͤber den Ruͤcken reihenwelſe 
gleich einer Kette liegen, 


64. Die Stachelnatter. Coluber Scaber. 


Weil die Schuppen dieſer Schlange in der Mit⸗ 
te erhöht und zugeſpitzt find, fo machen fie eine raus 
he Oberfläche , daher ſich obige Benennungen rechte 
fertigen laſſen. Es find zweyhundert und acht und 
wanzig Bauchſchilde und vier und vierzig Schwanz⸗ 
en vorhanden, mithin zuſammen zweyhundert 
und zwey und ſiebenzig. Die Farbe iſt braun und 
ſchwarz gerölft. Auf dem Wirbel zeigt ſich ein 
ſchwarzer Flecken, welcher nach hinten zu gabelfoͤr⸗ 
mig auslaͤuft. Das Vaterland iſt Indien. 


65. Der Kielruͤcken. Coluber Carinatus. 
Da an diefer Art der Ruͤcken ſcharf, erhaben und 


kielfoͤrmig iſt, fo laſſen ſich obige Benennungen leicht 
. erklären. Man zähle hundert und ſieben und funfzig 


Bauchſchilde, und hundert und funfzehn Schwanz⸗ 
ſchuppen/ alſo zuſammen zweyhundert und zwey und 
ſiebenzig. Sie iſt bleyfaͤrbig, doch haben die Schup⸗ 
pen einen blaſſen Rand, und der Bauch iſt ganz 
weiß. Sie wohnt in Indien. 


66. Die 


125. Geſchlecht. Natter. 193 


66. Die Corallennatter. Coluber 
Coraliınus, 


Sie führt diefen Namen, weil vom Kopfe an 
die Länge tiber den Ruͤcken ſechzehn Schnüre hinlau- 
fen, die wie Corallenſchnuͤre ausſehen, und ſich zur Haͤlf⸗ 
te des Koͤrpers in Schuppen verwandeln. So iſt 
wenigſtens die Amboiniſche des Seba beſchaffen. 
Ihre Lange iſt am Bauche mit hundert und drey und 
neunzig Schilden, und am Schwanze mit zwey und 
achtzig Schuppen beſetzt, welche zuſammen genommen 
zweyhundert und fuͤnf und ſiebenzig Reihen ausma⸗ 
chen. Sie iſt ſchimmelfaͤrbig und hat drey braune, 
die Länge hinunter ſtreichende Baͤnder, die Schuppen 
liegen weitſchichtig, und unten iſt die Farbe blaß mit 
grauen Puncten. Sie wohnt in Aſien, hat Gift 
zaͤhne, und kann Eidechſen verſchlucken, die ſo groß 
ſind wie ſie ſelbſt. 


67. Der Eyerfreſſer. Coluber Ovivorus. 
Der Herr Kalm fand dieſe in Nordameri⸗ 


ca, doch halt ſich in Braͤſtlien eine aͤhnliche auf, 
welche daſelbſt Guinpuaguara genennt wird. Es 


ſind zweyhundert und drey Bauchſchilde und drey und a 


ſiebenzig Schwanzſchuppen, in allen zweyhundert und 
ſechs und fiebenzig vorhanden; doch der Herr Hout-⸗ 
tuin beſitzt eine, welche hundert und neun und neun⸗ 
zig Bauchſchilde und vier und ſiebenzig Schwanz⸗ 
ſchuppen hat, alſo zuſammen zweyhundert und drey 
und ſiebenzig. Dabey dieſer Umſtand merkwuͤrdig 
iſt, daß in Abſicht auf den Schwanz ſich erſt vier paar 
Schuppen, dann ſechs Schilde, und hernach noch 
vier und ſechzig paar Schuppen zeigen welches eini⸗ 
germaſſen mit der Bauart der Klapyerfchlangen uͤber⸗ 
ein kommt. Uebrigens war dieſe S vlauge weiß ſehr 
dicke, und wurde Tjerri-Tjerri-S ylange genennt. 
Linne III. Theil. N 68. Ei⸗ 


66. 
Coral⸗ 
lennat⸗ 
ter. 
Coral. 
linus. 


194 Dritte Cl. II. Ord. Schleichende Amph. 
68. Die Eidechſennatter. Coluber 


Saurita, 


6. Vauxa iſt die Benennung, womit Plinius uns 
Eidech ſere gemeine Eidechſen belegt. Weil nun dieſe 
ſennat⸗ Schlange gruͤnlich iſt, und auf dein Rücken in einem 
ter. braunen Grunde drey gruͤne Linien hat, mithin faſt 
Sauritas ſo wie die gemeine Eidechſe gezeichnet iſt, fo kann fie 
obige Benennungen mit Recht fuͤhren. Sie hat 
hundert und ſechs und funfzig Bauchfthilde ; und hun⸗ 
dert und ein und zwanzig Schwanzſchuppen, in allen 
zweyhundert und ſieben und ſiebenzig, und kommt 
aus Carolina. 
69. Der Wuͤrger. Coluber Conſttictor. 
60. Dieſe Natter, die man in NTordameklca fin; 
Würger. det, fälle die Menſchen an, wickelt ſich um die Füß 
Con- fe, und wuͤrget fie mit Gewalt, daher wir fie den 
ſtrictor. Würger nennen. Es find hundert und ſechs und 
achtzig Bauchſchilde und zwey und neunzig Schwanz⸗ 
ſchuppen, in allen zweyhundert und acht und ſiebenzig 
vorhanden. Sie iſt ſchwarz, ſchmal, ſehr glatt, uns 
ten blaßblau, hat eine weiſſe Kehle, läuft ſehr ge; 
ſchwinde, und beißt heftig, jedoch ohne Gift, weil 
ihr die Giftzaͤhne mangeln. 


70. Die Fahlnatter. Coluber Exoletus. 


70. Die Benennung Exoletus zielt vermuthlich auf 
Fahl, die blaſſe oder fahlblaue Farbe, daher wir fie auch 
192015 Sahlnatter nennen. Sie hat hundert und ſieben 
tu. und vierzig Bauchſchilde, und hundert und zwey und 
dreyßig Schwanzſchuppen, mithin zuſammen zwey⸗ 
1 55 17 neun 15 a: Sonſt 10 die 155 
alt des Koͤrpers den Peit angen aͤhnlich. Das 
Vaterland iſt Indien. wee en * 
71. Waſ⸗ 


125. Geſchlecht. Natter. 195 
71. Die Waſſernatter. Coluber Situla, 


Situla bedeutet eigentlich ein Geſchirr, damit 7. 
man Waſſer ſchoͤpft, und darum nennen wir fie War Waſſer⸗ 
ſernatter, zumal ſie in einer waͤſſerichten Gegend, AUT: 
namlich in Egyoten gefunden wird, woſelbſt fig ala. 
Herr Haſſelquiſt angetroffen hat. Sie har zwey⸗ 
hundert und ſechs und drenßig Baͤuchſchilde, und 
uuf und vierzig Schwanzſchuppen, zuſammen zwey⸗ 

undert und ein und achtzig. Die Farbe iſt grau, 
und über den Ruͤcken laͤuft die Laͤnge herab ein Band, 
welches zu beyden Seiten mit einem ſchwarzen Ran⸗ 
de eingefaßt iſt. 
72. Der Dreyſtrich. Coluber Trifcalis, 

Witr nennen dieſe auf gerathewohl Dreyſtrich, 55 2: 
weil der Rücken mit drey braunen Strichen beſetzt ri 
iſt, die im Nacken miteinander verbunden find, und Priles. 
davon der mittlere uͤber dem After aufhoͤret, die zwey lis. 


neunzig Bauchſchilde, und neunzig Schwanzſchuppen / 
folglich in allen zweyhundert und achtzig: 
73. Die Blatternatter. Coluber Guttätüs. 
Mie nennen fie Blarternatter, weil fie auf 4,3. 
einem blauen Grunde rothe und ſchwarze Flecken hat, „ate 
die wie Waſſertropfen oder Blatterflecken ausſehen. Gutta. 
N 2 Man tus. 


196 Dritte Cl. II. Ord Schleichende Amph. 


Man zählt an ihr zweyhundert und drey und zwan⸗ 
zig / zwey hundert und fieben und zwanzig, oder auch 
zweyhundert und dreyßig Bauchſchilde und ſechzig 
Schwanzſchuppen, ſo daß die ſaͤmtliche Anzahl etwa 
zweyhundert und vier und achtzig mehr oder weniger 
ausmachen moͤgte. Die Seiten ſind ſchwarz, wo die 
Schilde mit den Schuppen vereiniget ſind. Der 
Bauch hingegen hat viereckigte, eins ums andere ſte⸗ 
hende, ſchwarze Flecken. Der Schwanz iſt ein 
Sechstel lang, und das Vaterland iſt Carolina. 


74. Die Bandnatter. Coluber 


Lemniſcatus. 


94. Sie hat zweyhundert und funfzig Bauchſchilde 
Band: und ſieben und dreyßig Schwanzſchuppen, in allen aber 
In zweyhundert und ſieben und achtzig. Doch beſaß Herr 
nifeatus Houttuin auch eine Ceiloniſche von zweyhundert 
und acht und fuufzig Bauchſchilden und vier und vier⸗ 
sts paar Schwanzſchuppen, die alſo dreyhundert 
und zwey ausmachten. Diejenige, die der Ritter ans 
fuͤhrt, iſt nicht dicker als ein Schwanenkiel, ein und 
einen halben Schuh lang mit weiſſen und ſchwarzen 
unterbrochenen und abwechſelnden Ringen beſetzt. 
Die Ceiloniſche hingegen iſt gelb- oder roͤthlich, for 
dann ſchwarz und braun geringelt, bey allen aber iſt 
der Koͤrper glatt. Das Souttuiniſche Exemplar 
war ſo dick als ein kleiner Finger und drey Schuh 
lang. Sie kommen alle aus Aſien, und man nennt 
fie Bandnatter, weil fie wie ein dicker Bindfaden 

oder duͤnner Strick ausſehen. 


75. Das Ringauge. Coluber Annulatus. 
5. 
pe Diefe Benennung iſt der jetzigen Art gegeben, 
Annula weil der Koͤrper mit runden braunen Flecken, die aber 
tus. öfters ineinander fließen, gezeichnet iſt. Es ſind 
hun⸗ 


125. Geſchlecht. Natter. 197 


hundert und neunzig Bauchſchilde und ſechs und 
neunzig Schwanzſchuppen vorhanden, folglich in 
allen zweyhundert und ſechs und achtzig. Die Se⸗ 
balſche war braun mit weißen, weit auseinander 
ſtehenden Ringen. 


76.“ Die Durſtnatter. Coluber Dipſas. 


Es pflegten die Alten alle Nattern, deren Biß 
eine erſtaunliche Hitze, die mit einem heftigen Durſt 
begleitet war, erregte, mit dem griechiſchen Na⸗ 
men Dipſas zu belegen, um dadurch die Wirkung 
ihrer Biſſe auszudruͤcken. Wir nennen dahero auch 
dieſe giftige Art Durſtnatter. Sie hat hundert 
und zwey und funfzig Vauchſchilde und hundert und 
fünf und dreußig Schwanzſchuppen, mithin zuſam⸗ 
men zweyhundert und ſieben und achtzig. Die Far⸗ 
be iſt blaͤulicht, die Schuppen haben einen weißen 
Rand, und unter dem Schwanze zeigt ſich auch 
noch eine blaue Nath. Das Vaterland iſt Ame⸗ 
rica, doch werden ſie auch in Oſtindien gefunden, 
und Seba hatte aus beyden Gegenden Dipfas- 
Schlangen, welche auf dem Ruͤcken mit einem ges 
doppelten rothen Flecken auf einen braͤunlichten 
Grund gezeichnet waren; wiewohl diejenige, welche 
der Ritter aus dem Seba anfuͤhret, eine ſehr 
ſchoͤne kleine blaue Schlange aus Suriname iſt, 
die aber keine Dipſas - Schlange zu ſeyn ſcheinet. 


77. Die Spießnatter. Coluber Pelias. 


Pelias war des Achilles Spies, wir wollen 


26.5 

Durſt⸗ 
natter. 
Dipfas. 


77. 
Spieß; 


dahero die jetzige Art in dieſem Verſtande Spießr natter. 
natter nennen, wie man andere Schlangen mit dem Pelias; 


Namen Stockſchlangen zu belegen pfleget. Sie hat 


hundert und fieben und achtzig Bauchſchilde und 
N 3 hun⸗ 


198 Dritte Cl. U. Ord. Schleichende Amph. 


hundert und drey Schwanzſchuppen, in allen zwey⸗ 
hundert und neunzig. Hinter den Augen und dem 
Wirbel zeigt fi ein brauner Flecken; der übrige 
Theil des Korpers iſt gedoppelt ſchwarz gefleckt; 
der Bauch iſt gruͤn, und hat auf beyden Seiten 
eine gelbe Einfaſſung. Das Vaterlaud iſt In⸗ 
dien. 


78. Die Purpurnatter. Coluber Tyria, 


78. Obſchon dieſe Natter eine Egyptiſche iſt, 
Pur cur- fo koͤnnte Tyria hier auch wohl eine Natter aus der 
natter. Gegend Terus bedeuten; allein da auch die Pur⸗ 
Tyria,. purfarbe Tyrius genennet wird, fo wollen wir fie 

Aar urge nennen, und dieſes koͤnnen wir mit 
mehrerm Rechte thun, well ſie die Laͤnge hinunter 
auf einem weißen Grunde drey Reihen brauner und 
auf Purpur ziehender laͤnglich viereckigter Flecke hat. 
Die Anzahl der Bauchſchilde iſt zweyhundert und 

zehn, der Schwanzſchuppen aber ſind drey und acht⸗ 
zig, und dieſe machen zuſammen zweyhundert und 
drey und neunzig aus, e 


79. Die Blutfehle. Coluber Jugularis. 


Kit Es find hundert und fuͤnf und neunzig Bauch⸗ 
keble. ſchilde und hundert und zwey Schwanzſchur pen, zu⸗ 
Jugula- ſammen zweyhundert und ſieben und neunzig Reihen 
is. vorhanden. Sie iſt ganz ſchwarz, und hat an der 
Kehle einen rothen und gleichſam blutigen Flecken. 


80, Der Bandſchecke. Coluber Pethola. 


a Pethola iſt ein Wialeifch Wort, womit die 
ſchecke. Maleier in Indien gewiſſe bunte bandirte Schlan⸗ 
Lethe. genhaufe von großen Schlangen belegen, und darum 
auch eine gewiſſe Art bunter Mondſchnecken ie 

dieſer 


125. Geſchlecht. Natter. 199 


dieſer Schlangenhaut aͤhnlich ſehen, Pethola. Schne⸗ 
cken nennen; weil nun aber dieſe Schlangen in der 
Zeichnung ſehr abweichen, und immer eine anders 
gefaͤrbet und gezeichnet iſt, als die andere, welche 
Bewandniß es mit beſagten Pethola⸗ Schnecken auch 
hat, ſo ſcheint das Waleiſche Wort eine unbe⸗ 
ſtimmte Mixtur von allerhand Farbe und Baͤnder⸗ 
zeichnung zu bedeuten. Aus dieſem Grunde nun 
wird wohl gegenwaͤrtige Natterart Pethola genen⸗ 
net, denn fie iſt gewaltig verſchleden, in Abſicht auf 
die Zeichnung der Baͤnder. Wir koͤnnen ſie alſo 
Sandſchecke nennen. In wie weit fie aber 
unter einander abweichen, laͤſſet ſich aus folgenden 
ſchließen. Das Exemplar naͤmlich, welches von 
dem Bitter beſchrieben wird, war bleyfaͤrbig mit 
braunrothen Banden aus Africa. Seba hatte 
eine Amboinifche, die auf dem Ruͤcken hellroth, 
und am Bauche dunkelroth war. Eine Guineiſche 
war dunkelbraun mit gelben Ringen und einem ſaf⸗ 
rangelben Bauche. Herr Gronovius hatte eine 
ſchwarze mit einem blauen Glanze, weißen Baͤndern 
auf dem Ruͤcken und in den Selten, und einem 
gelblichtweißen Bauche, 


Eben fo nimmt man nun auch in der Anzahl 
der Schilde und Schuppen einige Verſchiedenheit 
war. Die Linneiſche hatte zweyhundert und neun 
Schilde und neunzig Schuppen, in allen zweyhun⸗ 
dert und neun und neunzig. Eine andere zweyhun⸗ 
dert und ſieben Schilde und fuͤnf und achtzig Schup⸗ 
pen, in allen zweyhundert und zwey und neunzig. 
Eine dritte zweyhundert und acht Schilde und hun⸗ 
dert Schuppen, in allen dreyhundert und acht. Eine 
vierte zweyhundert und ſieben Schilde und hundert 
und drey Schuppen, in allen dreyhundert und zehn. 
Eine fuͤnfte zweyhundert und fuͤnf Schilde und hun⸗ 
dert und ſechs Schuppen, in allen dreyhundert und 

N 4 eilf. 


200 Dritte Cl. U. Ord. Schleichende Amph- 


eilf Jedoch haben wir oben ſchon einmal ange⸗ 
merkt, daß in ſehr vielen Schlangenarten ein Unter⸗ 
ſchied bey der Zaͤhlung der Schilde und Schuppen 
obwalte, und daß es in der Hauptſumma auf zehn 
mehr oder weniger nicht ankomme. 


81. Die Sommernatter. Coluber Æſtivus. 


81. Ste hat hundert und fünf und funfzig Bauch⸗ 
Som, ſchilde und hundert und fünf und vierzig Schwanz, 
mernab ſchuppen, in allen dreyhundert, und kommt mit der 
di. Peitſchſchlange No. 83., deren Anzahl dreyhundert 
vus. und dreyzehn betraͤgt, fo ziemlich überein. Die Farbe 
iſt oben ganz blau, unten blaßgruͤn, und dabey ſehr 
glatt. Aus der Anzahl der Schwanzſchuppen iſt zu 
erſehen, daß der Schwanz faſt fo lang, als der üb» 
rige Koͤrper iſt. Unſer Exemplar iſt uͤber drey Schuh 
lang, und fo dick wie eines Kindes Finger. Das Va 

terland iſt Carolina. 


82. Die Serpentnatter. Coluber Molurus. 


1 Die Benennung Molurus ſcheinet auf den kur— 
pentnat den Schwanz zu zielen, denn fie hat gegen zweyhun⸗ 
ter. Mo- dert und acht und vierzig Bauchſchilde, nur neun und 
lurus. funfzig Schwanzſchuppen, folglich in allen dreyhun⸗ 

dert und ſieben. Wir aber nennen fie Serpents 
natter, weil fie den Serpenten (Boa) ungemein 
ahnlich ſiehet, jedoch find die Kopfſchilde und Schup⸗ 
pen nach Art der Nattern größer. Das Vaters 
land iſt Indien. f | 


83. 83. Die Peitſchſchlange. Coluber Ahætulla. | 


can Ahretulla oder Schlange mit ſchaͤdlichen Aus 
Abe gen iſt der Singaleſiſche Name, welchen die 
tulia. Einwohner von Ceilon dieſer Art beylegen. Doch 

bey 


125. Geſchlecht. Natter. 201 


bey ben Amboineſern wird ſie Boiguathara oder 
die gemahlte Schlange genennet. Die Holländer 
aber haben ihr den Namen Zweepflang, das iſt 
Peitſchſchlange gegeben, weil fie bey einer Laͤnge 
von ſechs Schuh oͤfters nicht dicker als der kleine 
Singer iſt, und ſehr ſpitzig ausgehet, daher fie die 
eſtalt einer Peitſche hat, welche Benennung wir 
alſo beybehalten wollen. Sie fuͤhret hundert und 
drey und ſechzig Bauchſchilde und hundert und funf: 
zig Schwanzſchuppen, in allen dreyhundert und drey⸗ 
zehn. Sie iſt goldgruͤn, die Schuppen aber haben 
ſchwarze Spitzen und durch die Augen ziehet ſich 
eiu ſchwarzes Band. Andere haben eine ſchoͤne 
Melirung von dunkelgruͤn, ſeegruͤn und himmelblau 
mit einem Goldglanze. Dieſe Art hat keine Zaͤhne, 
ſondern ſauget nur ihren Raub, als Maͤuſe, Bor 
gelchen und dergleichen aus, daher fie ſich auch ger: 
ne in den Wäldern und auf den Baͤumen aufhal⸗ 
ten, und wie man ſagt, einen pfeiffenden und lo— 
ckenden Ton von ſich geben. Scheuchzer fuͤhret 
eine Schlange unter dem Namen Acontia an, 
welche ſehr lang, duͤnn, am Kopfe gelb, auf den 
Ruͤcken gelblich gruͤn, am Bauche weiß, und mit 
einem rothen Striche bezeichnet iſt; dieſe gehoͤret 
auch wohl hieher. Diejenigen Americaniſchen, wel 
che ſich durch die Stiftung des Herrn Grills in 
Upſal befinden, haben hundert und zwey und ſech⸗ 
zig, und hundert und acht und ſechzig Bauchſchilde. 
Herr Gronovius hatte eine von hundert und fuͤnf 
und ſechzig Bauchſchilden und hundert und zwey und 
funfzig Schwanzſchuppen; dleſelbe war drey und 
einen halben Schuh lang und ein drittel Zoll dick. 
Der Herr Souttuin beſitzt eine mit hundert und 
vier und ſechhig Bauchſchilden, und hundert uud drey 
nnd ſiebenzig Schwanzſchuppen. Sie iſt vier Schuh 
und einen Zoll lang. Deßgleichen eine Apfelbluͤ⸗ 
thenfaͤrbige mit braunen Flecken, die drey Schuh 
Rs fang 


202 Dritte Cl. I. Ord. Schleichende Amph. 


lang iſt. Der Hals dieſer Schlangen iſt fehr duͤnne, 
und darum zu verwundern, daß Herr Souttuin 
eine Eidechſe in dem Bauche einer ſolchen Schlange 
fand, deren Kopf ſo dick als die Schlange war. 
Dieſe Schlange hatte hundert und ein und ſiebenzig 
Bauchſchilde und hundert und fünf und ſechzig 

Schwanzſchuppen. Sie kommen ſowohl aus Aſien 
als America. 


84. Die bunte Ratter, Coluber Petalarius. 


84. Was Pethola bedeute, iſt No. So. erklaͤret 
a worden, dieſe Schlange ſoll alſo jenen Bandfches 
Petala. cken aͤhnlich ſeyn, und darum nennen wir ſie die 
rius. bunte Natter, Es find zweyhundert und zwoͤlf 

VBauchſchilde und hundert und zwey Schwanzſchup⸗ 
pen vorhanden, welche zuſammen genommen drey⸗ 
hundert und pierzehn ausmachen. Die Farbe iſt 
braun mit weiſen Banden, untenher aber blaßfaͤr⸗ 
big. Das Vaterlaud iſt Indien. 8 


85. Die Kropfnatter, Coluber Haje, 


85. Haje if die arabifche Benennung dieſer 
Kropf: Schlange, welche tief in Egypten wohnet. Wir 
natter aber nennen fie Kropfnatter, weil fie, wenn fie 
Haje. gereizt und in Zorn gebracht wird, ihren Hals der⸗ 
geſtalt aufblaͤhet, daß derſelbe wohl viermal ſo dick 

als der Koͤrper wird. Sie hat nach dem Linne 
zweyhundert und ſieben Bauchſchilde und hundert und 

neun Schwanzſchuppen, alſo zuſammen dreyhundert 

und ſechzehn. Der Herr Haſſelquiſt aber gibt von 

einer ſolchen Schlange Nachricht, die zweyhundert 

und ſechs Bauchſchilde und nur ſechzig Schwanz⸗ 
ſchuppen hat. Diefem ſey nun wie ihm wolle, fo iſt 

ie eine der größten Nattern, ſechs Schuh lang und 

brey Zoll dick; von Farbe ſchwarz und in die df 

e 


125. Geſchlecht. Natter. 203 


ſchief bandirt. Die Schuppen ſind zur Haͤlfte 
weiß. Bey dem großen Unterſchiede aber in den 
Zahl der Schwanzſchuppen, zwiſchen dem Ritter und 
Herrn Haſſelquiſt, müffen wir noch erwähnen, daß 
die Schlangen oͤfters einen Theil ihres Schwanzes 
durch Machſtellungen verlieren, und im Stiche laſ⸗ 
fer: muͤſſen, der alsdenn nur zuheilt uud nicht voll⸗ 
kommen wieder nachwaͤchſt; wer nun ein ſolches 
Exemplar zufaͤlliger Weiſe bekommt, muß freylich 
weniger Schwanzſchuppen zaͤhlen, als ein anderer, 
der ein ganzes Exemplar unterſucht, und daher 
kommt, wie wir glauben, ſehr oft ein Unterſchied 
in der Zahlung zwiſchen Linne, Gronov und ans 
dern vor, i 


86. Die Fadenſchlange. Coluber Filiformis. 


4 

Weil dieſe Natter ſo gar ſehr duͤnne und ge⸗ Sade 
ſchmeidig iſt, ob ſie gleich einen dicken und breiten ſchlange. 
Kopf hat, der breiter, als der Körper iſt, fo wird Filifore 
fie Fadenſchlange genennet. Sie hat hundert MI 
und fuͤnf und ſechſig Bauchſchilde und hundert und 
acht und funfzig Schwanzſchuppen, in allen drey⸗ 
hundert und drey und zwanzig. Der Ruͤcken iſt 
ſchwarz, der Bauch aber weiß. Sie haͤlt ſich in 
den Indien auf, f 


87. Die Trauernatter. Coluber Pullatus, 


Pullatus zeigt einen Trauerhabit an, und 237: 
weil dieſe Schlange über dem Ruͤcken gleichſam natter. 
ſchwarze Schleyer oder Bande hat, die ſich durch Pulla⸗ 
die darinnen befindlichen weißen Flecken und Mar⸗ tus: 
morirungen noch mehr erheben, fo hat fie der Rit⸗ 
ter mit ſolchem Namen belegt, daher wir ſie auch 
die Trauernatter nennen. Sie hat zweyhundert 
und ſiebzehn Schilde und hundert und acht Schup⸗ 

pen, 


204 Dritte Cl. II. Ord. Schleichende Amph. 


pen, in allen dreyhundert und fuͤnf und zwanzig. 
Sie verdient obigen Namen um fo mehr, da fie 
auch an den Seiten des Kopfs ſchwarze Flecken in 
einem weißen Felde fuͤhret. Aſien iſt zwar das 
angegebene Vaterland, jedoch findet man ſie auch 
in Mexico, wo fie Apachycoatl genennet wird. 
Dieſelbe iſt naͤmlich weiß und ſchwarz marmorirt, 
hat glaͤnzende Schuppen, und von der Haͤlfte des 
Ruͤckens an, weiß marmorirte und ſchwarze abs 
wechſelnde Bande, die bis zur Schwanzſpitze eins 
ums andere gehen, ja ſogar iſt auch der weiße 
Bauch mit ſchwarzen Strichen, die über die 
Schilde gehen, beſetzt. Allerdings gibt es noch 
mehrere Arten, die, wie auch der Herr Grono— 
vius thut, hieher koͤnnten gezogen werden: denn 
auch des Scheuchzers dicke Aeſculapſchlange 
iſt weiß und ſchwarz bandiret, und eben dieſes 
Schriftstellers Schlange mit ſchwarzem Kovfe, mars 
morirten Röcken, ſchwarzen Schwanz und ſchwarz⸗ 
geſtreiften Bauche, ſcheinet gleichfalls ihren Platz 
allhier zu behaupten. Es ſind dieſe Nattern ſehr 
zahm, thun den Menſchen nichts, und leben von 
Magen, Maͤuſen und Voͤgeln. 


88. Die Roßnatter. Coluber Hip- 
pocrepis. 


Rog, Sie hat zweyhundert und zwey und dreyßig Bauch ⸗ 
natter. ſchilde und vier und neunzig Schwanzſchuppen, in 
Hippo. allen dreyhundert und ſechs und zwanzig. Die Far⸗ 
erepis, be iſt dunkelblau mit braunen Flecken. Zwiſchen 

den Augen gehet ein gerader, und am Hinterkopfe 


ein krummer brauner Strich. Das Vaterland iſt 
America. 


89. Die 


125. Geſchlecht. Natter. 205 
89. Die Drathnatter. Coluber 


Mines vae. 


Minerva war auch die Erfinderin des Spin» 8g. 
nens und dieſe Schlange ſchreibt ſich von ihr her, weil Drath⸗ 
fie gleichſam durch ihre Dunne, nur ein geſponnener Nute; 
Drath zu ſeyn ſcheint, wie etwa oben die Faden⸗ ve 
ſchlange No. 86. Sie hat zweyhundert und acht 
und dreyßig Bauchſchilde, und neunzig Schwanz⸗ 
ſchuppen, in allen dreyhundert und acht und zwanzig. 
Die Farbe iſt ſeegruͤn, der Kopf hat drey braune Bin⸗ 
den, und uͤber den Ruͤcken geht eine breite braue 
Schnur. Das Vaterland iſt Indien. 


90. Die Aſchgraue. Coluber Cinereus. 


Man zählt an dieſer zweyhundert Bauchſchilde 90. 
und hundert und ſieben und dreyßig Schwanzſchup⸗ 
pen, zuſammen dreyhundert und ſieben und dreyßig. ius 
Die Farbe auf dem Ruͤcken iſt uͤber und uͤber aſchgrau, reus. 
allein der Bauch iſt weiß, und dabey etwas eckigt. 
Die Schwanzſchuppen aber haben einen roſtfaͤrbigen 
Rand. Das Vaterland iſt Indien. 


91. Die Grüne Natter. Coluber 
Virdillimus. 


ſchuppen, zuſammen dreyhundert und neun und dreyſ. Natter. 
ſig. Die Farbe iſt über und uͤber dunkelgruͤn, und g 
die Bauchſchilde ſind in der Mitte ſehr breit. Man 
bringt dieſe Art aus Suriname. 


mus. 


92. Die 


206 Dritte Cl. II. Ord. Schleichende Amph. 


92. Die Schleimnatter. Coluber | 
Mucoſus. | 


92. Es hat die gegenwartige zweyhundert Bauch 
Schleim ſchilde und hundert und vierzig Schwanzſchuppen, sus 
natter. ſammen dreyhundert und vierzig Der Kopf iſt 
Muco- hlaͤulich, und der Körper ſchluͤpferig, daher fie Mu⸗ 
us. coſus genennt wird. Indien iſt das Vaterland. 


93. Die Hausſchlange. Coluber 


VDomeſticus. Ri 


03. Man kann dieſe Schlange mit Recht eine Haus 

Haus- ſchlange nennen, da man fie in der Sarbarey in | 

Plans den Haͤuſern findet. Sie hat zweyhundert und fuͤnf 

ſticus. und vierzig Bauchſchilde und vier und neunzig 
Schwanzſchuppen, in allen dreyhundert und neun und 
dreyßig. Die Geſtalt kommt einigermaſſen mit der 
Roßnatter No. 88. uͤberein. Jedoch befindet fi ich 
zwiſchen den Augen, ſtatt des einzigen geraden Su 
ein gedoppelter ſchwarzer Flecken. 


94. Ameiſennatter. Coluber Cenchoa, 


43. Dieſe Natter, welche bey den Braſilianern 
YAmeis Coyuta und Cencoatl (woher der linneiſche Nas 
ſennat⸗ me Cenchoa kommt) heißt, wird von uns darum 
Ei Ameiſennatter genennt, weil fie mehrentheils von 
choa. Ameiſen lebt. Sie hat zweyhundert und zwanzig 
Bauchſchilde, und hundert und vier und zwanzig 
Schwanzſchuppen, in allen dreyhundert und vier und 

vierzig. Sie iſt lang, wie eine Peitſchſchlange, und 

viel duͤnner, denn fie uͤbertrift bey einer Laͤnge von 
vier Schuh kaum die Dicke eines Federkiels. Der 

Ruͤcken iſt mit caſtanienbraunen Flecken zierlich ge⸗ 
zeichnet, doch das Exemplar des Ritters war 42 | 
mi 


125. Geſchlecht. Natter. 207 


mit blaſſen Flecken und weiſſen Banden. Der kleine 
Kopf iſt faſt kugelrund, die Augen find verhaͤltuiß⸗ 
mäßig ſehr groß, und ſtehen dicht am Ende des Mauls. 
Sie halten ſich in den ſpaniſchen Weſtindien auf. 


95. Die Rumpfnaſe. Coluber 


My cterizans. 


Die aus dem Griechiſchen genommene Ber 9755 
nennung bedeutet ein ſpoͤttiſches Naſenziehen, oder Rumpf 
wenn jemand, einen Geruch zu verfolgen, mit aufs nafe 
geworfener Nafe herum geht, und da dieſe Schlange NI cke⸗ 
eben ein ſolches aufgeworfenes Maul hat, fo koͤnnen ns. 
wir ſie auch nicht beſſer als Kumpfnaſe nennen. 

Die Anzahl der Bauchſchilde iſt hundert und zwey 

und neunzig / und der Schwanzſchuppen hundert und 

ſieben und ſechzig, welche zuſammen drey hundert und 

neun und funzig ausmachen. Sie iſt langer, und 
dennoch viel duͤnner als die vorige, ja als alle Peitſch⸗ 
ſchlangen. Die Farbe iſt gruͤn, doch gehet zur Sei⸗ 

ten eine blaſſe Schnur die Laͤnge hinunter. Das 

Maul iſt vorne dreyeckigt, ſpitzig aufgeworfen, und 

mit Giftzaͤhnen beſetzt. Sie haͤlt ſich in Ame⸗ 

rica auf, und lebt daſelbſt von Maͤuſen und Holz⸗ 
wuͤrmern. 


96. Die blaue Natter. Coluber 


Caeruleicens, 


Sie hat zweyhundert und funfzehn Bauchſchil⸗ 96. 
de und hundert und ſiebenzig Schwanzſchuppen, zu⸗ Blaue 
ſammen dreyhundert und fuͤnf und achtzig, welches N 
alſo die größte Anzahl unter allen vorigen ausmacht. jefe 


Sie kommt aus Indien und iſt blalich. 555 


97. Der 


97. 
Argus. 
Argus. 


208 Dritte Cl. II. Ord. Schleichende Amph. 
97. Der Argus. Coluber Argus. 


\ 


1 
0 
9 


Endlich bringt auch der Ritter eine Natter hie⸗ 


her, welche wegen der vielen Augen auf dem Ruͤcken, 
Argus genennt wird, obgleich die Anzahl der Bauch⸗ 


ſchiide und Schwanzſchuppen an dem jetzigen Exem⸗ 
plar noch nicht wahrgenommen iſt, denn die aͤußerli⸗ 
che Geſtalt rechtfertigt fie ſchon, um auch hier ihren 


| 
| 


Platz zu finden. Sie kommt aus Africa, und wird 
beſonders in Arabien gefunden, jedoch muͤſſen ſie 


auch in America ſeyn, weil Seba berichtet, daß 
die Braſilianer felbige Ibiboboca und Boiguacu, 
die Portugieſen aber Cobra de korais und Co- 
bra de verdo nennen, wiewohl dieſe naͤmliche Na⸗ 
men auch ganz andern Schlangen gegeben werden. 
Sie iſt groß, hat einen erhabenen Kopf, und der 
hintere Kopf theilt ſich in zwey erhabne Fortſaͤtze 
ab; uͤber den Ruͤcken liegen verſchiedene Querreihen 
von großen Augen, welches der Schlange ein fchös 


nes Anſehen giebt, das Maul ſteht voller feſten Zaͤh⸗ 


ne. Sie packen große Thiere an, ringeln ſich um 
ſelbige herum, und wuͤrgen ſie. Das ſonderbarſte 
aber, welches von dieſer Schlange erzaͤhlt wird, iſt, 
daß ſie mit dem Maule Leimen zuſammen tragen, und 
davon gewiße Gehaͤuſe in Geſtalt eines Ofens kneten 


ſollen, in welchen ſie liegen. Auch ſollen ſie ihr Lager 


von vielen ſolchen Gehaͤuſe beyſammen, und ihren Koͤ⸗ 
nig in der Mitte haben. Dieſes waͤre nun an ſich 
nicht unmoͤglich, wenn man bedenkt, wie vielerlen 
Thiere es giebt, die aͤhnliche Wirthſchaft und Haus⸗ 
haltung fuͤhren, wie unter andern an den Bibern 
I. Theil pag. 328. zu ſehen iſt. a 


— 
2 * 


126. Ge⸗ 


Ä | 209 
PN 


museum ne 
126. Geſchlecht. Aalſchlangen⸗ 
PEN Anguis. 


ee ann 


F ir diefes Geſchlecht hatten wir die Benennung 
7 Schlange im eigentlichen Verſtande beſtimmt, 
da nan aber gar zu ſehr gewohnt iſt, alle ſchlei⸗ 
chende mung en Schlangen zu nennen, fo wol⸗ 
len wir daſſelbe mit einem Beynamen erlaͤu⸗ 
tern, und es, zur Verhuͤtung aller Verwirrung, 
Aalſchlangen nennen, weil auch die Aale Angues 
genennt werden, denn das Wort Anguis ſelbſt wur» 
de von den Alten ſowohl für die Schlangen der vori⸗ 
gen Geſchlechter, als des jetzigen Geſchlechts ange 
nommen, weil man bey ihnen wirklich keine rechte und 
beſtimmte Unterſcheldung einiger Geſchlechter hatte. 


Inzwiſchen iſt der unterſchied der jetzigen groß 
genug, um zu ſehen, wie ſie von allen vorigen Ge⸗ 
ſchlechtern verfchieden find, denn fie haben gar kei⸗ 
ne Schilde weder am Bauche noch unter dem Schwan⸗ 
ze, ſondern uͤberall Schuppen. Ihr Schwanz iſt 
auch ſo duͤnne und ſo ſpitzig nicht, als an andern 
Schlangen, ſondern mehrentheils dick und abgerun⸗ 
det ſtumpf. Sie ſind auch alle unſchaͤdlich, und ha⸗ 
ben keine Giftzaͤhne. Der Ritter giebt folgende 

ſechzehn Arten an. . | 


i. Der Vierfuß. Anguis Quadrupes. 
Ein vierfuͤßiges Thier unter den Schlangen zu 


‚finden, möchte manchem fremd vorkommen. Allein 
Linne III. Ebeit. O die 


Geſchl⸗ 
Benen⸗ 
nung. 


eſchl⸗ 
Kennzei⸗ 
chen. 


Vier⸗ 
uß. 

Uad- 
drupes. 


| 
210 Dritte Cl. II. Ord. Schleichende Amph. 


die Natur ſcheint gar keine Schritte zu uͤberhuͤpfen. 
Wir ſahen naͤmlich No. 48. des 22. Geſchlechs eine Aal⸗ 
eidechſe, welche wegen ihres langen Körpers ſowohl, 
als der kurzen Fuͤße halben, die Benennung verdiente z 
dieſelbige mußte der Ohren halben zu den Eidechſen 
gerechnet werden; aber dieſe gegenwärtige Eidechſen, 
artige Aalſchlange kann ſchon nicht mehr unter den 
Eidechſen ſtehen, ob ſie gleich Fuͤße hat, denn es man⸗ 
geln ihr die Ohren, und alfo fehen wir gleichſam in 
dieſen zweyen Arten den Uebergang aus einem Ge, 
ſchlechte ins andere, oder vielmehr aus einer Ord⸗ 
nung in die andere. Wie gluͤcklich wuͤrden wir in der 
ſyſtematiſchen Eintheilung ſeyn, wenn uns alle Koͤr⸗ 
per und Geſchoͤpfe bekannt wären, wodurch die ge 
heimnißvolle Natur alle die Luͤcken ausfuͤllt, die ſich 
noch in unſern Kabinetten und Syſtemen befinden? 
Es gehoͤrt aber dieſes zu denjenigen Wuͤnſchen, deren 
Erfuͤlung wir nicht erleben werden. Um indeſſen zur 
Beſchreibung unſerer vierfüßigen Aalſchlange zu 
ſchreiten, fo hat fie einen langen Aalfoͤrmigen Koͤr⸗ 
per, iſt aſchgrau, und etwa mit vierzehn oder funf⸗ 
zehn braunen Strichen die Laͤnge hinunter uͤber dem 
Drücken bezeichnet. Untenher iſt fie aſchgrau, und 
mit lauter Schuppen beſetzt, deren Anzahl aber von 
dem Ritter nicht angegeben wird. In den Kies 
fern befindet ſich eine Reihe ſehr feiner und kleiner 
Zaͤhnchen. Was aber die vier Fuͤße betrift, ſo 
ſind ſelbige ſehr weit voneinander entfernt, zwey 

naͤmlich dicht am Kopfe, und die zwey andern am 

Hintertheile des Körpers. Sie ſind ſehr kurz, fuͤnf⸗ 
zaͤhig, und die Zaͤhen ſind mit Naͤgeln beſetzt, je⸗ 
doch ſind die Fingerchen ſo klein, daß man ſie kaum 

ſehen und unterſcheiden kann. Das Vaterland dies 

ſer Schlange iſt Java, und wir beſaſſen einmal 

ein Exemplar, das einen Schuh lang, und ſo dicke 

wie ein Federkiel war. 


2. Die 


1326. Geſchlecht. Aalſchlangen. 211 
2. Die Zweyfußige. Anguis Bipes. 


Es hat die jetzige nur zwey Fuͤße dichte am Af⸗ 2. 

ter, welche noch kleiner als an der vorigen find, das Zwey⸗ 
her Seba dieſe Füße für Werkzeuge der Zeugungs⸗ (üg ge. 
glieder oder deren Anhänge und Fortſätze gehalten hat; bes 
jedoch merkt der Ritter an, daß dieſe Fuͤßgen zwey⸗ 
zaͤhig find, wiewohl alles ſehr klein beſchaffen iſt. 
Am Bauche befinden ſich hundert, und unter dem 
Schwanze ſechzig Schuppen, alſo ufanımen hundert 
und ſechiig. Das eine Sebaiſche Exemplar war 
aus Mauritanien, von Farbe gruͤn mit roth, das 
andere aus Oſtindien oben braun, und unten gelb, 
mit ſchwarzen Flecken geſprenkelt, das Linneiſche 
Exemplar aber, aus Indien, hatte eine blaſſe Farbe, 
und a jeder Schuppe war ein brauner Punct ber 
findlich. 


3. Die geſtickte Aalſchlange. Anguis 


Meleagris. 


Wir haben unter den Vögeln ein Geſchlecht, z. 
welches unter dem Namen Meleagris, oder Trut- Geſtick⸗ 
hühner bekannt iſt, (ſiehe 2ten Theil pag. 461.) te. Me- 
Dieſe haben eine bunte Zeichnung von Federn, wel- lERSrIS. 
che gleichſam wie geſtickte Arbeit ausſieht. Da nun an 
die jetzige Art der Schlangen faſt eine ähnliche Zeich: 
nung auf dem Ruͤcken hat, fo iſt fie von Linne 
Meleagris, und von uns geſtickte Aalſchlange 
genennt worden. | 


Man zahle an ihr hundert und fieben und neun⸗ 
ig Schuppen, naͤmlich hundert und fünf und ſech— 
ig am Bauche, und zwey und dreyßig unter dem 
Schwanze. Die Farbe iſt ſeegruͤn, mit etlichen 
Reihen ſchwarzer Puncte, welche die Laͤnge hinunter 
gehen; übrigens iſt die Geſtalt faſt wie an der vos 
O 2 rigen 


— 


212 Dritte Cl. II. Ord. Schleichende Amph. 


rigen zweyfuͤßigen Art beſchaffen. Seba rechnet 
dieſe Art, die ſowohl aus Oſt- als Weſtindien 
kommen, zu den Scockſchlangen. Die Oſtin⸗ 
dianiſchen find braunroth, und die Flecken, oder ges 
ſtickten Linien haben eine lebhafte Farbe. Siehe Tab. 
VI. fig. 6. Ihre Zaͤhnchen ſind ſehr klein, und man 
nimmt keine Naſenloͤcher wahr. 


4. Der Natter⸗Aal. Anguis Colubrina. 


4. Die Anzahl der Schuppen belaͤuft ſich am Bau⸗ 

Natter che auf hundert und fünf und ſechzig, und unter dem 

A Schwanze auf achtzehn, fo daß man hundert und 

rina. drey und achtzig zahle. Die Farbe iſt zierlich blaß 
und braunbunt. Der Schwanz kurz und etwas ſpi⸗ 
tzig. Die ganze Laͤnge belaͤuft ſich auf fuͤnf Spannen, 
und die Dicke macht einen Zoll. Sie hat aͤuſſerlich 
viel ähnliches mit den Nattern, doch iſt der Kopf, 
wie bey allen Schlangen dieſes Geſchlechts, klein, 
und die Zunge an der Spitze abgeſtumpft. Das Va⸗ 
terland iſt Egypten. 


5. Die Wurfſchlange. Anguis Jaculus. 


N Durch die Benennung Wurfſchlange unters 
nd ſcheiden wir diefe Art von der Schießſchlange No. 32. 
ge. Ja- und vom Pfeilſchoß No. 44. die beyde in dem vo⸗ 
culus, rigen Geſchlechte befindlich find, denn fie haben alle 

die Eigenſchaft mit einer Heftigkeit zu ſchnellen und 
hervorzuſchieſſen. Sie hat am Bauche hundert und 
ſechs und achtzig, am Schwanze drey und zwanzig, 
und zuſammen gezählt zweyhundert und neun Schup⸗ 
pen, nur ſind die Bauchſchuppen etwas breiter als 
die andern, denn der Schwanz iſt nur einen Zoll lang, 
etwas dicke, und dabey ſtumpf. Das Vaterland iſt 
Egypten⸗ 


6. Der 


126. Geſchlecht. Aalſchlangen. 213 


6. Der Fleckentraͤger. Anguis Maculata. 


Da der Bauch an dieſer Art zweyhundert, der 
Schwanz aber nur zwoͤlf Schuppen hat, welches zu— 
ſammen genommen zweyhundert und zwoͤlf ausmacht, 
fo lage ſich wohl ſchlieſſen, daß der Schwanz keinen 
Zoll lang ſeyn koͤnne. Da nun derſelbe uͤber das eben 
ſo dicke, ja noch dicker als der Kopf ſelbſten iſt, und 
ſtumpf ablaͤuft, ſo hat man ſchon laͤngſt dieſe Art 
Biceps oder Fweykoͤpfig genennt, weil man nicht 
ſehen kann, an welchem Ende der Kopf iſt, ſo daß 
es faſt ſcheint, als ob ſie an jedem Ende einen Kopf 
harten. Weil aber mehrere Arten in dieſem Ge 
ſchlechte vorkommen, die einen eben ſo ſtumpfen 
Schwanz haben, und alle Zweykoͤpfe heißen koͤnnten, 
fo nennen wir dieſe, um dem Ritter zu folgen, Sie 
ckentraͤger. Sie iſt naͤmlich auf dem Ruͤcken gelb, 
und hat eine braune Schnur über den ganzen Ruͤ⸗ 
cken hin, welche ſeitwaͤrts braune Querbaͤnder abgiebt. 
Man findet fie in Dit: und Weſtindien. Seba 
bekam eine aus Paraguay in Südamerica, über 
Spanien heraus, welche Miguel de Tueuman 
genennt wurde, und der Herr Bronov führt eine 
weiſſe mit leberfaͤrbigen Baͤndern an, die gegen zehen 
Zoll lang war, aber nur hundert und fuͤnf und neun 
zig Schuppen am Bauche, und ſieben am Schwan⸗ 
ze hatte. 


7. Die Netzſchlange. Anguis Reticulata. 


Sie hat braune Schuppen, und jede Schuppe 
hat einen weiſſen Flecken. Da nun die Schuppen lau⸗ 
ter Vierecke find, und durch ihre weiſſen Flecken durch» 


brochen zu ſeyn ſcheinen, ſo giebt dieſes der Schlan⸗ 3 


ge ein Anſehen, als ob ſie mit einem Netze gedeckt 
ware. Uebrigens befinden ſich am Bauche hundert 
und fieben und ſiebenzig, und unter dem Schwanze 

O 3 ſieben 


6. 
Flecken⸗ 
trager. 


a 
lata. 


214 Dritte Cl. U. Ord. Schleichende Amph. 


ſieben und dreyßig, in allen zweyhundert und vier⸗ 
zehn Schuppen. Das Vaterland iſt America. 


8. Der Horutraͤger. Anguis Ceraftes, 


8. Durch den Namen Sorntraͤger unterſcheſden 
Horn wir diele Art von der Gornichlange No. 9. des vor 
en rigen Geſchlechts, welche ron dem Ritter auch Ce- 
ſtes. kaltes genennt wurde. Es iſt daſelbſt von den ges 
kuͤnſtelten Hornſchlangen der Araber geredet, und 
zugleich gezeigt worden, in wie ferne jene Art den 
Namen Hornſchlange verdiene, Mit dem jetzigen 
Horntraͤger aber verhält es ſich ganz anders, wie ſich 
hernach aus der Beſchreibung ergeben wird. Die 
Araber nennen dieſe Schlange Harbajı. Sie hat 
am Bauche zweyhundert, unter dem Schwanze funf⸗ 
zehn, und alſo zuſammen zweyhundert und funfzehn 

Geſtalt. Schuppen. Der Kopf iſt, der Haſſelquiſtiſchen 
Beſchrelbung zufolge, einigermaſſen dreyeckigt, klein, 
von oben ein wenig platt, das Maul ſtumpf, die 
Augen ſind klein, rund, braun, und ſtehen mitten am 
Kopfe. Die Seiten des Kopfs laufen unterhalb den 
Augen ſchief ab, und ragen hinterwaͤrts hervor. Die 
Naſenloͤcher find ſchief, liegen uͤber dem Maule ges 
rade unter den Augen. Der obere Kiefer iſt etwas 
laͤnger als der untere, und auch ſpitziger, untenher 
etwas geraͤndelt. Die Mundſpalte iſt mittelmaͤßig 
groß. Die Zunge an der Wurzel iſt muskulos, dicke 
und kurz, an der Spitze abgeſtumpft, koͤcherfoͤrmig 
hohl, und daſelſt mit einem ſchwarzen Punct bezeich⸗ 
net. Unter der Zunge zeigen ſich zwey lange, biegſa⸗ 
me, Scharfe Borſten. 

Hörner, Was nun aber die ſogenannten Hörner befrift, 
ſo entſtehen dieſe von zweyen Backenzaͤhnen an der 
Wurzel des obern Kiefers. Dieſe Zaͤhne ſind 

Febr lang, und durchbohren den obern Sg Die 
rund 


126. Geſchlecht. Aalſchlangen. 215 


Grundflaͤchen dieſer Backenzaͤhne dienen ſtatt ordentli⸗ 
cher Zaͤhne, indem ſie daſelbſt im Kiefer rauh und 
hoͤckerich ſind, aber die Spitze, welche oben auſſer⸗ 
halb den Kiefern und dem Kopfe hervorragt, iſt bey 
jedem dieſer beyden Zaͤhne erhaben rund, und etwas 
vorwaͤrts gekruͤmmt, rinnenweiſe ausgehoͤhlt und ſpi⸗ 
Big, fo daß fie den Vogelklauen ziemlich ahnlich ſe⸗ 
hen, und man koͤnnte dieſe Schlange wohl die ſchlei⸗ 
chende Babyruſſa nennen, wenn man ſie, in Abſicht 
auf dieſen Bau der Zaͤhne, mit der Babyruſſa (fie 
he I. Theil pag. 467.) vergleichen wollte. Die⸗ 
ſe lange, aus dem obern Kiefer hervorſpringende 
Hauerzaͤhne ſtehen in ihren Koͤchern ſehr locker, und 
laſſen ſich leicht heraus nehmen, jedoch hat dleſe 
Schlange ſonſt noch andere kleine und feſte Zaͤhne in 
den Kiefern. 


Uebrigens ſind die Schuppen an der Kehle und 
am Kopfe etwas rund, die Bauch- und Schwanz⸗ 
ſchuppen aber ſind laͤnglich, ſechseckigt, und ſtehen in 
die Quere. Dahingegen ſind alle uͤbrige Schuppen 
auf dem Ruͤcken laͤnglich rund, an den Seiten aber 
viereckige. Die Farbe betreffend, fo iſt der Kopf 
weiß und ſchwarz marmorirt, der Ruͤcken ſchwaͤrzlich 
mit großen weiſſen Flecken, die ohne Ordnung ſtehen, 
an den Seiten weiß geſprenkelt und unten ganz weiß. 
Der Schwanz iſt zwey Zoll, die ganze Schlange aber 
drey Spannen lang, wovon der Kopf nur einen hals 
ben Zoll wegnimmt. Das Vaterland iſt Egypten. 


9. Der Wurm. Anguis Lumbricalis. 


Ihre Geſtalt hat ihr den Namen Wurm erwor- g. 
ben, denn fie iſt vorwärts duͤnne, und hinten nach Wurm. 
dem Schwanze zu am dickſten, wie man ſolches an zien. 
den Spuhlwuͤrmern wahrnimmt, wenn fie fortkrie- lis. 
chen. Die Anzahl der Schuppen iſt am Bauche zwey⸗ 

O 4 hun⸗ 


216 Dritte Cl. II. Ord. Schleichende Amph. 


Hundert und dreyßig, am Schu anze fieben, in al, 
fen zweyhundert und fieben und dreyßig. Sie iſt 
gelblichweiß, und kommt aus America. 


Das Exemplar des Gronov war zehn und 
einen halben Zoll lang, fieben Linien dick, nach hin⸗ 
tenzu am breiteſten, und hatte eine geſpaltene Zun⸗ 
ge. Hieher wird auch der Silberfaͤrbige Biceps 
von Jamaſlca, und des Seba Blindichlange aus 
Mohtenland gerechnet; denn die Augen dieſer 
Schlange ſind ſo klein, und noch dazu mit Schup⸗ 
pen bedeckt, daß man fie faſt nicht ſiehet, fo daß 
man ſie wohl eine Blindſchlange nennen koͤnnte, auch 
kann Kopf und Schwanz kaum von einander una 
hieden werden 00, 


10. Der Dickbauch. Anguis Ventralis. 


10. Warum wir dieſe Schlange Dickbauch nen⸗ 
Dick nen, laͤſſet ſich aus dem Verhaͤltniß der VBauchſchup⸗ 
5 pen gegen die Schwanzſchuppen leicht ſchließen, denn 
tralis, jener iſt nur mit hundert und fieben und zwanzig 
deiieſer aber mit zweyhundert und zwey und zwanzig, 

beſetzt, ſo daß die ganze Anzahl zuſammen genommen 
dreyhundert und neun und vierzig betraͤgt. Das Va⸗ 
terland iſt Carolina, woher wir No. 16. noch eine 
Schlange unter dem Namen Rurzbauch zu bes 


ſchreiben finden. i 


1. Der Plattſchwanz. Anguis Platura. 


a Schwanz dieſer Schlange iſt ſtumpf, fehe 
ſchwanz. platt gedruckt, ſchwarz und weißbunt, und hat, ges 
Platu. gen dem übrigen Theil des Körpers, den neunten 
fa. Theil der Laͤnge. Die Schuppen find alle faft rund, 
ſehr klein nicht übereinander geſchoben, und koͤnnen, 
weil fie fo klein find, nicht fuͤglich gezäͤhlet werden. 


‚+ 


126. Geſchlecht. Aalſchlangen. 217 


Sonſt iſt der Kopf dieſer Schlange laͤnglicht, 
glatt, und ohne Zaͤhne, der Koͤrper iſt ein und einen 
halben Schuh lang, obenher ſchwarz, unten weiß. 
Der Ruͤcken gehet etwas ſcharf und kielfoͤrmig in 
die Hoͤhe. Das Vaterland iſt vermuthlich Indien. 


12. Der Breitſchwanz. Anguis Lati- 
canda. 


Da der Schwanz an den Seiten zuſammen ge 12. 
druckt iſt, fo erſcheint er breiter als an den andern, Breit⸗ 
und fuͤhrt daher obigen Namen. Man zaͤhlet zwey⸗ (omanı; 
hundert Schuppen am Bauche und funfzig unter dem causa. 
Schwanze, welche zuſammen zweyhundert und fun. 
zig ausmachen. Die Farbe dieſer Schlange iſt blaß 
mit braunen Banden. Das Vaterland iſt Su⸗ 
riname. f 8 


13. Der Zweykopf. Auguis Scytale. 


Wir haben ſchon oben in den 124. Geſchlecht ien, 
Boa eine Scytale No. 7. betrachtet, welche den f pf. 
Namen Stockſchlaͤnge führer, wegen ihrer Ge- Seytale- 
ſtalt. Da nun die jetzige Art, des ſtumpfen und 
dicken Schwanzes halben, wenn ſie gerade liegt, 
auch einem Stocke aͤhnlich ſiehet, ſo hat man ſie auch 
Stockſchlange genennet, daher fie auch Scytale heiſ⸗ 
ſet; allein eben der Umſtand des dicken Schwanzes 
war auch die Urſache, daß man ihr den Namen 
Biceps, oder Iweykopf gab; aus dieſer Urſache 
wollen wir die jetzige mit letztern Namen belegen, um 
fie von jener Stockſchlange zu unterſcheiden. Sie 
hat zweyhundert und vierzig Schuppen am Bauche 
und dreyzehn unter dem Schwanz, folglich übers 
haupt zweyhundert und drey und funfzig. Sie iſt 
weißlich, hat hin und wieder einen roſtfaͤrbigen 
Rand an den Schuppen, und braune Baͤnder uͤber 

| e den 


218 Dritte Cl. II. Ord. Schleichende Amph. 


den Leib. Die Schlangen dieſer Art kommen aus 
beyden Indien, und ſind ſowohl in der Zahl der 
Schuppen, als Farbe und Zeichnung etwas von 
einander unterſchieden, denn etliche haben auch blaue 
und ſchwarze Ringe. In der Laͤnge halten fie ins— 
gemein einen und ein halben Schuh, und ſind etwa 
einen halben Zoll dick. 


14. Der Langſchwanz. Anguis Eryx. 


14. Ohne uns jetzt um Eryx zu bekuͤmmern, nen⸗ 
PER, nen wir dieſe Art Langſchwanz, weil der Schwanz 
Eryx. länger als der Körper, und von unten mit hun 

dert und ſechs und dreoßig Schuppen beſetzt iſt, wo⸗ 
gegen der Bauch nur hundert und ſechs und zwan⸗ 
zig hat, welche zuſammen zweyhundert und zwey und 
ſechzig ausmachen. Sie iſt oben aſchgrau mit drey 
in die Laͤnge geſtreckten ſchwarzen Linien beſetzt, und 
und unten blaͤulich; die Augen ſind klein, und die 
Naſenloͤcher ſehr groß. Das Vaterland iſt Ame⸗ 
rica; auch findet man fie in Engelland. 


15. Die Bruchſchlange. Anguis Fragilis. 


15. Weil man ſie mit einem duͤnnen Reißig ohne 
bene viele Gewalt gleich mitten von einander hauen kann, 
Fragilis. fo wird fie Fragilis, oder Bruchſchlaͤnge genen⸗ 

net, Sie hat hundert und fuͤnf und dreyßig Schup⸗ 

pen am Bauche, und eben ſoviel unter dem Schwanze, 
daher der Koͤrper und der Schwanz einerley Laͤnge, 
und mit einander zweyhundert und ſiebenzig Schup⸗ 
pen haben. Sie wurde von andern Schriftſtellern, 
wegen ihrer ſehr kleinen Augen, auch Blindſchlei⸗ 
che genennet, und iſt in Europa ſehr gemein. 
Bey den Schweden wird fie Ormflao und Kop- 
per- Orm; bey den Engellaͤndern Blindworm, 
und bey den Franzoſen Avoyne und Orvert, 


genennet. 
Der 


125. Geſchlecht. Aalſchlangen. 219 


Der Herr Gronov gibt folgende Beſchreibung Ber 
von einer ſolchen Schlange: Der Hopf iſt klein, ſchreib. 
vorneher ſchmahl, ſtumpf zugeſpitzt, und oben platt, 
deßgleichen auch an den Seiten, aber untenher rund. 
Der Kopf iſt oben mit ungleichen Schuppen gedeckt, 
doch in der Mitte ſiehet man eine große herzfoͤrmi⸗ 
ge. Die Augen ſind ſehr klein, ſchwaͤrzlich, und 
haben ihre Augenlieder. Die Naſenloͤcher ſtehen ganz 
vorne, und ſind offen. Der obere Kiefer ſpringet 
etwas uͤber den untern hervor, die Zaͤhne der beyden 
Kiefer ſind ziemlich groß und von gleicher Laͤnge et⸗ 
was einwerts gebogen, und ſehr ſpitzig. Die 
Zunge iſt breit, und an der Spitze geſpalten, 
der Koͤrper iſt rund, und wird nach dem After zu 
immer dicker. Der Schwanz iſt hernach etwas duͤn⸗ 
ner, und laͤuft ſtumpf ab, und da des Gronovs 
Exemplar nur drey und vierzig Reihen Schup⸗ 
pen unter dem Schwanze hatte, ſo war derſelbe 
auch nur halb ſo lang als der Koͤrper. Die Far⸗ 
be war aſchgrau braun. Das Vaterland iſt Eu⸗ 
ropa. 

Von dieſer Art giebt es in Italien ſolche, die 
zwey bis drey Ellen lang ſind, und wenn man ſie 
unverſehens tritt, ſo beißen ſie einen gleich in die 
Schuhe, und geiſſeln ihren Beleidiger mit ihrem 
langen Schwanze, jedoch iſt ihr Biß weiter nicht 
ſchaͤdlich. Sie bringen, gleich den Nattern, le 
bendige Jungen zur Welt, und werden auch in 
Arzneyen gebraucht. 


16. Der Kurzbauch. Anguis Ventralis. 


Wir hatten oben No. 10. auch ſchon eine Schlan⸗ 16, 
ge unter dem Namen Ventralis, welche wir Dich, Kurz 
bauch nannten; dieſe alſo fol KRurzbauch heiſſen, bauch. 
denn wenn man bedenkt, daß der Schwanz zweyhun⸗ 
dert und dren und zwanzig, der Bauch aber nur hun⸗ 

dert 


tralis, 


220 Dritte Cl. II. Ord. Kriechende Amph. 


dert und ſieben und zwanzig Schuppen hat, die zu⸗ 
ſammen dreyhundert und funfzig ausmachen, ſo muß 
der Bauch freylich nach Verhaͤltniß der Laͤnge ſehr 
kurz gerathen ſeyn, dahingegen der Schwanz drey⸗ 
mal laͤnger als der Koͤrper iſt, ſo daß man ſie auch 
wol wie No. 14. Langſchwanz hätte nennen fönnen, 

Sie iſt aſcharau grün, erhaben geſtreift, in den 
Seiten aber mit einer ſchwarzen Schnur gezieret. 
Der Bauch ſcheinet mit einer hohlen Nath anges 
wachſen zu ſeyn, und der Schwanz iſt wirbelicht, 
Das Vaterland iſt Carolina, und Catesby nen⸗ 
net ſie die gefleckte Blindſchleiche. | 


127. Ge⸗ 


221 


127. Geſchlecht. Ringelſchlangen. 


Serpens: Amphisbæna. 


— — — — — — — 


S her griechiſche Name Amphisbaena zeigt Geſchl. 
ein Thier an, welches ſowohl hinter ſich Benen⸗ 

als vor ſich kriecht, dergleichen die Schlaugen die- nung. 
ſes Geſchlechts zu thun pflegen, und dieſe Mei⸗ 
nung iſt auch dadurch beſtaͤrket worden, weil ſie 
am Schwanze ſo dick find, als am Kopfe. Dar 
her man kaum erkennen kann, an welchem Ende 
der Kopf iſt; und dieſes gab auch Anlaß, dieſe 
Schlangen Jweykoͤpfige oder Biceps zu nennen, 
gleichwie wir dergleichen ſchon in dem vorigen Ger 
ſchlechte verſchiedene betrachtet haben. Aus dieſem 
Grunde nennen die Franzoſen dieſe Schlangen 
Double marcheur, und die Engellaͤnder 
Double Headet Serpent; hollaͤndiſch heißen fie 
Tweekoppen. Es ift aber dieſe Benennung für 
gegenwaͤrtiges Geſchlecht nicht hinlaͤnglich, daher 
wir einen Namen von ihren Unterſcheidungsmerk⸗ 
malen genommen, und fie Ringelſchlangen genen⸗ 
net haben, denn der Biceps oder Zweykopf iſt oh⸗ 
nehin uneigentlich; wiewohl wir nicht laͤugnen, daß 

man wuͤrkliche Mißgeburten der Schlangen gefun⸗ 
den habe, welche zwey Koͤpfe mit langen Haͤlſen 
neben einander hatten, denn wir haben einmal ei⸗ 

ne ſolche Mißgeburt in dem Cabinete des Herrn 
Boͤdeckers in Amſterdenn geſehen, welche, der 

zwey neben einander ſtehenden und mit langen Haͤl— 

ſen verſehenen Koͤpfe wegen, vorneher gabelfoͤrmig 
ausſahe, hinten aber mit einem ſpitzigen Schwanze, 

nach Art der Nattern, aus lief. 2 

' ag 


222 Dritte Cl. II. Ord. Schleichende Amph. 


Was die Kennzeichen dieſes Geſchlechts bes 
trift, fo werden fie von dem Ritter darinnen feſt⸗ 
geſetzt, daß der ganze Koͤrper, nebſt dem Schwanze 
mit Ringen umgeben iſt, folglich weder Schilde 
noch Schuppen vorhanden find, Dieſe Ringe has 
ben die Eigenſchaft einer dicken feſten Haut, und 
ſind keineswegs knoͤrpelicht oder hart, wie etwa die 
Schilde oder Schuppen anderer Schlangen, jedoch 
unterſcheiden ſie ſich hinlaͤnglich als eigentliche Rin⸗ 
ge. Man trift nur, und zwar in Indien, die 
zwey folgenden Arten an. 


I. Der Rußringel. Amphisbæna Fu- 


liginoſa. 


Man zaͤhlt an dieſer Art am Koͤrper zweyhun⸗ 


dert und am Schwanze dreyßig, zuſammen zwey⸗ 


hundert und dreyßig Ringel. Sie iſt wuͤrklich ruß⸗ 
faͤrbig oder ſchwarzbunt, und verdient obigen Na⸗ 
men. Sie kommen nicht allein aus America, wo 
zwar die groͤßten ſind, ſondern auch aus Oſtindien, 
vorzuͤglich aus Ceilon, deßgleichen aus Syrien, 
und leben theils von Ameiſen, theils aber von Erd⸗ 
ſchnecken und Wuͤrmern. 


Der Kopf iſt klein, glatt, ſtumpf, oben die 
Laͤnge herab geſtreift, und an den Seiten gerunzelt. 
Zwiſchen den Naſenloͤchern zeiget ſich eine dreyeckig⸗ 
te Knie. Die Naſenloͤcher find gleichfalls ſehr klein, 
und von den Augen ſiehet man nichts anders, als 
zwey ſchwarze Puncte. Das Maul iſt voller klei⸗ 
ner Zaͤhnchen. Die Laͤnge des Koͤrpers, welcher 
vollkommen rund iſt, belauft ſich auf einen Schuh. 
Durch etwa zweyhundert Ringe ſiehet das Thier ei⸗ 


nem Wurm aͤhnlich, aber dieſe Ringe ſind durch 


etwa vierzig Striche durch die Laͤnge des ganzen 
Körpers in kleine Theilchen abgetheilt. Der zwoͤlf⸗ 
te 


127. Geſchlecht. Ringelſchlangen. 223 


te Strich der, von der Ruͤckennath abgerechnet, die Rin⸗ 
ge über den ganzen Körper einkerbet, iſt mit Kreuzen 
wie ein X gezeichnet, und ſcheidet den Bauch von 
dem Ruͤcken ab, gehet aber nicht weiter als bis 
an den After. Vor dem After zeigen ſich acht 
Waͤrzchen, welche in einer Reihe in die Quere 
ſtehen. Der Schwanz iſt kurz und am Ende ſtumpf, 
und hat, wie oben geſagt iſt, dreyßig Ringe. Sie iſt 
zwar uͤber und uͤber ſchwarz⸗ und weißbunt, iedoch 
auf dem Ruͤcken mehr ſchwarz, und am Bauche mehr 
weiß. 

Herr Gronov hatte eine ſolche Schlange mit 
zweyhundert und neun Ringen, am Körper, und fuͤnf⸗ 
und zwanzig am Schwanze. Herrn HouttuinsExem⸗ 
plar hatte nur hundert und fieben Ringe am Bauche, 
und vier und zwanzig am Schwanze, und war einen 
Schuh lang. Ein anderes Exemplar, welches dun⸗ 
kelbraun von Farbe und eilf Zoll lang iſt, hat nur 
hundert und acht und neunzig Ringe am Koͤrper 
und acht uud zwanzig am Schwanze. Dieſer klei⸗ 
ne Unterſchied zeiget doch an, daß die verſchiedenen 
Arten die angegebene Zahl ohngefehr erreichen. 


2. Der Weißringel. Amphisbæna Alba. 


Da die gegenwaͤrtige Art ganz weiß iſt, fo Weiß 

kann fie Weißringel genennet werden. Jedoch giebt ringel. 
es auch ſolche, die obenher ins rothe, gelblichte, vio⸗ Alba. 

letfaͤrbige, oder apfelbluͤthenfaͤrbige ziehen, wenn 

gleich die Hauptfarbe, beſonders am Bauche, weiß iſt. 

Sie hat zweyhundert und drey und zwanzig Ringe am 

Koͤrper, und ſechzehn am Schwanze, folglich zuſam⸗ 

men zweyhundert und neun und dreyßig. Man fin⸗ 

det ſolche, die ein und einen halben Zoll dick, und 

zwey und einen halben Schuh lang ſind. 


Der 


224 Dritte Cl. II. Ord. Schleichende Amph. 


| 


Der Kopf iſt klein, vorneher ſpitzig abgerundet, 
uͤberall mit fleckigten Schuppen gedeckt, der obere 


Kiefer raget uͤber den untern hervor, und hat an der 
Spitze kleine Naſenloͤcher, oben aber ſehr kleine Au⸗ 


gen, welche rund und weißlich ſind. Die Mund⸗ 


ſpalte iſt ziemlich groß, der Körper etwas rund, und 
bis zum Ende des Schwanzes gleich dick, indem auch 
ſelbiger ganz ſtumpf abbricht. | 
Das Exemplar des Herrn Houttnins hatte nur 
einen zwey Zoll langen Schwanz, der etwas duͤnner 


als der Koͤrper iſt, und es waren nicht etwa nur die 


Seiten, ſondern auch der ganze Ruͤcken mit lauter 
Strichen beſetzt, die aus Kreutzen oder X beſtunden, ſo 
wie wir von der vorigen Art erwaͤhnet haben. N 

Seba führt auch eine dergleichen röthliche 
Schlange von der Inſel Amboina an, und eine 
ganz rothe Americaniſche, an welcher letztern er 
weder Augen noch Naſenloͤcher entdecken konnte, und 
im Maule keine Zunge oder Zaͤhne fand. Die Am⸗ 
boiniſche hingegen hatte den After nicht unter dem 
Schwanze, ſondern in der ſtumpfen Schwanzſpitze 
ſelbſt, fo daß man ſelbige, wegen dieſem großen Unter⸗ 
ſchiede, wohl fuͤr eine ganz andere Art halten mag. 

Uebrigens giebt der Ritter die Nachricht, daß 
ſich dieſe Schlangen in den Ameiſenhaufen aufhalten, 
woraus zu ſchließen iſt, daß ſie auch mehrentheils von 
Ameiſen leben werden, welche in America betraͤcht⸗ 
lich groß ſind. 


128. Ge⸗ 


225 


128. Geſchlecht. Blindſchleichen. 


Serpens: Caecilia. 


8 ). der Name Caecilia oder Blindſchlange, Geſchl. 
SGriechiſch, Typhlos, auch verſchiedenen Venen: 
Schlangen des vorigen 126. Geſchlechts gegeben nung. 
wird, wie wir daſelbſt unter andern bey No. 15. ge 
zeiget haben, ſo muß man hier vorzuͤglich auf die 
Merkmale Acht geben, welche der Ritter von die: 
ſem Geſchlechte beſtimmt. Sie haben naͤmlich weder Geſchl. 
Schilde noch Schuppen, und auch keine foͤrmlich zu⸗Kennzei⸗ 
ſammen laufende Ringe, ſondern nur Runzeln, fo, chen. 
wohl am Koͤrper als am Schwanze, welche aber an 
den Seiten am beſten ſichtbar find. Da nun ihre As 
gen nur ganz kleine Puncte ſind, die unter der Haut 
liegen, fo at die Natur ihnen zur Beyhuͤlfe an der 
obern Lippe zwey, wiewohl ſehr kleine Fuͤhlhoͤrner ges 
ſchenkt, welche folglich auch mit zum Merkmal dieſes 
Geſchlechts dienen. Jedoch werden nur folgende zwey 
Arten von dem Kitter angegeben. 


1. Die Fuͤhlſchlange. Caecilia Tenta- 


culata. 


Die kleinen an der obern Lippe befindlichen Fuͤhl⸗ . 
hoͤrner find die Urſache obiger Benennung. Sie hat Fuͤhl⸗ 
an dem Körper hundert und fünf und dreyßig Run⸗ au 5 
zeln. Am Schwanze aber keine, weil derſelbe ſo klein bac 
iſt, daß er kaum den aͤuſſerſten Rumpf des Körpers ta. 
ausmacht, denn der After befindet ſich faſt am Ende, 


Linne III. Theil. P in 


226 Dritte Cl. II. Ord. Schleichende Amph. 


in einer gedoppelten Ritze. Der Koͤrper iſt rund, ei⸗ 
nen Schuh lang, und einen Zoll dicke, faſt wie der 
Koͤrver eines Aals. Der Ruͤcken hat einige erhabes 
ne Waͤrzgen, iſt aber ſonſten glatt. Die Nafenlös 
cher ſind nicht groͤßer als Stecknadelloͤcher. Die Au⸗ 
gen ſind kaum unter der Haut zu erkennen. Es ſind 
nur ganz kleine Zaͤhnchen vorhanden, und Seba 
nahm in einer Ceiloniſchen keine Zunge wahr. 


Herr Gronov beſaß eine Surinamiſche, wel⸗ 
che braͤunlich himmelblau war, und rechnet eine Bra⸗ 


ſilianiſche Art hieher, welche Ibijaram genennt wird. 


2. 
Schleim⸗ 
ſchlange. 
Gluti- 
noſa. 


Doch hier verlaͤßt uns die beſtimmte Art der Runzeln, 


indem ſich ein großer Unterſchied in derſelben Anzahl 
befindet. 


2. Die Schleimſchlange. Caecilia 
Glutmoſa. 
Unter obiger Benennung verſteht der Kitter ei⸗ 
ne Art, welche von brauner Farbe, und an den Sei⸗ 


ten mit einer weiſſen Linie bezeichnet iſt. Sie kommt 
aus Indien, und iſt, wie die vorige, unſchaͤdlich. 


III. Ord⸗ 


227 


4 


II. Ordnung. Schwimmende 
Amphibien. 
Amphibia: Nantes. 


je Amphibien dieſer dritten Ordnung find Benen— 
von jeher unter die Fiſche gezahlt wor: nung 
den, weil fie aͤußerlich den Fiſchen vol: der Ord⸗ 
kommen aͤhnlich find, und im Waſſer Te, nung. 
ben. Da aber der Ritter bey der allgemeinen Ein⸗ 
theilung der Thiere ihren innern Bau mit zum Grun⸗ 
de legte, und unter den Amphibien ſolche Thiere ver⸗ 
ſtand, welche, nebſt andern Merkmalen, willkuͤhr⸗ 
liche Lungen haben, (ſiehe I. Theil pag. 45. und 47.) 
ſo muſten nothwendig eine Menge Fiſche ausgemu⸗ 
ſtert, und unter die Amphibien gebracht werden. 
Um nun dieſelben hinlaͤnglich von den uͤbrigen und vor⸗ 
her ſchon betrachteten kriechenden und ſchleichenden 
zu unterſcheiden, ſo nennet er ſie Nantes, oder 
ſchwimmende Amphibien. Mun lieſſe ſich, in 
ſoweit ſie Fiſche ſind, verſchiedenes von ihnen ſagen, 
allein da wir ohnehin in dem folgenden vierten Theile 
eine Einleitung in die Geſchichte der Fiſche mittheilen 
werden, fo wiirde es uͤberfluͤßig ſeyn, uns anjetzo da⸗ 
bey aufzuhalten. 

Sie beſitzen, wie wir ſchon pag. 9. angemerkt Kenn— 
haben, nicht nur willkuͤhrlich athemhohlende Lungen, zeichen 
ſondern auch, (nach Art der Fiſche) aͤußerliche Werk- der Ord⸗ 
zeuge, welche die Athemhohlung befördern. Jedoch nung, 
unterſcheiden ſie ſich hernach in Anſehung der Beſchaf⸗ 
fenheit dieſer Werkzeuge, indem dieſelbe bey den erſten 
* P 2 vier 


228 Dritte Cl. III. Ord. Schwimm. Amph. 


vier Geſchlechtern zuſammen geſetzt, und ben den her⸗ 
nach folgenden zehn Geſchlechtern nur einfach ſind. 
Beſagte vier erſte Geſchlechter, und dann die zwey 
erſten, von den darauf folgenden zehn Geſchlech⸗ 
tern, waren ſchon in der zehenten Auflage un⸗ 
ter die Amphibien geordnet, aber die acht uͤbrigen 
ſind erſt in dieſer letzten Ausgabe dazu gekommen. 
Uebrigens gehoͤrt auch noch zu den allgemeinen Kenn⸗ 
zeichen jetziger Ordnung dieſes, daß die Floßen knoͤr⸗ 
pelichte Finnen haben, daher fie fonft Piſces carti- 
laginei, auch Chondrakanthoi, und von dem 
Ritter Chondropterygii genennt wurden, wo⸗ 
I denn noch die Branchioftegi (mit Beinohren) 
amen. 


129. Ge⸗ 


129. Geſchlecht. Pricken. 
Nantes; Petromyzon. 


— — — — 


M Recht laͤſſet der Ritter zunaͤchſt auf 


die Schlangen ein ſolches Geſchlecht von 
ſchwimmenden Amphibien folgen, welches die mei: 
ſte Aehnlichkeit mit den Schlangen hat, ſowohl in 
Abſicht auf die aͤuſſerliche Geſtalt, als auch in Ab⸗ 
ſicht auf die Lungen, welche in dieſem Geſchlechte 
vollſtaͤndiger als in den übrigen ſind, weil eine or⸗ 
dentliche Luftroͤhre in die Lungen tritt. Sie ſind 
durchgaͤngig bey uns unter dem Namen Pricken be⸗ 
kannt. Der hollaͤndiſche und niederſaͤchſiſche 
Name Prik iſt der Urſprung der Benennung, und 
bedeutet ein ſpitziges Staͤbchen, wodurch man etwa 
auf die Figur dieſer Fiſche gezielet hat, es waͤre 
denn, daß man es von dem Worte Prikken, das 
iſt: mit einem ſpitzigen Stäbchen Locher bohren, her⸗ 
leiten, und dadurch auf die Luftloͤcher, die diefe Fi⸗ 
ſche zur Seite am Halſe haben, zielen wollte. 
Petromyzon aber war die Benennung, womit 
Artedi dieſes Geſchlecht belegte, und bedeutet nach 
dem Griechiſchen ſo viel als Steinſauger, weil 
ſich dieſe Fiſche an die Felſen mit ihrem koͤcherfoͤr⸗ 
migen dicklippigen Maule feſtſaugen, und es ſtehet 
dahin, ob nicht die Alten dieſe Fiſche unter dem 
Namen Remora oder Saugerfiſch verſtanden ha⸗ 
ben, wiewohl ſelbige bey uns nunmehro eine ganz 
andere Art in dem hundert und ſieben und funfzig⸗ 
ſten Geſchlechte unter den ordentlichen Fiſchen aus, 


machen. 
P 3 Die 


Geſchl. 
Benen⸗ 
nung. 


Geſchl. 
Kennzei⸗ 
chen. 


230 Dritte Cl. II Ord. Schwimmende Amp. 


Die Kennzeichen dieſes Geſchlechts ſind nach dem 
Ainne folgende: An den Seiten des Halſes befin⸗ 
den ſich fieben Luftloͤcher, die in einer Reihe nach 
der Laͤnge ſtehen, und es find gar keine ſo genannte 
Sifchobren vorhanden. Oben auf dem Wirbel bes 
findet ſich eine kleine Spruͤtzroͤhre oder Spruͤtzloch; 
und unten am Körper find weder Bruſt⸗- noch 
Bauchfloſſen vorhanden. 

Zu dieſen Merkmahlen kann man aus dem 
Gronov noch hinzufuͤgen, daß der Körper keine 
Schuppen hat. Der Kopf ift laͤnglichrund, fo dick 


als der Körper, das Maul zirkelrund, und die Lips 


Geſtalt. 


pen wie Klappen zum Anſaugen gebildet. Inn⸗ 
wendig haben die Kiefer eine unzaͤhlbare Menge klei⸗ 
ner Zaͤhnchen. Der Ruͤcken hat zwey Floſſen, das 
von die hinderſte den Schwanz umgiebet. Nach 
dem Linne giebt es hievon folgende drey Arten: 


I. Die Lamprete. Perromyzon Marinus. 


Lampreda und Lampreka kommt wohl von 


Lampetra her, welches fo viel als Steinlecken 


andeuten ſoll, daher man auch dieſe Fiſche in den 
nordiſchen Gegenden Steen- Sue oder Steinſau⸗ 
ger nennet, weil ſie ſich, wie oben ſchon geſaget 
iſt, an die Steine feſtſaugen. Inzwiſchen iſt doch 
bey den Engellaͤndern Lamprey und Lamprey- 
Eel oder Aal; bey den Franzoſen Lamproye; 
bey den Italienern Lampreda; bey den Sollaͤn⸗ 
dern Zee- Lamprey, (weil Linneus dieſe Art 
Marinus nennet,) und bey uns Lamprete uͤb⸗ 
lich. Die Alten zwar gaben ihr auch den Namen 
Muſtela, allein unter dieſer Benennung verſtehet 
man einen ganz andern Fiſch. 


Die Geſtalt iſt faſt aalfoͤrmig, und die Länge 
durchgaͤngig ein, bis ein und einen halben Shu 
ö un 


129. Geſchlecht. Pricken. 231 


und einen Zoll dick; doch findet man auch in Wor⸗ 
wegen ſolche, die Arms dicke und eine Elle lang 
ſind, in der Elbe aber manchmal einige, welche drey 
bis vier Pfund wiegen. Der Koͤrper iſt laͤnglichrund, 
die Haut oben ſchwaͤrzlich, mit einigen blaſſen eckig⸗ 
ten Flecken, innwendig befindet ſich, ſtatt eines 
knochichten Ruͤckgrads, ein knorpelichtes Weſen, 
welches mit Mark angefuͤllet iſt, und von dem Mau⸗ 
le bis zum After gehet ein gerader Canal. Das 
Maul iſt innwendig warzigt, und die letzte Ruͤcken⸗ 
floſſe iſt vom Schwanze unterſchieden. Sie halten 
ſich eigentlich im Meer auf, doch ziehen ſie gegen 
der Zeit der Begattung die Fluͤße hinan. 

Man macht aus ſelbigen, ohnerachtet fie ſchwer 6 Se 
zu verdauen find, ein ſchmackhaftes Eſſen, und ge rauch. 
nießet ſie entweder friſch gekocht, geroͤſtet, ge⸗ 
daͤmpft oder gebraten, wie die Aale, oder auch ge⸗ 
ſalzen, geraͤuchert, ja auch gedoͤrret. Die gemein⸗ 
fie Art der Zubereitung aber iſt marinirt, oder ges 
roͤſtet und mit Gewuͤrz in Wein oder Eßig gelegt, 
da ſie alsdenn in Toͤnnchen wohl gepackt weit ver⸗ 
ſchickt werden. Die Erfindung dieſer Speiſe wird 
einer armen Frau zugeſchrieben, welche aus Hunger 
es wagte, eine Lamprete, die jedermann fuͤr ein 
ſchaͤdliches Thier hielte, zu eſſen, und als ihr nichts 
widriges wiederfuhr, ließen ſich mehrere derſelben 
geluͤſten; jedoch wollen fie den Podagriſten, und 
denen, die Steinſchmerzen haben, auch ſchwachen 
Be: nicht gar wohl bekommen, denn es ges 
oͤrt ein nordiſcher Magen dazu. 


2. Die Neunange. Petromyzon Flu- 
viatilis. war 
Der Name LTeunauge follte eigentlich Sies auge. 


benauge ſeyn, weil diefe Benennung von den Kerr 
P 4 ſiebn 


Geſtalt. 


232 Dritte Cl. II. Ord. Schwimm. Amph. 


ſieben Luftloͤchern an den Seiten des Halſes herge⸗ 
nommen iſt; weil man uns aber nicht verſtehen wuͤr⸗ 
de, wenn wir Siebenauge fagten, fo wollen wir es 
bey dem alten bewenden laſſen. Indeſſen iſt dieſes 
eine kleinere Art, welche ſich in den Fluͤſſen aufhaͤlt, 
und von den Fiſchern zum Lokaas bey dem Cabeljaufang 
gebraucht wird. Sie unterſcheidet ſich auch darinnen 
von der erſten, daß die hinterſte Ruͤckenfloſſe eckigt iſt. 
Sie werden in norwegiſchen und maͤrkiſchen Fluͤſ⸗ 
ſen, desgleichen in Holland und auf der Themſe in 
Engelland, nicht weniger in den franzoͤſiſchen 
Fluͤſſen, wo ſie Lampreyon und Lamprillon 
heißen, gefangen, und zwar in Aalreiſen, oder auch 
mit holen Kegeln, an welche ſie ſich feſte ſaugen. 


Sie find übrigens faſt fo wie die See⸗-Lam⸗ 
preten geſtaltet, werden aber ſelten uͤber einen 
Schuh lang und haben zuweilen ſchwaͤrzliche Striche 
uͤber den Ruͤcken, ja etliche ſind faſt ganz ſchwaͤrz⸗ 
lich, und werden Moorneunaugen genennet, weil 
fie ſich im Moraſt waͤlzen. Die filberfaͤrbigen 
aber find die beſten uud ſchmackhafteſten. Um den 
Rand des Mauls haben fie eine große Menge Eleis 
ner Zaͤhnchen, weiter hinunter aber zeigen ſich 
groͤßere. Auf dem Kopfe fuͤhren ſie auch, nach Art 
der Wallfiſche ein Spruͤtzloch oder eine Roͤhre, durch 
welche ſie Waſſer einſaugen und ſeitwaͤrts aus den 
Luftloͤchern wieder ausſpruͤtzen, oder vielleicht auch 
umgekehrt. Die letzte Ruͤckenfloſſe lauft um den 
Schwanz hin, und iſt mit der Afterfloſſe verbunden. 
Unten am Koͤrper zeigen ſich zwey Oefnungen; die 
eine hat mit den Daͤrmern, die andere aber mit der 
Harnblaſe Gemeinſchaft. Mit dem Maule faugen 
ſie ſich allezeit feſt, und genießen nicht viel Nah⸗ 
rung. Man will angemerket haben, daß ihr Leben 
nur ein Paar Jahre daure, und wenn fie ihre Jun⸗ 
gen zur Welt gebracht haben, nehmen ſie ae 


129 Geſchlecht. Prien. 233 


ab und ſterben. Von dieſer Art werden die meis 
ſten nach Deutſchland verſchickt. 


Die gelblichte Haut ziehet ſich oben etwas Anato⸗ 

ins gruͤne, und iſt hin und wieder mit kleinen Wah, 
ſchwaͤrzlichten Flecken geſprengt. Der Bauch iſt neh, 
weiß. Statt der Schuppen iſt die Haut mit einem mung. 
ſchleimigten Weſen bekleidet. Durch die Haut ſchei⸗ 
nen wohl dreyßig Abtheilungen der Muskeln durch. 
Vom Schwanze bis an die Augen und Naſenkloͤcher 

iſt ein Lymphatiſches oder Waſſergefaͤß zu ſehen, 
welches ſeitwaͤrts nach unten zu Aeſte abgiebt. 
Dieſes Waſſergefaͤß hat Klappen, entſpringt im 
Kopfe und fuͤhret durch den ganzen Koͤrper eine reine 
Feuchtigkeit, welche zur Glattmachung der Haut 
dienet. Ohnweit dem Nabel ſiehet man eine Blut⸗ 
ader, welche ihre Aeſte zwiſchen den Muskeln ein⸗ 
ſenkt. Die Laͤnge der Daͤrmer, ſamt dem Mas 
gen und der Speiſeroͤhre, iſt eine halbe Elle. An 
dem Ausgange des Magens befinden ſich ſechs wurm⸗ 
foͤrmige Anhaͤnge, in welchen ſich die Speiſen zur 
Verdauung aufhalten. Die Milz ſiehet einem ro⸗ 
then Klumpen Fleiſch aͤhnlich, und befindet ſich dicht 

an der Gallenblaſe, die eine ſehr bittere Galle ent 
haͤlt. Die Leber iſt weiß, hat nur einen Lappen, 
und ſitzt oben am Zwergfelle, unten aber am Ma⸗ 

gen und deſſen Angehaͤnge feſte. An den Ruͤcken⸗ 
wirbeln befindet ſich ein Luftblaͤßchen. Die Bruſt 

iſt nicht, wie bey den Schlangen, nach dem Bauche 

zu offen, ſondern hat ihr Zwergfell. Das Herz 
hat nur ein Ohr, worein ſich die Hohlader ergießt. 
Oberhalb demſelben entſpringet die große Pulsader 
aus einem Puncte, welches durch eine weiße Wur⸗ 
zel, gleich einer Zwiebelſchale unterſtuͤtzet wird. 
Ueber dem Herze zeigen ſich, wie bey den Fiſchen, 
die Werkzeuge, in welche das Blut durch die große 
Pulsader gefuͤhret wird; gleich darauf folget das 

| P 5 Zungen⸗ 


3, 
Kiefer: 
Wurm. 
Bran- 
chialis, 


234 Dritte Cl. III. Ord. Schwimm. Amph. 


Zungenbein mit der Zunge, und das Grundſtuͤck der⸗ 
ſelben iſt, wie bey den Hechten, gezaͤhnelt. Zur 
Seiten des Gehirns befinden ſich kleine durchſichtige 
Steinchen. Die Geruchsnerven ſind ſehr lang; die 
Geſichtsnerven dicke; das Gehirn groß, und mit 
einer kleinen Zirbeldruͤſe verſehen. | 


Diefe Neunaugen werden oft durch gewiſſe 
Inſecten, die ſich in ihre Augen ſetzen, blind, und 
ihre Leber iſt oft geſchwollen, und ſteckt ſo voller 
Wuͤrmer, daß ſie haͤufig daran ſterben, woruͤber 
ſich die Fiſcher beſchweren, welche die Weun⸗ 
augen zum Lockaas bey dem Cabeljau- Fang ges 
brauchen. 


3. Der Kieferwurm. petromyzon 
Branchialis. 


Die Benennung Kieferwurm iſt aus zweyer⸗ 
ley Grund zu rechtfertigen, denn die Groͤße und 
Dicke kommt mit einem ſogenannten großen Spul⸗ 
wurm oder Regenwurm uͤberein, und man findet 
ihn ſehr oft an den Kiefern und Luftwerkzeugen der 
Cabeljaufiſche hängen, woſelbſt er ſich anzuſau⸗ 
geu pflegt. f 

Der Körper iſt eine Spanne lang, rund und 
mit Querringen, deren man tiber achtzig zaͤhlet, 
nach Art der Wuͤrmer eingekerbet Das Maul un⸗ 
ten am Kopfe iſt rund und ſtehet allezeit offen. 
Zaͤhne ſind nicht vorhanden, deßgleichen auch keine 
Zunge, aber mitten im Kopfe ein Spruͤtzloch wie 
bey den vorigen Arten, und zur Seiten ſieben Luft⸗ 
loͤcher. Auſſerdem aber befinden ſich am Hinter⸗ 
theile der Lefzen gewiſſe Fortſaͤtze oder Anhaͤnge. 
Nach dem Schwanze zu zeiget ſich eine runde Floſſe, 
welche am Ende den Schwanz umgiebt. Die 
Ruͤckenfloſſe iſt gerade und einem Striche e 

Man 


129. Geſchlecht. Pricken. 235 


Man findet fie in den nordiſchen Fluͤßen ohn⸗ 
weit ihren Ausgang in das Meer, wo ſie Fiſche 
aufſuchen, um ſſch an ihre Kiefer anzuhaͤngen, und 
da ſie oft gerne in die Hanf⸗ und Flachsbuͤſchel, 
welche zur Faͤulung in das Waſſer geleget wer— 
den, zu niſten pflegen, ſo daß man beym Heraus⸗ 
iehung ſolcher Buͤſchel zuweilen eine Menge bey» 
En antrift, welches eine Eigenſchaft ift, fo die 

Aale auch haben, ſo werden ſie deswegen in Sehwe⸗ 

den, und beſonders in Dalekarlien, Lin - Ahl ge⸗ 
nennet. Man findet auch aͤhnliche Kieferwuͤrmer 
landwerts in ein und andern europaͤiſchen Fluͤſſen 
und ſuͤſſen Gewaͤſſern, die aber ſo groß nicht ſind, 
und deswegen von vielen zu den Wuͤrmern gerechnet 
oder dafuͤr angeſehen werden. | 


130, Ge⸗ 


Geſchl. 
Kennzei⸗ 
chen. 


236 Dritte Cl. III. Ord. Schwimm. Amph. 
5755 


130. Geſchlecht. Rochen. 


Nantes: Raja. 


— ä —— — 


a 5 has Geſchlecht ſchwimmender Amphibien, wel⸗ 
0 ches wir jetzo zu beſchreiben vor uns nehmen, 
iſt eine Gattung breiter und platter Fiſche, welche, 
ſo wie das vorhergehende und folgende Geſchlecht, 
vormals Piſces Chondropterygii, oder Fiſche 
mit knorpelichten Floſſen genennet worden, und da 
eben die meiſten Arten dieſes Geſchlechts, eine ſta— 
chelichte Haut haben, ſo wurden ſie im Griechi⸗ 
ſchen Batos und Batis, lateiniſch Raja, und 
franzoͤſiſch Raje oder Raye genennet, um da 
durch ein ſchaben oder kratzen auszudrucken, welches 
durch ihre ſtachelichte Haut verurſacht wird. Die 
Holländer und nordiſchen Volker haben fie 
Roch genennet, und ſolches iſt bey den Deut⸗ 
ſchen beybehalten worden, 


Die Kennzeichen ſind dieſe, daß ſie unten am 
Halſe fünf Luftloͤcher haben, um durch ſolche die 
Athemhohlung zu befördern. Der Körper iſt platt 
gedruckt und breit, und der Mund ſtehet an der 
untern Seite unter dem Kopfe. Es werden aber 
die Arten dieſes Geſchlechts von den Schriftſtellern 
noch in gewiſſe Gattungen eingetheilet; und Herr 
Gronovius hatte Kochen mit einer, mit zweyen 
und auch mit gar keiner Ruͤckenfloſſe. Jedoch he⸗ 
bet der Bitter dieſen Unterſchied auf, und macht 
nur zwey Gattungen. Einige naͤmlich haben ſcharfe 
Zaͤhne, andere hingegen ſtumpfe. Überhaupt aber 
giebt es hievon folgende neun Arten: 

A. Mit 


130. Geſchlecht. Rochen. 237 
A. Mit ſcharfen Zaͤhnen. 


1. Der Krampffich. Ra ja Torpedo. 


Dieſer beruͤhmte Fiſch hat feinen Namen von der 
wunderbaren Eigenfihaft erhalten, demjenigen, der 
ihn beruͤhret, einen electriſchen Schlag beyzubringen, 
daß dadurch eine gewiße Fuͤhlloſigkeit, Krampf oder 
zitternde Erſchuͤtterung entſteht. Wenigſtens ſoll 
der Name Torpedo, den die Alten ſchon gebraucht 
haben, dieſes ausdruͤcken, und darum haben wir ihn 
Krampfiſch genennt, denn er führt im Engli⸗ 
ſchen und Holländifchen den naͤmlichen Namen, 
zuweilen aber heißt er auch Stompviſch, und Sid- 
derviſch, deßgleichen Trillroch, das iſt Fitter⸗ 
roch, und eben dergleichen Eigenſchaft wird auch 
durch den perſtaniſchen Namen Lerzmachi, und 
den arabiſchen Rıaad ausgedruckt. 


Es iſt dieſer Fiſch ganz glatt, ohne Stacheln, 
worinne er alſo von den rauhen Rochen abweicht. 
Von oben iſt der Koͤrper mit fuͤnf kreißfoͤrmigen ſchwar⸗ 
zen Flecken beſetzt, und darum wird er vielleicht in Ita⸗ 
lien Ochiatella genannt. Ferner ſieht man hin und 
wieder auf dem Ruͤcken durchbrochene Puncte, welche 
ſich nach dem Rande zu in weitſchichtigen Reihen zei⸗ 
gen. Der Schwanz iſt an beyden Seiten kielfoͤrmig. 
Die Schwanzfloße lauft ſtumpf aus. Die Haut iſt 
ſehr glatt und fleckigt, bey etlichen auf den Ruͤcken 
braun und weiß, und nach dem Schwanze zu dunkel 
gefleckt, unten am Bauche aber weiß. Der Kopf ſteckt 
zugleich in dem tellerfoͤrmigen Umkreiße des ganzen 
Koͤrpers. Die Augen ſind klein und ſtehen oben nach 
dem Ruͤcken zu etwa einen Zoll voneinander. Gleich 
hinter ſelbigen ſind noch ein paar Oefnungen, die ſich 
im Waſſer mit einer Haut ſchließen, und faſt wie ein 
zweytes Paar Augen ausſehen. Das Maul an der 
untern Seite iſt klein, ſpaltet ſich aber ſehr weit, nr 


A. 
Schar⸗ 
fe Zaͤh⸗ 
ne. 


1. 
Krampf⸗ 
fiſch 
Torpe- 

0. 
T. VII. 
fig. I. 


Geſtalt. 


A. 


238 Dritte Cl. II. Ord. Schwimm. Amph. 
iſt mit einer Reihe kleinen Zaͤhnchen beſetzt. An den 


Scharfe Seiten des Koͤrpers befindet ſich eine Reihe, jede von 


Zaͤhne. 


Größe. 


Pater⸗ 
land. 


Eigen⸗ 
ſchaft. 


fünf Luftloͤchern, die alle mit einer ſtarken Haut ges 
deckt ſind. Der After zeigt ſich am Ende des Schwan⸗ 
zes, und ober halb dem Schwanze zeigen ſich noch ein 
paar Anhaͤnge oder Fortſaͤtze wie Floßen. In dem 
Maͤnnchen zeigt ſich bey dem Anfange des Schwan⸗ 
zes untenher eine fleiſchigte Floße, welche in eine ein 
und einen halben Zoll lange kroplichte Ruthe aus⸗ 

eht, die an der Spitze mit zweyen Oefnungen vers 
ſehen iſt, woraus ſich mit leichter Muͤhe eine fette, 
zaͤhe Materie drucken laͤßt. Die Abbildung ſiehe 
Tab. VII. fig. 1. 

In Abſicht auf die Groͤße ſind ſie gar ſehr ver⸗ 
ſchieden, denn man trift einige an, welche nur ſechs Un⸗ 
zen, und andere, die achtzehn bis zwanzig Pfund 
wiegen. Sie ſind alsdann wohl zwey Spannen breit, 
etwa mit dem Schwanze drey Spannen lang, in der 
Mitte des Koͤrpers zwey Zoll dicke, und nach dem 
Rande zu je länger je dünner. | 

Nach der Anzeige des Ritters iſt ihr Vaterland 
im mittellaͤndiſchen Meer, und in dem perſiani⸗ 
ſchen Meerbuſen. Inzwiſchen fand doch Kaͤm⸗ 
pfer ſelbige auch in Oſtindien, welche von den 
Europaͤiſchen wenig oder nichts verſchieden waren. 
Kolbe merkt an, daß fie auch am Vorgebürge 
der guten Hofnung gefangen werden, und des 
Admirals Anſons Reiſebeſchreibung zeigt, daß ſie 
ſich auch an der Kuͤſte des Suͤdmeers aufhalten, ſo 
wie ſie auch zuweilen an andern Kuͤſten gefunden 
werden. ö 

Sie naͤhren ſich von andern Fiſchen, und viel⸗ 
leicht haben ſie durch ihre krampferweckende Kraft ein 
Vermoͤgen ihren Raub zu betaͤuben, und zu fan⸗ 
gen, denn es iſt gewiß, daß wer ſie beruͤhrt, auch 
von einem electriſchen Schlage getroffen werde, - 

er 


130. Geſchlecht. Rochen. 239 


cher nach der verſchiedenen Empfindlichkeit der Perſo⸗ 
nen, auch minder oder mehr empfindlich, ja ſo gar 
ſchmerzhaft und anhaltend iſt, und es verſichern viele 
Perſonen, daß dieſe Wirkung nicht nur bey einer 
unmittelbaren, ſondern auch mittelbaren Beruͤhrung 
folge, wenn man ſie zum Exempel mit einem Stocke 
anruͤhrt, oder dem Gefäße, worinnen fie aufbehalten 
werden, zu nahe kommt; wenigſteus ſcheuen ſich die 
Fiſcher ſehr und trauen faſt nicht ihre Netze anzufaſſen, 
wenn fie einen Fitterfiſch ſpuͤhren, oder laſſen lies 
ber ihre ganze Beute im Stiche. 

Inzwiſchen hat dleſe electriſche Eigenſchaft man⸗ 
che Naturforſcher rege gemacht, und ſie zur Unter⸗ 
ſuchung der Urſachen dieſer beſondern Erſcheinung ges 
trieben. Da denn aus allen Umſtaͤnden erhellet, daß 
es eine gewiſſe Schnellkraft ſey, welche dieſer Fiſch 
auf eine erſtaunlich geſchwinde und zugleich heftige 
Art jedem Gegenſtande, der ihn beruͤhrt, giebt, da⸗ 
von der gegebene Stoß durch feine Durchdringlichkelt 
eine Betaͤubung oder ſtarke Empfindung erregt. 

Es beſteht naͤmlich, nach den Anmerkungen des 
Slorentiners Lorenzini 1678. das Werkzeug dies 
fer electriſchen Kraft in ein paar ſichelfoͤrmigen und 
zugleich faßrigten Körpern (Fibrae motrices) wel⸗ 
che ſich zuſammen ziehen und augenblicklich wieder 
loß ſchnellen. Dieſe Körper ſehen in ihrer Oberfläche 
einem netzartigen Gewebe gleich, innwendig aber bes 
ſtehen ſie aus lauter Koͤchern in der Dicke einer Schreib⸗ 
feder, die von dem Ruͤcken nach dem Bauche zu ſenk⸗ 
recht und dichte aneinander ſtehen. Jeder Koͤcher 
hält nach feiner Laͤnge etwa fuͤnf und zwanzig bis dreyſ⸗ 
ſig Zellen, in welchen ſich eine weiſſe und weiche Ma⸗ 
terie befindet. Wenn ſich nun der Fiſch platt macht, 
fo zieht er alle dieſe Faſern zuſammen, daß die Koͤcher 
kuͤrzer werden, und läßt fie auf einmal wieder fahren. 
Durch dieſes Schnellen wird der Stoß erregt, obs 
gleich der Fiſch feinen Ort nicht verändert, 195 

ebri⸗ 


A. 
Scharfe 


Sahne: 


Anato⸗ 
miſche 
Anmer⸗ 
kung. 


240 Dritte Cl. III. Ord. Schwimm. Amph. 
Uebrigens iſt, wie Kaͤmpfer berichtet, ihre 


A. 
Scharfe Haut dicke, das Fleiſch weißlich blau, das Ruͤckgrad 


Zaͤhne. 


2. 
Sta⸗ 
chelro⸗ 


; che. 
Batis. 


knoͤrpelich, ohne Fortſaͤtze, ausgenommen, daß ſich 
von demſelben gewiße Sennen nach dem Umfange zu 
ausbreiten. Das Gehirn hat fünf paar Nerven, das 
erfte Paae ſenkt ſich in die Augen, und das letzte Paar 
Läuft nach der Leber. Das Herz liegt in der Fleins 
ſten Bruſthoͤhle und iſt feigenfoͤrmig. Der Magen 
iſt groß und musfulös, voller ſtinkenden Unraths. 
Die Leber hat zwey Lappen, iſt dicke, blaßroth und 
voller Druͤſen. Gegen dem Ruͤcken liegt ein durchs 
ſichtiger Sack, welcher der Eyerſtock des Weibchens 
iſt, worinn ſich verſchiedene Eyer, in der Geſtalt 
derjenigen, die man in dem Eyerſtocke der Hühner 
findet, zeigen, und auf dem linken Lappen der Leber 
ruhen. Alle dieſe Eyer ſchwimmen in einer durchſich⸗ 
tigen Feuchtigkeit, das uͤbrige aber ſtimmt mit dem 
Baue anderer Rochen uͤberein, davon wir das noͤ— 
thige bey den folgenden Arten anfuͤhren werden. 


2. Die Stachelroche. Raja Batis. 


Wir haben oben bey der Einleitung dieſes Ge⸗ 
ſchlechts ſchon geſehen, daß. Batos oder Batis die 
griechiſche Benennung der Roche ſey, welche ihr 
wegen ihrer rauhen Oberflaͤche oder wegen der Sta⸗ 


cheln gegeben iſt, und da wir von der vorigen Art an 


gemerkt haben, daß ſie glatt ſey, ſo nennen wir die je⸗ 


tzige die Stachelroche wegen ihrer Stacheln, welche 


fie , wie aus der fernern Beſchreibung erhellen wird, 
beſitzen. Die Engellaͤnder nennen ſie Skat, Skait 
oder Flair; die Franzoſen, Requin; die Hol 
laͤnder aber Vleet, und ſie iſt die eigentliche Raja 
oder Roche, von welcher durch Kunſt die vermeinten 
Drachen gemacht werden. 
Dieſer Fiſch iſt in den Nordiſchen Meeren 
ſehr gemein, und eine allgemeine Speiſe in den Oer⸗ 
tern, 


130. Geſchlecht. Rochen. 241 
tern, die an der See gelegen find. Ihre Farbe iſt A. 
oben weißlich und dunkelaſchgrau untereinander ge, Scharfe 
fleckt, unten aber ganz weiß. Der Ruͤcken iſt in der Zaͤhne. 
Mitte glatt, und am Schwanze befindet ſich eine ein 
zige Reihe mit Stacheln. Der Koͤrper iſt nicht ſo 
kellerfoͤrmig oder ſo vollkommen ſcheibenrund als an 
der vorigen Art, ſondern ein wenig laͤnglich, hinten 
etwas zugeſpitzt und mit einem ſehr langen beweglichen 
Schwanze verſehen. 
Ziauweilen iſt die Zeichnung des Ruͤckens wellen⸗ 
foͤrmig. Vor den Augen befindet ſich ein Flecken, 
wie ein Woͤlkchen, der auch daher Nebula genennt 
wird, dichte bey ſelbigem find zwey groſſe Locher, und 
vor dem Maule ſtatt der Naſenloͤcher noch einige ans 
dere. Einige haben ordentliche Zaͤhne, andere aber 
nur einen hoͤckerigten Kiefer, und unten zeigen ſich 
die gewoͤhnlichen Luftloͤcher. 
Die gemeinſten ſind zwey bis zwey und einen 
halben Schuh breit, und handdick, wiewohl man auch 
etliche von ein bis zweyhundert Pfund faͤngt. Ihr 
Bieiih iſt hart und etwas ſchwer zu verdauen. Sie 
eben von andern Fiſchen, die ſich in ihren Maͤgen 
in einen aſchgrauen Schleim aufloͤſen, welcher nach 
Salmiak ſchmeckt. 5 
Der Magen beſteht aus vier Haͤuten. Die erſte Anato⸗ 
Haut iſt dünne, und mit feinen Blutgefaͤßen durchs mifche 
webt; die zweyte iſt dicker, roͤthlich und fleiſchicht; Anmer⸗ 
die dritte ſehr dicke und voller Druͤſen; die vierte kung. 
weiß, ſehr duͤnne und mit vielen Loͤchern durchbohrt. 
Der Ausgang des Magens iſt ein dickes druͤſigtes Des 
ſtandweſen, welches durch eine Schliefmuskel verſchloſ⸗ 
ſen wird. Die Leber iſt bey einigen roth, bey andern 
Bun „ und iſt ein vorzuͤglich gutes Eſſen. Die 
allenblafe befindet ſich an der Leber, die Mil; liegt 
in der Kruͤmmung des Magens, dle Daͤrmer find ans 
faͤnglich weit, aber am Ende enge. Der Eyerſtock 
Linne III. Theil. Q hat 


242 Dritte Cl. III. Ord. Schwimm. Amph. | 


A. 


hat eine große Menge Eyer, welche laͤnglich rund 


Sahne“ find, und wie bey den Huͤhnern traubenfoͤrmig anein⸗ 
ahne. r 


Eyer: 


ſaͤckchen 
o 


der 


Wii zur Welt gebracht, und aus ſelbigen kommt hernach 


Ver⸗ 


ander ſitzen. Doch legen ſie nur zwey bis drey, da⸗ 
her fie ſich nicht ſtarck vermehren. Dieſe Ener ſte⸗ 
cken in einer Huͤlſe oder Schale, welche fie erſt ber 
kommen, wann ſie ſich ſchon von dem Eyerſtocke ab⸗ 
geſondert und in die Mutter eingeſenkt haben. Was 
aber dieſe Schale betrift, darinn das befruch⸗ 
tete Rocheney ſteckt, ſo beſteht es in einer braunen 
pergamentartigen, laͤnglich viereckigen Taſche, die an 
ihren vier Ecken vier laͤngliche Zacken oder Hoͤrner 
hat, und mit der Zeit ſchwar; und hart wird. We⸗ 
gen beſagter vier Zacken oder Fuͤße, wie auch wegen 
der Schwaͤrze dieſer Taͤſchlein pflegte man ſie, ehe man 
ihren Urſprung wuſte, Seemaͤuſe zu nennen, und 
unter dieſem Namen findet man ſie in verſchiedenen 
Kabinetten. Dieſe Taͤſchlein werden von den Rochen 


der junge Roche im Meer zum Vorſchein. 
Unter diefer Art Rochen zeigt ſich einige Verſchie⸗ 


2 denheit, denn es haben einige Maͤnnchen am Rande 


krumme Hacken oder Stacheln, welche andern 
mangeln, daher dieſe Gattung Cardaire genennt 
wird, nach denen ſtachlichten Karden, womit die 
wollenen Tuͤcher gekardt oder gekratzt werden; denn es 
iſt die naͤmliche Gattung auch ſo gar am Kopfe und vor 
den Augen mit Stacheln beſetzt, dennoch aber iſt ſie 
nicht mit der folgenden No. J. zu verwechſeln. Man 
findet dieſe und alle Stachelrochen allenthalben in 


den Europaͤiſchen Meeren. 


3. 
Spitz⸗ 


maul. 
Oxy- 


1 
c 


in- 
kus. 


3. Das Spitzmaul. Raja Oxyrir chus. 


Die obige Benennung iſt von der Geſtalt des 
Kopfs genommen, weil derſelbige laͤnger als bey den 
vorigen Arten auslaͤuft, und ſich in ein ſpitziges Maul 
endigt. Weil auch dieſer Fiſch ziemlich ſchleimig iſt, fo 

n en⸗ 


130, Geſchlecht. Rochen. 243 


nennet man ihn in Italien Raja Mucofa und Ba- A. 
vofa, oder auch Leiobatos und Laevi- Raja. Scharfe 
Bey den Alten wurde er der Stachel halben Bos und Zahne. 
Bus - Thalattios, das iſt Seeſtier genennt, auch 

pflegte man ihn den großen Kochen zu nennen, um 

ihn von der kleinern Art zu unterſcheiden. In Mar⸗ 

ſeille giebt man ihm den Namen Floſſade, und in 
Engelland White-Cunt. 


Dieſer Fiſch iſt obenher bunt gefleckt, und hat 
mitten auf dem Ruͤcken zehn ſtachlichte Hoͤcker, der 
Bauch iſt weiß, an dem After befinden ſich zwey An⸗ 
haͤnge, vor jedem Auge ſtehet ein großer Stachel. 

Sie werden im mittellaͤndiſchen Meere, ſelten 

aber in der MWordſee gefangen. Ihr Gewicht wird 

nur auf zehn Pfund angegeben. Das Fleiſch iſt 
ſchmackhaft und leichter zu verzehren als von den vos 

rigen Arten. Sie werden in der Sonne gedoͤrrt oder 

auch geraͤuchert. 

Was die Schleimigkeit ihrer Haut betrift, fo Anato⸗ 
if der Bauch mit ſchwarzen glaͤnzenden Puncten be; miſche 
ſetzt, weswegen fie von den Fiſchern Lentillade ge: el 
nennt werden. Dieſe Puncte aber ſind lauter Muͤn⸗ 
dungen hohler Cylinder, in welche man ein Borſten⸗ 

haar bringen kann; durch ſelbige dringt eine helle lei— 

migte Feuchtigkeit hervor, welche die Haut glatt und 
ſchluͤpferig macht. 


4. Die Spiegelroche. Naja Miraletus. 


Weil man eben in Marſeille dieſe Art Miral- 4. 
let nennt, fo hat der Ritter Miraletus daraus ge Spie 
macht. Es ſoll aber einigermaſſen fo viel bedeuten, ce Ni 
als ein Spiegelroche, und dieſe Benennung iſt raletus. 
eben nicht unſchicklich, weil nicht nur der Ruͤcken 
nebſt dem Bauche glatt iſt, ſondern auch oben nach 
den Seiten du zwey große ee und de 

2 eins 


A. 
Scharfe 
Zaͤhne. 


244 Dritte Cl. ul. Ord. Schwimm. Amph. 


eingefaßte Flecken befindlich ſind, die eine Aehnlichkeit 
mit den Spiegeln oder den Augen der Papillons ha⸗ 
ben. In Venedig aber heiſſen ſie Barracol, und 
in Rom Arzilla. ö 


Sie werden haͤufig im mittellaͤndiſchen Mee⸗ 
re, noch häufiger aber in der Mordſee gefunden. An 
den Augen befinden ſich Stacheln, und der Schwanz 
iſt mit drey Reihen derſelben beſetzt, jedoch zeigt ſich in 
Abſicht auf die Stacheln nicht nur zwiſchen den Maͤnn⸗ 
chen und Weibchen einer Gattung, ſondern auch zwi⸗ 
ſchen den Gattungen ſelbſt einiger Unterſcheid, ins 
dem man unter hundert kaum zwey findet, die in der 
Zeichnung oder in der Zahl und Richtung der Sta 
cheln einander vollkommen gleich ſind. So findet man 
unter andern auch eine Gattung, die vom Kopfe bis 
zum Schwanze zu, eine einzige Reihe Stacheln hat, 
und auf dem Ruͤcken mit verſchiedenen zierlichen 
Sternchen bezeichnet iſt, daher auch felbige Sterne 
roche genennt wird. Der Schwanz deßelben iſt 
kuͤrzer und duͤnner, der Kopf hingegen dicker als an 
den uͤbrigen. 


An der Kuͤſte von Engelland fieng man ein 
mal einen Spiegelrochen, der aber nur zwiſchen ſechs 
und ſieben Zoll breit, und ſechs Zoll lang war, deßen 
Schwanz aber hatte die Laͤnge von vier und einem hal⸗ 
ben Zoll. Derſelbe war oben auf roͤthlich wie 
Meerſand, und hatte roͤthlich violette Flecken auf 
den Seiten, welche ein und einen halben Zoll vonein⸗ 
ander ſtunden. Daß es inzwiſchen in Weſtin⸗ 
dien auch Rochen von ganz ungeheurer Groͤße, und 
betraͤchtlich langen Schwaͤnzen gebe, ſolches werden 
wir hernach ſehen, wiewohl noch nicht recht ausge⸗ 
macht iſt, zu welcher Art ſie etwa gehoͤren. 


5. Die 


130. Geſchlecht. Rochen. 245 
F. Die Walkerroche. Raja Fullonica. ci 


ſcharfe 
Der Name Fullonica oder Walkerroche iſt Zähne. 
lediglich von den Stacheln diefes Thiers hergenom⸗ 
men, die eine Aehnlichkeit mit den Kardenſtacheln 8 
haben, womit die Walker ihre Tuͤcher zubereiten; doch Fullo- 
in Engelland nennet man dieſe Fiſche White-Hor- nica. 
ſe, weil ſie, wie die Schimmelpferde, gelblich weiß, 

und auf dem Ruͤcken geſprenkelt find. 


Sie haben den Ruͤcken ganz mit Dornen beſetzt, 
unter den Augen befindet ſich nur eine einzelne, auf 
dem Schwanze aber eine doppelte Reihe Stacheln, 
welche letztere ziemlich lang ſind. Man faͤngt ſie hin 
und wieder in den Europaͤiſchen Meeren. 


B. Roche mit ſtumpfen Zaͤhnen. = 


6. Der Meeradler. Re ja Aquila. ne. 


Unter denjenigen, welche ſtumpfe runde Zah, s. 
ne haben, macht der jetzige Aquila, oder wie er ge⸗ 
meiniglich genennt wird, Meeradler die erſte Art Aquila. 
aus. Die Benennung hat von den Italiaͤnern ih⸗ Tab XI 
ren Urſprung, denn in Weapel und Rom wird die: fig. 4. 
ſer Fiſch unter dem Namen Aquilone zu Markte 
gebracht. Die Genueſer aber nennen ihn Rospo 
oder Kroͤtenfiſch, weil der Kopf einem Kroͤtenkopfe 
gleich ſieht. Zuweilen aber muß er auch wohl wegen 
feines langen Schwanzes Pefco-Ratto oder Rasen: 
fiſch heißen. Der Franzoͤſiſche Name iſt Tare- 
Franc; der Sollaͤndiſche, Zee-Arend. 


Der Koͤrper iſt glatt und hat einen langen ge⸗ 
zaͤhnelten Stachel am Schwanze, mit welchem er an⸗ 
dere Fiſche toͤdet und ſie zur Speiſe nutzet. Der Kopf 
ſtreckt ſich etwas mehr hervor als an den andern Ar⸗ 
ten, die Schnautze geht rund ab, und iſt nicht ſo 

Q 3 eckigt 


4 


5. 
Walker⸗ 


B. 
Stum; 
pfe Zaͤh⸗ 
ne. 


Anato⸗ 
miſche 
Aumer⸗ 
kung. 


dm, 

Pfeil⸗ 
ſchwanz⸗ 
Paſti- 
naca. 
Tab. RI 
fig. 3 


| 


246 Dritte Cl. III. Ord. Schwimm. Amph 


eckigt als an der vorigen. Die Seiten find wie Flu 

gel ausgebreitet, und dieſes hat zu der Benennung 
Meeradler Anlaß gegeben. Der Schwanz iſt 
wie am folgenden Pfeilſchwanz beſchaffen, und einer 
Spießruthe gleich, hornartig und von ſchwarzer Far⸗ 
be wie Fiſchbein, am Körper einen Zoll dick, und am 
Ende wie ein Ratzenſchwanz etwa zwey Ellen lang. 
Wir beſitzen einen ſolchen Schwanz von einem ame⸗ 
ricaniſchen Meeraoler, welcher zwey und eine 
halbe Elle lang und ſehr ſchlank iſt. Wenn man jemand | 
miteinem fol chen Schwauze auf die bloße Haut peitſcht, 
wozu man dieſe eben oft gebraucht, um die Scla⸗ 
ven zu paaren zu treiben, ſo ſoll er, wie man uns aus 
Curacao berichtete, ſchwerlich geneſen, welches 
alſo ein Gift zum Grunde haben moͤgte. Hinten auf 
dem Schwanze befindet ſich ein ſcharfer Pfeil mit ei⸗ 
nem Widerhacken oder ſaͤgefoͤrmig gezaͤhnelt. Die 
Haut iſt ſanft, oben bleyfaͤrbig, unten weiß. Das 
Fleiſch aber hat einen widrigen Geruch, ſo daß er auf 
vornehme Tafeln niemalen, und bey dem gemeinen 
Mann nur ſeſten kommt. Im mittellaͤndiſchen 
Meere find fie gemein und nicht fehr groß, in Weſt⸗— 

indien aber hat man ſie zu einer ſehr betraͤchtlichen 

Größe, ja wohl zwey bis dreyhundert Pfund ſchwer. 
Tab. XI. fig. 4. N | | 


Salvianıs berichtet, daß der Magen klein, 
die Daͤrmer groß, die Leber gelblich, und die Milz 
ſchwarz fen, Wenn man beym Aldrovand und 
andern Schriftſtellern die Beſchreibung der Meer⸗ 
adler einigermaſſen veraͤndert findet, ſo ſind es Ver⸗ 
ſchiedenheiten dieſer Art. 


7. Der Pfeilſchwanz. Raja paſtinaca. 


Paſtinum iſt eigentlich eine zweyzaͤhnichte Ha⸗ 
cke, womit man das Erdreich und die Felder umhackt. 
Nach dieſem Werkzeuge hat man den gegen 


130. Geſchlecht. Rochen. 247 


Fiſch Paſtinaca genennt, weil er einen Stachel auf B. 
dem Schwanze führt, womit er, gleich mit einer Ha⸗Stum⸗ 
cke in den Meeresboden wuͤhlt. Wollte einer lieber pfe Zaͤh⸗ 
die Benennung Paſtinaca von der Paſtinacwurzel ne. 
herleiten, weil der Schwanz dieſes Fiſches einer lan⸗ 

lan ſchmalen Paſtinacrube aͤhnlich ſieht, fo koͤnnen 

wir ihm zur Erkenntlichkeit fuͤr dieſe Erfindung das 
Vergnuͤgen laſſen. Die Griechen aber nahmen, 

wie aus dem Ariſtoteles erhellet, ein ander Gleich⸗ 

niß, und nannten dieſen Fiſch Trygon oder Tur⸗ 
teltaube. In Rom heißt er Brucho oder Bruc- 

co; in Genua, Ferraza; in Sicilien, Baſtona- 

ga; in Provence, Vaſtrango oder Baſtango; 

in Bourdeaur, Tare ronde; in Engelland, 

Fire oder Fire-Flaire und Fieree-Flair, weil er 

fo ſchaͤdlich und fo giftig ſticht. Die Holländer aber 
nennen ihn ſeines pfeilfoͤrmigen Stachels halben, 

den er auf dem Schwanze fuͤhrt, Pylſtaart, und 

dieſes gefallt uns am beſten, daher wir ihn auch 
Pfeilſchwanz nennen. | 


Der Rücken iſt glatt, daher er beym Klein 
Leiobatus heißt. Auf dem Schwanze befindet ſich 
ein langer Stachel, der nach vorne zu gezähnelt iſt. 
Der Koͤrper iſt in der Mitte dick, nach den Seiten 
zu duͤnne. Das Maul iſt klein, die Kiefer ſind gekerbet, 
der Schwanz iſt rund, lang und fo ſcharf zugeſpitzt wie 
eine Borſte. Der Pfeil auf dem Schwanze wird 
jaͤhrlich, wie Herr Baſter wahrnimmt, abgewor⸗ 
fen und erneuert, daher es ſich denn oͤfters ergiebt, 
daß der neue ſchon da iſt, ehe der alte abgefallen, 
und dieſes war Urſache, daß man vorher eine beſon⸗ 
dere Art von denen machte, die zwey Pfeile auf dem 
Schwanze fuͤhrten. Ein ſolcher Pfeil, der auch der 
Speer genennt wird, iſt zuweilen vier bis fuͤnf Zoll 
lang, und manchmal zu beyden Seiten mit mehr als 
achtzig krummen Zaͤhnchen bewafnet. Die Verletzung, 
ke 24 wel⸗ 


Ver⸗ 
ſchieden⸗ 
beit. 


* J. 
Magel⸗ 
roche. 


Clava: | 


ta. 


248 Dritte El. Il. Ord. Schwimm. Amph. 


welche durch den Stich dieſer Pfeile verurſacht wird 

iſt ſchaͤdlich, entzündend und kaum zu heilen, do 

wird der Fiſch, wenn dieſe Waffen weggeſchnitten 
find, geeſſen. Inzwiſchen toͤdet doch derſelbe andere 
Fiſche durch dieſen Pfeil, und die Indianer gebrau⸗ 
chen die abgeſchnittenen Pfeile ſtalt der Giftpfeile zu 
ihren Bogen. Die Große dieſes Fiſches beläuft ſich 
im mittellandiſchen Meere nur auf etwa zehn 
Pfund. Wer die Geſchichte des Uliyſſes geleſen 
hat, wird dieſen Fiſch ſchon kennen. i 

Aus dem, was oben von dem Abwerfen der 

Stacheln geſagt worden, laͤßt ſich ſchlieſſen, daß 
der zweypfeilige Fiſch ds Columna, welcher in 
Neapel Altavela genennt wird, aufs hoͤchſte nur 
eine Verſchiedenheit dieſer Art ſeyn muͤße. Und obs 
gleich derſelbe vor andern als ein ſchmakhafter Fiſch, 
der ein zartes Fleiſch hat, geruͤhmt wird, ſo kann doch 
dieſes vielleicht daher kommen, daß der eine Fiſch 
etliche Jahre juͤnger als der andere iſt, welches denn 
auch den Unterſchied der Größe veranlaſſen kann; 
denn in den Meeren, wie in Weſtindien wo ih⸗ 
nen nicht von fo vielen Fiſehern nachgeſtellt wird, ha⸗ 
ben ſie Zeit und Ruhe, alt und groß zu werden. 


Die Abbildung eines Pfeilſchwanzes theilen wir 
Tab. XI. fig. 3. mit. 


Uebrigens kann es den neuern Aerzten gleichguͤl⸗ 
tig ſeyn, daß man in alten Zeiten von den gedoͤrrten 
Pfeilen dieſer Roche Fahnpulver und von dem Oel 
der Leber eine Wundſalbe „deßgleichen eine Sals 
be wider den Grind und die Krätze ſowohl fuͤr 
Menſchen als Thiere gemacht habe. 


8. Die Nagelroche. Raja Clavata. 


„Man hat obige Benennung zu jetziger Art ge⸗ 
waglet, weil die Dorne oder Stacheln guf dem Ruͤcken 


lang 


130. Geſchlecht. Rochen. 249 


lang und groß, faſt wie die Nägel find. In War, B. 
feille heißt er Clavade; ſonſt iſt der Franzöſiſche Stum, 
Name Boutlier; Engliſch, Thorn-back, oder pfe Zaͤh⸗ 
Stachelrücken; Schwediſch, Raocka; Sol; ne. 
laͤndiſch, der gemeine Roch. Der Herr Klein 

aber nennet ihn Dalybatus. 


Dieſer Fiſch, der in dem ganzen Weltmeere aber Größe. 
von verſchledener Größe angetroffen wird, hat auf 
dem Ruͤcken vom Nacken bis zum Schwanze wohl 
dreyßig große Stacheln, davon diejenigen, die am Nas 
cken ſtehen, die groͤßten ſind, auch ſind am Maule, 
bey den Augen, zur Seiten und am Schwanze hin 
und wieder verſchiedene Stacheln. Der Schwanz hat 
zwey Floßen, unter dem After zeigen ſich noch ein 
paar Oefnungen. Die Kiefer haben hoͤckerichte 
Zaͤhnchen und ſind wie eine Feile beſchaffen, und der 
ganze Ruͤcken iſt auf einem blauen Grunde weiß und 
grau gefleckt. Dieſe Flecken ſind laͤnglich rund und 
von verſchiedener Größe. 


In der Tordſee find fie nicht groß. Sie hal⸗ 
ten ſich im Meere bey einem ſchlammichten Boden 
auf, und werden in Norwegen der Leber halben, 
welche einen guten Thran giebt, haͤufig gefangen, 
übrigens gedoͤrrt und verſchickt. In Solland wer⸗ 
den ſie als eine delicate Speiſe gekocht, und mit 
Senfſauce geeffen. Die Oſtindiſchen find gleich: 
falls klein, aber ſo zierlich gefleckt, daß die India⸗ 
nerinnen ſich von der abgezogenen Haut Schuͤrze 
machen. Hingegen findet man in den America⸗ 
niſchen Gewaͤßern fo große Nagelrochen, daß man 
darüber erſtaunt, wie unter andern aus folgenden 
Beyſpielen erhellet. U 


Man erblickte naͤmlich im Jahr 1634. an der 
Inſel St. Chriſtophel einen Rochen, der etwa nur 
einen Flintenſchuß vom Ufer entfernet war. Man 
ſandte ſogleich zwey Chaluppen, jede mit funfzehn bis 

Q f wan 


250 DritteCil, III. Ord. Schwimm. Amph. 


B. zwanzig Mann ab , welche die aͤuſſerſte Mühe hat 
Stums ten, ſich feiner zu bemaͤchtigen. Es wurden ihm 
pre Zaͤh eine Menge Harpunen oder Fangeiſen in den Lelb 
l geworfen, aber er empfand dieſes ſo uͤbel, daß er 
beyde Chaluppen eine weite Strecke ins Meer hin⸗ 

ein ſchleppte, bis er endlich ermuͤdet von den Matro⸗ 

ſen an das Land gebracht wurde. Die Laͤnge war 

zwoͤlf Schuh vom Kopfe bis zum Anfange des 
Schwanzes; die Breite aber zehn Schuh. Das 
Fleiſch war fo hart, daß es nicht zum eſſen tauate, 

die Leber aber wurde von zehn Matroſen muͤhſam 
fortgeſchleppt, bis man ſie an dem Orte hatte, wo 

fie zerhauen werden konnte, 1 


Der P. Labat erzaͤhlet, daß die LTegern 
in Guabaloupe einmahl einen Rochen mit Har⸗ 
punen fiengen, welcher in die Breite zwoͤlf Schuh 
und acht Zoll, in der Laͤnge aber nur neun und einen 
halben Schuh hielte, der Schwanz allein war fuͤnf 
Schuh lang, wurde allmaͤhlig dünner, und war an 
der Spitze noch Daumens dick. Der Koͤrper hatte 
in der Mitte die Dicke von zwey Schuh. Die 
Haut uͤbertraf in der Dicke eine Ochſenhaut. Dieſe 
Negern machten aus der Leber Oehl oder Thran, 
uud die beiten Stuͤcken Fleiſch, die nicht gar zu 
hart ſchienen, wurden von ihnen eingeſalzen. 


9. Haayroche. Ra ja Rhinobatos, 


85 Dieſe Art iſt gleichſam eine Mittelgattung 
% zwiſchen einem Rochen, und demjenigen Hays 
Rhino. fiſch, welcher gewöhnlich WIeerengel oder Pack 
batos. haay genennet wird, und darum nennen wir ſie 

auch Haayroche, gleichwie Ariſtoteles und Pli⸗ 
nius ihr den Namen Rhinobate gab. Man 
glaubte naͤmlich, daß dieſe Art durch Vermiſchung 
eines Haayfiſches mit einem Rochen entſtanden ne 

lein 


130, Geſchlecht. Rochen. 251 


Allein dieſes wlderſpricht den Geſetzen der Natur, B. 
vielmehr lernen wir hier abermals, wie die Natur Slum; 
in der Bildung ſchrittweiſe von dem einen Ge— 855 Zah⸗ 
ſchlechte zu dem andern uͤbergehe, und keine Lů⸗ 
cken laſſe. | 


Da nämlich die Roche breit und platt, die 
Haayen hingegen lang und dicke find, fo hat dieſe 
Art die Geſtalt von beyden, iſt laͤnglich und auf 
dem Ruͤcken mit einer einzigen Reihe Stacheln be⸗ 
ſetzt. Der Schwanz iſt breit und hat Floſſen, aber 
keine Stacheln. Die Schnauze gehet, wie am 
Oxyrincho No. 3, ſpitzig und dreyeckigt hervor. 
Das Maul iſt, wie bey den Haayen, unter der 
Schnauze befindlich; der Bauch aber iſt platter als 
am Haayfiſch. Statt der Zaͤhne hat der Kiefer 
runde Hoͤcker. Die Haut iſt, wie am Haahyfiſch, 
rauh, oben braun, unten weiß. Das Va⸗ 
terland iſt das mittellaͤndiſche Meer und ſie kom⸗ 
men öfters bey Genua und Neapolis vor, wo 
man ſie durchgaͤngig etwa vier Schuh lang, und 
zwoͤlf Pfund ſchwer findet. Die Maͤnnchen ha⸗ 
ben am Bauche lange Floſſen, daher man gemeinet 
hat, fie haͤtten Füße wie die Seekaͤlber oder ei— 
gentliche Seehunde. 


131. Ge⸗ 


&e 1 
Seien, 
mung, 


252 Dritte Cl. III. Ord. Schwimm. Amph. 


131. Geſchlecht. Haayfiſche. 


Nantes: Squalus. 


S ). Name Squalus, welchen Plinius dieſen 


Fiſchen gegeben, iſt wohl von Squalor eb» 
zuleiten, und er hat vermuthlich mit ſelbigem auf 
die grau ſchwarze und ſchmutzige Haut dieſer Fiſche 
gezielet, welche, da ſie rauh iſt, ohnehin gerne den 
Unrath aus dem Boden des Meers an ſich kleben 
laͤſſet, denn es mangelt dieſen Fiſchen das ſchlei⸗ 
migte Weſen der Haut, wodurch dieſelbe ſonſt glatt 
und ſchluͤpferig iſt. Sonſt aber werden dieſe Fi⸗ 
ſche auch gemeiniglich Seehunde genennet, wegen 
ihrer großen Gefraͤßigkeit, denn da ſie die Schiffe 
manchmal auf etliche hundert Mellen Wegs beglei⸗ 
ten, um nur zu erſchnappen, was ausgeworfen wird, 
ſo nehmen ſie auch mit dem Unrath, und was nur 
über Bord falle, vorlieb ja ſie verſchlucken Lum⸗ 
pen von Segeltuͤchern und machen ſich nichts daraus, 
wenn auch gleich manchmal eine Matroſenmuͤtze oder 
ein Huth mit dabey iſt. Man muß aber dieſe 
Sechunde von den Meerkaͤlbern, die auch See⸗ 
hunde heißen, (ſiehe den erſten Theil p. 198.) wohl 
unterſcheiden, denn ſelbige werden, wegen der Aehn⸗ 
lichkelt ihres Kopfs mit einem Hundskopf, See⸗ 
hunde genennet. Doch die allergemeinſte Benen⸗ 
nung, welche der jetzigen Art von den hollaͤndi⸗ 
feben Seefahrern gegeben worden, iſt Haay, nnd 
darum nennen wir ſie auch Haayfiſche. Eng⸗ 
liſch heißt ſie Houndfifch, und franzöſiſch Re. 
uin und Requien, Di 

e 


131. Geſchlecht. Haayfiſche. 253 


Die Kennzeichen des ganzen Geſchlechts ſind, Geschl. 
daß fie an den Seiten des Halſes fünf Luftloͤcher Kenuzei⸗ 
haben. Der Körper iſt laͤnglich und einigermaſſen chen. 
rund Das Maul iſt in dem Vordertheile des 
Kopfs befindlich. Es macht aber der Mitter unter 
den funfzehn Arten, welche in dieſem Geſchlechte 
befindlich ſind, noch drey Abtheilungen. Die vier 
erſten naͤmlich haben einen ſtachlichten Ruͤcken und 
keine Afterfloſſen: an den acht folgenden iſt der 
Ruͤcken glatt, die Zähne find ſtumpf, und der Af⸗ 
ter hat Floſſen; die drey letztern haben koͤrnigte 
Zaͤhne. Wir wollen alſo die Arten vor uns neh⸗ 
men, und jeder ihre Geſchichte beyfuͤgen. 


A. Haaye mit ſtachlichten Rüden ohne Sucher 
d Afterfloſſen. ruͤcken. 


1. Der Dornhaay. Squalus Acanthias. 


Die griechifche Benennung Acanthias, wer 1. 
che ſchon von den Alten dieſem Fiſche gegeben wur⸗ 6400 | 
de, bedeutet nichts anders als Dornhaay, und ift 8 
von den Stacheln, welche dieſer Fiſch auf dem Ruͤ⸗ thias, 
cken hat, hergenommen, dahero nennen ihn auch 
die Holländer Doornhaay oder Speerhaay, die 
Engellaͤnder Prickly Dog und Dornhundt, 
die Franzoſen Requien, in Venedig Azio, in 
Rom aber Scazone. 

Die Geſtalt ift folgende: der Koͤrper iſt geſtreckt 
und rund, jedoch etwas höher als die Breite aus, 
trage. Die Haut iſt rauh, von aſchgrauer Farbe, 
und am Bauche weißlich. Der Kopf iſt ziemlich 
lang, ſo dicke als der Koͤrper, und lauft in eine ke⸗ 
gelfoͤrmige Schnauze aus, die Naſenloͤcher aber 
ſtehen vorne am untern Theile. Das Maul befin⸗ 
det ſich gleichfalls unten, und iſt mit breiten Zaͤhnen 

| ge⸗ 


Anato⸗ 
miſche 
Anmer⸗ 
kung. 


Lebens: 
art. 


254 Dritte Cl. II. Ord. Schwimm. Amph. 


gewafnet, die in verſchiedenen Reihen in beyden Kies 
fern ſtehen. Die Augen, die ebenfalls an der un⸗ 
tern Seite liegen, ſind nahe am Maule, und nicht 
am Ende der Schnauze befindlich, deßgleichen ſind 
auch unten zu beyden Seiten vor den Bruſtfloſſen 
die fünf Luftloͤcher zu ſehen. Die Anzahl der Floſ⸗ 
ſen belauft ſich auf ſieben, naͤmlich zwey an der 
Bruſt, zwey am Bauche, zwey auf dem Ruͤcken, 
und eine an dem Schwanze, welche mehrentheils 
knoͤrpelichte Finnen oder Strahlen haben, nur ſind 
die zwey erſten Strahlen beyder Ruͤckenfloſſen ſcharf, 
und machen Dorne oder Stacheln. Der After iſt 
in der Mitte zwiſchen den Bruſtfloſſen und dem 
Schwanze. 

Das Herz dieſer Dornhaaye iſt wle eine 
Hirtentaſche gebildet. Die Daͤrmer find zwevmal 
gewunden. Die Milz lieget am Boden des Mas 
gens, und hat einen Fortſatz, der die Daͤrmer et⸗ 
was begleitet. Die Ruͤckdruͤſe iſt gedoppelt, und 
liegt in der Ecke der Windung des Darms. Die 
Weibchen bringen ihre Jungen lebendig zur Welt, 
und man findet unter dem Zwergfelle zwey Eyerſtoͤ⸗ 
cke, aus welchen zwey Eyer zugleich in die Mutter 
fallen, welche rund und kleiner als Huͤhnereyer findy 
aber keinen Unterſchied zwiſchen Dotter und Weiß, 
vielweniger eine harte Schale haben. Das Be⸗ 
ſtandweſen der Eyer iſt gelblich weiß. Aus dieſen 
Eyern wird das Junge, innerhalb der Mutter, aus⸗ 
gebruͤthet, und es naͤhret ſich von der Feuchtigkeit 
des Eyes, daher man an dem Nabel der jungen 
Haaye noch ein Blaͤßchen mit ſolcher gelblichen 
Feuchtigkeit antrift. 


Sie naͤhren ſich von andern Fiſchen, Dintenfi⸗ 
ſchen, Seeſternen und dergleichen Meergeſchoͤpfen, 
und ſtellen oft eine große Jagd an, indem ſie zu⸗ 
weilen ganze Zuͤge von viel tauſend Heeringen Er 

or⸗ 


131. Geſchlecht. Haanfifhe- 255 


Norden gegen die engellaͤndiſchen und hollaͤn⸗ 
diſchen Kuͤſten herunterjagen. Wie viel nuͤtz⸗ 
liches aber ſie auch in dieſem Falle zur Befoͤrderung 
der Heringfiſcherey ſtiften, ſo ſind ſie dennoch dem 
Cabeljau und Schelfiſchfange hinderlich. Sie ha⸗ 
ben ein weißes musknloͤſes aber daben trocknes und 
ſchwer zu verdauendes Fleiſch. Die Leber giebt gu⸗ 
ten Thran, von der Haut wird der feinkoͤrnigte 
Chagrin bereitet, fo wie der grobförnigte von den 
Fellen der Seehunde, zum Überzuge der Futterale. 
Sie werden etwa eln und eine halbe Elle lang, 
und gegen zwanzig Pfund ſchwer. Man trift ſie 
ſowohl im mittellaͤndiſchen als andern europaͤi⸗ 
ſchen Meeren an, und die jungen Haaye, die man 
zuweilen in den Cabinetten findet, ſind durchgaͤngig 
einen Schuh lang. 


2. Der Sauhund. Squalus Centrina. 


Die Benennung Sauhund iſt theils von dem 
dicken faſt dreyeckigten ausgemajteren Korper, den 
dieſer Fiſch gegen die übrigen hat, hergenommen; 
theils aber von der Art, ſich in dem dickſten Meer⸗ 
ſchlamm herumzuwelzen, und darum wird er auch 
in Rom Pefco Porco genennet. Die zwey Ruͤ⸗ 
ckenfloſſen haben jede einen ſcharfen Stachel unter 
den Strahlen, welcher die uͤbrigen Finnen oder 
Strahlen kreuzet. Im obern Kiefer befinden ſich 
drey Reihen Zaͤhne, im untern aber nur eine. Das 
Fleiſch iſt ſo zaͤhe, daß auch die gemeinen Leute ihn 
nicht achten, doch giebt die Leber vieles Oel oder 
Thran, dem man eine heilende und nervenſtaͤrken⸗ 
de Kraft beylegt. Man faͤngt dieſe Art im mit⸗ 
tellaͤndiſchen Meere. 


3. Dr 


A. 
Stachel⸗ 
ruͤcken. 


2. 
Sau⸗ 
hund. 
Centri- 
na. 


256 Dritte Cl. III. Ord. Schwimm Amph,. 
Stadt 3. Der Spornhaay. Squalus Spinax, 


ruͤcken. Er wird alſo wegen der Stacheln genennet, die 
Her, gleich der vorigen Art, vor den Ruͤckenfloſſen 
Sporn⸗ fuͤhret, doch giebt man ihm in Genua den Namen 
haay. Sagrée. Sollaͤndiſch heißt er Speerhaay. Der 
Spinax. After hat keine Floſſen. Die Naſenlocher fichen 
am Ende oder in der Spitze des Kopfs. Vor den Aus 
gen befindet ſich eine Oefnung. Das Maul iſt 
ſtumpf; der Rücken breit; der Bauch ſchwarz, und 
die Oberflaͤche der Ruthe iſt, wie bey den Rochen, 
ruͤckwaͤrts uͤber einander geſchoben. Dieſe Art 
kreuzet allenthalben in den europaͤiſchen Meeren 
herum. | 


Sonſt iſt noch zu merken, daß die Spornhaaye 
ſowohl, als alle übrige Haayfiſche, lebendige Jun⸗ 
gen zur Welt bringen; daß ferner die Haut des 
Nachts wie Phoſphorus glaͤnze, welches zwar den 
meiſten Seefiſchen eigen iſt; und daß diejenigen, des 
ren Maul, wie an dieſer Art, unten iſt, allezeit 
den Unterleib uͤber ſich wenden muͤſſen, wenn fie einen 
Raub verſchlingen wollen; und ob ſie dieſes gleich 
ziemlich behende zu thun im Stande ſind, ſo hat 
doch die Natur hierdurch ihrer Gefraͤßigkeit ziemlich 
Einhalt gethan: denn ehe ſie ſich umwenden, ent⸗ 
wiſcht ihnen doch mancher Fiſch, der ſonſt ohnfehl⸗ 
bar ihre Beute würde geworden feyn: 5 

Die Größe der gegenwaͤrtigen Art iſt durchs 
gaͤngig in der Laͤnge zwey Ellen, und da der Koͤrper 
faſt rund iſt, ſo iſt ſowohl die Breite als Dicke 
etwa zwey Schuh. Br 


4. 4. 5 ; K 8 
Der 4. Der Meerengel. Squalus Squatina, 
engel. m 
Squati- Plinius pflegte die groͤßern Arten der Haaye, 
na. wegen der ſchmutzigen Farbe der Haut, Squatina 
| zu 


131. Geſchlecht. Haayſiſche. 257 


zu nennen; im Griechiſchen aber fuͤhren ſie den A. 
Namen Rince von der Rauhigkeit ihrer Haut: doch Stachel 
weil dieſe Fiſche ſich manchmal im Waſſer in die Hoͤhe ruͤcken. 
begeben, fo werden fie auch wohl, wie in Engelland, 
Mermaid oder Seemenſch genennt. Der be⸗ 
kannte Name Meerengel aber ſcheint daher feinen 
Urſprung zu haben, daß ihre Seitenfloffen nach Art 
der Roche ganz breit, und gleichſam wie Flügel aus 
laufen, welches, wenn ſich der Fiſch erhebt, leicht 
den Gedanken eines Seeengels hat erregen koͤnnen. 
In Genua heiſſen ſie daher Peſce Angelo oder 
Engelfiſch; in Frankreich, Ange; in Engels 
land, Angelfish oder auch the Monk oder Meer⸗ 
moͤnch; wegen der Rauhigkeit der Haut aber, File- 
Fish oder Feilfiſch. Jedoch giebt man ihnen in 
Venedig noch den Namen Squaqua und Squaia; 
und in Bourdeaux Creac da Buſe; in Holland 
aber Schoerhaay oder Pakhaay, welches vielleicht 
Padde Haay oder Kröͤtenhaay ſeyn fol. 
Die Geſtalt haͤlt das Mittel zwiſchen einem Geſtalt. 

Haay und Rochen, denn der Koͤrper iſt platt und breit. 
Der After hat keine Floßen, der Schwanz aber 
zwey. Das Maul ſteht nicht unten, ſondern vorne 
im Kopfe, und die Naſenloͤcher haben zur Seiten 
ſtachlichte Erhöhungen. Im Maule befinden ſich ſo⸗ 
wohl unten als oben drey Reihen Zaͤhne, deren Aus 
zahl ſich zuſammen uͤber hundert belaͤuft. Die Sei⸗ 
tenfloßen treten, wie am Rochen, weit heraus, und 
ſtellen gleichſam Fluͤgel vor. Die Ruͤckenfloßen find 
klein, der Schwanz iſt unten kuͤrzer als oben / und 
ihre beyden Floßen ſtellen einen halbmondfoͤrmigen 

irkel vor. An dem Rande der Bruſt- und Bauch⸗ 
floßen ſitzen kurze Stacheln. Die rauhe Haut des Ruͤ⸗ 
ckens iſt aſchgrau gefleckt, aber am Bauche iſt die Haut 
nicht nur weiß ſondern auch glatt. 

Der Meerengel bringt dreyzehn und mehr Jun⸗ 

ge auf einmal zur Welt, kriecht wie der Roche im 

Linne III. Theil. R Schlam⸗ 


258 Dritte Cl. III. Ord. Schwimm. Amph. 


A, Schlamme, und hat ein zaͤhes uͤbelriechendes Fleiſch. 
Stachel Der ſchoͤnſte Chagrin wird bey den Türken aus der 
ruͤcken. Haut dieſes Fiſches gemacht, und die gedoͤrrten Eyer 

deſſelben find eine Arzeney wider den Bauchfluß, des 
ren ſich die Fiſcher allezeit bedienen. Diejenigen, wel⸗ 
che ſechs Schuh lang find, wiegen über hundert und 
funfzig Pfund. Man findet ſie nicht nur im Mittel⸗ 
laͤndiſchen, ſondern auch im Nordiſchen Meere, 
an den Kuͤſten von Engelland, Frankreich und 


Holland. | 
Gar, B. Haaye mit glatten Rüden, ſcharfen 
rücken. Zaͤhnen und Floßen am After. 


5. Der Hammerſiſch. Squalus Zygaena. 


AN Diefer beſondere Fiſch hat am Rumpfe einen lan⸗ 
15 erfiſch gen, aber in die Quere gedehnten Kopf, ſo daß die 
Zygae- ganze Geſtalt vollkommen einen Schmidhammer 
na. vorſtellt, daher wir ihn am ſchicklichſten Zammer⸗ 

fiſch nennen koͤnnen. Allein eben dieſe wunderbare 
Geſtalt des Kopfs hat zu vielen andern Vergleichun⸗ 
gen Anlaß gegeben. So vergleicht man naͤmlich den 
Kopf mit einer Wage, oder einem Wagbaum, und 
nennt den Fiſch aus dieſer Urfache Wage oder a: 
lanzfiſch; Engliſch, the Balance-Fish; und 
aus eben dieſem Grunde wurde er Griechiſch, Zy- 
Lana; Lateiniſch, Libella; Italianiſch, 
Clambetta genennt. Unſere Benennung aber kommt 
mit dem Franzoͤſiſchen Marteau oder Schlegel- 
fiſch überein. Doch die Franzoſen in America 
heißen ihn Pantouffier. Sonſt giebt man ihm in 
Rom den Namen Jambetta, und in andern W 
liaͤniſchen Oertern Martello und Peſce Bale raß 
in Warſeille heißt er ſogar Judenfiſch, weil der 
Kopf auch einem Schabbasdeckel gleicht, den die Ju⸗ 

den 


131. Geſchlecht. Haayfiſche. 259 
den daſelbſt zu führen pflegen. Die Sollaͤnder ver g. 


gleichen die Geſtalt mit einem Creutz, und nennen Hlatt⸗ 
ihn darum Kruishaay: ruͤcken. 


Der Korper iſt lang und rund mit großen ſtar⸗ 
ken Floßen gewafnet. Der Kopf iſt ein Querſtuͤck 
am Korper, in demſelben befindet ſich an der untern 
Seite das Maul, welches voller ſcharfen Zaͤhne 
ſteht. An den Enden dieſes Kopfs ſtehen große Au— 
gen, und ſehen ur Seiten aus, das iſt, wenn der 
Kopf einen Hammer vorſtellt, ſo ſtehen die Augen an 
den Enöflächen, mit welchen man mit einem Hammer 
ſchlaͤgt. Die Haut iſt aſchgrau, nnd nicht fo rauh, 
als an den andern Haayfiſchen. Er iſt haufig im 
Mircellandiſchen Meere, noch häufiger in dem 
Americaniſchen Ocean, aber in der Tordſee 
findet man ihn ſeltner. Er wird groͤßer als die vo⸗ 
tigen Arten, iſt ungemein ſtark, und ein Erzraͤuber, 
fo daß ſich die Europaͤlſchen Fiſcher vor ihm fuͤrch⸗ 
ten, doch die Neger an der Africaniſchen Küfte 
wiſſen ihn ſchon zu baͤndigen. 


6. Der Schaufelſiſch. Squalus Tiburo; 


Eine andere Art, die man in den Americani⸗- 6. 
ſehen Gewaͤſſern findet, und für eine Nebenart des Schau⸗ 
Hammerfiſehes gehalten hat, wird von dem Ritter 1 

Tiburo genennt, obgleich ſonſt dieſer Name der fol: ro. 
genden Art, vermuthlich nach der alten Italia ni- T. VII. 
ſchen Stadt Tibur, gegeben wurde; daß aber dieje⸗ fig. 2. 
tige Art doch ſehr vom Hammerfiſch unterſchieden ſey, 

zeigt die Geſtalt des Kopfes, welcher einer Schau: 

fel gleich ſieht, daher wir ihn Schaufelfiſch nen⸗ 

nen, wie er denn auch bey den Sollaͤndern in 
Suriname Schop-Haay heißt. 

Wir geben hier eine Abbildung Tab. VII. fig. 2. 
welche nach einem jungen Exemplar von neun Zoll 

R 2 lang 


260 Dritte Cl. III. Ord. Schwimm Amph. 


B. lang genommen iſt. An demſelbigen war der Kopf 
Glatt- platt und duͤnn, zwey Zoll und drey Linien breit. 
ruͤcken. Ein viertel Zoll breit von den Seitenenden des Kopfs 
waren die Naſenloͤcher befindlich, und die Augen 
ſtunden, wie am Schlaͤgelfiſche an der Flaͤche der Sei⸗ 
tenenden. Das Maul war einen halben Zoll breit, 

voller Zaͤhne, und hatte eine dicke Zunge. Die Die 

cke des Koͤrpers war etwa ein Zoll, mehr hoch als 

breit. Auf dem Ruͤcken befanden ſich zwey, und am 
Bauche fuͤnf Floßen. Der Schwanz hatte eine Floſ⸗ 

ſe von drey Zoll lang, welche anders als bey den 
Schlaͤgel⸗ oder Hammerfiſchen gebildet iſt. Der 
Ritter beſchreibt den Kopf, daß er ſehr breit und 


herzfoͤrmig ſey. f 
7. Die Meerſau. Squalus Galeus. 
7. Galeus ift von dem Griechiſchen Galee oder 


Meer, Wieſel, wegen der Achnlichkeit des Kopfs mit eis 
nem Wieſelkopfe genommen, wozu man aber die Eins 
bildung ein wenig mit zu Huͤlfe nehmen muß, und 
darum hieß dieſer Fiſch auch bey den Alten Muſtelus; 
doch verſtand man unter dieſem Namen verſchiedene 
Arten, und machte nur einen Unterſchied zwiſchen 
glatten, ſtachelichten und geſtirnten. Die Engellaͤn⸗ 
der nennen ihn mit den allgemeinen Namen Shark, 
oder Sea - Hound, und insbeſondere Tope; die 
Franzoſen, Requin, doch in Warſeille Pal; 
die Italiaͤner, Lamiola oder Canoſa; die Sol 
länder, Zee-Hond oder rauher Haay; wir aber 
geben ihm zur Veraͤnderung den Namen Meerſauz; 
weil wir ihn bey den Deuſchen ſn genannt finden. 


Er iſt der gemeinſte und der gefaͤhrlichſte unter 
den Haajen, der am meiſten vorkommt, und die 
Schiffe am weiteſten begleitet. Er unterſcheidet ſich 
von den andern vorzuͤglich darinn, daß die Naſenloͤ⸗ 

| cher 


111. Geſchlecht. Haayfiſche. 261 
cher vorne dicht am Maule ſtehen, und ſich bey den 


B. 


Augen gewiſſe Loͤcher befinden. Der Körper iſt lang Glatt⸗ 
und rund, das Maul hat drey Reihen ſcharfer Zap, ruͤcken. 


ne, der Ruͤcken iſt braun, der Bauch ſilberfaͤrbig. 
Man trift oft einige an, die uͤber hundert Pfund 
ſchwer ſind. Ihr Aufenthalt iſt in den Europaͤi⸗ 
ſchen Meeren, deßgleichen im Ocean zwiſchen Af⸗ 
rica und America. Sie lieben das Menſchen⸗ 
fleiſch, und faͤllt jemand uͤber Bord, ſo iſt gleich 
ein ſolcher Haay zugegen, der ihm einen Arm oder 
Fuß abbeißt. Er ſtellet großen Fiſchen nach, und 
wo er hinfaͤhrt, begleiten ihn eine Menge kleiner 
Fiſche, wie Sardellen, die, wie es ſcheint, fuͤr ihm 
fiher find, und ſich vermuthlich mit dem zu ſaͤtti⸗ 
gen ſuchen, was dieſer Haay von ſeinem Raube 
uͤbrig laͤßt. 

Die Seefahrer haben manchmal das Vergnuͤ⸗ 
gen, einen oder mehrere auf der Reiſe zu fangen. 
Sie werfen eine Kette mit einem ſcharfen Hacken, 
daran ein Stuͤck Speck oder Fleiſch ſitzt, uͤber Bord 
und laſſen ſelbige nachſchleppen. Die Haaye beißen 
ſich dann darinn feſt, und werden alſo abgemattet, 
bis man ſie in der Gewalt hat und abſchlachtet. Die 
Neger ſpringen ſogar ins Waſſer, tauchen ihnen, 
wie Labat erzaͤhlet, unter den Bauch, und ſchnei⸗ 
den denſelben mit einem Meßer auf. In Norden 
ſtellet man ihnen mit Harpunen nach, um die Leber 
zu erhalten. Sie haben ein zaͤhes Leben, und be⸗ 
wegen ſich noch, wenn ſie ſchon zerſtuͤckt find, 


Art zu 


fangen. 


Hieher mögen noch wohl verſchiedene andere Ver⸗ 
Fiſche gehoͤren, welche unter dem Namen Meer⸗ ſchieden⸗ 
fuchs, Meeraffe, und dergleichen, bekannt ſind, heit. 


obgleich dieſelbigen mit einem ſpitzigern Kopfe und di⸗ 
ckern Ruͤcken oder kuͤrzern Korper beſchrieben wer⸗ 
den, deren Schwanz auch viel laͤnger, und mit ei⸗ 
ner ſichelfoͤrmigen Floße verſehen iſt. So viel iſt 
* R 3 rich⸗ 


B. 
Statt: 
kucken. 


262 Dritte El. III. Ord. Schwimm. Amph. 


richtig, daß man in einem ſogenannten Meerfuchs 
einen beſondern Bau der Daͤrmer wahrnahm; denn die 
Mitglieder der franzoͤſiſchen Academie fanden an dem 
Magen eine Art des Zwoͤlfingerdarms, welcher fuͤnf Zoll 
lang, und nur ein drittel Zoll weit war. Hierauf wurde 
der Darm breiter, biß er drey Zoll im Durchmeßer 
hielte, und ſtreckte ſich alſo achtzehn Zoll weit hin 
unter, worauf deun endlich ein ſieben Zoll langer 
und glatter End: oder Maſtdarm folgte. Mithin 


| 
1 
| 
hatte keine Umwicklung der Daͤrmer ſtatt; damit | 
\ 
| 
| 


N 
\ 
\ 


doch aber die Speiſen ſich lange genug in den Darı 
mern aufhalten moͤgten, ſo hatte die Natur auf eine 

andere Art geſorgt. Es befand ſich naͤmlich an dem 
obern Ende des weiten Darms, in dem Darme felbftz 

ein Zwergfell, welches zur Laͤnge von dreyzehn Zoll 
in einer Schlangenlinie an der innern Wand des 
Darms in die Höhe ſtieg, und gleichſam eine Wen- 
deltreppe vorſtellte, deren Stuffen einen Zoll weik 
voneinander ſind. Uebrigens war dieſes naͤmliche 

Exem lar ſehr fleiſchig, und hatte an etlichen Or- 
ten mehr als einen Zoll dick Speck, daher auch die 
Syracuſaner den Meerfuchs, Cyna Piona, oder 
fetten Hund nennen. Nach etlicher Berichte wer 
den auch dieſe Fiſche wohl hundert Pfund ſchper. 


8. Der Hundshaay. Squalus Canicula, 


Dieſer iſt der Catulus oder Seewolf der Als | 
ten. Ariſtoteles fahe ihn für ein jnnges der vori⸗ 
gen Art an, und nannte ihn Canicula; Griechiſch 
Skullia. Beym Ray heißt er Catfiſch; in Frank 
reich, wegen feiner roͤthlichen Haut, Rouſſettez 
in Bom Scorzone; in Venedig, Pefce Catto; 
B Bounce; in Holland, Bonte | 


1 
am 


Er 


131. Geſchlecht. Haayfiſche. 263 


Er iſt buntfaͤrbig roͤthlich und ſchwarz gefleckt, B. 
hat keine Stacheln, wohl aber Floßen, zwiſchen dem Glatt⸗ 
Schwanz und After und an der Schwanzſpitze. Der ruͤcken. 
Ruͤcken iſt breiter als an den gewoͤhnlichen Haayfi⸗ 
ſchen, die Schnautze aber Fürzer und ſtumpfer, und 
ſticht nicht weit uͤber das Maul hervor. Die Haut 
iſt ungemein rauh. Man findet ihn nicht nur im 
Mittellaͤndiſchen Meer, ſondern auch in der 
Nordſee, und er bekommt zuweilen die Laͤnge von 
anderthalb Ellen. 

Unter andern anatomiſchen Anmerkungen, Anato⸗ 
welche bey der Zergliederung dieſes Fiſches find ge- wiſche 
macht worden, iſt beſonders diejenige merkwuͤrdig, Mer 
welche den Lauf der großen Pulsader in die Seiten⸗ N 
luftwerkzeuge anzeigt. Es ſteigt naͤmlich die große 
Pulsader erſt in die Hoͤhe, und theilt ſich ſodann in 
vier Aeſte ab, welche jede nach einem beſondern Luft⸗ 

werkzeuge zur Seiten gehen. Der obere aber von dies 
ſen Aeſten zertheilt ſich wiederum in zwey andere, 
die ſich in die zwey obern Luftloͤcher ſenken, fo daß je 
des Luftloch einen Aſt von der Pulsader empfaͤngt. 
Alle dieſe Aeſte laufen der Laͤnge nach an den knoͤrp⸗ 
lichen Rippen der innern Luftwerkzeuge hinunter, 
und theilen ihre feinen Strahlen den an dieſen Rip⸗ 
pen befindlichen Kaͤmmen oder Faſern mit, wodurch 
ſich denn die Pulsader in unzählige feine Fortſaͤtze 
verliehret, das Blut aber wird hernach durch andere 
und von dieſen pulsaderigen Fortſaͤtzen deutlich une 
terſchiedene Aederchen wieder aufgenommen, und 
| gene gefuͤhret. Alle dieſe letzten Aederchen laufen 
an dem andern Rande der beſagten knoͤrplichen Rip: 
pen und deren Kaͤmmen, wieder in gewiſſe Haupt⸗ 
Aeſte zuſammen, und ſtuͤrzen ihr Blut in eine große 
Blutader, welche am Ruͤckgrade liegt, und ſo⸗ 
wohl nach dem Kopfe hinauf, als bis in den Schwanz 
herab ſteigt. Es erhellet alſo aus dieſer Aehnlich⸗ 
keit des Kreißlaufs mit demjenigen, was in andern 
N R 4 Thie⸗ 


264 Dritte Cl. II. Ord. Schwimm. Amph. 


B. Thieren wahrgenommen wird, daß die Natur allent⸗ 
n halben nach gewißen Hauptgeſetzen arbeite. 


9. Der Sternhaay. sSqualus Stellaris. 


IR. Die Benennung iſt von den großen und kleinen 
en, Flecken entſtanden, welche dieſer Fiſch auf einem 
Stella. roͤthlichen oder braͤunlichen Grunde hat, ſonſt aber 
ris. unterſcheidet er ſich von jenen dadurch, daß die Bauch⸗ 

flogen voneinander abgeſondert ſtehen, und die Ni 
ckenfloße ſich dicht am Schwanze befindet. Uebrigens 
aber iſt er buntfaͤrbig und unbewafnet, wie die vori⸗ 
ge Art, nur daß ſich an dieſem ſolche Flecken zeigen, 
die einigermaſſen ſternartig ſind. Es nennen zwar 
die alten Schriftſteller dieſen Fiſch den größten Haay, 
allein es fehlet noch viel daran, denn derſelbe wird 
nicht viel uͤber zwey Ellen lang. Man findet ihn 
in den Europaͤiſchen Meeren, und fange ihn vors 
zuͤglich haͤufig an der Kuͤſte der Normandie. 


10. Das Seehuͤndgen. Squalus Catulus. 


., Er iſt klein, dünn und zwey Schuh lang, und ers 
him, reicht niemalen zwey Pfund am Gewichte, daher 
gen Ca- man ihn wohl das Seebuͤndchen nennen kann. 
tulus. Bey den Engellaͤndern wird er Morgay, oder der 

kleine junge hund; in Italien aber Pefce gatto 
oder Kattfiſch geheiſſen. 1 e 


Der Ruͤcken iſt rund gefleckt oder geſprenkelt. 

Die Bauchfloßen ſind aneinander verwachſen, und 
die Ruͤckenfloßen ſtehen dicht am Schwanze. Der 
ganze Kopf iſt geſprenkelt, indem ſich weiſſe und 
braune Fleckgen auf einem blaßrothen Grunde zeigen. 
Die Haut iſt nicht ſehr rauh, und der Bauch faſt 
ganz glatt. Es zeigen ſich hin und wieder einige Vers 
ſchledenheiten, deren Sprenkel in ordentlichen Pr 
N 


131. Geſchlecht. Haayfiſche. 265 


hen ſtehen, andere, deren Haut großkoͤrnicht iſt, und B. 
abgeſchliffen wird, um fie zum Ueberziehen der To⸗ Glatt⸗ 
backsdoſen, Meſſerhefte und dergleichen zu verwenden. ruͤcken. 
Vielleicht haben dieſe Haͤute eine Aehnlichkeit mit den⸗ 
jenigen, deren wir im I. Theil pag. 205. Erwaͤhnung 

gethan haben. 

Inzwiſchen iſt dieſer Fiſch ſehr ſchmackhaft und 

wird in Italien, wo er wegen ſeines beſondern Ge⸗ 

ruchs auch Guatto Mufcaralo genennt wird, fleiſ⸗ 

ſig geeſſen. Man faͤngt ihn aber nicht allein im 
WMittellaͤndiſchen Meer, ſondern auch an den 
Engliſchen und Franzoͤſiſchen Kuͤſten, an mel, 

chen letztern man ihn nur mit dem allgemeinen Na⸗ 
men Rouſſette belegt, welches der Name iſt, den man 
mehrern Arten, wegen ihrer roͤthlichen Haut, giebt. 

Siehe oben No. 8. 


11. Der Pferdhaay. Squalus Maximus, 


Es wird dieſer Fiſch, nach Pontoppidans 11. 
Bericht, Haae-Maeren genannt, und darum haben Pferd⸗ 
wir den Namen Pferdhaay gewaͤhlet. Daß ihn haay. 
aber der Ritter Maximus nennet, iſt nicht ohne Maxi- 
Grund, indem er mit den Wallfiſchen, deren Geſelln 
er in den NWordiſchen Meeren iſt, in Anſehung der 
Groͤße gleichſam um die Wette ſtreitet. a 

Die Zaͤhne dieſes Fiſches ſind kegelfoͤrmig, und 
die erſte Ruͤckenfloße iſt die groͤßte. Dit Geſtalt 
kommt zwar mit der folgenden Art No. 12. ziemlich 
uͤberein, er hat aber weder vor oder hinter den Au⸗ 
gen einige Oefnung. Die Afterfloße iſt klein, und be⸗ 
findet ſich in der Gegend, wo oben auf dem Ruͤcken die 
hintere Floße ſteht. Die Haut iſt blau und gruͤn melirt. 

Wenn, wie man berichtet, die Laͤnge ſich auf 
zehn Klafter erſtreckt, und der Schwanz ſchon zwey 
Klafter breit ift, fo kann man die Urſache einſehen, 

warum ihn die Normaͤnner und Straſſe Davis⸗ 
Rs fah⸗ 


266 Dritte Cl. III. Ord. Schwimm. Amph. 


B. fahrer für eine Art eines Wallfiſches und Nordkapers 
Glatt halten. Wenigſtens kommt er den Fiſchern zuweilen 
eil, unter die Harpune, und liefert vielen Thran, wozu vor⸗ 
zuͤglich die Leber dienlich ift. Er lebt von Seeſternen 

und Medufenföpfen, dergleichen Geſchoͤpfe nach dem 
Norcpole zu haufig in dem Meere wimmeln. 


12. Der Menſchenfreſſer. Squalus 


Carcharias, 


12. Der Name Canis Carcharias kommt von dem 
0 Griechiſchen Kyon karcharos und bedeutet cinen 
freſſer. Seehund, der wegen feiner vielen Zaͤhne ein ſtachlich⸗ 
Car- tes Maul hat, und hievon ſcheinet die MNorwegiſche 
charias. Benennung Haae-kiaring herzuſtammen. Man pfle⸗ 
Tab. XI get aber auch dieſen Fiſch Lamia; Franzöſiſch, La- 

mie zu nennen, doch geben ihm die Engellaͤnder den 

Namen White Shark oder weiſſer Haay. In Zol⸗ 

land iſt er unter dem Namen Jonas-Haay befannt, 

weil man ihn fuͤr denjenigen Fiſch hielte, welcher den 
Jonas verſchluckte, denn daß es kein Wallfiſch geweſen, 
ließe ſich leicht aus der engen Kehle, welche die Wallfiſche 
haben, ſchließen, indem kaum ein Arm durch ſelbige ges 
het. Allein, ſeit dem man Kachelotte gefunden, deren 
Kehle eine Oefnung von ſechs Schuh hoch hatte, ver⸗ 
aͤnderte man die Meinung, und wollte einen Kachelot 
beſchuldigen, den Jonas verſchluckt zu haben. (Siehe 
I. Theil pag. 303.) Wir koͤnnen aber nicht bergen, daß 
wir doch lieber dieſen Carcharias dafuͤr halten, und 
zwar aus dem Grunde, weil derſelbe im Mittellaͤndi⸗ 
ſchen Meere, wo ſich die Begebenheit zugetragen, ge⸗ 
mein iſt, dahingegen die Kachelotte vielmehr Einwoh⸗ 
ner des Decans und der Nordiſchen Meere find, 
Hier zu kommt dann auch noch, daß man von eit zu Zeit 
beſtaͤndig Beyſpiele hat, wie Menſchen von dieſer jetzt⸗ 
gen Art Seehunde ſind verſchlungen worden, und 
datum nennen wir ihn den Nenſchenfreſſer. 9 
Er 


131. Geſchlecht. Haayſiſche. 267 


Er unterſcheidet ſich von andern Arten durch 
den flachen Ruͤcken, und hat im Maule vicle Zaͤt⸗ 
ne, die an den Seiten geraͤndelt oder gezaͤhnelt, und 
gleichſam ſaͤgefoͤrmig find. Die Ruͤckenfloſſen find 


gleichſam ſpießfoͤrmig, aber unbewafnet, und die ch 


voͤrderſten find faſt mitten auf dem Mücken. Au 
der Bruſt ſitzen die groͤſten Floſſen, hingegen hat 
der After keine, und die Schwanzfloſſe endigt ſich 
in zwey Lappen. Der Augapfel iſt laͤnglicht und 
enge. Die Zaͤhne ſtehen in ſechs Reihen hinter⸗ 
einander, und der Fiſch kann ſo viel Reihen in die 
Höhe richten, als ihm gefaͤllt, oder als er zum 
Anpacken ſeines Raubes noͤthig hat, da inzwiſchen 
die übrigen mit der Spitze nach dem Rachen zugekeh⸗ 
ret flach liegen. Jeder Zahn iſt faſt ein gleichſeiti⸗ 
ges Dreyeck, an der innern Seite flach, an der 
äuſſern etwas gewoͤlbt, am Rande, wie geſagt, 
gezaͤhnelt; und dieſe Zaͤhne find es dann, welche 
auf der Inſel Maltha und ſonſt hin und wieder 
gegraben, und in den Cabinetten, bey den Verſtei⸗ 
nerungen, unter dem Namen Gloflopetrze, be 
wahret werden. b 


Die Haut dieſes Fiſches giebt den gemeinſten 
Chagrin, doch ſchneidet man auch aus der Lange 
ganze Riemen, welche gewunden und zu Wagenſeilen 
gebraucht werden; ſonſt dienet der Fiſch, um autz 
den fetteſten Theilen einen Thran zu kochen, und 
die Leber alleine giebt zuweilen zwey bis zwey und 
eine halbe Tonne von dem beſten Thran; auch iſt 
das Fleiſch eßbar. ee e 


B. 
Glatt. 
ruͤcken. 


Kennzei⸗ 
en 


* 
7 


Die groͤßten, welche man noch gefehen, find Große, 


neun bis zehn Ellen lang, und koͤnnen durch zwey 
Pferde nicht fortgeſchleppt werden. Einen ſolchen 
erg man einmal bey der Inſel St Margaretha, 

er ſich in die Netze, womit man die Seemakrelen 
fange, verwickelt hatte und mit einer ſegeſnde ae 
2 louke 


B. 
Glatt⸗ 
ruͤcken. 


268 Dritte Cl. III. Ord. Schwimm. Amph. 


louke nach Cannes geſchleppt wurde, woſelbſt 
man ihn auf hundert Quintalen, das iſt ( jeden 
Quintal zu hundert und funfzig Pfund gerechnet,) 
auf etwa funfzehntauſend Pfund ſchaͤtzte. In dem 
Magen dieſes Fiſches fand man ein ganzes ver⸗ 
recktes Pferd, welches vermuthlich aus einem Schiffe 
uͤber Bord war geworfen worden, und um dieſer 
Urſache willen wollten die Einwohner von Cannes 
das Fleiſch dieſes Fiſches nicht eſſen, ſondern ver⸗ 
kauften es an Fremde, die von dem Pferde nichts 
wußten. 

Ob nun wohl Haayfiſche von ſolcher betraͤchtli⸗ 
chen Groͤße nicht ſehr gemein ſeyn moͤgen; ſo giebt 
es doch andere kleinere, die allezeit im Stande 
ſind, einen Menſchen zu freſſen, und zum Beweiße 
theilen wir hier die Abbildung von einem ſolchen 
Fiſche mit, den wir ſelber geſehen haben, und der, 
als man ihn durch Franken fuͤhrte, ſowohl hier 
in Erlang im gruͤnen Baume, als in Nürn⸗ 
berg und andern Orten oͤffentlich zu ſehen war. 
Siehe Tab. XI. fig. . 

Die Geſchichte dieſes Fiſches iſt kuͤrzlich fols 
gende: Es fiel nämlich im Jahre 1758. ein Matros 
bey ſtuͤrmiſchem Wetter ungluͤcklicher Weiſe von ei⸗ 
ner Fregatte im mittelldͤndiſchen Meere über Bord 
in die See. Alsbald aber war dieſer Fiſch bey der Hand, 
der den ſchwimmenden und um Huͤlfe ſchreyenden 
Kerl in ſeinen weiten Rachen nahm, ſo, daß 
der Matroſe gleich verſchwand. Wie nun bereits 
andere Matroſen in die Chaluppe geſprungen waren, 
ihrem annoch ſchwimmenden Kammeraden zu helfen, 
und der Schiffscapitain inzwiſchen den Vorfall mit 
dieſem Seehunde ſahe, ſo hatte derſelbe ſo viel 
Gegenwart des Geiſtes, daß er ein auf dem Ver⸗ 
decke ſtehendes Geſchuͤtze auf den Fiſch richten und 
losbrennen ließ, wodurch derſelbe auch 1 

eiſe 


131. Geſchlecht. Haayfiſche. 269 


Weiſe fo getroffen wurde, daß er den fo eben in B. 
den Rachen aufgefangenen Matroſen, gleich wies Glatt⸗ 
der von ſich ſpiee, der denn in die unterdeſſen ſchon rücken. 
angekommene Chaluppe lebendig, und nur wenig 
verletzet, aufgefiſcht; der Seehund aber von den 
andern Matroſen durch Harpunen und Stricke ſo be⸗ 
meiſtert wurde, daß ſie ihn an die Fregatte ſchlepp⸗ 

ten, und daſelbſt in die Quere aufhiengen, um ihn in 

der Luft zu trocknen. Hierauf beſchenkte der Schiffs⸗ 
capitain den durch Gottes Vorſehung fo wunderbar ers 
haltenen Matroſen, mit dieſem Fiſche, welcher ſodann 

mit ſelbigem in Europa zur Schau herumzog. 

Die Abbildung dieſes getrockneten Fiſches, welcher 
zwanzig Schuh lang, mit gedehnten Floſſen neun 
Schuh breit, und am Gewichte dreytauſend zwey⸗ 
hundert und vier und zwanzig Pfund ſchwer war, 

iſt nach Tab. XI. fig. 5. folgender Geſtalt zu 
erklaͤren: 


No. 1. Die Naſe. 
2. Der Rachen mit ohngefehr funfhundert 
dreyeckigten ſaͤgefoͤrmigen Zaͤhnen, in 

ſechs hintereinander, theils ſtehenden, 
theils liegenden Reihen. Ä 

3. Die fuͤnffachen Seiten + Spiracula oder 
Luftwerkzeuge. 

4. Die zwey langen Seitenfloſſen. 

5. Die obere große Floſſe. 

6. Die gedoppelte maͤnnliche Ruthe, mit zwey 
beyhangenden Lappen. 

7. Zwey kleine obere und untere Floſſen. 

8. Der Schwanz. 


Aus allen dieſen laͤſſet ſich wohl wahrſcheinlich 
ſchließen, daß dieſe Art der wahre ae 
wen 7) 


270 Dritte Cl. III. Ord. Schwimm. Amph. 


ſey, und wir gehen nunmehro zur dritten Abthel⸗ 
lung dieſes Geſchlechts uͤber. 


c. C. Haayfiſche mit koͤrnichten Zaͤh⸗ 
kirche Me 


ten Zah- 13. Der glatte Haay. Squaſus Muſtelus. 


nen. 

9 Die Engellaͤnder haben dieſe Art den glat⸗ 
Glatte ten BZaay genennet, weil er in der That keine 
Eau. rauhe Haut hat, und dieſes gab die Gelegenheit, 
Muſte- ihn auch, wegen des glatten Ruͤckens, mit den Aal⸗ 
las. ruppen zu vergleichen und Muftelus zu nennen. Bey 

den Franzoſen aber heißt er Emifole, und in 

Rom Peſce Colombo. 
Die Zähne find ſtumpf; die Schnauze ſpitzigz 
der Koͤrper faſt rund; der Ruͤcken braun, und die 
Floſſen am Bauche ſehr kurz. Er iſt nicht groß, 
etwa fünf Schuh lang, und zwanzig Pfund ſchwer. 
und hält ſich ſowohl in der Liordfee als im mit⸗ 
tellaͤndiſchen Meer, ohnweit den euro paͤiſchen 
Kuͤſten, einſam auf, indem er nicht in Geſellſchaft 

herumziehet. N 

Aude, Diejenigen, die ihn zergliedert hatten, fanden, 
miſche daß die Augen mit einer deutlichen Schließhaut ge⸗ 
Anmer waffnet waren. Die Leber, Galle und der Ruͤckendruͤ⸗ 
kung im ſenſaft waren zuſammen in einen gewiſſen Beutel 
Männ⸗ gefaſſet, der ſich zwiſchen dem erſten und zweyten 
chen. Darm befindet, und mit einer engen Klappe dichte 
geſchloſſen iſt. Unter dem Nabel befindet ſich eine 
Warze, aus welcher Saame und Urin kommt, die 
alſo ſtatt der Ruthe dienet. Ohngefehr drei Quer⸗ 
finger breit vom Zwergfelle entdecket man die tiber, 
hoden, welche in beſondern Windungen, endlich in 
einen weiten Koͤcher ausgehen, der ſich in die Saa⸗ 
menblaͤßchen ergießt. Die Hoden ſelbſt ſind klein, 
und 


131 Geſchlecht. Haayfiſche. 271 


und liegen auf deu Nieren, welche laͤnglicht, oben C. 
ſchmal und blaß, unten aber breit, fleiſchicht und Mit koͤr⸗ 
roth ſind. Zwiſchen den zwey Saamenbehaͤltern IH 
lieget eine weite Hohlader. Das Herz hat die Ge— Zaͤhnen⸗ 
ſtalt einer Jaͤgertaſche. | 

| Was das Weibchen betrift, fo ſcheinet die Aratos 
Mutter nicht ſowohl einfach, und in zwey Hörner mische 
abgetheilet, als vielmehr gedoppelt zu ſeyn, und Ei 
ſtrecket ſich vom After an, bis zum Zwergfelle hin⸗ Weib 
auf. Zwiſchen beyden liegt der Eyerſtock in einer chen. 
dünnen Haut am Ruͤckgrade befeſtiget. Die Eyer 

ſind daſelbſt von unterſchiedener Große nach Maaß⸗ 

gabe ihrer Zeitigkeit, von einem Stecknadelknopfe 

an bis zur Groͤſe eines Kaͤſes, von Farbe weißlich 

und rund. Man hat aber zugleich angemerket, daß 

dieſe Fiſche eben ſowohl lebendige Jungen gebaͤhren, 

als Eyer werfen, denn man hat wohl ſechs leben⸗ 

dige Jungen von einem Schuh lang, zugleich mit 

großen Eyern in der linken Mutter gefunden, 

da in der rechten hingegen, ganz kleine Junge bes 
findlich waren, woraus erhellet, daß fie fo oft ges 
baͤhren, ſo oft nur eines oder mehrere Jungen 
gebildet ſind. Die unbefruchteten Eyer ſind 

bey ſechs Zoll lang, und gegen vier Zoll breit, wenn 

man fie auf eine Flaͤche hinlegt. Innwendig iſt in 

der Mitte eine gelblichte Feuchtigkeit in einer beſon⸗ 

dern dünnen Haut, welche eine weiße Feuch⸗ 

tigkeit in einer ſtaͤrkern Haut umgiebt. In die⸗ 

ſer letztern Feuchtigkeit ſchwimmet das Junge, und 

die Haut, mit der gelben Feuchtigkeit, haͤnget dem 
Jungen mit einer Schnur am Nabel feſte; iſt aber 

das Junge ſchon gebildet, ſo ergieſt ſich die uͤbrige 
Feuchtigkeit des Eyes aus der Mutter durch zwey 
Oefnungen, die ſich neben der Mutterſpalte befin⸗ 

den, ins Meer; damit aber das Seewaſſer nicht in 

dieſe Oefnungen eindringe, ſo ſind ſie mit guten 
Klappen verſehen. N 

| | Merk⸗ 


272 Dritte Cl. III. Ord. Schwimm. Amph. 


O. Merkwuͤrdig iſt aber der Umſtand, welchen 

Mit Augenzeugen von dieſer Art Fiſchen behaupten, daß 

ten Zäh, naͤmlich die Jungen allezeit ihre Mutter begleiten, 

nen. und ſo bald fie irgendwo Gefahr vermuthen, ſogleich 
wieder in die Mutter hinein ſchliefen 12 55 Iſt 
dieſem wuͤrklich alſo, ſo ſind diejenigen ſechs Junge, 
die D. Tyſon bey der Zergliederung einmal in der 
linken Mutter fand, vermuthlich nichts anders als 
eingeſchloffene Junge geweſen, und die Natur hätte 
hier alſo! bey einem Fiſche den nothwendigen Vor⸗ 
theil angebracht, deſſen ſich die Beutelratzen zu er⸗ 
freuen haben. 


14. Der blaue Haay. Squalus Glaucus. 


u Obgleich der Herr Gronov dieſe Art mit der 
Blaue vorigen für einerley haͤlt, ſo ſetzt ſie doch der Rit⸗ 
Haay. ter hier beſonders. Die Engellaͤnder nennen fie 
Glau- Blew- Shark. Sie hat am Hintertheile des Ruͤ⸗ 
cus. ckens eine dreyeckigte Grube, und bey den Augen 

keine Loͤcher. 


Es wird dieſer Fiſch bey ſechs oder ſieben Ellen 
lang, iſt ſehr gefraͤßig, kommt dichte an die Ufer, 
ſchießt aus dem Waſſer hervor, und ſchnappt, wie 
Rondelet erzaͤhlet, nach dem etwa am Ufer ſtehen⸗ 
den Menſchen, der alsdenn vermuthlich mit den 
jungen Tobias ſchreyen möchte: O! Serr! er 
will mich freſſen! 


Der Ruͤcken iſt blau, der Bauch ſilberfaͤrbig, 
die Haut iſt nicht ſehr rauh, die Zaͤhne ſind ſcharf, 
das Fleiſch iſt zaͤhe, aber nahrhaft, und hat einen 
ſtarken Geruch. Man trift ihn in allen Meeren 
um Europa herum, an. 


15. Der 


131. Geſchlecht. Haayfiſche. 273 


4 95 
15. Der Saͤgefiſch. Squalus 1 
Priſtis. | nichten 


| | Zaͤhnen. 
Die letzte Art der Hasye iſt ein Fiſch mit 
einer langen beinichten, und an beyden Seiten ges Sim 
zaͤhnelten Schnauze, welche hin und wieder in den ach 
Cabinetten als das Schwerdt eines Schwerdtfiſches Priſtis. 
vorgezeiget wird. Allein es giebt unter den ci, Tab. X 
gentlichen Fiſchen, wie wir in dem folgenden Thei⸗ 8. 2. 
le ſehen werden, eine andere Art, deſſen beinich⸗ 
te Schnauze einem Schwerdte oder Degen beſſer 
ahnlich iſt, daher man billig den Namen der je—⸗ 
tzigen Art veraͤndert, und ihn der gezackten Schnau⸗ 
ze halben mit Sagefiſch verwechſelt hat. Griechiſch 
heißt er Priſtis; Lateiniſch, Serra; Schwer 
diſch, Saeg Fisk; Norwegiſch, Saug- Fisk; 
Engliſch, Saw-Fish. Obgleich dieſer Fiſch 
an der langen beinichten Saͤge hinlaͤnglich zu 
kennen iſt, fo thut der Bitter doch auch dieſes 
Merkmal noch hinzu, daß er am After gar kei⸗ 


ne Floßen hat. 


Uebrigens hat er vollkommen die Geſtalt der 
Haaye. Die Haut naͤmlich iſt gleichfalls rauh und 
chagrinartig, auf dem Ruͤcken befinden ſich zwey 
Floßen hintereinander, an der Kehle zwey, am 
Bauche zwey, und die ſiebende macht den Schwanz 
aus, deſſen oberer Theil ſehr lang iſt. Der Kopf 
iſt dreyeckigt und glatt. Die Schnautze verlaͤn⸗ 
gert ſich in ein breites ungemein langes, und vor⸗ 
ne abgeſtutztes glattes Bein, aus deſſen beyden zur 
Seiten befindlichen Schaͤrfen eine unbeſtimmte Ans 
zahl langer ſcharfer und ſpitziger Zähne heraus fres 
ten, und dieſes gewafnete Bein heißt die Saͤge, 
oder das Schwerdt, deſſen oberer Theil blau⸗ grau 
iſt, wie der Rücken, und der untere gelblich 
Linne III. Theil. 5 weiß, 


274 Dritte Cl. III. Ord. Schwimm. Amph. 


C. weiß, wie der Bauch des Fiſches. Siehe Tab. 

Misr, XI. fg. 2 

nichten 

A Die Größe dieſes Fiſches läßt ſich nicht voll 
kommen beſtimmen, man hat kleine und große, 
vielleicht nach Beſchaffenheit ihres Alters, und aus 
der Groͤße der Saͤgen laͤßt ſich auch nicht allezeit 
auf die Laͤnge der Fiſche ſchließen. Marggraf 
beſchreibt einen von neunzehn Zoll, deſſen Schwerdt 
neun Zoll lang war. Ein Materialiſt in Am⸗ 
ſterdam beſitzt einen, der acht Schuh lang iſt, 
und auſſerdem noch eine drey und einen halben 
Schuh lange Saͤge hat. Die Dicke dieſes Fiſches 
iſt ein und einen halben Schuh. Die obere 
Schwanzfloße ift faſt zwey Schuh lang, die uͤbri⸗ 
ge Floßen ſind jede einen Schuh lang. Ja man 
findet Saͤgefiſche, die funfzehn Schuh in die Laͤn⸗ 
ge haben, und uͤberdas noch eine Saͤge von andert⸗ 
halb Ellen fuͤhren. Ob nun aber die Groͤße der 
Saͤgen, und die Anzahl der Zaͤhne in ſelbigen will⸗ 
kuͤhrlich ſey, oder ob fich hieraus auf gewiſſe Uns 
terarten ſchließen laſſe, ſolches koͤnnen wir nicht 
genau beſtimmen; fo viel iſt richtig, daß wir da eis 
nen wichtigen Unterſchied vermuthen. Denn wir 
beſitzen ganz kleine mit acht und zwanzig Zaͤhnen an 
jeder Seite, (wie wir ſolche in dem Knorriſchen 
Werke Tab. H. IV. fig. 4. abgebildet und beſchrie⸗ 
ben haben,) deßgleichen große uͤber einen halben 
Schuh breit und zwey und einen halben Schuh lang, 
mit zwanzig Zaͤhnen an jeder Seite, davon jeder 
Zahn faſt einen und einen halben Zoll lang iſt, 
ſodann auch ſchmaͤlere, die aber uͤber drey Schuh 
in der Laͤnge haben, an denen nur ſechs und zwanzig 
Zaͤhne ſind. 


Der eigentliche Aufenthalt dieſer Fiſche iſt im 
Nordiſchen Meere, wo fie bey Ißland, 
er⸗ 


131. Geſchlecht. Haayfiſche. 275 


bergen und Grönland, die Wallfiſche herum jo C. 
gen, ihnen öfters mit der Säge den Bauch auf⸗Mit koͤr⸗ 
reißen, und fie bis in den Mexicaniſchen Meer; nichten 
buſen, ja bis an die Kuͤſte von Guinea herunter Zähnen. 
verfolgen. Man ſagt indeſſen, daß ſie von den 
Seepflanzen leben, und daß ihnen die Säge dien⸗ 

lich ſeyn ſoll, ſolche abzunehmen und loßzureißen. 

Daß ſie aber auch wohl ſelbſt miteinander fechten, 

kommt uns nicht unwahrſcheinlich vor, indem wir 

eine ſolche Sage beſitzen, woran der Zahn von eis 

nem andern Saͤgefiſche ſteckt, und abgebrochen iſt. 


S 2 1322. Ge⸗ 


276 Dritte Cl. II Ord. Schwimmende Amp. 


2 A 


5 


132. Geſchecht. Seedrachen. 


Nantes: Chimaera. 


a 


Geſchl. 8 06 es keine wuͤrkliche Drachen gebe, iſt ſchon 

Benen⸗ vorne bey den fliegenden Eidechſen pag. 

nung. 52. angezeiget worden. Wenn wir alſo dieſe Art 
Fiſche Seedrachen nennen, ſo geſchieht es nur, um 
dadurch eine monſtroͤſe Geſtalt auszudrucken, web 
ches auch die Urſache der Linneiſchen Benennung iſt. 
Denn Chimaera war bey dem Heſiodus ein mom 
firöfes Thier mit einem Drachenſchwanze, und beym 
Virgil ein feuerſpeyender Berg in Lycien, wo 
Drachen wohnten. 


Geſchl. Die Kennzeichen, wodurch dieſe Art von den 

Kennzei, Haayen unterſchieden wird, find folgende: Einzel; 

chen. ne Luftloͤcher, die aber vier Abtheilungen haben, und 
nicht an den Seiten, ſondern unter dem Halſe fie 
hen. Die obere Lippe iſt in fünf Theile abgetheilt, 
und in den Kiefern ſtehen unten und oben vorne zwey 
Schneidezaͤhne. Es kommen aber in dieſem Geſchlecht 
nur die zwey folgenden Arten vor. 


1. Der Pfeildrache. Chimaera 
Monſtroſa. 


a Die wunderbare Geſtalt diefes Fiſches gab dem 
Pfeil⸗ Kitter Anlaß zu obigem Namen; inzwiſchen wollen wir 
ara. ihn Pfeildrache nennen, weil er auf dem Rücken ei, 


ſtrola. nen ſechs Zoll langen Stachel fuͤhrt. 
N Die 


} 


| 
| 


| 
i 
| 


132. Geſchlecht. Seedrachen. 277 


Die Geſtalt des Koͤrpers iſt laͤnglich, wie an 
den Haayfiſchen, in der Mitte etwa zwoͤlf Zoll im 
Umfange, und ſilberfaͤrbig oder gelblich. Die Haut 
iſt glatt, das Maul breit, und hat unten durchbro⸗ 
chene Falten. Die Schnautze iſt ſtumpf. Der Sta⸗ 
chel auf dem Rücken iſt innwendig hohl, und an dem 
Ende ſehr ſcharf und ſpitzig. Die Bauchfloßen find 
viel laͤnger, als an den gewoͤhnlichen Haayfiſchen. 
Die erſte Ruͤckenfloße iſt dreyeckigt, die andere ſehr 
niedrig, und endigt ſich, wo der Schwanz anfaͤngt 
dünne zu werden, denn derſelbe iſt ſehr lang, und 
faſt einem Ratzenſchwanz aͤhnlich, hat aber an 
der untern Seite Floßen. Daher nennen ihn auch 
die Norweger Seeratze. Die Männchen 
haben eine gedoppelte Ruthe, und die Welbchen ci» 
ne gedoppelte Mutter. Die Leber iſt ſo fett, daß, 
wenn ſie an einem warmen Orte ſteht, ſie von ſelbſt 
in ein Oel zergeht, welches die Fiſcher als einen 
Wundbalſam gebrauchen. Dieſer Fiſch halt ſich im 
atlantiſchen Meere auf, lebt von Conchylien, die 
er in den Tiefen des Meers findet, und ſchwimmt zur 
Nachtzeit herum. 


2. Der Seehahn. Chimaera Calloryn- 
chus. 


Der griechiſche Name Callorynchos bedeu- 2. 
tet ſo viel, als eine Haut oder Fell, fo den Trut⸗ See⸗ 
haͤhnen bey dem Schnabel herunter haͤngt, und iſt AN 
dieſem Fiſche wegen ſeines ſeltſamen Kopfs gegeben, : 114 
daher wir ihn auch Seehahn nennen, zumal er e 
bey den Indianern in America auch Pejegallo, 
das ift, Poiſſon Cocq, oder Hahnfiſch heißt, 
wiewohl ihn die Franzoſen Demoiſelle nennen. 
Man teife dieſen Fiſch im athiopiſchen Miees 
e, und an der Kuͤſte von Chili an, wo er gedoͤrrt 
ind alſo perſchickt wird. Der Ruͤcken iſt mit einem 
| S 3 ſtar⸗ 


278 Dritte Cl. III. Ord. Schwimm. Amph 


ſcharfen Stachel bewafnet, deſſen man ſich bedienen 
kann, um Leder durchzubohren; die ganze Geſtalt des 
Körpers iſt laͤnglich, mehr hoch als breit, ohne Schup⸗ 
pen, glatt und fi ilberfaͤrbig mit einem Goldglanz auf 
dem Ruͤcken, deßgleichen befinden ſich zu beyden Seiten 
der Ruͤckenfloße kleine Stacheln. Die Ruͤckenfloße 
iſt groß, die Bauchfloßen ſind klein. Am After iſt gar 
keine Floße, der Schwanz aber hat unten und oben 
Floßen, und lauft ſpitzig aus. 

Selt⸗ Wir haben oben geſagt, daß dieſem Fiſche, ſeines 
ſame ſeltſamen Kopfs halben, der Name Callorynchus ge 
Schnau⸗ geben worden. Es iſt alſo billig, daß wir den Bau def 
tze. ſelben oder vielmehr der Schnautze an ſelbigem etwas 

naͤher beſchreiben. Es verlaͤngert ſich naͤmlich vorne 
an der Schnautze, die mit ſehr vielen Naͤthen geſtreif⸗ 
te Haut des Kopfs, etwa einen halben Zoll lang, und 
dehnet ſich alsdann in die Breite, ſo daß ſie am Ende 
zuſammen gedruckt, und von unten, als mit vielen Loͤ⸗ 
chern, zwiſchen den aͤußern Haͤutlein, durchbohrt zu 
ſeyn ſcheint. An dieſer Haut haͤnget ſich in die Quere 

wiederum ein anderes Stuͤck, welches oben ſchmal, un: 
ten breit ausgeſchnitten, und von haͤutiger Beſchaffen⸗ 
heit iſt. Das Maul iſt gleich unter dieſer Schnautze 
befindlich, und hat fleiſchige Lippen, davon die untes 
re laͤnger und breiter iſt, und wenn der Fiſch das 
Maul ſchlleßt, von unten auf über die obere Lippe hin⸗ 
ſchlaͤgt. Uebrigens iſt unten an jeder Seite des Kopfs, 
dichte vor den Bruſtfloßen, nur ein einziges, und zwar 
ſehr enges Luftloch befindlich. Beyde Kiefer ſind mit 
rauhen Hoͤckern ſtatt der Zaͤhne beſetzt. Vorne am 
Kopfe zeigen ſich unterhalb der Schnautze, breite Na⸗ 
ſenlöcher, die Augen hingegen, die eine ziemliche 
Größe haben, find die Laͤnge hinunter oval. 


133. Ge⸗ 


279 
N. a as nn 


133. Geſchlecht. Seeteufel. 


Nantes: Lophius. 


— 


Lo: bedeutet im Griechiſchen eine kammar⸗ 
tige Erhöhung in dem Nacken der Thiere, und 


Geſchl. 
Benen⸗ 


weil dieſes Geſchlecht zum Theil oben dergleichen Er⸗ nung. 


hoͤhungen, als auch an den Seiten gewiſſe Hervor⸗ 
ragungen und Fortſaͤtze hat, ſo iſt ihm gegenwaͤrti⸗ 
ger Geſchlechtsname zuerkannt. Nun geben aber 
eben dieſe Erhoͤhungen und Hervorragungen ein wun⸗ 
derliches und zugleich fuͤrchterliches Anſehen, daher 
hat man die Fiſche dieſes Geſchlechts mit dem Namen 
Seeteufel beleget. 


Die Kennzeichen aber, wodurch der Ritter Geſchl. 
dieſes Geſchlecht von andern unterſcheidet, find fol⸗ Kennzei⸗ 
gende. Hinter den Seitenfortſaͤtzen oder ſogenannten chen. 


Armen, ſind einzelne Luftloͤcher. Das Maul iſt vol⸗ 
ler ſehr kleinen Zaͤhnchen. Die Bruſtfloßen fitzen 
an den Seitenfortſaͤtzen, und nach dem Artedi ſind 
nur drey innere Luftwerkzeuge vorhanden. Man hat 
nur eine europaͤiſche, dann zwey indianlſche Ar 
ten, welche wir nun naͤher beſchreiben wollen. 


I. Der Meerfroſch. Lophius piſcatorius. 


Der Beyname Pifcatorius iſt dieſem Fiſche ges 
geben, weil er durch gewiſſe ausgebreitete Werkzeu⸗ 


Tr 


Meer⸗ 


ge oder Fortſaͤtze am Maule, die Fiſche, die ihm zum Pildato. 
Raube dienen, gleichſam auffiſcht, und fie alſo fängt. rius. 


Der Name Meerfroſch kommt von der Geſtalt her, 
da er einige Aehnlichkeit mit am Fiſchartigen⸗ ar 
4 I 


Geſtalt. 


280 Dritte Cl. II. Ord. Schwimm. Amph⸗ 


Baſtardfroſch hat, der zuweilen mit dieſem Fiſche 
verwechſelt wurde, wie wir ſolches oben pag. 64. und 
65. angezeiget haben. Daß aber beyderley Benen⸗ 
nungen fuͤr dieſe Art ſchicklich ſind, wird ſich leicht 
aus dem Mamen ſchließen laſſen, welche derſelben 
ſonſt gegeben werden; denn ſie iſt der Alten Rana 
piſcatrix oder Rana marina; dahingegen vorbeſag⸗ 
te Froſchart nur Rana pifcis genennet wird. Ueb⸗ 
gens wurde dieſe Art vom Ariſtoreles Batrachos 
Halios; und vom Rondelet Galanga genennet Die 
übrigen Benennungen find in Venedig, Rofpus- 
Fifch, das iſt, Froſchſiſch; in der Lombardie, 
Zatto; in Engelland, Toad- oder Frog fiſch, oder 
Sea Divel; in Frankreich, Diable de Mer, und 
Grenouille de Mer; in Marſeille, Baudroi; 
in Montpellier, eſcheteau; in Italien, Dia- 
volo di Mare, und Marino Peſcatore; in Nor- 
wegen, Steen- Ulk; in Holland, Zeeduivel, 
oder auch Hoofenbek, das iſt, Waſſerſchaufel⸗ 
maul, weil fie das Maul abſcheulich weit aufſper⸗ 
ren koͤnnen. 


Es iſt dieſer Fiſch an ſeinem abgerundeten Mau⸗ 
le, großem Kopfe und flachgedrucktem Koͤrper, wohl 
zu kennen, jedoch verdient er eine genauere Bes 
ſchreibung. 


Der Ruͤcken iſt dunkelgrau, der Bauch weiß, 
die Haut glatt. Der Kopf allein macht mehr als die 
Helfte des Fiſches aus, und der hintere Koͤrper laͤuft 
ſchnell und ſpitzig zu, woran eine mittelmaͤßige 
Schwanzfloße befindlich iſt. Unter dem Kopfe ſitzen 
ein paar aͤhnliche Floßen. Oberhalb dem Naſenbein 
ſtehet ein langes ſchmales Knoͤrpelbein in die Hoͤhe. 
Die Augen ſind ſehr groß, das Maul iſt weit, und 
beyde Kiefer ſind mit gedopelten Reihen oder haufen⸗ 
weiſe geſetzten langen und etwas einwaͤrts gekruͤmm⸗ 
ten Zaͤhnen bewafnet. Der untere Kiefer iſt länger | 

als 


133. Geſchlecht. Seeteufel. 281 


als der obere; der obere hingegen richtet ſich bey 
Oefnung des Mundes faſt ganz in die Hoͤhe, da 
man eine dicke und faſt ſtachlichte, oder mit vielen 
ſcharfen Hacken verſehene Zunge wahrnimmt. 


An dem untern Kiefer befinden ſich etliche lan, 
ge knoͤrpelichte Faſern, die bey ihrer Laͤnge ſehr bieg⸗ 
ſam und am Ende etwas zotig ſind. Dieſe Zoten 
ſind weiß, hingegen haben die Faſern eine braune 
Farbe, und dieſe Werkzeuge dienen ihm zur Fiſche— 
rey, welche alſo von ſtatten gehet. 


Es ſtehet namlich der Fiſch im Waſſer unbe 
weglich ſtille, wodurch andere Fiſche ſicher gemacht 
werden, daß fie ganz nahe an ihn hinſchwimmen, fo- 
dann laͤßt er ſeine knoͤrplichte Faſern herabhangen, 
und lauret mit den großen Augen wie ein grimmiger 
Teufel. Wenn nun die weiſſen Zoten an dieſen Fa⸗ 
ſern ſich im Waſſer bewegen, ſo halten die benach— 
barten Fiſche dieſelbigen vor ſchwimmende Victualien, 
die mit dieſem Seeteufel wenigſtens keine Gemein: 
haft haben, und ſchnappen darnach; in dem naͤm— 
lichen Augenblick aber ſchnappt dann auch der Sea 
teufel zu, und fängt feinen Raub ganz gemaͤchlich in 
feinen weiten Rachen auf. Sollte ihm aber diefen 
erſchreckende Kunſtgrif fehl ſchlagen, oder ſein Geg⸗ 
ner ihm zum Verſchlucken zu groß ſeyn, ſo ſtoͤßt er 
zu, und durchbohret ihn mit oben erwaͤhnten langen 
und auf der Naſe befindlichen Knoͤrpelbeine, als mit 
einer Harpune, biß er ſich ſeines Raubes ganz be⸗ 
maͤchtiget hat. 

Die Abbildung, die hier Tab. VII. fig. 3. mit: 
getheilet wird, iſt nach einem Exemplar gemacht, 
welches nur einen Schuh lang war, jedoch giebt es 
größere, deren Laͤnge auf ſechs bis acht Schuh ges 
rechnet wird, denn der Biſchof Ponto ppidan beſaß 
einen, der vierthalb Ellen lang war. Diejenigen, des 
ren Laͤnge ſich auf ein und einen halben Schuh er⸗ 

S 7 ſtreckt, 


Files 
rey. 


Größe, 


282 Dritte Cl. III. Ord. Schwimm. Amph. 


ſtreckt, haben am untern Kiefer vier Zoll lange Knor⸗ 
pelfaſern zum Fiſchen, woraus denn zu ſchlieſſen iſt, 
daß die Faſern der Großen wohl bis ein und einen 
halben Schuh lang ſeyn muͤſſe. 


Der Herr Parſons in Engelland beſchreibt 
einen ſolchen Seeteufel, der vier Schuh drey Zoll 
lang, und neunzehn Zoll uͤber den breiteſten Theil 
des Kopfes breit war, welcher gegen zwey Schuh lan⸗ 
ge Baartfaſern hatte. Die fuͤnffingerigen Floßen, die 
ſie unter dem Kopfe haben, dienen ihnen gleichſam 
ſtatt der Fuͤſſe, um damit über die Sandbaͤnke fort⸗ 
zukommen. 


Ihr Aufenthalt iſt rings um Europa herum 
in dem groſſen Ocean, doch halten fie ſich am mei— 
ſten in den nordiſchen Meeren auf, woſelbſt auch 
die groͤßten ſind. 


Anato⸗ An jeder Seite des Kopfes, wo gleichſam die 
miſche Armfloßen hervorſtechen, befindet ſich ein großer 
N weiter Sack, welcher in einem vierſchuhigten Exem⸗ 

plCGKhar über zwey Schuh lang und ſechs Zoll weit iſt, 
in welchem ſich die drey innern Luftloͤcher tief im 
Maule oͤfnen. Das Herz iſt nicht kegelfoͤrmig, 
ſondern faſt cylindriſch, unten breit, und mit einem 
Ohre verſehen, welches faſt dreymal ſo groß, als 
das Herz ſelbſt, und im Umfange wie ein Hahnen⸗ 
kamm eingekerbt iſt. Die Gall» und Lebergaͤnge 
ergieſſen ſich in einen Koͤcher, ehe die Galle noch 

in die Daͤrmer kommt. Mitten an den Magen⸗ 
waͤnden nimmt man einige knoͤrplichte Koͤrner wahr, 

die innwendig offen ſind, und von auſſen Blutge⸗ 
faͤße erhalten. Es iſt kein blinder Darm vor⸗ 
handen, und der Enddarm hat viele fleiſchichte Rip⸗ 
pen. Die Nieren find groß und roth, die Harn 
blaſe iſt in einem vierſchuhigten Exemplare ſchon groͤſ⸗ 

ſer als eines Menſchen Blaſe. = 

n 


133. Geſchlecht. Seeteufel. 283 


An jeder Seite des Kopfs befindet ſich auch ein 
kleines dünnes Blaͤßgen, worinne man ein Gehoͤr⸗ 
beinchen antrift, welches mit jenen, die bey den 
Schellfiſchen gefunden werden, uͤberein kommt. Das 
Flelſch dieſer Fiſche ſchmeckt nach Froͤſchen, denen fie 
aͤußerlich ſehr aͤhnlich ſehen, wiewohl ſie ordentli⸗ 
cherweiſe nicht zur Speiſe gebraucht werden, denn 
ſie gehoͤren nur fuͤr die Liebhaber. 


2. Der Einhornteufel. Lophius Veſper- 
tilio. 


Mit der Benennung Veſpertilio folgt der 2. 
Bitter dem Raj, welcher der jetzigen Art darum Ein⸗— 
dieſen Namen beylegte, well ſie an den Seiten gleich⸗ 1 
ſam Flügel zu haben ſcheint. Wir aber geben ihr Iperti. 
den Namen Einhornfiſch, weil vor der Stirn jio, 
ein zugeſpitzter langer Fortſatz heraus tritt, der gleich⸗ 
ſam ein Horn vorſtellt, wiewohl Seba den Namen 
Seefroſch; Hollaͤndiſch, Zee-kikvorfch ger 
braucht, und Curacao als das Vaterland angiebt. 

Bey den Brafiltanern hingegen iſt der Name Gua- 
cu- cuja üblich. a 


Der Koͤrper iſt, wenigſtens vorneher, von oben 
etwas platt, die Schnautze tritt laͤnglich hervor. 
Die Augen ſtehen hoch in der Stirn an beyden Sei⸗ 
ten des Horns. Das Horn iſt an der Wurzel dick, 
lauft ſpitzig zu, hat an einem Exemplare, das einen 
Schuh lang iſt, die Laͤnge eines Zolls, und kann fuͤr 
einen Fortſatz der harten Haut angeſehen werden. Die 
Bauart kommt mit dem vorigen gaͤnzlich uͤberein, nur 
daß die Haut uͤber und über mit großen und kleinen Sta⸗ 
cheln beſetzt iſt. Dieſe Stacheln ſind kleine ſcharfe 
Spitzen, die ſich aus der Haut erheben, die Haut 
aber bildet an der Wurzel jeder Stachel einen viel⸗ 
ſtrahligen Stern. Der Rücken iſt gelblich braun, 

det 


U 


284 Dritte Cl. III. Ord. Schwimm. Amph. 


der Bauch roͤthlich weiß. Es wird dieſer Fiſch nicht 
geeſſen, da auſſer der beinigten Haut, dem knorp⸗ 
lichen Gerippe und dem aufgeblaſenen Kopfe nicht 
viel beſonders an ihm iſt, ja wir halten ihn einiger⸗ 
maſſen in Verdacht, daß er ſehr ſchaͤdlich iſt, da 
wir uns durch Beruͤhrung dieſes Fiſches und ſeiner 
Stacheln, allezeit eine ſehr brennende Entzündung 
zugezogen haben. Man findet ihn uͤberall in den 
americaniſchen Meeren. Unſer Exemplar erhiels 
ten wir aus Curacao. 


3. Die Seekroͤte. Lophius Hiſtrio. 


3, Es iſt dieſer Fiſch auf einem weiſſen Grunde 

See- zierlich braun gefleckt. Vermuthlich fiel dem Ritter 

1 bey dieſer fleckigten Zeichnung der Hanswurſt ein, 

weil er ihn Hiſtrio nennt; wir aber geben ihm der 

breiten platten Geſtalt halben, mit den Engellaͤn⸗ 

dern den Namen Seekröte; doch die Hollander 

heiſſen ihn Kroos viſchje, oder Mooßfiſch, weil 

er ſich zwiſchen Africa und America in der ſoge⸗ 

nannten Kroos-Zee, das iſt, in derjenigen Mee⸗ 

resgegend aufhaͤlt, wo ſo viel ſchwimmendes See⸗ 

mooß oder Horncorallenmooß angetroffen wird. Va⸗ 

lentin nennt ihn Sambiafiſch; Klein, Batra- 

chus; Gronovius, Baliſtes; die Braſilianer, 

Guaperua. 

Die Groͤße iſt ſelten uͤber vier Zoll. Das 

Maul hat einen Bart und iſt voller Zaͤhne. Der 

Rücken hat zwey Stacheln. Die Bauchfloßen ſtehen 
voneinander abgefondert, 


* X * 
1 * * tx 


Anmer⸗ Da der Ritter gewohnt iſt, an den Fiſchen 
kung. die Strahlen oder Finnen in den Floßen ene 
en 


133. Geſchlecht. Seeteufel. 285 


ben zu zaͤhlen, um dadurch die Arten etwas genauer 
zu beſtimmen, ſo hat er die Anzahl der Finnen in 
den Floßen (denn unter Finnen verſtehen wir hin⸗ 
fuͤhro allezeit beiniche oder knoͤrpliche Strahlen, 
welche die Fiſche in ihren Floßen haben,) bey den 
vorigen drey Arten der Seeteufel folgender Geſtalt 
gefunden: 


No. 1. Hat in den Ruͤckenfloßen 1o. In den 
Bruſtfloßen 24. In den Bauchfloßen 5. 
In den Afterfloßen 9. und in den Schwanz⸗ 
floßen 8. Finnen. 


No. 2. In den Ruͤckenfloßen J. In den Bruſt⸗ 
floßen 16. In den Bauchfloßen 6. In 
den Afterfloßen keine, und in den Schwanz⸗ 
floßen 15. Finnen. 


No. 3. In dleſer Art beſitzt die Ruͤckenfloße 1. 1. 
12. Die Bruſtfloße 10. Die Bauch⸗ 
floße . Die Afterfloße 7. und die 
Schwanzfloße 10. Finnen. | 


134. Ge⸗ 


286 Dritte Cl. III. Ord. Schwimm. Amph. 
= 3 


134. Geſchlecht. Stoͤre. 


Nantes: Acipenſer. 


— 


Geſchl. $ ): Linneiſche Benennung Acipenſer, 
Benen⸗ kommt wohl wie Accipiter von accipio 
nung. her, weil es gewaltige Raubfiſche ſind, die anpa⸗ 
cken koͤnnen, und iſt die naͤmliche, womit die Alten 
ſchon dieſes Geſchlecht der Fiſche belegten, wel⸗ 
che aber mit der andern mehr gewoͤhnlichen Benen⸗ 
nung Sturio verwechſelt wurde; daher denn auch 
dieſe Fiſche franzoͤſiſch Eſturgeon, engliſch 
Sturgeon, italieniſch Storione und Sturione, 
deutſch Store heißen. Es ſoll aber die deutſche 
Benennung nicht vom Lateiniſchen Sturio her⸗ 
kommen, ſondern ein niederſaͤchſiſches oder alt deut⸗ 
ſches Wort ſeyn, welches von ftören (herumwuͤhlen) 
abgeleitet iſt, weil dieſe Fiſche die Gewohnheit ha⸗ 
ben, in den Meeresboden mit der Naſe den Mo⸗ 
raſt herum zu wuͤhlen, wie ſolches auf dem Lande 
von den Schweinen geſchiehet, wie denn auch die 
Schnauze dieſer Fiſche recht gut dazu gebauet iſt. 


Geſchl. Sie haben zur Seiten einzelne Luftloͤcher, 

Kennzei, welche einer Spalte aͤhnlich ſehen. Das Maul ber 

chen. findet ſich unter dem Kopfe, hat keine Zaͤhne, und 
ziehet ſich hinterwerts zuruͤck. Unter der Schnauze 
befinden ſich vor dem Maule einige Bartfaſern, 
und man zaͤhlt folgende drey Arten. 


1. Der 


134. Geſchlecht. Stoͤre. 287 


1. Der gemeine Stor. Acipenſer 
Sturio. 


Dieſe Art iſt bey den Schriftſtellern unten 1. 
allerhand Namen bekannt, als Silurus, Galeus Gemeir 
Rhodius, Oniskus und Oxyrynchus, oder Sr 
Spitz ſchnauze; ja der oberwehnte Umſtand des 
Wuͤhlens in den Meeresgrunde veranlaſſete den Op⸗ 
pian ſogar, dieſen Fiſch Sus oder das Schwein zu 
nennen. Der Name Stör aber iſt oben ſchon er⸗ 
klaͤret worden. 


Er hat in den Ruͤckenfloſſen ein und dreyßig 
Finnen; in den Bruſtfloſſen dreyßig, in den Bauch⸗ 
floſſen neunzehn, in den Afterfloſſen vier und zwan⸗ 
zig, und in den Schwanzfloſſen auch vier und 
zwanzig Finnen. Dann unter der Schnauze vier 
Bartfaſern, welche an der Spitze des Unterkiefers 
herabhangen, und eilf Ruͤckenſchuppen oder Schilde. 


Der Bauch iſt platt; die Haut etwas rauh; 
und die Augenringe glaͤnzen wie Silber. Der 
Ruͤcken hat fünf Reihen von unbeſtimmter Anzahl 
ſtachelichter Buckeln, als eine, die mitten uͤber den 
Ruͤcken gehet, und zu jeder Seite befinden ſich noch 
zwey Reihen. Mitten am Bauche unter dem Na⸗ 
bel find gleichfalls ſolche Hocker. Das Maul iſt 
lang, platt und gehet ſpitzig zu. Die Naſenloͤcher 
find zu beyden Seiten doppelt. Die Bruſtfloſſen 
ſind nach vorne zu mit einem ſcharfen Beine ge⸗ 
wafnet. Die Bauchfloſſen ſtehen kurz am Nabel. 
Die Schwanzfloſſe iſt geſpalten, und der obere Theil 
iſt laͤnger als der untere. 


Obgleich dieſer Fiſch ein Seefiſch, und in den 
Tiefen des Meeres zu Hauſe iſt, ſo wird er 15 
nicht 


288 Dritte Cl. UI. Ord. Schwimm. Amph. 


nicht ſehr häufig auf offenem Meere gefangen, fon 
dern in den Muͤndungen großer Fluͤße, denn er hat 
die Gewohnheit, ſich in die füffen Waſſer zu beger 
ben, und in große Fluͤße weit hinauf zu ſchwimmen, 
wo er ſich denn ſo zahlreich verſammlet, daß an 
manchen Oertern der Störfang ſehr betraͤchtlich iſt. 
Es iſt aber doch ein Unterſchied in der Groͤße. Man 
findet namlich ſogenannte Lachsſtöre, die nur ein 
bis ein und eine halbe Elle lang werden, dann aber 
auch ſolche, die zwanzig Schuh lang ſind und uͤber 
tauſend Pfund wiegen. Die erſte Art iſt ſchmack⸗ 
haft und fett, die andere aber zaͤhe, faſericht wie 
Kalbfleiſch und ſchwer zu verdauen. 


In Norwegen theilet man fie ſogar in vier 
Gattungen ein, als Lachsſtoͤre, Makreelſtoͤre, 
Heringſtoͤre und Schelfiſchſtöre, welche Be⸗ 
nennung fie von derjenigen Art Fiſche erhalten, die 
ſie am liebſten freſſen; denn ſie richten als Raub⸗ 
fiſche unter dieſen Arten große Verwuͤſtungen an, 
und daß ſie nicht etwa mit wenigen vorlieb neh⸗ 
men, laͤſſet ſich aus ihrer Groͤße ſchließen, die oft 
auf ſechs bis zehn Ellen anwaͤchſt. Sie ſind gefährlich zu 
fangen, weil fie durch ihre Zange und Staͤrke grau⸗ 
ſame Schlaͤge geben, die Stangen zerbrechen, und 
mit dem Schwanze Maulſchellen austheilen, daß die 
Fiſcher, welche ſie an der Harpune auf den Strand 
ziehen, rechts und links umtaumeln. Sobald man 
fie aber in der Gewalt hat, werden ihnen Kopf 
und Schwanz zuſammen gebunden, daß ſie in einen 
halben Mond gekruͤmmet find, wodurch ihre Wider⸗ 
ſpenſtigkeit bald vergehet, worauf ſie ſodann auf 
Karren zur Schlachtbank abgefuͤhret werden. 


Es iſt merkwuͤrdig, daß fie alle, wie die Gaͤnſe, 
hintereinander ſchwimmen, und ſich oft mit dem Maule 
an die Schwänze der andern anhalten, wodurch ſie oͤf⸗ 

ters 


134. Geſchlecht. Stoͤre. 289 


ters eine ſehr lange Kette ausmachen, und dann 
wohl von den Seefahrern leicht fuͤr die nordiſche 
Waſſerſchlange (ſiehe oben pag. 128. und 129.) 
koͤnnten angeſehen werden. 


In Fluͤßen faͤngt man ſie mit in die Quere 
geſpannten ſtarken Netzen, oder mit einem wider 
den Strom fortgeruderten Sacknetz. In der See 
aber mit Harpunen und Fiſchhacken, die an Schnuͤ⸗ 
ren befeſtiget ſind. 


Vor Zeiten machte man aus dem Stör ein 
großes Weſen, ja er wurde ſo gar zu Severi 
Zeit durch gekraͤnzte Diener, mit vorangehender 
Muſik, bey großen Gaſtmahlen zur Tafel getra⸗ 
gen; allein jetzt macht man ſich bey der großen 
Menge anderer niedlichen Fiſche nicht viel dar⸗ 
aus, ausgenommen, wenn ſie ſtuͤckweiſe in 
Salz gelegt, oder ſonſt marinirt ſind; die kleinen 
Lachsſtoͤre bleiben indeſſen mit einer Senftbruͤhe ein 
gutes Eſſen. 


Bey Gertrudenberg in Holland wurden in 
vormaligen Zeiten oft in einem Jahre an die neun⸗ 
tauſend Stoͤre gefangen, und es ernaͤhret ſich dieſer 

Ort noch mehrentheils davon. Bey Bergen in 
Norwegen iſt der Fang der Seeſtoͤre noch ſehr 
beträchtlich, wie auch an den preußiſchen Kür 
ſten, wo ſie eingeſalzen und von dem Landmanne 
verzehret, auch an entfernte Orte verſchickt wer⸗ 
den. In Frankreich und Italien ſind ſie zur 
Faſtenzeit eine beliebte Abwechslung. 


2. Der 
Linne III. Theil. 2 


290 Dritte Cl. III. Ord. Schwimm. Amph. 


2. Der Sterlet. Acipenſer Ru- 3 
thenus, N 


Es iſt dieſer Fiſch in der That wenig von dem 

2. vorigen unterſchieden, daher er auch von vielen 
Sterlet. Stoͤr genennet wird. Der Bitter giebt ihm den 
Ruthe- Namen Ruthenus, weil er eigentlich von Ruß⸗ 
nus. land herſtammt, und daſelbſt heißt er Sterlet. 
Es ſind an demſelben gleichfalls vier Bartfaſern, 
dahingegen wohl funfzehn Ruͤckenſchuppen vorhan⸗ 

den, welche laͤnglich eckig, und von beinigter Be⸗ 
ſchaffenheit find. Der Kopf ſiehet einem Hecht 
ziemlich aͤhnlich. Die Haut iſt gleichfalls mit fünf 

Reihen Buckeln beſetzt, worauf die Schuppen wie 

ein Sattel ſitzen. Ihre Größe iſt oft uͤber vier 

Ellen, und ſie werden im rußiſchen Reiche, im 
Wolgaͤſtrohm und am Caſpiſchen Meere haͤu⸗ 

fig gefangen. Wir ſahen ſelbſt einige, aus des 

ren Körper. man ſechzehn Hand hohe Scheiben 
hackte, deren jede eine der groͤßten Schuͤßeln be⸗ 

legte, und alleine hinlaͤnglich war, fuͤr vier und 
zwanzig Perſonen aufgeſetzt zu werden. Das 

Fleiſch iſt etwas hart und ſchwer, jedoch von el, 

nem guten Geſchmack. al 


Cavear. Die Rogen dieſes Fiſches geben den ba 
kannten Cavear oder das Garum der Römer 
ab. Sie ſind graßgruͤn und ſchleimig, wie eine 
koͤrnigte grüne Seife anzuſehen, daher für einen 
der fie zum erſtenmal eſſen fol, eckelhaft; geber 
jedoch hernach eine Delicateſſe ab, welche die Eß 
luſt vermehret, und ſtatt der Butter auf Brod 
zu einer Vorſpeiſe dienet. Dieſe Delicateffe aber 
kann man nur in Rußland, wo die Rogen friſch 
find, genießen, denn der eingeſalzene und gepreß 

te 


| 


134. Geſchlecht. Stoͤre. 291 


te Cavear hat bey weiten das angenehme und er⸗ 
friſchende nicht. 


Man hat in Itallen in dem Pofluß eine Moron⸗ 
Art, welche Attilus oder Adella genennet wird, na. 
deßgleſchen findet man in dem mittellaͤndiſchen 
und ſchwarzen Meere Stoͤre, die eine genaue 
Verwandſchaft mit dem Sterlet haben. Es wird 
das Ruͤckgrad ſolcher Fiſche eingelegt, und als 
eine Delikateſſe, unter dem Namen Moronua, 
verſchickt. Wenigſtens iſt bekannt, daß ſich die 
Sterlette auch auſſer dem Rußiſchen Reiche er— 
halten, indem der ſchwediſche Koͤnig Friedrich 
der Erſte den Maͤlerſee bey Stockholm das 
mit beſetzen laſſen, wo ſie geheget werden. 


3. Der Hauſen. Acipenſer 
Huſo. 


- Hufo iſt vielleicht erſt von Saufen gemacht, z. 
und die Benennung Sauſen mag wohl von der Hauſen. 
Groͤße dieſes Fiſches hergenommen ſeyn. Wie und klulo. 
warum aber? Damit laſſen wir uns fuͤr diesmal 
nicht ein, denn der Fiſch iſt ohnedem bekannt ge⸗ 
nug. Er hat gleichfalls vier Bartfaſern, aber 
der Ruͤcken iſt mit dreyzehn, und der Schwanz 
mit drey und vierzig Hoͤckern beſetzt, jedoch ver⸗ 
ſchwinden dieſe Hoͤcker bey den alten Fiſchen, und 
ſind nur bey den juͤngern ſichtbar. 


Die Donau und der Wolgaſtrom ſind 
der rechte Aufenthalt, ob er gleich auch in der Elbe 
und im Meere ſelbſt gefunden wird. Im Jahre 
1732, fieng man in der Donau einen Hauſenfiſch, 

T 2 welcher 


Haufen: 
blaſe. 


292 Dritte Cl. III. Ord. Schwimm. Amph. 


welcher fuͤnf und eine halbe Elle lang, und faſt 
drey Ellen dicke war, und im Wolgaſtrom 
ſind ſie noch groͤßer, und muͤſſen gleichſam fuͤr 
Flußwallfiſche gehalten werden. Man faͤngt ſie 
mit Harpunen, die an Ketten befeſtigt find, und 
hernach durch ein Paar Ochſen an das Land gezo, 
gen werden. Die italieniſchen Fiſcher locken ſie 
mit Schalmeyen oder andern muſikaliſchen Inſtru⸗ 
menten am Ufer des Pofluſſes. Unter allen den 
Gattungen, die hieher gehoͤren, iſt der rußiſche 
Melmo der ſchmackhafteſte. Man macht ſowohl 
daſelbſt, als auch anderwaͤrts, einen Cavear aus 
dem Rogen dieſes Fiſches, der aber nicht ſo gut 
als der Sterlet⸗Cavear iſt. 


Das vornehmſte Product dieſes Fiſches iſt die 
ſogenannte Hauſenblaſe, welche ſehr haͤufig aus 
Rußland in alle Welt verſchickt wird. Man 
ſchneidet naͤmlich die Haut, die Eingeweide, die 
Floſſen, den Schwanz, und vorzuͤglich die Luftblaſe, 
in kleine Stuͤcken, Taffer fie in warmem Waller ev 
weichen oder maceriren, kocht dieſe Maſſe uͤber 
einem gelinden Feuer, bis alles aufgeloͤſet und in 
einen Brey verwandelt iſt, ſodann ſtreicht man 
dieſen Brey auf Ramen ganz duͤnne aus, und 
laͤſſet ihn faſt trocken werden, daß er wie Per 
gament wird, rollet darauf die Blaͤtter zuſammen, 
und laͤſſet ſolche zum Verſchicken ganz trocken wer⸗ 


den. Da nun die Ruſſen ihn am duͤnnſten, weiß 


ſeſten, und faſt durchſichtig verfertigen, ſo iſt der⸗ 
ſelbe vor allen andern beruͤhmt. 


Der Gebrauch dieſer Hauſenblaſe als el 
nes Leims, iſt durch ganz Europa unbeſchreiblich 
groß. Ohne aber zu rechnen, wie viel damit uͤberall 
geleimt und gekittet wird; ſo werden auch u; 

chen 


134. Geſchlecht. Stoͤre. 293 


ſchen Perlen daraus gemacht, man giebt ſeidenen 
Zeugen einen Glanz damit; und die Weinhaͤndler 
nehmen ihre Zuflucht fleißig dazu, um unreine 
Weine klar zu machen, indem ſie etwas davon in 
Wein aufloͤſen, und ſolches in das Faß ſchuͤtten, 
da denn die Hauſenblaſe eine duͤnne Haut im Faße 
macht, endlich durch die getraͤnkte Schwere zu 
Boden ſinkt, und auf dieſe Art alles Unreine 
auf einmal niederdruckt. Ja es haben auch die 
Apothecker denſelben noͤthig, um ein Diachylon 
magnum oder andere Heftpflaſter, wie auch die 
Gelatinam Ichthyocollæ davon zubereiten zu 
koͤnnen, und zuweilen vertritt es ſogar die Stelle 
des arabiſchen Gummi, 


T 3 135. Ge ⸗ 


Geſchl. 
Benen⸗ 
nung. 


Geſchl. 
Kennzei⸗ 
chen. 


294 Dritte Cl. HI, Ord. Schwimm. Amph. 


an nenne r —. 


135. Geſchlecht. Hornfiſche. 


Nantes: Baliſtes. 


— — 


S 1 Griechiſche Benennung Baliſtes bedeu⸗ 


tet eigentlich ein Kriegswerkzeug der Alten, 
um die Mauern damit zu zerbrechen. Vielleicht ber 
kommen dieſe Fiſche wegen ihrer harten und ſchild⸗ 
artigen Haut dieſen Namen, noch wahrſcheinlicher 
aber daher, weil fie Hörner haben, denn die Mauer⸗ 
brecher der Alten waren Stangen mit Widderkoͤpfen, 
womit man in die dickſten Mauern Locher ſtieß; 
wenigſtens nennen wir dieſes Geſchlecht in Ruͤckſicht 
auf die Hörner Hornfiſche, und kehren uns nicht 
daran, daß ſie vom Aelian, Seemaͤuſe genennet 
werden. ö 


Dieſe Fiſche haben einen plattgedruckten Kopf. 
In jedem Kiefer acht Zähne, davon die zwey voͤrde⸗ 
ren laͤnger ſind, auf beyden Seiten aber drey innere 
an eben ſo viel aͤuſſere angedruckt liegen. Oberhalb 
den Bruſtfloßen befinden ſich die Luftloͤcher, ſo in ei⸗ 
ner unbedeckten Ritze beſtehen. Der Koͤrper iſt 
gleichfalls gedruckt, und die Schuppen find mit ei⸗ 
ner harten pergamentartigen Haut verbunden. Der 
Bauch geht die Laͤnge herab in der Mitte kielfoͤr⸗ 
mig herunter. 


. Man 


135. Geſchlecht. Hornfiſche. 295 
Man trift folgende acht Arten an. 


1, Das Einhorn. Baliſtes 
Monoceros. 


Dieſer bahamiſche Fiſch hat hinter den Au⸗ 
gen ein langes beinigtes Horn, welches er niederle⸗ 
gen und aufrichten, auch vor⸗ und hinterwaͤrts 
beugen kann, daher ihm obige Benennung gegeben 
worden. 


Der Ruͤcken hat, auffer den fo eben erwähnten 
im Nacken ſtehenden Beine, (oder einfachen Finne, ) 
eine Floße mit ſechs und vierzig oder ſieben und vier, 
zig Finnen. Die Bruſtfloße beſteht aus dreyzehn 
oder vierzehn Finnen. Am Bauche iſt eine kleine 
Floße vorhanden. Die Afterfloße hat funfzig, und 
die Schwanzfloße zwoͤlf Finnen, welche letztere gleich) 
ſam kielfoͤrmig find, 


Man findet dieſe Fiſche ſowohl in den aſiati⸗ 
ſchen als americaniſchen Meeren, wo ſie zuwei⸗ 
len an die vier Schuh lang werden, und einer Spin 
del ähnlich ſehen, denn fie haben einen langen runs 


den Koͤrper, der ſowohl am Kopfe als Schwanze 


zugeſpitzt iſt. Die Schwanzfloße iſt nicht geſpalten, 
aber am Ende gleichſam gezackt. 


Was das Bein im Nacken betrift, ſo erreicht 
es, wenn es ſich uͤber den Ruͤcken hin biegt, ohn⸗ 
gefähr die Ruͤckenfloße, es iſt aber ſehr muͤrbe und 
zerbrechlich, fo daß es nicht ſcheint, als ob der Fiſch 
ſolches gebrauchen koͤnne, um ſich damit gegen ſeine 
Feinde zu wehren. Die Haut iſt braͤunlich oliven⸗ 
färbig, mit blaͤulich wurmartigen Flecken gezeichnet, 
zwiſchen welchen ſchwarze W ſtehen, und ohne 
f 4 


1. 
Einhorn 

OnO- 
ceros. 


Schup⸗ 


2. 
Sau: 
bürfte, 
Hiſpi- 
dus. 


N 
296 Dritte Cl. III. Ord. Schwimm. Amph. 


Schuppen. Da man in den Daͤrmen dieſer Fiſche 
klein zermalmte Steincorallen gefunden, ſo ſcheint 
dieſes feine Nahrung zu ſeyn, jedoch halt man ihn 
fuͤr giftig, oder wenigſtens fuͤr ſchaͤdlich. 


2 Die Saubuͤrſte. Baliſtes 
Hiſpidus. 


Da der Koͤrper rauh, und nach dem Schwan⸗ 
ze zu gleichſam mit Borſten beſetzt iſt, ſo nennt der 
Bitter ihn des erſten Umſtands halben Hiſpidus, 
und wir des andern Umſtands wegen Saubürfte. 
Es hat dieſer Fiſch in den Ruͤckenfloßen dreyßig; 
in den Bruſtfloßen vierzehn; in den Bauchfloßen 
nur eine; in den Afterfloßen neun und zwanzig 
und in den Schwanzfloßen zwoͤlf Finnen; auſſer⸗ 
dem aber zwiſchen den Augen am Kopfe ein etwas 
niederhangendes Horn oder Finne. Merkwuͤrdig 
aber iſt es, daß die Floßen überall zwiſchen ihren 
Rippen oder Finnen an der Wurzel durchloͤchert 
ſind Die Schnautze geht ziemlich ſpitzig zu, und 
die einzige Finne, welche die Bauchfloße ausmacht, 
iſt ſehr ſpitzig, und dabey an einer Seite gezähnelt, 
Auf der Schwanzfloße befindet ſich ein runder ſchwar⸗ 
zer Flecken. Das Vaterland iſt Carolina. ö 


| 135. Geſchlecht. Hornfiſche. 297 
3. Der Zotenfiſch. Baliſtes 


Tomentoſus. 


Es iſt die Haut des gegenwaͤrtigen Fiſches ſtatt 
der Schuppen mit kleinen kurzen, nach dem Schwan: Zoten 
ze zu gekehrten Stacheln beſetzt, zwiſchen welchen fiſch. 
ſich kurze biegſame Hervorragungen befinden, die ihn Jo- 
gleichſam rauh und wolligt machen. Darum iſt er fuse. 
Tomentofus genennt, ſtatt deſſen wir Joten⸗ T. VIII. 
fiſch ſetzen. Bey den Braſtlianern heißt er Pi- fg. 1. 
Fa aca. 


Es ſchreibt ihm der Ritter zwey Hoͤrner zu, 
und da er das Horn allezeit für die erſte Ruͤcken⸗ 
floße halt, fo iſt zu merken, daß es eine ſchmale 
Floße auf dem Kopfe iſt, die nur eine lauge und 
harte Finne hat, woran bey dieſer Art noch eine 
zweyte ganz kurze Finne ſteht, die von andern 
Schriftſtellern uͤberſehen iſt, ſo daß ihn andere 
Naturforſcher dennoch auch Einhornfiſch nennen. 


Da wir aber hier Tab. VIII. fig. 1. die Ab⸗ 
bildung aus dem Seba nach einem drey Zoll lan— 
gen Exemplar beyfuͤgen, ſo wollen wir auch des 
naͤmlichen Verfaſſers Beſchreibung hinzuſetzen, um 
ſich von diefer Art Fiſche einen deſto deutlichern Ber 
grif zu machen. 


Der Koͤrper naͤmlich iſt an den Seiten ſehr 
platt, in der Gegend der Afterfloſſe am breiteſten, 
und nach dem Maule zu ſchmal. Das Maul ra⸗ 
get wie eine Schnautze hervor, und iſt mit ziemlich 
großen Zaͤhnen verſehen, die von den Lippen nicht 
bedeckt werden. Die Augenringe ſind goldfaͤrbig, 
der Augapfel aber ſchwarz. Der Rücken iſt ſcharf. 

| T 5 Ueber 


298 Dritte Cl. III. Ord. Schwimm. Amph. 


Ueber den Augen raget ein langer ſpitziger Stachel 
hervor, hinter welchem ſich eine Grube zeigt (vers 
muthlich zur Scheide, oder um dieſe Finne darinnen 
niederzulegen und zu verbergen.) Am Bauche be⸗ 
finden ſich kurze dicke Dornen. Zwiſchen den Au- 
gen und Bruſtfloßen ſind die Luftloͤcher wie offene 
ſchmale Ritzen anzuſehen. Beſagtes Horn oder Sta: 
chel iſt nach hinten zu gezaͤhnelt. Die zweyte, oder 
eigentliche Ruͤckenfloße hat neun und zwanzig; die 
Bruſtfloße zehn; die Afterfloße fieben und zwan⸗ 
zig Finnen, und der Schwanz iſt abgerundet. Das 
Vaterland iſt Americg. 


Wir beſitzen ein Exemplar, das vier Zoll lang 
und drey Zoll in der Seitenflaͤche breit iſt, von braͤun⸗ 
licher Farbe, welches uns unter dem Namen 
Schweinfiſch aus Curacao zugeſchickt wurde, wie 
ſie denn auch von den Portugieſen Peixe Perco 
genennet werden. ? 


4. Der Pockenruͤcken. Baliftes 
Papillofus. 


4. Auch an dieſem Fiſche iſt das bewuſte Horn, 

Pocken oder die ſogenannte erſte Ruͤckenfloße, zweyſtrahlig. 

575 5 Daß er aber obigen Namen fuͤhrt, iſt daher ge⸗ 

joſüs, nommen, weil der Ruͤcken gleichſam mit erhabenen 
Pocken oder Waͤrzgen beſetzt iſt; die rechte Ruͤ, 
ckenfloße hat neun und zwanzig. Die Bruſtfloße 
dreyzehn; die Afterfloße ein und zwanzig, und die 
Schwanzfloße zwölf Finnen. Es iſt folglich keine 
Bauchfloße vorhanden. Vermuthlich kommt dieſer 
Fiſch auch aus America. 


5 Der 


135. Geſchlecht. Hornfiſche. 299 


5. Der Warzenſchwanz. Baliſtes 
Verrucoſus. 


Die erſte Ruͤckenfloße, oder das ſogenannte 5, 
Horn hat an dieſer Art drey Finnen. Die zweyte, Warzens 
oder eigentliche Ruͤckenfloße beſteht aus vier und ſchwanz. 
zwanzig; die Bruſtfloße aus dreyhehn; die Af, teu 
terfloße aus ein und zwanzig, und die Schwanzflo⸗ 
ſe aus zwoͤlf Finnen; aber ſtatt der Bauchfloße iſt 
ein einziger, großer, dicker, warzigter Strahl vor⸗ 
handen; doch dieſes iſt die Urſache nicht, warum er 
Verrucoſus heißt, ſondern der Schwanz hat zur 
Seiten eine dreyfache Reihe Warzen, nebſt dem aber 
auch vier Reihen kurzer zuruͤckgebogener Stacheln, 
deren Anzahl ſich etwa auf fünf und zwanzig belau⸗ 
fen mag, und dieſer letztere Umſtand iſt Urſache, 
daß er von andern als eine Nebenart der folgenden 
Art gehalten wird. Uebrigens find die indiani⸗ 


ſchen Meere der Ort ſeines Aufenthalts. 


6. Der Stachelſchwanz. Balifes 


Aculeatus, 


Obgleich dieſe Art der vorigen vollkommen gleich 6. 
fieht , fo iſt fie doch wirklich von jener unterſchie⸗ Stachel; 
den, weil ſie zwar an den Seiten vier Reihen zu⸗ e 
ruͤckgebogener, jedoch größerer Stacheln führt, aber tus. 
keine Warzen hat. Die Anzahl der Finnen iſt in 
der erſten Ruͤckenfloße acht; in der zweyten vier 
und zwanzig; in der Bruſtfloße dreyzehn; in der 
Afterfloße ein und zwanzig; in der Schwanzfloße 
zwoͤlf, und was die Bauchfloße betrift, ſo iſt ſie 
wie an der vorigen Art beſchaffen, nur nicht ſo gi 

aber 


300 Dritte Cl. III. Ord. Schwimm. Amph. 


aber glatt, da hingegen das ſogenannte Horn vor⸗ 
waͤrts gezaͤhnelt iſt. Die Farbe betreffend, ſo ſind 
diefe Fiſche gelblich braun, und haben blaß⸗ ſchwar⸗ 
ze Baͤnder, welche uͤber die Seitenflaͤchen von dem 
Rücken nach dem Bauche zu herunter laufen. Sie 
kommen aus den indianiſchen Meeren, und haben 
große ſichtbare Zaͤhne, indem ſelbige nicht mit Lippen 
bedeckt ſind. 


7. Das alte Weib. Baliſtes 
Vetula. 


7. Die alten Weiber muͤſſen in der Naturgeſchich⸗ 
Das ab te ſehr recht oft herhalten, und allerhand Thiere 
en mit ſich vergleichen laſſen, obgleich immer noch ein 
J. VIII. großer Unterſchied uͤbrig bleibt. Die Vergleichung 
fig. 2. iſt inzwiſchen bey gegenwaͤrtiger Art von dem ein⸗ 

ſchlagenden untern Kiefer hergenommen, ſo daß das 
Maul gleichſam einen alten Weibermund vorſtellt, 
darum auch die Engellaͤnder dieſe Fiſche Old Wi- 
fe, und die Holländer Oud Wyf nennen, mel 
ches der Ritter mit der Benennung Vetula ge 
nehmigt hat, wiewohl ſie auch Papageyenſchnaͤ⸗ 
bel, oder auch Droſſel, Sollaͤndiſch Lyſter ges 
nennt werden. Bey den Braſilianern heiffen fie 
Guaperua. 


Das Horn oder die erſte Ruͤckenfloße hat 
gleichfalls drey Finnen, davon die erſte lang, die 
zwey andern jede wieder kleiner ſind. Die zweyte 
Ruͤckenfloße hat dreyßig; die Bruſtfloße vierzehn 
bis ſechzehn (denn es giebt Abweichungen) die 
Bauchfloße, welche in dieſer Art allezeit laͤnglich, und 
gleichſam kielfoͤrmig iſt, hat zwoͤlf bis fiebzehn un 

ie 


135. Geſchlecht. Hornfiſche. 301 


die Schwanzfloße zwoͤlf Finnen. Wobey noch zu 
merken, daß die mittlern Schwanzfinnen ſehr kurz, 
die aͤuſſern aber ſehr lang find, fo daß die ganze 
Schwanzfloße einen halben Mond vorſtellt. Die 
Augen ſind ſtrahlich mit einem großen Ringe. Ueber 
die Backen laufen roͤthliche oder blaue Baͤnder. Die 
Haut iſt grau mit ſchiefen Vierecken geſchuppt. Es 
giebt derſelben einige, die ein bis zwey Schuh groß 
ſind; und die Verſchiedenheiten, welche zu dieſer 
Art gehoͤren, werden bey der Inſel Aſcenſion; 
in Carolina; in Suͤdamerica; und ſonſt hin und 
wieder in dem großen Weltmeere gefunden. Siehe 
Tab. VIII. fig. 2. 


8. Der Naſenruͤmpfer. Baliſtes 
Ringens. 


Die Benennung iſt von dem Zuruͤckziehen der _ 8. 
obern Lefze und der Naſe hergenommen, wodurch die Naſen⸗ 
Zähne des obern Kiefers ſehr weit blos ſtehen, wel: Run 
ches an dieſem Fiſch mehr als an allen andern gens. 
ſtatt hat, daher er auch von den Sollaͤndern Tab IX 
Grynzert genennt wird In der erſten Ruͤcken⸗ fig. 1. 
floße, die das Horn vorſtellt, ſind drey Finnen; 
in der zweyten neun und zwanzig bis vier und dreyßig; 

In den Bruſtfloßen zehn bis ſechzehn; in der Af 
terfloße fuͤnf und zwanzig bis ein und dreyßig; in 
der Schwanzfloße zehn bis dreyzehn Finnen, nach 
Beſchaffenheit einer jeden Verſchiedenheit. Bauch 
floßen ſind nicht vorhanden, wiewohl Herr Gronov 


ein Exemplar mit einer einſtrahlichen Bauchfloße 
angiebt. 


Tab. IX. fig. 1. iſt ein hierzu gehöriger Fiſch 
zu fehen. Die Zähne ſtehen bloß, die Haut et 
En Sei⸗ 


302 Dritte Cl. III. Ord. Schwimm. Amph. 


Seiten des Kopfs iſt einigermaßen gefalten, und 
über dem Körper braͤunlich. Die Lange deſſelben if 
etwas uͤber ſechs Zoll. Die erſte Ruͤckenfloße iſt aber 
nur einſtrahlich, und dieſer Strahl iſt dicke, fuͤnfvier⸗ 
tel Zoll lang, hinter ſich gebogen, und ungezaͤhnelt. 
Die zweyte Ruͤckenfloße hat an dieſem Exemplar fuͤnf 
und dreyßig; die Bruſtfloßen jede vierzehn; die 
Afterfloße dreyßig, und die Schwanzfloße zwoͤlf Fin⸗ 
nen, wobey noch zu merken, daß die Finnen der 
Schwanzfloße breit und zackigt ſind, ſo daß der 
Schwanz einigermaffen wie ein ausgeſchlagener Faͤ⸗ 
cher ausſieht. Unten am Bauche befindet ſich unter 
der Haut ein dickes langes Bein, welches wohl drey 
Zoll lang iſt, und vom Maule bis nahe am Nabel 
auslaͤuft. Uebrigens iſt aus der Abbildung auch zu 
ſehen, wie platt der Koͤrper an den Seiten iſt, wel⸗ 
che Eigenſchaft alle Fiſche dieſes Geſchlechts ha⸗ 
ben. Das Vaterland iſt die Gegend um die Inſel 
Aſcenſion. 


N 


136. Ge⸗ 


1 | 303 
„ 2 —— (Ehe nn arm 


136. Geſchlecht. Beinfiſche. 


Nantes: Oſtracion. 


1 —̃ͤ — 
— — 


ſtracion iſt der Geſchlechtsname, welchen Geſchl. 
Artedi gewiſſen Fiſchen von ganz bes Benens 
ſonderer Bauart gab, die, ob fie gleich ſehr ver, nung. 
ſchieden, und bald glatt, bald ſtachelicht ſind, 
dennoch darinnen mit einander uͤberein kommen, 
daß ihre Haut ſehr hart, lederartig, und faſt bei⸗ 
nigt iſt, derowegen dieſer Geſchlechtsname ſo viel 
bedeuten ſoll, als Fiſche mit einer beinigten 
oder ſtachelichten Haut. Allein, da auf dieſe 
Weiſe verſchiedene Fiſche in eine Claſſe geworfen 
werden, welche doch gar ſehr von einander ab— 
weichen, fo hat der Ritter fie in drey Geſchlech— 
ter eingetheilet: naͤmlich erſtlich in ſolche, deren 
Haut hart und glatt iſt, denen er dieſen allgemei⸗ 
nen Namen Oftracion mittheilet; dann in ſol⸗ 
che, die nur von unten Stacheln haben, welche 
das folgende Geſchlecht ausmachen; und endlich 
in ſolche, die um den ganzen Koͤrper herum ſta⸗ 
chelicht ſind, welche wir auch gleich nach dem fol⸗ 
genden Geſchlechte zu betrachten finden werden. 
So viel iſt richtig, daß dieſe Fiſche eine leder⸗ 
artige Haut haben, die, wenn ſie getrocknet iſt, 
panzerartig, oder gleichſam beinhart wird, und 
darum nennen wir ſie Beinfiſche, wie ſie denn 
auch bey den Hollaͤndern Beenvisſchen heißen. 


Es 


304 Dritte Cl. II. Ord. Schwimm. Amph. 


Geſchl. Es find alſo die Kennzeichen dieſes Geſchkechts 

Kennzei⸗ folgende: der Körper iſt panzerartig, mit einer 

chen. gleihfam knochichten Haut bedeckt. Im Maule 
befinden ſich in jedem Kiefer zehn runde, etwas 
ſtumpfe hervorragende Zaͤhne. Die Luftlöcher bes 
ſtehen in einzelnen unbedeckten Ritzen, und am 
Bauche find keine Floſſen vorhanden. Nun zaͤh, 
let der Ritter zwar neun Arten ſolcher Fiſche, 
zweifelt aber, ob er nicht die Zahl der Arten ohne 
Noth vermehret habe, weil eben einige derſelben 
noch nicht hinlaͤnglich ſind unterſuchet worden. Wir 
wollen fie indeſſen alle beſchreiben. 


1. Das Biegeleiſen. Oſtracion 
Triqueter. 


1. Dieſer Fiſch iſt gaͤnzlich dreyeckigt, darum 

Biegel⸗ heißt er Triqueter. Nun giebt es aber in Zol⸗ 

eiſen. land gewiſſe Biegeleiſen, womit man die Waͤſche 

8 biegelt, welche innwendig hohl find, und mit Torf 

DIE kohlen angefuͤlet werden, und weil der Körper 

dieſes Fiſches, des platten Bauchs und des ſpitzi⸗ 

gen Mauls halben, das mit dem Bauche faſt in 

elner Flaͤche ſtehet, viele Aehnlichkeit mit ſolchem 

Biegeleiſen hat, ſo wird derſelbige, nebſt den 

zwey folgenden Arten, von den Zollaͤndern Stry- 

kyzer - Vifch, das iſt Biegeleiſen genennet. 

Wir geben aber der ietzigen Art dieſen Namen 

nur allein, weil ſie unten her am Rande des Bauchs 

keine Stacheln hat, denn ſelbige ſchicken ſich zum 
Begriff des Biegeleiſens nicht. ö 


Der Koͤrper dieſes Fiſches iſt dreyſeitig, 
naͤmlich der platte Bauch und die zwey See 
en, 


136. Geſchlecht. Beinſiſche. 305 
chen, welche oben in einen ſcharfen Winkel zuſam⸗ 
men ſtoßen, und den ſchneidenden Ruͤcken bilden, 
ſo wie auch der Bauch mit den Seitenflaͤchen zwey 
Scharfe Winkel macht, denn der in die Quere durch— 
geſchnittene Fiſch wuͤrde faſt ein vollkommenes Drey 
eck mit drey gleichen Seiten vorſtellen. Das Maul 
dieſes Fiſches ſtehet mit dem Bauche faſt in gerader 
Linie, denn der Ruͤcken ſenkt ſich mit dem Nacken 
herunter nach der Schnauze zu. Die Schnauze 
ſtehet ſpitzig voraus, und von ſelbiger erweitert ſich 
der Körper ſogleich, fe wie ein Biegeleiſen ſich 
gleich hinter der Spitze erweitert, verengert ſich 
aber wieder allmaͤhlig nach dem Schwanze zu, der 
ſich nur wenig uͤber der Grundlinie erhebt, in⸗ 
dem der Ruͤcken ſich hinten gleichfalls herunter 
ſenkt. Der Rand des Bauchs iſt ringsherum glatt, 
und hat keine Stacheln, wie die folgenden Arten. 
Die Haut iſt ſchwaͤrzlich blau mit unzaͤhligen Waͤrz⸗ 
chen, wie Chagrin, beſetzt, hart und gleichſam 
beinigt, jedoch ſiehet man Spuren von ſchiefen 
quer durchſchnittenen Vierecken, oder zuſammen 
geſtoſſenen ſchiefen Dreyecken, welche gleichſam 
die Schilde ſind, aus denen die Panzerhaut zuſam⸗ 
men geſetzt zu ſeyn ſcheint. Die Ruͤcken⸗Af⸗ 
ter ⸗ und Schwanzfloſſen haben jede zehn Fin 
nen, aber die Bruſtfloſſen beſtehen aus zwoͤlf 
Strahlen. 

Man bringt dieſe Fiſche aus den Indien, 
und man ſiehet in den Cabinetten ſolche, welche 
von vier Zoll bis ein und einen halben Schuh 
groß ſind; deßgleichen roͤthliche, deren Waͤrzchen 
weiß ſind, und die in dem Meere zwiſchen Afriea 
und America vorkommen. 


6 2. Der 
Linne III. Theil. u 


306 Dritte Cl. III. Ord. Schwimm. Amph. 


2. Das Dreyeck. Oſtracion 
Trigonus. i 


2. Obgleich die vorhergehende und folgende Art 
Drey⸗ eben ſowohl den Namen Trigon und Dreyeck 
eck. verdient, als die jetzige, ſo wollen wir doch dieſe 
Art allein ſo nennen, weil ſie nicht nur von den 
Engellaͤndern Triangular - Fish, ſondern auch 
von etlichen Schriftſtellern Piſcis Triangularis 
genennet wird. Sie unterſcheidet ſich aber von 
der vorigen Art darinnen, daß am Rande des 
Bauchs, wo der Schwanz angehet, zwey ſtarke 
Stacheln nach hinten zu hervorragen. Die Schilde 
der Haut ſind ſechseckigt, und nehmen ſich gut her⸗ 
aus, da der Rand derſelben über die innere Flaͤ— 
che etwas hervorragt. Die Ruͤckenfloſſe hat vier⸗ 
zehn, die Bruſtfloſſen zehn, die Afterfloſſe neun, 
und die Schwanzfloſſe ſieben Finnen. Die übrige 
Bauart ſtimmt mit den vorigen uͤberein, denn es 
ſind keine Bauchfloſſen vorhanden; weil aber die 
Schnauze etwas beſſer hervorſticht, ſo wird ſie von 
den Franzoſen Cochon de Mer, oder Sees 
ſchwein genennet. Artedi hat im untern Kie⸗ 
fer acht, und im obern zwölf Zaͤhne gezaͤhlet. 
Die indianiſchen Meere ſind der Ort ihres 
Aufenthalts. Sie leben von Corallen, wozu ſie 
ihre Zaͤhne brauchen koͤnnen, uͤbrigens aber iſt ihre 
Mundſpalte ſehr klein, und zum Verſchlucken an⸗ 
derer Fiſche untauglich. 


Trigo- 
nus. 


3. Der 


136. Geſchlecht. Beinfiſche. 307 
3. Der Pflockſchwanz. Oſtracion 


Bicaudalıs, 


Es wird dieſe Art zwar vom Herrn Gronon . 
für eine Verſchiedenheit der vorigen gehalten, je- „P  & 
doch findet der Kitter den Unterſcheid der Ruͤcken⸗ ier 
ſtrahlen zu groß, um ſie dahin zu rechnen, ande. ll 
rer Abweichungen jetzt nicht zu gedenken. Der Lab. 
Name Bicaudalis iſt von den zweyen, am Ende II. 
des Bauchs, unter dem Schwanze hervorſtechenden ls. 3. 
langen Stacheln hergenommen, und um deßwillen 
haben wir auch den Namen Pflock ſch vans ger 
waͤhlet, welcher mit der hollaͤndiſſven Benen⸗ 
nung Prikſtaart vollkommen uͤbereinkommt. 


Die Ruͤcke floſſe hat zehn, die Bruſtfloſſe 
zwoͤlf, die Afterfloſſe zehn, und die Schwanzfloſſe 
auch zehn Finnen, doch in dem Tab. VIII. fig. 3. 
abgebildeten Exemplar hat die Afterfloſſe nur acht 
Finnen. Der Ruͤcken iſt ſcharf und erhnben; die 
Augen ſtehen nicht ſo hoch, als in der vorigen 
Art, und obgleich die Schilde der Haut auch ſechs⸗ 
eckigt ſind, ſo haben doch die Felder eine Menge 
Heiner Erhöhungen; und der ganze Körper iſt nebſt 
dem Schwanze gefleckt, die Grundfarbe aber iſt 
gelblicht braun. Ein Exemplar des Artedi hat⸗ 
te nur eilf Finnen in den Bruſtfloſſen, woraus 
denn abermals erhellet, daß man hier auf eine 
Finne mehr oder weniger nicht zu ſehen habe. 
Die Laͤnge dieſer Fiſche laͤuft etwas uͤber einen Schuh 
hinaus, und ihr Aufenthalt iſt in den india⸗ 
niſchen Meeren. 


u 2 4. Das 


308 Dritte Cl. III. Ord. Schwimm Amph. 


4. Das Dreyhorn. Ottracion 
Tricornis. 


Drey⸗ Dieſer dreyeckigte Fiſch hat elne breite Stirn, 
horn. woran zwey Stacheln find, welche wie Hörner hervor ⸗ 
Tricor- ſtechen. Ein ähnlicher langer Stachel aber tritt 
nis. aus der Haut des Schwanzes gerade in die Höhe, 

und dieſes find denn gleichfam die drey Soͤrner, 
woher obige Namen entſtanden ſind. Die Anzahl 
der Finnen in den Floſſen wird nicht beſtimmt. 
Wollte man aber dieſe Art zu einer der vorigen 
ſchlagen, fo müßte fie unter die Biegeleiſen, Fi⸗ 
ſche kommen, obwohl die Sollaͤnder ſolche 
Koekkoekvifchen, das iſt Guckguckfiſche 
nennen. Die Art, welche der Ritter aus dem 
Seba hieher rechnet, ſcheinet mehr zur folgenden 
zu gehören. Die indianifchen Meere find der 
Ort des Aufenthalts. 


5. Der Seeguckguck. Oſtracion 
| Quadricornis. 


5. Die Holländer ſagen, daß fie dieſe Fiſche 
1 der Hörner wegen Kockock nennen, und bey 
akk“ dieſer Erklärung bleibt man eben fo klug, als man 
Qua- vorher war. Weil aber der Name allgemein iſt, 

dricor- fo wollen wir ihn doch behalten, und dieſen Fiſch 
de Seeguckguck heißen. 


VII. Die Stirn iſt vorne breit und mit zwey Sta⸗ 
fig. 4. cheln beſetzt, zwey aͤhnliche Stacheln aber ſitzen auch 
unten am Ende des Bauchs unter dem Schwanze, 

und dieſes giebt zur Linneiſchen Benennung An⸗ 

laß. Vorne her ſcheint der Fiſch Were zu 

eyn/ 


136. Geſchlecht. Beinfiſche. 309 


ſeyn, doch hinten iſt er dreyeckigt. Die Ruͤcken⸗ 
floſſe hat zehn, die Bruſtfloſſe eilf, die After, 
floſſe zehn, und die Schwanzfloſſe gleichfalls zehn 
Finnen. Das Exemplar aber, das hier Tab. 
VIII. fig. 4. abgebildet iſt, hat in der Ruͤcken⸗ 
floſſe eilf, und in der Schwanzfloſſe neun Finnen. 
Die Engellaͤnder nennen dieſen Fiſch ſogar Hor- 
ned Coney - Fish, oder das gehoͤrnte Caninn⸗ 
chen. Das Vaterland iſt Indien, und beſon⸗ 
ders die Kuͤſte von Guineg. 


6. Das Seekaͤtzchen. Oftracion 


Cornutus, 


Der Linneiſche Name ſcheint dem india⸗ 
niſchen Namen Ikang Setang, das iſt Horn⸗ 
ich, nachzuahmen, wiewohl er in Indien auch Ca- 
catocha Capitano genennet wird. Die Sol⸗ 
länder inzwiſchen haben ihn Zeekatje genennet, 
welches wir durch Seekaͤtzchen ausdruͤcken. 


Es hat dieſer Fiſch ebenfalls ſolche vier Hör; 
ner als der vorige; da aber jener einen hohen ſpi— 
tzigen Rücken hat, welcher ihn hinten dreyeckigt 
macht, ſo iſt dieſer vielmehr viereckigt, weil der 
Ruͤcken platt ift, und ſolche Fiſche wurden auch 
wohl Cofferfiſche genennet, weil die ausgetrock⸗ 
nete Haut ein viereckigtes Cofferchen vorſtellet. 
In Anſehung der Finnen zeigen ſich Verſchiedenhei⸗ 
ten. Es hat naͤmlich die Ruͤckenfloſſe neun bis 
eilf, die Bruſtfloſſe neun bis zehn, die Afterfloſſe 
neun, und die Schwanzfloſſe fünf bis zehn Finnen. 
Wie es aber mit der Zaͤhlung dieſer Finnen bey 
den verſchiedenen See ausſiehet, wiſſen 
67 u 3 wir 


6. 
See⸗ 
kaͤtzchen. 


ornu- 
tus. 


| 


| 


310 Dritte Cl. III. Ord. Schwimm Amph. 


wir nicht; denn es iſt uns bekannt, daß der fcharfe 
ſichtige Linneus auch die kleinſten Finnen zaͤhlet, 
die von andern wohl uͤberhuͤpft werden. Der 
Aufenthalt dieſer Fiſche iſt in den Tiefen des in⸗ 
diammſchen Meeres. Wozu fie aber ihre harte 
Haut und Hörner noͤthig haben, iſt noch nicht recht 
deutlich, eben ſo wenig, als warum andere keine 
Hoͤrner haben. | 


7- Der Cofferfiſch. Oſtracion 


Tuber culatus. 


1 


Coffer⸗ Da dieſer Fiſch gar keine Hörner hat, uͤbri⸗ 
ſſch gens aber viereckigt iſt, fo ſchickt ſich der Name 
Tuber- Cofferfiſch beſſer zur dieſer, als der vorigen Art. 
eulatus. Der Nicter aber nennet ihn Tuberculatus, weil 
der Ruͤcken vier große Höcker hat. Die Alten 
nannten ihn Holoſteon, welches ſo viel bedeuten 
ſollte, als ein Fiſch, der faſt ganz und gar beinicht 
iſt. Man haͤlt ihn zwar für. einen Indianiſchen, 
jedoch trift man ihn auch im mittelländiſchen 
Meere an, und er mag der Alten Oſtracion Ni- 
loticus ſeyn. | 


8. Der Schachtelſiſch. Oſtracion 
Gibbofus, 


8. Er ift gleichfalls viereckigt und ohne Stachel, 
IS hat aber einen Hoͤcker auf dem Rüden, welches 
Gibbo⸗ den Herrn Gronov bewog, ihn fir eine Verſchie— 
ſus. denheit des Biegeleiſen⸗Fiſches No. 1. zu halten; 

weil aber die Sollaͤnder ihn Doosvifch nennen, 
ſo haben wir Schachtelfiſch daraus gemacht. 


Das Vaterland iſt Indien. 4 


139. Geſchlecht. Beinfiſche. 311 


9. Die Todtentruhe. Oſtracion 
Cubitus. 


Cubitus fol hier vermuthlich Cubicus ſeyn, „ 9% 
well dieſer Fiſch unter allen am beſten viereckigt 111 15 
iſt. In WWeſtindien werden fie von den Hol- Cub. 
laͤndern Doodkift, das iſt Todtenſarg genen-⸗ tus, 
net, wofür wir den Provinclalnamen Todten⸗ 

truhe gebrauchen, well wir ihn in unſern Gegen⸗ 

den von den Liebhabern alſo haben nennen hoͤren. 


Er hat keine Stacheln oder Hoͤrner. Die 
Schilde find gleichſam geſtirnt und ſechsecklgt, fals 
len auf einem erdfaͤrbigen Grunde ins weißlichte, und 
ſind zuweilen mit hirſenartigen Koͤrnern gleichſam 
beſprengt; auch iſt der Schwanz etwas gefleckt. 
Nach Beſchaffenheit der Verſchiedenheiten haben 
die Ruͤckenfloſſen neun bis zehn, die Bruſtfloſſe acht 
bis zehn, die Afterfloſſen auch acht bis zehn, und 
die Schwanzfloſſen zehn Strahlen oder Finnen. 
Sie ſind gleichfalls in den indianiſchen Meeren 
zu Haufe, 


1 4 137. Ge⸗ 


312 Dritte Cl 111, Ord. Schwimm. Amph. 


S8ü8 A 55 MM 


Nantes; Tetrodon. 


u 


Geſchl. er Name Tetrodon oder Tetraodon heißt 

Denen: ſeo viel als vierzaͤhnig, und iſt dieſem Ge 

nung. ſchlechte gegeben, weil die meiſten Fiſche in ſelbi⸗ 
gem vier Zaͤhne haben; doch die Holländer nen⸗ 
nen ſolche Stekelbuiken, da die meiſten am 
Bauche Stacheln haben, welcher Umſtand denn auch 
unſere Benennung rechtfertigen mag. Weil ſie 
ſich aber ſehr ſtark aufblaſen und faft rund machen 
koͤnnen, fo haͤben fie auch von den belländiz 
ſchen Liebhabern den Namen Opblaazer, oder 
Blaſer, bekommen, welches franzöſtſch Bour- 
ſouflü gegeben wird. 


Geſchl. Die Kiefer ſind in dieſem Geſchlechte knochicht, 
Kennzeis hervorragend, und an der Spitze getheilt. Das 
chen. Luftloch beſtehet in einer einfachen Ritze an den 

Seiten. Der Bauch iſt nur allein ſtachelicht, da 
das vorige Geſchlecht an der ganzen Haut glatt, 
und das folgende ringsherum ſtachelicht iſt, wel⸗ 
ches denn dieſes Geſchlecht am beſten von dem vo— 
rigen und folgenden unterſcheidet. Es ſind aber 
bey dem jctzigen Geſchlechte ſo wenig als bey dem 
vorigen einige Bauchfloſſen vorhanden. Wir finden 
davon fol: gende fieben Arten zu beſchreiben. 


1. Der 


137. Geſchlecht. Stachelbaͤuche. 313 
1. Der Schildkroͤtenfiſch. errodon 


Teitudineus, 


Die Geſtalt dieſes Fiſches, fo der Geſtalt der 1. 
Schildkroͤten einigermaſſen gleicht, iſt an der obi⸗ Schild: 
gen Benennung Urſache. Es laͤuft naͤmlich der ch 
Kopf jähe herunter, und recket ſich laͤnglich aus; er. 
der Ruͤcken iſt mit krummen weiſſen Naͤthen bezeich⸗dimeus. 
net; und der Bauch iſt platt. In jedem Kiefer 
ſind zwey breite Zaͤhne, die aufeinander ſchlagen, wie 
etwa das ratzenartige Gebiß. Nun ſollte es zwar 
ſcheinen, als ob dieſer Fiſch am Bauche keine Sta⸗ 
cheln haͤtte, weil man aͤuſſerlich keine wahrnimmt; 
allein die Haut iſt an ſelbigem fein durchloͤchert, und 
in dieſen Loͤchern verbergen ſich die Stacheln. Die 
Naſenloͤcher ragen hervor, der Hals iſt dick, die Luft- 
ritzen ſtehen vor den Bruſtfloßen. Der Ruͤcken iſt 
erhaben rund, und nach hinten zu etwas rauh, ſonſt 
aber mit einigen Strichen, gleichſam wie ein Netz 
uͤberwebt. An den Seiten iſt der Koͤrper braun ge⸗ 
ſprenkelt. Der Nabel befindet fi) nach dem 
Schwanze zu vor der Afterfloße. Die Ruͤckenfloſ⸗ 
ſe hat ſechs, die Bruſtfloße vierzehn, die Afterfloße 
ſechs, und die Schwanzfloße neun Finnen. Der 
Schwanz iſt nicht getheilt. Das Vaterland iſt 
Indien. | 


2. Der Haſenkopf. Tetrodon 


Lagoccphalus. 2 

Haſen⸗ 
Es wurde dieſer Fiſch ſonſt Orbis oder Ku⸗ kopf. 
gelfiſch genennt, welcher Name aber fiir andere er 
Arten beſtimmt ift: ſonſt heiſſen fie auch Blaſer; 155 a- 

allein der Ritter vergleicht izre Schnautze mit einem T. VIII. 
Us Ha fig. Se 


| 


314 Dritte Cl. 111. Ord. Schwimm. Amyh. 


Haſenkopfe, und nennet darum dieſe Art Lagoce- 
phalus; Indianiſch, Ikan kaskaſſe; Hollaͤn⸗ 
diſch, Opblaazer. Der Bauch iſt mit Stacheln 
beſetzt, der Ruͤcken aber glatt, und die Schultern 
ſtechen hervor. Siehe Tab. VIII. fig. 5. Man 
zähle in den Ruͤckenfloßen neun bis zehn, in den 
Bruſtfloßen funfzehn bis achtzehn, in den Afterfloß 
fen acht bis dreyjehn, und in den Schwanzfloßen 
ſieben bis zwoͤlf Finnen. Das Vaterland iſt ns 


Cap⸗ Tab. IX. fig. 2. wird ein capſcher Blaſer 
Din vorgeſtellt, deffen Original fieben Zoll lang, und in 
A der Mitte zwey Zoll breit iſt, derſelbe hatte nur 
fig. 2. vierzehn Bruſtfinnen, und ſechs Schwanzfinnen, die 

Farbe iſt ſchwaͤrzlich mit weiſſen Flecken, am Bau⸗ 
che ſchmutzig weiß, mit kleinen Stacheln beſetzt, dle 
man erſt gewahr wird, wenn man mit dem Finger 
vom Schwanze nach dem Kopfe zu ſtreicht. Achne 
liche Blaſerfiſche kommen auch aus Weſtindien, 
doch wir fanden eine groſſe Verſchiedenheit in der 
verhaͤltnißmaͤſigen Größe der Blaſe gegen den Köbs 
per. Wir bekamen naͤmlich aus Curacao lange 
Fiſche, mit einer kurzen runden Blaſe, und auch 
kurze, deren Blaſe faſt den ganzen Körper ausmach⸗ 
te. Es iſt aber dieſe Blaſe nichts anders, als die 
abgeſonderte und erweiterte Haut des Bauchs, wel⸗ 
che vom Kiefer an bis zum After, ſo dann auch in 
den Seiten, bis faſt oben an den Ruͤcken von dem 
innern Körper abgeſondert iſt, und viele Luft in bie 
ſen Zwiſchenraum faſſen kann, da ſich denn dieſer 
- Sad wie eine runde Kugel, die von innen ſtachlich 
iſt, auftreiben, und in plattgedruckten Exemplg⸗ 
rien mit leichter Muͤhe in ſeiner natuͤrlichen Geſtalt 
herſtellen laͤßt, vorzuͤglich wenn man die Haut vor⸗ 

her ein wenig naß macht, 
3. Der 


137. Geſchlecht. Stachelbaͤuche. 315 
3. Der geftreifte Stachelbauch. Tetrodon 


Lineatus. 


Dieſer Fiſch wurde vom Herrn Haſſelquiſt im 3. 
Nilſtrome gefunden, und fein Exemplar war eine „ Ge 
Spanne lang, jedoch ſoll dieſe Art, wie ihm die Ga 
Einwohner verſicherten, zu einer beträchtlichen Groͤſ⸗ bau 
fe anwachſen. Die Araber nennen denfelben Jaha- Linea- 
ka, und die Geſtalt iſt folgende: a tus. 


Der Kopf iſt groß, etwas platt, und ſowohl 
wie der Koͤrper mit Dornen beſetzt; die Schnautze 
kurz, dick, ſtumpf und glatt, das Maul aber klein, 
mit dicken Lippen und vier ſtarken Zaͤhnen verſehen. 
Die Luftlöcher find weit, daß man mit einem Finger 
hinein kann; der Körper rund mit den Seiten aue⸗ 
gedehnt und fleiſchich; der Bauch beſteht in einem 
großen weiten Sack von haͤutiger Beſchaffenheit; die 
Ruͤckenfloße hat zwoͤlf, in einer andern Art aber eilf, 
die Bruſtfloße ein und zwanzig, in einer andern Art 
nur achtzehn, die Afterfloße neun, und die Schwanz 
floße eilf Finnen. Die Farbe iſt ſchwaͤrzlich braun, 
und an den Seiten mit weißlichen Strichen, wel— 
che die Laͤnge hinunter laufen, geziert. Alle Floſ⸗ 
ſen ſind weißlich, den Schwanz ausgenommen. 
Die Egyptier halten ihn vor giftig, wenigſtens 
erregen die Stacheln eine Entzündung, wenn man dies 
fen Fiſch in die Hand nimmt, als ob man Bren⸗ 
neſſeln angefaßt hätte, 


Den Wahrnehmungen des Herrn Haſſelquiſt zu» Anato⸗ 
folge ſitzt die Zunge mit erhabenen Ecken an der Wurzel, miſche 
wo ſie, wie bey den Voͤgeln, gleichſam ausge⸗ Anmer⸗ 
ſchweift iſt. Der Gaumen iſt glatt, die Leber ſehr M 
groß, von unförmlicher Geſtalt, und mit zwey klei⸗ 
nen 


| 
j 


316 Dritte Cl. III. Ord. Schwimm. Amph. 


nen Lappen, die unter einem groͤßern hangen, ver! 
ſehen, und gefaͤrbt wie irdenes Geſchirr. Die Gal⸗ 
lenblaſe iſt enerförmig, und fo groß, wie eine klei 
ne Olive. Das Vauchfell iſt haͤutig und ſtark; das 
Herz klein, beinfoͤrmig, und mit einem einzigen 
Ohr, das größer iſt, als das Herz ſelber, verſe, 
hen. Bey dem Nabel befinden ſich zu beyden Sei 
ten die Nieren, und haben eine laͤnglich eyrunde 
Geſtalt. Die Harnblafe liegt zur Seiten der lin 
ken Niere, iſt eyrund und ziemlich groß. Der 
aufgeblaſene Magen iſt haͤutig, nach einer Seite 
hingebogen und groß Die Milz iſt klein, eyerför. 
mig, zuſammengedruckt, und etwas platt; der 
Darm mittelmaͤßig lang, uͤberall faſt gleich weit, 
und dreymal gewunden. Was aber den Eyerſtock, 
oder auch die Luftblaſe betrift, fo wurden ſelbige nicht 
gefunden. | 


| 
) 

4. Der gefleckte Stachelbauch. Tetrodon 
| 


Ocellatus, 


4 Dieſer Fiſch iſt ein eigentlicher Blaſer, das 
Gefteck rinn aber von andern unterſchieden, daß er an 
9 den Schultern oder Seiten runde Flecken, wie 
bauch. Augen hat. Nach dem Linne ſoll ſich derſelbe 
Ocella- in den ſuͤſſen Waſſern Afiens und Egyptens 
tus. aufhalten und giftig ſeyn; doch wir haben die 
naͤmliche Art, deßgleichen auch eine andere, die 
über und uͤt er gefleckt iſt, aus Curacao erhal⸗ 
ten. Sie ſind, wenn ſie aufgeblaſen ſind, faſt 
kugelrund, und haben in den Ruͤckenfloßen zwölf 
bis funfzehn, in den Bruſtfloßen achtzehn bis zwan⸗ 
zig, in den Afterfloßen eilf bis zwölf, und in den 
Schwanzfloßen ſieben bis acht Finnen. Die Si 
ein 


| 137. Geſchlecht. Stachelbaͤuche. 317 
cheln find klein und kurz, aber am Boden breit. 
Wir haben zwar niemal größere, als von vier bis 
‚fünf Zoll bekommen, doch ſollen fie über einen Schuh 
groß wachſen. 


1 


5. Der Windbeutel. Tetrodon 

Laevigatus, 
| 
j 
| Diefer iſt nur von vorneher am Bauche flad); 9 
lich, und wird darum Laevigatus genennt. ene 
hat in der Ruͤckenfloße dreyzehn, in der Bruſtfloſ⸗ en 
fe achtzehn, in der Afterfloße zwoͤlf, und in der gatus. 
Schwanzfloße eilf Finnen. Der Koͤrper iſt groß 
und ſtark aufgetrieben, daher wir ihm den Namen 
Windbeutel geben, ohnerachtet es in der Natur: 
ie daran nicht mangelt. Der Ruͤcken iſt 

laͤulich, an jeder Seite befinden ſich zwey Linien. 
Der Bauch iſt weiß, aber nur bis zu Ende der 
Bruſtfloßen ſtachlich. Das Vaterland iſt Ca⸗ 
rolina. 


6. Die 


318 DritteCl. III. Ord, Schwimm. Amph. 


6. Die Seeflaſche. Tetrodon 
Hifpidus, 


Dieſer Fiſch iſt ganz rauh, und allenthalben 


1 mit borſtenartigen Waͤrzgen beſetzt, daher ihn der 


Ritter Hifpidus nennt. Bey uns fuͤhrt er ge 


woͤhnlich den Namen Seeflaſche, wegen feiner 


laͤnglich aufgetriebenen Geſtalt. In der Ruͤcken⸗ 
floße find neun, in der Bruſtfloße ſiebenzehn, in 
der Afterfloße zehn, und in der Schwanzfloße 
gleichfalls zehn Finnen vorhanden. Die Zaͤhne ſind 
mit dicken Lippen bedeckt. Der Aufenthalt iſt in den 
indianiſchen Meeren. 


. Der Muͤhlenſteinfiſch. Tetrodon 
Mola. 


Wir kommen endlich an eine Art, die we— 


gen ihrer ſehr großen Abweichung wohl verdient 


hätte, ein beſonderes Geſchlecht auszumachen, zu 
mal man Verſchiedenheiten bemerkt, die als Arten 


J. eines ſolchen neuen Geſchlechts hätten koͤnnen ange 
7. ſehen werden: Es iſt nämlich der wegen ſeiner 


runden und zugleich platten Geſtalt ſogenannte 
Muͤblenſteinfiſch. Der lateiniſche Name fol 
zwar hier auf die Unfoͤrmlichkeit dieſes Fiſches zie 
len, doch wird er bey den Sollaͤndern auch Mo⸗ 
lenſteenviſch genannt, und eben dieſe platte 
ſcheibenfoͤrmige Geſtalt hat noch zu mehrern Be 
nennungen Anlaß gegeben; denn er heißt bey den 
Italiaͤnern, Peſce Tamburo, das ift, Troms 
melfiſch; bey den Engellaͤndern, Sunil 

das 


137. Geſchlecht. Stachelbaͤuche. 319 


das ft, Sonnenfiſch, oder auch Vlolebute; bey 
den Franzoſen, Lune, das iſt, Wonofiſch; 
und bey einigen andern auch Spiegelfiſch. 


Es iſt ein platt gedruckter, faſt runder und 
ſcheibenfoͤrmiger Korper, an dem der Schwanz abges 
ſtutzt zu ſeyn ſcheint, oder der vielmehr das Anſehen 
hat, als ob es nur ein abgehauener Kopf eines grofs 
ſen Fiſches waͤre, deſſen kurze Ruͤcken⸗ und After⸗ 
floßen zugleich mit der Schwanzfloße in eins verbun⸗ 
den ſind. 


Diäer Ritter giebt zwar nur das mittellaͤndi⸗ 
ſche Meer als den Ort des Aufenthalts an, jedoch 
findet man fie auch in der Krordſee an der englis 
ſchen und franzoͤſiſchen Kuͤſte, desgleichen am 
Vorgebuͤrge der guten Hofnung, und an der 
africaniſchen Kuͤſte, und dann endlich auch im 
caſpiſchen Meere. Die Größe iſt verſchieden. Im 
Londner Cabinette befindet ſich einer, der zwey 
Schuh lang iſt, und im Jahr 1674. ſchenkte der 
Großberzog von Toſcana einen an Redi, wel⸗ 
cher über einen Centner wog, und von dieſem Na 
turforſcher alfo beſchrieben wird: 


Die Haut war ungleich und rauh, wie Cha⸗ 
in. Es waren nur vier Floßen mit ähnlicher Haut 
berzogen vorhanden. Die zwey kleinſten derſelben 
ſaſſen an den Luftloͤchern, eine von den großen bes 
fande ſich mitten auf dem Rücken, und die andere ſaß 
unten am Bauche bey dem Nabel; an dem hintern abge⸗ 
ſtutzten Theile des Körpers, der die ganze Breite des 
| Bauchs hatte, war weder Schwanz noch Floße vor, 
handen. Unter den Luftloͤchern beyderſeits waren vier 
große Oefnungen, und eine kleinere, die aber ver⸗ 
borgen ſaß. Das Maul war ungemein klein. Im 
| obern Kiefer fand man ein krummes ſchneidendes c 
ni 


T. VIII. 
fig. 6. 


7 


320 Dritte El. II. Ord. Schwimm. Amph⸗ 


nichtes Stuͤck, deßgleichen auch im untern Kiefer, 
welches ſtatt der Zaͤhne diene. Der Eingang der 
Kehle war mit langen krummen und ſcharfen Stas 
chein oder Borſten beſetzt. Der Magen war nicht 
großer als die Daͤrmer, und letztere hatten dicke Waͤn⸗ 
de, liefen in verſchiedenen Windungen um, hatten die 
Laͤnge von acht Faden, und ſaſſen gleichſam i in einem 
Sack oder einer Scheide. | 


Man ſieht hieraus leicht, wie verſchieden der 
Baur vieles Fiſches mit der vom Nitter angefuͤhrten 
Art ſey, und um die Verſchiedenheit dieſer wunder⸗ 
baren Creaturen noch mehr zu beftättigen ‚ fo wen 
den hier ein paar Abbildungen mitgetheilt, welche der 
Herr Profeſſor Buͤrmann in Amſterdam nach 
ein Paar vom Cap erhaltenen Originalen verferti 
gen laſſen, und die hier Tab. VIII. fig. 6. und 7. 
vorkommen. | 

Fig. 6. nämlich iſt auf dem Ruͤcken und an den 
großen Floßen rußfaͤrbig ſchwarz, dahingegen iſt 
der Bauch ſchmutzig blau, und ein aͤhnlich gefaͤrbter 
Ring zieht ſich um die Augen herum, da das uͤbrige 
weiß iſt. Die beſagten Floſſen ſind gleichſam mit der 
Schwanzfloße verbunden, aber die vier Loͤcher im 
Kopfe, welche Artedi entdeckt hatte, wurden 
hier nicht gefunden, ſo wie auch der Herr Gronov 
ſolche in ſeinem drey Zoll langen Exemplar nicht an | 
getroffen hat. Am Körper kommen aus der Haut 
hin und wieder einige gelbliche Faſern hervor. Dle 
Spitzen der Ruͤcken und Afterfloßen fi u nd einen Schuß | 
weit voneinander entfernt, 


Ein ähnliches Exemplar des mittellandiſchen | 


Meers wird von der bononiſchen Geſellſchaft be⸗ 


ſchrleben, und der Herr Plancus von Rimini 4 


137. Geſchlecht. Stadyelbäude, 321 


ke im Jahre 1731, eine ſolche Mola; die vierzehn 
Pfund ſchwer war, kaͤuflich an ſich; dieſelbe aber war 
noch einmal ſo lang als breit, und hatte eine ſanfte ſilber⸗ 
faͤrbige Haut. Im Maule waren keine Zaͤhne, ſon⸗ 
dern nur beinichte Kiefer, man fand keine Ohren 
noch Naſenloͤcher, die Augen waren groß und das 
Gehirn klein, in dem letzteres kaum ein viertel Loth 
wog. Das Fleiſch war weiß und muskulös, die 
Muskeln lagen vom Kopfe bis nach hinten zu in 
der Lange, tiber faͤcherfoͤrmigen Graͤten, das Fleiſch 
war ſchmackhaft und nicht giftig, hatte aber ſehr 
wenig Fett, daher es im Kochen ſehr wenig 
Thran gab; ö | 


Das andere Buͤrmanniſche Exemplar, welches T. VIII, 
in der Fig. 7. vorgeſtellt wird, hat lanzettenfoͤrmige fig: 7. 
Ruͤcken⸗ und Afterfloſſen, die aber nicht mit dem 
Schwanze vereinigt find, Es mangeln auch die Fa⸗ 
ſern der obigen Art, iſt auch etwas mehr laͤnglich, 
und von Farbe ſchwaͤrzlich violet gewoͤlkt, im Maule 
aber gelblich. b 


Vorbemeldter Italiaͤner, Plancus, beſchrelbt 
eine ähnliche Ereatur, welche im Jahre 1753. ge⸗ 
fangen und als ein Monſtrum auf dem Fiſchmarkte 
vorgezeiget wurde, indem felbiges über vierhundert 
Pfund wog. Nachdem er nun dieſes Exemplar 
kaͤuflich an ſich gebracht hatte, fand er folgende Um⸗ 
fände: die groſſen Floſſen waren vom Schwanze ab⸗ 
geſondert, es waren keine Faſern vorhanden, und 
5 derſelben ſchien der Umfang des Fiſches am 

ande Falten zu haben. Die Floſſen aber wa⸗ 
ren nicht lanzettenfoͤrmig, ſondern rund und mit einer 
harten Haut uͤberkleidet. Die Kiefer hatten ſtatt 
der Zähne ein beiniches Weſen, welches in zweyen 
getheilet war, und ſcharfe Beinchen beſetzten auch 
Linne III. Theil, € inn⸗ 


322 Dritte Cl. III. Ord. Schwimm. Ampp, 


innwendig die Kehle. Die Augen waren ſehr groß, 
und hinter denſelben befand ſich bey der Floſſe ein 
rundes Luftloch. Die Haut war ſilberfaͤrbig; 
Der Magen laͤnglich, in der Mitte deſſelben trat 
die Galle durch einen Canal aus der Gallenblaſe herein, 
welcher innwendig ſieben wie Wendeltreppen gebildete 
Klappen hatte. Die Leber wog uͤber zehen Pfund. 
Die Graͤten waren knoͤrpelich, und mit duͤnnem Fleiſch 
bedeckt, welches, da es gekocht war, nicht unan⸗ 
genehm ſchmeckte. | 

Aus allen dieſen Umſtaͤnden erhellet dann, daß 
dieſe Fiſche wohl ein beſonderes Geſchlecht ausma⸗ 
en „und ſich nicht wohl zu dem jetzigen ſchicken 
wollen. f 


1 
f 
| 
\ 
| 
| 
| 
| 
| 
| 


e , 323 


138. Geſchlecht. Igelfiſche. 


Nantes: Diodon. 


) 

| $ pP griechiſche Wort Diodon, welches ein Geſchl. 
en Thier mit zwey Zähnen bedeutet, iſt dieſem Benen⸗ 
Geſchlecht deswegen zur Benennung gegeben wor- nung. 
den, weil dieſe Geſchoͤpfe zwey unzertheilte beinichte 
Kiefer ſtatt der Zaͤhne haben. Nun findet man 

zwar bey andern Schriftſtellern auch einige Fiſche 

aus dem vorigen Geſchlechte, die doch vier Zähne ha 

ben, Diodon genennt; allein dieſes kommt daher, 

weil ſelbige nur die zwey Zaͤhne des einen Kiefers 
rechnen, da hingegen der Ritter alle Zähne zuſam, 

men zaͤhlte. Inzwiſchen haben wir den Namen 
Igelfiſch gewaͤhlt, weil dieſe Fiſche ringsherum 

mit langen Stacheln beſetzt ſind: denn ſie werden 

auch aus der naͤmlichen Urſache von etlichen Natur⸗ 
forſchern Hyftrix ; Solländiſch Egelviſch ge 
nannt, und da dieſe Stacheln wie Federkiele ausſehen, 

wie am Stachelſchweine, fo heiſſen fie auch Feder⸗ 
kielfiſche; Hollaͤndiſch, Penne viſchen. | 


Um alfo dieſes Geſchlecht von den zwey vorigen Geſchl. 
zu unterſcheiden, fo hat man auf folgende Merk⸗ Kennzei⸗ 
male acht zu geben: Die Kiefer find knochich, her- chen. 
vorragend, und unzertheilt, die Luftloͤcher wie bey 
den vorigen Geſchlechtern laͤnglich, der Koͤrper iſt 
von allen Seiten mit ſcharfen beweglichen Stacheln 
| € 2 beſetzt, 


324 DritteCl. II Ord. Schwimmende Amp. 
beſetzt, am Bauche aber befinden ſich keine Floſſen. 


Wir finden nur die zwey folgenden Arten nebſt ihren 
Unterarten zu betrachten. 
15 


1. Der Kugelfiſch. Diodon 
| Atringa. 


Atringa oder vielmehr Atinga, iſt der india⸗ 


1. 
Kugel⸗niſche Name, den die Braſilianer dieſen Fiſchen 


Atringa 
a 


fig. 1. 


. 


A. 


geben. Wir nennen fie aber Rugelfifche wegen 
ihrer runden kugelfoͤrmigen Geſtalt. Sie kommen 


alle miteinander, darinn überein, daß fie dreyeckigte 


Stacheln haben, doch nimmt man drey Verſchieden⸗ 
heiten wahr, davon wir die erſte Kugelfiſch; die 
andere Seetaube; und die dritte Stacheltaube 
nennen, welche wir nun alle genauer beſchreiben 
wollen. f 


A. Der Kugelſiſch. Atinga. 


Es iſt diefer unter allen am meiſten kugelrund, 


Kugel: und nach der Abbildung, welche hier Tab. X. fig. 1. 


fg 


aus dem Seba gegeben wird, erhellet, daß die Sta 


cqeln aus einem dreyeckigten Fuß oder Boden, jedes⸗ 


mal in drey Spitzen aufſteigen. Der Schwanz, 
wie auch der Kopf und das Maul ſind klein und kurz, 
und der ganze Fiſch etwa ſo groß, wie ein großer le⸗ 
derner Spielball. Die indianiſchen Meere, bes 
ſonders aber die Gegend, welche das Vorgebuͤrge 
der guten Hofnung umgeben, ſind der Ort ihres 
Aufenthalts. . „ e e 


B. Die 


138. Geſchlecht. Igelfiſche. 325 
B. Die Seetaube. Reticulatus, 


| Die andere Verſchiedenheit wird Reticulatus B. 
genennt, weil die dreyeckigten Wurzeln der Stacheln Seetau⸗ 
ineinander laufen, und alſo eine Art eines netzfoͤrml⸗ be. fg. 2. 
gen Gewebes über die Haut machen. Der Name 
Seetaube aber iſt von dem taubenartigen Schna⸗ 

bel oder Maul hergenommen. Auſſer der Groͤße, 

welche ſich an dieſer Art uͤber einen Schuh in der 

Länge erſtreckt, unterſcheidet fie ſich noch von der 
vorigen durch die Sparſamkeit der Stacheln, wel 

che siemlich weit voneinander ſtehen, und daher an den 
ineinander laufenden Wurzeln zu einem netzartigen 
Gewebe mehrern Platz uͤbrig laſſen. Auch iſt ſie 


nicht ſo vollkommen roth, wie obige Art, welches aus 
der Abbildung Tab. X. fig. 2. hinlaͤnglich wird zu 
ſehen ſeyn, f . 


C. Die Stacheltaube. Echinatus. 


| 
| 
| Die dritte Art endlich hat größere und dickere „ 
Stacheln, deren dreyeckige Wurzeln ſich erheben, N 
ſo daß die drey Spitzen derfelben auf der Haut zu N 
ruhen ſcheinen, ſo wie etwa die Fang⸗ oder Fuß⸗ 

eiſen oder Fußangeln find. Dieſe werden noch groſ⸗ 
fer als die vorige Verſchiedenheit, und halten ſich 
in den indianiſchen Meeren auf. Der Herr 
Gronovp hält alle dieſe Verſchledenheiten für eins, 
und vielleicht haͤngt auch nur die unterſchiedliche 
Groͤße von dem Alter ab. Wir aber ſtehen 
in Zweifel , ob nicht dieſe letzte Art zu der fol⸗ 
genden zu rechnen ſey, und daß mehr oder we⸗ 
niger rund zu ſeyn, nur eine zufaͤllige Sache its 
gleichwie man ja auch a b einerley Art N 
5 er, 


| 
326 Dritte Cl. II. Ord. Schwimm. Amph, 


f 


det, davon das eine baͤuchiger, und das andere mehr 
geſtreckt iſt. 10 


2. Der große Stachelfiſch. Diodon 
Hyftrix, 


Die vorzuͤgliche Laͤnge dieſer Stacheln, welche 
roße gleichſam wie Federkiele hervor ſtechen, haben zu 
„elk obiger Benennung Anloß gegeben. Denn die Hol 
%% lan der nennen ihn Penne-Vifch, das iſt, Feder⸗ 
trix, kielfiſch. Das vornehmſte Merkmal dieſer Art ber 
Jab. XK ſteht darinn, daß der Korper nicht kugelfoͤrmig 
1g 3. ſondern laͤnglich iſt, und daß die Stacheln rund find, 
Die Ruͤckenfloße hat nach dem Linne vierzehn, die 
Bruſtfloſſe zwey und zwanzig, die Afterfloffe vier⸗ 
zehn, und die Schwanzfloſſe neun Finnen, denn 
Bauchfloſſen ſind nicht vorhanden. Wir beſitzen 
ein aus Curacao erhaltenes, zwey Schuh langes 
Exemplar, welches von oben ſchwaͤrzlich blau, ums 
ten weiß und auf dem ganzen Ruͤcken mit kleinen 
dunkeln runden Flecken, als mit Augen bezeichnet 
iſt, dergleichen Flecken auch die Floſſen und den 
Schwanz beſetzen. Die Geſtalt des Koͤrpers iſt ke⸗ 
gelfoͤrmig. Die Figur, welche Tab. X. fig. 3. 
zu ſehen iſt, ſchickt ſich eben ſo wohl zu der dritten 
Verſchiedenheit der vorigen Art, als zu dieſer, und 
beſtaͤtigt nicht nur unſere oben angefuͤhrte Mel, 
nung, ſondern ſcheint auch von dem Herrn Hout⸗ 
tuin fuͤr einerley gehalten zu werden, welcher von 
der beygebrachten Figur folgende Erklaͤrung giebt: 
das Exemplar iſt uͤber einen Schuh lang, faſt voll⸗ 
kommen kegelrund, die Stacheln auf dem Ruͤcken 
find wie am vorigen Exemplare beſchaffen, 40 
ö einen 


2 
Dr 


138 Geſchlecht. Igelfiſche. 327 


einen Zoll lang, doch in den Seiten haben ſie eine 
$änge über zwey Zoll, und geben dem Fiſche das Ans 
ſehen eines Stachelſchweins (Hyftrix), Die Dis 
cke des Fiſches iſt an der Bruſt über vier Zoll. Die 
Bruſtfloſſen find drey Zoll breit, die Ruͤckenfloſſe iſt 
zwey Zoll, und die Schwanzfloſſe über drey Zoll 
lang. Die Anzahl der Finnen iſt in der Ruͤckenfloſ⸗ 
fe wenigſtens zwölf, und in der Bruſtfloſſe vier und 
jwanzig. Es iſt alfo dieſer der naͤmliche Fiſch, der 
von den Schriftſtellern Orbis maximus ſpinoſus 
genennt wurde, und aus beyden Indien kommt. 


Ob nun gleich alle Fiſche dieſer zweyten Art fuͤr 
einerley koͤnnten gehalten werden, ſo erwaͤhnet der 
Ritter doch folgende Verſchiedenheit, 


B. Der Stgchelkragen. Holocanthus, 


Sie weicht von obiger Art darinn ab, daß der Ver⸗ 
Kopf und der Hals etwas laͤnger iſt, beſonders aber, ſchieden⸗ 
daß die Stacheln am Kopfe und am Halſe vorzuͤg⸗ beiten. 
lich lang find, und gleichſam einen Kragen machen, Stachel 
dahingegen die Ruͤckenſtacheln viel kleiner, und die 1 
Stacheln am Bauche am allerkuͤrzeſten ſind. b l 
nun dieſe Veraͤnderung von der Begattung der ver⸗ 
ſchiedenen Arten untereinander entſtehe? und ob nicht 
vielleicht ein jedes Individuum ſeinen beſondern 
Wuchs und eigene Ausmeſſung der Stacheln habe, 
die folglich zur Vermannigfaltigung der Verſchie⸗ 
denheiten keinen hinlaͤnglichen Grund giebt? (indem 
ſonſt zu viele Unterarten gemacht wuͤrden,) ſol⸗ 
ches laſſen wir jetzo beruhen, und merken nur die⸗ 
ſes an, daß die Federkiele oder Stacheln von die⸗ 
ſen Fiſchen nach Belieben koͤnnen aufgerichtet oder nie⸗ 
dergelegt werden, wodurch ſie, wie es ſcheint, von 

EN. X 4 allen 


328 Dritte Cl. IH, Ord. Schwimm. Amph. 


allen Nachſtellungen befreyet ſind; denn welcher 
Raubfiſch moͤgte ſich wohl gelüften kaffe, in dieſe 
Igel einzubeiſſen? Die Stacheln indeßen find nichts 
anders, als harte Foctſatze der Haut, die in ſpitzige 
Dornen auswachſen, da ſie hingegen bey andern 
Fiſchen breite Schuppen werden, ö 


* 


129. Ge 


329 


139. Geſchlecht. Meerhaſen. 


Nantes: Cyelopterus, 


| S 1 Benennung Cyclopterus, welche fo viel Geſchl. 


als einen im Kreiße ſitzenden Flügel bedeu- Denen 
tet, iſt den Fiſchen dieſes Geſchlechts darum gege⸗ 8. 
ben, weil die Floſſen, welche gleichſam die Stelle 
der Fluͤgel vertreten, in einem runden Kreiße ſitzen. 
Die Holländer nennen ſolche Fiſche Snottolf; 
die Franzoſen, Lievre; wir Deutſche aber 
Meerhaſen. Jedoch koͤnnen wir eben ſo wenig 
als die Holländer von dieſen Benennungen Re 
chenſchaft geben, auſſer daß ſie eine ganz unge⸗ 
woͤhnliche und unfoͤrmliche Geſtalt, die man unter 
den Fiſchen nicht erwartet, andeuten follen. 


Die Kennzeichen find ein ſtumpfer Kopf, Geſchl. 
Kiefer, die ſtatt der Zähne dienen, oder gegaͤhnelt Su 
find. Die Haut der Luftloͤcher ift vierſtrahlich, die 
Bauchfloffen aber find in einen Kreiß gewachſen. 

Wir finden hier drey Arten nebſt einigen Unterar⸗ 
ten zu betrachten, wie folget. 


* 5 I. Der 


1. 

Lump. 

Lum- j 
pus. 


330 Dritte Cl. III. Ord. Schwimm. Amph. 


1. Der Lump. Cyclopterus 
Lumpus. 


Wir folgen dieſesmal mit dem Ritter den 
Engellaͤndern, welche ihn Lumpfiſch, oder auch 


Sea - Owl, das iſt, See⸗ Eule nennen; die 
Schweden geben ihm den Namen Spuryggfisk; 


die Schottlaͤnder, Cock- Paddle; die Seeläns 
der, Klieft; die Fiſcher auf Heiligland, Haff. 
podde; die Sollaͤnder, Snottolf und Lump; 
und die Einwohner der deutſchen Seeſtaͤdte, 
Seehaſen. Es giebt aber dreyerley Verſchie⸗ 
denheiten. 


A. Der eigentliche Lump. 


Der Koͤrper dieſes Fiſches iſt mit beinichten 


A. 
Lump. Schuppen eckigt gedeckt. Die erſte Ruͤckenfloſſe 


Tab. xl 


fg. 1. 


iſt ein Fettklumpe, die zweyte hat ein und zwanzig, 
die Bruſtfloſſe zwanzig, die Bauchfloſſe ſechs, nach 
dem Gronov aber funfzehn, die Afterfloſſe zehn, 
die Schwanzfloſſe aber neun, und nach dem Gronov 
zwoͤlf Finnen. Die Schwanzfloſſe iſt von den Ruͤ⸗ 
cken ⸗ und Afterfloſſen abgeſondert. Was aber die 
im Kreiße ſtehende Bauchfloſſe, die einer hohlen 
Schuͤſſel aͤhnlich ſiett, betrift, fo dient ihnen dieſe 
um ſich damit an den Steinen anzuhalten. Der 
Körper iſt am Bauche kreit und platt, der Ruͤcken 


hoch und ſcharf, der Kopf ſtumpf, die Nafem 


loͤcher ſtehen einzeln, und agen hervor. Das all: 
hier Tab. XI. fig. t. abgebildete Exemplar war ein 


und einen halben Schuh lang, und hatte im Leben 


in der runden ſchuͤſſelförmigen Bauchfloſſe fo viel 
ö Kraft, 


139. Geſchlecht. Meerhaſen. 331 


Kraft, daß er ſich an einem Steine von zehn Pfund 
feſt ſaugen, und wenn man ihn aufhob, denſelben 
ſo feſt halten konnte, daß man ihn mit Gewalt von 
den Steinen herunter reiffen mußte. Die Tor» 
maͤnner machen einen Unterſchied zwiſchen dem 
Maͤnnchen und Weibchen, deren erſtes Rogn- 
Kal, nnd das andere Rogn-Kex genennt wird, 
weil ſie (und zwar um Pfingſten herum) einen 
großen Ueberfluß von Rogen ſchieſſen. Beyde ha⸗ 
ben eine ſehr unfoͤrmliche Geſtalt, eine beiniche 
Haut, und eine roͤthliche, ins gruͤne fallende Far⸗ 
be. Die Fiſcher bedienen ſich derſelben, um die 
großen Rochen, welche ihnen ſtark nachftellen, dar 
mit zu fangen. 1 


Der Magen iſt weit, und hat an der Muͤn⸗ Anato⸗ 
dung viele Angehaͤnge, die ſich in verſchiedene Ae Aue 
ſte ausbreiten; der Canal der Daͤrmer macht, wie fung. 
in den vierfuͤßigen Thieren, verſchiedene Windun⸗ 
gen, der Enddarm iſt einen Zoll weit, und uͤber 
fuͤnf Zoll lang. Die Leber iſt dreyeckig, und haͤlt 
an jeder Seite etwa drey Zoll, von Farbe blaß ci 
tronengelb. Man hat keine Gallenblaſe angetrof⸗ 
fen, wohl aber einen weiten Gallengang, der ſich 
unmittelbar unter oberwaͤhnten Angehaͤngen in den 
Magenmund ergießt. | 


Die Nieren find, nach D. Tyſons Bericht, 
merkwuͤrdig. Sie liegen nahe am Zwergfelle, ſind 
im Anfange zwey Zoll breit, werden aber bis auf 
einen Zoll ſchmaͤler, und laufen endlich bey einer 
Laͤnge von zwey und einen halben Zoll, in einen Koͤr⸗ 
per zuſammen, wo ſie zwey Harngaͤnge, die zur 
Harnblaſe fuͤhren, abgeben. Die Harnblaſe hat ih⸗ 
ren Ausgang bey dem Nabel in ein Gefaͤß, welches 
vielleicht zur Auslaſſung des Samens dient, 1 

1 h eſer 


B. 
Stachel⸗ 


ale. 
TabIX 
g. 3. 


332 Dritte Cl. 11, Ord. Schwimm. Amph. 


dieſer Fiſch innwendig ziemlich große Behälter hat. 
Es europaͤiſchen Meere find der Aufenthalt dies 
fer tt, 


B. Der Stachelhaſe. Cyclopterus Spinoſus. 


Die zweyte Verſchiedenheit war von dem Kits 
ter ehedem unter die Igelfiſche, Diodon, geſetzt, 
und bekommt jetzt hier ihren Platz. Es hat naͤmlich die⸗ 
ſer Fiſch platte Stacheln, wie Degenſpitzen, und ei⸗ 
nen glatten Bauch, auch iſt der Fiſch mehr breit als 
hoch. Das Exemplar, wornach die Zeichnung Tab. 
IX. fig. 3. gemacht worden, war aus Oſtindien, 
ſchoͤn caffeebraun, mit weiſſen feinen Strichen ger 
ziert, und hinter den Bruſtfloſſen mit runden brau⸗ 
nen Flecken gezeichnet. 


C. Die Langfloſſe. Cyclopterus Rarior. 


Auch dieſer Fiſch kommt aus Indien, weil er 
aber ſeltner als jener iſt, mag ihn der Ritter Ra- 
rior genennt haben. Er unterſcheidet ſich von jenen 
durch eine ungemein lange Ruͤckenfloſſe, daher wir 
ihn Langfloſſe nennen, die Seiten ſind mit 
Hoͤckern beſetzt. Man trift ſie in dem Indiani⸗ 
ſchen Meere an, wo ſie ſo groß wie ein Eimerfaß 
ſind, und will ſie auch, wiewohl nicht ſo groß, 
an den daͤniſchen und ſchwediſchen Stranden 
gefunden haben. Wenigſtens werden die Maͤnn⸗ 
chen bey den Dänen Steenbid, und das Weib⸗ 
chen Quapſoe, in Ißland aber Romaffve genannt. 
Das Maͤnnchen hat rothe Buckel und ein rothes 
Band unter dem Kinne, deßgleichen eine rothe Leber, 
iſt auch beſſer und ſchmackhafter als das Weibchen, 


2. Der 


139. Geſchlecht. Meerhaſen. 333 


2. Der Schnottolf. Cyclopterus 
Nudus. 


Dieſer Fiſch iſt kahl oder nackt und hat hinter 2. 
dem Kopfe zu beyden Seiten eine einzige Stachel oder Schot⸗ 
Finne an den Bruſtloͤchern, die Ruͤckenfloſſe aber telf. 
hat ſechs, die Bruſtfloſſe ein und zwanzig, die Nudus, 
Bauchfloſſe Fünf und zwanzig, und die Schwanz; 
floſſe zehn Finnen. Der Aufenthalt deſſelben ift in 
den indianiſchen Meeren. Und damit der Na⸗ 
me Schnottolf nicht ganz von uns überhüpft 
werde; fo wollen wir dieſe Art mit demſelben belegen, 
zumal man fie in Indien und Holland auch fo 
nennet. 


3. Der Ringbauch. Cyeclopterus 
Liparis. 


Liparis ift eine Benennung, die man ſchon bey 3. 
dem Plinius findet; doch andere Schriftſteller haben Ring⸗ 
den Namen Cyclogaſter gebraucht, welches wir 1195 
durch Ringbauch uͤberſetzen, und damit auf die xis. 
ringelfoͤrmigen Bauchfloſſen, womit dieſe Fiſche an den 
Steinen feſt kleben, zielen. In Engelland wird 
dieſer Fiſch deßwegen auch Sea-Snail, oder See⸗ 
ſchnecke genennt, weil er wie eine Schnecke mit 
dem Bauche anklebt. Es find an demſelben die 
Ruͤcken⸗ und Afterfloſſen mit den Schwanzfloſſen 
verbunden. Man rechnet aber zu dieſen verbun⸗ 
denen Floſſen etwa zwey und vierzig Finnen, die 
ſogenannten Fiſchohrfloſſen aber haben ſieben, und 
die Bruſtfloſſe neun und zwanzig Finnen. Der 
Kopf iſt dick und rund, die Kiefer find etwas rauh, 

4 die 


334 Dritte Cl. III. Ord, Schwimm. Amph. 


die Luftloͤcher fo groß, daß eine Erbſe durchgeht. 
An der Kehle zeigt ſich ein blaulich weiſſer runder 
Flecken, der mit zwoͤlf andern braunen Fleckgen 
umgeben iſt. Etwa einen Zoll weiter iſt der Nabel, 
und dann folgt die Afterfloſſe, welche mit der 
Schwanzfloſſe und Ruͤckenfloſſe alſo zuſammen haͤngt, 
daß der hintere Koͤrper einem Aalſchwanze aͤhnlich 
ſiehet. Der ganze Fiſch iſt wie die Schnecken ſchlei⸗ 
mig, und vermuthlich zielt der Name Liparis auf 
dieſen Umſtand, da Lippus ein triefend Auge be⸗ 
deutet. Er haͤlt ſich in den nordiſchen Mee, 
ren auf, wird aber in den Meerbuſen und tief 
hinauf in den Flüſſen gefangen, daher er auch in 
den hollaͤndiſchen Meerbuſen, und im N Fluffe 
vor Amſterdam zu finden iſt. Die Laͤnge iſt fuͤnf 
Zoll, und die Farbe von oben braun. 


b 


140. Ge⸗ 


| | 335 


140. Geſchlecht. Schildflſche. 


Nantes: Centriſcus. 


— 


(Cegriſes ſollte nach feinem grlechiſchen Ur⸗ Geſchl. 
ſprunge eigentlich einen ſtachlichten Fiſch bes Bene 
deuten. Vielleicht iſt dieſer Name von dem Kitter nung. 
dem jetzigen Geſchlechte zugeeignet, weil der Panzer 

des Ruͤckens hinten in eine lange dorn⸗ oder ſta⸗ 
chelartige Spitze auslauft; doch weil eben der Koͤrper, 
wenigſtens bey der erſten Art, mit dieſem Schilde 

oder Panzer bedeckt iſt, ſo wollen wir ſie mit den 
Hollaͤndern, Schildfifche nennen. Da dieſelben 

von einer ganz beſondern Bauart ſind, ſo hat man 

auf folgende Merkmale acht zu geben. 


Der Kopf gehet in eine lange enge Schnautze Geſchl. 
aus, die Luftloͤcher ſtehen weit offen, und der Kennzei⸗ 
Bauch iſt kielfoͤrmig mit aneinander fitzenden Fin, chen. 
nen beſetzt. Es ſind folgende zwey Arten zu be⸗ 
ſchreiben. 


I. Der 


336 Dritte Cl. II. Ord. Schwimm. Amph. 
1. Der Meſſerfiſch. Centriſcus 


Scutatus. 


Weil der Ruͤcken diefes Fiſches mit einem Schil⸗ 


de gedeckt iſt, fo heiſt er Scutatus. Er wird aber 


ſonſt auch Meſſerfiſch genennt, weil der Koͤrper 
wie ein baͤuchiches Brodmeſſer geſtaltet iſt, davon 


die Spitze den ſpitzigen Ruͤſſel vorſtellt. Auch nen⸗ 


nen ihn die Indianer, Ikan Piſau, welches Meſſer⸗ 
fiſch heißt; Hollaͤndiſch heißt er Mes Viſch. Doch 
beym Klein findet man die Benennung Amphi- 
Silen, weil nämlich Kopf und Schwanz, welcher 
gerade iſt, auf gleiche Art ſpitzig auslaufen. 


Dieſer ganz beſondere Fiſch iſt von oben mit ei⸗ 
nem knochichen Panzer bedeckt, welcher ſich hinten 
in einen Stachel endigt, unter welchem der Schwanz 
liegt, ſo daß doch zwiſchen beyden ſich noch Ruͤcken⸗ 
floſſen befinden. Was die Finnen betrift, ſo hat die 
erſte Ruͤckenfloſſe drey, die andere neun, die Bruſt⸗ 
floſſe zehn, die Bauchfloſſe ſechs, die Afterfloſſe 
eilf, und die Schwanzfloſſe neun Finnen oder Strah⸗ 
len. Die Schnautze, welche faſt keine Kiefer hat, 
und nicht klaffen kann, ſcheint die Nahrung lediglich 
durch ſaugen an ſich zu ziehen. Unten an der 
Schnauze hangen zwey duͤnne Haͤutchen, welche bis 
zum Bauche hinunter laufen, und wie Gold glaͤnzen, 
von da aber erhebt ſich die Bauchfloſſe, und laͤuft bis 
zum Schwanze. Es iſt der Fiſch nur klein, und 
kommt aus Oſtindien. Siehe Tab. X. fig. 4. 


2. Der 


140. Geſchlecht. Schildfiſche. 337 


2. Der Schneppenfiſch. Oentriſcus 
Scolopax. 


Es iſt bekannt, daß man unter einer Schneppe , 
eine ſpitzige Mündung an einer Kanne verſteht, dar Schnep⸗ 
her auch einige Tangfchnäblic,: Voͤgel Schnepfen ges penfiſch. 
nennt werden. Weil nun dieſer Fiſch ein lang⸗ Scolo- 
ſchnaͤblichtes Maul hat, fo hat er obigen Namen bes Pax. 
kommen, und um der naͤmlichen Urſache willen nennt 
man ihn in Genua, Trombetta; in Rom, Sof. 
fietta; und in Holland zuweilen auch Trompeten» 
fiſch, weil der Schnabel gleichſam einen hohlen 
Trompetencylinder macht; doch wird dieſer Na⸗ 
me eigentlich einer andern Art der folgenden Claſ⸗ 
fe beygelegt, daher man fie nicht mit jener verwech⸗ 
ſeln muß. | 


Der Korper iſt ſchuppicht und rauh, der 
Schwanz gerade und gedehnt. Die Floſſen an den 
ſogenannten Fiſchohren haben drey, die erſte Ruͤ⸗ 
ckenfloſſe vier, die andere zwölf, die Bruftfloffe fie 
benzehn, die Bauchfloſſe fünf, und die Afterfloffe 
fuͤnf und zwanzig Finnen. Man beſchreibt ihn als 
einen vier Zoll langen und über ein und einen hal 
ben Zoll breiten Fiſch, deſſen Schnautze einen drit⸗ 
ten Theil der Länge ausmacht, davon die Oefnunc 
mit einem Deckel, der am Unterkiefer ſitzt, geſchlof 
ſen wird, und dieſes letztern Umſtandes halben, ſollte 
er wohl unter das folgende Geſchlecht gehoͤren koͤn⸗ 
nen. Hinten auf dem Ruͤcken fuͤhrt er einen langen 
gezaͤhnelten Stachel, der zwar nach dem Schwanze 
zu gerichtet iſt, ſich aber auf und nieder biegen laͤßt. 
Vor dieſem langen Stachel ſitzt noch ein kleiner, 
und hinter demſelben ſind zwey andere kleine Sta⸗ 
cheln, welche zuſammen die verſchiedene Zaͤhlung der 

Linne III. Theil. 5 Fin⸗ 


338 Dritte Cl. I. Ord. Schwimm. Amph. 


Finnen in den Ruͤckenfloſſen veranlaſſen. Denn, 

anderer Wahrnehmung zufolge, hat die voͤrderſte 

Ruͤckenfloſſe fünf, die hinterſte zwölf, die Bruſtfloſ⸗ 
ſe vierzehn, und die Afterfloſſe achtzehn Finnen. 
Nach dem Linne find die Bauchfinnen in dem Kies 
le des Bauchs verborgen; die Bedeckungen der Luft⸗ 
loͤcher find einblaͤtterig and im Maul trift man kei⸗ 
ne Zaͤhne an. er 


Vorher hatte der Ritter dieſen Fiſch in das Ge. 
ſchlecht der Hornfifche geordnet, jetzo aber folgt er 
dem Beyſpiele des Herrn Gronovs, der ihn in dieſes 
Geſchlecht brachte. Der Aufenthalt dieſer Art iſt 
nicht nur im mittelländifchen Meere, ſondern ſie 
kommen auch aus Oſtindien, und die Finnen oder 
Stacheln am Bauche werden fuͤr giftig, oder wenig⸗ 
ſtens entzuͤndend gehalten. 9 


nnn Mes ind 339 


141. Geſchlecht. Nadelfiſche. 
Nantes: Syngnathus. 


a 


S 0 aus Syn- und Gnathos zuſammengeſetz⸗ Geſchl. 


te Name bedeutet hier eine Juſammenwach⸗ Beuen⸗ 

ſung der Backen oder Kiefer, und iſt dieſem Ge, nung. 
ſchlechte deswegen beygelegt, weil ihre Kiefer auf⸗ 
einander feſtſitzen, und ſo eine lange und enge Roͤh⸗ 

re machen. Weil aber dieſe Fiſche uberhaupt duͤnn 

und lang find, fo werden fie Tadelfiſche genannt, 
müffen aber nicht mit der Meernadel, welche un⸗ 

ter die Hechte in der Claſſe der eigentlichen Fiſche 
gehoͤren, verwechſelt werden. 


Die Kennzeichen find, daß das Maul in ei⸗ Geſchl. 
nen cylinderartigen Ruͤßel auslauft, deſſen Oefnung Kennzei⸗ 
mit einem am untern Kiefer befeſtigten Deckel ger en. 
ſchloſſen wird. Ferner find die Luftwege mit einem 
Deckel belegt, und in dem Nacken befindet ſich das 
Luftloch zur Athemholung. Der Koͤrper beſteht 
aus Gelenken, und am Bauche find gar keine Floſ⸗ 
ſen befindlich, auch werfen die meiſten lebendige 
Jungen. Wir finden folgende fieben Arten zu ber 
ſchreiben: 


9 1. Der 


340 Dritte Cl. III. Ord. Schwimm. Amph. 


1. Der Blindſiſch. Syngnathus 
Typhle. 


1. Unter den Natterſchlangen kam No. 22. ein 
Blind: Typhlus, welchen wir Kleinauge nannten, vor; wir 
fiſch. wollen daher gegenwaͤrtigen Fiſch auch Blindfiſch 
Iyph- nennen, ob ihn gleich die Franzoſen Aiguille de 
le. Mer und Trompette; oder auch in Marfeille Ga- 

gnola; die Engelländer hingegen Needle-Fifch, 
Hornfiſch, und Garvish nennen. Die Sollaͤn⸗ 
der nehmen ihre Benennung von der Anzahl der 
ſechs Ecken, welche der Koͤrper hat, und heiſſen 
ihn Zeskantige Naaldviſch. 
Es hat dieſer Fiſch eine harte Haut, die aus 
vielen, im Umfange herumgehenden, und mit ei⸗ 
ner erhabenen Nath gleichſam aneinander gekitte⸗ 
ten, ſechseckigt gebogenen Flaͤchen oder Blaͤttern 
beſteht, ſo daß der Fiſch am obern Koͤrper einen 
ſechseckigten, am untern einen viereckigten und end⸗ 
lich am ſpitzigen Schwanze einen runden Umfang 
hat. Die Anzahl dieſer Blaͤtter oder Gelenkenaͤhn⸗ 
lichen Abtheilungen iſt am Koͤrper achtzehn, und 
am Schwanze ſechs und dreyßig; die Bruſt⸗Af⸗ 
ter⸗ und Schwanzfloſſen ſind ſtrahlich aber klein, 
und nicht anders, als wenn ſie im Waſſer ſchwim⸗ 
men, zu erkennen. Man entdeckt auf dieſe Art in 
den Ruͤckenfloſſen ſechs und dreyßig, in den Bruſt⸗ 
floſſen vierzehn, in den Afterfloſſen drey, und in 
der Schwanzfloſſe zehn Strahlen. Der Herr Gro⸗ 
nov aber hatte ein Exemplar mit ſieben Finnen 
in der Ruͤckenfloſſe, neun in der Bruſtfloſſe, am 
After gar keine, und zwölf in der Schwanzfloſſe, 

welche Art denn auch hieher gerechnet wird. 
Bey der Laͤnge von einem Schuh iſt der dickſte 
Theil des Koͤrpers nicht uͤber einen are 
0 dicke, 


0 741, Geſchlecht. Nadelſiſche. 341 


dicke, und dieſe find wohl die größten, die gemeint, 
glich gefangen werden; jedoch wird auch bey den 
Schriftſtellern von ſolchen Erwaͤhnung gethan, die 
eine Elle lang und Fingers dick waren, ſo daß 
fie dann wohl einer Waſſernatter aͤhnlich zu ſeyn 
ſcheinen koͤnnen, und den Namen Typhle marina 
verdienen. Ihr Aufenthalt iſt in der Oſt⸗ und 
Nordſee. | 


2, Spitznadel. Syngnathus 
Acus. | 


Diefer hat mit dem vorhergehenden, in Ab⸗ 
ſicht auf den Bau des Körpers und der Haut einer⸗ 
ley Beſchaffenheit, nur iſt er länger: der obere Kie⸗ 
fer iſt ſiebeneckig; der untere fuͤnfeckig; und endlich 
der Schwanz viereckig. Die Anzahl der Blaͤtter 
oder Gelenke belaͤuft ſich am Koͤrper auf zwanzig, 
und am Schwanze auf drey und vierzig. Die An⸗ 
zahl der Finnen iſt in der Ruͤckenfloſſe ſieben und 
dreyßig bis acht und dreyßig, in der Bruſtfloſſe zwölf, 
in der Afterfloffe fünf, und in der Schwanzfloſſe zehn. 


Die Weibchen haben hinter dem Nabel auswen⸗ 
dig einen langen Sack oder Blaſe, der mit Rogen wie 
Ruͤbſamen angefüllt iſt, und in welchem ſich die 
Jungen ſchon entwickeln und Leben bekommen. Der 
Aufenthalt dieſer Fiſche iſt gleichfalls in der Nord⸗ 
ſee und im mittellaͤndiſchen Meere. Sie kriechen 
gerne in den naſſen und weichen Sand an den Stran⸗ 
den, wo man fie öfters ſtecken findet, wenn man mit 
einem Spadel eingraͤbt. Die Fiſcher bedienen ſich 
derſelben zur Lockſpeiſe. Auch werden ſie eingeſalzen 
und als eine Delicateſſe verſpeißt. Ihre Größe iſt 
W Y 3 gemei⸗ 


2. 
Spitz⸗ 
nadel. 
eus. 


3, 
Coral⸗ 
lenſau⸗ 
ger Pe- 
lagicus. 


342 Dritte Cl. III. Ord. Schwimm. Amph. 


gemeiniglich ein bis zwey Schuh. Wir bekamen 
einmal ein Weibchen mit oberwaͤhntem Sack aus 
Curacao, welches ein und einen halben Schuh 


lang war. 


* Der Corallenſauger. Syngnathus 
Pelagicus. | 


Es befindet fich ohnweit dem Dorgebürge der 
guten Hofnung eine Meeresgegend, welche reich 
an Corallenmooß und feinen Horncorallen ift, daher 
auch die Gegend von den Hollandern Kroos- Zee 
genennt wird. In ſelbiger Gegend haͤlt ſich dieſer 
Fiſch auf, und iſt wenigſtens daſelbſt von Osbeck 
gefunden worden, wo er vermuthlich von den Corallen⸗ 
polypen feine Nahrung erhält. Der Bitter nennt ihn 
deßwegen Pelagicus, und wir Corallenſauger. 


Die Bruſt und Schwanzfloſſen ſtehen mit ih⸗ 
ren Strahlen ausgebreitet, der After hat gar keine 
Floſſe, und der Koͤrper iſt ſiebeneckig. Man zaͤhlt 
in der Ruͤckenfloße ein und dreyßig, in der Bruſt⸗ 
floſſe vierzehn, und in der Schwanzfloſſe zehn Fin⸗ 
nen. Die Gelenke des Koͤrpers ſind ſiebeneckig und 
an der Zahl achtzehn, die am Schwanze aber vier⸗ 
eckig und an der Zahl zwey und dreyßig. 40 


Obgleich dieſer Fiſch aus obenerwaͤhnter Mee⸗ 
resgegend kommt, ſo bekam doch der Ritter einmal 
eine ähnliche Art von D. Garden aus Carolina, 
die oben am Koͤrper fuͤnf und zwanzig Gelenke, in 
der Ruͤckenfloſſe drey und dreyßig Finnen, und an 
dem viereckigen Schwanze auch zwey und dreyßig Fin⸗ 


nen hatte. f i 
4. Die 


141. Geſchlecht. Nadelfiſche. 343 


4. Die Meernadel. Syngnathus 
Aequoreus, 


Dieſer Art mangeln die Brufts und Afterfloß a 
fen, die Nücenfloffe hat dreyßig Finnen. Die zone. 
Schwanzfloſſe iſt faͤcherfoͤrmig geſtrahlt, und führt Aequo⸗ 
fünf Finnen. Um eine Abbildung von diefen Fir reus. 
ſchen zu geben, fo wird Tab. X. fig. $. eine am» Lab. X. 
boiniſche Meernadel vorgeſtellt, die aber Bruſt⸗ AB: 5. 
floſſen, und auffer ſelbigen noch eine andere Art der 

Dorne oder Stacheln am Körper hat. 


5. Die Seenatter. Syngnathus 
Ophidion. 


Die runde Geſtalt des Koͤrpers, und der Man⸗ 5. 
gel an Bruſt⸗ Bauch: After: und Schwanzfloſſen, Seenar 
wodurch dieſer Fiſch eine Schlangengeſtalt bekommt, Sy; 
hat zu obigen Benennungen Anlaß gegeben. Jedoch Gion 
find in der Ruͤckenfloſſe vier und dreyßig, und in einem T. XII. 
Exemplare des Gronovs zwey und vierzig Finnen fig. 5. 
vorhanden. In Schweden nennt man dieſe Art Hafs- 

Nahl; an der Kuͤſte von Kornwall Sea-Adder. 


Der Körper hat keine Schuppen, ſondern iſt 
wie die Spuhlwuͤrmer gleichſam geringelt, gegen 
ſechs Zoll lang und nicht dicker als eine Schreibfeder, 
der Ruͤßel iſt kuͤrzer als an andern Nadelfiſchen, und 
ihr Aufenthalt iſt in der Oſt⸗ und Wordſee. 


Ein ander Exemplar, welches auch den Namen 
Seenatter führt, iſt Tab. XII. fig. 5. zu fehen. 


1 Y 4 6. Der 


344 Dritte Cl. III. Ord. Schwimm. Amyh. 


6. Der Kahlſchwanz. Syngnathus 
Parbarus. 


% Der Name Barbarus iſt vermuthlich von dem 
6 Funde Ort des Aufenthalts an der Kuͤſte der Barbarey 
Barker hergenommen. llnſere Benennung aber zielt auf den 
rus. ſpitzigen Schwanz, welcher, fo wie der Bauch und 
Aten, ohne Zlofen e. Der Kerner im ſechreckg 
und die Ruͤckenfloſſe hat drey und vierzig, die Bruſt⸗ 

floſſe aber zwey und zwanzig Sinnen, 


7. Seepferdchen. Syngnathus 
Hippocampus. 


75 Unter allen vorbeſchriebenen Arten iſt das Sees 

a pferdchen eines der bekannteſten, denn es iſt nicht 

chen leicht ein Cabinet, wo nicht wenigſtens eins oder 

Hippo- mehrere Exemplaria aufgehoben werden. Die Ur 

campus ſache dieſer Benennung iſt keine andere, als weil der 

Tab. X. Kopf, zugleich mit dem umgebogenen Halſe, einiger; 

maſſen die Geſtalt eines Pferdekopfs vorſtellet, 

Man muß aber nicht denken, daß ſie in dieſer Ge⸗ 

ſtalt im Meere herum ſchwimmen, denn daſelbſt ſind 

ſie gerade geſtreckt; wenn ſie aber ſterben; ſo ziehen 

ſie den Nacken krumm, und rollen den Schwanz um, 

und in dieſer Geſtalt werden ſie trocken. Inzwiſchen 

werden fie auch eben wegen dieſer Geſtalt, grle⸗ 

chiſch, Hippocampos; lateiniſch , Equus 

marinus ; franzoͤſiſch, Cheval marin und 

Hippocampe; italieniſch, Cavallo marino; 
hollaͤndiſch, Zeepaardje genennet. N 


{ - 5 

Die Haut iſt pergamentartig hart, in Gelen⸗ 

cke abgetheilt, am Koͤrper ſiebeneckig, am Schwan⸗ 
ze 


141. Geſchlecht. Nadelfiſche. 345 


ze vlereckig, auf den Ecken allenthalben bey jedem 
Gelencke mit einer ſcharfen hervorragenden Spitze 
oder Buckel verſehen; von Farbe im Leben gelb⸗ 
lich oder blaulich; getrocknet aber braͤunlich oder 
ſchwarzbraun. Der breite Theil des Kopfs iſt gleich⸗ 
falls hoͤckericht; der Ruͤßel vollkommen cylindriſch. 
Am Koͤrper iſt er mit einigen Stacheln, und hin 
und wieder mit eintzelnen Haaren beſetzt, oder ganz 
ohne felbigen, 12 


Diͤe Anzahl der Gelenke fol nach dem Linne Ver⸗ 
am Körper (der breit und baͤuchich iſt) ſiebzehn und ſchieden⸗ 
am Schwanze fünf und vierzig ſeyn. Allein wir beit. 
muͤſſen hier anmerken, daß uns die Zaͤhlung dieſer 
Blaͤtter verdaͤchtig vorkommt, um daraus auf dieſe 
oder jene Art zu ſchlieſſen; denn bey den vielen 
Seepferdchen, die wir unterſuchten, hat die An⸗ 
zahl niemals eingetroffen. Wir haben große mit 
wenigen, und kleine mit vielen Gelenken gefunden, 

und auch umgekehrt. Eines von unſern Exempla⸗ 
rien hat am Körper hoͤchſtens nur zwoͤlf, und am 
Schwanze vier und dreyſig Gelenke; und da wir 
kleine Exemplaria mit breiten, und große mit ſchma⸗ 

len Gelenken fanden, ſo glauben wir faſt, daß die 
Natur hier nur willkuͤhrliche Verſchledenheiten Bil 
de, oder daß ſich auch vielleicht die Anzahl der Ge 
lenke am Schwanze mit dem Warhsthum vermehre, 

und wer weiß, ob nicht die Zaͤhlung der Finnen 

in den Floſſen eben ſo wankelbar iſt? denn der Ritter 
giebt in der Ruͤckenfloſſe zwanzig, in der Bruſtfloſſe 
achtzehn, in der Afterfloſſe aber vier Finnen an, 
denn Bauch⸗ und Schwanzfloſſe ſind nicht vorhanden. 
Artedi hingegen zählt in der Ruͤckenfloſſe fünf und 
dreyßig Finnen und ferner gar keine. Unſer Exem⸗ 
plar hat nicht halb ſoviel Finnen in der Ruͤckenfloſſe, 

und von Bruſt⸗Bauch⸗ 11 oder rm 


346 Dritte Cl. III. Ord. Schwimm. Amph. 


iſt gar keine Spur zu finden. Aehnliche Abwei⸗ 
chungen giebt auch der Herr Houttuin aus den Bey⸗ 
ſpielen, die Kay und Willoughby hatten, pe 
und das Exemplar, welches Tab. X. fig. 6. mirge 
theilt wird, hat gleichfalls keine Bruſtfloſſen. 


Wir erhielten auch aus Curacao eln Weibchen, 
welches unten am Bauche einen weiten Sack hatte, 
der über einen halben Zoll lang ſich beym Schwanze 

inunter ſenkte, und uns die Vermuthung gab, daß 
2 auf ähnliche Weiſe, wie die übrigen Meernadeln, 
eine belebte Bruch zur Welt bringen, ob dieſes gleich 
von etlichen widerſprochen wird. 1 


Was den Gebrauch dieſer Fiſche anbetrift, ſo 
find fie wuͤrcklich eßbar, und werden zum Theil auch 
als Arzneymittel betrachtet. Man will naͤmlich an⸗ 
gemerket haben, daß ſie den ſaͤugenden Weibern die 
Milch vermehre, zu Liebeshandlungen reitzen, ausge⸗ 
fallene Haare herſtellen, den tollen Hundsbiß heilen, 
und was dergleichen mehr, deren Unterſuchung aber 
nicht in unſer Fach gehoͤrt. 0 


Man findet inzwiſchen dieſe Creatur haͤufig im 
mittellaͤndiſchen Meere, befonders am Srande bey 
Pozzuoli und Neapolis, in der Nordſee, und 
auch in Indien bey der Straſſe Sunda, def 
gleichen an den americaniſchen Inſeln und Steam 
den, ja vielleicht wohl allenthalben in dem Ocean. 


9 


et 
1 


142. Ge⸗ 


347 
<< 


r —— 
N 


142. Geſchlecht. Meerpferde. 


Nantes: pegaſus. 


— 


Pe iſt das fliegende Dichterpferd des Par- Geſchl. 
ö naflüs. Da nun die vorige Art von uns See- Benen⸗ 
ferdchen genennt wurde, fo wollen wir die Fiſche dies nung. 
ſes Geſchlechts Meerpferde nennen; daß aber der 
Ritter den Namen Pegaſus, oder des gefluͤgelten 
Pferdes gebraucht hat, ſolches zielt auf die langen, 

weit ausſtehenden Bruſtfloſſen, welche die Fiſche die⸗ 

ſes Geſchlechts haben, und die ihnen gleichſam wie Fluͤ⸗ 

gel dienen: und weil ihr Kopf uͤbrigens mit dem 
Kopfe des vorbeſchriebenen Seepferdchens überein: 
ſtimmt, ſo hat der Ritter dieſe beyde verſchiedene 
Umſtaͤnde durch den einzigen Namen Pegafus aus- 
drücken wollen, der Herr Gronov hingegen nennt fie 
Cataphractus, oder Panzerfiſche. 


Es haben dieſe Fiſche einen ruͤßelfoͤrmigen, Geſchl. 
langen, und vorne in die Höhe gebogenen Mund. Kennzei⸗ 
Der obere Kiefer iſt gezaͤhnelt, der untere hingegen chen. 
iſt gerade, degenfoͤrmig, und ſchließt in jenen ein. 

Die Oefnung der Luftwege befindet ſich vor den 
Bruſtfloſſen, der Koͤrper iſt gepanzert, und mit kno⸗ 
chichen Gelenken gleichſam gekerbt, die Bauchfloſſen 
ſtehen tief am Unterleibe. Es ſind uͤberhaupt kleine 
Fiſche, die etwa die Laͤnge eines Fingers oder ale 

ö mehr 


348 Dritte Cl. III. Ord. Schwimm. Amph. 


mehr halten, und man zählt in dem ganzen Geſchlech⸗ 
te nur die drey folgenden Arten } 


I. Der Seedrache. Pegaſus 
Draconis, 


1. Es werden uns die Drachen von den Mah⸗ 
Seedra- lern mit Flügeln abgebildet, welche in verſchiedenen 
Draco. Strahlen beſtehen, die vermittelſt einer Schwimm, 
nis. haut aneinander verbunden ſind, und deren Spitzen 
Tab. X. fürchterlich und ſcheußlich über die Schwimmhaut 
fig. 7. hinaus ſtechen; weil nun die Bruſtfloſſen dieſes Fir 

ſches eben ſo beſchaffen und dazu, gleich den gemahl⸗ 
ten Drachenfluͤgeln, lang ſind, fo hat der Ritter 
demfelben den Beynamen Draconis gegeben. In 
Betracht aber, daß es doch ein im Waſſer lebendes 
Thier iſt, wollen wir ihn Seedrache nennen, um 
ihn von dem Drachen unter den Eidechſen, oder 
von der kleinen fliegenden Eidechſe zu unterſcheiden, 
95 er denn auch bey den Hollaͤndern Zeedraakje 

eißt. - 


Nach der Abildung, die hier Tab. X. fig. 7, 
mitgetheilt wird, und nach einem drey Zoll langen 
Exemplare gemacht iſt, ſind die Bruſtfloſſen ſehr 
lang, und beſtehen aus zehn krummen Finnen, deren 
Spitzen über die Floſſenhaut herausragen; die Bauch⸗ 

floſſen ſind duͤnne und faßrich, und haben nur eine 
Finne, die Schwanzfloſſe hat ſieben Finnen. 


Nach dem Linne hingegen, find in der Ruͤ⸗ 
ckenfloſſe vier, in der Bruſtfloſſe zehn, in der 
Bauchfloſſe eine, in der Afterfloſſe fünf, und in der 
Schwanzfloſſe dreyzehn Strahlen. Der Ruͤßel iſt 
kegelfoͤrmig, der Körper aber viereckig, kurz und 
mit Schilden gedeckt. 

Nach 


142. Geſchlecht. Meerpferde. 349 


Nach dem Seba hangen unten am Kiefer 
ſechs paar ſchwaͤrzliche Haare, und uͤber dem letzten 
Paar ſtehen die Augen ; der Koͤrper iſt breit und 
eckig, und aus dem Nacken kommt die vlerſtrahliche 
Nuͤckenfloſſe, die ſehr lang iſt; die Bruſtfloſſen ha 
ben nur ſieben Strahlen. Dicht am Schwanze be⸗ 

ndet ſich oben und unten eine Erhöhung. Die 
Farb. iſt gelblich, und mit dunckelbraunen Flecken 
ſchoͤn geſprenkelt. Der Herr Klein nannte dieſen 
Fiſch Solenoſtomus; Herr Gronov hingegen 
Cataphractus. Der Aufenthalt derſelben iſt im 
indianiſchen Meere, beſonders in der Gegend von 
Amboina. 


2. Die Flieger. Pegaſus 


Volans. . 


Die vorige Art hatte einen kegelfoͤrmigen Schna⸗ Alien 
bel, diefer aber einen degenförmigen, der auch gezaͤh⸗ Vola 
nelt iſt, und dieſer Umſtand ſcheint den ganzen Un⸗ 
terſchied zu machen, oder vielleicht ſind auch die 
Fluͤgel etwas laͤnger, weil ſie Volans genennt 
eo Man finder fie gleichfalls im aſiatiſchen 

eere. 


3. Der Schwimmer. Pegaſus 
Natans. | 


Der Schnabel des jetzigen iſt ſpadelfoͤrmig und _ 3° 
ungezaͤhnelt, auch etwas abgeſtutzt, der Körper iſt dein. 
geſtreckt, und gleichfalls die Laͤnge herab mit vier Natans 
Ecken verſehen, der Kopf iſt glatt, da er an jener 5 


Art etwas hoͤckerich iſt. Der Körper iſt mehr nr 
als 


350 Dritte Cl. III. Ord. Schwimm. Amph. 


als hoch, und ganz und gar mit beinichen Schilden 
gedeckt. Die Bruſtfloſſen haben neun, die Bauch ⸗ 
floſſe nur eine, die Afterfloſſe fünf, und die Ruͤcken, 
floſſe ebenfalls fünf Strahlen. Der Ort des Auf; 
enthalts iſt gleichfalls im indianiſchen Meere, 
Wir finden keine Nachricht, ob dieſe Fiſche eßb 

ſind; ſo viel aber iſt wohl richtig, daß 190 
der groͤßte Theil der ſchwimmenden 8 


zur Speiſe gebraucht wird, dahingegen von den Fri 
chenden und ſchleichenden der kleinſte Theil zur Na 
rung fuͤr die Menſchen dienlich iſt. 


3. B. Moſe XI. 12. 29. 30. 


Alles / was nicht Floßfedern und Schuppen 
hat in Waſſern, ſollt ihr ſcheuen — 
die Kröte — der Igel / der Molch 
die Eidechſe, die Blindſchleiche — die 
ſind euch unrein unter allen, das = 
kreucht. | 


Er ——ů— 
Regiſter 
a der 


Ordnungen, Geſchlechter und Arten. 


Dritte Claſſe, 


von den Amphibien. 


Seite. 
1. Ordnung. Reptiles. Kriechende. 13 


119. Geſchlecht. Teſtudo. Schildkröͤ⸗ 


ten 15 

1. Coriacea, Lederſchild 16 

2. Imbricata. Schuppenſchild 17 

Tab. I. fig. 1. 2. 3.— 3. Mydas. Rieſenſchildkroͤte 18 
4. Caretta. Karetſchildkröte 30 

5, Orbicularis. Fluß ſchildkroͤe 32 

6. Scabra. Landſchildkroͤte 34 

7. Lutaria. Schlamſchildkroͤte 41 

8. Scor- 


Regiſter der Ordnungen, 


Seite. 

8. Scorpioides. Scorpions 
kroͤere — 42 
9. Denticulata. Gezaͤhnelte 43 


10. Graeca. Moſaiſche Schild⸗ 
kroͤte — 44 
11. Carolina. Caroliniſche — 44 
12. Carinata. Kielſchild — 45 
Tab. XII. fig. 1. — 13. Geometrica. Geometriſche — 45 
14. Puſilla. Zwergſchildkroͤte 46 
15. Serpentina. Schlangenſchild⸗ 
tötet — 47 


120. Geſchlecht. Rana. Froͤſche 48 


Tab. XII. fig. 2.— 1. Pipa. Surinamiſche Kroͤ⸗ 
te s 
2. Mufica, Quackkroͤte = zo 
Tab. IV. fig. 1.—16. 3. Bufo. Gemeine Kroͤte — 50 


Tab. IV. fig. 17.20. 4 Rubeta. Feuerkroͤte — 58 
5. Gibboſa. Buckliche Kreutzkroͤ⸗ 
te = 60 
6. Bombina. Der Toͤſer — 61 
7. Ventricoſa. Dickbauch — 61 
8. Marina. Seefroſch — 6 
9. Typhonia. Nachtſchreyer — 62 
10. Ocellata. Ohrauge — 62 
11. Cornuta. Horntraͤger — 63. 
12. Marginata. Randfroſch — 64 
13. Paradoxa. Der Baſtard — 64 
14. Temporia. Brauner Landfroſch 65 


15. Eſeulenta. Gruͤner Waſſerfroſch 68 
16 N} 6. Ar- 


Geſchlechter und Arten. 


16. Arborea. 
. 17. Boans. 


121. Geſchlecht. Draco. 


Tab. I. fig. 4 F. — 1. Volans. 
2. Praepos. 


122. Geſchlecht. Lacerta. 


Seite. 
Laubfroſch — 69 
Windbeutel — 70 


Drachen 72 
Fliegende Eidechſe 73 


Americaniſcher Ora⸗ 
che 0 75 


Eidechſen 77 


A. Mit gedrucktem Schwanze. Crocodill⸗ 


Tab. XII. fig. 3. — 1. Crocodilus, 


artige 78 
Crocodill — 78 


Tab. II. fig. 1. — 2. Caudiverbera. Schleuder⸗ 


3. Dracaena. 


ſchwanz — 83 
Drachenkopf 85 


Tab. II. fig. 2. — 4. Superciliofa. Kammruͤcken 86 


5. Scutata, 
6. Monitor. 
7. Prineipalis. 
8. Bicarinata. 


Perlentraͤger = 86 
Wachhalter — 87 
Buͤrgermeiſter 88 
Doppelkiel — 88 


B. Mit wirblichem Schwanze. Eidechſen 89 


Tab, II. fig. 4. — 9. Cordylus, 
5 in 6231190 10. Stellio. 


Stachelſchwanz 89 
Dorneidechſe — 92 


11. Mauritanica, Barbar 5 91 


12. Azurea. 


Linne III. Theil. 3 


=) 


Blaue Eidechſe 91 
13. Tur- 


Regiſter der Ordnungen 


13. Turcica. Turk — 82 
14. Ameiva. Marmeleidechſe 92 


15. Agilis. Springer — 92 
16. Algira. Algierer — 93 
17. Seps. Schlangeneidechſe 94 


18. Sex lineata. Sechs fachgeſtreif⸗ 
te Eidechſe — 94 
19. Angulata. Vieleck — 94 


C. Kurzgeſchwaͤnzte. Chamaͤleonartige 95 


Tab. XII. fig. 4. — 20, Chamaeleon. Chamäleon = 95 
Tab. II. fig. 6. — 21. Gecko. Gecko - 88 
22. Stincus, Stine: =: Vo 

Tab. II. fig. 7, = 23. Orbicularis; Krötenſalaman⸗ 
der AO 

24. Quinque lineata. Fuͤnffachge⸗ 
ſtreifte 101 


D. Langgeſchwaͤnzte. Leguanartige 102 


Tab. III. fig. 1. 25. Baſiliscus. Baſilisgk — 102 
Tab. III. fig. 2. 26. Iguana. Kammleguan — 103 
27. Calotes. Der Fechter = 105 

28. Agama. Stachelleguan 106 

29. Umbra. Wolkenſchatten 106 

30. Plica. Faltentraͤger = 107 

31. Marmorata. Bunter Leguan 107 

32. Bullaris, Blaſentraͤger — 108 

Tab. III. fig. 2. — 33. Strumoſa. Kropffalamander 108 
34. Teguixin. Natheidechſe — 109 

Tab. 


Geſchlechter und Arten. 


Seite. 

Tab. III. fig. 4. — 35. Aurata. Goldeidechſe 109 
36. Chalcidica. Dreyfingerige 10 

37. Nilotica. Nileidechſe — 110 

Tab. III. fig. 5. — 38. Punctata. PunctirteEidechſe 111 
Tab. III. fig. 6. — 39. Lemnifcata. Lineirte Eidechſe 111 
40. Faſeiata. Bandirte — 112 

41. Chalcides, Gifteidechſe — 112 


E. Vierfingerige, ungeſchuppte. Sala⸗ 
mander . „ 113 


42. Vulgaris. Erdſalamander 113 
Tab. II. fig. 8. — 43. Aquatica. Waſſerſalaman⸗ 
der — - 114 


Tab. II. fig. 3. — 44. Paluſtris. Sumpfſalaman⸗ 
der — - 114 


45. Punctata. Argusſalaman⸗ 
der — 117 


Tab. III. fig. 7. — 46. Quatuor lineata. Vierfachge⸗ 
g ſtreifte Eidechſe 117 


Tab. II. fig. 5. — 47. Salamandra. Feuerſalamander 117 


F. Ohne Finger. Wurmfoͤrmige 120 
Tab. III. fig. 8. — 48. Anguina. Aaleidechſe — 120 


* 


3 2 II. Ord⸗ 


Regiſter der Ordnungen, | 
Seite 5 
1. Ordnung. Serpentes. Schlei⸗ f 

chende „ „ 122 


Worunter diejenigen, denen ein * beygeſetzt iſt, 
giftig ſind. ' 


123. Geſchlecht. Crotalus. Klapperſchlan⸗ 
gen ⸗ 133 


1. Miliarius. Schleuder⸗ 
ſchwanz = 139 
EN 2.* Horridus. Schauerſchlange 139 
Tab. V. fig. 1. — 3.“ Dryinas. Ungeziefer = 141 
3. Duriſſus. Klapperer — 142 
5. Mutus, Stumpfſchwanz 143 


124. Geſchlecht. Boa. Serpenten + 144 


1. Contortrix, Kneiffer— — 144 

2. Canina. Hundskopf — 145 

3. Hipnale. Hornſchnabel 146 
Tab. V. fig. 2. — 4. Conſtrictor. Koͤnigsſchlange 146 
. Murina. Mauſefaͤnger 149 
. Cenchria. Frieſelſchlange 149 
. Scytale, Stockſchlange 149 
. Ophrias, Bergſchlange 150 
. Enydris, Waſſerſchlange 150 
o. Hortulana. Garner — 151 


S x... nm 


— 


125. Ge⸗ 


Geſchlechter und Arten. 


125. Geſchlecht. Coluber. 


Tab. VI. fig. 1. — 


1.“ Vipera, 
2.* Atropos. 
3. Leberis, 
4. Lutrix. 

5. Calamarius. 
6. Fimus. 

7. Striatulus. 


8.* Ammodytes, 


9. Ceraſtes. 
10. Plicatilis. 
11. Domicella. 
12. Alidras, 
13. Pundtatus. 
14. Buccatus. 


15.“ Berus. 
15.“ Cherfea, 


17. Prefter, 
18. Angulatus. 
19. Caeruleus. 
20. Albus. 
21.“ Aſpis. 

22. Typhlus. 
23. Fafciatus, 


Seite 
Natter ⸗ 152 


Viper — — 153 
Giftſchlange — 155 
Schlangenbalg 156 
Gelbruͤcken — 156 
Federkiel — 156 
Affennaſe — 157 
Bandruͤcken — 157 
Sandkriecher 157 
Hornſchlange — 158 
Wickeler — 159 
Schooßſchlange 160 
Weißling — 160 
Punctirte Natter 160 
Breitbacken — 161 


Europaifche Nat⸗ 

ter — - 161 
Schwediſche Nat⸗ 

ter — — 166 
Vippernatter — 167 
Eckigte Natter 167 
Blaue — 168 
Weiſſe — 168 
Otter — - 168 
Kleinauge — 170 
Bandirte — 170 


24. Lebetinus. Kupfernatter — 170 
25. Melanocephalus. Schwarzkopf 171 


26. Cobella. 


33 


Geſchlaͤngelte 
Natter — 171 
27. Re- 


Regiſter der Ordnungen, 
Seite. 


27. Reginae. Königinnen Na: 
28. Doliatus, Reifnatter — 173 


29, Ordinatus. Punctlinie — 173 
30. Mexicanus, Mexicaniſche — 174 
Tab. VI.fig,2. 31.“ Severus. Japonneſiſche 
ö Natter — 174 
32. Aurora. Schießſchlange 174 
33, Sipedon Braune Natter 177 
34 Maurus. Barbariſche — 177 
35. Stolatus. Schleppennatter 175 
36, Vittatus. Schleyernatter 176 
37. Miliaris. Grießnatter — 177 | 
Tab. VI. fig, 5. — 38, Aeſculapii. Aeſculapſchlange 177 
39. Rhombeatus. Blauwuͤrfel — 178 
40 Cyaneus. Himmelblaue 178 
Tab, VI, fig. 3. — ar Natrix. Ringelnatter 178 
42. Agilis, Schleuderer — 181 
43.* Lacteus. Milcher — 181 
44. Jaculatrix, Pfeilſchoß — 181 
45, Aulicus, Hofjunker — 182 
46. Monilis. Jubelierer — 182 
47. Fulvius. Gelbringel — 183 
48. Pallidus. Blaßnaſe — 183 
49. Lineatus, Lineirte Natter 183 
Tab. VI. fig. 4. — 50.“ Naja. Brillenſchlange 184 
51. Padera, Gefleckte Natter 186 
52, Canus. Graue Natter 186 
53, Ger 


\ 


Geſchlechter und Arten. 


Tab. VI. ng. 95 = 


Seite. 

53. Getulus. Auslaͤnder = 186 
54. Sibilans, Ziſcher = = 187 
55. Laticaudatus, Breitſchwanz — 187 
55. Sirtalis. Papageyennatter 188 
97.“ Atrox. Tyrann — = 188 
38. Sibon. Rundkopf = 189 
59. Nebulatus, Wolkſchlange 189 
60, Fuſeus. Brunette = 189 
61. Saturninus. Bleynatter — 191 
62. Candidus. Weißkopf — 198 
63, Niveus, Schneeſchlange 191 
64. Seaber. Stachelnatter 192 
65. Carinatus. Kielruͤcken — 192 
66.* Corallinus. Corallennatter 193 
67. Oyivorus. Eyerfreſſer — 193 
68. Saurita. Eidechſennatter 194 
69. Conſtrictor. Wuͤrger — 194 
70. Exoletus. Fahlnatter — 194 
71. Sitala. Waſſernatter = 198 
72. Triſcalis. Dreyſtrich — 195 
73, Guttatus. Blatternatter 195 
74. Lemniſeatus. Bandnatter = 196 
75. Annulatus. Ringauge — 196 
76.“ Dipfas. Durſtnatter = 197 
77. Pelias, Spießnatter = 197 
78. Tyria. Purpurnatter - 198 
79. Jugularis. Blutkehle = 198 
34 80. Pe - 


Ä Regiſter der Ordnungen, 
Seite. 
80. Pethola. Bandſcheck — 198 
81. Aeſtivus. Sommernatter 200 
82. Molurus. Serpentnatter 200 


83. Abaetulla. Peitſchſchlange 200 
84. Petalarius, Bunte Natter — 202 


85. Haje. Kropfnatter — 202 
Na 5 86. Filiformis. Fadenſchlange 203 
n 87. Pullatus Trauernatter — 203 


88. Hippoerepis Roßnatter — 204 
89. Minervae. Drathnatter = 205 
90. Cinereus. Aſchgraue = 205 
91. Viridiſſimus. Gruͤne = = 20 
92. Mucoſus. Schleimnatter 206 
93. Domeſticus. Hausſchlange 206 
94. Cenchoa. Ameiſennatter 206 
95. Mycterizans Rumpfnaſe — 207 
96. Caeruleſcens. Blaue Natter 207 
97. Argus. Argus — = 208 


126. Geſchlecht. Anguis. Aalſchlan⸗ 
gen ⸗ 209 


1. Quadrupes. Vierfuß — 209 
2. Bipes. Doppelfuf — 211 
Tab. VI. fig. 6. — 3. Meleagris. Geſtickte Aal⸗ 
ſchlange — 211 
4. Colu- 


Geſchlechter und Arten. 


4. Colubrina. 
5. Jaculus. 
6. Maculata. 
7. Reticulata. 
8. Ceraſtes. 
9. Lumbricalis. 
10. Ventralis. 
11. Platura. 

12. Laticauda. 
3. Scytale. 


14. Eryx. 
15. Fragilis. 
6. Ventralis. 


. 


Seite. 


Natteraal — 212 


Wurfſchlange 212 
Fleckentrager 213 
Netzſchlange — 213 
Horntraͤger — 214 
Wurm — = 215 
Dickbauch — 216 
Plattſchwanz = 216 
Breitſchwanz — 217 
Zweykopf — 217 
Langſchwanz — 218 


. 


Bruchſchlange = 218 


Kurzbauch — 219 


127. Geſchlecht. Amphisbaena. Ringel⸗ 


1. Fuliginofa, 
2. Alba. 


128, Geſchlecht. Caecilia, 


1. Tentaculata, 
4 2. Glutinoſa. 


35 


ſchlangen 221 


Rußringel — 222 
Weißringel = 223 


Blindſchlei⸗ 
chen » 225 


Fuͤhlſchlange = 225 
Schleimſchlange 226 


III. Ord⸗ 


Regiſter der Ordnungen, 


Seite. 
III. Ordnung. Nantes. Schwim⸗ 
| mende 227 


129. Geſchlecht. Petromyzon. Pricken 229 


1, Marinus. Lamprete = 230 
2. Fluviatili, Neunauge = 231 
3, Branchialis. Kieferwurm — 234 


130, Geſchlecht. Raja. Roche „ 236 
A, Mit ſcharfen Zaͤhnen „ 237 


Tab. VII. fg. 1. — 1. Torpedo. Krampffiſch - 237 
| 2. Batis, Stachelroche — 240 

3. Oxyrinchus, Spitzmaul = 242 

4. Miraletus. Spiegelroche — 243 

5. Fullonica. Walkerroche — 243 


B. Mit ſtumpfen Zaͤhnen⸗ „245 


Tab. XI. fig. 4. — 6. Aquila, Meeradler — 245 
Tab. XI. fig. 3. — 7. Paſtinaca. Pfeilſchwanz — 246 
8. Clavata, Ragelroche — 248 
9, Rhinobatos, Haayroche = 250 


131. Geſchlecht. Squalus. Haayfiſche 252 
A. Mit ſtachlichten Nuͤckeng + 273 


1. Acanthias, Dornhaay — 253 
2. Centrina. Sauhund — 277 
3. Spi- 


Geſchlechter und Arten. 


Seite. 
3, Spinax, Spornhaay = 256 
4. Squatina. Meerengel — 256 


B. Mit glatten Ruͤcken⸗ 288 


5. Zygaena. Hammerfiſch — 278 
Tab, VII. fig. 2, — 6. Tiburo, Schaufelfiſch — 259 
7. Galeus. Meerſau = 260 
8. Canicula, Hundhaay = 262 
9. Stellaris. Sternhaay = 264 
10. Catulus. Seehuͤndchen — 264 
11. Maximus. Pferdhaay — 265 
Tab XI. fig. 5. — 12. Carcharias. Menſchenfreſſer 266 


C. Mit koͤrnichen Zaͤhnen 270 

13. Muftelus, Glatte Haay — 271 

14. Glaucus, Blaue Haay = 272 

Tab. XI. fg. 2. — 15. Priftis, Saͤgefiſch — 273 


132, Geſchlecht. Chimaera, Seedra⸗ | 
chen 276 


1. Monftrofa, Pfeildrache = 276 
2, Callorynchus, Seehahn — 277 


133. Geſchlecht, Lophius, Seeteufel 279 


Tab. VII. fig. 3. — 1. Piſeatorius. Meerfroſch — 279 
2. Veſpertilio. Einhornteufel 283 
3. Hiftrio, Seekroͤre — 284 


134: Ge⸗ 


Regiſter der Ordnungen, 


Seite. 

134. Geſchlecht. Acipenſer. Stoͤre 286 
1. Sturio. Gemeine Stoͤr 287 

2 Ruthenus. Sterlet — - 290 

3. Huſo. Haufen = = 29 


135. Geſchlecht. Baliſtes. Hornfiſche 294 


1. Monoceros. Einhorn — — 203 
2. Hiſpidus. Saubuͤrſte — 296 
Tab. VIII. fig. 1. — 3. Tomentoſus. Zotenfſch = 297 
4. Papilloſus. Pockenruͤcken — „8 
5. Verrucoſus. Warzenſchwan; 299 
6. Aculeatus. Stachelſchwanz 299 
Tab. VIII. fig. 2. — 7. Vetula. Alt Weib — 300 
Tab, IX. fig. 1. — 8. Ringeus. Naſenruͤmpfer 301 


136. Geſchlecht. Oftracion, Beinfiſche 303 


1. Triqueter. Biegeleiſen — 30% 
2. Trigonus. Dreyeck — - 305 
Tab. VIII. fig. 3. — 3. Bicaudalis. Pflockſchwanz 307 
4. Tricornis. Dreyhorn = 308 
Tab. VIII. fig. 4. — 5. Quadricornis. Seeguguck — 308 
6. Cornutus. Seekaͤtzgen — 309 
7. Tuberculatus. Cofferfiſch — 310 
8. Gibboſus. Schachtelfiſch 310 
9 Cubitus. Todtentruhe — 311 


* 


137. Ge⸗ 


Geſchlechter und Arten. 
Seite. 


137. Geſchlecht. Tetrodon. Stachel. 
baͤuche 312 


1. Teſtudineus. Schildkroͤtenfiſch 313 

Tab. VIII. fig. 5. — 2. a. Lagocephalus Haſenkopf — 313 

Tab. IX. fig. 2. — 2. b. — — Caaypſcher Blaſer 314 
3. Lineatus. Geſtreifter Sta⸗ 

chelbauch — 315 
4. Ocellatus. Gefleckter Sta⸗ 

chelbauch = 316 

5. Laevigatus. Windbeutel — 317 

6. Hifpidus. Seeeflaſche — 318 

Tab. VIII. fig. 6. 7.— 7. Mola. Muͤhlſteinfiſch 318 


138. Geſchlecht. Diodon. Igelfiſche 323 


Tab. X. fig. 1. — 1. Atringa. Kugelfiſch — 324 
Tab. X. fig. 2. — b. Reticulatus. Seetaube — 325 
c. Echinatus. Stacheltaube - 325 

Tab. X. fig. 3. — 2. Hyftrix. Großer Stachel 
2326 
b. Holocanthus. Stachelkragen 327 


139. Geſchlecht. Cyclopterus. Meerha⸗ 
fen ⸗ 329 


Tab. XI. fig. 1. — 1. Lumpus. Lump — = 330 
Tab. IX. fig. 3. — b. Spinoſus. Stachelhaſe — 332 
c. Rarior. Langfloſſe — 332 

2. Nudus. Schnottolf — 333 

3. Liparis. Ringbauch — 333 

140. Ge⸗ 


N 


Regiſter der Ordnungen, Geſchlechter sc 
8 Seite 

140. Geſchlecht. Centriscus. Schildfi⸗ 
ſche⸗335 


Tab. X. fig. 4, — 1. Scutatus. Meſſerfiſch - 336 
2. Scolopax. Schneppenfiſch 7 


141. Geſchlecht. Syngnathus. Nadel⸗ 5 


ſiſche + 339 
1. Typhle. Blindfiſch — 340 
2. Acus. Spitznadel — 348 


3. Pelagicus. Corallenſauger 342 
Tab. X. fig. 5. — 4. Aequoreus. Meernadel — 343 
Tab. XII. fig. 5. — 5. Ophidion. Seenatter — 343 
6. Bar barus. Kahlſchwanz — 344 \ 
Tab. X. fig. 6. — 7. Hippocampus. Seepferdchen 344 


142. Geſchlecht. Pegaſus. Meerpferde 347 


Tab. X. fig. 7. — 1. Draconis. Seedrache — 348 
2. Volans. Fliegen — 349 
3. Natans. Schwimmer 349 


Regiſter der Ordnungen, Geſchlechter ic. 
Seite. 
140. Geſchlecht. Centriscus. Schildfi⸗ 
(che + 335 


Tab. X. fig. 4, — 1. Seutatus. Meſſerfiſch — 336 
2. Scolopax. Schneppenfiſch 337 


141. Geſchlecht. Syngnathus. Nadel⸗ 


ſiſche « 339 
1. Typhle. Blindfiſch — 340 
2. Acus. Spitznadel = 341 


3. Pelagicus. Corallenſauger 342 
Tab. X. fig. 5. — 4. Aequoreus. Meernadel — 343 
Tab. XII. fig. 5. — 5. Ophidion. Seenatter — 343 
6. Barbarus. Kahlſchwanz — 344 
Tab. X. fig. 6. — 7. Hippocampus. Seepferdchen 344 


142. Geſchlecht. Pegaſus. Meerpferde 347 


Tab. K. fig. 7. — 1. Draconis. Seedrache — 348 
2. Volans. Fliegen — 349 
3. Natans. Schwimmer 349 


ͤ—üäüw — _ 


—— 


— — 


— — 


IS 


S 
Ss 


> 7 
ee 


N n Ae 
eee N 


1 
£ 


U nn 


3 2 
2, 
DER 

1 


. 


D 


Zu 


A) * 
W 


. 


- — 
: IIS 
m DI 


AR 


N rn 
N x e a 
N SSS 


2 f 
2 


> 


M 


. 
, N 
4, 


III 
TÜR 
SS 


92 


— 


— 
— 


— 


N 
u 


FM) 
n 9 80 
e N e 


FEN 
PA , 


. 
e 


72. — 
2 ver 
SEELEN 
4 AHA 


77 45 


"Theil Tab. VII 


0 


I 


4 


H 


, 


5 7 775 ,, 2 


. 
WERTE 
ee, 


IT Fheil Tab. VII. 


4 


,,, 
e, 


, 
2777, 


2 


FAR 


e 


III 


8 
N 


IT. Theil. Tab. VII. 


* 
DEN 
2 


RE 


Ber vn 


j 


el ne 


ar 


DS 
— 


urn 


I; 
N 
775 


HT. Theil, Tab, X 


7 


— 


— 


1 
327 

EU 

44 


I. Theil. Tab 25 


7 


de 
eee 


N NS 


2 


75 SS 
> ns 
femme -—- 


** 


- 8 Fu . — . — , , „ 


— 


— 


2 


INN 
HAHN 
N 
W 
SUN 


1 

INN 
W 
N 

N 


DT Theil. Tab. AL. 


ur Theil. Tab. 


5 
ap 


re | A 
rot, 
x 1 


= | 


Jh 


Date Due 


Cronau G597 


Linne, Karl von. 5 


Na tur sys tem. 


Wyomissing Public Library 
Wyomissing, Pa. 


The reader must bring his card when borrow- 
ing or returning a book. 


A book may be kept two weeks with privilege 
of renewal. 


A fine of two cents a day will be charged for 
each book kept overtime. 


Fines will be charged for damage to books. 


® 


n 
n 
2